Einzelnummer 15 Goldpfennige
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Nummer 341
Heſſiſche Neueſte Nachrichten
zeitugg der Landeshauptſtadt
verſehenen Original=Aufſätze und eigenen Nachrichten nur mit Quelleuangabe „Darmſi. Tagbl.” geſtattet.
Montag, den 10. Dezeiber 1923
186. Jahrgang
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breit) 1 Goldmark. Anzeigen von auewärts 30 Goldpfg.,
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(1 Dollar — 4.20 Mark). Im Falle höherer
Gewalt, wie Krieg, Aufruhr, Streit uſw., erliſcht
jede Verpflichiung auf Erfüllung der
Anzeigen=
aufträge und Leiſiung von Schadenerſatz. Bei
Konkurs oder gerichtlicher Beitreibung fällt jeder
Nabait weg. Bankkonto: Deutſche Bank und
Darm=
ſtädter 8 Nationalbank.
Vor der Neubildang des
engliſchen Kabinetts.
Die Frage des Rücktritts Baldwins.
Paris, 10. Dez. (Priv.=Tel.) Der Londoner Korre=
Xdent des Temps teilt mit, daß die Führer der konſervativen
ei ſich wahrſcheinlich auf den Standpunkt ſtellen werden,
O eine Demiſſion Baldwins im gegenwärtigen Augenblick
wünſcht ſei, unter Hinweis darauf, daß Ramfah Macdonald
=Nachfolger wäre. Wahrſcheinlich wird der König, ſo glaubt
Torreſpondent verſichern zu können, dieſem Standpunkt bei=
Eten. Baldwin wird indeſſen ſein Amt als Führer der
Eyrvativen Parten niederlegen, und die Konſervativen werden
rreſem Falle Chamberlain oder Lord Derby zu ihrem Führer
men. Jedenfalls ſcheine feſtzuſtehen, daß die Konſervativen
die Liberalen keing Koalition beſchließen werden. Auch
Se von einer Koalition zwiſchen den Liberalen und der
Ar=
rpartei nicht die Rede ſein. Die Arbeiterpartei ſcheine in
Sr Beziehung nicht nachgeben zu wollen und einen
Zu=
tenſchluß abzulehnen, der nach Anſicht Macdonalds die
iterpartei entzweien würde. Welche Regierungspartei auch
ßlich mit der Führung der Geſchäfte betraut wird, ſo be=
* doch deutlich der Eindruck, daß das neue Kabinett ſich nur
Duldung der beiden Oppoſitionsparteien am Ruder werde
n können. Es erſcheint unvermeidlich, daß Neuwahlen
aus=
rieben werden. Vermutlich dürfte dies bereits im Ronat
oder Juni 1924 der Fall ſein.
London, 10. Dez. (Wolff.) Der Parlamentsberichterſtatter
Sunday Times teilt mit, daß geſtern eine Erörterung in der
ning Street ſtattgefunden hat. Wie verlautet, habe
Bald=
beſchloſſen, zurückzutreten. Es werde als ſicher angenomen,
darauf auch ſein Rücktritt von der Führerſchaft der
Kon=
itiven Partei erfolge.
London, 9. Dez. (Wolff.) Der politiſche Berichterſtatter
Weſtminſter Gazette ſchreibt, die Bildung der neuen
konfer=
ſen Regierung würde die Lage, nicht vorwärts bringen.
n Baldwin zurücktreten ſollte, folge daraus nicht, daß der
g zuerſt den Führer der Oppoſition, Ramſay Macdonald,
fen müßte; es könnte vielleicht der Rat der Führer aller
eien einberufen werden, um die Möglichkeiten zu erforſchen,
irgend welche Vorkehrungen zur zeitweiligen Führung der
erung zu treffen, bis der geeignete Augenblick für
Neuwah=
gekommen ſei. Keine Partei wolle jedoch ſofortige
Neuwah=
and keine ſei genügend ſtark, um die Regierungsgeſchäfte ohne
SInterſtützung durch eine andere Partei fortzuführen. Mac=
Id könne natürlich nichts Wirkſames unternehmen, wenn er
irgend eine Vereinbaxung mit den Liberalen habe. Die
hten waren geſtern abend über die Zweckmäßigkeit eines
en Verfahrens ſtark geteilt.
London, 9. Dez. (Wolff.) Lord Younger erklärte in einer
rredung mit dem politiſchen Berichterſtatter der Evening
S, daß Baldwin die Lage vollkommen ruhig aufgenommen
und auf die Zukunft vorbereitet ſei. Am Dienstag werde
Sitzung des Kabinetts ſtattfinden und, bevor Baldwin den
ſeiner Kollegen eingeholt habe, könne noch nicht geſagt
wer=
was geſchehen werde. Die Konſervativen ſeien eine zu große
ei, um zu verſuchen, ber Verantwortung zu entgehen. Er
e nicht ſehen, wie die Konſervativen in Oppoſition gehen
en. Vielleicht würden ſie die Geſchäfte mit der wohlwollen=
Unterſtützung einer der anderen Parteien fortführen. Soviel
iſſe, habe der Premierminiſter nicht die Abſicht, die Führer=
* der Partei niederzulegen.
gris zu den engliſchen Kabinettsausſichten.
Paris, 10. Dez. (Priv.=Tel.) Zu der innerpolitiſchen
2 in England, die ſich bisher nur unklar widerſpiegelt, hüllen
die Pariſer offiziellen Kreiſe in undurchdringliches Schwei=
Von der Preſſe wird Baldwin auch heute, zumal vom
rnal de Debats, wegen ſeiner verfehlten Taktik und der
kfertigkeit, mit der er die Wahl heraufbeſchworen habe,
un=
ſichtlich kritiſiert. Hinſichtlich der Weiterentwicklung der
ge faßt man folgende Möglichkeiten ins Ange: 1. Ramſay
Honald wird unter Verzicht auf ſeine Projekte betrefſend
Verſtaatlichung und die Vermögensabgabe im Einverſtändnis
den Liberalen die Geſchäfte übernehmen; 2. Aſquith, der
rer der Liberalen, bildet ein neues Kabinett entweder mit
rſtützung der Arbeiterpartei, an die er gewiſſe Konzeſſionen
ozialpolitiſcher Hinſicht zu machen hat, oder nach
Verab=
ng mit den Konſervativen. Ein eventueller
Regierungs=
ritt der Arbeiterpartei wird heute mit gekünſtelter
Gelaſſen=
hingenommen.
e Pariſer Preſſe zu den engliſchen Wahlen.
Tardieu ſchreibt im Echo National: „Keine von den
Koa=
uien, von denen man ſpricht, verſpricht für Frankreich, wie ich
rchte, etwas Gutes. Es führt zu nichts, wenn man den Kopf
en Sand ſteckt, um nichts zu ſehen. Das franzöſiſch=engliſche
hältnis iſt ſeit langem heikel. Es müßte geradezu ein
Wun=
geſchehen, wenn die Schwierigkeiten nicht morgen noch größer
den.” Jouhaux fagt im Gewerkſchaftsblatt Le Peuple: „Das
iſche Volk wünſcht Löſungen; welches auch immer die
kom=
de Regierung ſein mag, ſie muß dem Rechnung tragen.
In=
fern kann das franzöſiſchen Intereſſen ſchaden? Wir glauben,
die Konferenz ſtattfinden wird. Es kann alſo ſein, daß dieſe
e Frankreich zuſammentritt, wenn die Oppoſition unſerer
Re=
uung beſtehen bleibt. Dann würden wir zur vollſtändigen
Tierung gelangen; aber die Reparationsfrage wird vielleicht
lich aus der Sackgaſſe herauskommen, in die ſie ſich verfahren
Die franzöſiſchen Intereſſen haben hierbei nichts zu vei=
2n.” Jouhaux hofft, daß die franzöſiſche Politik angeſichts
bolitiſchen Lage in England die Gelegenheit zu nutzbringen=
* Nachdenken finden werde.
Vom Tage
Die Umrechnungszahl für Reichsſteuern beträgt vom
9. Dezember ab eine Billion.
Der Dampfer „Düſſeldorf” der Deutſch=Auſtraliſchen
Dampfſchiffsgeſellſchaft, der erſt kürzlich in Dienſt geſtellt wurde, iſt bei
Quinteros an der Weſtrüſte Südamerikas auf einen Felſen
auf=
gelaufen. Das Schiff wird als verloren betrachtet. Paſſagiere und
Mannſchaft landeten in Valparaiſo.
Nach einer Hadasmeldung aus Brüſfel ſoll in einer Unterredung
mit dem Außenminiſten Jaſpar der belgiſche Chefingenieut im
Ruhr=
gebiet Hannicart erklärt haben, daß das Mainzer Eiſenbahn=
Abkommen bereits wirkſam geworden ſei und ſich im Laufe
der kommenden Woche voll auswirken werde. Desgleichen ſoll, wie
Hannicart behauptet, die Lebensmittelverſorgung der
Nuhrbevölkerung gewährleiſtet ſein.
Nach einer Meldung des Journal aus Waſhington erklärt das
Staatsdepartement, die Ausführung des Planes der
Reparationskom=
miſſion betreffs einer Unterſuchung der finanziellen Lage
Deutſchlands unter Mitwirkung der amerikaniſchen Regierung, ſei
noch möglich. Die Regierung von Waſhington habe nochmals in Pgris
ergänzende Aufklärungen eingefordert.
Hadas ſtellt offiziös feſt, daß die Forderung der
italieni=
ſchen Regierung, bei der Regelung des Statuts von
Tan=
ger zugezogen zu werden, von der franzöſiſchen Regierung abge
lehnt worden iſt. Die noch ſchwebenden Verhandlungen ſeien
übri=
gens nur eine Fortſetzung der Londoner
Sachverſtändigenverhandlun=
gen, die bereits früher angeſchnitten wurden und an denen Italien nicht
teilgenommen habe.
Das erweiterte Aktionskomitee der öſterreichiſchen Bundesangeſtell
ten beſchloß in einer in Wien abgehaltenen Konferenz, von Montag
6 Uhr morgens an im Poſt=, Telegraphen= und
Fernſprech=
weſen Oeſterreichs, ſowie im Zollobexamt Wien in den Streik
zu treten. Ausgenommen von dem Streik ſind die humanitären Anſtalten.
In Athen iſt eine neue Verſchwörung aufgedeckt worden, die eine
Fortſetzung der Bewegung vom Oktober bildet. Man hat verſucht,
einen Teil des Heeres dafür zu gewinnen. Zahlreiche Perſonen,
dau=
unter ehemalige Offiziere wurden verhaftet. Die Verſchwörung ſteht
im Zuſammenhang mit den Royaliſten.
Reuter meldet aus Megiko: Präſident Obregon hat den General
Plutarco Balles, der im Hinblick auf die Revplution von ſeiner
Kandi=
datur auf den Präſidentſchaftspoſten zurückgetreten war, an die Spitze
der Bundestruppen geſtellt. 28 000 Mann Bundestruppen marſchieren
auf Vergcruz. Obregon beröffentlicht ein Manifeſt, worin er den
Auf=
ſtand ſrls eine Verſchwörung gegen dar Polk bezeichnst.
Die deutſche Nothilfe.
Zuſammenſchläſſe aller Hilfsmaßnahmen für
Volksſpeiſungen.
Berlin 9. Dez. (Wolff.) In der geſtern unter dem
Vor=
ſitz des Wohlfahrtsminiſters Hirtſiefer abgehaltenen Sitzung
des preußiſchen Landesausſchuſſes der
Deut=
ſchen Nothilfe, berichtete Direktor Scheffen über die in
Preußen erfolgte Zuſammenſchließung aller
Hilfs=
maßnahmen für Volksſpeiſungen im beſetz=
dent Noske über diejenige in Hannover und Frau Dr. Lauk über
die in Berlin durchgeführten Volksſpeiſungen. In Berlin
werden etwa 70000 Perſonen täglich verpflegt,
da=
runter u. a. 34000 durch ſtädtiſche Speiſungen. Die bisherigen
Sammlungen werden in verſtärktem Maße fortgeſetzt. In den
Provinzen wird die Arbeit durch die Provinzialausſchüſſe der
Deutſchen Nothilfe übernommen. Nach den in der Sitzung
ein=
ſtimmig angenommenen Richtlinien für die Durchführung der
Sammlung in Preußen werden auch in den
Provinzialaus=
ſchüſſen die großen Verbände der freien Wohlfahrtspflege und
die großen kommunalen Organifationen vertreten ſein.
Internationaler Kongreß für Hungerhilfe.
* Berlin, 10. Dez. (Priv.=Tel.) Im großen
Sitzungs=
ſaal des Herrenhauſes fand der von der Internationalen
Ar=
beierhilfe angeregte internationale Kongreß für deutſche
Hunger=
hilfe ſtatt. Vertreten waren die Behörden ſowie zahlreiche
humanitäre Organiſationen und Delegierte aus der Schweiz,
Frankreich, Norwegen, Dänemark, England, Polen, der Tſchecho=
Slowakei, Schweden, Spanien, Italien, Rußland und
Jugo=
ſlawien. Außer den deutſchen Vertretern ergriffen u. a. das
Wort Finnen als holländiſcher Vertreter und der Franzoſe
Baptiſte, der erklärte, man dürfe die Stimmung in Frankreich
nicht gan; nach den Reden der Politiker beurteilen. Die Be
völkerung denke zum Teil anders als Poincaré.
Wohltätigkeitsfeſt der Diplomaten.
TU. Berlin, 10. Dez. In den Feſträumen des Hotels
Adlon veranſtalteten geſtern die Damen der Berliner
auswär=
tigen Diplomaten em Wohltätigkeitsfeſt zugunſten der
notleiden=
den Berliner Kinder. Alle Geſandten mit Ausnahme der
fran=
zöſiſchen und belgiſchen waren vertreten. Vom Austpärtigen
Amt nahmen an der Feier teil: der Staatsſekretär v. Maltzahn
mit Gattin, ferner verſchiedene Parlamentarier und Vertreter
der deutſchen Preſſe.
Milderung von Sanktionsmaßnahmen.
Paris, 9. Dez. (Wolff.) Nach einer Havasmeldung aus
Koblenz hat die Rheinlandkoyrmiſſion beſchloſſen, eine Anzahl
von einſchränkenden Maßnahmen rückgängig zu machen, die
ſank=
tionsweiſe in der Zeit des päſſiven Widerſtandes getroffen
wor=
den ſind. Vor allem ſei zurückgezogen worden die
Verord=
nung über die Einſchränkung des
Straßenbahn=
verkehrs, ſowie gewiſſe Einſchränkungen des
Laſtauto=
verkehrs und die Verpflichtung der Gemeinden zur Ueber
wachung der Eiſenbahnübergänge zu ebener
Erde. Die neuen Verordnungen gingen Hand in Hand mit
denen der militäriſchen Befehlsſtellen im Ruhrgebiet.
Die Chance Rußiands.
Von
Dr. Walther Croll, Berlin.
Die Not, welche uns die Weſtmächte und Amerika durch ihr
Handeln und durch ihr Unterlaſſen bereiten, ſowie die
Kata=
ſtrophe, welche über unſere Wirtſchaft hereinbricht, haben die
Blicke unſeres Volkes für neue Möglichkeiten geſchärft. Dies
wäre an ſich zu begrüßen, wenn unſere Blicke durchdringend
genug wären, um durch den Nebel zu ſchauen, der von
inter=
eſſierter Stelle erzeugt wird. Ein körperlich und ſeeliſch Kranker
läuft Gefahr, die Dinge zu ſehen, wie er ſie braucht, um an
Rettungsmöglichkeiten zu glauben. — Die „Chance Rußland”
wird in dieſen Wochen der Not beſonders lebhaft erörtert.) Viele,
„die unlängſt drüben geweſen ſind” beteuern, daß Vieles beſſer
geworden iſt, daß Anzeichen für einen ſtetigen, endgültigen
Wiederaufſtieg vorhanden ſind, und daß ſich mit Sowjetrußland
auf die Dauer ſowohl politiſch wie wirtſchaftlich arbeiten ließe.
Die Befürworter der „Chance Rußland” gehören zwei
ver=
ſchiedenen Lagern an: Die einen ſuchen die notleidenden
Schichten, und zwar neben den erwerbsloſen Maſſen der
gewerb=
lichen deutſchen Arbeitnehmerſchaft auch den gänzlich
ausgemer=
gelten Mittelſtand für das ruſſiſche Beiſpiel und die ruſſiſche
Freundſchaft zu gewinnen. Sie ſchildern den zunehmenden
Wohlſtand und das ſteigende Wohlbefinden des ruſſiſchen Volkes
und ſtellen die Frage: „Warum zögert Ihr, dem Vorbild
nach=
zueifern?” Sie ſtellen aber auch Sowjetrußand als
bündnis=
fähig und bündniswürdig hin. Die peinliche Frage, ob in
Ruß=
land gewiſſe wirtſchaſtliche Fortſchritte nicht gerade durch
Ver=
zicht auf die Anwendung kommuniſtiſcher Lehren erzielt worden
ſeien, wird wie folgt beantwortet: Die Generalſabotage der
Weltbourgeoiſie gegenüber der ruſſiſchen Sowjetrepublik habe
die Moskauer Machthaber veranlaßt, taktiſche Zugeſtändniſſe zu
machen. Im übrigen ſei aber das Dafein der „Kapitaliſten”
und „Konzeſſionäre” alles andere als roſig; ſie würden vielmehr
ſehr kurz gehalten und ſcharf beaufſichtigt; über die Souveränität
der Maſſen und über das Eigentumsrecht der Geſamtheit an
den Produktionsmitteln beſtehe kein Zweifel. Die Angehörigen
dieſes Lagers ſuchen unſer Volk zum Anſchluß an die
Welt=
revolution zu gewinnen.
Die=anderen ſehen in Rußland wachſende wirtſchaftliche
Möglichkeiten für uns. Sie verweiſen auf die Zugeſtändniſſe,
welche der rüſſiſche Kommunismus dem Grundſatze des
Privat=
eigentums habe machen müſſen, und wveisſagen den Haldigen
völligen Sieg des Privateigentums über das. Kollektiveigentum.
Sie ſehen bereits in naher Zufunft die Möglichkeit, ruſſiſche
Rohſtoff= und Nahrungsmittel=Ueberſchüſſe nach Deutſchland zu
leiten und dagegen deutſche gewerbliche Erzeugniſſe hinzugeben.
Sie erklären, unſer Volk habe im Gegenſatz zum ruſſiſchen Volke
einen breiten tüchtigen Mittelſtand, der eine Diktatur der Maſſen
— und zwar eine wirkliche wie eine ſcheinbare — auf die Dauer
unmöglich mache. Sie verheißen politiſche und wirtſchaftliche
Beziehungen zwiſchen Deutſchland und Rußland, welche auf
Gleichberechtigung und Gegenſeitigkeit
begrün=
det ſind, und gewinnen dadurch das Ohr vieler, welche durch
die Behandlung Deutſchlands durch die Weſtmächte ſeeliſch
ſchwer leiden. Wirtſchaftliche Not, politiſcher
Selbſtbehauptungs=
wille und gekränktes nationales Selbſtgefühl treiben viele
Deutſche in eins der beiden Lager der Rußland=Propheten.
In einem weſentlichen Punkte ſind die Propagandiſten der
Weltrepolution und die der außenpolitiſchen Neuorientierung
fehr ähnlich: Beide weiſen nach, daß es in Rußland während der
beiden letzten Jahre wirtſchaftlich beſſer geworden ſei. Unſer
deutſches Verſammlungspublikum iſt überzeugt, wenn ihmr
Zahlen vorgeſetzt werden, die als authentiſch anzuſehen ſind.
Der Beweis z. B., daß ſich die Kohlenförderung, die
Roheiſen=
produktion oder die Erdölgewinnung in einem Quartal 1922
oder 1923 gegenüber einem Quartal 1920 oder 1921 gehoben
habe, wird als einwandfreier Beleg für den ruſſiſchen Aufſtieg
und für den Wert der dort angewandten Wirtſchaftsmethoden
angeführt. Demgegenüber ſollte es bei einſichtigen Menſchen
doch nur folgenden Hinweiſes bedürfen: Die erſten ſchüchternen
Gehverſuche eines Menſchen, der jahrelang ſchwer krank
dar=
niedergelegen hat, ſind wohl ein „Fortſchritt”, aber nicht der
Beweis, daß dieſer Menſch dadurch die Qualifikation zu einem
erfolgreichen Hochtouriſten in der Taſche hat. Die Hunger=
rung der Ernährungslage in den beiden folgenden Jahren
ein=
tretende Steigerung der gewerblichen Produktion abſolut, und
vor allem prozentual ſehr ſtark in die Erſcheinung treten mußte.
Alle unvoreingenommenen Wirtſchaftskenner müſſen zugeben,
Abtransport überhaupt techniſch möglich iſt — ſür uns keine
nennenswerte Erleichterung und Sicherung bedeuten würde.
Jeder volkswirtſchaftliche ABC=Schütze weiß, daß der Vorkriegs=
Export ruſſiſchen Getreides ein volkswirtſchaftlich unberechtigter
und gewiſſenloſer „Hungerexport” geweſen iſt, der auf
Koſten der ausreichenden Verſorgung des ruſſiſchen Volkes er=
der möglich iſt, weil Mittel= und Weſteuropa für gewiſſe
Getreide=
überſchüſſe ruſſiſcher Küſtengouvernements frachtlich günſtiger
liegt als heute noch bedürftige Gebiete Innenrußlands.
Es iſt nicht zu erwarten, daß ſich die bürgerlich und
privat=
wirtſchaftlich eingeſtellten Kreiſe des deutſchen Volkes darüber
täuſchen laſſen, was die Folge ſein würde, wenn wir „dem
Bei=
ſpiele Rußlands” folgten. Unſer Land kann ſich nicht — wie
Rußland — längere Zeit aus eigenen Mitteln verſorgen, ſondern
iſt auf den Weltmarkt angewieſen; unſer Land liegt nicht in
dem unzugänglichen, fernen Oſteuropa, ſondern im Herzen
unſeres Erdteiles, eingekeilt zwiſchen eiferſüchtigen, vielfach
ſogar=
feindlichen Völkern des franzöſiſch=belgiſch=weſtſlawiſchen
Staaten=
blocks. Die Weſtmächte ſind — wenigſtens für die nächften
H
Seite 2.
Darmſtädter Tagblatt, Montag, dent 10. Dezember 1923.
Nummer 34
Monate — unſer Schickſal; nur in Auseinanderſetzung mit ihnen
werden wir ſtaatlich leben oder zuſammenbrechen. Wir haben
es — und das iſt ein beſonders trüber Faktor unſerer Lage —
gar nicht in der Hand, im gegenwärtigen Augenblick nach
Be=
lieben unter den Mächten der Erde zu optieren. Der Reichtum
Rußlands ſowie der anſchließenden inneraſiatiſchen und
ſibi=
riſchen Gebiete an landwirtſchaftlichen und bergbaulichen
Er=
zeugungsmöglichkeiten kann für uns nur ein Wegweiſer in
die Zukunft, nicht eine Hilfe in der Gegenwart
ſein. — Damit iſt durchaus nicht geſagt, daß wir der
Entwick=
lung der Dinge in Rußland abwartend und damit untätig
gegen=
überſtehen ſollen. Je eher und genauer wir uns unterrichten,
je energiſcher wir an der Entwicklung ruſſiſcher Hilfskräfte
teil=
nehmen, um ſo ſchneller werden wir den wirtſchaftlichen und
vielleicht auch politiſchen Bund der Zukunft herbeiführen. Die
Vorausſetzung dafür iſt aber, daß wir klar ſehen. Mit den
Täu=
ſchungen, welche uns in einer tendenziös=eklektiſchen Statiſtik
der Sowjetregierung vorgemacht werden, dürfen wir uns nicht
begnugen. Wer über den Zeitpunkt urteilen will, zu welchem
Rußland vielleicht einmal unſer Schickſal werden kann, muß die
Produktionsmethoden und den Anbau in den wichtigſten
ruſſi=
ſchen Agrargebieten genau ſtudieren. Grundlage des Vergleiches
muß die Situation vor dem Weltkriege, nicht aber während der
Hungerkataſtrophe ſein. Dasſelbe gilt für die Förderung in den
Kohlen=, Eiſenerz=, Mangan=, Edelmetall= und anderen
Berg=
baugebieten Rußlands. „Lenin’ſche Dörfer” ſprechen
ebenſo=
wenig für den Wohlſtand des Landes wie „Potemkin’ſche
Dörfer”, Kritiſche, ſachverſtändige und abſolut
unvoreingenom=
mene Männer müſſen uns über die wahren
Wirtſchaftsverhält=
niſſe Rußlands Aufſchluß geben.
Und noch etwas ſollte uns zu denken geben: In Rußland
iſt eine Beſſerung der Lage durch einen furchtbaren Aderlaß zum
mindeſten unterſtützt worden. Es waren dies nicht die 4 oder
5 Millionen Menſchen, welche auf den Schlachtfeldern des
Welt=
krieges ihr Leben ließen, ſondern die etwa zehnmal ſo
zahl=
reichen Opfer der Hungerkataſtrophe von 1920/21. Diefe
Mög=
lichkeit, dem ruſſiſchen Beiſpiel zu folgen, den Bevölkerungsdruck
zu mindern und gleichzeitig die wirtſchaftliche Lage Deutſchlands
zu beſſern, iſt doch ſpohl für uns alle indiskutabel!
A
Internahongle Beriehrskonferenz. Sie neuen Seamtengehalte
Macdonalds Regierungsbereitſchaft.
* London, 10. Dez. (Priv.=Tel.) Ramſay Macdonald
erklärte in einer Unterredung zu der Frage, ob die
Arbeiter=
partei die Regierung zu übernehmen ſein dürfte: Natürlich!
Koalitionen ſeien aber von der Arbeiterpartei immer als eine
unannehmbare Sache angeſehen worden. Die Frage, ob er
bereit ſei, an einer Koglition teilzunehmen, ſei Sache der
Ar=
beiterpartei als Ganzes und könne daher von ihm perſönlich
nicht entſchieden werden. Grundſätzlich ſeien Koalitionen
unan=
genehm. Sie führten zu Handlungen, die manche Leute als
politiſche Unehrlichkeiten bezeichnen könnten.
Engliſche Unzufriedenheit über Frankreich.
Paris, 9. Dez. (Wolff.) Macdonald, der Führer der
eng=
liſchen Arbeiterpartei, erklärte dem Sonderberichterſtatter des
Matin, er könne nicht verſchweigen, daß augenblicklich das
eng=
liſche Volk Frankreich gegenüber nicht günſtig geſinnt ſei. Es
wäre eine Kleinigkeit, die öffentliche Meinung in Großbritannien
gegen Frankreich aufzuhetzen. Er wünſche, daß die führenden
Politicer Frankreichs ſich davon überzeugen, daß Frankreich durch
freundſchaftliche Verhandlungen einen Verſuch machen müſſe, zu
einem Einverſtändnis zu gelangen. Die Frage, die in kürzefter
Zeit geſtellt werden würde, ſei die der franzöſiſchen Schuld
ge=
genüber Großbritannien. Alle franzöſiſchen Statiſtiken zeigten,
daß Frankreich gedeihe. Das engliſche Volk frage ſich deshalb,
warum es nicht bezahle, was es ſchuldig ſei, da die Engländer
doch ihre Schuld bei den Vereinigten Staaten beglichen.
Frank=
reich könne ſich rühmen, keine Arbeitsloſen zu haben; es ſcheine
aber, daß es ſich nicht Rechenſchaft davon ablege, daß England
nicht ſo glücklich ſei. In England glaube man, daß Frankreich
kein offenes Spiel treibe, daß es eine als egoiſtiſch emdfundene
Politik verfolge. Gewiſſe Reden Poincarés hätten den
ſchlech=
teſten Eindruck auf das engliſche Volk gemacht. Es gäbe kein
Volk auf der Welt, mit dem man befreundet bleiben könne, wenn
man mit ihm nicht einig ſei. Nach Anſicht der engliſchen Arbeiter
ſei das Ruhrunternehmen Frankreichs vollkommen
ungnnehm=
bar. Wenu Frankreich die Entente aufrechterhalten wolle, müſſe
es England einen Schritt entgegenkommen.
Steigerung der Kohlenförderung.
Paris, 9. Dez. (Wolff.) Nach einer Havasmeldung aus
Düſſeldorf iſt die Kohlenförderung in den Bergwerken im
Be=
zirk Aachen um 20 Prozent geſtiegen. Auf der Grube Dahlbuſch
ſei die Förderung innerhalb 14 Tagen verdoppelt worden, und
bei Krupp habe ſie die Kokserzeugung um ein Drittel
über=
ſchritten. Von den Kokereien des Konzerns Stinnes ſeien 160
Hochöfen wieder in Betrieb geſetzt worden. Ferner ſeien 30
Hochöſen bei Harpener und 70 bei Roeſch in Gang gebracht
worden.
Heſſiſches Landestheater.
Großes Haus. — Sonntag, den 9. Dezember.
Uraufführung:
Antigone.
Trauerſpiel von Sophokles=Hölderlin,
bearbeitet von Wilhelm Michel.
Am 22. Juni 1807 ſtarb Frau Suſette Gontard, Hölderlins
Diotima. Sinclair ſandte von Homburg die Nachricht nach
Bordeaux an den Dichter; doch ſie traf ihn nicht mehr an. Im
Mai ſchon hatte Hölderlin, von einer unerklärlichen Unruhe
getrieben, Bordeaux verlaſſen und die Wanderung nach der
Heimat durch die glühende Hitze Frankreichs angetreten. In
der Vendee trat die Antike ihm nahe: „Das Athletiſche der
ſüdlichen Menſchen, in den Ruinen des antiken Geiſtes, machte
mich mit dem eigentlichen Weſen der Griechen bekannter. Ich
lernte ihre Natur und ihre Weisheit kennen, ihren Körper, die
Art, wie ſie in ihrem Klima wuchſen, und die Regel, womit ſie
den übermütigen Genius vor des Elementes Gewalt behüteten.”
Um nach den ſchweren Erſchütterungen der Seele Ruhe zu finden,
nahm Hölderlin in Nürtingen, ſeiner zweiten Vaterſtadt,
Aufenthalt. Sein Intereſſe an der griechiſchen Kunſt war von
neuem geweckt. Er beſchäftigte ſich mit der Ueberſetzung der
Sophokleiſchen Tragödien; „Oedipus” und „Antigone‟
feſſelten ihn. In einem Briefe vom 20. September 1803 dankte
er ſeinem Verleger, dem Buchhändler Wilmans in Frankfurt,
für die gütige Mitarbeit bei der Herausgabe und fügte hinzu:
„Ich hoffe, die griechiſche Kunſt, die uns fremd iſt durch
National=
konvenienz und Fehler, mit denen ſie ſich immer herumgeholfen
hat, dadurch lebendiger als gewöhnlich dem Puhlikum
darzu=
ſtellen, daß ich das Orientaliſche, das ſie verläugnet hat, mehr
heraushebe, und ihren Kunſtfehler, wo er vorkommt, verbeſſere.”
Hölderlin weiſt hier auf einen Grundzug ſeiner Sophokles=
Uebertragung hin. Er überſetzt mit großer Wörtlichkeit. Er
geht auf den urſprünglichſten Wortſinn, auf das Orientaliſche,
Milde, Gottergriffene, Enthuſiaſtiſche der Dichtung zurück und
erfaßt das Original in ſeinem Kern.
Hiermit verbindet ſich eine dichteriſche Kraft der
Empfin=
dung und eine Form der Sprache, ſvie ſie nur einem hymniſchen
Sänger wie Hölderlin eigen iſt. Wohl kann man einwenden,
daß die Sprache Hölderlins bisweilen nicht leicht eingänglich
Aber ſchon für die Griechen war die Sprache des Sophokles
und ihr Gehalt ſchwieriger als Homers einfache Diktion. Jedes
8 mit hohen Gedanken erfüllt iſt, und jede dichte=
Die deutſche Oelegation lehnt zwei Abkommen ab.
Genf, 9. Dez. (Wolff.) Die internationale
Verkehrs=
konferenz, auf der bereits vor einigen Tagen das internationale
Eiſenbahnabkommen abgeſchloſſen wurde, nahm heute zwei
wei=
tere Abkommen an: 1. über den Tranſit elektriſcher Anlagen und
2. über den Ausbau der Waſſerkräfte in den zu verſchiedenen
Staaten gehörigen Niederſchlagsgebieten.
Die deutſche Abordnung ſtimmte gegen die
beiden Abkommen, zu deren Unterzeichnung Deutſchland
bekanntlich, im Gegenſatz zu dem Eiſenbahn= und
Hafen=
abkommen, nicht durch den Verſailler Vertrag verpflichtet iſt.
Die Ablehnung beider Abkommen erfolgte aus folgenden
Gründen:
„Beide enthalten einen Artikel folgenden Wortlauts: Das
gegenwärtige Abkommen berührt in keiner Weiſe die Rechte und
Verpflichtungen der Vertragsſtaaten auf Grund früherer
Ab=
kommen und Verträge, über die in dem gegenwärtigen
Ab=
kommen behandelten Gegenſtände, insbeſondere der Verträge
von Verſailles und Trianon und der anderen Verträge, die den
Krieg von 1914 und 1918 beendeten.”
Der Führer der deutſchen Delegation, Geſandter
See=
liger, erſuchte darum, daß der letzte Satzteil mit
ſeiner Anſpielung auf den Verſailler Vertrag
geſtrichen werde, da der erſte Teil des Artikels genau
das=
ſelbe beſage und Deutſchland durch ſeinen Namen ſeinen feſten
Willen zur Erfüllung der Beſtimmungen des Verſailler
Ver=
trages ausführlich und ausreichend begründete, ſodaß die
Er=
wähnung des Verſailler Vertrages völlig
zwecklos und nur eine unnötige Verletzung des
deutſchen Empfindens ſei. Der ungariſche Delegierte
ſtellte ſich auf denſelben Standpunkt.
Der Führer der franzöſiſchen Delegation forderte jedoch
nachdrücklich die ungekürzte Beibehaltung des Artikels. Nach
längerer Debatte wurde der ungekürzte Artikel mit 17 Stimmen
gegen die Stimmen Deutſchlands und Ungarns angenommen.
17 Stimmen enthielten ſich der Abſtimmung, darunter England
entſprechend ſeiner vorherigen Ankündigungen. Da unter dieſen
Umſtänden Deutſchland, die beiden Abkommen nicht
unter=
zeichnen kann, ſtimmte dann bei der Geſamtabſtimmung die
deutſche Abordnung mit „Nein”.
Tagung des Volksbundsrats.
Paris, 9. Dez. (Wolff.) Morgen vormittag tritt, wie
be=
teits gemeldet, der Völkerbundsrat unter dem Vorſitz des
ſchwe=
diſchen Delegierten Branting zu ſeiner 27. Tagung zuſammen.
Wegen der Erkrankung des ehemaligen italieniſchen Miniſters
Salandra wird die italieniſche Regierung dieſes Mal durch ihren
ehemaligen Botſchafter in Paris, Bonin=Longare, vertreten ſein.
Auf der Tagesordnung ſteht außer der Frage der
finan=
ziellen Sanierung Ungarns und der Regelung
der polniſch=tſchechiſchen Grenze bei Jaworzina die
Frage von Memel, die die Botſchafterkonferenz zwecks
Ausarbeitung des Statuts dem Völkerbundsrat übermittelt hat.
Außerdem beſchäftigt ſich der Rat mit Fragen, die das
Saar=
gebiet betreffen; u. a. ſind Mitglieder für die
Regierungskom=
miſſion zu ernennen. Des ferneren werden Fragen, die die
Freie Stadt Danzig betrefſen, behandelt (Ernennung
eines Oberkommiſſars, Regelung der Frage eines Depots für
polniſches Kriegsmaterial). Der Völkerbundsrat wird ferner
Kenntnis nehmen von Berichten über die Frage der
deut=
ſchen Minderheiten in Polen und über die Frage der
Minderheiten in Litauen, ſowie ferner von
Reſolutio=
nen, die die Generalverſammlung des Völkerbundes
angenom=
men hat und deren Beratung und Durchführung zum Teil dem
Völkerbundsrat obliegen.
Die Finanzierung der Separatiſtenbewegung.
* Koblenz, 10. Dez. (Prib.=Tel.) Der Zwiſt im
Separa=
tiſtenlager, der ſich durch die offenbare Bevorzugung Dr.
Dor=
tens gegenüber den anderen Führern durch die Franzoſen von
Tag zu Tag mehr verſtärkt, bringt es mit ſich, daß jetzt auch die
finanziellen Hintergründe der Bewegung in ein helleres Licht
gerückt werden. So erfährt man über die heikle Frage der
Geldgeber der Bewegung: In einer
Vertrauensmännerver=
ſammlung des Matthesſchen Rumpfkabinetts, die nach der
Ueberſiedlung Dortens nach Ems ſtattfand, hat der
Sozial=
kommiſſar Dietz Angaben über Kredite bezw. Zahlungen
ge=
macht, die Dorten erhalten hat. Danach hat Dorten täglich
35 000 bis 40 000 Franken von Tirard angefordert und zum
Teil auch erhalten. Eine Beſtätigung dieſer Angaben hat
übri=
gens ein Mitglied des Dortenſchen Kabinetts in Ems einem
holländiſchen Journaliſten gegeben, wobei er allerdings
ent=
ſchuldigend hinzufügte, daß, wenn die Gelder im Gebäude der
Rheinlandkommiſſion in Koblenz an die Separatiſten
ausge=
händigt worden ſeien, die Geldgeber als Privatleute fungiert
hätten.
riſche Eigenart ſtellen an den Hörer Anforderungen. Dies iſt
ihr durch den inneren Wert begründetes Recht. Es iſt die
Auf=
gabe des Zuſchauers, ſich in des Sophokles tiefe Gedanken wie
in Hölderlins dichteriſche Sprache und wundervollen Rhythmus
hineinzuhören; er wird reichen Genuß hiervon haben.
In ſeinem Beſtreben nach unbedingter Wörtlichkeit iſt
Hölderlin an einzelnen Stellen weitergegangen, als es mit der
Verſtändlichkeit vereinbarlich iſt; auch ſind ihm, der nicht gern
das Lexikon in Anſpruch nahm, einzelne Ueberſetzungsfehler
unterlaufen. Hier greift die Bearbeitung von Wilhelm
Michel ein. Michel iſt 1911 mit ſeinem Buche über „Hölderlin”
entſcheidend für den vielverkannten Dichter eingetreten. Seinen
von verſtändnisvoller Sachkunde und künſtleriſchem
Mitempfin=
den getragenen Eſſays iſt es nicht zum geringſten zu danken, daß
das Intereſſe an Hölderlins Werk in ſo hohem Maße
wieder=
belebt worden iſt. Michel läßt die Grundzüge von Sophokles=
Hölderlin vollſtändig unberührt. Mit künſtleriſchem Takt
be=
ſchränkt er ſich darauf, Dunkelheiten der Uebertragung, die mit
der Bühne, nicht verträglich ſind, aufzuhellen und offenbare
Ueberſetzungsfehler zu beſeitigen, und dürfte hierdurch erreicht
haben, daß die Dichtung Hkkderlins, die ſeit 120 Jahren ein
Buchdaſein führt, für die Bühne gewonnen iſt.
Der Eindruck der von Eugen Keller geleiteten Aufführung
war groß und ſtark. Sie vollzog ſich ohne Pauſe auf einer vor
einen blauen Hintergrund geſtellten, einfach=monumentalen
Bühne. Weſentlich für die Aufführung iſt, daß der wundervolle
Rhythmus, der die Dichtung Hölderlins durchzieht, in der
Darſtellung wiederklingt, und dies iſt namentlich in den Chören
gelungen. Als trefflicher Sprecher mit klangvoller, heller Stimme
und ſtarker Muſikalität trat Friedrich Kinzler hervor; neben
ihm bewährten ſich Ernſt Langheinz und Friedrich Faber.
Der Geſtalt der „Antigone” gab Anne Kerſten den
Wohl=
klang ihrer dunkeltimbrierten Stimme und fand ſich mit Geſchick
in den Rhythmus der Dichtung. „Doch meine Seele, längſt
iſt ſie tot, ſo daß ich Toten diene”, ſagt Antigone im Geſpräch
zu Ismene, und auf dieſen Ton der Schwermut ſtimmte Frau führen, vernichte ich jenen Schuldbrief über 550 000 Frank.
Kerſten die Rolle, während Antigones lebensdsü bejahendes
Weſen, wie es in ihrer Tat und auch in Worten wie: „Zum Nöte erinnert, welche der Weltkrieg verurſacht hat”.
Haſſe nicht, zur Liebe bin ich” zum Ausdruck kommt,
demgegen=
über zurücktrat.
Feſt und ſicher ſtand im Stil der Darſtellung Fritz Valk,
ein „Kreon” von königlicher Stärke und Würde; ihm gleich wert
als Sprecher Walter Kuliſch in der kleinen, aber
wirkungs=
vollen Partie des Boten; voll ſtarken Gefühles Eliſabeth
Stieler als „Eurydice‟. Gerhard Ritter bemühte ſich an= Grammophon verbunden, das ein Schlummerlied ertönel
erkennenswert, wenn auch ohne letzten Erfolg, ſich in das Format
Berlin, 9. Dez. (Wolff.) Vom Reichsfinanzminiſte
wird mitgeteilt: Entgegen irreführenden Mitteilungen einer
liner Zeitung über einen angeblichen Proteſt der Staatsſekr
gegen die neuen Beamtengehälter wird zur Feſtſtellung des
vehalts folgende protokollariſche Niederſchrift über die in Be
kommende Beratung der Staatsſekretäre in den Reichsminiſt
veröffentlicht:
Die Staatsſekretäre beſprachen ſich über die Frage, ob
Frage, kommenden Goldgehälter der Beamten
Reichs tatſächlich ausreichen werden, um den Staatsbedien
das zum unentbehrlichen Lebensunterhalt
u=
dingt erforderliche Einkommen zu ſichern.
dem Staate der bisherige zuverläſſige, arbeitswillige und
einflußbare Beamtenſtand erhalten bleibe. Sie kamen nach
ſtündigen eingehenden Beratungen und nach genaueſter, ſo
tigſter Prüfung der augenblicklichen Finanzlage des Reick
der Ueberzeugung: Die in Ausſicht genommenen Goldge
ter verlangen vom Beamtenſtand, zweife
ganz erhebliche Entbehrungen und
Einſch=
kungen. Eine auskömmliche Entlohnung der Beamten
aber im wohlverſtandenen Intereſſe des Staates, ſie allein
für eine Fortführung der Staatsgeſchäfte auf geſicherter G
lage. Die Finanzlage geſtattet es zurzeit leider nicht, die in
ſicht genommenen Bezüge in nennenswerter Weiſe zu erh
ohne die zur Rettung des Deutſchen Reichs mit allen Mittel
zuſtrebende Sanierung der Reichsfinanzen un
Erhaltung der Rentenmark in ihrem Werte und damit der
ſtand und die ganze Zukunft des Deutſchen Reichs
ſchwerſte zu gefährden. Die Erhaltung der Zah
des Reiches iſt aber im Intereſſe der Allgemeinheit ſowoh
in demjenigen der Beamtenſchaft dringend geboten und alle:
deren voranzuſtellen. Es iſt nicht zu verkennen, daß die Ge
rung ſolcher verhältnismäßig geringen Bezüge an die Entſa
Pflichttreue und Opferwilligkeit der Beamten die größter
forderungen ſtellt. Es muß aber darauf vertraut werden
.der den Staatsbedienſteten erfreulicherweiſe innewohnende
lismus, ihre alte bewährte Pflichttreue und ihr Verantwo
keitsbewußtſein ſie in Stand ſetzen werden, die jetzigen ſch=
Zeiten ohne Einbuße an ihrer Leiſtungswilligkeit und Un
flußbarkeit zu überſtehen.
Arbeitsdienſipflicht.
Das Anwachſen der Arbeitsloſigkeit kann nur in kx
Maße als beängſtigend bezeichnet werden. Was wir biE
an Mitteln ergriffen haben, um der Arbeitslofigkeit wiſr
begegnen zu können, hat es nicht vermocht, eine Zunahm S
Heeres der Arbeitsloſen und Kurzarbeiter verhindern zu kö
Deshalb wird der Ruf nach einem durchgreifenden Mitte E
Bekämpfung der Arbeitsloſigkeit immer dringender, zum
Koſten, für die Erwerbsloſenfürſorge unſeren Haushal
ſchreckend belaſten.
Weite Kreiſe glauben dieſes durchgreifende Mittel i i
„Arbeitsdienſtpflicht” gefunden zu haben. Zwiſchen dem 1 S
21. Lebensjahr ſoll jeder Deutſche zur Arbeitsdienſtpflick i
ein oder zwei Jahre herangezogen werden. Hiermit hofft x
den Arbeitsmarkt außerordentlich entlaſten zu können, da ſe
Zweifel die Arbeitsnachfrage von Seiten der Jugendliche S
ſofortige Folgerung der Arbeitsdienſtpflicht ſtark nachk a
würde. Weiterhin kämen dadurch die offenen Stellen in erh in
Maße denjenigen zugute, die Familien oder ſonſtige Ange
zu unterhalten haben.
Die Anhänger einer Arbeitsdienſtpflicht weiſen darau
daß wir in den leerſtehenden Kaſernen der Vorkriegszeit 96
lichkeiten genug haben, die Arbeitsdienſtpflichtigen, in F.
tionen zuſammengefaßt, unterzubringen. Verpflegung und
G=
nung entſprechend der des Soldaten der Vorkriegszeit wi
ausreichen, um die wirtſchaftliche Exiſtenz
eits
pflichtigen ſicherzuſtellen. Ganz roh überſchlagen, e: iat ſic S
es das Deutſche Reich bedeutend billiger zu ſtehen ka,
500 000 Perſonen als Arbeitsdienſtpflichtige zu unterhalte
an 500 000 Arbeitsloſe die Erwerbsloſenunterſtützung zahl n.
müſſen.
Von dieſem Geſichtspunkt aus betrachtet, erſchein E=
Arbeitsdienſtpflicht als die vollendetſte Form der prodr Ei
Erwerbsloſenfürſorge, und zwar nicht nur durch die bEe
Zuſammenfaſſung, ſondern auch dadurch, daß — wie geſ
der Arbeitsmarkt zur Aufnahme der verheirateten Arbeitn
in höchſtem Maße freigemacht würde. Auch könnten öffe e
Notſtandsarbeiten biel leichter von den Formationen der
A=
dienſtpflichtigen ausgeführt werden, als von einer Reih
werbsloſer, deren Zuſammenſetzung ſich tagtäglich ändert.
rade an dem letzten Punkt iſt ja bisher die produktive Ert
loſenfürſorge faſt immer geſcheitert.
Der wichtigſte Geſichtspunkt aber, der für eine Arbeits
E=
pflicht ſpricht, liegt auf dem Gebiete der Volkserziehung, Ee
Störung der Arbeit in den Betrieben geht heute faſt imme mi
den Jugendlichen aus, die nicht gelernt haben, Einordnun 7o
Autorität für ſich anzuerkennen.
des „Tireſias” zu finden. Sympathiſch war Hedwig Spal
als „Jsmene”, den „Wächter” ſprach Kurt Weſtermſ
W. Reymers „Hämon” blieb in realiſtiſcher Deklamatio A
Stile der Darſtellung fremd.
Warmer Beifall dankte der im Ganzen wohlgelun
Aufführung, die der ſchönen Hölderlinſchen Dichtung L
recht auf der Bühne geſichert haben dürfte.
Kunſt, Wiſſenſchaft und Leben
C.K. Wilſons Schwiegerſohn als Präſid
ſchaftskandidat. Ein Beweis dafür, daß die amerike
öffentliche Meinung ſich wieder mehr den Ideen Wilſons
wenden beginnt, iſt die Tatſache, daß der Schwiegerſohn W.
W. G. McAdoo der ausſichtsreichſte Kandidat der der
tiſchen Partei für die Präſidentſchaftswahl im nächſten Jal
Früher als ſonſt beſchäftigt man ſich mit den Männern, L
die Erwählten ihrer Partei in den Wahlkampf eintreten
Für die Republikaner hat der gegenwärtige Präſident Ck
die meiſte Ausſicht, denn es iſt ja ſchon öfters vorgekomme
der ſtellvertretende Präſident, der durch den Todesfall des
ſidenten das höchſte Staatsamt erlangte, dann gewählt
Einige Senatoren, wie Hiram Johnſon und Borah, die
republikaniſche Partei kandidieren wollen, dürften wenig A
haben. McAdoo will, wenn ihn die Demokraten aufſtelle:
Anſchluß an den Völkerbund und das Eingreifen in die e
iſchen Angelegenheiten zur Wahlparole nehmen.
O 65jähriges Regierungsjubiläum Johanns II. von
tenſtein. „ſohann der Gute”, wie ihn der Volksmund mit
nennt, hat einen neuen Beweis däterlicher Fürſorge gegebe
Handſchreiben aus Schloß Feldsberg vom 12. November
„Um die Sanierung der Landesfinanzen möglichſt zu E!
als Lebensmittelſchuld noch an die Schreckniſſe wirtſcha
L. Die elektriſche Wiege. Ein Chikagoer. Ingenieur
eine Aerztin geheiratet; während dieſe die Runde bei de
tienten machte, blieb ihr Baby in der Obhut des Mannes
dieſen ſehr unangenehm in ſeinen Berufsarbeiten ſtörte.
fand daher einen Apparat, der die Wiege des Kindes auſ
ſchem Wege in Gang ſetzt. Der Apparat iſt zugleich mit
ſobald die Wiege in Bewegung gebracht wird.
Tatuimter 541.
Daruſtädter Tagbkatt, Moutag, ben 10. Dezember 1923.
Seite 3.
Stadt und Land.
„Darmſtadt, 10. Dezember.
Die Ballonfchule veranſtalkete geſtern in ihrer Turnhalle eine
ein=
zbolle Feier zur Erinnerung an die am 1. Dezember 1823 eu=
Eröffnung. Die Stadtgärtnerei hatte durch Fahnen= und Pflanzeu=
T=ck einen ſtimmungsvollen Rahmen geſchaffen. Außer zahlreichen
ren Schülern und Lehrern der Schule waren eine ganze Anzahl
arener Gäſte erſchienen. Das Landesamt für das Bildungsweſen
t— vertreten durch die Herren Oberſchulrat Jung und Schulrat
I rich. Von der Stadt Darmſtadt war Herr Oberbürgermeiſter Dr.
Sing anweſend, und das Stadtſchulamt hatte die Herren Stadtſchul=
—, ſach, Stadtſchulrat Löſch und Stadtamtmann Hörr entſandt. Die
5 wurde eingeleitet durch Beethovens „Die Himmel rühmen des
(Sen Ehre”, das ein Schülerchor unter Leitung des Lehrers Samper
Iaft wirkungsvoll zu Gehör brachte. Hierauf begrüßte der
S leiter, Herr Rektor Neiber, mit herzlichen Worten die
Erſchie=
ſw= und legte den Zweck der Feier dar. Nach dem Vortrag eines
S2s, das früher ſchon, bei einem Examen im Jahre 1829, geſungen
Iex en war, ergriff Lehrer Dr. Weigand das Wort zu einem Vor=
Ea über die Geſchichte der Schule. Im Verlaufe einer halben Stunde
En ittelte Redner ein anſchauliches Bild von der Geſchichte der Ballon=
Fo, wobei er zugleich Ausblicke auf die Entwicklung des Darmſtädter
S leſens im abgelaufenen Jahrhundert gab. Man kann ein Be=
Odarüber nicht unterdrücken, daß die Zeitverhältniſſe nicht geſtattet
Sir, die Ergebniſſe der eindringenden Forſchungen, die in dem Vor=
E: geboten wurden, etwa in einer Feſtſchrift eiuer breiteren Oeffent=
FElit zugänglich zu machen. Nachdem der Schülerchor das Lied „Aus
23 Jugendzeit” vorgetragen hatte, brachten nacheinander
Oberbürger=
au er Dr. Gläſſing für die Stadt Darmſtadt, Oberſchulrat Jung für
2 Landesamt, für das Bildungsweſen, Stadtſchulrat Bach für das
Stſchulamt und Lehrer Herbſt für den Lehrerausſchuß der
Ballon=
ihre Glückwünſche dar. Der Vortrag eines Gedichtes, das beim
ien im Jahre 1827 geſprochen wurde, und der Cher „Lobet den
Ba” ſchloß die ſchlichte, aber ſtimmungsvolle Feier ab, die den
Teil=
ern unvergeßlich bleiben wird.
Weihnachtsfeier der Reichsvereinigung ehem. Kriegsgefangener.
Sonntag nachmittag hatten ſich im Konkordiaſaale die ehemaligen
*Sgefangenen mit ihren Angehörigen recht zahlreich eingefunden,
— jemeinſchaftlich eine Weihnachtsfeier zu begehen. Ein Weihnachts=
E, faſt bis zur Decke reichend, und Tannengrün zierten, den Saal.
einleitenden Muſikvorträgen begrüßte der Vorſitzende, Herr
Dief=
ch. die Erſchienenen. Er gedachte der Tage in der Kriegsge=
Sinſchaft und den Leiden der Bevölkerung an Rhein und Ruhr, die
ſezu die Nachfolgeſchaft der Kriegsgefangenen übernommen hätten.
Srmahnte zur Einigkeit, durch die wieder erreicht werden könne, daß
Sſchland wieder die Achtung der Welt erringen werde. Ein Psolog
ochen von Frl. Georg, erinnerte die Kriegsgefangenen an d
Slebten Zeiten, die glücklich überſtanden, ſo daß nun das Feſt des
eus jetzt wieder in trauter Familie in der Heimat begangen wer=
Sann. Den Nachmittag verſchönten Frl. Recha Eckſtein vom Landes=
Ber mit Solotänzen, Herr Hildenbrandt mit humoriſtiſchen Vor=
—n. Lebende Bilder von Herrn und Frau Bunke und ihren Kin=
3. Brückner und Dyroff, veranſchaulichten ein fröhliches
Weihnachts=
m Gegenſatz zu einem Weihnachtsfeſte einer Trinkerfamilie. Ein
Iterſtück „O Heimatſonne. Heimaterde‟, Volksſtück mit Geſang in
afzügen, von Hermann Marcellus bildete den Abſchluß des Nach=
— gs. In dieſem Volksſtück wird das wechſelvolle bewegte Schickſal
cher Volksgenofſen ſeit Ausbruch des Weltkrieges bis zur endlichen
ehr aus der Gefangenſchaft in feſſelnden Bildern vor Augen ge=
Mitglieder der N. e. K. hatten ſich in den Dienſt der guten
geſtellt und brachten das ernſte Stück ſehr wirkungsvoll zur
Ge=
ing. Von den Mitwirkenden ſeien beſonders erwähnt: Frl. Wag=
und Frl. Franz, die zum erſten Male auf einer Bühne, ſich dem
mit beſonderer Hingabe widemten. In den Hauptrollen
zeichne=
ich beſonders die Herren Dieffenbach und Becker aus. Der übrigen
irkenden Frl. Wegerich, Frau Brunken ſowie der Herren Naas,
Vöglin, Brunken, Pohl und Reinheimer ſei volle, Anerkennung
It. Die Geſänge begleitete am Flügel Frl. Offenbächer. — Am
d ſchloß ſich an die Veranſtaltung ein Ball an, der die Teilnehmer
e Stunden gemütlich beiſammenhielt.
Selbſthilfe. Die im Deutſchen Gewerkſchaftsbunde vereinigten
ände veranſtalteten am Samstag und Sonntag eine
Ausſtel=
g. von Schuhen und Textilwaren, die auf
genoſſen=
rlichem Wege hergeſtellt und zum Vertrieb gebracht werden.
eur ſelbſt ſind von beſter Qualität, und da jeder Zwiſchenhandel
eſchloſſen
aßerordentlich preiswert. Die Ausſtellung erfreute
Eines kebl
Beſuches. Wie wir hören, iſt die Ausſtellung auch
Montag von halb 11 Uhr bis 5 Uhr noch geöffnet. Ueber die
e der Selbſthilfe und wie man ſich gegen übermäßige
Preisforde=
en ſchützen kann, ſprach in längeren Ausführungen Herr Frank=
Sruhe, die mit lebhaftem Beifall aufgenbmmen wurden.
— Vom Muſikverein wird uns geſchrieben: Die Kartenausgabe an
flieder und der Kartenverkauf an Nichtmitglieder zur Aufführung
Liſzts „Graner Me
16. und 17. Dezember, beginnt
Mittwoch, den 12. ds. Mts. Näheres wird noch bekannt gegeben.
Anbetracht der großen Preisermäßigung, welche wie bisher den
gliedern gewährt wird, darf von dieſen erwartet werden, daß ſie
dem bevorſtehenden hohen künſtleriſchen Ereignis von dem ihnen
eräumten Rechte, auf einzelne Konzerte zu verzichten, ſo wenig wie
ich Gebrauch machen und ſich angeſichts der ihnen gebotenen
Ver=
tigungen ihrer Pflicht als Mitglieder bewußt ſind, durch vollzäh=
Beſuch der Konzerte die Verwirklichung der Aufgaben des
Muſik=
s, ſelbſt mit einigen Opfern, überhaupt zu ermöglichen.
— Vertrieb von Sprengſtoffen an den Bergbau. Solche
Spreng=
bedürfen der Zulaſſung durch die Obere Bergbaubehörde, und es
einen als ſolche: Pulverſprengſtoffe, briſante Geſteinſprengſtoffe,
engſtoffe, die ganz oder vorwiegend aus Nitrokörpern oder
Nitro=
erinpulvern beſtehen, die noch aus Heeresbeſtänden ſtammen. Von
Wetterſprengſtoffen fallen Pgtronen zum Sprengen mit flüſſigem
erſtoff nicht unter die Verordnung. Solche Sprengſtoffe, die
nach=
lich in anderen deutſchen Landen zum am Kopfe bezeichneten Zweck
laſſen find, ſind auch ohne weiteres in Heſſen zu vertreiben.
Zu=
erhandlungen nach 8 367, 3. 5 R. St. G. ſtrafbar.
U
Zm
Dem Gedächinis Richard Loebells.
Prof Dr. Karl Eſſelborn.
Am 6. Dezember 1923 verſchied an einer Lungenentzündung
). Schulrat Profeſſor Dr. Friedrich Otto Richard Loebell.
ihm iſt einer der verdienſtvollſten heſſiſchen Schulmänner
Erzieher dahingegangen. Seine Wiege ſtand in Grünheide
Inſterburg in Oſtpreußen, wo ſein Vater Geiſtlicher war. Am
März 1852 erblickte er das Licht der Welt. Seine Vorbildung
ielt er auf den Gymnaſien zu Raſtenburg und Inſterburg
wurde 1870 mit dem Zeugnis der Reife zur Univerſität
Taſſen. Darauf ſtudierte er bis Herbſt 1873 auf den
Univerſi=
n Königsberg, Berlin und Leipzig klaſſiſche Philologie und
Toſophie. Familienereigniſſe verhinderten ihn lange, ungeſtört
te Studien durch eine Prüfung abzuſchließen, und als er im
rz 1876 das Examen pro facultate docendi vor der
wiſſen=
rftlichen Prüfungskommiſſion zu Königsberg abgelegt und
Juli 1876 auf Grund der Arbeit „Ouaestiones de perkecti
meriei forma et usu” (Lipſige 1877, beurteilt in Zarnckes
rariſchem Zentralblatt 1873 Nr. 4) promoviert, war ſeine
weſenheit zu Hauſe noch ſo dringend notwendig, daß er erſt
Herbſt 1878 daran denken durfte, eine Stellung zu ſuchen.
eſe fand er an der Realſchule zu Groß=Umſtadt, wo er vom
Dezember 1878 eine Lehrerſtelle verwaltete, bis er im Herbſt
O an die Realſchule zu Oppenheimk a. Rh. verſetzt wurde,
am 18. Januar 1881 ſeine definitive Anſtellung erfolgte. Bis
ern 1884 wirkte er daſelbſt. Seine Abhandlung im
Oſter=
gramm 1884 „Ueber litauiſche Volkspoeſien” iſt gleichſam ein
ſchiedsgruß an dieſe Anſtalt, deren Chronik ſeinen Weggang
„einen empfindlichen Verluſt” verbucht. Die nächſte Stätte
Ter Wirkſamkeit war das Nealgymnaſium und die Realſchule
Offenbach a. M. Hier verfaßte er die auf Oſtern 1888
er=
enene Programnbeilage „Pſychologie als Lehrgegenſtand auf
alſchulen”. In Offenbach begründete er auch ſeinen
Haus=
aId durch ſeine Verheiratung mit Anna Fabricius, der Tochter
5 verſtorbenen Oberförſters Julius Fabricius.
Am 27. April 1889 wurde er an das Ludwig=
Georgs=
ymnaſium zu Darmſtadt verſetzt und am 27. Juni 1894 als
Dfeſſor charakteriſiert. In Darmſtadt boten ihm das Haus=
D Staatsarchiv, die Hofbibliothek und der Hiſtoriſche Verein
das Großh. Heſſen Stoff und Anregung zu literaturgeſchicht=
Hen Studien. Namentlich war es die Perſon von Goethes
eund Johann Heinrich Merck, die ihn anzog. Zu Mercks
dertjährigem Geburtstag ſchrieb er einen Aufſatz „Zum
Turn= und Feſtſpiel=Albend
der Turngemeinde Darmſtadt.
Die Turn= und Feſtſpielaufführungen der Turngemeinde
Darmſtadt 1846, die geſtern ihre — leider letzten Wiederholungen
bei ſtärkſtem Erfolg fanden, rechtfertigen ein paar Bemerkungen
grundſätzlicher Art. Der enger gezogene Zweck der
Aufführun=
gen war wohl, der Bürgerſchaft Darmſtadts, ſoweit ſie an der
edlen Turnerei Anteil und Intereſſe nimmt, einen kleinen
Ab=
ſchnitt aus den Münchener Turnertagen zu geben, die das größte
Turnfeſt umrahmten, das je die Welt geſehen; daneben ſollen
und muiſſen ſie für die Turnerei werben. Dieſe Turn= und
Feſt=
ſpiele haben aber eine weit dieſe Abſicht überſchreitende
Be=
deutung, und ihre ausgezeichnete Durchführung mit eigenen
— dilettantiſchen — Kräften darf die Turngemeinde
Darm=
ſtadt 1846 als ein bleibendes Verdienſt buchen, das ihr aber auch
Anſporn ſein muß, dieſes und ähnliches mit weiter
geſteckten Zielen zu wiederholen, es zu einer ihrer
vornehmſten Aufgaben zu machen, ihre Glieder im Geiſte dieſer
Aufführungen zu erziehen, zu erziehen vor allem mit dem
End=
ziel der Einigung aller, die noch einen Funken deutſchen
Fühlens, deutſchen Stolzes und — deutſchen Hoffens ſich wahren
konnten.
Was bleibt uns in unſerer troſtlos dunklen, zerriſſenen
Gegenwart, die uns täglich und ſtündlich mehr die Ueberzengung
davon ins Gewiſſen hämmert, daß das uralte Erkübel der
Deut=
ſchen, die Uneinigkeit, nicht ausgeſtorben iſt, noch übrig, als den
Blick, der, in die Zukunft gerichtet, nichts öffnet als Graufen, in
die Vergangenheit zu werfen. Auf die lichtumſtrahlten
Epiſoden der deutſchen Geſchichte, die das alles ſchon einmal
und zweimal und öfter noch fah, was heute geſchehen und
mor=
gen geſchieht. Und die immer wieder, wenn wir uns alle und
einig zuſammenfanden zum edlen und großen Werke, auch die
ſchwerſten Opfer lohnte und uns unſere Freiheit wieder
er=
ringen ließ, ohne die kein Deutſcher leben kann. Was deutſch
heißt und deutſch empfindet, kann niemals Sklave ſein. Wenn
der Deutſche auch, was ſtrittig ſein kann, nicht zum Herrſchen
geberen, leben und weben, weiken und wirken kann er nur in
Freiheit, die es ihm ermöglicht, ſich mit den Völkern der Erde zu
meſſen. Bilder aus der deutſchen Vergangenheit, die uns das
beweiſen, ſollte jeder, der dazu berufen und in der Lage iſt,
inimer und immer dem deutſchen Volke zeigen. In unſerer
Jugend, die in dieſer furchtbarſten Zeit unſerer völkiſchen
Er=
niedrigung aufwächſt, müſſen dieſe Bilder wach bleiben, müſſen
ihr ein unſtillbar heißes Sehnen ins warme junge Herz
ver=
pflanzen, das nach Erfüllung ſchreit und das dieſe Jugend einſt
einig zuſammenſchweißt in einem Gedanken, einem Willen,
wenn ſeine Stunde gekommen. — Die Turngemeinde hat
bewie=
ſen, daß ſie zu den Berufenen gehört, ſie hat im Rahmen des
aber verpflichtet ſie auch, ſich der großen und ſchönen
Zu=
kunftsaufgaben in der Erziehung und Ertüchtigung der
deut=
ſchen Jugend bewußt zu bleiben. Nicht davon ſprechen, immer
daran denken! Die Vergangenheit in ihrer
licht=
umſtrahlten Größe und Schönheit wachhalten
und den Blick hell und ſtählhart der Zukunft
öffnen! Immer noch kann und mutß Vater Jahn leuchtendes
Ideal ſein!
Ueber die Aufführungen ſelbſt iſt an dieſer Stelle bereits
geſprochen worden. Der äußere Erfolg bei den Tauſenden, die
ſie ſahen, war auch in den Wiederholungen, beſonders geſtern
nachmittag, überwältigend. Daß nicht früher gewohnte billige
Stimmungsmache ihn hervorrief, erhöht den Wert der
Auffüh=
rungen. Es war ernſt und ſchlicht, aber darum um ſo
eindring=
licher, was die Turner und Turnerinnen boten. Es war Kunſt
in des Wortes beſter Deutung. Höher aber ſchätzen wir die
Tat=
ſache ein, daß dieſe Aufführungen von dem Geiſt zeugen, der
die Turner beſeelt, in dem ſie erzögen werden. Nach einer
muſi=
kaliſchen Einleitung (durch das Landestheaterorcheſter) Geſang
der Turnerſinger: „Steh’ feſt, du deutſcher Eichenwald‟. Dann
das ſchöne Bild ſtraffer Diſziplin der Maſſen in den
Freiübun=
gen der Turnabteilungen. In ſünf Reihen Tiefengliederung im
ſchlichten ſchwarz=weißen Turneranzug Klein und Groß, Turner
und Turnerinnen, kamen die ſchwierigen Uebungen exakt und
ſichet zur Durchführung. Dann die Hochreck= und Querpferd=
Turnübungen einer Anzahl junger Turnerinnen. Scharf die
Grenze gezogen vor der Scheidewand der Akrobatik, obwohl
Kön=
nen dazu verleiten mag. Turnübungen waren das, ſchlicht
und diſzipliniert, bei aller Schwierigkeit, die oft ſpontanen Beifall
auslöſte. Freilich, die Erziehung der weiblichen Jugend iſt hart.
Verweichlichende Formenpflege hat hier nicht Platz. Aber die
Schönheit des geſunden Körpers als Hülle geſunden, friſchen,
freien Geiſtes erſtrahlt in hellem Glanz. Dam die
Gruppen=
bilder der Turnmannſchaft. „Das gleiche Bild der Zucht und Abſchluß. .
Diſziplin, der all dieſe Dinge Mittel zum Zweck bilden. Die
Tur=
ner dann an den Schaukelringen. Kraft= und
Gewandtheits=
übungen, die höchſte Anforderungen ſtellten, von den Turnern
ſpielend gelöſt. Zum Schluß dann Volkstänze der Turnerinnen
und Schülerinnen. Ein entzückendes und erhebendes Bild
ge=
ſunder deutſcher Jugend, die nicht angekränkelt vom Suchen nach
neuer Kunſtausdeutung. Friſch und fröhlich ſangen ſie und
in die „Zeitſchrift für den deutſchen Unterricht” (1891, S 77
bis 775). Am 28. März 1892 hielt er im Hiſtoriſchen Verein
einen Vortrag über „Johann Heinrich Merck, Charakter und
Meinungen” (Quartalblätter N. F. Bd. 1 S. 107—110). Ein
JJahr ſpäter, am 20. März 1893, ſprach er an derſelben Stelle
über „Johann Heinrich Merck als Verfaſſer des Anti=Necker
und Friedrich Karl von Moſer” (Quartalblätter S. 256—261).
Im Jahre 1894 veröffentlichte er eine Studie „Mephiſtopheles
ziehung in Schule, Haus und Kirche” (14. Jahrg. S. 135—147,
durchgeſehener Abdruck: Quartalbl. S. 510—518); ihm folgte im
Jahre 1896 die Schrift „Der Anti=Necker J. H. Merck und der
Techniſchen Hochſchule erwarb. Bis zum Sommerſemeſter 1903
hatten zum Gegenſtand die deutſche Literatur ſeit dem ſiebzehnten
Jahrhundert ſowie das Volksepos. Mit ſeinen Merck=Studien
klaſſiſche Literaturperiode” in der „Literariſchen Rundſchau für
Dichter” in das von Eduard Otto herausgegebene Leſebuch für
Höhere Mädchenſchulen im Großh. Heſſen” (Bd. 8, 2,
Frank=
furt 1912, S. 86—90) übergegangen iſt. Damit ſchließt Loebells
literariſche Wirkſamkeit; denn nachdem ihm am 31. Juli 1899
die Direktion der Auguſtinerſchule zu Friedberg übertragen
Anſpruch, daß er keine Zeit mehr zur Schriftſtellerei fand.
beſchieden, dann wurde ihm am 28. Oktober 1905 die Leitung
des damals von der Oberrealſchule getrennten Gymnaſiums zu
Charakter als Geh. Schulrgt und trat, durch ſeine geſchwächte
Geſundheit genötigt, am 1. Januar 1916 in den Ruheſtand.
Schon vorher, im Oktober 1915, war er nach Darmſtadt über=
Beim Schulanfang nach den Weihnachtsferien im Januar 1916
ernſter Hingabe und vorbildlicher Treue dem hohen Beruf als
idealer Auffaſſung ſeiner verantwortungsvollen Aufgabe das
Gedeihen der Anſtalt gefördert” habe und wie er, „aus dem
tiefen Quell eines warmen, lauteren Herzens ſchöpfend, dem
tanztei ihre Reigen ſich ſelbſt und den anderen zur Freude. Aber
Rhythmus war das und Muſik bei aller Schlichtheit.
Zum Schluß das Feſtſpiel „Friſch auf, mein Volk”
von B. Krüger, das auf dem Münchener Turnfeſt ſeine
Urauf=
führung erlebte. Dieſes Feſtſpiel im weſentlichen war es, was
die eingungs gegebenen Bemerkungen auslöſte. Bilder aus
Deutſchlands großer Geſchichte rollten auf, aus Niedergang und
Aufſtieg, aus Vergehen und Werden, und riſſen Lichtblicke für
die Zukunft auf, wenn deutſche Kunſt, deutſche Wiſſenſchaft,
deutſche Volksgeſundheit und — Einigkeit deutſches Schickſal
meiſtern. Grenzſteine und Flammenzeichen aus dem langen,
dornenvollen Weg deutſcher Vergangenheit tauchten auf, Male,
die unverrückbar ſtehen, auch heute noch, wenn wir nur reinen,
entſchloſſenen Willens ſind.
Als Mitwirkende verzeichnet das Proyramm die
Turnerin=
nen A. Münch, E. Weber, M. Rückert und die Turner
Knörzer, Engel, Wundenberg, Kalbhenn,
Beyer, Stay, Kaiſer und Röder. Um das Feſtſpiel und
um die Aufführungen überhaupt haben ſich aber noch eine Reihe
von Perſonen verdient gemacht, die hier rühmend erwähnt ſein
ſollen. Da iſt vor allem Herr Ed. Göbel, der Spielleiter war,
Herr O. Scheidhauer, der die muſikaliſche Leitung hatte,
dann der Dirigent der Singmannſchaft, Herr Chormeiſter Kehr,
Inſpizient Schröder, Maler Langer, der die ſchönen
Bil=
der erſtellte, Maſchineriedirektor Schwerdtfeger, der die
ſzeniſche Leitung hatte. Sie alle und dazu die Vorturner,
Vor=
turnerinnen und alle Mitwirkenden haben ſich bleibende Ver=
M. St.
dienſte erworben.
* Die Verſammlung der Bürgerſchaft, in der geſtern
vor=
mittag der Bürgerausſchuß Bericht über ſeine Tätigkeit erſtatten
ſollte, mußte verſchoben werden. Die Zeit der neuen
Ver=
ſammlung wird demnächſt bekannt gegeben werden.
Aus den Parteien.
Deutſche demokratiſche Partei. Wir erinnern noch
einmal an die heute Abend ſtattfindende Mitgliederverſammlung, in
der unſer Reichstagsabgeordneter Pfarrer Korell ſpricht. — Siehe
Inſerat im Sonntagsblatt.
Schützt die deutſche Familie.
Kultusminiſter Boelitz an die Elternbünde.
epd. In einer anläßlich der Reichserziehungswoche von deut Evgl.
Reichselternbund einberufenen öffentlichen Verſammlung in der
über=
füllten Johanniskirche zu Berlin ſprach der preußiſche Kultusminiſter
Dr. Boelitz über „Die Gegenwartsnöte und die deutſche Familie”=
Der Vorſitzende des Evangl. Reichselternbundes, Oberpräſident a. D.
Dr. von Hegel, begrüßte die nach Tauſenden zählerde griße
Ver=
ſammlung.
Die markanten Ausführungen des Miniſters galten zunichſt der auch
die Elternſchaft ſtark bewegenden Frage des Schulabaues:
Einſchnei=
ihr Möglichen Großes geleiſtet. Das ſei ihr gedankt! Das dende Maßnahmen werden ſich nicht abwenden laſſen. Auch
Einſchrän=
kungen der Zahl der Lehrer und eine ſtärkere Ausnutzung ihrer
Arbeits=
kraft werden, wie zu beſorgen iſt, platzgreifen. Dies alles jedoch nur in
Verbindung mit planvollen Organiſationsmaßnahmen, die eine
Steige=
rung der inneren Leiſtungsfähigkeit verbürgen. Nie wird etwas
unter=
nommen werden, wodurch die geiſtige Subſtanz unſeres Volkes
und vor allem die geiſtige und körperliche Ertüchtigung der Jugend
gefährdet werden könnte. Bedeutſamer als alle Organiſationspläne
wird der Geiſt in der Schule ſein, der ſie in allererſter Linie zur
Er=
ziehungsſchule macht, in der die Charakter= und
Billens=
bildung, die Erziehung zur Volksgemeinſchaft und zu einer ſtarken
Staatsgeſinnung, im Vordergrunde ſteht. Kein Volk iſt ſo gläubig,
iſt eine ſo innige Verbindung mit dem Chriſtentum eingegrugen
wie das deutſche; dieſe Kräftequellen nutzbar zu machen, iſt Aufgabe
nicht nur der Kirche, ſondern auch der Schule.
Das Entſcheidende jedoch iſt, daß die deutſche Familie geſund
bleibt und in lebendiger Kraft ſich immer wieder erneuert. Sie iſt heute
aufs ſchwerſte bedroht durch leibliche Not aller Art, die um ſo
un=
erträglicher iſt, weil im grellen Gegenſatz zu ihr aufdringlich und frech
ſich der Luxus der neuen Reichgewordenen erhebt. Und durch die noch
größere ſeeliſche Not: Unſere Jugend in Stadt und Land,
hin=
geriſſen in einen Taumel furchtbarer Geſchehniſſe, erfaßt von frühreifer
Genußſucht und einem praktiſchen Materialismus, der ſie nicht nur dar?
über belehrt, was Schiebergeſchäfte abwerfen und wie man an
Speku=
lations= und Börſengeſchäften teilnimmt. Wohin wir ſchauen,
Lok=
kerung von Sitte und Sittlichkeit. Dazu eine ſouderäne
Verachtung der religiöſen Kräfte und eine Loslöſung
von der Welt des deutſchen Idealismus.
Dem muß die Familie begegnen. In erſter Linie durch
Selbſtgeſundung: Einfachheit, Selbſtzucht und Mut zur Armut ſind
die Leitſterne, die über jeder deutſchen Familie ſtehen ſollten. Und
dann durch Abwehr all des Häßlichen, das an unſere Jugend
heran=
kommt, durch kluge Leitung der Kinder und durch verſtändnisvolles
Ein=
gehen auf die Nöte ihrer jungen Herzen. Hütet die Flamme des
heiligen Herdfeuers frommer Zucht und Sitte in eurens
Haus, und ſorgt, daß die Ehrfurcht nicht ſchwinde und daß die
Wahrheit herrſche!
Mit einem kurzen Wort des Vorſitzenden der Magdeburger
Eltern=
bünde, Aektor Lentz, fand die wuchtig verlaufene Kundgebung ihren
Tageskalender.
Landestheater, Großes Haus, Anfang 7½ Uhr, Ende 10 Uhr:
Konzert. Kleines Haus, Anfang 7 Uhr, Ende 10 Uhr: „Katte” von
Hermann Burte. — Orpheum, 734 Uhr abends: „Katja, die
Tän=
zerin”. — Union=, Reſidenz=, Zentral=Thegter, Palaſt=Lichtſpiele:
Kinovorſtellungen.
E
m
Gt
Kapitel ,Goethe, ein großer Nehmer: (Goethe u. J. H. Merck)” Lehrerkollegiunt ſtets ein wohlwollender, väterlicher Freund und
treuer Führer in der Erziehung zu allem Guten, Wahren und
Schönen” geweſen ſei. So haben ihn alle geſchätzt und
ge=
wertet, die das Glück hatten, ihn Lehrer und Freund nennen
zu dürfen. Er war kein kleinlicher Schulmeiſter, ſondern ein
Erzieher wie Sokrates. Aus dem reichen Schatze eines tiefen
Wiſſens und gütigen Herzens nehmend, gab er — ebenſo wie
ſeinen Freunden in der geſelligen Unterhaltung — ſeinen
Schü=
lern tagtäglich Schätze mit fürs Leben, mochte er nun die Meiſter=
Merck” in dem „Evangeliſchen Monatsblatt für deutſche Er= werke der deutſchen oder antiken Literatur behandeln. Wie
ver=
ſtand er es, ſeinen Primanern bei der Lektüre von Platons
Verteidigungsrede des Sokrates den Weiſen ſo anſchaulich zu
ſchildern, wie ihnen das Verſtändnis für die Schönheit der home=
Miniſter Fr. K. v. Moſer” (Darmſtadt 1896), womit er im Herbſt, riſchen Gedichte zu erſchließen! Wie ſelten einer erwarb er ſich
1896 die venia legendi für Geſchichte und Literatur an der darum die Liebe ſeiner Schüler, für die er väterlich,
freund=
ſchaftlich empfand. Dabei erreichte er durch ſeine Güte und
Fein=
erſcheint er in ihrem Vorleſungsverzeichnis. Seine Vorleſungen fühligkeit weit mehr, als viele durch Strenge. So kam es
ein=
mal vor, daß er, als er einen Schüler, der es gar nicht nötig gehabt
hätte, bei einer ſchriftlichen Arbeit beim Gebrauch eines
uner=
im Zuſammenhang ſteht auch der Aufſatz „Darmſtadt und unſere laubten Hilfsmittels ertappte, es dieſem, ohne daß es ſonſt noch
jemand in der Klaſſe merkte, wegnahm und die Arbeit zenſierte,
das evangeliſche Deutſchland” (Bd. 5 Sp. 281—286), der etwas als ob nichts vorgefallen wäre; ſeine Erwartung, daß ihn der
gekürzt unter dem Titel „Darmſtadt zur Zeit unſerer großen Betreffende nie mehr zu täuſchen ſuchen werde, hat ihn nicht
betrogen. Er vertrat den Grundſatz „noblesse oblige”, und in
den ſeltenen Fällen, wo er ſich darin getäuſcht ſah, da merkte
man es ſeinen Mienen an, daß ihn nicht Zorn erfüllte, wohl
aber tiefer ſeeliſcher Schmerz.
Loebell hatte gehofft, in dem Ruheſtand ſeine
literatur=
worden war, da nahmen ihn die Verwaltungsgeſchäfte ſo ſehr in geſchichtlichen Studien fortſetzen zu können. Doch dieſer Wunſch
ſollte ſich nicht erfüllen, verging doch nach ſeiner Rückkehr nach
In Friedberg waren ihm ſechs ſegensreiche Wirkungsjahre Darmſtadt kaum ein Jahr, wo er oder ſeine Frau von
Krank=
heit verſchont blieben! Dazu kamen die ſich immer ſchwieriger
geſtaltenden Verhältniſſe der letzten Kriegsjahre und der Nach=
Worms übertragen. Am 25. November 1911 erhielt er den kriegszeit. Das alles ließ ihn nicht die zum literariſchen Schaffen
erforderliche Ruhe und Stimmung finden. So kam es auch,
daß ſein Vorhaben, ſein Leben zu ſchildern, nicht über
Vor=
arbeiten hinaus gedieh. Auch das iſt ein nicht gering zu
be=
geſiedelt, womit ihn zahlreiche Bande der Verwandtſchaft und wertender Verluſt; denn die Beſchreibung ſeines ideal gerichteten
Freundſchaft verknüpften. Bei der Abſchiedsfeier, die in Worms. Lebens hätte vielen jungen Leuten eine Richtſchnur ſein können.
An ſeiner Bahre trauern mit ſeiner Witwe eine große Zahl
veranſtaltet wurde, wurde mit Recht hervorgehoben, wie er „in Freunde und Verehrer, und es iſt nicht zu viel geſagt, wenn
man behauptet, daß unter allen Schülern, die er in einer nahezu
Lehrer und Erzieher ſein arbeitsreiches Leben geweiht und in vierzigjährigen Wirkſamkeit hatte, nicht ein einziger ſein dürfte,
der ihm nicht Dank und Verehrung zollte. Ein edler, ein guter
Menſch iſt mit ihm dahin gegangen, ſein Andenken wird hes
allen, die ihn kannten, in Ehren bleiben.
Seite 4.
Daruzſtädter Tagblatt, Montag, den 10. Dezember 1923.
Rummer 34
Die Klaſſen mit erweiterten Lehrzielen.
Vom Darmſtädter Lehrerausſchuß, der Vertretung der geſamten
hieſigen Volks= und Fortbilduugsſchullehrerſchaft, wird uns geſchrieben:
Am Totenſonntag erſchien in den Spalten dieſes Blattes ein
Ar=
tikel: „Ein halbes Jahrhundert Mittelſchule”, der einen
recht intereſſanten, kurzen Rückblick auf die Entwicklung dieſer Anſtalt
bot. Gewiß iſt es durchaus begrüßenswert und derdienſtlich, derartige
Erinnerungen in einem durch alle Bevölkerungskreiſe weit verbreiteten
Blatte aufzufriſchen. Auch für die deutſche Schule iſt die Vergangenheit
immer der beſte Lehrmeiſter der Zukunft, vorausgeſetzt, daß die
Aus=
deutung früherer Verhältniſſe ſich nicht nur in wehmütigem
Zurückſeh=
nen, ſondern im Geiſte geſunder Entwicklung vollzieht.
Und gerade in dieſem Punkte iſt aus der Geſchichte der Mittelſchule
mancherlei zu lernen. Die Verdienſte der Anſtalt an ſich und ihrer
Lehrerſchaft ſind unbeſtritten! Ohne Zweifel wurde die Mittelſchule in
den erſten Dezennien ihres Beſtehens auch den Bildungsbedürfniſſen, aus
denen heraus ſie gegründet worden war, durchaus gerecht. Je ſtärker
ſich aber das Berechtigungsweſen entwickelte, umſomehr mußte ſie ins
Hintertreffen geraten, wenn ſie in der urſprünglichen Gründungsform
verharrte. Und dieſer Fehler wurde unſtreitig gemacht. Als um 1910
die preußiſche Mittelſchule die Folgerungen aus den veränderten
Ver=
hältniſſen zog, klebte man bei uns hartnäckig an der alten Form. Wie
viele tüchtige Schüler der Anſtalt hätten mit leichter Mühe zum
Ein=
jährigenexamen geführt werden können! Aber man ſtellte ſich damals
auf den Standpunkt, daß eine Reform nur möglich ſei bei einer
grund=
kegenden Erneuerung des Lehrkörpers. Und doch waren es oft
dieſel=
ben Lehrer, die ihre früheren Schüler nach der Schulentlaſſung unter
großen Opfern auf beiden Seiten zu dem damals ſo begehrenswerten
„Einjährigen” vorbereiteten. Vorurteile und ſtarke Beharrung
ver=
hinderten alſo um jene Zeit die Reform der Mittelſchule nach
preußi=
ſchem Muſter. Wäre ſie erfölgt, ſo hätte ſich ohne allen Zweifel die
Entwicklung im Geiſte des Herrn Mittelſchulhiſtorikers vollzogen. Denn
die preußiſche Mittelſchule ſteht heute noch unverſehrt, trotz der
vier=
jährigen Grundſchule, die übrigens auf Reichsgeſetz beruht, nicht etwa
nur auf einer „einfachen Verfügung des Landesamtes für das
Bildungs=
weſen”, wie der Herr Artikelſchreiber fälſchlich annimmt.
Das um 1910 begangene Verſäumnis war nun die Urſache der nach
dem Kriege einſetzenden Reformbeſtrebungen. Alle beteiligten Faktoren
waren ſich darüber einig, daß die Mittelſchule zweckentſprechend um=
und ausgebaut werden müſſe. Nur die Abſichten und Wege gingen
aus=
einander. Für eine Reform nach preußiſchem Muſter waren nun die
Verhältniſſe ungünſtig gelagert, zumal Preußen ſelbſt begann, neben
ſeinen eigentlichen Mittelſchulen „gehobene Klaſſen” der
Volks=
ſchule mit denſelben oder ähnlichen Lehr= und Erziehungszielen
einzu=
richten. In dem auch von dem Verfaſſer jenes Artikels gerühmten
heſſiſchen Schulgeſetz von 1874 war die heſſiſche „Mittelſchule”, aus=
ſondern auch dem Sinn und Weſen nach gewahrt blieb, zumal ja
nun=
mehr doch der vierjährige Unterbau gemeinſam geworden war.
So ſtellen alſo die „Klaſſen mit erweiterten
Lehr=
zielen”, deren Einrichtung anſtelle der früheren Mittelſchule
übri=
gens im Oktober 1921 faſt einmütig (gegen nur 5 oder 6 Stimmen)
be=
ſchloſſen wurde, die Mittelſchule in neuer Form, nämlich in
ihrer organiſchen Verbindung mit der Volksſchule dar. Auf einem
anderen Wege wurde ſo das Verſäumnis von 1910 nachgeholt.
Unrichtig iſt die Behauptung jenes Verfaſſers, in dieſen Klaſſen
habe man einſtweilen dem Unterricht „den Lehrplan der ſo viel
geſchmäh=
ten Mittelſchule zu Grunde gelegt‟. Doch liegt hier vielleicht eine
Ver=
wechslung mit den ſogen. Verſuchsklaſſen vor, die nur die
Möglich=
keit einer Neugeſtaltung nachweiſen und anbahnen ſollten und
dem=
gemäß auf den Lehrplan der alten „Mittelſchule” mit insgeſamt acht
Schuljahren eingeſtellt werden mußten. Die Klaſſen mit
erweiterten Lehrzielen werden nach dem Lehrplan
der preußiſchen Mittelſchule mit insgeſamt 9 oder
10 Schuljahren unterrichtet.
Unhaltbar iſt die verfrühte Kritik der ganzen Neueinrichtung. Das
vom Verfaſſer getadelte „Schweigen im Walde” bezüglich der Klaſſen mit
erweiterten Lehrzielen deutet nicht etwa auf Schiffbruch oder
Gleich=
gültigkeit, ſondern auf ruhige, ſtille und gewiſſenhafte Arbeit der
Schule und Lehrerſchaft an der neuen Aufgabe. Die Lehrerſchaft der
höheren Schule ſcheint das beſſer erkannt zu haben. Wenigſtens weiſt
das Fachblatt der Philologen wiederholt auf dieſe Neueinrichtung hin
und fordert die Mitglieder auf, der Entwicklung dieſer Klaſſen
Auf=
merkſamkeit und Intereſſe entgegen zu bringen. Das ſieht doch nicht nach
Friedhofsſtille aus und dürfte beweiſen, daß man auf jener Seite wohl
kaum die Befürchtung hegt, die Errichtung der Klaſſen mit erweiterten
Lehrzielen rufe eine allzu ſtarke Abwanderung der bildungsbedürftigen
Schüler aus der Grundſchule nach der höheren Schule hervor. Wohl
aber hört man von einer geplanten Einwanderung der Philologen in
dieſe Klaſſen der Volksſchule, die aber natürlich heute mindeſtens ſo
über=
flüſſig wäre wie um 1910.
Noch eine weitere ſachliche Feſtſtellung darf hier nicht verſäumt
werden. Der Herr Verfaſſer zweifelt am Bildungsdrang der unteren
Schichten des Volkes, da der Zugang ins freiwillige 9. und 10. Schuljahr
von der Volksſchule her gering ſei. Das Urteil iſt nicht richtig und auch
nicht gerecht. Einmal nämlich waren urſprünglich die Volksſchulen auf
dieſen Gedanken weniger eingeſtellt und andererſeits mögen die
wirt=
ſchaftlichen Nöte der Zeit dabei eine ſtarke Rolle geſpielt haben.
Uebri=
gens war die Beteiligung im letzten Jahre gar nicht ſo gering, wie der
Verfaſſer annimmt, und Hauptſache bleibt doch ſchließlich, daß die mit
erſt aus der geſchmähten Reformbewegung heraus möglichen und
ge=
ſchaffenen weiteren Schuljahre ſehr gut beſetzt waren und ſind. Warum
hat man aber um 1910 das Zuſtandekommen des 9. Schuljahres der
Mittelſchule verhindert, trotzdem ſich zahlreiche Schüler dafür gemeldet
hatten? Jene Unterlaſſung hat im Grunde den Schulkampf um 1919
geboren, der erſt mit dem neuen Schulgeſetz einen glücklichen Abſchluß
fand.
Oberflächlich wirkt ferner die Behauptung, daß für die äinnere
Er=
neuerung der Mittelſchule nur ein geringes Bedürfnis vorgelegen habe
und daß man ſich um das „neue Gebilde” anſcheinend gar keine Sorgen
An unſere berehrl. Abonnenten!
Weihnachten ſteht vor der Tür! Um
un=
ſeren Beziehern die Möglichkeit zu geben,
be=
ſonders vorteilhaft die ſogenannten
Kleinen Privatanzeigen
(wie An=und Verkäufe, Tiermarkt uſw.) in dieſer
wirtſchaftlich ſchweren Zeit aufnehmen zu laſſen,
haben wir uns entſchloſſen, bis 31. Dezember
10% Rabatt
auf den derzeitigen Preis zu gewähren, wenn
die letzte Abonnementsquittung am Schalter bei
Aufgabe der Anzeige vorgelegt wird.
Wir hoffen, daß unſere Leſer, wie in früherer
Zeit, von der Aufgabe „Kleiner Anzeigen”
aus=
giebig Gebrauch machen.
Sie kommen hierdurch auf billige Weiſe
zum Ziele!
Darmſtädter Tagblatt
Geſchäftsſfelle.
5828g1
mache Im Gegenteil iſt wie ſchon feſtgeſtellt, die Lehrerſchaft beider
Schulgattungen eifrig auf der Wacht, und auch aus Elternkreiſen wird
der Angelegenheit das allerwärmſte Intereſſe entgegengebracht. Aber
der letzte Vorwurf ſoll ſich wohl in erſter Linie auf die Schulbehörden
beziehen. Auch hier iſt er nicht am Platze, ſondern aus völliger
Unkennt=
nis der Verhältniſſe erhoben worden.
Aeußerte ſich doch der oberſte Leiter des geſamten heſſiſchen
Schul=
weſens in der Sitzung des Landrages vom 17. Mai 1923 folgendermaßen:
„Die Klaſſen mit erweiterten Lehrzielen ſind eingehend beſprochen und es
iſt gefragt worden, welche Erfahrungen wir mit dieſen Kkafſen gemacht
haben. Man ſoll nicht zu früh von Erfahrungen ſprechen. Die
Er=
fahrungen erſtrecken ſich erſt auf ein Jahr. Ich möchte da noch kein
ab=
ſchließendes Urteil fällen. An einigen Orten hat man dieſe Klaſſen
ſchon früher eingeführt (1912). Die Erfahrungen, die aus
Klaſſen vorliegen, ſind außerordentlich günſtig. Ich ſelber h.
hier in Darmſtadt in einer Mädchenklaſſe von dem Stand
In einer Art von Abiturientenprüfung wurde uns dieſe Klafſe
führt, und ich kann Ihnen ſagen, was ich da geſehen und gebör
hat mich mit der größten Genugtuung erfüllt. Ich glaube.
dieſem Sinn und in dieſer Weiſe weiter gearbeitet wird, daß
ſen mit erweiterten Lehrzielen eine große Zukunft haben.”
aber außer der erwähnten Beſichtigung noch andere Viſitationer
Schuljahre ſeitens vorgeſetzter Stellen ſtattgefunden, die gleich
Ergebniſſe zeitigten.
Im Anſchluß daran ſei ein wichtiger Punkt noch kurz angeſo
die Frage der Berechtigungen für Abituriente
Klaſſen mit erweiterten Lehrzielen. Wenn
tigungen erteilt werden, ſo dürfen allerdings die Klaſſen mit er
Lehrzielen dabei nicht vergeſſen werden. Sonſt würde ihre Ax
aller Erfolge mehr oder weniger im Sande verlaufen. Allerd;
der Leiter des heſſiſchen Schulweſens dieſe Sache aus unbekannte
den zunächſt noch ganz im Dunkeln: „Da müſſen wir erſt al
wie ſich die Sache entwickelt. Dann würden dieſe Klaſſen mit erm
Lehrzielen das werden, was die preußiſchen Mittelſchulen ſind.
ßen verlangt für ſeine Mittelſchulen die mittlere Reife‟. Daß 1
turienten nach 9 oder 10jähriger Schulzeit Erleichterungen i,
kommen gsboten werden müſſen, ſteht außer allem Zweifel. Den
ein großes und ſchweres Opfer, das Eltern der unteren und m
Schichten oft unter den größten Entbehrungen in unſerer wirt;
ſo ſchweren Zeit bringen, wenn ſie ihr Kind noch ein 9. und 10
jahr die Schule beſuchen laſſen.
Eine gedeihliche und erfolgreiche Arbeit in dieſen Klaſſen w
der Zeit in dieſer Hinſicht ja viele von ſelbſt bringen. Aber
Schulbehörde muß hier doch mit die Pflegſchaft übernehmen
Tüchtigen entſprechend fördern. Für die praktiſchen Berufe mü
9. und 10. Schuljahr bei Anrechnung der Lehrzeit unbedingt k
tigt werden. Gegenüber den Abiturienten der preußiſchen Mitte
darf keinerlei Benachteiligung und Zurückſetzung eintreten,
wird das Kind ſchon laufen lernen.
Mit ſchönen, aber hier ganz unpaſſenden lateiniſchen Zitater
einer ſo wichtigen deutſchen Volksbildungsſache gar nichts getan
halten es in dieſer Zeit bitterſter vaterländiſcher Not doch liel
dem Freiherrn von Stein: „Ich ſehe keine Rettung, denn n
Unterricht und Erziehung der Jugend!"
Reich und Ausland.
Feuergefecht zwiſchen Schupo und Einbrechern.
Berlin. Zu einem Feuergefecht zwiſchen Beamten der
polizei und Einbrechern kam es in der Nacht zum Samstag a
Nettelbeckplatz im Berliner Norden. Zwei Beamte überraſchte
insgeſamt neun Köpfe ſtarke ſogenannte Weddingkolonnen
bei=
bruch in ein Konfektions= und Schuhwarengeſchäft. Die ertappte
brecher warfen ſich zu Boden und eröffneten ein Schnellfeuer
Schutzpoliziſten, die ſchwerverletzt wurden. Später gelang
Verbrecher zu verhaften.
Die Expedition Amundſens.
Wie wir aus Breslau erfahren, fängt das Obſerve
in Krietern ſeit Donnerstag morgen Funkſprüche von Amundſen
ditionsſchiff „Maud” auf, das auf dem Polarmeere zwiſchen Ala=
Spitzbergen treibt. Aus den Nachrichten geht hervor, daß dort
raturen zwiſchen Minus 30 und 40 Grad Celſius herrſchen, was
aus der Jahreszeit entſpricht. Der Himmel iſt wolkenlos, ſo de
lonmeſſungen bis zu 3000 Meter Höhe möglich ſind.
Wetterbericht der Gießener Wetterwarte
Wettervorherſagen für den 11. Dezember
Kälter und trocken, ſpäter wieder zunehmende Bewülkung,
und Niederſchläge.
Hauptſchriftleitung: Rudolf Mauve
Verantwortlich für Politik und Wirtſchaft: Rudolf Mauve
Verantwortlich für Feuilleton und Heſſiſche Nachr chten: Max Stree
Verantwortlich für Sport: Dr. Eugen Buhlmann
Verantwortlich für Schlußd ent: Andreas Baue
Verantwortlich für den Iuſeratentell: Willy Kuhle
Druck und Verlag: L. C. Wittich — ſämt!
H
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Uhr verſchied ſanft infolge einer
Operation unſere innigſtgeliebte
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Clara Kaufmann
im Alter von 22 Jahren,
Darmſtadt, 9. Dezember 1923.
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Um ſtille Teilnahme bitten
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Albert Kaufmann u. Familie.
Die Beerdigung findet Dienstag,
den 11. Dez., vorm. 11½ Uhr, auf
dem Waldfriedhofe ſtatt.
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Buffalo Bill, 1. Teil
In Feindeshand, 6 Akte.
„Der zweite Scaß”
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6 Akte. Der Leidensweg
der Eda Grunewald, 6
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Montag, 10. Dez.
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und Wai enfonds u. der
Willem de Haan=Stiftung
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Hauptprobe 10½ vorm.
Anf. 7½. Ende 10 Uhr.
Kleines Haus. (NSe
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KiE
dts
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R7
*
Fe
*
5
*
fe
Ie
10. Hez. 1923 Nr.341
Fußball.
5
*
mania”=Eberſtadt I.—„Eintracht”=Darmſtadt I. 1:2 (0:1),
Ecken 4: 8.
* Das geſtern auf dem „Germania”=Platz ſtattgefundene Spiel
ie Darmſtädter Mannſchaft mit obigem Reſultat für ſich ent=
Wie vorausgeſagt, ging es hart auf hart. Nach Anſtoß
Darm=
ng es auf und ab. Allmählich ſchälte ſich eine Ueberlegenheit
ſts” heraus. Die Mannſchaft führte jetzt ein prächtiges flaches
vor, bei dem beſonders der Sturm glänzte, der jedoch durch
ſem Tor ſtehenden Waſſerpfützen und die ſcharf dazwiſchen
fah=
egneriſchen Verteidiger keine Erfolge erzielen kann. Endlich,
— erſten Halbzeit, wird der Bann gebrochen. Ein von links
gter Ball prallt an einem Eberſtädter Spieler ab und D.s
er kann an dem Torwächter vorbei das erſte Tor für ſeinen
zielen. Nach dieſem Erfolg iſt die Eberſtädter Mannſchaft ſehr
was bis zur Halbzeit anhält.
Wiederbeginn ſetzt Eberſtadt Darmſtadt auf, prallt aber immer
un der „Eintracht”=Verteidigung ab, oder der Ball wird eine
r Torwächter. Etwa 20 Minuten vor Schluß kommt „
Ein=
ſut ſeinem zweiten Erfolge, indem ein von dem „Germania”=
Tor=
jewehrter Ball an Darmſtadts Halbrechten abprallt und ins
Jetzt geht „Eintrachts” Läuferreihe etwas in die Defenſive,
ingeſtümen, jedoch planloſen Angriffen Eberſtadts Herr zu
wer=
ſie auch vortrefflich fertig brachte. Auch Eberſtadt ſollte zu
rfolge kommen, indem ein zurückgegebener Ball dem
Torwäch=
itt und Eberſtadts Halblinker einſchob. Jetzt ging „Eintracht”
r Offenſive über, welche bis zum Schluß anhielt, jedoch außer
Ecken nichts einbrachte. So mußte Eberſtadt ſich geſchlagen
und „Eintracht” die ſo wichtigen Punkte überlaſſen. Sehr un=
Eten die andauernden Drohungen einiger „Germania”=Spieler
n ihrem Mittelläufer ein Vorbild nehmen könnten.
rachts Mannſchaft wußte, um was es ging, und ſpielte auf
hr gebührt ein Geſamtlob. Herr Fiſſel (,Germania”=Pfungſtadt)
S Unparteiiſcher befriedigen.
dem Ausgang dieſes Spieles hat die Tabelle unſeres Gaues
Ausſehen:
Spiele gew. unentſch. berl. Torv. Punkte
tkracht ..
erſtadt.
eburg .
ungſtadt
inſter
hn . ..
6
4
19:9
28:4
14:12
B'K
4:
8
10
IS
d
e2
7
Krei
ſtir3
berückſichtigt ſind folgende Spiele: Hahn—Münſter und
Pfung=
inſter, bei denen Münſter nicht antrat, ſowie Pfungſtadt—Die
ſches geſtern ſtattfand, von dem aber kein Reſultat zu erfahren
ermania‟=Eberſtadt II.—„Eintracht” II. 2: 1.
intracht” I. Jugendm.—V. f. R. Ib Jugendm. 1:0.
intracht” E. Schülerm.—Sportv. 98 Ia Schülerm. 0: 2.
imtracht” II. Schülerm.—Sportv. 98 Ib Schülerm. (Sportverein
verſtändlicherweiſe den Spielbeginn nicht mit, zu dem er als
Ereter verpflichtet iſt.)
ermania” I.—„Eintracht” I. 1:2 (0:1).
4verein Darmſtadt—F. C. Germania=Friedrichsfeld 5:1.
Im Pokalſpiel um den Süddeutſchen
Fuß=
rbandspokal ſtand am geſtrigen Sonntag die Liga
irtvereins auf ihrem Platze am Böllenfalltor der
Liga=
aft des F. C. Germania=Friedrichsfeld gegenüber. Der
mit dem die Einheimiſchen die Klinge kreuzten, war
s, was man erwartete. Die Mannſchaft, bekannt durch
geren hieſigen Spiele, iſt entſchieden im Können zurück=
4. Abgefehen davon, daß man ihrem einwandfreien und
gen Spiel niemals das Gegenteil nachſagen kann, hat
dieleriſcher Hinſicht enttäuſcht. Sie war den Hieſigen
wachſen. Dieſe nahmen nach einigem Zögern von
An=
das Spiel in die Hand und ſpielten bis zum Schluß
n. Der Spielverlauf, von Anfang auf Verſuche nach den
tigen Schwächen eingeſtellt, entwickelte ſich lebhafter,
beide Mannſchaften je ein Tor erzielt hatten. Von die=
4 ienblick an gab der Sportverein den Ton an und erzielte
r mäßigen Abſtänden noch vier Tore. Von dieſen waren
or, das Spieler aus einem Flankenlauf erzielen konnte,
kers Schuß aus über 30 Meter Entfernung anſprechende
en, nach denen die zahlreichen Zuſchaurr auch lebhaft
ſpendeten. Auch Ellenbeck gab heute ſeinem Spiel eine
te. Das vom Gegner erzielte Tor war von ihm nicht
eiden. Bei Friedrichsfeld konnte nur der linke
Vertei=
fallen, alle anderen Spieler zeigten mittelmäßiges
Kön=
eberhaupt wies die Mannſchaft wenig Energie auf und
Sportverein beſonders gegen Schluß ſeine Torzahl
chöhen. Herr Klippſtiehl aus Feudenheim war, dem
in aufmerkſamer Leiter. Mit dieſem Siege erkämpfte
Ligamannſchaft des Sportvereins die weitere
Teilnahme=
fung an den Pokalſpielen.
der Entſcheidung um die
Gaujugendmeiſter=
ſpielte am geſtrigen Sonntag die 1. Jugendmannſchaft
ortvereins gegen die 1. Jugend des Vereins für
Bewe=
iele in Ober=Ramſtadt. Nach ziemlich widrigen
Umſtän=
zte hier die Jugend des Sportvereins mit 0:1 ihrem Geg=
Sieg überlaſſen. Damit iſt Darmſtadt mit Pfungſtadt
ich getorden. Die erneute Anſetzung eines Spiels
zwi=
n Jugendmannſchaften aus dieſen beiden Vereinen wird
r erſt den endgültigen Meiſter beſtimmen.
5 der von Vereinen aus Darmſtadt und Umgebung an=
Privatjugendfußballrunde erzielte der
rein mit ſeinen Jugendmannſchaften nachſtehende Re=
Jugend—1. Jugend der Turngemeinde Beſſungen 11:0;
Zugend—2. Jugend Verein für Raſenſpiele Darmſtadt 3:1;
Jugend—1 Jugend Verein für Raſenſpiele Darmſtadt 0:2;
phüler—1. Schüler Verein für Raſenſpiele Darmſtadt 0:8.
urngde. Darmſt. 1.—Freie Turngde. Erbach 1. 12:1 (1:1).
Darmſtadt liegt während des ganzen Spiels, von ein=
Vorſtößen des Gegners abgeſehen, in deſſen Hälfte.
Erbach in der erſten Spielhälfte noch erbitterten
Wider=
bwohl auch hier ſchon leicht das Spiel für Darmſtadt
rtſchieden ſein können, ſo iſt derſelbe in der zweiten
Spiel=
vollſtändig gebrochen. Die Darmſtädter Elf lieferte ein
Spiel, obwohl verſchiedene neue Spieler erſtmalig mit=
Mainbezirk.
Eintracht”=Fraukfurt—,Heldetia”=Vockenheim 6: 3 (2: 2).
einzige Fußballſpiel in Frankfurt lockte auf den Spielplatz an
ald eine zahlreiche Zuſchauermenge, die doppelt auf ihre Koſten
rmal durch ein ſpannendes, faires Spiel, zum anderen durch eine
rziffer. Man darf vielleicht gleich eingangs erwähnen, daß der
eg der „Eintracht” durchaus verdient iſt. Dieſe Elf ſpielte heute
r beſtes Spiel, während „Helvetia” etwas zurückgegangen iſt
iel nahm ſofort einen intereſſanten Charakter an. Vom Anſtoß
tag „Eintracht” überlegen zu ſein. In der zehuten Minute
—rockia” ein Durchbruch, der zum erſten Tor führt. Kaum hat
Intracht” erholt, af5 der zweite Treffer wiederum durch einen
in der Hand. Mehrere Ecken bleiben jeboch unbenützt. Die anderen
Sachen klärt die gute Verteidigung, in der Nauch beſonders hervorſticht.
Nach weiteren zehn Minuten wird das Spiel offener. „Eintracht”
ver=
mag die Initiative an ſich zu reißen, und als Weber durch ſchöne
Ein=
zelleiſtung das erſte Tor erzielt hat, iſt bis zur Pauſe „Eintracht” im
Vorteil. Dieſen vermag es auch noch auszunützen, indem Herber das
zweite Tor ſchießt. Nach Wiederbeginn iſt das Spiel offen, und „
Cin=
tracht” kann ein weiteres Tor erzielen. Doch die Freude follte nicht
von langer Dauer ſein. Beutler macht Hände im Strafraum. Den
Elfmeter ſchießt Fritz ſcharf, doch Trumpp hält glänzend. Kaum eine
Sekunde ſpäter fällt Schneider bei der Abwehr mit einem Spieler
Hel=
betias im Strafraum zuſammen. Die überaus harte Strafe iſt
wieder=
um ein Elfmeter. Diesmal iſt Engelhardt der glückliche Verwandler,
Das Spiel ſteht dadurch 3:3. Nunmehr ſetzt ein beiſpielloſer Kampf,
der trotzdem ſehr fair blieb, ein. Durch genaues und ſchönes
Zuſam=
menſpiel, verbunden mit energiſchen Flankenläufen, vermag „Eintracht”
nach und nach die Ueberlegenheit zu gewinnen. Wiederum iſt es Weber,
der in prächtiger Weiſe das führende dierte Tor erzielt. Kaum iſt dies
gefallen, da jagt Mölder die linke Flanke entlang. Der Ball kommt
genau zur Mitte und wird von Schönfeld zum fünften Tor
der=
wandelt. Eine weitere Minute ſpäter folgt auf die Flanke desſelben
Spielers, ebenfalls durch Schönfeld, der ſechſte Erfolg. Mit, dieſem
Ergebnis war das Schickfal für „Helvetia” beſiegelt. Trotzdem muß
geſagt werden, daß dieſe Mannſchaft nicht nur das Spiel offen hielt,
ſondern immer noch gefährliche Augenblicke vor des Gegners Tor
her=
vorrief, ſo daß die Verteidigung der „Eintracht” zur Entfaltung ihres
ganzen Könnens gezwungen war. Ein weiteres unvermeidliches Tor,
bei dem Pfeiffer bereits frei vor dem Tore ſtand, wurde dadurch
ver=
eitelt, daß Bopp=,Helvetia” dieſen unfair legte, ohne daß der ſonſt
gute Schiedsrichter eingriff. Herr Sackenreuther=Nürnberg war gerecht
und auch ziemlich genau. Es erregte jedoch Kopfſchütteln, wie er auf
der einen Seite bei Vergehen im Strafraum ſofort pfiff, was die zwei
Elfmeter zur Folge hatte, während er auf der anderen Seite, ſpeziell
im Fall Bopp, nicht eingriff. Das Publikum benahm ſich nicht ſo
ein=
wandfrei wie ſonſt. Aber, da es das einzige Spiel in Frankfurt war,
und die Oppoſition ſtark vertreten war, lag es nicht am Platzbeſitzer.
S.C. Bürgel—V. f. R. Kickers=Offenbach 1:0 (1:0).
Das berühmte und zugleich berüchtigte Lokalſpiel dieſer
Offenbacher Rivalen fand in Bürgel ſtatt und endete für
man=
chen vielleicht erwartet mit dem knappen Sieg des Platzbeſitzers.
Dieſer führte ein wuchtiges Spiel vor, während die Offenbacher
etwas flüſſiger ſpielten, ohne jedoch an der ſehr guten
Vertei=
digung Bürgels vorbeizukommen. Auch hielt Krieger im Tor
vorzüglich. Das einzige und ſiegbringende Tor fiel bereits nach
20 Minuten nach Durchſpiel von Sportklub, wo der Halbrechte
plaziert einſchoß. Die Kickers hatten vielleicht die reſtliche
Spiel=
zeit etwas mehr vom Spiel, konnten jedoch das Ergebnis nicht
mehr umſtimmen.
Hanau 93—Sportverein Frankfurt 3:4 (1:2).
Ein ſchwerer Gang für den Frankfurter
Meiſterſchaftsanwär=
ter. Nach zähem Spiel gelang es ihm jedoch, ohne ſeinen
Mittel=
ſtürmer Klumpp einen knappen Sieg zu erringen, allerdings
wieder einmal mit viel Glück, das dieſer Mannſchaft oft eigen
war. Bereits nach dem Anpfiff bringt Sportverein ſeine
An=
hänger durch ein Ueberraſchungstor in Freude. Ein Elfmeter
verhilft Hanau zum Ausgleich. Sportverein ſtellt jedoch noch
vor der Pauſe das Ergebnis auf 2:1. Zu Beginn der zweiten
Stielhälfte, in der ſehr heftig gekämpft wurde, gelingt es Hanau
auszugleichen und einige Minuten ſpäter durch ein weiteres Tor
in Führung zu gehen. Man rechnete ſchon mit einer Niederlage
von Sportverein, als etwa 12 Minuten vor Schluß Sportverein
das Ergebnis auf 3:3 ſtellen kann und eine Minute vor dem
Ab=
pfiff durch den Linksaußen das ſiegbringende Tor erzielt.
Sportverein Offenbach-Viktoria=Aſchaffenburg 2:1 (2:0).
An den Sieg der Offenbacher hätte wohl niemand geglaubt,
trotzdem der Tabellenletzte in letzter Zeit durch gutes Abſchneiden
gegen ſchwere Gegner viel von ſich reden machte. Allerdings ſind
auch die Bayern auf dem grünen Raſen nicht das, was man
viel=
fach über ſie ſchrieb. Sportverein Offenbach ſpielte nicht ſchön,
aber mit Geiſt und großem Eifer. Nur ſo gelang es ihm, die
Bayern bis zur Pauſe mit zwei Toren hineinzulegen. Nach
Wiederbeginn Flügelſpiel mit deutlichem Beſtreben der
Viktoria=
ner, aufzuholen, was auch mit einem plazierten Schuß gelang.
Den ſpeiteren Anſtürmen aber begegnete die Offenbacher
Vertei=
digung, die einfach alles hielt, glänzend, ſodaß der Sieg für ſie
ſichergeſtellt war. Durch dieſe neue Niederlage iſt Aſchaffenburg
ſtark ins Hintertreffen geraten und muß ſich gewaltig anſtrengen,
um der Abſteiggefahr zu entgehen.
Mainkreiſe.
Germanig=Frankfurt—T. Cl. Seckbach 5:0.
V. f. R. Frankfurt—Oberurſel 7:1.
Rödelheim—Merkur=Frankfurt 2:1.
Damm—Niederrodenbach 7:1.
Teutonia=Langen—Sachſenhaufen 6:1.
Iſenburg—Klein=Steinheim 2:0.
Viktoria=Hanau—V. f. B. Friedberg 4:2.
Hanau 60—Langenſelbold 1:1.
Groß=Auheim-Kahl 1:1.
Rhein und Pfalz.
V. f. R. Mannheim—Sportverein Waldhof 1:2.
Phönix=Mannheim—03 Ludwigshafen, abgeſagt.
Phönix=Ludwigshafen—Feudenheim 2:0.
Lindenhof 08—Olympia=Lorſch 5:0.
V. f. L. Neckarau—Olympia=Lampertheim 6:1.
Mannheim 07—Union=Darmſtadt 9:0.
Union=Ludwigshafen—F. V. Landau 4:0.
F. V. Zweibrücken—M. T. V. Pirmaſens 2:1.
Rheinheſſen—Saar.
Boruſſia Neunkirchen—F.=V. Biebrich 7:0.
Alemannia Worms—F.=V. Saarbrücken 0:2.
Sp.=Wiesbaden—Sp.=V. 05 Trier 5:3.
Bayern.
Wacker=München-Turnverein Augsburg 3:5.
F. C. Nürnberg—1860 München 1:0.
Sp.=Vgg. Fürth-Bayern=München 2:1.
Württemberg—Baden.
Kickers=Stuttgart-Phönix=Karlsruhe 4:1.
V. f. R. Heilbronn—Sp. V. Feuerbach 0:1.
Winterſport.
Lurchbruch des Lifksaußen fertig iſt. „Cintracht” iſt dadurch
his das St
Trockenkurs im Schneelaufen.
Cl- Der Skiklub Darmſtadt=Odenwald bereitet
auch in dieſem Jahre wieder ſeine Neulinge durch einen
Trockenkurs auf den Winter und ſeinen erhabenſten Sport,
den Schneelauf, vor. Durch tatkräftige Einſtellung von Geiſt und
Körper auf die kommenden Tage des Schnees, durch
Unterwei=
ſungen und tüchtige Leibesübungen wird der Anfänger in den
Stand geſetzt, die oft gar zu kurz bemeſſenen koſtbaren Stunden
der weißen Winterherrlichkeit zu nützen, erfolgreicher zu nützen,
als die Alten es in früheren Jahren oft zu tun vermochten. Der
Kurſus beginnt in einigen Tagen.
Hocken.
Darmſtädter Hockeyklub — „Eintracht”=Frankfurt.
1. Mannſchaften 7:1 (3:1).
2. Mannſchaften 1:1 (0:0).
E. H. Der D. H. C. hatte die Hockeh=Abteilung der
Frank=
furter „Eintracht” zu Gaſt. Seit längerer Zeit trat wieder die
2. D. H. C. zum Wettſpiel an. „Eintracht” ſtellt die körperlich
ſchwere Elf. Die Läuferreihe iſt außergewöhnlich ſtockſicher
und vermag das Spiel weiſe überlegen zu geſtalten. Bei
Darm=
ſtadt glänzte die Verteidigung, ihr iſt das Unentſchieden zu
ver=
danken. Auch Mittel= und linker Läufer waren gut. Der Sturm
ſpielte nicht zuſammen. Gut war die linke Seite und Halbrechts.
Nach dem Spiel der zweiten traten die erſten Mannſchaften
an. D. H. C. liegt ſogleich im Angriff. Nach wenigen Minuten
erzielt Kemmer ein prachtvolles Tox, das wegen Stockfehlers.
nicht gegeben wird. Dann folgen beiderſeits ſchnelle Angriffe.
Die D. H. C.=Verteidigung wehrt gut ab, während auf der
Gegenſeite manche Fehler unterlaufen. Nach mehreren verpaßten
Gelegenheiten kann der D. H. C.=Mittelſtürmer das erſte Tor
erzielen. Die Außenſtürmer werden gut freigeſpielt, ihre
Flan=
ken werden jedoch verpaßt oder, was häufig vorkam, daneben
geſchoſſen.” Bis zur Pauſe erzielt Darmſtadt bei leichter
Ueber=
legenheit noch 2 Tore gegen 1 der „Eintracht‟. Nach
Seiten=
wechſel drängt D. H. C. heftig. Doch verſchießt der Sturm die
ſicherſten Bälle. Endlich bricht v. Endert den Bann und
ver=
wandelt eine Strafecke durch Bombenſchuß zu Nr. 4. Kurz
darauf fällt durch den Mittelſtürmer Nr. 5. Das Spiel wird
offen. „Eintracht” kommt mehrmals zum Schuß, doch alles wird
gehalten oder geht daneben. Der Darmſtädter Sturm verdirbt
ſich das Spiel durch auffällig vieles Abſeitsſtehen, kann jedoch
durch Einzelſpiel noch zwei Tore erzielen.
„Eintracht” war techniſch recht gut, doch fehlt der
Mann=
ſchaft der innere Zuſammenhang und gegenſeitiges Verſtändnis.
D. H. C. war eine Klaſſe beſſer als ſein Gegner. Verteidiger
und Läufer arbeiteten hervorragend. Ein beſonderes Lob
ge=
bührt Schulte im Tor, der eine ganze Anzahl ſchwerer Schüſſe
gehalten hat. Im Sturm war heute v. Endert der Beſte. Die
Außenſtürmer fielen durch zu langes Ballhalten etwas ab.
S.C. Frankſurt—T. V. Mannheim 8:4 (5:1).
Rugby.
S. C. Frankfurt — Heidelberg=Neuenheim, 6:6 (3:0).
In Frankfurt kam geſtern auf dem Platz des Sportklubs 80
ein Wettſpiel zwiſchen zwei alten Vorkämpfern des Rugbyſpiels
zum Austrag. Man ſah ein intereſſantes, von Karl Ackermann
ſehr gut geleitetes Spiel. Nach dem Anſtoß verlegte Frankfurt
das Spiel in des Gegners Hälfte. Bald darauf jedoch verteilte
ſich das Spiel und Neuenheim erhielt in der 6. Minute einen
Freitritt zuerkannt. Der Verſuch zum Treffer mißlang; aber in
der 12. Minute erhielk Leipprand=Frankfurt den Ball, paßte an
von Eckartsberg. Dieſer gab an Leipprand, der Ball wanderte
zu Schwager, der an Haag paßte. Dieſer konnte den Ball
ge=
ſchickt täuſchend zum erſten Verſuch für Frankfurt ſetzen. Die
Erhöhung mißlang. Nach Wiederanſtoß offenes Spiel, in dem
beſonders Edwards=Frankfurt ſich hervortat. Halbzeit ſtand das
Spiel 3:0 für Frankfurt. Nach der Pauſe drängt Neuenheim
zeiteilig. Lenz nahm in der 11. Minute den Ball aus dem
Gedränge und lief durch. In der 15. Minute trat K. Meier=
Neuenheim den Ball hoch vor und konnte ihn kurz vor
Leipp=
rand im Mal berühren. Da der Schiedsrichter nicht
einwand=
frei urteilen konnte, befragte er O. Leipprand, der den Verſuch
von Neuenheim anerkannte. Nun entſtand ein heißer, jedoch
im=
mer fair bleibender Kampf. Keutzer, der nunmehr halb ſpielte,
konnte den Ball nochmals zurückgeben, Leipprand nahm geſchickt
auf, gab an Haag und dieſer lief in der letzten Minute
unge=
hindert ein. Endergebnis unentſchieden: 6:6.
Die Aufſtellungen der Mannſchaften:
Heidelberg=Neuenheim:
Schluß: Weidner. Dreiviertel: Löſch. Ditter,
Krambs, Franz Sing. Halb: W. Meier, K. Meier.
Stür=
mer: Weber, Lenz, Weiß, Dietrich, Baumgärtner, Thunn.
Hacker.
Frankfurt:
Stürmer: Kuthe, F. Müller, H. Müller, Treuſch, R. v.
Eckartsberg, Hemp, Rieſe. Halb: Stroh, Leſſer.
Drei=
diertel: Edwards, Haag, Kreutzer, Schwager, W. v.
Eckarts=
berg. Schluß: Leipprand.
Turnen.
Kreisſpielertag des Mittelrhein=Turnkreiſes.
Die Leitung des Kreisſpielertages in Frankfurt hatte der
Kreisſpielwart Bär vom Frankfurter Turnverein. Dem
Kreis=
ſpielertag ging eine Sitzung des Kreisſpielausſchuſſes voraus,
die ſich mit geſchäftlichen Dingen und den Vorbereitungen für
die Tagung befaßte. Die einzelnen Gaue waren durch ihre
Führer vertreten. Aus dem Bericht des Kreisſpielwartes geht
hervor, daß das letzte Jahr mancherlei Schwierigkeiten brachte.
Das für Koblenz vorgeſehene Kreisſpielfeſt mußte nach Hanau
verlegt werden. Meiſterſchaftskämpfe wurden durchgeführt im:
Fauſtball, Schlagball, Trommelball, Schleuderball und
Hand=
ball. Das Barlauſſpiel und Korbballſpiel für Turnerinnen hat
im Mittelrhein nur wenig Verbreitung gefunden. Bedenkt man,
daß die erſtgenannten Spiele mit Ausnahme von Schleuderball
von Turnerinnen, Turnern, Jugendlichen und Alten und
inner=
halb dieſer vier Gruppen noch in verſchiedenen Klaſſen geſpielt
wverden, ſo bekommt man einen Begriff von der
Rieſenausdeh=
nung der Turnſpiele innerhalb eines einzigen Turnkreiſes. Die
Kreisgruppenmeiſterſchaften, die in anderen Jahren zwiſchen
den einzelnen Turnkreiſen zum Austrag kamen, haben in
die=
ſem Jahre in München beim Deutſchen Turnfeſt ſtattgefunden.
Deutſche Meiſter im Jahre 1923.
Handball für Frauen: T.= und Sp.=Gde. Eintracht=Frankf.
Fauſtball für Frauen: Frankfurter Turnverein.
Fauſtball für Männer: Licht= und Luftbad, Frankfurt.
Fauftball für Aeltere: Licht= und Luftbad, Frankfurt.
In Zukunft iſt den Schiedsrichterlehrgängen, wie ein ſolcher
erfolgreich in Frankfurt ſtattgefunden hat und beſonders auch
Schiedsrichtervereinigungen beſonderer Wert beizumeſſen. Man
beabſichtigt auch Spielleiterlehrgänge. Schiedsrichterausweiſe,
für die ſich der amtlich eingeführte Turnerpaß der Deutſchen
Turnerſchaft eignet, einzuführen. Als Kreisſpielwart wurde
Bär=Frankfurt wiedergewählt. Zur Kreisſpielordnung
wur=
den mancherlei Vorſchläge gemacht. Für alle Vergehen wurden
beſondere Strafen eingeführt. Es wird ein beſonderer
Spieler=
paß eingeführt. Die Kreismeiſterſchaften werden alljährlich
aus=
getragen. Für das Handballſpiel wird eine beſondere
Bezirks=
einteilung geſchaffen: 1. Saargebiet, 2. Südrheiniſches beſetztes
Gebiet, 3. Nororheiniſches beſetztes Gebiet, 4. Unbeſetztes
Ge=
biet. Den Anträgen, Anfang Februar eine
Gauſpielwartver=
ſammlung einzuberufen und einen beſonderen Schiedsrichter
lehrgang für Handball abzuhalten, wird entſprochen. Als
Ob=
mann für den Handball kommt Gauſpielwart Reitz in den
Kreisſpielausſchuß. Das Kreisſpielfeſt findet zwiſchen dem 1
und 15. Auguſt ſtatt.
* Der Anbau der Zwiebel.
Um Zwiebeln ſowohl feld= als auch gartenmäßig erfolgreich
anbauen zu können, wähle man einen guten, lockeren und etwas
fetten Boden, der jedoch nicht ſandig und leicht, ſondern etwas
ſchwer ſein ſoll. Lockerer milder Lehmboden wird hier das
rich=
tige ſein; zu feucht darf der Boden allerdings auch nicht
ſein. Sehr gut gedeiht die Zwiebel in geſtchützter, freier,
warmer und ſonniger Lage. Friſche Düngung iſt bei der
Zwie=
belkultur unter allen Umſtänden zu vermeiden; bei friſch
gedüng=
tem Boden wird man faſt immer die Beobahtung machen müſſen,
daß die Zwiebeln unter Madenfraß zu Schaden, kommen. Das
ſpatet und bearbeitet werden. Iſt der Boden ſeh: arm, ſodaß
eine Düngung nicht umgangen werden kann, fo gibt man dieſe
am vorteilhafteſten in Form guter Kompoſterde. Wenn es auch
unwahrſcheinlich klingt, ſo hat es ſich doch immer wieder gezeigt,
daß gerade diejenigen am meiſten Mißerfolg in der
Zwiebelkul=
ſo wächſt die Zwiebel meiſt nur nach oben, bildet zu viel Schlauch
und kommt mit ihrem Wachstum nicht zu Ende, was wiederum
bar ſind.
jahr ſobald wie möglich ins freie Land, weil die Samen erſt fünf
bis ſechs Wochen liegen, bis ſie aufgehen. Zur Breitſaat kann, ſie ſich im Boden ausbreiten kann. Mit dem Wachſen der Krone
nicht geraten werden; man ſät am beſten ganz günn in 10—15
Zeutimeter entfernte Reihen. Nach dem Säen muß der Samen imſtande, Widerſtand zu leiſten.
mit Erde überdeckt und feſt angedrückt werden. Tritt im März
gießen, damit der Samen möglichſt bald keimt. Stehen nach dem
Aufgehen die Sämlinge zu eng, auch wenn man meint, noch ſo
dünn geſät zu haben, ſo nimmt man die überſchüſſigen Pflänz=
Zentimeter Entfernung in Reihen. Nach dem Aufgehen müſſen
die Reihen öfters durchgehackt und vom Unkraut geſäubert
wer=
den; gerade das öftere Lockern trägt ungemein viel zur kräftigen
Entwickelung der Wurzelkörper, der eigentlichen Zwiebel, bei.
Viel Feuchtigkeit benötigen die Zwiebeln bekanntlich nicht, und
überbrauſen; ein durchdringendes Begießen iſt nicht notwendig.
Das Niedertreten der grünen Schläuche, um die Reife der
Zwie=
bel zu beſchleunigen, iſt nicht zu empfehlen. Wenn die natürliche
Reife im Auguſt oder September eintritt, ſterben die Schläuche
von ſelbſt ab und fallen um. Bei der zweijährigen Zwiebelkultur
benutzt man die ſogenannten Steckzwiebeln. Als Steckzwiebeln
werden die kleinſten der Saatzwiebeln ausgeleſen.
Großgärt=
nereien züchten die Steckzwiebeln beſonders, und zwar in der
Weiſe, daß ſie den Zwiebelſamen im Frühjahr auf recht mageres
Land kreitwürfig ausſtreuen und mit dem Rechen unterbringen.
Um baldige Keimung zu erreichen, deckt man die friſch beſäten
Beete mit Stroh ab. In der Weiſe behandelte Zwiebelſaat wird
licht groß; die Zwiebelkörper werden infolge mangelnder
Nah=
rung nicht größer als Haſelnüſſe, aber ungemein feſt und
halt=
bar. Sobald die Schläuche anfangen welk zu werden, müſſen
dieſe Steckzwiebeln aus dem Boden genommen und trocken
auf=
bewahrt werden, damit ſie nicht mehr nachtreiben können. Gut
getrocknete Zwiebein bringen weſentlich größere Ernten.
Außer=
dem wird man beobachten, daß die während des Winter nicht gut
In das Freie kommen die überwinterten Steckzwiebeln ſobald
wie möglich, d. h. ſobald es die Witterung erlaubt, und zwar Nahrung iſt oft ſchuld daran, daß die Pflanzen unten kahl
wer=
kommen ſie nur ſo tief in den Boden, daß ſie gerade noch von der
Erde aufrecht gehalten werden. Legt oder ſteckt man die
Zwie=
einmal angewurzelt, ſo iſt es nur noch notwendig, ſie von Unkraut
nicht angewurzelt iſt, muß man nach jedem Regen die Beete
durch=
gehen, weil die Regenwürmer die Zwiebeln häufig aus ihren
Löcheru heben. Sobald ſich Samenſtengel zeigen, müſſen ſie ſo= die laubabwerfenden Sträucher. Haben die Ahododendron einen
ſchießt. Aus Steckzwiebeln erzielt man in der Regel weſentlich
beſſere Erträge als aus der Saat. Von ungemein günſtigem
das Anhäufeln.
Der Zwiebelſamen bleibt bekanntlich nur etwa zwei Jahre
von Samen alten, vollkommen wertloſen erhält und dann nach
der Ausſaat vergebens auf das Aufgehen der Zwiebeln wartet, dendron nicht verſetzt werden, dann gräbt man die ſchlechte Erde
Man wählt einige beſonders gute und große Knollen als
Samen=
zwiebeln und ſteckt ſie Mitte März aus. Das Ausſtecken aber
mache man ſo, daß die Samenzwiebeln nicht zu eng beiſammen
ſtehen, und daß gerade der Hals noch aus dem Boden ſieht.
Da=
mit der Samenſtengel nicht abbricht, wird er an einem neben die
Zwiebel geſteckten Stah angebunden. Oeffnen ſich einige Kapfeln, ſetzen, je nachdem die Tiere ſie freſſen. Ein Weichfutter, aus
Kau=
ſchein, ſo ſchneidet man den Kopf mit einem Stück Schlauch ab
und läßt ihn auf einem Tuch nachreifen.
Liebe und PNicht.
Romtautiſche Erzählung aus dem ſiebenzehnten Jahrhundert.
Von Ernſt Elias Niebergall.
„Du ſprichſt nicht, wie es ſich ziemet für einen, an dem ſich
liebreichem Verweiſe. „Wenn ich mich Deiner nicht ſchäme, was dem Herru, daß er Euch noch geung ließ, um von Eurem
Ueber=
kümmert Dich daun das Vorurteil fremder Leute? Ermanne, fluß ein armes Kloſter zu Eurem Seelenheile zu bedenken.”
Dich und ſei ſtark!. Haſt Du in der Blüte Deiner Jahre nichts
miehr, was Dich au das Leben feſſelt ?”
Magdaleie! Und zugleich ſtand die Jungfrau vor ſeinem wieder ſicht und nahm den dargereichten Sack ſo langſam, daß man
klaren Geiſt”, von überirdiſchem Liebreiz umfloſſen. Und wie
der jung Lenz zog es ein in ſeine winterlich verödete Bruſt und
ſchwellte ſie mächtig mit ſüßem Sehnen, daß er auffprang und
wortlos, mit dem Leben ausgeſöhnt, an Hubert Hals ſank.
mein treter Schutzgeiſt
Am Freundesgrife verließ er den Kerker.
In einem einſam gelegenen Bauernhofe ſaß ein feiſter
Franziskaner mit gottſeligem Geſicht und andächtia glitzernden
Augen hiuter einem Weinkrug und appetitlichen
Schinkenſchnit=
ten. Er aß und trank mit vieler Würde und jener gemütlichen
Ruhe, mit welcher Leute, denen die Koſt anſchlägt, ihre Nahrung
zu ſich zu nehmen pflegen; und wenn er das Heukelglas vom
Munde ſetzte, was nicht felten geſchah, ſo gab er durch einen
Seuf=
zer zu erkennen, wie froh er war, feinem hinfälligen Leichnam
dieſen läſtigen Tribut glücklich entrichtet zu haben.
Es dauerte eine geraume Weile, — der Maun in der Kutte
hätte wohl etlichemal den müßig an ſeinem Gürtel hängenden
Roſenkranz abbeten können, — bis er durch beſcheidenes
Zurück=
ſchieben des Tellers, auf dei nur noch einige traurige Schnittcher
eine klägliche Rolle ſpielten, ſeine Sättigung lundgab. Er fpült,
den Biſen vollends mit einem Schlückchen Weines au den
ſeiner Beſtimmung und wandte ſich dann an die Baitersleute,
weſche mit ſtuintmer, ehrerbietiger Vertpunderung umherſtanden.
Ueberflüſſige und ſchädliche Baumpfähle.
Manche Obſtzüchter ſtellen neben jeden Baum, den ſie
pflan=
zen, einen Pfahl, und ſind feſt davon überzeugt, der Baum
ver=
lange dieſe Stütze, um anwachſen zu können. Andere verwerfen
den Baumpfahl und weiſen mit Necht darauf hin, daß man ſelbſt
in windigen Lagen an Bäumen ohne Pfahl noch nicht bemerkt
hat, daß ſie ſchlechter wachſen als Bäume mit Pfahl. Wo man
an Wegen und Straßen pflanzt, da mag der Pfahl freilich als
Schutz des Stammes Vorteil bieten, denn ein freiſtehender Baum
könnte von unberufenen Händen, namentlich von Kindern,
da=
durch im Wachstum geſtört werden, daß durch Stoßen, Anlehnen
für dieſe Kultur beſtimmte Land ſoll möglichſt nur flach umge= u. dal. die Wurzel im Erdboden gelockert wird, wodurch der
Baum nicht Fuß faſſen und anwachſen könne. Anders im
Haus=
garten. Hier ſollte man ſich den Pfahl ſchenken, nicht nur der
Erſparnis halber, ſondern weil er den Baum ſchädigt.
Wenn der junge Obſtbaum beim Pflanzen richtig behandelt
wird, ſo kann er den Pfahl entbehren. Es gehört dazu zunächſt
tur haben, welche ihren Boden zu ſorgſam vorbereiten. Wird der ein kräſtiger Kronenſchnitt. Dieſer iſt beim Pflanzen immer von
Boden nämlich zu tief umgeſpatet und dazu noch friſch gedüngt, Vorteil, weil er einen kräſtigeren Trieb, kräftiger entwickeltes
Lauh erzeugt, wodurch der Baum beſſer ernährt wird; denn die
geſunden Blätter ſind es in erſter Linie, die den Wurzeln des
zur Folge hat, daß die Zwiebeln nicht ausreifen und wenig halt= jungen Baumes die nötigen Bauſtoffe zur Verfügung ſtellen. Ein
beim Pflanzen ſtark geſchnittener Kronenbaum wird durch den
Beim Zwiebelbau iſt zu unterſcheiden zwiſchen ein= und zwei= Wind kaum beläſtigt, weil die junge Krone wenig Wind fangen
jähriger Kultur. Bei der einjährigen Kultur ſät man im Früh= kann. Kommt nun der üppige, kräſtige Trieb infolge des ſtarken
Nückſchnittes, ſo wird zunächſt die Wurzel kräftig ernährt, ſodaß
wächſt die Wirkung des Windes. Jetzt iſt die Wurzel aber ſchon
Je mehr der Wind rüttelt und ſchüttelt, deſto feſter verankert
trockenes Wetter ein, ſo empfiehlt es ſich, die Beete öfters zu be= ſie ſich im Boden, ſodaß ein Losreißen durch den Wind nicht
be=
fürchtet zu werden braucht.
Ferner iſt beim Pflanzen darauf zu achten, daß der Baum
chen heraus, beſchneidet die Wurzeln und pflanzt ſie mit 8—18. recht ſeſt gepflanzt wird, damit ſich die Wurzeln recht innig dem
Boden anſchmiegen. Dadurch wird natürlich zunächſt erreicht,
daß der friſch gepflanzte Baum feſt ſteht, der Wind ihm alſo nichts
anhaben kann. Vor allem aber wird durch das feſte Einpflanzen
das Anwachſen ſehr befördert. Der Boden muß ſich ganz dicht
an die Wurzeln anlegen, dadurch halten ſie ſich im Boden friſch,
ſodaß der Baum viel leichter friſche Wurzeln ſchlägt und
an=
es iſt bei größerer Trockenheit nur nötig, die Beete einfach zu wächſt, als wenn die Wurzeln loſe und locker im Boden liegen.
Dies feſte Pflanzen erreicht man am leichteſten durch das
An=
treten, indem man die gut mit Erde bedeckten Wurzeln mit dem
Fuße recht feſttritt, ohne dabei etwa die Wurzeln zu beſchädigen.
Bei dieſer Arbeit wird die Fußſpitze dem Baume zugerichtet,
ſo=
daß bei der nötigen Sorgfalt ein Beſchädigen der Wurzeln kaum
möglich iſt. Wenn nun noch vor dem Anpflanzen die ſorgfältig,
beſchnittene Wurzel in einen dicken Lehmbrei, dem man mit
Vor=
teil Kuhdünger beimiſcht, getaucht wurde, und man nach dem
An=
pflanzen ein gründliches Angießen nicht vergißt, ſo braucht man
für das ſichere Anwachſen der jungen Bäume nichts zu fürchten.
Ein ohne Pfahl gepflanzter Baum baut ſich von vornherein ſo
kräftig auf, daß er keine Stütze braucht. Ueberall in der Natur
kann man beobachten, daß frei bewegliche Pflanzenteile ſich beſſer
entwickeln als feſtgebundene.
Verjüngen von Rhododendron.
Stehen Alpenroſen viele Jahre an ihrem Platz, ſo werden
ausgetrockneten Steckzwiebeln mit Vorliebe in Samen ſchießen, ſie mit der Zeit übermäßig hoch und unten kahl, beſonders, wenn
ſie zu dicht gepflanzt wurden. Auch Mangel an Feuchtigkeit und
den. Sie können dann keinen Anſpruch mehr auf Schönheit
machen, ſelbſt während der Blüte nicht, weil die Blumen, oben
beln zu tief, ſo treiben ſie leicht in Samen. Sind die Zwiebeln an den laugen kahlen Zweigen ſitzend, nicht zur Geltung kommen.
Wer derartige Rhododendron in ſeinem Garten hat, tut beſſer, ein
rein zu halten und den Boden zu lockern. Solange die Steckſaat Jahr auf die Blumen zu verzichten und die Pflanzen im
Fruh=
jahr vor der Blüte kräftig zurückzuſchneiden. Sie vertragen einen
kräftigen Rückſchnitt bis ins alte Holz ausgezeichnet, ebenſo wie
fort ausgefchnitten werden, damit ſich unten der eigentliche Zwie= ſonnigen Stand und nimmt man beim Zurückſchneiden eine
gleich=
belkörper ausbilden kann, und nicht die Kraft in die Samen zeitige Düngung und Bewäſſerung vor, ſo werden ſie ſehr kräftig kann daher raſcher und vollſtändiger vor ſich gehen.
austreiben und im nächſten Jahr wieder blühen.
Mit dieſem Rückſchnitt kann man ein Umpflanzen verbinden,
Einfluß auf den Ertrag iſt auch das Lockern des Bodens und wenn die Rhododendron an einer anderen Stelle gewünſcht
werden.
Beim Pflanzen umgebe man den vorher gründlich durch= viel beſſer und bleiben auch viel leichter von Seuchen 1
keimfähig, und es kommt nicht ſelten vor, daß man beim Bezug feuchteten Wurzelballen mit Moor= und Lauberde, die man zur heiten verſchont.
Hälfte mit verrottetem Miſt untermiſcht hat. Sollen die Rhodo=
Vorkeilhaft iſt es, ſich den Zwiebelſamen jeweils ſelbſt zu ziehen, um den Wurzelballen heraus und erſetzt ſie durch nahrhafte Erde,
wie oben angegeben.
Kürbisſchalen als Kaninchenfutter.
Kürbisſchalen kann man den Kaninchen roh oder gekocht vor= überwindet man den Widerſtand, weun man von ein
des Samenkopfes und kommt der ſchwarze Samen zum Vor= toffelſchalen, Kürbisſchalen oder ſonſtigen Küchenabfällen gemiſcht
oder durchgeſtampft, mögen die meiſten Kauinchen gern. Man
vergeſſe nicht, dem Futter Salz hinzuzufügen.
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burch das in ſeiſter Kehle unziemlich angehäufte Fett (twas
be=
legten Stimme. „Iſch wvill Eurer im Gebet gedenken, darum daß
Ihr einen unwürdigen Diener des Herrn gelabet habt, als die
barmherzigen Samariter. Das Terminieren iſt eine ſchwere
Nachdruck verboten.) Pflicht, zumal in dieſer ſchweren Zeit, vo der Bauer kaum ſeines
eigenen Leibes Notdurft hat und das gottloſe Kriegsvolk den
Gottes Güte ſo wunderbarlich offenbarte”, erwiderte Hubert mit Prieſter ſo wenig reſpektiert als den Laien. Doch Ihr, danket
Er reichte bei dieſen ſalbungsvollen Worten dem Bauer einen
ſch mächtigen Sack hin, den er neben ſich auf der Bank liegen hatte
Leuthold drückte die Hände vor die Augen. Es war ihnt, und worin einige Würfte friedlich neben Birnen und Nüſſen
als flüſtere ihm in dieſem Augenblick eine Stimme ins Ohr: zuheten. Der Eigentümer des Hofes machte ein verlegenes
Ge=
wvohl ſahe, er gebe nur der Notwendigkeit nach.
Der Mönch verſtand in den Mienen des verdroſſenen
Spen=
ders zu leſen und ſagte mit allem Aufwand geiſtlicher Würde:
„Mit dem Maß, mit welchem Du miſſeſt, ſoll Dir wieder ge=
„Ich wviül leben!” ſtammelte er, „leben für ſie! Habe Dauk, meſſen werden. Wie die Saat, ſo die Erute, Geliebter in demn
Herzu. Ferne wäre es von mir geweſen, mit demütiger Bitte
über Eure Schwelle zu treten, zpüßte ich nicht, daß Ihr
ver=
gangene Woche einen gemäſteten Stier geſchlachtzt hättet.”
Der Bauer verlängerte ſein Geſicht um ein Bedeutendes,
ent=
fernte ſich faulen Ganges und bekam die geiſtlichen Worte auf
den Weg:
„Bringet mir auch noch einen Trunk Wein zur Stärkung
meinter ſchtuachen Glieder!
Ein Murren war die Autwort, weſches draußen in einige
Woxte ausbrach, die mit dem Pxofiziat”) nicht die enitferniteſte
Aehnlichkeit hatten. Doch der Gehorſam ward nicht verſagt; der
Sack kehrte, um ein Weniges ſchwerer geworden, aus der Küche
in die Stube zurück, mit ihn die friſch gefüllte Kanne, welche mit
einem ſauren: „Wohl bekomms, ehrwürdiger Vater!” in die
Fuß=
ſtatfen ihrer Vorgänger trat.
Der fromme Bruder nahm ſie mit Andacht hin und ließ ſich
ihren Juhalt ſo trefflich znunden, daß ſeine Aetigieizt irrit
artig flackerten und eine holde Abendröte fein Geſicht üler;
rürdige Qünzer des heiligen Fräneiscus vergaßz lich
Kohl betomm;
Hautpflege bei Tieren.
Die äußere Haut iſt beim Tier wie beim Menſchen
ſcheidungsorgan für flüſſige und gasförmige Stoffe, die
per nicht gebrauchen kann. Sie ſteht mit den Lungen u
gefäßen in Verbindung und regelt die Körperwärme.
ihrer Tätigkeit führen oft zu ernſten Erkrankungen.
die Pflege der Haut ein wichtiger Beſtandteil, der Tie
Durch regelmäßiges Putzen und Waſchen müſſen nicht
auf der Haut abgelagerte Staub und Schmutz und die
entfernt werden, auch die Poren, die die Ausſcheidungen
werden dadurch offen gehalten und die Tätigkeit der He
unterſtützt. Gleichzeitig reizen die vorſichtig gehandhab
ſten, Striegel und Kämme die Hautnerven und regen eit
Durchblutung des Hautgewebes an. Durch Trockenrei
Tüchern und Strohwiſchen und leichtes Bedecken oder
Bewegung beugt man Erkältungen vor, die das Verdu
Waſchwaſſers, oder das Abkühlen im Bade hervorrufe
Bei kaltem Wetter nimmt man eine ſolche Reinigung d
mit lauwarmem Waſſer in einem geſchloſſenen, zugfreie
vor, mit nachfolgendem Aufenthalte im warmen Stalle.
Tiere dürfen nicht in kaltes Waſſer getrieben werden;
iſt der Aufenthalt im Waſſer nicht zu lange auszudeh
Winter werden Waſchungen wegen der damit verbund
kältungsgefahr möglichſt beſchränkt und nur die durch
ſchmutzten Körperteile gewaſchen, weil das Antrocknen
und des Schmutzes an den Beinen, ebenfalls zu Erkr
führen kann.
Raſche Abkühlung ſchwitzender oder bei der Arbeit
wärmter Tiere wird durch Auflegen einer Decke verhind
die Tiere länger ſtehen müſſen. Auch bei anhaltender
wetter iſt die Schutzdecke vorteilhaft. Im allgemeinen ſo
angewendet werden, wenn die Tiere trocken und in
ſind, am allerwenigſten im Stalle. Eine Ausnahme m
ſchlecht behaarte und alte Tiere die leicht frieren. Es iſt
tiger, den Stall ausreichend warm zu halten, denn jede
verhindert die Ausdünſtung der Haut, wodurch innere
beſonders die Lunge, belaſtet werden.
Die Hautpflege erſtreckt ſich auch auf die Behaarur
wird bei weich= oder langhaarigen Tiereen durch das
Auskämmen neben dem regelmäßigen Bürſten vor der 2
bewahrt. Das Haar erneuert ſich alljährlich bei manche
z. B. bei Kaninchen, den Hunden, Ziegen, Eſeln derart,
teilweiſen Ausfall die Haardecke im Frühjahr geringer
vermehrtes Wachstum im Herbſt wieder dichter wird.
Weiſe paßt ſich die natürliche Bekleidung des Tieres de
ſchen Verhältniſſen und der Jahreszeit an. Der 8
wird im Frühjahr durch das Scheren beſchleunigt.
Geſchorene Tiere ſind empfindlicher gegen Kälte un
gen deshalb Schutz gegen Zug und raſche Abkühlung, d
men Stall und mäßige Bedeckung, ſowie gutes Futte
das Wachstum der Haare begünſtigt.
Zur Pflege der Haut gehört ſchließlich noch der St
Fliegen und Bremſen, welche die Tiere beläſtigen.
Vorbildliche Schweinemaſt.
Mauch einer hat ſchon bittere Enttäuſchungen erl
er bereits große Läufer oder Faſelſchweine ankaufte m
ſicht, ſie noch kurze Zeit an die Maſt zu ſetzen, um ſie de
als möglich als fette, ſchwere Schlachtware verkaufen z
Sehr häufig wollen die Borſtentiere trotz beſter, reichlie
rung nicht fett werden oder es dauert verhältnismäß
lange, bis ſie genügend Fleiſch und Fett angeſetzt hal
gute Erfolg in der Schweinemäſterei, hängt nämlich,
Miſchwirtſchaftliche Zeitſchrift mitteilt, in der Hauptſa
ab, oh und auf welche Weiſe die Tiere zur Maſt vorbei
den. Wenn irgend möglich, ſoll man den zur Maſt IHI
Schweinen während und ganz beſonders vor der Ma
reichenden Weidegang gewähren, oder ihnen wenigſtens
viel Bewegung und Aufenthalt im Freien geſtatten. 2
dert den Stoffwechſel und regt Fkeßluſt und Verda
wohltätig an. Die Umwandlung der aufgenommenen
kommt auch die Klee= und Grasfütterung weit billiger
als die übliche Stallfütterung. Auch den Stallſchwe
man zum üblichen Futter täglich noch eine beſtimmte Me
Klee oder Krautblätter. Dieſe Schweine verwerten
Wie man ſtörriſche Ziegen melfe
Friſch angekaufte Ziegen oder Tiere, die einmal in
zeit übergangen wurden, laſſen ſich oft nicht melken.
unruhig, bleiben nicht ſtehen, treten nach rechts und
Perſon das Tier an eine Wand drücken läßt, die gleid
eine Vorderbein hochhebt. Die Ziege kann daun nicht
ten und muß ſtillhalten. Man melke vorſichtig und
wird ſich das widerſtrebende Gebaren bald verlieren.
Gmmm n
ein deutſchlateiniſches Trinklied ſummte, doch inuer
genug, daß es die aufhorchenden Bewohner des Hof
als ein geiſtliches Lied hinnehmen konnten. In ſe
keit ließ er ſich auch da nicht ſtören, als die Türe geö
und ein junger, auſtändig gekleideter Wandersmann
Der geriet bei dem Anblick des zechenden, ſingen
in großes Erſtaunen.
„Ei, ſiehe da, Freund Nepomur!” rief er
treibt Ihr in der Mönchskutte?”
„Ich terminiere”, war des Befragten, kurze Aut
ſchien, als wvolle er ſich in kein ferneres Gefpräch ein
ſein Geſang verſtumnte. Doch als er den jungen 2
ein wenig mit ſeinen glänzenden Aeuglein angeblit
erwpachte ſeint Gedächtnis, und er erwiderte ſchmunzel.
„Soll mich — hint,. aber ich will im Höllenpfuhl bre
Du nicht der ſpitzbübiſche Junge vom Schloſfe Tiefeub.
den Stalt voun eſen Sarein Aif dir cen Girald
war aber ein verteufelter Streich, den Du mir geſp
Leuthold zeigte großes Verlangen, die Abenteuer
werten Bekannten, vom Schloß Tiefenbrunn zu
dieſer dämpfte ſeine Stimme, ſo daß die in ziemlich
nung ſitzenden Wirtsleute nichts von ſeiner Rede höre
und hob ſeine Erzählung an. Als er bis zu der 79
der podagriſche Freiherr vergebens auf ihn angeſtellt
kommen zuar, fuhr er alſo fort:
„Jch tuar des Hundelebens bis über die Ohreit
Geſtrenge war von Stunde an ein eingefleiſchter Satz
konnte Gott mit vollem Necht für das Zipperlein dan.
er ihn geſeget hatte, denn ſonſt wäre mein armer krat
das beſtändige Luſtrevier ſeiner Peitſche geweſen, ſo
ich den losbrechenden Sturm gewahrte, entſchwand
die Türe wie ein Schatten, und er mochte ſich gedult
ur iner habhaft werden konnte. Trotzdem tat ie
tvags
ſchuu=
affener: Diene
und ließ die Scheltvorte
ftuzpfe Bolzeu au mir abprallen,