Darmstädter Tagblatt 1930


17. August 1930

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Nummer 226
Sonntag, den 17. Auguſt 1930.
193. Jahrgang

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Nabatt weg. Banſionto Deutſche Bank und Darm=
ſiädter
und Nationalbank.

Keine Aenderung des Verhälkniswahlrechks. Begrenzung der Skimmkreiſe. Erhöhung der Wahlquoke
von 60 000 auf 70 000. Dadurch Berkleinerung des Reichskags von 490 auf 450 Abgeordneke und eine
halbe Million Erſparnis an Diäken und Freifahrken.

Keine Wahlreform mit Arkikel 48.
Der neue Reichstag ſoll enkſcheiden.
BB. Berlin, 16. Aug. (Priv.=Tel.)
Aller Vorausſicht nach wird ſich das Reichskabinett in ſeiner
Sitzung am Dienstag die urſprünglich für den 18. vorgeſehene
Tagung mußte um einen Tag verſchoben werden im Rahmen
der Beratungen über das Herbſtprogramm auch mit der jetzt im
Reichsinnenminiſterium im Entwurf fertiggeſtellten Wahl=
reform
beſchäftigen. Von gut unterrichteter Seite hören wir
über die Einzelheiten des Wirthſchen Programms, daß man am
Verhältniswahlrecht feſthalte, aber die Wahl=
quote
für den einzelnen Abgeordneten von bisher 60 000 auf
70 000erhöht. Dadurch wird im Zuſammenhang mit anderen
Maßnahmen nach den jetzt vorliegenden Schätzungen eine Ver=
kleinerung
des Reichstags von 490 auf 450 Ab=
geordnete
erreicht werden. Damit iſt eine Erſparnis durch
Fortfall von Diäten und Ablöſungsgeldern des Reiches an die
Reichsbahn für die Freifahrkarten von mehr als einer halben
Million Reichsmark erzielt. Wieder große Schwierigkeiten
bietet der Grundgedanke der Reform, der die ſogenannte Einer=
wahl
erreichen will. Jeder Stimmzettel erhält nur einen Be=
werber
, aber zwiſchen den Wahlkreiſen iſt die Möglichkeit der
Liſtenverbindung gegeben. Auf dieſe Weiſe werden die Reſt=
Stimmen auf diejenigen Abgeordneten der betreffenden Partei
ſo verteilt, daß immer der Abgeordnete, der die nächſthöhere
Stimmenzahl erreicht hat, aber nicht gewählt wurde, die bis zur
70 000 Stimmgrenze fehlenden Stimmen zugeteilt bekommt.
Selbſtverſtändlich fällt bei dieſem Vorſchlag die Reichswahlliſte
weg, denn nunmehr wird durch die Aufrückungsmöglich=
keit
einer Partei auf verſchiedene Wahlkreiſe die Ver=
rechnung
der Reſtſtimmen auf der Reichsliſte er=
ſetzt
. Unabhängig davon iſt die Möglichkeit von Liſtenverbin=
dungen
von verſchiedenen Parteien, die in letzter Zeit immer
mehr gebräuchlich wird, ebenfalls gegeben. Längere Beratungen
waren für die Begrenzung der Stimmkreiſe notwen=
dig
. Man hat ſich an die Landkreiſe und größeren Gemeinden
gehalten und erhält auf dieſe Weiſe 158 bis 160 Stimmkreiſe.
Mit dieſer Frage wird ſich aber das Reichskabinett noch ein=
gehend
beſchäftigen müſſen, da u. a. örtliche Verhältniſſe der
Stimmkreiſe von größter politiſcher Bedeutung ſein können. Wie
wir hören, beabſichtigt die Reichsregierung nicht, die Wahlreform
mit dem Artikel 48 zu machen, ſondern will ihren Geſetzentwurf
ordnungsgemäß dem neuen Reichstag, zu Beginn der Winter=
tagung
vorlegen.

Eine Kundgebung der deutſchen Skaaksparkei.
Berlin, 16. Auguſt.
Die Preſſeſtelle der Deutſchen Staatspartei teilt mit: Der
Hauptaktionsausſchuß der Deutſchen Staatspartei, der am Freitag
unter dem Vorſitz Arthur Mahrauns tagte, hat die Vorbereitungs=
arbeiten
für den Reichstagswahlkampf nunmehr abgeſchloſſen. An
den Verhandlungen nahmen außer Herrn Miniſter Hoepker=Aſchoff
auch Reichsminiſter Dietrich=Baden und Erich Koch=Weſer beſon=
deren
Anteil. Ueber die Kandidatenliſten der Deutſchen Staats=
partei
wurde eine grundſätzliche Einigung erzielt, ſie werden nach
abſchließender Fühlungnahme mit den örtlichen Organiſationen
endgültig aufgeſtellt und veröffentlicht werden. Unter den führen=
den
Kandidaten befinden ſich Perſönlichkeiten aus allen Lagern,
aus denen Kräfte zur Deutſchen Staatspartei geſtoßen ſind, aus
der Demokratiſchen Partei, der volksnationalen und jungdeutſchen
Bewegung, den Kreiſen junger Volksparteiler und den Kreiſen
ehemaliger Deutſchnationaler. Dicht neben die bisherigen Par=
lamentarier
tritt gleichberechtigt die junge Generation. Dem Ge=
ſicht
der Deutſchen Staatspartei als einer neuen und jungen
Front, die für ſtaatspolitiſche Reformen in den Kampf geht, trägt
vie Tatſache Rechnung, daß Arthur Mahraun, der ein Reichstags=
mandat
abgelehnt hat, außerparlamentariſcher Führer der Deut=
ſchen
Staatspartei iſt. Er wird im Wahlkampf zuſammen mit den
jeweiligen Spitzenkandidaten ſprechen. Die Deutſche Staatspartei
eröffnet den Wahlfeldzug am Sonntag, den 17. Auguſt, mit einer
Kundgebung in der Düſſeldorfer Tonhalle. Mahraun ſpricht dort
neben dem Spitzenkandidaten des zuſtändigen Wahlkreisverbandes
Rheinland=Nord, Otto Bornemann, und dem Spitzenkandidaten
des benachbarten Wahlkreiſes Weſtfalen, Miniſter Hoepker=Aſchoff.

* Wie die Deutſche Staatspartei mitteilt, hat ihr Haupt=
aktionsausſchuß
am Freitag die Vorbereitungsarbeiten für den
Wahlkampf abgeſchloſſen und auch über die Kandidatenliſten eine
grundſätzliche Einigung erzielt, allerdings bedürfe es noch der ab=
ſchließenden
Fühlungnahme mit den Ortsorganiſationen. Die Dif=
ferenzen
zwiſchen den verſchiedenen Gruppen der Partei, die am
ſtärkſten in dem Kampf um die Kandidatur Georg Bernhardts
hervorgetreten ſind, ſcheinen aber noch immer nicht zum Abſchluß
gebracht zu ſein. Trotzdem will die Staatspartei offiziell den
Wahlfeldzug am Sonntag in Düſſeldorf eröffnen, und zwar ſoll
neben den Spitzenkandidaten des Rheinlands, Bornemann und
Hoepker=Aſchoff, auch Mahraun ſprechen, dem neuerdings beſtätigt
wird, daß er der außerparlamentariſche Führer der Staatspartei
iſt. Es ſcheint aber, als wenn auch im Lager der Jungdeutſchen
reſtloſe Zuſtimmung zu dem Zuſammengehen mit den Demokraten
noch nicht vorhanden iſt. Jedenfalls veröffentlicht Mahraun

einen neuen Aufruf an die Volksnationalen und
Jungdeutſchen, worin er zugibt, daß die durch die Kandi=
datenliſte
gegebene Plattform nicht allen Wünſchen entſpricht. Er
vertröſtet ſie aber damit, daß angeſichts des ſtaatszerſtörenden Ra=
dikalismus
von rechts und links dieſe Front errichtet werden
mußte. In dieſem Aufruf erweitert Mahraun den etwas un=
ſicheren
Begriff des unpolitiſchen Führers der Deutſchen Staats=
partei
dahin, daß er die Reichsführung der Staatspartei über=
nommen
habe unter der Bedingung, daß die Partei ein ſtarker
Körper mit einem ſtarken Staatsbürgerwillen werden müſſe.
Induſkrie und Reichskagswahlen.
Berlin, 16. Auguſt.
Der Reichsverband der Deutſchen Induſtrie richtet zu den
Wahlen ein Rundſchreiben an ſeine Mitglieder, in dem es u. a.
heißt:
Die Entwicklung des letzten Jahres, insbeſondere der letzten
Monate, hat unwiderlegbar gezeigt, zu welchen verheerenden Fol=
gen
für Volk, Staat und Wirtſchaft eine falſche Wirtſchafts= und
Finanzpolitik führt. Ein Wandel iſt nur möglich, wenn eine ar=
beitsfähige
und reformwillige Regierung auf breiter Grundlage
geſichert iſt, die vom Vertrauen aller am Wiederaufbau mitarbei=
tenden
Schichten des deutſchen Volkes getragen wird. Es iſt die
höchſte Zeit, alle aufbauenden Kräfte zu ſammeln und in einer
Regierung zur Auswirkung zu bringen, die das Gebot der Stunde
begreift und entſchloſſen iſt, mit durchgreifenden Maßnahmen Ord=
nung
in unſere Finanz= und Wirtſchaftsführung zu bringen. Der
Reichsverband der Deutſchen Induſtrie richtet daher an ſeine Mit=
glieder
die ernſthafte Mahnung, zu dieſer Sammlung der auf=
bauenden
Kräfte mit allen Kräften und Mitteln beizutragen. Er
erwartet von ſeinen Mitgliedern, daß ſie das Wahlrecht unbedingt
als eine ſtaatsbürgerliche und wirtſchaftspolitiſche Pflicht auf=
faſſen
und es bei den kommenden Wahlen im Sinne dieſes Auf=
eufs
ausüben. Er erwartet ferner, daß ſeine Mitglieder ſich
darüber hinaus gemäß den Ausführungen, die der Vorſitzende des
Reichsverbandes, Geh. Rat Duisberg, auf der letzten Hauptaus=
ſchußſitzung
gemacht hat, auch aktiv an der Vorbereitung der Wah=
len
beteiligen. Getreu der ſtaats= und wirtſchaftspolitiſchen Linie,
die der Reichsverband ſeit ſeinem Beſtehen ſtets befolgt hat, glaubt
er, von ſeinen Mitgliedern fordern zu ſollen, daß ſie ihre Unter=
ſtützung
durch Mitarbeit und Stimmabgabe nur ſolchen Parteien
zuwenden, die auf dem Boden der Verfaſſung ſtehen, und die un=
zweideutig
für die Erhaltung und Entwicklung der Privatwirt=
ſchaft
ſowie für das Privateigentum eintreten. Im Rahmen die=
ſer
allgemeinen Grundſätze empfiehlt der Reichsverband insbe=
ſondere
die Unterſtützung derjenigen Parteien, die entſchloſſen
ſind, bei der Löſung der bevorſtehenden Aufgaben die Grundſätze
der wirtſchaftlichen Vernunft zur Geltung zu bringen, alle kollek=
tiviſtiſchen
Experimente abzulehnen und durch entſchiedene Re=
formen
die Grundlagen für eine Geſundung der deutſchen Wirt=
ſchaft
und damit auch für einen Rückgang der Arbeitsloſigkeit zu
legen.
Der Kampf um die Firma.
Die Klage um die Deutſche Staaksparkei.
* Berlin, 16. Aug. (Priv.=Tel.)
Die Deutſche Staatspartei hatte bekanntlich unmittelbar nach
ihrer Gründung das Pech, daß ſich ein Schriftſteller Hall=Halfer
meldete, der behauptete, daß er die Deutſche Staatspartei bereits
vor Jahr und Tag gegründet und auch ins Vereinsregiſter habe
eintragen laſſen. Er hat daher eine einſtweilige Verfügung gegen
die Führer der neuen Partei beantragt, wonach dieſen verboten
werden ſoll, ihre Onganiſation Deutſche Staatspartei zu nennen.
Darüber hat am Samstag die Zivilkammer des Landgerichts 2
Berlin zu beraten gehabt. Eine kurioſe Angelegenheit, weil der
Herr ein ſehr merkwürdiger Herr iſt. Die Beklagten warfen
ihm vor, daß er zwar in der Tat ſeine Deutſche Staatspartei als
eingetragenen Verein gegründet habe und auch erſter Vorſitzender
geweſen ſei, die ganze Freude habe nur knapp einen Monat ge=
dauert
, dann ſei er unbekannt wohin verzogen. Seitdem
exiſtiere dieſer Verein nur im Vereinsregiſter, und der Vorſitzende
ſei unauffindbar aus ſehr naheliegenden Gründen‟. Die Ver=
teidiger
der Beklagten entwarfen kein ſehr erfreuliches Bild von
ihm, ſie beſtritten ihm auch das Recht auf ſeinen Namen, ſie war=
fen
ihm weiter vor, daß er ſchon ſeit Monaten wegen Heirats=
ſchwindel
, Betrugs und Urkundenfälſchung verfolgt werde, daß
zahlreiche Strafanzeigen gegen ihn erſtattet worden ſeien und daß
Gläubiger von ihm um Beträge bis zu Mk. 100 000,. geſchädigt
wären. Er ſei außerdem geſchäftsunfähig, da begründeter Ver=
dacht
der Geiſteskrankheit beſtehe. Tatſächlich wurde eine große
Anzahl von eidesſtattlichen Verſicherungen vorgeleſen, die dieſen
Angaben entſprechen. Aber auch nach der juriſtiſchen Seite wird
der Klageanſpruch angefochten. Die ganze Angelegenheit gehöre
nicht vor den Richter, weil die Staatspartei eine politiſche Partei
ſei und letzten Endes nur der Reichswahllleiter über ihre Liſte
zu beſtimmen habe. Man könne außerdem die Führer nicht ver=
klagen
, da dieſe nicht die Deutſche Staatspartei ſeien; die Partei
werde ſich erſt nach der Wahl organiſieren. Vorläufia ſei ſie nur
eine Nummer auf dem Wahlzettel. Alles in allem ein ſehr kom=
pliziertes
Durcheinander juriſtiſcher und perſönlicher Einwände.
Das Gericht beſchloß denn auch, ſich den Fall ſehr gründlich zu
überlegen und vertagte ſeine Entſcheidung auf kommenden

Samstag.

Die Woche.
Die Frage der parteipolitiſchen Neugliederung, einer durch=
greifenden
Parteireform, hat in den letzten Wochen außerordent=
lich
ſtark im Vordergrund des öffentlichen Intereſſes geſtanden.
Wir begrüßen das umſomehr, als wir ja von jeher für eine ſolche
Reform eingetreten ſind, und in ihr, wie wir dies erſt vor zwei
Tagen ausführten, ſchlechthin die Vorausſetzung für eine befrie=
digende
parlamentariſche Löſung unſerer innerpolitiſchen Pro=
bleme
erblicken. Wir geben auch vorerſt trotz aller Schwierigkeiten
die Hoffnung auf eine befriedigende Löſung nicht auf. Je ener=
giſcher
aber man für eine Parteireform eintritt, um ſo feſter muß
man aber auch auf der anderen Seite die großen innerpolitiſchen
Probleme, die jetzt ihrer Löſung harren, im Auge behalten. Eine
durchgreifende Parteireform, die Schaffung einer großen Partei
der Mitte, iſt gewiß eine unerläßliche Notwendigkeit, und wir
haben deswegen die Führerperſönlichkeiten, die es nicht verſtan=
den
haben die beſtehenden Hemmungen zu überwinden, ſcharf
kritiſiert. Das aber ändert nichts daran, daß letzten Endes keine
Partei, alſo auch keine Parteireform, Selbſtzweck, ſondern immer
nur Mittel zum Zweck ſein kann. Die großen Aufgaben
bleiben dieſelben, ob mit oder ohne Parteireform, nur eben daß
wir der Meinung ſind, daß eine durchgreifende Neugliederung un=
ſerer
Parteien die praktiſche Löſung dieſer Aufgaben außerordent=
lich
erleichtern würde. Mit anderen Worten: Selbſt wenn wir
im Augenblick jede Hoffnung auf eine Parteireform zurückſtellen
müßten, enthebt uns das nicht der ernſten Sorge um unſeres
Volkes Zukunft, enthebt uns nicht der Pflicht, im Rahmen des
Möglichen mitzuarbeiten an ihrer Geſtaltung.
Das deutſche Volk und insbeſondere das deutſche Bürgertum
ſteht mitten im harten Kampf um ſeine Exiſtenz, und niemand
kann ſich unter dieſen Umſtänden den Luxus des Verärgert= Bei=
ſeite
=Stehens leiſten. Unverantworklich würde aber auch der han=
deln
, der ſich aus bloßer Verärgerung dem Radikalismus in die
Arme wirft. Es iſt meinem Vater ganz recht, wenn ich mir
meine Hände erfriere; warum kauft er mir keine Handſchuhe‟. Es
iſt ein alter Scherz, der dieſe Worte einem mißvergnügten Kind
in den Mund legt. Aber auch alte Scherze haben manchmal ihren
tiefen Sinn.
Ueber ein Jahrzehnt haben die Fragen der Außenpolitik
ſo ſtark im Vordergrund geſtanden, daß alles andere dahinter
zurücktreten mußte. Es iſt unſtreitig ein großes Verdienſt der
Sozialdemokratiſchen Partei, daß ſie ſich den außenpolitiſchen Not=
wendigkeiten
nicht verſagt hat, ſondern daß ſie mit Nachdruck die
Politik Streſemanns unterſtützt hat, die jetzt nach ſchweren
Opfern zum erſten großen Erfolg, der Befreiung der Rheinlande,
geführt hat. Verhängnisvoll aber für das deutſche Volk in ſeiner
Geſamtheit, insbeſondere auch für die deutſche Arbeiterſchaft, war
es, daß ſie ſich dieſe Unterſtützung mit immer neuen Konzeſſionen
auf wirtſchaftspolitiſchem und ſozialpolitiſchem Gebiet hat ab=
kaufen
laſſen. Daran, daß dies möglich war, trägt die Deutſch=
nationale
Partei und insbeſondere ihr Führer Hugenberg ſchwere
Schuld, der ſich jeder Mitarbeit auf außenpolitiſchem Gebiet ver=
ſagte
und ſo die Sozialdemokratie zum ausſchlaggebenden Faktor
unſeres politiſchen Geſchehens machte. Jetzt ſtehen wir vor dem
trüben Ergebnis. Die deutſche Wirtſchaft, der man immer wieder
neue Laſten aufgebürdet hat, iſt im Zuſammenbrechen. Gewiß,
wir finden die kriſenhaften Erſcheinungen nicht allein in Deutſch=
land
, aber die allgemeine Weltwirtſchaftskriſis, deren Ende noch
keineswegs abzuſehen iſt, trifft ſelbſtverſtändlich die geſchwächte
und aufs äußerſte belaſtete deutſche Wirtſchaft ungleich ſtärker
als die Wirtſchaft anderer Länder. Daß das Arbeitsloſenproblem auch
für das reiche England, ja ſelbſt für die eigentlichen Sieger des
Weltkriegs, die Vereinigten Staaten brennend geworden iſt, kann
für uns wahrlich kein Troſt ſein. Wir ſtehen vor der ſchier un=
lösbaren
Aufgabe, bei ſtändig ſinkender Konjunktur und äußerſter
Kapitalarmut Millionen von Arbeitsloſen nach Möglichkeit wieder
in den wirtſchaftlichen Produktionsprozeß einzureihen oder ſie zum
mindeſten vor der harten Not zu ſchützen. Wer aber ſoll die dafür
notwendigen Mittel aufbringen, nachdem die Etats von Reich,
Ländern und Gemeinden durch die verſchwenderiſche Wirtſchaft
der letzten Jahre bereits derartig überſetzt ſind, daß ſchon die da=
für
erforderlichen Mittel von unſerer geſchwächten Wirtſchaft
nicht mehr aufgebracht werden können.
Es hat nur beſchränkten Wert, jetzt hinterher Erörterungen
darüber anzuſtellen, wen die Hauptſchuld, die Hauptverantwor=
tung
an dieſer Entwicklung trifft. Nicht in die Vergangenheit,
ſondern in die Zukunft ſollte der Blick insbeſondere eines verant=
wortungsbewußten
deutſchen Bürgertums gerichtet ſein. Ueber die
unerläßlichen Forderungen dürften keine allzugroßen Meinungs=
verſchiedenheiten
herrſchen. Der alsbaldige Ausgleich des Reichs=
haushalts
iſt eine abſolute Notwendigkeit. Die dafür notwendigen
Mittel müſſen beſchafft werden, und wenn die zu bringenden
Opfer auch noch ſo ſchwer zu tragen ſind. Aber dieſer Ausgleich
des Reichshaushalts kann und darf ſelbſtverſtändlich nur der erſte
Schritt ſein, dem als zweiter eine durchgreifende Finanzreform, d. h.
in erſter Linie äußerſte Einſchränkung aller Ausgaben der öffent=
lichen
Hand, unbedingt folgen muß. Dann wird man daran gehen
müſſen und auch können, die Laſten, welche die deutſche Wirtſchaft
heute zu tragen hat, zu erleichtern und auf ein tragbares Maß
zurückzuführen. Auch vor unpopulären Maßnahmen wird eine
verantwortungsbewußte Regierung nicht zurückſchrecken dürfen.
Wir müſſen uns frei machen von jener verhängnisvollen Ueber=
ſpannung
der Sozialverſicherung, die in ihrer Auswirkung den
Verſicherten mit am härteſten trifft. Wir müſſen endlich ein=
ſehen
, daß wir die große Errungenſchaft der ſozialen Verſicherung
nur erhalten können, wenn wir dabei den wirtſchaftlichen Mög=
lichkeiten
Rechnung tragen. An dem Gedeihen der Wirtſchaft, die
ihm Arbeitsmöglichkeit gibt, hat der Arbeiter ein Lebensintereſſe.
Es iſt eine bedauerliche Tatfache, daß ſich die Sozialdemokratie
einem derartigen Programm in entſcheidender Stunde verſagt
hat, und wenn man den Auftakt zum Wahlkampf in der ſozial=
demokratiſchen
Preſſe verfolgt hat, ſo kann man wahrlich nicht den
Eindruck gewinnen, daß man ſich dort inzwiſchen gewandelt hat.
Auch wir haben an dem Programm und den Notverordnungen
des Kabinetts Brüning in Einzelheiten manches auszuſetzen ge=
habt
. Deswegen aber bleibt doch die Tatſache beſtehen, daß ſich
hier eine Regierung mit aller Energie für ein Programm einſetzt,
das im großen ganzen die Zuſtimmeng weiteßer Kreiſe des deut=

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Seite 2

Sonntag, den 17. Auguſt 1930

Nummer 226

ſchen Bürgertums finden muß, und man muß daher mit Recht
von allen Parteien, die dieſe Regierung bisher geſtützt haben, er=
warten
und verlangen, daß ſie in ihrer Haltung nicht wankend
werden. Der deutſche Wähler aber muß ſich darüber klar werden,
ob er dieſes Programm für richtig hält, um auf Grund ſolcher
ſachlicher Erwägungen am 14. September ſeine Stimme ab=
M.
geben zu können.

Dikkakur im Memelgebiel.
Memel, 16. Auguſt.
Der neue Präſident des Memeler Direktoriums, Reisgys,
hat ſeine Drohung wahr gemacht, ein diktatoriſches Direktorium
ohne Genehmigung des Landtages zu errichten. Er hat am
Samstag vormittag die Verwaltungsbeamten Dugnus und den
Holzagenten Czeskleba ernannt. Dugnus, der aus der mittleren
Beamtenkarriere hervorgegangen iſt und die litauiſche Sprache
ausgezeichnet beherrſcht, war Leiter des Amtsblattes. Dugnus iſt
ferner Vorſitzender des Memeler Tautininkai=Verbandes. Cze=
ſkleba
iſt als Holzhändler und Verſicherungsagent tätig geweſen.
Beide ſind als großlitauiſche Agenten bekannt geworden.
Unter Bruch des Memelſtatuts hat ſich alſo die Litauiſche
Partei ans Ruder gebracht. Wann der Landtag zu dieſer Tat=
ſache
Stellung nehmen wird, ſteht zurzeit noch nicht feſt.
Verhängung des Kriegsrechtes über Peſchawar.
London, 16. Auguſt.
In politiſchen und diplomatiſchen Kreiſen Londons rechnet
man damit, daß das Kriegsrecht, das am Freitag durch den
Vizekönig von Indien über den Bezirk Peſchawar verhängt
wurde, nötigenfalls auf die ganze Nordweſtprovinz ausgedehnt
werden wird. Vorläufig hofft mam jedoch, daß eine ſolche Aus=
dehnung
ſich als unnötig erweiſen wird. Vor der Verhängung
des Kriegsrechtes im Bezirk Peſchawar warew die meiſten der
engliſchen Berichte über die Lage in der Nordweſtprovinz auf
einen durchaus optimiſtiſchen Ton geſtimmt. Im Gegenſatz hier=
zu
wird nun auch aus Simla berichtet, daß der Vormarſch der
Afridis auch nach Anſicht militäriſcher engliſcher Kreiſe durchaus
erfolgreich geweſen ſei. Das von dem Aufſtand betroffene Ge=
biete
erſtrecke ſuh nun von Peſchawar nach Parachinarthal und
Kohat. Wenn die Afridis und Orakzais in dieſem Gebiet zu=
ſammengehen
würden, würde eine Demonſtration der britiſchen
Militärſtreitkräfte im großen Umfang unvermeidlich ſein. Für
dieſen Zweck wird dann auch bereits amtlich die Entſendung ſehr
ſtarker zuſätzlicher Streitkräfte nach den Nordweſtprovinzen an=
gekümdigt
, während bisher ſtets behauptet wurde, daß die be=
reits
in der Nordprovinz befindlichen britiſchen Militärabteilun=
gen
genügten, um allen weiteren Entwicklungen entgegentreten
zu können. Auch die amtlichen Erblärungen ſowohl des Vize=
königs
im Anſchluß an die Verfügung des Kriegsrechtes wie der
indiſchen Regierung laſſen keinen Zweifel darüber, daß die Ent=
wicklung
an der Grenze ſehr beunruhigend iſt.
Abberufung des kürkiſchen Bokſchafters in Teheran.
Paris, 16. Auguſt.
Havas meldet aus Tehckan, die türkiſche Regierung habe
ihren Botſchafter in Teheran, Momduh Chew Ret Bei, abberufen.
Zu der aus franzöſiſcher Quelle ſtammenden Preſſemeldung,
daß der türkiſche Botſchafter in Teheran abberufen worden ſei,
was eine Verſchärfung der Beziehungen zwiſchen der Türkei und
Perſien zur Folge gehabt habe, wird von deutſcher unterrichteter
Seite mitgeteilt, daß der türkiſche Botſchafter ſchon ſeit längerer
Zeit abberufen worden ſei, und daß er Teheran nur verlaſſe, um
ſeinem Nachfolger Platz zu machen. Von einer Verſchärfung der
Beziehungen oder von einem Abbruch der Beziehungen zwiſchen
beiden Staaten könne keine Rede ſein.
Keine Rückzahlung der Polizeizuſchüſſe durch
Thüringen.
Weimar, 16. Auguſt.
Das Staatsminiſterium hat ſich geſtern mit der Frage der
Reichszuſchüſſe zu den Polizeikoſten befaßt. Nachdem der Staats=
gerichtshof
den Antrag Thüringens auf Erlaß einer einſtweiligen
Verfügung gegen das Reich zur Weiterzahlung der geſperrten
Polizeizuſchüſſe abgelehnt hatte, hat das Reich bekanntlich die
Rückzahlung der bereits gewährten Zuſchüſſe verlangt. In der
geſtrigen Thüringer Kabinettsſitzung wurde beſchloſſen, dieſer Auf=
forderung
vorläufig nicht Folge zu leiſten, ehe der Staatsgerichts=
hof
die Frage entſchieden hat, ob die Sperrung der Zuſchüſſe durch
das Reichsinnenminiſterium gegen die Grundſätze der Gewährung
von Polizeizuſchüſſen des Reiches an die Länder verſtoße.

Vom Tage.

Die italieniſchen Induſtriellen, die fünf Tage in
Berlin weilten, verließen am Samstag die Reichshauptſtadt, nach=
dem
ſie intereſſante techniſche Werke und Fabriken beſichtigt hatten. Sie
fahren jetzt nach verſchiedenen anderen deutſchen Städten, um dort
induſtrielle Einrichtungen zu beſichtigen.

Die Regierung von Mexiko ſoll ſich nach einer Kabinetts=
ſitzung
bereit erklärt haben, das kürzlich in New York ab=
geſchloſſene
Schuldenabkommen zu ratifizieren.
Der Reichsverweſer Horthy empfing den anläßlich
der 900=Jahrfeier des ungariſchen Nationalheiligen Emerich nach Buda=
peſt
entſandten päpſtlichen Legaten Kardinal Sincero
in feierlicher Audienz.
Der Vizekönig von Indien hat über Peſchawar das Kriegs=
recht
verhängt.
Die kanabiſche Regierung erließ ein Einwanderungs=
verbot
für Angehörige ſämtlicher europäiſchen Staaten außer Eng=
land
. Nur erfahrene Landwirte mit ausreichenden Geldmitteln werden
zugelaſſen. Durch dieſe Maßnahme, die nur vorübergehend in Geltung
bleibt, ſoll der Arbeitsloſigkeit abgeholfen werden.

Die argentiniſche Regierung hat die Verdoppelung der
berittenen Polizei der Hauptſtadt von 500 auf 1000 Mann angeordnet.
Die Maßnahme, die großes Aufſehen hervorruft, ſteht im Zuſammen=
hang
mit der innerpolitiſchen Gärung, die ſich faſt täglich in Demon=
ſtrationen
gegen ben Präſibenten Jrigoyen äußert.

v. Hoeſch kommt nach Berlin.
* Berlin, 16. Auguſt. (Priv.=Tel.)
Der deutſche Botſchafter in Paris v. Hoeſch wird in den näch=
ſten
Tagen zu einem Beſuch in Berlin eintreffen. An amtlichen
Stellen wird verſichert, daß ein beſonderer Anlaß für ſeinen Beſuch
nicht vorliege. Es ſei nur eine alte Gewohnheit, daß der Pariſer
Botſchafter jedesmal vor der Sitzung des Völkerbundsrates nach
Berlin komme, um mit dem Außenminiſter über die in Genf zu
behandelnden Fragen zu ſprechen. Das wird im weſentlichen auch
richtig ſein. Herr v. Hoeſch iſt ja gerade in der letzten Zeit wieder=
holt
bei Briand geweſen. Er wird alſo über die Abſichten der
franzöſiſchen Regierung im Bilde ſein und dem Außenminiſter Dr.
Curtius mancherlei zu ſagen haben, vor allem über die Pläne, die
Herr Briand mit dem Weitertreiben ſeines Paneuropa= Memo=
randums
hegt.
Der Kampf um die freiwerdenden
Völkerbundsratsſike.
EP. Genf, 16. Auguſt.
Die Neuwahlen zum Völkerbundsrat, welche die September=
Vollverſammlung des Völkerbundes vorzunehmen hat, ſind dies=
mal
heftig umſtritten. Um die drei freiwerdenden Sitze Kanadas,
Kubas und Finnlands bewerben ſich ſchon jetzt ſieben Staaten,
nämlich Norwegen, Guatemala, China, Belgien, Portugal, Grie=
chenland
und Irland. Norwegen wird ſicher den finniſchen Sitz
erhalten, da nach einer Art Gewohnheitsrecht die nordiſchen
Staaten jeweils auf den freiwerdenden Sitz im Völkerbundsrat
haben. Auch die Wahl Guatemalas als einem der drei latem=
amerikaniſchen
Vertreter im Rat dürfte ſich ohne großen Reibun=
gen
vollziehen. Vollkommen offen ſind dagegen die Ausſichten für
den 3. Sitz. Dieſer Platz war ſchon im Jahre 1927 Gegenſtand
eines ſcharfen Kampfes zwiſchen England und Frankreich. Da=
mals
wurde Belgien zugunſten des engliſchen Dommions Kanada
aus dem Rat hinausgewählt; auch jetzt wird England dieſen
Sitz nur einem unbedingt englandſicheven Anwärter überlaſſen.
Aus dieſem Grunde kommt die Kandidatur Belgiens, Irlands,
Griechenlands und Chinas nur ſehr bedingt in Frage. Gegen
Portugal ſpricht die Tatſache, daß mit Spanien breits einer der
beiden iberiſchen Staaten im Rat vertreten iſt. Angeſichts dieſer
Schwierigkeiten ſpricht man neuerdings von einer achten Kan=
didatur
, nämlich derjenigen Südafrikas, das im September in Genf
zum erſten Male durch ſeinen Miniſterpräſidenten General Hertzog
vertreten ſein wird. Die Kandidatur Südafrikas hält man für
ausſichtsreicher, weil ſie ohne weiteres die Zuſtimmung Eng=
lands
, ſeiner Dominien und zahlreicher anderer Mitgliedsſtaaten
finden wird und zudem als eine neue Bekundung des Univer=
ſalitätsgrundſatzes
gelten könnte, weil durch dieſe Wahl auch
Afrika neben Europa, Aſien und Amerika einen Platz im Rate
erhalten würde.
Für den Vorſitz in der Vollverſammlung des Völkerbundes
beſteht bisher eine einzige Kandidatur, die des finniſchen Rats=
vertreters
und Außenminiſters Prokope.

Goebbels vor dem Richker.
Drei Urkeile mit insgeſamk 1300 Mark Geldſtrafe.
* Berlin, 16. Aug. (Priv.=Tel.)
Der Sprecher der Nationalſozialiſten Dr.
Goebbels muß eine wahre Flut von Gerichtsverhandlungen
über ſich ergehen laſſen. Er hatte ſoviel auf dem Kerbholz, daß die
ganze Woche mit ſeinen Prozeſſen angefüllt war. Am Freitag
wurde gegen ihn wegen Beleidigung der Reichs=
regierung
verhandelt, aber der Angeklagte hatte einfach das
Gericht als befangen abgelehnt, worauf die Verhandlung auf
Samstag vertagt wurde. Zuerſt gab das Gericht den Beſchluß
der Strafkammer des Landgerichts 3 bekannt, der die Ablehnung
des Gerichts als unzuläſſig zurückwies. Dann wurde über die
Beleidigung der Reichsregierung verhandelt, wofür der Angeklagte
zu Mk. 600 Geldſtrafe oder im Nichtbeitrei=
bungsfalle
zu 60 Tagen Gefängnis verurteilt
wurde. Das Gericht führte aus, daß es der Auffaſſung des
Angeklagten nicht habe folgen können, daß die Aeußerungen in
ſeinem Artikel, der im Angriff erſchienen war, nur auf die
ſozialdemokratiſchen Mitglieder des Kabinetts gemünzt geweſen
ſeien. Nach dieſem Fall wurde die Beleidigung des
Miniſters Greſzinſki verhandelt, der ebenſo wie der
Reichskazler a. D. Dr. Müller nicht erſchienen war. Hier lautete
der Antrag des Staatsanwaltes auf 3 Monate Gefängnis. Die
Beleidigung wurde in einem Satze Dr. Goebbels über Miniſter
Greſzinſki erblickt, der ſein Amt in unlauterer Weiſe zu niederen
parteipolitiſchen Zwecken mißbraucht habe, und in verſchiedenen
Bemerkungen, die ſich auf die Herkunft Greſzinſkis bezogen.
In dieſem Falle wurde. Dr. Goebbels zu Mark 400,
Geldſtrafe oder 20 Tagen Gefängnis verurteilt. In
der Nachmittagsſitzung des Schöffengerichts Charlottenburg
hatte ſich Dr. Goebbels heute zum vierten und letzten Male in
dieſer Woche zu verantworten. Dr. Goebbels war in dieſem Falle
angeklagt, in ſeiner Zeitſchrift Der Angriff zur Begehung von
ſtrafbaren Handlungen aufgefordert zu haben. In einer Polemik
gegen die Zeitſchrift Alarm hatte Dr. Goebbels einen Artikel
geſchrieben, der mit dem Satz ſchloß: Iſt es wahr, daß mam
ſolchen feigen Verleumdern die Antwort auf ihre Frogen nur
mit der Reitpeitſche ins Geſicht geben kann? Die Antwort über=
laſſen
wir unſeren Leſern. Die Staatsanwaltſchaft hatte in die=
ſem
Satze eine Aufforderung zu einer Körperverletzung erblickt
und Anklage erhoben. In der Verhandlung beantragte der An=
klagevertreter
eine Geldſtrafe von 300 RM. Nach faſt zweiſtün=
diger
Beratung erkannte das Gericht gemäß dem Antrage des
Staatsanwaltes und verurteilte Goebbels zu einer Geldſtrafe
von 300 RM., erſatzweiſe zu 30 Tagen Gefängnis.
Auflöſung der nakionalſozialiſtiſchen Orksgruppe
in Dolgesheim.
Amtlich wird mitgeteilt: Die Vorgänge in Dolgesbeim
(Rheinheſſen) haben den Kreisdirektor von Oppenheim veranlaßt,
auf Grund des § 2 des Reichsvereinsgeſetzes die Ortsgruppe Dol=
gesheim
der Nationalſozialiſtiſchen Deutſchen Arbeiterpartei mit
allen ihren Einrichtungen aufzulöſen, weil aus ihrem Verhalten
hervorgeht, daß ihr Zweck den Strafgeſetzen zuwiderläuft. Die
Mitglieder der nationalſozialiſtiſchen Ortsgruppe in Dolgesheim
haben ſich in letzter Zeit ſchon wiederholt Ausſchreitungen und
ſtrafbare Handlungen gegen politiſch Andersdenkende zuſchulden
kommen laſſen. Den Anſtoß zu der Auflöſung der Ortsgruppe
gaben die Vorgänge in der Nacht vom 9. zum 10. Auguſt. Damals
wurde das Haus eines Reichsbannerführers, der inzwiſchen wegen
der dauernden Ausſchreitungen der Nationalſozialiſten nach
Worms verzogen iſt, regelrecht belagert und teilweiſe demoliert.
Die Unterſuchung hat ergeben, daß hier der Tatbeſtand des Land=
friedensbruchs
vorliegt, zu dem ſich die betreffenden Mitglieder
der Ortsgruppe Dolgesheim gemeinſam verabredet hatten. Sie
handelten auf Veranlaſſung und unter Leitung ihrer beiden Füh=
rer
. Wie wir hören, ſollen unter dieſen Umſtänden in Dolgesheim
vorläufig auch keinerlei nationalſozialiſtiſche Verſammlungen mehr
zugelaſſen werden.

Ein ſahlajalsveiaoener kauer.
Zur Erinnerung an Kaiſer Franz Joſef.
Einhundert Jahre ſind am 18. Auguſt verſtrichen ſeit der
Geburt Kaiſer Franz Joſefs. Der Lebensweg dieſes unglücklichen
Monarchen gemahnt an die tragiſchen Geſtalten der Sage! Man
iſt verſucht, auf ihn das Dichterwort anzuwenden:
Wenn etwas iſt gewaltiger als das Schickſal,
So iſt’s der Mut, der’s unerſchüttert trägt!
Erſt achtzehnjährig hatte er am 2. Dezember 1848 nach der
Abdankung ſeines Oheims, des Kaiſers Ferdinand, in den Stür=
men
der Revolution den Thron der Habsburger beſtiegen. Oeſter=
reich
, Italien, Böhmen und Ungarn waren in vollem Aufruhr.
Der Hof mußte von Wien fliehen, zunächſt nach Innsbruck, dann
ins feſte Olmütz. Der öſterreichiſche Kaiſerſtaat erbebte in ſeinen
Grundfeſten; in Ungarn wurde das Haus Habsburg geächtet und
auf ewige Zeiten aus dem Lande verbannt. Damals ſang der
öſterreichiſche Dichter Grillparzer dem 82jährigen tapferen Feld=
marſchall
Radetzky zu:
In deinem Lager iſt Oeſterreich,
Wir andern ſind einzelne Trümmer.
Dem greiſen Radetzky gelang es, in wuchtigen Schlägen Italien
niederzuwerfen; ſiegreich zog er als Kaiſerlicher Statthalter wie=
der
in Mailand ein. Der Feldzeugmeiſter Graf Haynau zwang im
Bunde mit den zur Hilfe herbeigerufenen Ruſſen unter dem
Türken=Sieger Paskiewitſch die aufſtändigen Ungarn nieder. Der
Banus von Kroatien, Freiherr von Jellachich, ſtellte in Wien die
Ordnung wieder her; aber noch herrſchte überall Unruhe und
Erregung, noch zitterte die Bevölkerung über die Erſchießung des
Frankfurter Parlamentariers Robert Blum in der Brigitien=Au
bei Wien am 9. November 1848. Auch Böhmen und ſeine Haupt=
ſtadt
Prag hatte der Fürſt Windiſchgraetz zur Unterwerfung ge=
bracht
.
Zwar ſah der Tag von Olmütz (29. November 1850) den
jugendlichen Kaiſer auf der Höhe ſeiner Macht: Preußen erlebte
durch die gewandte Politik des Fürſten Felix Schwarzenberg den
ſchmählichſten Tag ſeit dem Tilſiter Frieden! Aber damit war der
Höhepunkt Franz Joſefs erreicht!
Im Kriege gegen Frankreich und Sardinien erlitt er die Nie=
derlagen
von Magenta (4. Juni 1859) und Solferino (24. Juni
1859); unter dem Eindruck des furchtbaren Blutvergießens und der
beiden Niederlagen ſchloß Kaiſer Franz Joſef den Frieden von
Villafranca, durch den er die Lombardei, die Radetzkys tapferer
Degen vor zehn Jahren gerettet hatte, an Italien verlor. Sieben
Jahre ſpäter folgte die Kataſtrophe von 1866, die Oeſterreichs
Ausſcheiden aus dem deutſchen Bunde zur Folge hatte. Das Kai=

ſerheer erlag den preußiſchen Waffen bei Königgrätz, wenn auch
der Sieg Erzherzogs Albrecht bei Cuſtozza (24. Juni 1866) und
Admiral Tegetthoffs ruhmvolle Seeſchlacht bei Liſſa (20. Juli
1866) Oeſterreichs Waffenehre gegenüber Italien rettete.
Venetien ging an Italien verloren. Kein Wunder, daß Franz
Joſef dem ſardo=italieniſchen Königreich bitteren Haß bewahrte,
denn von dort aus hatte er nur Feindſchaft erfahren. Als im
Weltkriege Italien die Bundestreue brach, war der greiſe Kaiſer
nicht überraſcht. Dem hat er in ſeinem denkwürdigen Manifeſt an
ſeine Völker vom 23. Mai 1915 Ausdruck gegeben: Der König
von Italien hat mir den Krieg erklärt! Ein Treubruch, deſſen
gleichen die Geſchichte nicht kennt, iſt von dem Königreich Italien
an ſeinen beiden Verbündeten begangen worden. Nach einem
Bündnis von mehr als dreißigjähriger Dauer, während deſſen es
ſeinen territorialen Beſitz mehren und ſich zu ungeahnter Blüte
entfalten konnte, hat uns Italien in der Stunde der Gefahr ver=
laſſen
und iſt mit fliegenden Fahnen in das Lager unſerer Gegner
übergegangen. Der neue heimtückiſche Feind im Süden iſt uns
kein neuer Gegner. Die großen Erinnerungen an Novara,
Mortara, Cuſtozza und Liſſa, die den Stolz meiner Jugend bilden,
und der Geiſt Radetzkys, Erzherzogs Albrecht und Tegetthoffs, der
in meiner Land= und Seemacht fortlebt, bürgen mir dafür, daß
wir auch gegen Süden hin die Grenzen der Monarchie erfolgreich
verteidigen werden. Er hat das Ende des Weltkrieges und den
Untergang ſeiner Monarchie nicht mehr erlebt.
Und wie in der Politik, ſo erlebte er auch in der Familie
ſchwerſtes Leid! Gar ſonnig hatte ihm einſt das junge Glück ge=
lächelt
, als er die märchenhaft ſchöne Wittelsbacherin Eliſabeth
heimführte. Begeiſtert hatte es am 24. April 1854 der jugend=
ſchönen
Braut entgegengeklungen:
Roſe aus Bayernland,
Lieblich und traut,
Nun grüßt dich ganz Oeſterreich
Als hehre Braut."
Damals hatte Franz Joſef einem Freunde geſchrieben: Ich
bin verliebt wie ein Leutnant und glücklich wie ein Gott. Und
dann kam der Tag der Königskrönung in Ofen am 8. Juni 1867.
Der königliche Zug entfaltete einen märchenhaften Glanz. Franz
Joſef ritt einen prächtigen Schimmel; er trug den Krönungs=
mantel
, die Krone auf dem Haupte. Aber einen noch unvergeß=
licheren
Eindruck rief Eliſabeths majeſtätiſche Schönheit hervor.
Aller Augen waren auf den von acht goldgeſchirrten Schimmeln
gezogenen vergoldeten Krönungswagen gerichtet, in dem Eliſa=
beth
in berückender Schönheit ſaß. Unmittelbar hinter der Königin
folgte eine Eskorte der jüngſten und vornehmſten ungariſchen
Magnaten in glänzenden, mit Goldſtickereien und Edelſteinen ge=
ſchmückten
Trachten. Sie ritten prächtige Pferde; die Steigbügel
waren aus Gold, die Schabracken mit Diamanten überſät. Ueber

der linken Schulter trugen ſie Tiger= oder Leopardenfelle. Feier=
lich
krönte der Erzbiſchof und Fürſt=Primas von Ungarn den
Kaiſer mit der heiligen Stephans=Krone und ſalbte Eliſabeth an
Schultern und Armen mit geweihtem Oel. Ungeheurer Jubel und
toſende Eljen=Rufe der begeiſterten Magyaren ertönten. Kaiſerin
Eliſabeth, die gefeierte Königin der Ungarn, hat ſelbſt dieſen Tag
als den ſchönſten in ihrem Leben bezeichnet. Es iſt auch der
Höhepunkt auf dem ſchweren Lebensweg Franz Joſefs geweſen.
Und nun vergegenwärtige man ſich dieſe Kette von Schickſals=
ſchlägen
in der Familie!
Sein jüngerer Bruder Ferdinand ließ ſich von Napoleon III.
verlocken, die Krone des von letzterem geplanten lateiniſchen
Kaiſerreichs Mexiko anzunehmen. Als das napoleoniſche Aben=
teuer
ſcheiterte, wurde Kaiſer Max, wie er ſich nannte, von den
Mexikanern in Queretaro erſchoſſen; ſeine Gattin Charlotte, eine
belgiſche Prinzeſſin, wurde irrſinnig. Am 13. Juni 1866 fand der
Bayern=König Ludwig II., ein Vetter der Kaiſerin Eilſabeth,
ſeinen Tod in den Wellen des Starnberger Sees. Am 4. Mai 1897
verlor die Schweſter der Kaiſerin, Herzogin Sophie von Wittels=
bach
, die einſtige Braut des unglücklichen Bayern=Königs Lud=
wig
II., ihr Leben in den Flammen des Pariſer Bazar=Brandes!
Waſſer und Feuer! Schauerlich das Geſchick des Sohnes, des Kron=
prinzen
Rudolf: am 30. Januar 1889 endete er im Jagdſchloß
Mayerling in furchtbarer Tragödie zuſammen mit der Baroneß
Maria Vetſera.
Am 10. September 1898 wurde Kaiſerin Eliſabeth in Gen
von dem Anarchiſten Luigi Luccheni ermordet. Seit dem Tode
ihres einzigen Sohnes Rudolf war die ſchon lange Jahre nerven=
leidende
Kaiſerin immer ſchwermütiger geworden. Eine nervöſe
Unruhe trieb ſie von Land zu Land auf große Reiſen; auch See=
Reiſen unternahm ſie. Das Meer iſt mein Beichtvater, ſagte ſie,
das Meer iſt wie eine große Mutter, an deren Herzen man alles
vergißt. Sie beſuchte Troja, Nord=Afrika, Tunis, Algier, Alexan=
dria
und Kairo. In Korfu gründete ſie ſich ihren Wohnſitz, das
Achilleion.
Zum letzten Male erſchien ſie bei feierlichem Anlaß bei
Ungarns Tauſend=Jahr=Feier im Jahre 1896: eine wahrhafte
mater dolorosa. Im Juli 1897 weilte ſie mit ihrem Gatten, ihrer
Tochter Valeria und ihren Enkeln in Iſchl, von dort ging ſie nach
Bad Nauheim, wo ſie einige Wochen die Kur gebrauchte. Von
Nauheim reiſte ſie nach Genf. Am 9. September ſaß ſie am Ufer
Beau=Rivage. Ein Rabe, der Unglücksvogel der Habsburger, flog
in ihrer nächſten Nähe auf und ſtreifte mit einem Flügel ihre
Hand. Ihre Umgebung, die den Volksglauben vom Unglücksraben
der Habsburger kannte, bat ſie, in den nächſten Tagen vorſichtig
zu ſein: am anderen Tag traf ſie der Dolch des Anarchiſten auf
der Landungsbrücke vor dem Hotel! Ein eigenartiger Zufall, der
jenen Volksglauben aufs neue nährte!

[ ][  ][ ]

aufgebrauchk. Das Reich im Winker vor einer
vor bedenklichen Eingriffen in die denkſche Wir

Was wird nun?
BB. Berlin, 16. Aug. (Priv.=Tel.)
Wie wir von unterrichteter Seite hören, hat die Reichs=
anſtalt
für Arbeitsloſenverſicherung ſeit kurzer Zeit die ihr in
dieſem Haushalt von ſeiten des Reiches zur Verfügung geſtellten
Zuſchüſſe bereits aufgebraucht, ſo daß ſie gezwungen iſt, wie=
der
Darlehen aufzunehmen. Da im Reichsetat nur 140
Millionen als Darlehen vorgeſehen ſind, die im November= De=
zember
abgehoben ſein werden, wird das Reich im Winter
vor eine ſehr ernſte Frage geſtellt ſein. Man rechnet
damit, daß vom Dezember ab, alſo dem Ende der Darlehensmittel,
die Reichsanſtalt bis zum Ablauf des Haushaltsjahres, weitere
300400 Millionen Reichsmark benötigt, von denen nach den
Beſtimmungen der Notverordnungen das Reich die Hälfte zu tra=
gen
hat, die aber zur Zeit nicht vorhanden iſt. Die andere Hälfte
ſoll durch Einſparungen oder Beitragserhöhungen aufgebracht
werden. Beſonders unangenehm ſcheint ſich bemerkbar zu machen,
daß auch die Erſparnis der letzten Reform in einem
wichtigen Punkte zu hoch geſchätzt worden ſind. Die in der
Notverordnung gegebene Möglichkeit, daß die Reichsregierung im
Einvernehmen mit dem Vorſtand der Reichsanſtalt nicht nur eine
einfache Beitragserhöhung oder eine beſonders geſtaffelte Steige=
rung
der Sätze vornimmt, ſcheint praktiſch nicht durchführbar zu
ſein. Eine Staffelung der Beitragsſätze nach Be=
zirken
würde ungeheure und bedenkliche Verſchie=
bungen
im deutſchen Wirtſchaftsleben ergeben, da
gerade die ohnedies notleidenden Bezirke des Oſtens Oſtpreußen
und Schleſien in dieſem Falle Beitragsſätze von 10 und mehr
Prozent zu leiſten hätten, die natürlich untragbar ſind und
eine Abwanderung der Induſtrie aus den betref=
fenden
Gebieten zur Folge hätten. Ebenſo erſcheint eine
Staffelung nach Berufen außerordentlich be=
denklich
. In dieſem Falle müßte z. B. das Baugewerbe, das
die größte Belaſtung bedeutet, ebenfalls Sätze von 10 Prozent und
mehr tragen, welches ſein eigenes Riſiko übernehmen würde. Eine
ſolche Regelung würde aber praktiſch nichts anderes bedeuten als
das, daß jetzt vom Reich zur Ankurbelung des Baumarktes ge=
gebene
Gelder nachträglich von der Arbeitsloſenverſicherung ge=
ſchluckt
würden. Auch hier ergäbe ſich ein Eingriff in die
deutſche Wirtſchaftspolitik, der undurchführbar iſt, ob=
wohl
noch mancherlei Kreiſe mit dieſer Möglichkeit rechnen. Es
bleibt alſo nur der Ausweg einer 1=bis 1 ½prozenti=
gen
Beitragserhöhung oder eines Leiſtungsab=
baues
auf geſetzlichem Wege übrig, wenn das Reich nicht
bereit iſt, was ihm ſehr ſchwer fallen wird, die geſamte Zuſchuß=
ſumme
von 300 bis 400 Millionen Mark zu übernehmen.
Berſtärktes Anſteigen der Wohlfahrks=

Berlin, 16. Auguſt.
Am 31. Juli wurden in den Städten mit mehr als 25 000
Einwohnern, die zuſammen eine Bevölkerung von 25 Millionen
Einwohnern haben, bereits rund 404000 Wohlfahrtserwerbsloſe
laufend unterſtützt. Davon waren rund 44 000 gemeindliche Für=
ſorgearbeiter
. Gegenüber dem Stand vom Vormonat (373000
Wohlfahrtserwerbsloſe) beträgt die Zunahme weitere 8,4 v. H.,
während die Zahl ſämtlicher Hauptunterſtützungsempfänger der
Arbeitsloſenverſicherung und der Kriſenfürſorge in der gleichen
Zeit eine Steigerung um nur 3,6 v. H. erfahren hat. Dagegen
mußten die genannten Städte rund 49 000 Arbeitsloſen, die von
der Reichsanſtalt für Arbeitsloſenverſicherung unterſtützt wurden,
laufende Zuſatzunterſtützung gewähren. Das ſchnelle Wachstum
der Wohlfahrtserwerbsloſenzahlen hat dahin geführt, daß in den
Städten mit mehr als 25000 Einwohnern die Wohlfahrts=
erwerbsloſen
, die Ende Januar noch 21,4 v. H. ſämtlicher in die=
ſen
Städten unterſtützten Erwerbsloſen darſtellten, bis Ende
Juni in ſtändiger Steigerung bereits einen Anteil von 26,6 v. H.
erreicht haben."

Die Deukſchen in Danzig fordern Arbeitsſchuß.
Danzig, 16. Auguſt.
Der Bund, der deutſchen Staatsbünger der Freien Stadt
Danzig veranſtaltete geſtern im Deutſchen Volkshaus eine Pro=
teſtverſammlung
gegen das neue Arbeitsvermittlungsgeſetz, die
äußerſt ſtark beſucht war. Als erſter Redner ſprach Volkstagsab=
geordneter
Berger. Er führte u. a. aus, daß das neue Arbeits=
vermittlungsgeſetz
, das am 1. Oktober in Kraft trete, ſich in erſter
Linie gegen die deutſchen Staatsbürger richte. Das Hauptübel
der große Arbeitsloſigkeit liege darin, daß ein großer Strom pol=
niſcher
Arbeitskräfte nach Danzig gezogen ſei, die nach dem Ge=
ſetz
leider den Danziger Arbeitern gleichgeſtellt ſeien.
Redakteur Bartel=Königsberg forderte dann ein ſchärferes
Eingreifen des deutſchen Generalkonſulats. Zum Schluß wurde
eine Reſolution angenommen, in der die Reichsregierung um
Abſchluß eines Vertrages erſucht wird, der beſtimmt, daß keinem
der zurzeit hier anſäſſigen Deutſchen die Aufnahme irgendwelcher
Arbeit durch die Danziger Behörden verweigert werden darf, und
daß bei Nichtzuſtandekommen, eines ſolchen Abkommens den in
Deutſchland arbeitenden Danziger Staatsangehörigen die Arbeit
verweigert wird.
Die Geſamkverſchuldung des Reiches, der Länder

Berlin, 26. Auguſt.
Am 31. März 1930, alſo am Schluß des Rechnungsjahres
1929, betrugen die geſamten Schuldenverpflich=
tungen
des Reiches aus der Aufnahme von Anleihen, Dar=
lehen
und ſonſtigen Schulden 9629,6 Mill. RM. Seit dem 31.
Dezember 1929 weiſt demnach die Reichsſchuld einen Reinzugang
von 278,5 Mill. RM. auf und iſt ſomit erheblich geringer ge=
weſen
als im Vorvierteljahr, in dem die Erhöhung der Ge=
ſamtſchuld
486 Mill. RM. betrug. Bei der Neuverſchuldung von
4 702,5 (am 31. 12. 29: 4 387,1) Mill. RM. ſind Auslandsſchulden
von 1066,7 auf 1063,7 zurückgegangen, die Inlandsſchulden
dagegen von 3 320,3 auf 3 638,8 Mill. RM. angewachſen. Dieſe
Zunahme entſtand insbeſondere durch die Ausgabe von unver=
zinslichen
Schatzanweiſungen (plus 263,4 Mill. RM.). Das
Reichswechſelkontingent wurde am Schluſſe des Rechnungsjah=
res
mit 400 Mill. RM. voll in Anſpruch genommen, dagegen war
der im Höchſtfall 100 Mill. RM. betragende Betriebskredit bei
der Reichsbank, der im Dezember 1929 abgedeckt worden war, am
31. März 1930 nur zur Hälfte in Anſpruch genommen.
Die Verlangſamung der Schuldenvermehrung bei den Län=
dern
(einſchl. Hanſeſtädten) hat nicht angehalten. Sie haben ſich
mit 119,1 Mill. RM. ſtärker erhöht als in irgendeinem der vor=
ausgegangenen
Vierteljahre des Rechnungsjahres. Der Ge=
ſamtſchuldenſtand
der Länder überſchreitet nunmehr
die Grenze von 2 Milliarden RM. (ohne Hanſeſtädte 2,101 Mil=
liarden
RM.) gegenüber 1982,0 Mill. RM. am 31. Dezember
1929. Faſt der ganze Zugang ſtammte aus der Neubegebung von
Schatzanweiſungen und Schatzwechſeln (Länder 139,0 Mill. RM.,
Hanſa 93,5 Mill. RM. Steigerung). Die Abnahme der Schulden
aus öffentlichen Mitteln (Reichskredite für Wohnungsbau, wert=
ſchaffende
Erwerbsloſenfürſorge) hat ſich weiter fortgeſetzt ( Län=
der
18,9 Mill.) und hängt wohl mit der teilweiſen Rückzah=
lung
der Reichskredite für den Kleinwohnungsbau, die meiſt 1926
begeben und mit dreijähriger Laufzeit ausgeſtattet waren, zu=
ſammen
.
Das ſtarke Anwachſen der Großſtadtſchulden
hat ſich im erſten Viertel 1930 nicht in gleichem Maße fortgeſetzt.
Sie erhöhten ſich nur um 153,5 Mill. RM. gegenüber 234,6 Mill.
RM. OktoberDezember 1929 und 241,7 Mill. JuliSeptember.
Die Geſamtſumme der Großſtadtſchulden beträgt am 31. März
1930 4596,6 Mill. RM. oder pro Kopf (Volkszählung 1925)
272,65 RM. Die Verlangſamung dürfte in erſter Linie eine Folge
der Ende vorigen Jahres eingeleiteten Umſchuldungsaktion ſein.
An dem Geſamtzugang waren Großſtädte mit über 500 000
Einwohnern mit 89,5 Mill., von 200001 bis 500 000 mit 53,4,
von 100 001 bis 200 000 mit 10,6 Mill. RM. beteiligt.

Im Zuſammenhang mit den neuerlichen Kämpfen in China
erfährt die dortige Lage eine Beurteilung namentlich von ſozia=
liſtiſcher
und kommuniſtiſcher Seite, die ein vollkommen falſches
Bild von den tatſächlichen Zuſammenhängen gibt. Vor allem
entſpricht es in keiner Weiſe den Tatſachen, die Macht der chineſi=
ſchen
Marſchälle ſowie die Macht der Kuomintang zu unterſchätzen.
Darüber hinaus muß man bei der gegenwärtigen Bewegung in
China zwei Punkte unterſcheiden: einmal die Bewegung in Mittel=
china
und dann den Kampf im Norden.
Was in den Mittelprovinzen vor ſich geht, das iſt
keine organiſierte Bauernbewegung. Es handelt
ſich hier um ein Bandentum, das aus zuſammengelaufenen Land=
arbeitern
und dem Ueberſchuß der anſäſſigen Familien beſteht, der
in den Bauernhöfen keine Exiſtenz finden konnte. Dieſe vollkom=
men
unorganiſierten Räuberbanden, die in keiner Weiſe
einen organiſierten Kommunismus darſtellen, konnten ihre
revolutionäre Bewegung in den Mittelprovinzen Chinas nur des=
halb
entwickeln, weil die Macht der Nanking=Regierung nicht bis
in dieſe Gegenden reichen kann, ſo daß ſich hier ein vollkom=
men
geſetzloſer und unorganiſierter Zuſtand her=
ausbilden
konnte, demgegenüber Nanking, deſſen Herrſchaft ſich
im weſentlichen auf die Provinzen Tſchekiang, Kiangſu, Anhui
und das Yangtſetal, alſo auf den wirtſchaftlich fortſchrittlichſten
Teil Chinas erſtreckt, einfach machtlos iſt. Dagegen handelt es
ſich im Norden um einen Kampf gegeneine beſtimmte
Richtung innerhalb der Kuomintang, die von den
Nordgenerälen als eine Verfälſchung des Gedankens von Sun=
hatſen
angeſehen wird. Der prägnanteſte Vertreter in dieſer Rich=
tung
iſt Präſident Dſchiang Kai=ſchek. Der Führer der Oppoſition
iſt Wang Ching=wi, der ſich zurzeit in Peking befindet, wo er mit
den Nordgenerälen Verhandlungen führt. Dieſe beiden Generäle
ſind der Muſtergouverneur Yen Shi=ſhan und der mit ihm ver=
bündete
chriſtliche General Feng =hſiang, dem man an ſich
moskaufreundliche Tendenzen zuſchreibt. Wang Ching=wi
verſucht nun, mit Yen Shi=ſhan ein Aktionsprogramm auf=
zuſtellen
, das die Abſchaffungder Diktatur und die Wahl
eines Volksparlaments und einer neuen Regierung vorſieht. Ins=
beſondere
will man parlamentariſche Verhältniſſe
ſchaffen und gegenüber der Nanking=Regierung, die auf dem
Kuomintang=Kongreß von 1928 beruht, deſſen Stimmergebnis von
ihren Gegnern nicht anerkannt wird, eine Regierung ſchaffen, die
das Vertrauen des Volkes beſitzt. Es iſt alſo vollkommen
irrig, zwiſchen der revolutionären Bewegung
Mittelchinas und dem Kampfe im Norden eine
Verbindung herzuſtellen. Andererſeits handelt es ſich
hierbei in keiner Weiſe um eine Bauernbewegung.
Es iſt zwar richtig, daß die Nanking=Regierung bisher ihr Agrar=
reformprogramm
noch nicht durchführen konnte. Der bodenanſäſſige
Bauer verhält ſich aber trotz alledem vollkommen ruhig und lehnt
eine Beziehung zu der revolutionären Bewegung im Lande ab.
Wie ſich die Dinge weiterhin entwickeln werden, läßt ſich von
hier aus naturgemäß nicht überblicken, zumal die Nachrichten aus
China keine klare Beurteilung der gegenwärtigen Situation er=
möglichen
. Bei der großen Anzahl der vor Hankau liegenden frem=
den
Kriegsſchiffe iſt die kommuniſtiſche Bedrohung der Stadt nicht
mehr aktuell. Welche Fortſchritte die von Feng =hſiang ein=
geleitete
Entlaſtungsoffenſive gegenüber dem Vormarſch von
Dſchiang Kai=ſchek gegen Tſinanfu macht, iſt ebenfalls aus den
vorliegenden Nachrichten nicht im einzelnen zu erkennen. Immer=
hin
wird es noch zu manchen Kämpfen kommen, ehe eine Klärung
der Lage in China eintreten kann, handelt es ſich doch um eine
Bewegung, die um die innere Organiſation Chinas
ſelber geht.

EP. Schanghai, 16. Auguſt.
Die Einnahme von Tſinanfu durch die Nanking=Truppen er=
folgte
nach einer Mitteilung von Regierungsſeite faſt ohne jeden
Kampf, da die Nordtruppen ſich eiligſt aus der Stadt entfernten.
Dieſer Erfolg gibt der Nanking=Regierung die Kontrolle über die
wichtige Eiſenbahnlinie TſingtauTſinanfu zurück.

Kaiſer Wilhelm II. eilte zur Beiſetzung der von ihm hochver=
ehrten
Kaiſerin nach Wien. Er erzählt: Niemals werde ich den
herzergreifenden Anblick vergeſſen, als der gebeugte Witwer nach
einem kalten zeremoniellen Gottesdienſt hinter dem Sarge ſeiner
einſt ſo gefeierten und vergötterten Gemahlin in die Kapuziner=
gruft
hinabſtieg. Sie war dem Kaiſer Franz Joſef ſehr viel mehr
geweſen, als die nur dem Scheine nach urteilende Welt ahnt, und
wäre gewiß, wenn ſie am Leben geblieben wäre, ihm eine treue
Stütze in den ſchweren Stürmen der ſpäteren Zeit geworden. Aber
das Schickſal wollte es anders, und indem es Leid auf Leid auf
den edlen alten Mann häufte, erſparte es ihm nichts an perſön=
lichem
Schmerz und an politiſchen Enttäuſchungen, nur die daß
es ihn den Untergang ſeines Reiches nicht mehr erleben ließ.
Zwei Jahre vor ſeinem Tode mußte er noch erleben, wie ſein
Neffe, der Thronfolger, Erzherzog Franz Ferdinand und ſeine
Gemahlin, die ſchöne Herzogin Sophie von Hohenberg, in Sera=
jewo
am 28. Juni 1914 den Kugeln der ſerbiſchen Meuchelmörder
zum Opfer fielen!
Ein Schickſalsſchlag nach dem anderen in der Familie, inner=
politiſche
Schwierigkeiten, verlorene Kriege haben den Lebensweg
dieſes unglücklichen Habsburgers gekennzeichnet. Es war ein an
Enttäuſchungen reiches Leben, das am Abend des 21. November
1916 zu Ende ging, als Kaiſer Franz Joſef im Schloß zu Schön=
brunn
die müden Augen für immer ſchloß!
Dr. Ludwig Roth.

im Urkeil der Darmſtädter Tagespreſſe.
Von den neuverpflichteten Mitgliedern des Heſſiſchen Landes=
theaters
ſind Anita Mitrovic (vom Leipziger Opernhaus),
Albert Lohmann (vom Stadttheater Zürich), Joachim Satt=
ler
(vom Stadttheater Barmen=Elberfeld), Johannes Schocke
(vom Düſſeldorfer Opernhaus) und Joſef Keim (vom Breslauer
Schauſpielhaus) dem Darmſtädter Publikum bereits durch Gaſt=
ſpiele
in der verfloſſenen Spielzeit bekannt geworden.
Ueber Anita Mitrovic urteilte nach ihrem Gaſtſpiel als
Martha in Tiefland die Darmſtädter Preſſe: Ein auffallend
ſchönes und großes Material mit leuchtender Höhe und warmer
Tiefe (Darmſtädter Tagblatt). Geradezu ſtrahlende Töne‟
(Heſſiſche Landeszeitung). Eine ſchöne, gepflegte, in allen Lagen
ausgiebige und dabei blühend geſunde Stimme (Heſſiſcher
Volksfreund). Wie wohltuend iſt es, daß dieſe Sängerin fernab
von allem Stimmprotzentum ſteht. Sie kann es ſich leiſten, wir=
kungsvoll
piano zu ſingen, eben weil ihr auch hier genügend
Klangſubſtanz zur Verfügung ſteht (Darmſtädter Zeitung).

Nach dem Gaſtſpiel als Tosca: Die Stimme blüht und leuch=
tet
, ſie läßt hochakzentiſchen Ton ebenſo zu wie tragendes Piano,
ſie iſt kraftvoll in Höhe und Tiefe‟ (Darmſtädter Zeitung). Ihr
fülliges, elaſtiſches Organ geht ſehr friſch und ſteil in die Höhe‟
(Heſſiſcher Volksfreund). Eine Künſtlerin, die berufen iſt, hier
das Fach Roſe Landwehrs würdig und erfolgreich zu beſtreiten
(Heſſiſche Landeszeitung). Die offenbar noch junge, ausſichts=
volle
Künſtlerin iſt für die Bühne geboren, hat Talent für Spiel
und Mimik, große Muſikalität, ſtarkes Temperament. Sie iſt
eine intereſſante Perſon. Sie beſitzt vor allem ein wundervolles
Material, groß, tragend, warm und vieler Farben fähig. Ihre
Eignung geht über das Charakterfach hinaus ins Hochdrama=
tiſche‟
(Darmſtädter Tagblatt).
Ueber Albert Lohmann als Telramund im Lohengrin
ſchrieb die Tageskritik: Eine einheitliche Faſſung von erſichtlicher
Reife‟ (Darmſtädter Zeitung). Ein charaktervolker Spieler
(Heſſiſcher Volksfreund). Ein Bombenmaterial (Heſſiſche Lan=
deszeitung
). Ein echter dramatiſcher Bariton. Er beſitzt ein
mächtiges Material von großem Umfang, baßartigem Klang und
markiger Ausdruckskraft bei vorbildlicher Ausſprache. Eine reife
Leiſtung von ſtärkſter Wirkung‟ Darmſtädter Tagblatt).
Joachim Sattler fand als Lohengrin folgende Beurtei=
lung
: Von Haus aus tadelloſe und geſunde ſtimmliche Mittel.
Eine ſtarke Zukunftsverſprechung (Heſſiſche Landeszeitung).
Eine ſympathiſche, hoffnungsvolle Leiſtung (Darmſtädter Tag=
blatt
). Man ſtellt gerne den erfreulichen Stimmfundus ſeſt
(Darmſtädter Zeitung). Sein friſches, glanzvolles und auch in
der Höhe ausgiebiges Organ drängt zur großen heldiſchen Geſte.
Er beſticht durch die Unverbrauchtheit der ſtimmlichen Mittel, ein
jugendliches Draufgängertum und müheloſe Tonentfaltung
(Heſſiſcher Volksfreund).
Johannes Schocke wurde anläßlich ſeines Gaſtſpieles als
Rudolf in der Bohéme folgendermaßen beurteilt: Die Sen=
ſation
des Abends: ein Tenor. Wenn es ſich bewahrheiten ſollte,
daß er ab nächſter Spielzeit unſerem Inſtitut als Nachfolger
Grahls verpflichtet ſei, ſo können wir die Theaterleitung und uns
dazu wohl beglückwünſchen (Heſſiſcher Volksfreund). Ein gro=
zes
, in allen Lagen ausgeglichenes und leicht anſprechendes, hohes
Material von weichem Klang und zündender Kraft ( Darm=
ſtädter
Tagblatt). Ich ſtehe nicht an, zu ſagen, daß dieſes blen=
dende
Tenormaterial, das lyriſch=heldiſch iſt, mich begeiſtert hat
(Heſſiſche Landeszeitung). Ein Tenor, wie ihn das Landes=
theater
braucht (Darmſtädter Zeitung).
Ueber Joſef Keim ſchrieb anläßlich ſeines Gaſtſpiels als
Quirt in Rivalen das Darmſtädter Taablatt: Ein gewandter,
verſierter Schauſpieler mit ſympathiſchen Mitteln. Heſſiſche Lan=
deszeitung
: Ein guter Schauſpieler, nein: ſogar ein ſehr
guter, mit einer Fülle ganz ausgezeichneter Momente! Darm=

ſtädter Zeitung: Er ſteigert ſich zu einem ſolchen Grad charak=
teriſtiſch
bedeutenden Ausdrucks, daß er das Spiel überraſchend
an ſich reißt. Gewiß ein Schauſpieler, dem innerhalb unſeres
Theaters eine Tätigkeit wohl zu gönnen wäre.

Ap. Satiren um den Eros von Adolph Wittmaack, Preis geb.
5,50 Mark. Kreis=Verlag, Hamburg. Bergſtraße 26.
Was in dieſen zehn Kurzgeſchichten erzählt wird, dreht ſich um
die pſychiſch=erotiſchen Wechſelwirkungen der Geſchlechter, um Liebes=
und Eheirrungen, die in ſatiriſchem Tone gehalten ſind, aber einer
tieferen ethiſchen Bedeutung ermangeln. Die von Schlüpfrigkeiten ſich
nicht fernhaltenden loſen Geſchichten, die lediglich eine leichte Unter=
haltungslektüre
bilden, dürften nicht nach jedermanns Geſchmack ſein,
ohne daß damit dem Verfaſſer die Anerkennung vorenthalten werden
ſoll, daß er eine in ſeiner Art geiſtreiche Schreibweiſe mit ſtark aus=
geprägter
perſönlicher Note beſitzt.
Würzburg, 1200 Jahre deutſcher Kunſt, eine Kunſt= und Kultur=
geſchichte
von Profeſſor Dr. Knapp: 118 Seiten, 32 Abbildun=
gen
, in Leinen gebunden, Preis 3,50 Mk. Verlag der Univer=
ſitätsdruckerei
H. Stürtz A. G., Würzburg.
Man muß Hiſtoriker ſein und Kunſtgeſchichte treiben, ſagt
der Verfaſſer, um die künſtleriſche Entwicklung an einem Platze
verfolgen zu können‟. Entſprechend dieſer auf die Sache tiefer
eingehenden Forderung und auf Grund eines ſtarken perſönlichen
Verhältniſſes zur Kunſt entſtand hier eine Arbeit, die in knapper
Form zeigt, daß ein wiſſenſchaftlich fundiertes Buch ſehr gut all=
gemeinverſtändlich
und elegant geſchrieben ſein kann. Ein der
Spezialwiſſenſchaft oft verloren gehendes Gefühl für Qualitäts=
ware
hebt hier das hiſtoriſch und künſtleriſch Bedeutſame wirkungs=
voll
heraus. Dem Autor war es darum zu tun, tieferes Verſtehen
für das künſtleriſche Schaffen zu vermitteln und in das Subjek=
tive
, das Weſen der einzelnen Stile und Schöpferperſönlichkeiten
einzuführen. Dieſes Ziel erhöht den Wert des Buches, ſein In=
halt
verliert dadurch den lokalen Charakter und gewinnt allge=
meingültige
Bedeutung. Der als zweiter Teil beigefügte Rund=
gang
ſoll Wegweiſer ſein bei einem kurzen, wohldurchdachten
Spaziergange zu den hauptſächlichſten Schönheiten der Kilians=
ſtadt
.
Hugh Walpole: Jeremy. Roman einer Kindheit. Stuttgart
1930. J. Engelhorns Nachf. Broſch. Billig=Buch 3,50 RM., Lei=
nen
auf holzfreiem Papier 7,50 RM., Halbleder 10,50 RM.
Wer noch einmal acht Jahre ſein und alles Glück und Leid
dieſes Alters neu erleben will, wer Kinder tiefer verſtehen lernen
will, wer ſich an der Sonne eines aus gütigem Herzen ſtrahlenden
Humors wärmen will, vor allem: wer eines vollen Kunſtgenuſſes
teilhaftig werden will, der leſe den entzückenden Kindheits=
roman
, deſſen Held der kleine Jeremy iſt! Selten ſind Menſchen
und Dinge, vor allem Kinder und Tiere, ſo ſcharf und doch ſtets
liebevoll geſehen und ſo lebendig und lebensecht, ſo unſentimental
und ungekünſtelt dargeſtellt worden, wie in dieſem Roman. Der
kleine Jeremy iſt eine Geſtalt aus Fleiſch und Blut, die man ins
Herz ſchließt und nicht wieder vergißt.

[ ][  ][ ]

Seite 4

Sonntag, den 17. Augnſt 1930

Nummer 226

A

Paul Koch
u. Frau Gretel, geb. Blodt
geben die glückliche Geburt eines
geſunden Töchterchens bekannt.

Darmſtadt, den 16. Auguſt 1930
z. Zt. Klinik Dr. Wolff u. Dr. Hoffmann.

(12552)

Die Verlobung ihrer Tochter Annemarie
mit Herrn Friedrich Karl Girardet
beehren sich anzuzeigen
Landverichtsrat Dr. Franz Bittel
und Frau Elisabeih, geh. Prim.
Darmstadt, im August 1930.

Meine Verlobung mit Fräulein Anne-
marie
Bittel, Tochter des Herrn Land-
gerichtsrats
Dr. Franz Bittel und seiner
Frau Gemahlin Elisabeth, geb. Prinz,
zeige ich hiermit an.
Friedrich Karl Girardet.

Essen, im August 1930.
z. Zt. Zurow bei Neukloster (Meckl.)

O4
O

Anna Oöfz
Georg Egner
grüßen als Verlobte.
Eschollbrücken
Ober-Beerbach
August 1930.

Statt beſonderer Anzeige.

Gott dem Allmächtigen hat es gefallen, meine liebe
Frau, unſere gute Mutter, Schwiegermutter, Groß=
mutter
, Schweſter, Schwägerin und Tante
Drau Shriftinn Kriäfer
geb. Emrich, verw. Müller
heute Nachmittag 7/,2 Uhr nach ſchwerem Leiden,
verſehen mit den hl. Sterbeſakramenten, zu ſich in
die Ewigkeit aufzunehmen.
Im Namen der trauernden Angehörigen:
Adam Krickſer, Zimmermeiſter.

Für die uns anläßlich unſerer
Vermählung überfandten Glück=
wünſche
, Blumen und Geſchenke
ſagen wir unſeren herzlichſten
Dank.
Ludwig Kohlmann u. Fran
Beate, geb. Lohfink.

Anläßlich unſeres Wegzuges von Groß=
Bieberau nach Nürnberg (Hochſtraße 33)
ſagen wir allen lieben Freunden und
Bekannten
herzlichſt Lebewohl
H. Sulzbacher & Frau.

Die
gemütliche
Ecke

Darmſtadt, den 15. Augnſt 1930.
Bleichſtr. 37.

(12504

Die Beerdigung findet am Montag, den 18. Auguſi,
nachmittags 3 Uhr, von der Kapelle des Friedhofs
an der Nieder=Ramſtädterſtraße aus ſtatt.
Das Seelenamt am Montag, den 18. Augnſt, vor=
mittags
6½ Uhr, in der St. Fideliskirche.
Von Beileidsbeſuchen bittet man abſehen zu wollen.

Todes=Anzeige.
(Statt Karten.)
Gott dem Allmächtigen hat es gefallen, heute
nach langem, ſchwerem, mit großer Geduld
ertragenem Leiden meine liebe, herzensgute
Frau, Schweſter, Schwägerin und Tante
Aund Mutie Schufer
geb. Dittmann
im Alter von 57 Jahren zu ſich in die Ewig=
keit
abzurufen.
Im Namen der trauernden Hinterbliebenen:
Wilhelm Schäfer.
Eberſtadt, Ober=Ramſtadt, den 15. Aug. 1930.
Die Beerdigung ſindet am Montag, den 18. Auguſi,
nachmittags ½4 Uhr, vom Trauerhauſe, Seeheimerſtr. 22
aus ſtatt."
(12505

Statt Karten.
Gott dem Allmächtigen hat es gefallen,
meine liebe Frau, unſere ſiets treuſorgende
liebe Mutter, Schwiegermutter, Großmutter,
Schweſter, Schwägerin und Tante
Frau eineſtine Siein
nach längerem, mit großer Geduld ertragenem
Leiden am 16. Auguſt im Alter von 74 Jahren
zu ſich zu rufen.
Die trauernden Hinterbliebenen:
Ludwig Stein, Schuhmachermſtr.
Familie Ludwig Stein
Karl Stein
Karl Hofmann
Darmſtadt, Wilhelmſtr. 31, Eberſtadt, Gießen,
pfungftadt, Frankfurt a. M., 16. Auguſt 1930.
Die Beerdigung findet Dienstag, den 19. Auguſt, nach=
mittags
2½ Uhr auf dem alten Friedhof, NiederRam=
(12530
ſtädterſtraße ſtatt.

Dankſagung.

Für die uns von allen Seiten erwieſene herzliche Teilnahme,
fowie für die vielen Blumen= und Kranzſpenden bei dem Heim=
gang
unſerer lieben Entſchlafenen
Frau Margarete Weinmann
geb. Weicker
ſagen wir unſeren innigſten Dank. Insbeſondere danken wir
noch Herrn Pfarrer Irle von der evangeliſchen Petrusgemeinde
für ſeine troſtreiche Grabrede.
Im Namen der trauernden Hinterbliebenen:
Ludwig Weinmann, Verwaltungsinſpektor
Darmſtadt, am 15. Auguſi 1930.

sollte in keinem Heime fehlen, zumal der
Anschaffungspreis nicht alleu boch ist.
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bis Anfang 40er J.
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Off. u. L. 61 a. d.
Geſch. erb. (TV1248:

Statt Karten.
Geſtern früh entſchlief plötzlich und unerwartet infolge
eines Schlaganfalles meine liebe Frau, unſere treu=
beſorgte
Mutter, Schweſter, Großmutter und Tanie
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geb. Ott
im Alter von 68 Jahren.
Im Namen der trauernden Hinterbliebenen:
Heinrich Lohr.
Darmſtadt, Nieder=Ramſtädterſtraße 20.
Hanau a. M., Meerbolz (Kr. Gelnhauſen).
Die Einäſcherung findet am Montag nachmittag um
2 Uhr auf dem Waldfriedhofe ſtatt.

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Dankſagung.
Für die vielen Beweiſe herzlicher
Teilnahme ſowie für die zahlreichen
Blumenſpenden beim Hinſcheiden
unſerer lieben Mutter
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Katharina Holdenreuter Bw.
geb. Trautmann
ſagen wir allenFreunden u. Bekannten,
ganz beſonders Herrn Dr. Berger und
Herrn Pfarrer Heß für die troſtreichen
Worte am Grabe herzlichen Dank.
In tiefer Trauer:
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zuverl., ernſten Lebenskameraden, nicht
unter 174 em, in geſ. Poſition kennen zu
lernen. Ernſtgem. Bildzuſchr, erbet, unter
112 an die Geſchäftsſt. ds: Bl. (12507

[ ][  ][ ]

Rummer 226

Sonntag, den 17. Auguſt 1930

Seite 5

Aus der Landeshaupkftadk.
Darmſtadt, den 17. Auguſt.

*. Beutſcel Aasanosiehterlag.

Bundeskag des Bundes Deutſcher
Zimmermeiſter e. B.

Der 22. Bundestag des Bundes Deutſcher Zimmermeiſter e. V.,
der im Rahmen der 600=Jahr=Feier der Stadt Darmſtadt vom 16.
bis 19. Auguſt abgehalten wird, begann bereits geſtern nachmittag
im Sitzungszimmer der Heſſiſchen Handwerkskammer, Darmſtadt,
mit der Sitzung des Bundesvorſtandes und des Bundesausſchuſſes,
in der die Beſprechung der Tagesordnung für die Hauptſitzung,
die Prüfung der eingegangenen Anträge der Unterverbände vor=
genommen
und die Richtlinien der Bundespolitik gegeben wurden.
Abends fand im großen Saale des Städtiſchen Saalbaus ein
außerordentlich herzlicher
Begrüßungsabend
ſtatt, zu dem zahlreiche Tagungsteilnehmer mit ihren Damen er=
ſchienen
waren. Der Saal war mit friſchem Grün geſchmückt, auf
der Bühne befanden ſich das goldene Wahrzeichen des Zimmer=
meiſterhandwerks
, an den Seiten die Embleme der befreundeten
Handwerkszweige. Den muſikaliſchen Teil der ſehr abwechſlungs=
reichen
und ſorgfältigen Vortragsfolge beſtritt das ſtädtiſche Or=
cheſter
unter perſönlicher Leitung ſeines Dirigenten, Kapell=
meiſters
W. Schlupp. Nach einem flotten Eingangsmarſch nahm
der 1. Vorſitzende des Verbandes Heſſiſcher Zimmermeiſter, Land=
tagsabgeordneter
und Stadtrat Haury., Gelegenheit, die Gäſte,
unter denen ſich ſehr zahlreiche Ehrengäſte und Altveteranen der
Zimmermeiſter befanden, im Namen der heſſiſchen Zimmermeiſter
herzlich willkommen zu heißen. Zwar trete heute in Zeiten der
wirtſchaftlichen Not ſelbſtverſtändlich die Frage auf, ob die Be=
rechtigung
beſtehe, Feſte zu feiern. Aber man müſſe dieſe Frage
bejahen, denn nicht mit Peſſimismus, ſondern mit einem ge=
ſunden
Optimismus könne man alle Schwierigkeiten überwinden.
Es ſei alles aufgeboten, den Gäſten den Aufenthalt in Darmſtadt
ſo angenehm wie möglich zu geſtalten, möge der heutige Abend
der den ernſten Beratungen vorangehe, einen ſchönen Verlauf
nehmen. In ein dreifaches Holz, Holz, Holz her dem alten
Zimmermannsruf wurde begeiſtert eingeſtimmt.
Für die herzliche Begrüßung dankte in überaus warmen Wor=
ten
der 1. ſtellv. Bundesvorſitzende Zimmermeiſter Ambs= Frei=
burg
i. B., der namentlich die freundliche Aufnahme in Darmſtadt
hervorhob und anerkannte. Die Vortragsfolge wickelte ſich Schlag
auf Schlag ab. Das bekannte und gern gehörte Darmſtädter Solo=
quartett
(die Herren F. Lang, F. Kling und Gebrüder Sulzmann)
boten einige ſehr gute Vorträge. Herr Eduard Göbel erfreute
mit humoriſtiſchen Rezitationen, Fräulein Korſchan vom Heſſi=
ſchen
Landestheater tanzte ſehr temperamentvoll Walzer und
Czardas, und Damen der Turngemeinde 1846 Darmſtadt ent=
zückten
durch exakte turneriſche Vorführungen, insbeſondere einen
ſehr originellen Irrlichttanz. Herr Harres entbot in Darm=
ſtädter
Mundart an die deutſchen Zimmermeiſter einen echten, von
Herzen kommenden Willkommgruß. Alle Darbietungen wurden
mit warmem Beifall aufgenommen. Gemeinſam geſungene Lieder
erhöhten noch die Stimmung dieſes ſchönen Begrüßungsabends,
der einen ſehr harmoniſhen Verlauf nahm.
Heute vormittag findet die Feſtverſammlung im Städtiſchen
Saalbau ſtatt, bei der einige wertvolle Fachreferate gehalten

werden.

Epangeliſche Volksfeier

in der Darmſtädter Feſthalle am Sonntag, den 24. Auguſt,
nachmittags 3 Uhr.
EPH Das Jahr 1930 ſteht im evangeliſchen Deutſchland unter
dem Zeichen der Erinnerung an das Augsburgiſche Bekenntnis.
In eindrucksvollen Feiern hat der Weltproteſtantismus vor eini=
gen
Wochen in Anweſenheit der bedeutendſten evangeliſchen Kir=
chenleiter
in Augsburg feſtlich und feierlich die Confeſſio Augu=
ſtana
begangen. Auch das Darmſtädter Tagblatt hat in Bild und
Wort darüber berichtet und aus der Feder von Univerſitätspro=
feſſor
D. Bornkamm=Gießen eine eingehende Würdigung des Augs=
burger
, Bekenntniſſes gebracht. Die evangeliſchen Gemeinden
Darmſtadts haben in feierlichen Gottesdienſten mit Glockengeläute
und Fahnenſchmuck den Erinnerungstag begangen. In Vortrag,
Predigt und Chriſtenlehre iſt die Bedeutung dieſes erſten evan=
geliſchen
Bekenntniſſes für den Aufbau der evangeliſchen Kirche
und dem Ausbau der Gedankenwelt des Proteſtantismus den Ge=
meinden
nahegebracht worden.
Nun drängt es die Evangeliſchen Darmſtadts, noch einmal in
einer großen öffentlichenVolksfeier über den Rahmen
der Einzelgemeinde hinaus in gemeinſamer Kundgebung ſich auf
den Boden des evangeliſchen Bekenntniſſes zu ſtellen. Die Feier
ſteht unter dem Leitwort: Bekenntnis. Von Plakaten und An=
ſchlagtafeln
wird dieſes Wort in der kommenden Woche uns ent=
gegengehalten
werden und alle evangeliſchen Einwohner unſerer
Stadt einladen und auffordern, ſich an der Feier zu beteiligen
Bekenntnis bedeutet ia nach evangeliſcher Auffaſſung nicht die An=
erkenntnis
gewiſſer Glaubensſätze. Und namentlich die Auguſtana
iſt weit davon entfernt, ſolche aufzuſtellen. Es geht darum, das
Evangelium als die nicht nur das Gebiet des religiöſen, ſondern
des geſamten kulturellen Lebens durchdringende und heiligende
Gotteskraft anzuerkennen. In Sittlichkeit und Recht, in Ehe und
Staat, in Wirtſchaft und Volkstum iſt dieſe Kraft des Evangeli=
ums
gewiſſenweckend und ewigkeitsweiſend notwendig. Es gilt, in
einer Zeit der Gärung und Erſchütterung Klärung und Wahrhaf=

der Geſchichte Augsbugs lebhafte Anziehungskraft auslben. Es
wurde ſchon mitgeteilt, daß ſie nach künſtleriſchen Entwürfen und
unter Anwendung aller Hilfsmittel der Bühnenkunſt erſtellt wer=
den
. Der Eintritt iſt mit Abſicht möglichſt niedrig gehalten. Er
beträgt 30 Pfg. Nur eine kleine Zahl von reſervierten Plätzen von
50 Pfg. und 1 Mk. iſt vorgeſehen.
Evang. Jugendſonntag in Heſſen. Mit großer Freude erwar=
tet
man allerorts dieſen Tag, der in dieſem Jahre am 31. Auguſt
gefeiert wird. In der Petrusgemeinde zu Darmſtadt be=
kommt
er jedoch ſeinen beſonderen Klang, da mit ihm die Feier
des 25jährigen Beſtehens der Jugendvereinigung verknüpft wird.
Ueber die geplanten Veranſtaltungen unterrichten die Handzettel,
die zur Verteilung gelangen. An dieſer Stelle ſei ſchon heute hin=
gewieſen
auf die Aufführung des heldiſchen Spieles Beowulf
von Otto Bruder am Montag, den 1. September abends 8½ Uhr
im Gemeindehaus. Eichwieſenſtraße 8. Die für Sonntag, den 31.
Auguſt, vorgeſehene Aufführung iſt in erſter Linie für die Jugend=
gemeinde
gedacht, doch ſtehen auch Erwachſenen, die Montags ver=
hindert
ſind, für dieſen Abend einige Plätze zur Verfügung.
Numerierte Eintrittskarten ſind erhältlich bei den Mitgliedern
der Jugendbünde, Herrn Kirchendiener Kropp, Einchwieſenſtr. 8,
in der Papierhandlung K. F. Bender, Beſſungerſtraße 47, und in
der Buchhandlung Johs. Waitz, Eliſabethenſtraße 16.
Warnung. Es kommt ab und zu vor, daß einzelne Frei=
marken
auf den mit der Poſt beförderten Briefſendungen nur ge=
ringfügige
oder ſchwache Entwertungszeichen, oftmals nur Striche
oder ſchwärzliche Flecken tragen, weil ſie beim Abſtempeln in der
Eile nicht voll getroffen worden ſind. Selbſtverſtändlich iſt es
verboten und auch ſtraffällig, ſolche unvollſtändig entwertete Frei=
marken
, nachdem ſie von den Umſchlägen abgelöſt worden ſind,
nochmals zur Freimachung anderer Poſtſendungen zu benutzen.
Trotzdem geſchieht dies in der falſchen Vorausſetzung, der Betrug
würde nicht bemerkt. In den meiſten Fällen werden dieſe Ge=
bührenhinterziehungen
aber bei den Poſtanſtalten, die angewieſen
ſind, hierauf beſonders zu achten, entdeckt; gegen die Abſender
wird dann von der oberen Poſtbehörde die dafür in dem Poſt=
geſetz
vorgeſehene Geldſtrafe verhängt. Allem Anſchein nach wer=
den
derartige ſchwach entwertete Freimarken auch vielfach in be=
trügeriſcher
Abſicht als Erſatz für Kleingeld in Verkehr geſetzt.
Darum tut jedermann, der ſich Unannehmlichkeiten erſparen will,
gut, Freimarken, die er nicht ſelbſt am Poſtſchalter gekauft hat,
vor ihrer Verwendung genau zu beſichtigen. Bei verdächtigen
Wahrnehmungen, insbeſondere auch beim Fehlen des Klebſtoffes
auf der Rückſeite, empfiehlt ſich eine Anfrage über ihre Gültigkeit
am Poſtſchalter.

Feſtabend der Darmſtädter Lehrerſchaft. Die Veranſtallungen des Samstags. Abſchluß der Tagung.

II.
Nach der arbeitsreichen Sitzung des Freitagnachmittag begaben ſich
die Teilnehmer des 4. Deutſchen Auslandslehrertages zum
Städtiſchen Saalbau. Dort fand der auch zur ſtehenden Einrichtung ge=
wordene
Feſtabend der Darmſtädter Lehrerſchaft zu
Ehren der Gäſte ſtatt. Auch die Teilnehmer der pädagogiſchen Woche
für Ausländer wohnten dem Feſtabend bei. Der Saal war, wie all=
jährlich
, dicht gefüllt mit Darmſtädter Lehrern aller Art, als um 8.30
Uhr Lehrer Seitz, der Leiter des Abends, die Veranſtaltung nach
einem klangſchön geſpielten Trio von Beethoven (Herren Nieber=
aall
, Schildge und Dr. Kaffenberger) eröffnete mit dem
Hinweis darauf, daß der Zweck des Abends ſei, neben der Arbeit auch
die Stunden froher Geſelligkeit zu ihrem Rechte kommen zu laſſen.
Zu den ausländiſchen Gäſten geſellten ſich heute abend die deutſchen
Auslandslehrer. Ihnen allen die Schulen zu öffnen, ſei der Darmſtädter
Lehrerſchaft nicht eine Laſt, ſondern eine Luſt. Das Intereſſe ſo vieler
Gäſte an der Arbeit der Darmſtädter Lehrerſchaft ehre dieſe ſehr und
bedeute ein Erlebnis. Als Gabe ſolle man nun Proben deutſcher Kunſt ent=
gegennehmen
. Und nun wickelte ſich ein reichhaltiges Programm der ver=
ſchiedenartigſten
Darbietungen ab; alle waren gut und trugen den Künſtlern
den dankbaren Beifall der Zuhörer ein: Betty Aßmuth ſang mehrere
Lieder mit geſchulter Stimme, darunter Wolfs Verborgenheit, das
ausgezeichnete Doppelquartett des Mozartvereins trug
unter Karl Dietrichs Begleitung ernſte Lieder (Schubert Der
Herr iſt mein Hirte) und reizende Volkslieder, teils ungariſche, teils
deutſche vor. Rauſchender Beifall dankte den trefflichen Sängern und
ihrem Führer, Rektor Wick. Das ſtattliche Schülerorcheſter der
Liebigsoberrealſchule (Muſikoberlehrer Lambert) ſpielte
mit beſtem Gelingen präzis und ſchneidig einige Militärmärſche und
einen Walzer. Direktor Dr. Gaſter dankte während der Darbietun=
gen
den Heſſen und Darmſtädtern, vor allem Staatsrat Block, für die
Gaſtfreundſchaft; er ſei zu ihnen gekommen wegen ihrer ſchönen blauen
Augen, aus denen die deutſche Seele als beſter Spiegel des Deutſch=
tums
blicke. Das Hoch des Redners galt Heſſen=Darmſtadt. Auch
mancherlei Tänze erfreuten das Auge: Schülerinnen der Mädchenberufs=
ſchule
machten ihrer Lehrerin Fräulein Kinsberger mit ihren
Reigen (Frühlingstanz) und Tänzen nach Volksliedern alle Ehre. Einen
Höhebunkt aber bildete das Auftreten einer Geſandtſchaft aus der
Schwalm und Alsfeld, die Staatsrat Block den Gruß ſeiner Heimat
überbrachte und in der hübſchen Tracht tanzte. Staatsrat Block dankte
ſichtlich ergriffen von dieſer ſchlichten, aber äußerſt ſtimmungsvollen
Ehrung, den Schwälmer Paaren (Viktorigſchule) und ihrem
Wortführer (Studienrat Wamſer). Frl. Veith hatte die Tänze
eingeübt. Und dann kam Eugen Köſer, unſer Darmſtädter Poet,
mit ſeinen luſtigen Schelmenliedern und =verſen! Seine neuen Ge=
dichte
Willkommen in Darmſtadt und Der Junglehrer ernteten
ebenſo rauſchenden Beifall wie die bekannten Der Auslandslehrer,
Schulreform und Der Sommer am Woog‟. Bei den letzten Liedern
erreichte die frohe Feſtſtimmung ihren Höhevunkt. Den Flügel hatte
die Firma Arnold u. Sohn in dankenswerter Weiſe zur Ver=
fügung
geſtellt.
Der zweite Tag
brachte am Vormittag zunächſt die Möglichkeit, dem Unterricht an den
verſchiedenſten Darmſtädter Schulen beizuwohnen. Von 10 Uhr ab fand
eine Führung durch die Buchausſtellung in der Liebigs=
oberrealſchule
ſtatt. Unter Benutzung der reichen Beſtände der
Seminar= und Lehrerbücherei hatte Studienrat Dr. Türk. unterſtützt
von zahlreichen Mitarbeitern, eine nahezu umfaſſende Schau der ge=
ſamten
methodiſchen Literatur aller Unterrichtsfächer zuſammenge=
bracht
. Alle führenden Schulbücherverlage beteiligten ſich in dankens=
werter
Weiſe, viele Kollegen hatten Bücher aus ihrem Privatbeſitz bei=
geſtenert
. Beſonderes Intereſſe erweckten die zahlreichen Radioapparate
der Firma Boßler u. Co., Darmſtadt, und die biologiſchen Anſchau=
ungstafeln
von Fromann und Morian.
Gleichzeitig mit der Führung durch die Buchausſtellung erläuterte
Schulrat Niemann moderne Sprechplatten. Am Nachmittag war
die 2. Vollſitzung. Zunächſt ſprach Lehrer Dittmar= Valvareiſo über
das deutſche Schulweſen in Chile. Nach einer kurzen Schil=
derung
des äußeren Aufbaues des deutſchen Schulweſens in dieſem
langgeſtreckten. Lande verbreitete ſich der Redner ausführlich über die
inneren Einrichtungen der einzelnen Schulen. Es handelt ſich dabei um
Schulen, wie ſie echter und deutſcher nicht gedacht werden können, ab=
geſehen
davon, daß Geſchichte und Geographie von einem Chilenen
unterrichtet werden. Die Grundſchule hat dort 6 Schuljahre, die deut=
ſchen
Schulen ſind beſſer wie die chileniſchen und haben daher begrün=

dete Ausſicht, auch in Zukunft beſtehen zu bleiben. Intereſſante Streif=
lichter
fielen auf die Gründung des deutſchen Lehrervereins in Chile
und ſeine Arbeit, auf die Einigkeit, mit der dort gearbeitet wird.
Hauptlehrer Lapper=München hielt darauf ein ſehr lehrreiches
Referat über Singendes Lernen, Redner hielt an der Aka=
demie
in München einen Kurs über ſeine Methode, raſch deutſch zu ler=
nen
, mit dem Erfolg, daß die danach unterrichteten Ausländer in drei
Monaten fließend deutſch ſprachen. Natürlich iſt das Sprechen noch
fehlerhaft und enthält Konſtruktionen der Mutterſprache des Schülers.
es iſt aber erſtaunlich, wie raſch dieſe Methode zum Ziele führt. Täg=
lich
wird ein Lied geſungen und eine deutſche Tagebuchſeite auswendig
gelernt. Dieſe Methode läßt ſich mit Vorteil auf den Unterricht an
deutſchen Kindern anwenden und dadurch wird eine weſentliche Ver=
kürzung
der zeitlichen Dauer des Schreib= und Leſeunterrichts erreicht.
Redner iſt der Anſicht, daß der ſyſtemathiſche Sprach= und Grammatik=
unterricht
ſpäter, das im erſten Schuljahre Erreichte wieder verdirbt.
Es handelt ſich offenbar bei Lappers Methodik um grundlegend Neues,
deſſen Verallgemeinerung allerdings infolge der Schwierigkeiten der
Uebertragbarkeit einer Lehrmethode auf andere Lehrperſonen zunächſt
Schwierigkeiten begegnen dürfte. Nach dieſen beiden Vorträgen erfolgte
die Annahme einer Neihe von Entſchließungen, die von der Ver=
treterſitzung
des Vormittags vorbereitet worden waven: Der Reichs=
regierung
wurde Dank ausgeſprochen, für das Eintreten für die Be=
lange
der Auslandslehrer, ebenſo dem Philologenverband für die Errich=
tung
der Rudolf=Block=Stiftung für Auslandslehrer, und
den Länderregierungen für die Förderung der Schulgruppen des V. D.A.,
durch die Verſtändnis für das Auslandsdeutſchtum in der Jugend ge=
weckt
werde. Der Vorſtand wurde beauftragt, als Beratungsgegen=
ſtände
des Auslandslehrertages 1931 vorzubereiten: Austauſch von Leh=
reren
und Schülern des Reiches mit ſolchen der auslandsdeutſchen
Schulen, Recht der Eltern von Schülern der Auslandsſchulen, dem
Unterricht beizuwohnen, die neue Prüfungsordnung, Berufsberatung an
den deutſchen Auslandsſchulen, die juriſtiſche Stellung des deutſchen
Auslandslehrers. In Zukunft werden die Beratungsgegenſtände des
Auslandslehrertages im Jahre vorher feſtgelegt, und in den Landes=
verbänden
vorberaten. Das Ergebnis dieſer Beratungen ſoll vorher
einem Sammelreferenten zugeleitet werden. Der Anſchluß der Landes=
verbände
an die betreffenden internationalen Verbände ſoll ins Auge
gefaßt werden. Die Propagandafilme der Reichsbahn und ähnliches
ſoll den Auslandsſchulen zugeleitet werden. Der V.D.A. Hamburg iſt
bereit, für frachtfreie Beförderung von Lehrmitteln nach Ueberſee zu
ſorgen. Der engere Vorſtand wird die rechtliche Auskunftserteilung an
Auslandslehrer übernehmen. Eine ſtatiſtiſche Kartei, die in Zuſammen=
arbeit
mit dem Auslandsinſtitut aufzuſtellen ſein wird, ſoll Unterlagen
an Material über die Auslandsſchulen zuſammenſtellen. Jede Auslands=
lehrertagung
ſoll in Zukunft kurze Berichte der Landesverbände brin=
gen
! Die ſich anſchließende Vorſtandswahl ergab die Wahl
von 9 Akademikern und 6 ſeminariſtiſchen Lehrern, von denen 7 in
Deutſchland und 8 im Ausland tätig ſind. Der engere Vorſtand hat
ſeine Spitze wiederum in Staatsrat Block=Darmſtadt: 2. Vorſitzender
iſt Studienrat Nabe=Wiesbaden; Schriftführer Lehrer Weber= Ber=
lin
und Schatzmeiſter Direktor Dr. Gaſter=Berlin. Als Ort der
nächſtjährigen Tagung wird wiederum Darmſtadt feſtgeſetzt. In
ſeiner Schlußanſprache gab Direktor Dr. Gaſter ſeiner Freude Aus=
druck
über den glänzenden Verlauf der diesjährigen Tagung, über die
Unterſtützung durch die Regierungen und die Zuſammenarbeit mit ihnen
ſowie über das Wachſen und Blühen des Verbandes. Nachdem Direktor
Hoch=Sao Paulo noch den Dank der Verſammlung an Staatsrat
Vlock und Direktor Dr. Gaſter ausgeſprochen hatte die Ver=
ſammlung
erhob ſich zu Ehren der Genannten von ihren Sitzen
konnte Staatsrat Block die eindrucksvolle Tagung ſchließen.
Am Abend vereinigten ſich alle Teilnehmer mit den Vertretern von
Staat und Stadt und der Darmſtädter Lehrerſchaft im Orangeriegarten
zu einem gemütlichen Zuſammenſein. In zwangloſer Unter=
haltung
verbrachte man einige Stunden; die gerade in Darmſtadt an=
weſende
Volkskunſtgruppe aus Kärnten erfreute neben an=
deren
Darbietungen aus der Teilnehmerſchaft die Anweſenden durch ihre
Vorträge.
Ein gemeinſamer Ausflug nach Stuttgart, verbunden mit
einem Beſuch des deutſchen Auslandsinſtituts, wird heute die
Tagung wirkungsvoll abſchließen. Sie wird der Arbeit der deutſchen
Auslandsſchule neuen Antrieb geben und Darmſtadts Namen erneut
hinaustragen in alle Welt. Dem 5. deutſchen Auslandslehrertag 1931,
der nur in der Form einer Arbeitstagung ſtattfinden ſoll, rufen wir
ſchon heute ein herzliches Willkommen in Darmſtadt zu.
Dr. Götz.

Sommer-Tagung des Landesverbandes Heſſen=
Darmſtadk im Reichsverband des deutſchen
Garkenbaues e. V. in Darmſtadk.
Am 31. Auguſt und 1. September hält der Landesverband
Heſſen=Darmſtadt im Reichsverband des deutſchen Gartenbaues in
Darmſtadt in den Räumen der Vereinigten Geſellſchaft, Neckar=
ſtraße
39, ſeine diesjährige Sommertagung ab. Im Mittelpunkt
ſteht die öffentliche Hauptverſammlung am Sonntag, dem 31.
Auguſt, nachmittags 2.30 Uhr. Es werden zwei zeitgemäße Refe=
rate
erſtattet, und zwar wird ſprechen Herr Landwirtſchaftsrat
Max Löbner=Bonn, über Neuere Forſchungsergebniſſe auf dem
Gebiete des Blumen= und Pflanzenbaues, und Herr Syndikus
Siegmund=Berlin über Die Wirtſchaftskriſe und der deutſche
Gartenbau.
Aus allen Bezirken Heſſens werden die Mitglieder und
Freunde des Landesverbandes in großer Zahl erwartet. Am
1. September finden Beſichtigungsfahrten in die gartenbaulich
wichtigen Betriebe der Umgebung ſtatt.
Die Stadt Darmſtadt wurde auf Einladung der hieſigen Be=
zirksgruppe
als Tagungsort gewählt, nachdem beſchloſſen war,
anläßlich der 600=Jahrfeier der Stadt Darmſtadt eine Blumen=
und Pflanzenausſtellung zu veranſtalten. Dieſe Ausſtellung fin=
det
ebenfalls in den Räumen der Vereinigten Geſellſchaft in der
Rheinſtraße ſtatt, und zwar vom 30. Auguſt bis 1. Septem=
ber
1930. Nach den vorliegenden Anmeldungen iſt mit einer rei=
chen
Beſchickung und ſomit bedeutendem Umfang zu rechnen. Im
Garten werden Topfpflanzen und Ziergewächſe ausgeſtellt, wäh=
rend
Schnittblumen, wie Roſen, Dahlien, Stauden u. a., ſowie
Binderei in ſämtlichen Nebenräumen zur Schau gebracht werden.
Dieſe Veranſtaltungen des Heſſiſchen Gärtnerei=Verbandes
dienen ſomit in wirkungsvoller Weiſe der Feier des 600jährigen
Beſtehens der Stadt Darmſtadt.

Haushilfe. Die Abteilung Haushilfe des Alice=Frauen=

vereins findet ſtändig ſteigende Inanſpruchnahme. Es iſt dies ein
Beweis dafür, welch dringender Forderung aus allen Teilen der
Bevölkerung dieſe Einrichtung entſpricht. Haushilfe bedeutet
Sorge für Haushalt und Kinder einer niederkommenden oder er=
krankten
Frau. Der Haushalt der Wöchnerin, der Haushalt der
zu Hauſe krank lirgenden Frau, der Haushalt einer alleinſtehen=
den
erkrankten Perſon, der Haushalt der im Wöchnerinnenaſyl
oder Erholungsheim befindlichen Frau, der Haushalt einer kürz=
lich
verſtorbenen Frau, ſofern nicht Verwandte die Hausfrau er=
ſetzen
, bedarf der Haushilfe. Der Alice=Frauenverein entſendet
vertrauenswürdige Frauen zur Haushilfe; dieſe ſind ſorgfältig
ausgewählt und werden ſtändig überwacht. Sie ſind einer Haus=
hilfenordnung
unterſtellt. Die Koſten der Haushilfe können von
der Familie ſelbſt ganz oder teilweiſe getragen werden; außerdem
kommt als Koſtenträger das Wohlfahrtsamt oder die Krankenkaſſe
in Frage. Das Ziel der Haushilfe iſt vor allem die Erhaltung
von Frauenkraft und Volksgeſundheit, Verhütung von frühzeiti=
gem
Siechtum und Schutz der Kinder vor Verwahrloſung. Wie
verſchafft man ſich Haushilfe? Man wendet ſich ſchriftlich, münd=
lich
oder telephoniſch an die Geſchäftsſtelle des Alice=Frauenvereins,
Dieburgerſtraße 21, Telephon 2101. Sprechſtunden 1012 Uhr
vormittags.
Stationskaſſe Darmſtadt. Verwitwete, Ruhegehalts=, Warte=
geldempfänger
und Hinterbliebene von Beamten (Witwen) haben
nach der Reichsnotverordnung die Ledigenſteuer ab 1. 9. 30 zu
zahlen, wenn ſie nicht bis ſpäteſtens 20. 8. 30 durch Vorlage amt=
licher
Urkunden (Geburtsurkunden) nachweiſen, daß aus der Ehe
Kinder hervorgegangen ſind.
Der Gabelsberger Stenographenverein, Ballonſchule, beginnt
am Montag, 18. Auguſt, mit neuen Anfangskurſen für Steno=
graphie
. Es wird auf die beutige Anzeige verwieſen.

Ausſtellung Alk=Kelſterbacher Porzellan
im Schloßmuſeum.
Die zum erſten Male und dabei gleich in großer Vollſtändig=
keit
gezeigten Erzeugniſſe der einzigen heſſen=darmſtädtiſchen Por=
zellan
=Manufaktur in Kelſterbach findet mehr und mehr das In=
tereſſe
der Oeffentlichkeit. Trotzdem die feinen Kunſtwerke nicht
das geringſte von ſportlichem Geiſte verraten wenn man ihn
nicht bei dem Knaben mit dem Stoßſchlitten ſchon vorgeahnt
ſehen will brachten gerade die ſportbegeiſterten letzten Wochen
dankbare Gäſte, deren Zahl bereits in die Tauſende geht, ein Zei=
chen
dafür, daß auch der moderne Menſch in dieſer zerbrechlichen
Geſellſchaft manche Anregung erfährt. Den Kenner der in lan=
gem
Umgang das Porzellan und ſeine Sprache verſtehen lernte,
kann dies ſcheinbar paradoxe Phänomen kaum wundernehmen
iſt das Porzellan doch ſtets vor allem anderen ein getreuer
Spiegel ſeiner Zeit geweſen, und wenn die Wahrheit auch bitter
ſchmecken mag, ſo hat ſie doch je und je ihre Verehrer gefunden.
Da aber der Umgang mit Porzellan nicht gerade einfach zu erler=
nen
iſt, hat ſich die Direktion des Schloßmuſeums entſchloſſen, in
der nächſten Zeit einführende Vorträge in der Ausſtellung halten
zu laſſen. Ueber dieſe Vorträge werden noch nähere Mitteilungen
bekannt gegeben.

Deutſche Bau= und Siedlungsgemeinſchaft e. G. m. b. H. Darm=
ſtadt
(Ortsgruppe Darmſtadt). Im gutbeſuchten Fürſten=
ſaal
fand die Monatsverſammlung der Ortsgruppe Darmſtadt
der D.B.S. ſtatt. Nach kurzer Begrüßung durch den Obmann,
Herrn Poſtrat Wittich welcher beſonders den als Gaſt an=
weſenden
Landesgeſchäftsführer von Baden, Herrn Korn=
Mannheim, herzlich willkommen hieß, wurde die Tagesordnung
bekanntgegeben. Neben Bekanntgabe neueingetretener Bauſparer,
welche erfreulicherweiſe jeden Monat ſtetig zu verzeichnen ſind,
bildete das Hauptthema des Abends ein ſorgfältig ausgearbei=
teter
Vortrag des Mitgliedes H. Dietrich über: Was muß
das Mitglied wiſſen, wenn es zum Bauen kommt? Der Vor=
trag
brachte den Mitgliedern Aufklärung über: Die Beſchaffung
des Bauplatzes, Ortsbauſtatut und die feſtgeſetzte Bauweiſe.
Redner warnte vor übereiltem Grundſtückskauf, insbeſondere,
wenn es ſich um noch nicht baureifes, unbereinigtes Gelände han=
delt
. Im weiteren Verlauf behandelt er empfehlenswerte Zah=
lungsvereinbarungen
, ſowie die aus einem Grundſtückskauf ſich
ergebenden ſteuerlichen Verpflichtungen für Verkäufer und Er=
werber
, Uebergang des Grundſtücks in das Eigentum des Erwer=
bers
nach Eintrag in das Grundbuch nebſt den entſtehenden Er=
werbsunkoſten
. Redner empfiehlt, den Abſchluß einer Kaufhand=
lung
der Einfachheit halber bei einem Notar vorzunehmen. Auch
über den Baubeginn ſelbſt folgen nunmehr ausführliche Erläu=
terungen
, wie: Bauplan, Einreichung der erforderlichen Pläne
beim Hochbauamt, Baupolizei, ſowie Finanzierungsnachweis bei
Inanſpruchnahme von Zuſchüſſen aus öffentlichen Mitteln. Zum
Schluſſe ſeiner Ausführungen gab Herr Dietrich, noch Aus=
kunft
über die Vorbedingungen der Darlehensempfänger auf
Grund der Darlehnsbedingungen der D.B. S., wobei er beſonders
betonte, mit welch großer Sicherheit die Spargelder der Mitglie=
der
inveſtiert ſeien. Nach Erfüllung dieſer Formalitäten könne
das Mitglied mit Ruhe und Freude zum Beginn ſeines Eigen=
heims
ſchreiten. Reicher Beifall lohnte den Vortragenden für
ſeine Ausführungen. Der Obmann dankte recht herzlich und ver=
wies
auf die Baukommiſſion der Ortsgruppe, deren Aufgabe es
ſei, den Bauherren in all dieſen Fragen zu beraten und zu unter=
ſtützen
. Ferner machte er noch bekannt, daß dieſen Monat noch
eine weitere Darlehens=Vergebung erfolgen ſoll, was naturgemäß
mit großer Freude aufgenommen wurde. Nachdem Herr Korn=
Mannheim noch einiges über die Erfolge der DB.S. in Baden
und Württemberg geſprochen hatte, ſchloß der Ohmann die gut
verlaufene Verſammlung.

[ ][  ][ ]

Seite 6

Sonntag, den 17. Anguſt 1930

D

Starker Abſahrickgang in der Brau Induſkie.
Von der Brauereivereinigung Darmſtadt und Umgebung wird
uns geſchrieben:
Seit der letzten Bierſteuererhöhung am 1. Mai 1930 hat ſich
bei den der Brauerei=Vereinigung Darmſtadt angeſchloſſenen
Brauereien ein Abſatzrückgang in bisher unbekanntem Ausmaß
eingeſtellt. Er bewegt ſich in den Monaten Mai bis Juli ein=
ſchließlich
durchweg zwiſchen 30 und 40 Prozent gegenüber den
vorjährigen Abſatzahlen. Sehr zu denken gibt hierbei der Um=
ſtand
, daß ſelbſt im Monat Juni 1930 mit ſeiner, für den Bier=
konſum
ſo ſelten günſtigen Witterung (und trotzdem das Pfingſt=
feſt
in dieſem Jahre in dieſen Monat fiel) eine Abſatzminderung
von ca. 30 Prozent, verglichen mit dem ungefähr gleichgünſtige
Witterung aufweiſenden Monat Juli 1929, zu verzeichnen iſt. Die
Folgen ſolchen Rückgangs machen ſich bei den Brauereien bereits
in ſtarken Betriebseinſchränkungen bemerkbar.
Die bereits beſtehende bedrohliche Lage der Brauereien wird
durch die neue Notverordnung vom 27. 7. 30 weiter verſchärft.
Den Gemeinden wird darin das Recht eingeräumt, die neben der
Reichsbierſteuer laufende gemeindliche Bierbeſteuerung noch wei=
ter
im allgemeinen um das Doppelte zu erhöhen. Es gehört
keine große prophetiſche Gabe dazu, die Folgen ſolcher ſteuerlicher
Geſetzesmacherei zu erkennen. Sollte dieſe weitere Steuererhöhung
eintreten, ſo wird weiterer Abſatzrückgang mit all ſeinen ſchlim=
men
Folgen damit verbunden ſein. Die erwarteten Steuermehr=
einnahmen
werden ſicher ausbleiben, aber die vermehrte Arbeits=
loſigkeit
aus den Kreiſen der Brauinduſtrie wird den Gemeinden
erhebliche neue Laſten bringen. Ganz abgeſehen davon, daß die
Lahmlegung der Kaufkraft der Brauereien durch dieſen Steuer=
Ruin ihre Folgen zeitigen wird bei der Landwirtſchaft, der
Brauerei=Maſchineninduſtrie und dem von den Brauereien ſtets
ſtark beſchäftigten geſamten Handwerk. Die über jedes vernünf=
tige
Maß hinausgetriebene Beſteuerung des Bieres mußte von
dem Tage ab ruinös wirken, wo die Kaufkraft des konſumieren=
den
Publikums infolge des wirtſchaftlichen Niedergangs rapid
ahnahm. Der deutſche Brauerbund, hat auf Grund genaueſter
Statiſtiken, die dieſe Entwicklung klar vorausſehen ließen; ſeine
Bedenken in ungezählten Eingaben und Vorſtellungen bei den
maßgeblichen Stellen geltend gemacht, aber leider umſonſt. Die
Folgen ſind nun auch für die Brauinduſtrie eingetreten.

die Gaſthausangeſtellten gegen die Einführung
einer Gemeindegetränkeſtener.

Zwiſchenrunde um die Süddeutſche Waſſerball=
Meiſterſchaft.
Heute vormittag ½12 Uhr findet im ſtädtiſchen Hallenbad
(infolge des unbeſtändigen Wetters nicht im Woog) obiges
Zwiſchenrundenſpiel ſtatt. Ein Beſuch dürfte ſich ſehr empfehlen,
da mit einem ſpannenden Kampf zu rechnen ſein wird und der
Eintrittspreis ſehr niedrig gehalten iſt. (Es wird auf den Sport=
teil
verwieſen.)
* Skeuer= und Wirkſchaftskalender

für die Zeit vom 15. bis 31. Auguſt 1930.
Aufbewahren!
Ausſchneiden!
15. Auguſt: Wegen der an dieſem Tage fälligen Steuertermine
(Kirchen= und Kultusſteuer, Hundeſteuer, Vermögensſteuer
ohne Landwirtſchaft , Aufbringungsumlage) vergl.
den Steuerkalender im Darmſt. Tagbl vom 3. Aug. 1930
20. Auguſt: Abführung der Lohnſteuer für die in der Zeit
vom 1. bis 15. Auguſt 1930 erfolgten Lohnzahlungen im
Markenverfahren und im Ueberweiſungsverfahren: im letz=
teren
jedoch nur dann, wenn die in der erſten Hälfte des
Kalendermonats einbehaltenen Lohnſteuerbeträge für
ſämtliche in einem Betrieb beſchäftigten Arbeitnehmer den
Betrag von 200 RM. überſtiegen haben. (Keine Schon=
friſt
.)
25. Auguſt: Dritte Vorauszahlung (ſtaatliches Ziel) laut
Steuerbeſcheid über ſtaatliche Grundſteuer, Sondergebäude=
ſteuer
und Gewerbeſteuer für das Rechnungsjahr 1930/31.
(Schonfriſt bis zum 5. September 1930.)
Beiträge zur Handwerkskammer.
Die Anforderungszettel werden zurzeit herausgeſchrieben,
endgültige Mitteilung über die Fälligkeit im nächſten Steuer=
kalender
am 1. September 1930.
Städtiſche Steuern und Gebühren.
Die Steuerbeſcheide für die endgültigen Umlagen für 1929,
ſowie die Steuerbeſcheide und die Gebührenbeſcheide über die vor=
läufigen
Steuern und Gebühren für 1930 ſind zugeſtellt., Pflich=
tige
, die keinen Beſcheid erhalten haben, müſſen ſich umgehend an
die Stadtkaſſe wenden. (Vergl. die Bekanntmachung des Ober=
bürgermeiſters
vom 8. Auguſt in Nr. 219 des Darmſt. Tagbl.
H. W. Wohmann.
vom 9. Auguſt 1930.)

Der dem Geſamtverband der chriſtlichen Gewerkſchaften Deutſch=
lands
angeſchloſſene Bund der Hotel=, Reſtaurant= und Café= Ange=
ſtellten
äußert ſich zu der durch die Notverordnung gegebenen
Möglichkeit der Einführung einer Gemeindegetränkeſteuer in fol=
gender
Entſchließung der Hauptverwaltung:
Die Hauptverwaltung des Bundes der Hotel=, Reſtaurant=
und Café=Angeſtellten erblickt in der durch die Notverordnung vom
26. Juli 1930 angeordneten Einführungsmöglichkeit einer Ge=
meindegetränkeſteuer
eine erneute und ungerechtfertigte Sonder=
belaſtung
des Gaſtwirtsgewerbes, die durch den damit eintreten=
den
Konſumrückgang eine weitere Erſchwerung der Arbeitsmög=
lichkeiten
für die gaſtwirtſchaftlichen Arbeitnehmer und ſomit auch
eine neue Belaſtung des Arbeitsmarktes zur Folge haben kann.
Dieſe neue Sonderbeſteuerung eines Gewerbes iſt unſozial und
ſchädigt nicht nur das Gaſtwirtsgewerbe unmittelbar, ſondern be=
laſtet
auch ungerechterweiſe alle wirtſchaftlichen Schwachen, die
aus perſönlichen, wirtſchaftlichen oder beruflichen Gründen auf
den Verzehr in den Gaſtſtätten angewieſen ſind; während begü=
terte
Kreiſe, die ſich den Luxus großer Wohnungen erlauben und
dort ihre geſellſchaftlichen Veranſtaltungen treffen können, alſo
weniger auf den Aufenthalt in den Gaſtſtätten angewieſen ſind,
völlig unbeſteuert bleiben. Auch iſt ſicher zu erwarten, daß dieſe
Steuer den Fremdenverkehr, deſſen hohe wirtſchaftliche Bedeutung
außer Frage ſteht und an deſſen Erträgniſſen viele Gewerbezweige
beteiligt ſind ungünſtig beeinflußt. Der Bund der Hotel= Reſtau=
rant
= und Café=Angeſtellten erwartet von den Gemeinden, daß
anſtatt der Einführung der Gemeindegetränkeſteuer notwendigen=
falls
eine Deckung der Ausgaben nach ausgleichenden Geſichts=
punkten
, und nicht durch eine erneute Sonderbelaſtung des Gaſt=
wirtsgewerbes
erfolgt. Im übrigen erwartet der Bund, daß dieſe
Verordnung, die eine derart ruinöſe und einſeitige Beſteuerung
des Gaſtwirtsgewerbes ermöglicht, bald wieder aufgehoben wird.
Die Ortsgruppen des Bundes werden aufgefordert, gegenüber den
Gemeindeverwaltungen dafür einzutreten, daß die unſoziale
Gemeindegetränkeſteuer für die Dauer des Beſtehens der Verord=
nung
auf ein Mindeſtmaß beſchränkt bleibt oder überhaupt nicht
in Kraft tritt.
Die evangeliſchen Kirchenchöre der Stadt werden hierdurch
gebeten, am Dienstag, abends 8 Uhr, in der Stadtkirche zur ge=
meinſamen
Probe zu erſcheinen. Es handelt ſich um die Probe
für die Auguſtana=Feier, in der Feſthalle am 24 Auguſt. Der
Dirigent des Chores der Johannisgemeinde. Herr Kammermuſiker
Adam, wird den Geſamtchor dirigieren. Chorheft 5 iſt mitzu=
bringen
. Vollzähliges Erſcheinen unbedingt notwendig.

hat, ſoll ſeine Arbeit jetzt wieder aufgenommen werden. Der zurück. (S. Anz.)
Vorſtand iſt durch die Generalverſammlung am 14. d. Mts. neu
konſtituiert und als Vorſitzender der Amtsvorſtand des Forſtamts
Darmſtadt, Herr Oberforſtmeiſter Prof. Dr. Baader, gewonnen.
Gewiß wird dieſes Wiederaufleben des alten, verdienſtvollen
Vereins aufrichtig von allen begrüßt, werden die die Heimat
und unſere ſchöne Umgebung lieb haben. Dankbar werden ſich
viele erinnern oder erfahren, was die Stadt Darmſtadt und ihre
Bevölkerung dem alten Verein, insbeſondere ſeinem unvergeſſe=
nen
langjährigen Führer, Herrn Geh. Staatsrat Wilbrand. zu
verdanken hat. Viele werden nicht wiſſen, daß in früheren Jah=
ren
ein großer Teil der Anlagen und ſchattenſpendenden Baum=
reihen
innerhalb der Stadt von dem Verſchönerungsverein an=
gelegt
wurde, ſo z. B. in der Wilhelminenſtraße der Annaſtraße,
auf dem Luiſenplatz, am alten Bahnhof, in der Heidelberger= und
Heinrichſtraße, am Infanterie=Exerzierplatz, an der kath Kirche
u. a. m. In dem Maße, wie die Stadtverwaltung dieſe Anlagen
als heute ſelbſtverſtändliche kommunalpolitiſche Aufgabe über=
nahm
, richtete ſich die Tätigkeit des Verſchönerungsvereins mehr
auf die Umgebung der Stadt, insbeſondere den Wald. Was hier
in jahrelanger beſcheidener und ſich nie vordrängender Arbeit auf
ſtändiges ſtilles Beobachten und Anregen Wilbrands geleiſtet
worden iſt, davon können die entzückenden Fußwege in unſeren
Wäldern, die zahlreichen bequemen Ruhebänke und Schutztempel,
die Anlagen auf der Kraftsruhe, der Kühruhe (Wilbrandshöhe),
dem Prinzenberge und vieles andere allen denen Kunde geben, die
ſie heute, ſei es unbewußt und ohne Kenntnis ihrer Entſtehung,
oder noch beſſer in dankbarer Erinnerung an ihren Schöpfer zu
ihrer Freude und Erholung genießen. Alle aber, werden ſich
freuen, wenn dieſe Arbeiten nunmehr durch den Verſchönerungs=
verein
fortgeſetzt werden ſollen. Alle aber werden gewiß auch
gerne und dankbar dafür eine Hilfe leiſten durch den geringen
Mitgliederbeitrag zum wiederauflebenden Verſchönerungsverein.
Es gilt, zunächſt wieder den alten Mitgliederbeſtand neu zu feſti=
gen
und neue Mitglieder zu gewinnen. In Kürze wird der Vor=
ſtand
allen alten Mitgliedern ein Rundſchreiben zugehen laſſen
mit der Bitte, den Jahresbeitrag für 1930 möglichſt bald auf
Bank= oder Poſtſcheckkonto des Verſchönerungsvereins einzuzahlen,
wenn er nicht bei ihnen erhoben werden ſoll. Dann aber müſſen
neue Freunde und Mitglieder gewonnen werden. Es wird heute
ſchon dringend um Werbung neuer Mitglieder und um Neuan=
meldungen
erſucht, die jederzeit bei dem obengenannten Vor=
ſitzenden
des Vereins (Forſtamt Darmſtadt, Holzhofallee 10,
Tel 2897), oder bei dem Schriftführer, Herrn Oberrechnungsrat
Hill (Tel. 2295, Heſſ. Landesbank), oder auch bei dem Verkehrs=
büro
am Ernſt=Ludwigsplatz erfolgen können, bei dem gleichzeitig
auch die Beitragszahlung für 1930 erledigt werden kann.
Die nächſte billige Sonderfahrt durch die Wunderwelt der
Alven und nach Venedig geht, wie der Verkehrsverein Darmſtadt
mitteilt, am 3. Sept. hier ab. Es wird auf die heutige Anzeige ver=
wieſen
.
Aerztlicher Sonntagsdienſt: Iſt wegen plötzlicher Erkran=
kung
ärztliche Hilfe erforderlich, ſo iſt ſtets zunächſt der Haus=
arzt
zu rufen. Wenn dieſer nicht erreichbar iſt, dann ſind am
Sontag, den 17. Auguſt 1930 folgende Aerzte zu deſſen Vertretung
bereit: Dr. med. Nahn, Saalbauſtr. 76, Tel. 763; Dr. med.
Stern II., Ernſt=Ludwigſtr. 19, Tel. 2587; Dr. med. Wiß=
mann
, Stiftsſtr. 7, Tel. 1978.

Kärtnerabend. Schon oft hatten wir in den Mauern Darmſtadts
Gelegenheit, uns an den Vorführungen auslandsdeutſcher Spielſcharen
zu erfreuen. Dieſes Vergnügen gewährte allen V.D.A.=Freunden am
Freitag abend in der vollbeſetzten Turnhalle der Eleonorenſchule eine
Kärntnervolkskunſtgruppe, die auf Einladung des Heſſiſchen Landesver=
bandes
für das Deutſchtum im Ausland dieſen Monat unſer Heſſen=
land
bereiſt. In einer kleinen Begrüßungsanſprache heißt Fräulein
Speckhart alle Anweſenden, insbeſondere aber unſere Schweſtern und
Brüder aus Klagenfurth, herzlich willkommen und wünſchte den Be=
ſuchern
vergnügte und frohe Stunden. Nun nimmt unter der Leitung
des Herrn Lehrer Bruno Czeitſchner die Vortragsfolge ihren Anfang.
Der erſtaunlich gut geſchulte Chor bringt in prächtigen Klangfarben die
Kärtnerlieder: Ja grüeß ank Got!. Es woer amal a Abend ſpat
und viele andere ſchöne Volksweiſen zu Gehör. Unter anderem ent=
wickelt
der Gruppenleiter in einer Anſprache die Geſchichte des Kärnt=
nerlandes
; er erzählt von den Freiheitskämpfen und bringt das Ge=
löbnis
aus: Wir Kärtner geben nicht zu, daß auch nur ein Fußbreit
unſeres Heimatbodens von Deutſchland, abgeriſſen wird; dieſe Worte
löſten ſpontanen Beifall aus. Insbeſondere der Erwähnung würdig
ſind die verſchiedenen Landler, Tänze, in denen ſich echtes Volksempfin=
den
und Volkskraft erhalten hat. Wunderbare Stellungen und Be=
wegungen
zeigten der Figuven= und Treffnerlandler, die auch in herr=
licher
Weiſe Werben und Liebe, Verſchmähung und Eiferſucht zum
Ausdruck brachten. Der allgemeinen Begeiſterung, die dieſe in pracht=
vollen
Trachten gekleideten Mädels und Burſchen und ihre Darbie=
tungen
hervorriefen, erwächſt eine Rede des Herrn Oberſtudiendirektors
Kiſſinger, in der er als Herr des Hauſes Fräulein Speckhardt und
Herrn Dr. Scheuring für ihre aufopfernde Mühe, die ſie zur Geſtal=
tung
dieſes Abends aufwandten, von Herzen in aller Anweſenden
Namen dankte. Auch dem V.D.A.=Orcheſter des Realgymnaſiums, das
die Vorführungen in einen Rahmen packender Marſchklänge gebracht
hatte, ſpricht der Redner ſeinen Dank aus. Weiterhin richtet Herr
Oberſtudiendirektor Kifſinger einige Worte liebevoller Fürſorge und
lobender Anerkennung an unſere Kärtner Freunde und gibt dieſen die
Verſicherung, daß ihnen überall, wo ſie hinkämen, die Tore offen
ſtünden. Mit einem dreifachen Hoch auf unſer deutſches Volk und dem
Deutſchlandlied endet der erlebnisreiche Abend.
Orpheum. Zwei Volksvorſtellungen Mein
Vetter Guſtav. Heute Sonntag, 17., und morgen Montag,
18. Auguſt, abends 8.15 Uhr, geht der geſtern mit viel Beifall auf=
genommene
Schwank. Mein Vetter Guſtav bei volkstümlichen
Preiſen in Szene. Dem Publikum iſt nur heute Sonntag und
morgen Montag Gelegenheit gegeben, dieſen tollen Schwank nach
amerikaniſchem Stil anzuſehen. Guſtav Bertram ſpielt in die=
ſem
Stück drei Rollen, die ihm beſonders Gelegenheit an Draſtik
und Verwandlungsmöglichkeiten geben. Die geſtrige Aufführung
Vom Verſchönerungsverein Darmſtadt wird uns geſchrieben; hat ſich den vorangegangenen würdig angereiht. Die Beſetzung
Nachdem die Tätigkeit des nunmehr 67 Jahre alten Verſchöne= war, wie immer, glänzend. Guſtav Bertram und Marga Peter
rungsvereins, veranlaßt durch äußere Umſtände, jahrelang geruht ernteten reichen Beifall. Wir kommen auf die Aufführung noch

Schuarzkopf-Schaumpon
jetzt auch Küssig‟:
Schwarzkopf Hussig
mit laarglans
Füt Béonde. Kamille Fün Dunkle: 966
Hasche 509 für mehrmaligen Gebrauch
(rV.11907)

Lokale Veranſtalkungen.
r erſcheinenden Notizen ſind ausfchllreülich als Hinweife anf Amsigen mbeha
im krinem Falle irgendwis ale Beſprichung oder Kridkt.
Kriegerverein. Heute vormittag 11.30 Uhr auf dem alten
Darmſtädter Friedhof Gravelotte=Gedächtnisfeier der vereinigten Krie=
gervereine
, wozu die Kameraden des Vereins recht zahlreich erſcheinen
wollen. Treffpunkt am Tierbrunnen Nieder=Ramſtädter Straße.
Alt=Darmſtadt Verein für Ortsgeſchichte
und Heimatkunde. Nächſte Veranſtaltung: Donnerstag abend
8.30 Uhr im Eintrachtſaal, Eliſabethenſtraße 12. Fragenbeantwortungs=
abend
über allerlei Alt=Darmſtädtiſches. (Geſchloſſener Kreis, nur
Mitglieder und eingeführte Gäſte.)
Konzert mit Tanz findet im Hotel Prinz Heinrich
heute Sonntag abend ſtatt.

Aus den Parkeien.

Die Kandidaten des Landbundes. Vom Heſſ.
Landbund und der Vereinigten freien rheinheſſiſchen Bauernſchaft
ſind für die kommende Reichstagswahl in Heſſen folgende Kan=
didaten
aufgeſtellt worden: 1. Landwirt Wilhelm Dorſch 2., Wöl=
fersheim
(Oberheſſen). 2. Landwirt Konrad Karl Glaſer, Nord=
heim
. 3. Gutsbeſitzer Ernſt Moſſel, Marienborn, 4. Landwirt
Wilhelm Fenchel, Ober=Hörgern. 5. Landwirt Adam Friedrich,
Ober=Moſſau. 6. Landwirt und Winzer, Philipp Joſef Jäger,
Ockenheim. 7. Landwirt Robert Schmidt, Steinheim 8. Land=
wirt
Heinrich Funk, Harreshauſen. 9. Landwirt Dr. Otto Möbus,
Siefersheim.

Tageskalender für Sonntag, den 17. Auguſt 1930.
Orpheum 20.15 Uhr: Mein Vetter Guſtav Konzerte:
Schloßkeller, Kaffee Oper. Hotel Schmitz, Bockshaut Reſtau=
rant
Bender, Reichshof, Sportplatzreſtaurant, Zum Datterich,
Kaffee Jöſt, Hotel zur Poſt, Spaniſche Bodega, Haferkaſten.
Kaffee Aſtoria, Bürgerhof, Weinſtuben zum Kaplan, Hotel
Prinz Heinrich. Herrngartenkaffee: Nachmittags=
konzert
. Rummelbräu, 16 und 20 Uhr; Konzert.
Ludwigshöhe 16 Uhr: Konzert. Kinovorſtel=
lungen
: Union=Theater, Helia=Lichtſpiele, Palaſt=Lichtſpiele.

Aus Heſſen.
35 Jahre Evangeliſcher Mädchenverein Pfungftadt.
Cp. Pfungſtadt, 16. Aug. Der Evangeliſche Mädchenverein Pfung=
ſtadt
kann in dieſen Tagen, wie bereits kurz berichtet, auf ein 35jähriges
Beſtehen zurückblicken. Er wurde im Jahre 1895, zu einer Zeit, in der
Jugendarbeit noch wenig Verſtändnis fand, gegründet. Er entſtand aus
Zuſammenkünften, die die Schweſter Auguſte Haybach mit der weib=
lichen
Jugend Pfungſtadts hatte, in denen ſie dieſer Belehrung und Er=
bauung
zuteil werden ließ. Zehn Jahre lang leitete Schweſter Hahbach
den ſo entſtandenen Jungfrauenverein. Von 1905 bis 1909 teilten ſich
Pfarrer Römheld und ſeine Frau in die Leitung des Vereins. Dann
übernahm Frau Emilie Hüttenberger die Arbeit, die ſie faſt 15 Jahre
lang in Treue und Hingabe leiſtete, 1923 übernahm Pfarver Knab aus
Guſtavsburg die Vereinsleitung. Bei ſeiner Rückkehr nach Guſtavsburg
1924 gab er ſie an Pfarrverwalter Rau ab, während jetzt Pfarrer Strack
dem Mädchenverein vorſteht. Aus der Geſchichte des Vereins iſt weiter
hervorzuheben, daß er ſeit ſeinem Beſtehen ungefähr 4000. Zuſammen=
künfte
hatte. 1916 trat er dem Verband der Evangeliſch=weiblichen
Jugend Heſſens und dem Reichsverband bei. Stets war der Verein
bemüht, ſich in den Dienſt der evangeliſchen Gemeinde zu ſtellen, wann
es galt, dieſe zu unterſtützen. Das Jubiläum wird am Sonntag, den
17. Auguſt, gefeiert, und zwar verbunden mit dem Kreisverbands=
feſt
des Kreiſes Darmſtadt der Evangeliſch=weiblichen Jugend
in Heſſen. Am Sonntagvormittag findet ein Feſtgottesdienſt ſtatt. Nach=
mittags
ſoll ein kleiner Feſtzug ſtattfinden und im Anſchluß daran eine
Waldfeier mit Muſik, Theater, Neigenaufführungen uſw. Es wird
zahlreiche Beteiligung auch von auswärts erwartet.

Cp. Pfungſtadt, 16. Aug. Der Gemeinderat ſetzte bei voll=
zähliger
Beteiligung dieſer Tage die Beratung des Gemeindevorm=
ſchlages
für das Rechnungsjahr 1930 beim Kapitel Schulen fort. Auch
hierbei kam es auf Grund mehrerer Anträge zu einer ſehr ausgedehn=
ten
Diskuſſion, die nicht immer nur auf den Voranſchlag Bezug hatte,
ſondern die Erziehungsfragen vielfach nach dem Parteiſtandpunkt kriti=
ſterte
. Unter anderem wurde der Antrag, den eingeſetzten Betrag für
Frühſtück an arme Kinder während der Wintermonate von 1200 RM.
auf das Doppelte zu erhöhen, mit 10 gegen 8 Stimmen angenommen.
Dagegen wurde der Antrag, den eingeſetzten Betrag für Schulfeiern von
200 RM. auf 100 RM. zu ermäßigen, mit 10 gegen 8 Stimmen abge=
lehnt
. Der Antrag, den Betrag für Kanalgebühren Kaminfegerlohn.
Kiesbeſchaffung, Bauunterhaltungen uſw., um 200 RM. auf 1000 RM.
zu ermäßigen, wurde mit 12 gegen 6 Stimmen angenommen. Ein An=
trag
, für Schulausflüge 2000 RM. einzuſtellen, wurde mit allen gegen
2 Stimmen abgelehnt. Ein Antrag auf Einführung der Lehr= und
Lernmittelfreiheit fand mit allen gegen zwei Stimmen Ablehnung.
Dann ging man zum Kapitel 33 (Gemeindefriedhöfe) über, wobei die
Anträge auf Kommunaliſierung des Beerdigungsweſens, Wegfall der
familiengräber, Schaffung eines Urnenhaines uſw., bis zu dem in Aus=
ſicht
genommenen Umbau der Friedhofshalle wieder zurückgezogen wur=
den
. Hierauf wurden die im Voranſchlag vorgeſehenen Beträge ein=
ſtimmig
genehmigt. Sodann wurden die Kapitel 34 und 35, Straßen
und Kanäle, durchberaten. Die Weiterberatung evfolgt zu Beginn der
kommenden Woche.
Aa. Eberſtadt, 16. Aug. Beginn des Konfirmanden=
unterrichts
. Der Konfirmandenunterricht hat begonnen. Wie üb=
lich
, findet aus dieſem Anlaß auch dieſes Jahr ein beſonderer Einfüh=
rungsgottesdienſt
ſtatt. Dieſer feierliche Gottesdienſt wird am Sonn=
tag
nachmittag (2 Uhr) abgehalten. Schachwettkampf. Am
Sonntag vormittag findet in der Traube ein Schachwettkampf ( Nück=
ſpiel
) zwiſchen dem hieſigen Schachklub und dem Klub der Schachfreunde
Frankfurt ſtatt. Einweihung des neuen Tennisplatzes.
Der Tennisklub Ebevſtadt weihte am Samstag nachmittag ſeinen Ten=
nisplatz
in der Villenkolonie in einfacher Weiſe ein.
J. Griesheim, 16. Aug. Gemeinderatsbericht. Die letzte
Gemeinderatsſitzung ſtand in der Hauptſache unter dem Zeichen des
Gemeindevoranſchlages für das Rechnungsjahr 1930. Vor Beginn der
Tagesordnung wurde ein vorgelegter Antrag, das Verhalten der Darm=
ſtädter
Schutzpolizei betreffend, nach lebhafter Debatte angenommen.
Hierauf wurde in die Tagesordnung eingetreten. Der Voranſchlag
wurde rubrikweiſe durchberaten, wobei die von der Finanzkommiſſion
gemachten Vorſchläge Annahme fanden. Die Verabſchiedung des Vor=
anſchlages
ſoll in der nächſten Gemeinderatsſitzung erfolgen. Dem
Antrag des Kommuniſten Liederbach auf Anbringung von Ortstafeln
zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen an der Bürger=
meiſterei
und am Rathaus wurde zugeſtimmt. Von ſeiten des Kreis=
amtes
Darmſtadt war der Erlaß einer neuen Polizeiverordnung über
das Betreten des Truppenübungsplatzes in Vorſchlag gebracht, die mit
einigen Abänderungsvorſchlägen die Billigung des Gemeinderates fand.
Am Montag, 18. Auguſt d. J.. abends 8 Uhr, findet auf dem Nat=
haus
eine Gemeinderatsſitzung mit folgender Tagesordnung ſtaſtt:
1. Einführung des neugewählten Beigeordneten: 2. Genehmigung des
Gemeindevoranſchlages für 1930; 3. Verkauf eines Geländeſtreifens an
Wilhelm Baumgärtner; 4. Geſuch der Hausmeiſter König und Leber
um Regelung ihrer Urlaubsverhältniſſe; 5. Mitteilungen; 6. Steuer=
und Stundungsgeſuche; 7. Wohlfahrts= und Armenſachen.
G. Ober=Ramſtadt, 16. Aug. Geſellenprüfung. Der Orts=
gewerbeverein
Ober=Ramſtadt weiſt darauf hin, daß für die im Sep=
tember
d. J. ſtattfindende geſetzliche Geſellenprüfung Anmeldungen
unter Vorlage des Lehrvertrages und eines ſelbſtgeſchriebenen Lebens=
laufes
bis ſpäteſtens B3. Auguſt d. J. an den Vorſitzenden des Prü=
fungs
=Ausſchuſſes, Dachdeckermeiſter Peter Müller, Kirchſtr. 22, hier, ein=
zureichen
ſind und bei der Anmeldung die Prüfungsgebühr mit 7 Aik.
zu entrichten iſt.
Cl. Olfen, 16. Aug. Schweres Brandunglück. Geſtern
nacht, kurz vor 12 Uhr, ertönte in unſerem Dörfchen plötzlich Feuer=
alarm
. Bis der Brand ſchließlich bemerkt wurde, ſtanden ſchon die
Scheuer und drei Wagenſchuppen des Landwirts Jakob Siefert in hel=
len
Flammen. Alles verbrannte, ſämtliches Inventar und die Ernte=
vorräte
, ſo daß die ſo fleißigen Leute nun vor einem Nichls ſtehen. Die
Feuerwehr, war raſch zur Stelle. Das Wohnhaus wurde gerettet,
ebenſo das Vieh. Die Urſache iſt noch nicht geklärt. Der Schaden iſt
ſehr beträchtlich, da nur zum Teil durch Verſicherung gedeckt.
W. Heppenheim a. b. B., 16. Aug. Preisgekrönte Schüler.
Bei einem Schülerzeichenwettbewerb zur Erlangung von Diplomen für
gute Aufſätze über Eindrücke Jugendlicher bei der Heſſiſchen Wander=
ausſtellung
für Geſundheitspflege und ſoziale Fürſorge konnten auch
Schüler aus unſerem Heimatgebiet preisgekrönt werden. In der Ab=
teilung
für höhere Schrlen errang Heinz Müller von der Oberreal=
ſchule
Heppenheim den 3. Preis. In der Abteilung für Volksſchule er=
hielten
H. Hofmann=Viernheim einen zweiten und H. Kolb=Hornbach
einen dritten Preis. Landwirtſchaftliche Schule. De=
Verein der ehemaligen Schüler der landwirtſchaftlichen Schule Heppen=
heim
veranſtaltet zuſammen mit dem landwirtſchaftlichen Bezirksverein
für den Kreis Heppenheim am kommenden Sonntag (24. Auguſt) eiuen
Lehrausflug auf das Gut Rineck bei Mosbach in Baden. Das Gut
zeichnet ſich beſonders durch ſeine Weidewirtſchaft und durch ſeinen
Obſtbau aus. Außerdem iſt dort ferner eine Schweinezuchtſtation der
badiſchen Landwirtſchaftskammer. Wer ſich an dem Ausflug beteiligt,
muß ſich ſpäteſtens bis zum 20. Auguſt beim Landwirtſchaftsamt Hev=
venheim
gemeldet haben. Die Fahrkoſten belaufen ſich auf etwa 6 RM.
Witterungsſchaden. Das anhaltende Regenwetter hat den
Ernteergebniſſen empfindlich geſchadet. Man kommt auch mit den land=
wirtſchaftlichen
Arbeiten nur ſehr langſam varwärts. Das Getreide iſt
in der Ebene mehr und in den Odenwaldorten weniger geborgen und
hat an ſeiner Güte ſtark gelitten. Bei den Frühkartoffeln iſt bereits
ſtarke Fäulnis feſtzuſtellen. Die Obſtreife ſchreitet nur langſam vor=
wärts
. Die Ernte des Frühobſtes war nur gering, da durch den an=
haltenden
Regen Aprikoſen, Pfirſiche, Pflaumen uſw. platzten und ſaul=
ten
. Das ſtürmiſche Wetter der letzten Tage brachte von dem geringen
Behang der Aepfel= und Birnbäume viel zu Fall. Die Ausſichten ſind
hier auch ſehr ſchlecht. Auch die Hoffnungen, die man zu Beginn des
Sommers für ein gutes Weinjahr hatte, ſind geſchwunden. Nicht nur,
daß das Regenwetter die Rebkrankheiten begünſtigt, beeinflußt es auch
ſehr ungünſtig die Reife der Trauben.
Hirſchhorn, 16. Aug. Waſſerſtand des Neckars am
15. Auguſt: 0,86 Meter; am 16. Auguſt: 1.16 Meter. (Morg. 5.30 Uhr.)
Büdingen, 16. Aug. Ein Zirkuszelt vom Sturm=
wind
zerſtört. Bei dem letzten Sturm riß ein Windſtoß das große
Zelt, das der Zirkus Holzmüller hier für ein zweitägiges Gaſtſpiel auf=
richten
wollte, zuſammen. Zum Glück konnten ſich alle Zirkusangeſtell=
ten
, die dabei beſchäftigt waren, in Sicherheit bringen, ſo daß niemand
verletzt wurde. Die Decke wurde ſchwer beſchädigt und muß erſt reba=
riert
werden.
Gießen, 16. Aug. Die hefſiſche Garniſon rückt ins
Manöver. Die heſſiſche Garniſon, das in Gießen ſtehende erſte
Bataillon des 15. Infanterie=Regiments, wird am Montag abend nach
dem Truppenübungsplatz Döberitz zu den diesjährigen Truppenübungen
= abrücken. In der Zeit vom 13. bis 19. September nimmt das Batail=
lon
an den großen Manövern im Maingebiet und Thüringer Wald teil
= und wird am 2. September wieder in die heſſiſche Garniſon Gießen
zurückkehren.

[ ][  ][ ]

Nummer 226

Sonntag, den 17. Auguſt 1930

Seite 7

Zur Aufklärung des Publikums!
Vom R.V. Deutſcher Lichtſpieltheaterbeſitzer wird uns ge=
ſchrieben
:
Seit einigen Tagen wird ein vom Deutſchen Muſikerverband
und der Internationalen Artiſtenloge gemeinſam unterzeichnetes
Flugblatt verbreitet, in dem das Publikum zum Boykott der Ton=
film
=Kinos aufgefordert wird. Schon im April dieſes Jahres hat
der erſtgenannte Verband durch Verbreitung einer Flugſchrift das
Publikum im gleichen Sinne zu beeinfluſſen verſucht.
Seit der Höhenentwicklung des Tonfilms hat ſich nicht nur
die deutſche Fach= und Tagespreſſe, ſondern die geſamte Welt=
preſſe
vielfach in den Dienſt des Tonfilms geſtellt. Es iſt gelun=
gen
, die Tonfilmdarbietungen aus dem früheren Verſuchsſtadium
herauszubringen und Vorführungen zu bieten, die den berechtig=
ten
künſtleriſchen Anſprüchen des Publikums Genüge leiſten.
Darüber hinaus wird unermüdlich am weiteren Ausbau von Auf=
nahme
= und Wiedergabe=Apparaturen gearbeitet, und die Erfah=
rungen
, die man mit den neueſten Tonfilmen gemacht hat, be=
weiſen
die erzielten künſtleriſchen und techniſchen Fortſchritte.
Es mag den Tatſachen entſprechen und iſt auch an ſich eine
bedauerliche Begleiterſcheinung, daß durch die Erfindung des Ton=
filmes
zahlreiche Muſiker brotlos geworden ſind. Dies iſt jedoch
eine Beobachtung, die man bei allen großen Erfindungen ſtändig
machen kann! Hieraus aber Gründe zur abwegigen Beeinfluſ=
ſung
des Publikums herzuleiten, dürfte nicht angebracht und auch
wirkungslos ſein, da es bisher niemals auf der Welt gelungen
iſt, ſich der techniſchen Weiterentwicklung mit derartigen Argu=
menten
erfolgreich in den Weg zu ſtellen!
Sämtliche heute beſtehenden Tonfilm=Apparaturen beruhen in
mehr oder minder ſtarkem Maße auf den gleichen Wiedergabe=
möglichkeiten
, wie ſie die Radioentwicklung mit ſich gebracht hat.
So kann von der heutigen Tonfilm=Wiedergabe mindeſtens be=
hauptet
werden, daß ſie allen Radiodarbietungen künſtleriſch
gleichwertig iſt.
Wenn der Standpunkt der beiden Verbände wirklich nur auf
kulturellen und künſtleriſchen Momenten aufgebaut iſt, ſo hätte
man erwarten müſſen, daß vor allen Dingen der Deutſche Muſiker=
verband
in ſeiner Flugſchrift auch gegen alle Radiodarbietungen

Sturm gelaufen wäre. Statt deſſen begrüßte der Deutſche Muſi=
kerverband
die Entwicklung des Radios, ſchon allein aus dem
Grunde, weil dieſelbe zahlreichen Muſikern neue Erwerbsmöglich=
keiten
gebracht hat.
Beſonders intereſſant dürfte für das Publikum auch die Feſt=
ſtellung
ſein, daß, während der Deutſche Muſikerverband verſucht,
gegen den Tonfilm zu hetzen, er nach der anderen Seite hin ſich
gleichzeitig an die Spitzenorganiſation der Deutſchen Filminduſtrie
gewandt hat und zur Behebung der Arbeitsloſigkeit in ſeinen
Reihen bat, durch einen Beſchluß ſtärkere Arbeitsmöglichkeiten für
ſeine Mitglieder bei der Filmherſtellung zu ſchaffen. Obwohl
dem Deutſchen Muſikerverband bekannt iſt, daß die deutſche Film=
fabrikation
heute faſt hundertprozentig auf Tonfilme umgeſtellt iſt
und ſeine Mitglieder demnach nur zur Herſtellung von Ton=
filmen
Verwendung finden können, wurde dieſer Wunſch ge=
äußert
, dem die Spitzenorganiſation loyalerweiſe vorbehaltlos
entſprach.
Aus Obigem kann man mit aller Deutlichkeit feſtſtellen, wie
wenig es dem Deutſchen Muſikerverbande bei ſeiner Hetze gegen
den Tonfilm auf die Wahrung der nach ſeiner Anſicht verletzten
künſtleriſchen und kulturellen Werte ankommt, und wie ſehr es
ihm letzten Endes nur um die vermehrte Beſchäftigung ſeiner
Mitglieder zu tun iſt. Dabei hat der Deutſche Muſikerverband
was beſonders hervorgehoben zu werden verdient bei ſeiner
Aktion noch nicht einmal ſeine Mitglieder geſchloſſen hinter ſich.
Schon ſind zahlreiche Stimmen organiſierter Muſiker laut gewor=
den
, die ein derartiges unqualifizierbares Vorgehen ihrer Orga=
niſation
ſchärfſtens verurteilen.
Der Aufklärung des Publikums aber diene weiterhin, daß
außer bei der Tonfilmherſtellung heute wieder zahlreiche Muſiker
in den deutſchen Lichtſpieltheatern bei, der Tonfilmabſtimmung
erneut Verwendung und damit ihr Brot gefunden haben.
Die Zahl der durch die Tonfilmentwicklung entlaſſenen Mu=
ſiker
iſt was ebenfalls betont werden muß verſchwindend
klein gegenüber der Zahl derienigen, die durch den Bau der not=
wendigen
Apparaturen= und Anlagen ſowie bei der Tonfilmher=
ſtellung
und =wiedergabe neue lohnende Arbeitsgelegenheiten ge=
funden
haben und dadurch mit ihren Familien der öffentlichen
Wohlfahrtspflege nicht zur Laſt fallen.

Deutſche Kriegsgräberfürſorge.
Ein Schmerzenswort und ein Schmerzenskind für viele, viele
deutſche Familien ohne Unterſchied des Standes, der Konfeſſion
und der politiſchen Einſtellung , die einen teuren Toten in
fremder Erde ruhen haben. Viel iſt in den Tageszeitungen und
ſonſtigen Blättern ſchon darüber geſchrieben worden. Und es iſt
nicht zu viel geſagt, denn immer wieder müſſen die Herzen warm
und die Hände offen gemacht werden, um endlich das zu erreichen,
was wir den teuren Toten, die für des Vaterlandes Ehre und
Größe und Fortbeſtand gekämpft und gelitten haben und geſtorben
ſind, ſchulden: nämlich, ihre letzte Ruheſtätte würdig herzurichten
und zu erhalten. Und was daran in Feindesland noch fehlt, das
wiſſen vielleicht viele unſerer Volksgenoſſen nicht recht. Darum
iſt es immer wieder nötig, darauf hinzuweiſen und zu Opfern
aufzufordern, denn das große Werk verlangt auch große Opfer an
Arbeit und Geld.
Um nun auch ſein Scherflein dazu beizutragen, hat der Ver=
band
Heſſiſcher Regimentsvereine ſeine Auguſt=
Erinnerungsfeier unter dieſe große und pietätvolle Auf=
gabe
geſtellt und will bei dem am 23. Auguſt ſtattfindenden Kon=
zert
im Saalbaugarten den Reinertrag reſtlos der Deutſchen
Kriegsgraberfürſorge überweiſen. Es iſt deshalb Ehrenpflicht
nicht nur aller Angehörigen der im Weltkriege Gefallenen oder
Geſtorbenen, ſondern der geſamten Einwohnerſchaft, durch Beſuch
dieſes Abends ihr Scherflein beizutragen, zumal das Eintritts=
geld
nur 50 Pf. im Vorverkauf beträgt, ſo daß nur ein Maſſen=
beſuch
einen finanziellen Erfolg gewährleiſten kann.
Wir laden deshalb herzlich zu dieſem vaterländiſchen Abend
ein, der außer dem guten Zweck jedem Beſucher noch einen hohen
muſikaliſchen Genuß bieten wird, da ſich die Ortsgruppe des
Reichsbundes ehemaliger Militärmuſiker in uneigennützigſter
Weiſe für dieſen Abend zur Verfügung geſtellt hat und in bekann=
ter
künſtleriſcher Ausführung das Abendprogramm beſtreiten
vird. Man wolle ſich beizeiten mit Karten verſehen, die in den
auf den Plakaten verzeichneten Vorverkaufsſtellen zu haben ſind.
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Waſſerwärme vor=
mittags
7 Uhr 172 C,
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[ ][  ][ ]

Seite 8

Sonntag, den 17. Anguf 1930

Nummer 226

Ooolt Spler und Tat nen.

Rot=Weiß S.V. Ludwigsburg.
Heute vormittag 11,30 Uhr im Hallenſchwimmbad ſtehen ſich
die Tabellenzweiten von Württemberg=Baden und Main=Heſſen
gegenüber. Auf die Bedeutung dieſes Spiels iſt bereits hinge=
wieſen
worden, iſt doch Rot=Weiß nach Ausſcheiden Jung= Deutſch=
lands
als einziger Vertreter Darmſtadt und des Bezirks noch im
Rennen. Ludwigsburgs ſtark verjüngte Mannſchaft beſitzt eine
beachtliche Spielſtärke und darf nicht unterſchätzt werden. Ge=
lingt
den Rot=Weißen ein Sieg über die Schwaben, dann treffen
ſie in der Vorſchlußrunde auf den mehrmaligen ſüddeutſchen
Meiſter Bayern 07 in Nürnberg. Es iſt ein flinkes Spiel zweier
gleichſtarker Mannſchaften zu erwarten. Der Eintrittspreis er=
möglicht
jedem den Beſuch.
Handbalkampf Zentſchland-Schweiz.
Die deutſche Elf.
Gelegentlich des Leichtathletik=Länderkampfes DeutſchlandSchweiz
wird am 31. Auguſt in Freiburg (Br.) auch ein Handballſpiel
zwiſchen den beiden Ländern ausgetragen. Es iſt dies das erſte Mal,
daß die Eidgenoſſen mit einer Handball=Nationalmannſchaft an
die Oeffentlichkeit treten. Die Deutſche Sportbehörde hat ihre Mann=
ſchaft
bereits nominiert. Es ſollen ſpielen:
Irion
(FSV. Frankfurt)
Denzer Einwächter
(Sp. Vg. Fürth) (Mainz 00)
Gebhardt
Delp
Otto
(P. S. V. Darmſtadt) (Sp.Vg. Fürth) (S.V. 98 Darmſtadr)
Bohl Huber Freund Werner Feik
(. S. V. Darmſtadt) (alle S.V. 98 Darmſtadt).
Für Frion dürfte vorausſichtlich auch Bender (V.f.R. Schwanheim) im
Tor ſpielen. Im übrigen handelt es ſich, wie die Aufſtellung zeigt,
um eine rein ſüddeutſche Mannſchaft, die indeſſen ſtark genug ſein
dürfte, um die noch wenig ſpielſtarke Schweiz zu ſchlagen.
Sp.V. Darmſtadt 98 Tv. Frieſenheim
von der Turnerkreisleitung nicht genehmigt.
Die ſchon ſeit 3 Wochen feſt abgeſchloſſene Begegnung des
deutſchen Turnermeiſters und des ſüddeutſchen Handballmeiſters
kann leider nicht ſtattfinden, da die Kreisleitung der Turnerſchaft
das Spiel nicht genehmigte. Welche Gründe für die Nichtgenehmi=
gung
vorhanden ſind, war noch nicht zu erfahren, da die Abſage
erſt heute eintraf. Hoffentlich wird dieſe Verfügung nicht für
ſpäter aufrecht erhalten, da ſie ſonſt ſchwer mit den Berliner
Spitzenabmachungen in Einklang zu bringen wäre.
Handball=Pokalturnier der Sportabtla. Merck=Darmſtadt.
Wir verweiſen nochmals auf das heute morgen halb 10 Uhr be=
hinnende
Handballpokalturnier auf dem Mercks=Sportplatz an der Maul=
beer
=Allee. Es treten ſich am heutigen Morgen die vier Teilnehmer
gegenüber, und zwar: Polizeiſportverein Darmſtadt, Sportvereinigung
Arheilgen, Eintracht Darmſtadt und S. K.M.D. Um 3 Uhr nachmittags
beginnt das Spiel der beiden Unterlegenen des Vormittags um den
3. und 4. Platz, hiernach treten ſich die beiden Sieger aus den Vor=
mittagsſpielen
um den Pokal und den 2. Platz gegenüber. Das Hand=
ball
=Pokalturnier iſt als offizielle Platzeinweihung gedacht; ihm ſind
geſtern abend leichtathletiſche Vereinswettkämpfe vorausgegangen, deren
Ergebniſſe ebenfalls morgem abend bekannt gegeben werden.

Handball in der 2.T.

Tgm. 1846 1. T. V. Heppenheim 1.
Vor den nun beginnenden Pflichtſpielen findet heute nach=
mittag
3,30 Uhr auf dem Platze am Oſtbahnhof das letzte Freund=
ſchaftsſpiel
der 1846er ſtatt. Als Gegner iſt der T.V. Heppenheim
verpflichtet, der erſt ſeit dieſem Jahre in der Meiſterklaſſe ſpielt,
aber eine ſehr flinke, ſpielſtarke Mannſchaft darſtellt. Da ſich auch
Darmſtadt in Hochform befindet, dürfte ſich ein ſchönes Spiel ent=
wickeln
, deſſen Beſuch beſtens empohlen werden kann. Vorher,
um 1 Uhr, ſpielt die Jugend und um 2.15 Uhr die 2. Mannſchaft
gegen die gleichen Mannſchaften Heppenheims.
Main=Rhein-Gau Deulſche Turnerſchaft.
Schwimm=Werbeveranſtaltung in Arheilgen.
Der Turnverein Arheilgen hat einzelne größere Veranſtal=
tungen
, die beſonders Werbezwecken dienen ſollen, in ihren Ar=
beitsplan
für die nächſte Zeit aufgenommen. Nachdem am ver=
floſſenen
Sonntag der Tv. mit einigen Waſſerballſpielen auf=
warten
konnte, die einen ſehr guten Beſuch ſeitens des ſport=
freundlichen
Publikums von Arheilgen zu verzeichnen hatte,
ſoll der heutige Tag eine Vereinsveranſtaltung für das Schwim=
men
werden. Sehr intereſſant wird dieſer Werbetag geſtaltet
durch die Mitwirkung einiger auswärtiger Vereine wie: Rot=
Weiß Darmſtadt, Tgde. Sprendlingen, Tv. Pfungſtadt, Tv. Groß=
Gerau ſowie der Reichsbahn Darmſtadt und Frankfurt. Springen,
Staffeln und Waſſerballſpiele umfaßt das reichhaltige Sport=
programm
und dürfte nicht nur für Arheilgen, ſondern auch für
die nähere Umgebung ſeine Anziehungskraft ausüben. Die Ver=
anſtaltung
beginnt nachm. 2,30 Uhr und findet ſtatt auf dem
Gelände (Gemeindeſchwimmbad) am Arheilger Mühlchen.

Fußball.

Sportveranſtaltungen des A.F.C. Union 1930 auf der Rennbahn
3 Uhr nachmittags.
Liga Liga Konkordia Gernsheim; 2. Mannſchaft 2. Vikt.
Griesheim, vormittags 11 Uhr, dort; 1. Schüler=Mannſchaft
1. Schüler von Germania Pfungſtadt, hier, vormittags 11 Uhr
(Rennbahn); 1. Jugend 1. Jugend Groß=Umſtadt auf der
Rennbahn, 5 Uhr nachm.

Leichkakhlekik.

Rot=Weiß V.f.R.
Am heutigen Sonntag beteiligt ſich die Leichtathletik= Abtei=
lung
obigen Vereins an den in Münſter bei Dieburg anläßlich
der Laufbahneinweihung ſtattfindenden Wettkämpfen.

Darmftädter Sporkkalender.
Sonntag, den 17. Anguſt.
Waſſerball.

11.30 Uhr 15,00 Uhr 16,00 Uhr: 9.30 Uhr 15,00 Uhr: 16,00 Uhr: 16.30 Uhr:

Waſſerball=Meiſterſchaft: Rot=Weiß Darmſt. S.V.
Ludwigsburg.
Fußball.
Rennbahn: 1. F.C. Union 1913 Concordia Gerns=
heim
.
Dornheimerweg: Reichsbahn Darmſtadt Eintracht
Darmſtadt.
Stadion: Sp.V. 98 Darmſt. Viktoria Aſchaffenburg.
Handball.
Maulbeerallee: Vorſpiele des Handballpokalturniers
der Sportabteilung Merck=Darmſtadt.
Maulbeerallee: Zwiſchenſpiel.
Maulbeerallee: Pokal=Endſpiel.
Dornheimerweg: Reichsbahn Darmſtadt 1. Turner=
ſchaft
Griesheim 1.

4I.

Waſſerkuppe, 15. Auguſt.
Nachdem Kronfeld und Hurttig von ihren Streckenflügen
geſtern abend zurückgekehrt ſind, ließen ſich endgültig die von den
beiden Piloten zurückgelegten Flugſtrecken feſtlegen. Kronfeld hat
eine Strecke von 150,3 Kilometer überflogen und damit einen
neuen Weltrekord geſchaffen. Die auf dem Fluge erreichte
Höhe beträgt 640 Meter. Kronfeld hat mit dieſem Fluge ſeinen
bisherigen Rekord um etwa 1 Kilometer überboten. Der Verlauf
des Fluges war, wie Kronfeld erzählte, überaus ſchwierig. Es iſt
ihm gelungen, die Front zu erreichen und in ihrem Aufwind Höhe
zu gewinnen. Mit dieſer Front zog Kronfeld zum Thüringer
Wald, wo er etwas an Höhe verlor, da er ſich in der Zugrichtung
der Front geirrt hatte und, anſtatt an ihrer Vorderſeite zu blei=
ben
, in die Rückſeite der Front geraten war. Erſt dann erkannte
er, daß ſeine bisherige Taktik die falſche war, und er verſuchte
nun, nachdem er die Front von vorne nach hinten entlang gezogen
war, wieder ihre Vorderſeite zu erreichen, was ihm durch teil=
weiſes
Ausnützen von Hangaufwinden möglich wurde. Während
des Fluges unter der Front hatte Kronfeld ſehr mit den ſtarken
Böen zu tun und mußte einen Teil des Fluges in ſo heftigem
Regen durchführen, wie ihn Kronfeld nach ſeiner Erzählung wäh=
rend
ſeiner ganzen Fliegerlaufbahn noch nicht erlebt hat. So ge=
langte
er bis zum Frankenwald, als die Front abbog und er, um
eine größere Flugſtrecke zu erzielen, eine andere Richtung ein=
ſchlagen
mußte, die ihn numehr nach Hof führte. Heftige Regen=
ſchauer
, einbrechende Dunkelheit und tiefhängende Wolken, die die
Bergkuppen teilweiſe einhüllten, veranlaßten Kronfeld, den Flug
abzubrechen und zu landen. Nachdem nunmehr der nach Rehau
entſandte Sportleiter die genaue Landeſtelle vermeſſen hatte,
konnte, wie bereits oben mitgeteilt, die Flugſtrecke mit 150,3 Kilo=
meter
feſtgelegt werden. Wenn es ſich auch bei dieſem Flug um
eine Verbeſſerung des bisher ebenfalls von Kronfeld gehaltenen
Streckenrekords handelt, ſo iſt der Hauptwert dieſes Fluges doch
nicht darauf zu legen, daß es ein neuer Rekord iſt, ſondern weit
größere Bedeutung verdient die Tatſache, daß Kronfeld manche
wertvolle Erfahrung von dieſem Fluge mitgebracht hat und ſo der
wiſſenſchaftlichen Erkenntnis des Wolkenfluges neue Unterlagen
gegeben hat. Der Flug zeigt wieder, in welcher Weiſe gerade beim
Segelflug Wiſſenſchaft und Sport ſich gegenſeitig ergänzen. Der
Meteorologe Kronfeld ſah die anrückende Front, die dem
Segelflieger Aufwand verſprach, und nach dem durchgeführten
Fluge konnte der Segelflieger Kronfeld dem Meteorologen
Kronfeld die aus der Praxis gewonnenen Erfahrungen ver=

mitteln.
Der Streckenflug Hurttigs war ähnlich verlaufen wie der vor=
jährige
Wolkenflug Kronfelds: Plötzlicher ſteiler Anſtieg, kurz
darauf rapides Fallen, wieder raſcher Anſtieg, das Flugzeug hält
ſich nunmehr faſt eine Stunde in dieſer Höhe, kurzes ſteiles Weg=
ſacken
, und dann langer, gleichmäßiger Gleitflug. Hurttig hatte
auf dieſem Flug erſtmalig einen Streckenflug vor einer Front
durchgeführt und berichtet darüber, daß dieſer Flug wegen der
Gleichmäßigkeit der vor der Front aufſteigenden Luftſtrömung dem
Hangſegelflug weſentlich vorzuziehen ſei. Allerdings hat auch
Hurttig manche unangenehme Erfahrung gemacht, die im weſent=
lichen
darin beſtanden, daß er nach einem Vorſtoß vor die Front
erheblich in die Regenwolken hineingezogen wurde, ſobald er ſich
der nachrückenden Front wieder zukehrte. Hurttig hatte auch ver=
ſäumt
auf ſeinem Fluge einen Kompaß mitzunehmen und hat es
natürlich als überaus unangenehm empfunden, in der Wolke jeg=
liches
Gefühl für die Lage der Maſchine zu verlieren. Er hat auf
ſeinem Fluge eine Strecke von 51,5 Kilom. zurückgelegt und damit
eine ſehr ſchöne Leiſtung vollbracht.
Auch heute herrſcht wieder recht trübſeliges Wetter. Sturm
und vereinzelte heftige Regenſchauer behaupten nach wie vor ihre
Machtſtellung. Lediglich Oberleutnant Hemmer führte einen Flug
aus, um den Tagespreis für eine Entfernung von 4 Kilometer
mit Rückkehr zur Startſtelle zu gewinnen, konnte aber nur 3,8 Kilo=
meter
erreichen.
Ak.
Bei den Volksturnmeiſterſchaften der D.T. gab es ſchon am Sams=
tag
in den Kämpfen der Frauen einige neue D. T.=Höchſtleiſtungen, und
zwar von Frl. Heuvelmann=Köln im Weitſprung mit 5,69 Meter und
von Frl. Stockhorſt=Duisburg im Schleuderballwerfen mit 76,65 Meter.

Wetterbericht.

Ausſichten für Sonntag, den 17. Auguſt: Anfänglich noch wechfelnd wol=
kig
mit einzelnen Schauern, dann aufheiternd, aber kühl.
Ausſichten für Montag, den 18. Auguſt: Teils wolkig, teils aufheiternd.
Meiſt trocken, tagsüber etwas wärmer.
Hauptſchriftleltung: Rudolf Mauve
Derantwortſich für Poiltk und Wirtſchaft: Rudolf Maupe; für Henilleten, Drich md
Ausland md Heſſiſche Nachrichten: Max Streeſe; für Sport: Karl Böhmanni
für den Handel: Dr. C. H. Quetſch; für den Schtußdienſt: Andreas Bauer; für
Dr Gegenwart, Tagesſpiegel in Bilb und Wert: Dr. Herbert Reitt
für, den Inſeratenteil und geſchäftliche Miittetlungen: Willo Kuble
Druck und Verlag: L. C. Wittich ſchmtlich in Darmſtadt
Tr mperlangte Manuſtripte wird Garantie der Rückſendung nicht üdern
Die heutige Nummer hat 20 Seiten

Geſchäftliches.

Neue Nenn=Siege auf Onnlov=Reifen.
Im Rennen auf dem Klauſenpaß, jener Paß=Straße, die nahem
unmögliche Anforderungen an Maſchine und Fahrer ſtellt, haben Dun=
lop
=Reifen wieder ihre Leiſtungsfähigkeit unter Beweis geſtellt. Kurven.
dauernd variierende Steigungen, dann eine Grade, wieder Kurven.
immer wieder muß die Fahrt verlangſamt werden, um dann in kür=
zeſter
Zeit wieder ein Maximum an Schnelligkeit zu erreichen. Und
trotzdem bedeuten die neuen Renn=Ergebniſſe keinen Stillſtand gegen=
über
den früheren, im Gegenteil, neue Rekorde wurden aufgeſtellt.

Beginn der Leipziger Herbſtmeſſe am 31. Anguſt 1930.
Alles Nähere über die Vorverkaufsſtellen für Meßabzeichen und
Meßadreßbücher ſowie über ſonſtige Auskunftsſtellen in Meſſeange=
legenheiten
erſehen Sie aus dem heutigen Inſerat des Leipziger Meß=
amtes
.

35. Preußiſch=Süddeukſche Klaſſenlokkerie.
6. Tag der 5. Klafſe. In der Vormittags=Ziehung
vom 15. Auguſt fielen: 2 Gewinne zu je 10000 RM. auf Nr.
182 775; 2 Gewinne zu je 5000 RM. auf Nr. 396 542; 4 Gewinne
zu je 3000 RM. auf Nr. 336280, 356 289; 12 Gewinne zu je 2000
RM. auf Nr. 12988, 17884, 197 502, 22334, 271 141, 340 479; 52
Gewinne zu je 1000 RM. auf Nr. 17077, 35 466, 37016, 44 221,
57887, 74 797, 79 701, 9280, 95 401, 111607, 111608, 112058,
122634, 19B8 193, 193861, 200 946, 29 07, 235 779, 243 699, 257 513,
279 373, 284 436, 294 958, W7958, 325 928, 365 045; ferner durden
gezogen: 74 Gewinne zu je 500 RM. und 218 Gewinne zu je 300 RM.
In der Nachmittags=Ziehung fielen 2 Gewinne zu je 5000
RM. auf Nr. 336 129; 6 Gewinne zu je 3000 RM. auf Nr. 19 823,
136 077, 354 753; 12 Gewinne zu je 2000 RM. auf Nr. 86 113, 88600,
103 148. 104 865, 168 423. 28 304: 42 Gewinne zu je 1000 RM. auf Nr.
28 431, 35 097, 58 840, 77 666, 8122, 118 432, 127 930, 145 246, 170 276.
184307, 186 749, 192556, V5 766, 213816, 222 767, 249 781, 251 925,
254 817, 303 381, 348809, 378 575; ferner wurden gezogen: 82 Gewinne
zu je 500 RM. und 194 Gewinne zu je 300 RM. Im Gewinn=
rad
verblieben: 2 Prämien zu je 500 000 RM., 2 Gewinne zu je
500 000 RM., 2 Gewinne zu je 300 000 RM., 2 Gewinne zu je 200 000
RM., 2 Gewinne zu je 100 000 RM., 2 Gewinne zu ie 75 000 RM.,
4 Gewinne zu je 50 000 RM., 8 Gewinne zu je 25 0000 RM. 74 Gewinne
zu je 10000 RM 132 Gewinne zu je 5000 RM., 384 Gewinne zu je
3000 RM., 622 Gewinne zu je 200 RM., 1662 Gewinne zu je 1000
RM., 3596 Gewinne zu je 500 RM., 9514 Gewinne zu je 300 RM.
(Ohne Gewähr.)
Rundfunk=Programme.
Frankfurt a. M.
Aundfunk=Programm Frankfurt a. M. (390).
Zwiſchenſender: Kaſſel (246).
Gleichbleibendes Werktags=Programm. 6 u. 6.30: Wetter, Zeit,
Gymnaſtik. O 12: Zeit, Wetter, Wirtſchaftsm., Waſſerſt. O 12.20:
Schallplattenkonzert. O 12.55: Nauener Zeit. 13: Schallplatten.
O 14.50, 15.50: Zeit, Wirtſchaftsm. 16.10: Ind Handelsk. (Di.
u. Fr.). O 17.45: Wetter, Wirtſchaftsm., währ. d. Nachm.=Konzerts=
Vereinsnachrichten. O 18.05, 19.15 oder 19.30: Wirtſchaftsmeld.
Sonntag, 17. Auguſt.
7.00: Hamburger Hafenkonzert.
8.15: Kloſter Frauenberg=Fulda: Katholiſche Morgenſeier.
10.00: Laienmuſik. Ausf.: Oberdeutſcher Singkreis.
11.00: Balladen der Liebe.
12.00: Offenbach: Promenadenkonzert. Konzert=Orcheſter Offenbach.
13.00: Zehnminutendienſt der Landwirtſchaftskammer Wiesbaden.
13.10: Berlin: Konzert der Kapelle Ilja Livſchakoff.
14.00: Stuttgart: Jugendſtunde. Funkheinzelmann.
15.00: Landwirtſchaftslehrer Frommeld: Wie können wir den Obſt=
abſatz
ſteigern?
15.25: Frankfurter Auguſt=Rennen.
15.40: R:g.=Rat Freiherr Löw von und zu Steinfurth: Was
muß der Landwirt von der Berufsgenoſſenſchaft wiſſen?

130 Sſchet. D Wiltderhaie Dier Riſce eichnde u
die Kriſe der deutſchen Bildung.
18.30: Dr. Paquet: Wandlungen des Reiſens und Beſchreibens.
19.30: Zither= und Mandolinenkonzert. Ausf.: Verein zur Pflege
des Saitenſpiels: Schuſters Zitherquartett, Offenbach a. M.;
Martin Hofler (Zither).
20.00: Mr. Mont’s Geheimnis. Hörſpiel, worin auch die Kritik
zu Worte kommt, von Yveliſe.
21.00: Von Oſtende: Großes Konzert.
22.50: Tanzmuſik. Kapelle The Shocking Boys.
Königswuſterhauſen.
Deutſche Welle (1635).
Deutſche Welle. Gleichbleibendes Werktags=Programm. 5.50:
Wetter für den Landwirt. 6.30: Morgengymnaſtik. O 6.55:
Wetter für den Landwirt. o Ca. 7: Konzert. O 10.30, 13.30:
Neueſte Nachrichten. o 12.25: Wetter für den Landwirt. (So.
12.50:. O 12 bzw. 12.30: Schallplatten (außer So.). o 12.55:
Nauener Zeit. O 14: Berlin: Schallplatten. O 15.30: Wetter, Börſe.
O 19.55: Wetter für den Landwirt.
Deutſche Welle. Sonntag, 17. Auguſt.
7.00: Hamburger Hafenkonzert.
8.00: Mitteilungen und praktiſche Winke für den Landwirt.
8.15: Wochenrückblick auf die Marktlage.
8.25: Saatzuchtdirektor Dr. Laube: Durch welche Maßnahmen
laſſen ſich die Erzeugungskoſten des Witerroggens herabdrücken?
8.50: Morgenfeier. Stundenglockenſpiel der Potsdamer Garniſon=
kirche
.
Anſchl.: Glockengeläut des Berliner Doms.
11.00: Bach=Kantate: Herr, gehe nicht ins Gericht
11.30: Elternſtunde: Fritz Pirner: Kind und Bilderbuch.
12.00: Mittagskonzert. Kapelle Ilja Livſchakoff.
14.00: Jugendſtunde: Zum 100. Geburtstag von Volkmann=Leander.
14.30: Willi Schaeffers und Paul Nicolaus: Was gibt’s denn
Neues?
15.00: Reportage vom Stralauer Fiſchzug.
15.40: Potsdamer Garniſonkirche: Orgelkonzert. Prof. Q. Becher.
16.05: Hilaire Belloc. Ueberſetzt von S. von Radecki.
16.30: Mandolinenorcheſter=Konzert. Als Einlage: Vom S. C.C=
Sportplatz: Städtekampf TokioBerlin.
18.00: Friedrich Eiſenlohr lieſt eigene Novellen.
18.20: Unterhaltungsmuſik. Kapelle Leo Bermann.
18.30: Dr. Zimmermann: Berühmte Liebespaare aus der Ge=
ſchichte
der Oper.
19.00: Prof. Schüßler: Kaſſer Franz Joſef, ein Jahrhundert öſter=
reichiſcher
Geſchichte.
19.30: Schulrat Fuchs, Dr. Michaelis: Im ländlichen Volkshoch=
ſchulheim
.
D.00: Frankfurt: Mr. Mont’s Geheimnis. Ein Hörſpiel, worm
auch die Kritik zu Worte kommt, von Yveliſe.
21.00: Aus dem Kurſaal in Oſtende: Symphonie=Konzert.
Danach: Tanzmuſik. Kapelle Gerhard Hoffmann.

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[ ][  ][ ]

Nummer 226

Jau

Conntag, den 17. Auguſt

Der deutſche Außenhandel im Juli.
Erſcheinung; der Rückgang der Ausfuhr bei dieſen Getreidearten dürfte
damit zuſammenhängen, daß für Hafer und Roggen die Erteilung von
Ansſahrnderwav oon 44,s mmt. mart. Einfuhrſcheinen vor kurzem aufgehoben iſt.

Die Ausfuhr, gegenüber dem Vormonat um 40 Mill. RM. geſtiegen,
Heträgt im Juli 950 Mill. RM., wovon 55 Mill. RM. (im Vormonat
52 Mill. Reichsmark) auf die Reparations=Sachlieferungen entfallen.
Die Einfuhr erreicht im Juli nur 909 Mill. RM. (Juni 814), obwohl
in den Einfuhrnachweis für dieſen Monat das Ergebnis der Zollabrech=
nungen
aus dem Lagerverkehr für das 1. Halbjahr 1930 in Höhe von
126 Mill. RM. einbezogen iſt. Mithin ſchließt die Außenhandelsbilanz
für Juli wiederum mit einem bemerkenswerten Ausfuhrüberſchuß ab.
Für den Jahresteil Januar/Juli 1930 iſt der tatſächliche Ausfuhrüber=
ſchuß
, der ſich ergibt, wenn die in Wirklichkeit noch auf die Vorjahrs=
einfuhr
entfallenden Anſchreibungen aus den diesjährigen Januar= und
Februarabrechnungen im Lagerverkehr (223 + 101 324 Mill. Reichs=
mark
) in Abzug gebracht werden, auf rund 850 Mill. Reichsmark an=
zuſetzen
.
Die Zunahme der Ausfuhr beruht auf einer Steigerung
des Abſatzes an Fertigwaren (+ 36,7 Mill. RM.) und auch an Roh=
ſtoffen
und halbfertigen Waren (+ 11,8 Mill. Reichsmark). Die Aus=
fuhr
von Lebensmitteln und Getränken hat dagegen abgenommen
( 8,1 Mill. RM.). Dieſe Bewegung entſpricht bei allen drei Waren=
gruppen
der ſaiſonmäßig zu erwartenden Tendenz; allerdings weicht bei
der Nohſtoff= und Lebensmittelausfuhr der Umfang der Zu= bzw. Ab=
nahme
von dem ſaiſonüblichen Ausmaß ab.
Die Zunahme der Fertigwarenausfuhr zeigt ſich ins=
beſondere
bei den Textilfertigwaren, deren Ausfuhr um 13.,3 Mill. RM.
geſtiegen iſt. Namentlich die Gewebe aus Wolle und anderen Tierhaaren
(+ 6,2 Mill. RM.) aber auch die Baumwollgewebe (++ 2,8 Mill. RM.)
und Gewebe aus Seide und Kunſtſeide (+ 2,8 Mill. RM.) verzeichnen
eine Mehrausfuhr gegenüber dem Vormonat. Geſtiegem iſt ferner die
Ausfuhr von Waſſerfahrzeugen (+ 6,8 Mill. RM.), chemiſchen und phar=
mazeutiſchen
Erzeugniſſen einſchließlich der Farben (+ 4,3 Mill. RM.),
nichtelektriſchen Maſchinen (+ 2,4 Mill. RM.) und elektrotechniſchen
Erzeugniſſen (+ 2,.1 Mill. RM.). Die Ausfuhr von Eiſenwaren ſowie
Kleidung und Wäſche weiſt gegenüber dem Vormonat einen leichten
Rückgang auf.
Unter den Rohſtoffen und halbfertigen Waren hat
namentlich die Ausfuhr von Kaliſalzen (+ 4,6 Mill. RM.), chemiſchen
Rohſtoffen und Halbzeugen (+ 3,3 Mill. RM.), Koks und Steinkohlen
eine Zunahme erfahren. Rückläufig iſt dagegen die Ausfuhr von
ſchwefelſaurem Ammoniak ( 5,6 Mill. RM.).
Die Abnahme der Lebensmittelausfuhr tritt beſonders
bei Hafer ( 6,0 Mill. RM.) und Roggen ( 2,6 Mill. RM.) in die

Von den wichtigſten Reparations=Sachlieferungen im
Juli entfallen auf die Gruppe Rohſtoffe: Steinkohlen mit 7.5 Mill.
RM.; auf die Gruppe Fertigwaren: Keſſel. Maſchinen und Maſchinen=
teile
mit 11.7. Waſſerfahrzeuge mit 8,5. Eiſenwaren mit 8.0. Eiſenbahn=
wagem
mit 5,0, chemiſche Erzeugniſſe einſchließlich der Farben mit 3,7
und elektriſche Maſchinen ſowie ſonſtige elektrotechniſche Erzeugniſſe mit
1,6 Mill. RM.
Der um 95,5 Mill. RM. höhere Ausweis der Einfuhr
zeigt Mehrbeträge von 58 Mill. RM. bei der Gruppe Lebensmittel und
Getränke und von 38 Mill. RM. bei der Gruppe Rohſtoffe und halb=
fertige
Waren.
Innerhalb der Gruppe Lebensmittel und Getränke
verzeichnet der Einfuhrnachweis eine bemerkenswerte Steigerung bei
Kaffe, Butter, Gerſte, Weizen, Mais und Kakao. Zum größten Teil
bruht jedoch die Zunahme bei dieſen Erzeugniſſen auf den Einflüſſen
der halbjährlichen Zollabrechnung. Eine tatſächliche Zunahme in be=
deutendem
Umfange hat nur bei der Einfuhr von Butter ſtattgefunden,
die unter Abzug des Betrages aus den Zollabrechnungen ein Mehr von
13,6 Mill. RM. darſtellt. Die Einfuhr von Gerſte erweiſt ſich nach
Abzug des Zollabrechnungsbetrages im Gegenteil als rückläufig, während
ſich die Zunahme bei den ſonſt genannten Erzeugniſſen in engeren
Grenzen hält. Zurückgegangen iſt unter den Lebensmitteln die Einfuhr
von Eiſen, Südfrüchten und Küchengewächſen.
Auch bei der Einfuhr von Rohſtoffen und halbfertigen
Waren wirken ſich die Zollabrechnungen z. T. ſtark aus. So entfällt
bei der Zunahme der Einfuhr von Mineralölen (+ 39,5 Mill. RM.) ein
Betrag von 33 Mill. Reichsmark, bei der Zunahme der Einfuhr von
Bau= und Nutzholz (+ 16,6 Mill. RM.) ein Betrag von 12 Mill. RM.
auf den Abrechnungsverkehr für das erſte Halbjahr. Einen bemerkens=
werten
Rückgang zeigt die Einfuhr von Tierfett und Tran ( 13,6 Mill.
RM.), von Textilrohſtoffen ( 9,1 Mill. RM.) und Kupfer ( 7.,7
Mill. RM.). Unter den Textilrohſtoffen hat namentlich die Einfuhr von
Wolle und anderen Tierhaaren ( 7,5 Mill. RM.) abgenommen; vom
Rückgang nicht betroffen iſt die Einfuhr von Baumwolle, die um faſt
2 Mill. RM. geſtiegen iſt.
Die Fertigwareneinfuhr zeigt ſich insgeſamt kaum ver=
ändert
( 0,5 Mill. RM.). Geſtiegen iſt die Einfuhr von Leder (+ 4,2
Mill. RM.), Wollgeweben und Kautſchukwaren; abgenommen hat die
Einfuhr von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrrädern ( 2.9 Mill. RM.)
und von ſeidenen Geweben.

Der Enkwurf eines Geſekes über Akkiengeſellſchaften
und Kommandik-Geſellſchaften auf Akkien.
Das Reichsjuſtizminiſterium legt jetzt den Entwurf eines Ge=
ſetzes
über Aktiengeſellſchaften und Kommanditgeſellſchaften auf
Aktien vor. Der Entwurf ſtellt nicht eine Novelle zum geltenden
Aktienrecht, ſondern ein völlig neues Aktiengeſetz dar, das unter
Streichung der augenblicklichen Vorſchriften des Handelsgeſetz=
buches
das ganze Aktienrecht poſitiviſiert, und zwar unter dem
Geſichtspunkt leichterer Verſtändlichkeit.
Verhältnismäßig wenig geändert ſind die Gründungsvorſchrif=
ten
. Beſeitigt wurde die ſogenannte Sukzeſſivgründung. Geblie=
ben
iſt dagegen die Vorſchrift über die 25prozentige Bareinzah=
lung
. Das bisherige Anmeldungsverfahren ſoll in ein Vorprü=
fungs
= und in ein Anmeldungsverfahren zerlegt werden. Ferner
ſind Vorkehrungen gegen die ſogenannte verſchleierte Nachgrün=
dung
getroffen und das Recht der Zweigniederlaſſungen weit=
gehend
den neuzeitlichen Bedürfniſſen angepaßt worden.
Der Entwurf hält an dem Grundſatz der Zweiteilung der
Verwaltung in Vorſtand und Aufſichtsrat feſt, doch wird der Auf=
gabenkreis
des Aufſichtsrats eingeſchränkt und Pflichtprüfungen
und Pflichtreviſionen eingeführt.
Minderheiten wird die Möglichkeit gegeben, Mitglieder in
den Aufſichtsrat zu delegieren. Weiterhin wird beſtimmt, daß der
Vorſtand alle Vierteljahre dem Aufſichtsrat Bericht zu erſtatten
hat, wobei jedem Mitglied des Aufſichtsrates das Recht auf Aus=
kunfterteilung
zuſteht.
Das Zentralproblem des Aktienrechts iſt die Frage der Aus=
übung
der Aktionärrechte in der Generalverſammlung. Das Vor=
zugsſtimmrecht
wird in der Mehrzahl der wichtigen Fälle aus=
geſchaltet
: es bleibt beſtehen bei der Wahl zum Ausſichtsrat und
bei gewiſſen organiſatoriſchen Beſchlüſſen. Vorgeſehen iſt ferner,
daß Stimmrechtaktien nur als vinkulierte Namensaktien ausgege=
ben
werden dürfen. Die Frage der Rechtsbeſtändigkeit der Be=
ſchlüſſe
der G.V. iſt in weitem Maße ſichergeſtellt.
Die neuen Vorſchriften über die Auskunftserteilung in der
G.V. ſtellen das Recht des Einzelaktionärs auf Erteilung einer
Auskunft in der G.V. außer Zweifel. Unzuläſſige Ablehnung
einer Frage, die ſich auf die Angelegenheiten der Geſellſchaft er=
ſtreckt
, die mit den Gegenſtänden der Verhandlung in Zuſammen=
hang
ſteht. gibt das Recht zur Anfechtung.
Die Offenlegungspflicht kommt ferner in den Vorſchriften
über den Jahresabſchluß zum Ausdruck. Ein Verbot der ſtillen
Reſerven iſt nicht vorgeſehen, doch dürfen dieſe nicht mehr durch
Einführung fiktiver Kreditoren geſchaffen werden.
Die Bewertungsvorſchriften ſchließen ſich im weſentlichen dem
bisherigen Recht an. Neu iſt die Begriffsbeſtimmung der Ab=
ſetzung
, die unter Anpaſſung an die Steuergeſetzgebung geſchaffen
wurde.
Bei der vorgeſehenen Pflichtprüfung handelt es ſich nicht um
eine formale, ſondern eine materielle Prüfung. Die Auswahl der
Bilanzprüfer iſt der G.V. übertragen. Als Bilanzprüfer ſollen
nur fachlich erfahrene und ausreichend vorgebildete Perſonen be=
ſtimmt
werden.
Der Entwurf trägt ferner dem Gedanken Rechnung neue
Formen der Finanzierung und der Kapitalbeſchaffung für das
Recht der Aktiengeſellſchaften einzuführen. Das Verbot der Aus=
gabe
von Unterpari=Aktien wird aufrecht erhalten. Von der Ein=
führung
der nennwertloſen Aktien (Quotenaktien) wird abge=
ſehen
. Die Vorratsaktie wird abgeſchafft. Die Einziehung von
Vorratsaktien durch ein beſonderes Einziehungsgeſetz iſt vorge=
ſehen
. Die ſogenannten gebundenen Aktien werden ſo behandelt,
daß, ſolange die Bindung beſteht, eine Stimmrechtsausübung ver=
boten
iſt. Als neue Kapitalbeſchaffungsformel, ſteht an erſter
Stelle die Zulaſſung des genehmigten Kapitals. Nach dem Ent=
wurf
durch die Verwaltung bis zu einem beſtimmten Höchſtbetrage
zur Ausnutzung geeigneter Finanzierungsmöglichkeiten neue
Aktien ohne Befragung der G. V. ausgeben. Neu eingeführt wird
ferner die bedingte Kapitalerhöhung, eine Kapitalerhöhung nur
für beſtimmte Zwecke. Neben genehmigtes Kapital und bedingte
Kapitalerhöhung tritt als neue Finanzierungseinrichtung die
Vorzugsaktie ohne Stimmrecht odermit beſchränktem Stimmrecht.
Die Verſchmelzung von Geſellſchaften wird derart geregelt, daß
aus zwei Geſellſchaften eine neue dritte ohne die Form einer Neu=
gründung
gebildet werden kann. Neu geordnet iſt ſchließlich das
ganze Gebiet der Umwandlung von Kapitalgeſellſchaften.
Die Leipziger Herbſtmeſſe 1930.
Die am 31. Auguſt beginnende Leipziger Herbſtmeſſe wird, wie aus
den bisherigen Meldungen erſichtlich iſt, ſowohl zahlenmäßig wie in=
haltlich
hervorragend beſchickt werden. Abgeſehen von einem Teil der
großen Maſchinen der Techniſchen Meſſe und der Baumeſſe die ſeit
Jahren nur auf den Frühjahrsmeſſen ausgeſtellt werden, bieten die
Muſtermeſſe, die Baumeſſe und die im Herbſt in Leipzig vertretenen
Zweige der Techniſchen Meſſe das gleiche umfaſſende Angebot in ſämt=
lichen
Induſtriezweigen wie in den Vorjahren. Auffallend iſt dabei
beſonders, daß die Zahl der vermieteten Quadratmeter Ausſtellungs=
fläche
zugenommen hat, da zahlreiche prominente Firmen ihre Aus=
ſtellung
vergrößert haben. Dem Streben der Ausſtellerſchaft die
Meſſeſpeſen in anbetracht der augenblicklichen ſchwierigen Wirtſchafts=
lage
nach Möglichkeit zu vermindern, ſoll nach einem mit Mehrheit
gefaßten Beſchluß des Verwaltungsrates des Leipziger Meßamts da=
durch
Rechnung getragen werden, daß die Herbſtmeſſe diesmal am
Donnerstag, den 4. September, offiziell geſchloſſen wird.

Ausſkände und Ausſperrungen in der deutſchen
Wirtſchaft.
Die wirtſchaftlichen Arbeitskämpfe hatten im ganzen von einer ſehr
hohen Ziffer in den erſten Jahren nach dem Kriege bis zum Jahre
1926 ſtark abgenommen. Das Jahr 1927 hatte jedoch bereits wieder
einen Anſtieg der Zahl der verlorenen Arbeitstage gebracht, und im

KHtte I. Wirtschaftliche Arbeitskämpfe in Deutschland
(Hill. verlorene Arbeitstage) Au= Aaee

Jahre 1928 war dieſe Zahl weiter ſehr ſtark angeſtiegen, bedingt ins=
beſondere
durch die große Ausſperrung in der weſtdeutſchen Eiſenindu=
ſtrie
. Im Jahre 1929 ſind die wirtſchaftlichen Arbeitskämpfe dann er=
freulich
gering geweſen, und das erſte Viertel des laufenden Jahres
zeigt eine ſo geringe Ziffer ſowohl bei den Ausſtänden wie bei den
Ausſperrungen, wie ſie ſeit vielen Jahren nicht dageweſen iſt.
Im vorigen Jahre ſind der deutſchen Volkswirtſchaft durch Arbeits=
ſtreitigkeiten
immerhin noch rd. 4,4 Mill. Arbeitstage durch Arbeits=
kämpfe
verloren gegangen.
Der Geldmarkt in der vergangenen Woche.
Mediobedarf.
Nachdem in der Vorwoche die Entſpannung am Geldmarkt raſcher
eingetreten war, als man erwartet hatte, und bei ſtarken Deviſenzuflüſ=
ſen
Tagesgeld wieder den tiefen Stand des vergangenen Monats er=
reicht
hatte, hielt dieſe Flüſſigkeit in der abgelaufenen Woche zunächſt
an. Angeblich werden vielfach Leihgeldofferten des Auslandes abge=
lehnt
, zumal auch die Ernteanſprüche bis jetzt noch nicht in ſtarkem
Maße in Erſcheinung getreten ſind. Erſt zum Wochenſchluß nahm die
Nachfrage nach Tagesgeld wieder ſtärker zu, was auf den Medio und
verſchiedene Steuertermine zurückzuführen ſein dürfte. Am Markt für
Monatsgeld waren die Bewegungen gering. Der Privatdiskontſatz,
der in der Vorwoche um 1, Prozent auf 3,25 Prozent ermäßigt wor=
den
war, wurde trotz weiter minimalem Angebot und anhaltender
Nachfrage unverändert belaſſen. Die Nachfrage wurde mit neuen ein=
jährigen
Reichsſchatzanweiſungen zu 5,25 Prozent befriedigt. In der
letzten Zeit ſollen von der Reichsbank zuſammen etwa 80 Mill. RM.
einjährige Schatzanweiſungen verkauft worden ſein; die neue Serie
dürfte einen etwas geringeren Umfang haben. Die Zeichnungsliſten
für die aufgelegten 75 Millionen RM. Schatzanweiſungen der Reichs=
bahn
ſind geſchloſſen worden mit dem Ergebnis, das als ſehr günſtig
bezeichnet werden muß: Insgeſamt wurden 110 Mill. RM. gezeichnet,
ſodaß eine Rationierung der gezeichneten Beträge erfolgen muß.
In der Woche vom 11.16. Auguſt nehmen die Geldſätze an dem
Frankfurter Platz folgende Entwicklung: Tagesgeld 2,534 Prozent;
Monatsgeld 1. Adreſſen 4½½ Prozent; Monatsgeld 2. Adreſſen 5,25
Prozent; Warenwechſel 3,7537/3,75 Prozent.
Amerikaniſche Kabelnachrichten.
Es notierten nach Meldungen aus Chicago am 16. Aug.:
Getreide. Weizen: September 898, Dezember 9434, März
1931 99½, Mai 1023; Mais: September 97½, Dezember 93,
März 1931 95, Mai 97½; Hafer: September 39½, Dezember 43½,
März 1931 45½, Mai 47½; Roggen: September 59½, Dezember
64½, März 1931 68½, Mai 72.
Schmalz: September 10,80, Oktober 10,85, Dezember 10,70,
Januar 1931 10,65.
Speck: loco 14,00.
Schweinezufuhren in Chicago 7000, im Weſten 28 000.
Chicago Baumwolle: Oktober 11,51, Dezember 11,66.
Es notierten nach Meldungen aus New York am 16. Aug.:
Schamlz: Prima Weſtern 11,65; Talg, extra loſe 5½.
Getreide. Weizen: Rotwinter, neue Ernte 100½, Hartwinter,
neue Ernte 97½; Mais, loco New York 110½; Mehl: ſpring
wheat clears nominell; Fracht nach England 1,62,3 sh, nach
dem Kontinent 79 C.
Kakao: Geſchloſſen.

Vom Holzmarkt

ſchreibt uns unſer Mitarbeiter: Die Geſchäftslage hat ſich auch in
letzter Zeit wiederum verſchlechtert. Der Abſatz an die Möbel
fabriken ſtockt vollkommen. Dort, wo noch Verkäufe getätigt wer=
den
könnten, ſind die Lieferanten zurückhaltend, weil eine allge=
meine
Vertrauenskriſis die Hergabe von Krediten außerordent=
lich
einſchränkt. Am Bauholzmarkt iſt nichts zu tun. Man wartet
auf die Erfüllung der von Regierungsſeiten veröffentlichten Ver=
heißungen
. Ob die Hoffnungen ſich in abſehbarer Zeit verwirk=
lichen
werden, bleibt abzuwarten. Das Holzgeſchäft iſt vollkommen
bewegungslos. Nicht einmal die günſtigſten Angebote werden be=
rückſichtigt
. Dazu haben die Nachrichten von den Inſolvenzen, die
in letzter Zeit eingetreten ſind, außerordentlich beunruhigend ge=
wirkt
, vor allem der Zuſammenbruch der Berliner Holzfirme
Hennigſon u. Neuberg, die man als ſtark und zuverläſſig geſchätzt.
Es hat ſich herausgeſtellt, daß grobe Unregelmäßigkeiten vorge=
kommen
ſind, und daß dieſe Firma nie die Moral beſeſſen hat, die
man bei ihr vorausſetzte. In zahlreichen Fällen ſind die Gegen=
werte
der Prolongationswechſel, die von der Kundſchaft zur Ein=
löſung
hergegeben werden, anderweitig verwendet und nicht an
den empfangsberechtigten Akzeptanten abgeführt worden. Zu be=
denken
iſt ſchließlich, daß durch dieſe Inſolvenz größere Lager=
beſtände
, ſobald die Verhältniſſe geklärt ſind, auf den Markt kom=
men
werden und dort kaum Aufnahme finden dürften. Im allge=
meinen
kaufen die Platzholzhändler nur in ganz beſchränktem Um=
fange
das ein, was ſie zur Ergänzung ihrer Lagerbeſtände gebrau=
chen
. Es ſind im Schnittholzhandel ſeit kurzem Preisrückgänge von
45 v. H. beobachtet worden. Infolge der Beſchäftigungsloſigkeit
der Bauinduſtrie fehlt es den Sägewerken an Verkaufsmöglich=
keiten
für ihre Bauware. Dieſe Tatſache wird den in den nächſten
Monaten beginnenden Rohholzeinkauf in den Staats= und Privat=
forſten
ganz weſentlich beeinfluſſen und zweifellos eine ſtarke Aus=
wirkung
verurſachen. Aſtreine Seitenbretter wurden in mäßigen
Mengen an die Küchenmöbelfabrikation in Weſtdeutſchland und
im Rheinland abgeſetzt. Die Preiſe ſind, ſehr gedrückt. Man
zahlte 75 bis 80 Mark im Großhandel frei Waggon Bentſchen.

Wiriſchafliche Rundſchan.

Die Indexziffer der Großhandelspreiſe vom 13. Auguſt. Die auf
den Stichtag des 13. Auguſt berechnete Großhandelsindexziffer des
Statiſtiſchen Reichsamtes iſt mit 125,0 gegenüber der Vorwoche (125,2)
leicht zurückgegangen. Von den Hauptgruppen hat die Indexziffer für
Agrarſtoffe um 0,6 v. H. auf 116,7 angezogen. Die Indexziffer für indu=
ſtrielle
Rohſtoffe und Halbwaren iſt um 0,9 v. H. auf 181,1 geſunken;
gleichzeitig hat diejenige für induſtrielle Fertigwaren weiter auf 149,5
nachgegeben.
Leichter Rückgang der Großhandelspreiſe. Die auf den Stichtag
des 13. Auguſt berechnete Großhandelsrichtzahl des Statiſtiſchen Reichs=
amtes
iſt mit 125,0 gegenüber der Vorwoche (125,2) leicht zurückge=
gangen
.
Rechtzeitige Eindeckung des Winterbedarfs an Brennſtoffen. Der
Reichskohlenkommiſſar weiſt auf eine rechtzeitige Eindeckung des Win=
terbedarfes
an Brennſtoffen hin. Dieſe Mahnung ergibt ſich aus der
Betrachtung der in dieſem Jahre bisher außerordentlich niedrigen
Brennſtoffbezüge für Hausbrandzwecke. Im erſten Halbjahr 1930 (Jan.
bis Juli einſchließlich) ſind in Deutſchland für Hausbrandzwecke ab=
geſetzt
worden: Steinkohlen 5 372000 To. gegen 8252000 To. in dem
gleichen Zeitraum des Vorjahres; Koks 2 712 000 To. gegen 4 302000
To. Braunkohlenbriketts 9 313 000 To. gegen 13 441 000 To. Auffal=
lend
iſt beſonders auch der Rückgang der Bezüge in Braunkohlenbri=
ketts
für Groß=Berlin.

Broduktenberichte.

Frankfurter Eiergroßhandelspreiſe. Marktlage: Am hieſigen Markt
wurde die Stimmung zum Wochenſchluß wieder etwas freundlicher. Die
Preiſe konnten im Zuſammenhang mit dem Produktionsrückgang allge=
mein
etwas anziehen. Der Abſatz war jedoch weiterhin ſchwach, doch
rechnet man in Händlerkreiſen in der nächſten Zeit mit einem beſſeren
Geſchäft. Es notierten in Pfg. pro Stück: Bulgaren 88,25; Jugo=
ſlaven
88,25; Rumänen 88,25; Holländer 9,512; Dänen 1012;
Belgier 9,7510; Schleſier 8,59; Bahern 8,59; Norddeutſche 911;
Italiener, Ruſſen, Polen, Chineſen, Franzoſen nicht am Markt.
Auslandseier unverzollt ab Grenzſtation, Inlandseier ab Station.
Frankfurter Buttergroßhandelspreife. Marktlage: Das Geſchäft
am Buttermarkt war zwar weiter ſehr gering, doch konnte ſich die Ten=
denz
wieder etwas befeſtigen. Es notierte: Auslandsbutter (holländ.
oder dän.) 1 Faß (50 Kilo) 1,62; einhalb Faß 1,64; in Halbpfundſtücken
1,65; deutſche Molkereibutter 1,54 Mark das Pfund im Großhandels=
verkehr
.
Diehmärkte.
* Auf dem Schweinemarkt in Weinheim a. b. B. am 16. Auguſt
waren 451 Tiere zugeführt. Verkauft wurden 354 Stück, und zwar
Milchſchweine das Stück von 1929 Mark, Läufer das Stück von 32
bis 60 Mark, Einleger das Stück 72 Mark. Marktverlauf gur.
Kleine Wirtſchaftsnachrichken.
In den geſtrigen Aufſichtsratsſitzungen der Oſtwerke A.G.,
Berlin, und der Schultheiß=Patzenhofer Brauerei A.G., Berlin,
wurde beſchloſſen, den auf den 15. Sept. einzuberufenden a.o.
GVV. die Fuſion beider Geſellſchaften vorzuſchlagen.
Die Spareinlagen bei den rheiniſchen Sparkaſſen erfuhren im
Juli eine Zunahme von 5,9 Mill. RM. und betragen nunmehr
1560,7 Mill. RM. Die Giroeinlagen ſtiegen von 288,8 auf 292,1
Mill. RM., ſodaß die Geſamteinlagen am Monatsende 1852,8
Mill. RM. betragen. Die Durchſchnittshöhe der Sparkonten be=
trägt
745,21 RM.
Wie uns mitgeteilt wird, iſt in den letzten Tagen der Fuſions=
vertrag
zwiſchen der Frankfurter Rückverſicherungsgeſellſchaft und
der zum Nordſternkonzern gehörenden Rückverſicherungsvereini=
gung
A.G., Berlin, abgeſchloſſen worden. Die a.o. G.V., die die=
ſen
Vertrag genehmigen ſoll, findet am 17. September ſtatt.
Am Rohhäutemarkt konnte ſich in dieſer Woche eine feſte Hal=
tung
durchſetzen. Wenn auf den letzten Verſteigerungen, die
ziemlich gut beſucht waren, die Gebote immer noch recht vorſichtig
abgegeben wurden, ſo zeigte ſich doch, daß die Verwertungen nicht
mehr gewillt ſind, zu niedrigen Preiſen zu verkaufen. In Kalb=
und Schaffellen war das Geſchäft uneinheitlich.
Nach den Berechnungen der Metallgeſellſchaft A.G Frank=
furt
a. M., ſtellte ſich die Blei=Hüttenproduktion der Welt im
Juni 1930 auf 135 935 Tonnen gegen 141 586 Tonnen im Mai d. J.
und 144 925 im Monatsdurchſchnitt 1929.
Das Oberlandesgericht hat die Beſchwerde Sauerbreys gegen
den Beſchluß des Landesgerichts, durch den die Haftfortdauer an=
geordnet
wurde, verworfen. Sauerbrey bleibt demnach weiter in
Unterſuchungshaft. Im übrigen geht die Frankfurter Vorunter=
ſuchung
ihrem Ende zu.
Die Lederwerke Rothe A.G. Kreuznach, erzielte 1929 einen
verminderten Rohgewinn von 271 000 (372 000) RM., anderer=
ſeits
beanſpruchten Unkoſten 306 000 (316 000) RM. und Abſchrei=
bungen
19 000 (21 000) RM., ſo daß ſich ein Verluſt von 58 900
RM. ergibt, der vorgetragen werden ſoll. (J. V. 34 800 RM.
Gewinn einſchließlich Vortrag.) Die Stammaktien bleiben
wieder dividendenlos, auch die Vorzugsaktien erhalten diesmal
keine Dividende (i. V. 6½ Prozent).
In Baſel wurde die Internationale Geſellſchaft der Stickſtoff=
induſtrie
AG. gegründet mit einem Stammkapital von 6 Mill.
Schw. Fr., das zunächſt mit 20 Prozent eingezahlt iſt.
Der Verwaltungsrat der Rhätiſchen Bank ſchlägt den Aktio=
nären
vor, das geſamte Geſchäft der Bank mit ihren Nieder=
laſſungen
in Davos, Chur, St. Moritz und Aroſa auf die Schwei=
zeriſche
Kreditanſtalt zu übertragen.
Infolge der Kriſe in der Textilinduſtrie ſah ſich die Viscoſe=
Geſellſchaft Rheinfelden (Schweiz) genötigt ihren 500 Arbeiterin=
nen
zu kündigen und den Betrieb zu ſchließen. Von dieſer Maß=
nahme
werden auch zahlreiche deutſche Arbeiterinnen betroffen.
Man hofft, daß die Stillegung nur vorübergehender Natur ſein
wird.

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[ ][  ][ ]

Nummer 226

Sonntag, den 17. Angnſt 1930

Seite 11

Unglückliches Neapel: Nach Erdbeben nun Wirbelſturm.

Blick über den Hafen von Neapel.
Neapel, erſt vor kurzem durch das Erdbeben ſchwer betroffen, iſt jetzt von einem furchtbaren Wir=
belſturm
heimgeſucht worden. Häuſer und Mauern ſtürzten ein und begruben zahlreiche Menſchen
unter ſich, zu gleicher Zeit ſetzte ein Regen die Straßen metertief unter Waſſer. Faſt 100 Verletzte
und vier Tote wurden bisher gemeldet.

Aufräumungsarbeiten im Keſſelbachtal bei Reichenhall, wo ganze Berge von Geröll
angeſchwemmt wurden.
Durch ein gewaltiges Unwetter in der Gegend von Reichenhall ſchwollen die Bergbäche zu brauſen=
den
Strömen an, die alles mitriſſen, was ihnen in den Weg kam. Häuſer wurden von den Ge=
ſteinsmaſſen
verſchüttet, Holzlager mitgeſchwemmt, Bäume entwurzelt. Der Schaden iſt ſehr groß.

Reich und Ausland.
Ein Motorrad in Flammen.
Vier Perſonen verletzt.
Frankfurt a. M. Am Freitag nachmittag
geriet Ecke Wittelsbacher= und Habsburger=Allee
ein Motorrad durch Ueberſchlagen in Brand.
Das Feuer wurde durch die alarmierte Feuer=
wehr
gelöſcht. Das Kraftrad mit Beiwagen war
mit vier Perſonen und einem Hund beſetzt. Die
Inſaſſen trugen alle mehr oder weniger ſchwere
Brandwunden davon. Die Feuerwehr legte den
Verletzten Notverbände an; zwei der Verletzten
mußten in das Krankenhaus gebracht werden.
Die ſpinale Kinderlähmung in Baden.
Lörrach. Die ſpinale Kinderlähmung im
Kreiſe Lörrach nimmt weitere Ausdehnung an.
Bisher ſind 6 Fälle gemeldet, von denen bereits
drei tödlich verliefen. Am Mittwoch verſtarb als
drittes Opfer ein 20jähriger junger Mann in
Haltingen. Die Epidemie ſcheint noch in verſchie=
denen
anderen Gemeinden aufzutreten. Seitens
der Geſundheitsbehörden wird vor jedem un=
nötigen
Beſuch in dieſes Gebiet gewarnt.
Eiſenbahnunfall.
Keine Verletzten.
Nürnberg. Von dem fahrplanmäßigen
Zug D 68 Rotterdam-Nürnberg entgleiſte in
der Nacht zum Samstag im Fürther Hauptbahn=
hof
der Schlußwagen des Zuges mit ſeinem letz=
ten
Drehgeſtell. Der Zugverkehr wurde durch
Umleiten aufrecht gehalten. Perſonen kamen
nicht zu Schaden. Die Urſache der Entgleiſung iſt
in einem Bremsfehler zu ſuchen.
Drei Touriſten in den Alpen erfroren.
München. Der Münchener Bergwacht wird
von der Rettungsſtelle Kufſtein mitgeteilt, daß
am Freitag nachmittag die Touriſten Heinz
Klump aus Berlin, Franz Kienz aus Karlsruhe
und Dr. Paul Fiſchl, Mitglied der Wiener Leh=
rerſektion
, am Kopftoerlgrat als erfroren ge=
meldet
wurden. Eine Bergungsexpedition der
Rettungsſtelle Kufſtein iſt bereits abgegangen.
Das berühnte Nürnberger Gänſe=
männchen
400 Jahre all.

Der Gänſemännchen=Brunnen in Nürnberg,
eine der ſchönſten Arbeiten der mittelalterlichen
deutſchen Schmiedekunſt, feiert in dieſem Jahre
ſeinen 400. Geburtstag.

Englands große Flugmanöver.

Oben: Parade der Flugſtaffeln. Unten: Bug eines neuen Rieſenbombenflugzengs.
Im Ausſchnitt: Das Bombenflugzeug wird zum Nachtflug ausgerüſtet.
Englands Flugmanöver werden diesmal in ganz großem Stil abgehalten. Vier Tage ununter=
brochen
dauern die Luftkämpfe der zwei feindlichen Geſchwader, an denen auch mittels Radio
ferngeſteuerte Flugzeuge ohne Beſatzung teilnehmen.

Der Sturm tobt weiter.
Bremen. Nachdem der Sturm, der in der
Nacht zum Freitag über ganz Norddeutſchland
und der Nordſeeküſte tobte, am Tage etwas nach=
gelaſſen
hatte, ſetzte er in der Nacht zum Sams=
tag
mit umſo größerer Heftigkeit wieder ein.
Er erreichte zeitweilig eine Stärke bis zu 25
Skm. Dachziegeln liegen auf den Straßen um=
her
. Viel Schaden hat der Sturm in landwirt=
ſchaftlichen
Betrieben angerichtet, wo das Vieh
auf den Weiden ſtellenweiſe bis zu den Knien
im Waſſer ſteht. Das Waſſer iſt bereits verſchie=
dentlich
im Keller und Küchen eingedrungen, ſo
daß die Feuerwehr in Tätigkeit treten mußte.
Der Waſſerſpiegel der Weſer ſtieg etwa um 1½
Meter über normal. Wenn Sturm und Nieder=
ſchläge
weiter anhalten, dürften bei der nächſten
Flut die Weſer und ihre Nebenflüſſe an verſchie=
denen
Stellen über die Ufer treten. Sicherheits=
maßnahmen
ſind bereits getroffen.
Hochwaſſer in Cuxhaven.
Cuxhaven. Der ſtarke Nordweſt=Sturm
brachte auch Cuxhaven ziemlich ſtarkes Hoch=
waſſer
. Die Flut hat am Freitag um 16.30 Uhr
das Deichgelände in eine große Waſſerwüſte ver=
wandelt
, daß nur die Köpfe der Ruhebänke her=
vorragten
. Die Inhaber der Verkaufsſtände der
Eis= und Milchſalons mußten ihr Geſchäft dem
Element überlaſſen. Tiſche und Stühle und ſon=
ſtige
Geräte mußten auf die Deichkrone geſchafft
werden. Das Hochwaſſer hat auch in der Stadt
viele tiefgelegene Straßen und Gärten unter
Waſſer geſetzt. Von Donnerstag morgen bis
Freitag morgen 10 Uhr ſind 80 Millimeter Nie=
derſchlag
feſtgeſtellt worden. Die Feuerwehr
mußte auch geſtern noch den ganzen Tag über

fortgeſetzt in Aktion treten, um zahlreiche unter
Waſſer geſetzte Keller und Küchen leerzupumpen.
Nachrichten über Schiffsunfälle liegen bisher
nicht vor.
R. 100 in Cardington gelandet.
London. Das britiſche Luftſchiff R. 100"
iſt geſtern gegen 11 Uhr über dem Flugplatz in
Cardington eingetroffen und hat um 11.30 Uhr
die Ankertaue abgeworfen. Das Luftſchiff war
am Donnerstag früh um 2,28 Uhr in Montreal
geſtartet. Es hat ſomit die rund 5400 Kilometer
lange Strecke in 57 Stunden zurückgelegt. Graf
Zeppelin benötigte Anfang Juni auf dem Süd=
amerikaflug
zur Rückfahrt von Lakehurſt nach
Sevilla 6390 Kilometer genau 62 Stunden
51 Minuten. Der letzte Teil des Fluges des
R. 100 verlief bei ſchönem Wetter gut. In
Cardington waren im Laufe des Vormittags der
Luftfahrtminiſter und andere Vertreter des Luft=
fahrtminiſteriums
eingetroffen. Auf dem Flug=
platz
ſelbſt hatten ſich verhältnismäßig wenig
Zuſchauer eingefunden.
40 Perſonen nach dem Genuß von Speiſeeis
erkrankt.
Warſchau. In einem Ausflugsort bei
Wilna ſind 40 Perſonen nach dem Genuß von
Speiſeeis, das in einem Gaſthaus verabreicht
wurde, erkrankt. Bei etwa 20 Perſonen ſind die
Vergiftungserſcheinungen lebensgefährlich
Geheimnisvolle Mordtaten in New York.
New York. In New York wurden drei ge=
heimnisvolle
Mordtaten verübt. Im Harlem=
Viertel wurden am Freitag nachmittag zwei
Bauunternehmer in ihren Büroräumen ermor=
det
aufgefunden. Kurze Zeit darauf ereignete
ſich in der Nachbarſchaft ein dritter Mord.

Schiffskakaſtrophe im Skillen
9zean.
Ein Paſſagierdampfer im Hinken.
London, 16. Auguſt.
Nach einem in Auckland (Neuſeeland) auf=
gefangenen
Funkſpruch hat der von Wellington
nach San Franzisko unterwegs befindliche Paſ=
ſagierdampfer
Tahiti einen Schraubenbruch
erlitten. Der Dampfer Tahiti der mitten im
Stillen Ozean, 750 Kilometer ſüdweſtlich von
den Cooks=Inſeln entfernt, durch den Verluſt
der Steuerbordſchraube große Waſſermaſſen in
den Maſchinenraum erhielt und ſich nun in ſin=
kendem
Zuſtand befindet, hat 165 Paſſagiere
und 150 Mann Beſatzung an Bord. Nach den
letzten Nachrichten vermochte ſich das Schiff
bisher noch über Waſſer zu halten, da alle ver=
fügbaren
Männer, auch viele Paſſagiere, an
den Pumpen ſtehen. Wann der Untergang er=
folgen
wird, iſt nur eine Frage von Stunden.
Das Leck iſt viel zu groß, um auch nur notdürf=
tig
verſtopft werden zu können. Die Paſſagiere
befinden ſich zum größten Teil an Deck und
warten, jeder mit einem Rettungsgürtel ver=
ſehen
, ihr Verbringen in die Rettungsboote ab,
die bereitgehalten werden. Seit einiger Zeit
verſagt der drahtloſe Dienſt des Schiffes, wahr=
ſcheinlich
, weil die Dynamomaſchinen unter
Waſſer ſtehen. Zwei engliſche Schiffe, die
Tofua und die Ventura, eilen zur Unter=
ſtützung
herbei. Sie dürften jedoch nicht vor
Montag an der Unglücksſtelle ſein. Ein norwe=
giſches
Schiff, deſſen Name bisher nicht feſtzu=
ſtellen
war, ſoll jedoch nur 180 Meilen von der
Tahiti entfernt ſein. Man hofft, daß es die=
ſem
Schiff gelingen wird, rechtzeitig genug ein=
zutreffen
, um die Schiffbrüchigen zu bergen. An
Bord des ſinkenden Schiffes befindet ſich auch
Sir Hugh Allan, der bekannte Dirigent und In=
haber
des Lehrſtuhles für Muſik an der Univer=
ſität
Oxford.
Die erſten Teilnehmer des
Inkernakionalen Paddelbook=Rennens
London-Paris in Boulogne.

Die Teilnehmer in Kiellinie bei der Fahrt
über den Aermelkanal.
In ſtürmiſchem Wetter mußten die Teilnehmer
des Internationalen Paddelboot=Rennens Lon=
don
-Paris die Fahrt über den Aermelkanal
zurücklegen. Bei der Einfahrt in Boulogne
konnten ſie infolge des heftigen Seegangs und
ſtarken Gegenwindes nicht anlegen und mußten
auf offenem Waſſer ihre Boote in einem Fiſch=
kutter
verſtauen und dort übernachten.

[ ][  ][ ]

Seite 12

Sonnkag, den 17. Auguſt 1930

Nummer 226

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[ ][  ][ ]

Nummer 33

Ausflug nach England.
Von Carl Otto Windecker.
Von hundert Deutſchen, nach dem Reiſeziel ihrer Sehn=
ſucht
befragt, nennen achtzig Italien, neunzehn Frankreich
und einer vielleicht England. Ganz offenſichtlich: der
Deutſche hat keine Beziehungen zu ſeinem Vetter über dem
Kanal, Valuta und Nomantik reizen ihn mehr. Das iſt
ſchade. Sehr ſchade, man hat in Deutſchland kaum eine
Vorſtellung von England. Erſt wenn man es kennen gelernt
hat, weiß man, daß man auch nach England etwas wie Sehn=
ſucht
empfinden kann. Crotz ſeines Nebels, trotz ſeiner
relativen Herbheit. Daß es außerdem ein Land iſt, von
dem man lernen kann, nur nebenbei.
Die Monate Auguſt und September ſind die günſtigſten
für einen Ausflug nach der Inſel. Nicht nur die See iſt zu
dieſer Jahreszeit meiſt glatt, ſondern auch, wenn man Glück
hat, trifft man London im Sonnenſchein. Für die Stadt des
ewigen Nebels ein wenig unwirklich, aber nicht unangenehm.
Schon auf dem boat von Vliſſingen aus man be=
quemt
ſich zweckmäßig zu dem geringen Suſchlag und löſt
auf Erſte Klaſſe nach, die Sweite Klaſſe iſt wenig komfor=
tabel
bekommt man eine Vorahnung von England, wenn
man lang auf einen Deckſtuhl hingeſtreckt vom Ste=
ward
echt engliſchen teacake‟, Ceekuchen, vorgeſtellt erhält.
Auch der Kanal präſentiert ſich in einer gelinden Unendlich=
keit
, eintönig und doch erregend rauſcht das Bugwaſſer,
hin und wieder taucht ein großer Ozeanſteamer auf und ver=
ſchwindet
wieder am Horizont. Das Waſſer des Aermel=
kanals
unvergeßlich ſeine märchenhaft glasgrüne
Farbe ſingt einen in Schlaf. Hat man aber, zur Auf=
friſchung
der Sprachenkenntniſſe eine Bordbekanntſchaft
gemacht, ſo ſpare man ſich, ſich prompt und aufwärtsraſſelnd,
die Abſätze zuſammenſchlagend, vorzuſtellen. Sonſt kann es
paſſieren, daß der Engländer liebenswürdig lächelnd und
völlig teilnahmslos fragt: Oh. is it so?
Catſächlich, niemanden intereſſiert es in England, wie
man heißt, mit Ausnahme des Immigration=Officer, der
dafür gleich zwei Dutzend Fragen an den Fremdling hat, die
er überaus liebenswürdig, wenn es ſein muß, ſogar in
deutſcher Sprache, unter dem Schutz eines grimmig aus=
ſehenden
Policeman hervorbringt. Hat dann noch der
Sollbeamte ſeinen Kreideſchnörkel auf den Koffer gezeichnet,
darf man endlich Englands Boden betreten.
Sweite und dritte Klaſſe der engliſchen Eiſenbahn unter=
ſcheidet
ſich bekanntlich nur durch eben ihre Siffern. Die
Eiſenbahnen erſcheinen uns Deutſchen außerordentlich klein,
die Waggons dünnwandig und zerbrechlich. Man fühlt ſich
irgendwie ausgeliefert, wenn ſie in ihrer hohen Geſchwin=
digkeit
durch die reizvolle engliſche Landſchaft, mit den vie=
len
kleinen Häuſern und ſäuberlich abgeſteckten Naſen und
Feldern jagen. An die Catſache, daß ſie links fahren, muß
man ſich erſt gewöhnen. Ebenſo an die komiſchen, kleinen,
kaum behauenen Celegraphenſtangen, die, ſchief wie die
Natur die Bäume wachſen ließ, vor deutſchem Ordnungs=
ſinn
nicht ſtandhalten.

London. Ein Begriff, von Nebel, Whitechapel, Sher=
lok
Holmes und Edgar Wallace durchſetzt, und beſtimmt
ganz anders. Eine Stadt jedenfalls, zu der man nur ſehr
ſchwer romantiſche Beziehungen finden wird. Schon im
Hotel fühlt man ſich mehr wie irgendwo auf dem Kontinent
als Einzelweſen. Engliſche Neſerve ſchafft auch bei liebens-
würdiger
Unterhaltung einen Dauerabſtand von mindeſtens
6 Metern, der dem Gefrierpunkt erheblich nahe iſt. Einem
Gentleman gegenüber fällt jede Vertraulichkeit ſchwer. Da
aber auch die Chauffeure dieſer vorſintflutlichen, überlebens=
großen
, typiſchen Londoner Caxis, wie die Kellner des Ho=
tels
perfekte Gentlemen ſind, ſo bleibt auch dem geſelligſten
Kontinentler nichts anderes übrig, als ſich darauf zu beſin=
nen
, daß er ein Individium iſt. Und vielleicht iſt gerade das
nicht das Geringſte, zu dem uns England erziehen kann.
Stark und lebendig bleibt jedenfalls der Eindruck, daß man
nach Verlaſſen des boat ein völlig brennendes, in ſeiner
ganzen Art anderes Land betreten hat.

Ein Baedecker iſt nützſich. Eine Nundfahrt im einer
fremden Stadt, mit fünfzig fremden Menſchen zuſammen, iſt
für mich wenigſtens eine Swangsjacke. Ich verzichtete
auf beides und beſuchte einen echten, überaus typiſchen City=
man
, an den ich eine Empfehlung beſaß. Er ſchloß ſofort
ſeinen shop und ſtelzte mit mir, ewig lang, dürr, und grauen-
haft
eilig, durch die Straßen Londons. Daß ich nur die
Hälfte ſeiner ausführlichen Beſchreibungen verſtand, ftörte
ihn kaum. Immerhin zeigte er mir die richtige Art, London
zu erleben. Nebenbei: ich habe es in fremden Städten
immer wichtiger gefunden, ſie zu einem Erlebnis werden zu
laſſen, als mich, nach Baedecker und Neiſeführer mit Details
vollzuſtopfen, die den erlebenswerten Geſamteindruck zer=
ſtückeln
und verwiſchen. Mein Cityman hantelte ſich auf die
obere Plattform eines der Nieſenomnibuſſe und pflanzte
mich neben ſich. So ſah ich London gewiſſermaßen von oben,
das irrſinnige Gewühl der Straßen, die ſchaukelnden bus,
das Getriebe auf den Crottoirs. Heller, ſtrahlender Son=
nenſchein
lag auf rauchgeſchwärzten Gebäuden. St. Pauls
Kathedrale tauchte auf, die Nelſonſäule, Crafalgar=Square,
das Monument des Unbekannten Soldaten, vor dem auch
der Eiligſte den Hut abnimmt, auch wenn er zehnmal am
Cag den weißen Stein paſſieren ſoll. Vor dem Bukingham=
Palace ſtehen immer noch, auf unbeweglichen kleinen Pfer=
den
die Horſe=Guards mit unwahrſechinlich hohen Pelz=
mützen
. Ein Streiflicht auf dieſes moderne, haſtig geſchäf=
tige
England, das democh Seit findet, nralte Craditionen
zu pflegen, die den Fremden erſtaunen.
So rollte dieſer Film: London ab und wurde gerade ſo
zu einem wirklichen, tiefhaftenden Erlebnis. An der Weſt=
minſter
=Abtey kletterten wir von unſerem ſchaukelnden
Fahrzeug herab. Policemen ſtehen an allen Eingängen der
imponierenden Kirche, an der Pforte zu einer ſtarren,
fremdartigen Ehrfurcht, der man ſich nicht zu entziehen
vermag.
Cower und Cowerbridge, Chemſeufer, dann ſagte mir
mein Cityman ruhig und ſachlich, mit der gleichen reſervier=
ten
Freundlichkeit wie bisher, Lebewohl, um in ſeinen shop
zurückzukehren.

Der einzementierte Cank vor dem Brityſh Muſemm, die
koloſſalen Gebäude der einzelnen Dominions, die Caxameter,
die in den Bahnhöfen bis auf die Bahnſteige fahren, das
Fehlen jeglicher Caféhäuſer, die Streichhölzer=, Zigaretten=
und Caſchentücherautomaten in Bahnhöfen und Neſtaurants
tauſenderlei Dinge, den Eindruck unbedingter Fremd=
artigkeit
vertiefend, imponierend, trotz allerlei Kindlich=
keiten
. Der Soldat in voller Ausrüſtung, der den Kinder=
wagen
ſchiebt, der Caxameterchauffeur mit Strohhut
oder Sulinder, der Bettler, der ungeſtört rieſige Fresko=
gemälde
auf die glatten Steine des Crottoirs malt, ohne daß
ein bobby, ein Poliziſt, ihn ſtören würde, Heydepark,
Chemſe, die Bank of England, ein Nieſengebäude, ſchwarz,
verrußt, ohne ein Fenſter nach außen tauſenderlei
Dinge London. Ungern nimmt man Abſchied.
Um noch typiſcheres England zu erleben, wenn man das
Glück hat, einer Einladung in ein engliſches Landhaus zu
folgen. Durch die reizvolle, leicht gewellte Landſchaft raſt
der ſchwere Omnibus der Weſtern Railway Compagnie,
ein Charabank, über wundervolle, gepflegte Autoſtraßen
Straßen, die ſogar die Cradition des engliſchen Sonntags
durchbrachen und die Prieſter in den Kirchen zu donnernden
Neden gegen die Sünde des Motors veranlaſſen nach
Shakeſpeare=land, nach Stratford, der Geburtsſtadt des
großen Engländers, durch die blauen, fernen Lickeg-Hills
Mittelenglands, es iſt intereſſant, einmal den Cee in
einem ſolchen feudalen engliſchen Landhaus zu nehmen. Man
iſt von beſtrickender Liebenswürdigkeit und Gaftfreundſchaft.
Die Dame des Hauſes erſcheint im Hut. Alles wird an=
geboten
, nur Sigaretten und Cabak nicht. Jeder Gaſt
zieht ſeine eigene Shagpfeife hervor, ſeine eigenen Sigaret=
ten
. Man ſpielt Golf oder Cennis auf Naſenplätzen. Man
reitet über die blauen, ſanften Hügel und bewundert die
Weitſicht bis Birmingham mit ſeinen rauſchenden Fabrik=
ſchloten
.
Oxford und Cambridge, die kleinen Seebäder, Dovers
phantaſtiſch ſchönen Kreidefelſen bei der Rückfahrt von
den tauſend Schönheiten des Inſelreiches kann man kaum
die weſentlichſten aufzählen, Erlebniſſe, die vielleicht einen
Schlüſſel zu der immer wieder überraſchenden Catſache ab=
geben
können, wie es möglich war, daß dieſes verhältnis-
mäßig
kleine Inſelvolk es fertig brachte, drei Viertel der
Welt zu koloniſieren. Aber ſieht man, wie auch der be=
kannteſte
Großinduſtrielle ſich nicht ſcheut, ſeinem letzten
Arbeiter die Hand zu ſchütteln, wenn er ihn zufällig auf dem
gleichen Sportplatz antrifft, dann begreift man, daß Men=
ſchen
, die perſönliche Freiheit bei einem ausgeprägten, über=
zeugenden
Gemeinſchaftsgefühl ſchätzen, dieſes England
immer lieben werden.
Sicherlich iſt es ſchön, nach Italien oder Spanien zu
fahren und von romantiſchen Plätzen der Erde wundervoll
bunte Poſtkarten zju verſchicken. Nichts iſt dagegen einzu=
wenden
. Wer aber, außer dem Erlebnis einer ſchönen Neiſe
durch reizvolle Landſchaften und Städte gerne auch noch
etwas lernen möchte, der überlege ſich einmal einen Ausflug

nach England.
HnnnnnnnnnnnnnanvannnnnnannnanagnnnnnnnnnngnHannnnnngnnnnannnnnnnnnannnnngnnanan
InnnganAEag

[ ][  ][ ]

Dämonen, Sterne und Wetter.
Schon der Urmenſch hatte wohl unermeßliche Eindrücke von
den Wettervorgängen.
Der Blitz, das Himmelsfeuer, das ihm in die Seele fiel
und das Dunkel ſeiner Höhle erleuchtete, der brauſende Ge=
witterſturm
, der Donner, der ihn erſchreckte, der rauſchende
Regen, der die Früchte reifen ließ, Sonne und Wärme im Som-
mer
, Schnee und Eis und eine erſtarrte Erde im Winter, all

dieſe Naturerſcheinungen, dieſes ewig wechſelvolle Spiel der
Elemente konnte er ſich nicht anders erklären, als daß er die
Naturkräfte zu Dämonen machte, die entweder untereinander
oder mit den Menſchen im Kampfe lagen.
Im Altertum ſtellen die Anſichten über die Wetter=
entſtehung
ein Gemiſch von religiöſen und abergläubiſchen Vor=
ſtellungen
dar.
Bei den Griechen war Seus der Herrſcher über alle Natur=
kräfte
, der Herr des geſamten Weltalls. Das Seichen ſeiner
Macht, die Außerung ſeines Willens iſt der Blitz, der begleitet
iſt von hallendem Donner, wem Seus ſein Szepter ſchüttelt.
Seus iſt es auch, der die durſtenden Felder erquickt.
Der Wettergott der Nömer war Jupiter. Auch er iſt Herr=
ſcher
über Donner und Blitz, er läßt regnen und bringt den
Menſchen das Licht.
Nach dem Glauben der Germanen wird das Wetter von
dem Obergott Chor (Donar) geſchaffen. Sein Werkzeug iſt der
Donnerhammer. Wird er von ihm geſchleudert, ſo trifft er
ſchreckenverbreitend unfehlbar ſein Siel und kehrt von ſelbſt in
die Hand des Gottes zurück. Daneben bevölkern die Ger=
manen
die Natur mit allerlei guten und böſen Geiſtern, die
einen ſegensreichen oder unheilvollen Einfluß auf das Wetter
ausüben. Ein ſolcher Geiſt iſt z. B. das Urbild des wilden
Jägers, der im Sturmesbrauſen über die Wälder dahinjagt.
Auch die Jahreszeiten werden durch gottähnliche Weſen dar=
geſtellt
. So verkörpert der lichte, ſonnenhelle Baldur (der
Siegfried des Nidelungenliedes) den Frühling, der mit dem Win=
ter
, dem finſteren, blinden Hödur (Hagen) im Kampfe liegt. Es
gibt ferner beſonders geartete Menſchen, die mit den Dämonen
im Bunde das Wetter und den Hagel machen.
In dieſen abergläubiſchen Vorſtellungen iſt die Grundlage
für den unſeligen Hexenwahn des Mittelalters zu ſehen. Aus
den heidniſchen Dämonen wurde der Ceufel, mit dem die Hexen
und Wettermacher im Bunde ſtanden.
Kein Hagelwetter oder ſonſtiges Unwetter ereignete ſich, das
nicht nach Anſicht der Menſchen durch irgendeine Hexe oder
hölliſchen Sauber verurſacht worden wäre.
Neben dieſem Aberglauben, der die Witterung dem Schal=
ten
von Göttern oder Menſchen zuſchrieb, beſtand ſchon im
Altertum eine Nichtung, die die Geſtirne zu Wettermachern er=
hob
. Eigenartigerweiſe wurde dabei die Sonne gegenüber den
anderen Geſtirnen vernachläſſigt.
Sunächſt wurde die Stellung der Sternbilder als Urſache
des Wetters angeſehen. Im gewiſſen Sinne mit Recht, da ja
die wechſelvolle Stellung der Sternbilder, verurſacht durch die
Fraulein Java.
Von Elſe Nabe.
Man ſagt uns Frauen nach, daß wir einen Beſitz erſt
ſchätzen, wenn er in der Vergangenheit liegt und wenn er uns
von einem anderen ſtreitig gemacht wird.
Es war ſehr merkwürdig, daß Petra dieſe Worte ſprach,
denn ſie hatte ſich noch niemals zu uns Frauen gerechnet
Wenn ſie auch, abgeſehen von ihren großen Füßen, nicht mas=
kulin
wirkte, ſo entwickelte ſie doch in allen ihren Handlungen
eine durchaus männliche Energie, die ſich darauf konzentrierte,
anders zu ſein als andere Menſchen, insbeſondere die ſchwachen
Frauen. Niemand konnte ſo wegwerfend gleichgültig wie ſie
ſagen: Mein Gott, ſie iſt eben eine Frau, wenn es ſich um
irgendeine reizende weibliche Corheit handelte.
Sie ſelbſt ſchien vollkommen frei von menſchlichen Schwä=
chen
zu ſein, die ſie auch in ihrer Umgebung nicht duldete. So
war es ihr zum Beiſpiel ausgezeichnet gelungen, ihren Vater
von allen Fehlern zu kurieren, die ein einſamer Witwer auf
einem holſteiniſchen Herrenhof ſich eben im Laufe der Jahre
angewöhnt. Er war nach dem einen Winter, den ſie ſeinet=
wegen
zu Hauſe verbracht hatte, ein vorbildlicher alter Herr ge=
worden
, der ſeinem Weinkeller nicht mehr Intereſſe entgegen=
brachte
, als ihm guttat.
Dieſen Winter hatte Petra in Italien verbringen wollen,
aber eines Cages war ſie bei einer halbvergeſſenen Schulfreundin
eingetroffen, und nun ſaß ſie zu einer Seit, da man ſchon wieder
nach dem Süden fuhr, im geheizten Zimmer am Ceetiſch, wäh=
rend
draußen einige friſche Schneeflocken fielen.
Die Freundin blickte zuweilen verſtohlen zu ihr hinüber; ſie
hatte immer geglaubt, daß Petra bald den Mann finden und in
die richtige Paßform bringen würde, der ihr für die Ehe mit
einer Kfellerup geignet ſchien. Petra war reich, ſah immer ge=
pflegt
, zuweilen ſogar wirklich hübſch aus und hatte auf ihren
vielen einſamen Reiſen Gelegenheit genug, Männer kennen zu
lernen. Aber nun ſaß ſie hier, nahm viele Geſpräche auf, die
ſie wieder fallen ließ, hatte unruhige Augen und ſprach ſogar
von uns Frauen,
Wollteſt du mir nicht von deiner Begegnung mit dieſem
Fräulein Java erzählen? fragte die Freundin, um einem
philoſophiſchen Geſpräch zu entgehen.

Erdbewegung, ein Seichen für den Wechſel der Jahreszeiten
war. Man beging aber den Fehler, die Sterne als Urſache an=
zuſehen
, und zwar nicht nur der Jahreszeiten, ſondern auch der
täglichen Wettererſcheinungen.
Eine Unmöglichkeit nach unſerem heutigen Wiſſen. Später
machte man den Mond mit ſeinen wechſelnden Phaſen und die
laneten in ihren verſchiedenen Stellungen zur Sonne und Erd=
für
das Wetter verantwortlich. Es bildete ſich eine beſondere
Kunſt heraus, die man als Aſtrometeorologie bezeichnen kann,
ein Sweig der Aſtrologie, der Sterndeutekunſt, die im Altertum
und Mittelalter, ja, bis in die Neuzeit hinein in höchſtem Anſehen
ſtand.
Hauptaufgabe der Aſtrometeorologie war die Wetter=
vorausſage
, und zwar für eine möglichſt lange Seit. Sie ſuchte
dieſe Aufgabe zu erfüllen durch die Beobachtung der Stellung der
jeben ſchon im Altertum bekannten Wandelſterne: Saturn, Jupi=
ter
, Mars, Sonne, Venus, Merkur, Mond. Sie ſollten der Reihe
nach während eines ganzen Jahres das Wetter beſtimmen, und
zwar durch ihre Eigenſchaften, die ihnen ſchon bei den Babylo=
niern
zugeteilt wurden. Auch den verſchiedenen Mondphaſen

wurde ein ausſchlaggebender Einfluß auf die Witterung zuge=
ſprochen
.
Der Glaube an den Einfluß des Mondes auf die Witterung
iſt es, der von allem Wetteraberglauben ſich am längſten erhal=
ten
hat. Dieſer Einfluß iſt nach unſerer heutigen wiſſenſchaft=
lichen
Erkenntnis gleich Null. Sind denn nun aber die herr=
lichen
Vollmondnächte, von zauberiſchem, märchenhaftem Glanz
erfüllt, von Dichtern beſungen, kein Beweis dafür, daß der
Vollmond die Wolken verteilt, alſo Schönwetter macht? Der
Fehler dieſer Überlegung beſteht darin, daß nicht berückſichtigt
iſt, wie oft bei Vollmond klares, ſchönes Wetter iſt. Es geht
uns allen ſo, die ſchönen Vollmondnächte merkt man, ſie prägen

Ja, es gehörte mit zum Chema erwiderte Petra ohne
jede Nüge über den unberechtigten Borwurf mangelnder Logik.
Sie hatte ſich im letzten Jahr doch ſehr verandert.
Es war an einem warmen Oktoberabend in Venedig. Alle
Nationen ſpäzierten in der Mitte der Piazza, die unleidlichen
Cauben waren ſchlafen gegangen, ſo daß ſich Gott ſei Dank keine
Anſichtskartenmotive boten, und im Innern der Cafés ſpielte
eine Jazzkapelle. Ich lauſchte der Muſik und dem Sprachen=
gewirr
ringsum, in dem angenehmen Gefühl, allein zu ſein. De
alſo kam dieſes Weſen auf mich zu, das mir gleich ſehr unſym=
pathiſch
war und mich doch merkwürdig ſchickſalhaft intereſſierte.
Sie war höchſtens neunzehn oder zwanzig Jahre alt, ſehr ſchma
und mit geradezu lächerlich kleinen Füßen, die mir zuerſt auf=
fielen
, weil ſie ſo kokett ſchwebend daherkam. Ihr braunes Ge=
ſicht
wirkte exotiſch und doch auch wieder europäiſch, ich urteilte
ſofort: ein Miſchling.
Da ſie kaum ein Wort italieniſch. und nur ganz wenig
franzöſiſch ſprach, während der Kellner wiederum ihr Engliſch
nicht verſtand, mußte ich ihr bei der einfachen Beſtellung eines
caffé nero mit kleinen Kuchen behilflich ſein. Dadurch kamen
wir ins Geſpräch. Sie erzählte, daß ſie aus Java komme und
mit Cooks Hilfe ſchon durch Frankreich und Deutſchland gereiſt
ſei. Sie wollte ihn Neapel mit ihrem Vater zuſammentreffen.
Sie war nach Pariſer Eleganz gekleidet, und wenn ſie auch
nicht gleich einer Joſephine Baker glich, ſo wirkte die teure
europäiſche Kleidung doch recht bizarr auf dieſem fremden brau=
nen
Geſchöpf.
Als ich ihrer Plauderei überdrüſſig war, rückte ich meinen
Stuhl dicht hinter eine Säule, um wieder von der Umwelt iſoliert
zu ſein. Aber die Kleine irritierte mich; ich bemerkte, daß ſie
dauernd jemand in der Mitte des Piazza mit ihren großen feuch=
ten
Augen verfolgte. Ja, ihre Blicke ſaugten den Gegenſtand
ihres Intereſſes mit einer Unbekümmertheit feſt, wie es eben
nur ein Menſch fertig bringt, der die europäiſche Kultur ledig=
lich
im äußeren Firnis anzunehmen vermochte.
Schließlich drehte ich mich um und ſtellte feſt, daß ſie Henry
und Lilian beobachtete, die hier Arm in Arm ſpazieren gingen.
Ich habe dir ſicher früher ſchon von dieſem Geſchwiſterpaar er=
zählt
, das ich in der engliſchen Penſionszeit kennen lernte. Di=
beiden
fuhren in jedem Winter auf einige Seit zu ihrer Mutter
nach Agypten, die ihres Bruſtleidens wegen nicht mehr nach
England zurückkehren konnte. Lilian hatte mir geſchrieben,

ſich der Erinnerung ein. Die ebenſo zahlreichen Nächte, im
denen er von Wolken bedeckt iſt, fallen einem nicht auf.
Ebenſo fehlerhaft iſt die Anſicht, daß der Mond im Früh=
jahr
den Saaten ſchade. Nicht der Mond ſchadet der Saat.
ſondern die klaren Nächte tun dies, in denen man den Mond
ſieht. Sie begünſtigen die Wärmeausſtrahlung, daraus folgen die
ſchädlichen Nachtfröſte.
Auf dem alten Glauben von der feuchten Natur des Mon=
des
beruht die irrige Anſicht, daß der zunehmende Mond Regen
bringe. Auch der Hof, den der Mond mitunter zeigt und der
ſchlechtes Wetter ankündigt, wurde auf die Mondfeuchtigkeit
zurückgeführt. Dabei handelt es ſich hier um Eiswolken (Höhe
810000 Meter), die ſcheinbare Sonne und Mond mit einem
Schleier umgeben und allerdings häufig ſchlechtes Wetter an=
künden
.
Häufig glaubt, man auch, daß die Anziehungskraft des
Mondes einen Einfluß auf das Wetter hätte, da ſie doch
zweifelsohne Ebbe und Flut erzeugt. Auch dieſe Anſicht iſt
irrig.
Die Erfindung der Buchdruckerkunſt ermöglichte es, die
Wetterprophezeiungen der Aſtrologen, der gelehrten Doktores,
der großen Maſſe zukommen zu laſſen.
Der Aſtrologe Lichtenberger gab 1505 das Wetterbiech=
lein
heraus, und 1508 folgten die Bauernpraktikeln. Die
Bücher wurden im Laufe der nächſten Jahrhunderte in faſt alle
Sprachen Europas überſetzt und unzählige Male neu aufgelegt.
Dieſe Catſache allein zeigt ſchon, mit welchem Eifer, mit welcher
naiven Glaubensfreudigkeit ſie geleſen wurden. Das gute Ge=
ſchäft
, das mit derartigen Büchern zu machen war, veranlaßte
zahlreiche Aſtrologen und ähnliche Hellſeher, ſelbſtändige Prak=
tiken
oder Prognoſtiken (Wettervorausſagen) herauszugeben.
Der Hauptinhalt war ſtets die Vorausſage in Kalenderform für
ein ganzes Jahr, und zwar nicht für ein beſtimmtes, ſondern für
jedes Jahr. Die Grundlage für die Vorausſagen waren aſtrolo=
giſche
Berechnungen und Behauptungen. Ferner waren die
Jahreszeiten berückſichtigt. Auch einige durch Erfahrung be=
kannte
Catſachen und Bauernregeln wurden aufgenommen. Eine
Hauptrolle ſpielte auch die Behauptung, daß aus der Witterung
beſtimmter Cage eines Jahres auf die Witterung des folgenden
Jahres zu ſchließen ſei. So heißt es z. B.:
Vom Chriſttag an muß man aufpaſſen auf die zwölf
folgenden Cage. Und wie es wittert an jedem dieſer Cage, ſo
wird es auch wittern in dem Monat, der dieſem Cag zu=
gehört
.
Alle dieſe Kalender wurden aber übertroffen durch den be=
rühmten
hundertjährigen Kalender, der ein Volksbuch wurde
wie die Bibel. Er erſchien in Kulmbach im Jahre 1704 und
war verfaßt von Dr. Mauritius Knauer. Nun waren die
Wünſche, eine Wettervorherſage auf lange Seit zu haben,
reſtlos erfüllt. Auch der Hundertjährige erlebte unzählige
Auflagen bis zur Gegenwart. Es ſoll auch heute noch Bauern
geben, die daran glauben und ſich danach richten. Man kann
ſie nur bedauern. Welch vermeſſenes, unglaublich naives Unter=
fangen
dieſer hundertjährige Kalender bedeutet, erhellt wohl
allein ſchon aus der einen Catſache, daß es ſelbſt heute noch nicht
möglich iſt, das Wetter auch nur für einen einzigen Cag mit voll=
kommener
Beſtimmtheit vorauszuſagen. Crotzdem uns doch alle

Mittel moderner Forſchung und wiſſenſchaftlicher Erkenntnis zur
Verfügung ſtehen. Allerhöchſtens iſt eine Wettervorausſage bis
zu einer Woche möglich (aber ſehr unbeſtimmt!), wenn ein Witte=
rungszuſtand
ſchon längere Seit andauert. Ein weiterer

daß ſie ſich diesmal darauf einrichte, bei der Mutter zu bleiben,
denn ſie habe die gleiche Krankheit.
Dieſer ungeſunde Sug in der Familie hinderte mich ſchon da-
mals
daran, Henry ernſthafter, als für einen Canzſtundenflirt
nötig war, zu lieben. Und nun waren einige Jahre vergangen,
in denen wir noch vernünftiger wurden, ſo daß unſer mehr zu=
fälliges
Nendezvous, das Lilian arrangierte, ohne Bedeutung
genannt werden konnte. Henry hatte ſich wenig verändert, nur
in den Schultern war er etwas breiter geworden, und ſeine
vollen, aſchblonden Haare wirkten noch heller als ſonſt, weil
ſein Geſicht von der Sonne gebräunt war. Bei der Begrüßung
hatte ich zwar noch einmal an, die Küſſe von damals denken
müſſen, aber ich kämpfte dagegen an, und an jenem Abend war
ich alſo allein ausgegangen, in dem angenehmen Gefühl, ohne
jede innere und äußere Bindung zu ſein.
Als ich ſie nun, gewiſſermaßen mit den Blicken der ver=
zückten
Exotin, hier promenieren ſah, fand ich, daß ſie in ihrer
Sweiſamkeit ſehr hübſch wirkten, beſonders, wenn man wußte,
daß ſie Geſchwiſter waren.
Henru ging ein wenig gebeugt, um ihrem Geſicht, ihrem
hingegebenen Lächeln und ihren Worten näher zu ſein. Sie
aber erinnerte mich an eine jener ſphäriſchen Himmelsbräute, die
man zuweilen in Legendenbüchern dargeſtellt ſieht: als habe ſie
dem Leben bereits entſagt und freue ſich an ſeinem letzten Glanz.
Ich verbarg mich wieder hinter meiner Säule, denn ich
wollte ſie nicht ſtören, weil ſie ſich dann wahrſcheinlich ſofort in
die kühlen Engländer verwandelt hätten, die ich kannte. Außer=
dem
wäre es mir unangenehm geweſen, ſie an dieſem Ciſch in
ſo naher Berührung zu der Exotin zu wiſſen, die ſich mit dieſen
unverhüllten Gefühlen für ſie intereſſierte.
Das Geſchöpf hatte natürlich auch meine Blickrichtung er=
kannt
und ſagte nun:
Man trifft ſo oft immer wieder in anderen Städten die
gleichen Menſchen. Dieſem jungen Ehepaar bin ich ſchon in
München und Verona begegnet.
Oh, ich liebe ſehr die blonden Menſchen, rief ſie nach kur=
zem
Schweigen verzückt aus. Und dann begann ſie die Reize der
Beiden auf eine ſehr originelle Weiſe zu rühmen,; ſo daß ich
die uns alltäglichen blonden Menſchen in einem ganz neuen
Lichte ſah.
Ich konnte der Verſuchung nicht widerſtehen, Henry weiter=
hin
von unſerem Verſteck aus zu beobachten, und plötzlich ſpürte

[ ][  ][ ]

grundlegender Irrtum des hundertjährigen Kalenders (wie übri=
gens
auch der anderen Kalender uſw.) iſt, daß er die örtliche
Lage überhaupt nicht berückſichtigt.
Manch abergläubiſche Vorſtellungen enthalten auch die ſo=
genannten
Bauern= oder Volkswetterregeln. Drei Gruppen
ſind zu unterſcheiden unter den ſehr zahlreichen Negeln, die der
Volksmund meiſt in Versform geprägt hat.
Sunächſt ſolche Negeln, die lediglich allgemein bekannte Be=
obachtungen
und Erfahrungen wiedergeben. S. B.:
Herrengunſt, Aprilenwetter, Frauenlieb und Noſen=
blätter
, Würfel= und auch Kartenſpiel / Wenden ſich, wer’s
glauben will.
Die zweite Gruppe enthält die Negeln, die das Wetter
vorausſagen wollen. Man kann hier wieder unterſcheiden zwi=
ſchen
Vorausſagen für die nächſten Stunden oder den nächſten
Cag, und Vorausſagen für längere Seit.
Die Vorausſagen für kürzere Dauer enthalten mitunter
manches Nichtige. So z. B.:
Wenn ſich die Kälte im Winter lindet, Alsbald man
Schnees empfindet, es ſeien denn dunkle Wolken dabei, ſo ſag,
daß es ein Negen ſei.
Die Wettervorausſagen für längere Dauer gehen zum Ceil
von der auch heute noch verbreiteten irrtümlichen Auffaſſung
aus, daß zwei aufeinanderfolgende Jahreszeiten ſich zum Durch=
ſchnitt
ausgleichen. H. B.:
Grüne Weihnachten, weiße Oſtern (warmer Winter, kal=
ter
Vorfrühling).
So unmittelbar folgt der Wetterausgleich nicht, es gibt
wohl einen Ausgleich, er erſtreckt ſich aber über eine lange Reihe
von Jahren. Ganz ſinnlos ſind die Vorausſagen, die von
einem beſtimmten Cag auf eine längere Seit oder gar auf das
ganze Jahr ſchließen. H. B.:
Scheint die Sonn am St. Urbanstag (Anfang Mai), ſo
wird der Wein gut, als ich dir ſag.
Die dritte Gruppe von Bauernregeln iſt lediglich ſcherzhaft.
G. B.:
Cönt im Juli Kuckucksgeſchrei, iſt das halbe Jahr vorbei.
Suſammenfaſſend iſt zu ſagen, daß die Bauernwetterregeln
heute einen praktiſchen Wert nicht mehr haben, da ſie auch, ſo=
weit
ſie Nichtiges bringen, hierin von unſeren neuen Erkennt=
niſſen
überholt ſind.
Su allen Seiten haben die Menſchen auch verſucht, auf die
Wettergeſtaltung ſelbſt einzuwirken. Hierher gehört zunächſt das
Wetterſchießen. Urſprünglich ſchoß man mit Pfeilen nach den
Wolken, um die Dämonen zu vertreiben. In ſpäteren Jahrhun=
derten
kam das Hagelſchießen auf. Mit Böllergeſchützen wur=
den
blinde Schüſſe abgegeben. Man nahm an, daß die dadurch
hervorgerufene Erſchütterung der Luft der Bildung von Hagel=
wolken
entgegenwirke. Der Erfolg blieb aus.
Die entgegengeſetzte, auch ſchon Jahrhunderte alte Anſicht
war, daß der Negen gerade durch ſtarke Pulverexploſionen
künſtlich herbeigeführt werden könne. Der beſte Gegenbeweis
war die Wirkung der Crommelfeuer des Weltkrieges, die trotz
ihrer ſtarken Lufterſchütterung, ihrer Exploſionen und Nauch=
entwicklung
das Wetter in keiner Weiſe beeinfluſſen.
Der neuerdings aufgetauchte holländiſche Negenmacher will
dadurch Negen erzeugen, daß er pulveriſiertes Eis durch Flug=
zeuge
ausſchütten läßt. Hierdurch ſoll Abkühlung, ſpäter Ver=
flüſſigung
des Waſſerdampfes erreicht werden. Soll dieſe
Methode irgendwie Ausſicht auf praktiſchen Erfolg haben, ſo
muß ſie vor allem dafür ſorgen, daß genügende Mengen von
Niederſchlägen erzeugt werden.
Einem alten Aberglauben liegt auch noch das Wetterläuten
zugrunde. Den Glocken wird nachgeſagt, daß ſie die Blitze brä=
chen
. Kam ein Unwetter, ſo läuteten die Glocken der geſamten
Umgegend. Mancher Küſter mußte dieſen Aberglauben mit dem
Leben bezahlen, da gerade der Blitz ſich häufig Kirchtürme und
Glocken ausſuchte. Die Gewitter werden jedenfalls durch das
Läuten nicht beeinflußt.
Im ganzen ſind die menſchlichen Einwirkungsmöglichkeiten
auf das Wetter heute noch denkbar gering. Das ſchließt natür=
ich
nicht aus, daß in nicht allzuferner Sukunft neue Möglich=
keiten
geſchaffen werden, denn die junge meteorologiſche Wiſſen=
ſchaft
iſt in lebendigſter Entwicklung begriffen. Eine Entwick=
lung
, die noch lange nicht abgeſchloſſen iſt. Jedenfalls iſt der
Bann des Aberglaubens, der zwei Jahrtauſende faſt gedauert,
endgültig gebrochen. Und eines ſteht heute bereits als unum=
ſtößliche
wiſſenſchaftliche Wahrheit feſt. Unſere Wettervorgänge
werden nahezu reſtlos von der Sonne hervorgerufen. Alles Ge=

HIf

ſchehen, alles Blühen, alles Gedeihen iſt nur möglich, weil un=
aufhörlich
ihre Energien uns zuſtrömen. Sie läßt den blauen
Himmel uns leuchten, ſie läßt die Winde brauſen, ſie läßt die
Wogen branden. Sie läßt das Menſchenherz ſchlagen, denn ſie
gibt uns die Wärme, ſie gibt uns das Leben. Unaufhörlich?
Ohne Ende? Auch der ſtrahlenden Sonne Ende wird einſt kom=
men
. Und der blaue Himmel wird nicht mehr leuchten, er wird
untergehen in Nacht und Cod.
Und der Menſch? Vielleicht hat er im Laufe der Jahr=
millionen
neue Energien, neue Mittel gefunden, zu leben, körper-
lich
zu leben, auch wenn eiſige Kälte ihn umfangen hält. Viel=
leicht
auch wird wahr, was der Glaube aller menſchlichen Neli=
gionen
uns verheißt, der Körper wird ſterben, der Geiſt wird
bleiben wie ſein Schöpfer. Und ſo würde ſich dann die Kette
ſchließen vom Dämonen des Urmenſchen zum Geiſte des Men=
ſchen
ſelbſt, der die Materie beſiegt hat und aufgegangen iſt
im All.
Ludwig Ehrhardt.
Kampf gegen die Unterwelt!
(Wie Amerika ſich vor dem modernen Verbrechertum ſchützt.)
Von Fred Steiner.
Als vor etwa zwei Jahren in einer großen Bankfiliale im
Weſten Berlins ein großer Einbruch verübt worden war, der
hinſichtlich der Ausführung und Beute als ziemlich einzigartig
vorkommend bezeichnet werden muß, ſchrieb die deutſche Preſſe
von amerikaniſchen Verbrechermethoden Vergleiche mit
ähnlichen Vorkommniſſen in New York und Chicago wurden
aufgeſtellt. Wie wenig aber gerade dieſes Verbrechen, dieſer
Einbruch in eine Berliner Bank, mit den tatſächlichen krimi=
nellen
Verhältniſſen im heutigen Amerika zu tun hat, ſollen
nachſtehende Ausführungen beweiſen: Dieſe Berliner Verbre=
cher
(man konnte ihrer übrigens bis heute nicht habhaft wer=
den
) ſchaufelten von einem Keller des Nebengebäudes der Bank
einen dreißig Meter langen Gang zum Panzergewölbe‟,
ſchweißten mit Sauerſtoffgebläſe die gepanzerte Cür auf, raub=
ten
die Safes aus und verſchwanden auf Nimmerwiederſehen.
Die amerikaniſchen Kollegen mögen ſich bei der Seitungsnach=

richt dieſes Einbruchs reichlich amüſiert haben vielleicht ſind
ſie aber auch ſehr traurig geweſen und dachten daran, wie ſehr
man ihnen im Heimatland jetzt das Handwerk erſchwert hat.
Wohl leſen wir auch ab und zu von kühnen Überfällen, die
amerikaniſche Banditen auf Bankhäuſer, Lohngelderbüros uſw.
wagen. Aber immer ſeltener regiſtriert die amerikaniſche Preſſe
ſolche Fälle, denn der hochentwickelten Cechnik der Creſor= und
Geldſchrankfabrikanten haben dieſe Unternehmungen eine Grenze
geſetzt. Sunächſt gibt es in Amerika kaum eine größere oder
kleinere Bank, die nicht durch ein raffiniertes Knopf= und

Signalſyſtem ihr Haus geſchützt hat. Vor Jahren gehörten
Überfähle dieſer Art zu den Cagesereigniſſen amerikaniſcher
Großſtädtel Vor einem Bankhaus fahren zwei vornehme Prwat=
wagen
vor einige elegant gekleidete Herren betreten raſch
den Kaſſenraum Nevolver blitzen auf bedrohen das Perſo=
nal
fordern den Kaſſier mit Hände hoch, zur Herausgabe
des Geldes auf. In wenigen Sekunden ſind die gebündelten
Dollarſcheine im Beſitz der Banditen die Angeſtellten leiſten
keinen Widerſtand, da ſie bei der geringſten Bewegung nieder=

geſchoſſen werden. Derſelbe Kaſſier, der folgſam die Hände er=
hoben
hat und beim Wegſchaffen des Geldes keine Miene ver=
zog
, drückte mit ſeinem Suß auf einen kaum ſichtbaren Knopf:
die Cüren des Bankhauſes haben ſich geſchloſſen, auf die flüch=
tenden
Banditen ergießt ſich plötzlich em feiner Sandregen; der
Gebrauch der Schußwaffe iſt ihnen unmöglich; ein zweites
Signalzeichen hat die nächſte Polizeiwache alarmiert und in
wenigen Minuten ſind die verwegenen Verbrecher von den Con=
ſtablern
überwältigt und abgeführt. Neben dieſem ziemlich ver=
breiteten
Sicherungsſchutz gibt es noch das Fallgitter und den
Gasſpeier. So iſt es unmöglich, daß, wie früher, ein Mann
an den offenen Schalter tritt, ſich eine Banknote wechſeln läßt,
um ſich gleichzeitig mit kühnem Griff einige Bündel Cauſend=
döllarſcheine
anzueignen und damit zu flüchten; denn der Bank=
beamte
zählt mit einer Hand die Noten auf, während die andere
Hand auf einem Knopf unter dem Schalterbrett ruht, um im ge=
gebenen
Moment den unſichtbaren Gasſpeier in Cätigkeit zu
ſetzen, ſo den Näuber zu betäuben oder durch ein Fallgitter zum
Stürzen zu bringen.
Ebenſo wie man dem Angriff von innen vorgebeugt hat,
ſo auch allen Einbruchsverſuchen von außen. Alle großen
Banken ſchützen ſich zunächſt vor der Beobachtung ihrer Innen=
räume
durch Fenſter aus kugelſicherem Glanzglas. Ein even=
tueller
Verſuch, von irgendeinem naheliegenden Gebäude ver=
mittels
eines unterirdiſchen Ganges in die Creſorräume einer
amerikaniſchen Großbank zu gelangen, ſcheiterte daran, daß
dieſe amerikaniſchen Creſorräume faſt alle unter dem Grund=
waſſerſpiegel
liegen. Aber ſelbſt wenn es den geſchulten ameri=
kaniſchen
Einbrechern gelingen ſollte, mit Hilfe der modernen
Ciefbautechnik die Grundwaſſerſchicht zu überwinden, ſo erwar=
ten
ſie noch weitere ſchwere Hinderniſſe. Dieſe unterirdiſchen
Bankgewölbe ſind außer von drei Meter dicken Mauern noch
mit einer Horchgalerie umgeben, die jedes Ausſchachtungs=
geräuſch
ſofort ſignaliſiert. Wenn man nun den günſtigſten Fall
annimmt, die Einbrecher haben bereits die Cüre des Panzer=
gewölbes
erreicht, wie jene Berliner Maulwürfe, ſo beginnt
für ſie die ſchwerſte Arbeit, denn die Sauerſtoffgebläſe der Ber=
liner
Kollegen erweiſen ſich vor amerikaniſchen Panzerwänden
als nutzloſes Spielzeug. Amerikas Banditen, wiſſenſthaftlich
geſchult, chemiſch und techniſch auf der Höhe, arbeiten mit einem
furchtbaren Mittel: Oxyazetulen und der ſchrecklichen Exploſions=
maſſe
C. N.C. Jenem gefährlichen Sprengſtoff, von dem, einige

ich, daß mein Herz ſtärker bewegt war und das Blut mir in den
Kopf ſchoß wie damals in der törichten Seit.
Niemand wird behaupten können, daß ich verpflichtet war,
dieſem Fräulein Java zu verraten, in welchem wahren Verhält=
nis
die Beiden zueinander ſtanden. Ich verſchwieg es ihr mit
vollem Bewußtſein. Dabei verſpürte ich zum erſten Male in mei=
nem
Leben das unangenehm brennende Gefühl der Eiferſucht,
das ſich zur paniſchen Angſt ſteigerte, als Henru und Lilian ſich
unſerem Café näherten und nach einem leeren Ciſch Ausſchau
hielten. Schließlich hatten ſie mich entdeckt. Sum Glück ver=
ſchwand
die Javanin lautlos, noch ehe die Beiden an unſerem
Ciſch angelangt waren.
Henry konnte ihr Geſicht und die großen feuchten Augen,
die ihre Bewunderung ſo rückſichtslos enthüllten, nur für eine
Sekunde geſehen haben, aber ſie genügte, um ihn ſoweit, für
ſeine Anbeterin zu intereſſieren, daß er ihr nachſah.
Wir ſprachen nicht von ihr, es lag ja auch keine Veranlaſ=
ſung
vor, und doch hätte die Begegnung zwiſchen Henry und
dieſem Fräulein Java einen harmloſeren Anſtrich, gewonnen,
wenn er irgendeine Bemerkung über ſie gemacht hatte. Ich
glaubte aus ſeinem Schweigen herauszufühlen, daß ſie, der voll=
kommene
Gegenſatz zu mir, ſeinem Geſchmack entſprach, und ſah
darin meine Ablehnung in dem Augenblick beſtätigt, der ihn mir
zum erſten Male wirklich nahe gebracht hatte.
Ich vermochte an dieſem Abend nicht allein zu ſein und hielt
Henru und Lilian nach dem Diner ſolange im Speiſeſaal des
Hotels feſt, bis ihnen vor Müdigkeit faſt die Augen zufielen,
während ich von Stunde zu Stunde aufgeregter wurde und mich
immer heftiger der Vergangenheit erinnern mußte. Keine An=
ſpielung
vermochte Henrus unhöflich müdes Geſicht zu beleben,
und als ſich in dieſer Nacht bis zum Morgengrauen die Waſſer des
Canal grande gegen unſere Hauswand ſchlagen hörte, vermochte
nur der Gedanke meine ohnmächtige Wut zu betäuben, daß auch
ſchon in München und Verona aufgefallen. Ich ſah, daß ſeine
ſchwiſter fuhren am nächſten Morgen über Genua nach Luxor,
während der Miſchling nach Cooks Neiſeplan zwei Cage ſpäter

in Nom eintreffen ſollte.
Am nächſten Morgen aber, beim Frühſtück, geſchah das
Fürchterliche: Henry fragte mich, ob mir die Dame, die geſtern
von meinem Ciſch aufgeſtanden war, bekannt ſei. Sie wäre ihm
ſchon in München und Veroca aufgefallen. Ich ſah, daß ſeine
Augen unſicher wurden, und als es mir nicht gelingen konnte,

ſeinen Blick einzufangen, zog ein roter Streifen über ſeine Stirn.
Es war das unverkennbare Seichen ſeiner Verlegenheit und ſei=
nes
inneren Aufruhrs, das ich noch von früher an ihm kannte.
Und ohne Überlegung, nur aus einem Gefühl heraus, antwortete
ich, daß ſie bereits mit dem erſten Sug weggereiſt ſei. Er
ſchwieg, bemühte ſich aber offenſichtlich nicht mehr, ſeine Gefühle
vor mir zu verbergen, denn als die Koffer heruntergetragen wur=
den
, ſagte er plötzlich mit einem trotzigen Blick auf mich, ſie
könnten auch ebenſogut über Neapel reiſen, und er erkundigte
ſich nach dem Suge, der eine halbe Stunde ſpäter fuhr. Lilian
machte ihn jedoch darauf aufmerkſam, daß die Mutter ſie bereits
mit dem aviſierten Dampfer erwarte, und er fügte ſich, wie
immer, den Frauen in ſeiner Familie. Ich begleitete ſie zum
Bahnhof und überzeugte mich davon, daß ſie den richtigen Sug
genommen hatten.
Da ich plötzlich allein in Venedig nichts mehr anzufangen
wußte, fuhr ich nach Slorenz weiter. Meine Unraſt ließ mich
jedoch an keinem Ort lange verweilen. Drei Cage ſpäter war
ich bereits in Nom. Die Einſamkeit, die mir bisher der koſt=
barſte
Beſitz war, begann mich zu quälen, und eines Mittags.
als ich in Nom auf der Piazza di Venezia ſaß und mich den
ſchmerzlich=ſchönen Erinnerungen an die erſten Cage in Venedig
hingab, hatte dieſe Marter ihren Höhepunkt erreicht.
Wie weit es mit mir gekommen war, kannſt du daran er=
meſſen
, daß die plötzliche Entdeckung dieſes Fräuleins Java mich
mit einer unbegreiflichen Wiederſehnsfreude erfüllte. Sie ſtand,
den Reiſeführer in. der Hand, ſo klein und verloren vor dem
pompöſen Vittorio=Emanuele=Denkmal und gab ſich anſcheinend
Mühe, dieſem weißen Marmorkoloß Bewunderung entgegenzu=
bringen
. Es war ein mitleiderregendes Bild, ich ging ſchließlich
auf ſie zu und bat ſie an meinen Ciſch.
Du glaubſt nicht, mit welcher offenſichtlichen Freude ſie mich
wiedererkannte, mich, die ihr doch ſo wenig angenehme Gefühle
entgegengebracht hatte. Ich begriff an fenem Cage, als ſie von
hundert Nichtigkeiten und in allen erdenklichen Variationen
auch von dem reizenden blonden Ehepaar planderte, daß große
und geiſtreiche Männer ſich zuweilen in dieſe offenherzigen
Zwitſcherweſen verlieben. Ihr Geplauder iſt betäubend, erfri=
ſchend
und anregend wie das Plätſchern eines Springbrunnens
an ſchwülen, enervierenden Cagen.
Obgleich ich mir ſagte, daß ſie Henru und Lilian niemals
wiederſehen würde, vermied ich es wieder, ſie über ihren Irrtum

aufuzklären. Sie fuhr im echten Cook=Hetztempo am nächſten
Cage bereits weiter, während ich mich erſt nach ein bis zwei
Wochen auf den Weg nach Neapel begeben wollte. Schließlich
war es ja gleichgültig, wo ich blieb, und es hätte auch keinen
Sweck gehabt, Henry nach Luxor zu folgen, da jetzt alles ver=
gebens
war.
Gegen meinen Willen, über den ich von nun an keine Macht
mehr beſaß, traf ich zwei Cage ſpäter in Neapel ein, wo ich
übrigens ich muß ſchon ſagen: verwunderlicherweiſe die
Exotin nicht mehr traf, obgleich ich alle Orte aufſuchte, an
denen man die Fremden wiederzuſehen pflegte.
Ich ging in dem neuen Gefühl einer immer größeren Ver=
einſamung
umher, und ſchließlich dachte ich, daß ein Leben ver=
tan
ſei, in dem man viele Freunde und einen großen Bekannten=
kreis
, nicht aber den einen Menſchen gewann, der alle anderen
entbehrlich werden läßt, der jede Lebenslage durch das ſichernde
Gefühl der Sweiſamkeit erhöht. Und wenn ich am Hafen ſtand
und den Wellen zuſah, die ſo unermüdlich an den Kaimauern
hochſpritzten und herunterfielen, verglich ich mein künftiges
Leben mit dem kindiſchen Spiel dieſes gewaltigen ernſten Meeres:
ſo würde ich jeden Cag beginnen und ergebnislos beenden und
doch nicht aufhören, weiterzuleben und mich nach dem Unerreich=
baren
zu ſehnen.
Petra ſtand auf und blickte, den Kopf an die kühlen Schei=
ben
gelehnt, in den verſchneiten Park hinaus.
Und dieſes Fräulein Java hat du niemals wiedergeſehen?
Nein, vielleicht war ſie gerade von Neapel abgereiſt, als
ich beſchloſſen hatte, ihr Henrys Namen und Adreſſe zu geben
und ihr zu geſtehen, daß Lilian ſeine Schweſter ſei. Was bedeu=
tete
für ſie, die ſo weitgereiſt war, die kleine Spritztour nach
Agypten?

Ich glaube, daß ſie die geeignete Frau für Henry wäre. Da
ich es nicht ſein darf, könnte es mir nun gleichgültig ſein, wen
er nimmt. Doch weil ich ihn nun liebe, ganz uneigennützig liebe,
möchte ich ihn glücklich wiſſen. Aber wenn ich an ſie denke, an
dieſes Fräulein Java, das ich in Nom, als es mir meine Ein=
ſamkeit
verkürzte, faſt lieben mußte, und das ich dennoch gren=
zenlos
haſſe, dann wünſche ich, daß die Beiden ihr Leben lang
aneinander vorbeireiſen und ebenſo ſehnſuchtskrank und raſtlos
werden wie ich.

[ ][  ][ ]

Sliegrbomben gefüllt, genügen, um eine Großſtadt dem Erd=
boden
gleichzumachen. Aber auch gegen dieſe furchtbare Waffe
hat die Panzerſchneideinduſtrie Stahlplatten geſchaffen, die
erfolgreich Widerſtand leiſten. So beſitzt beiſpielsweiſe die Fede=
ral
=Neſervo=Bank zu Cleveland Panzertüren, die je 2000
Sentner ſchwer ſind. Eine ausgeklügelte Präziſionstechnik er=
möglicht
es, daß eine ſolche Cür von einem einzigen Mann be=
dient
werden kann. Dennoch iſt auch dieſer Sicherungsſchutz als
ungenügend gegenüber der amerikaniſchen Einbruchstechnik er=
kannt
worden, ſo daß als letzte Neuheit Gewölbetüren herge=
ſtellt
werden, die man überhaupt nicht mehr öffnet, ſondern durch
einen in der Mitte befindlichen drehbaren Sylinder durch=
ſchreitet
, der ſich aber nur zu einer beſtimmten Seit ſchließt und
öfnet. Den wahren Charakter einer Feſtung hat die Federal=
Neſerve=Bank in New York, die den größten Goldſchatz der
Welt aufbewahrt. In kleinen Kammern, in Safes, fein läuber=
lich
auf Negale aufgeſtapelt, liegen die Goldbarren wie die Brot=
laibe
im Bäckerladen. Das Federal=Neſerve=Building iſt nicht
beſonders hoch, aber es geht 22 Stück tief unter die Erde. Ob=
wohl
es in einem äußerſt belebten Stadtteil liegt, iſt es rings von
Waſſer umgeben; damit es nicht in die Luft geſprengt werden
kann, hat man es mit einem zwiſchen Doppelmauern eingebetteten
Kanal umſchloſſen. Auf dem Dache der Staatsbanke ſind Go=
ſchütze
angebracht, die nach Norden, Süden, Oſten und Weſten
auf die im Umkreis liegenden Querſtraßen gerichtet werden
können. Ein Militärdetachement begleitet jeden Geldtransport
in die Bank . .. ſo pompös, großartig und raffiniert zugleich
ſchützt Amerika leinen Goldſchatz vor zudringlichen Händen. Mit
dieſen letzten techniſchen Errungenſchaften ſind die Erfolgsmög=
lichkeiten
der amerikaniſchen Safe=Breakers auf ein Minimum
reduziert. Um aber dennoch ſeine Exiſtenz aufrecht zu erhalten,
verlegt er ſich auf den Uberfall der Geldautos, die zum Crans=
port
der Lohn= und Bankgelder dienen. Allerdings ſind auch
dieſe Wagen fahrende Panzerburgen ähnlich den Canks im
Kriege mit Panzerplatten geſchützt, mit Maſchinengewehren
ausgerüſtet, bedient von einer mehrköpfigen Beſatzung. So er=
gibt
ſich für den amerikaniſchen Banditen die Notwendigkeit,
ſich in ſeinem Exiſtenzkampf mit Bomben und Handgranaten
auszurüſten, um ſich ſeinen Lebensunterhalt zu erobern.
Vielleicht erhellt ſich aus dieſen Ausführungen für den deut=
ſchen
Leſer, daß jene gefürchteten und kühnen Einbrecher, wie
ſie bei uns manchmal aufzutreten pflegen, gromantiſche Kinder
mit Spielzeugen ſind, gegenüber jenen Männern aus der ameri=
kaniſchen
Unterwelt, gegen die Polizei und Cechnik nunmehr
einen erfolgreichen Kampf aufgenommen haben.

Nellu begeht eine Sünde.
Von Otto Freg.
Nelly iſt im ganzen erſt durch fünfzehn Lenze gegangen.
Durch die beiden erſten wurde ſie zwar getragen, und viele weiße
Blüten ſchneiten auf ihr Wickelkiſſen. Durch die zehn folgenden
aber hüpfte ſie rund und drollig, wie ein erſtmals freigelaſſenes
weißes Kälbchen. Und durch die drei letzten ja, wie kam das
denn nur mit dieſen drei letzten Lenzen?
Nellus Geſicht trägt noch den Schmuck jenes zarten und
duftigen Beſchlages, der an gelbe Crauben oder an den Flügel=
ſtaub
friſch entſchlüpfter Schmetterlinge erinnert. Uberhaupt ſieht
alles an ihr nach ſo einem blinkenden Schmetterling aus, beſon=
ders
die Augen, die immer ſo etwas Buntes und Flattriges
haben.
Erſt durch fünfzehn Lenze gegangen und ſchon eine
Sünderin?
Und welch eine Sünderin!
Morgens ſitzt ſie im Cram mir gegenüber: ſchwarzlederne
Mappe, grüne Schülermütze, und den Kopf wie einen holden ova=
len
Mond über ein offenes Buch geſenkt. Swiſchen Kopf und
Buch glänzt eine Helle auf, und man weiß nicht recht, woher die=
ſes
Leuchten kommt und welchen Weg es geht: aus dem Buch
ins Geſicht oder aus dem Geſicht ins Buch?
Aber gerade dieſes Buch iſt das große und unverzeihliche
Argernis des Abteils.

Der Kondukteur, dem Nelly ohne Acht und Aufblick ihr
Abonnement hinhält, nimmt ſich hübſch Seit, um einen raſchen,
ſozuſagen diebiſchen Blick in das aufgeſchlagene Buch zu tun,
und wie er ſein Geſicht wieder nach der anderen Seite wendet,
iſt es lelbſt wie ein kniſterndes weißes Buchtlatt, darauf ge=
ſchrieben
ſteht: Ei ſo etwas!
Nelly hat davon nichts gemerkt. Sie beugt ſich ruhig ud
ſchön über ihr Buch und lündigt unangefochten weiter.
Su ihrer Linken, ſitzt ein langaufgeſchoſſener Gymnaſiaſt.
Wenn er den Atem durch die Naſe einzieht, beben ein paar
Flaumhärchen über ſeiner Oberlippe dieſem Luftzug zitternd nach.
Der Jüngling krümmt ſich ein wenig rechts hinüber, und leine
Blicke ſchießen ſchräg aus den Augenwinkeln auf Nellus Buch
nieder, ſpringen aber auch gleich wieder ab, und ſein flaumiger,
noch unfertiger Mund ſpitzt lich zu einem böſen Wort, das er
dann doch nicht ausſpricht: Nicht mehr zu retten!.
Nelly beobachtet es nicht. Sie hält ſich tapfer an ihre
Sünde und bleibt weiter über ihr Buch gebeugt, ruhig und ſchön.
Su ihrer Nechten ſitzt ein junger Mann, barhäuptig, in
Schnürſchuhen und Windjacke. Sein Geſicht mit der matten,
lederfarbigen Haut ſtrahlt jene Kraft und Geſundheit aus, die
man ſich auf Bergwanderungen und ſtäubenden Skifahrten holt.
Wie der junge Mann Nellus Buch mit einem flüchtigen Blicke
nur antupft, zuckt er auch ſchon zuſammen, muſtert das Mäd=
chen
dann vom Kopf bis zu den Füßen mit weit aufgeriſenen
Augen und kenurrt ingrimmig in ſich hinein: Schandel.
Und ſo tun, ſie alle Morgen für Morgen. Das große
Argernis ſpringt von einem zum andern über, es verbreitet ſich
wie ein ſtichiger Geruch im ganzen Abteil und grinſt bald aus
allen Augen und Geſichtern. Aber Nelly achtet auch jetzt noch nicht
darauf, ſie beugt ſich nach wie vor ruhig und ſchön über ihr auf=
geſchlagenes
Buch und ſündigt tapfer weiter.
Aber eines Morgens geſchah etwas Seltſames.
Eine gut gekleidete ältere Dame ſtrich beim Ausſteigen
hart an Nelu vorbei, ſo hart, daß ſie das Mädchen ſcharf
ſtreifte. Dabei fegte eine wehende Falte ihres Mantels über
die Knie des Mädchens, und das Buch flatterte aus Nellus
Schoß zu Boden kenapp vor meine Füße.
Ich hob es hurtig auf: glücklich, endlich auch einmal einen
raſchen Blick in dieſes lündige Buch werfen zu dürfen. Und
ich tat es. Und ſtaunte. Staunte über den Gymnaſiaſten, über
den Sportsmann, über den Schaffner und über die ganze Welt.
Eigentlich auch über Nelly ...
Denn was ich da in meinen Händen hielt, war ein ſchmuckes,
dünnes Bändchen Gedichte.

Spaziergang.
miit einer jungen Dame.
Von Hans Joachim Coll.
Es ſei im vorhinein geſagt, daß über dieſen Spaziergang
mit einer jungen Dame nicht ohne Bedenken berichtet werden
kann. Aus dieſem Einleitenden den Schluß zu ziehen, daß
irgend etwas nicht ganz Einwandfreies ſich begeben hätte, irgend
etwas Cadelnswertes, iſt falſch und zeugt von Verderbihekk.
Vielmehr iſt es ſo, daß dieſer Spaziergang nichts Beſonderes
brachte, gar nichts, was nicht jedem geſchehen könnte, der mit
einer jungen Dame ſpazieren geht. Und das nun iſt es, was uns
bedenklich macht, denn ſchließlich erwartet man etwas, iſt eine
junge Dame im Spiel. Aber was was nur geſchah denn
ſchon? Sie ſchlenderten die Strandmauer entlang, eine junge
Dame, ein junger Mann, und ſprachen Belangloſes, wie man es
tut, wenn man ſich eben erſt am Strande kennen gelernt hat. Wo
ſie wohnten, wie ſchön die Ferien ſind und alles das. Sie gingen
durch das Wäldchen, deſſen Bäume einen heroiſchen Kampf
gegen die Stürme der See kämpfen, und hier nun geſchah es, daß
beide ſich nach einleitenden Bemerkungen über das Wetter ein=
ander
namentlich bekannt machten. (Es iſt wahr, dieſe Art der
Vorſtellung iſt nicht ganz korrekt, aber was wollen Sie es
lebt ſich leicht am Strande.) Sie ſtanden am Ceich, fütterten die
Karpfen, und der junge Mann ſagte einem beſonders gefräßigen
nach, daß er einige Ahnlichſteit mit jener ältlichen Dame hätte,
die ſich jüngſt über ſein ſpätes Nachhauſekommen beſchwerte.
Die junge Dame lachte und lachte noch, als ſie, an den Noſen=
gärten
vorbei, zurückgingen. Ihr Lachen kelingt, als hüpften
Perlen eine gläſerne Creppe herunter, dachte der junge Mann,
ſo verliebt war er. Und vielleicht war es dieſes Lachen, das ihm

den Mut gab, die junge Dame beim Auf=Wiederſehen=Sagen zu
küſſen, und vielleicht war es der Duft der Noſen, da ſie ſich ohne
Widerſtreben und ohne Widerrede küſſen ließ. (Es iſt wahr,
der Kuß kam etwas früh, aber was wollen Sie es liebt lich
leicht am Strande.)
Spaziergang mit einer jungen Dame, ein kleiner Kuß, ein
bißchen Verliebtſein hatten wir nicht recht, als wir ſagten,
daß nichts geſchah, was nicht jedem geſchehen könnte, der mit
einer jungen Dame ſpazieren geht?

Schach

Ucht

3chach
Nammer 376.
Fr. Lazard in Paris.
(1,2. Preis, Magyar Sakkvilag, 1927.)

d t g
G
b

Fe
Arüſſelung: weißf. To5 vuu us5 rs Sbs e 505 7:
Schwarz: Kd5 Tb3 13 Ld2 Sd8 Ba5 b4 46 e5e6 f4 g4 g7 (s); 34
Aufgabe 538.
D. C. Bndde.
(Nordiſk Skaktidende, 1880.)
Weiß: K41 Db4 Las 8d7 Bd3 o6 g2 7)
Schwasz: Ket B44 15 (sſ.
Matt in zwei Zügen.

Löſungen der Aufgaben 52653o.
528. 6. Flander, Urbruck. (Kb6 Tg4 Ses 14 Bb2 45 g6; Ke4 Te2 L77
Sg1 Bb3 e3 k3 g5 h6: 2t.) 1. Seßbt Kibt, d4, Td2, L/:/a5, o8, g6,
Bh5, 8h3, Tg2, 8o3, Nib3 2. 5a3, :45. o6, g6, h5. h3, g2, 2c. Freigabe
von 2 Fluchtfeldern für den ſchwarzen König. Das weiße Springerrad iſt mit wenigen
Mitteln gelungen
527. S. Herland. 2. Preis, Maghar Sakkvilag, 1913. (Kd7 De3 La4 8d4
Bb2b5 o6 f4h7; Kd5 Td1 h1 Le1 g4 Sat a7 Ba3 es 43 12 15: 34.)
1. Bb2b41 broht 2. Deßt: 1.1.: Ket 2. Do4. 1.17 B43 3, päs. Die
ſeine Aufgabe enthält 2 weiße Springerräder!

528. H. Hultberg. 2. Ehrenpreis i. d. Dreizüger=Abteilung der Schwalbe‟ 1929III.
Ka1 Ta3 Lf1 f3 8b6 h8: Ke4 Pa5 g5 Ib1 46 St8 g8 Ba4 eb o5 13 14
15: 34.) 1. Sh8f7! Le7 2. Le4 8k6 3. Sigöck: 1. ... Tg6 2. Tes Seß.
3. S:d64. Das Thema lgutet: Weiß greift gleichzeitig zwei ſchwarze Steine an;
Schw, läßt einen von beiden den anderen decken. V.ſchafft eine neue Drohung, die
Schw. nicht parieren kann, ohne zugleich die frühere Verteidigung aufzugeben.. Daß
auch Ub1 zur Verteidigung herangezogen werden kann, iſt ein Nachteil der Aufgabe.
529. W. B. Riee. 1. Pr., Good Comp., 1918. (Kh.3 Da8 Te6 h5 Lh7 Sb5 13
Beß; Kd5 De5 Le1 Bb4 e2: 24F.) 1. Sf3d4: Die Aufgabe iſt durch große
Handlungsfreiheit der ſchw. D gekennzeichnet.
530 F. Palatz. Urdruck. Ko3 Le1 2 Sd4f4 Bf3; Ke1 Ih1 Sa1 bi Be4;
3F.) 1. I.etb21 8b1d2 2. Ib3e3 Sa 1b3 3. 5d 4e2hk. Ein einfacher
Zugwechſel.
Löſerliſte: Franz Buchtz in Mainz (alle, auch 521525); Johanna
Göckel (521, 5B, 525, 526, 528 n. 529): Georg Peter in Hainchen (522,
5s3, 5B, 526 u. 529); Rolf Schmidthoff (596, 598530); Joh. Lang in
König (598, 58.

Ki

Rät=

Ein Kreuzworthaus.
Waagrecht: 1 kleinaſiatiſche Göttin, 3 ſoviel wie Gürtel, 5 deut=
ſches
Land, 7 Fiſch, 8 norwegiſcher Dichter, 10 Geradflügler Mehrzahl),
13 Geliebte des Zeus, 14 italieniſche Muſiknote, 15 Fürwort, 16 Männer=
name
.
Senkrecht: 1 Brei, 2 Stadt in Lothringen, 3 Farbe. 4 Schweizer
Freiheitskämpfer, 5 Fiſch, 6 Gegenteil von ſtets, 7 Stadt in Schleswig=
Holſtein, 9 heißt Kind in einer fremden Sprache, 11 Hohlmaß, 12 Fluß
in Frankreich.
Carl Denbel.

Silbenrätſel.
Aus den Silben: a a. ab, augs, bo, burg, de, de, de, de, de,
der, dol, dung, e, ei, eiſ, ex, fin, gau, gen, gen, glo, har, he, ho,
hut, i, im, ir, jew, kreiſ, lauf, le, li, men, mi. mi, mi, mo, mund,
ne, ni, nie, o, pan, ra, rai, rin, ro, ſen, ſte, tal, ti, ti to, trot, tur,
um, wen, wun ſind 22 Wörter zu bilden, deren Anfangs= und
Endbuchſtaben, beide von oben nach unten geleſen, einen Spruch
ergeden.
Die Wörter bedeuten: 1 Geſtalt aus Shakeſpeares Hamlet,
2 Stadt in Bayern, 3 Bürgerſteig, 4 Blütenſtand. 5 Schweizer Ge=

treidemaß, 6 Winterſport, 7 Parallel zum Aequator gedachte Linie,
8 Geſtalt aus Schillers. Don Carlos 9 Heiligenerzählung,
10 ruſſiſcher Dichter. 11 Widerruf, 12 Art Spott. 13 Wiener
Bühnendichter des 18. Jahrhunderts, 14 Verletzung. 15 Sportgerät,
16 Muſikinſtrument, 17 Stadt an der Oder, 18 Sturmhaube der
Ritterrüſtung. 19 Schlagwort für Unechtes, 20 Entſchädigung,
21 Prophet, 22 Material für Brennkerzen.
Der Kontrollgang.
Ein Kontrolleur hat die Straßen zu revidieren. Er fährt von
a aus und kehrt dahin zurück, darf aber keine Straße zweimal
paſſieren. Nur durch einige Orte kommt er zweimal. Welchen
Weg muß er nehmen?

FüllMätſel.
3a, 1b. 2 d, 5e, 1f. 2 i, 2k. 3 I, 6n, 1o, 3r. It, 1u.
Vorſtehende 30 Buchſtahen ſchreibe man in die 30 leeren Quadrate, ſo
daß die waagrechten Reihen Wörter von folgender Bedeutung ent=
halten
: 1. Tugend, 2. Stadt in der Schweiz 3. Einſiedler, 4. niedrig
denkende Menſchen, 5. wird oft geballt, 6. Männername.

a70 TsI af 5 a U TsI a u sI a U si 7 UI

Auflöſung der Rätſel aus Nr. 32.

1. London 2. April, 3 Halle, 4. Wundarzt, 5. Februar, 6. Meſ=
ſias
, 7. Violiniſt, 8. Hannover, 9. Erblindung, 10. Almira,
11. Zachau. 12. Juriſt, 13. Heidel, 14. Hofkapellmeiſter. Die
Waſſermuſir.

Druck, Verlag u. Kliſchees: L. C. Wittichſche Hofbuchdruckerei, Rbeinſtr. 23. Verantwortl. für die Redaktion: Dr. H. Nette, Darmſtadt, Fernſpr. 1, 23893392. Alle Rechte vorbebalten. Nachdr. verboten.

[ ][  ][ ]

Sooche, jetzt weern mer widder unner uns Parresdochder.
die äxodiſch Sportſtudende aus aller Härrn Lender, die wo
ſeither unſer Städtche bevölkert hawwe ſin fort. Als Erſatz
ſin jo momendan widder e Baddie iwwerſee’ſche Päddagoge
akumme Päddagoge ſo haaße uff äxodiſch die Schulmaaſter,
ich will däß gleich ſage, damit’s kaa Begriffsverwäxlung gibt; in
inſere verworrene Zeitverhältniſſe is däß alles meeglich. Dann
weer net waaß, was Päddagog bedeid, dem kennt’s am End
geh, wie ſällem Borjemaaſter im hinnere Odenwald, anno acht=
Linvärrzig. Nemlich der Schulmaaſter in dem Oertche hott do=
nals
geſprächsweis als geſagt: mir Päddagoge, un ſo no
ſin als eines Dags die Verfichung erauskumme is, ſemtliche
Demagoge weer’n als ſtaatsfeindlich zu verhaffte, do hott mei
BBorjemaaſter aach däß unſchuldiche Schulmaaſterche verhaffte
Coſſe, un alles Bidde un Lammediern vun dem, daß er doch e
Päddagog weer, un kaa Demagog, hott nix gebadd; de
Herr Borjemaaſter hott a fach geſagt: Gog is Gog, un do=
mit
baſta!".
No, was nu ſo die äxodiſche Päddagoge abedrifft, die wo
iner die Ehr hawwe jetzt unner uns weile zu ſähe, die ſtäche jo
im allgemeine Verkehr net ſo aſch in die Aage, wie die äxodiſche
Sportſtudente, däß liggt vermudlich an de Verpackung. Ich wißt
memlich net, an was es ſunſt lieje ſollt, daß unſer Darmſtädter
Mädercher, während däre Olymbiade uff aamol ſo e Sports=
begeiſterung
an de Dag gelegt hawwe Beſunners die Idall=
janos
mit ihre Strohſchiffcher hatte=ſen a gedha; ſie hawwe awwer
aach mit de annere Vorlieb genumme, wann die Strohſchiff=
cher
grad belegt worn.
Un wie ſpielend leicht ſe ſich gäjeſeidich verſtendicht hawwe
mitnanner. Ich bin beiſpielsmeßich im Vabeigeh emol in ſo en
fidele Drubb enei gerade, wie ſe grad aus=em Bender kumme
ſin; zu Fimft hatte ſe ſo=en klaane Idalljano am Wiggel, un do
heer ich grad, wie die ahl vun dene Böbbcher zu=em ſeeckt: No,
wo mache mer dann jetzt hie?"

Ja, es gibt in gewiſſe Siddewatzione doch noch e Sproch,
außer Eßberando, mit däre mer ſich, in=eme gewiſſe Alter leicht
verſtendlich mache kann, un die wo in de ganze runde Wäld
vun alle Völkerſtemm ſpielend verſtanne wärd. Däß is die
Sprache der Lübeee, die is ſozuſoge indernatzional".
Awwer aach ſunſt kann mer uns Darmſtädter beziechlich un=
ſerer
Umgangsforme, während dem großſtädtiſche Wäldverkehr
uff de Rheinſtroß, kaa Vorwärf mache. Beſunners die Um=
gangsforme
um’s Mullement erum hawwe großordich funk=
zioniert
, däß wärd ſälbſt de Herr Owwerwachtmaaſter Gärſte=
meier
zugäwwe miſſe, wo bekanntlich unſer ſchennſter, ſchnei=
dichſter
un ſtrammſter Verkehrsregeler is, den wo mer momendan
uffzuweiſe hawwe, ach, er hott ſoe Ehnlichkeid mit meim Schorſch,
däß wor aach ſo e Forſcher
Wie geſagt, was unſer Umgangsforme um’s Mullewend
erum albedräffe dhut, ſo worn die ſeither, was mer leicht feſt=
ſtelle
, un mit ſeine eichene Hiehneraage ſähe konnt, wann mer
ſo en Umgang um’s Mullemend erum rißgiert hott, mit allerhand
Gefahren for Leib un Läwe harmoniſch verbunne. Awwer
ſeidem ſe die Fußgengerfuhrte a gelegt hawwe, wo ’s Fußvolk
ſauwer uff de Strich gange is, un ſich kaa Seideſpring mehr er=
laabt
hott, hott die Sach emol wenichſtens e Muſter vun=ere Form
krickt. Alſo warum geht’s dann jetzt
Allerdings, ſie hawwe der Sparſamkeid hallwer die Fuß=
gengerfuhrte
bloß mit weißer Eelfabb uff’s Plaſter gemolt, un
die is dorch den Rieſewältſtadtverkehr in de letzte värrzeh. Däg
vun dene Plaſterdibbler widder ſo gud wie ewäck geſchlurcht.
28 beſte wärd ſei, eh’ daß mer die Umgangsforme widder ver=
lärne
un laafe widder blan= un ziellos wie e Rodde Korah um’s
Mullemend erum, mer geht her un de Himmlers Lui dhut uff
jeder Seid zwaa Reihe weiße Plaſterſtaa eneipläſtern, die halte
dann ewich un noch lenger.
Jetz, däß muß ich hinnenooch zugäwwe, an dene Wettkembf
ſälbſt hab ich mich net bedeilicht, dann erſtensmal verſteh ich nix
devo, un zweidensmal wollt ich mit meine ziemlich ausgedehnte
Hinnerfrond niemand die Guck verſpärrn.
Awwer wie’s ſo is, drittens kimmt’s ganz annerſt, fimfdens
als mer mecht. Un wer is dodra ſchuld? Nadierlich widder

die Stroßebahn! Die is jo bekanntlich an allem ſchuld. Nemlich
ich hab mich do ſchun ganz ſaumeßich gefuxt, wie ich gemärkt hab,
daß mer bei der Stroßebahn, während däve Studendeolimbiade,
gornet for voll genumme is worrn, wann mer zufellich emol wo
annerſt enaus fahrn wollt, als bloß immer uff’s Stadion. Mer
hott aam quaſie a geguckt, als weer mer e Wunnerdier, weil
mer ärchend wohie in die Stadt gefahrn is, wäje mir nooch’m
Watzevärdel, wo gornix los war, weil beinoh ſemtliche Wage
uff’s Stadion ei geſchworn worn; un zweidens hott mer des Ge=
fiehl
gehatt, der Konndukdeer dhet aam ſo herablaſſend agucke,
weil mer iwwerall hiefahrn dhet, nor net uff’s Stadion.
Däß is mer dann doch zu dumm worrn, un ſo bin ich am
Sunndag ganz großardich am Verkehrshaische in en Wage zum
Stadion ei geſtieje. Däß haaßt, ich bin net ei geſtieje, ſundern
ſozuſage in den Wage eneigeſchwemmt, eneibugſiert un eneidrang=
ſaliert
worrn; ich hab net gewißt, wie, un ich hab mir ungefehr
vorſtelle kenne, wie’s de Sadälle zu Mut ſei muß, die wo in e
Bix zuſammenanner eneigepräßt ſin. No, däß wor ſo e Voriewung
gewäſe for den Uffmaſch der Natzione, den wo ich mer hab a gucke
wolle, dann wie ich am Stadion ausgeſtieje bin, do hab ich deerſt
emol e halb Stund nooch Luft ſchnabbe miſſe, bis ich halbwähks
widder zu mer kumme bin.
Awwer ich bin eneikumme; ich hab mich afach eneidrage loſſe
vun dem Haufe Menſche, un ich glaab, mei Fieß hawwe net
a'aanzichmol de Erdboddem beriehrt, ich hab bloß zu ſchnaufe

gehatt, daß mer die Luft net ausgange is. Ja, for=e Johrers
dreißich, do hätt mir däß nix ausgemacht, do war ich dränniert for
uff ſo e Olimbiade. Awwer heit do verdregt mer die Drickerei
net mehr ſo; mer is halt net mehr däß..
Dofor bin ich dann aach reichlich entſchädicht worrn, wie der
Uffmaſch der Natzionen ſich vollfiehrt hott; s war faſt ſo groß=
ordich
, wie in=ere Rewieh; un im Kino kennt’s aach net ſchen=
ner
ſei.
Am Awend, die Breisverdaalung in de Feſthall hab ich mer
dann widder geſchenkt; ich war a fach net mehr leiſtungsfehich; un
ich hett, wie geſagt, mindeſtens drei Leit de Blatz ewäck genumme.
Un däß wollt ich net. Awwer ich hab mer ſoge loſſe, es weer
großordich gewäſe, un die Leit vun=ere Stickerers ſexdauſend
Awäſende weern ſo begeiſtert gewäſe, daß mer ſe am Schluß im
Genſemarſch die Dier enaus geloſſe hett, weil mer die Befirchdung
hatt, s hett ſich der aane odder der annere aus lauder Begeiſte=
rung
am End en Stuhl mitgenumme, damit er drauß uffm Exert
des Feierwerk beſſer hett ſähe kenne. . . ..
Alſo, wie geſagt, bei de Breisverdaalung in de Feſthall war
ich net. Ich kann drum aach net ſage, ob bei däre Studende=
Olimbiade alde Rekorde gebroche, un neie uffgeſtellt ſin
worrn. An ſich is mir verſeenlich däß aach ganz Worſcht, wann
mer’s beiſpielsmeßich aach e Reedſel is, wie däß noch ausgeht mit
däre Schnelllaaferei. Dann wie ich ſo geheert hab, brauche ſe
immer wenicher Minude un Sekunde for ſo e Streck zu laafe,
un do muß es doch wohl eines Dags ſoweit kumme, daß Null vun
Null uffgeht un daß ſe in dem Moment, wo ſe am Stadd ablaafe
aach ſchun am Ziel ſin. Un wann ſe die Schnellaaferei
noch weider iwwerdreiwe, do kann’s ſogar baſſiern, daß ſe ehn=
der
am Ziel alkumme als ſe am Stadd abſchwirrn, däß is doch
logiſch, bei dem Rekordfimmel.

Awwer dodriwwer mach ich mer kaa Kobbweh, wie geſagr,
dann de Rekord is net es wichdichſte, ſundern däß, daß die Völker
zuſamme gefiehrt wärrn, um in edlem Wettſtreit ihr Kräfte zu
mäſſe; un daß ſe ſich in Ridderlichkeit gägeſeidich achte un boch=

ſchätze. Un daß däß meechlich is, hott die Studende=Olimbiade
bewieſe. Un warum? Weil kaa Bolledicker ihr Hend debei im
Spiel hadde, dann die dhun jo bekanntlich mit ihre ewiche. Red=
derei
noch die ganz Wäldordnung verſaue.
Un daß aach die Herrn Bolledicker an dem hundsmiſſerabe=
lichte
Wädder ſchuld ſin, mit dem mir uns gäjewärdich erumploge
miſſe, däß ſteht emol for mich bickelfeſt. Es gibt jo nix uff de
Wäld, was die net dorchenanner bringe kennte, ’s aanzich Gude,
was mer, im Gäjeſatz zu dene ihre Bolledick, dem dißjehriche Sum=
merwädder
noochſage kann, is däß, daß es ſchee dauerhaft is, un
hott feſte Grundſätz, dann mer kann ruhich behaubte:
Geſtern hott’s geräjend.
Un heit räjends aach,
Un morje wärds räjene,
Un iwwermorje aach!
Dulljöh, di höh, dulljöh, di höh,
Dulljöh die rullalla,
s is ne mehr ſchee!
No, awwer däß mag ſei, wie’s will, mer därf nor de Mut net
ſinke un ſein Räjeſchärm net ſteh loſſe, dann hellt mer’s zur Nod
ſchun aus. Un im iwwriche hab ich mer, grad dem Wädder zum
Boſſe, ernſtlich vorgenumme, ich will emol e bißche die Gäjend
wexele un e Raas mache, in e anner Land, nehmlich in’s Thie=
ringiſche
, bloß indräſſehalwer, ob’s do aach räjend. Dann bekannt=
lich
hawwe ſe im Thieringiſche e natzional=faſchiſtiſch Reſchierung,
mit dem große Herr Frick an de Tete. Un bekanntlich wolle die
faſchiſtiſche Natzionalſpezialiſte defor ſorje, daß es annerſt wärd.
Gud, domit bin ich ei verſtanne; un do ſolle ſe mol mitm Wädder
afange, dann wärd mer jo ſähe, was ſe los hawwe. Is es awwer
im Thieringiſche aach ſo, dann kenne ſe mer mitſamſt ihre Fricke
un Hittler geſtohle bleiwe. Punkdumm, ſtrei Sand drum
erum!
Bienche Bimbernell.
Poſtſchkribbdumm: Iwwrichens, for lauder Wäld=
Olymbiade vergißt mer die Hauptſach. Nemlich mir hadde jo
am Mondag aach Verfaſſungsdag. Awwer wann mer
ehrlich ſei will, unſer dißjehriger Verfaſſungsdag hott jo ſälbſt
im Schadde vun däre Olymbiade geſtanne; un diddo däßgleichen
vum Zäbbelienbeſuch. Wobei mer widderum feſtſtelle kann, daß
Sport un Tächnick net bloß die Völkergäjeſätz, ſundern aach
die Baddeigäjeſätz iwwerbricke kann. Dann am Mondag, beim
Zäbbelienbeſuch, do hott mer widdermol deidlich geſähe, daß
es doch noch e aanich Volk vun Brieder in Deitſchland gibt;
nemlich wann ſe daalnemme kenne, an dem Erfolg un de Arweit=
vun
unſere deitſche Tächniker un Inſchennieer, u kenne ſich,
wie beim Zäbbelien, an die Bruſt ſchlage, un mit Stolz vun ſich
ſage: Ja was, mir Deitſche, uns kann kaaner! Awwer
freilich, kaum is de Zäbbelien außer Sicht, dann gibt’s widder kaa
Deitſche mehr, ſundern bloß Baddeie, die wo ſich gäjeſeidich
däß Wördche Deitſch ſtreidich mache mer megt grad greine
iwwer ſo=en Unverſtand
Iwwrichens, dißmol hawwe ſe mit ihrem Schorſch=Büchner=
Preis doch emol es Richdiche gedroffe. Sie hawwe ſich zwaa
Heſſe erausgefingert, die wo aus em Volk ſtamme, un aus em
Volk eraus ſchaffe un wirke: de Johannes Lippmann
in Lichtebärg, ſeines Zeichens Moler; un de Nikolaus
Schwartzkopf in Darmſtadt, ſeines Zeichens Dichter‟. Es
ſin zwaa vun den Stillen des Landes, un meines Wiſſen bolli=
diſch
net belaſt . Ihr ganz Sträwe, un ihr ganz Kunſt zielt
dohie, die Menſche enanner neher zubringe, un Gäjeſätz iwwer=
bricke
zu helfe. Un däß is heidichendags mehr wert, als Haß
un Zwiedracht auszuſtreie Däßhalb: mein härzlichſte Glick=
wunſch
, dene zwag brächdiche Menſche un Kinſtler!
Un weil ich grad dro bin, am graddeliern, mecht ich noch
eme liewe Menſchekind gedenke. Nemlich am 1. September ſin’s
fimfunzwanzich Johr, daß unſer Käthe Gothe uff unſere
Landestherjaderbrädder, die wo bekanntlich die Wäld bedeide,
wirke dhut. Fimfunzwanzig Johr! Mer hellt’s net for meglich,
dann unſer Kättche is heit noch herrlich wie am erſte Dag, wer
mag ſe ſähe, wie, un wo mer ſe will. Ihr ewich freehlich Härz
hott ſe jung gehalte! Ja, un hott net aach ſie mit ihre Kunſt
die Gäjeſätz vum Spärrſitz un de Gallerie iwwerbricke helfe; war
net alles aaner Maanung, wann ſie ihr Brogramm end=
wiggelt
hott! Alſo hol mich de Deiwel, wann unſer Kättche‟
uff=eme Wahlzeddel ſtind, die Baddei dhet ich gleich wehle. Awwer
leider, unſer Kättche geheert zu de Baddei der Humoriſte, un
die kann mer im Reichsag net brauche, indem dort nor de un=
freiwilliche
Humor zugeloſſe is, un kulldieviert wärd. Un
der kimmt uns erheblich deierer, wie der freiwilliche
Humor!
Unſerm Kättche awwer mecht ich heit ſchun zu ihrm Juwi=
läum
graddeliern, dann wie ich in Obichem ſchun bemärkt hab,
geh ich e paar Dag außer Landes, damit ſich die Leit emol vun
meiner Gäjewadd erhole kenne. In dieſem Sinn: Uff Widder=
heern
, un alles Gude allerſeiz!

Unſichtbares Stopfen feinfädiger Gewebe.
Wohl jede einigermaßen geſchickte Hausfrau verſteht etwas vom
kunſtgerechten Flicken, Ausbeſſern und Stopfen von Wäſche und
Garderobe. Sobald aber Riſſe in feinfädigen Geweben, wie
Seide, ſeidenähnlichen, feinen Tuch= und Wollſtoffen entſtehen,
dann iſt ſie meiſt ratlos und kennt nur noch einen Ausweg: den
Gang zur Kunſtſtopferei. Wo aber die Hausfrau derartige un=
vorhergeſehene
Ausgaben erſparen will, da ſollte ſie wie folgt
verfahren: Das Stopfen der defekten Stelle mit dem ausgezo=
genen
gleichen Gewebefanden iſt bei Seide z. B. nicht angängig,
dafür hat ſie aber im Menſchenhaar geeignetes Material. Dieſes,
für helle Stoffe blond verwendet, wird in möglichſter Länge
in eine feine Nadel gefädelt und dann die Rißſtellen gut an=
einandergefügt
, damit in engen Touren durchzogen. Auch feine
Wollſtoffe, Tuche und gemuſterte Herrenſtoffe laſſen ſich mit
L.
Haar völlig unſichtbar ſtopfen.
Leichtes Rupfen des Geflügels. Will wan das
Herumfliegen von Federn beim Rupfen verhüten und die Küche
völlig ſauber davon halten, dann tauche man einige gebrauchte
Wiſchtücher i Waſſer, winde ſie nur halb aus und breite ſie
unter das Geflügel. Die Federn bleiben darauf hängen und
H.
können dann leicht herausgewaſchen werden.
Himbeerſaft=Gewinnung auf verſchiedene
Art. Gut verleſene Himbeeren erhitze man mit Waſſer bedeckt,
um ſie donn in den Saftbeutel gefüllt, ablaufen zu laſſen.
Den geſammelten Saft vermiſche man dann mit Zucker, und
zwar rechnet man auf je 1 Liter ½ Pfund Zucker, koche beides
nochmals ½ Stunde, wobei man den Schaum abſchöpft. Dann
in ſaubere Flaſchen gefüllt, verkorke man dieſe mit gebrühten
Korken und verlacke die Flaſchen. 10 Pfund Himbeeren ergeben
zirka 3 Liter Saft. Den Fruchtrückſtand kann man nun ent=
weder
nochmals mit Zucker, von dem man pro Pund Maſſe
1 Pfund Zucker rechnet, Marmelade kochen, oder rote Grütze
davon bereiten.
Himbeerſaft auf kaltem Wege bereitet. Bei
dieſer Art verwendet man auf 3 Pfund Himbeeren 1 Liter ab=
gekochtes
, wieder erkaltetes Waſſer, ſowie 40 Gr. Weinſtein=

ſäure, wobei man die Beeren mit ſauberer Holz= oder Porzellan=
keule
zerdrückt. Zugedeckt laſſe man die Maſſe 24 Stunden
ſtehen, um ſie auf ein Seihtuch zum Ablaufen zu geben. Den
gewonnenen Saft vermiſche man dann mit Zucker, und zwar 625
Gr. pro Liter Flüſſigkeit. Damit 23 Tage ſtehen gelaſſen, iſt
dann der Himbeerſaft abfüllreif. Der durch ein Mulltuch auf
Flaſchen abgefüllte Saft iſt von köſtlichem Aroma. Die ver=
korkten
und verlackten, ſowie etikettierten Flaſchen müſſen kühl=
ſtehend
aufbewahrt werden.
V.
Eierſtich für klare Fleiſchbrühſuppen zu be=
reiten
. In einem mit Butter ausgeriebenen kleien Stil=
pfännchen
oder kleinem Emoilletopf verquirle man 2 Eier mit
½ Taſſe Milch (auch aufgelöſter Büchſenmilch) ſowie 1 Meſſer=
ſpitze
Salz, ebenſoviel Zucker, einem Stäubchen geriebener Mus=
katnuß
und wer es liebt, mit 1 Meſſerſpitze feingewiegter
Peterſilie. Stelle das Töpfchen in ein heißes Waſſerbad (das
man kochend erhält) und nach 10 Minuten iſt die Eimaſſe ſo feſt
geworden, daß man ſie aus dem Gefäß losſtechen und mittels
kleinen Blechförmchen oder dem Buntweſſer in die Suppe ab=
ſtechen
kann.
Letzten Komfort ſommerlichen Lebens behandelt ein in=
tereſſanter
, umfangreicher Artikel in der ſoeben erſchienenen neu=
eſten
Nummer der Eleganden Welt. Reizende und dabei äußerſt
praktiſche, formſchöne Gartenmöbel, die uns das moderne Kunſt=
handwerk
für Veranda, Garten und Gartenzimmer beſchert, und
deren beſonderer Vorzug darin beſteht, daß ſie ſo leicht und mühe=
los
transportabel ſind, werden in beiſpielgebenden Arrangements
im Bilde vorgeführt. Mit den letzten Neuheiten der Mode und
den großen internationalen Bädertanzturnieren beſchäftigt ſich
der übrige Teil des wie immer reich und vielſeitig ausgeſtatteten
Heftes.
Speiſen=Zettel.
Sonntag: Fleiſchbrühſuppe mit Eierſtich, Hammelbraten
mit grünen Bohnen, Himbeerſpeiſe. Montag: Brotpudding
mit geſchmorten Pflaumen. Dienstag: Quarkknödel mit
Sauerkirſchen. Mittwoch: Möhren mit Kartoffeln und
Peterſilie, Würſtchen. Donnerstag: Gulaſch mit Semmel=
klößchen
. Freitag: Kartoffelſalat mit gebackenem Seelachs,
Gurken=Tomatenſalat. Samstag; Gefüllte Tomaten im
Reisrand.

Humor
I

Kinder von heute.

Bequemer Beruf. Wie geht’s Ihrem Neffen, Herr Schmidt?
Der iſt Erfinder! Wieſo denn? Der erfindet ſoviel Gründe
mich anzupumpen, daß er davon leben kann.
(Nebelſpalter.)
Verlockend. Bootsverleiher: Ich möchte den Herrn aber bitten,
im voraus zu bezahlen das Boot iſt etwas leck!
(Berlingske Tidende.)
Vorzenſur. Iſt nicht eben die Poſt angekommen? Jawohl,
gnädige Frau! Warum dauert es denn ſo lange, bis die Köchin
ſie hereinbringt? Es ſcheint eine Karte zu ſein. 1* (Beacon.)
Im Konzert. Mein Herr, es hat bereits vor einer Viertelſtunde
begonnen. Gehen Sie bitte ganz leiſe hinein! Schläft ſchon alles?
(Herold.)
Kennſt du den Unterſchied zwiſchen Kapital und Arbeit? Na?
Ich habe dir doch 100 Mark geliehen, das iſt Kapital das Geld
nun wieder zurückzubekommen, das iſt Arbeit!" (Buen Humor.)
Peinliche Ueberraſchung. Was führt Sie zu mir, mein Herr?
Bitte nehmen Sie ſich einen Stuhl! Gewiß! Und alle anderen
dazu ich bin nämlich der Gerichtsvollzieher!
(PeleMale)

[ ][  ][ ]

Leinen
heißt eines der neueſten Schlagworte der Mode,
und wer die Vornehmheit der abſichtlich=primitiven
Note dieſes Materiales erfaßt hat, wird die Be=
geiſterung
der großen Modeſalons für dieſes Ge=
webe
ſicherlich teilen.
Beſonders in der Zeit einer farbenfrohen,
Iinienreichen Mode wie die gegenwärtige es ja ganz
fraglos iſt, erſcheint die ruhige Note des Leinen=
materiales
ſicherlich ſehr am Platze, denn ſie leiter
die Mode in eine ganz neue Richtung und ſchafft
intereſſante Möglichkeiten, die ſich weder die führen=
den
Salons noch auch die mode=befliſſenen Frauen
entgehen laſſen werden.
Gerade in der Einfachheit des Leinens liegt be=
kanntlich
ſeine kultivierte Eleganz und in der
Schmuckloſigkeit und abſichtlichen Beſcheidenheit iſt
ſeine charakteriſtiſch=äparte Art zu ſuchen.
Man bringt Leinen in allen Webarten umd
Strukturen: es gibt dünne Qualitäten und ge=
noppte
, ſtark=knotige Weben, dann wieder ſtumpfes
Leinen neben ſeidig=glänzenden Arten, kurzum: es
herrſcht an Abwechſlung wahrlich kein Mangel .."
Auch mit den Farben iſt man keineswegs an
beſtimmte Modevorſchriften gebunden, ſondern folgt
durchaus der eigenen Eingebung, ſo daß die Lei=
nenkleidung
für manche Damen ſicherlich eine Neu=
heit
bedeuten wird, die ſie ſchon lange erwarteten
und die dazu angetan iſt, der Garderobe neue Ak=
zente
und der Mode neuen Impuls zu geben.
Sehr beliebt iſt Leinen in ſeiner Naturfarbe,
das heißt alſo in jener Jute=Schattierung, die imn ihrer Unaufdringlichkeit
beſonders vornehm wirkt; natürlich kommt dieſer Ton nur für Brünette
in Frage, da Blondinen unter allen Umſtänden entweder weiß oder
eine helle Paſtellſchattierung wählen müſſen.
Zarte Paſtellfarben ſind heuer bekanntlich überhaupt große Mode,
was wohl daher kommen mag, daß ſie jenen Uebergang ſchaffen, der ſozu=
ſagen
zwiſchen der blumigen, ſpieleriſchen Hochſommermode und der mo=
dernen
Sachlichkeit des Leinens die Brücke ſchlägt, um ſo mehr, als ja das
Leinen auch durch eine zarte Schattierung ſeine Härte unbedingt verliert
und dann bedeutend graziöſer und anmutiger wirkt. Man liebt hellblau
und blaßroſa, auch ein feines heliotrop, beſonders aber die vielen Gelb=
Töne (Schwefel, Ocker und ſogar das ſtärkere Safrangelb); es folgen die
reizenden Lachsfarben, die bis zu einem ſatten erevette abgeſtuft zu
werden pflegen; aber auch ganz grelle Schattierungen werden nicht ganz
vernachläſſigt: beſonders brandrot iſt eine jener Farben, die gegenwärtig im Vordengrunde des Intereſſes ſteht.
in Leinen immer ausgezeichnet zur Geltung kommen; ebenſo ge=
hört
grün heuer zu den Modetönen der Saiſon, wird alſo auch wert, als ſie nicht nur beſtimmte Teile der Garderobe erfaßt,
in Leinen gerne gewählt. Unter den verſchiedenen Blau=Schat= ſondern eigentlich auf allen Gebieten erfolgreich iſt, ſo daß man
terungen wird zwar der Marinefarbe der Vorzug gegeben, doch ein Leienkleid, theoretiſch geſprochen, ebenſo für Strapazzwecke
erſcheint vielfach auch ein feines Hellblau immer wieder, wie auch wie au auch für nachmittägliche Gelegenheiten verwenden könnte.
ein zartes Blau=grün, das etwa als Türkis anzuſprechen wäre. Der Unterſchied liegt eben nicht im Materiale, ſondern in der

den jeweiligen Verwendungszweck deutlicher ausprägen wird.
letzten Endes entſcheidend iſt.
kann, iſt ſicherlich für die neue diſches Feld ſich hier eröffnet.
Mode charakteriſtiſch und es unter=

Die neue Leinenmode iſt inſofern eigenartig und beachtens=

Machart, da ja die Linie für / Zweifel, daß dieſe Tendenz ſich in Hinkunft noch
Wir wollen verſuchen, einige der vielen
Die Tatſache, daß man ein= Möglichkeiten der Verarbeitung des Leinens
und dasſelbe Material für die ver= an Hand einiger Skizzen zu illuſtrieren, die
ſchiedenſten Zwecke heranziehen gleichzeitig beweiſen mögen, welch’ weites mo=
Für Strapazzwecke wird man ſich ſicherlich
liegt wohl nicht dem geringften für ein Leinenkleid immer gerne entſchei=
den
, denn es iſt leicht und luftig, hat in ſeiner
Sachlichkeit einen ganz unvergleichlichen Schick
und wirkt überdies auch noch durch ſeine Farbe.
Die Form eines ſolchen Garderobeſtückes
iſt ganz einfach, um ſo mehr, als meiſtenteils
ſogar Rückſicht darauf genommen wird, das
betreffende Kleid der leichten Reinigung wegen
ganz öffnen zu können. Dies iſt denn auch
bei unſerem erſten Bilde der Fall. Der Rock
iſt hier nämlich mit einer ſchmalen Gürtelpaſſe
abgeſchloſſen, übergeſchlagen und in der Mitte
geknöpft, ſo daß er ſich bei der Wäſche außer=
ordentlich
leicht behandeln läßt. Die Bluſe iſt
glatt und nur am Ausſchnitte und an den
Aermeln mit andersfarbigem Leinen ausge=
ſchlagen
, über deſſen Waſchechtheit man ſich aber
vorerſt im klaren ſein muß.
Die breitrandigen, ganz ugeputzten Hüte
ſind wenn man ein ſolches Leinenkleid für
den Strand zu verwenden gedenkt un=
bedingt
das Richtige und ſehen außerordent=
lich
flott aus.
Zu den reizendſten Stücken der Garderobe
zählen die verſchiedenen Leinen=Koſtüme,
die ſich in Naturfarbe, in einem Paſtellton, aber
auch in dem traditionellen Marineblau vortreff=
lich
präſentieren.
Ein ſehr gutes Modell zeigen wir in un=
ſerem
Mittelbilde; es handelt ſich hier um
einen in ſeiner Vorderbahn leicht glockigen
Rock und um eine Jacke mit tiefen Revers,
bluſigem Effekt und Bindverſchluß in der Mitte.
Aber ſelbſt für elegante Promenade=
zweche
läßt ſich Leinen vorzüglich verwerten, da
zu jedem paſtellfarbenen Rohleinenkleide ein
entſprechender Cape=Paletot außerordentlich
ebegant iſt. Beſonders nette Wirkungen ſind
hier aus der Zweifarbigkeit zu holen,
indem wan etwa das Cape in abgetönter Schattierung in
zackiger Blendenform abkantet (letztes Bild).
Man ſieht alſo, daß die Leinenmode auf allen Gebieten ſieg=
reich
iſt und wird verſtehen, daß ſie den ungeteilteh Beifall der
eleganten Frau findet.
Willy Ungar.

Die Kleidung unſerer Kinder beim ſommerlichen Spiel.
Wenn wir unſere Kinder einmal recht ſtrafen wollen, dann
brauchen wir ſie nur im Zimmer feſtzuhalten, ihnen das Hin=
untengehen
wie ſie ihre Freiheit alles umfaſſend ſelbſt nennen,
zu verbieten. Im Freien bieten ſich ihnen ja täglich tauſend
Möglichkeiten zum Spiel, zur Zerſtreuung, zum Schreien, Toben

und Umhertollen. Ihr Körper verlangt geradezu gebieteriſch
nach ausgiebiger Bewegung, nachdem ſie ſtundenlang im Schul=
zimmer
ftill ſitzen mußten.
Dieſes Spiel, dieſer Aufenthalt im Freien, ſollte ihnen aber
nicht durch eine Kleidung erſchwert werden, die ihnen mit der
Mahnung zu größter Schonung, angezogen oder zugewieſen wird.

Sie ſollte ſo beſchaffen ſein, daß ſie ſich ohne Schädigung der=
ſelben
, ſowohl auf dem Sandhaufen vergnügen, wie auf der
Wieſe tummeln oder im Graſe wälzen können, wenn ihnen der
Sinn danach ſteht. Drellhoſen und Lindener Waſchſamtröckchen
und=bluſen, ſind bei leichter Unterkleidung immer am beſten dazu
geeignet, können auch einmal über Gebühr ſtrapaziert werden,

Stiefkinder der Mo
ſind merkwürdigerweiſe und ganz zu Unrecht jene
Kleider, die man nicht für die Straße, für den Nach=
mittog
oder für den Abend verwertet, jene Sachen
nämlich, die man nur im Hauſe trägt (und die
nicht gerade Pyjamas oder Schlafröcke ſind, denen
man immerhin einige Aufmerkſamkeit ſchenkt).
Für das Haushaltungskleid und alle ihm ähnli=
chen
Garderobeſtücke aber hat man im allgemeinen nur
ſehr wenig übrig; dies geht ſo weit, daß ſich nachgerade
die Sitte (oder beſſer geſagt: die Unſitte) eingebürgert
hat, für dieſe Zweche irgendein altes, abgetragenes
und ſchon unverwendbar=gewordenes Kleidungsſtück
heranzuziehen.
Wenn man ſich über die einzelnen einſchlä=
gigen
Garderobeſtück orientieren will, iſt es
ſicherlich am beſten, unſere Skizzen zu verfolgen,
die jedem Bedarfe Nechnung tragen und die
Wirtſchaftskleidung in all ihren Möglichkeiten
illuſtrieren.
Im Mittelpunkte des Intereſſes ſteht na=
türlich
das Kleid, das man in der Küche ver=
wendet
; hier iſt es vielleicht ſogar ein Fehler,
ein ganz einfarbiges Material zu wählen, da es
zweifellos allzu empfindlich wäre und ſchon nach
kurzer Benützung Flecken davontragen würde.
Deshalb iſt hier ſogar ein ziemlich ſtark= orna=
mentiertes
Material zu empfehlen, bei dem aber
auf tadelloſe Waſchbarkeit geſehen werden
muß.
Die Form eines ſolchen Kleides iſt ſehr
einfach: glatter Oberteil, ſchmaler Gürtel, glok=
kige
Rockpartie, um die Bewegungsfreiheit nicht
zu behindern. Kurze Aermel ſind natürlich
außerordentlich praktiſch und werden gerne mit
einem lichten, waſchbaren Streifen abgekantet.
Aus dem gleichen hellen Materiale iſt auch
der auswechſelbare Bubenkragen gearbeitet, der einem
ſolchen Kleide die appetitliche Wirkung ſichert (Skizze
links). Das gewickelte, weiße Kopftuch iſt für die
Küche eine sonditio sine gua non und wird von der
modernen Hausfrau auch als Selbſtverſtändlichkeit
empfunden und als ſolche auch wenn die Dame des Hauſes
nicht ſelbſt in der Wirtſchaft tätig iſt vom Küchenperſonale
unbedingt gefordert.
ueber das Küchenkleid muß man eine Wirtſchafts=
ſchürze
nehmen; ſie iſt entweder aus einfarbigem Waſch=
materigle
oder aus tadellos=waſchbarem Billrothbatiſt oder letzten
Endes auch aus dünnem Wachstuche verfertigt, das für dieſe
Bwecke geradezu ideal iſt. In jedem Falle hält man ſich an die

herkömmliche Latz=Form, die erprobt und beliebt iſt.
Dieſem Küchenkleide ähnlich iſt dis Aufmachung, die man
für die Gartenarbeit braucht und ſomit alſo auch für das Wochen=
endhaus
benötigt. Viele Damen geben hier dem overallartigen
Arbeitspyjama den Vorzug, der aus blauem Leinen hergeſtellt
iſt und wie ein Schloſſevanzug ausſieht; dieſe Garten=Dreß
vereinigt nämlich Zweckdienlichkeit mit modern=ſchicker Note und
iſt darum allenthalben gerne geſehen.

Wenn es ſich aber nicht um ſchwere Gartenarbeit,
ſondern nur um die üblichen kleinen Handgriffe han=
delt
, wird das Gartenkleid vorgezogen; man liebt
hier die bunten Kretonne, die an ſich ſchon ſo wirkungs=
voll
ſind, daß ſie keine komplizierte Form erheiſchen,
ſo daß man in dem bunten Materiale im allgemeinen
die gleiche Faſſon arbeiten kann, wie wir ſie für das
Küchenkleid empfohlen haben, um ſo mehr, als die
Wirkung in dem blumigen Gewebe ohnedies eine
grundverſchiedene ſein wird.
Die Gartenſchürrze aber iſt ganz anders im Schnitt
als jene Stücke, die man für die Küche braucht, da hier
die große Arbeitstaſche wichſtig erſcheint, die die
vordene Mitte einnimmt und für kleine Gartengeräte
(Schere uſw.) ſowie für Schnittblumen, Baſt u. dgl.
beſtimmt iſt.
Der breitrandige, an den Kanten gefranſte
Gartenhut iſt im hellen Sonmenſchei ſehr prak=
tiſch
und hat den Vorteil, gelegentlich auch für
den Strand verwertet werden zu können ( Mit=
telbild
unten).
Für die übliche Tätigkeit im Hauſe, die
gerne von der Hausfrau ſelbſt beſorgt wird,
alſo ewa für die kleinen Räume=Arbeiten, wird
gerne an eines der praktiſchen Strickmo=
delle
gedacht, die immer Freude machen, weil
ſie allen Anforderungen gerecht werden, niemals
zerknüllt oder unordentlich ausſehen und in
ihrer Neutralfarbe abſolut für dieſen Zweck das
Richtige ſind. Am praktiſchſten ſind die neuen,
ganz einfachen Strickſachen mit geraden Falten=
effekten
, die in der Muſterung und Art den
Tweeds nachempfunden und ſehr leicht und fein
in der Strickart, alſo für den Hausgebrauch
vorzüglich verwendbar, gelegentlich aber auch für
den vormittäglichen Einkauf und Spaziergang
brauchbar ſind (rechtes Bild).
Der Arbeitsmantel aus Leinen iſt für die
moderne Hausfrau ein wichtiges Garderoben=
requiſit
geworden.
Am ſorgfültigſten muß die Aufmachung für das
Kinderzimmer gewählt werden, denn hier obwalten
die Geſetze der Hygiene. Auch in dieſem Falle iſt ein
Strickkleid ſehr am Platze, da es ſich mit jedem
Waſchmittel leicht und gut reinigen läßt. Seine Form iſt na=
türlich
reſtlos einfach. Am liebſten entſcheidet man ſich für ein
Kleid, das in ſeiner Art dem in unſerer oberſten Skizze feſtgehal=
tenen
Modell ähnelt. Auch im Kinderzimmer ſoll man ſich daran
gewöhnen, die Haarbinde zu tragen und jene, denen ſie zur Selbſt=
verſtändlichkeit
geworden iſt, werden ſie ſicherlich nicht mehr miſſen
vollen.

Willy Ungar.

[ ][  ][ ]

Nummer 226

Seite 19

Un6 dur Maend siß.
Ein kleiner Roman von Hans Mitteweider.
Cophyright by Martin Feuchtwanger, Halle (Saale).
10)
Nachdruck verboten.
Abſeits im Schatten ſtand Dorothee und wartete lange.
Endlich aber rief ſie ſeinen Namen.
Er ſchaute ſie an.
Du haſt ſehr leichtſinnig gehandelt, ſprach ſie, und ent=
ſchuldigte
nicht deine große Liebe zu Roſemarie dein Tun, ſo
würde ich ſie dir nicht geben. Gott ſelber hat dir beigeſtanden,
daß du nicht zum Mörder wurdeſt, und wir wollen nie wieder
ein Wort über dieſe Vorgänge ſprechen.
Aber das Geld, Dorothee!"
Willſt du hingehen und nachſehen, ob er es bei ſich hatte?
Du würdeſt vergebens ſuchen, ſage ich dir. Er hat es längſt für
ſich verbraucht; er hat nie daran gedacht, es für dich arbeiten zu
laſſen, und erbarmungslos hätte er zugeſehen, wie du wegen
Untreue entlaſſen worden wäreſt, ſagte Dorothee hart.
Das ahnte ich! ſchrie er auf.
Du hätteſt ihm vorher nicht trauen dürfen. Du durfteſt
auch das Geld nicht nehmen, Hans.
Aber du haſt ihm doch ſelber getraut!
Ich? Vielleicht eine kurze Zeit bekannte ſie, aber dann
wußte ich, daß ich ihn nicht liebte, nie lieben würde.
Und ſie beſann ſich, wie Robert Henning ihr in den Weg
getreten war, wie er ihr die Binde von den Augen geriſſen hatte.
In demſelben Moment aber kroch es ihr eiskalt durch die
Adern.
Robert! wollte ſie ſchreien.
Dann jedoch atmete ſie erleichtert auf.
Nein, Robert Henning hatte nicht der Mörder Walter Her=
bergs
ſein können, denn er ſaß in einer Irrenanſtalt, wo er zeit
ſeines Lebens bleiben ſollte, eim Unglücklicher und vielleicht
ein zweites Opfer des Toten?
Dorothee hatte es damals gedacht, als ſie die Nachricht von
dem Srurz Hennings erhielt! Walter Herberg hatte am Steuer
geſtanden, und als Seemannskind wußte ſie, das es wohl mög=
lich
war, ein Schiff zum Schwoien zu bringen, daß aus den
Maſten ſtürzen mußte, wer ſich nicht feſthielt.
Wenn Walter Herberg das gedan hätte?
Weil er ihr damals nachgeſchlichen war und gehört hatte,
daß Robert ihn verriet?
Konnte es denn anders ſein?
Aber trotzdem war Robert nicht der Mörder Herbergs. Er
konnte es nicht ſein.
Und während ſie das noch dachte, innerlich froh, ertönden
draußen abermals eilende Schritte, und wieder machten ſie vor
dem Häuschen halt; aber diesmal wurde die Tür nicht aufge=
riſſen
, jemand klopfte nur, leiſe ſogar, an, und dann fragte eine
Stimme:
Sind Sie noch auf?
Da erbebte Dorothee bis ing innerſte Herz.
Longo! rief es in ihr.
Sie hatte die Stimme ſofort erkannt.
Und laut rief ſie:
Komm herein, Longo!
Er kam herein, ebenfalls die Kleidung vom Nebel durchmäßt;
aber ſeine Augen leuchteten auf, als ſein Blick auf Dorothee fiel.
Jäh ſchoß eine Blutwelle in deren Wangen. Sie wollte die
Lider ſenken vor ſeinem Blick, aber ſie konnte es nicht, und ihr
war, als dränge ihr Leuchten wärmend in ihr Herz, das ftürmiſch
ſchlug wie kaum je zuvor.

Sonntag, den 17. Augnſt 1930
Er aber ſchien nur ſie zu ſehen; er trat zu ihr und bot ihr die
Hand, die ſie ohne Zögern ergriff, um freilich ſogleich wieder zu
erröten, als ſie deren Druck ſpürte.
Da aber gab er ſie frei. Er nickte ihr nur noch zu, wie man
einem alten, guten Gefährten zunickt, der einen ohne viele Worte
verſteht. Dann wandte er ſich Roſemarie zu, gab auch ihr die
Hand, gleichzeitig die Hans Dennhardts ergreifend; und wäh=
rend
er die beiden ſo feſthielt, ſagte er ernſt:
Ich wußte, daß ich dich hier finden würde, Hans. Du hät=
teſt
dir all deine Angſt erſparen können, hätteſt du noch zu hören
vermocht. Ich rief dich
Sie riefen mich, Kaptiän? ſtieß der junge Mann erregt her=
vor
. Wo ſoll das geweſen ſein?
Dort, wo Sie ſo furchtbar erſchraken, Hans, erwiderte
Loeben, ihn ebenfalls mit dem Sie anredend, das Hans gebraucht
hatte.
Dort 2 ſtammelte Dennhardt.
Sie waren dort? fragte auch Roſemarie.
Er aber lächelte ſie an und erwiderte frank und frei:
Ja, ich war dort!
So wiſſen Sie, daß mein Hans kein Mörder iſt? jauchzte
Roſemarie.
Ich weiß es und kann es beſchwören.
Und was was hatten Sie gerade dort zu tun? fragte
Hans.
Da ſchaute Longo von Loeben ihm tief in die Augen, die noch
verſtört waren von dem ausgeſtandenen Schrecken, und ſagte
ernſt:
Ich könnte, dieſe Frage zurückgeben, Hans Dennhardt,
könnte wiſſen wollen, warum Sie ſich mit Walter Herberg an
jener einſamen Stelle verabredeten. Würden Sie mir die Wahr=
heit
ſagen?"
Da ſenkte der junge Mann den Kopf; aber ſchon ſtand Doro=
thee
neben ihm und legte ihm die linke Hand auf die Schulter.
Hans! rief ſie mahnend.
Doch Longo von Loeben wehrte ihr.
Laſſen Sie ihn! Er ſoll ſich nicht ſelbſt erniedrigen vor mir,
der ich ihm doch fremd bin noch
Er ſchaute bei dieſem letzten Worte wieder auf Dorothee, und
wieder überflutete tiefe Röte deren Geſicht, aber wieder hielt ſie
ſeinen Blick aus.
Er nickte ihr abermals zu. Dann ſagte er:
Ja, Hans, noch bin ich Ihnen fremd ich will ſagen fremd
geworden, wie es mir mit ſo vielen hier ergeht. Aber einſt kann=
ten
Sie mich, nicht wahr? Da waren Sie freilich noch ein
Klippſchüler.
Ich habe Sie damals bewundert, Herr von Loeben.
Soſo! Sehr ſchmeichelhaft, Dennhardt, aber nicht reden wol=
len
wir davon, ſondern davon, daß Sie noch nicht gelernt haben,
den Freund vom Feind zu unterſcheiden. Deshalb will ich Ihnen
etwas ſagen, und ihr beide, Roſemarie und Dorothy, ihr ſollt es
hören, denn deswegen bin ich mit hier.
Aber zunächſt muß ich das Wichtigſte erledigen. Hier, Hans,
ſtecken Sie das wieder zu ſich.
Er hielt dem jungen Manne etwas entgegen, und die
Schweſtern ſahen, daß es eins jener Seemannsmeſſer war, die
in einer Scheide getragen werden.
Entſetzt zuckten ſie zuſammen.
Hans! ſchrie Roſemarie auf.
Doch Longo von Loeben hob leicht die Hand.
Nicht erſchrecken, Kind! bat er. Es war eine dunkle Stunde
für Hans, als er dorthin ging. Er war vielleicht auch fährg,
Böſes zu tun er hätte das Meſſer hier gebraucht.
Wären Sie ihm nicht nachgegangen und hätten ihn davon
abgehalten! rief Dorothee.
Da ſchaute er zum dritten Male in ihre Augen, ohne zu
ſprechen, und ſie ſtammelte errötend:
Du, Longo! Verzeih

Und zum dritten Male nickte er lächelnd.
Ja, ich war hinter ihm. Jetzt will ich auch ſagen weshalb.
Hans Dennhardt, Konſul Bruggmann wußte, daß Sie ihm das
Geld unterſchlagen hatten. Er wußte auch, wem Sie es gaben..."
Oh, mein Gott! ſtöhnte der junge Mann auf und brach in
einem der Stühle zuſammen, das Geſicht mit beiden Händen ver=
hüllend
.
Er wußte es, fuhr Longo ruhig fort, Roſemarie, die zu
ihrem Verlobten eilen wollte, durch einen Wink zurückhaltend.
Ja, er wußte es und übertrug Ihnen doch ſeine Vertretung in
Stockholm. Er verlor kein Wort darüber, als ſie von ihm ein
Darlehen erbaten. Er war froh, daß Sie auf dieſe Weiſe die
Schuld tilgen konnten. Er glaubt, daß dieſe eine Erfahrung für
Ihr ganzes Leben reichen wird. Und er ſagte es mir.. ."
Ihnen? ſtöhnte Hans Dennhardt auf.
Ja, mir, und er durfte es, denn ich hatte ihn etwas gefragt;
das betraf jenen gleichen Mann, der Ihnen die Ehre rauben
wollte. Auch mir hatte er etwas zu rauben geſucht ſeine
Blicke trafen Dorothee ; ich wußte, daß Sie ſich mit ihm treffen
wollten. Ich wollte Zeuge Ihrer Unterredung ſein. Ich war
Ihnen etwas vorausgeeilt; der dichte Nebel war günſtig. Ich
ſtand ſchon da, ehe Sie kamen und noch vor Ihnen kam ein
anderer
Robert Henning! murmelte Dorothee tonlos.
Er war es, beſtätigte Longo von Loeben. Ich wußte, daß
er aus der Irrenanſtalt entſprungen war.
Woher wußteſt du es? fragte Dorothee, ihn ſcharf an=
blickend
.
Man hat es mir mitgeteilt, erwiderte Longo ausweichend.
Dir? Warum gerade dir?
Da zuckte er mit den Achſeln; ſchwieg aber.
Doch ſie trat vor ihn hin. Ihre Augen leuchteten auf, wäh=
rend
ſie mit leicht bebender Stimme ſprach:
Weil du der einzige warſt, der ſich ſeiner annahm!? Weil
du die Pflege in der Anſtalt für ihn bezahlteſt!?
Ja, gab er ohne weiteres zu.
Und nun ſprich, bat ſie.
Es iſt nicht mehr viel. Ich ſtand da und wartete. Dicht
vor mir war Herbeng. Da kam es plötzlich angekrochen; Zweige
knickten. Ich wußte, daß es nicht Hans Dennhardt ſein konnte,
weil er den Weg heraufkommen mußte, wo kein Buſchwerk ſtand.
Doch Herberg ſchöpfte keinen Verdacht. Ich hörte ihn leiſe und
höhniſch lachen, und dann dann ſchrie er jäh auf und fiel . . ."
Als ich meine elektriſche Lampe hervorzog, um zu ſehen, was ge=
ſchehen
war, kam Hans. Er ſtolperte, fiel, entdeckte den Körper
auf dem Boden, griff in das Blut und floh . ."
Es war fürchterlich! hauchte Hans Dennhardt.
Dorothee aber ſchaute unverwandt in das Geſicht Longos.
Dieſer ſprach weiter:
Ich erkannte Hans an der Stimme, ich ließ ihn laufen. Ich
wußte, wo ich ihn finden würde. Ich knipſte die Lampe an, ſah
das Meſſer liegen noch in der Scheide und ſteckte es ein.
Das andere ließ ich in der Wunde in der Bruſt des Toten; dann
ging ich, den Mörder zu ſuchen.
Und fandeſt ihn auf einer Bank in den Anlagen7 vollendete
Dorothee, einem inneren Zwange gehorchend.
Longo nickte.
Und dort? fragte ſie.
Und dort erfuhr ich aus ſeinem Munde, warum er entflohen
und zum Mörder geworden war, erwiderte der Kapitän lang=
ſam
.
Und? fragte ſie weiter.
Und ich ging zu dir, um dich zu holen. Er verlangt nach
dir."
(Schluß folgt.)

Hancder Sastr Hrs, Hirar Hi en iet
bd4

Aes rel Tafels

Entweder:
Man nimmt das Paket aufrecht in die linke
Hand mit der Vorderſeite dem Körper zu=
gekehrt
, greift mit den Fingern der rechten
Hand oben über die Verſchlußklappe (deren
Kante durch das Papier zu fühlen iſi)u. reißt
ſie hoch (wie aus der Abbildung erſichtſich).

Oder:
Man legt das Paket mit der Vorderſeite
nach unten auf einen Tiſch und ritzt mit dem
Küchenmeſſer oder dergleichen die obere
Verſchlußklappe ein. Das Paket läßt ſich
dann leicht mit der Hand öffnen.

Auf je 3 Eime
Waſſer kommt
1 Paket Perſil

Die Waſch=
lauge
wird
kalt bereitet

DieWäſchewird
nur einmal
kurze Zeit gekocht

[ ][  ]

Seite 20

Sonntag, den 17. Auguſt 1930

Nummer 226

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Sonntag, den 17. Augusti
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Mittagstisch Mk. 2.00
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Sie arbeitet ohne Gewinn und kann infolgedessen durch
niedrige Preise auch dem wenig Begüterten den Besuch des
Landestheaters ermöglichen. Die Bedingungen
für Aas Spieljahr 1930/31
sind die vorjährigen.
Die Volksbühve errichtet folgende Gemeinden:
G 9 Schauspiele und 9 Opern 10 mal 3.45 im Jahr
F6 Schauspiele und 6 Opern 10 mal 2.30 im Jahr
MI 3 Schauspiele und 3 Opern 10 mal 1.15 im Jahr
P Fremdengemeinde (Vorstellungen nur Sonntags)
3 Schauspiele und 3 Opern 10 mal 115 im Jahr
W Jugendgemeinde
3 Schauspiele und 3 Opern 8 mal 0.75 im Jahr
U Jugendgemeinde (Vorstellungen nur Sonntag nachmitt.)
1 Schauspiel und 2 Opern 4 mal 0.75 im Jahr
H. Konzertgemeinde
8 Konzerte 8 mal 1. im Jahr.

Eintrittsgeld 0.50. Jugendgemeinden 0.25.
Weitere Ausgaben entstehen nicht. Der Theaterzettel und
die Blätter der Volksbühne werden kostenlos geliefert. Aus=
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8.20

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Beginn

Beginn 2 Uhr (F.12518

an ihre bisherigen Mitglieder und an alle, die teilhaben
wollen an den Kulturgütern, die das Landestheater spendet

Das lockende Ziel

In den Hauptrollen:

lean Muraft, Suzanne
Ghristy, Henry Krauss,
Tommy Bourdelle

Die ergreifende, wuch-
tige
Handlung dieses Filmes, die
Phantastik seiner herrlichen und
oft fast dämonischen Seebilder,
seine Dramatik, seine Spannung,
das alles bezwingt uns anf eine
gänzlich neue bisher bei einem
Film unbekannte Weise.

des Kosakenführers Saragin
Fanatisch im Kampf. unerbittlich im
Haß, flammend in der Liebe, edles, heißes,
wildes Blut.
Im Film erstehen die Gestalten gleich
wie in einer Ballade, sie bekommen
Fleisch u Blut, wir erleben ihr Schicksal.
Regie: deorg Asagaroff
Weitere Hauptdarsteller:
Fritz Kampers, Hertha v. Walther
Dazu das bunte und aktuelle
Beierogramm.

Der Aufstieg
eines goltbegnadeten Sängers
Die Hochflut der Begeisterung wächst.
wenn Tauber in prachtvoller Weise Teile
aus der Oper Martha zu Gehör bringt
oder wenn er als der gefeierte Toni
Lechner seiner Leni zum Abschied bei
deren Trauung das Hochzeitslied singt.
Regie: Max Reichmann.
Lieder: Fritz Rotter. Musik: Paul Dessau

Im Beiprogramm:
Micky, die kleine Tonfilm-Maus in:
Der rasende Gaucho

Die Liebesabenteuer

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sind heute trotz der schlechten Wirt-
schaftslage
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Stenographen u. Maschinenschreiber
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