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a
4
De
Einzelnummer 10 Goldpfennige
Heſſiſche Neueſte Nachrichten
Morgenzeitung der Landeshauptſtadt
Wöchentliche illufkrierte Beilage: „Die Gegenwart”, Tagesipiegel in Bild und Wort
Nachdruck ſämtlicher mit X verſehenen Original=Aufſätze und eigenen Nachrichten nur mit Quellenangabe „Darmſt. Tagbl.” geſiattet.
187. Jahrgang
Dienstag, den 8. April 1924.
Nummer 99
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(1 Dollar — 4.20 Mart). — Im Falle höherer
Gewali, wie Krieg, Aufruhr Streik uſw., erliſcht
ſede Verpſſchtung auf Erfüllung der
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aufträge und Teiſtung von Schadenerſatz. Bei
Konkurs oder gerſchtlicher Beſtreibung fäll ſeder
Nabatt weg. Bankkonto: Deutſche Bank und
Darm=
ſtädter 8 Nationalbank.
Eine Antwort Streſemanns.?
Der Herr Reichsminiſter des Auswärtigen Dr.
Streſe=
mnann ſtellt uns den nachſtehenden Brief, mit der Bitte um
Weröffentlichung zur Verfügung:
Berlin, den 4. April 1924.
An den Erweiterten Landesvorſtand der Deutſchnationalen
Volkspartei, zu Händen des Herrn Dr. Werner, Darmſtadt.
In Nr. 88 der „Heſſiſchen Landeszeitung” haben Sie einen
pffenen Brief an mich gerichtet. Ich hätte erwarten
kön=
rien, daß Sie auch mir dieſen Brief zuſandten,
nm mir Gelegenheit zu geben, dazu Stellung
unehmen. Das haben Sie nicht getan, und ich bin
rſt durch Parteifreunde in die Lage verſetzt worden, von dem
Vortlaut Ihres offenen Briefes überhaupt Kenntnis zu
er=
alten.
Sie behaupten in dieſem offenen Brief, daß ich Pläne und
Hoffnungen deutſcher Volksgenoſſen vor der ganzen Welt dem
Seinde preisgegeben hätte. Das iſt glatter Unſinn. Der Satz
avir wollen die ſchwarz=weiß=rote Fahne über den Rhein tra=
=en” iſt von Herrn Hitler in der Verhandlung vor dem Volks=
Pricht in aller Oeffentlichkeit geſagt worden, wurde alſo nicht
drurch mich, ſondern durch Herrn Hitler in die Oeffentlichkeit
ge=
rracht. Der Rütliſchwur der 60 000 Gewehre iſt ebenfalls nicht
ton mir öffentlich mitgeteilt worden, ſondern dieſe Unterſchrift
lefindet ſich unter einem Bild in einem von der Hitlerbewegung
krausgegebenen Buch, das öffentlich zu kaufen iſt.
Gegenüber dieſer Art der Agitation habe ich auf das
Un=
einige ſolcher öffentlichen Bekanntgabe hingewieſen und betont,
wie ſehr dadurch vernünftige Außenpolitik erſchwert wird.
Ihr unerhörter, auf keinerlei Sachkenntnis
heruhender Vorwurf, ich hätte irgendwelche Pläne von
deutſchen Volksgenoſſen verraten, zeigt nur die
Skrupel=
loſigkeit Ihrer Agitation und die
Verantwor=
tungsloſigkeit, mit der Sie Behauptungen
auf fſtellen.
(gez.) Dr. Streſemann,
Reichsminiſter des Auswärtigen.
*) Wiederholt, weil nur in einem Teil unſerer
Sonntags=
arsgabe enthalten.
Vom Tage.
In einer ſozialdemokratiſchen Parteikonferenz in
Ludwigshafen wurde der bisherige Abgeordnete Hoffmann=
Kaiſerslautern als Spitzenkandidat für die Reichstagswahlen aufgeſtellt.
General Ludendorffs Kandidatur für den Reichstag ſoll,
wie ebenfalls mitgeteilt wird, nicht eine ausgeſprochene Partei=
Kandi=
datur für die Völkiſche Freiheitspartei, ſondern ein Einigungs=
Symbol zw ſchen den verfchiedenen völkiſchen
Rich=
tungen darſtellen.
Oberlandesgerichtsrat Poehner hat eine Kandidatur
für den Reichstag, die ihm von der Großdeutſchen
Volksge=
meinſchaft angeboten wurde, nach einer Mitteilung der
Groß=
deutſchen Volksgemeinſchaft abgelehnt.
Bei der Radfahrt „Nund um Bonn” kam es bei Herſel zu
einem ſchweren Unfall. Ein Auto fuhr in raſender Fahrt in die
Fahrer hinein, wobei fünf von ihnen ſchwer verletzt
wurden. Unter den Verwundeten befinden ſich u. a. Rodies und
Nebe aus Leipzig.
Die deutſchen Getreidekreditbanken haben ſich in eine Zentrale
der deutſchen Getreidekreditgeſellſchaften vereinigt.
An der Berliner Börſe ſind Gerüchte über weitere
Inſolvenzen aufgetaucht: Man habe im beſonderen von einer
kleineren Berliner Bank geſprochen, die als Aktiengeſellſchaft betrieben
wird, ſowie von einer Maklerfirma.
Der Staatsſekretär für den Krieg Walſh teilte im Unterhauſe auf
eine Anfrage mit, daß die britiſchen Beſatzungskoſten für 1923 1600 000
Pfund Sterling betrugen. Es ſtanden 8 666 Beſatzungstruppen im
Rheinlande.
Die Verhandlungen über die Lohnvereinbarung der engliſchen.
Schiffsarbeiter ſind ergebnislos verlaufen. Infolgedeſſen iſt der
Be=
ginn der Ausſperrung zu erwarten.
Am 27. April wird Poinearé in Verſailles anläßlich
einer Gedenkfeier des Friedensſchluſſes eine große politiſche
Rede halten.
Miniſterprädent Poincaré hat heute vormittag den
Oberkom=
miſſar der Rheinlandkommiſſion Tirard empfangen.
Wie in den Wandelgängen der Kammer berlautet, hat Poincaué
bezüglich der Einteilung der Wahlkreiſe erklärt, daß die
Regierung hierüber die Vertrauensfrage nicht ſtellen
und die Kammer in voller Uuabhängigteit abſtimmen laſſen werde.
Hadas berichtet: Nach einer Meldung aus Beirut reiſte der
franzöſiſche Oberkommiſſar in Syrien, General
Weh=
gand, von Beirut nach Frankreich ab.
Ber Reichskanzler auf der Srankfurter Meſſe.
„Voran in der Welt!“— Die derzeitige deutſche Wirtſchaftslage.
Frankfurt a. M., 7. April. Zum Beſuch der Frankfurter
Meſſe ſind heute hier eingetroffen: Reichskanzler Dr. Marx mit
atsfekretär Bracht, Reichswirtſchaftsminiſter Dr. Hamm,
uichsfinanzminiſter Dr. Luther, preußiſcher Staatsſekretär Dr.
anhoff, bayeriſcher Miniſterpräſident v. Knilling, der bayeriſche
zandte in Berlin Dr. v. Preger, badiſcher Staatspräſident Dr.
chler, der badiſche Miniſter Trunk, hefſiſcher Staatspräſident
1 ich, heſſiſcher Miniſter Raab und Miniſterialdirektor Dr. von
(eönebeck.
Nach einem Rundgang durch die Meſſe fanden ſich
Regierungsvertreter, Vertreter der Stadt Frankfurt und der
liſſe ſowie eine Anzahl von Preſſevertretern, darunter auch
ncrere aus dem Ausland, aus Oeſterreich, Ungarn, der Schweiz
n Italien zu einem Eſſen im Klub für Handel, Induſtrie und
zf ſenſchaft zuſammen, wo Oberbürgermeiſter Voigt die
Erſchie=
ewen namens der Stadt und der Meſſe begrüßte. Er ſprach
iu e Freude und ſeinen Dank für die moraliſche Unterſtützung
. Anerkennung aus, welche Frankfurt und ſeine Meſſe durch
e Reichs= und Staatsbehörden und die Preſſe erfahren habe.
urch die Ordnung unſere Währung hätten auch Reich, Staat
z. Kommunen wieder Ordnung in die Wirtſchaft bringen kön=
. Das werde auch Vertrauen in die Zukunft bringen und die
r die Verwaltung notwendige Kreditwürdigkeit erhöhen und
mrit auch den Städten ermöglichen, ihre ſozialen und
wirtſchaft=
hin Aufgaben zu erfüllen. Hoffentlich werde es gelingen, auf
eiem Wege weiter fortzuſchreiten.
Der Reichskanzler Dr. Marx
b in ſeiner Erwiderung den ſtarken Eindruck hervor, den die
„nkfurter Meſſe auf ihn gemacht habe. Hier zeige ſich der feſte
iüre des deutſchen Volkes, wirtſchaftlich wieder emporzukom=
Dennoch fehle es in erheblichem Maße an einem ſtarken
rüſchaftlichen Fundament, nämlich an der ſtarken
Stütz=
hig durch Kredite, die wir in ſo außerordentlichem Maße
ſtwendig hätten. Jetzt ſehe man wirklich, daß das deutſche Volk
beriskräftig ſei, wenn es nur Luft und Licht von ſeinen
Nach=
en— in gerechter Weiſe zugeteilt bekomme. Deutſchland
erde ſich aufſchwingen, wenn man ihm die
wirt=
ftliche Freiheit laſſe, wenn man alle Engherizgkeit
unkſtelle und wirklich einmal unſere Hand, die ſo echt deutſch
den bisherigen Feinden entgegengeſtreckt wurde, ergreife
mit uns überlege, was man zum Ausgleich der durch den
herbeigeführten Schäden tun ſolle, und zwar nicht nur zum
en Deutſchlands, ſondern auch Europas und der ganzen Welt.
ehne die Stunde herbei, in der man den
Gei=
zuſtand aufgebe, daßman ſichnurdurch Noten
terhalte und wo man einſehe, daß man mit=
„ander verhändeln müſſe. Die Welt verlange
che einer Kräftigung der deutſchen Wirtſchaft.
Zeit werde kommen, wo die Völker ſich wieder einander
ver=
dem und wo ſich durch eigenwirtſchaftliches Intereſſe der ewige
biit beſeitigen ließe. Die Ideen dürften nicht durch eine
Ueber=
umung des nationalen Gedankens geſtört werden. Die
Reichs=
ürung ſei von heißer Liebe beſeelt, unſer Volk wirtſchaftlich
Finanziell wieder voranzubringen. Voran in der Welt!, das
ſe auch die Loſung des deutſchen Volkes ſein.
Reichswirtſchafisminiſter Dr. Hamm
heute der Frankfurter Meſſe in Begleitung von
Miniſterial=
ſtor v. Schönebeck einen Beſuch abſtattete, ſprach am
Nachmit=
inn großen Saal der Handelskammer vor geladenen Vertre=
tern der ſtädtiſchen Verwaltung ſowie von Handel und Induſtrie
über die derzeitige Wirtſchaftlage. Der Miniſter
ar=
beitete beſonders ſcharf den Gedanken heraus, daß ſich jeder
be=
wußt ſein müſſe, in ſeiner wirtſchaftlichen Betätigung nicht
ſei=
uem eigenen wirtſchaftlichen Intereſſe folgen zu dürfen, ſondern
daß die Wirtſchaft der Geſamtheit, die Volkswirtſchaft und damit
auch das Intereſſe des Staates für ihn maßgebend ſeien. Dieſe
Syntheſe des Wirtſchaftsgedankens und des Staatsgedankens ſei
allein mächtig genug, unſerer Volkswirtſchaft die nötigen Mittel
zu geben. Der Miniſter ſtellte ferner die begrenzten Möglichkeiten
einer Zwangswirtſchaft und die Notwendigkeit einer
ſtaatsbe=
wußten Wirtſchaftsgeſinnung gegenüber. Es ſei nicht möglich,
daß der Staat zu Grunde gehe, ohne daß wir alle mit ihm zu
Grunde gehen. Aber wir wollen nicht zu Grunde gehen, ſondern
zur Höhe ſtreben. Daß wir dies können, ſetze hohes
Pflichtbe=
wußtſein unſerer Wirtſchaft voraus. Alles, was das deutſche
Volk bisher auf ſich genommen habe, ſei gering gegenüber einer
etwaigen neuen Inflation und ihren Folgen. Deshalb müſſe der
Staat jetzt Unerhörtes in Leiſtungen und Laſten von allen
ver=
langen. Dem Auslande gegenüber wiederholte der Miniſter
ſeine Mahnung, der deutſchen Wirtſchaft ihre Geſchloſſenheit und
Einheitlichkeit wiederzugehen. Das müſſe man nicht aus
politi=
ſchen und nationalen Gründen, ſondern auch aus wirtſchaftlichen
Gründen. Es ſei unſinnig, von Deutſchland Reparativnen zu
verlangen und zu gleicher Zeit aus dem deutſchen
Wirtſchafts=
körper Blut abzuziehen.
Die Außenhandelsbilanz für Februar.
Berlin, 7. April. Die deutſche Außenhandelsbilanz
für Februar 1924 zeigt eine ſehr ſtarke Steigerung der
Ein=
fuhr und nur eine verhältnismäßig geringe Zunahme der
Ausfuhr. Die folgenden mitgeteilten Ziffern geben inſofern nicht
eine einwandfreie Ueberſicht, als bei der Berechnung dieſelben
Fehler=
quellen beſtanden wie in den Vormonaten, zumal die Verhältniſſe im
beſetzten Gebiet ſich nicht geändert haben. Die Einfuhr
belief ſich auf 718 587 000 Goldmark (Januar: 568 162 000 Goldmark).
Ausfuhr betrug 466 339 000 Goldmark (Januar: 431 021 000 Goldmark),
ergibt ſich alſo im ganzen eine Paſſivität von 252 Millionen, die durch
Gewährung ausländiſcher Kredite und den Rückfluß deutſcher
Auslands=
guthaben ausgeglichen worden ſein muß. Bei einzelnen Poſten der
Bilanz weiſt die Poſition Rohſtoffe verhältnismäßig die größte
Steige=
rung auf. Beſonders fällt die Zunahme der Einfuhr an Textilſtoffen
und Nohtabak auf, die wohl mit Konjunkturbelebung in der
verarbei=
tenden Induſtrie zuſammenhängt. Die Warengruppe Lebensmittel und
Getränke zeigt einen Nückgang, insbeſondere verminderte
ſich der Warenimport des Maſſenverbrauchs wie
Brorgetreide. Indeſſen iſt bei Mehl eine weitere
Einfuhrſteige=
rung zu beobachten. Auf der Ausfuhrſeite zeigt die letztgenannte Gruppe
eine beträchtliche Zunahme, was hauptſächlich auf die vermehrte
Zucker=
ausfuhr zurückzuführen iſt.
Sachlieferungen.
Paris, 7. April. (Wolff.) Nach einer Havasmeldung aus
Mainz erhält Frankreich auf Grund von Abmachungen, die der
franzöſiſche Oberkommiſſar Tirard in Koblenz mit der deutſchen
chemiſchen Induſtrie getroffen hat, ſeit einiger Zeit beträchtliche
Mengen Kunſtdünger auf Reparationskonto. Außerdem ſeien in
der vergangenen Woche Züge mit Kartoffeln und Rübfamen
nach den zerſtörten Gebieten von Frankreich abgegangen.
Geſpenſiterfurcht.
In England ſieht man nicht ohne Sorge, den kommenden
deutſchen Wahlen entgegen. Man fürchtet offenbar, daß der Ruck
nach rechts ſehr ſtarke Formen annehmen und eine neue
Mehr=
heit das Kabinett Marx ſtürzen werde, um dann etwa eine
Re=
gierung Hergt=Wulle an die Spitze zu bringen, die mit
Revanche=
dröhungen Frankreich vor den Kopf ſtößt und dadurch die erſten
Anſätze einer europäiſchen Verſtändigung zerſtört. Der
Man=
cheſter Guardian, dem man wirklich nachſagen muß, daß er der
Entwicklung Deutſchlands mit freundlicher Objektivität
gegen=
überſteht, ſpricht mit aufrichtiger Beſorgnis über die reaktionäre
Strömung in Deutſchland. Er kommt zu dem Ergebnis, daß in
dem Augenblick, da der Himmel ſich zu klären ſchien, Deutſchland
anfange, eine günſtige Gelegenheit zu opfern und ſeine Freunde
vor den Kopf zu ſtoßen, ſie ſich zu entfremden und ſeinen
Fein=
den in die Hände zu ſpielen. Er iſt dabei ehrlich genug, auch mit
Vorwürfen gegen die Alliierten nicht zu ſ/ aren, die während des
Krieges immer wieder verſicherten, daß ſie nicht gegen das
deut=
ſche Volk kämpften, und die dann doch das deutſche Volk büßen
ließen. Aber leider iſt das nur eine einzelne Stimme, die in der
großen Politik vorläufig einflußlos iſt. Wenn die Herren auf der
Ententeſeite ſich einmal die ehrliche Mühe geben würden, die
Stimmung in Deutſchland zu begreifen, dann müßten ſie doch
auch verſtehen, daß nur durch ihre Politik eine Exploſion
gerade=
zu erzwungen werden muß. Der Friede von Verſailles war
ge=
tbiß ein Machwerk, an dem Haß und Rachſucht monatelang
ge=
arbeitet hatten; aber er gab doch immerhin ein gewiſſes
Mini=
mum an Rechten auch dem beſiegten Deutſchland. Und ſelbſt
die=
ſes Minimum an Rechten hat man uns nicht gelaſſen. Der
Vormarſch nach Frankfurt, die Beſetzung der rechtsrheiniſchen
Brückenköpfe, die Beſetzung des Ruhrgebiets, das alles waren
ſchwere Verſtöße gegen dieſen Vertrag, und niemand in der
Welt=
hat ſich gerührt, um uns zu helfen.
Es iſt gewiß ſehr ſchön von Herrn Namfay Macdonald,
wenn er den europäiſchen Konfliktsſtoff aus der Welt zu ſchaffen
ſucht; aber er wendet ſich doch dabei an die falſche Adreſſe. Er
hat wiederholt ausſprechen laſſen, daß nach ſeiner Ueberzeugung
der Einmarſch ins Ruhrgebiet ein ſchwerer Verſtoß gegen den
Vertrag von Verſailles war. Die engliſche Regierung hat ſchon
früher in Paris erklären laſſen, daß ſie Frankreich haftbar mache
dafür, wenn etwa infolge dieſes Vormarſches Deutſchlands
Zah=
lungsunfähigkeit für die Anſprüche, die England noch gegen uns
geltend macht, geringer würden. Aber kein verantwortlicher
eng=
liſcher Politiker hat es gewagt, daraus die ſelbſtverſtändlichen
Folgerungen zu ziehen. Wäre es den Herren ernſt mit den
Ver=
trägen, die doch auch ſie unterzeichnet haben, dann hätten ſie
längſt den Franzoſen in die Arme fallen und darauf hinwirken
müſſen, daß dieſer Krieg im Frieden ein Ende nehme. Aber dazu
können ſie ſich nicht aufſchwingen, weil ſie entweder nicht den
Mut oder die Macht dazu haben. Wundern dürfen ſie ſich alſo
nicht, wenn wirklich, wie ſie behaupten, Deutſchland einem
Irren=
hauſe gleiche und die Reaktion auf ſo viele getäuſchte Hoffnungen
ganz andere Formen annehme. Es iſt wohl nicht zu viel
be=
hauptet, daß kein anderes Volk nach zehnjähriger Leidenszeit
noch die Nerden im Zaume halten und ſich ſo diſzipliniert
be=
nehmen würde, wie das deutſche. Daß dabei aber hin und
wie=
der Entgleiſungen vorkommen, das iſt eine Selbſtverſtändlichkeit,
für die wenigſtens außerhalb Frankreichs jeder Menſch
Ver=
ſtändnis haben ſollte.
Uind auch das iſt unbeſtreitbar, daß durch die Politik ſeit
dem Vertrage von Verſailles die „Reaktion” geſtärkt worden iſt,
wenn man unter dieſem verwaſchenen Begriff alle diejenigen
Gruppen verſteht, die an das Ende der deutſchen Weltgeltung
nicht glauben wollen. Der Zuſammenbruch 1918 war bei uns ſo
groß, daß die Franzoſen es durch eine vornehme Geſte in der
Hand gehabt hätten, dem Pazifismus und der Demokratie in
Deutſchland auf mindeſtens ein Menſchenalter zum Siege zu
verhelfen. Sie haben ſtett deſſen alles getan, um die Demokraten
und die Friedensfreunde ins Unrecht zu ſetzen. Nur zu
begreif=
lich, daß der Rückſchlag nun einſetzte und die Enttäuſchten auf
die andere Seite trieb. Zumal die Jugend, die bei ihrem
hoch=
geſpannten Ehrgefühl und ihren hochgeſpannten Erwartungen
am ſichtbarſten unter der Gegenwart leidet.Hier ſitzen die
Kern=
truppen deſſen, was ſich heute in Deutſchland völkiſche Bewegung
nennt, was ſich von draußen her vielleicht ſogar als eine
Be=
drohung des europäiſchen Friedens ausnimmt. Wer aber näher
zuſieht, der wird darüber lächeln. Was auf der äußerſten
Rech=
ten geſchieht, iſt mehr ein Ausfluß des Ueberſchuſſes an
Tempe=
rament, iſt ſchließlich genau dasſelbe, was wir vor einhundert
Jahren ſchon erlebt haben, nur mit dem einen Unterſchiede, daß
unfer altes Erbübel, die Uneinigkeit, ſich gerade hier am
ſtärk=
ſten zeigt. Die Deutſche Zeitung, die es einigermaßen wiſſen
muß, behauptet, daß die Völkiſchen mit 26 verſchiedenen Liſten
in den Wahlkampf hineingehen würden. Nichts kann ihre
Aus=
ſichten mehr ſchädigen, als dieſe innere Uneinigkeit, die bereits
dazu führt, daß einer den anderen einen „Judenknecht” nennt.
Wenn es alſo auch zweifellos iſt, daß die Wahlen den
verſchiede=
nen deutſchvölkiſchen Gruppen Erfolge bringen werden, ſo ſorgt
doch ihre eigene Uneinigkeit dafür, daß ihre Bäume nicht in den
Himmel wachſen. Eine „europäiſche Gefahr” bedeuten ſie
jeden=
falls nicht; der Zerſetzungsprozeß wird zwangsläufig
weiter=
gehen, bis ſchließlich eine in ſich geläuterte Bewegung übrig
bleibt, die nicht in radaulüſterner Negation, ſondern in
ziel=
bewußter Kleinarbeit den Wiederaufban des Volkes zu
för=
dern ſucht.
Phantaſtiſche Angaben.
Paris, 7. April. Die im beſetzten Gebiet veranſtalteten
Hausſuchungen, die Beweiſe für das Beſtehen von
Geheimver=
bänden abgeben ſollen, und die am Vorabend des Tages
er=
folgt ſind, an dem die Botſchafterkonferenz ſich zum erſten Male
mit der deutſchen Note über die militäriſche Kontrolle zu
beſchäf=
tigen hatte, werden von der Preſſe in ſtarkem Maße ausgebeutet.
Das Echo de Paris meldet bezeichnenderweiſe, es ſei ſchon geſtern
ein Aktenbündel über das Ergebnis der Hausſuchungen dem
engliſchen Premierminiſter übermittelt worden.
Seite 2.
Darmſtädter Tagblatt, Dienstag, den 8. April 1924
Mummer 99.
Neue Verzögerungen.
Befürchtungen der Sachverſtändigen.
Warnung an Poincaré.
Paris, 8. April. (Wolff.) Die Chicago Tribune gibt den
neuen Verzögerungen im
Sachverſtändigen=
komitee Dawes folgende Deutung: Unter den Mitgliedern
des Sachverſtändigenkomitees werde befürchtet, daß jeder
Aus=
bruch neuer Verwickelungen im Ruhrgebiet
in=
folge etwaiger Nichterneuerung der Micumverträge die Annahme
und Durchführung des Sachverſtändigenplandes ernſtlich
gefähr=
den werde. Die franzöſiſchen Mitglieder des Komitees Dawes
ſeien gedrängt worden, Poincars vor jeder Störung der
gegenwärtig verhältnismäßig ruhigen Lage zu warnen.
Ueberreichung der Sachverſtändigenberichte am Mittwoch
TU. Paris 7. April. Das Komitee Daves iſt heute
vor=
mittag zu einer Sitzung zuſammengetreten und hat ſich
nachmit=
tags erneut verſammelt. Eine weitere Sitzung iſt auf morgen
anberaumt. Fall die Durchſicht und namentlich der Vergleich der
franzöſiſchen Ueberſetzung mit dem Urtext bis Mittwoch beendet
iſt, kann die Uebergabe der Schriftſtücke am Mittwoch erfolgen.
Es ſind bereits Maßnahmen getroffen, um die Berichte dann auf
dem ſchnellſten Weg nach London und Brüſſel zu befördern. Nach
Rom und Waſhington werden ſie drahtlich geſchickt. Mehrere
Uleberſeekabel ſind bereits zu dieſem Zweck reſerviert. Man
uimmt an, daß die Verſendung des Schriftſtücks und ſeines
An=
hangs ungefähr 5 Stunden in Anſpruch nehmen wird.
Die alliierten Regierungen im Beſitz des Berichts.
* Rom, 7. April. (Priv.=Tel.) Wie die offiziöſe Agentur
Volta mitteilt, iſt der Bericht der Sachverſtändigen ſchon im
Be=
ſitz der Ententeregierungen, während er gleichzeitig von der
Re=
parationskommiſſion geprüft wird. Ueber den Inhalt des
Be=
richts bewahren die italieniſchen Regierungskreiſe tiefſtes
Still=
ſchweigen. Sie erwarten einen regen Meinungsaustauſch
un=
ter den Ententeregierungen.
Brüſſeler Pläne.
London, 7. April. (Wolff.) Dem Brüſſeler Times=
Bericht=
erſtater zufolge beabſichtigt die belgiſche Regierung,
mit der britiſchen über die Frage zu beraten, ob die Berichte
der Sachverſtändigen von der
Reparationskom=
mifſion behandelt werden ſollten oder von einem
Aus=
ſchuß, der ſich aus Vertretern der intereſſierten
Regierungen zuſammenſetze. In Brüſſel ſcheine man im
Intereſſe der Zeiterſparnis für die zweite Methode einzutreten.
Die Möglichkeit der deutſchen Schadenerſatzleiſtungen.
Eine Unterſuchung Profeſſor Caſſels.
Stockholm, 7. April. (Wolff.) Angeſichts der
bevor=
ſtehenden Veröffentlichung des Sachverſtändigengutachtens
unter=
ſucht Profeſſor Caſſel im Spenska Dagbladet die Möglichkeit
der deutſchen Schadenerſatzleiſtung. An Hand des
den Sachverſtändigen unterbreiteten deutſchen ſtatiſtiſchen
Mate=
rials berechnet er den Rückgang der allgemeinen deutſchen
Pro=
duktion auf zirka 60 Prozent der Vorkriegszeit. Auch wenn man
annehme, daß der deutſche Konſum in gleichem Verhältnis
zu=
rückgehe wie die allgemeine Produktion, ſo ſei doch die
Neubil=
dung von Kapital unverhältnismäßig weiter zurückgegangen, da
ja ſeit dem Waffenſtillſtand bedeutende Zahlungen an die Sieger
erfolgten. Die Kapitalbildung könne aber niemals ganz auf
hören. Sie ſei zumal für einen notleidenden Staat abſolut
Kot=
wendig, um das Produktionsvermögen wieder in Ganz zu
brin=
gen und Schadenerſatz zu leiſten. Eine
Schadenerſatz=
zahlung aus dem vorhandenen deutſchen
Kapi=
tal komme alſo nicht in Betracht; ebenſowenig könne
ein Schadenerſatz durch eine Beſchränkung des jetzigen deutſchen
Konſums freigemacht werden, da dieſer bereits ſo eingeſchränkt
ſei, daß die Volksgeſundheit darunter leide. Folglich ſei ein
Schadenerſatz nur durch den deutſchen
Export=
überſchuß zu erzielen, was eine bedeutende Verſtärkung des
materiellen Produktionsapparates, alſo innere deutſche
Kapital=
bildung und Abfatzmöglichkeit der deutſchen
Ueberſchußproduk=
tion im Auslande vorausſetze. Vom Geſichtspunkt dieſer
öko=
nomiſchen Notwendigkeit aus müßte alſo das Gutachten der
Sachverſtändigen geprüft werden. Wenn von den
Sachverſtän=
digen ein gewiſſes Zahlungsſchema vorgeſchlagen werde, ſo
müßte es darlegen: 1. auf welchen Konſumſtandard man das
deutſche Volk zu ſtellen gedenkt, 2. wie hoch man die deutſche
Produktion hinaufzutreiben gedenkt und welche innere deutſche
Kapitalbildung man zulaſſen will, damit Deutſchland für eine
ſolche. Produktion materiell gerüſtet iſt, 3. wie man ſich den
deut=
ſchen Exportüberſchuß für Deutſchland möglich und für die übrige
Welt aufnehmbar denkt.
Gewiſſenloſe Verdreßungen.
Der Eclair zur Streſemann=Rede.
Paris 7. April. (Wolff.) In welch gewiſſenloſer Weiſe
die nationaliſtiſche Pariſer Preſſe die Reden der deutſchen
Reichs=
miniſter für ihre Zwecke entſtellt, iſt in der letzten Zeit wiederholt
dargetan worden. Ein beſonders kraſſes Beiſpiel für dieſe
Me=
thode iſt der Bericht des Pariſer Eclair über die Rede des
Außenminiſters Streſemann in Kiel. Dieſes Blatt hat der Rede
folgende Schlagzeilen vorangeſtellt. Die Franzoſen haben alle
Erörterungen unmöglich gemacht: Das Spiel des paſſiven
Wi=
derſtands ſoll wieder beginnen.
Tatſächlich hat Dr. Streſemann folgendes ausgeführt: „Wir
müſſen uns ganz entſchieden dagegen verwahren, daß die
Unmög=
lichkeit von Leiſtungen ſeitens des Deutſchen Reiches, die der
franzöſiſche Miniſterpräſident früher ſelbſt anerkannt hat, jetzt
zum Ausgangspunkt einer neuen Konſtruktion des paſſiven
Wi=
derſtands gemacht wird. Unter dem Vorwand, daß der paſſive
Widerſtand noch andauere, iſt im vorigen Herbſt jede
Verſtändi=
gungsausſprache über das Reparationsproblem zwiſchen
Frank=
reich und Deutſchland von Frankreich vereitelt worden. Soll jetzt,
wo das Gutachten der Sachverſtändigen die große Diskuſſion
über die Endlöſung der Reparationsfrage in die Wege leitet,
das=
ſelbe Spiel wieder beginnen?
Der Sinn der Ausführungen Streſemanns iſt demnach genau
in ſein Gegenteil verkehrt worden.
Anslegung der Streſemannrede durch den Temps.
Paris, 7. April. Der Temps ſchreibt in ſeinem Leitartikel zur
geſtrigen Rede des deutſchen Miniſters des Aeußern Streſemann in
Kiel, bekanntlich habe der deutſche Botſchafter in ſeiner Unterredung mit
Poincaré den Auftrag gehabt, Verhandlungen zwiſchen den beiden
Re=
gierungen über die Micumverträge einzuleiten oder vorzuſchlagen. Der
franzöſiſche Miniſterpräſident, der auf dem Standpunkt ſrehe, daß über
die Erneuerung der Verträge unmittelbar zwiſchen den deutſchen
In=
duſtriellen und der Micum verhandelt werden müſſe, habe eine direkte
Auseinanderſetzung zwiſchen Paris und Berlin abgelehnt. Die
Aus=
ſprache ſei alſo abgeſchloſſen geweſen. Es handele ſich nur noch darum,
die Verhandlungen abzuwarten, zu denen es im Nuhrgebiet kommen
wird. Habe Streſemann etwa dadurch, daß er noch vorher die Debatte
in eine Wahlverſammlung getragen habe, die deutſchen Induſtriellen
beeinfluſſen oder habe er auf die franzöſiſche Regierung einwirken
wol=
len in der Hoffnung, daß Frankreich ſeinen Entſchluß rückgängig machte
und ſich doch noch zu Verhandlungen mit Berlin vereitfinde? Wie dem
auch ſei, Streſemann habe ſich eines Arguments bedient, das ihm die
Verhandlungen nicht erleichtern werde, indem er erklärt habe, daß die
engliſchen Großbanken den deutſchen Induſtriellen allen Kredit
verwei=
gerten, ſo lange die Micumverträge beſtänden. Dieſe Aeußerung werde
nur erklärlich, wenn man annehme, daß keiner von den Krediten, die
den deutſchen Banken zur Verfügung geſtellt wurden, direkt oder
in=
direkt, d. h. durch Vermittelung der neuen Goiddiskontbank zugunſten
der deutſchen Uuternehmer verwendet werden dürften, die ſich zur
Ver=
längerung der Micumderträge bereit erklären wurden. Da3 wäre ein
regelrechter Boykott. Der Temps geht ſogar noch weiter in ſeiner
Aus=
legung der Streſemannſchen Erklärungen, die nach ihm bedeuten
wür=
den, daß nicht nur die größten engliſchen Kreditinſtitute, ſondern auch
die Bank von England ſelbſt hätten wiſſen laſſen, Deutſchland würde
die für die Golddiskontbank erforderlichen Kredite nicht erhalten, wenn
die Ruhrinduſtrie in den Stand geſetzt würde, die mit den
franzöſiſch=
belgiſchen Behörden abgeſchloſſenen Verträge noch länger auszuführen.
Wenn Streſemann ſich in ſeiner geſtrigen Rede nicht getäuſcht habe, ſo
hätten alſo die engliſchen Banken genau das Gegenteil von dem getan,
was man hätte wünſchen können. Sie gäben ihre Kredite unter der
Be=
dingung, daß Deutſchland den paſſiven Widerſtand im Ruhrgebiet
wie=
der aufnehme. Das wäre ein wenig ſtark, und man begreife, daß die
franzöſiſche Oeffentlichkeit das Bedürfnis nach Aufklärung habe. Sollte
London dementieren, ſo werde das die Erneuerung der Micumverträge
erleichtern; käme aber kein Dementi, ſo ſei es fraglich, ob Deutſchland
Anlaß haben werde, ſich dazu zu beglückwünſchen.
Der Reichskanzler gegen die Micumverträge.
Barmen, 7. April. Der Reichskanzler Dr. Marx gewährte
dem rheiniſchen Korreſpondenten des Berliner Tageblattes am Schluß
der geſtrigen Wahlverſammlung der Zentrumspartei eine Unterredung.
in der lebenswichtige Fragen des beſetzten Gebietes erörtert wurden.
Auf die Frage, ob es den Tatſachen entſpreche, daß der deutſche
Botſchafter v. Hoeſch bei dem Miniſterpräſidenten Poincaré um eme
einmonatige Verlängerung der Micumverträge nachgeſucht habe, wie der
Matin berichtet habe, erwiderte der Reichskanzler: „Dieſe Meldung
ent=
ſpricht in keiner Weiſe den Tatſachen. Wirhaben umkeine
Ver=
längerung der Micumverträge nachgeſucht, da die
Reichsregierung und die geſamten Großinduſtriellen ſowie die
wirt=
ſchaftlichen Sachverſtändigen die Micumverträge wirtſchaftlich nicht
trag=
bar halten, und auch die Arbeiterſchaft die Weiterarbeit im Rahmen
dieſer Verträge abgelehnt hat. Da in der letzten Zeit wiederholt in der
franzöſiſchen Preſſe davon die Rede war, daß Frankreich zu
Sank=
tionen ſchreiten müßte, falls wir einer Verlängerung der
Micum=
verträge nicht zuſtimmen würden, war der deutſche Borſchafter
beauf=
tragt worden, bei der franzöſiſchen Regierung zu ſondieren, ob irgend=
wie derartige Maßnahmen bevorſtänden. Hierüber ſchweben aber noch
die Verhandlungen, die noch nicht abgeſchloſſen ſind. Es wird von dem
Ergebnis abhängen, ob die Nuhrinduſtriellen zu einem neuen
Abkom=
men mit der Micum gelangen.
Zu den zahlreichen Verhaftungen von Deutſchen in
Eſſen durch die franzöſiſche Beſatzungsbehörde wegen nationaliſtiſcher
Umtriebe äußerte der Reichskanzler: „Ich habe dieſe Nachrichten erſt auf
meiner Reiſe empfangen. Der deutſchen Regierung iſt
jedenfalls über ein Beſtehen von
Geheimorgani=
ſationen im beſetzten Gebiete nichts bekannt. Die geſamte
Bevölkerung des beſetzten Gebietes lehute dieſe
deutſchnationa=
len und deutſchvölkiſchen Umtriebe ab, da ſie nur zu neuen
Repreſſalien führen, ohne das Los der Bevölkerung zu
er=
leichtern, und erſchweren den Wahlkampf im beſetzten Gebiete.
Im weiteren Verlauf der Unterhaltung kam der Kanzler auch auf
die Stabiliſierung der Mark zu ſprechen. Von der
Stabi=
liſierung der Rentenmark — äußerte der Kanzler — hänge heute die
Exiſtenz des deutſchen Volkes ab. Unſere Maßnahmen mögen nach
außen hin brutal erſcheinen, aber wir befinden uns in einer
Zwangs=
lage. Das Ausreiſeverbot ließ ſich nicht umgehen und mußte ſchnellſtens
erlaſſen werden.
Die Ausbeutung des beſetzten Gebietes.
U. Paris 7. April. Ueber das Ergebnis der
Zollver=
waltung im=Rheinland und im Ruhrgebiet werden folgende
An=
gaben veröffentlicht:
1. Zolleinnahmen im engeren Sinne: Das Ergebnis
im erſten Drittel des März belief ſich auf 9581 473 Goldmart
gegenüber 7 525 148 Goldmark in der vorausgegangenen Dekade,
Der Monat März hat im ganzen 24 096 305 Goldmark ergeben.
2. Ausnahmebewilligungen haben im Rheinland
allein in der dritten Dekade des Monats März 3 428032
Gold=
mark, gegenüber 2 118525 Goldmark in der vorausgegangenen
Dekade, ergeben. Im ganzen beſetzten Gebiet betrugen die
Ein=
nahmen daraus im Monat März 7 145 454 Goldmark, gegenüber
7 182 658 Goldmark im Februar.
3. Lizenzen erbrachten im Rheinland im März 1 480828
Goldmark, gegenüber 1 710 654 Goldmark im Februar.
4. Die geſamten Zolleinnahmen im Rheinland und
Ruhr=
gebiet ſowie die Ausnahmebewilligungen und Lizenzerträgniſſe
im Rheinland allein haben im März 32 723 383 Goldmark
er=
geben.
Rheinlandkommiſſion und Reichstagswahlen.
Die Interalliierte Rheinlandkommiſſion hat nach einer
Mel=
dung des Echo du Rhin vom 5. April 1924, bezüglich der
Reichstagswahl folgende Inſtruktionen an ihre
Delegier=
ten gegeben:
Den Wahlverſammlungen iſt grundſätzlich kein,
Sin=
dernis in den Weg zu legen, wenn ſie rechtzeitig bei dem
le=
gierten angemeldet ſind und tatſächlich Wahlzwecken diene Die
Anmeldefriſt iſt für die Wahlzeit von 48 Stünden auf 24 Stunden
abgekürzt worden.
Bezüglich des Verkehrs mit dem beſetzten Gebiet
wird darauf hingewieſen, daß für die Bewohner des beſetzten
Gebiets der Verkehr nach dem unbeſetzten Gebiet völlig frei ſei.
Die Einreiſe in das beſetzte Gebiet wird den
Reichstagskandida=
ten und den Parteifunktionären, die im unbeſetzten Gebiet
woh=
nen, auf entſprechend begründeten Antrag gewährt. Dieſe
all=
gemeine Zuſage gilt nicht für Ausgewieſene. Jedoch können auch
Ausgewieſene, die Reichstagskandidaten ſind, auf Antrag für
14 Tage ausnahmsweife die Einreiſeerlaubnis erhalten.
Was die Preſſe anbelangt, ſo macht die
Rheinlandkom=
miſſion darauf aufmerkſam, daß eine Preſſevorzenſur uicht
be=
ſteht, daß alſo die Preſſe bezüglich der Reichstagswahl keiner
Ein=
ſchränkung unterliege, abgeſehen allerdings von der Tatſache,
daß ſie wegen unzuläſſiger, die Sicherheit der Befatzungsbehörden
gefährdenter Aeußerungen, ſich der Beſtrafung ausſetze.
Eine neue Niederlage Macdonalds.
London, 7. April. (Wolff.) Die Regierung iſt in der
heutigen Sitzung des Unterhauſes, gelegentlich der zweiten
Le=
ſung ihrer Mietfeſtſetzungsvorlage niedergeſchlagen worden. Auch
die Abänderung der Vorlage in dem Sinn, daß die Unterſtützung
zahlungsfähiger arbeitsloſer Mieter den öffentlichen Kaſſen
auf=
gebürdet werden ſoll, wurde in gleicher Weiſe von Konſervativen
und Liberalen als unannehmbar bezeichnet. Das Haus nahm den
Antrag Chamberlains, die Vorlage zurückzuziehen, mit 291
ge=
gen 212 Stimmen an.
Rücktritt des Kabinetts Smuts.
* London, 7. April. (Priv.=Tel.) Durch den Rücktritt
des Kabinetts ſind in Südafrika Neuwahlen notwendig
gewor=
den. Der Rücktritt erfolgte wegen einer Wahlniederlage der
Regierungskandidaten in einer Nachwahl, wodurch die
Regie=
rungsmehrheit im Parlament auf 4 Stimmen reduziert
wor=
den iſt.
* Die Schöpferin
des Goethe=Schiller=Archivs.
Zum 100. Geburtstag der Großherzogin Sophie.
Ein Jahrhundert iſt am 8. April bergangen, ſeit die
Groß=
herzogin Sophie von Weimar geboren wurde, der die Kultur
unſerer klaſſiſchen Dichterſtätte und die Goethe=Forſchung ſo viel
verdankt. Sie war eine niederländiſche Prinzeſſin aus dem
Hauſe Oranien und ſtand ihrem Gemahl Carl Alexander in der
Verehrung der Geiſtesgüter Weimars und in edler
Menſchlich=
keit ebenbürtig zur Seite. „Eine der freigebigſten und
wohltätig=
ſten Fürſtinnen, die es je gegeben, von einer beſtändigen
Schaf=
fensfreudigkeit zum Wohle der Menſchen beſeelt”, hat ſie Cuno
Fiſcher in ſeinem Nachruf genannt. Und er fährt fort, daß das
Goethewort „Edel ſei der Menſch, hilfreich und gut” der
Wahl=
ſpruch ihres Lebens geweſen ſei. „Sobald ſich die Großherzogin
näherte und die Menſchen anſprach, belebten ihre ausdrucksvollen”
Züge eine ungemeinde Freundlichkeit, ein herzgewinnendes
Wohlwollen.” Was ſie an Wohlfahrtseinrichtungen geſchaffen,
lebt noch heute fort. Anſtalten aller Art, zur Aufnahme der
Blin=
den und Taubſtummen, zur Pflege der Kinder, für Arme und
Kranke, Erziehungs= und Bildungsanſtalten der weiblichen
Jugend, wie das Sophienhaus und Sophienſtift, errichtete ſie und
erhielt ſie. Ihre innerſte Neigung aber galt dem Heiligtum der
klaſſiſchen Dichtung, deſſen Vermächtnis ihr als Weimars Fürſtin
gleichſam überkommen war. Die ſtolzeſten Denkmäler dieſer
Ver=
ehrung ſind das Goethe= und Schiller=Archiv, das ſie begründete,
und die grundlegende vollſtändige Ausgabe der Goetheſchen
Schriften, die in dem Namen „Sophien=Ausgabe” ihr Andenken
erhält. Den Tag der Einweihung des Archivs bezeichnete ſie
ſelbſt als ihren „Lebensfeſttag” „In unvergänglicher
Erinne=
rung wird es allen Feſtteilnehmern bleiben,” hat über dieſen
großen Augenblick in ihrem Leben Julius Rodenberg geſchrieben,
„wie ſie daſtand, die hohe Frau, mitten in dem von ihr
geſchaffe=
nen Bau, deſſen weiße Wände von der Sommerſonne leuchteten,
wie die Huldigungen von den verſchiedenen Deputationen
dar=
gebracht wurden, und die Fürſtin für jede der Anreden Worte
der Erwiderung hatte, ſo ſchlicht und einfach und doch ſo
be=
ſtimmit, daß man in jedem zugleich das volle Herz und den
ſtar=
ken Willen ſprechen hörte, bis zu dem großen Schlußakt, wo eine
Anzahl hochgeſinnter Geber ein Geſchenk überreichen ließ, an
deſſen unvergänglichem Wert allein die Bedeutung dieſes Tages
ermeſſen werden kann: die Briefe Goethes an Frau von Stein.”
Der Erbe Goethes, Walter, hatte ihr alle handſchriftlichen Schätze
aus dem Goetheſchen Nachlaß anvertraut, und die Nachkommen
Schillers fügten dem die Handſchriften und die Bibliothek
Schil=
lers hinzu. Außerdem hat ſie durch Schenkung oder Ankauf noch
zahlreiche andere wertvolle Nachläſſe von hervorragenden
deut=
ſchen Dichtern erhalten, die jetzt das Archiv zu einem
Mittel=
punkt der deutſchen literariſchen Forſchung machen. Und nicht
nur als Schutzherrin der Goetheforſchung war ſie tätig, ſondern
ſie hat ſich auch ſelbſt aufs eingehendſte mit den ihr
überkomme=
nen Schätzen beſchäftigt. „Sie hielt über den Beſtand des
Goethe=
ſchen Vermächtniſſes ſelbſt zuerſt Muſterung,” hat darüber
Bern=
hard Suphan geſagt, „und Spuren dieſer Tätigkeit finden ſich
auf gar manchem handſchriftlichen Stück: Vermerke und
Auf=
ſchriften, die uns beweiſen, wie ernſt und genau ſie es mit der
Durchſicht genommen. Sie pflegte von wichtigeren neuen
Fun=
den, auch von ſolchen Stücken, die zur Veröffentlichung gewählt
waren, zuerſt Kenntnis zu nehmen, und bis zu den Zeiten, wo
ihr Schonung zur Pflicht gemacht war, hat ſie an dieſer
Gewohn=
heit feſtgehalten. So hat ſie den Schatz erworben, der in ihre
Hand gelegt war.”
* Konzerte.
E.N. Das letzte Konzert des
Landestheater=
orcheſters bot klaſſiſche Muſik, denn die hier zum erſten Male
erklingende dritte Sinfonie in D=Dur des noch nicht
zwanzig=
jährigen Schubert trägt durchaus klaſſiſchen Charakter. Schubert
gebraucht die Orcheſterbeſetzung und den gewohnten
Formen=
aufbau ſpäter Werke von Haydn oder Mozart und läßt
jugend=
frohe Sonnigkeit über alle Sätze ſtrahlen. Eigen iſt in der
lang=
ſamen Einleitung die Wiederholung des D=Dur=Beginns in
F=Dur, wundervoll zart, liedhaft das Flötenthema des lebhaften
Hauptſatzes. Hierin ſpricht ſich die Schubertſche Eigenart am
ſtärkſten aus, daß beide Themen weich, lyriſch und wenig
gegen=
ſätzlich geartet ſind. Die fein gearbeitete Durchführung gibt ſich
ganz klaſſiſch. Durchaus wieneriſch, heiter und volkstümlich iſt
das reizende Allegretto, das den üblichen langſamen Satz
ver=
tritt und von einem wundervoll innigen Zwiſchenſatz
unter=
rochen wird. Das ſynkopiſche Menuett und der geiſtvolle, flotte
Schlußfatz atmen denſelben Geiſt der Lebensfreude, und die
überaus knappe prägnante Formengebung zeigt, wie konzentriert
Schubert zu ſchreiben imſtande iſt, und wie in den ſpäteren
Wer=
ken es der anders geartete Inhalt iſt, der die Form wanken läßt.
Die faſt nie geſpielte Sinfonie verdiente es, ausgegraben zu
werden, und die beſonders liebevolle Geſtaltung, die ihr durch
Michael Balling zuteil wurde, ließ ſie als eine freudebringende
Frühlingsblume erſcheinen. Beſonders auffallend war die helle,
jugendlich friſche Klangfarbe im Gegenſatz zu der viel dunkleren
Klangbehandlung des darauf folgenden Violoncello=Konzertes
von Haydn.
Dem dunklen Charakter des Soloinſtrumentes zuliebe iſt
das Orcheſter ſatt und vollklingend geſetzt, und auch der Inhalt
der Sätze iſt von großem Ernſt, der oft in ſtarkes Pathos
über=
geht. Die Linien der Sätze ſind weitgeſpannt, dem großzügigen
erſten folgt ein elegiſches, geſangvolles Adagio, und der im
Ver=
hältnis am freudigſten geartete Schlußſatz bleibt immer noch
ge=
wichtiger, als man es gerade bei Haydns Finalſätzen gewohnt iſt.
In bezug auf die Anforderungen, die an den Soliſten geſtellt
werden, gehört das Konzert zu den ſchwierigſten Werken der
Literatur, und es bedarf eines Künſtlers wie Paul
Grüm=
mer, daß alles ſo ſelbſtverſtändlich, klar und tonſchön
heraus=
kommt. Sein herrlicher Ton klang voll bis in die höchſten Lagen,
ſeine über alles Lob erhabene Technik iſt allbekannt. Hier hatte
der Künſtler beſonders Gelegenheit, ſich als Meiſter des
akkor=
diſchen Spieles zu bewähren, denn die Kadenz des erſten und
einige Teile des letzten Satzes ſtellten hierin höchſte
Anforderun=
gen. Auch die Reinheit ſeiner Oktavengriffe, die großartige
Sicherheit beim ſchwierigſten Lagenwechſel und der Verzicht auf
das bei manchen Cellopirtuoſen ſo beliebte heulende Portamento
und nicht zum wenigſten der vornehme, nirgend egoiſtiſch ſich
vordrängende Vortrag ſtempeln Herrn Grümmer zu einem der
allererſten Celliſten.
Den Schluß des Konzertes bildete Bcethovens „Siebente‟,
dieſes am meiſten lebensbejahende Werk aus der ſpäteren
Le=
beneszeit des Meiſters, in vielem, ſo dem Coda des erſten Satzes
mit dem obſtinaten Baß, in dem Variationenaufbau und dem
unendlich einfachen Thema des Allgretto als geiſtige
Vorgänge=
rin der Neunten deutlich erkennbar. Die Wiedergabe war ſehr
glücklich. So wie Balling den Schubert prachtvoll abtönte und
das Orcheſter zu einer Glanzleiſtung begeiſterte, ſo übergoß er
das wundervolle Vorſpiel mit größter Weihe. Ganz beſonders
meiſterhaft wurde der Uebergang zum Vivace geſtaltet, deſſen
leidenſchaftliche Fröhlichkeit und kraftvolle Ungebundenheit ſich
in vollſter Ueberzeugunskraft auswirkte. Der A=Moll=Mittelſaßz
war klaſſiſch ſchön, und in dem tollen Scherzo trat die
Gegen=
ſätzlichkeit des romantiſchen Zwiſchenſatzes mit ſeinen dunklei,
Hodnklängen in prachtvollen Gegenſatz. Hier wird Beethoven
fo ſehr Romantiker, daß er ſich von dem klangſchwelgeriſchen
Nummer 99.
Darmſtädter Tagblatt, Dfeustag, den 8. April 1524,
Die Wahlen in Bahern.
Das vorkäufige Ergebnis.
g. München, 7. April. (Priv.=Tel.) Auch am Montag
abend laſſen ſich die bayeriſchen Wahlen in ihrer politiſchen
Bedeutung und Tragweite noch nicht abſchließend würdigen,
da die letzten von der Regierung abends 7 Uhr ausgegebenen
Wahlergebniſſe erſt 159 Bezirke umfaſſen, ſo daß 38 Bezirke, mit
den wichtigen Punkten: Hof, Bamberg, Fürth, noch immer
aus=
ſtehen. Dieſes Ergebnis, dem am Dienstag vormittag das
amt=
liche Wahlergebnis folgen ſoll, weißt folgende Ziffer auf:
Bayeriſche Volkspartei 752 398, Völkiſcher Block 504 865,
B. S. P.D. 355 956, Bauernbund 184 362, K.P.D. 179 323,
Verei=
nigte nationale Rechte
ſtandsbund 6282, Deutſche Volkspartei 5 087, Beamtenpartei
3839, U. S.P. 2361, Mieterliſte 369, Republikaniſche Partei
Deutſchlands 278 Stimmen.
Bei dem Volksentſcheid wurden abgegeben: „Ja=Stimmen:
986 978, Nein=Stimmen: 1 112305. Der Volksentſcheid wäre alſo
ohnehin ſchon ſicher abgelehnt, da die Nein=Stimmen die Ja=
Stimmen überwiegen, wenn nicht die Verfaſſung die
Zweidrit=
relmehrheit für die Gültigkeit des Volksentſcheids vorſchreiben
würde. Dieſe Zweidrittelmehrheit iſt keineswegs mehr zu
er=
rreichen. Der Volksentſcheid muß daher endgültig als abgelehnt
gelten.
Die Auswirkungen der Wahlen auf die
parla=
nentariſche Lage und auf die Regierung und
Koalitions=
bildung in Bayern ſind auch jetzt noch nicht mit Sicherheit ab=
Zuſehen, da ſich nach den gegenwärtigen Verhältniſſen die kogli=
Eionsfähigen Parteien auf der einen und die Oppoſition rechts
ind links auf der anderen Seite ungefähr die Wage halten, wenn
raicht die Oppoſitionsparteien zu einer immerhin beträchtlichen
MMehrheit kommen. Entſprechend der Verfaſſung wird die jetzige
Hayeriſche Regierung nach dem Zuſammentritt des neuen
Land=
ags ihre Aemter dem Landtag zur Verfügung ſtellen und ihren
Fkücktritt erklären müſſen. Den Miniſterpräſidenten hätte dann
unächſt die ſtärkſte Fraktion, alſo demnach auch diesmal wieder
ie Bayeriſche Volkspartei zu benennen. Würde der
Miniſter=
eräſident von einer Mehrheit des Landtags gewählt, ſo wäre
s ſeiie Aufgabe, das Kabinett zu bilden und ein
Regierungs=
rogramm mit den zur Unterſtützung des Kabinetts bereiten
Braktionen auszuarbeiten.
Daß die Bayeriſche Volkspartei die Regierung den Völkiſchen
berlaſſen wolle, iſt eine Annahme, die bisher keineswegs durch
i—gendwelche Tatſachen begründet iſt.
Unter Zugrundelegung eines Wahlquotienten von 25 000, der
kzi der geringen Wahlbeteiligung in Frage kommt, würden ſich
mif den bisherigen Stimmzahlen folgende Sitze für die Parteien
exrechnen laſſen, wobei Landesmandate und pfälziſche Sitze
un=
kserückſichtigt geblieben ſind:
Bayeriſche Volkspartei 30, Völkiſcher Block 16,
Sozialdemo=
kuaten 14, Bauernbund 7 bis 8, Kommuniſten 7, Vereinigte
natio=
rale Rechte 6 bis 7, Demokraten 2 bis 3, Nationalliberale
Lan=
despartei 1 Abgeordneter. Die Deutſche Volkspartei,
Chriſtlich=
ſ ziale und alle ſonſtigen Gruppen würden nach dem
gegenwär=
tyen Stimmenſtand leer ausgehen. Dagegen haben die
Chriſt=
lrh=ſozialen und die Beamtengruppe Kratoviel ohnehin bei den
Lrndesmandaten auf Grund ihrer ſtarken Reſtſtimmen die
Mög=
lrhkeit, mit einem Abgeordneten in den Landtag zu kommen.
Täe Deutſche Volkspartei dürfte in der Pfalz von ihrem
bisheri=
zin Beſitzſtand von 5 Mandaten kaum etwas einbüßen, ſo daß
nach ſie im neuen Landtag vertreten wäre.
Endgültiges wird ſich erſt ſagen laſſen, ſobald die
Wahler=
wniſſe und der genaue Wahlquotient bekannt gegeben ſind.
Schwere Einbußen der Baheriſchen Volkspartei.
Berlin, 7. April. Die hieſigen Blätter ſind ſich in ihrem Urteil
er den Ausgang der bayeriſchen Landtagswahlen
in einig, daß die Bayeriſche Volkspartei, vor allem in
en Städten, durch die Deutſchvölkiſchen ſchwere
Ein=
ßen erlitten hat. Die Schuld an den ſchweren Verluſten wird
arr den Blättern der Politik der Bayeriſchen
Volkspar=
rii beigemeſſen, unter deren Duldung in München die deutſch=
Eikiſche Bewegung habe groß werden können. Die Sozialdemokraten
ärten ſich entgegen allen Erwartungen im allgemeinen gut behauptet
no nur einen Bruchteil ihrer Stimmen an die Kommuniſten abgeben
UFſen. Die Demokraten und die alten Rechtsparteien (
Deutſchmatio=
z, Deutſche Volkspartei) hätten in noch höherem Maße als die Baye=
Be Volkspartei Verluſte zugunſten der Deutſchvölkiſchen erlitten.
Münchener Stimmen zum Wahlergebnis.
München, 7. April. Bei Beſprechung des Ergebniſſes der Land=
Swahlen ſtellen auch die Münchener Neneſten Nachrichten
Frage, ob der neue Landtag überhaupt arbeitsfreudig ſein werde
ſt. ob überhaupt eine Regierung zuſtande komme. Zweifel daran
jatr durchaus berechtigt. Es ſei möglich, daß wir bald wieder vor der
roge ſtehen, vor der wir im Dezember ſtanden: Wie löſt man den
mdtag auf?
Seite 3.
Die Münchener Allgemeine Zeitung, das Organ der
Demokratiſchen Partei, meint, für die Völkiſchen werde jetzt erſt die
ſchwere Zeit kommen. Es ſei wahrhaftig an der Zeit, daß ſich das
Bür=
gertum auf ſich ſelbſt beſinne. Man ſollte meinen, daß ein ſolches
Wahlergebnis geeignet ſei, den Gedanken eines engeren
Zuſammen=
arbeitens des einſichtigen Bürgertums auf einer rationellen Linie zu
fördern. Wenn der Wahlausfall dieſes eine geben würde, ſo wäre er
nach der Meinung des genannten Blattes vielleicht immer noch zu
er=
tragen.
Die Münchener Zeitung ſchreibt, durch den Ausfall der
Wahlen ſei die Mehrheitsbildung im neuen Landtag und infolgedeſſen
auch die Regierungsbildung außerordentlich erſchwert. Bei den ſcharfen
Gegenſätzen zwiſchen der Bayeriſchen Volkspartei und den Völkiſchen
ſei an eine Kombination zwiſchen, dieſen beiden ſtärkſten bürgerlichen
Parteien nicht zu denken. — Die Allgemeine Zeitung bezeichnet
die Wahlen als eine Etappe auf dem Wege des Bayeriſchen Volkes zur
inneren Geſundung, die nicht immer den kürzeſten Weg wähle. — Die
Bayeriſche Zeitung meint, daß ſich unter den neugewählten
Männern hervorragende Größen befänden, laſſe ſich leider nicht ſagen.
Die erſte Sitzung des Ständigen Landtagsausſchuſſes iſt auf den
10. April einberufen mit der Tagesordnung: Regierungsvborlagen zur
Landtagswahl.
Um die Landtagsauflöſung in Sachſen.
Dresden 7. April. (Priv.=Tel.) Der Antrag zwecks
Auflöſung des ſächſiſchen Landtags iſt von den Kreiſen des
völ=
kiſch=ſozialen Blocks nunmehr eingereicht worden, ſo daß am
24. Mai wohl ſchon ſicher ſein dürfte, ob der Landtag ſich
auf=
löſen wird oder nicht.
Rücktritt des thüringiſchen Finanzminiſiers.
Weimar, 7. April. Der Leiter des thüringiſchen
Finanz=
miniſteriums, Staatsminiſter Dr. Stolze, iſt heute
in=
folge ſeiner Stellungnahme zu der Geſchäftsführung und der
Perſon des Staatsbankpräſidenten Loeb von ſeinem Poſten
zu=
rückgetreten. Die Homogenität des übrigen Kabinetts wird
durch den Rücktritt des Finanzminiſters nicht berührt.
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Empfangs-Einrichtungen im Inland ist ohne Genehmigung
der Reichstelegraphenverwaltung verboten und stratbar.
A
Die Streikbewegung der Eiſenbahner
Die Eiſenbahnerverbände gegen die Regierung
* Berlin, 7. April. (Priv.=Tel.) Der Hauptvorſtand der
Gewerkſchaft deutſcher Eiſenbahner ſtellt ſich nach dem
eingehen=
den Bericht ſeiner Unterhändler in der Lohnfrage für die
Arbei=
ter der Reichsbahn auf folgenden Standpunkt: In Anerkennung
der außerordentlich ſchwierigen wirtſchaftlichen und finanziellen
Lage des Reiches und der Reichsbahn ſind die Unterhändler der
Organiſationen in den vorausgegangenen Verhandlungen bis an
die äußerſte Grenze des Tragbaren entgegengekommen. Unter
Berückſichtigung der geradezu gänzlich unzureichenden Löhne der
Arbeiter der Reichsbahn iſt der Hauptvorſtand der Gewerkſchaft
deutſcher Eiſenbahner nicht in der Lage, ein weiteres
Entgegen=
kommen zu zeigen. Der am Donnerstag, den 4. April mit dem
Verkehrsminiſter gefundene Einigungsvorſchlag iſt an und für
ſich ſchon eine große Velaſtungsprobe und ſtößt bei der
Mitglie=
derſchaft auf erheblichen Widerſtand. Der Hauptvorſtand iſt der
Auffaſſung, daß das Reichskabinett bei auch nur einigermaßen
gutem Willen, dieſem Vorſchlage würde zuſtimmen können. Er
iſt nicht in der Lage, noch weitere Abſtriche an dieſem Vorſchlag
hinzunehmen. In Erwartung des gleichen Vorgehens der
an=
deren an dieſen Verhandlungen beteiligten Eiſenbahnerverbände
iſt der Hauptvorſtand der Gewerkſchaft deutſcher Eiſenbahner nach
reiflicher Ueberlegung zu dem Schluß gekommen, gemeinſam mit
den anderen Eiſenbahnerverbänden für die gerechten
Forderun=
gen der Eiſenbahnarbeiterſchaft den Kampf aufzunehmen und
durchzuführen. Mit Genugtuung begrüßt der Hauptvorſtand die
Bereitwilligkeit der deutſchen Poſtgewerkſchaft, die Gewerkſchaft
deutſcher Eiſenbahner in dieſem Kampf zu unterſtützen.
Die Streikbewegung, der Eiſenbahnarbeiter.
Lörrach, 7. April. Zur Arbeitseinſtellung der
Eiſenbah=
ner in Weil=Leopoldshöhe wird weiter mitgeteilt, daß
die Betriebswerkſtätten in Weil heute morgen
ſtill=
gelegt worden ſind. Ebenſo haben die Arbeiter des großen
Rangierbahnhofes die Arbeit niedergelegt.
Der Schiedsfpruch im deutſchen Seeberuf.
Hamburg, 7. April. Die Verhandlungen des
Zentralver=
eins deutſcher Reeder mit den ſeemänniſchen Berufsverbänden
haben am Sonntag ihren Abſchluß gefunden. Nach Einigung
der Parteien fällte der Schlichter mit den Stimmen der
See=
männiſchen Berufsverbände und der Vertreter des
Zentralver=
eins deutſcher Reeder einen Schiedsſpruch. Die
Vollverfamm=
lung der freigewerkſchaftlich organiſierten Seeleute, die geſtern
abgehalten wurde, ſtimmte dieſem Schiedsſpruch zu.
Die Einſpruchsmöglichkeit beim Abbau.
Berlin, 7. April. Zur Perſonalabbau=Verordnung ſind
nun=
mehr die Ausführungsbeſtimmungen Nr. 3 im Reichsbeſoldungsblatt
Nr. 20 Seite 93 bekannt gegeben worden. Nach ihnen werden
Aus=
ſchüſſe gebildet, die über die Einſprüche der entlaſſenen oder in
einſt=
weiligen Ruheſtand verſetzten Beamten entſcheiden, ſofern der Einſpruch
damit begründet wird, daß der Beamte wegen ſeiner bolitiſchen,
kon=
feſſionellen oder gewerkſchaftlichen Betätigung oder ſeiner Zugehörigkeit
oder Nichtzugehörigkeit zu einem politiſchen, konfeſſionellen oder
Be=
rufsverein abgebaut wurde. Der Einſpruch iſt binnen einer
Ausſchluß=
friſt von zwei Wochen — beginnend mit dem Tage, der der Bekanntgabe
der Entlaſſung oder Verſetzung in den einſtweiligen Ruheſtand
ausſpre=
chenden Verfügung — zuläſſig und ſchriftlich bei der Behörde einzulegen,
welche die Entlaſſung uſw. verfügt hat. Die Einſpruchsſchrift muß
die Tatſachen enthalten, mit denen der Verſtoß begründet wird, und
muß die Beweismittel bezeichnen. Der Einſpruch kann nur von der
oberſten Reichsbehörde zurückgewieſen werden. Will dieſe dem Einſpruch
nicht ſtattgeben, ſo hat ſie vor der Entſcheidung den zuſtändigen
Aus=
ſchuß zu hören, und darf vor deſſen Gutachten nur mit Billigung der
Reichsvegierung abweichen. Hervorzuheben iſt, daß dieſe Beſtimmungen
ſich auch auf Beamte erſtrecken, denen ihre Entlaſſung oder Verſetzung in
den einſtweiligen Ruheſtand ſchon vor dem Tage der Verkündung der
Ausführungsbeſtimmungen Nr. 3 bekannt gemacht wurden. Für ſie
beginnt die Ausſchlußfriſt von zwei Wochen mit dem Tage der
Verkün=
dung, dem 2. April 1924.
Nach ſchwerer Gefängnishaft
aus dem beſetzten Gebiet abgeſchoben.
Mainz, 7. April. Der Kriminalbeamte Franz Barthold,
der lange vor der Ruhrbeſetzung im rheiniſch=weſtfäliſchen
In=
duſtriegebiet im Auftrag der politiſchen Abteilung des Berliner
Polizeipräſidiums tätig war, wurde nach Verbüßung einer
Ge=
fängnisſtrafe von anderthalb Jahren aus dem beſetzten Gebiet
abgeſchoben. Die Verurteilung Bartholds, die im Dezember
1922 erfolgte, erregte ſeinerzeit großes Aufſehen.
oabild kaum trennen kann und das Trio zweimal erklingen läßt
1. am Schluß nochmals andeutet. Der orgiaſtiſche Schlußſatz
krang mit vollſter Kraft und rieſigem Temperament. Anfangs
darunter etwas die Deutlichkeit der Violinfiguren, auch
uen die Pauken etwas zu ſtark in den Vordergrund, indem ſie
eB andere übertönten, aber der tolle Strudel von
überſchäu=
en d wilder Laune und Ausgelaſſenheit, den Beethoven hier in
in aler Kühnheit aufwirbeln läßt, macht es begreiflich, daß der
vieelraum der Auffaſſung für den Nachſchaffenden hier
beſon=
r” groß iſt. In beiden Sinfonien zeichnete ſich das Orcheſter
3 zeine Schar von vorzüglichen Künſtlern aus. In der
Beglei=
ur des Konzertes hätten manche Kleinigkeiten genauer ſein
rden. Beſonders der letzte Satz war in der Begleitung etwas
meich. Paul Grümmer und Michael Balling wurden immer
jei er enthuſiaſtiſch hervorgerufen.
* Eine helle Freude, vergleichbar dem ſchönen
Frühlings=
teer, bereitete die Vormittagsmuſik des Herrn
Ober=
irrungsrats Grospietſch in der Aula des
Realgymna=
ſinss, in der die Madrigalvereinigung des Herrn
lüzatdozenten Dr. Friedrich Noack weltliche Lieder vortrug.
1t wundervollem Klang, fein abgetönt, getragen von der ſtar=
Begeiſterung des Dirigenten und der Singenden, kam eine
dus Vortragsfolge zu Gehör, die der Naturfreude einen brei=
Maum überließ. Alte Lieder von Heinrich Jſaac und
Or=
edo di Laſſo erklangen in feierlicher Würde, Volksmelodien in
uan Kleid von Johannes Brahms und Hausegger folgten.
oiders „Der Schnitter Tod” des letzteren wirkte in
erſchüt=
eider Größe. Dann kamen das liebliche „Aennchen von Tha=
und drei Jägerlieder, eines friſcher und lebendiger wie das
dire. Dann folgte, mit andächtigem Lauſchen der Zuhörer
genommen, Schumanns hochromantiſches Lied „Im Walde‟
Brahms friſches Reiterlied „Von alten Liebesliedern”. Ein
irnettsſtück humorvoll pointierter Kunſt, Röntgens „
Spiel=
nn= und Mägdelein” und Lachners „Kanon” machten den
Ehu ß. Die Hörer kargten nicht mit lebhaſtem Beifall, denn die
Ugkiche Ausfeilung und der feine Vortrag zeigten, daß dieſer
mella=Chor mit größtem Fleiß weiterarbeitet und zu ſtets
Verer Vollendung gelangt. Der Alt hätte etwas ſtärker beſetzt
ürfen. Man darf mit Spannung dem Kirchenkonzert
ent=
uiſehen, das im Verein mit der weltlichen Vortragsfolge
Sonntags Zeugnis ablegen ſoll von der Vielſeitigkeit und
großen Repertoire der auch außerhalb Darmſtadts ſtark be=
Lten Madrigal=Vereinigung.
Kunſi, Wiſſenſchaft und Leben.
— Profeſſor Ernſt Schmidt,
Univerſitätsmuſik=
direktor in Erlangen, feiert am 10. April ſeinen 60. Geburtstag.
Schon während der Wirkſamkeit in Rorhenburg o. T. wurde ſein
Name in kirchenmuſikaliſchen Kreiſen Deutſchlands bekannt. Seit
1917 iſt er Vorſtand und Dozent des Inſtituts für Kirchenmuſik
der Univerſität Erlangen. Mit Eifer und Erfolg widmet er
ſich ſeiner akademiſchen Lehrtätigkeit, mit Umſicht und Tatkraft
leitet er den akademiſchen Chorverein und das Orcheſter. Die
Pflege Vachſcher Muſik iſt ſeine Spezialität. Profeſſor Schmidt
iſt nicht nur Univerſitätslehrer, der den Theologieſtudierenden
theoretiſche und praktiſche Kenntniſſe in der Kirchenmuſik
ver=
mittelt, ſondern auch Forſcher auf dieſem Gebiet. Erſt jüngſt hat
er ein Werk vollendet über die Geſchichte des Rothenburger
Ge=
ſangbuches von 1604 bis 1811, das auf gründlichen Studien
be=
ruht. Daneben bearbeitete er die eben erſchienene vierte Auflage
des „Muſikaliſchen Anhangs zur Ageyde der evangeliſch=
luthe=
riſchen Kirche in Bayern”. Schmidt iſt ein überzeugter Freund
des rhythmiſchen Choralgeſangs und ein treuer Hüter der
Re=
ſormen, die von D. Joh. Zahrk. Dr. J. G. Herzog und D. M.
Herold auf muſikaliſchem Gebiet in der bayeriſchen Landeskirche
durchgeführt wurden. Er ſieht in Liturgie und Muſik ein
macht=
volles Kultusmittel, das dem Gottesdienſt große
Anziehungs=
kraft gibt. In dieſem Sinne der Sehnſucht weiter Kreiſe des
evangeliſchen Volkes nach reicher Ausgeſtaltung der
Gottes=
dienſte alle Aufmerkſamkeit zuzuwenden, hält er für eine der
wichtigſten Aufgaben.
„Alkeſtis”, ein Opernakt von Hugo Hofmannsthal (nach
der Tragödie des Euripides), Muſik von EgonWelleß, iſt
am Nationaltheater in Mannheim zur Uraufführung gelangt.
Das packende Werk, welches muſikaliſch völlig neue Bahn
ein=
ſchlägt, übte eine außerordentliche Wirkung aus und brachte dem
Komponiſten einen großen Erfolg.
Die Berliner Staatsoper hat die neue Oper „Jenufa” des
tſchechiſchen Komponiſten Loos Janacek vor einigen Tagen
aufgeführt und damit einen glänzenden Griff getan. Das Werk
errang einen Erfolg, wie er ſeit vielen Jahren in Berlin nicht
da war, namentlich nach dem zweiten Akt wurde der greiſe
Komponiſt immer und immer wieder an die Rampe gerufen.
— Max Grube plaudert im Aprilheft von Velhagen u
Klaſings Monatsheften über den „Kampf gegen den Me
ſtix”. (Maſtix iſt der Klebſtoff für die Bühnenbärte.) Gruße
kein Freund der neueren Bühnenſitte, den Prinzen Hamlet und
den Doktor Fauſt bartlos zu ſpielen. Er kann ſich den Doktor
Fauſt nicht denken, wie er jeden Morgen an den Raſierſpiegel
tritt und ſich einſeift. Und er fährt fort: Kürzlich hatte ich das
Vergnügen, mit einem wackeren Tell zuſammenzuſpielen, der
ebenfalls ein Maſtixgegener war. Er könnte mit Recht für ſeine
Maske anführen, daß die Bauern ſchon in ſehr alten Zeiten
bartlos zu gehen liebten, wie ſie’s ja faſt ausnahmslos auch
heute noch tun. Dieſer Brauch entſtand aus der Nachäffung der
Sitte der Vornehmen, wie auch die ſogenannten
Nationaltrach=
ten, die wir uns gewöhnlich als ſehr alt vorſtellen, nur aus
Nachahmung der ſtädtiſchen oder ritterlichen Kleidung entſtanden
ſind. Tell iſt jedoch gar kein Bauer, ſondern ein Jäger. Frei in
allem wird er ſich nicht dem allgemeinen Brauch unterworfen
haben, und wenn der Spielleiter alle Schweizer Bauern bartlos
gehen ließe, ſo follte er gerade den Tell einen Gegenſatz zu ihnen
bilden laſſen, wie er auch im Denken und Handeln ſich von ſeinen
bedächtigeren Landsleuten ſcharf unterſcheidet. Ein glattraſierter
Tell verliert an Urwüchſigkeit. Nein, ich kann mir durchaus nicht
denken, daß dieſer freie Sohn der Berge einen Gilett=Apparat
beſeſſen hat. Er geht ja auch nach Altdorf zum Aehni, nicht zum
Barbier.
— Ein Preisausſchreiben für einen kurz
ſkizzierten Filmentwurf — kein drehreifes
Manu=
ſkript — erläßt der „Filmfreund” München. Für die
preis=
gekrönten Arbeiten ſind 3 Preiſe von 1000, 600 und 400
Gold=
mark ausgeſetzt. Näheres im „Filmfreund”=Verlag, München,
Emelka=Haus.
C.K. Eine neue Univerſität in Bagdad. Am
Jahrestage der Unabhängigkeitserklärung des arabiſchen Reiches
von Hedſchas hat König Feiſal, wie aus Bagdad berichtet wird,
das erſte Gebäude der neuen Univerſität Bagdad feierlich
ein=
geweiht und den Grundſtein für einen weiteren Bau gelegt. Das
fertige Univerſitätsgebäude enthält die „Schule der
Gottes=
gelehrſamkeit”, alſo die theologiſche Fakultät. Da das Gebäude
aber für dieſen Zweck zu groß iſt, ſo ſoll in ihm auch noch eine
mediziniſche Fakultät eingerichtet werden. Bis die anderen
Bau=
ten für die Univerſität errichtet ſind, dürfte noch einige Zeit
vergehen, und ebenſo müſſen auch erſt die Profeſſoren und
Stu=
denten für die anderen Fakultäten zuſammengebracht werden.
Aber die ganze Anlage der Bauten iſt ſo großartig, daß man
hoffen darf, daß die neue Univerſität von Al al Vart, wie ſie
ge=
ſelben Nuhm erlangen wird, den im frühen
Mit=
annt /in
hſchule von Bagdad beſaß.
Seite 4.
Steuerfragen und Politik
in den Vereinigten Staaten.
Von Virgil Jordan, New=York.
Seit Jahresbeginn etwa hat ſich die politiſche Lage
der=
maßen verſchoben, daß die Ausſichten für die Durchbringung
wichtiger Geſetze im Kongreß, ſowohl was innenpolitiſche wie
außenpolitiſche Fragen anbetrifft, gänzlich andere ſind als zu
dem Zeitpunkt, wo Coolidge ins Weiße Haus eingezogen war.
Es war klar, daß die Politik der Regierung wie die Tätigkeit
des Kongreſſes durch die für Herbſt 1924 bevorſtehenden
Wah=
len bedingt ſein würden, aber es hatten wohl nur wenige damit
gerechnet, daß der Kampf zwiſchen den beiden Parteien ſo ſehr
alle Geſchäfte beherrſchen würde, wie das jetzt faktiſch in
Waſhington der Fall iſt. Die Oelſkandale haben die
republi=
kaniſche Regierung in einen Kampf auf Leben und Tod
ver=
wickelt. Sie haben die Exekutive ſehr erheblich geſchwächt und
diskreditiert und die efſeitive Gewalt wieder einmal zu einem
ſehr viel größeren Teil in die Hände des Kongreſſes gebracht;
die Regierung hat erheblich an Vertrauen verloren, der
Kon=
greß iſt nicht mehr in ihrer Gewalt, und es beſteht wenig
Hoff=
nung mehr für ſie, ihre politiſchen Pläne zu verwirklichen.
Infolge dieſer Zuſtände hat der Kongreß keinerlei
nennens=
werte legislative Arbeit tun oder durchführen können und die
wichtigen Steuer= Einwanderungs=, Eiſenbahnfragen und die
der Landwirtſchaft und er Außenpolitik bleiben ihrer Löſung
ſo fern wie zuvor. Wären die Oelfkandale nicht aufgedeckt
wor=
den, ſo wären vor allem die Regierungsvorlagen über die
Steuern und die Einwanderungsbeſtimmungen längſt erledigt,
und zwar wahrſcheinlich im Sinne der Regierung. Jetzt aber
verfährt der Kongreß ganz nach ſeinem Belieben, worüber die
politiſchen Ausſichten der Regierung ſo unſicher werden, daß ſie
ſich immer mehr ſcheut, überhaupt ihren Willen geltend zu
machen.
Dieſe politiſche Stromverſetzung bekundet ſich am
deutlich=
ſten in der Weiſe, wie der Kongreß mit den
Steuerherabſetzungs=
plänen der Regierung umſpringt. Der verſchlagene
Schatzſekre=
tär Mellon hatte dieſe bewogen, die Herabſetzung der Steuer zu
einem ihrer Trümpfe im Wahlkampf zu machen. So wurde
energiſch Propaganda für einen Steuerreduzierungsplan
ge=
macht, es wurde dem Volk eingeredet, dieſer Plan ſei etwas
voll=
kommen Neues, es wurde ſo hingeſtellt, als wolle die
Republi=
kaniſche Partei, und nur ſie allein, weniger Steuern, während
die demokratiſche Partei an eine ſolche Herabſetzung gar nicht
dächte. Unter Ausnutzung der neuen Paſſion für inoffizielle
Volksabſtimmungen über alles Mögliche — augenblicklich iſt ein
ſolches Referendum über den Bokſchen Friedenspreis im
Gange —, der neueſten Form von Propaganda in den
Vereinig=
ten Staaten, wurden von den Parteimaſchinen und der Preſſe
Stimmzettel verteilt und verſandt, auf denen der Bürger ſeine
zuſtimmende oder ſeine ablehnende Haltung dem Mellonſchen
Steuerplan gegenüber bekunden ſollte. Die Arbeitgeber wirken
auf die Arbeitnehmer, die Zeitungen auf ihre Leſer ein, an
ihren Kongreßmann zu ſchreiben, daß er für die Herabfetzung
der Steuern, d. h. für den Mellonſchen Plan eintrete: unterſtütze
er dieſen Plan nicht, ſo ſetze er ſich der Gefahr aus, eines
Ein=
tretens für die Erhöhung der Steuern verdächtigt zu werden
und den Zorn der Wählerſchaft auf ſich herabzubeſchwören.
Dieſe wirkſame Art der Propaganda war im ſchönſten
Gange, bis die Regierung über dem großen Oelfleck ins Rutſchen
geriet. Die Initjative für die Steuerreduktion ging an den
Kongreß über, und bald waren im Bewußtſein der
Oeffentlich=
keit Mellon=Plan und Steuerherabetzung nicht mehr
Syno=
nyma. Das eBdürfnis nach Steuerherabſetzung aber war,
ein=
mal geweckt, nicht mehr zu unterdrücken und bald genügte ihm
der Mellonſche Plan nicht mehr entfernt; dieſer bezog ſich zudem
viel zu ſehr auf die Mehrbeſteuerung der großen Einkommen,
die ſog. Surtax, und verhieß den geringeren Einkommen nur
ſehr ungenügende Entlaſrung.
Der Regierungsplan für die Herabſetzung der Surtax=Sätze
von 60 Prozent auf 25 Prozent war außerdem auf ein ſeltſames
Darmſtädter Tagblatt, Dienstag, den 8. April 1924.
Rummer 99.
Argument geſtützt, das nicht geeignet war, breitere Sympathien
zu wecken und eher Argwohn erregen mußte. Mellon, ſelbſt
einer der reichſten Männer der Union, und mit ihm ein großer
Teil der Banken und Induſtrieverbände wollten das Publikum
glauben machen, daß es ſehr gefährlich ſei, die hohen
Einkom=
men weiterhin einer ſo ſtarken ſteuerlichen Belaſtung
auszu=
ſetzen, weil dadurch dieſe ſich vom Sparen abſchrecken ließen
oder doch veranlaßt würden, zur Inveſtierung in den von den
Staaten und Kommunen ausgegebenen ſteuerfreien Papieren
überzugehen. Solche Inveſtierungen ſeien unproduktiv und
würden eine Kapitalknappheit nach ſich ziehen, die beſonders für
die Induſtrie von Nachteil ſein und weiter eine Erhöhung der
Lebenskoſten mit ſich bringen würde. Schließlich wurde noch
darauf verwieſen, daß es überhaupt keinen Zweck hätte, die
gro=
ßen Einkommen derart mit Steuern zu belegen, die doch nicht
eingetrieben werden könnten, da die reichen Leute ſich ſo
aus=
gezeichnet auf die Steuerflucht verſtänden. Dieſe Argumente
verfehlten ſehr raſch ihre Wirkung auf Oeffentlichkeit und
Kon=
greß. Gar vielen ſcheinen die Schutzzölle, deren die
Republi=
laniſche Partei in dieſem Zuſammenhang kaum Erwähnung
tut, mehr Schuld an der Erhöhung der Lebenskoſten zu haben
als eine mehr gemutmaßte als beſtehende Kapitalknappheit.
„Der Kongreß hat den Mellonſchen Plan infolgedeeſſn bis zur
Unkenntlichkeit verſtümmelt. Die Demokraten im
Zuſammenwir=
ken mit dem radikalen Flügel der Republikaniſchen Partei haben
im Repräſentantenhaus eine Bill eingebracht, die eine
Herab=
ſetzung der Beſteuerung der kleinen Einkommen vorſieht, die
Surtax=Steuern dagegen auf der alten Höhe beläßt und ſehr
ſchwere Erbſchaftsſteuern in Ausſicht nimmt. Es iſt ſogar
ver=
ſucht wvorden, die Beſteuerung der übermäßigen Gewinne, wie
ſie in der Kriegszeit beſtanden hatte, wieder einzuführen. Vieles
mag noch geſchehen, ehe dieſe Steuerpläne den Konareß
paſſie=
ren; vielleicht wird ſogar Coolidge verſuchen, das Preſtige ſeiner
Regierung durch Ausübung ſeines Vetorechtes zu wahren. Nach
allem aber iſt recht zweifelhaft, ob er mit dem Kongreß und dem
Volksempfinden den Kampf aufnehmen wird.
Die politiſch intereſſierte Oeffentlichkeit hat den Glauben
an die guten Abſichten der Regierung verloren, und die
Demo=
kraten ſind eifrig dabei, aus dieſem Mißtrauen Kapital zu
ſchlagen. Was ſchließlich an Steuerplänen zuſtande komnen
wird, iſt ſicher nichts als ein durch politiſche Erwägungen
be=
dingtes Machverk, das nur den einen hoffnungsvollen Zug
verrät: das Sich=wieder=geltendmachen der Repräſentativ=
Re=
gierung, von der die Union ſich immer mehr und mehr zu ent
fernen drohte.
Kein Wiener Moraiorium.
Wien, 7. April. (Wolff.) Die Times brachte am 4. April
folgende Meldung aus Wien: Der Wiener Korreſpondent der
Times telegraphiert ſeinem Blatte: Das Steigen des Franken
habe die Leiſtungsfähigkeit der kleineren Banlen bis zum
Zer=
reißen angeſpannt. Bei dieſem Stande der Dinge gehe die
all=
gemeine Anſicht dahin, daß die Regierung durch einen
gemein=
ſamen Appell aufgefordert werden ſollte, für dieſe
Verpflichtun=
gen ein Moratorium zu gewähren, umſomehr, als, zu ihrer
Ver=
einigung ausländiſche Gelder erforderlich ſeien, was, da es ſich
nicht um kaufmänniſche Zwecke handle, den Vorſchriften der
De=
viſenzentrale widerſpreche. Sogleich nach dem Bekanntwerden
des Wortlauts der Times=Meldung ſandte der Bundesminiſter
für Finanzen, Kienboek, an den Herausgeber folgende
De=
peſche: Ihre Wiener Meldung, betreffend das Moratorium, iſt
inbegründet. Eine derartige Maßregel wurde weder
beab=
ſichtigt, noch verlangt. Hier iſt keine Inſolvenz erfolgt. Die
Mel=
dungen über Verluſte durch Frankenſpekulation ſind übertrieben.
Die unrichtige Meldung der Times vom 4. April über die
Lage der Wiener Börſe veranlaßte auch den
Generalkom=
miſſar Zimmermann, den Herausgeber der Times um die
Veröffentlichung einer Erklärung zu erſuchen, in der der
Generalkommiſſar auch ſeinerſeits feſtſtellt, daß man in Wien
nicht an ein Moratorium denkt, und daß ein ſolches
abſolut überflüſſig wäre.
64 Prozent der Stimmen für die Regierung.
Rom, 7. April. (Wolff.) Nach einer Havasmeldung wird
beſtätigt, daß bei den geſtrigen Kammerwahlen eine
außer=
ordentlich ſtarke Beteiligung ſeitens der Wähler zu verzeichnen
war. Die nationale Liſte der Regierungspartei ſteht mit einer
überwiegenden Mehrheit an der Spitze. Für Genua ſind die
endgültigen Wahlergebniſſe ſolgende: Eingeſchriebene. Wähler
96 043, abgegebene Stimmen 54 713. Liſte der Regierungspartei
24 576, Einheitsſozialiſten 14 649, Republilaner 685, Vollspartei
4794, Bauernpartei 160, Liberale 3709, Kommuniſten 2096,
Maxi=
maliſten 1277 Stimmen.
Nach den bis Mittag aus 51 Provinzen vorliegenden
Wahl=
ergebniſſen ſind 64 Prozent der Stimmen für die
Regierung abgegeben worden; ſie erhielt 1 437 252 Stimmen.
Von den Minderheitsparteien erhielten die katholiſche
Vol’spar=
tei 242 973 Stimmen. Die Vereinigten Sozialiſten 158 642, die
maximaliſtiſchen Sozialiſten 150 055, die Kommuniſten 87 381, die
Republikaner 39 610 Stimmen. Die Wahlbeteiligung betrug 62
Prozent und überſtieg damit die Beteiligung bei allen früheren
Wahlen.
Die belgiſch=franzöſiſchen Beziehungen.
Paris, 7. April. (Wolff.) Das Oeurre ſchreibt über die
Beziehungen Belgiens zu Frankreich, das belgiſche Heeresbudget
ſei für dieſes Jahr erheblich herabgeſetzt worden, was den
Be=
weis dafür liefere, wie gebrechlich ſchon die Politik der
Militärkonventionen geworden ſei. Es ſei ſehr leicht
möglich, daß Belgien ſich wieder volle Handlungsfreiheit
vorbe=
halten werde. Dann werde die Frage des Wirtſchaftsabkommens,
deſſen Entwurf den Sturz des Kabinetts Theunis=Jaſpar
her=
beigeführt habe von neuem auftreten. Heute genieße Frankreich
das Meiſtbe „iſtigungsrecht. Aber Belgien berate über einen
neuen Zolltarif, deſſen für den Augenblick allerdings nicht ſehr
wahrſcheinliche Durchführung die Beziehungen zwiſchen den
bei=
den Ländern erheblich andern würde. Die franzöſiſche Regierung
ziehe es vor, davon nicht zu reden. Sie halte es für beſſer, die
Oeffentlichkeit in dem Glauben zu laſſen, daß Belgien
Frankreich Gefolgſchaft leiſte und ihm ſtets
zuſtim=
men werde. Dieſe gefährliche Illuſion ſei um ſo
be=
denklicher, als im nächſten Jahre die belgiſchen Wahlen
ſtattfin=
den, die der ſozialiſtiſchen Partei und vielleicht auch den
flämi=
ſchen Katholiken einen Zuwachs bringen würden.
Vor der engliſch=ruſſiſchen Konferenz.
London, 7. April. (Wolff.) Die Times ſchreibt in einem
Leitartikel zu der bevorſtehenden engliſch=ruſſiſchen
Konferenz, unter Hinweis darauf, daß die Veröffentlichung
der Reparationsſachverſtändigenberichte wahrſcheinlich mit dem
Eintreffen der bolſchewiſtiſchen Delegation in London
zuſammen=
fallen werde: Die kommenden engliſch=ruſſiſchen Verhandlungen
erſcheinen inopportuner als je. Es wäre klüger geweſen, die
Er=
örterung über die Angelegenheiten Oſteuropas zu verſchieben,
bis aus den Ländern, die von England weniger weit entfernt
ſeien, hoffnungsvollere Anzeichen ſichtbar geworden ſeien. Die
Times betont, daß kein Mitglied der ruſſiſchen Delegation zu
den maßgebenden Kreiſen der Sowjetführer gehöre. Auch könne
keines von ihnen als England freundſchaftlich geſinnt angeſehen
werden.
Parlamentariſche Entſpannung in Gerbien.
Belgrad, 7. April. (Wolff.) Der König iſt zur Jagd nach
der Staatsdomäne Bellye abgereiſt. Durch eine dreitägige
Vertagung der Löſung des Konflikts zwiſchen der
Regierung und der Oppoſition ſoll eine Entſpannung der
parlamentariſchen Kriſe herbeigeführt werden. Die
Regierung hofft, bis dahin die ſüdſerbiſchen Türken und die
Deutſchen für ſich gewonnen zu haben.
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Landwirtſchafts=
kammer betreffend.
Bei der heute ſtattgehabten Wahl
eines Vertrauensmanns für den
Ver=
trauensmännerkreis Darmſtadt I iſt
herr Georg Konrad Vogel,
Land=
wirt zu Darmſtadt, zum
Vertrauens=
mann gewählt worden.
Einwendungen gegen die Wahl können
binnen einer Woche nach Ablauf des
heutigen Wahltags erhoben werden. Sie
ſind bei dem Oberbürgermeiſter des
Wohn=
orts vder bei dem Wahlleiter, Hrn.
Oekono=
mierat Fritſch, anzubringen, (st4451
Darmſtadt, am 6. April 1924.
Der Wahlvorſteher:
Gg. Konr. Vogel
Bekanntmachung
die Wahl eines Vertrauensmanns
für die Wahl zur Landwirtſchafts=
Rammer betreffend.
Bei der heute ſtattgehabten Wahl
eines Vertrauensmanns für den
Ver=
trauensmännerkreis Darmſtadt II
iſt Herr Friedrich Noldt II.,
Land=
wirt zu Darmitadt, zum
Vertrauens=
mann gewählt worden.
Einwendungen gegen die Wahl können
binnen einer Woche nach Ablauf deß
heutigen Wahltages erhoben werden. Sie
ſind bei dem Oberbürgermeiſter des
Wohn=
orts oder bei dem Wahlleiter, Hrn.
Oekono=
mierat Fritſche anzubringen. (st440‟
Darmſtadt, am 6. April 1924.
Der Wahlvorſteher:
Heinrich Kans.
Die Rechnung der kakh. Kirche St. Elie
ſabeth zu Darmſtadt für 1922 liegt eine Woche
lang im Pfarrhauſe, Schloßgartenſtraße 57
(210186
zur Einſicht offen.
Darmſtadt, den 5. April 1924.
Der Kirchenvorſtand.
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Darmſtädter Tagblatt, Dienstag, den 8. April 1924
Aus der Landeshauptſtadt.
Darmſtadt, 8. April.
— Ernannt wurden: am 2. April 1924 der Staatsrat Dr. Otto
Schwarz in Darmſtadt zum Miniſterialdirektor im Miniſterium
der Juſtiz, der außerplanmäßige Staatsrat Wilhelm Schwarz in
Darmſtadt zum planmäßigen Staatsrat im Miniſterium der Juſtiz; am
3. April der Staatsrat Guſtav Spamer aus Darmſtadt zum
Mini=
ſterialdirektor im Miniſterium des Innern mit Wirkung vom 1. April
1924; am 4. April der Regierungsrat Dr. Otto Meller aus
Lud=
wigshafen zum Direktor der Zentralſtelle für die Landesſtatiſtik mit
Wirkung vom 1. April 1924.
— Aus dem Staatsdienſt entlaſſen wurde am 4. April der
Polizei=
wwachtmeiſter Ludwig Fink in Bad=Nauheim mit Wirkung vom 1. Mai
dieſes Jahres.
— Kirchliche Dienſtnachrichten. Dem Pfarrer Auguſt
Offen=
bächer zu Schlierbach wurde die evangeliſche Pfarrſtelle zu
Jugen=
heim a. d. B., dem Pfarrer Eugen Schrimpf zu Hirzenhain die
evangeliſche Pfarrſtelle zu Dieburg und dem Pfarrer Rob. Staubach
zu Groß=Eichen die evangeliſche Pfarrſtelle zu Watzenborn übertragen.
— Aus der Stadtverwaltung. Der Entwurf des Voranſchlags für
1924 liegt fertig vor. Ein endgültiger Abſchluß konnte bisher nicht
vor=
genommen werden, weil der heſſiſche Staatsvoranſchlag für 1924 und
das zugehörige Finanzgeſetz erſt jüngſt vom Landtag verabſchiedet und
hiermit auch die Anteile von Staat und Gemeinden an der
Reichsein=
kommenſteuer und Umſatzſteuer vorläufig feſtgeſtellt worden ſind. Diefe
Anteile ſind auch in den ſtädtiſchen Voranſchlag eingeſtellt worden. Zur
teilweiſen Ausgleichung des Fehlbetrags im Voranſchlag iſt die
Stadt=
verwaltung auf den Ertrag der Mietſtener, der ſich durch die
geſetz=
liche Abgabe von 10 Prozent für Wohnungsbauzwecke nach der 3.
Steuer=
notverordnung vermindert, unbedingt angewieſen. Erkundungen beim
Miniſterium ergaben, daß die Stadt berechtigt iſt, hier bei Bedarf über
die ſtaatlichen Sätze hinauszugehen. Das alles ſetzt voraus, daß der
kommende Reichstag bezüglich der in der 3. Steuernotverordnung
geord=
neten, ſo ganz verſchiedenartigen Materien demnächſt nicht andere
Be=
ſchlüſſe faßt.
— Heſſ. Landestheater. Am Donnerstag, den 10. April, gibt Herr
Kammermuſiker Manecke im Verein mit Frau Paula Momber=
Manecke, dem Gambaſpieler Herrn H. Hebbel, dem Drumm=
Quar=
tett und der Mandolinen= und Gitarrevereinigung einen klaſſiſchen
Gi=
tarre=Kammermuſikabend, um die künſtleriſche Bedeutung dieſes
Inſtru=
mentes, die in letzter Zeit verflachte, erneut hervorzuheben. — „Der
Liebestrank”. Frank Wedekinds Jugendwerk, deſſen neuartige
In=
ſzenierung auf dem hieſigen Preſſefeſt großen Beifall fand, kommt heute,
Dienstag, im Kleinen Haus zur Aufführung. Die Vorſtellung beginnt
um 7 Uhr und fällt der Zuſatzmiete II zu.
— Mary Wigman und ihre Tanzgruppe tanzt am Mittwoch um
7½ Uhr im Großen Haus „Szenen aus einem Tanzdrama‟. Das
Tanz=
drama iſt eine von Rud. Laban und Mary Wigman nen geprägte
Kunſt=
form. Ein Verſuch, die Bewegung des Körpers rhytmiſch zu ſteigern
und in Gruppen zuſammengefaßt gegeneinander zu führen, ſo daß, ohne
Worte, dramatiſche Szenen aufgebaut werden. Die Dramaitik beſteht
nicht aus einem muſikaliſchen Motio, ſondern entwickelt ſich aus
Be=
wegung und Rhytmus als den einzig gegebenen Faktoren. Muſikaliſche
oder Taktbegleitungen ſind nur zur Unterſtützung derſelben da. Die
Be=
szeichnungen der Szenen; Aufruf, Wanderung, Chaos, Wende, Begegnung
ruiſw. bezeichnen nicht den Vorwurf, ſondern ſind nur Beuennungen.
Der allgemeine Vorverkauf zu dem einzigen Tanzabend begann Montag
ſan der Tageskaſſe.
— Die Klafſe la der Viktoriaſchule feierte am Samstag, im
Muſik=
wereinſaal, ihren Abgangskommers. In frohem Beiſammenſein mit
fihrem Divektor, Lehrern und Lehrerinnen verlebten die Schülerinnen
minvergeßliche Stunden. Ein Vortrag von der Büglerin Bettche Bim=
Gernell, angeblich eine Schweſter vom Binchen Bimbernell, trug, nebſt
Dem vielen, was geboten wurde, zum herrlichen Gelingen des Feſtes bei.
Turngemeinde Darmſtadt 1846. Tie=Abend. Nächſten Samstag, den
12. April, abends 8 Uhr, findet im kleinen Turnſaal ein weiterer Tie=
Olbend ſtatt. Im Miltelpunkt des Abends ſteht der Lichtbildervortrag
ürber „Alt=Darmſtadt” von Herrn Franz Harres. In der Vortagsfolge
ind noch enthalten Darmſtädter Mundartgedichte ſowie Muſikſtücke des
Turngemeindeorcheſters. Die Mitglieder der T. G. D. 1846 mit
An=
nehörigen ſowie die Vereinsjugend mit Eltern ſeien hiermit herzlichſt
—ingeladen. Um eine flotte Durchführung zu ermöglichen, wird um
wünktliches Erſcheinen gebeten. Gäſte ſind herzlich willkommen. H.M.
— Odenwaldklub, Ortsgruppe Darmſtadt. Ein herrlicher
Frühlings=
dag begrüßt die Klubiſten bei ihrer erſten Wanderung im neuen
Wan=
verjahre. Lachender Sonnenſchein erfüllte die reizende Bergſtraße und
dſchuf aus ihr ein Zauberreich. Verflogen war Griesgram und Sorge
zerſtoben der Kleinmut und Aerger. Laß dich umfaſſen, du liebliche
Heimat! Wahrlich, ein guter Anfang und ein gutes Zeichen war es für
en Beginn des neuen Wanderjahres. Von Zwingenberg aus ging es
aber das Auerbacher Schloß zur Beſichtigung des Marmorbergweuks
un Hochſtätter=Tal. Einen intereſſanten Einblick in den techniſchen
Be=
ieb des Werkes gewährte die Beſichtigung der unterirdiſchen Stollen
und Arbeitsſtätten. Dann ging es weiter nach Schönberg. Hier wurde
ei Gaſtwirt Koch (Zur friſchen Quelle) Frühſtücksraſt gehalten und den
auten Gaben des Gaſthauſes wacker zugeſprochen. Ueber Gronau, den
Eſelsberg, Ober=Hambach, den Lindenſtein führte die Wänderung dann
um Ziel nach Heppenheim. Vortrefflich war hier die Aufnahme bei
(Haſtwirt Wurth im Starkenburger Hof. Wie mundete den
ausgetrock=
neten Kehlen das echte Münchener und wie ſchmeckten den tapferen
Wan=
erern die vorzüglich zubereiteten Speiſen. Wenn es Führern gelingt,
ur der Bergſtraße, die den Klubiſten doch in allen Winkeln bekannt iſt,
zue, noch unbekannte Wege zu finden, ſo läßt dies ſchon auf beſondere
Führertalente ſchließen. Dieſe Talente haben die beiden Führer, die
verren W. Huſar und A. Sprenger, entfaltet, und ſie haben eine
vor=
käldliche Wanderung durchgeführt. Wohlverdient war daher der von
cerrn Lehrer Salomon den Führern und auch dem Beſitzer des
Gaſt=
hruſes Zur Starkenburg ausgeſprochene Dank. Die Jungmannſchaft
FFalte” des Odenwaldklubs hatte mit dem Odenwaldklub zuſammen
i re erſte Wanderung gemacht. Auch dem fleißigen Klampforcheſter der
Tungmannſchaft ce ührt für die ſchneidige Marſch= und
Unterhaltungs=
m uſik herzlicher Dank.
— Gartenbauverein Darmſtadt. In der nächſten
Monatsverſamm=
l—ng am Donnerstag, den 10. April, abends 8 Uhr, im Fürſtenſaal wird
der erſte Vorſitzende Herr Hauptlehrer Brom im Anſchluß an die
1Bten Filmvorführungen einen Vortrag über das Thema „Der
künſt=
lrhe Dünger und ſeine Anwendung im Obſt= und Gemüſegarten” halten.
Am den Vortrag ſoll ſich eine allgemeine Ausſprache über die im
Früh=
jehr vorzunehmenden Arbeiten im Blumen=, Obſt= und Gemüſegarten
amſchließen. Die übliche Freiverloſung, bei der, wenn die Sendung
noch rechtzeitig eintrifft, auch eine Verteilung von Haarlemer
Blumen=
wiebeln für den Sommerflor, wie Anemonen, Begonien, Gladiolen,
ATontbretien, Nanunkeln uſw. ſtattfinden kann, wird den Abend
be=
ſspließen.
C. Die hieſige Zentrumspartei hielt am Sonntag abend ihre erſte
Ajahlperſammlung ab, in der Herr Landtagsabgeordneter
Präſident Uebel über die Zentrumspolitik im alten und neuen
Reichs=
tug ſprach. Nach einem Rückblick auf die Revolution, von der er ſich
van Anfang an wenig Günſtiges verſprochen habe, wies er darauf hin,
d5ß das Zentrum es für richtig gehalten habe, ſich auf den Boden der
Im ſachen zu ſtellen und der Koalition beizutreten, ein Schritt, der
an=
gaigs manche Gegnerſchaft hervorgerufen, ſich jedoch bewährt habe.
hu eilich habe die Partei dabei Zugeſtändniſſe machen und auf die Durch
üsrung mancher Programmſätze verzichten müſſen. Dem neuen Kabi
ſt Marx verdanke man hauptſächlich die Stillegung der Notenpreſſe
wid die Stabiliſierung der Mark und als deren Folge den Rückgang der
A beitsloſigkeit und die Zurückdrängung des Schieber= und Wuchertums.
Zum Verhältnis des Zentrums zu den anderen Parteien übergehend,
uuerwarf Redner die Deutſch=völkiſche Partei, hauptſöchlich in ihrer
Ha ltung zum Chriſtentum, an der Hand ihrer literariſchen Erzeugniſſe
zer ſcharfen Kritik und bezeichnete Ludendorff, deſſen Verhalten man
ibsigens mehr pſychopathiſch beurteilen ſollte, als ſchlechten Politiker
. der äußeren Politik ſei Deutſchland nur noch Objekt gegenüber dem
ibermächtigen Frankreich, das als Waffenſchrniede Europas die
Weltherr=
haft anſtrebe. Das Weltgewiſſen, das allein noch unſer Bundesgenoſſe
Anden könne, ſchlafe leider noch immer den Schlaf des Gerechten.
Dem=
eeg enüber bleibe die Erfüllungspolitik das einzig Mögliche, wobei
„ch unſere Würde gewahrt werden müſſe, indem man jede
unerfüll=
ee A=laſtung unſeres Volkes zurückwveiſe und auf die Beſeitigung des
NrE. 231 dränge. Gelänge es wieder, zu der bisher vermißten Einigkeit,
er bunden mit unermüdlichem Fleiß, zu gelangen, ſo dürfe man an
inſerer Zukunft nicht verzweifeln. Das Zentrum ſei auch heute noch
ie alte Partei für Wahrheit, Freiheit und Recht, eine aus allen
Schich=
en der Bevölkerung zuſammengeſetzte wahre Volkspartei und
insbe=
on dere die Hüterin der religiöſen Intereſſen, wie ſie denn auch in den
etzEen Jahren hierin anſehnliche Erfolge aufzuzeichnen habe, wie z. B.
nDder Schuldfrage und der Beſeitigung der Ausnahmegeſetze. Mit der
ufforderung zu lebhafter Wahlbeteiligung ſchloß Redner ſeine, von
ar kem Beifall begleiteten Ausführungen. Nach Dankesworten des
zwei=
en Vorſitzenden und einer eingehenden Ausſprache wurde die
Verſamm=
ug gegen 10 Uhr geſchloſſen. Weitere Redner werden ſein: Herr
kerhtsanwalt Dr. Bockus=Mainz und Herr Profeſſor. Dr.
Deſſauer=
ntfurt g. M.
Der Oeutſche Evangeliſche Kirchenausſchuß
an die Wählerſchaft.
Der Deutſche Evangeliſche Kirchenausſchuß erläßt als die
Geſamtver=
tretung der im Kirchenbund zuſammengeſchloſſenen 28 deutſchen
Landes=
kirchen zu den bevorſtehenden Reichstagswahlen den folgenden Aufruf:
Der Reichstag hat trotz vielfacher Bemühungen das Reichsſchulgeſe
nicht verabſchiedet. Dadurch iſt in zahlreichen deutſchen Ländern die
ſchwere Erſchütterung des evangeliſchen Schulweſens auf ein nicht mehr
länger zu ertragendes Maß geſtiegen. Wir fordern daher nunmehr die
evangeliſchen Männer und Frauen aller Parteien auf, bei den kommenden
Neuwahlen zum Reichstag im Sinne der einmütigen Entſchließung des
zweiten deutſchen Kirchentages auf die Erhaltung der evangeliſchen Schule
entſcheidenden Wert zu legen. Es iſt unerläßlich, daß baldigſt ein
Reichs=
ſchulgeſetz zuſtande kommt, durch das in allen deutſchen Ländern
evangeli=
ſchen Eltern und Kindern ihr Recht auf evangeliſche Schulerziehung
ge=
ſichert wird. Der edangeliſchen Schule iſt volle Entfaltungsfreiheit und
die gleiche ſtaatliche Förderung zu gewährleiſten, die irgend einer anderen
Schulart zukommt. Wir fordern Schulen, in denen das ganze Schulleben
von einheitlichem evangeliſchem Geiſte durchdrungen iſt, und in denen die
evangeliſche Charakterbildung unferer Kinder verbürgt wird. Wir ſind
auch überzeugt, daß das nachwachſende Geſchlecht auf dieſem Wege am
ſicherſten zu beruflicher Tätigkeit und Gemeinſinn, zu nationalen und
ſtaatsbürgerlichen Tugenden herangebildet wird.
Heſſ. Bauwirtſchaftsbund.
Bauintereſſenten und Wohnungsſuchende, die über einiges
freies Kapital verfügen, werden gebeten, zwecks
Zuſammen=
faſſung zur Schaffung einer Baumöglichkeit auf
organiſa=
toriſcher Grundlage, ſich an die unterzeichnete
Bauberatungs=
ſtelle zu wenden.
(3553a
Arch. Rud. Strecker, Nieder=Ramſtädterſtr. 65, Tel. 1998.
— Das Wohltätigkeitskonzert der Freiwilligen Sanitätshauptkolonne
vom Roten Kreuz Darmſtadt am vergangenen Samstag in der
Turn=
halle am Woogsplatz war wohlgelungen. Die kunſtverſtändige, geſchickt
zuſammengeſtellte Vortragsfolge fand den ungeteilten Beifall der
Be=
ſucher, der die Mitwirkenden mehrfach zu Einlagen und Zugaben
ver=
anlaßte. Die Streichquartette und Trios klaſſiſcher Muſik, geſpielt von
den Herren Appel, Müller, Tenner, Spengler und Gieles waren
hin=
ſichtlich Auswahl wie Ausführung von feinem Empfinden getragen und
zu Gehör gebracht. Herr Kurt Arolſen überraſchte mit ſeiner ſchönen
klangfriſchen Tenorſtimme insbeſondere durch die kraftvolle Wiedergabe
der Gralserzählung. Dem jungen Künſtler dürfte mit ſeinem ſchönen
Stimmaterial eine verheißungsvolle Zukunft in Ausſicht ſtehen. Im
zweiten Teil erfreute Fräulein Fleiſchmann vom Landestheater mit
ihrer ebenſo temperamentvollen wie gut geſchulten Stimme die Zuhörer
durch den Vortrag der Mattinata von Leoncavallo, Pagen=Arie (
Huge=
notten) und des neckiſchen Liedchens von Wolf; „Rothaarig iſt mein
Schätzelein‟. Die von den Damen Frl. Kraft und Frl. Korſchan vom
Landestheater vorgeführten Tänze, unter denen das reizende „Rokoko=
Ständchen” beſondere Erwähnung derdient und wiederholt werden
mußte, entzückten durch die Grazie und Anmut ihrer Ausführung. Den
Schluß bildete die humorvolle und gelungene Vorführung des
Sing=
ſpiels „Eine fidele Gerichtsſitzung” durch die Herren Töppel, Arolſen
und Gubſch. Herr Gieles, der die Klavierbegleitung des ganzen Abends
beſtritt, wußte ſeine Aufgabe ebenſo geſchickt wie vollendet durchzuführen.
Alles in allem, ein genußreicher Abend, deſſen Gelingen die jungen
Künſtlerinnen und Künſtler durch ihre volle Hingabe zur Sache für ſich,
in Anſpruch nehmen dürfen und wofür ihnen ſämtlich die vollſte
An=
erkennung und Dank gezollt werden ſoll.
Voranmeldungen und Vorauszahlungen auf die Umſatzſtener im
April 1924. Vom Finanzamt Darmſtadt=Stadt wird uns geſchrieben=
Alle zu monatlichen bzw. vierteljährlichen Vor
auszahlun=
gen auf die Umſatzſteuer Verpflichtet en werden dirauf aufmerkſam ge
macht, daß die Umſatzſteuer für die Umſätze im März bzw. im 1. Kalender=
Vierteljahr 1924 bis zum 10. April bei der Fmanzkaſſe (Infanterie=
Kaſerne, Alexanderſtraße) gezahlt werden muß. Gleichzeitig mit der
Zahlung haben alle Steuerpflichtigen, alſo auch diejenigen, die
bar=
geldlos zahlen, eine Voranmeldung nach dem neuen Muſter für 1921
(bei der Umſatzſteuerabteilung, Infanteriekaſerne erhältlich) abzugeben.
Für die Zahlung der Steuer beſteht noch eine Schonfrift von 1 Woche
d. h. bis zum 17. April einſchließlich, kann die Zahlung noch ohne
Zu=
ſchlag erfolgen. Für die Einreichung der Vöranmeldung beſteht keine
Schonfriſt; erfolgt die Einreichung erſt nach dem 10. April, kann nach
§ 170 Abſ. 2 R.A.O. ein Zuſchlag bis zu 10 Prozent der Steuerſchuld
auferlegt werden.
— Adreßbuch 1924. Der alphabetiſche Straßenteil, umfaſſend die
Straßen von Heidelberger Straße bis einſchl.
Hein=
richsſtraße, liegt in der Zeit vom 8. bis einſchl. 10. April in Zimmer
23 des Städthauſes während der Dienſtſtunden zur Einſicht auf. Es wird
gebeten, von der Gelegenheit, etwaige Irrtümer berichtigen laffen zu
können, Gebrauch zu machen.
8 Vergütungen für vorwiegend im Intereſſe Privater erfolgende
Amtsgeſchäfte der Landbürgerme ſter. Die in § 1 der Bekanntmachung
vom 13. November 1913 als Gebührenſätze und Wertſtufen aufgeführten
Beträge gelten als Goldmarkbeträge. Die Bekanntmachung vom 26. Juli
1923 iſt aufgehoben. (Gilt ab 4. ds.)
— Was jeder Deutſche vom Saargebiet und Bund Saar=Verein
wiſſen muß! Man ſchreibt uns: Dieſes Merkblatt mit Bildern und
Karte des Saargebietes kann von der Geſchäftsſtelle „Saar=Verein” in
Berlin SW. 11, Königgrätzer Straße 94 II, bezogen werden. Es iſt ein
Aufruf an alle Volkskreiſe des nichtbeſetzten Deutſchlands, in dem es
heißt: „Das urdeutſche Saargebiet iſt durch das Friedensdiktat von
Ver=
ſailles am härteſten getroffen. Wir müſſen uns deshalb mit den Kämpfen
und Nöten unſerer deutſchen Brüder und Schweſtern im Saargebiet
vertraut machen, ihnen gegenüber der franzöſiſchen wirtſchaftlichen und
kulturellen Propaganda nach Kräften helfen, ihren bedrohten
Volks=
boden, ihre gute deutſche wirtſchaftliche Blüte, ihre deutſche
Mutter=
ſprache verteidigen. Alles fördern, was geeignet iſt, in ihnen deutſches
Volksbewußtſein und Liebe zur Mutterſprache und zum Mutterlande
lebendig zu erhalten. Das geſchieht am beſten dadurch, daß jeder
Deut=
ſche Mitglied des Bundes „Saar=Verein” oder, wo ſolche beſtehen,
Mit=
glied einer Ortsgruppe des Bundes „Saar=Verein” wird. Seit fün
Jahren arbeiten die Geſchäftsſtelle „Saar=Verein” und der Bund „Saar=
Verein” ſelbſtlos und unbekümmert um politiſche oder konfeſſionelle
Unterſchiede an der Aufgabe, im nichtbeſetzten Deutſchland Aufklärung
über den ſchweren Kampf der Bevölkerung im Saargebiet zu geben. Die
weiteren Hauptaufgaben des „Saar=Vereins” ſind: allen aus dem
Saar=
gebiete vertriebenen und geflüchteten Deutſchen mit Rat und Tat zun
Seite zu ſtehen, für die Intereſſen geſchädigter Saardeutſcher, ſowie
überhaupt für die Intereſſen der Saarbevölkerung und des Saargebiets
wo es nur ſein mag, einzutreten; für alle das Saargebiet betreffenden
Fragen eine Auskunftsſtelle zu ſein, alle Saardeutſchen und Freunde
des Saargebietes in Saar=Vereinigungen und als Mitarbeiter zu
ſam=
meln. Die Saarbevölkerung hält feſt am deutſchen Vaterlande, um
lauter erhebt ſie aber auch ihren Notruf: Vergeßt uns nicht! Dieſer
Notruf darf nicht ungehört bei uns verhallen. Das Saargebiet iſt und
muß auch deutſch bleiben, das iſt der Wahlſpruch, unter dem gearbeitet
wird. Drum helfe jeder bei unſerer Arbeit für das Saargebiet mit
durch Beitritt zum Bund „Saar=Verein” oder zu einer Ortsgruppe des
Bundes „Saar=Verein‟ Der Durchführung dieſer Aufgaben des
Bun=
des „Saar=Verein” dient die Geſchäftsſtelle „Saar=Verein” in Berlin
SW. 11, Königgrätzer Straße 94, deren werbende und aufklärende
ört=
liche Organe die Ortsgruppen, ſowie Einzelmitglieder in allen Orten des
Deutſchen Reiches darſtellen.”
— Warnung vor unüberlegter Auswanderung. Immer größer
wird die Zahl derer, die, durch die Nor gedrängt, nac einer Heimat
außerhalb der deutſchen Grenzen Ausſchau halten. Mancherorts herrſcht
ein förmliches Auswanderungsfieber, und nur zu gern glaubt man in
dieſer Stimmung Berichten und Vortrugen über glänzende und leicht zu
erlangende Anſiedlungsmöglihkeiten. Es beſteht jedoch Anlaß, zu
warnen vor allzu ſchnellem Anſchluß an neu entſtehende
Auswanderer=
vereine und Siedlungsgeſellſchaften, bevor man dieſe genau kennt und
weiß, was man für geforderte Beiträge erhält. Allen, die auswandern
müſſen und wollen, ſei empfohlen, ſich nur an die berufenen
Beratungs=
ſtellen zu wenden. Zu dieſen gehören u. a. der „Edangeliſche
Auswan=
dererverein zu Witzenhauſen a. W.” der ſich, geſtützt auf eine 25jährige
Erfahrung in der Auswandererfürſorge, zur Aufgabe macht, durch
ſach=
gemäße Auskunft über alle die Auswapderung und Siedlung
betreffen=
den Fragen den Auswanderungsluſtige zuverläſſige Hilfe zu bieten. Er
vermittelt Geleitskarten an ſeine im Ausland befindlichen
Vertrauens=
männer, die dem Neuankommenden mit Rat und Tat zur Seite ſtehen
und den Anſchluß an deutſche Gemeinden ſichern. Auch die „Evangel
Beratungsſtelle für Auswanderer”, Berlin, Oranienſtraße 69, hat ihre
Tätigkeit wieder aufgenommen und erteilt in Auswandererfragen
Aus=
kunft. Die mündliche Beratung findet Montags und Mittwochs von
0—12 Uhr ſtatt.
* Provinzialausſchuß.
1. Beſchwerde der Molkereigenvſſenſchaft
Schaaf=
heim gegen die Handelszulaſſungsſtelle (Kreisamt) Die
burg wegen Verſagung der Großhandelserlaubnis. Die
Handelszu=
laſſungsſtelle hat der Genoſſenſchaft die Erlaubnis zum Handel mit Ge
treide, Mehl, Kleie uſw. verſagt. Die Genoſſenſchaft rügt, daß objektit
die volkswirtſchaftlichen Bedenken nicht näher erläutert ſeien. Das
Kreis=
amt verweiſt demgegenüber auf das mangelnde Bedürfnis für den Krei=
Dieburg. Aſſeſſor Scharmann als Vertreter der Genoſſenſchaft
begründet eingehend die Beſchwerde, die ſich gerade auf amtliche Aeuße
rungen des Ernährungsminiſters ſtützt, gerade die Reviſionsverbänden
angehörenden Genoſſenſchaften ſollte man nicht derart behandeln. Die
Molkereigenoſſenſchaft Schaafheim bezahle zudem
Handelskammer=
beiträge. Es ſei Zeit, das Notgeſetz vom Februar 1923 abzubauen.
Die erſchienenen Vorſtandsmitglieder der Genoſſenſchaft P.
Sauer=
wein 16. und Hch. Dietz unterſtützen die vom Vertreter Aſſeſſor
Scharmann gemachten Ausführungen, die Genoſſenſchaft betreibt auch
eine Mühle und ein Elektrizitätswerk. Die Mühle vermahlt das von den
Genoſſen angefahrene Getreide und liefert den Mitgliedern die
an=
fallende Kleie. Eine große Anzahl Ausgewieſener muß in Schaafheim
ernährt werden. Schaafheim liegt weit vom Verkehr ab, nahe der
bay=
riſchen Grenze. Die Genoſſenſchaft will auch die Milchnot lindern. Die
Milch von Schaafheim geht beſonders nach
Darm=
ſtadt und teilweiſe auch nach Offenbach. Urteil: Die
Erlaub=
nis wird erteilt. 2. Die Ablöſung der
Streuberech=
tigung in den Domanialwaldungen der Oberför
ſterei Iſenburg: hier Beſchwerde des Univerſitätsprofeſſors
Dr. Weber in Freiburg (früher in Gießen) gegen den
Koſtenfeſtſetzungsbeſchluß des Kreisausſchuſſes Offenbach vom 18. Jan
1924. Erſchienen iſt Univerſitäts=Profeſſor Dr. Weber. Das
Mini=
ſterium der Finanzen, Forſt= und Kameralabteilung, iſt nicht vertreten.
Die Sache ſelbſt iſt 1910 begonnen, der Prozeß ruht zur Zeit. Es
han=
delt ſich hier um Koſtenanſprüche des Prof. Dr. Weber, der in der Sache
als Sachverſtändiger tätig war. Der Sachverſtändige hat ſeine
Gebüh=
ren auf reſtlich 3413 Goldmark berechnet. Angewendet hat der
Vor=
ſitzende des Kreisausſchuſſes die Gebührenordnung zum
Verwaltungs=
rechtspflegegeſetz vom Jahre 1922 und die Gebühren in Papiermark er
rechnet. Nach Art. 70 der alten Kreis= und Provinzialordnung hat über
die Berufung (nicht Beſchwerde) des Sachverſtändigen der
Provinzial=
ausſchuß zu entſcheiden, nachdem der Kreisausſchuß des Kreiſes
Offen=
bach der Koſtenfeſtſetzung des Vorſitzenden des Kreisausſchuſſes
beige=
treten iſt. Gefordert werden vom Sachverſtändigen heute noch 3466
Goldmark, hierin ſind inbegriffen Reiſekoſten und Diäten. Prof. Dr
Weber beſtreitet, daß er „aus Veranlaſſung ſeines Amtes” herangezogen
worden ſei (es ſind Weber nur die Gebühren eines beamteten Sachver
ſtändigen zugebilligt), er ſei vielmehr als Wiſſenſchaftler (Forſcher)
bei=
gezogen worden, ſein Amt ſei die Lehrtätigkeit; er ſei nicht
ver=
ppflichtet Sachverſtändigentätigkeit anzunehmen. (12 Jahre hat
Weber auf ſeine Gebührenzahlung warten müſſen.) Auch hier iſt nach
Webers Anſicht der unglückſelige Grundſatz Mark — Mark zum
Aus=
druck gebracht. Die häuslichen Arbeiten, die er als Sachverſtändiger
ſich aufgeſchrieben habe, ſeien nicht bewertet, darin ſeien 900 Mark reine
Auslagen enthalten, Urteil: Die Gebühren des Prof. Weber werden
feſtgeſetzt auf 2788 Goldmark 3 Pfg. nebſt 4 Prozent Zinſen abzüglich
der Papiermarkzahlung von 2000 Mark und der weiteren Papiermark
zahlungen, die in Goldmark auf 44 Mauk 44 Pfg. und 47 Mark um
gerechnet werden. Die Koſten trägt die Staatskaſſe. 3. Klage des
Orts=
armenverbands Kiel gegen den Ortsarmenverband Lampertheim
wegen Erſtattung von Armenpflegekoſten für die Erneſtine Lucie
Püſchel. Die getrennt gelebt habenden Eheleute hatten ſich in
Lampertheim wieder zuſammengefunden, die Ehefrau verließ den
Ehe=
mann jedoch bald wieder und ging nach Kiel zurück, wo ſie Kiel
unter=
ſtützte. Der Ortsarmenverband Lampertheim beſtreitet, daß der ernſtliche
Wille, wieder zuſammen zu kommen, vorhanden geweſen ſei, deshalb
teile die Frau nicht den Unterſtützungswohnſitz des Ehemannes.
Erſchie=
nen iſt niemand von den Parteien. Entſcheidung wird am 26. April
verkündet werden. 4. Beſchwerde der Firma Friedrich Kiefer
Nachf. Sägewerk zu Falkengeſäß gegen den Beſchluß des
Kreisausſchufſes Erbach wegen Heranziehung zu den Koſten
der Unterhaltung der Kreisſtraßen im Kreiſe Erbac.
Erſchienen: Baurat Rumpf. Die Firma Kiefer benutzt die Kreis
ſtraßen Finkenbach-Falkengeſäß—Airlenbach und Airlenbach—Olfen und
wurde vom Kreisausſchuſſe Erbach zu ſieben Zwanzigſtel von 50
Kubif=
meter Schottermaterial herangezogen. Firma Kiefer wendet ein, ſie der
wende einen Elektrolaſtwagen, da ſie von Bahnhöfen weit entfernt liege
und der Pferdebetrieb zu teuer geworden ſei. Das Amtsgericht Beer
felden hat eine Reihe von Zeugen über die Straßenbenutzung
vernom=
men. Eine weitere Firma Daum iſt gleichfalls zur Lieferung von
Schottermaterial (zu dreizehn Zwanzigſtel) herangezogeu worden und
hat gegen den Beſchluß des Kreisausſchuſſes Erbach Klage nicht erhober
Daum fuhr ſtets mit einem Anhängewagen und war das Auto immer
ſtärker beladen als das Kieferſche. Die Zeugen ſprechen ſich dahin
au=
daß die Firma Kiefer nicht gerade zur Abnutzung der Kreisſtraßer
durch die Autobefahrung beigetragen habe. Beſchluß: Das
Ve=
fahren wird ausgeſetzt, um Erhebungen über der
Umfang der beiden Betriebe anzuſtellen. 5. Beſchwerd
des Michael Spaier in Darmſtadt Kleine Ochſengaſſe
gegen den Beſchluß des Kreisamts Darmſtadt vom 21. November 1923
wegen Nichterteilung der Erlaubnis des Handels mit unedlen Metallen
Erſchienen: M. Spaier und ſein Vertreter, Rechtsanwalt Dr. Löb. Di
Erlaubnis iſt verſagt mangels Bedürfniſſes und Unzuverläſſigkeit de
Geſuchſtellers. Der Anwalt führt aus, Spaier betreibe das Gewerl
ſeit 16 Jahren. Die Beſchwerde wird zurückgewieſen. 6. Geſu
des Gottfried Beining zu Offenbach um Erlaubnis zum
triebe einer Schankwirtſchaft mit Branntweinausſchank in
Hauſe Schloßſtraße 29. Die Sache wurde bereits am 9. Februar ver
handelt. Beinenz will die Ehefrau Wiſſel als Stellvertreterin beſtellen
Das Kreisamt bejaht die Bedürfnisfrage. Ehemann Wiſſel iſt wegen
Hehlerei beſtraft. Es ſollen die Akten betr. Straffache gegen Eheman
Wiſſel eingefordert werden. 7. Beſchwerde des Peter Korbus von
Bensheim gegen den Beſchluß des Kreisamts Bensheim wege
Nichterteilung der Erlaubnis zum Handel mit unedlen Metallen. T
Sache fällt aus, da der Antrag zurückgenommen iſt.
— Zu den Wahlen. Der Herr Reichsminiſter des Innern hat
Hinblick auf die bevorſtehenden Wahlen durch V rordnung vom
März d. J. verfügt, daß Stimmberechtigte, diea us den beſetzten und de
Einbruchsgebieten des Weſtens ausgewieſen oder durch ſonſtige
Maßnah=
men der Beſatzungsbehörden verdrängt ſind, auf ihren Antrag in de
Stimmliſte oder Stimmkartei ihres gegenwärtigen Aufenthaltsortes
zutragen ſind. Sofern die Ausweiſung oder Verdrängung erſt nach Ak
lauf der Friſt zur Auslegung der Stimmliſte oder Stimmkartei erfol
erhält der Ausgewieſene oder Verdrängte, von der Gemeindebehörde
ſeines Aufenthaltsortes auf Antrag einen Stimmſchein, der ihn zur
Teil=
nahme an der Reichstagswahl berechtigt. In Preußen erhalten Aus
gewieſene und Verdrängte mit Rückſicht auf die B=ſtimmungen des pren
ßiſchen Wahlrechts, das in ſolchen Fällen nur die Ausſtellung eine
Stimmſcheines kennt, auch für die Wahl zum Reichstag in allen Fällen
alſo auch bei Antragſtellung vor Ablauf der Auslegungsfriſt, einen
Stimmſchein. Die Flüchtlingsfürſorgeſtellendes Roter
Kreuzes werden gebeten, die vorſtehenden Beſtimmungen den
Aus=
gewieſenen und Verdrängten baldigſt bekannt zu geben, ſowie in den
Räumen der Fürſorgeſtellen zum Aushang zu bringen. Auch eine Be
nachrichtigung der örtlichen Intereſſenvertretungen, der Ausgewieſener
und Verdrängten dürfte angebracht ſein, desgleichen eine Bitte an d
örtliche Preſſe um Aufnahme eines entſprechenden Hinweiſes. Schließl
erſcheint es zweckmäßig, kurz vor der Auslegung der Stimmliſten d
Ausgewieſenen und Verdrängten nochmals auf die vorerwähnten B
ſtimmungen aufmerkſam zu machen.
Um den Reifenden Gelegenheit zu geben, ſchon im beſetzten Gebi
Fahrkarten zu erhalten, die von den Uebergangsbahnhöfen der
Reich=
bahn ab gelten, iſt zum 1. April ds. Js. auf den Regiebahnhöfen Mat
und Wiesbaden je ein deutſcher Fahrkartenſchalter eingerichtet worder
ie Fahrpreiſe werden in Markbeträgen erhoben. Die Vorverkauf
ſchalter geben auf Wunſch auch Auskünfte über Anſchlußzüge, Fahrprei,
ermäßigungen u. dal. Da mit Zunahme des Reiſeverkehrs die Fahrkarter
ausgaben der Uebergangsbabnhöfe erfahrungsgemäß ſtark in Anſpruc
genommen werden und Stockungen mitunter nicht zu vermeiden ſind
wird dringend empfohlen, von dieſer Vorverkaufsmöglichkeit Gebrauc
zu machen.
Nächſie Dampferfahrten der Hamburg—Amerika=Linie. Hambu
Newhork: D. Cleveland 8. 4., D. Reliance 15. 4., D. Thuringia 17
D. Albert Ballin 24. 4., D. Hanſa 29. 4., D. Deutſchland
Reliance 13. 5. — Hamburg-Kanada (Halifax): D. Cleveland
Hamburg-Boſton-Philad
D. Hanſa 29. 4., D. Cleveland 15. 5.
D. Fürſt Bülow 23. 5. — Hambu
phia-Baltimore: D. Emden
—Nordamerika=Weſtküſte: M. S. Iſis etwa 19. 4., D. Alrich etwa
— Hamburg—Cuba—Mexiko: D. Weſterwald 15. 4., D. Toledo 2.
Hamburg—Weſtindien: D. Amaſſia 12. 4., D. Denderah 26. 4., D. Ad
17. 5. — Hamburg—Weſtküſte Zentralamerika und Mexiko: D. Der
derah 26. 4., D. Eupatoria 31. 5. — Hamburg—Südamerika (Oſtküſte
Niederwald 9. 4., D. Württemberg 15. 4., D. Wasgenwald 24.
D. Teutonia 29. 4., Altmark 7. 5., D. Frankenwald 14. 5. — Hamburg
Weſtküſte Südamerika: M. S. Odenwald 12. 4., D, Siſak 19. 4., D.
land 26. 4., D. Planet 30. 4., D. Itauri 3. 5., M. S. Spreeivald 1
— Hamburg—Oſtaſien: Engl. D. Polyphemus 12. 4. M. S. Ern=
19. 4., Engl. D. City of Dunkirk 26. 4., D. Saarbrücken
Pyrrhus 10. 5., M. S. Münſterland 17. 5. Mitgeteilt durch Ver
Adolph Rady in Darmſtadt, Zimmerſtraße 1,
Seite 6.
Darmſtädter Tagblatt, Dieustag, den 8. April 1924,
Rummer 99.
Aus Heſſen.
Arheilgen, 6. April. Als Nachfolger unſeres
Kirchenrech=
ners, Herrn Lndw. Avemarie, wurde Herr Thomas Brücher
er=
nannt. — Vom 1. Mai ab bildet die hieſige katholifche Gemeinde eine
ſelbſtändige Pfarrgemeinde. Als Pfarrer wurde Herr Pfarrkurat Koxp
ernannt. — Der hieſige Gefangverein „Eintracht” wird ſich im
Laufe dieſes Jahres an dem in Klein=Auheim ſtattfindenden
Gefangs=
wettſtreit beteiligen. Er hat mit 80 Sängern für die A=Klſſe gemeldet.
* Eberſtadt, 6. April. Am Sonntag abend waren die
Mitglie=
der und Anhänger des Geſangvereins „Sängerluſt” der Einladung zu
einem Konzertabend gefolgt. Eine kurze, aber gehaltvolle
An=
ſprache des 1. Vorſitzenden, Herrn Fritz Schuhmacher, mit einem
an=
ſchließenden Sängergruß leitete den Abend ein. Von den mitwirkenden
Gäſten iſt zuerſt Frau Klementie Wehrle zu nennen. Mit der
Agathe=Arie aus dem „Freiſchütz” führte ſie ſich ein. Drei weitere Lieder,
darunter das bekannte Mendelsſohnſche Lied „Auf Flüglen des Geſanges”
zeigten ſie ebenfalls als gute Konzertfängerin. Als Bafſiſt war Herr
Konzertſänger Ludwig Bauer gewonnen. Wirkungsvoll brachte er
das Abtſche „O Jugend, wie biſt du ſo ſchön!” zum Gehör und bot im
zweiten Teil drei kleinere heitere Lieder von Liebe und Glück. Als
In=
ſtrumentaliſten bewährten ſich Herr Solopoſauniſt Eduard Breitrück,
der der erſte Poſaunen=Virtuos iſt, den Eberſtadt gehört hat, und Herr
Piſtonvirtuos Hermann Buslau, deſſen „Karneval von Venedig”
be=
ſonderen Anklang fand. Ein ſicherer Begleiter an einem viel zu
wün=
ſchen übrig laſſenden Klavier war allen Soliſten Herr Oskar
Schnei=
der. Nicht zuletzt ſei des Chores gedacht, der unter Leitung des Herrn
*Paul Bäniſch mehrere Volkslieder ſtimmungsvoll und exakt zu Gehör
brachte. Ihm, wie allen Darmſtädter Künſtlern wurde reger Beifall
zuteil.
8 Eberſtadt, 6. April. Kirchliches. Heute wurden in der ev.
Kirche zirka 70 Konfirmanden vorgeſtellt.
A. Pfungſtadt, 6. April. Zur Reichstagswahl iſt die 7300
Perſonen zählende Einwohnerſchaft in drei Wahlbezirke eingeteilt. Als
Wahlvorſteher wurden die Lehrer Schäfer für den 1. Bezirk,
Gemeinde=
rat Wenz für den 2. Bezirk und Gemeinderat Jäger für den 3. Bezirk
beſtimmt. Als Wahllokal wurde die Knabenſchule in Ausſicht genommen.
Sceheim, 6. April. Stenogr. Wettſchreiben. Der
hie=
ſige, erſt nach dem Kriege gegründete Stenographie=Verein „
Gabels=
berger” (Vorf. Herr Mertz) hielt heute vormittag in der Schule ein
Wettſchreiben ab, zu dem ſich u. a. auch Kunſtgenoſſen und
Kunſtgenoſ=
ſinnen aus Nachbarvereinen (Darmſtadt, Eberſtadt, Pfungſtadt,
Bicken=
bach, Zwingenberg uſw.) eingefunden hatten. Die Zahl der
Wettſchreib=
teilnehmer betrug 80, die Hochſtleiſtung wird bei 280 Silben errungen
werden. Das endgültige Ergebnis wird erſt ſpäter bekannt gegeben.
— Jugenhei (Bergſtr.), 6. April. Am Samstag, den 12. ds. Mts.,
findet in Jugenheim a. B. im Gaſthaus Tannenberg, 7½ Uhr abends,
eine öffentliche Verſammlung der Ortsgruppe „Untere Bergſtraße” der
Deutſchnationalen (heſſiſchen) Volkspartei ſtatt. Herr
Landtagsabgeord=
neter Kindt wird über „Was will die Deutſchnationale (heſſiſche)
Volks=
partei?” ſpreichen. Anſchließend findet Ausſprache ſtatt.
H.-G. Jugenheim a. d. B. Am letzten Sonntag veranſtaltete der
„Konzertverband der unteren Bergſtraße” ſeinen letzten Abend. Es war
ßugleich der Abſchiedsabend des Herrn Vogt, der die Leitung des
Darmſtädter Kammerorcheſters aufgibt, um an dem
Leip=
ziger Konſervatorium ſeinen weiteren Studien nachzugehen. — Den
Anfang machte, mit ſchwungvoller Begeiſterung vorgetragen, Schuberts
Ouvertüre: „Der Teufel als Hydraulikus”, ein Jugendwerk des Meiſters,
witzig und graziös, doch ohne die Tiefen der ſpäteren Werke zu
er=
reichen. Es folgte ſein wundervolle 5. Sinfonie in B=Dur, die die größte
Anforderung an alle Beteiligten ſtellte. Von den vier Sätzen gelang die
Wiedergabe der beiden erſten am beſten, während das Menuett etwas
unter zu ſchnellem Tempo des wuchtigen Hauptthemas litt. Im
Mittel=
punkt des Abends ſtand entſchieden Händels „Concerto groſſo” in E=Dur,
das Herr Vogt mit großer Liebe und Hingebung herausgearbeitet hatte
und mit ſeinem Orcheſter ſehr klangvoll und ſchön zu Gehör brachte.
Zum Schluß gelangte die Abſchiedsſinfonie von Haydn zur Aufführung,
ein Gelegenheitswerk, daß der Komponiſt anläßlich eines zu langen
AAUaEUAAAAAU herrl. erfriſchend ſchmeckenden
erzielen Sie ſchon durch 5
1—2 maliges Putzen mit der 2
Zahnpaſte Chlorodont.
Gegen üblen Mundgeruch
wird auch mit Erfolg Chlorodont-Mundwaſſer verwendet.
Sommeraufenthalts ſeiner Kapelle beim Fürſten Eſterhazy für die
Mit=
glieder ſchrieb. Die Zuhörer nahmen die Sinfonie, in der ſich eine
weh=
mutsvolle Abſchiedsſtimmung und launige Heiterkeit aufs glücklichſte
ver=
einigen, gleich den anderen Werken dankbar auf und ſpendeten reichen
Beifall. Unſere beſten Wünſche begleiten Herrn Vogt auf ſeinem
wei=
teren Wege. Wir hoffen, ihn in ſpaterer Zeit hier wieder begrüßen zu
dürfen.
+ Gadernheim b. Bensheim, 6. April. Einbruch. Unbekannte
Diebe verübten dieſer Tage in einer hieſigen Wirtſchaft einen Einbruch,
wobei ſie gleichfalls der Metzgerei im Haufe einen Beſuch abſtatteten und
Fleiſch und Wurſt ſtahlen.
Fränkiſch=Crumbach, 6. April. In der Nacht von Samstag auf
Sonntag wurde am hieſigen Bahnhof in der Wirtſchaft von Philipp
Eckert ein Einbruch verübt. Die Diebe ſind durch das Kellerloch
in den Keller eingeſtiegen und hatten ſich einen Ruckſack voll
Flaſchen=
wein gefüllt, wurden jedoch, als ſie im Begriff waren, noch weitere
Flaſchen in einen Sack zu tun, geſtört und mußten unter Zurücklaſſung
ihrer Beute fliehen. Sie haben ſich anſcheinend danach nach Fränkiſch=
Crumbach=Ort begeben und haben der Wirtſchaft „Zur Krone” einen
Beſuch abgeſtattet, wo ihnen Zigarren und Zigaretten in die Hände
fielen. Von den Tätern fehlt jede Spur.
A. Lampertheim, 6. April. Neues
Induſtrieunterneh=
men. Die bekannte Ludwigshafener Großfirma Antweiler errichtet in
dem Anweſen der Holzhandlung Freund u. Krafft eine Bauwaren= und
Teerproduktenzweigniederlaſſung.
z. Erzhauſen, 6. April. Am verfloſſenen Mittwoch hielt der
Bürger=
meiſter den hieſigen Bauintereſſenten und Wohnungſuchenden einen
Vortrag über Bauweſen. Es wurden den Anweſenden Wege
gezeigt über Geldbeſchaffung, Material, ſowie ſonſt Vorteilhaftes zur
Beſchaffung von Wohnſtätten. Die Bautätigkeit beginnt ſich auch hier
wieder zu regen. Das Gemeindegelände nach der Bahn iſt ſoweit
voll=
ſtändig an Baubewerber vergeben. — Die Gewoſſenſchafts=,
Spar= und Leihkaſſe hat heute durch ihren Diener bei den
ſeit=
herigen Genoſſen anfragen laſſen, ob dieſe den neu feſtgeſetzten
Geſchäfts=
anteil von 10 Mark entrichten und Genoſſen bleiben wollen,
andern=
falls dieſelben ſich bis zum 1. Juni dieſes Jahres ſchriftlich abmelden
müſſen.
+ Groß=Gerau, 6. April. Schuhmacher=Zwangsinnung.
Heute mittag fand für den Bereich des Kreiſes Groß=Gerau die feierliche
Ueberreichung der Geſellenbriefe ſtatt. Damit verbunden war eine
Aus=
ſtellung der Geſellenſtücke.
Biſchofsheim b. Mainz, 3. April. Der Geſangverein „
Lieder=
kranz” Biſchofsheim blickt im nächſten Jahre auf ſein 50jühriges
Be=
ſtehen zurück. Es wäre verfehlt, in einer Zeit, in der die Sangeskunſt
trotz Krieg und hemmender Nachkriegszeit einen ungemein erfreulichen
Aufſtieg zu verzeichnen hat, wollte man das goldene Jubiläum ſang= und
klanglos vorübergehen laſſen. Der Verein hat deshalb beſchloſſen, am
5. ,6. und 7. Juli kommenden Jahres das Jubelfeſt durch einen nationalen
Geſangswettſtreit größeren Stiles, zu würdigen. Alle Geſangvereine
der näheren und weiteren Umgebung werden bereits, fetzt auf obige
Anzeige aufmerkſam gemacht. Biſchofsheim, auf der Strecke Mainz=
Frankfurt und Mainz=Darmſtadt liegend, iſt durch günſtige und zahlreiche
Zugverbindung leicht zu erreichen. Seine reiche Erfahrung auf dem
Ge=
biete der Geſangswettſtreite und feſtlichen Veranſtaltungen dürfte allen
Vereinen die Gewähr für eine ſachgemäße und zufriedenſtellende
Feſt=
leitung bieten.
Rüſſelsheim, 6. April. Der Bahnübergang über die
Kreis=
ſtraße von hier nach dem Schönauer Hof iſt wegen dringlicher
Umbau=
arbeiten auf einige Tage geſperrt worden.
Mainz, 6. April. Die Gemäldegalerie, die jetzt in den
käumen der ehemaligen Stadtbibliothek untergebracht iſt, iſt jetzt wieder
für das Publikum zugängig.
Mainz, 6. April. Leichenländung. In der Nähe des
Fiſch=
tores wurde die Leiche eines Negers, der auf einem holländiſchen Schiffe
bedienſtet und bei Nierſtein ertrunken war, geländet.
Guſtavsburg b. Mainz, 6. April. Tödl. Unglücksfall.
Bei Reparaturarbeiten an einem Glasdach ſtürzte der Glaſer Werner
us Weiſenau ſo unglücklich aus einer Höhe von zirka 15 Metern herab,
daß er ſofort tot liegen blieb. Werner hinterläßt eine zahlreiche
Familie.
Nieder=Jugelheim (Rheinh.), 6. April. Eine Erinnerung.
In dieſem Jahre ſind 1150 Jahre ſeit der Vollendung des im Jahre
768 begonnenen Kaiſerpalaſtes Karls des Großen verfloſſen. Heute
ünden nur noch unſcheinbare Trümmer von der Pracht des ehemaligen
karolingiſchen Palaſtes, in dem manche Reichsverſammlung
ſtattgefun=
den hat.
Worms, 6. April. Freihafen Worms. Der Wormſer Hafen
iſt vom Zollausſchuß der Rheinlandkommiſſion zum Freihafen erklärt
worden.
Nierſtein, 2. April. Geſtern fand in der Stadt Mainz eine
Ver=
ſteigerung der Vereinigten Nierſteiner Weingutsbeſitzer, e. V., ſtatt. Die
Verſteigerung hatte einen ſehr guten Zuſpruch und wurden alle zum
Ausgebot geſtellten Weine abgenommen. Erlöſt wurden durchſchmittlich
pro Halbſtück 22er 840—1980 Mk., für 1921er pro Halbſtück 2100—2800,
pro Viertelſtück 1350—4620 Mk.
Friedberg, 6. April. Im 52. Lebensjahre verſchied
Juſtitzinſpek=
tor Wilhelm Reitz.
X Friedberg, 6. April. Einbrüche. In den levten Tagen
wurden mehrere Jagdhäuſer bei Ockſtadt und im Frankenſteinſchen
Re=
vier, ſowvie bei Ober=Rosbach anſcheinend von derſelben Einbreiherbande
heimgeſucht und ausgeraubt. Wer die Täter ſind, konnte noch nicht
er=
mittelt werden.
e. Friedberg, 6. April. In unſerer alten Seminarſtadt treffen an
den Oſtertagen zahlreiche Lehrer Heſſens ein, um ſich an dem Ort ihrer
Berufsausbildung ein Stelldichein zu geben. Unter den Gäſten werden
ſich Lehrer befinden, die bereits vor 20, 25, 30, ja vor 40 Jahren unſer
Lehrerſeminar verließen.
OGießen, 6. April. Kunſtausſtellung. Der Overheſſiſche
Kunſtvercin veranſtaltete heute eine Ausſtellung zum Andcnken an den
verſtorbenen Funſtmaler W. Barthel. Gegen Mittag fand eine kleine
Gedächtnisfeier ſtatt, bei der Herr Dr. Röschen aus Lauterbach die
Ge=
dächtsnisrede hielt.
K. Gießen, 6. April. Schwere Mißſtände beſtanden ſeit den letzten
Jahren auf der Biebertalbahn, ja ſeit einem Jahre verkehrte
Sonntags überhaupt kein Zug, ſo daß die zahlreichen Ausflügler nach
dem Biebertal ſchwere Klagen führten. Alle Eingaben, welche die Stadt
und die Orte des Biebertals an die Eiſenbahngeſellſchaft richteten,
blie=
ben bisher erfolglos. Jetzt endlich iſt ein erfreuliches Ergebnis erzielt
worden, denn die Geſellſchaft hat ſich bereit erklärt, ab 15. April wieder
täglich je dier Züge nach beiden Richtungen laufen zu laſſen; auch an
allen Sonn= und Feiertagen ſollen die Züge verkehren. Das Biebertal
und die angrenzenden Berge werden alſo auch in dieſem Sommer
wie=
der — wie alljährlich — ein Hauptausflugsort der Gießener Bürger
werden. — Sein 60jähriges Jubelfeſt beging geſtern und
heute der Bauerſche Geſangverein. Eröffnet wurde die Feier durch
eine Gefallenen=Gedenkfeier am Kriegerdenkmal auf dem Marktplatze,
wobei der Verein den Chor vortrug „Die Himmel rühmen des Ewigen
Ehre‟ Beim Jubiläumskonzert in der Aula wirkten mit Kurt Richter
vom Stadttheater, Dr. Moſer=Halle (Bariton), F. Kufé=Frankfurt und
die Kapelle Weller=Gießen. Der Vorſitzende des Vereins Georg Todt
feierte gleichzeitig ſein 50jähriges Sängerjubiläum. Die Bürgerſchaft
beteiligten ſich ſehr zahlreich an dem Jubiläum des ſehr angeſehenen und
geſchätzten Geſangvereins.
e. Gießen, 6. April. Ein Veteran des Handwerks iſt der
74 Jahre alte Schloſſermeiſter Karl Wiegandt, welcher am 1. April auf
ſein 50jähriges Handwerkerjubiläum zurückblickte. Die Handwerker=
Innung ehrte den Jubilar durch eine kleine Feier.
O Weickardshain b. Grünberg (Oberh.), 6. April.
Beigeord=
netenwahl. Mit 121 Stimmen wurde Herr Lehrer Eckſtein zum
Beigeordneten gewählt. Der ſeitherige Beigeordnete war letzthin zum
Bürgermeiſter gewählt worden.
i. Büdingen, 6. April. Hier fand ein 14tägiger Kurſus für Lehrer
ſtatt, in welchem die Teilnehmer in die grundlegenden Fragen der
Arbeitsſchule und des Werkunterrichts eingeführt wurden.
+ Schotten (Oberh.), 6. April. Die hieſige
Baugenoſſen=
ſchaft, die ſich infolge der Inflationszeit Ende des vergangenen
Jah=
res aufgelöſt hatte, hat ſich wieder neu gegründet..
— Ulrichſtein (Vogelsberg), 3. April. Hier wie im ganzen hohen
Vogelsberg iſt neuer Schnee gefallen. Da vorher nachts
regel=
mßig einige Grad Kälte waren und ein ſchneidender Nordoſt über die
Felder pfiff und die eben aufkeimenden Saaten wohl gefährdet hätte, iſt
dieſer Schneefall ſo ungünſtig nicht. Wärmeres Wetter ſcheint aber jetzt
ſich anzukündigen.
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Seite 3.
Darmſtädter Tagblatt, Dienstag, den 8. April 1924
Rummer 99.
Reich und Ausland.
Zur Bau=Ausſtellung Stuttgart 1924.
Die Kenntnis von den Möglichkeiten, die für jeden Bauluſtigen heute
gegeben ſind, iſt leider noch nicht genug verbreitet. Die Bau=Ausſtellung
iſt das ausſichtsreichſte Mittel, um zur Verbreitung des Baugedankens
beizutragen. Das hat natürlich nur einen Zweck, wenn ſich ein ſehr hoher
Prozentſatz Beſucher zu der Ausſtellung einfindet. Eigentlich ſollte jeder
deutſche Bürger in dieſem Jahre die Fahrt nach Stuttgart antreten. Es
iſt nur möglich, geſunde Bauverhältniſſe wieder zu bekommen, wenn das
Gemeinſchaftsgefühl und die gegenſeitige Verantwortung alle oder faſt
alle umfaßt. Daß Stuttgart durch die großen Veranſtaltungen (
Kunſt=
ſommer, Kongreſſe, Haus für Technik und Induſtrie, vor allem die Bau=
Ausſtellung) in den Mittelpunkt des Intereſſes gerückt iſt, iſt bekannt,
und bei ſeiner ſchönen, anmutigen Lage im Schwabenland iſt mit einem
großen Fremdenzuſtrom zu rechnen. Zu wünſchen iſt, daß es vor allen
Dingen auch dem außerhalb Stuttgarts wohnenden deutſchen Bürger, der
ein ſo ganz beſonderes Intereſſe und warmes Verſtändnis für die
Fra=
gen des Bauens hat, vergönnt ſein möge, die Bau=Ausſtellung zu
be=
ſuchen. Die Vorbereitungen zur Ausſtellung auf dem Gelände, auf den
Zeichenſälen, in den Bureaus der Beratungsſtelle gehen mit raſchen
Schritten voran. Die Ausſtellungsleitung vermag bereits eine
einiger=
maßen klare Ueberſicht zu faſſen und gibt ihre Bedingungen bekannt, die
von der Leitung zu beziehen ſind.
Aufſehen erregende Beſchlagnahme.
Ohligs. Hier erfolgte eine Aufſehen erregende
Vermögensbe=
ſchlagnahmung. Gegen den Inhaber der Stahlwarenfabrik „Kabeſo”
G. m. b. H., Karl Becker, war vom Staatsanwalt ein Verfahren
we=
gen Urkundenfälſchung eingeleitet worden. Becker ging flüchtig. Die
Staatsanwaltſchaft hat nun ſein geſamtes inländiſches Vermögen mit
Beſchlag belegt. Becker ließ ſich außerdem auch Beſtechung zuſchulden
kommen. Drei der von Becker vermutlich beſtochenen
Reichsbankange=
ſtellten befinden ſich in Unterſuchungshaft. Becker, der früher ein
ein=
facher Schleifer war, hat ſich ſein, für ſeine Verhältniſſe ungeheures
Vermögen, anſcheinend anf Koſten der Reichsbank erworben.
Der falſche Leutnant zur See.
München. Der wegen Betrugs ſchon beſtrafte, in Haft
befind=
liche Mechaniker Rudolf Striegler von Briensnitz lernte im Dezember
1923 einen Holzhändler von Oſerach kennen. Im Geſpräch erzählte er
ihm, er ſei Leutnant zur See, ſein Vetter und vier Brüder ſeien im
Kriege gefallen und ſeine Mutter ſei aus Gram darüber geſtorben,
während er ſelbſt ſich noch im Lazarett befinde. Aus Mitleid darüber,
lud nun der Holzhändler den Striegler ein, mit ihm nach Oſerach zu
kommen, wo er Striegler beherbergte und bewirtete. Nachdem dieſer
den Holzhändler noch um einen Geldbetrag geprellt hatte, verſchwand
er und wandte ſich wieder nach München, wo er einen Studenten
ken=
nen lernte. Auch dieſen und einen Buchhalter prellte er in ähnlicher
Weiſe, ſo daß der „Herr Leutnant” ein anſtändiges Sümmchen in die
Hand bekam. Das Gericht München verurteilte nun den Angeklagten
mit Rückſicht auf die ehrloſe Tat zu einer Gefängnisſtrafe von 10
Mo=
naten. Dem Angeklagten wurden die bürgerlichen Ehrenrechte auf die
Dauer von drei Jahren aberkannt.
Mittelalterliche Entdeckungen unter der Münchener Reſidenz.
Man ſchreibt uns aus München: In der Münchener Reſidenz
hat man dieſer Tage Kaſematten entdeckt. Auf alten Plänen waren ſie
zwar eingezeichnet, doch da von deren Exiſtenz ſeit Jahrhunderten nichts
mehr bekaunt war, vermutete man, daß ſie beim Neubau der Reſidenz
durch Kurfürſt Maximilian I. eingeebnet worden waren. Ein unlängſt
unternommener Durchbruch von einem der heutigen Keller aus ergab,
daß dieſe noch in beſtem baulichen Zuſtande erhalten ſind. Sie liegen
unter dem ſogenannten Apothekenhof und bilden einen Teil der
mittel=
alterlichen Befeſtigung der im 14. und 15. Jahrhundert gebauten
Neu=
veſte, der erſten Bauanlage der heutigen Reſidenz. An den Außenmauern
dieſer Kaſematten ſind noch die Schießſcharten zu erkennen, die ſpäter
vermauert wurden. Im 18. Jahrhundert ſcheinen dieſe als Keller
ver=
wendet worden zu ſein. Darin fand ſich nichts als am Boden liegende
Reſte einer ehemaligen Holzverkleidung. Durch die Wiederentdeckung der
Kaſematten iſt es möglich, die urſprüngliche Anlage der Neuveſte wieder
feſtzuſtellen.
Eine zwanzigköpfige Falſchmünzerbande verhaftet.
Breslau. Hier wurde dem B. T. zufolge eine zwanzigköpfige
Falſchmünzerbande unſchädlich gemacht, die ſich mit der Herſtellung von
ſchleſiſchem Provinzialnotgeld ſeit langer Zeit beſchäftigte. Die
Her=
ſtellung der falſchen Scheine erfolgte in Leipzig. Zum Vertrieb von
Beuthen aus war zwiſchen Leipzig und Schleſien ein ausgedehnter
Kurierdienſt eingerichtet worden, der durch gut organiſierte
Verteilungs=
ſtellen die Falſifikate weiterleitete. Der wirtſchaftliche Schaden, der durch
das Falſchgeld entſtanden iſt, ſcheint außerordentlich groß zu ſein. Die
kommen, ſo daß der Schleſiſchen Kommunalbank ſchließlich als Mittel
gegen weitere Fälſchungen nur der Aufruf ſämtlicher Scheine der
ge=
fälſchten Sorten übrig blieb.
Die Rache des Schülers.
Wie die Blätter aus Verona melden, fand dieſer Tage der
Sakri=
ſtan der Kirche San Nicola neben einer Säule der Kirche ein Paket, das
er aufhob, dann mit in die Sakriſtei nahm und endlich öffnete. Aber
kaum hatte er die Schnur zerſchnitten, die das Paket zuſammenhielt, ſo
platzte dieſes unter heftigem Lärm. Der Sakriſtan trug ſchwere
Brand=
wurden am Kopf und an den Händen davon. Das Paket war an den
Pedell des Gymnaſiums von Verona adreſſiert und enthielt einen
Zet=
tel mit der Inſchrift: „So wirſt du lernen, auch uns Schüler anſtändig
zu behandeln”.
Der Prinz von Wales als Filmſtar.
Wie aus London gemeldet wird, hat ein amerikaniſcher Filmregiſſeur
an den engliſchen Hof ein Kabeltelegramm geſandt, in dem er anfragte,
ob der Prinz von Wales geneigt ſei, demnachſt die Hauptrolle in einem
Film zu übernehmen. Das Honorar ſollte ſich der Thronfolger ſelbſt
feſtſetzen. Ob Ihre Hoheit auf das Telegramm geantwortet haben, iſt
bislang noch nicht bekannt.
Die größte und die kleinſte Lokomotive.
Die größte bisher in England erbaute Lokomotive wird auf der
Britiſchen Reichsausſtellung neben der kleinſten ausgeſtellt werden, die
zugleich die erſte war. Die ganze Entwicklung der Eiſenbahn in 100
Jahren wird damit zugleich ſinnfällig vorgeführt. Die kleinſte
Lokomo=
tive iſt die von Stephenſon erbaute, die 1825 den erſten Eiſenbahnzug
zwiſchen Stockton und Darlington zog; ſie wiegt 12 To. und konnte
20 Kilometer in der Stunde zurücklegen. Die größte Lokomotive, die
neben ihr ſteht, wiegt 140 To. und kann in der Stunde 180 Meilen
fahren; ihre Durchſchnittsgeſchwindigkeit iſt 1,75 Klm. in der Minute.
Um die ehrwürdige Urahne aller Lokomotiven in der richtigen Umgebung
zu zeigen, wird die Maſchine Stephenſons gezeigt werden, wie ſie auf
den dünnen Eiſenſchienen ſteht, die bei dem Schienenweg der erſten
Eifenbahn verwendet wurden.
*Zurück zu den deutſchen
Kolonial=
methoden!
Schon vielfach iſt in der deutſchen und ſüdafrikaniſchen
Preſſe auf die große Gefahr hingewieſen worden, die der
euro=
päiſchen Kultur, beſonders aber dem weißen Südafrika aus der
äthiopiſchen Bewegung droht. Und es iſt gerade von
ſüdafrika=
niſcher Seite, von keinem geringeren als General Smuts ſelbſt,
als ein Verrat an der weißen Raſſe bezeichnet worden, daß
Frankreich ſchwarze Truppen „gegen einige der edelſten Völker
Europas” geführt hat, wodurch es der äthiopiſchen Bewegung
in verhängnisvoller Weiſe Vorſchub leiſtete und ein neues Reich
der Barbarei in Afrika und Europa vorbereitete.
Selbſt im Lager der ehemaligen Feinde Deutſchlands
meh=
ren ſich heute die Stimmen, die eine Rückkehr fordern zu jenen
bewährten Kolonialmethoden, die Bismarck im Berliner
Ver=
trage aufſtellte, und zu jenen Grundſätzen der
Eingeborenen=
behandlung, denen Deutſchland ſeine Erfolge auf dem Gebiete
der kolonialen Rechtspflege durch Schaffung eines den
Rechts=
begriffen der Eingeborenen angepaßten Eingeborenenrechtes
verdankte. Nunmehr äußert ſich auch ein engliſches Blatt, das
„Catholic Magazine”, das die Anſicht eines großen Teils der
weißen Bevölkerung Südafrikas vertritt, im gleichen Sinne.
Das Blatt weiſt auf die ungeheueren ſittlichen und
kultu=
rellen Schäden hin, die Europa und den afrikaniſchen Kolonien
aus der Verwendung farbiger Truppen im Kampfe gegen Weiße
drohen. „Dieſe Gefährdung — ſo ſchreibt das Blatt — ſahen
Bismarck und die vernünftigen Staatsmänner vor 1914 voraus,
und ſie verpflichteten ſich im Berliner Vertrage, den Krieg von
Afrika fernzuhalten. Warum wurde dieſer Vertrag verletzt? Als
der Krieg ausbrach, wollte Deutſchland den Vertrag im
Inter=
eſſe der chriſtlichen Ziviliſation innehalten. Aber
Großbritan=
nien und Frankreich ließen dieſes Bollwerk zuſammenbrechen.
Der Tag, an dem der Berliner Vertrag verletzt wurde, war ein
Schickſalstag für die europäiſche Geſittung, und wir werden nun
allmählich bewußt, welche Perſpektiven ſich in dieſem trübſeligen
Schickſal eröffnen. Es war leicht, den afrikaniſchen Wilden zu
bewaffnen, ihn zu lehren, diejenigen zu haſſen, die als weiße
Wilde hingeſtellt wurden. Schwerer, vielleicht unmöglich iſt es,
ſeine Achtung vor dem ziviliſierten Menſchen wiederherzuſtellen
oder ihn unterſcheiden zu laſſen, ſo daß er diejenigen weißen
Männer und Frauen achtet, die er achten müßte . . . Der
Mili=
tarismus der Hohenzollern war keineswegs eine Gefahr für
Südafrika; im Gegenteil, er hatte ſo viel Achtung vor der
wei=
ßen Ziviliſation als Ganzes, daß er ſich, ſogar noch nach
Aus=
bruch des Krieges in Europa, erbot, einen Krieg in Afrika zu
verhindern.”
Das Blatt gibt ſodann eine Stelle aus einem Artikel der
„Cape Times” wieder, in dem dieſe auf den gefährlich gehäuften
Zündſtoff hinweiſt, der durch das franzöſiſche Militärprogramm
in Südafrika geſchaffen iſt. „Bismarck hat die Geſahr
voraus=
geſehen und verſucht, ſie zu verhindern. Das Unheil, das ſie in
Südafrika angerichtet hat, iſt zur vollendeten Tatſache geworden.
Die Wehrt flichtigmachung von Millionen Wilder iſt die
furcht=
barſte Form des Militarismus, die die Welt je gekannt hat.
Welch liebliches und mildes Gewächs war im Vergleich dazu
der preußiſche Militarismus. Hätte er die Welt erobert — aber
dieſe Gefahr lag niemals im entfernteſten vor —, ſo wäre er
ſicherlich weniger ſchlinm geweſen als der auf der
Wehrpflichtig=
machung von Wilden über Millionen von Toten errichtete
Pari=
ſer Militarismus.”
Zum Schluß fordert das Blatt, daß die Kriegslügen, mit
denen man Deutſchland das Recht auf Kolonialbeſitz abſprach,
nun endlich in die Rumpelkammer verwieſen werden und dort
endgültig bleiben.
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in der täglichen Suppe
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Erbs mit Opea
Reis mit Gemüſe
Eier=Nudeln
Gerſten
Ochſenſchwanz
Rumford
Kartofſeln
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Achtung auf den Namen MAGGI
und die gelbrote Pachung! (s874
Das neue Forſchungsinſtitut in Davos.
Zu Anfang dieſes Jahres wurde in Davos das „Inſtitut für
Hochgebirgsphyſiologie und Tuberkuloſeforſchung”
eingeweiht. In der Feſtſitzung hielt Profeſſor Loewy einen Vortrag
über die Bedeutung des Inſtituts, aus dem in der „Kliniſchen
Wochen=
ſchrift” Näheres mitgeteilt wird. Die Hochgebirgs=Phyſiologie, die ſchon
über ein reiches Forſchungsmaterial verfügt, wird in dem neuen Inſtitut
hauptſächlich dadurch vervollſtändigt werden, daß man die Anpaſſung
des Körpers an das Höhenklima, die bisher nur in großen Höhen
unter=
ſucht wurde, auch in niedrigeren Höhen beobachtet, um feſtzuſtellen, ob
die gleichen Anpaſſungserſcheinungen auch hier zu finden ſind. Auch die
Strahlungserſcheinungen müſſen in ihrer hohen Bedeutung für die
Geſundheit noch weiter erforſcht werden. Ein viel weniger bebautes
Ge=
biet iſt die Tuberkuloſeforſchung im Hochgebirge; hier gilt es, die
Be=
ziehung zu ermitteln, die zwiſchen den im kranken Körper ablaufenden
Vorgängen und dem Verlauf der Krankheit im Hochgebirge beſteht. Doch
nicht nur der kranke Körper ſoll in dem Inſtitut unterſucht werden,
ſondern auch den Krankheitserregern und ihren Beziehungen zu den
verſchiedenen Faktoren des Höhenklimas wird in der bakteriologiſchen
Abteilung ein genaueres Studium gewidmet. Somit hat das Davoſer
Forſchungsinſtitut, das das erſte ſeiner Art im Hochgebirge iſt, ſehr
bedeutſame Aufgaben zu erfüllen.
Ein Antiquar, der Europa auskauft.
Der amerikaniſche Buchhändler und Bücherſammler Dr. A. S. W.
Roſenbach aus Philadelphia, dem ſeine republikaniſchen Landsleute gern
den Titel des „Königs der Antiquare” beilegen, iſt wieder in Europa
erſchienen und bringt, wie jedes Jahr, eine dicke Brieftaſche mit
Dollar=
noten mit, die er in möglichſt viele alte koſtbare und ſeltene Bücher
um=
ſetzen will. Sein Erſcheinen macht auch diesmal Senſation, und auf
der neueſten Verſteigerung aus den Beſtänden der berühmten Britwell=
Bibliothek, die in London ſtattfindet, iſt er der unumſchrankte Herrſcher.
Während der drei erſten Tage der bei Sotheby ſtattfindenden Auktion hat
er für 40 000 Pfund Sterling Bücher gekauft, während die
Geſamt=
ſumme, die erzielt wurde, 48 000 Pfund Sterling beträgt. Dr.
Roſen=
bach erzählte den Ausfragern der Londoner Blätter, daß er auch in
dieſem Jahre große Emläufe in Europa machen werde, und zwar wolle
er 1½ Million Dollar oder auch noch mehr ausgeben." „Ich kaufe
Bücher ſowohl aus Privatſammlungen, wie auf Verſteigerungen”, ſagte
er. „Es iſt eine große Nachfrage nach alten Werken in den Vereinigten
Staaten. Sammler Muſeen, Bibliotheken und Gelehrte zahlen hohe
Preiſe für ſeltene Bücher, die ſie in den Vereinigten Staaten nicht
be=
kommen können.‟ Der „König der Antiquare” iſt ein glattraſierter
Herr mit ſpärlichem Haupthaar und einem großen Zwicker ohne Ränder,
der eher wie ein Bankier als wie ein Buchhändler ausſieht. „Wenn er
bietet”, ſo wird ſein Benehmen auf den Auktionen geſchildert, „nennt er
die Zahlen mit einer ſachlichen Unintereſſiertheit, wie wenn er die
Punkte bei einem Tennisturnier zählte. Er murmelt ſeine Gebote mit
kaum vernehmbarer Stimme vor ſich hin und ſcheint vollkommen
gleich=
gültig und zerſtreut. Während der Verſteigerung geht er in dem Raum
auf und ab, ſpricht mit einem Freunde und ſcheint ſich wenig um das
zu kümmern, was der Auktionator ſagt. Aber im entſcheidenden
Mo=
ment iſt plötzlich ſein Gebot da, und dann wiſſen die andern, daß für ſie
das Bieten aus iſt. Er blättert im Katalog und ſcheint automatiſch nach
jedem Gebot der andern eine höhere Zahl dem Gehege ſeiner Zähne
entfallen zu laſſen. Die Tauſende klingen in ſeinem Mund ſo
ſelbver=
ſtändlich, wie bei andern die Zehner.”
Die Entdeckung der größten amerikaniſchen Ruinenſtadt im Urwald.
Eine Ruinenſtadt der alten Maja=Kultur, wie ſie größer noch
niemals auf dem ganzen amerikaniſchen Kontinent aufgefunden wurde,
iſt von dem engliſchen Archäologen Dr. Gann und dem
Forſchungs=
reiſenden Mitchell Hedges im Herzen von Britiſch=Honduras
entdeckt worden. Die romantiſchen Umſtände, unter denen dieſer
groß=
artige und in ſeiner Ausdehnung einzig daſtehende Fund gelang, werden
von Mitchell Hedges in einem Telegramm aus Belize in Britiſch=
Hon=
duras geſchildert. In zwei Kanoes waren die Reifenden mit karibiſchen
Indianern den Rio Grande hinaufgefahren, als Dr. Ganns Boot
um=
ſchlug und die Reiſenden ſich an Land retten mußten unter Verluſt ihrer
Vorräte. Sie waren nun gezwungen, im undurchdringlichen Urwald
vorzudringen. „Der Urwald war von Ungeziefer verpeſtet,” ſchreibt der
Forſcher, „und wir wurden faſt bei lebendigem Leibe von den Moskitos
aufgefreſſen. Wir kehrten nach Punta Gorda zurück und verſuchten nun
zu Pferde den dichten Urwald zu durchdringen. Die Pferde ſanken öfters
im Sumpf bis an den Leib ein. Wir erreichten endlich ein Indianerdorf
namens San Pedro. Die Bevölkerung ſteht auf einer ſehr tiefen
Kultur=
ſtufe, die Frauen tragen nur oberhalb der Taille Kleider. Mit unſern
vier Führern, die Maja=Indianer waren und Aexte und lange Meſſern
mitführten, ſchnitten wir uns buchſtäblich den Weg durch den Buſch,
kamen an einen Fluß, den wir im Boot überquerten, und bahnten uns
dann wieder mehrere Kilometer weit den Weg durch das Dſchungel,
bis wir ganz unvermutet vor. einem ungeheueren Schutthügel ſtanden.
Die Indianer fällten hier Bäume und ſuchten den Urwald zu lichten.
Nun erkannten wir, daß es eine rieſige Erdpyramide war, von mächtigen
Blöcken aus Sandſtein und Kalkſtein umrahmt. Die Steinaufbauten
er=
hoben ſich bis zu einer Höhe von über 300 Fuß über dem Tal. Als wir
weiter im Buſch vordrangen, fanden wir eine Reihe von Terraſſen, die
ſich treppenartig aufrichteten, alle auf einer ungeheueren Terraſſe ſtehend,
auf der ſich ſechs mächtige Steinpyramiden befanden. Die Terraſſen
allein umfaſſen einen Raum von etwa 2 gkm. Es war unmöglich, die
ganze Ausdehnung der Ruinen zu beurteilen. Aber es mögen im ganzen
mehr als hundert Qudratkilometer ſein. Später gelangten
wir zu einer mächtigen Steintreppe von 55 Fuß Breite, die hinaufführte
zu dem Gipfel einer Steinanlage von 132 Fuß Länge und 36 Fuß Breite.
Auf dem Gipfel dieſes Bauwerls entdeckten wir die Ueberreſte eines
ſteinernen Grabgewölbes, das eingefallen war. Nach Dr. Ganns Anſicht
waren alle dieſe rieſigen Bauten Grabgewölbe der Prieſter und
Könige und gehören wahrſcheinlich der erſten Dynaſtie des Majareiches
an. Die augenſcheinliche Abweſenheit von Steintempeln beſtätigt dieſe
Anſchauung. Man wird dadurch ganz neue Aufklärung über die
An=
fänge der Majakultur erhalten. Nach den Berichten der eingeborenen
Indianer erſtrecken ſich dieſe Ruinen viele Kilometer nach jeder Richtung
und ſtellen wahrſcheinlich die größte Niederlaſſung der Ureinwohner
auf dem amerikaniſchen Kontinent dar. Wir tauften die Stadt Lubaaſtan,
was in der Majaſprache ſoviel bedeutet wie „Zerfallene Steine”
In=
folge des Verluſtes unſerer Pferde mußten wir die Rückreiſe von mehr
als 80 Kilometern nach Puta Gorda auf dem Fluß machen. Wir litten
ſehr unter Nahrungsmangel; die Hitze war über 100 F. im Schatten,
und unſere Körper waren ganz bedeckt mit eitrigen Flecken, die durch
Inſektenbiſſe hervorgerufen waren.” Nachdem die Entdecker in Belize
der Regierung Bericht erſtattet hatten, erhielten ſie eine
Ausgrabungs=
erlaubnis und wollen ſchon in dieſem Jahr die Forſchungsarbeiten
auf=
nehmen, die infolge der Lage der Ruinenſtadt im dichteſten Urwald
natürlich große Schwierigkeiten bieten und große Koſten verurſachen
werden. Die Grabungen werden von Dr. Ganns, Mitchell Hedges und
der mit ihnen zuſammen reiſenden Lady Richmond Brown ausgeführt.
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ein großer Unterſchied! Es llegt
auf der Hand. daß minderwertige
Erzeugniſſe der Wäſoe nicht nützlich
find.
Drrnt
Henkelis bellebtes Seifenpulber iſt
ein Geifenpulber von groder
Er=
gieblgkelt u. dervorragender
Waſch=
wirkung. Seine Derwendung ſichert
ſorofältige Bebandlung der Wäfoe
und
GalngesTcfthrlt
Seite 8.
Pampero=Gedanken.
Von A. H. Kober.
La Plata, Februar 1924.
Ich ſitze im Zirkus und ſehe einer Luftnummer zu: acht
Menſchen ſchweben durch die Kuppel. Plötzlich wankt neben mir
ein Pfahl, einer der ſchräggeſtellten dicken roten „Quaderpols”.
Erſchreckt ziehe ich den daran geſtreckten Fuß zurück. Die
gewal=
tige Zeltdecke flackert, bläht ſich auf. Ich renne in den Stall,
unter der Sitzeinrichtung entlang. Staub wirbelt mir entgegen,
Holz klatpert wie Totengebein. Jetzt donnert es, — nein, das
ſind die flackernden Stallzelte. In kurzen Stößen keilt der Sturm
ſich in die Zelte und drückt mit fürchterlicher Spannkraft gegen
jeden Widerſtand. Immerfort, in kleinen Abſtänden, bluckt,
klatſcht, gellt ein ſolcher Stoß auf. Aus der Luft ſtöhnt, ächzt,
brauſt es in tauſendfachen Stimmen. Schon brüllen Tiere auf,
Elefanten, Löwen — — Pampero!
Seitdem ich den erſten Pampero mitgemacht habe, geht es
mir wie den Tieren bei herrannahenden Wettern: ich fange an
zu zittern, ſobald der Wind anbläſt. Dies verdammte Anblaſen
— mit kleinen im Kreiſe wirbelnden Staubhaufen und dem
hoh=
len Heulen in der noch eben ſtillen Luft über mir — preßt mir die
Eingeweide in den Rippen zuſammen, nimmt mir den Atem
und macht meine Epidermis empfindlicher, als ſei ſie aus
dün=
nem Glas und wolle jeden Augenblick ſpringen. Mein Blut
dumpt ſich in ganz kurzen, harten Stößen durch den Körper, in
Spannungen, die im nachſten Augenblick an irgend einer Stelle
meinen Leib durchbrechen müſſen. Dann kommt der Hauptſtoß:
ein einziger unwiderſtehlicher Luftſtrahl, der mich beſinnungslos
niederwirft, ich höre einen teufliſchen Lärm über mir, von
bre=
chendem, ſtürzendem, fliegendem Holz, Leinen, Draht, — — der
ganze Raum um mich herum iſt gefüllt mit toſendem Geräuſch,
dämoniſchen Stimmen, mit wirbelnden Gegenſtänden, von denen
mich ſicher einer treffen wird — — — Der Hagel, der jetzt
her=
unterſchlägt, erlöſt. Die Leere der Luft iſt nicht mehr da. Denn
dies iſt das Entſetzliche: wie dieſe tötende Gewalt plötzlich aus
dem Nichts, aus der Leere auf uns herunterſtürzt.
„Am ſtillen Herd zur Winterszeit — —
im
uruguah=
iſchen Hochſommer ſitze ich bei einer Kanne Tee, wenn auch nicht
gerade am ſtillen Herd, ſo doch im Schaukelſtuhl meines
Zim=
mers und blinzle durch das Fenſter in das Unwetter hinaus: die
Eukalyptusbäume da hinten ſehen aus wie rieſige Hexen mit
wild flatterndem grünen Haar, dicke ſchwarze Wolkenklumpen
humpeln über den Himmel, der Silberſtrom iſt grauſchlammig,
ſpritzt weiße Wogenkämme auf, hoch über das Ufergeländer, bis
in die vorüberfahrende Elektriſche hinein. Dann fahren Blitz
und Donner in unſeren Garten hinunter, daß die eiſerne
Waſſer=
turbine nur ſo wackelt und klappert. Einen Augenblick iſt der
Himmel wieder blau. Nun trommelt Hagel an das Fenſter, daß
ich ausrücke, um die Glasſplitter nicht in die Viſage zu
bekom=
men. — Sechsunddreißig Stunden ſoll dies lieblich komiſche
Unterhaltungsſpiel andauern! Sommerliches Intermezzo in
Uruguay. Epilog zum Pampero.
Noch nirgends habe ich eine ſolche Gewaltſamkeit des
Wetter=
wechſels, eine ſoiche Maßloſigkeit der kosmiſchen Kräfte erlebt,
wie hier in Südamerika. Da ich hier gewiſſermaßen im Freien
lebe, den Tag und einen guten Teil der Nacht in der Zeltſtadt
des Zirkus Sarraſani verbringe, kann ich die Naturgewalten
beſſer beobachten als ein Großſtädter von ſeinem Steinbau aus.
Man bekommt dabei ſo etwas vom „Naturmenſchen”, eine
Witte=
rung für die Witterung, ein Intereſſe an Wettervorzeichen am
Himmel, um die man ſich als Journaliſt in Berlin nie
geküm=
mert hat.
Wenn ich mir durch den Kopf gehen laſſe, was ich in Süd=
Jamerika ſchon geſehen und gehört habe, dann kommt mir der
Pampero vor wie ein Naturgeſetz, das den ganzen Charakter
dieſes Kontinents und ſeiner Bewohner beſtimmt. Härteſtes
Aufeinanderprallen von Gegenſätzen, jäher Wechſel, Maßloſigkeit
überall. Die Natur, die Menſchen, in ihrem Verhältnis zur
Natur wie in ihrem Verhältnis untereinander ſind mit
euro=
päiſchen Maßſtäben nicht zu erfaſſen. Man muß in dieſem
wun=
derſamen Leſebuche Gottes erſt zu buchſtabieren lernen.
Wenn man von Callao (in Chile) nach Oroya fährt,
zwei=
hundertfünfzig Kilometer etwa, ſteigt die Ciſenbahn bis auf rund
5000 Meter. Höhe, und man kommt auf dieſer kurzen Strecke durch
heiße, gemäßigte und kalte Zonen. Die ganze Weſtküſte
Süd=
amerikas ſteht im Banne des Hochgebirges, der launiſchſten aller
Erdformationen. 7500 Kilometer lang ziehen ſich hier die Anden
(Cordilleren) am Pazifik herunter, den neunten Teil des
Kon=
tinents, d. h. zwei Millionen Quadratkilometer bedeckend. Ein
grotesker Schöpſerwitz hat hier die Berge von fünftauſend,
ſechs=
tauſend, ſiebentauſend Metern aneinandergereiht, dazwiſchen
enge Täler gelaſſen, rieſige Seen geſtreut — der Titicaca iſt 275
Kilometer lang —, läßt nach Oſten den Orinoco und den
Ama=
zonas mit ſeinen Nebenflüſſen abſpringen, Vulkane und
Erd=
beben aufbrechen und weiß den Metallſchatz, der hier in den
Bergen ſchlummert, vor der Raffgier der Menſchheit zu wahren.
Denn die Schätze der Anden ſind noch nicht gehoben. Die Inka,
die auf dieſem weſtlichen Rande faßen, ſollen reiche Schätze
ge=
fördert haben, heute indeſſen iſt die Weſtküſte Südamerikas
wirt=
ſchaftlich ſchwächer als die öſtliche Seite. Chile, Peru, Bolivien,
Ecuador und Columbien kennen die moderne Technik des
ratio=
nellen Bergbaus noch nicht, ſie wohnen armſelig über
Neich=
tümern unter ihrer Erde. Die paziſiſche Kultur der gebirgigen
Weſtküſte wurde abgelöſt von der atlantiſchen Braſiliens und
Argentiniens, die im Flachlande wohnen und nach Europa
herüberbliden.
Auch Braſilien, das faſt die Hälfte Südamerikas überhaupt
ausmacht, hat an ſeiner Oſtſeite Gebirge, die bis dreitauſend
Meter hoch ſteigen. Aber dieſe Verge ſind leine in ſich
ſelbſtherr=
lich ruhende, unbezwingliche Maſſe, ſondern gerade in ihrem
Schutze ſind die großen Hafenſtädte aufgewachſen: Sao Paulo,
Rio de Jeneiro, Pernambuco; es ſind die am dichteſten
bevölker=
ten Gegenden Braſiliens. Hinter dieſer Hafenkette dehnt ſich die
mächtige Ebene, deren Fruchtbarkeit Braſilien und Argentinien
ihre Stellungen auf dem Weltwarenmarkt verſchafft hat. Vom
Orinoco bis zum La Plata erſtrecken ſich die Pampas mit einer
Ausdehnung von zwölf Millionen Quadratkilometern; das ſind
zwei Drittel des Kontinents.
Maßlos wie die nordſüdliche Gebirgskette der Anden iſt der
weſtöſtliche mächtige Amazonenſtrom, fünftauſend Kilometer
lang, mit ſeinen Nebenflüſſen ein Waſſernetz von fünfzigtauſend
Kilometern bildend. Dieſes Gebiet iſt der Inbegriff tropiſcher
Fruchtbarkeit; Kaffee, Takak, Baumwolle, Zucker, Kautſchuk,
Holz werden in ungeheueren Mengen aus dieſem Wunderlande
Braſilien exportiert. Mehr als zwanzigtauſend verſchiedene
Pflänzenarten werden im Amazonengebiete gezählt; es ſind die
märchenhaſten Gefilde, in denen Palmen, Agaven, Araucanten,
Kakteen, Bananen, Zedern, Vanille, Feigen, Kaffee, Tee, Kakao,
Orchideen und alle die anderen Wunder unſerer Spezereien und
Apotheken wuchern, in denen Tapir, Puma, Jaguar, Kolibri,
Krokodil und Schlange hauſen. Maßlos iſt der Reichtum der
Fauna und Flora Braſiliens, maßlos iſt der techniſche Komfort
von Rio de Janeiro, maßlos iſt das Tempo, in dem die
braſilia=
niſche Entwiclung vorwärts getrieben wird, und maßlos iſt der
Menſch Braſiliens.
Braſilien hat in den letzten zwanzig Jahren einen
beiſpiel=
loſen Aufſchwung genommen. Mit einer Kühnheit, die
beſin=
nungslos und geradezu unternehmungswütig Projekte von
ungeheuerer Weite und Größe angriff, hat man hier Induſtrien
geſchafſen, Verkehrswege, Städte, Hafenanlagen,
landwirtſchaft=
liche Betriebe. Und dieſer ganze Rieſenbau war fundiert auf dem
ſchlechteſten Gelde Südamerikas. Braſilien iſt an England
ver=
ſchuldet. Der Milreis ſteht am niedrigſten von allen Währungen
Darmſtädter Tagblatt, Dienstag, den 8. April 1924,
des Kontinents. In Braſilien ſind alle Lebensmöglichkeiten
Süd=
amerikas zu einer tropiſchen Höchſtblüte emporgetrieben worden.
Was jetzt da ſichtbar wird, iſt ein Mikrokosmos höchſter
Span=
nungen, reichſter Möglichkeiten, wirtſchaftlich und techniſch
höchſt=
geſteigerter Ziviliſation, farbigſter Buntheit. Dies Braſilien iſt
bei einer letzten Aufgipfelung angelangt, bei einem fruchtbaren
Moment von entſcheidender Bedeutung: es kann die Erfüllung
der ſüdamerkaniſchen Lebenskräfte daraus werden, oder eine
bunte Seifenblaſe zerſpringt.
Vertikal zu dem gewaltigen Flußſyſtem des Amazonas ſtrebt
das der Parana, Pgraguay und Uruguay ſüdwärts dem La
Plata zu, der eigentlich nur eine verlängerte Einbuchtung des
Atlantik iſt. Hier liegen Buenos Aires und Montevideo. Dieſe
Hafenſtädte ſind die Pforten, durch die Argentinien und Uruguay
ihre Reichtümer in die Welt hinaus verkauften und für alle
mög=
lichen Luxusartikel zurücktauſchten. Buenos Aires iſt das
Sym=
bol eines in ſeiner Primitivität glücklichen Südamerika: auf den
Pampas weiden die rieſigen Rinderherden, wachſen die Getreide,
leicht, üppig, ohne große Arbeit, deren Verkauf Argentinien reich
gemacht hat. Gegen Braſilien iſt Argentinien ein Land der
Klar=
heit und Einfachheit. Hier, wo der weiße Mann, der Italiener
im beſonderen, die Entwicklung beſtimmt, hat man ſich für
Eu=
ropa und Nordamerika entſchieden; Argentinien iſt das „
zivili=
ſierteſte” Land Südamerikas, Braſilien, in dem ſich der Zwieſpalt
dreier heterogener Völkerelemente — Botokuden, Portugieſen,
Neger:— langſam ausgleichen muß, iſt demgegenüber chaotiſch.
Zwiſchen Braſilien und Argentinien beſteht eine gewiſſe
Rivalität, ſie rüſten um die Wette, und es gibt eine ganze Menge
Menſchen in Südamerika, die offen von dem zukünftigen
braſi=
lianiſch=argentiniſchen Krieg ſprechen. In dieſem Kampfe würde
die Entſcheidung fallen zwiſchen einem europäiſierten Südamerika
und einem Südamerika (Braſilien), das aus eigener Kraft, nach
eigenen Geſetzen etwas Eigenes werden wollte.
Von den elf Republiken Südamerikas liegen drei am
Pazi=
fik: Ecuador, Peru, Chile, ſchmale gebirgige Landſtreifen, die von
dem Erlös einiger hochwertiger Produkte leben, für den
Welt=
handel keine große Rolle ſpielen und in der Geſamtkultur und
Geſamtziviliſation des Kontinents zurzeit ausfallen. Venezuela,
Columbien und Panama eriſtieren als Torwächter auf der
Brücke zwiſchen Nord= und Südamerika. Braſilien, Argentinien.
dazwiſchen Uruguay an der La Plata=Mündung, nehmen an der
atlantiſchen Küſte die größere Landbreite ein, beſtimmen den
Kontinent wirtſchaftlich und kulturell. Bolivien und Paraguay
endlich liegen im Innern und haben keine Ausgänge zu einem
Meere. Bolivien, das Land der Inka, iſt reich an Silber,
Medi=
zinpflanzen, Kaffee, Kautſchuk; Paraguay, das Land der ewigen
Revolutionen, beſitzt große Schätze an Edelholz, Yerbamate,
Baumwolle. Beide Länder laufen nicht mit in dem
Wirtſchafts=
leben und im politiſchen oder ziviliſatoriſchen Treiben des „
gro=
ßen” Südamerika.
Der Panamerikanismus will alle dieſe Länder — und die
1. S.A. dazu — zu einer Liga vereinigen. Nicht weniger als
acht=
zehn Kongreſſe ſollen in der erſten Hälfte dieſes Jahres in
Nord=
amerika dieſen Fragen gewidmet werden. Wenn man ſich
über=
legt, welche ungeheuere Mannigfaltigkeit in dieſem Südamerika
ſteckt, dann könnte man daran zweifeln, daß jemals eine Union
ſeiner Völker zuſtandekommt. Aber: ganz Südamerika richtet ſich
nach dem amerikaniſchen Dollar. Die ganzen verworrenen
Pro=
bleme kippen heute einfach nach der Oſtküſte am Atlantik zu und
finden dort eine höchſt ſimple Löſung. Quousque tandem -
Südamerika hat eine Landſchaft von großer Reichhaltigkeit,
bizarrer Gegenſätzlichkeit, jähem Wechſel. Urwald, Steppe, weite
Flächen, enge Täler, Berge, Ströme, Meere, Waſſerfälle, Seen,
Fruchtbarkeit und Dürre — ein kosmiſches Gewirr, eine
Höchſt=
ſteigerung von Elementen, die in anderen Erdteilen in normalen
Ausmaßen vorkommen. Man kann hier von einer leidenſchaftlich
erregten Landſchaft ſprechen. Die Menſchen, die darin wohnen,
zeigen dieſelben Merkmale. Derſelbe Kontinent beherbergt
Men=
ſchen, die mit raffinierteſter europäiſcher Zivilifation ſpielen,
Menſchen, die die geſchickteſten Geſellſchaftskünſtler ſind, und
Menſchen, die zeit ihres Lebens ihre Pampas nicht verlaſſen
haben, unter Rindern ihr Daſein verbringen, Menſchen, die mit
Millionen um ſich werfen, und Menſchen, die als Arbeitstiere in
ſtinkigen Kellerlöchern hauſen, alle jene Exoten, Indianer, die
heute noch ihr. Leben verwandern, Feuerländer, die den
Paſſa=
gieren der Schiffe für eine Silbermünze ihre ganze Kleidung
ver=
kaufen, Abenteurer aller Nationen und Farben, die im Matto
Groſſo zu Hunderten Räuberbanden bilden. Ein Hexenkeſſel der
Ethnographie iſt dies Südamerika.
Bleibt man an der Oberfläche der Großſtädte, dann kommt
auch da noch überall die Leidenſchaftlichkeit der
ſüdamerika=
niſchen Menſchheit zum Vorſchein. Es iſt zwar nicht ſo, wie man
in den Romanen lieſt, daß um ſchöne Frauen dauernd mit
Meſ=
ſer und Revolver gekämpft wird; man kann ſogar im
Straßen=
leben eine gleichgültige Lethargie beobachten. Aber, wenn das
Temperament einmal, plötzlich, durchbricht, raſt es
hemmungs=
los. Ein Halbwüchſiger, den ich im Gedränge vor dem Zirkus
anfaſſe, reißt das lange Meſſer aus der Weſte; ein enttäuſchter
Liebhaber ſchießt die Geliebte vom Arme ihres Vaters weg:
Dif=
ferenzen im Kartenſpiel können mit geſchwungenen Stühlen
aus=
getragen werden, Waffen ſpielen in politiſchen Diskuſſionen ihre
furchtbare Rolle. Paraguay iſt heute ein Land mit ſtarkem
Frauenüberſchuß, weil die Revolutionen den größten Teil der
Männer weggerafft haben. Und in dieſem Paraguay, wo die
Männer nur mit einem Meſſer auf die Tigerjagd gehen, im dicken
Urwald, gab es bis vor kurzem noch regelrechte Künſtlerkolonien,
deren Bewohner um Kubismus und Klaſſizismus, um freie
Rhythmen und Reimform ſtritten wie in München an einem
Stammtiſch.
Die Koloniſten, die Südamerika vom fünfzehnten
Jahrhun=
dert an beſiedelt haben, brachten die Vielfältigkeit der
Tempe=
ramente und Charaktere, das Chaotiſche der Lebenshaltung über
dieſen Kontinent. Man ſollte einmal — an einem Beiſpiel —
unterſuchen, welche Elemente Europa herübergeſchidt hat. Es
werden durchweg ertreme Naturen geweſen ſein: Abſchaum der
europäiſchen Menſchheit oder Elitepioniere, Verwegene oder
Müde, von Tatenluſt Ueberſchäumende oder Verzweifelte.
Die Ungbhängigkeitskämpfe, die in allen ſüdamerikaniſchen
Staaten jahrhundertelang getobt haben, brachten eine neue
Schicht von Südamerikanern auf, die ſich gegen Europa
abgren=
zen und eine eigene ſüdamerikaniſche Lebenskraft hervorruſen
wollten. In der Zeit des modernen Welthandels endlich
er=
ſchienen wieder Sendboten aus Europa und Nordamerika. Ihre
Funktionen waren mechaniſcher Art; das waren Verkehrsbeamte,
aber ihr Beruf brächte gewiſſe ziviliſatoriſche und kulturelle
Ein=
flüſſe mit.
Die einheimiſche Bevölkerung Südamerikas iſt verſchwunden,
ſie wirkt noch in der Blutmiſchung nach. Es ergibt ſich alſo das
ſeltſame Bild eines Erdteils, deſſen ganzes Leben gelenkt wird
von den Ablegern eines anderen, die ſich emanzipiert haben.
Was iſt eigentlich dieſer „Südamerikaner”? Mit dem
Schlag=
wort von der lateiniſchen Raſſe oder vom lateiniſchen Amerika iſt
noch gar nichts geſagt. Wird dies Südamerila unter das
Pro=
tektorat des großen nördlichen Nachbarn kommen, oder wird es
mechaniſch weiterlaufen im Weltwirtſchaftsverkehr? Oder wird
es ein freier eigenkräftiger Kontinent werden?
Südamerika hat noch keine, ſozialen Kämpfe gehabt. Die
parteipolitiſchen Kriege, die mit großer Heftigkeit ausgetragen
wurden, deuten an, was ſich hier einmal abſpielen wird, wenn
die verſchiedenen ſozialen Schichten aufeinander ſtürzen werden.
Aus dieſem furchtbaren Ringen wird dann auch der neue Menſch
Südamerikas mit der neuen ſüdamerikaniſchen Wirtſchaft und
Ziviliſation erſtehen.
Nummer 99.
Sport, Spiel und Zurnen.
Leichtathletik.
Mittelrheiniſcher Meiſterſchaftswaldlauf.
Zu dem Mittelrheiniſchen Meiſterſchaftswaldlauf auf dem
Sport=
platz der Techniſchen Hochſchule zu Darmſtadt hatten 42 Vereine
Mel=
dungen abgegeben. In der Jugendklaſſe traten 87 Einzelläufer und
19 Mannſchaften, in der Meiſterklaſſe 99 Einzelläufer und 22
Mann=
ſchaften an. — Die Ergebniſſe:
Jugendklaſſe. Mannſchaftslauf: 1. Turnerbund
Wiesbaden, 2. Turnverein Vilbel, 3. Turnverein Vorwärts=
Bocken=
heim, 4. Turnverein Niederrad, 5. Turnverein Wartburg=Frankfurt. —
Einzellauf: 1. Abitſch (Turnerbund Wiesbaden) in 9.26,2 Min.,
2. Chriſtian Ott (Turnverein Niederrad) in 9.27,1 Min., 3. Herbſt
(Turn= und Fechtklub Hanau) in 9.30,1 Min., 4. Schmitt (Turnerbund
Wiesbaden) in 9.35 Min., 5. Weinsheimer (Wartburg=Frankfuxt) in
9.37 Min., 6. Wingefeld (Turnverein Arheilgen) in 9.39 Min.
Altersklaſſe. Mannſchaftslauf: 1. Turngemeinde
Darmſtadt 1846, 2. Turngeſellſchaft Koblenz, 3. Turngemeinde
Sachſen=
hauſen, 4. Turn= und Sportverein Niederrad, 5. Turnverein Mainz
1817, 6. Turngemeinde Neu=Iſenburg. — Einzellauf: 1. Schneider=
Bretzenheim 17.20,2 Min., 2. Peter=Hanau 17.34,3 Min., 3. Schneider=
Langen 17.43 Min., 4. Ott (Tv. Auheim) 17.50 Min., 5. Reuter=
Sachſenhauſen 17.53,1 Min., 6. Gaud (Männerturnverein Kreuzuach)
18.24 Min.
Der deutſche Marathonlauf.
Der deutſche Marathonlauf wird auch in dieſem Jahre
wieder, bei ſeiner 15. Austragung, den Verband Brandenburgiſcher
Athletik=Vereine, als Veranſtalter ſehen. Im Gegenſatz zu der
bisheri=
gen Gepflogenheit, wird dieſer ſchwerſte aller leichtathletiſchen
Wett=
bewerbe, diesmal auf einer zweimil zu durchlaufenden, 20 Kilometer
langen Rundſtrecke entſchieden. Start und Ziel befinden ſich auf dem
Sportplatz Tiergarten.
Handball.
Tv. Worfelden (Gaumeiſter)—Tv. Pfungſtadt 3: 4.
Radfahren.
Der Velociped=Club 1899 „Süddeutſcher Meiſter” im Kunſtreigen.
Einen ſchweren Gang hatte die 6er Kunſtreigenmannſchaft am
Sonn=
tag, den 6. April. Zur Verteidigung ihres Meiſtertitels trif ſie in
Marburg auf eine außerverdentlich ſtarke Konkurrenz. Am Start waren
die Gaumeiſter Süddeutſchlands, wie Zella=St. Mehlis, Mundenheim,
Gießen, Geroldshofen und Darmſtadt.
Die Farben des V. C.D. 99 vertraten die Fahrer K. Frahnert, K.
Schneider, H. Menges, W. Rühl, K. Göttmann, H. Göttmann und als
Erſatzmann W. Engel, die trotz ſchwerſter Gegner die „Süddeutſche
Meiſterſchaft” mit Erfolg verteidigten und den ſtolzen Titel „Kreismeiſter
für 1924” mit faſt einem halben Punkt Vorſprung — in dieſer Sportart
ein großer Unterſchied — dem Klub wieder errang und ſo ihrem Sieg
in der Gaumeiſterſchaft vor wenigen Wochen einen neuen
beachtenswer=
ten Erfolg anfügten.
Das Jubiläumsjahr des V. C.D. — das in den Tagen vom 16.—19.
Mai feſtlich begangen wird — hat durch die vielen Siege im Saalſport,
die der Klub ſchon gleich zu Anfang der Sportſaiſon 1924 zu verzeichnen
hat, einen viel verſprechenden Anfang genommen.
Durch die Wiedererringung der „Kreismeiſterſchaft” iſt der V. C. D.
zur „Bundesmeiſterſchaft” ſtartberechtigt, die im Vorjahre den V.C.D.
auf dem 3. Platze ſah. Hoffen wir, daß die 6er Kunſtmannſchaft
nun=
mehr wiederum Anſporn hat, die wenigen Wochen auszunützen, um
ihren guten Platz vom Vorjahre noch zu verbeſſern.
Am kommenden Samstag iſt für den V. C.D. wiederum ein
Groß=
kampftag. Zu den „Saalwettbewerben” des Velocipedelubs Frankfurt
entſendet der Klub vier Mannſchaften, und zwar 8er
Stabſchmuckmann=
ſchaft, 6er Schulreigen und 8er Jugendmannſchaft unter Fahrwart Louis
Hax; ferner wird die 6er Kunſtreigenmannſchaft unter Fahrwart Kurt
Frahnert dem alten Gau IX ihren Meiſterreigen vorführen.
Ueber den Ausgang der Kämpfe werden wir berichten.
„Siewener”.
Deutſche Dauerfahrer in Holland.
Die deutſchen Rennfahrer werden auch in dieſem Jahre die
Ge=
legenheit nicht vorübergehen laſſen, ſich auf holländiſchen Bahnen zu
zeigen. Der holländiſche Bahnſport, der immer mehr an Ausdehnung
zunimmt, hat neuerdings, in Maaſtricht eine neue Bahn erhalten. Hier
werden am zweiten Oſtertage, 21. April, die deutſchen Intereſſen durch
die beiden Kölner Dauerfahrer Chr. Müller und Eſſer, in den
Flie=
gerrennen durch Buſcheljoth und Geißler, die an einem
Mannſchafts=
fahren teilnehmen, vertreten werden.
Radrennen in Düſſeldorf.
Das deutſche Steherderby über 100 Kilvmeter bildet, die
Hauptnummer der Radrennen zu Düſſeldorf am 27. April. Drei
ſer beſten deutſchen Dauerfahrer wurden für dieſes Rennen verpflichtet,
und zwar Saldow, Sawall und Krupkat, die in dem vierten Teilnehmer,
dem Dänen Rößberg, einen etwas zahmen Gegner erhalten haben.
Geſchäftliches.
Die ſeit nahezu 30 Jahren altbekannten, hochwertigen, in Aerzte=
und Verbraucherkreiſen ſehr geſchätzten konzentrierten diätetiſchen Nähr=
und Kräftigungsmittel Hygiama in Pulver= und Tablettenform, und
Infantina (Dr. Theinhardts Säuglingsnahrung) werden nach wie
vor in bewährter Güte hergeſtellt und ſind zu Friedenspreiſen wieder
er=
hältlich. Beide Präparate ſind durch ihren hohen Nährwert, verbunden
mit angenehmem Geſchmack, ſowie ihrer unübertroffenen
Leichtverdau=
lichkeit und Ausnützung mehr denn je dazu berufen, unſeren derzeitigen
ſchwierigen Ernährungsverhältniſſen abzuhelfen. Während „Hygiama”
als Frühſtücks= oder als Abendgetränk vielfach noch unbekannte große
Vort ile bietet, kommen „Hygiama=Tabletten”, als vollwertige
Kraft=
nahrung für den Winterſport, überhaupt für den geſamten Sport ganz
beſonders in Betracht, da ſie ſchnellſte Erneuerung der verbrauchten
Kräfte bringt.
Dr. Teinhardts Kindernahrung „Infantina” iſt die ſpezifiſche
Säug=
lingsnahrung.
Um der großen Milchnot zu ſteuern, bringt die Firma neuerdings
auch einen „Dr. Theinhardts Vollmilchkakao mit Zucker” in den Handel,
welcher allen Anforderungen auf ſchnelle Zubereitung, hohen Nährwert
und angenehmen, vollmundigen Geſchmack durchaus entſpricht.
Ein zuverläſſiges Schutz= und Desinfektionsmittel, beſonders in der
Zeit der Grippe, Halsentzündungen und Erkältungen, ſind die
altbewähr=
ten Formamint=Tabletten. (Bequemer im Gebrauch und nachhaltiger
in der Wirkung als Gurgelungen.) Erhältlich in allen Apotheken und
Drogerien. Wir verweiſen auf den unſerer letzten Sonntagsausgabe
beiliegenden Proſpekt der Firma Bauer u. Cie.
TF, 4466
Wir verweiſen hierdurch ganz beſonders auf den hier beiliegenden
Proſpekt der bekannten Firma Johs. Tellkamps Gartenbau=
Etabliſſement Floralia" Hillegom=Haarlem
(Holland), die den direkten Verſand von Haarlemer Blumenzwiebeln
wieder aufgenommen hat. Bei Beſtellungen bitten wir auf unſere Zei=
I, Bln. 4445
tung Bezug zu nehmen.
Wetterbericht der Gießener Wetterwarte.
Wettervorherſage fürden 9. April:
Bei zunehwender Bewölkung und weſtlichen Luftſtrömungen milde,
ſtrichweiſe Niederſchläge.
Tageskalender.
Landestheater, Großes Haus. Anfang 7 Uhr, Ende 10 Uhr
(A 19): „Othello”. — Kleines Haus, Anfang 7 Uhr, Ende
ge=
gen 10 Uhr (Zuſatzmiete Vl2): „Der Liebestrank”. — Orpheum,
73 Uhr: „Die luſtige Witwe‟. — Hausfrauenbund 4 Uhr,
Heidelberger Str. 47: Monatsverſammlung. — Union=, Reſidenz=,
Zentral=Theater, Palaſt=Lichtſpiele: Kinovorſtellungen.
Verſteigerungskalender. — Mittwoch, den 9. April.
Nutzholzverſteigerung, vormittags 9 Uhr, im Saale „
Hei=
ligkreuz”.
Hauptſchriftleitung: Rudolf Mauve
Verantwortl für Politik und Wirtſchaft: Rudolf Maupe
Verantwörtlich ſür Feuill on und Heſſiſche Naar cten: Max Streeſe
Verantwortlich für Sport: Dr. Eugen Buhlmann
Verantwortlich für Sc lußd in : Andreas Bauer
Verantw rtlich für den Inſeratente l: Willy Kuhle
Truck und Verlag: 2. C. Wittich — ſämtlich in Darmſtadt.
Die hentige Nummer ha: 12 Geiten
[ ← ][ ][ → ] Bes Schauspiel in 6 Akten
In den
Hanptrollen: Lucy Boraine
Hargarete Kupfer, Ernst Hofmann, Robert
Scholz, Wiilg Kaiser-Heyl,
Wilheim Diegelmann, Hermann Picha.
de Beinissiet von sal Biist
Abenteuererfilm in 6 Akten mit
Valy Arnheim, Marga Lindt. /4428
PRESSEFEOT
Rechnungen und Forderungen sind
um-
gehend an den Rechner des Landesvereins,
Herrn Red. Bauer, Rheinstr. 44, einzureichen.
4468
Donnerstag, den 10. April, nachmittagt
3 Uhr, werden in der Turnhalle des
Turn=
vereins Ober=Ramſtadt, Wehrſtraße, die
Plätze für 1 Karuſſell, 1 Schiffſchaukel,
Schau=
buden, Zuckerbuden, Spielwarenſtände uſw.
öffentlich meiſtbietend verſteigert, (4434
Der Vergnügungs=Ausſchuß.
*
Schwarzw. Zwetſchenwaſſ. 48%/ 3.00
Schwarzwäld. Kirſchwaſſ. 48%/ 3.50
2.00
Kartoffelbranntwein
3.00
Weinbrand
2.50
Weinbrand Verſchnitt .
2.50
Rum und Arrak V.
3.50
Alle Liköre
Z.BC
Malaga und Tarragona
Rheinh. Weiß=u. Rotweine ſehr preisw.
Wirte Extra=Rabatt! (4471) Kein Laden!
5. Lehmann, Hoffmannſtr. 12, part.
(Ecke Kies= u. Hoffmannſtr.)
Ankauf von U/, und ½ Kognak= und
Rotweinflaſchen.
Tornn
Hürboänser
Vertreiung für Darmſiadt
zu vergeben
Farbbandfabrik „Zris”
G. m. b. H.
Worms
(10210
Dieſe Woche
Hammelfleiſch
zum äußerſt billigſten Tagespreis
Ludwig Dintelmann
Mathi denplatz 7 (10213it
Elegante
Herren 1. Damen=Garderobe
erſtklaſſige Arbeit, billigſte Berechnung.
Maßſchneiderei W. Baldherr
7a
Schucharoſtraße 11, II
Ve
Brillanten, Gold-
und Sisberewaren
kauft Kurtz-Wulz
Lanzestheater.
Großes Haus.
Dienstag, 8. April
A 19
Othello
Oper von Verdi
Anfang 7. Ende 10 Uhr.
Preiſe: 0.80—8 Mk.
Kleines Haus. (4
Zuſatzmiete VTe.
Der Liebestrank
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3 200 000 000.— 3 200 000 000.—
200 000 000.—
verzinslich
900 000 000.—
Darlehn an Reichbank
1 800 000 000.—
an Notenbanken
63 723.16
200 000 000.—
900 000 000.—
400 000 000.—
70 005 282.84 64 970 000.—
.. . . 800 000 000.—
230 000.—
800 000 000.—
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Kaſſe Giro, Poſtſch., Bankguth. 5 404 599.20 4156 000.—
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Grundkapital .. . . . . 2400 000 000.— 2 400 000 000.—
Grundrücklage
Umlaufende Rentenbankſcheine . . 1985 675 791.— 1 579 371 000.—
Umlaufende Nentenbriefe . . ..
Sonſtige Paſſiva . . . . . ..
Zu dem per 31. März veröffentlichten Rentenbankausweis wird uns
von berufener Seite geſchrieben:
Das an das Reich gegebene Darlehen iſt im letzten Monat
unverän=
dert geblieben; dem Reiche ſtehen alſo noch 100 Millionen verzinslicher
Darlehen zur Verfügung.
Aus dem bisher bekanntgewordenen Ausweis der Reichsbank vom
22. März geht hervor, daß die Reichsbank an dieſem Tage an
Renten=
markkrediten bereits rund 1 105 Millionen ausgegeben hat. Inzwiſchen
ſind weitere 100 Millionen durch die Reichsbank abgerufen, ſo daß etwa
1200 Millionen Rentenmarkkredite durch die Reichsbank gewährt ſind.
Die Reichsbank hat ſonach erheblich mehr Rentenmarkkredite gegeben,
als ſie ſelbſt bei der Reichsbank entnommen hat. Dieſe Möglichkeit der
Mehrausleihung erklärt ſich dadurch, daß ein ſtarker Rückfluß der
ur=
ſprünglich an das Reich gegebenen Rentenmarkbeträge zur Reichsbank
erfolgt iſt. Darin, daß die Reichsbank und auch die anderen Banken
ihre verfügbaren Rentenmarkbeſtände als wertbeſtändige Kredite
ausge=
liehen haben, liegt eine gewiſſe Kursſicherung für die Rentenmark.
Von den der Reichsbank ſeitens der Nentenbank bisher insgeſamt
zur Verfügung geſtellten 900 Millionen bleiben der Reichsbank noch
100 Millionen, ſoweit die urſprünglich zur Ingangbringung des
Giro=
verkehrs zur Verfügung geſtellten 200 Millionen zum Abruf für Zwecke
der Kreditgewährung an die Wirtſchaft frei. Schließlich iſt ein weiterer
Spielraum für die Darlehns=Hingabe an die deutſche Wirtſchaft inſofern
vorhanden, als der ganze, der Reichsbank im Bedarfsfalle zuzuführende
Rentenmarkkreditanteil 1 428 Milliarden beträgt.
Die Notenbanken haben das ihnen zugebilligte Kontingent von
72 Millionen Mark inzwiſchen nahezu voll in Anſpruch genommen.
Unter den Paſſiven erſcheinen in dem Ausweis der Nentenbank die
umlaufenden Rentenmarkſcheine mit einem Betrag von 1785 Millionen
(gegen vorher 1579). Der Umlauf hat ſich in der Hauptſache durch die
feitens der Reichsbank und der Notenbanken in höherem Maße
abge=
rufenen Kredite erhöht.
Wie von maßgebender Seite verſichert wird, iſt bei der Begebung
der Kredite an Induſtrie und Landwirtſchaft gerade die Landwirtſchaft
beſonders berückſichtigt worden. Eine ſtatiſtiſch genaue Erfaſſung,
in=
wieweit ſich die Kredite auf Induſtrie und Landwirtſchaft verteilen, wird
immer nur ſchwer möglich ſein, denn ein an die Landwirtſchaft
bei=
ſpielsweiſe zur Beſchaffung von Maſchinen gegebener Kredit kann auch
als induſtrieller Kredit gewertet werden, und bei Krediten, die z. B.
an die Zuckerinduſtrie gegeben werden, wird eine Entſcheidung, ob die
Landwirtſchaft oder die verarbeitende Induſtrie hierbei den größeren
Vorteil hat, ſchwer zu entſcheiden ſein. Letzten Endes ſind alle dieſe
Kredite der geſamten Volkswirtſchaft zugute gekömmen, wobei eine
ge=
naue Prüfung nach Dringlichkeit und Bedarf ſtattgefunden hat.
*) Es wird auf die Ausweiſe der Reichsbank verwieſen.
Wirtſchaftliche Rundſchau.
v. Zur Entrichtang der Wertpapiexſteuer. Der
Verkäufer von Kaſſenquittungen über noch nicht erſchienene ungeſtempelte
Stücke ausländiſcher Aktien bleibt dem Käufer gegenüber zur Entrichtung
der Wertpapierſteuer gemäß § 25 des Kapitalverkehrsſteuergeſetzes
ver=
pflichtet. 4½proz. Anatoliſche Eiſenbahn=Schuldverſchreibungen Ser, II
ſind mit Talon lieferbar; die Notiz verſteht ſich einſchl. Kupon per 1.
April 1924.
* Der amerikaniſche Eifen= und Stahlmavkt. „Iron
Trade Revieiv”, Cleveland, Ohio, kabelt: Die Roheiſenproduktion war
im März 3 345000 To. 269 Hochöfen ſtanden im Feuer, von denen
augenblicklich einige ausgeblaſen werden. Die Marktlage iſt wenig
ein=
heitlich; neben ſtarker Nachfrage iſt auch Mangel an Vertrauen zu
beob=
acnten. Die führenden Werke weigern ſich aber, Preisnachläſſe einzuräu=
men. Die Dutch Shell Company fragt für ihr ſüdweſtliches
Petroleum=
gebiet 100 000 To. Rohrleitungen an. Argentinien braucht 45 000 To.
verzinkte Bleche. Belgien kaufte 1000 To. Spiegeleiſen. Der
Ferroman=
ganmarkt iſt ruhig. Die Auftragseingänge aus dem Auslande der letzten
Zeit betrugen, durchſchnittlich 8000 To. täglich. Die
Eiſenbahnwagen=
beſtellungen des erſten Vierteljahres umfaßten 75 000 Wagen. Die
Ab=
ſchlüſſe in Eiſenkonſtruktionen überſchreiten die des” vergangenen
Jah=
res. Die Weißblecherzeugung beträgt 95 Proz, der
Höchſtleiſtungs=
fähigkeit.
Anleihen.
w. Aufgewertete Einlöſung der
Vorkriegsan=
leihen der Firma Fried. Krupp A.=G. in Eſſen. Die
Fried. Krupp A.=G. erklärt ſich durch eine Bekanntmachung vom 20. März
zu einer aufgewerteten Einlöſung ihrer Vorkriegsanleihen ſchon jetzt
be=
reit, obwohl nach der Dritten Steuernotverordnung die Aufwertung erſt
bis zum 1. Januar 1932 zu erfolgen hätte. Für je 1000 Mk. Nennwert
ihrer Anleihen von 1893 und 1908 und der erſten ausgegebenen Hälfte
der Anleihe von 1908 ſowie der Germaniawerft=Anleihe von 1901
ge=
währt die Firma 10 Proz. gleich 100 Goldmark bau, daneben 10½ Proz.
gleich 25 Dollar in Stücken ihrer 6proz. Goldanleihe von 1924 mit Zins=,
ſchein ab 1. Januar 1924 oder ſtatt dieſer Goldanleihe nach Wahl der
be=
rechtigten 15 Proz. gleich 150 Goldmark 5proz.
Goldhypothekenpfand=
briefe der Gemeinſchaftsgruppe Deutſcher Hypothekenbanken mit
Zins=
ſchein ab 1. April. Für die 1921 und 1922 begebene zweite Hälfte der
Anleihe von 1908, von der die Fried. Krupp A.=G. nur ein Fünfzehntel
oder weniger des Nennwertes in Gold erhalten hat, gewährt ſie ein
Zehntel der vorſtehenden Sätze, nämlich für je 4000 Mk. Nennwert 40
Goldmark bar und 10 Dollar in Stücken der 6proz. Kruppſchen
Gold=
anleihe oder 60 Goldmark 5proz. Goldhypotheken=Pfandbriefe; bei
ge=
ringeren Poſten die entſprechenden Teilbeträge. In allen Fällen werden
auf Wunſch anſtelle Barzahlung für je 100 Goldmark bar 35 Dollar der
6proz. Kruppſchen Goldanleihe oder 200 Goldmark 5proz.
Goldhypothe=
kenpfandbriefe gewährt. Ferner gewährt die Firma Krupp eine
freiwil=
lige nachträgliche Aufwertung den Inhabern ſolcher Stücke
obengenann=
ter Anleihen, die infolge Auslöſung oder Kündigung ſeit 1. Januar 1924
zur Einlöſung gelangten, wegen deren aber nach der Dritten
Steuernot=
verordnung Anſpruch auf Aufwertung nicht beſteht. Die Aufwertung
erfolgt in Höhe und nach Maßgabe des obigen Einlöfungsangebots,
je=
doch vermindert um die Barzahlung, alſo nur durch Lieferung der Gproz.
Kruppſchen Goldanleihe oder 5proz. Goldhypothekenpfandbriefe.
Warenmärkte.
wb. AmtlicheNotierungen der Frankfurter Börſe,
Abteilung Getreide, vom 7. April. Getreide, Hülſenfrüchte und
Bier=
treber ohne Sack, Weizenmehl, Roggenmehl und Kleie ohne Sack. Preis
je 100 Kg.: Weizen, Wetterauer 17,75—18,25, Roggen 16—16,50,
Som=
mergerſte für Brauzwecke 20—21, Hafer, inländiſcher 15—15,50,
auslän=
diſcher —.—, Weizenmehl, ſüdd. Spezial 0. 27—27,75, Roggenmehl 23 bis
B3,75 Weizen= und Roggenkleie 9,75—10,50, Mais, gelb 19,25—20,
Speiſeerbſen 24—35, Heu, gut trocken 9—9,50, Weizen= und Roggenſtroh
6—6,50, Treber, getrocknet 15—15,50. Tendenz: ruhig.
w. Frankfurter Getreidemarkt vom 7. April 1924. Das
Geſchäft am Markt der verſchiedenen Getreideartikel, iſt weiter ruhig.
Die Geldknappheit macht ſich weiter fühlbar, auch liegen keine Anzeichen
zur Kaufbewegung vor. Für Weizen und Roggen lauten die Preiſe
behauptet. Hafer und Gerſte waren vernachläſſigt. Mehl ſtill. Beſſerer
Nachfrage erfreuen ſich nach wie vor Futtermittel, für welche auch
ver=
ſchiedentlich beſſere Preiſe erzielt wurden.
* Frankfurter Viehmarkt vom 7. April. Der Auftrieb
zum Hauptmarkt beſtand aus 941 Rindern (darunter 9 aus Dänemark)
und zwar 178 Ochſen, 43 Bullen und 719 Färſen und Kühen, 1 Freſſer
ferner aus 616 Kälbern, 55 Schafen und 2542 Schweinen. Der
Rinder=
auftrieb war um 345 Stück ſchwächer als auf dem letzten Hauptmarkt.
Notiert wurde nach Goldmark, und zwar für den Zentner Lebendgewicht:
Ochſen: Klaſſe a) 54—60, c) 45—52, d) 34—44; Bullen: Klaſſe a) 45—50,
b) 35—40;; Färſen und Kühe: a) 52—60, b) 45—52, c) 42—52, d) 38—44,
e) 30—33, k) 10—15: Kälber: b) 65—70 c) 58—64, 0) 50—54, e) 35—45;
Schafe: a) 40—48; Schweine im Gewicht von 80—100 Kg. 67—69, unter
80 Kg. 55—65, von 100—120 Kg. 68—70, von 120 bis über 150 Kg. 66 bis
69, Sauen und Eber 55—65 Goldmark. Rinder wurden gegenüber der
Notierung vom 31. März um 5—6, Kälber um 6—10 und Schweine um
3—5 Goldmark höher bezahlt. Marktverlauf: Bei lebhaftem Geſchäft
geräumt. — Nach den ermittelten Fleiſchgroßhandelspreiſen wurde das
Pfund Ochſenfleiſch mit 80—85, Bullenfleiſch mit 70, Kuhfleiſch 1.
Quali=
tät mit 75, 2. Oualität mit 55—70 und 3. Qualität mit 38—46,
Kalb=
fleiſch mit 80—90, Hammelfleiſch mit 70—85 und Schweinefleiſch mit 90
Goldpfennig bezahlt. — Des Oſterfeſtes wegen wird der Hauptmarkt vom
21. April auf den 22. April verlegt.
wb. Berliner Produktenbericht. Der Produktenmarkt
zeigte keine Belebung. Bei ſehr ſpärlichem Angebot in den meiſten
Ar=
tikeln wurden die Preiſe höher gehalten. Es fanden ſich aber nur ver=
einzelt Käufer, die ſie zahlten. Die Mühlen klagen über ſchwierigen
Mehlabſatz. Von Gerſte wurde Futterware begehrt. Brauware war
wenig angeboten und wurde wegen der hohen Forderungen nur ſelten
gekauft. Hafer hatte bei feſten Preiſen geringe Umſätze. Kleie war
ruhig. Futterartikel wurden wenig umgeſetzt.
Börſen.
wb. Berliner Börſenſtimmungsbild. Das
Inkraft=
treten der Ermäßigung der Steuer= und Proviſionsſätze brachte dem
Effektenverkehr nicht die gewünſchte Anregung. Vielmehr machte ſich
vermehrter Verkaufsandrang geltend, der zurückgeführt wurde auf die
dauernden ſchweren Sorgen, unter denen das Wirtſchaftsleben ſeufzt. Die
Kapitalnot, die ungünſtige Zahlungsbilanz, die zunehmende Verſchuldung
an das Ausland und die wenig hoffnungsvollen Ausſichten bezüglich der
Entſcheidung der interalliierten Sachverſtändigenkommiſſion lähmen
jeg=
liche Unternehmungsluſt. Das Angebot ſtieß daher auf geringe
Auf=
nahmefähigkeit. Am meiſten litt hierunter der Montanmarkt, wo die
Papiere bei der erſten Kursfeſtſtellung in einer Reihe von Fällen
Ab=
ſchläge um 2 bis 3 Billionen Prozent aufwieſen. Von Kaliwerten büßten
Deutſche Kaliaktien ſogar ſofort 6½ Billionen Prozent ein. Auf den
anderen Umſatzgebieten ſchienen zunächſt die Rückgänge weniger erheblich
zu ſein. Nur einige Bankaktien waren empfindlicher gedrückt, wie
Com=
merz= und Privatbank, Darmſtädter und Deutſche Bank. Aber ſpäterhin
wurde bei mangelnder Aufnahmefähigkeit die Abwärtsbewegung
allge=
mein. Das Geſchäft geſtaltete ſich außerordentlich ſchleppend. Behauptet
blieben nur die meiſten ausländiſchen Rentenwerte. Am Deviſenmarkt
waren die Verhältniſſe unverändert. London war etwas höher notiert.
Oeviſenmarkt.
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12.71 1279 1271 1279 1Proz. Budapeſt. . . . . . . . . . ...." 5.98 6.02 6.08 612 25 Pr. Buenos=Aires. . . . . 1375 1.385 1.375 1.385 1Proz. Bulgarien. 3.29 3.31 3.29 331 voll Japan 1.795 1.805 1.795 1.805 voll Nio de Janeiro: 0.485 0.505 0 485 0.495 5 Proz= Velgrad.. 5.63 5.67 5.63 667 5 Proz. Liſſabon. 13.21 13.2 13 21 13.29 1Proz. Danzig 72.41 72.79 72.81 73.19 2 Proj.
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Aktiengeſ. für Anilinfr.
AſchaffenburgerZellſtoff
Augsb.=Nürnb. Maſch..
Berl.=Anhalt=Maſchinen
Berl.f.Eleltr. W.vorzug.
Bismarckhütte
Braunkohlen=Briketts
Bremer Vulkan ..1.
Wolle..
Chem. Heyden ..
„ Beiler
Deutſch=Atlant. Tel.
Deutſche Maſchinen.
Deutſch=Niedld. Tel.
Deutſche Erdöl ....
Deutſche Petroleum".
Dt. Kaliwerke
Dt. Waffen u. Munitio=
Donnersmarckhütte.
Dynamit Nobel ...
Elberfelder Farben.
Elektr. Lieferung.
R. Friſter
Gaggenau Vorz.
Gelſenk. Gußſtahl ..
Geſ. f. elektr. Untern...
Halle Maſchinen ..
Han. Maſch.=Ege
7. 4.
11500
42500
1750
41000
29000
12500
6600
3875
22750
41500
250
24500
35000
800
14125
7000
18400
34000
13000
2100
25000
2000
8700
20250
30/50
12700
Frankenkurs in London: 74.55
Markkurs „
20.,25
Darmſtädter und Nationalbank, Kommandit=Geſellſchaft auf Aktien.
Die Notierungen ſind in Billionen Prozent ausgedrückt.
Frankfurter Kursbericht vom 7. April 1924.
gropäiſche Staatspapſere,
)Deutſche.
Reichsanleihe
......
lar=Goldanleihe...... ....."
ar=Schatzanweiſungen ..
Schatzanw. K Ausg. 1v. 23
IIv. 23
K.
Tb. 24
k
Iv. 24
k.
T. u. V. Schatanweiſg.
WI.—IX.
t. Schutzgebiet v.0,8-11u.13
v. 14
rrprämienanleihe ...... . .."
ungsanleihe ... . .. . ......."
Preuß. Konſols ........."
Bab. Anl. unk. 1935 ......
v. 1907 ......."
Bahern Anleihe ........."
......."
ſſ. Dollar Goldmk.=Schatzanw.
rckz. 26 ..... .. .."
16% beiſen Neihe XXXfI.
untilgb. b. 28 . . . . . . . . . . . ...
Heſſen unk. 1924.. .. . . .. ..
%„ „................
„...
* Württemberger ..........
b)Ausländiſche.
% Bosnien L.=E.=B. v. 1914..
L.=Inveſt.=Anl. v. 1914
„ v. 1902 ..........
. .............
Bulgar. Tabak 1902.. . . . ..
2o Griech. Monopol ....
a% Oeſt. Staatsrente v. 1913
ab 1918 ..........."
½% Oeſt. Schatzanweiſ., ſtfr.
.1914 ........ ...
% Oeſt. Goldrente ......
o „ einheitl. Rente ......"
Rum. am. Nente v. 03....
% Goldrente v. 13 ....
„ am. Goldrente konv.
am. v. 05 ........"
470 Türk. (Admin.) v. 1903...
4½ „ (Bagdad) Ser. I
„I.
4% „
4% „ v. 1911, Zollanl. .
4½2 Ung. Staatsr. v. 14 ...
4% „ Goldrente ......."
Staatsr. v. 10 ...
4%
49 Kronenrente .. . . .
Außereuropäiſche.
5% Mexik. amort. innere ......"
5% „ konſ. äuß. b. 99.....
4% „ Gold v. 04. ſtfr. .. ..
„ konf. inner. .. . ... ."
Irrigationsanleihe .
4½%
5½ Zamaulipas Serie T......"
4. 4.
0,1035
8.
0,165
3,25 Md
0.325
0.405
063
4.2
500 T
027
0,013
3,5
1,1
3,5
z05
26
1
6.5
9,75
=
23
7. 4.
0,099
0525
2.9
0,169
03
0375
0,63
vuo
030s
0.275
S,612
2,8
0,8
3,75
5,75
2,6
1.
4.75
0,65
Oblig. v. Tranöportanſt.
4½ Eliſabethbahn ſtfr. . . . . . . . ."
4½ Gal. Carl Ludw.=Bahn. . . .
5% Oeſt. Südb. (Lomb.) ſtir. . .
2,6% Alte Oeſt. Südb. (Lomb.)
2 5%Neue
4% Oeſt. Staatsb. v. 1883 ....
1. b. 8. Em..
3% Oeſt.
9. Em. ...."
v. 1885 ...."
3% Oeſt. Staatsb. b. Erg. Netz.
4½ Rudolfb. (Salzkammerga ..
4½% Anatolier I............"
3% Salon. Conſt. Jonction ..."
380 Salonique Monaſtir ......
6% Tehuantepec. . . ..... .. . . .
...
4½%
Nach Sachwert verzinsl.
Schuldverſchreibungen.
5% Badenw. Kohlenwertanl. ..
6½ Heſſ.Braunk.=Rogg. Anl. v. 23
5%0 Preuß. Kaliwert=Anleihe ..
5% „ Roggenwert=Anl.
5% Sächſ. Braunk.=Anl. Ser, Iu. II
5% Südd. Feſtwertbk.,. . . . . . . .
Bank=Altien.
Allg. Deutſche Creditanſtalt. . . .
Bank für Brauinduſtrie ......"
Barmer Bankverein.. . . .. .. ..
Baher Hypotheken= u. Wechſelb.
Berliner Handelsgeſellſchaft . ..
Commerz= und Privatbank ..."
Darmſtädter u. Nationalbank ..
Deutſche Bank ..............
DeutſcheEffekten= u. Wechſelbank
Deutſche Hypot.=Bank Mein....
Deutſche Vereinsbank ........"
Disconto=Geſellſchaft . . . . . . . .."
Dresdner Bank. . . . . . . . . . . . .."
Frankfurter Bank ..........."
„ Hypotheken=Bank.
Metallbank. . . . . . . . . . . ......."
Mitteldeutſche Creditbank. . . . . .
Oeſterreichiſche Creditanſtalt ...
Reichsbank=Ant. . . . . . . . . . ...."
Rhein. Creditban . ........"
„ Hypothekenbank .. . .."
Säddeutſche Disconto=Geſellſch.
Weſtbank .................."
Wiener Banwerein .........
Bergwerks=Aktien.
Berzelius ........"
.
Bochumer Bergb. ..... .. .. . .
Buderus........"
Dt. Luxemburger ..... .. . . ..."
Eſchweiler Bergwerks=Akt. . . ..
Gelſenkirchen Bergw. .... ....
Harpener Bergbau... .... ...."
Kaliwerke Aſchersleben .... ..."
„ Salzdetfurth .. . . . . .
„ Weſteregeln ......."
Klöcknerwerke (abg. Lothr. Hütte)
Mannesmann Röhren ........"
.
Mansfelber .....
Oberbedarf ................."
Oberſchleſ. Eiſen (Caro) ..."
Otavi Minen u. Eb.=Ant. .. . .
Phönix Bergbau ............"
4. 3.
14
A
11.25
2
9,3
2,2
3,5
1,2
2.25
2.25
2,75
10.
995
4,1
1.,8
14.
5,75
1,8
2,5
18
2.75
0,525
27,5
2,75
439
8,25
16
70,5
49
34,5
9,5
21.25
26.5
32,3
31
7. 4.
15
75
15
11,5
1.
23
3.5
1.15
1.25
185
2,5
3,5
37,5
7,3
9,5
3,75
2.25
11,1
5,75
1.85
2,8
17,25
2,6
0.4625
26,75
255
0.375
8,25
15
40,5
685
42,75
59
12,5
20,5
19
A
9,3
18,25
25,753
26
Rhein. Stahlwerke .... . . . .. .."
Riebeck Montan.. . . . . ........
Rombacher Hütte. . . . . . . . . . .."
Tellus Bergb.=u. Hütten=Akt. . .
Ver. Laurahütte ..
Altien indnſtr. Niteruehmnng.
Brauereien
Henninger Kempf=Stern. . . . . ."
Löwenbräu München ........
Schöfferhof (Binding)........
Werger ..................."
T— Tauſend. M— Millionen. Md— Nilliarden. 9U -ohne Amſatz, X —rationiert.
Akumulat. Berlik ...........
Adler & Oppenheimer ......."
Ablerwerke (v. Rlehzer) ......."
A. E. G. Stamm.. . . . . . . .
6% „ „ „ Vorzug Lit.4 ..."
5% „ „ „Vorzug Lit. B..."
Amme Gieſecke & Konegen ...."
Anglo=Continental=Guano .. . .."
Anilin Bln.=Treptow. . ... . . .
Aſchaffenburger Zellſtoff ....."
Badenia (Weinheim)......."
Badiſche Anilin=n. Sodafabrik.
Bad. Maſchf. Durlach ........"
Bad, Uhrenfabr. Furtwangen..
Baldur Piano. . ....... .. .. ..
Baſt Nürnberg .............."
Bayriſch. Spiegel ............"
Beck & Henkel (Caſſel) ........
Bergmann El. Werke ........ ."
Bing. Metallwerke .... . . . . ..."
Brockhues, Nieder=Walluf....."
Cementwerk Heidelberg......."
Karlſtadt . . . . . . .."
Lothringen (Mebz).
Chem. Werke Albert. . . . . . . . .."
„ Griesheim Elektron ...."
„ Fabrik Milch ........."
Weiler=ter=mer ..."
Daiuler Motoren ..........."
Deutſch. Eiſenhandel Berlin ..
Dt. Gold= u. Silberſcheideanſt.
Dingler, Zweibrücken ........"
Dresdener Schnellpreſſen ...."
Dürkoppwerk (Stamm) ......"
Düſſeld. Ratinger (Dürr) ....."
Dyckerhof & Widm. Stamm ...
Eiſenwerk Kaiſerslautern ....."
L. Meyer jr. ... . .."
Elberfelder Farbw. v. Baher ..
Kupfer= u. Meſſingw.
Elektr. Lieferungs.=Geſ. ......
Licht und Kraft . ......
Elſäſſ. Bad. Wolle. ..........."
Emag, Frankfurt a. M... . . . ..
Email. & Stanzw. Ullrich ...."
Enzinger WBerke .......... ..."
Eßlinger Maſchinen .........."
Ettlingen Spinnerei ........."
Faber, Joh. Bleiſtift ........"
Faber E Schleicher ........."
Fahr, Gebr., Pirmaſens ....."
Felten & Guilleaume, Carlsw..
Feinmechank (Jetter). .......
Feiſt Seitkellerei Frankf. a. M..
Frankfurter Gas.... . ..."
Frankfurter Hof ..........."
Fkf. Maſch. Pokorny & Wittek.
Fuchs, Waggon Stamm ....."
Ganz. Ludwig, Mainz ......."
.... 2.7 15 gelein, Schanzlin & Becker ... 16 Knorr, Heilbronn.... . . . ....." 85 19 19 Kolb & Schüle Spinn.. . . . . .. 1.1 2,9 Konſervenfabrik Braun ......" 33 9,9 Krauß & Co., Lokom. . . . . . . . . 1. Lahmeyer & Co. ............" 13 38 Lech, Augsburg ............." 8,1 16,25 15 Lederw. Rothe .............." Lederwerke Spicharz ........" 15 Lingel, Schuhw. Erfurt ......" 4.25 . Löhnberger Mühle .........." 97 Lüdenſcheid Metallw........." 4,5 1. Luther, Maſch.=u Rühlenbau.. 60 Lux’ſche Induſtrie ..........." 38 13 12 Mainkraftwerke Höchſt......." 5,75 16.5 Meguin, Butzbach .........." 25,75 12.25 1325 Metallgeſ. Frkft. . . . . . . . . . . . .. 4,8 Meyer, Dr. Paul ..........." Miag, Mühlenb., Fraukf. a. M.. 19 18.95 18 Moenus Stamm .. . . . . . . . .. ." Motorenfabrik Deutz ........." *= 2,3 Motorenfabrik Oberurſel ....." Neckarſulmer Fahrzeugwerke . .. 535 Neckarwerke Eßl. Stamm ....." 4,8 Oleawerke, Frankfurt a. M... . . Peters Union Frankfurt a. M. 2,2 1. 32 Pfälz. Nähm., Kahſer ........" 2,5 16". 14,5 Philipps A.=G. .... ........." 9,6 2,5 Porzellan Weſſel ............" 18 NM 14,5 Reiniger, Gebbert & Schall. . . 2,5 10,75 Rhein. Elektr. Stamm . . . . . . . ." 10 16 „ Metall Vorzüge .. .... 8,75 0. 0,6 Rhenania, Aachen ..........." 6,6 5,8 5,75 Niedinger, Maſchinen ........." 12 Nückforth, Stettin ........... 7,2 Rütgerswerke ..............." 19 12 Schleußner (Frankfurt a. M.) .. 13.5 Schneider & Hanau... . . . . . . ." Schnellpreſſen Frankenthal. . .. 5,1 14 Schramm Lackfabrik. . . . . . . .." 24. Schriftgießerei Stempel, Ffm. 22,75 Schuckert Elektr. (Nürnberg) ... 2.3 Schuhfabrik Berneis=Weſſel... 5.4 Schuhfabrik Herz.......... 14 19 Schuhf. Leander Offenbach ... 3,75 3,5 Schultz, Grünlack, Rdsh.. .. . . . . 1,8 1,61 Seilinduſtrie Wolf .......... 12 118 Sichel & Co., Mainz ......... 25 Siemens Elektr. Betriebe ....." 14 14 Siemens Glasinduſtrie ....... Siemens & Halske.. . .... .. . . / 40 40 12,75 Stöckicht=Offenbach=Gummi ... 0,86 Süddeutſche Immobilien ..... 3, 35 Thüring. eleftr. Lief.-Geſ., Gotha 3,6 3,6 uhrenſabrik Furtwängler ....." 4,75 Beithwerke in Sandbach ....." 12,75 Verein f. Chem. Induſtr. Frkft. 10,3 9.35 Verein deutſch. Olfabr. Mannh. „ Faßfabriken Caſſel ...." 74 „ Gummifabr. Bln.=Frkf.. 45 3,76 „ Pinſelfabr. Nürnberg .. Ultramarin . . . . . . . . . . . 17.5 Zellſtoff, Berlin ......."
Bogtländ. Maſch. Vorziige .... 2.05 Stämme . . .. Voigt & Haeffner Stämme... Voltohm, Seil.............. 19 Bahß & Freytag. ......... 3,75
4,5 2.85 Wegelin Rußfabrik .........." B Zellſtoff Waldhof Stamm .. .. 11,9 10.3 3. Zuckerfabr. Waghäuſel........" 3,6 Frankenthal ......" 3,4 5,8 Heilbronn.. . . . . . . 1 4.2 Offſtein ......... 4,25 15,25 Rheingau. 4,4 3,7 Stuttgart. 4,4 6.25
12,75
78 Transport=Aktien. SL I Schantung E. B. .. Geſ. .. 3
39 7 Hapag (Paketfahrt) aaaaasaa! 27,75 23,75 Nordd. Llohd.. . .. 6.1 5,6 Darmſtädter Werte. 85 Bahnbedarf................ Dampfkeſſel Rodberg.... ... .." 133 Helvetia Konſervenfabrik. ....." 17,35 Gebr. Lutz ............" ..... 24 Motorenbfarik Darmſtad ...."
debr. Roeder ..............." 2,3 Benuleth & Ellenberger . 3 12,5
5,6 Unnotierte Aktien. 6,5 Allg. Bankverein Düſſeldorf... Beckerkohle. . ...... .... .... .." 9,5 1,8
2. Beckerſtahl ..................
Benz..... .. . . . . ..... ....... 9.25 Broun Boveri .............. 32 18 Cont. Handelsbank ........... 0.17 Deutſche Handelsbank ........" 0,075 Fraukf. Handelsbank.
90. 006 Falconwerke .. 0.35 6.8 de Giorgi Choc. 055 0.4 Grovag ... 0,25 0,215 Hanſu Llohd 1.95 Heio Conſerven 0,8 Holſatiawerke, Altona 1.8 Kabel Rheydt Krügershall Nali Star
Metall
kenburg 0,2 033 Metz, Karl E Söhne, F 5 33 Neckar=Gummi". Petroleum Dtſche. 16 Raſtatter W8aggon Remy Chem. . . .
.... 0,55 0,49 0,8 Textil=Fnd. Barmen (Tiag)...." 2,75 2,75 Ufa Film .... . . . .... ........" 6.75 7.25 8i. Unterfranken Großkraftw. . .... 0.,625l U6 [ ← ][ ][ → ]
Rummer 99.
Darmſtädter Tagblatt, Dienstag, den B. Aſpril 1924.
Seite 11.
Hans Peter Kromm der Lebendige.
Eine Geſchichte von Ufer zu Ufer
von Johanna Wolff.
97)
(Nachdruck verboten.)
„Ja, die Jungens,” meinte er ablenkend, „aber ich warte auf
mein Töchterlein, Liebſte.” Und die beiden auf dem Bänklein
herzten ſich, ſo innig, wie ſie vor Jahren es nicht getan. Ob
redend oder ſchweigend, ſie verſtanden ſich.
„Da, der Mond! Er guckt zu”, rief Hilde, gegen die faſt
ge=
füllte Lichtſcheibe emporwinkend. „Aber ſchau nur, welch
merk=
würdige Wolkenbank dahinter liegt! Die ganze dunkle Maſſe hat
einen ſilbernen Hintergrund. Iſt das ſchön! Küpplein ſind da
und Riffe und Zacken ſchwarz, und dazwiſchen kleine Kolke mit
Schimmergold gefüllt.”
Beide ſtaunten ſie himmelan. Das wunderliche Gebilde oben
veränderte ſeine Geſtaltung jeden Augenblick. Schien der Mond
in einem großen dunklen Becken zu verſchwinden, ſo ſchoſſen
plötzlich am Rande Strahlen hervor, als ob Raketen aufſprühten.
Dann wieder rann das Ganze durcheinander, und ein Tal tat
ſich auf mit wallendem Goldſtaub, bis ſich wieder die ſchwärzliche
Maſſe darüber ſchob.
„Niemals habe ich ſo Herrliches geſchaut!” rief Hilde
ent=
zückt. „Als wären da weite Abſtände im Raum, Schichten und
Lagerungen, die ſich ſtufen und abtiefen, und ich habe immer nur
eine Fläche am Himmel geſehen. Was ſagſt Du dazu?”
„Weiß man’s denn?” Hans Peter dehnte die Arme: „Aber
Glanz iſt dort, viel Glanz. Füll’ mir die Seele mit Gold, du Herr
er purpurnen Tore! Vater im Himmel, groß iſt deine
Herrlich=
keit!” Mit zurückgeworfenem Haupt rief er’s empor, die Hände
ausgreifend erhoben, als könne er das Leuchten erfaſſen.
„Tu die Hände herunter!” raunte Hilde ſcheu. „Du ſiehſt
Titje ähnlich! Aber Du darfſt nicht ſo nach ihm verlangen! Mich
ſollſt Du halten — mich und die Kinder!“
„Dich halte ich. Dich und die Kinder.‟ Er hatte beruhigend
ihre Hände erfaßt, die leiſe zitterten.
Sieh barg ſich zu ihm: „Sieh, nun iſt der ſchwarze Berg
ver=
ſchwunden! Da hinunter zieht er fort.”
Seine Auge folgte ihrer deutenden Hand: „Ja, das Licht
jiegt. Laß uns gut hoffen, Liebſte — für uns und für das teure
Land, das unſer Vaterland iſt — dem Du Kinder ſchenkſt.”
„Was macht Ihr da?” rief eine beſorgte Stimme vom Hauſe
her. „Hilde wird ſich erkälten.” Merete nahte mit einem Tuch.
„Wir ſind uns ein bißchen gut”, gab Hilde Antwort.
„Eine angenehme Beſchäftigung, nur etwas kühl für die
Jahreszeit.” Und die Grauhaarige wickelte die Junge in die
mit=
gebrachte Hülle ein.
„Es war unglaublich ſchön da oben, Muttchen!” flüſterte
Hilde ſacht.
„Wüßt auch nicht, was hier unten ſchön ſein könnte”, gab
Merete zurück.
„Deine Enkel, wenn ich bitten darf.‟ Der Sohn hielt ſie
lachend bei den Schultern gefaßt.
„Ja — die! Die Knirpſe!”
„Na, und ſolcher Prachtſchlingel gibt’s noch tauſendmal
tau=
ſend! Aber jetzt — ich wollt, es wär ein Mägdlein — ja, Hilde
kind?” Sie ſchaute zu ihm empor — eine ſelige Frau.
Ja er hatte es gut getroffen, der Hans Peter Kromm!
Als er, ſein Weib am Arm, vor den Bettchen, der beiden
Buben ſtand, rann ihm ein lauteres Freudempfinden durch die
Glieder. Die da ſo warm verſtaut lagen, die wollte er gut
er=
ziehen! Tüchtig und gut, ſollten ſie einmal mithelfen, das
deut=
ſche Land von den Ufern des Elends abzuſtoßen und, an einen
beſſeren Strand zu führen. Ja! So ſollte es ſein, ſo ſollte es
werden in den Jahren, die daherkamen, die man noch zum
Schaf=
fen vor ſich hatte.
Wohl, die Zeiten ſtiegen ſchwer herauf, aber leben war
den=
noch ſchön, war reich und überfließend. Mochten draußen Leid
und Geſchrei und Wirrnis umgehen — hier ſollten ſie nicht
herein. Noch ſprang ihm die Quelle des Glücks unerſchöpft unter
dem Strohdach, und er wollte mit einem Auge ſo gut achtgeben
wie andere mit zweien, daß die, die darunter ſchliefen, in ihrem
Frieden nicht geſtört würden
Aber er ſelber, der Hans Peter Kromm — wie ſtand’s um
ſeinen Frieden? Hilde, die Feine, hatte es getroffen: Ja, der
Titje=Gedanke und der Titje=Sinn waren über ihm, aber die
Ein=
heit fehlte, bei allem Geiſt guten Willens. Da blieb ein
Wider=
ſpruch, häßlich u.d ſchmerzvoll, zwiſchen dem Titje=Gedanken
und der Umwelt, die ſeine Umwelt war, dort auf dem Werkplatz.
War er, der Hans Peter Kromm, dennoch ein Gebrochener, wie
er ein Zwieſpältiger war in der Blutangſt? Würde er niemals
Flügel der Macht ausbreiten können, aufzufteigen, als ein
Gan=
zer, der in ſich ſelber Vollendung trug?
„Pfadfinder in der Wirrnis”, hatte der Freund geſagt —
Nun lag er wach, ein Denkender, Verſonnener
Und wußte nicht, wie auch die Mutter in ihrem Bette aufſaß
um Mitternacht: War da nicht Kniſtern im Gebälk? Und
Brand=
geruch? — — Wie einſt im fremden Haus lauſchte ſie jetzt zum
eigenen Dachfirſt empor. „Schatten.”
Die „Fünfer” ſaßen unter dem Holunder und pahlten
Boh=
nen aus; auch das Jüdchen pahlte mit.
„Wo iſt Kweck?” fragte Schießer.
„Er rührt in der Küche die Pflaumenmarmelade,” anwortete
Stieglitz, „er trug drei glatte Findlinge in der Taſche, die wollte
er heimlich in den Keſſel tun, daß die Sache nicht zum Anſetzen
kommt.”
„Geſcheiter Kerl, der Kweck,” meinte Kamelius und tat eine
Mütze voll blanker Bohnen in den großen Henkeltopf, „ſchade,
daß er ſchon ſeinen Laufbrief erhalten hat.”
„Jawohl, Kinder, wir müſſen an eine Abſchiedsfeier
den=
ken”, rief Stieglitz. „Da kommt übrigens der Muskocher —
Niemand hätte zu ſagen gewüßt, warum ſie Mathes
Um=
land „Kweck” benannten, und doch, wenn mian ihn jetzt
daher=
wandeln ſah, ſtimmte es. Es ſtimmte irgendwie. Dieſe
gedrun=
gene Geſtalt, wie ſie, beide Hände in den Hoſentaſchen,
heran=
ſtieg und, in den Henkeltopf guckend, ſagte: „Das Jüdchen hat
für mich mitgepahlt, wie? Na, was macht er denn wieder, der
Dummerbart? Schon wieder Gedächtnis verrutſcht? Schmeißt
die gelben zu den Weißen, und die gelben ſollen doch für Saat
zurüdkbleiben. Rausgrabbeln!” befahl er barſch.
„Süßkind iſt taulich!” klagte der kleine Menſch unverändert.
„Unſinn, Kerlchen, Du biſt quietſchvergnüigt,” rief Kweck,
„und ehe ich fortmache, ſollſt Du auch das „R' ausſprechen
ler=
nen.” Mit feſter Hand zog er das Kaufmännchen in die Höhe:
„Hier, ſchau mich mal an. So. lind jetzt —— jetzt ſchieß los. Alſo
— Süßkind — iſt — trau — — rig! Na — —! Wird’s bald” Er
hob dräuend die Fauſt.
Und ſiehe da, Kwecks Blick und Bewegung waren ſo weckend,
ſo nervenaufreizend, daß der kleine tapfere Offiziersanwärter
erzitterte; dunkelrot or Anſtrengung wurde ſein Geſicht, alle
ſeine Kräfte ſchienen angeſpannt, dem gebietenden Willen Kwecks
nachzukommen. Er blickte ſo ſcheu auf ihn, als ſolle es wirklich
Schläge ſetzen; aber zuletzt brachte er’s doch heraus: „Süßkind iſt
— — trau — — rig!” Und dann lachte er, lachte über und über
und brachte es wieder und noch einmal zu Gehör. Dann ſchnurrte
er RRRR zwanzigmal hintereinander. Mathes klatſchte in die
Hände, die Kameraden riefen „Bravo”, es gab eine ungeheuere
Luſtigkeit.
„Menſch! Du biſt ja der reine Doktor Eiſenbart”, äußerte
Kamelius gegen Kweck. „Dich ſollten ſie im Lazarett auſtellen!
Da ſind eine Menge, die ſtottern oder ſonſt irgend etwas „nicht
können”, im Grunde aber können ſie es recht gut. Du würdeſt ſie
bald zurechtkriegen!“
„Jungens,” ſagte Kweck mit verhaltener Stimme, „es muß
etwas paſſiert ſein in der Stadt — — Alſo,,weil ich doch
Küchen=
dienſt habe, will ich nen Sack Brotmehl für die Frau rüberholen.
Da find ich den ollen Drachen, die Stine, bei den Mahlkerls
ſitzen; Gullke und Ballert ſtehen bei und grienen und högen ſich
— ich habe ſo was von Achſelklappenreißen und Zermantſchen
gehört. Wollen wir rüber und den Brüdern ne gehörige Tracht
Senge verabreichen?”
„Das könnte nicht ſchaden”, meinte Stieglitz aufgelegt.
Ka=
melius ſchwieg.
(Fortſetzung folgt.)
Familiennachrichten
Die Verlobung ihrer Kinder
Anna Caroline und Curt
geſiattet ſich anzuzeigen
Frau Auguſte Jordan
10208)
geb. Jacobi
Darmſtadt
Anna Caroline Renſch
Curt Jordan
Regierungsbauführer
Verlobte
Darmſtadt / April 1924
Zu Hauſe: Sonntag, den 13. April, Heinrichſtraße 152
Krgg
Die Geburt einer
Tochter zeigen
hocherfreut an
Kanzleirat
Strohecker und Frau
Johanna, geb. Scholl
Frankfurt a. M., 6. April 1924
Sachsenlager 11
Agg
ERICH WOLE
„
RIDA WOLEr
geb. MAUL
VERMAHLTE
Harmonie (Brasilien)
1026
entſchlief
nein
Helene Heidinger
geb. Dembach, verwitw. Hemerle.
Darmſtadt, 7. April 1924.
Lauteſchlägerſtr. 6.
Der trauernde Gatte:
Wilhelm Heidinger.
Die Beerdigung findet Mittwoch,
achmittag 3½ Uhr, auf dem
Wald=
friedhof ſtatt. (*1026
Todes=Anzeige.
(Statt jeder beſonderent Anzeige.)
Die traurige Mitteilung, daß
heute tnorgen unſere liebe
Schwie-
gerinutter, Großmurter, Urgroß
mutter, Schweſter, Schwäger
Tante und Conſine
Frau Anna Molter
geb. Trupp
ſanft entſchlafen iſt.
Im Namen der trauernd. Hinterbliebenen
E. Molter.
Darmſtadt, 6. April 1924
Die Beerdigung findet Mitttoch
miittag
Todes=Anzeige.
Unſere liebe Mutter,
Groß=
mutter, Schweſter, Schwägerin
und Tante
Frau
geb. Levi
iſt heute an den Folgen einer Herz
lähmung ſanft entſchlafen.
Im Namen der trauernd Hinterbllebenen:
Siegfried Kahn, Gräfenhaufen
Bertha Meyer, geb. Kahn
Darmſtadt, N.=Ramſtädterſtr. 14
Gräfenhauſen, 7. April 1924.
Die Beerdigung findet Mittwoch,
9.April, vorm. 11 Uhr, vom
Trauer=
hauſe aus ſtatt. (*10236
Todes=Anzeige.
Samstag, den 5. April, verſchied
nach langem, ſtandhaft ertragenem
Leiden unſere liebe, treu= Schtveſter
unſere gute Schwägerin, Tante
und Baſe
Fräulein
Im Namen d. trauernd Hinterbliebenen:
Eliſe Schuchmann.
Darmſtadt, den 8. April 1924,
Frankſurt a. M., Grünberg 1. Sc1.
Die Einäſcherung unſerer lieben
Verſtorbenen findet ihrem Wunſche
eutſprechend in der Stille ſtat:
Bon 2
Erregungszuſlände
Aderverkalkung geſchwächte belzkra
roſch üb. San-Rat
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Beulin=Steglitz 15 a,
Heute vormittag verſchied nach
kurzem Krankſein mein
heißgelieb=
terGatte, inein treubeſorgterVater,
unſer lieber Bruder und Schwager
Profeſſor
dr. Zatdd ecneider
Die trauernden Hinterbliebenen:
Autonie Schneider, geb. Külp
Ludwig Schneiber, cand. math.
D:. Carl Schneider
Lena Schneider, geb. Bräunlich
Darmſtadt, den 6. April 1924.
Mathildenſtr. 34.
Die Beerdigung findet ſtatt
Diens=
tag nachmittag 3 Uhr von der
Ka=
pelle des alten Friedhofs aus.
Von Beileidsbeſuchen bitten wir
abzuſehen
(4431
Dankſagung.
Für die vielen Beweiſe
aufrich=
tiger Teilnahme bei dem
Heim=
gang unſerer lieben Entſchlafenen
Frau Fohanng Retzner
geb. Sautier
ſagen wir auf dieſem Wege
unſe=
ren herzlichſten Dank. Beſonders
danken wir den Barmherzigen
Schweſtern von St. Eliſabeth für
die aufopſernde Pflege während
der Krankheit, dem Männerchor
der Metzger=Junung Darmſtadt,
ſowie dem Gefangverein
Olym=
pia für den erhebenden
Grab=
geſang; ferner der Muſikerſchaft
Darmſtadt für die Trauermuſik.
Darmſtadt, den 7. April 1924.
Im Namen der tieftrauernden
Hinterbliebenen:
Richard Metzner. (e10265
Dankſagung.
(Statt Karten.)
Für die vielen Beweiſe herzlicher
Teilnahme bei dem Ableben unſerer
lieben Schweſter, Schwägerin und
Statt beſonderer Anzeige.
Von langem mit unendlicher Geduld
ge=
tragenem Teiden wurde in ihrem ſiebzigſten
Tebensjahre durch einen ſanften Tod heute
erlöſt meine liebe Frau, unſere treue Mutter
Frau
Dine Kauft
geb. Hofmann.
Darmſtadt, Annaſtr. 24,
Sonntag, den 6. April 1924.
Otto Paßſt
Oberpoſfinſpektor i. R.
Otto Pabſt
Pfarrer der Lutherkirche in Worms
Dr. jur. Ernſt Pabſt
Regierungsrat a. D., Kopenhagen.
Die Beerdigung findet Mittwoch, den 9. April, vormittags
11 Uhr, von der Kapelle des alfen Friedhofs an der
Nieder=Ramſiädter Straße aus ſtatt. (*10264
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danken herzlichſt
Die trauernden Hinterbliebenen.
Darmſtadt, den 6. April 1924.
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