Darmstädter Tagblatt 1926


21. Dezember 1926

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Wöchentliche illuſtrierte Beilage: Die Gegenwart, Tagesſpiegel in Bild und Wort
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Nummer 353
Dienstag, den 21. Dezember 1926. 189. Jahrgang

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Streſemann
Ehrung Streſemanns.
Streſemann über die deutſche Außenpolitik.
Hamburg, 20. Dezember.
Reichsminiſter des Aeußeren. Dr. Streſemann begab ſich
heute vormittag in Begleitung des Bürgermeiſters von Ham=
burg
, Dr. Peterſen, vom Hotel Vier Jahreszeiten wo er Woh=
nung
genommen hat, nach dem Hamburgiſchen Welt= Wirtſchafts=
archip
, wo Geheimrat Stuhlmann einen Bericht über die Auf=
gaben
und die Organiſation des Archivs erſtattete. Nach einem
Rundgange durch die Räume des Archivs begab ſich der Mini=
ſter
zum Inſtitut für auswärtige Politik, wo deſſen Leiter, Prof.
Dr. Mendelsſohn=Bartholdy, einen kurzen Ueberblick über die
bisherige Entwicklung des Inſtituts gab und dem Reichsmini=
ſter
ein gebundenes Exemplar der Zeitſchrift Europäiſche Ge=
ſpräche
überreichte. Im Anſchluß hieran ſtattete der Miniſter
dem Inſtitut für Tropenkrankheiten einen Beſuch ab. Auch hier
beſichtigte der Miniſter verſchiedene Abteilungen des Inſtitutes
und nahm einen Vortrag des Profeſſors Dr. Fülleborn über die
Tätigkeit des Inſtitutes entgegen. Um 1 Uhr fand ſodann ein
Frühſtück ſtatt, das der Bürgermeiſter Dr. Peterſen dem Reichs=
miniſter
in ſeinem Hauſe gab.
Im großen Feſtſaal des Rathauſes gab der Senat heute
abend anläßlich des Beſuches des Reichsminiſters Dr. Streſe=
mann
ein Eſſen, an dem außer führenden Perſönlichkeiten aus
Politik, Wirtſchaft und Wiſſenſchaft das geſamte Konſular=
korps
in Hamburg ſind jetzt faſt ſämtliche Staaten der Erde
vertreten teilnahmen. In ſeinen Begrüßungsworten hob Dr.
Peterſen die Bedeutung der Vermittlerrolle hervor, die die
Hanſeſtädte ſeit ihren Anfängen in den Beziehungen zwiſchen
Deutſchland und dem Ausland erfolgreich durchgeführt haben.
Sie hätten ein gut Teil dazu beigetragen, jene Einſchätzung
Deutſchlands im Auslande mit zu ſchaffen, die Reichsminiſter
Dr. Streſemann erneut aufzubauen erfolgreich bewtht ſei. Bür=
germeiſter
Dr. Peterſen gedachte dann der letzten Tagung in
Genf, auf der Reichsminiſter Dr. Strefemann jene klare und ge=
rade
Linie der Politik vertreten habe, die von der deutſchen Re=
publik
ſeit 1919 verfolgt worden ſei, jene Politik, deren Leitmotiv
der Glaube an den Willen der Menſchheit zum wahren Frieden
und nach einer gerechten Verſtändigung ſei. Er glaube, Reichs=
miniſter
Streſemann am erwünſchteften zu ehren, wenn er ſeine
Worte ausklingen laſſe in einem Hoch auf die Führer aller Völ=
ker
, die in Treue zum Weſen der eigenen Nation und in Ach=
tung
vor dem der fremden den Frieden der Welt zu ſichern be=
reit
ſind.
Der belgiſche Generalkonſul Moulaert verlieh im
Namen des geſamten Konſularkorps der Freude darüber Aus=
druck
, daß es Gelegenheit gehabt habe, Reichsminiſter Dr. Streſe=
mann
perſönlich kennen zu lernen; er ſtellte die fortſchreitende
Verbeſſerung des wirtſchaftlichen Lebens in Deutſchland feſt, ge=
dachte
der großen Verdienſte Dr. Streſemanns auch um die im
Konſularkorps vertretenen Länder, die im Nobelpreis ihre ge=
ziemende
Anerkennung gefunden habe, und ſchloß mit einem
Hoch auf die Reichsregierung.
Dann führte Dr. Streſemann unter anderem folgendes
aus: Mit Genugtuung glaube ich ſagen zu können, daß die
Grundgedanken unſerer Außenpolitik immer mehr
auch in denjenigen Kreifen Wurzeln ſchlagen, die
ihnen zunächſt zweifelnd oder ſogar ablehnend gegen=
überſtanden
. Es iſt ein Beweis für den geſunden Kern
unſeres Volkes, daß es ohne Aufgabe ſeines Stolzes auf ſeine
Ueberlieferungen ſobald nach dem kataſtrophalen Ausgang des
Weltkrieges immer ſicherer den Weg erkannt hat, der in die Zu=
kunft
führt. Ich bin feſt überzeugt, daß Deutſchland niemals
den Glauben an den Willen der Menſchheit zum wahren Frieden
und zur gerechten Verſtändigung verleugnen wird. In ihm liegt
eine bedeutſame Syntheſe von Ideal und Realität. Schwierige
Hinderniſſe gilt es noch zu überwinden und Rückſchläge
werden auch in Zukunft nicht ausbleiben. Aber dieſe dür=
fen
uns nicht in der Erkenninis beirren, daß der von uns ein=
geſchlagene
Weg, richtig iſt und ſchließlich zum Ziele
führen muß. Nach dem Ergebnis der letzten Reichstagsver=
handlungen
darf ich mit Genugtuung feſtſtellen, daß Schwankun=
gen
innerpolitiſcher Art an dieſem Kurs der deutſchen Außen=
politik
nichts ändern werden, der ſich heute auf die Zuſtimmung
der überwältigenden Mehrheit des deutſchen Volkes zu ſtützen
vermag.
Einen Schritt vorwärts auf unſerem Wege bedeutete das
Ergebnis der letzten Genfer Tagung. Dort iſt es gelun=
gen
, eine grundſätzliche Regelung für zwei ſchwierige Fragen zu
finden, die dem Fortſchreiten der politiſchen Entwicklung bisher
im Wege ſtanden. Vom deutſchen Standpunkt aus dürfen wir
es als Fortſchritt bezeichnen, daß dabei die Entwaffnungs=
aktion
, wie ſie uns durch den Verſailler Vertrag auferlegt
wurde, nunmehr allſeitig als durchgeführt anerkannt
worden iſt. Das iſt eine wichtige Etappe, aber freilich doch nur
eine; denn ich will offen ausſprechen, daß es auf die Dauer ein
unmöglicher und mit der Gleichberechtigung im Völkerbund un=
vereinbarer
Zuſtand iſt, die allgemeine Rüſtungsfreiheit
beſtehen zu laſſen und dabei einem einzelnen Staat die
volle Entwaffnung vorzuſchreiben und ihn
einſeitig zu kontrollieren. Dieſen Zuſtand zu beſei=
tigen
, iſt eine Aufgabe, die im Zuſammenhang mit dem allge=
meinen
Abrüſtungsprogramm unbedingt gelöſt werden muß. Die
Welt wird Verſtändnis dafür haben, daß Deutſchland ſeinen Wil=
len
zur loyalen Innehaltung der Entwaffnungsbeſtimmungen
und die Anerkennung der Inveſtigationsbefugniſſe des Völker=
bundes
nicht betonen kann, ohne gleichzeitig auszuſprechen, daß
auch der Gedanke der allgemeinen Abrüſtung ſeiner
Verwirklichung zugeführt wird. Vielleicht liegt der
wertvollſte Erfolg von Genf darin, daß die Methode offener
Ausfprache, für die der Völkerbund einen ſo hervorragend geeig=

in Hamburg.
neten Nahmen abgibt, ſich wiederum voll bewährt hat. Wir be=
finden
uns noch im erſten Anfangsſtadium einer neuen europäi=
ſchen
Entwicklung und es iſt gerade in dieſem von Bedeutung,
daß die leitenden Staatsmänner dem Vertrauen der
Völker auf jene Entwicklung ſo oft als möglich durch ſicht=
bare
Ereigniſſe neue Nahrung geben. Das iſt
in Genf geſchehen.
Zugleich iſt mit den erzielten Ergebniſſen der Weg freige=
macht
für die praltiſche Inangriffnahme anderer außenpolitiſcher
Probleme, die an Bedeutung die bisher geregelten Fragen noch
weit übertreffen dürften. Der Grundgedanke, von dem die be=
teiligten
Staatsmänner ausgehen müſſen, wenn die Löſung der
Probleme gelingen ſoll, iſt die Erkenntnis der Soli=
darität
der Intereſſen, die die Völker Europas unter=
einander
und darüber hinaus die Völker Europas mit den übri=
gen
Völkern der Welt verbinden. Das Werk von Locarno und
der Eintritt Deutſchlands in den Völkerbund haben eine gute
und ſichere Grundlage für dieſe Politik der Solidarität der In=
tereſſen
gelöſt. Die geſchloſſenen Verträge würden ein toter Buch=
ſtabe
bleiben, wenn es nicht dazu käme, im großen Geiſt der Ver=
ſtändigung
darauf weiter zu bauen und ſo das Gebäude zu er=
richten
, das den Völkern ein friedliches Nebeneinanderwohnen
und Miteinanderarbeiten ermöglicht.
Der Reichsaußenminiſter trifft am Dienstag wieder in
Berlin ein.
Streſemann über die deutſch=franzöſiſchen
Wirtſchaftsbeziehungen.
* Paris, 19. Dezember. (Priv. Tel.)
Die Juformation Economique et Financiere, das Pariſer
Finanz= und Handelsblatt, hat eine Sondernummer herausge=
geben
, die der deutſch=franzöſiſchen wirtſchaftlichen Annäherung
gewidmet iſt und in der Aufſätze von u. a. Dr. Streſemann, Dr.
Curti1s, Generaldirektor Dr. Deutſch, Franz von Mendelsſohn,
Louis Hagen, Außenminiſter Briand erſchienen ſind. Sämtliche
Verfaſſer ſprechen ſich warm für eine Annäherung zwi=
ſchen
Deutſchland und Frankreich aufwirtſchaft=
lichem
Gebiete aus und bezeichnen dieſes Problem zum
Teil als das Schickſalsproblem Europas. Dr. Streſe=
mann
ſchreibt u. a., es ſei eine beſonders nützliche Aufgabe, die
deutſchen und die franzöſiſchen Wirtſchaftskreiſe zu einem beſſeren
Sichkennenlernen zu veranlaſſen. Dies würde die Entwicklung
des deutſch=franzöſiſchen Wareaustauſches ſehr fördern, zumal im
Augenblick ein endgültiger deutſch=franzöſiſcher Handelsvertrag
erörtert wird. Streſemann ſagt weiter, aus dem Stand der
Verhandlungen könne die Hoffnung geſchöpft werden, daß ſie
bald zum Ziele kommen und weiter zu dem deutſch=franzöſiſchen
Einvernehmen beitragen werden.
Die vertagte Kriſe.
Von unſerer Berliner Redaktion.
Der Reichspräſident hat ſich nach Anhörung der
Parteiführer entſchloſſen, die Verſuche zur Bei=
legung
der Kriſe bis in den Januar zu vertagen.
Das entſpricht durchaus den Erfahrungen der Vengangenheit.
Es ſei nur daran erinnert, daß 1924 das Kabinett Marx am
10. Dezember zurücktrat und das neue Kabinett Luther erſt am
15. Januar zuſtandekam. Am 5. Dezember 1925 ſtürzte das erſte
Kabinett Luther, und dann dauerte es damals ſogar bis zum
20. Februar, bis die Kriſe überwunden war. Auch diesmal wird
vermutlich das geſchäftsführende Miniſterium bis mindeſtens
Mitte Januar die Aemter verwalten müſſen, ehe ein brauchbares
Erſatzkabinett gefunden iſt. Dem Reichspräſidenten ſind von den
Parteiführern die verſchiedenſten Anſchauungen vorgetragen
worden. Teils iſt ihm geraten worden, den ganzen umſtändlichen
Weg über die Oppoſition zu gehen. Die Deutſchnationalen haben
demgegenüber darauf hingewieſen, daß das nur Zeitverſchwen=
dung
ſei. Sie konnten ſich darauf berufen, daß der frühere
Reichspräſident Ebert ſich an ſolche Formalitäten nicht gehalten
habe. Sie wollen offenbar darauf abkommen, daß der Reichs=
präſident
eine Perſönlichkeit außerhalb des deutſchnationalen
Lagers, die aber ihrer ganzen Grundeinſtellung nach rechts gerich=
tet
iſt, mit der Kabinettsbildung betrauen ſoll. Die Sozialdemo=
kraten
wieder haben inzwiſchen eingeſehen, daß ihnen die Felle
der Großen Koalition durch ihre eigene Taktik für abſehbare Zeit
weggeſchwommen ſind. Sie erklären ſich jetzt bereit, ein neues
Kabinett der Mitte zu unterſtützen mit dem harmloſen, aber poli=
tiſch
entſcheidenden Zuſatz, daß in der Perſönlichkeit des Kanz=
lers
und der Miniſter die Grundeinſtellung nach links unverkenn=
bar
ſein müſſe. Dieſe Andeutungen ſpitzen ſich immer mehr auf
den Reichswehrminiſter Dr. Geßler zu, den die Sozialdemo=
kraten
unter allen Umſtänden wegbeißen wollen. Aber gerade
daran wird der Reichspräſident ungern rühren laſſen. Er lehnt
die ſozialdemokratiſchen Pläne über die Neuorientierung der
Reichswehr mit aller Entſchiedenheit ab, und es war hier ſchon
ein öffentliches Geheimnis, daß die Verfolgung dieſer Ziele auch
ſchließlich eine Präſidentenkriſe im Gefolge hat, weil Herr von
Hindenburg nicht nur als alter Soldat, ſondern auch nach ſeiner
Staatsauffaſſung ſich dagegen wehrt, daß die Reichswehr zwangs=
weiſe
politiſiert werde. Viel klüger wird alſo Herr von Hinden=
bung
durch die verſchiedenen Vorträge der Parteiführer nicht
geworden fein. Er wird auch unabhängig hiervon ſich ſeinen
Weg ſelbſt ſuchen müſſen, gegenüber dem es vielleicht nicht ein=
mal
falſch war, wenn jetzt einige Wochen ins Land gehen wür=
den
, ehe eine Entſcheidung geſchieht, wenn auch natürlich für die
außenpolitiſchen Verhandlungen die Stellung eines nur geſchäfts=
führenden
Miniſteriums unangenehm geſchwächt iſt.

Polen vor dem Völkerbund.
Von
Rolf Wingendorf, Danzig.
Vor nicht langer Zeit wurde in Genf von Polen ironiſch
immer nur als von dem beſten Klienten geſprochen. Jetzt iſt
Polen ſelbſt Mitglied des Völkerbundsrates. Der Erfolg ſcheint
der zu ſein, daß aus dem beſten Klienten der ſtärkſte Hemmſchuh
geworden iſt, denn Polens Stellung auf der letzten Ratstagung
war ſowohl in der deutſchen Abrüſtungsfrage wie in der Frage
der Danziger Finanzſanierung eine ausgeſprochen hemmende,
Der Außenminiſter der Regierung Pilſudſki, Zaleſki, hatte
anſcheinend die Abſicht, ſich diplomatiſche Lorbeeren zu verdienen
und zu beweiſen, daß Polen eine Großmacht ſei.
Die Einleitung zu dieſem Vorgehen gab die polniſche Ge=
ſandtſchaft
in London, die kurz vor der Ratstagung ein Feſteſſen
veranſtaltete, bei dem der polniſche Geſandte Skirmunt in
einem Vortrag ſich dgrüber beklagte, daß man in England Polen
noch nicht als Großmacht richtig würdige. In der Zeit darauf
wußte die offizöſe polniſche Preſſe dann über dauernde angeblich
erfolgreiche, Aktionen des polniſchen Außenminiſters bei
Briand, Chamberlain und Titulescu zu berichten.
Ueberall erſchienen Ueberſchriften wie. Der Gegenangriff Za=
leſkis
oder Die polniſche diplomatiſche Offenſive‟. Zweck dieſer
Offenſive ſollte ſein, die Aufhebung der Militärkontrolle in
Deutſchland zu verhindern. Mit dem Erfolg dieſer Aktion iſt
man jedoch anſcheinend jetzt recht unzufrieden. Die polniſchen
Blätter laſſen durchblicken, daß man in Genf Polen nicht genü=
gend
beachtet habe, und zum erſten Male wagt man ſogar, Frank=
reich
anzugreifen, wobei man ſich allerdings auf die Perſon
Briands beſchränkt. Die polniſchen Blätter haben jetzt unter
ihrem eigenen Fehler zu leiden, weil ſie vorher den bevorſtehen=
den
diplomatiſchen Sieg Polens zu ſehr feierten und eine Kon=
trolle
durch den Völkerbund in Deutſchland durchaus ablehnten.
Man kann daher das jetzige Ergebnis in Polen nicht auf der
Erfolgſeite verbuchen, wagt aber auch eine Niederlage Polens
nicht einzugeſtehen, ſondern beſchränkt ſich auf gehäſſige Ausfälle
gegen Deutſchland, was ja in Polen immer eine beliebte Ab=
lenkungsmethode
iſt, und fpart auch nicht mit gelegentlichen
Seitenhieben auf Briand.
Mehr zufrieden ſcheint Polen mit der Löfung der Danziger
Frage. Ja, die polniſche Preſſe hat ſogar nach dem erſten Ein=
treffen
von Nachrichten aus Genf ein Triumphgeſchrei erhoben
und die Entſcheidung des Finanzkomitees als polniſchen Sieg
hingeſtellt. Tatſächlich ſcheint es auch, als ob man beim Völker=
bund
in der Danziger Frage jede feſte Stellungnahme gegenüber
Polen vermeidet, denn ſonſt erſcheint es unverſtändlich, wie man
ſich eine ſolche Verſchleppungstaktik, wie ſie die polniſche Dele=
gation
anwandte, gefallen laſſen konnte. Sowohl in der Frage
des Tabakmonopyls wie auch in der Anleihefrage wirkte Polen
als Bremsſchuh. Der Völkerbund bzw. das Finanzkomitee hatte
Danzigs Sanierungsmaßnahmen durchaus anerkannt und zum
Beiſpiel auch das Beamtennotopfer, d. h. den freiwilligen Verzicht
der Beamten auf einen Teil ihres Gehalts, entſprechend gewür=
digt
. Nur Polen erhob Bedenken, und zwar aus einem Grunde,
der mit der Sache an ſich gar nichts zu tun hat, nämlich, weil
dieſes Notopfer der polniſchen Regierung nicht die Möglichkeit
gibt, auch die Gehälter der Beamten der polniſchen Eiſenbahn=
direktion
in Danzig entſprechend zu kürzen. Der Völkerbund
aber weiſt dieſen Einwurf nicht etwa als nicht zur Sache gehörig
zurück, ſondern empfiehlt eine Verſtändigung. Aehnlich liegen
die Dinge in der Frage des Tabakmonopols, wo Polen, das die
zollfreie Einfuhr von Rohtabak geſtatten ſoll, in ganz kleinlicher
Weiſe an einzelnen techniſchen Fragen der Monopolbewirtſchaf=
tung
herummäkelt. Wenn daher auch in dieſer Völkerbunds=
tagung
die Verhandlungen über eine Anleiheempfehlung durch
den Völkerbundsrat noch nicht zum Abſchluß gelangt ſind, ſo
liegt die Schuld in erſter Linie an der abſichtlichen Verzögerung
der Verhandlung der Frage durch Polen.
Leider aber hat auch der Völkerbund in gewiſſer Hinſicht ver=
ſagt
. Danzig iſt es ja gewohnt, daß die Danziger Fragen ver=
ſchleppend
behandelt werden, und daß man im Völkerbund nur
zu geneigt iſt, dem größeren Nachbar Danzigs, Polen, Zugeſtänd=
niſſe
zu machen. Der Völkerbund hat aber ſpeziell den Schutz
der Freien Stadt übernommen. Die Freie Stadt iſt durch
Schwierigkeiten, die nicht in ihrem Machtbereich lagen, in erſter
Linie durch den Wirtſchaftskrieg Polens, durch den Sturz des
polniſchen Geldes und die ſchlechte Wirtſchaftslage des polniſchen
Staates, in finanzielle Nöte geſtürzt worden. Man durfte alſo
mit einem gewiſſen Recht erwarten, daß der Völkerbund als
Schutzherr aktiv helfend eingreifen würde. Die Aktivität aber iſt
allein der Freien Stadt überlaſſen geblieben. Zwar muß aner=
kannt
werden, daß das Finanzkomitee des Völkerbundes ſachlich
wertvolle Arbeit in der Danziger Sanierungsfrage geleiſtet hat.
Der Völkerbundsrat aber hat ſeine Hauptaufgabe nicht erfüllt.
An ihm hätte es gelegen, die Danziger Sanierung zu einem
guten Ende zu führen, indem er Polens retardierenden Einfluß
ausſchaltete. Der Völkerbund hat aber auch diesmal nicht den
Mut gefunden, auf Polen einen Druck in der Hinſicht auszuüben,
daß es Danzig keine neuen Schwierigkeiten macht, er hat es ver=
mieden
, darauf hinzuweiſen, daß es die Nöte der engen wirt=
ſchaftlichen
Gebundenheit an Polen ſind, die auf Danzig laſten,
und hat als einzigen Ausweg die perſönlichen Verhandlungen
empfohlen.
Wenn Polen heute Siegeshymnen anſtimmt, ſo iſt das be=
ſtimant
unberechtigt: doch darf nicht verkannt werden, daß an=
ſcheinend
immer noch die großen außenpolitiſchen Verhandlungen
zwiſchen den Staaten ihren Einfluß auf die Danziger Frage aus=
üben
, daß man den Weg zu rein ſachlichen Verhandlungen
immer noch nicht hat finden können und die Nöte eines kleinen
Staatsweſens, das noch dazu unter dem Protektorat des Völker=
bundes
ſteht, dazu benutzt, politiſche Kompromiſſe zu ſchließen.
Auf jeden Fall hat man Polen die bittere Pille der Ablehnung
ſeiner Anträge in der Frage der Militärkontrolle nicht noch mehr
verbittern wollen dusch eine auch nur ſaufte Mahnung in der
Danziger Sanierungsfrage.

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Seite 2

Dienstag, den 21. Dezember 1926

Nummer 353

Der Umſturz in Litquen.
Konflikts=Gefahren.
* Berlin, 20. Dezember. (Priv.=Tel.)
Die verſchiedenen über den litauiſchen Umſtrz einlaufenden
Nachrichten ermöglichen bis zur Stunde noch immer keine ge=
naue
Beurteilung der Vorgänge und ihrer Folgen. Da über das
geſamte Gebiet des litauiſchen Staates anſcheinend noch immer
die Nachrichtenſperre verhängt bleibt, die litauiſchen Zeitungen
nur mit großen Zenſurlücken erſcheinen und die Meldungen von
der deutſchen Grenze einerſeits und aus Warſchau ſowie Moskau
andererſeits ziemlich widerſprechend ſind, iſt eine genaue Ueber=
ſicht
über die Vorgänge in Kowno und in ganz Litauen noch nicht
möglich.
Nach übereinſtimmenden Meldungen ſcheint ſoviel feſtzuſtehen,
daß in Kowno ſelbſt das neue Direktorium anſcheinend völlig die
Lage beherrſcht. Am Sonntag ſoll nach in Berlin vorliegenden
Nachrichten der bisherige Staatspräſident Grinius zurückge=
treten
ſein. In einer Sonderſitzung des Landtages ſoll dann
der bisherige Führer des militäriſchen Putſches Smetona zum
Staatspräſidenten gewählt worden ſein. Ueber die Stimmen=
zahl
, die im Landtag für Smetona abgegeben worden iſt, gehen
jedoch bereits die Berichte auseinander.
Auch der Verlauf der Altion iſt bisher ungeklärt. Litauen
ſelbſt ſcheint großen Wert darauf zu legen, daß im Ausland keine
Meldungen über nähere Einzelheiten des Verlaufs verbreitet
werden und vor allem, daß nichts über irgendwelche Zuſammen=
ſtöße
oder auch nur über die Möglichkeit ſolcher berichtet wird.
Jedenfalls wird aus litauiſcher Quelle immer wieder verſichert,
daß im ganzen Lande Ruhe herrſche. Indeſſen hieß es in War=
ſchauer
und Rigaer Meldungen, daß die Lage in der Provinz
noch ungeklärt ſei und daß eine Anzahl von Regimentern ſich
noch nicht für die neue Regierung erklärt habe. Ein Bericht vom
Samstag abend beſagte ſogar, daß im Mariampol vegierungs=
treue
Truppen zuſammengezogen wurden, die gegen Kowno
marſchieren ſollten. Allerdings ließ ſich im Laufe des Sonntags
über dieſe Nachricht nichts näheres feſtſtellen. Auffallend iſt, daß
dieſe Alarmnachricht gerade Warſchau als ihren Urſprungsort
aufweiſt. Es liegt die Vermutung nahe, daß hier der Wunſch
der Vater des Gedankens ſein kann. Gleichfalls Warſchauer
Nachrichten wußten zu berichten, daß am Samstag in Kowno eine
Eiſenbahnerkonferenz ſtattgefunden hat, die über einen General=
ſtreik
Beſchluß faſſen wollte, die aber vom Militär geſprengt
worden iſt, ohne daß es auch nur zu einer Beratung über die
geplante Aktion gekommen ware. Aehnlich wie die Warſchauer,
können auch die Moskauer Meldungen zu einem großen Teil als
tendenziös gelten, und dies ſowohl hinſichtlich der Behauptung,
daß der Putſch angeblich von Polen geſchürt ſein ſoll, als auch
hinſichtlich der befürchteten Auswirkungen aus Rußland ſelbſt.
Denn bebanntlich iſt von den Umſtürzlern als die Haupturſache
des Putſches die Unzufriedenheit mit dem ruſſiſch=litauiſchen
Vertrag bezeichnet worden. Wie dem auch ſei, das Beſtehen einer
Konfliktsgefahr darf nicht ohne weiteres abgeleugnet werden,
weshalb die Vopgänge aufmerkſam verfolgt werden müſſen.
Die Oppoſition gegen die neue litauiſche Regierung.
Warſchau, 20. Dezember.
Das Wilnaer Blatt Geniec Wilenſki brachte geſtern in
einer Sonderausgabe Nachrichten über blutige Kämpfe,
die angeblich in Litauen noch im Gange ſein ſollen. Dieſen
Meldungen zufolge ſollen in der Umgebung von Schaulen un=
ter
Führung des Oberſten Somaitis und eines Miniſters der ge=
ſtürzten
Negierung namens Poſello die Komuniſten und die
Anhänger der alten Regierung ſich konzentrieren. Die kommu=
niſtiſchen
Arbeiter ſollen ſich angeblich zum Marſche auf
Kowno rüſten und einen Aufruf erlaſſen haben, in dem ſie
verſichern, daß nach der Eroberung von Kowno durch die
Kommuniſten die Hilfe der Näteunion beim Marſche auf
Wilna geſichert erſcheine. Weiter behauptet das ge=
nannte
Blatt, daß die Garniſonen von Mariampol, Kalwaryn
und Olita auf Seite der alten Regierung ſtänden. Dieſe Wil=
nger
Nachrichten haben heute morgen in einem Teil der War=
chauer
Preſſe Eingang geſunden. Der Wilnauer Berichterſtatter
der in Warſchau erſcheinenden zioniſtiſchen Naſz Przeglad
wandte ſich noch geſtern abend an führende Militärs, die ihm zu
den Meldungen des Blattes Geniec Wilenſki folgende Ergän=
zungen
gaben: Es konzentrieren ſich tatſächlich Schützen in Schau=
len
, und auch die ſozialiſtiſchen Führer betreiben eine Aktion
zur Zuſammenfaſſung der Oppoſition. Da es jedoch an Füh=
rern
fehlt, die ſich an die Spitze einer ſolchen Gegenbewegung
ftellen könnten, ſo dürfte die Aktion keinen Erfolg aufzuweiſen
haben. Faſt alle Truppen haben ſich bereits für die neue Re=
gierung
ausgeſprochen. Nalz Przeglad kommt daher zu der
Schlußfolgerung, daß die wahrſcheinlich von irgend einem Mit=
gliede
der Grenzwache dem Geniec Wilenſki zur Verfügung ge=
ſtellten
Nachrichten der Wahrheit nicht entſprechen und daß ſie
ſich bloß auf ein Gerede der Grenzbevölkerung ſtützen.

*Graf Keyzſerling
Menſchen als Sinnbilder
Wenn es ein Buch gibt, das es verdient, einem nachdenk=
lichen
Menſchen auf den Weihnachtstiſch gelegt zu werden, ſo iſt
es dieſes Werk des ti fſten unter den heutigen Denkern. Es
iſt im letzten Sinne ein Gegenſtück oder ſagen wir lieber eine
Fortentwicklung des Reiſetagebuchs=Gedankens. Zeigt dieſes die
genial dargeſtellte Forſchungsreiſe eines bedeutenden Geiſtes um
den Erdball, bedeutet jenes den grandioſen Flug zu den Gipfel=
perſönlichkeiten
, über denen ſich der Himmel unſerer Geiſteskultur
wölbt! Es iſt das Buch eines Großen über Große und Größtes,
von unerhörter Eindringlichkeit dank ſeiner Tiefe, ſeines Reich=
tums
, ſeiner Ausmaße dank ſeiner Wirkſamkeit. Wohin man
blickt, kühn geöffnete Türen, neue Ein= und Ausblicke, Grund=
legendes
, Hellbeleuchtetes, ſchöpferiſche Erkenntnis, wie ja der
Verfaſſer ſelbſt die Quelle ſeiner, unſerer Welt ſo bedeutſamen
Magie bezeichnet.
Feyſerlings Menſchen als Sinnbilder iſt ein durchaus
niagiſches Buch, und zwar nicht nur im alten klaſſiſchen Ver=
ſtande
. Es iſt es was für uns weſentlicher iſt, auch im modernen
Geiſte! Es iſt ein magiſches Novum, was ſeine Form angeht,
die Sprachform und die Gedankenform, bedeutet eine Syntheſe
von Parabolik und Analyſe, wie ſie bisher keinem Neomagier
gelungen iſt, kurz, es iſt eine vollgültige Verwirklichung des
Philoſophie=als=Kunſt=Gedankens!
Um die Lekrüre echt magiſcher Bücher iſt’s ein Beſonderes,
da ſie nie nur einen Weſensteil der Perſon, ſondern eines gan=
zen
Menſchen als Leſer beanſpruchen. Dieſer Appell an den gan=
zen
Menſchen macht ſie den Halb= und Viertelweſen naturgemäß
unſympathiſch, wo nicht verdächtig. Der Inſtinkt ihres Unver=
mögens
iſt jeder vollſtändigen Auseinanderſetzung abhold, findet
im Unbewußten zum Selbſtſchutz der Halbheit und Viertelheit
immer ſchnell Gründe, die es ermöglichen, vor ſich und dem
Freundeskreiſe ſchön gerechtfertigt zu entſchlüpfen.
Magiſche Bücher verlangen für die Aufnahme einen gewiſ=
ſen
Grad von Berufung, und dieſer Grad, der in einer Anlage
zu vollem Menſchentum beſteht, iſt in Zeiten geſchäftlicher und
politiſcher Monomanie nicht die Regel.
Iſt er im Leſer vorhanden, ſo vollzieht ſich allerdings der
Aufnahmeprozeß programmäßig, oder ſagen wir lieber geſetzmäßig.
An Keyſerlings Menſchen als Sinnbilder kann ihn jeder
berufene Leſer an ſich erproben! Den durch irgend eine feſſelnde

*) Otto Reichl=Verlag.

Vom Tage.
Die Meldung, wonach die deutſche Regierung die Aner=
kennung
der neuen litauiſchen Regierung verwei=
gert
habe, iſt, wie wir von zuſtändiger Stelle erfahren, unrichtig.
Der ehemalige Kaiſer hat anſtelle des Geheimrats v. Berg
den letzten Kommandeur, der Garde du Corps, Oberſt a. D. Leopold
v. Kleiſt zum Generalbevollmächtigten der Vermö=
gensverwaltung
des Hohenzollernhauſes ernannt.
Der rheiniſche Provinzialausſchuß erklärte in ſeiner
Sitzung gemäß Artikel 86 der preußiſchen Verfaſſung ſein Einver=
ſtändnis
mit der Ernennung des Miniſterialrats Elfgen
zum Regierungspräſidenten in Köln.
In Litauen ſind die Verhandlungen zwiſchen dem Mini=
ſterpräſidenten
und dem Minderheitsblock zur Scaffung einer
tragfähigen Parlamentsbaſis erfolgreich abgeſchloſſen
wvorden. Die Möglichkeit eines polniſch=litauiſchen Konfliktes liegt in
keiner Weiſe vor.
Die ungariſchen Reichstagswahlen, endeten heute mit
einem Erfolg der Regierungspartei, die 171 von 230 Man=
daten
erhielt.
Die ſeit längerer Zeit angekündigte Spaltung der kommuni=
ſtiſchen
Partei Oeſterreichs kann nunmehr als vollkommen
betrachtet werden. Der ehemalige Kommandant der Roten Garde, Dr.
Frey, der ſeine vorbehaltloſe Unterwerfung ablehnte, wurde endgültig
aus der Partei ausgeſtoßen, mit ihm eine Reihe führender
Lerſönlichkeiten der Partei. Die letzte Entſcheidung iſt in Moskau
gefallen.
Der Abmiral Simonetti, Oberkommandant der
italieniſchen Flotte, iſt im Alter von 61 Jahren geſtorben.
Der Kongreß der franzöſiſchen Republikaniſch=
Sozialiſtiſchen Partei hat ſich für die Politik des
Linkskartells ausgeſprochen.
Der Leiter der liberalen Partei in Holland, Dr.
h. e. Dreſſelhuys, iſt im Haag im Alter von 56 Jahren verſchieden.
Die engliſche Regierung hat dem kommuniſtiſchen
Abgeordneten Saklatwala, der bekanntlich Inder iſt, das
Viſum für die Rückkehr nach Indien verweigert. Saklat=
wala
hat an die Mitglieder des Unterhauſes ein Proteſtſchreiben gerichtet.

Die Wahl des litauiſchen Staatspräſidenten
und Seimvorjandes.
Kowno, 20. Dezember.
Für Sonntag mittag 1 Uhr war der Seim zu einer außer=
ordentlichen
Sitzung von dem bisherigen Seimpräſidenten Stau=
gatis
einberufen worden. Es waren zu der Sitzung nur die
Parteien der Rechten erſchienen, außerdem zwei Vertreter der
Volksſozialiſten und einige Abgeordnete der Minderheiten, dar=
unter
ein Abgeordneter der memelländiſchen Fraktion. In ge=
heimer
Abſtimmung wurde mit 38 von 40 abgegebenen Stimmen,
wie bereits kurz gemeldet, Smetona zum Staatspräſidenten ge=
wählt
. Smetona wurde darauf durch den Kownoer Erzbiſchof
vereidigt. In der ſich daran anſchließenden zweiten außerordent=
lichen
Sitzung des Seims wurde die Wahl des Seimpräſidiums
vorgenommen. Die Wahl fiel auf den früheren Staatspräſiden=
ten
Steulginskas, der 33 von 41 Stimmen erhielt. Zum erſten
Vizepräſidenten wurde Krupavicius (chriſtlicher Demokrat), zum
zweiten Vizepräſidenten Ambrozaitis (Arbeits=Föderation) ge=
wählt
. Die Mitglieder des alten Kabinetts ſind auf freien Fuß
geſetzt worden. Der Gouverneur des Memelgebietes Shalkaus=
kas
iſt von Kowno nach Memel abgereiſt.
Der Kampf um das Wahlrecht in Frankreich.
Cailtaux Programm.
Paris, 20. Dezember. (Priv.=Tel.)
Die Kammererſatzwahlen in drei Departements haben in dem Vor=
dergrund
des innerpolitiſchen Kampfes die Frage der Wahlrechtsreform
gerückt. In mehreren Wahlverſammlungen wurde beſonders durch die
Radikalſozialiſten die Abſicht bekundet, ſobald als möglich vor der Kam=
mer
die Frage der Rückkehr zu dem Arrondiſſementswahlrecht aufzuwer=
fen
. Wie bereits gemeldet, hat das Innenminiſterium die Abſicht,
ein entſprechendes Geſetzesprojekt vorzulegen. Es war vorauszuſehen,
daß die Rechte, die die Nutznießerin des gegenwärtigen Wahlſyſtems iſt,
mit allen Mitteln gegen das Arrondiſſementswahlrecht vorgehen wird.
So beſchloß jetzt die Gruppe der republikaniſch=demokratiſchen Union
einſtimmig, gegen jeden derartigen Vorfchllag zu ſtimmen, den ſie für
die Politik der Geſundung für ſchädlich hält. Aus dieſem Beſchluß
ſpricht die Furcht der Rechtsparteien, daß die Rückkehr zum Arrondiſſe=
mentswahlrecht
nicht nur das Ende des Kabinetts der nationalen Eini=
fung
, ſondern auch das tatſächlich im Lande beſtehende Uebergewicht
der Linksparteien zum Siege bringen wird.
Die Senatswahlmänner der Linken im Sarthe=Departement hielten
geſtern einen Kongreß ab, auf dem ſie erneut Caillaux ihr Vertrauen
ausſprachen. Caillaux legte ſein Programm dar, das ſich auf die Grund=
ätze
der radikalen und der radikal=ſozialiſtiſchen Partei ſtützt. Er for=
derte
u. a. die Fortſetzung der Politik von Locarno, die Währungsgeſun=
dung
, den Schutz von Handel und Induſtrie, die möglichſt baldige Ver=
abſchiedung
der Sozialgeſetzgebung, die Laiengeſetzgebung und die Er=
neuerung
des Parlamentsregimes. Das Programm Caillaux wurde von
dem Kongreß einſtimmig angenommen.

Kleinigkeit ſchnell Gepackten zwingt die Magie des Buches, zu=
nächſt
im eiſernen Bann der leidenſchaftlich vorwärts ſtampfen=
den
Denkmaſchinerie des Verfaſſers dem Ende entgegen zu raſen.
Iſt die letzte Seite verſchlungen, wird er den Band zur Seite
legen, mit Ehrfurcht erfüllt vor ſo diel erſtaunlicher Technik, vor
ſo großem Wiſſen, doch ſcheinbar ohne keinen anderen Ertrag als
einen eigenartigen, bisweilen oft dumpf widerſpruchsvollen Er=
regungszuſtande
im tiefſten Innern.
Erſt nach einigen Tagen eine ganz charakteriſtiſche Wir=
kung
bei allen Schriften Keyſerlings merkt man, daß man
weit mehr als ein techniſches Werturteil gewann, man fühlt in
Denken, im Schreiben, im Reden, daß ſich die Seele irgendwie
bereicherte, während man las, daß man nun im Unbewußten eine
Fülle trägt, die im Begriff iſt, ſich dem eigenſten Weſen zu amal=
gamieren
. Man meditiert und ſtellt feſt, daß ſie untrüglich den
Sinnbildern entſtammt. Ein neuer Zuſtand beginnt: War man
ſich bisher weſentlich nur einer großen geſteigerten Rhythmil
bewußt, empfindet man nun ein Geheimnisvolles, das man am
beſten etwa metaphyſiſche Muſik nennen könnte, ein Schwingen
von Tönen und Harmonien. Man hört Worte, die ſich von den
Schwingungen tragen laſſen, alte und neue, es klingt vom Ver=
gänglichen
, das nur Gleichnis, und vom Unzulänglichen, das
zeugend Ereignis wird, Gedankenketten ranken ſich, teilen ſich,
und man greift auf’s neue zu dem Buche, aus ihm das Phä=
nomen
zu erklären.
Die Zaubermuſik hat die Seele zu einer neuen Empfänglich=
keit
eingeſtellt, ihr ein neues Organ gegeben, die Zeilen aus
einem anderen Winkel zu verſtehen! Nach Beendigung ein drittes
Erlebnis: man ſchaut! Ein Geſicht von Geſtalten erſcheint,
Goethe würde von Koloſſal=Karyatiden reden, bedeutende
Phyſiognomien ſind’s, vier Denkertypen und der Schauende ſelbſt
werden in Einzelheiten kenntlich! Es iſt ein ungeheuer eindring=
liches
Geſicht! Man wird es nicht los, bis es ſich plötzlich in lite=
rariſche
Erkenntnis löſt, bis man die Karyatiden als Sinnes=
träger
von feſtumriſſener Dynamik begreift, ſie als typiſche Stu=
dien
einer jeden höheren Entwicklung erkennt!
Eine letzte Beſinnungspauſe, eine Schlußmeditation führt
dann vielleicht noch bei günſtiger Dispoſition zu einem Letzten:
jener bekannten Verwirklichung, daß das eigene Selbſt im Zau=
berring
des Meiſters kreifend erlebt wird, zur myſtiſchen Identi=
ſikation
mit dem ewig neuen und doch ſo uralten magiſchen Ent=
wicklungsweg
, der von dem engen Gehäuſe des Unzulänglichen
ausgehend durch lichtverneinende Nacht, durch nüchterne Aller=
weltsſtraßen
auf die Felſenwarte führt, von der allein die Welt
im wahren Lichte zu ſchauen iſt und von der man herabſteigt als
ein Gewandelter für die letzte Aufgabe, Kenner, Könner, Er=
wecker
Magier zu ſein!

*Der abgebaute Zeugniszwang.
In dem allgemeinen Wirrwarr, der dem Sturz des Kabi=
nettes
Marx vorausging und nachfolgte, iſt es faſt völlig un=
bekannt
geblieben, daß der Reichstag ſo nebenbei auch eine für die
Preſſe wichtige Neuerung beſchloſſen hat: er hat einen Zuſatz zu
§ 53 der Straſprozeßordnung in Kraft geſetzt, wonach künf=
tighin
Redakteure, Verleger und Drucker über
die Perſon des Verfaſſers oder Einſenders
iner Veröffentlichung ſtrafbaren Inhalts zur
Verweigerung des Zeugniſſes berechtigt ſind
wenn der Redakteur einer Druckſchrift als
Täter beſtraft iſt oder ſeiner Beſtrafung kein
rechtliches Hindernis entgegenſteht.. Aus dem
Furiſtendeutſch in die Sprache des Alltags überſetzt, heißt das,
daß vom 1. Januar 1927 ab der Zeugniszwang der
Preſſe beſeitigt iſt. Bisher beſtand nämlch immer noch
der mehr als eigenartige Zuſtand, daß ein verantwortlicher Re=
dakteur
wegen derſelben Sache zweimal beſtraft werden konnte.
Einmal wegen des Artikels, der zur Verantwortung gezogen
wurde, aber auch dann, wenn er die Angabe über die Perſönlich=
keit
ſeines Gewährsmannes zu nennen verweigerte, noch auf
urbeſchränkte Zeit wegen Zeugnisverweigerung zu einer Haft=
ſtrafe
verurteilt erden konnte und wurde. Aus der Preſſe
heraus iſt ſchon ſeit Jahrzehnten darauf hingearbeitet worden,
daß die Preſſe, wenn ſie ihre Aufgabe erfüllen ſoll, dieſelbe Ver=
trauensſtellung
verlängen darf, wie ſie dem Arzt und Rechtsan=
walt
zuſteht. Jetzt endlich iſt dieſe Forderung anerkannt und
damit eine geſetzliche Beſtimmung beſeit gt worden, die in ihrem
Grundſatz und ihrem Weſen unmoraliſch wirkte. Der Redakteur
muß, wenn er öffentliche Mißſtände abſtellen helfen ſoll, oft genug
die Nolle eines Beichtvaters übernehmen, er darf ſein Berufs=
geheimnis
nicht brechen. Der Reichstag hat alſo nun, allerdings
reichlich ſpät, einen weiteren Schritt getan, um auch auf dieſem
Gebiet der Preſſe die ihr zuſtehenden Rechte zuzuseſtehen.
Hoffeitlich iſt das ein Anfang, um auch andere mittelalterliche
Bräuche verſchwinden zu machen.
Gouverneur Frank über Stabiliſierung
und Wirtſchaft.
Berlin, 20. Dezember.
Der Gouverneur der belgiſchen Nationalbank, Miniſter a. D.
Frank, der ſich zurzeit in Berlin befindet, erklärte gelegentlich
eines Interviews dem Chefredakteur des W. T.B., die Lage in
Velgien habe nicht nur alle Erwartungen erfüllt, ſondern ſie ſo=
gar
noch übertroffen. Die Stabiliſierung habe keinerlei
Kriſe im Gefolge gehabt, weder in bezug auf die Löhne noch
auf den allgemeinen Geſchäftsgang. In bezug auf die Mittel,
durch die ein ſolches günſtiges Ergebnis erreicht worden ſei, be=
tonte
der Befragte, daß der bekannte allgemeine Stabiliſierungs=
plan
dazu weſentlich beigetragen habe, daß die belgiſchen Banken
und Bankiers nach dem Rat der Nationalbank für eine große
Liquidität Sorge getragen haben. Auf die Frage nach ſeinem
Eindruck von der deutſchen Finanz= und Wirtſchaftslage ver=
icherte
Gouverneur Frank, er ſehe einer Wiederherſtellung der
deutſchen Wirtſchaftskraft unter normalen Verhältniſſen mit vol=
ler
Zuverſicht entgegen. Das Wirtſchaftsleben Deutſchlands zeige
auf allen Gebieten die Symptome der Geſundung und der Feſti=
gung
trotz aller angeſichts der vorangegangenen Ereigniſſe be=
greiflichen
Störungen.
Eine Anſprache des Papſies.
Rom, 20. Dezember.
Der Papſt hielt heute vormittag ein geheimes Konſiſtorium
ab, um den Erzbiſchof von Turin, Gampa, und den papſtlichen
Nuntius in Warſchau, Lauri, zu Kardinälen zu kreiieren. Der
Papſt hielt bei dieſer Gelegenheit eine Anſprache, in welcher er
nach einem Hinweis auf die Ereigniſſe dieſes Jahres, den Eucha=
riſtiſchen
Kongreß in Chicago, die Feierlichkeiten für den Heiligen
Franziskus und die Konſekration der chineſiſchen Biſchöfe, noch=
mals
auf die religiöſe Verfolgungen in Mexiko zu ſprechen kam.
Die Verfolgungen ſeien mit Schärfe und unmenſchlichen Un=
barmherzigkeiten
durchgeführt worden. Nach den letzten Mel=
dungen
ſeien ſie noch grauſamer geweſen, als er vorher angenom=
men
habe. Der Papſt wandte ſich der Lage in Frankreich zu. Er
erinnerte an ſeine früheren Erklärungen und betonte nochmals,
daß den Katholiken nicht erlaubt ſei, ein Programm zu unter=
zeichnen
oder auch nur nach ihm zu handeln, in welchem die
Politik vor die Religion geſtellt werde. Den Katholiken ſei auch
nicht geſtattet, Zeitungen zu unterſtützen, zu begünſtigen oder zu
leſen, die von Männern geleitet ſind, deren Veröffentlichungen
nach dem katholiſchen Dogma und katholiſcher Moral zu verdam=
men
ſind. Der Papſt drückte ſein Bedauern aus, daß das fran=
höſiſche
Volk durch rein politiſche Fragen geſpalten ſei. Alle
Franzoſen müßten ſich auf dem religiöſen Gebiet einigen

Hiermit iſt das geſagt, was Keyſerlings neue Gabe im gün=
ſtigſten
Falle bewirken kann, was ſie ſonſt noch ſein, was
man ihr entgegnen kann, mag anderen Federn überlaſſen blei=
ben
. Sicherlich wird aber auch der unmagiſche Menſch, der kritiſch
rechnend, mit der Lupe prüfend und legiſch wägend an dieſes
ſtarke, lebendig ſprühende Eliederwerk, das ebenſoviel Kunſt wie
Viſſenſchaft iſt, herantritt, ſich zu bereichern Gelegenheit genug
haben.
Graf Hardenberg.

Erwiderung.
Zu dem Aufſatz des Herrn Dr. med. Georg
Kaufmann, veröffentlicht in Nr. 316 des Darm=
ſtädter
Tagblatts ſchreibt das Komitee der Chri=
ſtian
Science (Chriſtliche Wiſſenſchaft) für Ver=
öffentlichungen
für Deutſchland.
Wir erhalten folgende Zuſchrift:
In der Abhandlung des Herrn Dr. med. Kaufmann über
das Thema Die Heilkräfte der Seele iſt die Religionslehre
Chriſtian Science oder Chriſtliche Wiſſenſchaft kurz geſtreift und
als Scheinwiſſenſchaft und abergläubiſche Kurpfuſcherei be=
zeichnet
.
Richtigſtellend, ſei bemerkt, daß die Chriſtliche Wiſſenſchaft
nicht nur ein Heilſyſtem, ſondern chriſtliche Religion iſt, deren
Ziel es iſt, das urſprüngliche Chriſtentm, wie es von Chriſtus
Jeſus gelehrt, durch die Taten bewieſen und allen gläubigen
Chriſten zur Nachfolge anempfohlen wurde, auf allen Gebieten
wwieder ins Bewußtſein zu bringen.
Die Gründerin der Religion, Mrs. Mary Baker Eddy, hat
in einem Lehrbuch Wiſſenſchaft und Geſundheit mit Schlüſſel
zur Heiligen Schrift die Lehren der Chriſtlichen Wiſſenſchaft
zuſammengeſtellt. Dieſes Lehrbuch gründet ſich einzig und
allein auf die Bibel und ihre geiſtige Bedeutung, und dieſe gei=
ſtige
Bedeutung wird, als höchſte Wiſſenſchaft angenommen.
Im Heilen von Kpankheit liegt keineswegs der Hauptzweck der
Chriſtlichen Wiſſenſchaft, aber die Chriſtliche Wiſſenſchaft erkennt
hierin eine Mitbedingung des Chriſtentums.
Es iſt eine irrige Auffaſſung, die Chriſtliche Wiſſenſchaft
mit Spiritismus, menſchlicher Autoſuggeſtion und dergleichen
in Verbindung zu bringen. Die Kapitel 4 und 5 des ſchon ge=
nannten
Lehrbuches ſin) ausdrücklich gegen jedes Formelweſen,
Spiritismus, Oklultismus und jegliche Beeinfluſſung durch
menſchliche Willenskraft gerichtet
Chriſtian Seience.

[ ][  ][ ]

Nummer 333

Dienstag, den 21. Dezember 1926

Seite 2

Franzöſiſche Reflexionen.
Von unſerem A=Korreſpondenten.
Paris, 20. Dezember.
Die deutſche Kriſe beſchäftigt ſehr lebhaft die franzöſiſche
Phantaſie, obzwar man ihr keine unmittelbare außenpolitiſche
Bedeutung zuſchreiben will. Man glaubt nicht, daß die deutſche
Außenpolitik eine weſentliche Aenderung erfahren wird. Das
Intereſſe an den deutſchen Ereigniſſen iſt alſo mehr ein plato=
niſches
, was aber die Blätter durchaus nicht hindert, alles ge=
mäß
ihrer ſpeziellen Einſtellung auf das genaueſte durchzu=
ſprechen
. Selbſt die kleinſten Details werden erörtert und ab
und zu gründlich mißverſtanden. Das wirkliche Intereſſe der
politiſchen Kreiſe konzentriert ſich aber auf die bevorſtehende Zu=
ſammenkunft
Streſemann-Muſſolini. Man will ihr jetzt wieder
eine größere Bedeutung beimeſſen als anfangs, betont aber, daß
dieſe Reiſe für die ſranzöſiſche Politik nicht beunruhigend iſt,
was ſchon aus dem Grundton der Genfer deutſch=franzöſiſchen
Beſprechungen folgen ſoll. Es tauchen Vermutungen auf, daß
zwiſchen Streſemann und Muſſolini auch die Frage der Kolonial=
mandate
zur Sprache kommen ſoll, wenn dies auch vorläufig
nur auf Kombinationen beruhen kann. Man behauptet hier, daß
in London dieſe vielerwähnte Zuſammenkunft einem weit höhe=
ren
Intereſſe begegnet.
In der Innenpolitik ſcheint die Nuhe für den ganzen Ja=
nuar
geſichert zu ſein, wenn auch jetzt hinter den Kuliſſen ein
leichter Stimmungsumſchwung zu bemerken iſt. Er hängt mit
den trotz geharniſchter Dementis immer wieder verbreiteten Ge=
rüchten
zuſammen, daß zwiſchen Briand und Poincars die Span=
nung
im Wachſen begriffen ſei. Die glatte Erledigung des Bud=
gets
läßt zwar darauf deuten, daß die Stellung der Regierung
der nationalen Einigung nicht erſchüttert iſt, aber es iſt ein offe=
nes
Geheimnis, daß Poincaré vor der Kammer ſehr wenig volks=
tümlich
iſt. Sein Einfluß im Senat iſt etwas größer als der
Briands, der vor der Kammer an Volkstümlichkeit nur gewann.
Doch die Folgen dieſer Situation werden wahrſcheinlich erſt im
Februat zu fühlen ſein oder noch ſpäter.
Im Februar wird die franzi ſiſche Politik anſcheinend wieder
bewegter ſein. Man nimmt an, daß die wichtigſten Probleme der
Innenpolitik dann wieder angeſchnitten werden. Zu dieſen ge=
hört
jetzt auch die Wahlreform. Die Tatſache, daß durch ſie die
Zahl der Mandate um 60 erhöht wird, läßt mancherorts eine
libhafte Verſtimmung entſtehen, was aber die Ausſichten eines
argeblich von Sarraut ſtammenden Plans, der jetzt viel be=
ſprochen
wird und der 106 Wahlbezirke unterdrücken möchte, noch
keineswegs beſſer macht.
Das Caillaux naheſtehende Expertenkomitee es führt noch
immer ein Schattendaſein ſoll angeblich der Meinung ſein,
daß die Periode der Vorſtabiliſierung, d. h. der faktiſchen
Stabiliſierung, bereits eingetreten iſt. Man hält dies noch nicht
für ſicher, aber eine gewiſſe Beruhigung iſt trotz aller Luſtloſig=
keit
in den Wirtſchaftskreiſen und an der Börſe zu verſpüren.
Die franzöſiſchen Sozialiſien für die Politik
des Linfskartelse.
Paris, 20. Dezember.
Der Jahreskongreß der republikaniſchen ſozialiſtiſchen Par=
tei
(Partei Painlevé) nahm Stellung zur Mitarbeit Painleves
Painlevé ſei nur auf perſönliche Rechnung und Gefahr Mitglied
des Kabinetts Poincaré, ohne daß die Partei als ſolche irgendwie
gegenüber dem Kabinett der nationalen Sammlung gebunden
ſei. Die Partei trete weiterhin für die Einigung aller Links=
parteien
ein, eine Einigung, die ja auch mehrfach in den Wahlen trag, der zur unterzeichnung reif iſt, hat auch eine ſo
der letzten Zeit als der Wille des Volkes zum Ausdruck gekom=
men
ſei. Es wurden ſcharfe Beſchlüſſe hinſichtlich der inneren
Parteiorganiſation gefaßt. Sämtliche Mitglieder der Parlaments=
Parteiprogramm verpflichten.
Das Wahlergebnis in Ungarn.
Nachdem geſtern nachmittag auch die letzten Abgeordneten
des Wahlbezirkes Budapeſt=Nord gewählt wurden, iſt die neue
ungariſche Nationalverſammlung nunmehr vollſtändig und die
Wahlkampagne beendet. Die 245 Mandate des neuen unga=
riſchen
Landtages verteilen ſich nunmehr wie folgt: Regie=Natürliches. Allerdings wird Herr Muſſolini nicht ganz ſo gro=
rungsparteien
208, davon Einheitspartei 171, Chriſtlich=
Rechtsoppoſition 13, davon Raſſenſchützler 4. Agrar=
Partei 3, Legitimiſten 4, gemäßigte Parteiloſe 2: Linksoppo=
abhängige
Koſſuthpartei 1.

*Darmſtädter Ausſtellungen.
Die Atelierausſtellung Profeſſor Adolf Beyer
erfreut ſich ſtarken Jutereſſes der Kunſtfreunde. Prof. Beyer
hat eine große Kollektion ſeiner neueſten Werke ausgeſtellt, dazu,
unverkäuflich, noch einmal auf vielſeitigen Wunſch den künſt=
leriſchen
Nachlaß ſeiner verſtorbenen Gattin. Immer wieder
kommt dem Beſchauer dieſer Werke das Tiefbedauerliche zum
Bewußtſein, daß dieſe ſtarke Künſtlernatur ſo früh auf der Höhe
ihres künſtleriſchen Schaffens abgerufen wurde.
Prof. Adolf Beyer ſtellt eiue große Anzahl bemerkenswert
friſcher, lebendiger, vor allen Dingen farbenfreudiger Landſchaf=
ten
aus der engeren und weiteren Umgebung von Darmſtadt
aus, auch idylliſche Motive aus Darmſtadts Gärten, eine Anzahl
Porträts und eine große Kollektion Blumenſtücke. Aus der
Gruppe der Porträts fällt beſonders das ungemein friſch und
lebendig ausdrucksvoll gemalte Paſtellbildchen des Töchterchens
von Bürgermeiſter Buxbaum auf, in der Anſpruchsloſigkeit
der natürlichen Darſtellung in ſeiner Art ein Meiſterwerk von
ſehr ſtarker intenſiver Bildwirkung. Sind die zahlreichen Blu=
menſtücke
, in denen der Künſtler es bewußt ablehnt, die herrlich
leuchtende Farbent racht der Natur irgendwie durch eigenes Hin=
zugeben
ſtiliſieren, verbeſſern zu wollen. Gerade die Blüten=
pracht
iſt ja in der Natur von einer Farbigkeit, die auf der Lein=
wand
feſtzuhalten ſchon den Meiſter bedingt. Viele dieſer Blu=
men
treten faſt plaſtiſch aus dem Rahmen heraus. Alle ſtrahlen
in ihrer Farbigkeit auch faſt den Duft der Blüten aus. Der Bild=
ausſchnitt
iſt, gerade weil ſchlicht gewählt, ſtets von intenſiver
Wirkung. Das gleiche kann von den Landſchaften geſagt werden,
die Prof. Beyer nicht nur mit dem Auge des Künſtlers ſieht,
ſondern auch mit Herz und Sinnen erlebt.
Wie wir hören, beabſichtigt Prof. Beyer, Anfang nächſten
Jahres ſeine Malſchule wieder zu eröffnen.
Zu der Ausſtellung der Künſtlerhilfe
iſt der Beſprechung in der Sonntagsnummer folgendes nachzu=
tragen
bzw. zu berichtigen: Der Ständige Rat für Pflege der
Kunſt hat mit dieſer Ausſtellung nichts zu tun, die allein von der
neuen Arbeitsgemeinſchaft, für bildende Kunſt
ausgeht und die auch die Auswahl getroffen hat, nicht Ober=
regierungsrat
Henrich und Oberſt von Hahn. Alle ausgeſtellten
Gegenſtände waren einer Jury unterworfen, die auch wieder von
der Arbeitsgemeinſchaft (3 Künſtler, 3 Laien) gebildet war.
Die Sommer=Ausſtellungen auf der Mathildenhöhe ſind im

Italiens politiſche Tendenzen.
Muſſolini über Expanſion und das Gleich=
gewichtim
Mtelmner.
Von unſerem (=Korreſpondenten.
London, 20. Dezember.
In einer Unterredung, welche Muſſolini dem Vertreter der
Aſſociated Preß von Amerika gewährt hat, erklärte er, daß
eine franzöſiſch=italieniſche Verſtändigung eine der grundlegen=
den
Notwendigkeirer, der Entwicklung Europas ſei. Sein leiten=
der
Gedanke ſei, für Italiens ſchreiende Bedürfniſſe an mora=
liſcher
, geiſtiger und thyſiſcher Expanſion durch eine friedliche,
aber nicht pazifiſtiſche Politik Sorge zu tragen. Die Erfüllung
dieſer Bedürfniſſe ſei weit davon entfernt, mit der Freundſchaft
und Zuſammenarbeit mit anderen Nationen unverträglich zu
ſein. Italien bedürfe in der Tat einer Kooperation und eines
gegenſeitigen Verſtändniſſes mit ihnen, vor allem mit Frankreich
und Großbritannien. Er glaube feſt an die Wiederherſtellung des
europäiſchen Gleichgewichts und ſei überzeugt, daß ein ſoches die
letzte Formel für die Erhaltung des Friedens ſei. Es ſei drin=
gend
notwendig, die Anſicht aufzugeben, daß die Aſiaten Bar=
baren
ſeien. Die ſogenannte aſiatiſche Gefahr wirde verſchwin=
den
, wenn die geiſtigen Schranken zwiſchen den öſtlichen und
weſtlichen Anſchauungsweiſen niedergelegt ſeien.
Das Gleichgewicht der Kräfte iſt die beſte Formel für die
Erhaltung des Friedens. Wenn man zwei identiſche Gewichte
in die beiden Schalen einer Wage legt, ſo muß das Gleichgewicht
theoretiſch unbeſchränkt erhalten bleiben. Wenn man aber lebende
Organismen ſteten Wachstums hineintut, ſo muß ſich der Zeiger
mit der Geſchwindigkeit ändern, die der Differenz zwiſchen den
Entwicklungskurven der Organismen gleich iſt. Der Organismus
mit der geſchwinderen Entwicklung wird bald das Gewicht des
anderen überſteigen. Das Gleichgewicht zwiſchen den Völkern,
welche die kräftigſten von allen Organismen ſind, muß daher
ſtändig wiederhergeſtellt werden. Hierin liegt die Antwort auf
die Frage nach unſeren kolonialen Beſtrebungen. Italien wird
nicht der erſten beſten Nation an die Kehle ſpringen, um ihr eine
Kolonie zu entreißen. Zurzeit iſt es unmöglich, den Krieg
abzuſchaffen. Darum halten wir uns ſtets verteidigungsbereit,
aber unſer Volk braucht vor allen Dingen Arbeit. Auch wenn
nicht viele wirtſchaftliche und politiſche Gründe für ein Zuſam=
menarbeiten
mit Großbritannien ſprächen, würde die Freuno=
ſchaft
niemals gebrochener Tradition es erfordern. Die beiden
Nationen folgen den gleichen politiſchen Tendenzen, die auf die=
ſen
Prinzipien gegründet ſind; der Erhaltung des Gleichgewichts
im Mittelmeer und der Entwicklung des Handels zur Vermeh=
rung
der Wohlfahrt beider Völker.
Die Begegnung Streſexann=Muſſolini.
* Berlin, 20. Dezember. (Priv.=Tel.)
Die ſtarke Spannung, die zwiſchen Italien und Frankreich
gegenwärtig beſteht, macht es begreiflich, daß die franzöſiſche
Preſſe mit ihrer Nervoſität ſchon ſeit Wochen über die Möglich=
keit
eines Zuſammentreffens zwiſchen Streſemann und Muſſo=
im
Kabinett Poincare. In einer Entſchließung wurde erklärt, lini orakelt; macht es begreiflich, daß Muſſolini ſelbſt wiederholt
den Wunſch zu einer ſolchen Begegwung ausgeſprochen hat. Dr.
Streſemann hat die Dinge ſtark an ſich herankommen laſſen.
Der deutſch=italieniſche Schiedsgerichtsver=
große
internationale Bedeutung nicht, daß die Ratifikation durch
die leitenden Miniſter ſelbſt vollzogen werden müßte. Immerhin
fraktion müſſen ſich zu einer ſcharfen Diſziplin entſprechend dem beſtand eine Zeitlang die Möglichkeit, daß vor oder nach Genf
beide Miniſter ſich trafen. Sie iſt jetzt von neuem akut geworden,
da der Reichsaußenminiſter am 27. Dezember ſeine Reiſe nach
dem Süden antritt, die ihn eigentlich nach Aegypten führen
EP. Budapeſt, 20. Dezember. ſollte. Ob er aber ſoweit kommen wird, iſt noch nicht ſicher, da
vielleicht für ihn der Zwang beſteht, ſchon Mitte Januar wieder
in Berlin ſein zu müſſen. Darum wird er vermutlich in Italien
bleiben, und ſo iſt eine Begegnung mit Muſſolini etwas ganz
ßes Gewicht auf die Ausſprache mit dem nur geſchäftsführenden werde das Staatsdepartement, das allerdings bis jetzt noch keine
ſoziale Wirtſchaftspartei 33, regierungsfreundliche Parteiloſe 4; Außenminiſter legen, obwohl natürlich auch er weiß, daß die Einladung erhalten hat, jedenfalls auf der zum 4. Mai in Genf
Kriſe ſehr wahrſcheinlich um Dr. Streſemann herumgehen wird,
fition 24. und zwar Demokraten 9, Sozialiſten 14 und un= weil keine Kombination denkbar iſt, die ein Miniſterium ohne Die Oppoſition gegen eine Teilnehme Amerikas an der Konferenz
ihn bildete.

M
zu zeigen, während heſſiſche Kunſt jahraus, jahrein ausreichend
im Kunſtverein und anderweitig zu Wort kommt. Anna May=
Haas lebt nicht in Paris, ſondern hier in Darmſtadt. Sie iſt
die Gattin des bekannten Herrn Siegfried May. Anheißer
hat nur Graphik ausgeſtellt.

Hochſchulnachrichten.
Hk. Der Berliner Lehrſtuhl der inneren Medizin. Wie die Hoch=
ſchulkorreſpondenz
erfährt, iſt der durch die Emeritierung des Geheimen
Medizinalrats Friedrich Kraus erledigte Lehrſtuhl der inneren Medizin
an der Univerſität Berlin dem ordentlichen Profeſſor Dr. med. Guſt.
von Bergmann in Frankfurt a. M. angeboten worden. Prof.
v Bergmann iſt als Sohn des großen Chirurgen Ernſt von Bergmann
1878 zu Würzburg geboren. Seine mediziniſchen Studien abſolvierte er
in Berlin, Bonn und Straßburg= An letzterer Uniberſität beſtand er
das Staats= und Doktorexamen, war dann Aſſiſtent am Straßburger
Phyſiologiſch=Chemiſchen Inſtitut bei Profeſſor Hofmeiſter kam dann
zu Profeſſor Müller an das Bürgerſpital in Baſel und ſpäter zu Kraus
an die 2 mediziniſche Klinik der Charité in Berlin. Ebenda habilitierte
ſich Profeſſor Bergmann als Privatdozent und erhielt 1910 das Prä=
dikat
Profeſſor. Zwei Jahre ſpäter wurde von Bergmann Direktor der
inneren Abteilung des Städtiſchen Krankenhauſes in Altona, von wo
er 1916 zum Ordingrius und Direktor der mediziniſchen Klinik in Mar=
burg
als Nachfolger von Prof. M. Matthes berufen wurde. Seit ſochs
Jahren wirkt von Bergmann in Frankfurt als Nachfolger A. Schwen=
kenbechers
, v. Bergmanns Arbeiten betreffen u. a. beſonders die Patho=
logie
des Stoffwechſels, Phyſiologie und Pathologie des Herzens.

C.KT. Goldfiſche, die mit Gold aufgewogen werden. Ein Gold=
fiſch
, deſſen Gewicht 50mal mit Gold aufgewogen wird, iſt gewiß
ein Goldfiſch. Aber ein ſolch erſtaunlicher Preis wurde vor eini=
gen
Jahren für das erſte Paar löwenköpfiger Goldfiſche ange=
legt
, das Amerika erreichte; man zahlte für dieſe ſeltenen Au=
kömmlinge
aus China die Nieſenſumme von 4000 Mark. Solche
Ariſtokraten des Goldfiſchgeſchlechts verdanken ihre bewertete
Eigenart den geduldigen Zuchtverſuchen von Jahrhunderten und
Jahrtauſenden. Niemand weiß, in welch grauem Altertum die
Chineſen damit anfingen, den kleinen grünlich=grauen Karpfen
ihrer Flüſſe in ein lebendes Abbild des Goldſiſches zu verwan=
deln
, der eins der acht Sinnbilder Buddhas darſtellt. Es war
eine Aufgabe, wie ſie nur Orientalen, für die die Zeit keinen
Sinn hat, vollenden können. Ebenſo wie ſie den kleinen Wachtel=
hündchen
ihres Landes durch bewußte Züchtung etwas von dem
Löwenhaupt verliehen, das in ihrer Neligion der Hund des
Glückes beſitzt, ſo brachten ſie Goldfiſche von einer ſonderbaren
grotesken Schönheit hervor, die zuerſt abſtößt und dann bezau=

Verſchleuderung deutſchen
Vermögens in Amerika.
Korruption bei der Verwaltung des feindlichen
Eigentums.
New York, 20. Dezember.
Der ſeinerzeit vom Generalkontrolleur Mac Gall an den
Präſidenten Coolidge erſtattete Bericht über das Geſchäfts=
gebaren
der Verwaltung des feindlichen Vermögens, der bisher
lediglich dem Schatzamt mitgeteilt worden war, wird jetzt zum
erſten Male von der New York World veröffentlicht. Eine
Reihe von Tatſachen beweiſt die ſchwere Korruption in
dieſer Verwaltung. Er führt u. a. aus: 1. daß Anwälten und
Depoſitoren ganz erhebliche Gehälter und Kommiſſions=
gebühren
vom Truſtfonds gewährt wurden, die mehrfach die
Dollarmillion überſtiegen, 2. daß Korporationen, die vorſchrifts=
mäßig
hätten liquidieren müſſen, noch jahrelang zu arbeiten ge=
ſtattet
wurde, damit den Treuhandbeamten die Gehälter gezahlt
werden konnten, 3. daß den angeſtellten Beamten Zuſatzgehälter
aus dem Truſtfonds gezahlt wurden, 4. daß die vom Kongreß
feſtgeſetzten Darlehen in großen und kleinen Fällen freigiebig
überſchritten wurden, 5. daß die Truſtfonds jahrelang in den
Händen von Privatperſonen gelaſſen wurden, ohne zu verſuchen,
ſie einzukaſſieren, 6. daß die Truſtmittel dem Schatzamt, das
4 Prozent zahlte, weggenommen und Privatbanken überlaſſen
wurden, die nur 3 Prozent zahlten, 7. daß beſchlagnahmte Ver=
mögen
über das ganze Land zerſtreut wurden, daß die ganze
Verwaltung zu teuer und unzureichend war, 9. daß Abrechnun=
gen
über einzelne individuelle Gruppen unvollkommen ſind.
Der Mißbrauch mit dem deutſchen Vermögen.
Wie World über den Bericht über die Verwaltung des deutſchen
Eigentums weiter mitteilt, blieben die Beträge der deutſchen Vermögen
jahrelang in Händen gewiſſer Perſonen, ohne daß ihre Einziehung ver=
ſucht
wurde. Die Zinſen für die Fonds des Treuhänders wurden dem
Schatzamt entzogen und dieſe ſelbſt für drei Prozent bei den Banken de=
voniert
, obwohl das Schatzamt 4 Prozent zahlte. Die beſchlagnahmten
Wertpapiere wurden über alle Staaten verſtreut, was die Verwaltung
koſtſpielig und ſchwierig geſtaltete. Einzelne Konten waren unvollſtän=
dig
. Für die kleinen Gehälter hielt man ſich durch Forderungen großer
Ausgabenzulagen ſchadlos. Negierungsbeamte benutzten auf Koſten des
Fonds des Treuhänders Privat=Automobile. In den Jahresberichten
wurde die Aufzählung aller Angeſtellten unterlaſſen. Mae Carl, der
als Sachverſtändiger für die Auffindung kleinſter zweifelhafter Poſtem
gilt, arbeitete ein Jahr an dem Bericht, deſſen Koſten auf 200 000 Doll.
geſchätzt werden. Der Bericht deckt ſämtliche zweifelhaften Fälle auf. an=
gefangen
von dem bekannten Fall American Metal Co, über ſieben Mill.
bis zu einem Fall von 106 000 Doll, die der Sekretär des Treuhänders
Miller an doppelten Tagegeldern für gleichzeitige Reiſen zwiſchen Wa=
ſhington
und San Franzisko und zwiſchen Waſhington und New York
erhielt. Der Bericht hebt hervor, daß Abrechnung für die große Maſſe
des beſchlagnahmten Eigentums erfolgte, während mehrere hundert
ernſtlicher Fälle von ſchlechter Verwaltung vorliegen. Es betrugen die
Anwalts= und Verwaltungskoſten der American Transport Co, und den
Foreian Transport an Mercantile Co. für vier Jahre eine Million
Dollar. Der Verwalter der beſchlagnahmten New York Verſicherungs=
geſellſchafteu
erhielt 210 000 Dollar. Der Anwalt dieſer Geſellſchaften
erhielt an Gebüihren in zwei Jahren 125 507 Dollar. In den Büchern
der German Co. Manila wurden 370 00 Dollar an Libarty Bonds ohne
jede Erklärung ebyeſchrieben. Der Treuhänderfonds Behn Meher u
Co. betrug im Februar 1918 925 000 Dollar gegenüber dem gegenwär=
tigen
Stand von E18 000 Dollar. Der Bericht kritiſiert weiten den Ver=
kauf
der Aktien der Botan) Worſted Mills.
Die Ausſichten des amerikaniſchen Freigabe=
geſehes
im Sengl.
Senator Boxah wurde bei einer Unterredung im Schatzamt von
Mellon aufgefordert, ſeinen Widerſtand gegen die Vorlage betr. Frei=
gabe
des deutſcher Cigertums aufzugeben. Borab willigte ein, die vom
Repräſentantenhaus angenommene Vorlage in Erwägung zu ziehen,
bemerkle jedoch er werde gegen dieſe Widerſpruch erheben, falls ſie an=
ſcheinend
eine Konfiskation deutſchen Eigentums enthalte. In Kongreß=
kreiſen
wird damit gerechnet, daß verſchiedene Senatsgruppen gegen die
Vorlage Widerſpruch erheben werden.
Amerika und die Weltwirtſchaftskonferenz.
New York, 20. Dezember.
Wie man in unterrichteten politiſchen Kreiſen annimmt,
einberufenen Weltwirtſchaftskonferenz teilnehmen.
beſchränke ſich auf einige Kreiſe des Senats.

bert. Mit ihren heworguellnden unden Augen und den ſeltiam
geſpaltenen Floſſen ähneln dieſe chineſiſchen Goldfiſche jenem Fiſch
der chineſiſchen Legende, der den Gelben Fluß hinunterſchwamm,
bis er ſchließlich zu den Waſſerfällen des Drachentors gelangte
und ſelbſt ein Drache wurde. Die Japaner, die in dieſer Be=
ziehung
wie imn ſo vielen anderen Dingen die Kunſt Chinas über=
nahmen
und weiterbildeten, verliehen dem Goldfiſch eine neue
exotiſche Schönheit. Hier entſtanden die Ariſtokraten jedes Gold=
fiſch
=Baſſins, die Schleierſchwänze und Fächerſchwänze, deren
lange Floſſen und Schwänze ſo zierlich und zugleich ſo phan=
taſtiſch
wirken. Ganze Geſchlechter haben gearbeitet, um dieſe
Produkte zu erzielen, und arbeiten noch immer daran. Der ge=
meine
Goldfiſch iſt ein recht widerſtandsfähiger Geſelle, aber dieſe
hochgezüchteten Ariſtokraten des Goldfiſchgeſchlechtes bedürfen
ſorgfältiger Pflege und Wartung. Sie werden von einem an=
ſteckenden
Pilz befallen, der leicht tödlich iſt, und unzählige
Feinde warten auf ihre Jungen, um ſie zu vernichten. Man hat
große Züchtereien des gewöhnlichen Goldfiſches in den Ver=
einigten
Staaten und in Italien angelegt, aber man ließ ſie ſich
in der Freiheit enwickeln, und dieſe wilden Fiſche verlorem
den Reiz ihrer Züchtung: die Jungen zeigen noch kein Gold.
Der hochgezüchtete Goldfiſch kann den Kampf ums Daſein in der
Freiheit nicht mehr beſtehen. Seine glänzende Livree macht ihn
zur Zielſcheibe für alle Feinde, und ſeine reich ausgebildeten
Floſſen und Schwänze ſind ihm beim Schwimmen nur ein Hin=
dernis
.
Weihnachtskrippen. Wenn in Deutſchland die gemütvolle
Sitte der weihnachtlichen Krippendarſtellung in den letzten Jahr=
zehnten
an Lebenskraft verloren hatte, ſo trug daran vor allem
der Umſtand Schuld, daß ſchöne und gute Krippen von ganz
ſeltenen Ausnahmen abgefehen nicht zu haben waren. Bis
vor wenigen Jahren haben ſich unſere Künſtler um die Weih=
nachtskrippe
kaun gekümmert, und ſo kam es, daß man faſt nur
noch abgeſchmackten Krippenfiguren aus Gips= und Pappmaſſe
begegnete, die ſelbſt die geringſten künſtleriſchen Anſprüche nicht
zu befriedigen vermochten. In jüngſter Zeit iſt das wie
Georg Schmitz in einem reichilluſtrierten Artikel im Weihnachts=
heft
der beliebten Frauenzeitſchrift Der Baſar ausführt
anders geworden. Das Intereſſe der Bildhauer an der Krippe
iſt wieder erwacht, vielleicht unter dem Einfluß der ſich auch
ſonſt überall regenden Sehnſucht nach den verſchüitteten Quellen
unſeres Vollstums. Einen anſchaulichen Ueberblick über dieſen
anmutigen Zweig frommer Volkskunſt gibt die Krippenſamm=
lung
des Baheriſchen Nationalmuſeums. Aber auch in einer
größeren Anzahl kunſtgewerblicher Werkſtätten, die auf den
Ueberlieferungen der Vergangenheit fußen, kommt heute in
Deutſchland die Weihnachtskrippe wieder zu hohen Ehren.

[ ][  ][ ]

Seite 4

Dienstag, den 21. Dezember 1926

Nummer 353

Fami iennachrichten

Statt beſonderer Anzeige.
Heute morgen 7 Uhr entſchlief nach ſchwerem
Leiden meine innigſtgeliebte Frau, unſere herzens=
gute
Mutter, Schwiegermutter und Großmutter
Hau Dufannd uner
geb. Dieter
kurz nach Vollendung ihres 68. Lebensjahres,
Ste ruhe in Frieden!
In ſchmerzlicher Trauer:
Jgc. Albert Müller
Willy Hafner u. Frau Gretel, geb. Müller
und Kind Frmgard
Jacob Müller und Fran
Karl Müller und Frau.
(233346
Darmſtadt, den 19. Dezember 1926.
Die Beerdigung findet Dienstag, den 21. Dezember
nachm. 2½ Uhr, vom Portale des alten Friedhofes
aus ſtatr
Von Beileidsbeſuchen bitten wir Abſtand zu nehmen.

Statt jeder beſonderen Anzeige.
Am 18. d8. Mts. abends verſchied im 44. Lebens=
jahr
nach kurzer, ſchwerer Krankheit mein lieber
Gatte, unſer Vater, Sohn und Bruder
Ferdinand Eigenbroot.
In tiefer Trauer:
Elſe Eigenbrodt, geb. Römheld
und Kinder
Amalie Eigenbrodt, geb. Bender
Wilh. Eigenbrodt.
Die Beiſetzung findet Dienstag, den 21. Dezember,
um 3 Uhr, vom Portale des Friedhofs an der
Nieder=Ramſtädterſtraße aus ſtatt.
Von Beileidsbeſuchen bittet man abſehen zu wollen.
(*33376)

Heute abend erlöſte ein ſanfter Tod unſere liebe
Mutter, Schwiegermutter, Großmutter, Schweſter
und Schwägerin
Frau Thereſe Muth
Lehrerswitwe
von ihrem langen, ſchweten Leiden.
Kte
Die trauernden Hinterbliebenen:
Familie Löb
Familie Runkel.
Darmſtadt und Sprendlingen, den 19. Dez. 1926.
Die Beerdigung findet Mittwoch, den 22. Dezember,
nachmittags 3 Uhr, auf dem alten Friedhof an der
Nieder=Numſtädterſtraße in aller Stille ſtatt.

Geſtern abend verſchied nach langem, ſchwerem
Leiden meine liebe Gattin, unſere gute Mutter,
Schwägerin und Tante
Frau
Zunnd Anopf
geb. Eifert.
Im Namen der Trauernden:
Georg Knopf.
Darmſtadt, den 20. Dezember 1926. (*33369
Liebfrauenſtr. 109.
Die Beerdigung findet am Mittwoch, den 22. Dezember
1926, 2½ Uhr nachmitags, auf dem Walofriedhofe ſtatt.

Todes=Anzeige.
Der liebe Gott hat meine geliebte Frau, unſere
liebe Mutter, Tochter, Schwiegertochter, Schweſter,
Schwägerin und Tante
Emma Multer
geb. Hahn
aus Saarbrücken, im 47. Lebensjahr nach kurzer, ſchwerer
Krankheit abgerufen. In tiefem Schmerz:
Wilhelm Müller, Rebiſions=Ingenieur,
und Kinder: Paula, Marianne u. Lotte.
Marie Hahn, Kreisbeterinärarzt=Witwe
Mühlſtraße 13
Antonie Hahn, Los Angeles
Hedwig Hahn
Familien Müller u. Glenz, Stiftſtr. 29
Saarbrücken, 18. Dezember 1926.
(18257
Die Beerdigung findet in Darmſiadt Mittwoch, den
22. Dezember, nachmittags 2 Uhr, auf dem Friedhof
Nieder=Ramſtädterſtraße ſtatt.

Für die vielen Beweiſe herz=
licher
Teilnahme beim Heim=
gang
meines lieben Mannes
dankt auch im Namen ihrer
Kinder
Karoline Völſing
18321)
geb. Verking.

Ich war am ganzen Leibe nitz

behaftet, welche mich durch das ewige Jucken Tag
und
dem Leſen Ihr
Racht peinigten. Na
Beg zur Ap
Druckſache war
n e
2e
*
m Gedanken, eine Mark
natürlich nur 1
ſenken; aber es kam anders. Nach einer Ei
reibung von kaum 14 Tagen mit Zuckers
ten vollſtän
Medlzinal=Seiſe waren meine 6
erſchwunden. Deshalb laſſe ich es mir nie
ſagen, den
ehmen, Ihnen 100 mal Dan
tent=Medizinal=Seife iſt nicht Mk. 1.,
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1
ſondern M
rgt. M.*
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ig) und Mk. 1.50
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umſomehr begreift, je älter man wird. Je reicher
die Erinnerungen, je reicher das Leben!
Haben Sie bedacht, welch’ mächtige Stütze für
die Erinnerung der Photo=Apparat iſt? Er hält
die Ereigniſſe eines ganzen Lebens, von der
früheſten Jugend bis zum Greiſenalter im Bilde
feſt. Schenken Sie deshalb einen Photo=Apparat
oder beſchenken ſie ſich ſelbſi damit. Er wird ihr
eigenes Leben durch bleibende Erinnerungen
bereichern. Für Weihnachten Photo=, Proſektions=
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[ ][  ][ ]

Nummer 353

Dienstag, den 21. Dezember 1926

Geite 5

Aus der Landeshauptſtadt.
Darmſtadt, 21. Dezember.
Ernennungen: Am 3. Dezember 1926 wurde der Forſtwart=
aſpirant
Rudolf Göbel aus Laubach auf Grund des Artikels 4 des
Geſitzes über die Ermächtigung der Staatsregierung zur Neuregelung
der Dienſtbezüge der Kommunalforſtwarte ſowie zur Neueinteilung der
Förſtereien vom 30. Juli 1920 unter Vopbehalt der Regelung der Dienſt=
altersfolge
vom 1. Dezember 1926 an zum Förſter der Förſterei Kirtorf
des Forſtamts Kirtorf und am 15. Dezember 1926 der Kanzleigehilfe bei
dem Forſtamt Ober=Ramſtadt Philipp Rodenhauſen aus König
i. Odw. vom 1. Januar 1927 ab zum Kanzliſten ernannt. Am 6. Dezem=
ber
1926 wurde der Oberförſter Georg Wagner zu Lorſch vom
1. Dezember 1926 ab zum Forſtmeiſter ernannt.
Verſetzungen in den Ruheſtand. In den Ruheſtand tritt auf ſein
Nachſuchen vom 1. Januar 1927 an der Bademeiſter Louis Möbus
bei der Badedirektion Bad=Salzhauſen. Auf Grund des 8 1 des Ge=
ſetzes
über die Altersgrenze der Staatsbeamten vom 2. Juli 1923/19. De=
zember
1923, in der Faſſung des Geſetzes vom 8. Oktober 1925 (Reg.=
Blatt S. 249) tritt am 1. Januar 1927 in den Ruheſtand: Rektor Kon=
rad
Renker an der Volksſchule zu Herrnsheim, Kreis Worms.
* Entlaſtung des Juſtizminiſteriums. Mit Wirkung vom 17. Dezbr.
1926 gilt: Der Landgerichtspräſident entſcheidet über Geſuche um Be=
freiung
vom Ehehindernis des Ehebruchs; zuſtändig iſt der Präſident
des Landgerichts, in deſſen Bezirk der der Befreiung bedürfende geſchie=
dene
Ehegatte wohnt oder mangels Wohnſitzes in Heſſen ſich aufhält,
oder mangels ſohhen Aufenthalts in Heſſen zuletzt gewohnt hat. Man=
gels
hiernach begründeter Zuſtändigkeit iſt der Landgerichtspräſident in
Darmſtadt zur Entſcheidung über das Geſuch zuſtändig. Der Präſident
des Landgerichts entſcheidet weiter über einen Antrag auf Ehelichkeits=
erklärung
, in deſſen Bezirk der Vater den Wohnſitz oder Aufenthalt hat.
Hat der Vater in Heſſen weder Wohnſitz noch Aufenthalt, ſo entſcheidet
der Darmſtädter Landgerichtspräſident. Ueber Geſuche um Befreiung
vom Ehehindernis der Wartezeit entſcheidet das Amtsgericht, in deſſen
Bezirk die der Befreiung bedürfende Frau in Heſſen Wohnſitz oder
Aufenthalt hat. In Ermangelung eines hiernach zuſtändigen heſſiſchen
Amtsgerichts iſt Amtsgericht Darmſtadt I für die Entſcheidung zuſtändig.
Ueber Geſuche um Befreiung vom Aufgebot entſcheidet das Amtsgericht,
in deſſen Bezirk die Eheſchließung erfolgen ſoll. Ueber Geſuche um Be=
freiung
von den für die Annahme an Kindesſtatt aufgeſtellten Erforder=
niſſen
des 8 1744 B.G.B (der Annehmende muß das 50. Lebensjahr
vollendet haben und mindeſtens 18 Jahre älter ſein als das Kind) ent=
ſcheidet
das Amtsgericht, das in dieſem Zeitpunkt für die Beſtätigung
des Annahmevertrags zuſtändig ſein würde. Sofern hiernach kein heſſi=
ſches
Amtsgericht zuſtändig wäre, entſcheidet das Amtsgericht Darm=
ſtadt
I. Die zum Grundſtüickserwerb durch juriſtiſche Perſonen erford
liche Genehmigung erteilt das Amtsgericht, in deſſen Bezirk die Grum
ſtücke gelegen ſind. Dieſes beſchließt auch über eine Ermäßigung des
bezüglichen Stempels. Die geſetzliche Befugnis des Juſtizminiſters, im
Einzelfalle ſelbſt zu entſcheiden, bleibt unberührt. Ueber Beſchwenden
wird im Aufſichtswege entſchieden.
Heſſiſches Landestheater. Mietkarten für den Weihnachts=
Zyklusklaſſiſcher Werke, der am 1. Feiertag mit Beethovens
Fidelio beginnt, während tägich an der Hauptkaſſe und den Tageskaſſen
beider Häuſer zu den bereits bekanntgegebenen billigen Preiſen ( Par=
terre
und 2. Rang 14 Mk., Sperrſitz 22 Mk. und Logen 30 Mk.) ab=
gegeben
.
Die Feiertagsporſtellungen entfallen auf die Mieten wie
folgt: Am 1. Weihnachtsfeiertag erhält im Großen Haus die Miete
als 8. Vocſtellung und der Weihnachtszyflus als 1. Vorſtellung Beetho=
vens
Fidelio, am zweiten Feiertag die Sonntags=Fremdenmiete die
Neueinſtudierung von Humperdincks Hänſel und Gretel und Bayers
Pautomime Die Puppenfee‟. Im Kleien Haus wird am 1. Feiertag
Jphigenie ſür Zuſatzmiete IV, am zweiten Feiertag Der Biberpelz
für Zuſatzmiete II gegeben. Die Silveſteraufführung, eine Neueinſtudie=
rung
der Poſſe Robart und Bertram wird der Miete L, die Neu=
jahrsvorſtellung
Die Meiſterſinger der Miete C zufallen.
Am Sonntag, den 26. Dezember (2 Weihnachtsfeiertag), wird Engel=
bert
Humperdincks Märchenoper Hänſel und Gretel, nach
mehrjähriger Pauſe in neuer Einſtudierug in das Repertoire der Oper
aufgenommen. Den Hänſel ſingt Hedwia Werle, die Gretel Margarete
Albrecht, den Beſenbinder Imre Aldori, ſein Weib Marta Liebel, die
Knuſperhexe Anna Jacobs, das Sandmännchen Annelies Roerig, das
Taumännchen Sitta Müller=Wiſchin. Das Werk ſteht unter der muſika=
liſchen
Leitung von Kapellmeiſter Max Hüsgen und wird von Oskar
Fritz Schuh inſzeniert. Den Abſchluß des Abends bildet die bekannte
und beliebte Pantomime. Die Puppenfee, deren choreographiſche
Ausgeſtaltung bei der Ballettmeiſterin Manda von Kreibig liegt.
Für Silveſter wird in dieſem Jahre im Großen Hauſe G. Raeders
Poſſe mit Geſang Robert und Bertram (Die luſtigen Vaga=
bunden
) neu einſtudiert. Die Aufführung wird von Generalintendant
Ernſt Legal inſzeniert, das Vagabundenpaar von Robert Klupp jung, einige genußreiche Stunden der Erholung bieten. Daß der Lieder=
und Paul Maletzki geſpielt werden.
In der heutigen Aufführung von Verdis Troubadour ſingt
Karl Jörn die Partie des Manrico.
* Geiftliche Abendmuſik. Am Sonntag abend fand in der Johannes=
kirche
zu Darmſtadt eine muſikaliſche Abendfeier ſtatt, die ſich leider vor
ſtig war. Das Programm, das Geſang, Violine und Orgel vereinte,
ſah eine recht intereſſante Vortragsfolge klaſſiſcher Kirchenmuſik zu der den die berehrl Mitglieder unſeres Vareins zu dieſer Feier höflichſt ein=
ſich
als einzig moderne Nummer eine Kirchenſonate für Violine und
Opgel von dem jetzt in München lebenden Joſef Haas geſellte, eine mentgeltlichem Eintritt berechtigen.
harmoniſch reiche, melodiſch warme Kompoſition paſtoraler Klänge, die
ihren Ahnherrn Reger nirgends verleugnet, ohne aber in ſklaviſche Nach=
ahmung
zu fallen. Geſpielt wurde das Werk durch den Geiger A. Fill
ſack und durch den Organiſten A. Niebergall mit ſicherem Gefühl
für den Stil des Werkes, und ſchön klang ein Adagio Cantabile von
Tartini von den beiden Inſtrumenten. Die namentlich in der Höhe
ſtrahlende Soprauſtimme Fräulein Aßmuths kam in einer Bach=Arie
mit obligater Violine: Jeſus ſoll mein erſtes Wort in dem neuen
Jahre heißen, zur wirkungsvollen Geltung, und vereinte ſich dann mit bisher ſich wachſender Beliebtheit erfreut, und zwar eine Kombi=
dem
Tenor des Herm Dr. Stiefenhofer deſſen Stimme und
Können ihn beſonders auf kirchliche Muſik weiſen, in einem Duett für durch das vielſeitige Können erſtklaſſiger artiſtiſcher Kunſtkräfte erfreut,
Sopran und Tenor: Hodie Christus natus est von H. Schütz, deren
exakt gebrachte ſchwierige Koloraturen beſonders angenehm wirkten.
Herr Niebergall begleitete alle Nummern in feiner und diskreter
Anpaſſung. Drei von ihm geſpielte Präludien und Fugen von Sebaſtian
Bach und Pimcent Lübeck (18541750) umrahmten das Ganze und zeig= nicht angezogen ſchöner. Rirwahr! ein Lachen ohne Ende! Wem
beamten hielt im Perkeoſaal eine außerordentliche Hauptverſammlung zu ermäßigten Preiſen mit gutem Beiprogwamm zur Vorführung ge=
ab
. Die Verſammlung war ſehr ſtark beſucht, namentlich hatten die Un= langt. Weitere Mitteilungen folgen. (Sieße Anzeige.)
teren Beſoldungsgruppen durch ſtarke Teilnahme an der Verſammlung
ihr beſonderes Intereſſe an der Tagesordnung bekundet. Nach einem EEI
Neferat des Vorſitzenden, Herrn Inſpoktor und Stadtverordneten Goſen=
heimer
, über ſeine Stellungnahme in der Stadtverordnetenverſammlung / LlRoledm-Ieppiche u.Laufer
zur Frage der ſogenannten Wirtſchafts= und Winterbeihilfe für die Be=
amtenſchaft
, ſprach die Verſammlung ohne Widerſpruch einſtimmig dem
Vorſitzenden und dem Vorſtand das vollſte Vertrauen aus. Es war
bemerkenswert, daß namentlich die Vertreter der unteren Beſoldungs= Wir haben ein gut Sortiertes Lager in allen Größen und Oualitsten
gruppen die Stellungnahme des Vorſitzenden billigten und aus ihrer
Mitte heraus der Antrag geſtellt wurde, dem Vorſitzenden und dem
Vorſtand das Vertrauen der Verſammlung zum Ausdruck zu bringen. THZZ,LoTheLo- rapetenfabrik
Ein darüber hinaus eingegangener ſchriftlicher Antrag, dem Vorſitzenden
und dem Vorſtand das Vertrauen auszuſprechen und die Ausführungen
des Vorſitzenden in der Stadtverordnetenverſammlung zur Frage der
Winterbeihilfe zu billigen, fand einſtimmige Annahme.
am 2. Feiertag, nachmittags ½4 Uhr, im Saale der Gemeinſchaft, Mol=
lerſtraße
40, ſtattfindenden Weihnachtsſeier laden wir jedermann herz= Fabrif für Zentralheizungen, Darmſtadt, ausgeführt wurde.
lich ein. Der Feier entſprechend finden Weihnachtsſpiele, Geſänge und innerhalb der Straßen und Hofreiten der Stadt iſt verboten. Zu=
Anſprachen ſtatt. Eintritt frei.
Kauft am Platze. Es haben ſchon die Zigarrenhändler durch Geld= oder Haftſtrafe bedroht. Auch tritt Wegnahme der Schußwaffe
Inſerate bekannt gegeben, daß man von auswärts nicht beſſer und ein. Das Abgeben von exploſiven Stoffen, Feuerwerkskörpern uſw. an
billiger kauft. Das könnte jede kaufmänniſche Branche mit Recht auch Perſonen, von welchen ein Mißbrauch zu befürchten iſt, insbeſondere an
von ſich aus ſagen. Und mertwürdig iſt, daß trotz vieler Reinfälle und alle Perſonen unter 16 Jahren, iſt verboten. Verordnung, den Ver=
Enttäuſchungen doch ſo viele Anſäſſige auswärts kaufen. Hauſierer und kehr mit Sprengſtoffen betreffend, vom 21. Sevtember 1905, 8 96.)
Kolporteure haben es nur zu leicht, ihre Waren abzuſetzen. Und doch Zuwiderhandlungen gegen dieſe Vorſchrift werden nach 8 367 des Neichs=
ſollten
z. B. gerade die Beamten bedenken, wenn ſie das Geld nach ſtrafgeſetzbuches mit Geldſtrafe bis zu 150 Mavk oder mit Haft beſtraft.
auswärts tragen, daß dies dann dem heſſiſchen Staat oder der Stadt
Darmſtadt verloren geht. Woher aber ſollen Staat und Stadt die zeichnen. Teilweiſe iſt der Schnee vollſtändig verſchwunden, an den
Gelder nehmen, um die Gehälter zu zahlen, wenn der Handel keine höheren Stellen (Neunkircher Höhe) Glatteis. Winterſport keine Gele=
Steuern mehr aufbringen kann?. Darüber ſollte ſich doch jeder klar ſein. genheit.
Wir mahnen darum immer wieder: Kauft am Platze.
iſt das Geſetz vom 11. September 1924 abgeändert: Zum Ausgleich und der Steuerpflichtige über die Höhs der Steuer in Ungewißheit
einer weſentlichen Ueberteuerung der Baukoſten gegenüber den Bau= wpar, iſt die Zahlungsfriſt bis 24. Dezember 1926 verlängert worden.
koſten vom 1. Auguſt 1914 wird zu den errechneten Entſchädigungen bis
auf weiteres bei der Wiederherſtellung ein Zuſchlag gewährt, deſſen Höhe iſt nach Rücknahme der von der Staatsauwaltſchaft eingelegten
unter Berückſichtigung der jeweiligen Baupreiſe feſtgeſetzt wird.

Um die Wirtſchaftsbeihilfe für die hefſiſchen Beamten.

Der Darmſtädter Lehrerverein beſchäftigte ſich nach einem
Referat des Bundesvorſitzenden des Heſſiſchen Beamtenbundes,
Herrn Dr. Claß, mit der vom Reich und den Ländern in Aus=
ſicht
genommenen einmaligen Wirtſchaftsbeihilfe für die Beam=
ten
, die noch vor Weihnachten ausgezahlt werden ſoll. Die Zu=
lage
hat dadurch den Charakter einer Weihnachtsbeihilfe bekom=
men
. Sie iſt jedoch nach den Ausführungen des Reichsfinanz=
miniſters
als eine Ausgleichszulage für die leider nicht zuſtande
gekommene Beſoldungsreform anzuſehen. Es handelt ſich alſo
nicht um ein Weihnachtsgeſchenk das erwarten die Beamten
auch vom Staate nicht , ſondern um eine Abgeltung der Be=
züge
, die ſeither ſchon hätten gezahlt werden ſollen. In der Ver=
ſammlung
kam der lebhafte Unwille darüber zum Ausdruck, daß
wir in Heſſen im Gegenſatz zu allen anderen Ländern noch zu
keiner Löſung der Frage gekommen ſind. Heſſen darf den zweifel=
haften
Ruhm für ſich in Anſpruch nehmen, am Schluſſe aller deut=
ſchen
Länder zu marſchieren. Das Reich hat zudem längſt An=
weiſung
zur Auszahlung gegeben, die württembergiſchen Beam=
ten
ſind ſogar ſchon im Beſitz der Zulage in Höhe der Reichsſätze.
Will Heſſen etwa den Anfang zu einer dauernden Schlechter=
ſtellung
ſeiner Beamten machen? Folgende Entſchließung
wurde angenommen:
Der Darmſtädter Lehrerverein erkennt an, daß die meiſten
politiſchen Parteien des Heſſiſchen Landtags für die Loge der
Beamten Verſtändnis zeigten und ſich bereitfanden, die einmalige
Reichsſätze zu gewähren. Er ſtellt mit Bedauern und Befremden
feſt, daß ſich in einzelnen Fraktionen Widerſtand bemerkbar und findet daher keine Ueberweiſung ſtatt.
macht. Er erwartet auf das Beſtimmteſte, daß ſich bei den Plenar=
Intereſſen aller Beamten nicht nur einzelner Gruppen
ihrer Arbeit erwarten

Muftt i Hein

Ultraphon=, Odeon=, Vox=, Columbia=
Sprechapparaie
Plaiten ſämtlicher führenden Marken in großer Auswahl
Muſikalien / Muſikbücher / Geſchenkbände
Violinen / Violas / Cellis / Blech=, Blas=
und Zupf=Inſtrumente
Flügel / Pianos / Harmoniums
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Heinrich Arnold

nur Wilhelminenſtraße 9. 18853

Liederzweig Darmſtadt hält ſeine Weihnachtsfeier am
2. Feiertag nachmittags 4 Uhr im Feſtſaal der Turngemeinde ( Woogs=
platz
) ab. Eine reichhaltige Vortmgsfolge wird den Beſuchern, alt wie
zweig auch auf dieſem Gebiete nur Gutes leiſtet, iſt himreichend bekannt.
Erwähnt ſei nochmals, daß die Feier in dieſem Jahre ſchon nachmittags
4 Uhr beginnt. An dieſer Stelle wird allen verehrlichen Mitgliedern
und Freunden des Liederzweig mitgeteilt, daß am 15. Januar k. Js.,
abends 8 Uhr, im Feſtſaal der Turngemeinde am Woogsplatz die Jubi=
läumsfeier
(25jähriges Präſidentenjubiläum) für unſere allverehrten
lenen Bänken abſpielte, has der Atuſtik und der Stimmung nicht gün= Vorſitzenden Herm Adolf Schneider ſtattfindet. Schon biermit wer=
geladen
. An Nichtmitglieder ergehen beſondere Einladungen, die zu

Sigig Mag.
(18764gidg)

* Orpheum. Ueber die Weihnachtsfeiertage und zwiſchen den Jah=
ven
bietet das Orpheum eine Neuerung, die m den Großſtädten
nation von Varieté und Film. Werden wir in erſtevem
ſo dürfen wir in letzterem wieder einmal die allſeitig beliebte Film=
ſchauſpielerin
Mady Chriſtians in ihrem 6aktigen deutſchen Luſtſpiel=
ſchlager
: Die Königin von Moulin Rouge oder Das indiskrete Aben=
teuer
zweier Tanzbeinchen bewundern. Angezogen iſt Mady ſchön,
ten, daß Niebergall das Zeug zu einem guten Orgelſpieler hat. O. alſo Frohſinn nottut und wer das Bedürfnis hat, ſich einmal herzlich
auszulachen, der verſäume nicht, ſich dieſes reichhaltige Programm an=
Die Ortsgruppe Darmſtadt der Gewerkſchaft Heſſiſcher Gemeinde= zuſehen. Bemerkt ſei noch, daß an den Nachmittagen der Großfilm

sind praktische und willkommene
Weihnachts-Geschenke

vorm. Frankkurter
Schlelermacherstraße 23 (am Gericht) (1P2im

Zur Eröffnung der Möbelhandlung Adam Karn Nachf., Inh.
Friedr. Eiſenhauer, hier, Ernſt=Ludwigſtraße, iſt hinzuzuſüigen, daß die
Chriſtliche Gemeinſchaft, Darmſtadt, Mollerſtraße 40. Zu der Niederdruckdampfheizungsanlage von dar bekannten Fa. Heinr. Fritz
Das Schießen ſowie das Abbrennen von Feuerwerkskörpern
widerhandlungen ſind in 8 367 und 368 des Reichsſtrafgeſetzbuches mit
Schneeverhältniſſe im Odenwald. Neuſchnee iſt nicht zu ver=
Die am 15. November fällia geweſene Vermögensſteuerrate. Da
Gebäudebrandverſicherung. Mit Wirkung vom 17. Dezember 1926 am Verfalltage vielfach die Steuerbeſcheide noch nicht zugeſtellt waren
* Der Fall Kreiſel. Das Urteil des Bezirtsſchöffengerichts
Berufung rechtskräftig.

Heſſiſcher Oberförſier=Verband.
In Frankfurt a. M. war der 26. ordentliche Verbandstag. Hundert
Forftbeamte, eine ſtattliche Zahl, darunter der Herr Landfoſtmeiſter,
hatten ſich eingefunden. Der 1. Vorſitzende, Oberforſtmeiſter Heyer,
eröffnete ½10 Uhr die Sitzung, begrüßte den Herrn Landforſtmeiſter
und die übrigen Fachgenoſſen und bedauerte, daß der Herr Finanz=
miniſter
am Erſcheinen verhindert war. Reichhaltig und vielſeitig wa=
die
Tagesordnung. Der Rückblick auf das vergangene Jahr zeigte un
wie ſchwer der Abbau gerade unſere forſtliche Jugend betroffen hat
nicht im Intereſſe des Staates, da die Forſteinrichtungen immer mc.
in Rückſtand geraten zum Schaden der Gemeinden und des Staat(
Dieſer Schaden wird ſich nicht ſofort, aber in einigen Jahren und Jah‟
zehnten auswirken.
Beſprochen wurde auch die Vertretung der Forſtwirtſchaft im Dei
ſchen Muſeum in München. Die Forſtwirtſchaft, trotz ihrer groß;
vokswirtſchaftlichen Bedeutung, iſt im Deutſchen Mufeum nicht vei=
treten
; ſie ſoll nun in den bereits überfüllten landwirtſchaftlichen Räz
men eine Berückſichtigung finden. Einſtimmig ſtand die Verſammlun,
auf dem Standpunkt, daß nur bei einer Erweiterung des Muſeums in
eigenen Räumen der Forſtwirtſchaft eine würdige, ihrer Bedeutung enf=
ſprechenden
Vertretung geſchaffen werden kann und muß. Iſt das nich.
zu erreichen, ſo ſoll ſie lieber weiter unberückſichtigt bleiben.
Dank der gewandten, umſichtigen Leitung des bewährten Vorſitzen=
den
, Oberforſtmeiſter Heher, war die Tagesordnung zu bewältigen.
Oberforſtmeiſter Augſt ſprach dem Vorſitzenden den Dank der Verſamm=
lung
für ſein und des Vorſtandes Wirken aus. Um 6 Uhr wurde die
Verſammlung geſchloſſen.

Bei der Stationskaſſe Darmſtadt Hbf. erfolgt die Zahlung der
Ausgleichszulage auch den heſſiſchen Beamten nach Maßgabe der Notzuwendung an alle Ruhegehalts= und Wartegeldempfänger ſowie
an ſämtliche Hinterbliebene von Beamten am Mittwoch, den 22.
Dezember. Auf Verfügung der Hauptverwaltung wird bar gezahlt
Die Auszahlung der Notzuwendung an die Penſionäre der Grup=
verhandlungen
im Landtag ſämtliche Parteien bereit finden, die pen 1 bis 12 findet beim Verſorgungsamt am Donnerstag, den 23. De=
zember
1926, von 10½ bis 12 Uhr vormittags und von 3 bis 5 Uhr
nachdrücklichſt zu vertreten. Die Beamtenſchaft verlangt kein nachmittags ſtatt. Die nicht abgeholten Beträge werden am N. De=
Weihnachtsgeſchenk, wohl aber darf ſie eine gerechte Entlohnung zember koſtenpflichtig überſandt. Denjenigen Penſionären, die ihre Pen=
ſion
durch die Poſt bzw. auf ein Bankkonto überwieſen erhalten, wird
die Notzuwendung in der gleichen Weiſe wie ihre Penſion zugeſtellt.
Die Ruhegehalts= und Hinterbliebenenbezüge der ſtädtiſchen
Beamtenpenſionäre und Beamtenwitwen werden mit der etwa zuſtehen=
den
Weihnachtsbeihilfe bereits am 22. Dezember 1926 bei der Stadtkaſſe
bzw. der Kaſſe der ſtädtiſchen Betriebe ausbezahlt.
Zuſatzrente für Kriegsbeſchädigte und Kriegshinterbliebene. Die
S Auszahlung der einmaligen Zuwendung in Höhe von 14 der Dezember=
Zuſatzventen für nicht im Erwerbsleben ſtehende Schwerbeſchädigte,
Kriegshinterbliebene, Altrentner und Altrentnerinnen erfolgt am Don=
nerstag
, den 23. Dezember 1925, vormittags von 812 Uhr, durch die
Stadtkaſſe.
Der Weihnachtsengel mit dem Pferdefuß! Vom Reichs= Schutz=
verband
für Handel und Gewerbe e. V., Hauptſitz Braunſchweig, wird
uns geſchrieben: Eine bekannte ſadiriſche Zeitſchrift bringt dieſer Tage
umter vorſtehender Ueberſchrift ein zeitgemäßes Titelbild. Ein hölliſch
grinſender Teufel mit dickem Pferdefuß lockt den zitternden deutſchen
Michel mit einem im Hintergrund gelagerten Stapel allerlein ſchöner
Sachen. Des Teufels rieſige Flügel tragen die Inſchrift Kauf=
kredit
und der Teufel lockt: Dieſes Jahr kannſt du dir alles kaufen!
* Michel aber ringt zitternd die Hände vor dem Unhold und antwortet:
Hebe dich weg von mir, Satanas
Dieſes Bild ſollte man
heute dem deutſchen Volke einhämmern, denn es ſpukt in dem Weihnachts=
wochen
geradezu das Fieber von Konſumfinanzierungsideen und gewiſſe
Großberliner Handelskreiſe wollen das Pumpgeſchäft im Großen förmlich
organiſieren. Der Reichs=Schutzverband warnt das kaufende Publikum
wie auch die Geſchäftswelt vor dem Weihnachtsengel mit dem Pferde=
s
fuß. Ausländiſche Großkapitaliſtengruppen ſind es, die das deutſche
Volk durch allerlei Kreditſyſteme verleiten wollen, leichtſinnig und über
ſeine Verhältniſſe auf Kredit zu kaufen. Wenn es ſo weitergeht, gibt es
bald keinen deutſchen Staatsbürger mehr, der nicht von irgendeinem
Kreditinſtitut ſteckbrigflich wegen Warenſchulden verfolgt wird. Beſon=
ders
an die Frauenwelt ergeht der Ruf: Kauft bar und kauft nicht
mehr, als euer Geldbeutel erlaubt!
Große Strafkammer. Zur Verhandlung ſtehen die Berufungen des
früheren Rechtskonfulenten M. und des Kaufmanns
E. B., beide hier. Das Bezirksſchöffengericht hatte wegen Zinswuchers
vevurteilt. Der erſtgenannte Angeklagte nimmt die Berufung zurück
Dagegen wird über die weitere Berufung in die Verhandlung eingetre=
ten
. Der Angeklagte beſtreitet insbeſondere, von einer Notlage der Dar
lehensnehmerin Kenntnis gehabt zu haben. Auch die Staatsanwaltſche
iſt
hat vorſorglich Berufung eingelegt. Die Hingabe des Geldes hat am
17. Mai 1924 ſtattgefunden, die Rückzahlung ſollte am 17. Auguſt 1924
erfolgen. Statt 300 Mark wurden nur 210 Mk. hingegeben, von denen
M. ſeine Proviſion m Abzug brachte. Der Sachverſtändige ſtellt für
Mai 1824 eine ſtarke Geldverknappung feſt. Im Mai 1924 war der
Zinsſatz der Banken 4½5 Prozent pro Monat. Die Zinſen vorweg
zu zahlen, iſt nur im Wechſeldiskont üblich. Die hier geforderten Zinſen
ſind das Dreifache des Bankzinſes. Die Verteidigung beſtreitet, daß Not=
lage
oder Unerfahrenheit ausgebeutet worden ſeien, der Zinsſatz, den
man jetzt wichſchauend betrachtet, ſei nicht übermäßig hoch geweſen. Ein
feſter Zinsſatz habe ſich damals im Privatverkehr noch nicht gebildet
gehabt. Die Zinſen im Privatverkehr hätten damals naturgemäß höher
ſeim müſſen wie die Bankzinſen. Auf dieſem Standpunkte hätten auch
eine Reihe von Zivilgerichten geſtanden. Die Frage einer dringlichen
Sicherheit hätte erwogen werden müſſen. Der vorliegende Fall ſei ein
Grenzfall und wenig geeignet für eine Anklage. Angeklagter ſei ſich
nicht bewußt geweſen, daß er übermäßig hohe Zinſen nehme. Die ſub=
jektiven
Vorausſetzungen des Wucherparagraphen könnten nicht bejaht
werden. Der Angeklagte habe keineswegs Notlage oder Unerfahrenheit
der Darlehensnehmerin gekannt. Notlage oder Unerfahrenheit müßten
begründet werden. Angeklagter habe ja die Geldnehmerin niemals
geſehen und ſie nie gekannt. Die Preistreibereiverordnung ſei aufge=
hoben
, auf ſie die Anklage nicht geſtützt. In ſolch zweifelhaſtem Falle
möge man die Konſequenz ziehen und freiſprechen. Der Staatsanwalt
erachte, daß Angeklagter über den Vertrag im Klaren geweſen ſei; e=
habe
auch gewußt, um welche Perſon es ſich handelte. Der Zinsſatz ſei
nach den hingegebenen 210 Mark zu berechnen, er ſei ein überaus hoher.
Normale Verhältniſſe häten damals nicht beſtanden. Notlage und Un=
erfahrenheit
lägen klar zutage. Das Urteilhebt dasangefoch=
tene
Erkenntnis auf und ſpricht frei. Der genomene
Zins habe das normale Maß weit überſtiegen, die Geldnehmerin habe
ſich in Notlage befunden und aus Unerfahrenheit den Vertrag unter=
ſchrieben
. Mangels des vollen Nachweiſes der ſubjektiven Vorausſetzun=
gen
iſt die Freiſprechung erfolgt.
2. Wegen Betrugs und ſchwerer Urkundenfälſchung hat ſich der
Fuhrmann F. Wilhelm Mainhardt hier zu verantworten.
verfolgt Berufung gegen ein Urteil des Bezirksſchöffengerichts vom 20
September 1925, das auf 6 Monate Gefängnis erkannt hat. Das Rechts=
mittel
richtet ſich gegen die Höhe der Strafe. Es handelt ſich um Fahr=
radſchwindel
, den bezüglichen Vertrag hat M. auch mit dem Namen des
Vaters unterſchrieben. Das Nad wurde beim Leihamt verſetzt, wo es
der Verkäufer um 35 Mark auslöſen mußte. Der Verkäufer erklärt als
Zeuge, daß er an junge Leute ohne Mitunterſchrift des Vaters keine
Räder abgebe. Das Urteil verwirft die Berufung.
* Bezirksſchöffengericht In dem Bericht in Nr. 349 in der Straf=
ſache
gegen Schroth Eheleute in Dieburg muß es auf 3. 39
von oben richtig heißen: Das Geſchäft war handelsgerichtlich nicht
eingetragen.
Lokale Veranſtaltungen.
Die bierunter erſcheſnenden Notizen ſind an= ſchließlich als Hinweiſe auf Anzeigen zu beirachten,
in keinem Falle irgendwie als Beſprechung oder Kritk.
Wir wollen an dieſer Stelle nicht verſäumen, auf die heute abend
8 Uhr in der Pauluskirche ſtattfindende Geiſtliche Abendmufik
auf die heilige Weihnacht, von dem Jugendchor veranſtaltet,
hinzuweiſen. Es wäre ein recht zahlreicher Beſuch zu wünſchen im
Hinblick auf die große und freudige Arbeit, die der Jugendchor leiſtet.
Männerquartett Arion. Wie alljährlich, ſo findet
auch in dieſem Jahre am 1. Feiertage, abends 7½ Uhr, unſere Weih=
machtsfeier
im Saale des Feierabend ſtatt. Wir weiſen beſonders darauf
hin, daß der humoriſtiſche Teil ſowie das Theaterſtück Die Ehefrau
wider Willen in vorzüglicher Einſtudierung zum Vortrag kommen.

Tageskalender für Dienstag, den 21. Dezember 1926.
Landestheater, Gr. Haus, nachm. 2½, Ende 4½ Uhr: Brumm,
der Bär; abends 7½ Uhr, Ende 10 Uhr, G 7: Der Troubadour.
Kleines Haus: Keine Vorſtellung. Kinovorſtelluu=
gen
: Union= Reſidenz=Theater, Palaſt=Lichtſpiele. Kunſtver=
ein
für Hefſen nachm 5 Uhr, Kunſthalle Rheintor: Hauptver=
ſammlung
. Alldtſch. Verbd., abends 8 Uhr, weißer Saal bei
Chriſt (Grafenſtr); Politiſcher Abend.
Grafenſtr. 24, Saal.
abends 8 Uhr, Vortrag: Chriſt oder W
t. Konzerte: Schloſi=
Café; Hotel Schmitz; Perkeo; Span. Bodega; Weinhaus Weißer
Turm.

[ ][  ][ ]

Seite 6

Dienstag, den 21 Dezember 1926

Nummer 353

Aus Heſſen.
Starkenburg.
* Arheilgen, 20. Dez. Nächſten Mittwoch, den 22. Dez. begeht Herr
Peter Scheinkofr ſeinen 86. Geburtstag. Der hieſige Turnverein
von 1876 hat, um ſeinen Mitgliedern die Beteiligung am Kr. isturnfeſt
1927 in Darmſtadt zu erleichtern, eine Feſtſparkaſſe errichtet, und können
Sparmarken an beſtimmten Stellen käuflich erworben werden. Hoffent=
lich
wird von dieſer Maßnahme recht reichlich Gebrauch gemacht. Der
Turnerball findet am 5. Februar ſtatt. Dr Geſangverei Eintracht
hält ſeine diesjährige Weitnachsfeier am 1. Feiertag, abends ½9 Uhr,
im Gaſthauſe Zum weißen Schwanen ab. Am 2. Weihnachtsfeiertag,
nachmittags 3 Uhr, wird der hieſige Kirchenv=rein ein Kirchenkonzert
veranſtalten. Es kommt ein Weihnachtsoratorium von Degen zur Auf=
führung
. Mitwirkende ſind Frl. Aßmuth (Sopran) und Herr Lehrer
Landzettel (Tenor), beide aus Darmſtadt. Ferner werden noch Orgel,
Harmonium, 2 Violinen und der Poſaunenchor das Programm ver=
vollſtändigen
.
* Gri=ßeim, 2. Dez. In dieſer Woche finden auf dem hieſigen
Trupp nübungsplatz täglich vormittags von 711 Uhr und nachmittags
von 15 Uhr Scharfſchiefübungen ſtatt, und zwar in der erſten Hälfte
durch Artillerie und in der zweiten Hälfte durch Infangrie und
Maſchinengewehre. Ein 43jähriger unverheiradeter Mann, der ſich
am Mittwoch nachmittag von zu Hauſe entfernte, wurde am Donnerstag
weſtlich d.r Groß=Gerauer Straße über der Landwehr an einem Baume
hängend aufg=funden. Was den ſtillen, braven Mann zu dem traurigen
Entſchluß bewogen hat, ſich das Leben zu nehmen, iſt nicht bekannt.
Die Maul= und Klauenſeuche iſt hier erloſchen. Der
Faſelſtall iſt wieder geöffnet. Bei der Vorſteherwahl der hieſigen
iſrcelitiſchen Religionsgemeinde haben von 22 Stimmberechtigten nur
10 abgeſtimmt. Acht Stimmn fielen auf den ſeitherigen Vorſteher Herrn
Metzgermeiſter Willi May, der ſomit wieder gewählt iſt.
H. Eberſtadt, 2. Dez. Fechtverein Waiſenſchutz. Mem
Fechten hier kennt kein Verbot, ich lind’re armer Waiſen Not!
Welch
ein vielſagendes Wort, welch feſte und beſtimmte Sprache!. Gibt es
wirklich Menſchen, die ſo uneigennützig, ſo innerlich tief und edel denken
und reden können und ſo zu Wohltätern unſerer Aermſten werden?. Gibt
es Menſchen, die ſich in den Dienſt wahrer und echter, auf Chriſtenpflicht
beruhender, Nächſtenliebe zu ſtellen, harte ſchwere Not linder, Tränen
trocknen und die Augen unſerer Waiſen und Halbwaiſen um die Zeit
des Feſtes der Liebe und des Friedens auch einmal leuchten machen?
Ja, es gibt ſolche Menſchen. Wir alle haben es am Sonntag im Schwa=
nenſaal
beim Fechtverein Waiſenſchutz geſehen. Wo Tiſche mit ſo
vielen und reichen Gaben gedeckt werden können, wie es dort der Fall
war, müſſen liebe und gute Menſchen am Werke ſein. Und viele Hände
müſſen ſich geregt haben, bis die Mittel für alle die vielen rei hen Gaben
zuſammengefochten und die Tiſche gedeckt waren, bis es endlich ſo weit
war, daß man die Kinder kommen laſſen und im Glanze des Tannen=
baums
ihnen dieſes ſchöne Feſt bereiten konnte. Muſikverein Edel=
weiß
und ein von Georg Pfeiffer jr. dirigiertes Quartett hatten ſich
uneigennützig in den Dienſt der edlen Sache geſtellt und verhalfen zu
einem guten Gelingen des Feſtes. Der Vorſitzende des Vereins, Peter
Meerſtädter, entledigte ſich bei ſeiner an die vielen Kinder und Gäſte, die
den großen Saal bis zum letzten Platz füllten, gerichteten Begrüßungs=
anſprache
gleich des herzlichſten Dankes für die Mithilfe, die dem Verein
aus allen Kreiſen der Bevölkerung zuteil ward und wünſchte, daß der
edle Zweck des Vereins noch recht viele in die Reihen ſeiner Mitglieder
führen möge. Für die Oberfechterei überbrachte Herr Wenz=Mainz Grüße
und ſprach dem Zweigverein Eberſtadt für ſeine rührige Tätigkeit Dank
aus. Pfarrer Braun wandte ſich in einer Anſprache an die Verſammelten
und legte ſeiner Betrachtung den Gedanken zu Grunde, daß wir ein ſo
ſchönes Feſt, wie das Weihnachtsfeſt, nicht feiern könnten ohne den
Glauben an das Chriſtuskind, und daß wir Chriſtenmenſchen Urſache
hätten, uns deſſen von Herzen zu freuen. Es bringe uns den Frieden
auf Erden und erzeuge Liebe und Wohlgefallen under den Menſchen.
Das flott geſpielte Stück: Weihnachtsopfer fand durch ſeinen ernſten
ergreifenden Inhalt beifällige Aufnahme. Die jugendliche Spielgruppe
mit Wilhelm Daßler, Ernſt Kröhl, Käthe Meyer und Heinrich Dörr in
den Hauptrollen bewirkte ein ſchönes, lobenswertes Zuſammenſpiel, das
höchſte Beachtung und Anerkennung verdiente. So vollzog ſich, umrahmt
von weihnachtlichen Klängen und Geſängen, die Feier des Fechtvereins.
Am Schluſſe wurden 93 Kinder und 9 bedürftige Witwen mit Gaben
reich beſchenkt. Freude glänzte in aller Augen, am meiſten bei den
kleinen braven Kindern. Wer hätte ihnen, den Waiſen und Halbwaiſen,
geben mögen, was ihnen hier zuteil ward?. Ihre Freude, lieber Waiſen=
ſchutz
, ſei dir Dank und Anſporn ſtets zu ſein: edel, hilfreich und gut.
Eberſtadt, W. Dez. Poſtaliſches. Am 24. Dezember ſind die
Poſtſchalter wie gewöhnlich geöffnet. Die 4=Uhr=Nachmittagsbeſtellung
fällt jedoch weg.
Pfungſtadt, 20. Dez. Neues Fabrikunternehmen. Die
ehemalige Gandenbergerſche Zündholzfabrik in der Mainſtraße wurde
ſeitens des Schwedentruſtes an die neugegründete Pfungſtädter Ma=
ſchinenfabrik
Seitz u. Wagner vermietet. Die neue Firma beabſichtigt, die
Fabrikation neuartiger patentierter Schokoladen=Hohl=Köwer= Füll=
maſchinen
. Vortragsabend. Am Dienstag findet im Saale des
Rheiniſchen Hofes ein Lichtbildervortrag über den Zuck rrübenbau
ſtatt; Vortragender iſt Direktor Seeger vom Darmſtädter Landwirt=
ſchaftsamt
. Das Männerquartett hält am 1. Weihmachtsfeier=
tag
im Saale des Gaſthauſes Zum Goldenen Lamm eine Weihnachts=
feier
mit abwechſlungsreichem Programm ab.
* Pfungſtadt, D. Dez. Weihnachtsfeier. Die Freie Tun=
gemeinde
Pfungſtadt hält am 1. F.iertag eine große Weihnachtsfeier in
Verbindung mit Theateraufführungen ab.
Nieder=Ramſtadt, 20. Dez. Der Jugendchor der Arbeitsgemein=
ſchaft
Darmſtädter Jugendverbände bereitete den Krauken der Epilep=
tiſchen
Anſtalt am Samstag abend eine Vorfreude zum Weihnachtsfeſt
durch muſikaliſche Darbietungen: Die jugendliche Sängerſchar fuhr in
zwei Laſtwagen um 7 Uhr mit freudigem Herzen nach Nieder=Ramſtadt.
Wie ſtrahlten die Geſichter der Kranben, als die Jugend im Haus ihren
Einzug hielt. Der erſte Teil des Konzerts war auf die heilige Weihnacht
abgeſtimmt und der zweite Teil brachte die fröhlichen und heiteren Lieder
des Jugendchores. Welche Dankbarkeit ſtrahlte von den Geſichtern der
Kranken, und hätten es alle ſicher ſehr begrüßt, wenn der Chor noch
länger hätte verweilen können.
* Ober=Ramſtadt, 20. Dez. Die diesjährige Weihnachtsfeier des
Geſangverins Germania findet, wie alljährlich, am 1. Weihnachts=
feiertag
im Vereinslokal Zum Schützenhof ſtatt. Zur Aufführung ge=
langen
ein Weihnachtsſpiel und ſonſtige Darbietungen. Der aktive Chor
des Vereins wird Weihnachtschöre zu Gehör bringen, auch für humo=
riſtiſche
Unterhaltung iſt geſorgt. Eine reichhaltige Chriſtbaumverloſung
wird den Abend beſchließen, deſſen Beſuch jedermamn beſtens empfohlen
werden kann, zumal der Eintrittspreis, den Zeitverhältniſſen entſpre=
chend
, gering iſt.
* Ober=Ramſtadt, 2. Dez. Die Maul= und Klauenſeuche
iſt erloſchen. Die angeordneten Schutzmaßnahmen wurden aufgehoben.
In Erwerbsloſenfürſorge ſtehen zurzeit 220 Perſonen, in Kriſenfürſorge
25 Perſonen. Das 5. Ziel der Landesſteuern iſt innerhalb 8 Tagen
bei Meidung der Mahnung an die Untererhebeſtelle zu zahlen.
* Groß=Umſtadt. 2. Dez.
Dienstag, den 21. Dezember, hat die Direktion der hieſigen Oberreal=
und Höheren Landwirtſchaftsſchule, ſowie der Höheren Bürger= Mäd=
chen
=Schule die Eltern und Schüler und die Freunde der beiden Anſtal=
en
zu einer Weihnachtsfeier im Saale des Gaſthauſes Zum weißen
Noß eingeladen. Die Feier beginnt um 3 Uhr nachmittags und iſt
zeitlich ſo bemeſſen, daß die auswärtigen Beſucher um 5.38 Uhr zurück
fahren können. Die Schüiler der Oberreal= und Höheren Landwirtſchafts=
ſchule
bringen das Weihnachtsfeſtſpiel Das Weihnachtswunder und
walde zur Aufführung Bei dem in dem Habitzheimer Jagdb zirk geändert.
abgehaltenen Treibjagen kamen 22 Haſen zur Strecke. Im Verhältnis
zu früheren Jahren ein recht gutes Ergebnis.
Michelſtadt, 2. Dez. Fechtverein für Waiſenſchutz.
Die ſeit einigen Jahren ſehr ſegensreich wirkende Ortsgruppe Michel=
ſtadt
des Fechtvereins für Waiſenſchutz wird auch im dieſem Jahre den eben mit jedem Tage zu und wird kurz vor den Feiertagen mit Energie
Halbwaiſen eine Weihnachtsfreude bereiten. Das Geſchenk beſteht in
zwei Gutſcheinen 4 5 Mark. Für dieſe Gutſcheine können nur Beklei= klinke in die Hand. Auch die neuen Geſchäfte wachſen gegenwärtig wie
dungsſtücke Wäſcheſtücke oder Schuhwaren erworben werden. Es werden
waltung läßt noch immer Alarmſirenen ausprobieren. Am Freitog
mittag und abend wurde eine neue ſehr ſtark wirkende Sirene probiert,
die wohl für die Alarmierung eines ganzen Stadtbezirkes und darüber zu ſchaffen. Möchten doch alle, die in der glücklichen Lage ſind, über
hinaus genügen dürfte. Andererſeits wird auch geprüft, ob nicht zweck= einen, wenn auch beſcheidenen Geldvorrat zu verfügen, dieſe Leute nicht
mäßiger eine Feuerglarmierung durch die Glochen der Stadtkirche er=
folgt
. Wie wir hören, hat ſich der Kirchenvorſtand mit der elektriſchen
Bedienung der Glocken einverſtanden erklärt. Erhebung einer In=
flationswertzuwachsſteuer
. Die von dem Gemeinderat in frohem Herzen können ſie dann auch das bevorſtehende Weihnachtsfeſt,
der Sitzung vom 2. Auguſt 1926 beſchloſſee Ortsſatzung über die Er=
hekung
einer Inflationswertzuwachsſteuer wurde durch den Herrn
In der Zeit vom Montag, den 20. Dezember bis einſchließlich Montag, der=Liebersbach Feuer aus, das ſämtliche Gebäude in Aſche legte. Die
den D. Dezember 1926 kann die Ortsſatzung auf der Bürgermeiſterei Entſtehungsurſache des Feuers iſt bis jetzt nicht bekannt. Der Brand=
durch
jedermmnn eingeſehen werden.

Kommiſſion für die Provinz Starkenburg.

Provinz Starkenburg läßt es mir angezeigt erſchrinen, hier einige Aus= Kindern vergangen zu haben, verhaftet worden war.
führungen im Intereſſe der zukünftigen Prüflinge zu machen. Zur
getreten, die anderen ausgefullenen haben meiſtens den praktiſchen Teil Stuckert. Die Bcerdigung des altverdienten Veteranen, der bei Leb=
Prüflinge, z. B. waren ſämtliche Maurer aus Landgemeinden. Es wird am Mittwoch, den 22. Dezember, nachmittags 1½ Uhr, vom
ſteht feſt, daß viele die Meiſterprüfung nur ſür eine Formſache halten,
allein nötig, um Lehrlinge halten zu dürfen; Geld und Zeit ſoll es nur
wenig koſten, weder während der Prüfung, noch vorher. Mit ſolchen
nicht einig gehen. Es beſteht eine, jedem Prüfling zugängliche Prü= Tagen an dem Bensheimerweg von einem ſchnell fahrenden Perſonen=
heißt
:
Bleiſtif ſtizze eines einfachen Hauſes nebſt Voranſchlag und Trägerbe= geleitet. Darauf folgten zwei Solis für Violine und Orgel Die Arie
Wechſ l= und Scheckverkehr, in der mündlichen Puifung Kenntnis der
tige Prüfungsgegenſtände. Dieſe Kenntniſſe kann ſich freilich der Prüf=
die
Fortbildungsſchule beſucht, ſondern ſpäter als Geſelle, ſich noch
vortreffliche Gelegenheit. Nicht nur in den großen, ſondern auch in
vielen Kleinſtädten des Landes befind.n ſich Winter=Tages= und Abend=
kurſe
, deren Beſuch jedem dringend empfohlen ſei, der einmal die
Meiſterprüfung machen will. Von ſolcher Vorbildung berichteten
leider nur ſehr wenige der Prüflinge in ihrem Lebensauf. Es wäre
ſehr ernünſcht, wenn die Prüflinge auf dieſ n auch etwas mehr Sorg= bleibt das Büiro geſchloſſen. Wegen Straßenarbeiten wird ab
falt verwendete als ſeither. Auf den von wanchen Baugewerbetrei=
fertigen
können muß. Daran hapert es ja ſo oft auf dem Bauplatz und amtlich feſtgeſtellt wurde, iſt der Ort Hambach zum Sperrbezirk und die
in der Werkſtatt. Verſteht der Polier oder Meiſter die Zeichmung nicht,
dann müſſen Fehler vorkommen trotz ausführlichſter Unkerlagen.
Kunſtwerke von Zeichnungen werden ja nicht verlangt, aber die ſaubere halten nur bis zur Gruppe V eine einmalige Zulage nach den reicks=
und Anſicht mit eingeſchri benen Maßen iſt Gebot; ein Maurer muß
denn eine Beſtimmung nach dem Gefühl genügt heute nicht mehr bei
der weitgehenden geſetzlichen Verantwortlichkeit. Beſonderer Wert wird
auf eine richtige Kalkulation gelegt; der Kandidat muß zu den einzelnen
Poſitionen des verlangten Voranſchlags die nötigen einzelnen Mengen
und Arbeitszeiten und die heutigen Preiſe (dieſe nur ungefähr) wiſſen.
Auf dieſe Weiſe hofft die Meiſterprüfungskommiſſion den oft plan= und
zielloſen Submiſſionsergebniſſen etwas ſteuern zu können. All das Einkommen nicht aufgebeſſert wurden, während die Arbeiterlöhne in
Geſagte gilt, wenn auch mit kleinen Variationen, natürlich auch füür
alle anderen Gewerbe, ſeien es Wagner, Schloſſer, Glaſer, Weißbinder
oder das B=kleidungsgewerbe.
Wer die Gelegenheit verpaßt hat, während ſeiner Geſellenzeit ſich
neben der natürlich unumgänglichen praktiſchen Weiterbildung die theo=
retiſche
Berufsausbildung anzueignen, ſoll doch nur nicht glauben, dies
raſch durch Beſuch eines Meiſterkurſes nachholen zu könn. n. Es hat da3
dieſesmal ſo mancher verſucht und meiſtens die Prüfung nicht beſtan=
den
. Dagegen war es eine Freude für die Kommiſſion, von all denen,
die ſich ihre Vorbildung Zeit und Mühe koſten ließen, tüchtige Prüfungs=
arb
iten erhalten zu haben, und es waren auch deren praktiſche
Leiſtungen immer auf der Höhe. Denn früh übt ſich, was ein Meiſter
werden will.
Eine unf rtige Vorbildung kann doch auch nicht mit widrigen Familien=
verhältniſſen
entſchubigt werden, wie ſo manche Prüflinge meinten.
Es iſt gewiß bedauerlich, wenn der Vater kränklich wird und der
Sohn, raſcher als er dachte, ins Geſchäft eintret n muß. Da mangelt
es dann freilich manchmal an Geld und Zeit für den ſo nötig geweſenen
Beſuch der Gewerbeſchule. Soll ſolcher Leute wegen die Kommiſſion
wirklich ein Auge zuduſüicken? Sie würde denen, die keine Mühe und
Koſten für ihre Vorbereitung geſcheut haben, vor den Kopf ſtoßen und
zugleich das Niveau der Prüfung herabdrücken. Aber gerad= das Gegen=
teil
beabſichtigt ſie. Sobald nur der die Meiſterprüfung beſteht, der
alles Verlangte auch wirklich beherrſcht, wird jeder, der ſie beſtanden
hat, bei ſeinen Kollegen und beim Publikum ſich einer beſonderen Wert=
ſchätzung
erfreuen.
Zugegeben, daß es noch vielerorts an der nötigen Anerkennung des
Meiſtertitels fehlt, ſo kann man doch hie und da auch ſchon Ausnahme=
fälle
feſtſtellen. Sorgen wir dafür, daß der Meiſt rtitel durchweg die
Beſtätigung dafür iſt, daß ſein Beſitzer gute Leiſtungen bei ehrlicher
kaufmänniſcher Benechnung verkärgt, dann wird mit der Zeit ſchon der
geprüſte Meiſter bei allen Behörden einen Vorzug erfahren.

* Erbach i H., 18. Dez. Gemeinderats=Sitzung. Herr
Bürgermeiſter Dengler gab zunächſt von einer Einladung der Fachſchule
Erbach zum Beſuch der von der Schule veranſtalteten Ausſtellung Kennt=
nis
.
Die von der Finanzkommiſſion gefaßten B.ſchlüſſe über den
Ankauf ud die Verwertung des Horn’ſchen Betriebes wurden vom Ge=
meinderat
genehmigt. Das ſtädtiſche Elektrizitätswerk plante, die in
üheven Jahren bereits vrranſtaltete Weihnachtsausſtellung auch in
dieſem Jahre zu wiederholen. Der Gemeinderat nahm aber infolge der
vorgerückten Zeit davon Abſtand. Für die unentgeltliche Benutzung
des Erbacher Schwimmbades durch die hieſigen Volksſchüler genehmigte
der Gemeinderat einen jähtlich.n Zuſchuß in Höhe von Mark 500
Im Kalenderjahr 1927 ſoll auf Beſchluß des Gemeinderats die gleiche
Hundeſteuer zur Erhebung gelangen, wie ſie bereits für das Jahr 1926
erhoben wurde. Die Beſchaffung von Eiſenbahnwagen zu Wohn=
zwechen
wird auf Vorſchlag des Herrn Bürgermeiſters Dengler, da un=
zweckmäßig
, abgelehnt. Das Anſinnen des Heſſ. Landesamts für das
Bildungsweſen auf Unterſtützung notleidender Künſtler, durch Ankauf
von Bildern wiud in der Weiſe erledigt, daß man ſich eutſchließt, hieſige,
oder in der Umgebung Erbachz wohnende notleidende Künſtler zu unter=
ſtützen
. Die Uebernahme des Gemeindeanteiles für die Gewährung
einer Weihnachtsbeihilfe an die Sozialrentner, Erwerbsloſen, Kleinrent=
ner
und Ortsarmen wurde genehmigt. In nichtöffentlicher Sitzung
fanden noch einige Fürſorgeſachen Erledigung.
* Bullau, 20. Dez. Nachdem der Gemeinderat einen Zuſchuß für
die Fortbildungsſchule bewilligt hatte, wurde in der letzten Woch: mit
dem Kochunterricht begonnen. Auch in hieſiger Gemarkung richteten
die Wildſchweine in den letzten Wochen großen Schaden an. Die Be=
wohner
ſind gezwungen, ihre Aecker einzufriedigen, um ſich gegen die
Veihnachtsfeſtſpiel. Für Verwüſtungen zu ſchützen. In einem Falle wurden einem Landwirt
4,5 Morgen umgewühlt.
* Hainſtadt (Kr. Erbach) 20. Dez. Anfang nächſten Jahres ſind es
25 Jahre, daß der jetzige Bürgermeiſter, Herr Hallſtein, die Geſchicke
unſeres Dorfes leitet. Wie verlautet rüſtet man im Dorf, um dieſen Tag
feſtlich zu begehen. Es iſt anzunehmen, daß das Feſt in beſter Eintracht
gefeiert wird.
* Lindenfels, 20. Dez. In den Nachmittagsſtunden ging Schmee,
die Schülerinnen der Mädchenſchule Die Eispolizei im Weihnachts= untermiſcht mit Regen nieder. Die Schneeverhältniſſe haben ſich wenig
Hirſchhorn, 20. Dez. Waſſerſtand des Neckars. Am 19.
Dezember: 088 Meter; am 20. Dezember: 1,08 Meter.
* Aus dem Weſchnitztal, 20. Dez. Der Hauſierhandel nimmt
betrieben. Ein Hauſierer gibt dem anderen gewiſſermaßen die Tür=
Pilze aus der Erde; am meiſten ſind dies Kolonialwarengeſchäfte, und
etwa dreißig Kinder berückſichtigt. Alarmſirene. Die Stadtver= wenn dies ſo weiter geht, wird bald jeder Hausbeſitzer ein ſolches Ge=
ſchäft
zum Nachbar haben. Es iſt dies leider eine Folge der großen Ar=
beitsloſigkeit
, und jeder ſucht halt, ſich irgendeine Verdienſtmöglichkeit
unverrichteter Sache von dannen ziehen laſſen oder ſie ſogar mit harten
Worten abweiſen eingedenk der Worte des Weltheilandes: Was ihr
einem meiner geringſten Mitbrüder getan, das habt ihr mir getan. Mit
das Feſt der Liebe, begehen!
*Birkenau, 20. Dez. Schadenfeuer. Am 17 d3. Mts., abends,
Miniſtr des Innern gemäß Verfügung vom 21. Oktober 1926 genehmigt. brach in der Hofreite des Schmieds Geiß in der Nachbargemeinde Nie=
beſchädigte
ſoll durch Verſicherung gedeckt ſein.

* Von der Bergſtraße, D. Dez. Großfeuer. Letzten Freitag
abend entſtand im Silo der Maſchinenfabvik. Badenia in Weinheim
Feuer, das nach einſtündiger Bekämpfung durch die Freiw. Feuerwehr
gelöſcht werden konnte. Der Schaden iſt groß, aber zum Glück erleidet
Von Architekt D. A. K. Schembs, 2. Vorſitzender der Meiſterprüſungs= der Betrieb keine Unterbrechung. Im Amtsgefängnis er=
hängt
hat ſich der in den 60er Jahren ſtehende Landwirt Trautmann
Der Verlauf und der Ausfall der letzten Meiſterprüfungen der von Schwetzingen, der wegen des Verdachts, ſich in unſitlicher Weiſe an
* Jugenheim a. d. B., 20. Dez. Am 18. d. Mts. verſtarb hier=
Puüifung hatten ſich 550 Teilnehmer gemeldet, den Meiſterbrief haben, ſelbſt im hohen Alter von 89 Jahren der in weiter Umgegend und bis
etwa 400 erhalten. Eine Anzahl iſt ja während der Prüfung zurück= tief in den Odenwald hinein bekannte Veteran von 1866, 1870/71, Phil.
beſtanden, müſſen aber die ſchriftliche Fachprüfung nochmals wieder= zeiten ſeinen Stolz dareinſetzte, einem verſchiedenen Kameraden die letzte
hol. n. Auch diesmal ſtellte das Land einen ſehr großen Teil der Ehre zu erweiſen, und entfernteſten Weg zur Trauerſtätte nicht ſcheute,
Trauerhaufe Lindenſtraße 2 ſtattfinden.
Heppenheim a. d. B., 20. Dez. Verletzungen durch ein
Anſchauungen kann die Prüfungskommiſſion trotz des Ernſt s der Zeit Auto. Der hieſige Wieſenſchütz, Herr Fiſcher, wurde in den letzten
fungsordnung, und bei der Anmeldung wird ein Bogen über das Ver= auto, welches ihn von hinten anfuhr, ſo auf die Seite geſchleudert, daß
fahren bei der Meiſterprüfung ausgehändigt, worin es unter anderem man ihn mit inneren Verletzungen in ſeine Wohnung verbringen muite.
Die Täter fuhren in ſchnellem Tempo davon, ſo daß ſie unerkannt ent=
Sorgfältige Vorbereitung wird dringend empfohlen. Kein Teil der kamen. Evangeliſche Gemeinde. Die lirchenmuikaliche
Prüfung wind erlaſſen. Zum Meiſterſtück ſind die nötigen Zeichnungen Abendfeier, welche geſtern nachmittag in der evangeliſchen Kirche ſtatt=
mit
Kakulation anzufertigen; für Maurer und Zimmerer wird die fand, wurde dunch ein Orgelpräludium von Herrn Lehrer Müller ein=
rachnung
verlangt. Einfache Buchführung, die nötigen Kenntniſſe vom von J. S. Bach und das Grave von F. Bach, vorgetragen von Frau
Profeſſor Weimer und Herrn Müller. Dazwiſchen ſang Fräulein Mül=
Rohmaterialien und der Verſicherungsgeſetzgebung ſind gleichfalls wich= ler drei Weihnachtslieder: Der Chriſtbaum von Cornelius, Weih=
nachtslied
von Reinecke und Vernimm es liebe Chriſtenheit von Hil=
ling
nur erweuben, wenn er nicht nur während ſeiner Lehrzeit eifrig dach. Der letzte Teil der Veranſtaltung wurde durch die Wiedergabe des
Weihnachtsoratoriums für Kinderchor, Soli. Deklamation, 2 Violinen
gründlich in ſeinem B=rufe ausbildet. Dazu bieten einmal die Fachzeit= und Orgel von Baudert und Leipold ausgefüllt. Die Chorpartien wur=
ſchriften
die heute jeder Beruf hat und die meiſtens gut gel itet ſind, deu von der Chorſchule unter Leitung von Fräulein Müller ausgeführt,
die Geſangsſolis von Frau Maurer, Herr Hondrich, Fräulein Witzler,
Walbot und Metz, während die Violinbegleitung von Frau Profeſſor
Weimer und Herrn Lehrer Sieger und die Orgelbegleitung von Herrn
Müller freundlichſt übernommen wurde. Die Dienſtſtunden d’s Kreis=
arbeitsnachweiſes
ſind jetzt auf den Vormittag feſtgeſetzt. Nachmittags
1. Januar 19R7 die Kreisſtraße zwiſchen Wimpfen am Berg und Wimp=
benden
erhobenen Einwand: Zu zeichnen brauchen wir doch nichts fen im Tal geſperrt. Der Durchgangsverkehr erfolgt während dieſer
mehr, das b ſorgen heute die Archigekten, muß entgegnet werden, daß, Zeit, etwa drei Monate, über Bieberach. Da in einem Gehöſt imn
wer eine Zeichnung kenn n d. h. leſen will, auch eine ſolche an= Hambach bei Heppenheim der Ausbruch der Maul= und Klauenſeuche
Gemarkung Hambach zum Beobachtungsgebiet erklärt worden.
* Offenbach, 17. Dez. Die hieſigen Beamten und Bedienſteten er=
und richtige, maßſtäblich genaue Anfertigung von Grundriß, Schmitt geſetzlichen Beſtimmungen. Die Gruppen UI und UII werden nur ſo
weit erfaßt, daß das Endgehalt der Gruppe V nicht überſchritten wird.
einfache D ckenträger, ein Zimmermann Deckenbalken berechmen können, Die ſtädtiſchen Arbeiter enhalten gleichkfalls eine einmalige Zulage, die
für Ledige 25. für Verheiratete 30 Mark beträgt. Für Kinder gibt es
in jedem Falle 5 Mark. Arbeiterinnen erhalten drei Viertel dieſer
Beträge. Von zwei Berechtigten in einem Haushalt erhält nur ein.r
die Gabe. Fir Beamte werden etwa 30 000, für Arbeiter 45 000 Mark
aufgenendet. Die ſogenennte Fraktion der Bürger ſtimmte nur für die
Beamtenzulagen, da die Beamten allein ſeit Dezember 1924 in ihrem
der Zwiſchkenzeit geſtiegen ſind. Hinter dem Friedhofe, an der Straße
nach Mühlheim, wird eine weitere Wohnbaracke für Mieter, die obne
Erſatzunum aus ihrer Wohnung gewieſen wurden, mit einem Koſten=
aufwande
von 40 000 Mark aufgrſtellt. Dort iſt auf dieſe Weiſe ſchon
faſt ein kleines Dörfchen entſtanden, denn der Wert der ſämtlichen Ba=
racken
für genannten Zweck an der fraglichen Stelle beträgt ber=its
20 000 Mark. Erwähnenswvert iſt, daß die Borackenbewohner meiſt nicht
ſäumige Zahler, ſondern ſonſt mißliebige Mieter waren. Um ein Heraus=
ſtellen
aus der Wohnung zu vermeiden, zahlt das Wohlfahrtsomt immer
die Miete im Unvermögensfalle. Ein eigenartiger Vorſchlag iſt, teine
Baracken wehr zu bauen, ſondern die Anlagegelder den Herausgeſtellen
als Baukoſtenzuſchuß zu geben, demit ſie ſich ein Siedlungshäuschen
bauen können. Ob auf dieſe Weiſe die Wohnungsfrage für die Leute,
die aus ihrer Wohnung gewieſen werden mußten, beſſer gelöſt wäre,
vermag natürlich niemand voraus zu ſagen.
Rheinheſſen.
A. Bingen a. Rh., 2. Dez. Der Rhein für die Binger
Schiffer frei. Das Oberlandesgericht in Köln als Rheinſchiff=
fahrtsgericht
in letzter Inſtanz hat am 17. Dezember ein für die Binger
Schifferzunft bedeutſames Urteil gefällt, ein Urteil, das den Motorboots=
und Nachenbeſitzern das Recht zugeſteht, ihren durch Ueberlieferung von
Geſchlecht zu Geſchlecht gegangenen Beruf ungehindert weiter auszu=
üben
. Die Staatsbahn hatte ſich vor über zwei Jahren veranlaßt ge=
geſehen
, durch die Staatsanwaltſchaft gegen die Vinger Schiffer Straf=
befehle
zu erlaſſen, weil dieſe mit ihren Nachen= und Motorbootfahrten
das angebliche Regal der Rheimüberquerung Bingen=Rüdesheim ver=
letzten
, welches der heſſ. Staat der Staatsbahn übertragen habe. Es
wurden im Laufe der Zeit mehr als 100 Strafbefehle erlaſſen. Die Binger
Schiffer hatten nun in dieſem Streitfalle gerichtlichen Entſcheid ange=
rufen
. Vor dem Rheinſchiffahrtsgericht in Rüdesheim kam die Sache am
21. Juni d8. J8. zur Verhandlung. Das Gericht kam zu einem frei=
ſprechenden
Urteil der Schiffer, weil ſie durch
unverdenkliche
Verjährung die Freiheit von dem Regal erworben hätten. Die von der
Staatsbahn gegen dieſes Urteil veranlaßte Berufung der Staatsanwalt=
ſchaft
kam geſtern in Köln vor dem Oberlondesgericht vor. Dieſes ver=
warf
die Berufung und beſtätigte ſomit das vorerwähnte freiſprechende
Urteil des Rheinſchiffahrtsgerichtes Rüdesheim. Das Gericht ließ ſich
in ſeiner Entſcheidung noch von dem folgenden bemerkenswerten Geſichts=
punkt
leiten: Ein für das linke Rheinufer heute noch geltendes fran=
zöſiſches
Geſetz vom 28. Auguſt 1792 erklärt die Schiffahrt auf dem Rhein
vollſtändig frei, alle älteren Regale für aufgehoben. Die ein ſolches
Regal neu konſtruierenden oder als vophanden vorausſetzenden heſſiſchen
Verordnungen und Geſetze konnten an dieſer Freiheit nichts ändern und
ſind inſoweit unverbindlich, weil Heſſen zwiſchen Mainz und Bingen
nur auf der linken Rheinſeite zuſtändig, zum Verbot der Zwergfahrt
alſo nicht kompetent iſt.
Dieſes nicht mehr weiter anfechtbare
Urteil gibt alſo die Ueberfahrt nach Rüdesheim und die Zwergfahrt nach
Bingen endgültig frei.
Oberheſſen.
* Alsfeld, 2. Dez. Ein nettes Weihnachtsgeſchenk hat
Dr. Werner Meyer=Barkhauſen=Marburg unſerer Einwohnerſchaft
durch das Erſcheinen des Buch=8 Alsfeld verliehen. Das Büchlein ent=
hält
u. a. 91 Abbildungen, 7 Pläne und 56 Seiten Text.
Bom Vogelsberg, 20. Dez. Heftiges Schneegeſtöber
herrſchte Freitag nacht und den ganzen Tag über ſo daß die ohnedies
ſehr ſtarke Schneedecke in manchen Gegenden bis auf einen halben Meter
erhöht wurde. Aus der Richtung Gießen, Frankfurt, Hanau, Lauter=
bach
trafen zahlreiche Schmeeſchuhläufer auf den Stationen Schotten,
Gedern, Hartmannshain und Ilbeshauſen ein.
Aus Oberheſſen. . Dez. Die Vollverſammlung der
Induſtrie= und Handelskammer tagte im Rathausſaal zu
Friedberg unter dem Vorſitze des Kommerzienrats Langsdorf. Als Mit=
glied
zum Verkehrsbund Oberheſſen wurde Syndikus, Rechtsanwalt und
Notar Stahl, Bad=Nauheim, beſtimmt. Die drutſche Reichspoſt beab=
ſichtigt
, das Landpoſtbeſtellweſen durch Kleinkraftwagen zu beſorgen.
Die Kammer wird beauftragt, die Inteuſſen wichtiger Wirtſchaftsgebiete
wahrzunehmen. Bezüglich der Reform des Eiſenbahn=Gütertgrifs tritt
die Vollverſammlung dafür ein, daß an dem jetzigen Staffeltarif=Syſtem
feſtgehalten werden ſoll. Die Verſammlung ſpricht ſich gegen das
Kunden=Kreditſyſtem aus, da es für den Einzelhandel darin keinen
Vorteil erblickt. Der Entwurf eines Bodenreform=Geſetzes wurde zurück=
geſtellt
. In den Gewerb==Ausſchuß werden gewählt: Kraus, Bad= Nau=
heim
, und Rothſchild, Friedberg. Mehrere Unglücksfälle er=
eigneten
ſich in der Gegend von Alsfeld. Im Steinbruch bei Hom=
berg
verungſückte der Steinhauer Hiſſerich. Herabſtürzende Felsblöck=
zerſchmetterten
ihm ein Bein. In Ober=Ohmen ſtürzte beim
Legen von elektriſchen Leitungen ein Arbeiter von einem Baume und
zog ſich ſchwere Verletzungen zu. In Windhaufen
gerict der Arbeiter Potzmann mit der Hand in die Schrormühle, wobei
mehrere Finger gequetſcht wurden. In Nieder=Seemen gingen
dem Landwirt Günther die Pferde durch, er mußte ſchwer verletzt ins
Krankenhaus nach Büdigen befördet werden. Der Bürgermeiſter
und Ortsgerichtsvorſteher Lerch zu Allmenrod feierte ſeinen 80. Ge=
burtstag
. Er iſt ſeit 42 Jahren Ortsg richtsvorſteher und bekleidete das
Amt eines Bürgermeiſters 36 Jahre. Der Vogelsberger
Sängerbund iſt ſehr unzufried n, daß der Heſſiſche Sängerbund
den Mitgli derbeitrag von 50 auf 80 Pf. pro Kopf erhöhen will. Eine
Anzahl Vereine ſind bzw. beabſichtigen deshelb aus dem Bund= aus=
zutreten
. Der Winterſport verurſochte bei Schotten mehrere
unglücksfälle. So zog ſich ein Schüler einen doppelten Armbruch
und ein junger Mann ſchwere Schulterverletzungen zu.

[ ][  ][ ]

Nummer 353

Dienstag, den 21. Dezember 1926

Seite 7

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Seite 8

Dienstag, den 21. Dezember 1926

Nummer 353

Das ewige Wunder
Roman von Guido Kreutzer.
(Nachdruck terboten)
51
Nun ſaß er von Kiſſen umſchmiegt und eine leichte Decke
über den himen in die Bankeae gelehnt und ſah auf das flache
Lano hinaus, das ſich zu ſeinen Fußen reate und ſein eigen
Grund und Boden war, bis es da hinten von der ſchwarz=grünen
Mauer hoher Tannenforſt abgeriegelt wurde. In leichten Wel=
lenlinien
verebbte es. Halb rechts hinter dem Anberge verlohte
die Abendſonne. Reifende Roggenbreiten, die ſich dicht an die
Parlmauer herangezogen, flammlen unterm letzten Widerſchein
des ſintenden Geſrirns faſt roſtſarven. Wie damals am Hang
überm Grunewaud roſtfarben das Haar der Lonny Lars ge=
flänemt
hatte! Und wenn man ſie in den Armen gehalten, dann
war der Duft ihrer Nähe ſo ſüß und herbe geweſen wie der ſanſte
Abendwind, der jetzt aus den goldenen Weizenſchlägen aufſtand
und breitflutend heranſtrömte und ihm lind die Stirn um=
ſchmeichelte
. . .
Und als der Malte von Reeg ſoweit war, da hatte er ſich
höhniſch einen Narren genannt, daß er betörende Erinnerungen
lang verſunkener Seligreiten immer und immer wieder Macht
über ſich gewinnen ließ. Hatte die Zeitung aufgenommen, um
gewaltſam den Gedanken andere Richtung zu geben. Und hatte
geleſen, daß der Dortor James Trawonn von eigener Hand ge=
endet
ſei.
Nun lag das Blatt längſt am Boden. Doch noch immer ging
ſein Atem unruhig; und noch immer ſpürte er dies ſeltſame Zit=
tern
der Nerven, das ſich nicht bändigen ließ.
James Trawonn war nicht mehr; war dahingegangen in das
Land, von deſſ Bezirk kein Wanderer wiederkehrt. Mit Schan=
den
in die Grube gefahren. In Unehren geſtorben, wie er in
Unehren gelebt hatte.
Die Frau, die um dieſes Mannes
Und Lonny Lars?
willen ihr Herz in die Goſſe geworfen und den Tempel lauterſter
Liebe geſchändet und die Meinung der Welt für nichts geachtet
hatte?
Was tat ſie fortan allein? Wie würde ſie dieſen Schlag er=
tragen
?
Jetzt hätte er wohl höhnen, hätte ſich aufrecken dürfen im
Triumph: weil das Schickſal den Ausgleich geſchaffen und die
rächende Nemeſis den Dieb ſeines Glücks endlich erreicht hatte.
Doch ſeltſam er bekam es nicht fertig. Das gezwungen
hämiſche Lächeln ſeiner verzerrten Lippen erloſch wieder. Angſt=
voll
dumpfe Sorge laſtete ihm auf der Seele Sorge: wie die
Frau, der ja noch immer jeder Pulsſchlag und jeder Gedanke ge=
hörte
, dieſen ſchrillen Ausklang hinnähme?! Ob ſie aus Einſam=
keit
und Schmerz und Verzweiflung doch noch einmal den Rück=
weg
fände in das Leben, das ſie bisher ſo verhängnisvoll miß=
verſtanden
und nicht zu meiſtern vermocht hatte?!
Und ohne, daß er es wollte, bewegten ſich ſeine Lippen und
formten Worte:
Lonny . .. murmelte er traumoerloren im Raunen des
Abendwindes, der die Fliederbüſche kofte und geheimisvoll mit
der alten Linde flüſterte . . . Siehſt du mun haſt auch du er=
kennen
müſſen, wie ſinnlos und töricht ſelbſt die heißeſten Wünſche
des Herzens ſind! Und doch weiß ich noch eine Zeit, da vermein=
ten
wir: eine Liebe, wie wir beide ſie hätten, könne nie ſterben.
Und iſt doch geſtorben in dir. Und was du geſchworen, hat der
Wind verweht.
Unwillkürlich ſchloß er die Augen als ſchmerzten ſie ihn
plötzlich im Lodern der verſinkenden Sonne, die noch einmal den
märkifchen Himmel in purpurnen Tinten englühen ließ.
Wachträume umfingen ihn. Mit geiſterhaften Stimmen lock=

jen unvergeßliche Vergangenheiten. Und ihn deuchte: die Worte,
die er eben geſprochen, fanden ein Echo. Er ſei gar nicht mehr
allein; er ſei gar nicht verraten und betrogen; und ſein Herz
ſei gar nicht verblutet auf dem Schindanger, dahin eine Lonny
Lars es achtlos geworfen, ehe ſie ſich lachend dem Andern zu=
wandte
. Sondern der wäre tot; und ſie ſtände neben ihm ſelbſt.
Stände ſo dicht neben ihm, daß er den betörenden Rauſch ihrer
Gegenwart empfand und den juß verwirrenden Duft ihres flim=
mernden
Haares almete und auch ihre Stimme hörte jene
Stimme, die mit ihm gegangen war durch die ekſtatiſchen Phan=
taſien
wild=wüſter Fiebernächte und das ſtumpf apa hiſche Hin=
dämmern
müder Sommertage im ſtillen Krankenzimmer des
Herrenhauſes von Adlig=Zarchlin.
Dieſe Stimme aber ſprach:
Eine Liebe, Malte, wie wir beide ſie haben, kann nie ſter=
ben
. Und nie, ſolange ich atme, wird der Wind verwehen, daß
ich dir Treue geſchworen, und ſie gehalten habe bis zu dieſer
Stunde.
Da hob er den Blick.
Vor ihm ſtand ſeine Braut.
Sie war unirdiſch bleich. Tieſe Schatten unterdämmerten
ihre Augen, die ſchwer waren vom Weinen und Wachen und
Warten. Sie war ſehr, ſehr ſchön aber von einer Schönheit,
die er nie jemals geſehen und die ihn namenlos erſchütterte.
Dennoch begehrte ein Letztes in ihm auf daß er hoch=
ſpringen
wollte; um ſie mit hartem Herrenwort, von ſeinem
Grund und Boden zu treiben; um ihr all ſeine unſägliche Bitter=
eit
und Verachtung ins Geſicht zu ſchleudern; um ihr . . ."
Keines von alledem tat er.
Sondern regte ſich nicht und ließ es zu, daß ſie neben ihn
auf die Bank niederſank und ſeine Hände in die ihren nahm und
ſich mit unendlich zarter Gebärde an ihn ſchmiegte.
Er träumte. Es gab ja gar keine andere Löſung: nimmer=
mehr
ſaß er auf ſeinem verſchwiegenen Luginsland unter der
alten Linde, ſondern lag in ſchwerem Fieberwahn.
Und hörte zum andern Male jene Stimme, nach der ſeine
Seele immer und immer wieder ſehnſüchtig ſuchend, durch die
bittere Verlaſſenheit langer Wochen gewandert war jene
Stimme, die ja nur eine einzige Frau auf der ganzen weiten
Welt beſaß:
Vor wenigen Minuten erſt ſind wir mit dem Auto aus Ber=
lin
gekommen. Der Fürſt Taureggen hat mich begleitet und der
Miniſterialdirektor Baron Rienitz. Sie ſind beide mit dem Arzt
im Herrenhauſe geblieben. Ich aber kam hierher, weil man mir
ſagte, wo ich dich fände . . Hörſt du mich, Malte? Ja du
hörſt mich
Oh, was biſt du bleich und elend und abgezehrt!
Nun aber wird alles gut. Nun bleibe ich bei dir. Und darf end=
lich
, endlich ſprechen.

Sie ſehen ſchlecht aus,
weil Sie an Verdauungsſtörungen leiden.
TCaſſen Sie dieſes Uebel nicht chroniſch werden,
ſondern verſchaffen Sie ſich durch das mild
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Mählich ſank der Abend. Die Dunkelheit warf ihre Schleier
über unabſehvare Kornbreiten, die ſtill und ernſt der Ernte ent=
gegen
reiften. Im dichten Roſenhog zwitſcherte leis ein träu=
mender
Vogel auf Irgendwo am Wieſenrain murmelte ein
Bach. Wie eine ſilberne Sichel hing der Mono, im lichtklaren
Aether, Und vom Kreuzweg unter der verwunſchenen Blutbuche
erhob ſich die Märchenfrau und ſchleifte in geiſterhaftem Schwe=
ben
ihr ſilbernes Feengewand durch Forſt und Fluren, daß Rieſch
und Rohr und Moos und Wieſengras wie von flimmernder
Diamantenſaat überrieſelt ſchienen.
Dann war rings in dem großen Schweigen wieder nur die
Stimme der Lonny Lars.
Bis auch ſie erloſch.
Lange blieb es ſtiu zwiſchen ihnen.
Zaghaft hob ſie endlich das ſchmal gewordene Geſicht und
ſuchte den Blick des geliebten Mannes. Ihrer beiden Augen ver=
fingen
ſich ineinander und hielten ſtumme Zwieſprache.
Irgendwo im Unwirklichen erwachte eine geiſterhafte
Stimme, die nicht von dieſer Welt war, und wuchs und ward
wuchtig und erſchütternd und predigte mit tauſend ehernen Zun=
gen
das heilige Evangel um ihrer großen ſeligen Liebe, die nicht
hatte ſterben können. Die beiden Menſchen aber lauſchten ihr
und verſtanden nun endlich das Tiefſte deſſen, was in ihnen war
und ſie durch unlösbare Keiten aneinandergeſchmiedet hielt; hier
zeitlich und dort ewiglich. Und beugten ſich dieſem Verſtehen in
der ſcheuen glücſeligen Demut derer, die von der Vorſehung ge=
benedeit
ſind, ihre Beſtimmung erfüllen zu dürfen.
Endlich löſte Malte von Reeg ſeine Hände, ſanft aus den
ihren.
Jetzt müßte ich dir wohl danken für all das, was du um
meinetwillen getragen und geliten haſt . . . ſagte er aus erlennt=
nisſchwer
tiefem Sinnen heraus . . . Müßte wohl harte Selbſt=
anklage
erheben und deine Verzeihung erbitten. Ich tue es nicht.
Denn Worte ſind ſchal und armſelig. Doch nun du flugmüde
zu mir zurüchgekehrt biſt, will ich dir in meinem Herzen eine
Heimſtatt errichten, darin du ruhen kannſt. Und ſolange noh ein
Atemzug in uns iſt, ſoll der Hausgarten unſerer Liebe je und je
in tauſend roden Roſenblüten flammen. Das Schick al beſtand
auf ſeinem Schein doch wir haben alle Schulden der Seele be=
glichen
und alle Ungläubigkeit gefühnt. Nun ſind wir frei und
dürfen einander angehören, bis unſer Leben verliſcht.
Bis unſer Leben verliſcht . .. wiederholte ſie leiſe; und
eine Erſchütterung durchlief ihren Körper.
Er wandte den Blick zu ihr zurück und ſah mitten hinein in
dieſe wundervollen amaryllfarbenen Augen, über deren geheim=
nisvoll
unergründlicher Traumtiefe ein feuchter Schleier lag.
Da brach ſeine Selbſtbeherrſchung zuſammen, daß die Lei=
denſchaft
ihn bis in die Lippen erbleichen ließ.
Da verſank und zerglitt und ſtarb lautlos, was tückiſch weh=
rend
zwiſchen ihnen geſtanden.
Da flammten über ihren müdgewordenen Herzen die lodern=
den
Fanale naher, kaum zu faſſender naher ſeliger Erfüllung
empor.
Halberſtickt löſte ſich ein Schrei von ſeinen Lippen. UInd er
riß die ſchöne Lonny Lars an ſich und raunte heiſer über ihr
und es war wie eine heilige, myſtiſch dunkle Beſchwörungs=
formel
:
Daß du wiedergekommen biſt endlich, endlich wiederge=
kommen
!! . . . An meiner Bruſt halte ich dich in meiuen Ax=
men
ſollſt du geborgen ſein . . . Denn du biſt Sehnſucht und Be=
gehren
und Erlöſung biſt Rauſch und biſt Friede biſt Traum
und biſt Wahrheit . . . du biſt das Glück, Lonny wie es
auch kommen möge und was auch werden mag du biſt das
Glück . . . du biſt das Glück!!"
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Nummer 353

Dienstag, den 21. Dezember 1926

Seite 9

Die erſie ſchienenloſe Straßenbahn in Deutſchland.

Die erſte ſchienenloſe Straßenbahn in Deutſchuand wurde ſoeben in der Stadt Hamourg, und
zwar für den Nachtverkehr zwiſchen Hamburg, Harburg und Bergedorf, in Betrieb geſtellt.
Eine beſondere Eigenart des von der Firma Gebr. Anderſen (Kiel) konſtruierten Autobuß=
Anhängers iſt, daß er infolge einer beſonderen Kuppelung genau ſpurt, d. h. den Spuren
ſeines Triebwagens haarſcharf folgt. Der bisher für jeden Anhänger gebrauchte Bremſer
fällt, da dieſe neuen Anhänger auch Vierradbremſen haben, fort. Unſer Bild zeigt die
erſte ſchienenloſe Straßenbahn in den Straßen von Hamburg.

Gepanzerte Motorräder für die Polizei.

Die New Yorker Polizei wird jetzt mit neukonſtruierten Motorrädern ausgerüſtet, die voll=
kommen
gepanzert ſind und bei der Verfolgung von gefährlichen Banditen benutzt werden ſol=
len
. Unſer Bild zeigt die zur Abfahrt bereiten Panzer=Motorräder der New Yorker Polizei.

Reich und Ausland.
Schweres Unglück bei der Lahnkanaliſierung.
6 Arbeiter ertrunken.
LPD. Limburg, 20. Dezember.
Bei Dauſenau ſtürzte am Montag vormittag bei den Arbei=
ten
an der Lahnkanaliſierung ein Dampſhammer um und zer=
ſchmetterte
einen Nachen, der mit acht Arbei=
tern
beſetzt war. Sechs Arbeiter fanden den
Tod durch Ertrinken. Eine Unterſuchung des Vorfalles
iſt eingeleitet.
Ein Eiſenbahnunglück bei Aachen.
Aachen. Am Montag vormittag ereignete ſich bei den
Eiſenverwaltungsbauten zwiſchen den Bahnhöfen Aachen=Weſt
und Laurensburg ein ſchweres Unglück. Ein Bauzug mit zwei
Lokomotiven ſauſte dabei in die Tiefe. Der ganze Zug wurde
zertrümmert. Drei Arbeiter wurden getötet. Ein
vierter wurde verletzt. Sein Zuſtand iſt bedenklich. Ein Toter
iſt der Vater von ſechs Kindern.

Der Kampf um den Neckarkanal.
fm. Heidelberg. Profeſſor Richard Thoma von der Univerſität
Heidelberg hat eine neue Denkſchrift ausgegrbeitet, die ſich mit der Frage
der Wirtſchaftlichkeit der Neckarkanaliſierung und den Umwälzungen in
der Kohlen= und Energiewirtſchaft befaßt. Die Denkſchrift iſt abgefaßt
worden im Hinblick auf die bevorſtehenden Beratungen des Haushalts=
entwurfs
für das am 1. April 1927 beginnende Rechnungsjahr durch
den Haushaltungsausſchuß des Reichstags. Sie richtet beſtimmte For=
derungen
an den Haushaltsausſchuß und an die bodiſche Regierung. In
einem Schreiben des Reichsverkehrsminiſters Krohne an den Schutzver=
verband
war die Fortführung des Baus als endgültig beſchloſſen be=
zeichnet
.
Schlägerei im Straßenbahnwagen.
fm. Karlsruhe. In der vergangenen Nacht kam es in einem
Wagen der Straßenbahnlinie DaxlandenGrünwinkel zu einer ernſten
Schlägerei ,weil ein Fahrgaſt ſich weigerte, das Fahrgeld zu entrichten.
Hierbei erhielt ein lediger Dachdecker von hier, welcher den Streit zu
ſchlichten verſuchte, einen Schlag mit einem Spazierſtock auf den Kopf;
außerdem wurden zwei Fenſterſcheiben des Straßenbahnwagens zer=
trümmert
. Zu einer anderen Schlägerei, die ſich in der Oſtſtadt ab=
ſpielte
, mußte das Notrufkommando erſcheinen, das ſieben Beteiligte zur
Polizeiwache verbrachte.
Zigeuner unter ſich.
im. Weingarten (Pfalz). Am Sonntag früh wurde in das
Speherer Krankenhaus ein durch einen Schuß tödlich verletzter junger
Mann eingeliefert. Es handelte ſich um den 22 Jahre alten Jakob Söll,
der einer Zigeunerfamilie angehört und das Opfer einer Familienſzene
geworden iſt. Soweit bis jetzt feſtgeſtellt werden konnte kampierten
beſſen Angehörige in einem Wohnwagen. Nach ſeinen Ausſagen, die er
nur noch unter Anwendung ſeiner letzten Kräfte machen konnte, wurde
er beim Betreten des Wohnwagens durch einen Schuß getroffen. Die
Kugel verletzte den Darm. Kurze Zeit darauf iſt er geſtorben. Die
Täter konnten noch nicht ermittelt werden.
Aufregender Vorfall. Mehrere Reichswehrangehörige verletzt.
München. Ecke Ludwig= und von=der=Tannſtraße wurde eine
Kutſche der Minenwerferkompagnie des Infanterieregiments 19 beim
Einbiegen in die von=der=Tannſtraße rückwärts von einem Triebwagen
eines Straßenbahnzuges der Linie 6 erfaßt und umgeworfen. Der Lenker
wurde mit ſolcher Wucht vom Wagen geſchleudert, daß er bewußtlos
liegen blieb, während der im Wagen ſitzende Oberfahrer mit dem
Schrecken davonkam. Die Kutſche ſelbſt brach entzwei. Die ſcheu ge=
wordenen
Pferde galoppierten mit dem abgetrennten Vorderteil der
Kutſche durch die von=der=Tannſtraße gegen den Engliſchen Garten, wo
ſie gegen einen Brückenwagen rannten. Dabei ſtürzte ein Pferd und
wurde ſchwer verletzt. Die Pferde wurden in die Tierärztliche Hochſchule,
der verunglückte Lenker in das Standortlazarett eingeliefert. Ecke
Lothſtraße und Viryplatz wurde ein Obergefreiter der Pionierkompagnie
beim Ueberqueren der Straße von einem Laſtauto überfahren und ſchwer
verletzt.
Die Reiſe des Schulſchiffes Großherzogin Eliſabeth.
Bremen. Das Schulſchiff des Deutſchen Schulſchiffvereins Groß=
herzogin
Eliſabeth iſt am 17. Dezember wohlbehalten in Sao Francisco
do Sul angekommen und wird am 5. Januar nach Pernambuco weiter=
ſegeln
.
Exploſionsunglück in Charlottenburg.
TU. Charlottenburg. In dem Laboratorium einer Seifen=
und Parfümeriefabrik in Charlottenburg ereignete ſich am Montag eine
ſchwere Exploſion, hervorgerufen durch Aetherſtichflammen, die auf
einige dort lagernde Spiritusfäſſer übergriffen. Der Feuerwehr gelang
28 nach längerer Tätigkeit, den Brand zu löſchen. D
Inhaber der
Fabrik erlitt ſchwere Brandwunden. Der entſtandene Sachſchaden iſt
erheblich.
Kommerzienrat Georg Heimann geſtorben.
Breslau. Kommerzienrat Dr. Georg Heimann, Seniorchef des
Bankhauſes E. Heimann in Breslau, iſt im Alter von 62 Jahren nach
kurzem ſchweren Leiden geſtorben.
Die Diebe des Grand Conds verhaftet.
Paris. Wie der Matin berichtet, ſind unter noch nicht näher
bekannten Umſtänden zwei der Diebe, die aus dem Muſeum Chantilly
vor etwa zwei Monaten Juwelen und hiſtoriſche Koſtbarkeiten, darunter
auch den roſa Diamanten, den ſogenannten Grand Condé, ſtahlen
verhaftet worden. Auch zwei ihrer Hehler wurden verhaftet. Ein Teil
der Beute, darunter der berühmte Diamant, wurden wiedergefunden.
Das Blatt kündigt die Verhaftung von zwei weileren Perſonen an, die
in die Diebſtahlsaffäre verwickelt ſein ſollen. Zwei Polizeiinſpektoren
hätten ſich zu ihrer Verhaftung bereits in die Pyovinz begeben.
Brand eines Dampfers im Atlantiſchen Ozean.
NewYork. Wie das Schiffahrtsamt mitteilt, iſt auf dem zwiſchen
Baltimore und Hamburg verkehrenden Dampfer Weſtcelina auf der
Fahrt nach Boſton Feuer ausgebrochen.

Der Fall Rouzier.
Fortſetzung der Zeugenvernehmung.
WSN. Landau. Die Vormittagsſitzung des vierten Verhandlungs=
tages
wurde mit der Vernehmung der Zeugen eingeleitet, die ebenſo
wie die ſchon vernommenen zufällig dazukamen, als. Rouzier den Matthes
durch die Sandſtraße führte und an der Poſt über den Haufen fchoß.
Dieſe Zeugengruppe beſtätigte ebenfalls einwandfrei, daß Rouzier durch
Matthes und Fechter nicht bedroht wurde, und daß er auch nicht einmal
annehmen konnte, in Gefahr zu ſein, vielmehr ohne jede Notwendigkeit
kaltblütig ſchoß. So beſtätigte der eine Zeuge, daß Matthes auf den
Ruf des Rouzier, daß er ſchießen werde, ſofort ein bis zwei Schritte
zurückgegangen ſei, wodurch die Angabe Rouziers erneut widerlegt
wurde, daß Matthes einen Sprung auf ihn gemacht habe. Auch aus
dieſer Vernehmung ergab ſich wieder, daß die franzöſiſchen Gendarmerie=
Protokolle in den Vorunterſuchungen den deutſchen Zeugen Angaben in
den Mund legten, die bei der heutigen Vernehmung von dieſen ganz ent=
ſchieden
als falſch zurückgewieſen wurden. So erklärte die eine Zeugin,
daß ſie nicht geſehen habe, daß Fedſter gegenüber Rouzier eine drohende
Haltung eingenommen habe. Die Vernehmung der nächſten Zeugen=
gruppe
leitete zu der Beweisaufnahme über die Erſchießung des Müllers
über Der Bruder des mitangeklagten Fechter, der ſich mit einem an=
deren
Zeugen von Müller kurz vor ſeiner Erſchießung verabſchiedete,
wurde von der franzöſiſchen Verteidigung gefragt, ob Müller aufgeregt
geweſen ſei und ob ſein Benehmen darauf habe ſchließen laſſen, daß er
etwas im Schilde führe. Der Zeuge Otto Fechter erklärte, daß Müller es
gefagt hätte, wenn er etwas derartiges vorgehabt hätte. Die Frage der
deutſchen Verteidigung, ob Müller als ſtreitſüchtig bekannt geweſen ſei,
verneinte der Zeuge.
Der Kronzeuge der Bluttaten
des Rouzier iſt der Maurer Krebert, der unmittelbar in der Nähe, wo
die Bluttaten geſchahen, im zweiten Stock eines niedrigen Hauſes
wohnt, ſo daß er von ſeinem Standort aus alle Vorgänge der Tat
genau beobachten konnte. Er hat genau geſehen, wie alle zufällig an die
Poſtecke kommenden oder dort ſtehenden Perſonen auf die Rufe des
Leutnants Prudhomme zurückgingen. Auch Matthes ging ſofort etwa
zwei Meter zurück und wurde nur durch den Schuß des Rouzier, der ihn
am Kopf traf, am weiteren Zurückgehen verhindert. Mit der Ausſage
des Zeugen über die Hand= und Armſtellung des Matthes im Augen=
blick
des Schuſſes iſt die Darſtellung des Rouzier widerlegt, daß er ge=
glaubt
habe, Matthes wolle durch einen Griff in die Taſche eine Waffe
ziehen.
Dieſe für Ronzier ſchwer belaſiende Ausſage
wollte die franzöſiſche Verteidigung dadurch abſchwächen, indem ſie an
den Zengen die Frage nach den Beleuchtungsverhältniſſen ſtellte. Der
Zeuge behauptete jedoch, daß er infolge der ſehr hellen Laterne an der
Poſtecke alle Vorgänge habe genau erkennen können. Der Zeuge be=
obachtete
dann auch die Erſchießung Müllers. Nachdem
Rouzier den Matthes niedergeſchoſſen hatte, ging
er in der bisherigen Nichtung der Sandſtraße weiter und überquerte die
Straße. Als er in der Mitte der Straße war, fiel ein weiterer Schuß,
ohne daß der Zeuge jedoch die Richtung des Schuſſes feſtſtellen konnte,
wohl aber, daß Müller, der auf der rechten Straßenſeite ging, nicht ge=
troffen
worden war. Müller hielt den linken Arm zum Schutz vor die
Bruſt und ließ den rechten herunterhängen. Als Rouzier auf der linken
Straßenſeite angekommen war, ſchoß er wieder, und Müller brach zu=
ſammen
. Unmittelbar danach fiel ein dritter Schuß, worauf Rouzier ſich
entfernte. Die beiden vernommenen Gendarmen Hinſinger und Simo=
nelle
, die am anderen Tage am Tatort nach der Brille des Rouzier
ſuchten, die dieſer ſich wahrſcheinlich ſelbſt mit der Reitpeitſche herufter=
ſchlug
, wollen am Ludwigstor Blutſpuren und Spuren eines Handge=
menges
feſtgeſtellt haben, obwohl bereits einwandfrei feſtgeſtellt worden
war, daß
kein Handgemenge ſiattgefunden
hat und ſelbſt die franzöſiſche Anklage dies nicht annimmt. Der fran=
zöſiſche
Leutnant Brunet, der im Poſtgebäude wohnt, hat die Er=
ſchießung
des Müller vom Fenſter ſeiner Wohnung aus mit angeſehen.
Er gab eine Schilderung, die mit den durch den Zeugen feſtgeſtellten
Tatſachen im Widerſpruch ſteht. So bezeichnet er die Handbewegung
des Müller nach dem erſten Schuß als eine drohende Haltung. Er
unterſtützt Rouzier auch inſofern, daß er (Müller), nicht Rouzier ge=
rufen
habe: Du auch kaput! Seine Darſtellung widerlegt die wahr=
heitsgemäße
Ausſage der Zeugin Honnecker, die noch gar nicht ver=
nommen
worden iſt. Dieſe verſuchte der Leutnant von vornherein
dadurch zu diskreditieren, daß er erklärte, die Läden der Wohnung dieſer
Zeugin ſeien geſchloſſen geweſen, ſo daß ſie die Vorgänge habe gar nicht
ſehen können.
Zu Beginn der Nachmittagsverhandlung verlas zunächſt der fran=
zöſiſche
Stabsarzt Bouhet ſeinen
Bericht über den Leichenbefund des erſchoſſenen Müller,
ſowie über den Zuſraud des Mathes. Der Stabsarzt hat bei beiden
Perſonen feſtgeſtellt, daß die Schußwunden keinerlei Pulver= oder Ver=
brennungsſpuren
haben, woraus unfehlbar hervorgeht, daß alle Schüſſe
aus einiger Entfernung und nicht, wie Rouzier und andere behaupteten,
aus nächſter Nähe abgefeuert worden ſind. Der Bericht ſagt über Mül=
lers
Leiche, es ſei möglich, anzunehmen, daß die Wunde am linken Ober=
arm
und die Wunde auf der Bruſt (die Kugel iſt mitten durch das Herz
gegangen) von demſelben Geſchoß verurſacht wurde. Die Perſon habe
ſch inſtinktiv mit dem linken Oberarm, indem ſie dieſen vor die Bruſt
hielt, verteidigen wollen. Es wird ſodann eine der Hauptzeugen der
deutſchen Verteidigung, Fräulein Alma Honecker, vernommen.
Die Zeugin, die in der Sandſtraße wohnt, erklärte ſie habe den wach=
ſenden
Lärm in der Sandſtraße gehört und dabei eins zwei, drei zäh=
len
hören und dann auch den Schuß gehört. Von dem rechten Fenſter.
das der Queichbrücke am nächſten liege, habe ſie auf dem gegenüber
liegenden Bürgerſteig einen Mann geſehen, auf der anderen Seite einen
zweiten Ziviliſten. Beide ſeien kurz vor ihrem Fenſter über die Straße
aufeinander zugegangen. Sofort ſeien von drüben zwei Schüſſe gefallen
und der Ziviliſt Müller ſei vor ihrem Fenſter zuſammengebrochen.
Außer dem langſamen Zählen habe ſie keinen Wortwechſel gehört. Der
Magiſtratsangeſtellte Otto Derioſe der krank zu Bett lag und lediglich
den Lärm bei der Straße hörte, aber von Vorgängen nichts geſehen

hat, erklärte, er habe eine Stimme, die anſcheinend von einem Deut=
ſchen
ſtammte, rufen hören: Rouzier, warum haſt du meinen Kameraden
erſchoſſen. Eine Stimme, deren Herkunft zweifellos franzöſiſch war,
habe geantwortet: Warum? Kaputt! Egal! Dasſelbe Geſpräch hat
auch der Zeuge Georg Mayer gehört.
Umſchwung in der Prozeßlage zuungunſten Rouziers.
Im weiteren Verlauf des Rouzierprozeſſes erklärte bei der Ver=
nehmung
des Zeugen Mandlmeher der franzöſiſche Verteidiger Gareon,
die franzöſiſche Verteidigung ſei äußerſt erſtaunt, daß die deutſche Ver=
teidigung
hintereinander Zeugen vorführe, die nach der vorliegenden
Prozeßordnung nur als Zeugen 4 tire de morale bewertet werden kön=
nen
. Es handele ſich aber um ausgeſprochene Tatzeugen von einer
olchen Bedeutung, daß ſich die franzöſiſhe Verteidigung wundern müſſe,
daß der commissaire rapporteur von dieſen Tatſachen keinerlei Notiz ge=
nommen
habe. Rechtsanwalt Dr. Grimm erwiderte die vorliegen
Prozeßordnung ſowie Unterſuchungsordnung ſchränkten die Verteidi=
gung
in einer ebenfalls bedauerlichen Weiſe ein. Der Unterſuchungs=
richter
berief ſich bei der Schilderung der zwiſchen deutſcher Verteidigung
und franzöſiſcher Anklagebehörde beſtehenden Schwierigkeiten auf eine
Unterredung von deutſcher Seite bei dieſer Hauptverhandlung ge=
ſtellten
deutſchen Verteidiger Dr. Boldt. Dieſer konnte auch nur be=
ſtätigen
, daß die Schwierigkeiten vielleicht allzu ſehr im Syſtem der
Kriegsgerichtsprozeßordnung gelegen ſein müßten. Dieſe Debatte ver=
lief
äußerlich in durchaus ſachlichen Formen. Sie ließ nur das eine
klar erkennen, daß die von der deutſchen Verteidigung heute vorgeſtellten
Augenſcheinzeugen tarſächlich von ſo eminenter Bedeutung für den
Ausgang des Prozeſſes ſind, daß die franzöſiſche Verteidigung bei der
formalen juriſtiſchen Würdigung dieſer Zeugen deren Ehrenhaftigkeit
ſie in beiner Weiſe in Zweifel zu ziehen zu wollen erklärte, ſich in eine
weniger ſichere Poſition gedrängt fühlt, wie bei der Formulierung der
Anklage und daß ihre frühere Poſition kaum zu retten ſein wird.
Dies wird vor allem zur Folge haben, daß der Staatsanwalt nunmehr
eindeutig in die Rolle eines Anklagevertreters gedrängt wird, was
bisher aus tiefer liegenden Gründen noch nicht ganz möglich war.
In dieſem Sinne kann man alſo von einem ſehr bemerkenswerten Um=
ſchwung
in der Prozeßlage zuungunſten Rouziers ſprechen.
Der nächſte Zeuge, Otto Fechter, berichtet über den Zwiſchenfall
Matthes=Rouzier. Er iſt bekanntlich als erſter zu dem verwundeten
Matthes hingekommen und wollte ihm helfen. So hat er einen Ruf
Müllers nich gehört.
Hier verſucht die franzöſiſche Verteidigung ihrer Nerboſität gegen=

Faft e Were e ee
Dem neuen Vorſtoß des franzöſiſchen Anwalts Gareon begegnet Dr.
Grimm in ſehr klarer Weiſe und weiſt nachdrücklich darauf hin, daß eine
Aeußerung, wie die von Rouzier dem Müller in den Mund gelegte
Kaput, egal!) niemals von einem Deutſchen gebraucht worden ſein
könne. Das gehöre zu den Dingen, die einfach unmöglich ſeien und
deren Behauptung niemand verſtehen könne.
Der Zeuge Otto Fechter beſtätigt im übrigen den bereits bekannten
Tatbeſtand.
Das Urteil im Spritprozeß Kopp.
TU. Berlin. In dem ſeit vier Wochen vor dem Schöffengericht
in Tempelhof verhandelten Spritſchiebungs= und Beſtechungsprozeß
Kopp und Genoſſen wurde der Hauptangeklagte Kopp freigeſprochen.
Verurteilt wurden der Oberzollinſpektor Quehl wegen fortgeſetzter Be=
ſtechung
, Beihilfe zum Monopolvergehen und zum Monopolbetrug zu
zwei Jahren drei Monaten Gefängnis unter Anrechnung von einem
Jahre fünf Monaten Unterſuchungshaft, außerdem zu drei Millionen
Mark Geldſtrafe Bei Nichtzahlung 20 Wochen Gefängnis. Außerdem
wurde auf Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter für fünf Jahre
erkannt. Der Zollaſſiſtent Welſch erhielt wegen Beſtechung ſechs
Monate Gefängnis. Die übrigen Angeklagten erhielten teils Geld=, teils
kleine Gefängnisſtrafen wegen Monopolvergehen. Einige wurden frei=
geſprochen
. In der Begründung wird der Ausgang des Prozeſſes als
unbefriedigend bezeichnet, da der Hauptangeklagte und Schuldige, der
nur wegen Anſtiftung zur öffentlichen Urkundenfälſchung ausgeliefert
worden ſei, ſtraflos ausgehen müſſe.
* Unfall beim Schulturnen und Haftung des Staates.
Die Haftung des Staates für Unfälle beim Schulturnen hängt da=
von
ab, ob die mit der Leitung des Turnens beauftragte Perſon ein
Verſchulden trifft. Das iſt im gegenwärtigen Falle bejaht worden.
Am 7. Juli 1923 erlitt die damals 11 Jahre alte Klägerin in der Turn=
ſtunde
der Gemeindeſchule in Hannover=Linden dadurch einen Unfall,
daß ihr durch die herabfallende Reckſtange das erſte Glied des Dau=
mens
der rechten Hand abgequetſcht wurde. Die Klägerin ſollte mit
anderen Schülerinnen die 25 Pfund ſchwere eiſerne Reckſtange von der
Höhe von 180 Meter um 50 Zentimeter herabſetzen. Die der Klägerin
helfende Schülerin konnte nach Löſen des Bolzens die Stange auf ihrer
Seite nicht halten und ließ ſie fallen, während ſie an der Seite, wo ſie
die Klägerin hielt, noch befeſtigt war und herunterkippte. Für den Un=
fall
macht die Klägerin den preußiſchen Staat verantwortlich, da die
Turnlehrerin ihre Sorgfalts= und Aufſichtspflicht verletzt habe. Nach=
dem
das Landgericht Hannover die Klage abgewieſen hatte, erklärte das
Oberlandesgericht Celle den preußiſchen Staat für verpflichtet, der Klä=
gerin
allen aus dem Unfall entſtandenen und noch entſtehenden Scha=
den
zu erſetzen. Das Reichsgericht hat dieſe Entſcheidung des
Oberlandesgerichts Celle beſtätigt und in den Entſcheidungs=
gründen
zu dieſem Urteil ausgeführt, daß dem Leiter des Turn=
unterrichts
die Amtspflicht obliege, dafür zu ſorgen, daß die Schü=
ſer
keinen Unfall durch Unvorſichtigkeit oder Ungeſchicklichkeit erleiden,
ſoweit ſich durch Aufſicht, Anleitung und Unterſtützung ſolchen Unfällen
entgegenwirken laſſe. Unter den feſtgeſtellten Umſtänden wäre es eine
Selbſtverſtändlichkeit geweſen, daß ein Erwachſener die Reck=
tange
während des Verſtellens in der Mitte zu hal=
en
hatte und daß dies die Lehrerin ſelbſt hätte
tun müſſen. Das Verſchulden der Turnlehrerin
liegt darin, daß ſie in der Nähe der Turngeräte ſtand.
aber ihr Augenmerk nicht derart auf die Hantie=
rungen
der Schülerinnen richtete, daß ſie hätte ſo=
ort
zugreifen können. (Aus den Reichsgerichtsbriefen
(Nachdruck verboten.)
Karl Mißlack, Leipzig, Kochſtraße 76.)

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Seite 10

Dienstag, den 21. Dezember 1926

Nummer 353

Londoner Weihnachtsmarkt.
A. B. London, Mitte Dezember,

Eretn Spiet une Tarnen.

1. Oxford Street, London=Weſt.
Oxford Street an einem Spätnachmittag zwei Wochen vor
Weihnachten. Warenhäuſer, Schaufenſter, Menſchen, Licht. Jäh
aufflammendes und wieder verlöſchendes, aufdringliches Licht
das dich überfällt und dir kategoriſche Kommandos ins Gehirn
ſchießt: Trinke Wincarnis=Wein! Hovis=Brot! Rauche
Kenſitas=Zigaretten! Die Menſchen, die ſich langſam in zwei
breiten Säulen die Straße hinauf= und hinabwälzen, bilden inſo=
fern
eine homogene Maſſe, als ſie alle Frauen ſind und alle
Pakete tragen. Auf der Straße iſt das Gedränge groß. In dem
ſchimmernden Kaufpalaſt von Selfridge, in den ſich der Strom
ergießt, iſt es fürchterlich. Frauen, Frauen und noch mehr Frauen.
Es gibt doch wirklich viele Frauen, von deren Exiſtenz man keine
Ahnung gehabt hat. Dazwiſchen Kinder, aber die ſieht man nicht
Man hört nur ihre bewundernden Ausrufe oder ihr Wehklagen,
wenn Mutter in dem wogenden Frauenmeer untergegangen iſt
und die Kleinen geſtrandet daſtehen in der Brandung. Hier und
da ein Mann, faſt ebenſo hilflos wie die Kinder, eine hin und
her geworfene Boje im Wellentanz.
Ich will jemand ein Geſchenk kaufen. Ich weiß noch nicht
recht, was. Nun, gehen wir einmal zur Handſchuhabteilung. Es
gelingt mir, die Aufmerkſamkeit einer Verkäuferin auf mich zu
lenken. Handſchuhabteilung? Fünfter Stock. Nach halbſtündi=
gem
heroiſchen Kampf lange ich erſchöpft auf dem fünften Stock
an. Ich erwiſche einen Aufſichtsbeamten. Handſchuhabteilung?
Zweiter Stock. Aber, die Verkäuferin . . . uſw. Be=
dauere
ſehr, wird ein Aushilfsfräulein geweſen ſein, das ſich noch
nicht recht auskennt hier. Alſo zurück in die Amazonenſchlacht.
Im vierten Stock iſt großer Kindertrubel. Ueber einem Portal
verkünden bunte elektriſche Buchſtaben: Aladdins Wunderhöhle.
Nur für Linder. Vor dem Höhleneingang nehmen Mütter
Abſchied von ihren Lieblingen, die durch das Portal in das da=
hinter
ausgebreitete Märchenland eintreten und nach einer
Viertelſtunde durch einen beſonderen Ausgang wieder in die
Wirklichkeit zurückkehren. Welche Schätze die Wunderhöhle birgt,
läßt ſich nach den leuchtenden Augen und aufgeregten Schilde=
rungen
der Herauskommenden ahnen. Aladdin in eigener Perſon
macht die Honneurs und verabreicht jedem Kinde ein Geſchenk.
Daß Mutter vorher das Geſchenk gekauft und, mit einer Nummer
verſehen, in Aladdins Wunderhöhle geſchickt hatte, und daß dem
Kinde ein Zettel mit der gleichen Nummer angeſteckt war, das iſt
eine techniſche Aeußerlichkeit, die der tiefgefühlten Dankbarkeit
des Kindes für Aladdins ſelbſtloſe Güte keinen Abbruch tut. Nur
die Mutter weiß von dieſer Formalität, und ſie nimmt keinen
Anſtoß daran, denn ſie iſt erfahren und hegt keine Illuſionen in
dieſem kommerziellen Zeitalter, in dem ſogar das Chriſtkind mit
Selbſtkoſten und Profit kalkuliert. Oh, Mutter, ruft freude=
ſtrahlend
ein kleines Mädchen neben mir, ſieh, was Aladdin mir
gegeben hat! Die Mutter blickt beſtürzt. Eine Eiſenbahn?
Ich habe doch
Oh, die ſchöne Lokomotive! Aber ſchon
hat die Mutter den Kaſten mit der Eiſenbahn aufgeſchnappt. Er
hat die Nummern verwechſelt! Eine Sechspence=Eiſenbahn für
ſieben Schillinge! Das Kind verſteht nicht. Die Mutter ver=
ſchafft
ſich energiſch Eingang in die Wunderhöhle und kommt nach
einer Weile zurück mit einer prächtigen Puppe. Aladdin hat ſich
geirrt. Hier, das iſt dir doch lieber als die dumme Eiſenbahn,
nicht wahr? Das Kind ſtarrt die Puppe an, und um ſeine
Mundwinkel zuckt es wie Weinen. Nun, freuſt du dich nicht?
Die Eiſenbahn war doch ſchöner, ſchluchzt das Kind, ich habe
doch ſchon zwei Puppen. Die törichte Mutter begreift nicht, daß
Die billigſte Eiſenbahn aus der Hand des Wunderjünglings Alad=
din
wertvoller iſt als die teuerſte Puppe von zweifelhafter
Herkunft.
Aber ich will doch in die Handſchuhabteilung. Schließlich
Ein ich im zweiten Stock. Da leuchtet mir ein Wegweiſer ent=
gegen
: Abteilung für Gelegenheitskäufe‟. Nun, da finde ich
vielleicht etwas beſonders Schönes und Billiges. Es müſſen ja
nicht unbedingt Handſchuhe ſein. Aber gerade hier iſt das Ge=
dränge
beſonders groß. Endlich bin ich ganz vorn an der Aus=
lage
, und nach längerem Waxten und Signaliſieren würdigt mich
eine abgehetzte Verkäuferin ihrer Anteilnahme, indem ſie mich
ungeduldig anſchaut. Aber bitte recht ſchnell, ſcheint dieſer
unfreundliche Blick zu ſagen. Mein eiſter Gedanke iſt: das iſt
keine ideale Verkäuferin. Nun? maht ſie kurz, mit einem An=
flug
von Stirnrunzeln, und denkt ſich vermutlich: das iſt kein
idealer Käufer. Womit ſie recht haben dürfte. Ich möchte etwas
ſchenken, ſtelle ich ſachlich feſt. Für einen Herrn oder eine
Dame?" Für eine Dame.
Was ſoll es ſein, unge=
fähr
? Ja, ich weiß nicht recht .
Jetzt runzelt ſie
wirklich und unverkennbar die Stirn. Aber ſie ſchaut ſich in der
Auslage um und macht Vorſchläge im Tclegrammſtil. Seife?
Ich glaube, ſie hat Seife."
auich. Japaniſcher Schirms. Hunpthiſche, het, ſie
Darf ich einen ſehen?
Sie zeigt mir ein entzückendes Erzeugnis japaniſchen Kunſt=
gewerbes
mit der Juſchrift Made in Germany unterhalb des
Griffs. Als ich es noch betrachte und im Stillen volkswirtſchaft=
liche
Erwägungen über Ein= und Ausfuhr anſtelle, nimmt ſie mir
es mit einer ungeduldigen Bewegung wieder ab und ſpannt es
auf. Der bunte Bezug ſchillert lockend im Schein des elektriſchen
Lichtes. Seide? frage ich in meiner Unſchuld. Papier, natür=
lich
, ſchnappt ſie, ich ſagte doch: japaniſcher Schirm!,
Aber hält das ſtand im Londoner Regen? Sie klappt den
Schirm heftig zu und ſtellt ihn in die Ecke. Imitiertes Perlen=
halsband
? fährt ſie in ihrer Aufzählung fort. Wie kommt die
Perſon dazu, mir gerade ein imitiertes Perlenhalsband an=
zubieten
? Sehe ich ſo aus? Haben Sie kein echtes? frage ich
trotzig. Zum Glück hat ſie kein echtes. Sie verwies mich in die
Juwelenabteilung im dritten Stock, und ich ergriff die Gelegen=
heit
zu einem würdevollen Abgang.
Schließlich landete ich glücklich in der Handſchuhabteilung.
Aber als die Verhandlungen ſchon ziemlich weit fortgeſchritten
waren und wir uns über Material und Farbe geeinigt hatten,
ſtellte ſich heraus, daß mir die Handſchuhnummer nicht bekannt
war. Da gab ichs auf. Es iſt nun einmal kein Geſchäft für einen
Mann, ein Geſchenk ſür eine Dame zu kaufen. Ich werde es auch
nicht wieder verſuchen. Das Ende vom Liede war, daß ich mir
ſelber ein neues Raſierzeug ſchenkte.
2. In Pettyevat Lane, London=Oft.
Eigentlich heißt die berühmte Straße in Whitechapel gar
nicht Pettycoat Lane, ſondern Middleſer Street. Aber das weiß
nur der Briefträger. Wenn man einen Schutzmann nach dem
Weg fragt, ſo muß man ſchon Pettycoat Laue ſagen. Das
Volk kennt nur Petihcoat Lane, zu deutſch: Unterrodlsgaſſe.
Warum Unterrocksgaſſe? Aus dem einfachen Grunde, weil hier
jahraus, jahrein mitten in der Gaſſe ein ſchwunghafter Handel
in getragenen Unterröcken, Bluſen, Hoſen, Röcken und hunder
andern Objekten betrieben wird. Die Unterröcke aber domi=
nieren
. Zu beiden Seiten der langen Gaſſe ziehr ſich eine unun
terbrochene Reihe von Verkaufsſtänden hin. Die Verkäufer ſind
ſo grotesk wie ihre Waren, die ſie mit feurigem Temperament in
einer Sprache anpreiſen, die immerhin eine gewiſſe Aehnlichkeit
mit engliſch hat. Die Gegend von Pettycoat Lane iſt eine Welt
für ſich. Ruſſen und Polen bilden den Kern des Miniaturvölker=
bundes
, der ſich hier zuſammengefunden hat. Heute iſt es wohl
ſchon die zweite oder dritte Generation der Urſiedler, die hier
hauſt, aber Sprache und Sitten der Väter haben ſich erhalten, und
der Kormalengländer, der ſich hierhin verirrt, befindet ſich im
Ausland.
Auch die Pettycoat Lane hat ihren Weihnachtsmarkt. Und
Licht und Leben und Maſſenbetrieb, wie Oxford Street. In

Handball.
Deutſche Turnerſch., Main=Rhein Gau. Griesheim-Nauheim 5:4 (4:1),
SprendlingenPfungſtadt 0:1.
Dieſe beiden Ergebniſſe wurden erwartet, obwohl dem Spielverkauf
nach das Griesheimer Spiel auch umgekehrt heißen könnte. Mit der
Sonne im Rüchen drückte Griesheim am Anfang, Nauheim fand ſich in
den erſten 15 Minuten nicht zuſammen und ſchon hatte Griesheim
3 Tore vorgelegt, die dann den Sieg ausmachten. Allmählich kam Nau=
heim
auf und das Spiel wurde ausgeglichen. 4:1 bei Halbzeit. Dann
machte Nauheim gefährliche Durchbrüche, holte 2 Tore auf und die Gries=
heimer
Verteidigung wurde nervös. 5:3 für Griesheim; die Zuſchauer
atmeten auf, dann 5:4 und bald Schluß. Ein Vorteil bei Griesheim,
die Stürmer ſchoſſen im Lauf, während Nauheim erſt nochmals dotzte
und dann war die Griesheimer Verteidigung dazwiſchen. Daß die
Sonne Griesheim zum Siege verhalf, klingt ſonderbar; iſt aber Tat=
ſache
. Ihr tiefer Stand blendete Nauheims Hüter ſo ſehr, daß er bei
den drei erſten Toren noch nicht einmal die Abwehr verſuchen konnte
Nach Seitenwechſel war ſie verſchwunden. Ein anſtändiges Spiel
wurde in Sprendlingen ausgetragen. Pfungſtadts Halblinker wurde
gleich am Anfang verletzt, verließ ohne Abmeldung den Platz und mußte
deswegen nach ſeiner Wiederherſtellung zuſchauen. Trotzdem blieb das
Spiel offen und Pfungſtadts Ueberlegenheit landete in 7 Lattenſchüſſen.
Seine Verteidigung bewachte aufmerkſam Sprendlingens Sturm, ſo
daß dieſer nicht recht gefährlich werden konnte. Immer noch 0:0. Dann
hatte Sprendlingen einen Angriff verſchoſſen. Pfungſtadts Torabwurf
kam zu Fey, der eine Steilvorlage zum Linksaußen gab, dieſer zur un=
gedeckten
Mitte und Arnold ſchoß unhaltbar ein. Noch 8 Minuten
Spieldauer, die torlos verliefen, dann Schluß. Die Tabelle:

Sp. gew. un. verl. .
K P. Gan Griesheim 33:13 14 Pfungſtadt . .. 9 6 2 29:15 Langen
. .. 26:6 Nauheim
.. 29 Eberſtadt
* .. 10 3 5 24:23 5 Sprendlingen 2 18:42 Aſchaffenburg . 9 9:43 3

A=Klaſſe II: Nach hartem Kampfe ſiegte Groß Gerau in Wor=
felden
3:2 und führt unanfechtbar in der Tabelle, weil Wolfskehlen in
Walldorf verdient 5:3 verlor. BickenbachSceheim 2:1. Ein hartes
Spiel, faſt an der Grenze des Erlaubten. Bickenbach bot eine mäßige
Leiſtung, Seeheim ſehr eifrig und aufopfernd, ſein Torwächter hielt viele
ſchwere Bälle und auf ſein Konto kommt das knappe Ergebnis.
Beſſungen ſiegte überlegen 6:0 gegen Langen.
C=Klaſſe: Tgſ. Ober=RamſtadtEgelsbach 4:2.
Jugend: EberſtadtSprendlingen 4:1. Zuerſt Eberſtadt über=
legen
und drei Tore; nach der Pauſe umgekehrt, doch ſchoß Sprendlingen
ſo ſchlecht, daß das Reſultat nicht geändert wurde.
Tgde. Befſungen-Langen 6:0 (3:0).
Der Meiſterſchaftsfavorit weilte am vergangenen Sonntag auf dem
Sportplatz an der Heidelbergerſtraße, mußte aber beide Punkte den
Beſſungern überlaſſen.
Unter der einwandfreien Leitung von Turner Batz aus Neu Iſen=
burg
entwickelte ſich ein Spiel, das die Vorſtädter zu ihren Gunſten ent=
ſcheiden
konnten. Entgegen den letzten Spielen wurden die Außen=
ſtürmer
diesmal ſehr bedient, und waren dann auch die erzielten Tore
eine Folge ſchneller Ballabgabe. Läuferreihe und Verteidigung genügte
den an ſie geſtellten Anſprüchen, der Erſatz Torwächter entledigte ſich
ſeiner Pflicht in gewohnter Weiſe. Die Erfolge fielen je drei in beiden
Hälften, doch hätte der letzte der erſten Halbzeit unbedingt gehalten wer=
den
müſſen. Langen hätte das Ehrentor wohl verdient, aber trotz meh=
rerer
Strafwürfe reichte es nicht. Das Spiel wurde von jeder Partei
offengehalten. Der ſiegreichen Mannſchaft gebührt ein Geſamtlob.
Kraftſport.
Vorwärts Groß=Zimmern, Heros Sachfenhaufen und Sport=
vereinigung
Frankfurt punktgleich,
jedoch führt Groß=Zimmern mit 108 Einzelſiegpunkten vor Frankfus:
mit 96 Punkten.
Der letzte Sonntag brachte wiederum Vorwärts Groß=Zimmern
einen Bombenſieg über Hauau mit 12:2 Punkten. Das bis jetzt punktloſe
Damm ſichert ſich 2 Punkte im Kampf gegen Klein=Oſtheim und Heros
Sachſenhauſen bezwingt zur größten Freude der Groß=Zimmerer die
Sportvereinigung Frankfurt mit 8:0 Punkten und verhilft ſo ihm
zur Führung im zweiten Bezirk, welche Vorwärts jetzt hoffentlich nicht
mehr ſchleifen gehen läßt.
Der Kampf Hanau,Groß=Zimmern hatte folgenden Verlauf:
Unter der einwandfreien Leitung des Herrn Skein=Aſchaffenburg be=
ginnt
das Fliegengewicht mit Herbert=Groß=Zimmemn und Yad=Hanau
den Kampf. Herbert, der zum erſten Male in der Ligamannſchaft ſteht,
beſteht ſeine Feuerprobe glänzend. Er legt ſeinen Gegner nach 2 Min.
langer Ringzeit. Im Bantamgewicht ſteht zum erſten Male wieder Joh.
Ohl i der Mannſchaft. Seine Krankheit hat ihm wieder zum Bantam=
gewichtler
verholfen und ſtand ihm der bis jetzt unbeſiegte Müller gegen=
über
. Nach 19 Minuten langem Kampf mußte er ſich Ohl beugen und
ſeine erſte Schulterniederlage hinnehmen. Herbert=Groß=Zimmern ſtand
zum erſten Male in der Federgewichtsklaſſe und ſiegte ſchon in der dritten
Minute über ſeinen Gegner durch Ueberſtürzer. Weidner=Groß=Zimmern
mußte im Leichtgewicht von Grasmück=Hanau eine Niederlage einſtecken.
Er fiel einem Hüftſchwung zum Opfer, wodurch Hanau zu ſeinen früheren
Punkten buchen konnte. Im Leichtmitrelgewicht ſiegte Kraus=Groß= Zim=
mern
nach einigen Mimuten überlegenem Kampfe und im Schwermittel=
gewicht
wurde Karl Ohl kampflos Sieger. Im Schwergewicht ſtellt
Bernhardt=Groß=Zimmern ſein Können erneut unter Beweis. Er beſiegte
nach 20 Minuten langem, überlegenem Kampfe den bis jetzt unbeſiegten
Kraker=Hanau nach Punkren. (Letztere hatte nur von Hauf= Sachſſenhau=
ſen
eine Niederlage hinnehmen müſſen, da er wegen einer Verletzung
den Kampf aufgeben mußte.) Geſamtreſultat 12:2 Punkte für Groß=
Zimmern.

jedem Verkaufsſtande loht qualmend eine Nadhthalampe. Die
billigen Herrlichkeiten, die hier ausgebreitet liegen, locken genau
ſo wie die anſpruchsvollen Auslagen der Weſtendläden, und den
Gaſſenkindern des Oſtens, die hier begehrliche Blicke auf glitzern=
den
Trödelkram heften, iſt jeder rauhe Verkäufer in Kappe und
Halstuch ein ſtrahlender Aladdin aus Wunderland, jede ver=
ſchrumpelte
Hökerin hiuter ihrem armſeligen Plunder eine
Märchenfee. Und dieſe Händler und Händlerinnen verſtehen ihr
Geſchäft! Hundert Hälſe brüllen gleichzeitig. Schrille Weiber=
ſtimnen
ſingen das Lob ſenſationeller Pennyſchlager. Wer iſt
gegen dieſe Sirenentöne gewappnet? Eine Frage, ein Wort,
ein kurzes Stehenbleiben nur, und man iſt dieſen Verkaufskapa=
zitäten
verfallen. Ehe du dichs verſiehſt, haben ſie dich gefangen
und laſſen dich nicht mehr los, bis du den ſpringenden Froſch
oder den nickenden Schutzmann oder den Juxblumenſtrauß gegen
klingende Münze eingetauſcht haſt. Du willſt nur des Wiſſens
halber, aus Neugier einmal durch das ſchreiende Spalier wan=
dern
? Nichts kaufen von dem närriſchen Zeug? Verſuche es!
Ich habe es verſucht. Ich bin an einem Ende hineingegangen
in die ſtürmiſche Gaſſe, und als ich am andern Ende herauskam,
war ich glücklicher Beſitzer eines Gummiſchweins, eines Hünd=
chens
, das hoptſt und bellt, wenn man auf einen Ball drückt, einer
muſikaliſchen Zigarre, eines Kletteraffen, einer Maſchine zur
Herſtellung von Banknoten aus Zeitungspapier, einer Zauber=
vaſe
und eines komplizierten Axparates, mit dem ich nichts an=
zufangen
weiß, weil ich die Gebrauchsanweiſung verloren habe.
Ich ſitze jetzt ſrundenlang davor und ſuche den geheimen Sinn
des ſcheinbaren Unſinns zu ergründen. Im übrigen habe ich
nicht ſchlecht eingekauft. Das Gunniſchwein ſcheint mir ſogar
Glück gebracht zu haben, denn ich habe, ſeit es in meiner Woh=
nung
iſt, einen Brief erhalten, auf den ich ſeit Monaten vergeb=
lich
gewartet hatte. Allerdings enthielt der Brief nicht die ange=
nehme
Nachricht, die ich vermutet hatte, ſondern im Gegenteil
eine unerfreuliche Ankündigung. Aber dafür kann ſchließlich das
Schwein nichts. Die Sache mit den Banknoten aus Zeitungs=
Fapier iſt leider auch nichts. Es handelt ſich nur um einen Trick
und eine optiſche Täuſchung. Man kann nämlich nur Banknoten
produzieren, die man vorher in die Maſchine hineinbugſiert hat.
Schade.

Fußball.
Sportverein Weiterſtadt I.Chattia Wolfskehlen I. 0:8.
Obige Mannſchaften trafen ſich Sonntag, den 19. 12. 26, zu einem
Froundſchaftsſpiel in Weiterſtadt. Die techniſch beſſeve Mannſchaft des
Platzvereins drückt bis zur Pauſe mit großer Ueberlegnheit und konnte
in entſprechenden Abſtänden ſeine drei Tore erzielen. Nach Wieder=
antritt
drückt Wolfskehlen leicht, konnte deswegen durch teilweiſe leicht=
ſinniges
Spielen der Weiterſtädter Hintermannſchaft das Reſultat auf
3:3 geſtalten. Bei Weiterſtadt konnte beſonders gefallen: die Verteidi=
gung
, in Läuferreihe Körner und im Stumm Weſterwald und Eichel.
V. f. L. LampertheimFußballverein 1911 Hofheim 2:1.
Ein Unglück kommt ſelten allein. Dies ſollte auch der F.V. Hofheim
in dem Spiel gegen V.f.L. Lampertheim dortſelbſt erneut beſtätigt fin=
den
. Bedeutete ſchon das Ausſcheiden des ſpieltüchtigen Verteidigers
A. Keil vor dem Kreispokalendſpiel gegen Pol. Sp.V. Darmſtadt eine
ſchwere Schlappe, ſo iſt das plötzliche, völlig unerwartete Abwandern des
erfolgreichen früheren Mittelläufers (zuletzt Mittelſtürmer) M. Zintel.
zu Allemannia Worms als eine Kataſtrophe zu bezeichnen. Waren doch
die letzten Erfolge des F.V.H. gegen Heppenheim und Gernsheim, in
denen er als Sturmführer wirkte, in erſter Linie ſeinem energiſchen
Drange nach dem Tore zuzuſchreiben. Immerhin hatte Hofheim noch
eine Mannſchaft auf die Beine gebracht, die den Kampf in Lampertheim
erfolgreich beſtanden hätte, wenn nicht durch Motorraddefekt der Ausfall.
des in den letzten Spielen ſo vortvefflich wirkenden Verteidigers P.
Bayer hinzugekommen wäre. Hatte V.f.L. in Hofheim ſchon das große
Glück, daß Hofheim neben einer Menge Torgelegenheiten drei Elfmeter
verſchoß und auf dieſe Weiſe nur ein Unentſchieden herausholen konnte,
ſo verdankt V.f. L. den knappen Sieg nur den obenerwähnten Umſtänden.
Ein Sieg der Hofheimer hätte dieſe, nach Verluſtpunkten gerechnet, an
die 2. Stelle der Tabelle, und den vorausſichtlichen Meiſter Heppenheim
in große Gefahr gebracht. V. f. L., der andere Mitbewerber, dürfte von
den Heppenheimern im Rückſpiel leicht aus dem Renna geworefn werden.
Kegeln.
Darmſtädter Keglerverband. Ausſcheidungskegeln.
Auch am verfloſſenen Sonntag wurde das Ausſcheidungskegeln fort=
geſetzt
. Kegelbrüder traten zum Start auf den bekannten drei Bah=
nen
an. Es gehen immer noch Meldungen zu dieſem Kegeln ein, was
beweiſt, daß großes Intereſſe dafür beſteht. Die Ergebniſſe vom Sonn=
tag
, den 19. Dezember, ſind folgende:
Bürgerverein: 1. Schüßler 528, 2. Grün 521, 3. Scherer 515,
4. Dahlem 498, 5. Preußner 498, 6. Weger 498, 7. Kramer 480, 8. Pohl=
mann
472, 9. Eitenmüller 465, 10. Schroth 448, 11. Seibert ſen. 444, 12.
Wenner 424, 13. Schmidtmer 435, 14. Wulff 404.
Konkordiaſaal: 1. Schinnerl 523, 2. Reinhart 511, 3. Müller
Peter 502, 4. Schild 502, 5. Frau Wilberk 473, 6. Gärtner 457, 7. Kel=
ler
395, 8. Frau Heldmann 361.
Krichbaum: 1. Hübner 539, 2. Schönefeld 533, 3. Harres Phil.
530, 4. Harres Peter 535, 5. Mitſchdorfer 519, 6. Heldmann 511, 7. Kem=
merzehl
498, 8. Kanold 485, 9. Luft 468, 10. Riemenſchneider 438, 11.
Schmidt 435.
Während der Feiertage ruht das Ausſcheidungskegeln und wird am
2. Januar 1927 fortgeſetzt.

Geſchäftliches.
Eine Weihnachtsgeſchichte.

Der Lehrer hat mit den Kleinſten die Geſchichte der Geburt Chriſti
durchgenommen und läßt ſich nach einigen Tagen erzählen, was die
Kinder noch wiſſen; da wird von dem Geſang der Engel, von den Hirten
im Felde berichtet und Fritzchen weiß ſogar, daß die drei Könige aus
dem Morgenlande Weihrauch und Myrrhen mitgebracht hatten, vom
Golde ſagt er nichts. Da meint der Lehrer: Nun das Beſte und
Schönſte, was das Chriſtkind bekam, haſt du vaigeſſen; wer weiß, was das
war? Alles ſchweigt, plötzlich erhebt ſich Lieſelottchen ſtrahlend und
meint: Das war ſicher eine Doſe Vaſenol=Puder, denn Mutti ſagt, das
wäre das Beſte für kleine Kinder,
Rund=Funk=Programme.
Frankfurt.

istag, 21. Dez. 3.30: Stunde der Jugend. Studiendir.
Dr. Majer=Leonhard: Hektor (für Kinder vom 10. Jahre ab).
4.30: Hausorch. Niels W. Gade. O 5.45: Leſeſtunde. Aus dem
Roman Die Buddenbrooks, von Thomas Mann. O 6.15: Di
Vererbungslehre und ihre praktiſche Bedeutung für die Tierzucht
von Dr. Schaub. O 6.45: Altdeutſche Tafelmalerei, von Dr.
Götz. O 7.30: Staatstheater Caſſel: Die weiße Dame‟
Kom. Op. v. Boieldi=u. Perſ.: Gaveſton, Verwalter der ehemaligen
Grafen von Avenel; Anna, ſein Mündel; George Brown, Ober=
leutnant
; Dikſon, Pächter; Jenny, ſeine Frau u. a. Zeit: 1759. An=
ſchließend
: Neue Schallplatten.

Siutigart.
Dienstag. 21. Dez. 3.50: Bücherfunk O 4.15: Konzert. Gade,
Novelette.
geſtorben 1890. Im Hochland, Ouv. Albumblatt.
Nachklänge an Oſſian. Ouv. Sonate a=moll. Einlagen:
Joſy Mohr.
Ouv. Michel Angelo. Krieg: Ich liebe dich.
Erotik. An den Frühling. Gade: Ouv. Hamlet. O 6.15:
r.
er
Elwenſpoek: Tiergeſchichten. O 6.45: Morſe=Kurs. O 7.15: Pfa
Griſebach: Deutſche Weihnachtsſitten im Ausland. O 8: Kompy=
ſitions
=Abend. 70. Geburtstag von Heinr. Schlegel. Mitw.: Maria
Th. Deimann (Alt). Philharm. Orch. Einl. Worte (W. Kipp).
Schlegel: Ouv. für Orcheſter. Zwei geiſtliche Lieder. Schlegel:
Cavatine. Schlegel: Streichquartett in G=Moll (Uraufführung).
Schlegel: Zwei Sätze für gemiſchten Chor (geſ. vom St. Leonhards
Kirchenchor). Anſchl.: Wunſchabend. Die Mitwirkenden werden
erſt nach Eingang der Wünſche bekanntgegeben.

Berlin.
Dienstag, 21. Dez. 12.30: Viertelſtunde für den Landwirt,
O
Stunde mit Büchern. O 4.30: Orch. des Cafe Vaterland.
12 Darbietungen. S 7.05: Chefredakteur Kapeller: Im D=Zug
über die Oſtſee. O 7.30: Georg Hausdorf: Originalbildwerk, Kopie
und Reproduktion. O 8: Boris Silber: Doſtojewski als Dichter des
Heute. O 8.30: Sende=Spiele. Heimg’funden Weihnachtskomödie
von Ludwig Anzengruber. Die Handlung ſpielt vom Vorabend
der Chriſtnacht bis zu dieſer in Wien in der Gegenwart.
Stettin. 7.05: Dipl.=Ing. Sybel: Baſtlerkurſus. 3. Abend:
Fehler an Empfangsapparaten.
Königswuſterhauſen. Dienstag, 21. Dez. 3.30: Miniſterialrat
Dr. Koenig: Die Tätigkeit des Schula:zies. O 4: Max Jungnickel:
Weihnachtsſitten. O 4.30: Aus der pädagogiſchen Welt. O. 5:
Stadtbaurat Schmidt, Eſſen: Moderne Städtebauſragen. O 6: Min.=
Rat Dr. Mende: Die deutſche Reichsverfaſſung. O 6.30: v. Eyſeren
u. Alfieri: Spaniſch für Anfänger. O 7: Reg.=Rat Dr. Kramer:
Deutſche Kulturgeſchichte des 19. Jahrhunderts. O 7.30: Dr. Mers=
mann
: Entwickelung
ömungen in der gegenwärtigen Oper. O 8.15:
Uebertr. aus Mi
77

Wetterbericht.
Wettervorausſage für Mittwoch, den 22. Dezember 1926,
nach der Wetterlage vom 20. Dezember 1926.
Die Wetterlage iſt ſchnellen Veränderugen unterworfen. Vom
Nordmeer her ziehen in ſüdöſtlicher Richtun, Wirbel ins Oſtſeegebiet, die
das ſüdweſteuropäiſche Hoch immer wieder zurückdrängen und nach
ſchwachen Temperaturfälhen infolge ſtärkerer nächtlicher Ausſtrahlung je=
weils
wieder milde und feuchte Luft heranführen. Die Temperaturen
gehen zunächſt wieder zurück, jedoch iſt die Ausſicht auf eine ſtabile
Wetterlage noch gering, da die Wirbeltätigreit im Nordmeer zwar nach=
läßt
, aber noch nicht beendet iſt.
Die Heſſ. Wetterdienſtſtelle.

Hauptichriftleitung Rube f Tiaupe
Verantworilich für Politi* und Wirtſchaft: Rudolf Tauve; für Feuilieton, Reich und
1usland und Heſſiſche Nachrichten: Max Streeſe; ir Exort: Dr. Eugen Buhlmann;
für den Schlußdienſt: Andceas Bauer; für den Inieratenteil: Willy Kuble:
Druck und Verlag C. C. Witlich ärntlich im Darmſtadt.

Die heutige Nummer hat 16 Seiten.

[ ][  ][ ]


*
d

* 4
Nummer 7
Darmſtädter Tagblatt / Heſſiſche Neueſie Nachrichten
21. Dezember 1926

* Deutſche Kunſt und Oekoration,
die von Alexander Koch=Darmſtadt herausgegebene und ge=
leitete
Monatsſchrift, iſt unlängſt in ihren 30. Jahrgang einge=
treten
. Man darf es bei dieſem Anlaß ausſprechen, daß hier in
Jahrzehnten immer gleichwertiger Leiſtung eine bewunderungs=
würdige
Kulturarbeit geleiſtet und ein kulturhiſtoriſches Doku=
ment
geſchaffen worden iſt. Der Grundanſchauung des Heraus=
gebers
Alexander Koch, die Kunſt als einen Beſtandteil des
Lebens aufzufaſſen, entſpricht es, daß ſeine Zeitſchrift nicht nur
einen ganz weiten Ueberblick über das Gebiet der Kunſt, ſondern
darüber hinaus eine Schau über das geſamte moderne Leben
bietet. Will man einen Begriff von der ganzen Reichhaltigkeit,
Lebendigkeit und Friſche des Materials gewinnen, ſo nimmt man
den letzten Jahrgang zur Hand, der in zwei ſehr ſchönen Leinen=
bänden
vorliegt und noch eindringlicher als die einzelnen Hefte
das Weſentliche und Charakteriſtiſche zeigt. Mit ungemein ſiche=
rem
Blick iſt das weſentliche Material der großen Kunſtausſtel=
lungen
des Jahres geſammelt und in muſtergültiger Weiſe
wiedergegeben. Daneben wird das Schaffen einer großen An=
zahl
deutſcher und ausländiſcher Künſtler vorgeführt. An ein=
drudsvollen
Beiſpielen wird ein Ueberblick über die moderne
Wohnungskultur gegeben, der zugleich genügend Anregung für
Wohnungsprobleme praktiſcher Art bietet. Das Gebiet der Hand=
werkskunſt
, Metallarbeit, Keramik, Bucheinbände, Spitzen und
Gewebe wird dem Leſer und Beſchauer vorgeführt, und es iſt
ebenſo unmöglich, von der letzthin vollkommenen Qualität der
Bilder einen Begriff zu geben, wie durch Aufzählung dem Reich=
tu
des Textteils gerecht zu werden. Ueberlegt man, daß die
Kunſt und Dekoration zugleich die größte internationale Ver=
breitung
hat, ſo ſind die kulturelle Bedeutung der Zeitſchrift und
ihre dauernden Verdienſte für deutſches Schaffen kaum abzu=
ſchätzen
. Zumal Kunſt hier nie als bloße Angelegenheit der Fach=
leute
behandelt wird, kann man nur wünſchen, daß dies einzig=
artige
Zeitorgan gegenüber all jenen oberflächlichen Magazinen
immer mehr erkannt wird als Faktor unſeres Kulturlebens, der
jedem etwas zu ſagen und zu geben hat.
Dr. Nette.
*
Romane, Nobellen, Erzählungen
Hans E. Kinck, Die Anfechtungen des Nils Brosme. Roman. Aus dem
Norwegiſchen übertragen von Ellinor Dröſſer. Broſchiert 4 Mk.,
Leinenband 7 Mk. H. Haeſſel Verlag Leipzig.
Zum Träger der Handlung wählte Kinck einen mit goldener Laſt der
Kultur beladenen Paſtor, der in Gegenſatz gerät zu den in mittelalter=
lichen
Gewohnheiten und Gedankengängen befangenen norwegiſchen Tal=
Bauern, zu deren Seelſorger er beſtellt iſt. Kinck meiſtert in dieſem
Romane nach wilden Entladungen der gegeneinander anſtürmenden
Gewalten die ſynthetiſche Ueberbrückung dieſer kraſſeſten Gegenſätze.
Wie tobende Ausbrüche der Naturgewalten entfeſſeln ſich die Kämpfe
zwiſchen dem Ideal der Unſträflichkeit der Lebensentfaltung und den alt=
hergebrachten
Aſchauungen des Greiſenlandes Norwegen. Pſycho=
logiſche
Perſpektiven, überraſchende Gedankenverbindungen blitzen in
jeder Zeile auf, beleuchten hinter den Worten liegenden, verbovgenen
Sinn, der uns aber ſchließlich als der tiefere Gehalt des Geſchehens, des
Handelns, ja der eigenen Gedanken bewußt wird. In heidniſcher An=
fechtung
eines kalten. klaren Verſtandes ſtehen alle Begriffe kulturellen
Seins: Kunſt, Geſchichte der Menſchheit, Chriſtentum, Schönheits=
begriff
, Eros fluten uns aus dem Ringen dieſes Landpaſtors als ewig
fließende, nie zur Ruhe findende Fragenkomplexe entgegen. Eine ſym=
phoniſche
Dichtung ſcheint mit dieſem Romane an uns vorüberzugleiten.
Menſchliches Zweifeln, Gottesſehnſucht und Naturgewalt ringen in
ewigem, wechſelvollem Kampf. Wie der Schauplatz der Handlung, der
enge Fjord, ausmündet in den uferloſen Ozean, ſo ruft dieſes Buch ſeine
allgemeine menſchliche Geltung in alle Kulturländer der Erde.
Karl Springenſchmid, Das Bauermkind. 135 Seiten 8. In Leinen
gebunden 3,60 Mk. R. Oldenbourg, München=Berlin.
In zwei Hauptabſchnitten Der Bauernhof und Das Kind führt
dieſes hübſch ausgeſtattete Buch ſeinen Leſer zu vollem Verſtehen des
Bauernkindes aus deſſen eigener Welt heraus. Der urſprünglichen
echten Art dieſer Welt entſpricht die blare, eindringliche, gleichſam holz=
ſchnittmäßige
Weiſe der Darſtellung, die den Leſer die Ueberzeugung
gewinnen läßt, das Bauernkind und den Bauern überhaupt erſt
fetzt richtig kennen gelernt zu haben. Eine ſolche Erkenntnis zu ver=
breiten
und den Städtern die bäuriſche Welt möglichſt allſeitig und
unmittelbar nahe zu bringen, iſt aber ſicher wichtig und unterſtützenswert.
Die Jäger vom Thurſee von F. H. Achermann. Roman aus den
Wildniſſen der Steinzeit. 280 Seiten 711 Tauſend. Farbige Um=
ſchlagſeite
von Kunſtmaler Willi Plank, Stuttgart. Preis Halb=
leinen
4,80 Mk. geb., 3,60 Mk. broſchiert. Otto Walter A.=G.
Konſtanz a. Bodenſee.
F. H. Achermann, deſſen Bücher in kurzer Zeit in über 30000
Exemplaren verkauft wurden, hat in ſeinem Roman Die Jäger vom
Thurſee, den gewaltigen Typus des prähiſtoriſchen Kulturromanes ge=
ſchaffen
. Nach Erſcheinen des Romans Die Jäger vom Thurſee nannte
ihn die Kritik mit Recht den neuen Karl May‟. Er hat aber vor
Karl May und Tarzan die Wucht innever Wahrhaftigkeit voraus, da
er ſich ſelber als Forſcher prähiſtoriſcher Zeiten und Kulturſtätten einen
geachteten Namen gemacht hat.
Hört was die Scholle ſpricht. Erzählungen von Martbe Renate
Fiſcher. In Ganzleinen gebunden Mk. 8. Verlag von Adolf Bonz
und Comp. Stuttgart.
Wie die Dichterin ſelber die Liebe als die größte Triebkraft zu
ihren Werken bezeichnet hat, ſo iſt das gütige Verſtehen alles Meuſch=
lichen
und der tiefe Humor auch in dieſen Erzählungen von beſonderer
Eindruckskraft. Das Buch trägt den thüringiſchen Charakter nicht ſo
ausgeſprochen, wie die übrigen. Es enthält ſo mancherlei reizvolle Züge
aus ihrem eigenen Leben und dem ihrer Familie und iſt dadurch zu
einer Verbreitung in größerem Kreis beſonders geeignet. An dieſer
aufrechten, unvermählt gebliebenen Frau hat die Gegenwart eine Schuld
wieder gutzumachen, ein Unrecht abzubitten. Ueber ein Dutzend Meiſter=
biſcher
(Novellen, Erzählungen, Nomane) ſchenkte die Dichterin ihrem
Volke, das ſich erſt zu einem verhältnismäßig beſcheidenen Teil dazu unternehmenden Verleger, daß er, veranlaßt und unterſtützt durch zwei
aufgerafft hat, ſeine vielleicht bedeutendſte Erzählerin in ihren Werken Kraſt, das Schatzkäſtlein im Manualdruck vervielfältigt und jetzt in
kennen zu lernen.
André Baillon: In Holzſchuhen, überſetzt von Noſe Nichter. Copy=
right
by Herz=Verlag A.=G., Wien, 1925.
André Baillon, der in der Geſchichte einer Marie trotz aller land=
ſchaftlichen
Epiſoden auch noch den Noman des Großſtadtmenſchen ge= Städteanſichten bietenden Bände iſt einfach, aber gediegen. Der Preis
ſtaltet hat, gibt in ſeinem neuen Buch In Holzſchuhen ein Bild des
Landlebens, wie es heute wenige Dichter in gleicher Liebe und Schärfe gezahlt wird, ungemein billig und offenbar auf einen großm Abſatz
zeichnen könnten. Baillon predigt nicht, er geſtaltet. Wir ſchlagen das berechnet. Das ſt auch dem Schatzkäſtlein von Herzen zu gönnen.
Buch auf und ſchon nach den erſten Zeilen fühlen wir uns dem kleinen Ueber Entſtehung, Zweck, Charakter und Anlage des Buches, über das
Dörſchen zugehörig, das ſeine Strohdächer aus der Campine, der künſtleriſche Mitarbeiter belchrt die wertvolle Einleitung der beiden
plämiſchen Heide hervorlugen läßt.
leinen etwa 6,50 Mk., 7,50 Fr. Grethlein u. Co., Leipzig, Zürich.
Mit der gleichen Innigkeit, mit der Adolf Koelſch ſich in das hätte noch ein nach Ländern und Landſchaften geordnetes Regiſter bei=
Leben und Weben der Natur einzufühlen weiß, geht er hier dem Wer= gegeben werden können. Nicht nur der Liebhaber, auch der Gelehrte,
den und Vergehen zweier Menſchenkinder nach, ihrem heißen Wollen und der Hiſtoriker, der Literarhiſtoriker, vor allem aber der Kunſthiſtoriker,
leidvollen Irren. Dore, ein zartes, ſenſibles Mädchen, erfährt daß kommt auf ſeine Koſten. Die Bilder ſelbſt werden nicht nur die Fach=
iſt
. Dies Wiſſen läßt ſie zur vollen Reife erwachſen, zur tiefen Freude
an ſich und der Natur und bringt ihr unerklärliche Seligkeit, aber auch der Städteanſichen ſymboliſche Bilder zu den beigegebenen lateiniſchen
ſchwene innere Not; denn Longin, der nichts von ſeiner Herkunft weiß und deutſchen Sinnſprüchen, die urſprünglich der Hauptzweck des Schatz=
beharrt
in ſeiner rein brüderlichen Liebe. Sie aber wird, ihr ſelbſt
kaum bewußt, von immer leidenſchaftlicheren Gefühlen für den Bruder, di ſen Darſtellungen ſteckt ein reich=s kulturgeſchichtliches Material. Sie
ſtaltet in dieſem Werk höchſter Erzählungskunſt ein erſhütterndes Pro= erſten Jahre des 30jährigen Krieges. Alles in all m, Verleger und Her=
blem
, er formt mit ſicherer Hand das Ringen junger Seelen und gibt ausgeber haben uns in ihrem Buch ein wahres Schitzkäſtlein geſchenkt,
Stellen von unendlicher Schönheit und Bartheit, die die ganze Wärme dem viele aufmerkſame Leſer und Beſchauer zu wünſchen ſind.
und Größe ſeines Denkens ausſtrahlen.

Das Hexlein des Herrn von Brebow. Roman von Dom=Brandenburg
aus dem 16. Jahrhundert von Adolf May. 306 Seiten, Preis ge=
bunden
Mk. 3,50. Verlag J. Wieſike, Brandenburg (Havel).
Der düſtere Wahnglaube des Mittelalters, Teufelsſpuk, Hexen=
verfolgung
, peinliches Gericht und Martertod tauchen aus den Kapiteln
dieſes Buches geſpenſterhaft empor Um die Wehrmauern des Branden=
burger
Domſtiftes, um die Burg, geiſtern die arauen Flügelſchläge dieſes
mittelalterlichen Aberglaubens, ſchwebt (s gleich aufgeſcheuchten Fleder=
mäuſen
aus dem Moder vergangener Jahrhunderte in die Jetz Ait her=
über
und an uſere erregte Stirn. Erbarmungslos, wie jene Zeit, ſtei=
gen
und fallen die Schickſale der Menſchen, die Adolf May aus dem
Staube der Vergangenheit, aus den Steinſarkophagen ihrer ewigen
Urſtände zu glutvollem Leben ruft.
Hermann Keſſer: Lukas Langkofler. Gebunden 4 Mark. Rütten u.
Loening m Frankfurt a. M.
Im Rahmen der Geſamtausgabe der Novellen des deutſchen Dichters
Herm. Keſſer erſcheint als erſte die Erzählung aus der Bartholomäus=
nacht
: Lukas Langkofler‟. Ein Scholar aus Augsburg erwacht in der
Leidenſchaft zur G=liebten des franzöſiſchen Königs zum Daſein und
geht in den Flammen der Bartholomäusnacht zugrunde. Geſchichtliches
Ereignis iſt Geſtalt geworden und dargeſtellt; als dichteriſche Abrech=
nung
mit einer vergangenen Epoche um des Menſchlichen willen. Keſſer
hat in dieſer Novelle, die ohne Zwiſchenglied neb.n Kleiſts Michael
Kohlhags ſteht, als ein führender deutſcher Epiker die Bmicke zwiſchen
dem klaſſiſchen Schrifttum und dem lebendigen Rhythmus unſerer Zeit
geſchlagen.
Im Tollhaus der Freude von Marcel Arnae, überſetzt von Käte
Mintz. (Erſchienen in der Allgemeinen Verlagsanſtalt in München,
in Pappband 4,50 Mk., broſchiert 3,70 Mk.)
In deutſcher Sprache erſchien ein Buch, das in ſeiner Luſtigkeit und
ſeinem frohen Weſen im vergangenen Jahre in Frankreich eine rieſige
Anzahl begeiſterter Freunde gefunden hat, ſodaß es heute unzweifelbar
zu den am meiſten geleſenen Büchern in Frankreich gehört. Köſtliche
Bilder, vom Autor ſelbſt gezeichnet, paſſen ausgezeichnet zu den Strei=
chen
der drei Schelme. Kräftig ſind viele Worte in dieſem Buch fein
geſchliffen und ſpitzig andere, alle aber von einer ſo naiven Herzlichkeit
und Freude am Leben, daß jedermann das Buch gerne zur Hand nimmt.

Das beste Geschenk für lede Gelegenhelt
Ist eine Originalradierung oder ein
Reichsdruck

Radlerungen von 3., Relchsdrucke schon
von 75 Pfg. an in reicher Auswahl vorrätlg
(786a
bei
Heinrich Schroth, vorm. Karl Buchner

Hofbuchhandlung
Rheinstrasse15

Erzählungen von Jeremias Gotthelf. Gotthelf hat uns neben ſeinen
Hauptwerken eine Anzahl kürzere Erzählungen geſchenkt, darunter
Meiſterwerke, die an einheitlicher Anlage und Stimmung die meiſten
ſoiner Romane übertreffen. Aus den Schätzen dieſer ausgereiften Klein=
kunſt
ſind die prachtvollſten Stücke ausgeſucht und nunmehr in zwei Bän=
den
im Rahmen der im Cugen Rentſch Verlag, München, erſchoinenden
bülligen Ausgabe der Hauptwerke Jeremias Gotthelfs erſchienen. Sie
umſpannen wie die Hauptwerke die Höhen und Ticfen des menſch=
lichen
Lebens, die ganze Stufenleiter der menſchlichen Gefühle, von der
ligiöſen Andacht und prophetiſchen Ergriffenheit bis zum burlesken
Uebermut: gewaltige Naturſchauſpiele und Lebenstragödien neben idhl=
liſchen
Bildern des Kleinlebens, wuchtige Satire neben ſpielendem
Humor, leidenſchaftliche Anklagen neben behaglicher Erzählerlaune, Gro=
ßes
und Kleines, Furchtbares und Liebliches, Erhabenes und Lächerliches.
Es fehlen da nicht Prachtſtücke wie Hans Berner und ſeine Söhne‟
und Kurt von Kippingen, nicht die wit glühender Phantaſie und oft
mit ergreifender Naturtveue geſchriebene Schwarze Spimne, deren
dunkles Bild von einem ſo lieblichen Rahmen eingefaßt iſt; es fehlt nicht
Joggeli der Erbbetter, dieſer treffliche und wohlwollende, aber welt=
erfahrene
und ſchlaue Kirchmeier, der uns durch das ſchöne Bild ſeines
heiteren und ſonnigen Lebensabends erquickt, und es fehlen nicht die klei=
nen
anmutigen, den heiterſien und ſchalkhafteſten Humor atmenden Er=
zählungen
Wie Joggeli eine Frau ſucht, Wie Chriſten eine Frau ge=
winnt
und Michgels Brautſchau, die launigſten nud jovialſten Geſchich=
ten
von Gotthelf, in behaglicher Stimmung geſchvieben und mit den
luſtigſten Epiſoden gewürzt. Hier iſt Leſeſtoff, der durch und durch er=
quicklich
und im munterſten Volksgeiſt eingetaucht iſt.
Helene Welti, Famulus, der ſeltſame Pudel. Bilder von Ernſt Kreidolf.
Rotapfel Verlag Zürich und Leipzig. Geb. 7 Mk.
Ein ungewöhnliches Buch von einem ungewöhnlichen Tier! Dieſer
Famulus iſt ein ſeltſamer Geſell, ein Pudel, ſchwarz wie die Nacht, von
beſonderer Art, einſam, ariſtokratiſch, voll wilder Leidenſchaft zugleich,
ein Tier, das anders behandelt ſein will als ſeinesgleichen.
*
Biographiſcke=, Geſchichtliche= und Reiſewerke
* Daniel Meißners Theſaurus Philopolitieus (Politiſches Schatzkäftlein),
die Städtebilder, neu herausgegeben von Dr. Fritz Herrmann und
Dr. Leonhad Kraft, Heidelberg 1927. Carl Winters Univerſitäts=
buchhandlung
. Preis 36 Mk.
Alte Städteanſichten werden heute viel geſammelt. Wer mit einem
Schlage 44 heſſiſche Städtebilder, darunter nicht weniger als 22 much
Originalaufnahmen, erwerben will, heſſiſche Städtebilder aus den erſten
Jahren des 30jährigen Kriegs, hat jetzt die beſte Gelegenheit. Eine
große Fülle anderer Städtebilder, deutſcher und fremder, bekommt er
noch darein, wenn er das zu Weihnachten herausgekommene Werk von
Daniel Meißner: Theſaurus Philopolitieus, verdeutſcht Politiſches
Schutzkäſtlein erwirbt. Meißners Schatzkäſtlein iſt allbekannt und
viel benutzt. Es iſt aber ſehr ſelten geworden. Nur wenige Bibliothe=
ken
b=ſitzen vollſtändige Exemplave. Um ſo mehr danken wir es dem
ſachkundige Gelehrte, Archiprat Dr. Fritz Herrmann und Dr. Leonhard
zwei ſtattlichen Bänden den Liebhabern zu einem erſchwinglichen Preis
zur Verfügung geſtellt hat. Ein ſchmuckeres und gehaltvollmes Weih=
nachtsgeſchenk
läßt ſich kaum dnken. Die Ausſtattung in Druck und
Papier iſt vornehm; der Einband der beiden nicht weniger als 869
iſt, verglichen mit dem was heute für antiquariſche Exemplare Meißners
Leben Daniel Meißners, über ſeine Verbeger und deſſen literariſche und
Herausgeber. Ein Verzeichnis der Anſichten mit Angabe ihrer Vor=
Abolf Koelſch, Longin und Dore. Halbleinen etwa 5 Mk., 6,2 Fr. Gaxz= lagen, ſoweit ſie aus früheren Sammelwerken entnommen ſind, und
Bezeichnung der Originglanſichten ſchließt die Einleitung Vielleicht
Longin nicht ihr Bruder, ſondern ein angenommenes Kind ihrer Eltern leute und Liebhaber, ſie werden auch all: die intereſſieren, die Sinn für
kulturgeſchichtliche Darſtellungen haben. Sie zeigen uns im Vordergrund
käſtll ins und als Vorlage ſtür Stammbuchseinträge gedacht woren. In
ergriffen. Ein Dichter, der das Unbewußte zu entſchleiern vermag, ge= geben zuſammengenommen ein gutes Bild von der Sittengeſchichte der

* Bismarck. Geſchichte eines Kämpfers. Von Emil Ludwig. Mit
21 Abbildungen. Ernſt Rowohlts Verlag, Berlin W. 35. Preis
geh. 10 Mark.
Dieſes Buch, nach dem man in dieſen Tagen ſchickſalsſchwerer Ent=
ſcheidungen
als einer Art Talisman greifen möchte, iſt geeignet, wegen
der Neuheit ſeiner Behandlung Aufſehen zu erregen. Es will das
Bild eines ſiegenden und irrenden Kämpfers geben, eines Lebens, das
immer Kampf. zuweilen (!) Sieg, ſtets Leidenſchaft, niemals Zufrieden=
heit
, meiſt Klugheit, manchmal Irrtum, doch noch in der Verblendung
genial geweſen iſt‟. Der Verfaſſer ſagt in ſeinem Vorwort, daß er eine
neue kritiſchete Darſtellung dieſes Bildes geb.n will. Seien wir aber
eben ſo nüchtern, wie es der Verfaſſer auf jeder Seite ſeines auch den
gekeimſten pſy ologiſo en Mec= u
uacſrurenden Buches glaubt ſein
zu müſſen, ſo können wir uns des Eindrucks nicht erwehren, daß er als
Grundelemente des Handelns Bismarcks allzu oft perſönliche Motive,
Ehrgeiz, Leidenſchaft und Haß, der ihn zuletzt einſam werden ließ, in
den Vordergrund geſtellt hat. Ganz lohal dieſem großen Deutſchen
gerecht zu werden, iſt ſchwierig, wir wollen nicht ſagen, unmöglich. Eines
hat der Verfaſſer außzuſchließen ſich benüiht, das iſt das ſchwer zu er=
gründende
Inneve des ſteinernen Rolands unter den Deutſchen, aber
er bleibt ihm eine problematiſche Natur, durch deren Darſtellung er
der Legende vom Eiſernen Kanzler entgegenwirkt. Gewiß: Dieſes
neueſte Bismarckbuch hinterläßt bei den Leſern einen ſtarken Eindruck,
viel Schutten ſteht viel Licht gegenüber; aber iſt dieſer Charakter nun
lichtvoller geworden, wie es wohl viele erhofft? Wenn der Verfaſſer
ſagt, daß nach ſolchen Einſichten das Helldunkel um Bismarcks Geſtalt
noch feſſelnder geworden ſei ſo mag dies für manche zutreffen, die
vielen aber, die in Bismarck den unentwegten Patrioten, den alleinig
Aufrechten und den Begründer des Deutſchen Reiches verrhven, werden
zweifelnd fragen, ob dies wohl der richtige Weg iſt, eine umſtrittene
W.
Perſönlichkeit uns menſchlich näher zu bringen.
Bismarck. Ein Denkmal in Liedern. Unter dieſem Titel erſchien
ſoeben von dem bekannten Vaterlandsdichter Hans v. Felgenhauer von
und zu Rieſa im Veteranendank=Verlag Adolf Wegener, Berlin SW. 48,
eine Sammlug prachtvoller Verſe, die voll urſprünglicher Friſche und
fortreißendem Schwung das Leben dieſes unſterblichen Großen von
früheſter Jugend bis zu ſeinem Abſchluß in hiſtoriſcher Treue ſchildern.
Dem recht geſchmackvoll in Ganzleinen gebundenen Buche ſind ſieben
Bildertafeln aus den verſchiedenen Lebensabſchnitten des unvergeßlichen
Staatsmannes beigegeben.
Joſeph Victor von Scheffel, Briefe ins Elternhaus 18431849. Im Auf=
trage
des Deutſchen Scheffelbundes eingeleitet und hemusgegeben von
Dr. Wilhelm Zentner. Verlag von Armin Gräff, Karlsruche 1926.
Preis in Leinen 12 Mk., in Pappband 10 Mk.
Nur wenigen bedeutenden Menſchen iſt der Segen eines glücklichen
Jugendlebens im der Hut eines innig betreuenden Elternhauſes im
reicherem Maße zuteil geworden als dem Dichter Joſeph Victor von
Scheffel. In das zarte, jeglicher Berührung ſich ſchmiegende Wachs der
jugendlichen Seele drückten ſich tief und unverwiſchbar die Abbilder der
erſten, von der Sonne ſchöner und frendlicher Eindrücke überlagerten
Erlebens, um Kern und Herzpunkt des ſpäteren Künſteſchaffens zu wer=
den
. Scheffels Briefe an ſein Elternhaus, ein ſtattläher, für die Lebens=
geſchichte
des Künſtlers bisher noch nicht ausgewerteter Komplex von 500
Schniftſtücken, ſpiegeln des Dichters innere Entwicklungen und äußere
Schickſale am unmittelbarſten wieder, Dokumente zugleich eines von
mannigfachen Stürmen bedrängten, ſiegreſch ſich durchkämpfenden
Mannesherzens.
* Alvar Nuner Cabeea de Bgca. Schiffbrüche. Die Unglücksfahrt der
Narvgez=Expedition nach der Südküſte Nordamerikas in den Jahren
1528 bis 1536. Oktav, 8 und 143 Seiten. Mit 21 Abbildungen und
2 Karten. Geheftet Mk. 4,50, Leinenband Mk. 6. (Verlag von Strek=
ker
und Schröder in Stuttgart.)
Mit Staunen und Bewunderung erfüllen uns heute noch die Helden=
taten
der frühen Entdecker und Eroberer der Neuen Welt, die im Kampf
mit den Naturkräften, vor allem mit mörderiſchem Klima und mit feind=
ſeligen
Bewohnern geleiſtet wurden. Unter den zahlreichen Berichten,
Erzählungen und Abhandlungen zeitgenöſſiſcher Autoren iſt eine der
feſſelndſten die Schilderung der verunglückten Expedition des Panfilo de
Narvaez nach Florida, die durch Alvar Nunez Cabeea de Vaca der Nach=
welt
überliefert wurde. In ſpannender Anſchaulichkeit werden die Er=
lebniſſe
während der Expedition des Narvgez und die Erlebniſſe und
Abenteurer, die Cabecg de Vaca im Anſchluß daran in achtjährigen Irr=
fahrten
durchkoſten mußte, nachdem der größte Teil der Ausgezogenen
den Tod gefunden hatte, dem Leſer vor Augen geführt.
Sten Bergman, Vulkane, Bären und Nomaden. Reiſen und Erlebniſſe
im wilden Kamtſchatka. 280 Seiten Großoktav. Mit 153 ein= und
mehrfarbigen Abbildungen auf Tafeln, 2 Karten, ſowie fünffarbigem
Schutzumſchlag in Offſet. In Ganzleinen gebunden 15 Mark.
Verlag von Strecker und Schröder in Stuttgart.
Es gibt kein Werk über Kamtſchatka, das ſich in Vergleich ſtellen ließe
mit dieſem Buch von Sten Bergman, dem Schweden. So urteilt Spen
Hedin über das Werk folgendermaßen: Die beſte Darſtellung, die je
über Kamtſchatka geſchrieben wurde, voll Abenteuern, ſchwierigen Fahr=
ten
und intereſſanten Beſchreibungen der Eingeborenen und der wilden
Tiere. Es iſt mir eine beſondere Genugtuung, das Buch aufs Wärmſte
zu empfehlen. Es iſt wahrhaftig eine Wildnis, ein Neich der Aben=
teuer
und der überraſchendſten Seltſamkeiten, dieſe noch wenig bekannte,
vulkanreiche Halbinſel Kamtſchatka im äußerſten Nordoſten Aſiens. Ein
merkwürdiges Land, wo die Bären herdenweiſe, die Seelöwen zu Hun=
derten
vorkommen, von dem die Sage geht, daß es trotz ſeines unwirt=
lichen
Klimas keinen mehr loslaſſe, der einmal für einige Zeit dort ge=
lebt
habe.

Aus der Kunſtwart=Bücherei, fener in den letzten Jahren entſtan=
denen
Bücherreihe des Kunſtwartverlags Georg D. W. Callwey in Mün=
chen
, die in planvollem Ausbau ihres Programms: eine Ausleſe des
Beſten, Wichtigſten, Fruchtbaren und Bleibenden aus dem Deutſchen
Klaſſiſchen Schrifttum der Weltliteratur, der Zeitgenöſſiſchen Dich=
tung
und der Darſtellung unſeres Heutigen Weltbildes zu bringen,
bisher ſchon ein beachtliche Folge wertvoller Ausſchnitte aus univerſel=
lem
Geiſtesleben zuſammengetragen hat, wäre über fünf weitere Bände
zu berichten: Nr. 31/32, ein Doppelbändchen, bringt auf 175 Seiten eine
von Paul Th. Hoffmann getroffene und ausführlich eingeleitete Auswahl
aus Buddhas=Reden nach den vorliegenden beſten Ueberſetzun=
gen
. Angeſichts des in den europäiſchen Ländern ſich kundgebenden
Strebens, auf dem Wege über öſtliche Weisheit das Heil zu finden, wird
dieſe knappe Auswahl, die das Weſentliche über Buddha, ſeine Lehre und
Gemeinde bietet, auf breiteſte Anteilnahme rechnen dürfen. Bond 33
bringt Amerikaniſche Lyrik überſetzt von Toni Harten=
Hoencke, eingeleitet von Dr. Friedrich Schönemann. Dieſe vielſeitige
Auswahl ſpiegelt die ganze Entwicklung der Lyrik Amerikas wider und
eröffnet einen völlig anderen Einblick in das Land und ſeite Dichtung,
als wir bisher kannten. Band 34 enthält eine Novelle ven Eliſabeth
Siewert, Der Indiſche Gott auf dem Lande, die unter myſriſchphan=
taſtiſcher
Verbrämung ſchlichter ländlicher Erlebniſſe die Wirrniſſe einer
rätſelvollen Doppelliebe knüpft und ebenſo ungewöhnlich, aber ſinnvoll
löſt. Im Band 35 gibt Hermann Häfker in einem zweiten, Hiſtoria be=
titelten
Bändchen ſeiner Bibliſchen Geſchichten aus dem Alten Teſta=
ment
neben einer aufſchlußreichen hiſtoriſchen Einführung eine ge=
drängte
Darſtellung der Geſchichte des Volkes Fsrgel, die die Zeit von
der Beſitzergreifung Paläſtinas über das klaſſiſche Königtum und den
Verfall bis zur Vernichtung des Nordreiches Jörgel umfaßt und uns die
Geſchichte jener Zeiten verſtandesgemäß und unverfälſcht betrachten lehrt.
Die genannten fünf Bände werden allen denen viel geben können, die ihr
Wiſſen und Erkennen durch Beſchäftigung mit den originalen Zeugniſſen
menſchlicher geiſtiger Betätigung zu bereichern und zu vertieſen trachten.
Albert, Hochzeitsreigen der mißachteten Wohltäter der Menſchheit und
ihre Geheimniſſe. Band II. Lübeck 1935/26. Verlag von Charles
Colemann, Lübeck. Preis geb. 4,50 Mk.
Der 2. Band Hochzeitsreigen bringt wiederum B3 köſtliche Plau=
dereien
aus dem Liebesleben der Tiere und enthält eine große Anzahl
intereſſante Aufnahmen, die zum Teil noch niemals in freier Natur ge=
lungen
ſind. Das Buch zu leſen iſt eine Erbauung und Belehrung zu=
gleich
, ganz abgeſehen von der ungemein erheiternden und lieblich gi=
regenden
Wirkuna.

[ ][  ][ ]

Seite 12

Dienstag, den 21. Dezember 1926

Nummer 353

philoſophie, Religion
Der Leuchter. Siebentes Buch 1926. Geſetz und Freiheit. Veröffent=
lichung
der Schule der Weisheit. Herausgegeben vom Grafen Hermann
Keyſerling unter Mitwirkung von Graf Albert Apponyi, Alexan=
der
Graf zu Dohna, Hans Drieſch, Georg Groddeck, Graf Kuno Har=
denberg
, Graf Hugo Lerchenfeld Ernſt Mareus, Wolfgang Muff, Hans
Prinzhorn, Auguſt Winnig, Richard Wilhelm u. a. Otto Reichl
Verlag Darmſtadt.
Der Leuchter, als Wahrzeichen für hochwertige geiſtige Arbeit ge=
ſchaffen
, iſt ſeit ſieben Jahren zugleich der Titel eines Jahrbuches für
Weltanſchauung und Lebensgeſtaltung. Jeder Band iſt einem be=
ſtimmten
Weltproblem gewidmet, und alle Bände zuſammen ſind der
Willensausdruck der Beſten dieſer Zeit, durch Umkehr und Erneuerung,
durch Führung und Erziehung, durch Schaffung neuer Formen und
Normen eine neue Welt vorzubereiten. Um dieſe Aufgabe des Leuch=
ters
noch deutlicher als bisher in die Erſcheinung treten zu laſſen, wer=
den
die einzelnen Bände durch beſondere Titel gekennzeichnet, die den
Inhalt, dem ſie gewidmet ſind, zum Ausdruck bringen. Dieſer neueſte
Band iſt dem Freiheitsproblem gewidmet.
*
* Gvethe und das Handwerk. Sein Verhältnis zum werk=
tätigen
Volk und zur handwerklich=künſtleriſchen Erziehung. Von
Schulrat K. Mutheſius. 168 Seiten mit 7 Tafeln. In Leinen=
band
5,40 Mark. Verlag von Quelle & Meyer in Leipzig.
Das Buch will die Frage beantworten, ob auch die Lebens= und
Berufsſchicht des Gewerbes und des Handwerks von Goethe
ſagen kann: Er war unſer. Goethe iſt ein Volksfreund im
beſten Sinne des Wortes geweſen und hat das Volk nicht nur
mit innerer Anteilnahme betrachtet, ſondern auch ſtets an ſeinem
Leben teilgenommen und iſt gern in perſönlichen Verkehr mit
ihm getreten; für die wirtſchaftlich=ſozialen Nöte der niederen
Volksklaſſe hat er ſtets warmes Verſtändnis gehabt und hat
vielen jungen Leuten aus der breiten Volksſchicht weitergeholfen.
Das höchſte dichteriſche Vermögen vereinigte ſich in wunderbarer
Weiſe in ihm mit wiſſenſchaftlich=techniſcher Fähigkeit. Sein tech=
niſches
Intereſſe erſtreckte ſich auf alle Gebiete induſtrieller Tech=
nik
ſowohl im Privatleben als auch in ſeiner amtlichen Stellung.
Sein Verhältnis zum Handwerk wurzelt in früheſten Jugend=
erinnerungen
. In Weimar hatte er in reichem Maße Gelegenheit,
als Leiter und Berater in allen wichtigen Bauangelegenheiten
ſeine techniſche Beanlagung zu verwerten. Die Arbeit der Hand=
werker
hat er ſtets mit aufmerkſamem Intereſſe verfolgt und mit
Freuden beobachtet und iſt oft und gern in perſönliche Beziehun=
gen
zu ihnen getreten. Er ſah in den Handwerkern und ihrer
Arbeit das Symboliſche, Sinnbildliche und Gleichmäßige, ein
Beweis, wie ſehr er das Handwerk geſchätzt hat. Im Pandora=
fragment
und im Prometheus verherrlicht er die Stellung des
Handwerks in der Entwicklung der früheſten Kultur. Den inne=
ren
Zuſammenhängen und gegenſeitiger Abhängigkeit zwiſchen
Handwerk und Kunſt iſt Goethe immer wieder nachgegangen.
Wenn die Kunſt zum Handwerk herabſteige, ſo müſſe ſich das
Handwerk zur Kunſt erhöhen, es müſſe durch Kunſt veredelt wer=
den
. Da er aber die Menſchen nicht beobachten konnte, ohne ſich
zugleich für ihre Bildung zu intereſſieren, ſo wird ihm die Hand=
werkerbildung
zu einem wichtigen pädagogiſchen Problem. Der
reiche pädagogiſche Ideengehalt von Wilhelm Meiſters Wander=

jahren iſt ſozuſagen ſein Programm für ſeine pädagogiſchen Be=
ſtrebungen
nach dieſer Richtung hin. Da Goethe eine gründliche
Ausbildung der Handwerker, namentlich der Bauhandwerker, als
dringendes Bedürftis empfand, ſo entwarf er den Plan einer
Fachſchule für Handwerker, die im Jahre 1829 als Großherzöglich
freie Gewerkſchule eröffnet wurde und deren Entwicklung er bis
an ſein Lebensende mit regſtem Intereſſe verfolgte. Goethe iſt
ſeinen letzten Lebenstagen heimiſch geweſen, und daß ſein letztes ſtellt gewiſſermaßen eine Chriſtfeſterzählung in Melodien dar.
Eingreifen in die Lebenswirklichkeit dieſe Lebensſphäre betraf,
iſt ein Sinnbild dafür, daß es keine unweſentliche Seite ſeines Geigenpirtuoſen H. Solloway und die Foxtrott=Platte Black Bottom
großen und edlen Menſchentums war, die ſich hier ausge=
wirkt
hat.
*
Naturwiſſenſchaft, Technik
Vom unnötigen Altern. Von Dr. Paul Cohn. ( Burg=
verlag
, Nürnberg.) Das vorzeitige Altern und deſſen Verhütung
ſind Gegenſtand der Behandlung dieſes Büchleins. Ein langes
Leben erreichen und jung bleiben iſt die Frage einer langen und
richtigen Hygiene. Von dieſem Geſichtspunkte aus behandelt der
Verfaſſer des Buches ſein Thema. Im Körper liegt das Heil,
aber auch die pſychologiſchen Momente ſind beſtimmend für das
Wohlbefinden, wie im einzelnen weiter ausgeführt wird. Das
Buch ſchließt mit Ratſchlägen, wie man das Altern ertragen ſoll.
Wenn man ſeinen Ausführungen im übrigen beiſtimmen wird, ſo
müſſen die über die Ehe als gefährlich und vom ſittlichen Stand=
punkt
als verwerflich bezeichnet werden.
d.
Meßtechnik für Radioamateure von Hanns Günther und Dr. H. Kröncke.
Mit 128 Abblidungen im Text. Preis geh. 4 RM., in Leinen geb.
6,50 Mk. Franckhſche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart.
Jeder Funkfreund und Baſtler braucht Meßinſtru=
mente
. Für dieſe iſt das Buch geſchrieben, deſſen Ziel es iſt, dem
Radivamateur zu zeigen, wie er mit einfachen Hilfsmitteln meſſen kann.
Die Meßtechnik ſür Radioamateure zeigt, wie man die Meßinſtrumente
ſelbſt bauen kann und wie man die Meſſungen ausführt. Das Buch
zerfällt in zwei Abſchnitte. Der erſte und grundlegende behandelt die
Meßverfahren und ihre Geſetze und der zweite die Selbſtanfertigung
von Meßgeräten. Wie alle Radiobüicher dieſes Verlages, iſt auch dieſes
in klarer, leicht verſtändlicher Sprache gehalten.
Von der bekannten Sammlung Wie baue ich mir ſelbſt? liegt
Bd. 212/13 Motorrad Teil I vor. Der Verfaſſer, Ing. Walter
Hoffmann bringt in vorliegendem Modellbogen die Anleitung zum
Selbſtban eines 2/4,5 PS Viertaktmotors. Es darf naturlich nicht ver=
kannt
werden, daß einige Teile beſſer gekauft werden, weil die Selbſther=
ſtellung
nicht gut möglich iſt, oder kaum lohnt. Aber auch i ſolchen
Fällen ſind Fingerzeige für eine billige Beſchaffung gegeben.
*. Neue Grammophonplatten.
Die Deutſche Grammophon=A.=G. (Die Stimme ſeines Herrn) legt
rechtzeitig vor Weihnachten noch eine Anzahl Platten zur Beſprechung
vor, die ſchon durch die Auswahl der Muſik= bzw. der Geſangſtücke und
der Künſtler unbedingt empfehlenswert ſind und ſicher vielen Gaben=
tiſchen
eine höchſt willkommene Bereicherung bilden düpfte. Es ſind in
erſter Linie einige neue Weihnachtsplatten, die während der Feſtfeiern
gute künſtleriſche und eindrucksvolle Hausmuſik ermöglichen. Da iſt in
erſter Linie das große Werk in 2 Teilen von Porten Erzengel

Gabriel verkündet den Hirten Chriſti Geburt von dem bewährten
Grammophon=Enſemble mit Orgelbegleitung. Selten kamen früher
Orgelſprachplatten ſo hervorragend, ſo voll und rein heraus, wie heute,
da das neue elektriſche Aufnahmeverfahren Anwendung findet, das die
Wiedergabe auf einigermaßen gutem Apparat ſo wundervoll ermöglicht.
Dann eine ganz ausgezeichnete Platte des PaulGodwin=Enſembles,
enthaltend die Weihnachtsphantaſie von Kahl und das große zweiteilige
Tongemälde Fröhliche Weihnachten von Kocdel, ein Tonwerk, das ſich
im Gebiete des werktätigen Lebens von ſeiner Kindheit bis zu beſonders für geſteigerte Anſprüche als Weihnachtsfeſtmuſik eignet, es
Erwähnen wir dazu noch die Carmenplatte des ausgezeichneten
von Henderſon ud Behind the elouds von Davis und de
Shlva, ſowie J. Carmenita von Duromo, ſchließlich noch das
Potpourri, Von Pontius zu Pilatus von Morena, geſpielt von dem
ausgezeichneten Paul Godwin=Enſemble, ſo iſt damit eine, wenn
auch nur kleine, ſo doch ſehr wirkungsvolle Aufzählung von Grammo=
phonplatten
, die ſich zu Weihnachtsgeſchenken eignen, gegeben. All dieſe
Platten ſind, wie bemerkt, nach dem neuen elektriſchen Aufnahmever=
fahren
hergeſtellt.
Electrola=Muſikplatten.
Die erſten in Deutſchland gemachten großen Orcheſter=Aufnahmen
unter Leitung keines Geringeren als Generalmuſikdivektors Lev Blech
heben die EleetrolaMuſikplatten auf ein ſehr hohes künſtleriſches
Niveau. Leo Blech, der anerkannt beſte Carmen=Interpret, bietet das
Vorſpiel der Oper und das Vorſpiel zum zweiten Akt in einer Vollen=
dung
, die neben dem Wohlklang des meiſterhaft ſpielenden Orcheſters des
Staatstheaters auch alle Eigenarten des Dirigenten prägnanteſt zum
Ausdruck bringt. Die Aufnahme E. W. 11 (Carmen) gehört wohl zu den
beſten der Plattenliteratur. Das Vorſpiel zu Meiſterſinger iſt nicht
minder glänzend gelungen und zwingt auch jeden bisherigen Gegner der
Conſerven=Muſik, ſeinen Standpunkt aufzugeben und ſein Urteil zu
revidieren. Das iſt höchſte Kunſt ſowohl in bezug auf die techniſchen
Vorzüge des Eleetrola=Aufnahmeverfahren als auch in bezug auf
Leiſtungen des Orcheſters und des Dirigenten. Die Aufnahmen ſind in
der Singakademie mit Originalbeſetzung gemacht, nicht mehr in den engen
Näumen des Studios.
fulia Culp, die Meiſterin des Liedgeſanges, bietet in zwei Liedern,
Der Nußbaum und Die Verborgenheit, als Soloaufnahmen neue
bleibende Beweiſe ihrer unerreichten Kunſt und Geſtaltungskraft.
Deutſche Männerquartette (GA. 215) unter Profeſſor Rüdel’s be=
währter
Leitung ſingen Volkslieder, während die unnachahmlichen The
Revellers (GG. 237) zwei neue Beweiſe ihrer eigenartigen Vortrags=
kunſt
geben, die trotz aller Fremdartigkeit oder vielleicht gerade des=
wegen
viele Zuhörer ſehr faſzinieren. Eine neue in England gemachte
große Chor=Aufnahme wird von vielen als beſonders geeignetes Weih=
nachtsgeſchenk
ſehr willkommen geheißen. (GJ. 42.)
Deutſche Militär=Märſche (EG. 240 und 254) erwecken Erinnerungen
an Deutſchlands Zeit als Militärſtaat, während liebliche Salon=Muſik
populäre Kompoſitionen zum Vortrag bringt. (GG. 216.) Auch der
Humor iſt nicht vergeſſen. Es genügt der Hinweis auf Paul Morgan,
der von ſeiner militäriſchen Vergangenheit erzählt, bis ihn das Valencia=
fieber
ſchüttelt. (GG. B9.) Die Aufnahmen von Blaudine Gbinge
ſo eigenartig wie die Künſtlerim und ihre große Vortragskunſt, (GG. 2
die aber nur an einen begrenzten Kreis appellieren dürften. Kabinetts=
ſtücke
der Kabarettkunſt.
Eine ſehr große Serie neueſter Tanzplatten machen den Schluß des
Dezember=Programms, aber diesmal erſcheinen die erſten Platten von
Meiſter Julian Fuhs und Marek Weber den beiden anerkannten
Favoriten der Berliner Lebewelt, die ſich nicht langweilt. Es iſt zum
Schluß noch eine Serie Weihnachtsaufnahmen zu erwähnen, die alle
eingehende Kritik verdienten, auf die aber aus Mangel an Raum ver=
zichtet
werden muß.

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Margarine, ſiatt Butter, Pfd 969
Moenus extra . . . . . Pfd. 84
Tafelmargarine . . . . Pfd. 70
Kokosfett, Taf. 70, ausgew. Pf. 64

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[ ][  ][ ]

Dienstag, 21. Dezember

Der Ausweis der Reichsbank.
Nach dem Ausweis der Reichsbank vom 15. Dezember hat die ge=
ſamte
Kapitalanlage der Bank in Wechſeln und Schecks, Lombards und
Effekten um 8,5 Millionen auf 1413,6 Mill. RM. abgenommen; dabei
iſt jedoch zu berückſichtigen, daß von dem Nückgang der Lombardrück=
ſtände
um 98,6 Mill. auf 44,7 Mill. RM. rund 84 Mill. auf die Dar=
lehnsrückzahlung
der Golddiskontbank entfallen, die ihre Lombardſchuld
getilgt hat. Die Beſtände an Wechſeln und Schecks haben um 10,1 Mill.
auf 1278,0 Mill. RM. zugenommen, die an Effekten ſind mit 90,9 Mill.
annähernd unverändert geblieben.
An Reichsbanknoten und Rentenbankſcheinen ſind insgeſamt 192,6
Mill. RM. aus dem Verkehr zurückgefloſſen, und zwar hat ſich der Um=
lauf
an Reichsbanknoten um 125,1 Mill. auf 3165,8 Mill. RM. ver=
ringert
, und der an Rentenbankſcheinen um 67,5 auf 1087,9 Mill. RM.
Für 21,2 Mill. RMM. Rentenbankſcheie wurden getilgt. Dementſprechend
haben ſich die Beſtände der Reichsbank an ſolchen Scheinen um 46,3
Millionen auf 149,9 Mill. RM. erhöht. Die fremden Gelder ſind im
Zuſammenhang mit den Zahlungsmittelrückflüſſen um 125,5 Mill. auf
653,8 Mill. RM. geſtiegen.
Die Beſtände an Gold und deckungsfähigen Deviſen zeigen einen
Nückgang um 1,4 Mill. auf 2232,3 Mill. RM., und zwar ſind die Be=
ſtände
an Gold um 17,3 Mill. auf 1772,3 Mill. RM. angewachſen, wäh=
rend
die an deckungsfähigen Deviſen um 18,7 Mill. auf 460,1 Mill. RM
abgenommen haben. Die Deckung der Noten durch Gold allein beſſert
ſich von 53,3 Prozent in der Vorwoche auf 56 Prozent, die durch Gold
und deckungsfähige Deviſen von 67.,9 auf 70,5 Prozent.

Der deutſche Poſiſcheckverkehr im November.
Die Zahl der Poſtſcheckkonten belief ſich Ende November 1926 auf
890 049 gegemiber 886 543 Ende Oktober. Der Zugang im November
beläuft ſich mithin auf 3506 Konten. Das durchſchnittliche Geſamtgut=
haben
auf allen Poſtſcheckkonten betrug im November 610 310000 RM.
Auf den Konten ſind im November 33 663000 Gutſchriften über RM.
5 198 755 000 und 18 55300 Laſtſchriften über 5 176 356 000 RM. aus=
geführt
worden, ſodaß ſich der Geſamtumſatz auf 52 216 000 Buchungen
über 10 375 111 000 M. erſtreckt. Davon ſind bargeldlos beglichen worden
8 263 918000 RM. Im Ueberweiſungsverkehr mit dem Auslande ſind
insgeſamt 4 304 000 RM. umgeſetzt worden.

Frankfurter Effektenbörſe.
Frankfurt a. M., 20. Dezember.
Die Effektenbörſe eröffnete in der neuen Woche ziemlich lebhaft und
weiter feſt am Aktienmarkte. Die Bewegung ging hauptſächlich von
Montanwerten aus auf günſtige rheiniſche Meldungen über erhöhten
Abſatz und Liquiditär des Bergbaues. Außerdem wurde der Markt durch
die anhaltende Feſtigkeit der Stahltruſtaktien geſtützt. Freigabewerte
durch die Annahme des Freigabegeſetzes im Repräſentantenhaus zu er=
höhten
Kurſen verlangt. Bei der Farbenaktie beſtanden wieder neue
Meinungskäufe, was ſich auch auf die dem Truſt effektiv oder auch nur
gerüchtweiſe naheſtehenden Werte üübertrug. Hier fiel die Kursſteige=
rung
der Zellſtoff Waldhof=Aktie auf. Elektroaktien weiter feſt, beſon=
ders
für Siemens=Werte. Kaliaktien auf die bevorſtehende Einigung
und Truſtbildung in der Kaliinduſtrie ſtark geſteigert. Die Geſamthal=
tung
wurde beeinflußt von dem leichteren Geldmarkt, nachdem der heu=
tige
Zahltag als glatt überwunden angeſehen wird. Im einzelnen
gewannen am Montanmarkt Gelſenkirchen 2,25, Harpener 6,75, Mannes=
mann
15/s, Bochumer 2,25. Von oberſchleſiſchen Werten ſetzten Ober=
bedarf
ihre Kursſteigerung bis 119 fort, Laura 77. Am Bankenmarkt
ſtand Commerzbank und Deutſche mit einem Kursgewinn mit 3,5 Proz.
im Vordergrund. Die übrigen D=Banken bis 2,75 erhöht. Die Farben=
aktie
gegenüber dem ſtark erhöhten Samstag=Nachmittagskurſe 2,5 Proz.
höher. Am Elektromarkte
Schuckert plus 2,5, Lahmeyer plus 1,25, A. E. G.
plus 2. Von Freigaben
en Berliner Handelsgeſellſchaft um rund 4,5
Prozent, Norddeutſcher Lloyd um 2/s Prozent höher. Petroleumwerte
außerordentlich feſt, Erdöl plus 6,75, Rütgers plus 3,75. Die Metall=
bankgruppe
bis. 2 Prozent erhöht. Variable Aktien ruhiger und feſter.
Verlangt waren Holzdeſtillationswerte Vgt. chemiſche Frankfurt plus 4.
Von Autowerten Daimler plus 2,75, Kleyer plus 0,50. Bauwerte ſehr
ſtill. Wayß u Freytag plus 1. Maſchinenaktien mäßig erhöht. Pokorny
plus 1. Süddeutſche Zuckeraktien 1,5 Prozent feſter. Im weiteren
Verlauf blieb die Börſe lebhaft und feſt am Aktienmarkt, wobei Spezial=
werte
weitere 11,5 Prozent anzogen. Stark vernachläſſigt war der An=
leihemarkt
. Kriegsanleihe gut behauptet 755, Schutzgebiet 15¾=. Von
fremden Renten Türken etwas ſchwächer. Zolltürken 16,15. Unifizierte
21,75. Der Geldmarkt iſt nach Ueberwindung des Zahltags etwas leich=
ter
, Tagesgeld 6,25 Prozent, Monatsgeld bleibt zu unveränderten Sätzen
geſucht. Am Deviſenmarkt traten keine Veränderungen ein. London
Paris 121, gegen Mailand 108,25, gegen New York 4,85½/z=

Wirtſchaftliche Rundſchau.
Keine Verzugszinſen bei der Zahlung der Vermögensſteuerrate am
15 November. Mit Rückſicht darauf, daß bei den Steuerpflichtigen viel=
fach
Unklarheiten darüber beſtanden haben, welchen Betrag ſie am 15.
November auf die Vermögensſteuer zu entrichten hatten, hat der Reichs=
finanzminiſter
die Finanzämter angewieſen, von der Erhebung von Ber=
zugszuſchlägen
und Verzugszinſen abzuſehen, wenn der Steuerpflichtige
den geſchuldeten Betrag bis zum 24. Dezember 1926 zahlt.
Gründung einer amerikaniſchen Handelskammer in Fraukfurt a. M.
In Anbetracht der ſich immer mehr entwickelnden Geſchäftsverbindungen
zwiſchen Deutſchland, beſonders aber Weſt= und Süddeutſchland, und
den Vereinigten Staaten beabſichtigt die Amerikaniſche Handelskammer
in Deutſchland, die ihren Sitz in Berlin hat, in Frankfurt a. M. eine
Zweigniederlaſfung zu eröffnen. Dadurch hofft ſie den wachſenden, an
ſie geſtellten Anſprüchen beſſer gerecht werden zu können. Der Gedanke,
in Frankfurt a. M. eine Niederlaſſung der amerikaniſchen Handelskam=
mer
in Deutſchland zu eröffnen, wurde der Berliner Leitung von einer
Gruppe amerikaniſcher Intereſſenten, die mit der Geſchäftswelt in
Frankfurt a. M. in enger Verbindung ſteht, nahegelegt und fand die
Unterſtützung ſowohl des Magiſtrats der Stadt Frankfurt a. M., als
auch der Induſtrie= und Handelskammer Frankfurt a. M.=Hanau, des
Meßamts und einer Reihe von Verbänden. Die Amerikantſche Handels=
kammer
in Deutſchland iſt Mitglied ſowohl der Handelskammer der
Vereinigten Staaten, als guch der Internationalen Handelskammer und
ſteht in engſten Beziehungen zu den Hunderten von Handelskammern,
die in den Vereinigten Staaten ihren Sitz haben. Außerdem genießt
die Amerikaniſche Handelskammer in Deutſchland die Unterſtützunn der
maßgebenden amtlichen amerikaniſchen Vertretungen im Auslande.
Zwei Millionen Mark Anleihe der Stadt Hanau am Main. Zur
reſtlichen Finanzierung des Baues eines Induſtrie= und Handelshafens
legt durch ein Konſortium die Stadt Hanau am Main eine 7proz. An=
leihe
von 2 Millionen RM. zu 95½ Prozent auf. Die Anleihe ſoll an
der Frankfurter Börſe zugelaſſen werden.
Rheiniſche Treuhand=Geſellſchaft A. G., Mannheim. In der 18. ord
Generalverſammlung der Rhein. Treuhand=Geſellſchaft A. G., Mannheim,
wurden die Bilanz=Regularien einſtimmig genehmigt und dem Vorſtand
und Aufſichtsrat Entlaſtung erteilt. Nach dem Generalverſammlungs=
beſchluß
kommt eine Dividende von 10 Proz, auf das eingezahlte Aktien=
kapital
zur Verteilung. Die Ausſichten ſiir das laufende Jahr wurden
als günſtig bezeichnet. Ferner wurde eine Neufaſſung der Statuten be=
ſchloſſen
. Herr Kommerzienrat Bürklin in Neuſtadt a. d. H. ſcheidet
aus Geſundheitsrückſichten aus dem Aufſichtsrat aus.
Die Inſolvenzen der erſten Dezember=Hälfte. In der erſten Dezem=
berhälfte
zeigt ſowohl die Zahl der Konkurſe ſowie die der Geſchäftsauf=
ſichten
eine erhebliche Abnahme, und zwar ſind vom 1. bis 15. Dezember
197 Konkurſe nen eröffnet worden gegen 474 im ganzen Vormonat. Neu
verhängt wurden 51 Geſchäftsaufſichten gegen 117 im ganzen Vormonat.
Nach Unternehmungsformen verteilt, wurden dem B. T. zufolge, Kon=
kurſe
in der erſten Dezemberhälfte über 6 A. G. (12 im ganzen November)
über 21 G. m. b. H. (44), 2 Komm.=Geſ. (5), 10 eingetr. Gen. (14) und
8 o. HG. (19) eröffnet. Geſchäftsaufſichten wurden über 7 G. m. b. H.
(13) und 4 o. H.G. (11) verhängt. Mangels Maſſe wurden i 72 Fällen
Konkursverfahren eingeſtellt.
Die Düngerkredite im nächſten Frühjahr. Die Regelung der Dünger=
kredite
für das Frühjahrsgeſchäft iſt einſtweilen noch nicht geklärt. Es
handelt ſich dabei in der Praxis in der Hauptſache um die Krodite für
Stickſtoffdünger. Wie die Landwirtſchaftliche Wochenſchau, ſchreibt,
wünſcht die Landwirtſchaft eine gewiſſe Aenderung des bisherigen Sy
ſtems der Düngerkredite. Im Zuſammenhang mit den allgemeinen Be=
ſtrebungen
, den kurzfriſtigen Wechſel aus der Landwirtſchaft möglichſt
weitgehend herauszubringen, erklärt man es für notwendig, gerade beim
Düngerkredit angeſichts des engen Zuſammenhangs mit dem Gang der
Produktion und der Vegetation mit dem bisherigen ſtarren Düngerwech=
ſel
zu brechen. Die verſchiedenen Schwierigkeiten aus den Stiſtoffweshſeln
haben ſich vor allem darum ergeben, weil die Wechſel mit kurzer Friſt
meiſt gerade zu einem Zeitpunkt fällig werden, wo der Landwirt nur
chlechte Möglichkeiten zur Kapitaldispoſition hat. Gerade bei den Stick=
ſtoffkrediten
hält die Landwirtſchaft eine anderweite Regelung ſchon
darum für möglich, weil der wichtigſte Stickſtofflieferant, J. G. Farben,
eine außerordentliche Flüſſigkeit ausweiſt.
Die däniſche Wirtſchaftslage im November. Die Nationalbank in
Kopenhagen und das Statiſtiſche Departement des dämiſchen Staates
erteilen folgende Auskünfte über die ökonomiſchen und erwerbsmäßigen
Verhältniſſe in Dänemark im November: Der Wert der däniſchen Krone
hat ſich im November weiterhin etwas verbeſſert, indem der durchſchnitt=
liche
Goldwert im November 99,16 Oere gegen 99,02 Dere im Oktober
war. Die Engrospreiszahl des Statiſtiſchen Departements, die
Oktober infolge der hohen Brennſtoffpreiſe ſehr geſtiegen war, iſt im
November, als die Brennſtoffpreiſe nach Beendigung des Kohlenſtreik=
wieder
fielen, bedeutend herabgegangen, nämlich von 178 auf 170. T
Einfuhr betrug im Oktober 135 Mill Kr., die Ausfuhr 128 Mill. Kr.
ſodaß ein Einfuhrüberſchuß von 7 Mill. Kr. zu verzeichnen war. Für
die Monate JanuarOktober zuſammen betrug der Einfuhrüberſchu
in dieſem Jahre zirka 32 Mill. Kr. gegen 75 Mill. Kr. in 1925. Die
Landwirtſchaftsausfuhr war für alle Waren weſentlich größer als im
November 1925. Die Preiſe für die ausgeführten Waren ſind dagegen
niedriger als im Vorjahre geweſen. Die Arbeitsloſigkeit war nicht viel
größer als im November des Vorjahres, indem der Arbeitsloſigkeits=
prozentſatz
22,1 gegen 20,5 im vorigen Jahre ausmachte. In den eigent=
lichen
Induſtriefächern war die Arbeitsloſigkeit mit 21,1 gegen
16,2 bedeutend größer. Dieſer Unterſchied iſt teilweiſe auf die durch
das Steigen der Krone hervorgerufenen Schwierigkeiten und andeven=
ſeits
auch auf die Einſchränkungen in der Produktion auf Grund der
hohen Kohlenpreiſe zurückzuführen, die es nicht geſtatten, auf Lager zu
arb iten.
Eröffnung des Wolchow=Werkes in Leningrad. Geſtern fand hier in
Anweſenheit des Volkskommiſſars Rykow und anderer Regievungsmit=
glieder
ſowie von Vertretern des Leningrader Konſulatskorps und öffent=
licher
gewerkſchaftlicher Organiſationen die feierliche Eröffnung des Wol=
chow
=Werkes ſtatt, eines neuerbauten vieſigen Elektrizitätswerkes, das täg=
lich
56 000 Kilowatt erzeugt und die Leningrader Induſtrie verſorgen
ſoll. Der Bau des Werkes hat 90 Millionen Rubel gekoſtet.

Berliner Effektenbörſe.
Berlin, 20. Dezember.
Die Weihnachtswoche ließ ſich an den Aktienmärkten nicht ungünſtig
an. Die Spekulation hielt den Zeitpunkt für richtig, kleinere Neuan=
ſchaffungen
vorzunehmen. Die Veranlaſſung hierzu dürfte zunächſt die
am Geldmarkt ſich anbahnende leichte Entſpannung ſein, da neuerdings
die hohen Zinsſätze ausländiſche Mittel hierherziehen. Für Tagesgeld
wurden weiter 4½6 Prozent und ſür Monatsgeld 78 Prozent ver=
langt
. Doch ſoll auch ſchon hierunter anzukommen geweſen ſein. Dieſe
Tatſache gab der freundlichen Stimmung die Hauptſtütze. Außerdem
lagen aber noch aus der Wirtſchaft anregende Nachrichten vor, ſo die
glatte Annahme der Rückgabebill, die zu erwartende Truſtbildung in der
Kaliinduſtrie und ſteigende Produktionsziffer der deutſchen Schlüſſel=
induſtrien
. Die erſten amtlichen Kurſe ſetzten 23 Prozent, teilweiſe
auch noch höher ein. Schubert u. Salzer=Aktien, in denen angeblich
ausländiſche Intereſſenkäufe ſtattfanden, gewannen 19 Prozent. Zell=
ſtoff
Waldhof=Aktien und Bemberge je 6½ Prozent. Am Bankaktien=
markt
entwickelte ſich lebhaftes Geſchäft, und in einzelnen Papieren eine
regelrechte Hauſſe. Mitteldeutſche Kreditbankaktien, die unter den Ber=
liner
Großbankaktien am niedrigſten notierten, hatten eine ſprunghafte
Befeſtigung um 14 Prozent auf 170, die übrigen Bankaktien Steigerun=
gen
von 34 Prozent zu verzeichnen. Bevorzugt wurden ferner Frei=
gabewerte
, die allerdings über den üblichen Rahmen anzogen. Bauaktien
unter Hinweis auf die guten Beſchäftigungsmöglichkeiten der Bauindu=
ſtrie
im kommenden Frühjahr. (Berger=Tiefbau plus 4 Prozent.) Kali=
aktien
, von denen Aſchersleben, Salzdetfurth, Weſteregeln und Deutſche
Kali 3½4½ Prozent gewannen, ſowie Montan= und Elektrowerte. An
Deviſenmarkt war das Geſchäft ruhig bei unveränderten Notierungen.
Im weiteren Verlauf der Berliner Börſe zogen Spezialwerte noch über
ren Anfangsgewinn hinaus an. Namentlich in Bankaktien war das
Geſchäft bei hauſſierenden Kurſen rege. Die Provinzbanken notierten
ſpäter teil eiſe nach über 2 Proz gegenüber den 1. Notierungen. An
den übrigen Märkten waren in der zweiten Stunde kleine Rückgäng
von ½1 Prozent zu verzeichnen, da Gewinnmitnahmen ſtattfanden.
Die Grundſtimmung blieb aber freundlich. Privatdiskont kurze Sicht
4’½s Prozent, lange Sicht 4½ Prozent. Die Börſe ſchloß mit Ausnahme
des Bankenmarktes zu den höchſten Kurſen. An der Nachbörſe bröckelte
das Niveau verſchiedentlich noch um ½ Prozent ab, doch war auf dieſer
Baſis Kaufneigung vorhanden.

Aſchaffb. Zeliſtoff.
ugsb.=Nürnb. Maſch
Lamag=Meguin . . . .
rl. E. W. Stamm.
rlin KarlsruheInd
Briketts
1raunkoll
Brem
kan .. ..
Bremer Wolle.....
Deutſch.=Atlant. Tel.
Leutſche Maſchinen.
Deutſch.=Nieb. Tel..
eutſche Erdöl ...."
Eeutſche Petroleum.
Ilt. Kaliwerke. . . . .
Donnersmarckhüte.
Tynamit Nobel. .. . .
Rektr. L eferung. . .
G. G. Farben ...... 314 7!
D. Friſter
Daggenau
.:
Eelſenk. Guß ſtahl. .
ſektr. Untern..
Halle Maſchinen. . .
Han. Maſch. Egeſt.. . . 104.
Hanſa Dampfſchf.. . .

2.. 20. 12.
149.5 Hemoor Zement. . . . 18. 12.
f214. 20 1
18. 118.25 rſch Kupfer ....." 101. 103 5 51.5 52. höſch Eiſen ........ 163. 164. Hohenlohe Werke ... 4.2* 75 6.5 Kahla Porzellan .." 101.5 12.5 165.5 165. indes Eismaſch. . . . 160 2 1 61.75 107 1c
9.75 Lingel Schuh. . . . .." 157.75 156.75 e u. Hofmann.
Lir 8225 83125 113. 14.5 L. Loewe u. Co.....!
Lorenz........" 36.
111.25 242.5
113.75 0. 10.37 Ndl. Kohle. . ...... 177.25 Nordd. Gun
1..... renſtein. 136. 139. 25 122.75 Rathgeber Waggon 69.5 71 31.5 ombacher Hütten.. 4. 4. 154.25 Roſitzer Zucker. . ... 8:.375 148 51.5 ütgerswerke .. . . . . 30. 318 ſachſenwerk .. . . . . . 112. 4. 83. Sächſ. Gußſtahl ..." 150. 53. nens Glas... . Lauſitzer Glas 131. 76.* 0.5 Volkſtedter Porzell 62. 89= endreer
Weſtf. E. 2 66.5 68.5 G. ßſtahl
Littener 62. 62. 190. 191.25 Wanderer=Werke. .. . 195. 200.

Oeviſenmarkt.

Amſterdam=R.
Buenos=Aires.
Brüſſel=Antw.
Lslo ..
Topenhagen
Stockholm
elſingſors . .
Italien ....
London .."
Nei=York..
Paris ....
Schweiz . .
Spanien . . .

18. 20 12 Geld Brief Gelb /Brie 67.74 168.16 167.64 168.26 9 1.7 726/ 1.730 58.35 58. 58.51
5 105. 80/106. 72/105.91
105 .82 112.10 11 84/112.12 11. 112.3 112.08112 3 10. 10.: 10.
10.6( H1s.71 18. 18.9 V 0.361/20.4 4. 1.205 4. 196 4.206 6.82 6. 16 84 16.88 81. 125 81.3251 1.12 81.32 63.8 64,04 63.89/ 64.051

Wien D.=Oſt.abg
Prag. . . . . . . . . ."
dapeſt . . . . ..
Japan. . . . . . . .
lio de Janeiro.
Sofia ........"
Fugoflavien ..."
onſtantinopel
Liſſabon ......."
Danzig ........
Athen ........"
Fanada. . . . . . . .
Truguay. . . . . . .

18. 12
Gelb /Brie
59.21 59.32
12.422/12. 46

20. 12
Geld Brief
9.24 59.38

5.

5.684

e 2.085
2./
0.4951 0.492
3.035/ 3.0
425i
7.
2.13.
21.495 21.545/21.54

81
5.24
4.192
4.26

81.
5.26
4.20
4.27

12.422
872
2.046
0.4
3
73
2.
11.:

12.462
5.894
2.0
135
N..
81.

5.30
4.192/ 4.20
4.26 4.27

Amerikaniſche Kabelnachrichten.

New York, 20. Dez. (Priv.=Tel.)
Weizen: Der Markt verkehrte in abgeſchwächter Haltung auf Glatt=
ſtellungen
und ſchleppende Exportnachfrage. Später konnte eine Be=
feſtigung
eintreten auf ungünſtige Berichte aus Argentinien und die
Wochenſtatiſtik. Die Termine zeigen nur unweſentliche Veränderungen.
Mais: Der Markt begann in ftetiger Haltung auf kleine Ankünfte
und in Erwartung des Regierungsberichtes. Schließlich ſetzte ſich aber
eine Abſchwächung durch auf die ſchleppende heimiſche Lokonachfrage
Die Termine zeigen Avancen bis 0,5 C.
Hafer: Der Markt verlief in ſtetiger Haltung bei Kursaufbeſſerun=
gen
bis 0,5 C.
Baumwolle: Der Markt eröffnete in feſter Haltung auf den hauſſe=
günſtigen
Entkörnungsbericht. Später trat eine Abſchwächung ein, da
die amerikaniſchen Spinner Kaufreſerve beobachteten, und die Pflanzer
mit Abgaben fortfuhren.
Kaffee: Niedrigere ausländiſche Notierungen hatten eine Ab=
ſchwächung
zur Folge. Auch befriedigte der amerikaniſche Konſum nicht.
Dann wurde die Haltung ſtetig auf das Anziehen der braſilianiſchen
Deviſenrate.
Zucker: Der Markt verkehrte anfangs in ſchwacher Halrung, da
große Liefernotizen gegen Termin zuſtandekamen. Im weiteren Ver
lauf trat ein Tendenzumſchwung ein und der Markt ſchloß in feſter
Haltung auf zurückhaltendes kubaniſches Angebot.

Vom Holzmarkt.
Die oſtpreußiſchen Holzverkaufstermine brachten in den letzten
Tagen ſehr hohe Preiſe, die über den vorjährigen, wenn man einen
Durchſchnitt zieht, liegen. Die Sägewerksbeſitzer ſuchen vor allem gures,
feinjähriges Rohholz zu kaufen, das einen hohen Prozentſatz ſtarker
Dimenſionen zur Erzeugung von Bautiſchlerware enthält. Anſcheinend
beurteilt man die Entwicklung des Baumarktes günſtig und will ſich bei
Zeiten diejenigen Dimenſionen ſichern, die vorausſichtlich im Frühjahr
tnapp ſein werden. Dazu kommt, daß ſich früher als in anderen Jah=
ren
die Kaufluſt des Platzholzhandels zu regen beginnt; man rechnet
damit, daß bereits im Januar Einſchmitte umgeſetzt werden. Die zur=
zeit
in den inländiſchen Forſten gezahlten Rohholzpreiſe entſprechen der
Bewertung, die zurzeit in Polen üblich iſt. Dort halten ſich viele deutſ he
Holzhändler auf, um Blöcke zum Abtransport mit der Bahn zu kaufen.
Während der letzten drei Wochen beſtand in Polen mit Nückſicht auf die
Kohlentransporte Waggonſperre für Schnittholz und Rohholz, das dem
deutſchen Markt zugeführt werden ſollte; die Sperre iſt inzwiſchen auf=
gehoben
worden. Indeſſen beſteht erhebliche Waggonnot, ſo daß es
zweifelhaft iſt, ob die zahlreichen Verladungen, die zur Fortſchaffung des
für die deutſchen Sägewerke beſtimmten Rohſtoffes nötig ſind, ohne er=
hebliche
Schwierigkeiten vonſtatten gehen. Am Erlenmarkt vollzieht
ſich auch weiter eine Aufwärtsbewegung der Preiſe, die auf die ungün=
ſtigen
Witterungsverhältniſſe und die Unmöglichkeit, einſtweilen Erlen
in Wolhynien zu arbeiten und herauszufahren, zurückgeſührt wird. In
der mitteldeutſchen Möbelinduſtrie iſt der Beſchäftigungsgrad beſſer ge=
worden
. Insbeſondere melden die Küchenmöbelherſteller den Eingang
größerer Beſtellungen. Am Schwellenmarkt liegen die Verhältniſſe un=
durchſichtig
. Sehr ſtark geſucht war engliſche Schnittware, die in größe=
ren
Mengen über Danzia (Preis 10 Pfund je Standard frei Danzig
für unſortierte Ware) nach England verkauft wurde.
Produktenberichte.
Frankfurter Produktenbericht vom 20. Dezember. Der heutige
Montagsmarkt nahm einen ſehr ruhigen Verlauf. Von den ausländi
ſchen Getreidebörſen fehlt jede Anregung. Bei kleinſten Umſätzen blie=
ben
die Notierungen gegenüber der Vorwoche vollſtändig unverändert.
Es herrſcht eben bereits Feiertagsſtimmung. Es notierten: Weizen 29
bis 29,25; Roggen 24,2524,50; Sommergerſte 2526.50; Hafer inl. 19
bis 19,50; Mais 19,50; Weizenmehl 40,5041,25; Roggenmehl 3536:
Weizenkleie 11,75; Roggenkleie 12: Erbſen 4070; Linſen 5090; Heu
8,7510; Weizen= und Roggenſtroh drahtgedr. 4,505: gebündelt 4 bis
4,25: Treber 16,2516,50.
Berliner Produktenbericht vom 20. Dez. Die feſteren nordamerika=
niſchen
Terminnotierungen blieben hier am Weizenmarkt ohne Beach=
tung
, da die argentiniſchen Forderungen eher niedriger waren. Weizen
vom Inland iſt in den Preiſen unverändert, lediglich für Dezember ver=
anlaßten
Andienungen vereinzelt Begleichungen und eine geringfügige
Abſchwächug. Roggen ſtetig, Dezember eine Kleinigkeit höher, ſonſt
hielten ſich die Umſätze im Zeithandel in engſten Grenzen. Gerſte wie
auch Hafer gegemüber den Vortagen wenig geänderte Lage, beſſere,
Qualitäten finden Käufer, während geringe Sorten vernachläſſigt blei=
ben
. Von Mehlen hat Roggenmehl etwas Konſumgeſchäft. Erſatzfuttar=
ſtoffe
und Oelſaaten ruhig.
Amtliche Kartoffelpreiſe. Es wurden für je 50 Kg., Frachtparitär
Frankfurt am Main, folgende Großhandelspreiſe erzielt: für Induſtrie
hieſiger Gegend 5.,30 RM., für weißfleiſchige hieſiger Gegend 4,20 RM.
Tendenz ruhig.
Viehmärkte.
Mannheimer Viehmarkt vom 20. Dezember. Dem heutigen Vieh=
mavkt
waren zugefahren: 220 Ochſen, 73 Bullen, 710 Kühe und Ninder,
893 Kälber, 144 Schafe und 2503 Schweine. Preiſe: Ochſen a) 5860;
b) 5054: c) 4246; d) 3236; e) 2630; Bullen a) 4852; b) 42 bis
46: c) 3438; d) 3032; Kühe a) 4650; b) 3842: c) 2836: d) 14
bis 18; Freſſer a) 5961; b) 3640; Kälber b) 7680; O)7074: d) 6:
bis 68; e) 5460; Schafe b) 3245; Schweine a) 7980; b) 7980;
c) 7879; d) 7778; e) 7677; 1) 7475: Sauen 6670. Markt=
verlauf
: Mit Großvieh langſam, geräumt, mit Kälbern lebhaft, ge=
räumt
, mit Schweinen mittelmäßig, geräumt.
Frankfurter Viehmarkt vom 20. Dezember. Der Auftrieb des heuti=
gen
Hauptmarktes beſtand aus 326 Ochſen, 40 Bullen, 674 Kühen, 346
Färſen, 630 Kälbern, 194 Schafen und 4279 Schweinen. Bezahlt wurde
pro Zentner Lebendgewicht: Ochſen a1 5861; a2 5357; b1 und b2
4752; c) 4146; Bullen a) 5056; b) 4549; Kühe a) 4853; b) 40
bis 47: c) 3239: d) 2231; Färſen a) 5561: b) 4854: c) 40
Kälber b) 8084: c) 7079; d) 6069; Schafe a) 4044: b) 3539:
c) 3033; Schweine von über drei Zentnern Lebendgewicht 7880; von
240 bis 300 Pfund 7981; von 200 bis 240 Pfund 8082; von 160 bis
200 Pfund 7981; von 120 bis 160 Pfund 7580; Sauen 6570.
Marktverlauf: Rinder werden bei ruhigem, Kälber und Schafe bei leb=
haftem
Handel ausverkauft. In Schweinen mittelmäßiges Geſchäft und
nahezu ausverkauft. Die Fleiſchgroßhandelspreiſe wurden wie folgt feſt=
geſetzt
: Ochſen= und Rinfleiſch 1 95100; II 8090; Bullenfleiſch 8595:
Kuhfleiſch I 7080; II 5065: III 4050; Kalbfleiſch II 100110
Hammelfleiſch 6578; Schweinefleiſch 90100; Gefrierfleiſch, Rindfleiſch,
Vorderviertel 52 und Hinterviertel 58.
Kleine Wiriſchaftsnachrichten.
In der letzten Vollverſammlung dieſes Jahres nahm die Induſtrie=
und Handelskammer zu Berlin von ihrem Präſidenten Franz v. Men=
delsſohn
einen Auszug aus dem demnächſt erſcheinenden Jahresbericht
der Kammer für 1926 entgegen.
In Berlin iſt der Generaldirektor der A.G. für Bergbau=, Blei= und
Zinkfabrikation, Geh. Bergrat Dr. Viktor Weidtmann, Vorſitzender der
Handelskammer Aachen, im Alter von 73 Jahren geſtorben.
Die belgiſche Koksofengeſellſchaft Semet Golvag et Piette wird in
Holland eine Anleihe von 30 Millionen Fr. aufnehmen zwecks Ausdeh=
nung
der Fabrikation von ſynthetiſchem Ammoniak nach dem Syſtem
Caſale in allen Ländern, wo ſie die entſprechenden Patente beſitzt.
Das ſeit dem 25. Januar 1923 beſtehende Geſetz über Einfuhr und
Ausfuhr von Valuten und Ausfuhr von Kapitalien iſt von der belgi=
ſchen
Regierung aufgehoben worden.
An Einzelheiten der Völkerbundsanleihe an Eſtland wird bekannt,
daß die Anleihe 1 350 000 Pfund Sterling beträgt, mit 7½ Prozent zu
verzinſen iſt und eine Laufzeit von 40 Jahren hat. Die Anleihe wird
vorausſichtlich auf dem engliſchen Markt realiſiert werden. Daneben
intereſſiert ſich auch eine franzöſiſche Gruppe an der Auflegung der
Anleihe.
Nachdem die Erleichterung auf dem polniſchen Geldmarkt wider
Erwarten nicht eingetreten iſt, hat die polniſche Regierung beſchloſſen,
de
am 1. Januar 1927 ablaufende Moratorium für die Auszahlung
der Aufwertungsbeträge für ländliche Hypotheken in Polen zu ver=
längern
.
Der Arbeits= und Verteidigungsrat der Sowfetunion hat beſchloſſen,
in Deutſchland und Oeſterreich Nähmaſchinen für den Betrag von 1 Mill.
Reichsmark einzukaufen.
Die Zahl der Aktiengeſellſchaften in der Schweiz wird für das Jahr
1925 mit 8670 angegeben gegeniber 2056 im Jahre 1902, die Höhe des
Aktienkapitals mit 5 610 617000 Franken gegen 1881 596 000 Franken.
Die italieniſche Regierung hat neue Zollerhöhungen auf Stahl= und
Eiſenwaven, optiſche Inſtrumente und anderes angeordnet.
Nach einer amtlichen Mitteilung überſteigt die bisherige Zeichnung
auf die Liktorenanleihe zwei Milliarden Lire.
Der Türkiſchen Nationalverſammlung iſt ein Geſetz zugegangen,
durch das das Finanzminiſterium zun Ausgabe von Schuldverſchreibun=
gen
im Geſamtwert von 200 Millionen Türkenpfund ermächtigt werden
oll. Mit dieſen Schuldverſchreibungen ſollen die Bauarbeiten an den
Bahnen und Häfen bezahlt werden.
Nach einer Statiſtik, die das Diario del Comercio veröffentlicht,
beläuft ſich das in den mexikaniſchen Petroleumgruben inveſtierte ameri=
kaniſche
Kapital auf ungefähr 606 053 520 Dollar.
Wie aus Rio de Janeiro gemeldet wird, gab geſtern die braſiliani=
ſche
Regierung einen Erlaß über die Stabiliſierung der Währung her=
aus
. Das auf Milreis lautende Papiergeld wird durch eine neue Wäh=
rungseinheit
auf Goldbaſis des Cruzeyros erſetzt.

[ ][  ][ ]

Seite 14

Dienstag, den 21. Dezember 1926

Nummer 353

C
4. Brantfärter Karsderict Bom er. Brfrnder Tese.

Staatspapiere
s) deutſche
6 ½½Reichsp.=Sch.
p. 1. 10. 30 ..
7% Bayer. Staats
Sch. p. 1. 4. 29
Sch
BPo
9
p. 1.
5-% Pr. St.=Sch
p. 1. 3. 29 ....
6.% Pr. St.=Sch.
p. 1. 10. 30.
72 Sächſ. Fr.=Sch.
p. 1. 7 29 ..
72 Sächſ. Fr.=Sch
p. 1. 7. 30
6/.%Württ. F. Sch.
p. 1. 3. 29
Dt. Ablöſungs=Anl
einſchließlich
Ausloſungsſcheinen
Vorkriegsanleihen
5% D. Reichsant. .
4% D. Reichsanl".
D. Schutzgb./ v.
6811 u. 13....
12 D. Schutzg. v. 14
4½ Preuß. Konſ.
den . . . . . .
4
hern .. . . . .
2

*
mberger
b) Ausländiſche
5¾ Bos. E. B. 1914
v. 1914
5%,, L.
4½½
898 ..
4½% 1902 ...

5% Bulg. Tabal0g
4½% Oſt. Staatsr.
v. 1913, Kdb. 1918
½%Oſt. Schatz. 14

HK
98
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AJ.
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97

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15.45
15.45

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Heft
oldr. .
4% einh. R. (kon)
3% Port.(Spz) Un
5% Rum am. R.03
½% Gold. 13..
am. konv..
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am. 05...
4%Türk. (Adm.)03
4% Türk. Bagd.
(Bagb.) II
1½ 1911 Zoll.
4½% Ung. St. 1913
ſt. 1914
4½½
Goldr. . .
(
St. 10 ..
Pronr.
% Eiſ. Tor.G.

Außereuro=
päiſche

235 Mex.am.inn. .
juß 99

4½ Gold 04,ſtf.
konſ
1½% Ir
5% Tamaulipas I.
Sachwert= Schuld=
verſchreibungen

Mit Zinsberech=
nung

10% Berl. H.=Bk. G.
3%
3% Berl. St.=Gold.
Darmſt. St. G.
2 D. Hyp.=Bank
Meinine
Goldpf.
8% Frtf.=Hyp.-*
Goldpfdbr. .
% Frkf. Pfbr.=Bk.
Holdpfdbr.. . ...
5% Frkf. Pfbr.=Bk
Goldpfdbr. . . . . .

8.05
28.5
2.05
11.65

21
9.75

25
16.95
2.5
22.8

102.5

102
103.5
100
87.5

8% Komm. Ldb. D.
Goldſchuldver.
8½ Heſſ. Ldb. Gold.
10% Komm=Elektr
Mark (Hag.) Gold.
Nannh. St.=G.
Lainz St.=G.
Naſſ. Lbb. Gold.
Pfälzer H. B=
Boldpfandbr. .
8% Pforzh. St.=G.
3½ Pr. C..B.=Cr.=B.
Goldpfanbbr..
Hyp.=B. G.
Rh. St.-W. 25
% Rh.=Weſtf. B.
r.=Bk., Goldpf.
22Südd.B. Cr.=ß
Goldpfandbr. . . .
Ohne Zins:
verechnung
% Bdw. Kohl. 2
6% Großkr. Mann
Kohl. 23
6% Heſſ. Brk.=Rog.
5%Roggen .. 23
Pr. Kaliw. ..
Pr. Rogg
5 % Südd. Feſt=B. G
Borkriegs-Dyp..9
Pfandbriefe
Bay.Vereinsb. . .
hr. Handelsb.
Bayr. Hyp. u. Wechſ
Berliner Hyp. Bk.
Frkf. Hyp.=Br. ...
Frkf. Pfandbr.=B).
mb. Hyp.=B..
ecklb. Hyp.=u. Wb.
eining. Hyp.B
Nordd. Gr.-Cr.=Bl
8fälz. Hyp.=Bf. ..
Preuß. Bob.=Cr.-
Pr. Cent.=B. Cr.=B.

102.75
98
102.5
99
97
03
9.75
134

01.5

13.65

8.25
5.7
2.34

20.5
21.5
191,
15.1
12.2
75
12.3
15.72
2.3
13.25

3.15
12 2-
18.3
11.15

12.05
8.05

7.5
9.5

Freuß. Vfdbr.=Bk.
Rhein. Hyp.=B....
Rh.=Wſtf. B.-Cr.=B.
bd. Bodenkr. . .
Württ. Hyp.=Bk.
Staatl. ob. prov.
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ſt. 9. E...
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3%Oſt. .. Erg
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9
42 Rud. Silber ..
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O Anat., S.I
B% Anat, S.
1½% Anat., S.
3% Salon. Monaſt.
5½ Tehuantepec. .
(½½
.1
Bank=Aktien

Allg. D.=Krebit:.. /148.6
Bab. Bk. . . . . . . . . 160
Bk. f. Brauind. . . .

üns
31.05
30.5

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Darmſt. u. Nat.=Bk.
deutſche Ban:".
d. Eff. u. Wchſ.=Bk.
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D. Bereins=Bk. ..
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resdener Bk. ...
Frankf. B. .. . . .
f. Hyp.=Bk.. . . .
rif. Pfdbr.=Bk.
botha. Grundkr. B!
. Intern. Bank
allban
.
.
Litteld. Cr
keichsbank=Ant.
hein. Creditbl. . . .
hein=Hyp.=Bk. ..).
idd.
ei.
2ie
ſterr. C.
Si
Wiener Banh
Bergwerks=Akt.
Bochum.Bergb. . .
Buderus. . . . . . . . .
Dt. Luxemburg . . .
Eſchw. Bergw... . .
Gelſenkirch. Bgw.
Harp. Bergb. . . . . . 190
Ilſe Bergb. St..
enußſchein.
Kali=Aſchersleb. ../154.5
li. Salzdetfurt..
ali. Weſterregln
Klöcknerwerke .. ."
Nannesm.=Röhr. 1190.4
verbedarf .. . . . .
Bhönix=Bergb. . . . 128.2
Rhein. Braunk. .. .
Rhein. Stahlw.. .
A. Riebeck Montan/183.75
Rombach. Hütte .

48
178.75
2y
134.5
1
17
34
158
2.5
17
*
16
fälz. Hyp.=Bk. . . /165.5 (nkkum. Berlin.

Gue Hice
Tellus Bgb.. ....
Ver. Laurahütte.
Ver. Stahlwerke.
Induſtrie=Akt.
Brauereien
Eichbaum(Mannh.
Henninger ...
ereules. Heſſiſche
Löwenbr.=Münch).
Rainz. Aktienbr. .
Schöfferhof(Bind. )
Schwarz=Storchen
Tucher, Nürnberg
Berher .. .. ...."

7
103

147.5

12
58
180
146
1a1

Aoler & Oppenh...
136.75- Ablerw. (v. Kleher)
2 E. A. G. Vzg. A.
% A. E. G. Vzg. B..
8 A. E. G. Stamm ..
5.5 Anglo=Cont. Guano
lſchaff. Zellſtoff ..
adenia (Weinh.)
Bad. Maſch. Duri
ad. Uhren, Furtw.
jamag=Meguin ..
170
Baſt Nürnberg ..."
74.25 Bayr. Spiegel ...
Beck & Henkel ....
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Zin
*
Metall..
Zre
=Beſigh=Sl.
Zürſtenfbr. Erlang

Cement=Heidelb..
einent, Karlſtadt /145
ement, Lothr.. .
Mansfelder ... . . . /135, Shem. Albert . . . . . 150
hem. Brockh. ..
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243.5
191.5
13

Dt. Eiſenhandel. . .
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111
85"
1.59.5
149
11
34.25

59.75
46.25
85
129.75
30.25
10:
Au
88
178
174

Me H
Dürrkopp.. . . . . .
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7.5
.5
53.5
54
44
317
87
60.5
145.
82.5
75.5
0.525

16
142.9
8.
40
115
109.25
9.7
120
38.5
61
91

162
73.9
59.75
8
105.3
43

Mf
elein Sch. & *
norr, Heilbronn".
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96
151
19
137
33

108
0.25
56.5

107

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108
66.25
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18
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5:
198.5
82
88

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4.25
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153
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121
39.5
141.75
234.75
158
7.75
165
128

104
16.9
138
67.75

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Einträge in das Handelsregiſter: Ab=
teilung
4: Am 14. Dezember 1926 hin=
ſichtlich
der Firma: Gebr. Sommer=
feld
, Darmſtadt: Die offene Handels=
geſellſchaft
iſt aufgelöſt. Geſchäft ſamt
Firma iſt auf den ſeitherigen Geſell=
ſchafter
Max Michel, Pferdehändler in
Darmſtadt, als Einzelkaufmann überge=
gangen
. Marta, geborene Bruchfeld
Ehefrau des Pferdehändlers Max Michel
in Darmſtadt, iſt zur Prokuriſtin beſtellt.
Am 17. Dezember 1926: Neueintrag:
Firma: Matthes, Wiskirchen & Co.
Offene Handelsgeſellſchaft. Sitz: Darm=
ſtadt
. Geſellſchafter: Friedrich Ahlborn,
Albert Wiskirchen, Kaufleute in Darm=
tadt
, und Heinrich Matthes, Mählenbe=
ſitzer
in Ober=Ramſtadt. Die Geſellſchaft
hat am 15. Dezember 1926 begonnen.
Abteilung B: Am 10. Dezember 1926
hinſichtlich der Firma: Landwirtſchaft=
liche
Warenzentrale, Aktiengeſell=
ſchaft
, Darmſtadt: Die am 1. Auguſt
1925 beſchloſſene Umſtellung des Grund=
kapitals
iſt durchgeführt. Das Grund=
kapital
beträgt jetzt: 43 320 Reichsmark.
Durch Beſchluß des Aufſichtsrates vom
14. Auguſt 1926 ſind die Beſtimmungen
des Geſellſchaftsvertrags geändert. Die
Zahl der Stammaktien beträgt 1914
Stück zu je 20 Reichsmark, diejenigen
der Vorzugsaktien 63 Stück zu je 80
Reichsmark. Die Aktien ſind mit Aus=
nahme
der Vorzugsaktien Inhaberaktien.
Je 20 Reichsmark der Stammaktien ge=
währen
1 Stimme. Die Vorzugsaktien
gewähren je 8 Stimmen. Am 14. De=
zember
1926 hinſichtlich der Firma: H.
Biewener, Geſellſchaft mit be=
ſchränkter
Haftung, Darmſtadt: Die
Vertretungsbefugnis des Liquidators iſt
beendet. Die Firma iſt erloſchen. Am
16. Dezember 1926 hinſichtlich der Firma:
Rheinpfalz=Haus, Geſellſchaft mit
beſchränkter Haftung. Darmſtadt:
Durch Geſellſchafterbeſchluß vom 10. De=
zember
1926 iſt die Geſellſchaft aufgelöſt.
Architekt Adolf Engel in Dormagen
(Rheinland) iſt Liquidator. Am 17. De=
zember
1926: Neueintrag: Firma:
Deutſche Vereinsbank, Komman=
ditgeſellſchaft
auf Aktien, Filiale
Darmſtadt. Hauptniederlaſſung: Frank=
furt
am Main. Zweigniederlaſſung:
Darmſtadt. Gegenſtand des Unterneh=
mens
: Der Betrieb. von Bankgeſchäften
aller Art in Frankfurt am Main und
anderen Plätzen, der Erwerb von Bank=
geſchäften
und die Beteiligung an ſolchen,
insbeſondere die Fortführung des im
Wege der Fuſion erworbenen, bisher
unter der Firma Deutſche Vereinsbank
in Frankfurt am Main betriebenen Unter=
nehmens
. Stammkapital: 9000000
Reichsmark. Perſönlich haftende Geſell=
ſchafter
: Kurt Krahmer, Bankier, Mag
Najork, Baukdirektor, und Dr. jur. Alex=
ander
Roſenſtein, Bankier, alle in Frani=
furt
am Main. Der Geſellſchaftsvertrag
iſt am 6. Oktober 1926 feſtgeſtellt und
am 1. November 1926 geändert. Nach
ihmwird die Geſellſchaft vertreten: a)durch
zwei Geſchäftsinhaber ſperſönlich haftende
Geſellſchafter), b) durch einen Geſchäfts=
inhaber
(perſönlich haftenden Geſellſchaf=
ter
) und einen Proku iſten. Als nicht
eingetragen wird veröffentlicht: Das
Grundkapital iſt eingeteilt in 90000 auf
den Inhaber lautende Aktien zu je 100
Reichsmark. Die Ausgabe der Aktien
erfolgt zum Kurſe von 100%. Die Ein=
berufung
der Generalverſammlung er=
folgt
durch Bekanntmachung in den Ge=
ſellſchaftsblättern
durch den Aufſichtsrat
oder die Geſchäftsinhaber. Bekannt=
machungen
der Geſellſchaft ſind im Deut=
ſchen
Reichsanzeiger und der Frankfurte
Zeitung zu veröffentlichen.
(18804
Darmſtadt, den 18. Dez. 1926.
Amtsgericht I.

Berdingung.
DerBedarf anKolben=
ringgußeiſen
. Eiſen=
guß
I. und III. Klaſſe,
Temperguß u. Fluß
eiſenformguß für die
Eiſenbahn=Ausbe ſſe
rungswerke des Werk
ſtättenbezirks 6 ſoll
im Wege der öffent=
lichen
Ausſchreibung
vergeben werden. Die
Angebotsbogen kön=
gen
von dem Präſi=
dialbüro
(A 3
der
Reichsbahndirektion
Caſſel, Kölniſche
Straße 81, gegen Ein=
ſendung
von 2,50 Rr
in bar, nicht Brief=
marken
) bezogen wer=
den
. Die Lieferungs=

erſichtl. Eröffnungs=
termin
am 8. Januar
1927, vorm. 9 Uhr.
Deutſche Reichsbahn=
Geſellſchaft.
Reichsbahndirektion
62 St. 23.
(TV,188401

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Fig.) 30 Nd..
ui=
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. 34,p. (*33371

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Der gefangene Pfarrer
Eine geſchichtliche Erzählung aus der Zeit des dreißigjährigen Krieges von
Wilhelm Diehl
Dritte Ruflage: 5. 7. Tauſend. In Ganzleinen-Geſchenkband 4,50 Mare

die Tägliche Rundſchau
ſchreibt in Nr. 449 vom 26. 9. 1926:
Ein Buch, in dem das geſchichtliche Element mit
dem religiöſen auf das engſte verquickt iſt, ja, in
dem das religiöſe als das ausſchlaggebende Motiv
erſcheint, iſt der gefangene Pfarrer vom Darm=
ſtädter
Prälaten Wilhelm Diehl. Ich faſſe mein
Leben im Licht der Ewigkeit auf. Ich halte es für
einen fundamentalen Glaubensartikel, daß Gott
uns im Leben führt und auch mit dem Schwerſten
im Leben, gegen das wir nichts können, große
Dinge vorhat. Dieſe Worte des Butzbacher
Hofpredigers Martin Helwig bilden das Motiv
der Erzählung. Sie ſpielt in der Seit des 30jährigen
Krieges, iſt formal wie inhaltlich mit geſtaltendem
Geſchick geſchrieben und hat vor allem, was
ſo vielen hiſtoriſchen und modernen Geſchichten
mangelt eine Seele.

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wird dringend gebet.
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Die Gewinne können bei Herrn Re=
ſtaurateur
M. Golling, Hanauer=Hof,
Heinheimerſtraße 8, bis 23. Dezember,
abends 6 Uhr abgeholt werden.
Für die Käfige iſt 50 Pfg. zu entrichten.
Nicht abgeholte Gewinne, verfallen zu
Gunſten der Vogelſchutzkaſſe.
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Bohnerwachs brickerſtr. 3. (19808

Junger, raſſereiner
Spaniel
eſucht, mit Preisan=
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Ohlyſtr. 31, II
33419

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ber
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Luiſenſtraße 32 zwangsweiſe meiſt=
(18847
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Mittwoch, den 22. Dezember
1526, pormittags 10 Ubr, verſteigere
ich in meinem Dienſtzimmer, Mathilden=
halb
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(18854
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vevet
Brrten alld TSamenfähtrav.
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finden durch das Darmſtädter Tagblatt
die lpeiieſte Verbreitung

[ ][  ][ ]

Nummer 353

Dienstag, den 21. Dezember 1926

Seite 15

Die tolle Herzogin.

22)

Roman von E. Klein
(Nachdruck verboten.)

Ein großes Ringen begann. Angelſächſiſche Zähigkeit ſtritt
mit deutſcher Gründlichkeit, und moskowitiſche Schlauheit ſaß
dabei und grinſte. Stahl klirrte auf Stahl. Einmal fuhr Grol=
mans
ſchon auf und erklärte:
Dann machen wir die Sache allein. Ganz allein. Ich kann
morgen der Moskauer Regierung zwei Millionen Pfund auf den
Tiſch zählen und dann habe ich die Konzeſſionen.
Er war ebenſowenig Diplomat wie Redner. Seine Stimme
klang für den ſchweren, maſſiven Körper überraſchend fein und
ſchwach. Doch die ganze Wucht ſeiner Perſönlichkeit lag in
ihr. Entweder oder
Die Angelſachſen gaben nach. Die deutſchen Bedingungen
wurden akzeptiert und als Zinsfuß ſieben Prozent feſtgeſetzt.
Mr. Miller miſchte ſich ein drittes Glas Whisky=Soda und Kara=
ſchin
zündete ſich die fünfte Zigarette an.
Es wurde beſchloſſen, einen Vorvertrag aufzuſetzen, der von
den Anweſenden als bindend zu unterſchreiben war. Die Pub=
lizierung
ſollte erfolgen, wenn die öffentlichen Meinungen und
Amerika ſo weit präpariert waren, daß die Regierungen die
Ratifizierung des Vertrages und damit die Anerkennung der
Sowjetrepublik wagen konnten.
Lord Burnham diktierte ſeinem Sekretär den Entwurf, der
nicht lang war. Eine Geſellſchaft wurde gebildet, das Präſi=
dium
ſetzte ſich aus je einem Vertreter der Standard Oil, der
Imperial Anglo=Dutch, des Grolmanskonzerns und der ruſſiſchen
Regierung zuſammen. Präſident wurde Lord Burnham, Vize=
präſident
Karaſchin, geſchäftsführender Direktor Röder. Die
Bearbeitung der Felder wurde einem ſpäter durch eine Kom=
miſſion
zu beſtimmenden Schlüſſel vorbehalten. Die erſte Rate
der Anleihe, fünf Millionen Pfund, war fällig, ſobald die
Sowjetregierung die Abmachungen offiziell anerkannt hatte.
In zwanzig Minuten war der Vertrag, der in nicht all=
zuferner
Zukunft die größte Motorenfabrik in Amerika wie die
kleinſte Lehmhütte in China, die eine Petroleumlampe brannte,
von dem Willen weniger Männer abhängig machen ſollte, ge=
chrieben
und unterzeichnet.
Wir können uns beglüwünſchen, meine Herren! rief Lord

Burnham und reichte jedem der Anweſenden die Hand. Dann
wandte er ſich zu Graham, ſeinem Sekretär:
Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie die Abſchriften gleich
heute fertigſtellten und morgen ſelbſt den Herren überbringen
würden. Ich glaube, ſechs Kopien werden genügen.
Wir könnten ja darauf warten, Mylord, ſchlug Miller
vor. Dann
Doktor Röder machte eine plötzliche Bewegung.

Mylord, mir schien es eben ..."

Verzeihen Sie, daß ich unterbreche, ſagte er leiſe. Mylord,
mir ſchien es eben, als ſähe ich einen Kopf an der Scheibe der
Türe.
Lord Burnham fuhr herum. Die große Glastüre ging auf
die Terraſſen des Schloſſes vorn hinaus
Sehen Sie bitte einmal nach, Graham!
Der Sekretär trat hinaus, blickte ſich, in der Türe ſtehend, um.
Ich ſehe niemanden auf der Teraſſe, ſagte er. Unten
auf dem Raſen geht Herr Graf Las Valdas ſpazieren. Ich
glaube, ſein Chauffeur ſtützt ihn.
Nun, dann muß ich mich wohl geirrt haben, meinte Dokter
Röder.
Es wurde beſchloſſen, auf die Abſchriften zu warten. Der
Sekretär machte ſich an die Arbeit, während Burnham für die
Herren im kleinen Bibliotheksſaale, der an den großen ſtieß, einen
halten Imbiß auftragen ließ.
Und noch einmal verſammelte man ſich in der großen Biblio=
thek
. Mit einer gewiſſen Feierlichkeit händigte Lord Burnham
jedem der Herren ſeine Abſchrift ein. Das Original und die für
ihn beſtimmte Kopie ſchloß er in den altmodiſchen Sicherheits=
ſchrank
ein, den er hinter ſeinem Schreibtiſch ſtehen hatte.
Miller zog eine Grimaſſe. Seine Brille drückte höchſte Miß=
billigung
aus.
Nichts für ungut, Mylord, knurrte er. Aber ſehr ein=
bruchsfeſt
ſcheint mir dieſer Schrank nicht zu ſein. Den hat wohl
ſchon Alexander der Große zum Aufheben ſeiner Staatsakten
benützt
Burnham lachte.
Ganz ſo alt iſt er nicht. Aber gegen wen ſollte er hier wohl
dienen? Ich habe zwar eine Menge Leute im Hauſe, aber das
ſind alles Gäſte meiner Tochter und die haben andere Inter=
eſſen
als einen Vertrag über ruſſiſche Oelkonzeſſionen.
Am nächſten Morgen, als gerade Lord Burnham ſich er=
heben
und in ſein Bad begeben wollte, ſtürzte Graham zu ihm
herein.
Graham, der ewig gleiche, der ſteinruhige, war bleich vor
Aufregung.
ſtieß er keuchend, nach Atem
Mylord Mylord
ringend, hervor, die Kopie des Vertrages iſt aus dem Schrank
verſchwunden. Ich habe alles ſofort durchſucht das Original
ſteckt in dem gelben Kuvert, in das Mylord die beiden Papiere
legten aber die Kopie iſt verſchwunden.
(Fortſetzung folgt.)

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[ ][  ]

Seite 16

Dienstag, den 21. Dezember 1926

Nummer 353.

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anzusehen. Die ganze Welt wird darin eine tröhliche Unter-
haltung
finden. Viele werden Goldrausch als das beste Bild
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bezeichnen, das Chaplin je gemacht hat.
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Anfang 3½ Uhr.

Eine heitere Militärgeschichte aus dem alten Wien
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Jngendliche haben Zutritt. (*83408
Anfang 3½, Uhr. Letzte Abendvorstellung 8 Uhr

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