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Heſſiſche Neueſte Nachrichten
Morgenzeitung der Landeshauptſtadt
Nachdruck ſämtlicher mit X verſehenen Original=Aufſätze und eigenen Nachrichten nur mit Quellenangabe „Darmſi. Tagbl.” geſtattet.
Nummer 302 Donnerstag, den 1. November 1923
186. Jahrgang
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uſw., erliſcht jede Verpfichtung auf Erfüllung der
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ſeder Rabatt weg. Bankkonto: Deuiſche Bank und
Darmſtädter 8 Nationalbank.
Die Reichsindexziffer.
Berlin, 31. Okt. Die Reichsindexziffer für die
Lebenshal=
gskoſten (Ernährung, Wohnung, Heizung, Beleuchtung und
leidung) beläuft ſich nach der Feſtſtellung des Statiſtiſchen
chsamtes für den 29. Oktober auf das 13 671 millionenfache der
rkriegszeit. Die Steigerung gegenüber der Vorwoche (3045)
rägt demnach 349 Prozent.
Die Großhandelsindexziffer.
Berlin, 31. Okt. Die aus dem Stichtag (30. Oktober)
er=
telte Großhandels=Indexziffer des Statiſtiſchen Reichsamtes
einem Dollarkurs von 65 Milliarden oder dem 18,7
milliarden=
en der Vorkriegspreiſe ſtieg gegenüber dem Stand vor dem
Oktober um 27,7 Prozent. In der gleichen Zeit hob ſich die
fuhr der Warenpreiſe (1913 — 100) von 109,5 auf 120,5 oder
10 Prozent. Von den größeren Gruppen ſtiegen gleichzeitig
Lebensmittel im Großhandel um 37,2 Prozent auf das 15,7 (101,2 Gold), davon die Gruppen Getreide und
toffeln um 27 Prozent auf das 12,4milliardenfache (80 Gold),
uſtrieſtoffe um 17,9 Prozent auf das 24,3milliardenfache (156,6
d), davon die Gruppen Roheiſen und Kohle um 16 Prozent
das 24,9 milliardenfache (161 Gold), ferner die Einfuhrwaren
21,6 Prozent auf das 23,6milliardenfache (152,3 Gold) und die
andswaren um 29,5 Prozent auf das 17,7milliardenfache
„1 Gold).
Vom Tage.
Der Reichskommiſſar für Sachſen Dr. Heintze hat,
nach=
dem ein neues Kabinett in Dresden gebildet worden iſt, fein Amt in
die Hände des Reichskanzlers zurückgegeben.
Der Reichsverband der deutſchen Induſtrie beabſichtigt, einen
Neichskartelltag nach Berlin einzuberufen, um ſich ſeinerſeits
mit der Frage des Kartellweſens zu beſchäftigen.
Der pfälziſche Vertreter Bayerns bei der pfälziſchen Regierung in
Speher, Geſandtſchaftsrat Dr. Knoch, iſt von General de Metz
aus=
gewieſen worden, weil er ſich den Annektionsplänen des Generals
mit Entſchiedenheit widerſetzte.
Der Goldumrechnungsſatz für Reichsſteuern
be=
trägt am 1. November 17 Milliarden Mk.
Der frühere engliſche Premierminiſter Bonar Law iſt
ge=
ſtorben.
Aus zuberläſſiger Quelle wird mitgeteilt, daß Japan dem
eng=
liſchen Vorſchlag, Amerika zu einer internationalen Konferenz betr. die
Reparationen einzuladen, beipflichtet und ſich erbötig machte, nach beſten
Kräften daran mitzuarbeiten.
Der frühere bulgariſche Miniſter Genadieff wurde
geſtern abend beim Betreten ſeines Hauſes ermordet. Der in ſeiner
Begleitung befindliche frühere Geſandte in Berlin Geſchoff wurde ſchwer
verletzt.
Amtlicher Oollarkurs 22681 000000
Perſchärfung der innerpolitiſchen Tage.
ubildung des ſächſiſchen Kabinetts. — Die Bedingungen der Sozialdemofraten. — Bayern
hält an Loſſow feſt. — Vor einer neuen Regiexungskriſe.
Felliſch ſächſiſcher Miniſterpräſident.
Dresden, 31. Oktober. In der Nachtſitzung nachts
Uhr wurde im ſächſiſchen Landtag die Wahl des neuen
Mini=
räſidenten vorgenommen. Gewählt wurde der frühere
ſozial=
vkratiſche Wirtfchaftsminiſter des Kabinetts Buck, Abgeord=
Felliſch, mit 48 Stimmen der Sozialdemokraten und
okraten. Die Deutſchnationalen und die Kommuniſten hatten
Beginn der Wahlhandlung den Saal verlaſſen. Die Deutſche
Spartei gab 18 Stimmen für den Abgeordneten Dr. Kaiſer ab.
tiſterpräſident Felliſch erklärte ſich zur
An=
meder Wahl bereit. Die nächſte Sitzung findet
Diens=
den 6. November, ſtatt mit der Tagesordnung:
Vereidi=
gdes Miniſterpräſidenten und Abgabe einer
ſierungserklärung ſowie Ausſprache darüber.
Die Verhandlungen des ſozialdemokratiſchen
Fraktionsvor=
ſtandes mit dem Reichskanzler ſollen noch am Mittwoch bzw. am
Donnerstag vormittag ſtattfinden. Am Donnerstag nachmittag
1 Uhr tritt die ſozialdemokratiſche Reichstagsfraktkion erneut
zu=
ſammen, um den Bericht des Vorſtandes über die
Verhandlun=
gen mit dem Reichskanzſer entgegenzunehmen.
Daß der Reichskanzler im gegenbärtigen Augenblick ſeine
Einwilligung zur Aufh=dung des militäriſchen
Ausnahmezuſtan=
des geben wird, iſt mir Rückſicht auf die völlig unſichere Lage
im Reich kaum anzunehmen. Beſonders für Sachſen werde die
Lage kataſtrophal werden, wenn hort der linksradikalen Agitation
Tür und Tor geöffnet werde. Denn auch den Sozialdemokraten
iſt es nicht unbekannt geblieben, daß gerude dem energiſchen
Ein=
greifen die Wiederberſtellung leiblicher Verhältniſſe zu
verdan=
ken iſt. Den ganzen Bedingungen nach, die einen Sieg der
Oppo=
ſition innerhalb der Partei darſtellen; ſcheint man denn auch in
den Reihen der Sozialdemokraten mit einer Ablehnung zu
rechnen.
Das neue ſächſiſche Kabinett.
* Dresden, 31. Okt. (Priv.=Tel.) Der von den
Demo=
n und Sozialdemokraten gewählte Miniſterpräſident Felliſch
heute ſein Kahinett gebildet. Dem Kabinett gehören an:
Miniſterium des Innern: Liebmann,
Finanzen: Heldt,
Arbeitsminiſterium: Graupe,
Rultus: Fleißner,
Juſtiz: Neu,
Wirtſchaft: Krätzig.
Von dieſen müiſſen Graupe und Liebmann als die
Ver=
ensmänner der Kommuniſten bezeichnet werden. Von dem
dpunkt der Reichsregierung aus geſehen, iſt dieſes Kabinett
ch unmöglich.
Die Bedingungen der Sozialdemokraten.
* Berlin, 31. Okt. (Priv.=Tel.) Heute nachmittag fand
Fraktionsſitzung der Mehrheitsſozialiſten
die ſich mit der innerpolitiſchen Lage während der
n Tage beſchäftigte und von der man auch eine Entſcheidung
das weitere Verbleiben der ſozialiſtiſchen
tiſter im Kabinett Streſemann erwartete. Eine
itive Entſcheidung darüber iſt zwar noch nicht
gefal=
aber der Inhalt der mit großer Mehrheit angenommenen
hließung enthält Bedingungen für das fernere
bleiben in der großen Koglition, die wohl kaum
yrer ganzen Ausdehnung annehmbar ſein dürften. Die
ldemokratiſche Reichstagsfraktion knüpft ihre weitere
Zu=
rigkeit zur großen Koalition an folgende Bedingungen:
Aufhebung des militäriſchen
Ausnahme=
zuſtandesi
Die Reichsregierung behandelt das Verhalten der
bayriſchen Machthaber offen als
Verfaſſungs=
bruch und unternimmt im Einklang mit der
Reichsver=
faſſung die gebotenen Schritte gegen Bayerni
Die Aufrechterhaltung von Ruhe und
Ord=
nung in Sachſen iſt Aufgabe der Schutzpolizei.
Reichswehrhilfe iſt nur auf Anfordern des Inhabers der
Zivilgewalt anzuweiſen. Neuerdings in die Reichswehr
eingeſtellte Anhänger rechtsradikaler Beſtrebungen ſind zu
entlaſſen.
Dieſe Bedingungen ſollen ſchnellſtens dem Reichskanzler
vor=
werden. Dabei ſollen auch die beiden, folgenden Fragen
Gegenſtand der Verhandlungen gemacht werden:
Die Gewährung wertbeſtändiger Löhne iſt
ſchleunigſt zu regeln:
Die Landwirte ſind zur Lieferung von
Nah=
rungsmitteln zu zwingen. Die offen zutage
ge=
kreiene Sabotage des Landbundes und der Landwirte iſt zu
bekämpfen.
G
Drohende Spaltung in der V. S.P.D.*
* Berlin, 31. Okt. (Priv.=Tel.) Die
ſozialdemo=
kratiſche Fraktion iſt heute mitrag im Reichstag
zu=
ſammengetreten. Die Beratungen dartern an und werden
vor=
ausſichtlich bis in die Abendſtunden ſich fortſetzen. In
ſozial=
demokratiſchen Kreiſen verlautet, daß die
Meinungsver=
ſchiedenheiten innerhalb der Fraktion, in der
heutigen Fraktionsſitzung ſehr ſtark zum Ausdruck kommen
wer=
den, ſo daß die Möglichkeit einer Spaltung
inner=
halb der Partei beſieht. Die Oppoſitionsgruppe,
die ſich aus der früheren Unabhängigen Partei zuſammenſetzt,
hat Zuzug durch einige Mitglieder der früheren
Mehrheitsſozial=
demokraten erhalten. Dagegen werden ſich aber auch einige
Mitglieder der früheren u. S. P. auf den
Stand=
punkt der großen Koalitionsanhänger ſtellen, ſo
daß, wenn es zu einer Spaltung käme, die ſich abtrennende
Par=
tei eine überwiegende Minderheit innerhalb der Fraktion
dar=
ſtellen würde.
Die innerpolitiſche Lage.
Berlin, 31. Okt. (Priv.=Tel.) Während die Lage in
Sachſen durch das Zuſtandekommen eines Kabinetts ohne
Kommuniſten als entſpannt angeſehen wird, iſt die
Entwick=
lung der fraglos vorhandenen Spannung zwiſchen der
ſozialdemokratiſchen Auffaſſung und dem
Reichs=
kanzler Streſemann noch nicht zu überſehen. Wie ſchon aus
dem geſtrigen Abendartikel des Vorwärts hervorgeht, der
einen ſcharfen Angriff gegen die Reichswehr
be=
deutet, fordert die ſozialdemokratiſche Partei nach wie vor die
Aufhebung des militäriſchen
Ausnahmezuſtan=
des, und ſtützt ſich dabei auch auf die Entſchließung der
Mini=
ſterpräſidenten der Länder, die ebenfalls ihrerſeits ſoweit als
daß zurzeit die Aufhebung des militäriſchen Ausnahmezuſtands
in einen zivilen gewünſcht hatten. Demgegenüber ſind die
bürgerlichen Mitglieder des Reichskabinetts, und insbeſondere
der Reichskanzler Dr. Streſemann, nach wie vor der Anſicht,
daß zurzeit die Aufhebung des militäriſchen Ausnahmehnuſtands
unmöglich iſt. Ob und welcher Kompromiß hier geſchaffen
werden kann, iſt fraglich. Die Lage iſt weiterhin
er=
ſchwert durch die Stellungnahme der
bayeri=
ſchen Negierung, die an General v. Loſſow feſthält. Unter
dieſen Umſtänden iſt man in hieſigen politiſchen Kreiſen der
An=
ſicht, daß der Ausbruch einer neuen Regierungskriſe weiterhin
durchaus im Bereich der Möglichkeit liegt.
Rücktritt des Zivilkommiſſars Meier.
TU. Dresden; 31. Okt. Der Zivilkommiſſar für Sachſen,
Reichstagsabgeordneter Meier dürfte, da er ſich durch die
letz=
ten Maßnahmen des Generals Müller übergangen glaubt, heute
ſeinen Rücktritt erklären, zumal er die Auffaſſung vertritt, daß
ſein Wirken mit der Abſetzung der Regierung, die auf ſeine
Ein=
ſetzung als Zivilkommiſſar Wert legte, beendet ſei.
*Der Kampfun das neue Geld.
Von
Dr. Walther Croll, Berlin.
Das wertbeſtändige Geld iſt da, — d. h. es iſt wenigſtens
beſchloſſen, verkündet, in Paragraphen gefaßt und unter dem
Namen „Rentenmark” ins Regiſter der Getauften eingetragen.
Leibhaftig erſcheinen wird es kaum vor Ablauf von zwei Wochen.
Als Platzhalter hat man kleine Stücke der „Goldanleihe”
aus=
gegeben. Der Aufruf der Reichsregierung, betreffend das neue
Geld, ſoll dazu beitragen, dem Publikum das Weſen der erſten
großen Valutareformmaßnahme begreiflich zu machen und
Be=
denken gegen die Annahme der „Schätze” zu zerſtreuen. Umſo
unverſtändlicher war es, daß Reichsbehörden das neue Geld
ſabotierten. Wer ſich am Sonntag — am letzten Tage vor der
abermaligen Vervierfachung der Eiſenbahntarife — an einem
Schalter der Berliner Fernbahnhöfe eine billige Fahrkarte
kau=
fen wollte, erfuhr von dem Beamten, daß er noch nicht „befugt”
ſei, die Interimsſcheine anzunehmen. Der Herr Reichskanzler
ſollte hier einmal ein Exempel ſtatuieren und den für eine ſolche
Ungeheuerlichkeit verantwortlichen Geheimrat des
Reichsver=
kehrsminiſteriums beſchleunigt in den wohlverdienten Ruheſtand
verſetzen. Dem Publikum, das ja ſchließlich das Recht hat, aus
der Erfahrung zu lernen, wird es nicht ganz leicht eingehen, daß
die neuen Scheine etwas weſentlich anderes darſtellen als die
alten Papiermarknoten. Die ſogenannte „Dollarſchatzanleihe‟
iſt durch das Reichsbankgold geſichert. Die kommenden „
Renten=
marknoten” erhalten als Sicherung eine an erſter Stelle
einge=
tragene Hypothek auf das in der deutſchen Wirtſchaft inveſtierte
und dort arbeitende Kapital. Verglichen mit der Sicherung für
die Dollerſchatzanleihe kann man die der Rentenmarfnofen als
ebenſo real, aber als weniger leicht realiſierbar bexeichnen.
Würde es zum Aeußerſten kommen, d. h. würden die
Sicher=
heitsgeber in Landwirtſchaft, Induſtrie und Handel die
über=
nommenen Verpflichtungen nicht erfüllen, ſo würde man nicht die
ſonſt bei Hypothekenſchuldnern vorgeſehene
Zwangsverſteige=
rung durchführen können, da auf die in Betracht kommenden
Maſſen von Unternehmungen niemand bieten könnte. Stehen
wir an einem Wendepunkt zum Beſſeren, ſo braucht dieſe
Eigen=
tümlichkeit in der Sicherung der Rentenmarknoten nicht mehr zu
ſein als ein Schönheitsfehler. — Verſtändlicher und auch von
größerer praktiſcher Bedeutung für das Publikum iſt die
Zuſiche=
rung, daß die Interimsſcheine doie auch die Rentenmarknoten
von jeder öffentlichen Kaſſe auf Grundlage des Dollarkurſes in
Zahlung genommen werden. Der private Zahlungsverkehr, der
geradezu nach einem wertbeſtändigen, Umlaufmittel lechzt, wird
ſich gewiß freiwillig der Praxis der öffenilichen Kaſſen
an=
ſchließen.
Die Rentenmarkwährung und ihre als Zwiſchenlöfung
ge=
dachten Vorläufer, die Goldſchatzanleiheſcheine, werden vielfach
als „ſchlechtes Kompromiß” bezeichnet. In der Tat iſt die
Ver=
wendung, welche das Kapital der „Rentenbank” (3200 Millionen
Rentenmark) finden ſoll, nicht ganz unbedenklich. Man wird
Zweifel äußern müſſen, ob die Bereitſtellung von 1200 Millionen
Rentenmark für private wirtſchaftliche Kredite nötig iſt, und ob
dadurch nicht eine gefährliche Kreditinflation entſtehen kann.
Weiter iſt es zunächſt nur ein frommer Wunſch, daß 1200
Mil=
lionen Rentenmark genügen werden, um die ſämilichen, bis zum
vollen Gelingen der Finanzreform eintretenden öffentlichen
Fehlbeträge zu decken. Den Kritikern des Rentenmarkprojektes
muß jedoch immer wieder die eine unumſtößliche Wahrheit ins
Gedächtnis zurückgerufen werden: Ohne ſchleunige
Konſolidie=
rung unſerer außenpolitiſchen Lage und ohne Erfolg der inneren
Reformen iſt jede Sicherung, jede Deckung und überhaupt jedes
Währungsreformmanöver illuſoriſch. Bricht erſt einmal in
Deutſchland der Maſſenhunger von Millionen und
Abermillio=
nen aus, ſo ſind alle inländiſchen Werte: die erſtſtelligen
Hypo=
theken auf den landwirtſchaftlichen Beſitz, die Deviſen in den
Safes der Banken und Privaten und nicht minder der
Gold=
ſchatz der Reichsbank in unmittelbarer Gefahr. Wer in dieſem
Augenblick fordert, das Reich ſolle das deutſche Volt aufrufen,
alle vorhandenen Gegenſtände, aus Edelmetall und überhaupt
alle Prezioſen zu opfern, handelt in höchſtem Maße
unpſycho=
logiſch. Ein ſolcher Appell kann nur Erfolg haben, entweder
wenn jeder Einzelne ſich in unmittelbarer Lebensgefahr fühlt,
oder wenn ein entſcheidender Erfolg von ſolcher Opfertat
erwar=
tet werden kann. Wer wollte behaupten, daß eine dieſer beiden
Vorausſetzungen heute erfüllt ſei? Sehr viele haben immer
noch nicht erkannt, daß wir an der Schwelle folgenſchwerer
Er=
eigniſſe ſtehen, und die Machtverhältniſſe in Kontinentaleuropa
ſind ſo eindeutig gegen uns und ſo feſt gefügt, daß eine
Aende=
rung zurzeit nicht abzuſehen iſt. Es iſt durchaus richtig, daß
wir die Einführung der Goldwährung — und dies iſt natürlich
das letzte Ziel der Währungsreform — bis zu einem Zeitpunkte
verſchieben, an welchem dies machtpolitiſch, pſychologiſch,
mate=
riell und techniſch möglich iſt.
Goldanleihe für Steuerzahlungen.
Berlin, 31. Okt. Der Reichsfinanzminiſter hat die
Finanz=
behörden angewieſen, Stücke der wertbeſtändigen Anleihe des
Deutſchen Reiches (Goldanleihe) und die für ſie ausgegebenen
Zwiſchenſcheine an Zahlungsſtatt bei Steuerzahlungen allgemein
anzunehmen. Die Annahme erfolgt zu dem vom Reichsminiſter
der Finanzen feſtgeſetzten Wert. Bis auf weiteres gilt als
An=
nahmewert der Nennwert. Die mit Zinsſcheinen ausgeſtalteten
Stücke der Goldanleihe, alſo Stücke im Einzelwert von 4,20
Goldmark bis 10 Dollar und mehr, denen die laufenden und
ſpäter fällig werdenden Zinsſcheine nicht beigefügt ſind, ſowie
beſchädigte und mit Vermerken verſehene und infolgedeſſen nicht
umlauffähige Stücke, ſind von der Annahme ausgeſchloſſen.
Eine Zinsvergütung erfolgt in keinem Fall. Bei Annahme der
Stücke wird ihr Geldwert in Papiermark umgerechnet. Der
Utarechnung wird der Zollumrechnungsſatz zu Grunde gelegt,
der af: Tage der Zahlung für Reichsſteuern gilt. Dieſer
Gold=
uüteshäungsſatz kann aus der Tagespreſſe entnommen werden.
Ad .D HH Hem
Seite 2.
Darmſtädter Tagblatt, Donſterstag, den 1. Rovember 1923.
Mummer 30
Das Reparationsproblen.
Coolidge über die SachverKändigen.
Sengtor Cormick erinnert Frankreich an ſeine Schulden.
Paris, 31. Okt. (Wolff.) Der Neu=York Herald berichtet
aus Waſhington, Präſident Coolidge ſtehe auf dem
Stand=
punkt, daß die Einſchränkung der Vollmachten der
wirtſchaftlichen Sachverſtändigen von ſeiten
Frank=
reichs nicht die Nutzloſigkeit ihrer Bemühungen zur Folge haben
müßte. Staatsſekretär Hughes unterſtütze ihn in dieſer
Auffaſ=
ſung. Dagegen wies Coolidge weiter darauf hin, daß Frankreich
das einzige Land ſei, das ſich auf eine Politik feſtgelegt habe, die
eine Herabſetzung der Reparationsſchuld ausſchließe, und daß alle
anderen Nationen unvoreingenommen an der Konferenz
teilneh=
men würden. Coolidge und Hughes ſeien nicht ohne
Hoffnung, daß Poincaré es für klug halten werde, mit den
übrigen Alliierten zuſammen dem Beſchluß des
Sachverſtändigen=
komitees zuzuſtimmen, um der ſtarken Zerrüttung Europas ein
Ende zu machen.
Demgegenüber habe der Senator Mac Cormick, der
auf dem entgegengeſetzten Standpunkt ſtehe, geſtern
die Haltung Poincarés in ſeiner Rede in Sampigny heftig
ange=
griffen. Er habe erklärt, daß Frankreich gut daran tue, ſich
ſeiner Schulden bei den Vereinigten Staaten zu
erinnern und zu deren teilweiſen Abtragung vielleicht die
Inſeln im Karibiſchen Meer und im Golf von St. Lorenz
ab=
zutreten, die es in ſeinem Beſitz habe. Senatur Cormick habe
ſich auch gegen die häufige Erwähnung Pierpont Morgans als
des vorausſichtlichen amerikaniſchen Sachverſtändigen von ſeiten
der Preſſe gewandt. Er habe ſtarke Einwendungen vorgebracht,
daß in offiziellen Kreiſen allgemein angenommen werde, daß es
zu einem heftigen Kampf kommen werde, wenn der Präſident den
Kongreß um ſeine Zuſtimmung zur Wahl Morgans erſuchen
werde. Es beſtehe kein Zweifel, daß Senator Cormick Morgan
gemeint habe, als er von dem „ſkandalöſen Gerücht”
ge=
ſprochen habe, „der amerikaniſche Sachverſtändige ſolle ein
Ban=
kier ſein, der während des Krieges an ſeinen fiskaliſchen und
Valutatransaktionen verdient habe, und der für eigene und für
Rechnung ſeiner Kunden jetzt franzöſiſche Obligationen beſitze, die
er höher zu halten wünſche, als die im Beſitze der amerikaniſchen
Regierung befindlichen”,
Vertagung der Reparationskommiſſion.
* Paris, 31. Okt. (Priv.=Tel.) Nach der geſtrigen Sitzung
der Reparationskommiſſion, in der Bradbury ſeinen
bekann=
ten energiſchen Vorſtoß unternahm und die
Ver=
tagung der Sitzung beantragte, beurteilt die Preſſe
die Lage verſchieden.
Der Matin bezeichnet den Ton Bradburys als gereizt,
in=
dem er, um einen Druck auf die Kommiſſion auszuüben, gedroht
hat, die Frage der Zuſtändigkeit der Ruhrbeſetzung aufzuwerfen.
Die Reparationskommiſſion habe ſich vorläufig gefügt und ſei
einer Diskuſſion über ihre eigenen Rechte ausgewichen.
Zur Frage des Sachverſtändigenausſchuſſes glauben einige
Blätter melden zu können, daß in der engliſchen Regierung
in=
zwiſchen die Partei geſiegt habe, die für die Annahme
der franzöſiſchen Bedingungen iſt.
Von anderer Seite wird dagegen die Idee des
Sach=
berſtändigenausſchuſſes als in Frage geſtellt
be=
zeichnet, da eine Einigung zwiſchen Frankreich und England nicht
mehr zu erzielen wäre. Jedenfalls wird ſie im Rahmen der
Re=
parationskommiſſion den eingetretenen Konflikt zu
entſchei=
den haben. Wenn Lord Curzon die Vorderhand behält, wird
es ſein Beſtreben ſein, die Reparationskommiſſion
möglichſt außer Kraft zu ſetzen und er wird ſogar,
wie von einer engliſchen Kreiſen naheſtehenden Seite verſichert
wird, gegebenenfalls nicht davor zurückſchrecken, den Vertreter
Englands aus der Kommiſſion abzuberufen.
Das wäre der Bruch Englands mit der Entente, wie
er in der letzten Zeit ſo oft an die Wand gemalt worden iſt.
Von einer Abberufung der Truppen aus Köln werde man unter
dieſen Umſtänden abſehen.
U. London, 31. Okt. Es verlautet, daß das engliſche
Kabinett ſich in ſeiner geſtrigen Sitzung entſchloſſen habe, den Reparationskommiſſion und nicht, wie es England möchte, vor
franzöſiſchen Vorſchlag betreffend die Einberufung des der Sachverſtändigenkommiſſion zu Worte kämen. Denn hört
Sachverſtändigen=Ausſchuſſes ohne Vorbehalte an= die Reparationskommiſſion die deutſchen Sachverſtändigen an,
zunehmen. Jetzt handele es ſich nur darum, auszumachen,
man zwei Methoden für möglich: entweder wird England, das
die Initiative zu den augenblicklichen Verhandlungen ergriff, im
Namen der europäiſchen Verbündeten die Einladung an Amerika
richten, oder die diplomatiſchen Vertreter Englands, Frankreichs,
Belgiens und Italiens werden in Waſhington eine Note in die= kommiſſion darzulegen ſind, da bei der Haltung Frankreichs
ſem Sinne dem Staatsſekretär überreichen. In gewiſſen
politi=
ſchen Kreiſen wird angeregt, daß der amerikaniſche Delegierte
zum Präſidenten des geplanten Sachverſtändigen=Ausſchuſſes
ernannt werden ſoll.
* Zur Frage des Humaniſtiſchen
Reformgtmnaſiums.
Von Geheimrat Dr. Alfred Bieſe.
Geheimrat Bieſe hat neben der langjährigen Leitung
des Kaiſer Friedrich=Gymnaſiums in Frankfurt auch
vier Jahre das Sachſenhäuſer Reformgymnaſium geleitet
und von Unterſekunda bis Obexprima hinaufgeführt.
„Die Erfahrungen, die ich dabei ſammelte, beſtätigen nur
mein Urteil, das ich mir ſchon früher über das Syſtem gebildet
hatte. Ich faſſe alles, was ich über die Frage denke, in kurze
Sätze zuſammen.
Das humaniſtiſche Reformgymnaſium verdankt ſeine
Ent=
ſtehuny nicht ſo ſehr pädagogiſchen Erwägungen, wie rein lokal=
und realpolitiſchen Anregungen und Forderungen des
Ober=
bürgermeiſters Adickes in Frankfurt a. M.
Das humaniſtiſche Reformgymnaſium ſchließt viel mehr
Mängel als Vorteile in ſich. Bei einer Wahl kann der
Sachverſtändige nicht zweifelhaft ſein.
Daß man ein Ziel wie das Abiturientenexamen eines
Gyne=
naſiums auf verſchiedenen Wegen erreichen kann, daß vor allem
das Goethe=Gymnaſium mit virtuoſer Kunſt der
Zuſammen=
arbeit aller Lehrkräfte ein Syſtem dafür herausgebildet hat, das
bewundernswert iſt, ſteht über allem Zweifel, aber das, was
unter beſonderen Ausnahmebedingungen
mög=
lich iſt, zu einem allgemeinen Typus zu erheben, das iſt
bedenk=
lich. Auch am Sachſenhäuſer Neſormgymnaſium ließ ſich der
Unterricht in den alten Sprachen in den oberen Klaſſen nur
dadurch zu einigermaßen befriedigendem Abſchluß bringen, daß
zumeiſt Lehrer ihn erteilten, die ſelbſt auf dem Goethe=
Gymna=
ſium unterrichtet worden waren oder doch den engſten
Zu=
ſammenhang mit dieſem bewahrten (in Methode und in den
Lehrbüchern). Wenn die Schüler aber, wie es in der Kriegszeit
beſonders häufig war, aus der U II abgingen, ſo hatten ſie ins
Griechiſche nur ſpärlichen Einblick gewonnen, (ein Jahr!), und
gingen Schüler aus der Prima mit Notprüfung ab, ſo war ein
befriedigendes Ergebnis, zumal im Griechiſchen auch,
ausge=
ſchloſſen.
Wichtiger iſt folgendes: Das Nacheinander des Hochbetriebs
einer fremden Sprache, wie es das Reformgymnaſium bietet,
führt zu großen Schwierigkeiten. Iſt in den unteren drei Klaſſen
im Franzöſiſchen etwas Tüchtiges erreicht worden, ſo wird dieſes
Das Ergebnis der Londoner Kabinettsſitzung.
London, 31. Okt. (Wolff.) Die Times berichtet, daß die
geſtrige dreiviertelſtündige Sitzung des Nabinetts, die ſich nur
mit der internationalen Lage befaßte, zu einer endgültigen
Stel=
lungnahme mit Bezug auf die vorgeſchlagene
Sachvecſtän=
digen=Konferenz, die Erörterung der
Nepara=
tionsfrage ſowie die diesbezüglichen Antworten
der alliierten Regierungen gelangt iſt. Man glaubt,
daß auf der Sitzung der Reichskonferenz am Montag General
Smuts nachdrücklich für endgültige Aktionen zur Beendigung
der augenblicklichen Schwierigkeiten eintrat und daß ſeine
An=
ſichten dem Kabinett unterbreitet wurden, als es am Montag
nachmittag zuſammentrat. Als die Montagsſitzung nach
zwei=
einviertelſtündiger Dauer vertagt wurde, habe es allgemein
ge=
heißen, daß beſchloſſen wurde, weitere Informationen
ſowohl in Paris als auch in Waſhington
einzu=
holen, bevor man zu einer endgültigen Entſcheidung gelange.
Geſtern vormittag ſcheint dieſer Standpunkt jedoch nicht aufrecht
erhalten worden zu ſein. Man ſei anſcheinend der Anſicht
ge=
weſen, daß jede Konferenz, an der die Vereinigten Staaten
be=
reit ſein würden, mitzuwirken, ein Schritt in guter Richtung ſein
würde. Es ſei daher beſchloſſen worden, die Antworten
Frankreichs, Italiens und Belgiens zu
beſtäti=
gen und den Vereinigten Staaten unverzüglich
mitzu=
teilen, daß in anbetracht der Tatſache, daß alle Alliierten der
Ab=
haltung einer derartigen Konferenz zugeſtimmt haben, die
Ange=
legenheit jetzt beſchleunigt und die Vereinigten Staaten erſucht
werden könnten, ihren Vertreter, ſobald es paſſend erſcheine, zu
ernennen. Der Ausſchuß werde unter den Auſpizien der
Repara=
tionskommiſſion ſtehen. Es werde anſcheinend nichts
unternom=
men werden, um Poincaré zu überreden, einige ſeiner
behin=
dernden Bedingungen zurückzuziehen. Von manchen Seiten
werde gewünſcht, daß ein amerikaniſcher Sachverſtändiger
einge=
laden werde, Vorſitzender des Unterſuchungsausſchuſſes zu ſein,
und in Paris werde vorgeſchlagen, daß die Kommiſſion dann,
wenn nicht in Paris, in Berlin tagen ſoll.
Die engliſche Preſſe zur engliſchen Kabinettsſitzung.
* London, 31. Okt. (Priv.=Tel.) Der Beſchluß des
Ka=
binetts, auf der Grundlage der franzöſiſchen Bedingungen die
internationale Konferenz zuſammenzuberufen, ſtellt ſich immer
deutlicher als eine Niederlage der von General Smuts in ſeiner
bekannten Rede entwickelten Lage dar. Der Standard ſchreibt,
Smuts habe in der Reichskonferenz dringend verlangt, daß ſich
England auf den Standpunkt ſtelle, daß die Bedingungen
Poin=
carés einer Ablehnung des engliſchen Vorſchlages gleichkommen.
Die engliſche Regierung ſolle deshalb den Plan einer
Wirt=
ſchaftskonferenz ganz aufgehen und durch die Einberufunig einer
Vollkonferenz eine ſelhſtändige Politik einſchlägen. Das Kabinett
habe jedoch dieſen Standpunkt abgelehnt, ſpeil es der Mitarbeit
der Vereinigten Staaten, auch wenn ſie nur in deu engſten
Grenzen erſolge, eine ſo große Bedeutung beimiß;, daß darüber
alle anderen Bedenken zurücktreten müßten.
Der (Eindruck in engliſchen Kreiſen.
London, 31. Okt. (Wolff.) Reuter erfährt, der Eindruck
in politiſchen Kreiſen nach der geſtrigen Kabinettsſitzung ſei der
geweſen, daß die britiſche Regierung b=ſchloſſen habe, den Plan
eines Unterſuchungsausſchuſſes für die
deut=
ſchen Hilfsquellen, der under den Auſpizien der
Repara=
tionskommiſſion ſtehe, zu fördern. Da der briiſäe Vorſchlag
von Frankreich, Italien und Belgien angenommen worden ſei,
ſei man der Anſicht, daß der nächſte Schritt in der
Benachrichti=
gung der amerikaniſchen Regierung beſtehen werde und daß ihr
gegenüber die Hoffnung zum Ausd uck gebracht werbe, daß ein
amerikaniſcher Sachverſtändiger dem Ausſchuß beitrete.
Der Gegenſatz zwiſchen Frankreich und England.
* Paris, 31. Okt. (Priv.=Tel.) Der Gegenfatz zwiſchen
Frankreich und England wegen der Anhörung der deutſchen
Sach=
verſtändigen vor der Reparationskomniſſion bezw. vor der
Sach=
verſtändigenkommiſſion beſteht fort. Es verdient hervorgehoben
zu werden, daß hierin die Haupturſache der eigentlichen Schwie=
England willigt in den franzöſiſchen Porſchlag ein. rigkeiten zu erblicken iſt, und zwar aus folgenden Gründen:
Frankreich wäre es lieber, wenn die deutſchen Vertreter vor der
ſo kann ſie der ihr unterſtehenden Sachverſtändigenkommiſſion
wer offiziell Amerika zur Konferenz einladen ein ganz feſtes Programm vorſchreiben, über das das Komitee
ſoll. In diplomatiſchen Kreiſen der engliſchen Hauptſtadt hält, dann nicht hinausgehen könnte, während im anderen Falle das
Sachverſtändigenkomitee ſeine Unterhandlungen je nach den
deut=
ſchen Darlegungen feſthalten könnte. Vom deutſchen Standpunkt
aus iſt es ziemlich unerheblich, ob die Schwierigkeiten
Deutſch=
land vor der Reparationskommiſſion oder der
Sachverſtändigen=
ſchwerlich etwas Praktiſches herauskommen dürfte. Es wäre
jedenfalls gänzlich verfehlt, auf die augenblicklichen
Meinungs=
verſchiedenheiten zwiſchen Paris und London" irgendwelche
deutſchen Hoffnungen zu gründen.
vom Lateiniſchen von U III ab erdrückt und vegetiert nur noch
weiter. Aehnliches ergibt ſich wieder für das Lateiniſche, wenn
das Griechiſche in UII einſetzt. Das Schlimmſte dabei iſt, daß
das Gedächtnis immer aufs neue mit einem großen
Vokabel=
ſchatz belaſtet wird, daß alſo das formale Lernen das formende
Denken zurückdrängt. Das Mechaniſche überwuchert
das Organiſche, der Buchſtabe den Geiſt. Echte
humaniſtiſche Bildung aber beruht in erſter
Linie auf geiſtigen Werten, auf der geiſtigen
Durchdringung des Stofflichen.
Als Vorſtufe zur Erlernung fremder Sprachen iſt das
Latei=
niſche weit mehr geeignet als das aus ihm entſprungene
Fran=
zöſiſch. Das hiſtoriſche Verhältnis beider Sprachen zu einander
wird auf den Kopf geſtellt, wenn man Franzöſiſch früher treibt
als das Lateiniſche; man folgt dabei mechaniſchen, nicht
orga=
niſchen Geſichtspunkten.
Doch vor allem: das Franzöſiſcheiſt viel ſchwerer
in ſeinen Anfangsgründen, in Schrift,
Aus=
ſprache, Syntax zu erlernen als das Lateiniſche;
Dami, de Pami — les amis, des amis ete. iſt ſchwieriger
ein=
zuprägen als amieus, amiei ete. (Ein Gleiches gilt vom
Engliſchen, man denke an Vokabeln wie enough).
Zu pädagogiſchen Erwägungen treten vaterländiſche (
natio=
nale, nicht nationaliſtiſche oder chauviniſtiſche!). Heute, wo uns
die brutale Fauſt des franzöſiſchen Pſeudo=Siegers
im Nacken ſitzt, das Franzöſiſche zur Grundlage unſerer höheren
Schulbildung in noch höherem Maße als bisher zu erheben, das
widerſtrebt jedem natürlichen Empfinden, wie es auch der
Ver=
nunft, der Rückſicht auf die Pſyche des Kindes widerſpricht. Der
Franzoſe iſt uns im Grunde unſerer Seele verhaßt mit ſeiner
Eitelkeit, Herrſchgier und ſadiſtiſchen Grauſamkeit, und nun
ſollen deutſche Kinder in erſter Linie im „Parlieren” dreſſiert
werden! Man frage ſich, ob etwas Aehnliches bei
einem anderen Volke der Welt denkbar wäre!
Das Entſcheidende aber iſt, daß weder das
Franzöſiſche nochdas Engliſche ſohohen
Kultur=
wert hat wie das Lateiniſche und das
Grie=
chiſche. Deutſch das Herz, Lateiniſch und
Grie=
chiſch die Lungen des humaniſtiſchen
Gymna=
ſiums: das ſei Wahlſpruch!
Je tiefer die Valuta der deutſchen Mark geſunken iſt, je
tiefer der Sturz von politiſcher und wirtſchaftlicher, leider auch
von ſittlicher Höhe war, deſto ſtärker muß das Beſtreben ſein,
wenigſtens deutſche Wiſſenſchaft noch am Leben zu erhalten.
ez
Diiſche Note an Kankrelt
Gegen die Zerſtückelung Deutſchſag
Vorſchlag einer Kollektiveinladung an Ame
Paris, 31. Okt. (Wolff.) Die Havasagentur teilt
Durch Vermittelung ihres Botſchafters in Paris hat die
liſche Regierung heute zwei Schritte bei der
zöſiſchen Regierung unternommen, deren Charakt
terſtrichen werden muß, denn ſie entſprechen in glücklicher
den von der franzöſiſchen Regierung in ihrer erſten Note
deten entgegenkomimenden Dispoſitionen. Das Foreign Off
am Quai d’Orſay auf die Rechtsfolgen aufmerkſam ge
die die Loslöſung gewiſſer deutſcher Provi
von Deutſchland nach ſich ziehen könnten durch den Umſtan
ſie den Vertrag von Verſailles nicht unterzeichnet und info
ſen nicht unmittelbar die Verpflichtungen übernommen
die ſich für das Reich daraus ergäben. Der diplomatiſche 7
erſtatter der Havasagentur glaubt zu wiſſen, daß die er
Mitteilung entgegen gewiſſen Preſſemeldungen ſich auf die
klärung beſchränkt. Sie bringe keine Kritik an den Maßn
vor, die die franzöſiſche und belgiſche Regierung durch die
tiſtiſche Bewegung zu treffen veranlaßt worden ſind, um in
Beſatzungszonen die Ordnung aufrecht zu erhalten.
Der zweite engliſche Schritt hat den Zweck, de
zöſiſchen Regierung Vorſchläge zu machen, eine Kolle
einladung Englands, Frankreichs, Italiens und
Belgi=
die Vereinigten Staaten ergehen zu laſſen, ſich
Sachverſtändigenausſchuß vertreten zu laſſen, der damit
werden würde, eine wirtſchaftliche Enquete über die deutſch
lungsfähigkeit und über die Mittel vorzunehmen, üb
Deutſchland zur Begleichung ſeiner Schulden verfügt. D
Mächte würden Amerika ihren Dank für ſeine Mitwirkun
ſprechen, um es zur Ernennung ſeines Delegierten durch 2
telung des amerikaniſchen Beobachters in der Reparatiot
miſſion zu veranlaſſen. Wie man ſieht, ſo fügt der Hava.
teur hinzu, erhebt die engliſche Regierung keinerlei Einw
gen. Sie verlangt von der franzöſiſchen Regierung keinerl
tere Angaben über ihre Abſichten, wie aus London fälſchl
meldet worden iſt. Poincaré hat natürlich noch keine Zeit
die beiden engliſchen Mitteilungen heute zu beantworten
Geiſt freundſchaftlicher Zuſammenarbeit, der aus ihnen
dürfte in den beteiligten Kreiſen gebührend gewürdigt n
Indeſſen iſt der franzöſiſche Standpunkt in beiden Fragen,
Note behandelt, ſo entſchieden klar, daß man mit aller
ſcheinlichkeit den Inhalt der Antwort des Qua d’Orſay v
fehen kann. Was die ſeparatiſtiſche Bewegung anlange, gel
die franzöſiſche und belgiſche Regierung die Verantwortu
übernehmen, denn ſie laſſe die beteiligte Bevölkerung a
eigenes Ermeſſen handeln.
Franzöſiſches Mißtrauen gegen Englan
* Paris, 1. Nov. (Priv.=Tel.) Der engliſche Boti
in Paris hat geſtern nachmittag im franzöſiſchen
Auße=
ſterium eine Note ſeiner Regierung überreicht, in der die
Einberufung eines Sachverſtändigenausſchuſſes für den
November vorſchlägt. Entgegen anderen Nachrichten, d
Verhandlungsort Berlin nannten, ſtellte man geſtern in
feſt, daß die engliſche Note keine diesbezüglichen Angaben
Einige der Regierung naheſtehende Perſönlichkeiten beha
daß das Schriftſtück einen günſtigen Eindruck gemacht habe
iſt hier allgemein geneigt, es als eine Art Waffenſtre
Lord Curzons auszulegen. Nichtsdeſtoweniger
geb=
die maßgebenden Perſönlichkeiten keinen Illuſionen übe
wahren Wert der engliſchen Zuſtimmung zum Sachverſtän
brojekt hin. Sie erklären, daß die britiſche Regierung ang
der Einſtellung Amerikas in dieſer Frage gute Miene zum
Spiel mache. In dieſem Zuſammenhange gibt man und
len der Befürchtung Ausdruck, daß England weit
davo=
fernt ſei, die Hoffnungen auf eine Verallgemeinerung des
verſtändigenausſchuſſes aufzugeben, den es nach wie vo
ſcheinbarer Konzeſſionen als Ausgangspunkt zu einer inter
nalen Ausſprache über eine eventuelle Herabſetzung, der der
Schuld und Räumung des Ruhrgebietes auffaſſe. Die
zöſiſche Regierung wird ſich demgegenüber, wie ſie ſeit
Zeit unabläſſig betont, ſtreng an den Verſailler Vertrag
der eine Einſchränkung des deutſchen Schuldbetrages vo
Genehmigung der Verbündeten abhängig macht. Trotz der
baren Zuverſichtlichkeit, mit der das Pariſer Kabinett der
ung eines Sachverſtändigenausſchuſſes entgegenſieht, iſt
lich, daß gegen England, das man mehr und mehr der abg
teſten Künſte für fähig hält, tiefſtes Mißtrauen gepredigt
Dieſe Stimmung hieſiger Kreiſe bringt unter anderen
Temps zum Ausdruck, indem er ſchreibt: Seit der eng
Orientpolitik Lord Curzons unterſchätzen die Franzoſe
Hartnäckigkeit der engliſchen Diplomatie. Man müſſe
ſtellen, daß das Foreign office es ſehr gut verſtehe, die Pro
im Weſten ebenſo gut wie diejenigen im Oſten zu beha
Augenblicklich handele es ſich bei England darum, die
einigten Staaten zu einer Ausſprache zu bewegen, die zu
Herabſetzung der interalliierten Schulden führen würde.
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Die Grundlage aber deutſcher Wiſſenſ
bietet die höhere Schule. Nur mit ihr re
wir die deutſche Zukunft.”
Helſingfors in Finnland.
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Kunſi, Wiſſenſchaft und Leben.
C.K. Ein Veteran der Opernbühne. Aus
York wird der Tod des berühmten Opernſängers Viltor 9
rel im Alter von 75 Jahren gemeldet. Der große Barito
am 17. Juni 1848 in Marſailles geboren wurde, iſt mit de
ſchichte der Oper im letzten halben Jahrhundert aufs engſt
knüpft und hat zahlreiche hervorragende Geſtalten zum erſt
auf der Bühne geſchaffen. Nach der Ausbildung am 4
Konſervatorium erſchien er zum erſtenmal an der Pariſer
als Nevers in den „Hugenotten‟. Sein Auftreten in M
und London 1870 und 1873 ſchuf ihm ſchnell einen Weltruf.
bewunderte nicht nur ſeine großartige Beherrſchung ſeiner
vollen Stimmittel, ſondern vor allem die dramatiſche Leider
mit der er Rollen, wie den Don Juan oder den Graf
„Figaro”, verkörperte. Maurel hat verſchiedene Geſta
Wagners zum erſtenmal in England dargeſtellt. So
der erſte Tellramund und der erſte Wolfram auf der Lor
Bühne; er ſang beide Rollen 1875 und 1876 auf italieniſc.
folgenden Jahre ſtellte er zum erſtenmal in England den
genden Holländer” dar. Er war auch der erſte Amonasr
Verdis „Aida” 1880 in Kairo ihre Erſtaufführung erlebte.
rel entwickelte ſich immer mehr zum idealen Verdi=Sät
dem der Meiſter die Hauptpartien ſeiner neuen Werke anderi
Bei der berühmten Uraufführung von Verdis „Othello” in
land im 5. Februar 1887 trug er zu dem großen Erfolg viel
ſeine Verkörperung des Jago bei. Auch bei der erſten A
rung von Verdis letzter Oper, dem „Falſtaff”, in Mailand
ſchuf er die Titelrolle, und in dieſen beiden Geſtalten 2
hat er bis zum Schluß ſeiner Laufbahn die größten Erfol
erntet. Nachdem ſeine Stimme immer mehr nachgelaſſen
trat er eine Zeit lang als auch Schauſpieler auf, zog ſich al
Anfang des 20. Jahrhunderts völlig von der Bühne zurüe
gab nur noch gelegentlich Konzerte, in denen er ſich auch m.
Reſten ſeiner Stimme noch als der vollendetſte Vertreter
rein lyriſchen Geſangſpieles offenbarte. 1897 veröffentlig
ſeine Erinnerungen unter dem Titel „10 Jahre meiner
bahn”. In den letzten Jahren ſeines Lebens hat er nol
Lehrer Bedeutendes geleiſtet.
chn
inde
Muuiſter 302.
Faherns Antwort an die Reichsregierung.
G. München, 31. Okt. Die hayeriſche Staatsrezierung
it der Reichsregierung, wie mitgeteilt wird, jetzt ihre
vor=
ufige Stellungnahme zu dem Erſuchen auf Wiederßerſtellung
r verfaſſungsmäßigen Befeilsgewalt im haveriſchen Teile der
eichswehr durch den Geſandien v. Preger übermitteln laſſen.
ie Antwortnote Bayerns wird jedoch erſt in den letzten Tagen
r Woche nach Anhörung der Koalitionsparteien an die
Reichs=
gierung übermittelt werden.
Amtlich dird mitgeteilt: Der baheriſche
Miniſter=
ithat ſich mit der von der Reichsregierung an die
hage=
efehlsgewalt im bayeriſchen Teile der
Reichs=
ehr wieder herzuſtellen.
Die baveriſche Staatsregierung hat am 22. Oktober 1923 den
heriſchen Teil der Reichswehr zur Aufrechterhaltung der
utſchen Volkes in Pflicht genommen. Dieſe Maßnahme iſt auf
und des Artikels 48 der Reichsverfaſſung erfolgt. Der
da=
rch geſchaffene Rechtszuſtand iſt daher verfaſſungsmäßig. Die
ranlaſſung bildete der neuerliche Eingriff in die ſtaatliche
flizeihoheit Bayerns. Er hat die grundſützliche Frage des
rhältniſſes zwiſchen dem Reich und den einzelnen Staaten
fgerollt.
In erſter Linie muß dieſe Frage im Intereſſe des Reiches
d der Länder einer endgültigen Löſung zugeführt werden,
Sicherheit dafür zu ſchafſen, daß Konflikte für die Zukunft
möglich werden, wie ſie Jahr für Jahr das politiſche Leben
3 Reiches und der Länder erſchüttert haben. Einigkeit beſtand
ch darüber, daß eine Veränderung im Oberbefehl
s bayeriſchen Teiles, der Reichwehr
untrag=
rwäre.
Die Faſſung der der Reichsregierung zu erteilenden Antwort
ibt weiteren Beratungen vorbehalten.
Ho
Die belgiſch2 Prbeiterpariei zur
Zzeituand=
jrage und deg Resargsionen.
1U Zrüſſel, 31. Okt. Der Beneralrat der belgiſchen
Arbeiterhartei hat geſtern unter dem Vorſitz des Ng. Anſele
getagt und die Rheinlandfrage und die Reparationen behandelt.
Es ſpurde eine Entſchließung angenomiinen, die verlangt, daß
problen umgeben, vernehren würde, und gibt der Hoffnung
che Regierung gerichteten Frage beſchäftigt, ob jie hereit Ausdruck, daß die Verbündeten die gmerikaniſche Anregung an=
in kürzeſter Zeit die verfaiſungsmäßige nehrien nerden.
Die Separatiſten in Bingen und Groß=Berzu.
* Bingen, 31. Okt. (Priv.=Tel.) In Bingen find, wie
entlichen Ruhe und Ordnung in Bayern und zur Wahrung bereits geneldet, ſämtliche öffentlichen Bebäude durch
Separa=
baheriſchen Belange bis zur Wiederherſtellung des Einver= tiſten beſetzt worden. Franzöſiſche Trupxen ſchützten das
Vor=
hmens zwiſchen Bayern und Reich als Treuhänderin des gehen der Sonderbündler. Bei dem Poſt= und Telephon=
verkehr mit den Binger Behörden iſt daher
Vor=
icht geboten. Das gleiche gilt für den Poſt= und
Telegraphen=
verkehr mit dem Kreisamt Groß=Gerau.
Eine Reſolution des Kreisausſchuſſes Worms.
* München, 31. Okt. (Priv.=Tel.) Die definitive
Ant=
rt Münchens wird im Benehmen mit den Koalitionsparteien
dauert zur Stunde noch an.
Dr. Heim über Bagerns Separation.
Worms, 31. Okt. Der Kreisausſchuß Worms als die
geſetz=
mäßige Vertretung der Selbſtverwaltung des Kreiſes Worms
lehnt die ihm durch Gewalt aufgezwungene Rheiniſche Republik
ſowie jedes Zuſammenarbeiten mit dieſer oder den von ihr
ein=
geſetzten Stellen ab. Der Kreisausſchuß geht dabei von dem
Be=
wußtſein aus, daß die erdrückende Mehrheit der Bevölkerung die
ſogenannte neue Regierung nicht anerkenne. Er betrachte nach
wie vor die bisherige Regierung als die einzige zu Recht
be=
ſtehende Staatsgewalt im Kreiſe, und er erwarte von der
Bevöl=
kerung, daß ſie die ſeitherigen Behörden als die allein
rechtmäßi=
gen anerkennt und deren Anordnungen Folge leiſtet.
Ruhrinduſtrielſen und Beſetzung.
Paris, 31. Okt. (Wolff.) Havas teilt folgende Note des
geſtellt und vermutlich Ende der Woche in Berlin überreicht Düſſeldorfer Preſſedienſtes der Beſatzungsbehörden mit: Die
rden. Die interfraktionelle Beſprechung im bayeriſchen Land= Vertreter des Vereins bergbaulicher Intereſſen, die Herren
Stines, Klöckner, Voegler, Reuſch und Huber,
ſeien von neuem bei der Ingenieurkommiſſion erſchienen, um die
am 26. Oktober eingeleiteten Verhandlungen über die
Wiederauf=
nahme der Arbeit fortzuſetzen. Im Laufe der Sitzung, die von
München, 31. Okt. (Wolff.) In der Ausſprache der zum 10 Uhr vormittags bis gegen 10 Uhr abends gedauert habe, ſeien
rteitag erſchienenen Vertreter der Bayeriſchen Volkspartei kam die techniſchen Modalitäten der zu treffengen Abmachungen ge=
Heim, laut Bayer. Kurier, auch auf die Frage der Sepa= prüft und feſtgelegt worden, darunter namentlich die
Liefe=
ion Bayerns zu ſprechen. Wenn man ihn frage, erklärte rung der Reparationskohle und die Entrichtung der
Heim, ob die Separation Bayerns Vorteile brächte, wenig= Kohlenſteuer für die Zeit ſeit dem 11. Januas wie auch für
s im Augenblick, ſo müſſe er ſagen: Ja, und zwar gewaltige, die kommenden Monate, die Behandlung der Ausfuhr und des
zweifele nicht, daß beiſpielsweiſe die bayeriſche Mark beſſer / Verſandes nach dem unbeſetzten Deutſchland. D=
Meinungs=
ſen würde, als die öſterreichiſche Krone. Sollen wir nun mit austauſch über dieſe verſchiedenen Punkte geſtatte es, tit der
n Reich hungern oder nach dem Rettungsmittel der Separa= Möglichkeit einer befriedigenden Aezeinng in
greifen? Die Separation brächte uns wohl einen augenblick= naher Zukunft zu rechnen. Die Verhandlungen ürden heute
en Erfolg. Wir würden aber ſpäter um ſo tiefer in den Ab= vormittag fortgeſetzt.
Stadt and Land.
Darmſtadt, 1. November.
* Chryſanißemen.
Wahrhaftig, es gibt noch einen der ſtädtiſchen Betriebe, an dem
man ſeine helle Freude haben kann, der auch dem Vielgequälten
und Mißvergnügteſten den Genuß reiner Freude, wohltuender
Schänheit vermittelt. Das iſt das Reich, in dem Gartendirektor
Stapel herrſcht mit einem Kreis langjühriger treuer
Mit=
arbeiter: die Stadtgärtnerei. Gewiß, auch ſie hat unter
der Not der Zeit zu leiden, aber es muß anerkannt werden, daß
ſie noch immer Ausgezeichnetes leiſtet und uns oft durch ihre
Pfleglinge, denen wir hin und wieder in den ſchönen Anlagen
begegnen, oder die dem Beſucher der ſtädtiſchen Treibhäuſer
entgegenlachen, wenn ihre Tore ſich ihm erſchließen, manche
nd geſtoßen. Der augenblickliche Vorteil würde Jahre der
ße bringen. Er warne ſeine Freunde eindringlich vor einer
hen Politik.
ofumente über den rheiniſchen Separatismus
Enthüllungen der „Humanité”.
Paris, 31. Okt. (Wolff.) Die kommuniſtiſche Humanité
ffentlicht einen Bericht eines Korreſpondenten aus
Düſſel=
f, der am 26. Oktober eine Anzahl Dokumente in Händen
te, die ſich auf den rheiniſchen Separatismus und ſeine
Ent=
klung in den letzten ſechs Monaten beziehen. Darunter
be=
det ſich auch eine Korreſpondenz mit der Beſatzungsbehörde.
Papiere beziehen ſich hauptſächlich auf die Partei
teets. In einer Verſammlung vom 1. Juli, die in Köln
tfand, hat nach dieſen Dokumenten Smeets erklärt, er könne
die aktive Hilfe Frankreichs zählen. England wäre ſozuſagen
en Frankreich, aber Frankreich lege eben die letzte
nd daran, um ſich dem Widerſtand Englands
derſetzen zu können. In einigen Wochen müßten die
paratiſten angreifen können. Eventuelle
Gegen=
idgebungen würden alsbald durch die Truppen
edergeſchlagen werden. Smeeis erklärte weiter, die
hrer der Parteien und der Gewerkſchaften, die
Widerſtand organiſieren würden, würden verhaftet und
in nötig, ausgewieſen werden. Die Gruppen der
Se=
ratiſten würden Waffen von den Franzoſen
er=
lten. Dorten erhalte eine große finanzielle
Unter=
tzung ſeitens der franzöſiſchen Regierung,
den Staatsſtreich zu ermöglichen. Smeets habe darauf noch
einandergeſetzt, er wolle eine Erklärung der Militärbehörden
auch der franzöſiſchen Regierung über den Grundſatz einer
emeinen Hilfe haben. Dann könne die Proklamation
hen. Eine Volksabſtimmung wie in
Ober=
leſien müßte erfolgen. Diejenigen, die dagegen
ſtimm=
würden ausgewieſen.
Baldwin über den Schutzzoll.
* London, 31. Okt. (Priv.=Tel.) Die geſirige Rede
Bald=
wins in Swanſea bedeutet einen weiteren Schritt der engliſchen
Wirtſchaftspolitik in der Entwicklung zum Schutzzoll. Wie die
Blätter im Anſchluß an die Rede erfahren, wird das
Handels=
amt in der nächſten Woche eine eingehende Prüfung der
Geſaut=
lage des engliſchen Wirtſchaftslebens und ſeiner
Konkurrenz=
fähigkeit gegenüber dem Ausland vornehmen, unter beſonderer
Berückſichtigung der Bekämpfung der Arbeitsloſigkeit. Das
Handelsamt hat bereits umfangreiches Material über die
Ein=
wirkung der Konkurrenz von Ländern mit entwerteter Valuta
auf beſtimmte Induſtriezweige geſammelt. Der nächſte Schritt
der Regierung wird aller Wahrſcheinlichkeit nach darin beſtehen,
das Geſetz zum Schutze der Heiminduſtrie auf dieſe
Wirtſchafts=
zweige auszudehnen. Der genaue Umfang dieſer Maßnahmen
iſt noch nicht bekannt, aber es wird damit gerechnet, daß in
erſter Linie die Stahlinduſtrie in Deutſchland und die
Woll=
fabrikation in Frankreich getroffen werden ſollen. Eine weitere
Entwicklung der engliſchen Wirtſchaftspolitik in der
eingeſchla=
genen Richtung iſt zu erwarten.
Sonderkonferenz der internationgien Handelskammer.
* Paris, 31. Okt. (Priv.=Tel.) Am 12. November ſoll
hier die Konferenz der Internationalen Handelskammern
er=
öffnet werden, zu der 38 Staaten geladen ſind. Zu dieſer
Kon=
ferenz iſt der amerikaniſche Präſident der dortigen
internationa=
len Handelskaniern Booth nach Paris unterwegs. Man
bringt in Paris die Reiſe Booths aber in Zuſammenhang
mit der künftigen amerikaniſchen Vertretung
in dem Sachverſtändigenausſchuß, der von der
Repa=
rationskommiſſion eingeſetzt werden ſoll. Man vermutet, daß
Booth der Vertreter Amerikas in dieſem Ausſchuß ſein würde,
wobei die letzten Meldungen beſagen, daß vermutlich Amerika in
dieſem Ausſchuß den Vorſitz erhalten würde.
dene Chryſanthemen=Ausſtellung, die guch heuer
wieder in den Treibhäufern hinter dem Schlachthof noch bis
5. November der Oeffentlichkeit zugänglich iſt.
Chryfanthemum! Wenn unſere heimiſche Flora ihre
Farbenpracht längſt verblaſſen ließ, bis auf die wenigen im
Herbſt blühenden Blumen und Staudengewächſe, wenn das
Herbſtgold über Baum und Strauch im Walde ausgegoſſen und
die Sonne immer ſeltener den Kampf gegen Dunſt und Nebel
ſiegreich beſteht, iſt die Zeit der Chryfanthemen. Dann entfaltet
dieſer Gaſt aus fernem Oſten, der ſo heimiſch geworden im
deutſchen Herbſt, ſeine Blüten zu ſtrahlender, leuchtender
Schön=
heit, zu einem üppigen Farbenrauſchen und zu Formen, die von
primitivſter Einfachheit und beſcheidener Kleinheit der
Blüten=
blättchen und Blüten felbſt zur Bizarrerie und gigantiſchem
Um=
fang der Blumenbälle alle Skalen durchlaufen, in denen man
ſich Blumen vorſtellen kann. Die Züchtung immer neuer
Spiel=
arden und die zur Vollendung einiger an ſich noch
entwicklungs=
fähigen bekannten Arten in bezug auf Reinheit und Leuchtkraft
der Farbe und Größe und Geſtaltung der Blüte iſt ſeit Jahren
Spezialität der Stadtgärtnerei geweſen, und viele ſchöne Erfolge
hat ſie ſchon zu verzeichnen. Leider ſcheitern auch dieſe Arbeiten
oft an den hohen Koſten, deſto mehr darf man bewundern und
anerkennen, was iederum geleiſtet wurde.
In zwei umfangreichen neuen Treibhäufern, geſchmackvoll
und ſchön, wenn auch eben in gedrängtem Raum dicht
beiein=
ander ſtehend, iſt die Ausſtellung arrangiert. Beſſer wie in
früheren Jahren kommen die herrlichen Blumen zur Geltung.
In Größe, Schönheit und Farbenleuchten ſuchen ſie einander zu
übertreffen. Verſucht irgend eine „königliche” Spielart ſtolz die
Aufmerkſamkeit auf ihre herrſchende Schönheit zu lenken und
verſtehen kleine beſcheidene, aber in ſeltener Reinheit der Farbe
ſtrahlende Blüten den Blick auf ſich zu ziehen. Herrſchend iſt
ſchneeiges Weiß. „Mdme. Renée Oberthur” darf in dieſer Gruppe
den Preis für ſich in Anſpruch nehmen. Stolz und ſchön in
ihrem Strahlenglanz leuchten ihre großen Blumen. „Pr. Alice
de Monacco” vielleicht und „Mme. Jenkins” mit ihren großen
Sternen lockig umrahmt, kommen ihr gleich. Dann aber auch
die kleine entzückende „Maria Anderſon”, deren weiße Sterne
leicht lila überhaucht ſind. Einen ſtärker betonten lila Hauch
hat auf ihren weißgründigen Blüten „Tokio”, deren Sterne zart
gefranzt ſind, wwährend „Royonnant” und „Nobel” ihre lila= und
andersfarbenen langen Blütenblätter eng zuſammenrollt und ein
ganz eigenartiges lebendiges Strahlenbündel zu bizarrer
Blumenform vereint. Rot und gelbelila färbt „Rene de
Ran=
ville” ihr Hochzeitskleid, während „Thornycroft” mit vielen
anderen ſchönen Schweſtern leuchtendes Sonnengold wählten,
„Lachemann” ein zartes lachsfarben und „Helene Williams” und
„Etzold Goldiena” ähnliche feine Nuancen. Während die
groß=
blütigen Arten wohl ſtolze, aber wenige Blütenköpfe aus einem
Stamme treiben, bilden die kleinblütigen, ſowie die ganz reizend
dunkle „Roſe Poiterine” und „Berolina” ganze Bäume, die ſie
mit ihrer Blütenpracht verſchwenderiſch überſäen. In dunklem
reichen Sammetrot hält „Africaine” ihr Blütenkleid und in
glei=
chem, aber auf grüngelbem Untergrund „Nelly Hoarc” das ihre.
Unmöglich, alle die Arten hier aufzuführen. Es wäre auch
eitel Beginnen, Jeder Schönheit einzeln zu preiſen. Den Anreiz
dazu geben alle, und die Wahl iſt ſchwer. Insgeſamt bietet die
Ausſtellung ein ganz entzückendes Bild. Die Ueppigkeit der
Farben wird immer wieder gebändigt durch das dunkle Grün
der Chryſanthemen ſelbſt und die Epheuwände, die das Weiß
der Kalkfarbe dämpfen.
M. St.
— Das Plenum des heſſiſchen Landtages iſt für Dienstag,
den 6. November, einberufen.
— Strindberg im Heſſiſchen Landestheater. Als nächſte Neuheit im
Schauſpiel iſt für Samstag, den 3. November, Strindbergs „
Schei=
terhaufen” angeſetzt worden. Mit der Aufführung dieſes
Kammer=
ſpiels wird die Reihe der hieſigen Strindberg=Aufführungen um eines
ſeiner perſönlichſten Werke bereichert. Die Uraufführung von
„Guſtav III.” wird folgen. Intereſſant iſt die Tatſache, daß
Strind=
berg erſt 1917 in Darmſtadt zu Wort kam.
— Preuß.=ſüddeutſche Klaſſenlotterie. 4. Klaſſe, 5. Tag.
In heutigen Ziehung wurden die Endzahlen 26 und 41 gezogen.
Mit welchen Gewinnen, iſt bei den zuſtändigen Einnehmern zu
erfahren.
Das japaniſche Wohnhaus.
Von Prof. K. Haushofer.
eit
Die nachſtehenden Ausführungen ſind dem
ſo=
eben im Verlag von B. G. Teubner, Leipzig,
erſchie=
nenen Buche „Japan und die Japaner” von Prof.
K. Haushofer entnommen, einer erſtmaligen, knapp
umriſſenen Landes= und Volkskunde Japans, die
gegenwärtig großes Intereſſe finden dürfte. Die
folgenden Schilderungen über Bau und Einrichtung
der jetzt zerſtörten Wohnhäuſer werden die Leſer
gewiß beſonders feſſeln.
* Die Wohnhäuſer, die ſich in der Anlage ſehr gleichen, ſind
t von einer Faſſade aus konſtruiert, ſondern vom inneren
mbedürfnis her gewachſen, das von der Einheitsgröße der
afmatte (Tatami) ausgeht, die ein durch das ganze Reich
geläufiges Flächenmaß bedeutet, ſodaß allgemein von
Vier=
tenzimmern, Sechsmattenzimmern uſw. geſprochen wird
Haus iſt nach außen durch verſchiebbare feſte Holzwände
hließbar, die aber nur bei Nacht und tagsüber bei großer
ke, Sturm und Regen geſchloſſen ſind. Sonſt ſteht das Haus
immer offen, iſt jedem Lufthauch zugänglich, infolgedeſſen
gut ventiliert, freilich auch für unſere Begriffe im höchſten
de zugig. Die Innenräume ſind entweder durch leichte feſte
ide mit eingebauten Schränken abgeteilt oder durch beweg=
Schiebewände aus Fachwerk mit Papierverſpannung. Das
S iſt etwa einen halben Meter über dem Boden auf einen
hlroſt geſtellt, der unverkennbar malaiiſchen Urſprungs iſt.
ganze Bau iſt im höchſten Grade feuergefährlich. Etwas
ſiver und großräumiger iſt oſt die nur tennenartig angebaute
)e und der in ziemlicher Entfernung vom Hauſe freiſtehende
ibe und feuerfeſte Vorratsraum, in dem alle
Wert=
nſtände, Kunſtſchätze uſw. verwahrt werden. Nirgends, auch
t im ſchlichteſten Häuschen, fehlt der Baderaum.
Ein anmutig bewegter Eindruck entſteht bei allen größeren
Sbauten dadurch, daß es ſich dabei weniger um ein Haus
han=
wie bei uns, als um eine Gruppe von Gebäudeteilen, die
9 innere Höfe und Ziergärtchen getrennt und durch offene
ickte Gänge verbunden werden. Im Garten fehlt faſt nie
Ausſichts= oder Teehäuschen und ein kleiner Teich; größere
ten ſuchen ein Stück Landſchaft mehr oder weniger ſtiliſiert
nachzuahmen. Die Parks der Vornehmen ſind Meiſterwerke
feindurchdachter Landſchaftsgärtnerei.
Bei der Inneneinrichtung wird der Gegenſatz zwiſchen
euro=
päiſcher und japaniſcher Wohnweiſe noch fühlbarer. Mit
Aus=
nahme einiger weniger Truhen, kleiner Schränke mit
Schub=
laden und der ſchon erwähnten Wandſchränke fehlt alles
Mobi=
liar. Die faſt völlige Abweſenheit von täglich abzuſtaubenden
und auszuklopfenden Dingen, von Polſtermöbeln, Teppichen und
Vorhängen erleichtert der Hausfrau zweifellos das Daſein.
Die glatten, feſtliegenden Matten ſind leicht ſauber zu halten,
denn jeder, der das Haus betritt, läßt ſeine Sandalen an der
Schwelle zurück. So können die Matten als Sitzgelegenheit
die=
nen; zu größerer Bequemlichkeit liegen nur noch einige
quadra=
tiſche Kiſſen herum, auf denen man mit untergeſchlagenen Beinen
kniet, ſodaß man auf den Abſätzen ſitzt. Unterſchied zwiſchen
Schlaf= und Wohnräumen, wird wenig gemacht. Feſte
Bett=
geſtelle gibt es nicht, ebenſowenig wie Tiſche und Stühle. Man
ſchläft auf mehr oder weniger dicken, baumwollenen oder ſeidenen
Steppdecken, die nachts in jedem beliebigen Raum ausgebreitet
werden können und nach erfolgtem Sonnen und Lüften tagsüber
in den dafür vorhandenen Wandſchränken verſchwinden. Eine
gemeinſame Familientafel hält man nicht, jeder einzelne
be=
kommt ſeine Mahlzeit auf einem zierlichen lackierten Tiſchchen
irgendwie auf den Mattenboden hingeſtellt. In keinem Zimmer
fehlt das Rauchgerät, ein Becken voll Holzkohlen zum Entzünden
der Pfeifen, und das Teegerät, da jedem Eaſt zu jeder Tageszeit
Tee angeboten werden muß. In jedem Zimmer befindet ſich eine
Niſche (Tokonoma), in der ein oder zwei Hängebilder (Kakemono)
aufgehängt ſind, und eine Vaſe mit Blütenzweigen oder den
Blumen der Jahreszeit aufgeſtellt iſt.
Die ganz unvollkommenen Heizeinrichtungen ſind heute im
weſentlichen die eines in kältere Zonen verſetzten,
wärmegewohn=
ten Volkes: das tragbare Bronzegefäß (Hibachi, Feuertopf), in
dem die Holzkohlen glühen. Um das glühende Kohlenbecken
ver=
ſammelt ſich die Familie, indem alle die Beine gegen dieſes
Becken ausſtrecken, während eine große, mittels eines
Eiſen=
geſtells über dem Becken ausgebreitete und die ſämtlichen Füße
bedeckende Steppdecke die Wärme zuſammenhält. Alſo lauter
ſehr ungenügende Schutzvorrichtungen in einem Klima, das wie
in Süd=Hondo recht kühle Winter mit leichten Schneegefällen hat,
in Nord=Hondo ſchon reichlich rauh und nordiſch genannt
wer=
den darf.
C.K. Warum iſt der Himmel blau? Die blaue Farbe des
Himmels hat den Menſchen ſeit langem viel zu denken gegeben,
aber ſie iſt ſehr viel früher dichteriſch geſungen, als
wiſſenſchaft=
lich erklärt worden. Seit Hunderten von Jahren ſtreiten ſich die
Gelehrten über eine befriedigende Erklärung der Himmelsbläue,
und die größten Denker haben Anſichten geäußert, die vor dem
Urteil der modernen Phyſik nicht ſtandhalten. Zunächſt war die
Anſicht vertreten, die ja auch heute noch vielfach geteilt wird, daß
die Bläue des Himmels von der Natur der Atmoſphäre
her=
kommt, die die blauen Lichtſtrahlen zurückwirft und die anderen
Farben hindurchläßt. Dieſe Erklärung iſt aber vollkommen irrig.
Leonardo da Vinci, der, wie die meiſten Naturerſcheinungen,
auch die Himmelsbläue einem eingehenden Studium unterwarf,
ſtellte die Theorie auf daß das Blau des Himmels eine Miſchung
des weißen Lichts der Atmoſphäre mit der Schwärze des
Rau=
mes ſei. Für die Entſtehung von Blau aus Schwarz und Weiß
wurde auf die blauen andaluſiſchen Hühner hingewieſen, die
burch eine Kreuzung von weißen und ſchwarzen Hühnern
ent=
ſtehen. Lange Zeit iſt dann Newtons Anſchauung über dieſe
Frage in Geltung geweſen. Der große Phyſiker glaubte, daß
das Blau durch die Interferenz der Lichtſtrahlen hervorgerufen
werde, die von der Oberfläche der Waſſertropfen zurückgeſvorfen
werden, ſo daß das Blau auf dieſelbe Weiſe hervorgebracht wird,
wie die Farben bei den Seifenblaſen. Aber dieſe Theorie iſt
von der modernen Wiſſenſchaft ebenfalls als unrichtig
zurück=
gewieſen worden. Wie der engliſche Phyſiker George F. Sleggs
in einem Aufſatz ausführt, erklärt man heute die Bläue des
Himmels aus der ſogen. „Zerſtreuung” des Lichtes. Unter dem
Einfluß des Sonnenlichtes geben die Moleküle der Luft, ſowie
andere Teilchen, wie Stäubchen, eigenes Licht ab. Die Phyſiker
haben gezeigt, daß, wenn die Teilchen in einem Medium, durch
das Licht geht, ſehr klein ſind, das Licht, das dann entſteht, eine
kurze Wellenlänge aufweiſt, d. h. zum blauen Ende des
Spektrums gehört. Das läßt ſich z. B. beim Rauchen einer
Zigarre zeigen. Der Rauch, der vom Ende einer Zigarre oder
Zigarette aufſteigt, iſt blau, weil die Rauchteile ſehr klein ſind.
Wird der Rauch aus dem Munde geblaſen, dann ſind die
Rauch=
teilchen zuſammengeballt und größer, ſo daß ſie gewöhnlich weiß
erſcheinen. Die „Rauchwolken” die von unſerer Zigarre
auf=
ſteigen, ſtehen alſo mit dem blauen Himel in einem geſetzlichen
Zuſammenhang, der höchſt überraſchend iſt.
T. Taxermäßigung bei den ſchweizeriſchen Bundesbahnen.
Ab 1. Januar 1924 werden die Retourbillets mit 20 Prozent
Rabatt wieder eingeführt.
Seite X.
Dar ſtädter Zngblatt, To erstag den 1. Rovemtb.r 1923.
Rummer 30/
* St. Bürokratius.
Das Finanzelend des Staates iſt zu ollge ein bekannt, al3
daß man darüber noch ein Wort zu verlier=n Frazſ=te. Mit Lifer
wird an dem Problem gearbeitet, wie mn ie Einnaymequeüen
des Staates, in erſter Linie alſo die Steitereinnahmen, erhöhen
könnte. Um ſo merkwürdiger muß es hariißeen, wenn heute trotz
dieſer Verhältniſſe demjenigen, der ſeine Steuern zahlen will, die
erdenklichſten Schwierigkeiten gemacht werden.
Eine große hieſige Firma wollte letzthin die Lohnſteuer an
das hieſige Finanzamt abliefern und hatre, da es ſich um einen
ſehr hohen Betrag handelte, zu dieſem Zeck einen Scheck auf die
Reichsbank ausgeſtellt. Drei Stunden mußte der Kaſſenbote
„anſtehen”, bis er ſchließlich Lis zum Schalter vorgedrungen
war, wo ihm dann die Ercffnung gemacht wurde, daß Schecks
nicht angenommen würden! Eine ſofortige telephoniſche
Be=
ſchwerde hatte den Erfolg, daß nach nochmaligem
anderthalb=
ſtündigem Anſtehen der Kaffenbote ſchließlich doch noch ſeinen
Scheck los wurde. Die Annahme aber, daß damit auch für die
Zukunft die Schwierigkeiten behoben ſein würden, war leider
trügeriſch. Bei der nächſten Lohnſteuerzahlung wiederholte ſich
das gleiche Spiel, nur daß diesmal erklärt wurde, es liege eine
Verfügung vor, nach der nur beglaubigte Reichsbankſchecks
an=
genommen werden dürften!
Da es bei der herrſchenden Zahlungsmittelknappheit den
Firmen faſt unmöglich iſt, die zu ſolchen Steuerzahlungen
erfor=
derlichen Beträge in bar von den Banken zu bekommen, bleibt
alſo nichts anderes übrig, als das Abführen der Steuerbeträge
zu unterlaſſen, wenn man nicht für den Beglaubigungsvermerk
der Reichsbank nochmals eine Gebühr von mehreren hundert
Millionen entrichten will, ganz abgeſehen von der auch durch die
Arbeitsüberhäufung dieſes Inſtituts bedingten ſtundenlangen
Wartezeit.
Und die Kehrſeite der Medaille? Am gleichen Tage ſchickte
die gleiche Firma auf die Hauptſtaatskaſſe, um einen
angewieſe=
nen Rechnungsbetrag zu kaſſieren, erhielt aber dort — ebenfalls
nach ſtundenlangem Warten — den Beſcheid, daß der Betrag aus
Mangel an Zahlungsmitteln nicht beglichen werden könne.
Difficile est satiram non scribere!
— Gewerbemuſenm. Der Direktor des Gewerbemuſeums wird auf
beſonderen Wunſch im Anſchluß an die von ihm angekündigten
Vor=
träge zur Einführung in die Geſchichte des modernen
Kunſtgewerbes auch Uebungen veranſtalten, in denen
Einzelhei=
ten aus dem Gebiet ſeiner Vorträge unter Vorlage von Abbildungen
zur Beſprechung gelangen. Die Zahl der Teilnehmer an den Uebungen
iſt auf 12 beſchränkt. Vorherige Anmeldung iſt daber erforderlich.
Be=
ginn und Zeit der Uebungen wird in den Vorträ en bekannt gemacht,
Der Beginn der Vorträge iſt am 2. November, 6½ hr.
— Keine Feier auf dem Waldfriedhof. Von der
Stadt=
verwaltung wird uns mitgeteilt, daß am 1. November (
Aller=
heiligen) auf dem Waldfriedhof im Hinblick auf die Beſetzung
von jeder Feier abgeſehen werden muß. Es wird ſich für die
Vereine empfehlen, an den kirchlichen Fejern auf dem alten
Friedhof teilzunehmen.
— Die Freie literariſch=künſtleriſche Geſellſchaft führt am nächſten
Montag, den 5. November, 7½ Uhr, im Mathildenhöhſaal die junge
Tänzerin Trudi Moos mit einem Tanzabend in Darmſtadt
ein. Obwohl erſt 17 Jahre alt, iſt Trudi Moos eine auswärts ſchon
ſtark gefeierte Größe. So ſchreibt Dr. Willo Uhl in der Frkft. Ztg.
„Sie iſt eine Tänzerin, die in den Nöten dieſer Zeit über täglich wie
nächtlich gebotene Flachheit des ſogen. Tanzes triumphiert mit ihrer
Jugend, ihrer Friſche, ihrem Können.” Volksſtimme: „Die reizvolle,
kindliche Natürlichkeit ihrer Bewegungen, die eigenartige Phantaſie in
der Erfindung ihrer Tänze, endlich aber der überzeugende, ganz in der
Muſik aufgehende Ausdruck dieſer Bewegungen hinterließen Eindrücke,
die über den Augenreiz, einen ſchönen Körper zu ſehen, hinausgingen
und eine rechte Freude erweckten.” — Der Vorverkauf bei Buchhandlung
A. Bergſträßer iſt eröffnet. (S. Anz.)
* Neues Porto. Ab heute koſten Poſtkarten im
Orts=
werkehr 20 Millionen, im Fernverkehr 40 Millionen; Briefe
bis 20 Gramm im Ortsverkehr 40 Millionen, im Fernverkehr
100 Millionen, bis 100 Gramm im Ortsverkehr 60 Millionen,
im Fernverkehr 140 Millionen; Druckſachen bis 25 Gramm
20 Millionen, bis 50 Gramm 40 Millionen, bis 100 Gramm
60 Millionen, bis 250 Gramm 100 Millionen.
L. Zweite Verordnung zur Ausführung des Reichsgefetzes über
Mieterſchutz und M.E.A. Mit 31. Oktober iſt in Heſſen in Geltung:
In allen Fällen, in denen die geſetzliche Miete gilt, iſt ſowohl Vermieter
als Mieter berechtigt, die Zahlung des Mietzinſes in Monats
abſchnitten zu verlangen. — In Bayern hat der
Generalſtaatskom=
miſſar mit Wirkung vom 1. November bereits weitergehend angeordnet:
Die Vermieter haben den Mietern auf Verlangen zu geſtatten, den
Mietzins in wöchentlichen Naten zu zahlen.
Zuwiderhandlun=
gen gegen dieſe Verordnung werden mit Geldſtrafe, deren
Höchſt=
maß unbeſchränkt iſt, beſtraft. Die gleiche Strafe trifft
Ver=
mieter, die ihrer in § 6, Abſ. 1 R.M.G. begründeten Verpflichtung, der
Mietervertretung auf Antrag die Verwendung der
Inſtandſetzungs=
zuſchläge nachzuweiſen, nicht nachkommen oder gegen die hierüber etwa
ergehenden Ausführungsvorſchriften verſtoßen.
*
Hundgebungen
Zamgniſfiſcher Verbände gegen das beſſiſche
Lanzesbiidungsgmt.
Sachſen:
Der unierzeichnete Laud=sherbaud fericht dem heſſiſchen
Bruderver=
hand die wärmſte Sympathie und die herzlichſten Wünſche für den Sieg
im gereibten Kampfe aus, den er für die auch uns heilige Sache zum
Schutze der edelſten Güter unſeres Volkes zu führen hat.
(ade bei dem keindeutſchen Heſſenſtamm hat ſich der Humanismus,
gefördert durch ſeine höheren und Hochſchulen, einer beſenderen Blülte
bisher zu erfreuen gehaht, und es iſt von ihm auch für das übrige
Deutſchland manches Vorbildliche geſchaffen worden.
In einer Zeit beiſpielloſer Bedrängnis und Verarmung des
Vater=
landes will Kurzſichtigkeit oder Mißgunſt und Neid
unter Verkennung der tatſächlichen Verhältniſſe
unſerem Volke auch noch das letzte und edelſte Gut, was es ſein eigen
nennt, verkümmern: ſeine hervorragende Bildung, um die uns bisher
die Welt beneidet hat. Während im Auslande, in Skandinavien,
Ame=
rika und beſonders in Frankreich der Betrieb der klaſſiſchen Sprachen auf
den höheren Schulen gerade in letzter Zeit immer mehr verſtärkt wird
während ihn namentlich Frankreich geradezu wieder in den Mittelpunkt
alles höheren Unterrichts gerückt hat, ſucht man ihn in Deutſchland
viel=
fach zu beſchränken und zu verdrängen. Das geſchieht unter dem Einfluß
des, wie ſchon oft nachgewieſen, völlig unberechtigten Schlagwortes von der
Einheitsſchule und unter dem Vorwurf, das Gymnaſium ſei eine
Stan=
desſchule. Keine Zeit iſt aber ungeeigneter, den fremdſprachlichen
Be=
trieb, zunächſt den des Lateiniſchen, das die Grundlage ſo vieler für uns
jetzt vor allem wichtiger Fremdſprachen bietet, einzuengen, als die
gegen=
wärtige, wo Deutſchland in ſo ſtarkem Maße auf das romaniſche
Aus=
land, beſonders die ſpaniſch und italieniſch ſprechenden Länder,
angewie=
ſen iſt. Keine Zeit braucht vor allem mehr die Erhebung durch alle die
Ideale edelſten Menſchentums, die die Antike in unvergleichlicher Hoheit
ausgeprägt hat, als unſere in kraſſen Egoismus und Materialismus
ver=
ſunkene Zeit. Keine Zeit verlangt namentlich mehr nach dem Verſtänd
nis für eine geſunde Entwickelung des Staates, wie es durch die
ein=
dringende Kenntnis von der freiheitlichen Beſtaltung der griechiſchen
Demokratie und die Begeiſterung für die vorbildliche Hingabe des
Römers an die Allgemeinheit, die res publica, in der Jugend geweckt
wird, als unſere unglückſelige Zeit, in der der Staatsgedanke
unter dem Einfluß parteipolitiſcher Einſtellung
immer mehr dahinſchwindet.
So erklären wir denn auch unſererſeits, daß wir inder
huma=
niſtiſchen Bildung eines der edelſten Güter unſeres
Volkes ſehen, und daß wir in einem ſtarken
Beſchrän=
ken der humaniſtiſchen Jugendbildung in den
höhe=
ren Schulen eine der ernſteſten Schädigungen der
allgemeinen Volkserziehung erblicken würden.
Der Landesverband Sachſen der Vereinigungen
fſit 4u
für humaniſtiſche Bildung.
Bahern:
Die humaniſtiſchen Kreiſe Batgrns begleiten mit lebhafter
Sympa=
thie den Abwehrkampf, den die Gymnaſien Heſſens gegen die
verhäng=
nisvollen Beſtrebungen ihrer Regierung führen. In einer Zeit, wo nur
der Dollar und die Milliarde noch zu Wort zu kommen ſcheinen, gilt es
für uns doppelt, alles was von Idealen noch im deutſchen Volke ſteckt,
zu ſchirmen und zu ſtärken, die Jugend zu bewahren vor dem Irrtum,
daß nur im Rechenwert ein Wert ſteckt. Nein, wer dieſer die ganz
an=
deren Ewigkeitswerte der Antike raubt und beſchneidet, verſündigt ſich
ſchwer an ihr und damit am ganzen Vaterlande. Gerade in der Zeit der
Erniedrigung ſoll uns nichts von echter Geiſteskultur verloren gehen,
Deutſch ohne antiken Einſchlag aber wäre ein Baum ohne Wurzel, eine
Statue ohne Baſis. Denken und urteilen lernen wollen wir an denen,
die uns die Denk= und Urteilsformen gegeben haben, unſeren Geiſt
ſtäh=
len in der ſtraffen Logik der antiken Sprachen, Gefühl und Sinn bilden
an den Schöpfungen derer, deren höchſter Ehrentitel war, ſchön und gut
zu ſein, immer wieder wollen wir uns wärmen an der Sonne Homers.
Wenn ſelbſt im Mammonlande Amerika der Ruf ertönt: „We want
ideals; zurück zu den Griechen”, wollen wir nicht wegwerfen, was unſer
Volk und ſeine größten Meiſter ein Jahrhundert erbaut und erhoben
hat, damit andere auch dieſes noch aufheben und aus dem Schatz für ſich
Münzen ſchlagen. Woran wir uns im Innern aufrichten können, das
ſoll nicht dem Streben der „Banauſoi” und Ultilitätsapoſtel zum Opfer
fallen.
Die Vorſtandſchaft des Landesverbandes der Freunde
des humaniſtiſchen Gymnaſiums in Bayern.
Frankfurt:
Der Bund der Freunde des humaniſtiſchen Gymnaſiums in
Frank=
furt a. M. und den Nachbarſtädten, der viele hundert Männer und
Frauen der verſchiedenſten Berufe umfaßt, grüßt den Humaniſtiſchen
Landesverband für Heſſen.
Wir verſichern ihn unſerer aufrichtigen und herzlichen Teilnahme an
ſeinem Kampf um die Erhaltung der heſſiſchen Gymnaſien als Stätten
wirkſamer humaniſtiſcher Bildung.
Wir halten es für kurzſichtig und unverſtändig, um der an ſich
wünſchenswerten Erprobung neuer Schülreformen willen, noch dazu
vor der Gewinnung eindeutiger Verſuchsergebniſſe, den humaniſt
Bildungsanſtalten durch Verſtümmelung ihrer eigentümlichen Lehr
weitere Wirkungsmöglichkeit zu rauben. Wir warnen gerade in
Zeit mit ganz beſonderer Eindringlichkeit vor ſolcher kaum wiede
zu machenden Verkümmerung der humaniſtiſchen Anſtalten.
Mehr als je bedürfen wir heute der Pflege wahrhaft humaniſ
Bildung. Ihr allein iſt es um die Bildung des ganzen Menſcher
nicht nur um „real” verwendbare Kenntniſſe und Fertigkeiten zu
Sie nur vermittelt der hierzu fähigen Jugend ein lebendiges Ver
nis aller für den deutſchen Menſchen weſentlichen Werte,
und wo immer ſie gewachſen und ob ſie der Entfaltung oder, wie
die klaſſiſchen, auch der Zucht deutſchen Weſens dienen.
Darum dürfen die Wege zu klaſſiſcher Bildung nicht dadurck
baut werden, daß die Erwerbung des notwendigen Sprachverſtänd
verhindert wird. Gegen jeden ſolchen Verſuch wollen wir uns uner
terlich und treu verbunden wehren mit allen unſeren Kräften!
Bund der Freunde des humaniſtiſchen
Gymnaſi=
in Frankfurt a. M. und den Nachbarſtädten.
Marburg (Lahn):
Dem Humaniſtiſchen Landesverband in Heſſen entbietet die (
ſchaft der Freunde des humaniſtiſchen Gymnaſiums in Marburg w
brüderliche Grüße! Wer dem Gymnaſium ſeine Eigenart nimmt
einſchränkt, der verkennt die Geſchichte der deutſchen Bildung und
ihrer Weiterentwicklung. Griechiſche Freiheit und römiſche Geiſtes
gezügelt durch die Milde des Chriſtentums: das iſt deutſcher Hun
mus! Für ihn wollen wir überzeugungstreu und, wenn nötig, rüdk
los weiter kämpfen, Schulter an Schulter auch mit den Freund
Darmſtadt.
J. A.: Geh. Nat Univ.=Prof. Wre
Mainz:
Der Bund der Freunde des humaniſtiſchen Gymnaſiums in 2
erblickt in den Reformbeſtrebungen des Landesamts für das Bild
weſen eine ſchwere Bedrohung der Grundlagen der höheren Schulen
unſerer Kultur; er bedauert auf das Lebhafteſte, daß die oberſte
behörde des Landes die Zeiten höchſter völkiſcher Not für geeign
achten konnte, ſolche Fragen zur Erörterung zu ſtellen, die die C
trennen müſſen, ſtatt ſie zu einen. Er begrüßt dankbar alle Schritt
unternommen werden, um die Entſcheidung in dieſen Fragen einer
vorzubehalten, die, frei von der augenblicklichen Erregung, in
das Für und Wider gerecht abzuwägen vermag.
Für den Bund der Freunde d. human. Gym. in M
Nees, Landgerichtspräſident, Vorſitzender.
Auo
— Die Auszahlung der laufenden Zuſatzrenten (weitere Erhö
für Oktober und die erſte Novemberwoche) für nicht im Erwerbs
ſtehende Schwerbeſchädigte, Hinterbliebene, Altrentner und Altrentt
nen, findet am Freitag, den 2. November 1923, vormittags vor
bis 12½ Uhr, auf der Stadtkaſſe ſtatt.
— Evangeliſcher Bund. Am nächſten Sonntag, den 4. Nove
abends 8 Uhr, veranſtaltet der hieſige Zweigverein des Evangel
Bundes wie alljährlich zum Gedächtnis der Reformation eine Lut
feier. Im Mittelpunkte der muſikaliſch umrahmten Feier ſteh
Vortrag, den Herr Pfarrer Storck=Langen über das Thema „Lu
der Retre: in deutſcher Not”, halten wird. Gerade in dieſer drück
Notzeit, wo ſo viel auf uns laſtet, wird es zum Bedürfnis, an der
ſtalt des Reformators ſich aufzurichten. Was das deutſche Volk br
um durch die Gegenwartsnöte hindurchzukommen, iſt Glaubenstrot
Sebensmut, ſo wie ihn Luther hatte. Darum werden alle evangel
Glaubensgenoſſen zu dieſer Feier herzlich und dringend einge
Der Eintritt iſt frei.
— Merckſches Notgeld. — Warnung vor Schwindel. Wie bel
war die Firma genötigt, am 22. Oktober abermals Notgeld in Sch
von 5, 10 und 20 Milliarden zur Entlohnung der Werksangehe
herauszugeben, weil die Reichsbank kaum den zehnten Teil der
erf=
lichen Summen in Reichsgeld zur Verfügung ſtellen konnte.
Norgeld — rot überdruckte Scheine des Auguſt=Notgeldes — wird
eine ganz kurze Umlaufszeit haben und in aller Kürze wieder
gerufen werden. Außer dieſem Notgeld hat die Firma Feſtme
Gutſcheine im Nennwert von 1, 2 und 5 Feſtmark (eine Feſ
gleich eine Goldmark) an Angeſtellte und Arbeiter ausgegeben
lediglich für den inneren Verkehr innerhalb der Firma beſtimmt
und die Werksangehörigen vor der Entwertung ihrer Bezüge nad.
Auszahlung ſchützen ſollen. Grundſätzlich ſollen dieſe Gutſcheme
als Zahlungsmittel dienen. Soweit ſie infolge der Zahlungsmitt
doch in Zahlung gegeben worden ſind, empfiehlt ſich alsbaldige
lieferung an die Kaſſe der Firma, bei der ſie zum Berliner Br.
kurs des Vortages der Vorlage in Zahlung genommen werder
Der Firma iſt mitgeteilt worden, daß gedruckte Zahlungsverſpr
mit E. Merck unterzeichnet und auf Dollar lautend, in einem Ge
vorgezeigt worden ſind. Es braucht wohl nicht geſagt zu werden
es ſich hier um einen plumpen Schwindel handelt. Vor Annahme
ſolchen Scheines wird dringend gewarnt und gebeten, den Vor
ſofort polizeilich feſtſtellen zu laſſen.
— Orpheum. — Bertram’s Operettenſpiele. Guſtav
Bert=
der volkstüimliche beliebte Operettenkomiker, kehrt mit eigenem Enſt
ab morgen, Freitag, 2 November, wieder im Orpheum ein, um
Winterſpielzeit zu beginnen. Als erſtes Stück ſteht die dreiaktige
rette: „Die Herren von und zu .. .” von Jeau Kren,
von Robert Winterberg, auf dem Spielplan. Das amüſante Werk
zuletzt in Leipzig vier Wochen lang durch das Bertram=Enſemble g
Erfolge. — Heute, Donnerstag, 1. November, fällt die Vorſtellung 1
Vorbereitung aus. — S. Anzeige.
Sorgen des Alſtags.
Einſendungen aus dem Leſerkreis.*)
Unbeſchreibliche Zuſtände herrſchen wohl an allen Orten der
Gas=
zahlſtellen, und nur der Sanftmut der Darmſtädter Bevölkerung iſt es
zu verdanken, daß es noch nicht zu Schlägereien gekommen iſt. Wenn
die Berechnung der Gaspreiſe ſchon berechtigte Entrüſtung (nicht der
Preſſe, ſondern der Bevölkerung) hervorgerufen hat, ſo müßte
wenig=
ſtens die Direktion der ſtädtiſchen Betriebe der Bevölkerung ſo viel
ſoziales Verſtändnis entgegenbringen, daß die Zahlſtellen auch den
größten Andrang in kürzeſter Zeit bewältigen könnten. Was ſich geſtern
wieder z. B. in der Waldſtraße abgeſpielt hat, ſpottet einfach jeder
Be=
ſchreibung. Ich ſelbſt habe geſehen, daß die Rettungswache geholt
wer=
den mußte, da eine Frau ohnmächtig geworden war. Wohl aller
An=
weſenden bemächtigte ſich eine furchtbare Wut wegen dieſer Zuſtände
an den Zahlungsſtellen. Ich glaube beſtimmt im Sinne Aller zu
ſpre=
chen, wenn die Direktion der ſtädtiſchen Betriebe für körperliche
Schä=
den, die durch das lange Stehen verurſacht werden, verantwortlich
gemacht wird. — Am beſten würde es ſein, daß unter ſolchen Umſtänden
und Zuſtänden die Bezahlung an den Zahlſtellen unterbliebe und dieſe
durch Ueberweiſung vorgenommen würde, denn ſo diel Zeit,
ſich 2—4 Stunden anzuſtellen, dürfte vvohl niemand haben. — Immer
und immer wieder höre ich, daß ſolche Zuſtände nur in Darmſtadt
mög=
lich ſeien, und ich bin der Preſſe außerordentlich dankbar, daß ſie unſere
Intereſſen bisher ſo gut vertreten hat.
Noch ein Beitrag zum Gaspreis.
Infolge der Bekanntmachung der Stadt, betr. die Ausfertigung
und Zahlung der Rechnungen, herrſchte ſeit Samstag ein ſolcher Maſ
ſenandrang in den Kaſſeſtellen, daß es trotz mehrſtündigen Wartens
nich=
möglich war, an die Kaſſe zu kommen und Tauſende unverrichteter
Sache umkehren mußten. Wie kann nun von der Stadt den Leuten,
denen durch Schuld der Stadt (ungenügende Organiſation bei
Maſſen=
andrang) die Möglichkeit der Zahlung nach dem Kurs der letzten Woche
genommen war, eine erhöhte Indexzahl und Dollarkurs berechnet
wer=
den? Muß das nicht verbittern? Der mögliche Einwand, daß alle
Ein=
künfte dem erhöhten Index und Dollarkurs angepaßt werden, ſpricht
den Tatſachen Hohn und bedarf keiner Widerlegung.
*
Die in Nr. 301 des Tagblatts abgegebene Erklärung der Direktion der
ſtädtiſchen Betriebe über die geleiſtete Vorausbezahlung von Gas und
Waſſer beweiſt wiederum, wie man ſich die Sache leicht macht, und
glaubt, mit dem als Vorſchuß gezahlten Geld der Verbraucher machen
zu können wie es beliebt. Es iſt eine himmelſchreiende Ungerechtigkeit,
die geleiſteten Vorſchußzahlungen direkt als hinfällig zu erklären;
wäh=
rend diejenigen, die keine Zahlung geleiſtet haben, im Vorteil ſind, wird
*) Für die Veröffentlichungen unter dieſer Ueberſchrift übernimmt die Redakiion
keinerlei Verantwortung; für ſie bleibt auf Grund des § 21 Abſ. 2 des
Preſſe=
geſetzes in vollem Umfange der Einſender verantwortlich.
Einſendungen, die nicht verwentet werden, können nicht zurückgeſandt, die Ablehnung
nicht begrundet werden.
der andere Teil für ſein Entgegenkommen noch beſtraft. Wie man
einen geleiſteten Vorſchuß in eine Kalkulation einſetzen kann, wenn nur
ein Teil der Verbraucher dieſen geleiſtet hat, iſt mir unverſtändlich,
und — dies beweiſt wiederum, welcher kaufmänniſche Geiſt bei der
Lei=
tung des Gas= und Waſſerwerks herrſcht. Im übrigen betrachte ich den
Einwand, die Vorauszahlung ſei einkalkuliert, als eine Ausrede; denn
wenn die Stadt, wie ſelbſt zugeſtanden,, in ihren Betrieben keine
kauf=
männiſche Buchführung hat, beſtreite ich, daß es ihr überhaupt möglich
iſt, eine ſachliche und einwandfreie Kalkulation aufzuſtellen, ſondern
behaupte, daß ſie bezüiglich der Selbſtkoſten völlig im Unklaren iſt.
Ich ſtelle an die Direktion der ſtädtiſchen Betriebe die Frage, ob ſie
es für gerecht hält, wenn jemand am 1. Oktober, entſprechend dem
Ver=
brauch im September, für 100 Kubikmeter Gas Vorſchuß geleiſtet hat
und infolge eines Umſtandes im Oktober nur 50 Kubikmeter verbrauchte,
daß dieſer gezwungen wird, auf ſein Guthaben, das infolge der ſeit
1. Oktober eingetretenen Entwertung heute entſprechend höher
ange=
rechnet werden muß, zu verzichten.
Es wäre ſehr intereſſant, von juriſtiſcher Seite einmal zu hören,
ob die Direktion bzw. die ſtädtiſche Behörde überhaupt zu dieſer
Maß=
nahme berechtigt iſt. Es mutet einem ſonderbar an, wenn die Stadt bei
den Steuern, wenn ſolche nicht zum beſtimmten Zeitpunkt bezahlt ſind,
entſprechend der Entwertung einen Zuſchlag fordert, während ſie der
Vorſchuß für Gas und Waſſer einfach einſtecken will, ohne etwas dafür
als Gegenleiſtung zu geben. Ueber die Frage der Gültigkeit der gelöſten
Gutſcheine ſchweigt ſich die Direktion auch weiter aus. Das läßt
ver=
muten, daß den Inhabern dieſer Scheine allerhand Ueberraſchungen
bevorſtehen.
Die Kokspreiſe
die von der Verwaltung des Gaswerks gefordert werden, müſſen —
gleichwie es mit den Gaspreiſen geſchehen — einer Reviſion unterzogen
werden. Koſtete im Frieden ein Hektoliter Bohnenkoks, wie er
als Hausbrand gebraucht wird, etwa 40 Pfg., und ſtieg er dann
ent=
ſprechend den Preiſen im allgemeinen, ſo muß die jetzige Steigerung
geradezu in Schrecken verſetzen. Vor etwa drei Wochen erhielt man den
Hektoliter für 120 Millionen, und am Samstag mußte man
39 Milliarden Mark für einen Hektoliter aufzählen. Das mag
rechneriſch — aber nach welcher Goldmarkrechnung? — ja eine Leichtig,
keit ſein. Ein gewaltiger Unterſchied aber iſt es für den Abnehmer, alſo
für den Verbraucher von Bohnenkoks. Es gab eine Zeit, und wenn es
kälter wird, kommt ſie ſicher auch wieder, wo nach Hausbrandkoks die
Leute mit allerlei Transportgeräten Polonäſe ſtanden. Unter dieſen
Verbrauchern wurden allerdings wohl nie die Herren bemerkt, welche
die Preiſe feſtſetzen. Aber aus Arbeiterkreiſen, Familien mit mehreren
Kindern und einem Verdiener, alſo Leute mit geringen Mitteln, holten
ſich Samstags ihr Brennmaterial am Gaswerk. Die jetzigen Preiſe
machen aber in ihrer Höhe auch dieſe Gelegenheit unmöglich. — Da
der Koks doch gewiſſermaßen ein Nebenprodukt des Gaswerks iſt reſp.
ſchon ſeinem eigentlichen Zweck gedient hat, wäre m. E. ein niedriger
Preis anzuſetzen. Die Herren der Verwaltung möchten deshalb prüfen,
ob ſich nicht ein bedeutend ermäßigter Preis ermöglichen
ließe. Eigentlich hätte die Stadtverordnetenſitzung letzthin ſchon dieſen
Punkt mit erledigen müſſen. Eile tut hier not. Langte mein Geld zum
Kohlenkauf, würde ich auf Koks verzichten; aber bei ſparſamſter
Wirt=
ſchaftsführung konnte ich ſelbſt im Sommer nicht für Brand ſorgen.
Ob ich es allein bin?
Braucht die Stadt Geld?
Die Diskonto=Geſellſchaft errichtet, wie wohl allgemein bekann
Ecke Grafenſtraße und Rheinſtraße einen Neubau. Dem genauer
ſehenden kann es dabei nicht entgehen, daß zwiſchen dem Stadthaus
dieſem Neubau ein Geländeſtreffen von 1 Meter Breite frei bleibt
der Neubau eines Tages fertig, dann wird ſich herausſtellen, daß
Streifen das Straßenbild Darmſtadts, das ohnehin mancherlei Ver
rungen nötig hätte, in ſchlimmſter Weiſe verunziert, ganz abgeſehe
von, daß ſo ein Schmutzfänger entſteht, der ſchon aus hygieniſchen C
den unbedingt abzulehnen iſt.
Man ſollte nun meinen, die Stadt habe aus den angeführten C
den, die jedem ſofort einleuchten, alles mögliche verſucht, um die
ſtehung eines ſolchen Bauwiſches zu verhindern, der ihr doch nich
geringſten etwas nützen kann. Um ſo überraſchter iſt man da
wenn man von durchaus authentiſcher Seite hört, die Diskonto=”
ſchaft habe die Stadt gebeten, ihr dieſen Streifen zum Preis
2000 Goldmark zu überlaſſen, und die Stadt ſei auf 1
Angebot nicht eingegangen. 2000 Goldmark, das ſind mehr als 35 1
lionen Papiermark. Ich frage nun hiermit an: Glaub=
Stadt, daß ſie noch einmal irgend jemand findet, der ihr dieſen St
abkauft? Oder wozu gedenkt ſie nun dieſes Stück Erde, eingekeilt
ſchen zwei Häuſer, zu verwenden? An einen Umbau des Stadth
iſt doch wohl ſchon „aus finanziellen Gründen” kaum zu denken.
halb iſt alſo die Stadt, die doch in den größten finanziellen Schſut
keiten ſchweben will, auf dieſes günſtige Angebot nicht eingegangen.
ihr in dieſer Form ſicher nicht wieder gemacht wird?
Die Mietberechnung.
Die neue Mietberechnung, die in Nr. 300 mitgeteilt wurde un
erſtmals für die Novembermiete angewendet werden ſoll, beträe
Prozent der Friedensmiete, welcher Satz mit dem Lebenshaltungs
vom 25. Oktober (3045 Millionen) bei Zahlung bis 5. November
ſchließlich, für ſpätere Zahlung mit dem Index vom 15. November
vielfacht wird. In dieſer Summe ſind die Zuſchläge für Steigerun
Zinſen, Verwaltungskoſten, Inſtandſetzungskoſten und die Grund
einbegriffen. Betriebskoſten werden im Umlageverfahren erledig,
Da aus der miniſteriellen Mitteilung nicht hervorgeht, wie die
Prozent errechnet ſind, darf wohl ein Aufſchluß darüber von de
ſtändigen Stelle erwartet werden, um ſo mehr, als bei den wechſe
Berechnungen es ſich doch um Verſuche, das Richtige zu treffen, ha
dürfte. Aus Bayern wird nämlich bekannt, daß dort die Nove
miete in der Hauptſache wie die Oktobermiete berechnet wird, nu
dem Unterſchied, daß die Prozentſätze zur Berechnung der Zuſc
für Betriebskoſten und Inſtandſetzungsarbeiten herabgeſetzt
den. Die Zuſchläge für die Inſtandſetzungsarbeiten wurden auf 2
gegen 4 Proz. im Oktober feſtgeſetzt. Dieſe Zuſchläge werden aue
November mit dem Lebenshaltungsindex vervielfacht. Und zwar in
Weiſe, daß bei Vorauszahlung der Novembermiete der
vom 1. November, bei Nachzahlung derſelben der Index vom 29.
maßgebend ſein ſoll. Bei wöchentlicher Zahlung, die ja in Heſſei
nicht eingeführt iſt, vielleicht aber ſchon erwogen wird, iſt der
maßgebend, der vor der Zahlung zuletzt bekannt gegeben wurde.
Bayern iſt ſchließlich noch zu erwähnen von Intereſſe, daß dort
fil=
bevorzugten Mieter (Kleinrentner uſw.) der Berechnunk=
Mietzuſchläge auch in der letzten Oktoberwoche ein Lebenshaltungs!
von 300 Millionen zugrunde gelegt wurde. Vielleicht kann
auch in dieſen Dingen in Heſſen einmal etwas von Bayern lernen,
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Rummer 302,
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Darmßädter Tagblatt, Donnerstag, den 1. Nobember 1923.
—
Seite 5.
B0
Kirchlicher Gemeindetag.
indetag Anteil nahmen. Poſaunentöne von der Stadtkirche aus
eten ihn ein. In allen evangeliſchen Kirchen wurde die Bedeutung
Kirche und des Gemeindelebens für das religiöſe Leben in den
ttelpunkt der Feier geſtellt, und die Gemeindeglieder beteiligten ſich,
lreich daran. Beſonders verheißungsvoll für den kirchlichen
Auf=
vung iſt die Tatſache, daß der Jugendgottesdienſt von großen
Scha=
junger Leute beſucht war. Den größten Teil dieſer Scharen bildete
„Jugendbund für entſchiedenes Chriſtentum”; ihr Leiter,
Studien=
ſſor Dr. Avemarie, ſtellte in ſeiner Predigt die evangeliſche Kirche
trauernde Mutter dar, die vom Jammer um ein ſterbendes Volk
illt iſt und alle Kräfte mobil machen möchte, um zu ſtärken, was
ben und verzagen will.
Die am Nachmittag für alle Stadtgemeinden in der Stadtkirche
teinſame Feſtverſammlung, in der auch Nachbarorte
ver=
en waren, erlebte eine Feier von tiefem Eindruck, von der man
er=
ten kann, daß ſie den Teilnehmern undergeßlich bleiben wird. Nach
m in die Bedeutung der Feier einführenden Wort des Leiters der
tverſammlung, Profeſſor D. Dr. Schian, wurden drei, bei aller
otenen Knappheit der Ausführungen inhaltreiche Vorträge geboten.
Präſident der heſſiſchen Kirchenregierung, Prälat D. Dr. Diehl,
nachdem er im Beginn ſeines Vortrages die intereſſante Geſchichte
Verwirklichung des Gemeindegedankens in Darmſtadt in den letzten
Jahren in Erinnerung gebracht hatte — wir nennen einige Daten:
Gründung der Martinskirche, 1892 Bildung der Martinsgemeinde,
Bildung der Johannesgemeinde, 1898 Teilung der Beſſunger
Ce=
nde und Bildung der Petrus= und Panlusgemeinde, Schaffung
underer Seelſorgegemeinden innerhalb der Stadtgemeinde —, ſeine
e ausklingen in dem Preis der religiöſen Kirche, „Der Kirche Got=
und in dem ernſten Rufe „Mehr Kirchenbewußtſein!“
Profeſſor
Dr. Schian hatte ſich zum Thema eine Frage geſtellt, die bis vor
zem noch den Darmſtädter Gebildeten als ſelbſtverſtändlich in
ver=
endem Sinn zu beantworten erſchienen iſt, die Frage: „Kirchenloſe
gion oder Kirche?‟ Er beantwortete ſie mit Gedanken, die den
cern zugleich neuartig und überzeugend waren, die Bedeutung der
einſchaftsbildenden religiöſen Kräfte darſtellend. Wie ſehr die neue
faſſung von der Kirche in den Gemeinden lebendig geworden iſt,
te die dritte Rede des Kirchenvorſtehers Oberreallehrer Sann. Sie
denen, die etwa noch der Meinung waren, als ob das Leben der
che nur in dem Hören der Predigt beſtehe, ein Bild des
vielder=
igten reichen Gemeindelebens unſerer Stadt mit ihrer
Seelſorge=
eit, ihrer Gemeindepflege, den Schweſtern= und Brüderſtationen und
allem ihren kirchlichen Mänuer=, Frauen= und Jugendvereinen, und
eigte die finanziellen Nöte, in denen ſich alle dieſe Unternehmungen
ch die Geldentwertung befinden. Einen Eindruck von der Pflege
Kunſt in unſerer Kirche gaben zwei Chorgefänge des
Kirchengeſang=
ins der Stadtgemeinde und die von Stadtorganiſt Borngäſſer zum
luſſe der Feier vorgetragene Fuge von J. S. Bach. Die
Anteil=
me der Gemeindeglieder zeigte, wie gerade in den Städten das
Ver=
idnis für die Bedeutung der Kirche und die Liebe zu ihr zunimmt,
auch bereit iſt, die notwendigen Opfer für ſie gerne zu bringen.
Lokale Veronſtaltungen.
bierunter erſcheinenden Notizen ſind ausſchließtich als Hinweiſe auf Anzeigen zu betrachten,
in keinem Falle irgendwie als Reſprechmg oder Kritit.
— Kriegerverein Darmſtadt E. V. Sämtliche Mitglieder
Freunde des Vereins ſowie die Kameraden der Regimentsvereine
den zu dem am Samstag, den 3. 11. 1923 abends, im Fürſtenſaal
fenſtraße, ſtattfindenden gemütlichen Abend mit Damen (Konzert,
ang, Vorträge und ſonſt. angenehme Unterhaltung) eingeladen.
— Die der Arbeitsgemeinſchaft angehörigen
gendverbände Darmſtadts ſeien auf den am nächſten
istag, den 3. November, ſtattfindenden Märchenabend für Aeltere
Johannesgemeindeſaal aufmerkſam gemacht. Die bekanntgegebene
tiſche Jugendtagung (Thema: „Der Uebergang von der formalen
organiſchen Demokratie”; gilt als geſchloſſen. Näheres durch die
bands= und Gruppenleiter.
Aus den Parteien.
Deutſche Volkspartei. In Berückſichtigung des
Umſtan=
daß gerade in der jetzigen Zeit Aufklärung über die außen= und
enpolitiſchen Vorgänge mehr als je notwendig iſt, die Preſſe aber
lge ihrer durch die Not der Zeit verminderten Auflagen dieſem
ngenden Bedürfnis leider nicht in erwünſchtem Umfang zu
entſpre=
vermag, wird Oberreallehrer Kahl in den nächſten Wochen in
er größeren Anzahl von Ortsvereinen in Oberheſſen Vorträge über
gegenwärtige politiſche Lage abhalten und dabei Gelegenheit neh=
, die gegen die Deutſche Volkspartei während der letzten Zeit
gerich=
n Angriffe zu beleuchten und zurückzuweiſen.
Deutſche Volkspartei. Nidda, 29. Okt. Die hieſige
gruppe der Deutſchen Volkspartei veranſtaltete am geſtrigen
Sonn=
eine öffentliche Verſammlung, in der Herr Generalſekretär
Koll=
aus Darmſtadt über die Regierung Streſemann ſprach. In
ein=
halbſtündigem Vortrage gab der Redner einen Ueberblick über die
wicklung der politiſchen Lage und forderte auf, ſich rückhaltlos hinter
Reichsregierung zu ſtellen. Die Einheit des Reiches müſſe uns
er=
en bleiben. Der Leiter der Verſammlung, Herr Amtsgerichtsrat
ahl ſprach dem Redner des Abends für ſeinen überzeugenden und
unden Vortrag, der ſich zu einer Vertrauenskundgebung für den
hskanzler Dr. Streſemann geſtaltete, den herzlichen Dank der
Ver=
mlung aus. Der Vortrag war von Angehörigen aller Parteien
rordentlich gut beſucht. Von der gebotenen Möglichkeit einer
Aus=
che wurde von keiner Seite Gebrauch gemacht, ſondern dem Redner
h reichen Beifall allgemeine Zuſtimmung bekundet.
Griesheim, 31. Okt. Die Enthüllung eines
Ehren=
s der hieſigen Gefallenen fand am Sonntag ſtatt.
r ſtarker Beteiligung der Einwohner ſammelte man ſich mit den
hörigen der Gefallenen an der Bürgermeiſterei, wo ſich der
Feſt=
nach dem Standort des Ehrenmals, neue Schule, Friedrichſtraße,
egte. Die Feuerwehr hatte das Abſperrkommando übernommen.
Choral leitete die Feier ein. Alsdann ſangen die Schulkinder ein
Schwerkriegsbeſchädigter, Kamerad Peter Schüler, hielt die
Be=
ungsanſprache, dankte allen, die an dem Ehrenmal mitgearbeitet
n, beſonders Herrn Bildhauer Feldmann für den Entwurf und dem
geraden Feuerbach, der ſeine ganze Kraft für das Ehrenmal eingeſetzt
Die Geſangvereine trugen einen Maſſenchor vor, worauf Herr
rich Feuerbach, Gemeinderat, die Feſtrede hielt, die er mit den
ten ſchloß: „Kein Menſch ſteht für ſich allein, wir alle müſſen
hilf=
ſein.‟ Es folgten nun drei Prologe der Schulkinder, bei dem
iten Prologe die Enthüllung des Ehrenmals. Anſchließend übergab
r Feuerbach dem Bürgermeiſter Schüler das Ehrenmal mit den
rten: „Jedem Krieger zur Wehr, den Kindern zur Lehr, den
Ge=
nen zur Ehr‟. Der Herr Bürgermeiſter übernahm das Ehrenmal
den Schutz der Gemeinde. Nach einem weiteren Chor der
Geſang=
eine ſprachen die drei Geiſtlichen. Nach einigen Kranzniederlegungen
Gemeinde, des Reichsbundes, der Feuerwehr, Geſang= und
Sport=
einen, ſchloß die Feier.
Kartoffeinpt und Bairiehsaszuße.
OLiB. Dr. Haberſtumpf ichreißt in den „M. N. N.‟:
„Vieke „ansirte ſtrehen gegenwärtig die Stundung der
Landabgabe an. Die gegenwäriig herrſchende Kartoffel=
und Getreidenot drängt förmlich folgenden neuen Weg zur
Er=
langung der Stundung auf. Derjenige Landwirt, der ſeine
Kar=
toffel= und Getreidevorräte ohne betriebswirtſchaftliche
Begrün=
dung nicht auf den Markt bringt, beweiſt, daß er über
Geldmittel verfügt, die ihm die Zahlung der Betriebsabgabe
ermöglichen. Solchen Landwirten ſollte und könnte unbedenklich
die Stundung der Abgabe verweigert werden. Wer
aber nachweiſt, daß er ſeine Kartoffelernte bereits eingeheimſt
und nach Abzug des eigenen Bedarſs in den Verkehr gebracht
hat, beweiſt, daß er nicht über überflüſſige Geldmittel verfügt
und daß deshalb die Stundung bei ihm am Platze iſt. Der
Nachweis für die Veräußerung der Kartoffeln könnte dem
Finanzamt wohl durch Beſcheinigung des Bürgermeiſters
er=
bracht werden. Geben viele Landwirte derſelben Gemeinde oder
desſelben Landſtriches Geſuche um Stundung ein, dann würde
es ſich wohl empfehlen, daß das Finanzamt einen unparteiiſchen
landwirtſchaftlichen Sachverſtändigen zur Prüfung der
Voraus=
ſetzungen der Stundung in der betreffenden Gemeinde abordnet.
Es wäre ſehr erwünſcht, wenn ſolchen Geſichtspunkten das
Finanzamt bei Stundungsgeſuchen zugänglich wäre, denn es
könnten auf dieſem Wege die Intereſſen der Allgemeinheit und
die Sonderintereſſen der Landwirtſchaft gleichzeitig in der
glück=
lichſten Weiſe befriedigt werden.
L.
Die kataſtrophalen Währungsverhältniſſe der letzten
Zeit zwingen uns, zum Wochenbezug für das
Darm=
ſtädter Tagblatt überzugehen. Zunächſt müſſen wir, um
dem Wochenſchluß gleich zu kommen und mehrmalige
Er=
hebungen zu vermeiden, für
eine und eine halbe Woche
von Donnerstag, den 1. November, bis einſchl.
Sonntag, den 10. November, kaſſieren:
für Bezugspreis 15 Milliarden und
1,5 Milliarden Trägerlohn,
für Abholer den Betrag von 15,5 Milliarden.
Die Träger kaſſieren am Donnerstag und Freitag.
An dieſen Tagen bitten wir die Bezugsgelder bereit zu
halten. Bei ſpäterer Zahlung, die in unſerer
Geſchäfts=
ſtelle zu erfolgen hat, iſt ein der Geldentwertung
ent=
ſprechender Aufſchlag zu bezahlen.
Unſere Poſtbezieher
erhalten in den nächſten Tagen eine Nachnahmekarte über
50 Milliarden Mark. Aus poſttechniſchen Gründen müſſen
wir für die Poſtbezieher den Betrag für einen längeren
Zeitraum erheben.
Wir bitten dringend, keine andere Zahlungsweiſe
vorzunehmen als die Einlöſung der Nachnahme, da es ſonſt
zu Unterbrechungen der Lieferung kommt. Nichteinlöſung
der Nachnahme hat ſofortige Einſtellung der Lieferung
zur Folge.
(7991dr
Der Verlag des Darmſtädter Tagblatt.
v. Eberſtadt, 30. Okt. Berichtigung. Die Meldung, daß ein
hieſiges Mädchen an Blutvergiftung geſtorben iſt, wie geſtern hier das
Gerücht ging, entſpricht glücklicher Weiſe nicht den Tatſachen. Das
Mäd=
chen befindet ſich vielmehr auf dem Wege der Beſſerung.
Rohrbach (Kr. Dieburg), 1. Nov. Einen wiederholten Beweis
treuer Liebe und Anhänglichkeit zu ſeiner alten Heimat gab der
Deutſchamerikaner Herr Gg. Griot aus Neſv=York
da=
durch, daß er der hieſigen Schule die ſchöne Summe von 10 Dollar
zwecks Beſchaffung von Lehrmitteln überſandte. Dem edlen Geber ſei
an dieſer Stelle herzlich gedankt.
e. Alsbach, 1. Nov. Vom kommenden Sonntag an finden in
un=
ſerer Kirche allabendlich 8 Uhr, von der Evang. Stadtmifſion
Darm=
ſtadt veranſtaltete Volksmiſſionsvorträge über das Thema:
Rettung im Zuſammenbruch!” ſtatt. Die Veranſtaltung wird eröffnet
durch einen Gottesdienſt und eine muſikaliſch=deklamatoriſche Feier am
Sonntag Nachmittag.
Se. Auerbach, 1. Nob. Wie wir hören, ſpricht am kommenden
Sonn=
tag im Erntedankgottesdienſt nochmals Aſſ. Dr. Avemarie=
Darmſtadt
Heppenheim, Bergſtr., 31. Okt. Die große Not und die großen
Ernährungsſchwierigkeiten haben die Stadtverwaltung veranlaßt,
zu=
nächſt eine tägliche einmalige Suppenausgabe, eine
Volksküche einzurichten. Die Einrichtung iſt im ſtädtiſchen Hoſpital
ge=
troffen und erfolgte de erſtmalige Ausgabe am geſtrigen Montag. Die
Abgabe der hergeſtellten Suppen erfolgt in erſter Linie an
Erwerbs=
loſe, an Klein= und Sozialrentner, ſowie an die übrige minderbemittelte
Bevölkerung. Nahezu 200 Familien mit etwa 700 Köpfen haben ſich
zur Abholung gemeldet. Es iſt eine Vergütung zu zahlen, die einen Teil
der Koſten deckt. Die Stadtverwaltung fordert in einem Aufrufe
die=
jenigen Bewohner der Stadt, welche in der Lage ſind, etwas für die
Volksküche ſchenkweiſe zu überlaſſen, auf, ihren Mitbrüdern und
Mit=
ſchweſtern in ihrer Not helfend beizuſtehen.
nr. Offenbach, 29. Okt. Goldlöhne. Der Spitzenausſchuß der
Offenbacher Induſtrie, des Gewerkſchaftskartells und des Afabundes, hat
einmütig die Entlohnung der Arbeitnehmer in Goldlöhnen in
Berück=
ſichtigung der wirtſchaftlichen Verhältniſſe als geboten erachtet. Schon
bei der nächſten Lohnregelung ſollen geeignete Vereinbarungen getroffen
werden. — Mord. Am Samstag abend drang ein Jugendlicher,
namens Georg Honald, in den Laden des Kolonialivaxenhändlers O.
Werner ein und erſchoß den Inhaber vor den Augen ſeiner Frau, Mit
Hilfe eines Nachbarn gelang es, dem Burſchen den Revolver
abzu=
nehmen und ihn ſelbſt feſtzunehmen, worauf ſeine Verhaftung erfolgte.
Der Grund zur Tat iſt vorläufig unbekannt.
Aus Mainz
ſchreibt man uns: „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit”, das iſt die
Deviſe, die in Frankreich jeder im Munde führt. Auf jeder franzöſiſchen
Briefmarke, auf jedem Geldſtück oder Geldſchein kann man ſie leſen.
Wie es aber mit ihrer Verwirklichung beſtellt iſt, davon weiß man hier
beſonders ſeit den Tagen der Separatiſtenbewegung ein Liedchen zu
ſingen.
Eine Horde halbwüchſiger verlumpter Kerle, mit Karabinern
be=
waffnet, laßt man einen ganzen Tag die Stadt in Aufregung bringen,
in Laſt= und Perſonenautos durch die Straßen jagen und auf ruhige
Bürger wie auf Freiwild ſchießen. Unter angeblicher Neutralität
brin=
gen es die Verkünder von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit fertig, der
Bebölkerung eine Regierung aufzuzwingen, die niemand anerkennt, die
niemand anerkennen kann und will. Denn wer dieſes zerlumpte
Ge=
ſindel fah, der konnte ſich vor innerer Wut kaum noch halten. Man
war machtlos, weil dieſe Horde don den Franzoſen bewaffnet wird,
während ſonſt jeder, der ein größeres Taſchenmeſſer bei ſich trägt, ſchon
feſtgenommen und in Haft geſetzt wird. Unter dem Schutz der
franzöſi=
ſchen „Neutralität” iſt es auch möglich geweſen, daß die Rotte
halb=
wüchſiger, mit Schießwaffen ausgerüſteter Kerle das Kreisamt beſetzen
und die grün=weiß=rote Flaggen hiſſen konnte. — Außer der heſſiſchen
Provinzialbehörde tagt in dieſem Gebäude der franzöſiſche Kreischef,
General Spyral!
Die Erregung in der Einwohnerſchaft wächſt. Autos mit
bewaff=
neten Separatiſten werden angehalten, die Kreaturen heruntergeholt
und verprügelt; die Kraftwagen umgeſtürzt, zertrümmert oder in den
nahen Rhein geworfen. Auch den Franzoſen wird das Schießen der
undiſziplinierten Bande ungemütlich. Auch ein franzöſiſcher Profeſſor
wurde erſchoſſen. Vor ſeinem Tode erhielt er noch das Kreuz der
Ehren=
legion! Wahrſcheinlich, weil er für Freiheit, Gleichheit und
Brüderlich=
keit geſtorben iſt?
Da man dieſe ſchlechten Erfahrungen mit dem von auswärts
her=
geholten Geſindel gemacht hatte, ſchob man es am zweiten Tag wieder
ab. Zudem drohten die Gewerkſchaften mit dem Generalſtreik.
Man atmete erleichtert auf in dem Gefühl, daß nun zum zweiten
Male die Ausrufung der Sonder=Republik mißglückt ſei. Tauſende von
Menſchen hielten ſich in den Hauptſtraßen auf. Es war ſogar der Menge
im Bebelring gelungen, das Hauptquartier der Sonderbündler zu
ſtürmen und ihre Mitgliederliſte in die Hände zu bekommen. Die
Be=
kannteſten oder diejenigen, die man gerade erwiſchen konnte, wurden
von der Menge gehörig verprügelt, einige totgeſchlagen. Als Antwort
haben die Franzoſen den Belagerungszuſtand verhängt. Von abends
6 Uhr bis morgens 6 Uhr darf ſich niemand auf der Straße ſehen laſſen.
Nun können die Sonderbündler ganz machen was ſie wollen. Die
Be=
völkerung wird eingeſperrt, und die Franzoſen ermöglichen auf dieſe
Weiſe den Separatiſten, eine Sonder=Republik aufzurichten, von der —
einige Nauren ausgenommen — niemand etwas wiſſen will.
Am erſten Tag wurde das Kreisamt beſetzt, wo jetzt noch die
ſonder=
bündleriſche Schandflagge weht. Daran konnte auch der Proteſt aller
Parteien und aller ſonſtigen Organiſationen nichts ändern. Am
Sams=
tag iſt das Stadthaus unter dem Schutze der franzöſiſchen Militärmacht
in die Hände der Sonderbündler gelangt. Was wird uns weiter die
nahe Zukunft bringen?
Die Sonderbündler verſuchen mit roher Gewalt, eine Diktatur in
der unverblümteſten kraſſeſten Form zu errichten; aber „Freiheit,
Gleichheit, Brüderlichkeit” iſt ihre Deviſe.
Ap.
Reich und Ausland.
Wucheranklage gegen das Dresdner Gaswerk.
Dresden. (Telunion.) Auf Antrag der Staatsanwaltſchaft iſt
gegen den verantwortlichen Leiter des Betriebsamtes der Stadt
Dres=
den, Stadtbaurat Wahl, die Vorunterſuchung eröffnet worden, weil der
dringende Verdacht beſteht, daß ſich das Betriebsamt bei der Berechnung
des Gas= und Strompreiſes des Wuchers ſchuldig gemacht hat. Im
Be=
triebsamt ſpielten ſich in den letzten Tagen wüſte Szenen ab, namentlich,
auch deshalb, weil das Betriebsamt die Gasuhren ableſen ließ, als noch
ein billiger Gas= und Strompreis vorlag, aber die Rechnungen erſt
aus=
händigen ließ, als der 2 Milliardenpreis eingetreten war.
Sport, Spiel und Turnen.
Leichtathletik.
Der Sportverein macht darauf aufmerkſam, daß das
Hallen=
training Donnerstag, abends 8½ Uhr, begonnen hat. Die
wöchent=
lichen Waldläufe finden Samstag, nachmittag 5 Uhr, vom Sportplatz
aus ſtatt.
Schwimmen.
Schwimmabteilung der Turngemeinde Darmſtadt 1846.
Die hier geſtern angekündigte Hauptverſammlung obiger Abteilung
findet nicht Freitag, ſondern Samstag, den 3. November, abends 8 Uhr,
im Kneipſaale der Turnhalle ſtatt.
Wandern.
Turngeſellſchaft Darmſtadt 1875 — Wanderabtlg.
Die 10. Wanderung der Wanderabteilung findet am Sonntag, den
4. November, ſtatt. Eine Wanderung durch die nähere Umgebung wird
den Turnerinnen und den Turnern die Schönheiten unſerer herrlichen
Waldungen zeigen. Der Führer hofft, daß auch bei dieſer Wanderung
das Intereſſe zur Wanderſache mit einer großen Teilnehmerzahl
be=
kundet wird. Der Abmarſch erfolgt 7.30 Uhr ab Vereinslokal. Für die
Wanderung iſt Ruckſackverpflegung vorgeſehen.
Radfahren.
Weltmeiſter Suter geſchlagen.
Weltmeiſter Suter wurde am Sonntag in Paris auf
der Buffalobahn über 100 Kilometer von dem Franzoſen Miquel um
60 Meter geſchlagen. Der Franzoſe ſiegte in der neuen Bahnrekordzeit
von 1:22:04. Suter führte bis zu 55 Kilometer.
Weiterbericht der Gießener Wetterwarte.
Wettervorherſage für Freitag, den 2. Novembert
Zeitweiſe aufklarend, Nebelbildung, ſonſt trocken, nachts kalt,
tags=
über geringe Erwärmung.
Tageskalender.
Landestheater, Großes Haus, Anfang 7 Uhr, Ende 10 Uhr
(Sondermiete 13” und 222): „Fauſt”. Kleines Haus keine Vorſtellung.
Union=, Reſidenz=, Zentral=Theater, Palaſt=Lichtſpiele:
Kinovor=
ſtellung.
Druck und Verlag: L. C. Wittich. Verantwortlich für Politik und
Wirtſchaft: Rudolf Mauve; für Feuilleton, „Stadt und Land”,
„Reich und Ausland”: Max Streeſe; für den Inſeratenteil;
J. V. A. Fleiſcmann, — ſämtlich in Darmſtadt.
Die heutige Rummer hat 8 Seiten
Geländeenteignung.
Das zur Anlegung einer
Gleis=
aße zwiſchen Landwehr= und
illaswieſenſtr, erforderliche Ge
ide der Parzelle, Flur 15, Nr. 18
ß auf dem Wege der Enteignung
er=
rben werden.
Der Enteignungsantrag nebſt
Zube=
ſör liegt vom 1. bis 14. November ds.
im Stadthaus, Zimmer 49, zur
(st7995
ſicht offen.
Darmſtadt, den 31. Okt. 1923.
Der Oberbürgermeiſter.
ie Lieferung von Särgen
vergeben werden.
Bedingungen liegen bei dem
unter=
hneten Amte, Grafenſtraße Nr. 30,
nmer Nr. 9, offen.
Angebote ſind bis Samstag, den
November 1923, vorm. 10 Uhr,
zureichen.
(st7992
Darmſtadt, den 29. Oktober 1923.
Städt. Hochbauamt.
Trotz der hohen
Lederpreiſe
Lederſohlen
ſowie größere
Lederſtucke
zum Ausſuchen
noch koloſſal billi
bei (7816a
Karl Abt
Alexanderſtraße 16.
eingetroffen.
Das=
ſelbe kann auch gleich
eingeſchnitt, werden.
Gg. Crößmann
Grafenſtr. 16.
Tel. 2598. (*27123
Gebe 1 Chaiſelonque
od. Klubſeſſ. f. (*27155
intunT=
Minde tlartoffeln
Lautenſchläger, Kiesſt.18.
Unon Handelsgesellschaft
Aktlengesellschaft
Georgenstraße 1½
Fernruf 1010, 3000
Wir sind stets Käufer und Verkäufer für
fnonmaian
Lohtar Bondreadwordansor aud Foinvotdatos Hosson
1926 zu 120% rückzahbar
10
Doitdt dordäntornd uus Boardenen Horoned
Fnar
Doitdt Boudrdadworbängon aus Boätsonor Haienes
(letztere zur Zeit nur auf der Grundlage des amtlichen
(*27149
Berliner Kurses).
Fntlaufen
Jg. Deutſch.
Schäfer=
hund,ſchw.=gelb, Rüde
entl. Warne vor
An=
kauf. Wiederbringer
Belohnung. (*27157
Soderſtraße 9.
Deutſche
Schäferhündin
ca. 63 cm hoch, ſchwarz
mit hellgelben
Ab=
zeichen, auf den
Namen „Priska
hörend (trägr Nickel
ketten=Halsband),
ent=
laufen. Der ehrliche
Wiederbringer erhält
hohe Belohnung;evtl.
erbitte telephoniſche
Benachrichtig unter
Nr. 60, Raunheim.
Vor Ankauf wird
gewarnt. Heinrich
Preß IV.,
Raun=
heim a. Main,
Wil=
helminenſtr. 2. (*27123
Gemeindeſteuer=Mahnung.
Das 2. und 3. Ziel der vorläufigen
Brund= und Gewerbeſteuer für 1923 ſind
bei Meidung der Beitreibung bis zum
10. Nov. I. Js. hierher zu zahlen.
Darmſtadt, den 25. Okt. 1923.
Stadtkaſſe.
(st7984
Gebrauchte, eiſerne
ein= oder mehrteilige
für Arbeiter zu kaufen geſucht.
Angebote unter U 77 an die
Ge=
ſchäftsſtelle erbeten.
(*27162
Darmſtädter Tagblatt
Handelsblatt
1. November 1923 Nr. 3
Wirtſchaftliche Rundſchau.
h. A.=G. für Kellereibedarf vorm. Blitz u. Co.,
Frankfurt a. M. Das Bezugsrecht iſt bis ſpäteſtens 15. Noveisc
auszuüben. Auf 2 alte kann eine neue Stammaktie zu ein Driktei
Goldmark zuzüglich Steuern bezogen werden.
h. Georges Geiling u. Cie., A.=G. in Bacharach a. Rh.
Der Geſchäftsgang iſt zufriedenſtellend, ſo daß mit einem angemeſſenen
E gevnis im laufenden Geſchäftsjahre gerechnet werden kann.
* Adler, Deutſche Portland=Zementfabrik,
Ber=
lin. 7,5 Mill. Mk. neue Stammaktien mit Dividendenberechtigung ab
1. Januar 1923 werden den alten Aktionären im Verhältnis 2:1 gegen
Hinterlegung von 1 Dollar in wertbeſtändiger Reichsgoldanleihe
zuzüg=
lich Börſenumſatz= und Bezugsrechtsſteuer zum Bezug angeboten. Das
Bezugsrecht iſt bis 20. November auszuüben.
* Trachenberger Zuckerſiederei. Die G.=V. ſetzte die
Dividende für das am 30. Juni abgelaufene Geſchäftsjahr mit 100
feſt. Ferner wurde beſchloſſen, das Grundkadital um 5) Millionen Mk.
Stammaktien auf 75 Millionen Mk. zu erhöben, wobei den alten
Aktio=
nären ein Bezugsrecht im Verhäitnis 2:1 gegen 2 Dollar wertbeſtändige
Reichsgoldanleihe angeboten werden ſoll. Die reſtlichen Aktien werden
im Intereſſe der Geſeilſchaft Verwvendung finden.
* Vogtländiſche Maſchinesfabrik vorm. J. C. und
H. Dietrich, Plauen i. V. Die Geſellſchaft wird für das
abge=
kaufene Geſchäftsjahr von der Ausſchüttung einer Dividende Abſtand
nehmen. Der Reingewinn betragt nach Tilgung einer Betriebsrücklage
von 6 Milliarden 1249,22 Milliarden (i. V. 22,18 Milliarden) Mk.
* Die engl. Kohlen=Kredite der Reichsbahn. Die
Kreditverhandlung, die die Reichsbahn durch die allgemeine
Verkehré=
bank in London ſeit einiger Zeit führt, ſoll nunmehr durch Herrn von
Schwabach, den Mitinhaber des Bankhauſes Bleichröder, ihrem Abſchluß
zugeführt wvorden ſein.
* Ein Holländiſch=Ruſſiſcher Handelskonzern.
Laut Meldung aus dem Haag iſt dort ein holländiſch=ruſſiſcher
Handels=
konzern in Bildung begriffen, der den Im= und Exporthandel mit
Ruß=
land pflegen ſoll. An der neuen Unternehmung ſind folgende Firmen
Ritereſſiert: Die Oelfabrik Calve in Delft, die Niederländiſchen
Aero=
planwerke Vocker in Amſterdam, die Internationale Handels= und
Kredit=A. G. für Tee und Gummi in Amſterdam, die Biskuitfabrik
Vik=
teria in Dordrecht, das Bankhaus Pierſon u. Co. in Amſterdam, Van
Houtens Söhne in Weſp und die Holländiſche Molkerei in Vlaardingen.
Als Direktor ſind auf holländiſcher Seite Herr E. W. Hendrikſe und
von ruſſiſcher Seite Herr Dr. Millner vorgeſehen.
Gründer, die ſämtliche Aktien übernommen haben, ſind: Prokuriſt
Kon=
rad Matthes (Schauernheim), Prokuriſt Fritz Jung (Lampertheim), Max
Grempel, Helene von Planner und Heinrich Heil, alle
Handlungs=
bevollmächtigte in Ludwigshafen a. Rh., Mitglieder des erſten
Aufſichts=
rats ſind: Geh. Hofrat Franz von Wagner, Großkaufmann Julius
Gimbel, Prokuriſt Di. Heinrich Braun, alle in Ludwigshafen.
Preisänderungen.
Nach Mitteilung des Eiſen= und Stahlwaren=
Induſtrie=
bundes haben folgende Verbände Preisherabſetzungen vorgenommen:
Der Hackenverbanh G. m. b. H. zu Hagen i. W. ſetzte den
Grundpreis für ſchwarze Hacken auf Goldmark 1 das Kilogramm herab,
im Anſchluß an die Preisermäßigung für Walzmaterial.
Zahlungsbe=
dingungen „Ausgabe D” mit Nachtrag.
Der Hämmerverband G. m. b. H. zu Hagen erhöhte den
Rabattſatz für Goldmarkrechnungen nach ſeiner Liſte J. 3/20 auf 63
Prozent, entſprechend der Preisermäßigung für Walzmaterial.
Zah=
lungsbedingungen „Ausgabe D” mit Nachtrag.
Der Windenverband zu Hagen i. W. erhöhte den Rabattſatz
für Goldmarkrechnungen nah den Grundpreisliſten A. und B. auf
60 Prozent. Neue Zahlungsbedingungen „Ausgabe E.”.
Der Aut= und Beil=Verband zu Hagen i. W. erhöhte den
Rabattſatz für Goldmarkrechnungen nach ſeiner Grundpreisliſte A.B.V.
3. auf 80 Prozeut. Zahlungsbedingungen „Ausgabe D.” mit Nachtrag.
Die Gezähe=Vereinigung zu Hagen i. W. ſetzte wieder
die Preiſe ihrer Liſte Nr. 32 als neue Liſte Nr. 34 in Kraft, wodurch
die Preisermäßigung für Walzmaterial beriickſichtigt worden iſt.
Zah=
lungsbedingungen „Ausgabe D.” mit Nachtrag.
Warenmärkte.
Neugründungen.
h. Metallguß A.=G., Mannheim. Gegenſtand des neu
ge=
gründeten Unternehmens iſt der Betrieb einer Metallgießerei und aller
mit dieſem Betriebszweig zuſammenhängenden Geſchäfte, die
Beteili=
gung an ähnlichen Unternehmungen und der Handel mit Metall und
Metallerzeugniſſen aller Art. Das Grundkapital beträgt 1,1 Milliarden
Mk., eingeteilt in 88 Stammatkien à 10 Millionen, 20 Stück 4 1 Million,
10 000 Stück 4 10 000 Mk., 9 Namensvorzugsaktionen 3. 10 Millionen
und 10 Stück 4 1 Million Mk. nominell. Die Gründer, die ſämtliche
Aktien übern mmen haben, ſind: die Ingenieure Karl Locherer ſen.
und Kari Locherer jun., Firma Latin u. Naſſauer, Kaufmann Auguſt
Baſchenegger und Rechtsanwalt Dr. Chriſtian Hartmann, alle in
Mann=
heim. Den erſten Aufſichtsrat bilden: die vorgenannten Hartmann,
Latin und Baſchenegger.
h. Süddeutſche Gärtnerei= und Ackerbauzentrale
A.=G., Neu=Ulm mit Zweigniederlaſſung in
Karls=
ruhe unter der Firma: Badiſche Landeshauptſtelle der Süddeutſchen
Gärtnerei= und Ackerbauzentrale A.=G., Neu=Ulm in Karl3ruhe. Das
Gründerkapital betrug 10 Millionen Mk., iſt inzwiſchen aber auf 500
Millionen Mk. erhöht worden und beſteht jetzt aus 490 Mill. Mk.
Stamm= und 10 Mill. Mk. Vorzugsaktien, die vorher Gründeraktien
waren. Gegenſtand des Unternehmens iſt die Regelung der Erzeugung
von Gärtnerei= und Ackerbauprodukten, die planmäßige Erfaſſung,
Lage=
rung und Verwertung derſelben, um einerſeits damit zur Sicherung der
Volksernährung beizutragen und andererſeits durch geſunde Preispolitik
die Erzeugung zu fördern, ſowie der Großhandel mit ſämtlichen Haupt=
und Nebenerzeugniſſen des Gärtnereibetriebes und Ackerbaues und deren
Zeiterverarbeitung. Die Gründer, die ſämtliche Aktien übernommen
haben, ſind: Gärtnereibeſitzer Georg Rupflin (Lindau=Hollen), Hermann
Vietzen (Neu=Ulm), Adolf Ernſt (Möhringen a. F.), Karl Herrmann
(Ulm), Albert Ehle (Kannſtatt), Franz Hiedl (Kempten), Ferdinand
Kaiſer (Krumbach), Albert Hinterhofer (Lindau). Mitglieder des
Auf=
ſichtsrates ſind: die vorgenannten Rupflin, Ernſt, Hermann, Hiedl,
Albert Ehle und Kaiſer.
h. Meerwarth=Pfau A.=G., Pforzheim. Mit 10
Mil=
liarden Aktienkapital wurde dieſe Geſellſchaft gegründet, die ſich mit
der Herſtellung von Pergamentdärmen befaßt. Den Vorſtand bilden die
Kaufleute Wilhelm Meerwarth, Oskar Meerwarth und Heinrich Pfau,
ſämtli.h in Pforzheim.
D —
Perſicherungsweſen.
h. Rheiniſcher Atlas, Transport=
und
Rückver=
ſicherungs=A.=G., Ludwigshafen a. Rh. Mit 6 Milliarden
Grundkapital wurde die Geſellſchaft errichtet, die den Betrieb der
Trans=
portverſicherung, ſowie der Rückverſicherung in allen Zweigen, die
Be=
teiligung an anderen Verſicherungs= und wirtſchaftlich mit dem
Ge=
ſchäftsbetrieb der Bank zuſammenhängenden Unternehmungen. Die
wb. Amtliche Notierungen der Frankfurter
Ge=
treidebörſe m 31. Oktober. Getreide, Hülſenfrüchte und
Bier=
treber ohne Sack, Weizenmehl und Kleie mit Sack. Preis je 100 Kilo.
Die Preiſe verſtehen ſich für alsbaldige Lieferung (Goldanleihemark):
Weizen Wetterauer 16—16,25, Roggen 15—15,25, Sommergerſte 13,50
bis 14, Hafer inländiſcher 13,25—13,50, Weizenmehl ſüdd. Spezial Nunl
29—31 (bei Waggonbezug ab Mühlenſtation), Roggenmehl 28,25—29,40,
Weizen= und Roggenkleie 6—6,25. Tendenz: feſt.
wb. Berliner Produktenbericht. Am Produktenmarkt
hält die preisſteigernde Wirkung des geſtrigen Angebots vom Inlande
an. Das Anziehen des Kurſes der Goldanleihe und der Deviſenkurſe
trugen zur Befeſtigung der Haltung am Produktenmarkte bei. Das
Weizenmehlgeſchäft bei den Mühlen iſt lebhafter geworden, und dies iſt
der Anlaß geweſen zur Erwerbung größerer Mengen amerikaniſchen
Weizens. Für Roggen konnten weſentlich geſteigerte Preisforderungen
durchgeſetzt werden. Gerſte hatte recht feſte Haltung. Hafer war für
Proviantämter begehrt. Auch für alle übrigen Artikel war die Haltung
durchaus feſt.
. Vom Holzmarkt. Unſer fachmänniſcher Mitarbeiter
ſchreibt uns: Von der Staatsforſtverwaltung iſt eine Verfügung an die
Oberförſtereien ergangen, derzufolge künftig nicht mehr große
Handels=
holzverkäufe erfolgen ſollen, ſondern, über mehrere Monate ſich
er=
ſtreckend, in einzelnen kleineren Verkäufen das Rohholz für die
Säge=
werksinduſtrie abgegeben werden muß. Durch dieſe Verfügung hofft
man (und die Erwartung iſt berechtigt) auch den weniger kapitalkräftigen
Schneidemühlbeſitzern die Beteiligung an den Rohholzverkäufen in den
Staatsforſten ermöglichen zu können. Vor allem wird es darauf
ankom=
men, zu verhindern, daß unter dem Mantel der Deckung des örtlichen
Bedarfes in den Kreiſen der Handwerker (einer an ſich durchaus
berech=
tigten Bevorzugung) Holzmengen erworben werden, um dann geſammelt
auf gewiſſermaßen illegale Weiſe unter entſprechender Verteuerung an
die Schneidemühlen zu wandern. Trübe ſind die Nachrichten, Sie aus
den beſetzten Gebieten, am Rhein und im Ruhrgebiet vorliegen. Danach
hat ſich trotz Aufgabe des paſſiven Widerſtandes das Geſchäft nicht
be=
lebt. Es kommt infolge der Unregelmäßigkeit des Verkehrs neue Ware
ausſchließlich aus Polen und der Tſchecho=Slowakei heran, während die
Sägeſverksinduſtrie der unbeſetzten Gebiete an der Belieferung einen
nur ſehr geringen Anteil hat.
die Lage der Holzverbraucher iſt recht kritiſch. An einen Abſatz der
Erzeugniſſe zu Goldmarkpreiſen iſt in einer Zeit, die den breiten
Schich=
ten der Bevölkerung kaum die Beſchaffung der Lebensmittel ermöglicht,
nicht zu denken. Der Beſchäftigungsgrad in der Küchenmöbelinduſtrie
geht immer mehr zurück. Die Tiſchfabriken haben nichts zu tun und von
Aufträgen für Luxusmöbel kann überhaupt nicht die Rede ſein. Die
meiſten Platzholzhändler bringen zurzeit nicht einmal die Beträge durch
Verkäufe von Schnittholz auf, die ſie zur Entlohnung ihrer Angeſtellten
und Arbeiter gebrauchen. Die Geldnot wirkt ſich in weiteren Kreiſen
des Holzgewerbes immer ſchärfer aus.
Börſen.
* Frankfurter Börſenbericht vom 31. Okt. 1923.
(Eigener Bericht.) Die Bewertung der Mark im Auslande hat ſich
in=
folge der verworrenen außen= und innenpolitiſchen Lage wieder
weſent=
lich verſchlechtert. Während die Deviſenkurſe nur wenig erhöht und
ſcharf rat. feſtgeſetzt wurden und Dollar Schatzanweiſungen mangels
Material geſtrichen werden mußten, paßte ſich die Goldanleihe mit 88
den ausländiſchen Deviſenkurſen etwas mehr an. An den
Effekten=
märkten zeigte ſich heute wieder größere Neigung die Kurſe den
Ver=
hältniſſen anzupaſſen. Bei teilweiſe recht lebhaftem Geſchäft kam es
überall zu weſentlichen Kursſteigerungen und die Börſe ſchloß nach
vorübergehender leichter Abſchwächung in ſehr feſter Haltung.
Am Chemieaktienmarkt ſetzten die Kurſe mehrere 100, 9
höher ein. Sehr feſt lagen die Werte des Anilin=Konzerns, wie B
Anilin 825 plus 300 Md., Chem. Griesheim 800 plus 200 Md., E
felder 830 plus 230 Md. Aber auch die anderen Werte, wie Schei
anſtalt, 850 Md., erzielten bedeutende Kursbeſſerungen.
Elektr. Werte ebenfalls ſehr feſt, Lahmeyer 450, Reinie
Gebbert u. Schall 410, Schuckert 1800 Md.
Maſch. u. Metallwerte ebenfalls kräftig anziehend.
ſonders feſt waren hier Sichel 260 plus 100 Md., Metallgeſellſchaft
plus 140 Md., Kleyer 100 plus 40 Md., Krauß 600 plus 150 Md.
Zuckeraktien lagen 30—50 Md. höher.
Rekordkurſe hatte der Montanaktienmarkt zu
verzeich=
hier waren Harpener anfangs 4000 Md., dann 3700 Md. verdopp
Weitere Kursverdoppelungen hatten Deutſch=Lux mit 3200, Gelſenkir
ner 3250, Phoenix 3600 Md. aufzuweiſen.
Bankaktien ebenfalls ſehr feſt, Metallbank 670 plus 170 9
Diskonto 800 plus 270 Md.
Der Einheitsmarkt zeigte bei bedeutenden Kurserhöhun
wieder zahlreiche Rationierungen und Streichungen. Sehr feſt wa
u. a.: Badenia 56 pl. 26 Md., Jetter u. Scherer 1000 pl. 320 9
Feiſt Sekt 80 Md. rat. verdoppelt, C. W. Kemp 65 Md., beinahe
dreifacht, Prometheus 65 plus 23 Md., Leder Reerink 52 plus 24 9
Im freien Verkehr hörte man nachſtehende Kurſe: Au
meiner Bankverein 10—12 Md., Beckerſtahl 425—475 Md., Beckerke
450—475 Md., Benz 400 Md., Brown Boveri 80—85 Md., Georg
Md., Growag 12,5—13,5 Md., Hanſa Bank 12 Md., Hanſa Lloyd
Md., Karſtadt 40—45 Md., Kayſer Waggon 6 Md., Kreichga
Maſchinen 15—22 Md., Krügershall 350—375 Md., Mez Söhne 75
80 Md., Meyer Textil 40/35 Md., Tiag 70/90 Md., Ufa 80/90 M4
wb. Berliner Börſenſtimmungsbild. Die Markt
ſchlechterung im Auslande und die große Feſtigkeit am Deviſenma
gaben den Anſtoß zu umfangreichen Käufen in Induſtriepapier
Unterſtützt wurde die Kaufluſt durch die merkbar hervortretende Flüf
keit des Geldmarktes. Demgemäß ſtiegen die Kurſe teilweiſe auf
2—3fache des bisherigen Standes, und einige noch darüber hing
Bevorzugt waren beſonders Harpener, Deutfch=Luxemburger, Ka
witzer, Oberſchleſiſche Eiſeninduſtrie, Felten u. Guilleaume, Lahmel
Linke=Hoffmann, Hirſch=Kupfer. Späterhin drückten zwar vorül
gehend einige Gewinnrealiſierungen mäßig, doch blieb die Grundtende
geſtützt durch die nicht unerhebliche Hinaufſetzung der Deviſenkurſe,
kleiner Zuteilung durchaus feſt. Valutapapiere wurden naturgen
wveſentlich höher bewertet. Deutſche Anleihen hatten keine gleichmäf
Kursbewegung. Goldanleihe zog kräftig an.
Oeviſenmarkt.
Geld
— Briei 7. Diad 5.el
Geld
D 51 Amſterdam=Rotterdam E5 137000000. Rce 28322000000. 1000000. Brüſſel=Antwerpen .. Beze000 000.— 2i8 000000. 3651000000 366900.— Er
hriſtianig. ...... .93 09000 — 1025 000000. 1172004 000 228000090. Kopenhagen ........ 11 7z2u00000. 1228060000. 1250
600000. 331600000. Stockholm ........ .. 16957008000. 7043000000. (00000. 8000000.
192, Selſingfors ........ 716000000.— 00.—
7240 1945000000.— 155000000.— Italien... . ...... .. 000000.— M003. 00.—
2u 26800u0000 — ondon .. . .. ...... 75000000 725000000 0000. 2000000 Neiv=York ........." 64338 000000. 65162 100000. 231g000000. 681000000. Paris ....... . . .. .. 1000000.— 378
89 000000 — 269000000.— 900000.— Schweiz... ..... . ." 11371 000009 11629 000000. 12868000000. 932000000 Spanien ........... *778000000.— 8822 000000.— 13670000000.— ſt.
00000.— Zien(i. D.=Oſterr.abg. 308 000.- 312000.- 1017000.— 023000.— Frag .............. 1895000000.— 00000.—
1905 0( 000.—
2uu 2125000000. zudapeſt. . . . . . . . .. 491000.— 9.00.— 00.— 3950000.— 50 Buenos=Aires .. . . . . 220349 000000. 20451 000000. 31420
00000. 23258000000. Bulgarien .........." 08 000300. — 612000000.— 673000000.— 77000000.— Japan .. ......... ." 30 323000000. 31077000000. 59 10000000. 36030000000. Rio de Janeiro ..... 5985 00 0000.— 6015 000000.—9 6584000 00 0.— 6616000000.— Beigrad. . . . . . . . . .. 768 000000.— 722 000000.— Liſſabon. . . . . . . . . . . . /2594 000000.— 2606 000000.— 2793000000.— 28070000 90.— — Sofia ............."
Anmerkung: B.— Berlin, F. — Frankfurt,
Berliner Kurſe.
(Eigene telegr. Meldung.)
Sämtliche Zahlen verſtehen ſich mit 1000000.
Aktiengeſ. für Anilinfr.
Aſchaffenburger Zellſtoff
Ausgb.=Nürnb. Maſch.
Berl.=Anhalt=Maſchinen
Bk. f. Elektr. W. vorzug
Bismarckhütte . . . . . . .."
Braunkohlen=Brikett ..
Bremer Vulkan ....."
Wolle. . .... . . ."
Hehden ........
Chem.
Weiler ........
Deutſch=Atlant. Tel....
Deutſche Maſchinen ...
Deutſch=Niedld. Tel. ..
Deutſche Erdöl ......."
Deutſche Petroleum
Dt. Kaliwerke ......."
Berlin -KarlsruherInd.
Donnersmarckhütte . . .
Dynamit Nobel ... ..."
lberfelder Farben ..
Elektr. Lieferung ......
R. Friſter ..........."
Gaggenau Vorz. ....
Gelſenk. Gußſtahl.. ..."
Geſ. f. elektr. Untern.
Halle Maſchinen ......! 160000
380000 10= Han. Maſch.=Egeſt.. . . . . 70009 500000 N00de Hanſa Dampfſch.. . . . . . 350000 950000 10000 Hemoor Zement ...." 170000 330000 Hirſch Kupfer.... . .. . 244000 330000 Höſch Eiſen .......... 1804 Hohenlohe Werke ..... 900000 700000 Kahla Porzellan ...... M Lindes Eismaſch.. . . ... 3000 — — Lingel Schuh
Hofm.""" 3 140000 60000 Lie
in .. . 570000
430000 70300 ve& Co. ...... 330000 00 C. Lorenz zunsaunassay 145000 225000 Meguin . . . . . . . . . . ..." N. Lauſitzer Kohle .... 10Iu
7000 1600000 2400000 Nordd. Gummi .. . . . . 000d Orenſtein
3000 900000 1350000 tggon..
Rathgeber 0
13 000 ombacher Hüttten.. Roſitzer
Zucker ......" Mu 165000 790000 Rütgerswerke. . ...... 660000 7000 Sachſenwerk. ..
49000 140000 15000 Sächſiſche Gußſtahl ... 6500 10004 Siemens Glas... 350000 100000 225000 Volkſtedter 10000 00000 eſtf. Eiſen La gendrer 25000 39000 355000 Wittener Gußſtahl ..." 350000 Wanderer=Werke . . . . . . 230000 3000
6ä00
540.
50‟
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5000
750
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2.
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I
Darmſtadter und Nationalvank, Kommandit=Geſeuſchaft auf Aßtien.
174
FFrankfutter Kursbericht vom o1. Oktober 194
Europäiſche Staatspapiere,
a) Deutſche
60 Reichsanleihe. . .. . . ... ..."
4
Daoao
DI
aoaoaoo-
3½% „
oao
Dollar=Goldanleihe ..........
ir=Schatzanweiſungen .. . .
4½% IJ. und 1,. Schatzanweif.
% VI.—IX.
prämienanleihe .........
gsanleihe. . . . . . . . . . .. ..
Preuß. Konſols zussasa.!
1%
„
Bad: Anl. unk. 1935......
v. 1907... . ..
Bahern Anleihe uusssst
eſſen unk. 1924 ........"
iFo nenneneneeseres
Würtiemberger .........
b) Ausländiſche.
60, Bosnien L.=E.=B. v. 1914
6‟
L.=Inveſt.=Anl.v. 1914
4½% „ v. 1902..... . ....."
.....
42
...
2 Bulgar. Ta
2....."
1¾½ Griech. Monopol ......
Oeſt. Staatsrente v. 1913
4½%
b 1918 .............."
4½% Oeſt. Schatzanweiſ., ſtfr.
1914 .................."
4% Deſt. Goldrente .........
4% einheitl. Rente .....
29. 10.
0.15
5% Num. am. Nente v. 03 ...
½% „ Goldrente v. 13 ...
„ am. „ konv. ....
„ „ „ b. 05 „...
429 Türk. (Admin.) v. 1903 ...
9
(Bagbad) Ser. I..
II.
v. 1911, Zollanl. ..
4½% Ung. Staatsr. v. 14....
Goldrente .......
„ Staatsr. v. 10....
Kronenrente .....
Rußereuropäiſche.
5%0 Mesik. amort, innere. . . .."
konſ. äuß. v. 99 .
Gold v. 04, ſtfr. ..
konſ. innere ...."
4½0 „ Frigationsanleihs
5% Tamaulivas, Serie1 ...
Oblig, v. Trangzortanſt.
4% Eliſabethbahn ſtfr. . . . . . . .
420 Gal. Carl Ludw.=Bahn
Oeſt. Südb. (Lomb.) ſtfr.
Se
2,686 Alte Oeſtr. Südb. (Lomb.).
2,6%0Neue
...
4% Oeſt. Staatsb. v. 1883...
3% Oeſt. Staatsb. 1. b. 8, Em.
N
02
53,
16
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Ss
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23
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2.
2:
100
60
00
350
Oblig. v. Transportauſt. (Ftſ.)
Oeſt. Staatsb. 9. Em. ...
Oeſt. Staatsb. v. 1885 ...
ſeſt Staatsb. b. Erg. Neß
Rudolfb. (Salzkammerg.).
Anatolier I..........."
Salon Conſt. Jonction. . .
Salonique Monaſtir ....."
Tehuantepec ... . . . . . ... .
4½28
Pfandbriefe.
4% Frankf. Hyp.=Bank 1920.
Frankf. H. Krd.-
Ver. 192.
ein. Hyp.=Bank 1922.
ſälz. „
922
1923.
Rhein. „
verl. ..
üibd. Boden=Cred.=Bant
München 1906 ...........
Heſſ. Ldhhp.=Bank Pfd
49
3½% Heſſ. Ldhyp.=Bk. Pfdbr.
Heſſ. Ldhyp. Kom. Obl....
42
Deutſche Städte.
0‟ Darmſt. b. 1919 bis 1925..
3½2
Darmſt, b. 1905 .......
Fronkfurt 1.
3.......
3½2
93
.
a Mainz. b. 1919 bis
lachsachwvert vz. Schuldverſchr.
5%o Badenwerk=Kohlwert=Anl.
deſſ. Braunk.=Rogg. Anl. v. 23
% Preuß. Kaliwert=Anleihe.
Roggenwert=Anl.
51, Sächſ.Braunk.=Anl. Ser. u. 1
Bank=Aktien
Bank ſür Brauinduſtrie ......"
Barmer Banlverein ........"
erliner Handelsgeſellſchaft ..
Co
merz= und Privatbank ..
Darmſtädter u. Nationalbank.
eutſche Bank............."
DeutſcheEffekten=u
echſelbank
Deutſche Vereinsbank ......."
Disconto=Geſellſchaft . ........
Dresdener Bank ............"
rankfurter Bank ... ........"
etallbank. . . . . . . . . . . . . . ... .
Nitteideutſche Creditbank .....
Oeſterreichiſche Creditanſtalt . .
Reichsbank=Ant. ....... ... ..
Rhein. Creditbank ... . ..
..
Süddeutſche Disconto=G
ellſch.
Weſtbank .. . .. . . .. ... .. . ....
Liener Bankverein .. . . . . .. .
Berowerks=Rktien.
Berzelius”".
„. ..
Bochumer 9
rgb. ...........
Buderus.. .... . . . .. . . . . . . ...
Dt. Luxembr
zer .. . . . .. .. ...
Eſchweiler, Bergwerks=Akt....
Gelſenlirchen Bergw. ........
Harpener Bergbau .........."
Kaliwerje Aſchersleben ......
Weſteregeln „..iha!
—
u — Akumulat. Berlin ......... 470 — Adler & Oppenheimer .. . . . . ." Adlerwerke (v. Kleher)....... E. G. Stamm. . . . . . . . . . ... Anglo=Continental=Guano .... chaffenburger Zellſtoff ..... jadenia (Weinheim)
... 38 Badiſche Anilin= u. e
fabril — ad. Maſchf. Durlach ........ 100 Bad. Uhrenfabr. Furtwangen 1 — Baſt Nürnberg
D 1= — Vahriſch. Spiegel ..........." 60 Beck & Henkel CCaſſel) ....... 330 4. ergmann El. Werke ........ Bing. Metallwerke. . ........ 65.5 Brockhues, Nieder=Walluf.... M gementwerk Heidelberg ......" Karlſtadt .. Mel
Lothringen (2 1 Chem. Werke Albert
......" Griesheim Elektron .... „ 60 ayer Alapin.. . . . . . . Zeiler=ter=mer ... .. ... Daimler Motoren ...
..... eutſch. Eiſenhandel Berlin .. Gold= u. Silberſcheideanſt. ingler, Zweibrücken ........" Dresdener Schnellpreſſen ..... 1 Dürkoppwerk (Stamm).. . . . . . üſſeld.=Natinger (Dürr.) .... 2 ckerhof & Widm. Stamm. 30 Eiſenwerk Kaiſerslautern .... Eiſenwerk L. Meher jr. ...... lberfelder Farb. v. Baher .. Elektr. Lieferungs=Geſ.... Leicht und Kraft ....." Elſäff. Bad. Wolle..... ..... . . 1 Emag, Frankfurt a. M. ... . . 135 Emaille & Stanzw. Ullrich.... z50 400 Enzinger Werke ..... . .. . . . .. Eßlinger Maſchinen ........." 10 160 500 Ettlingen Spinnerei ....... Z9 150 Faber, Joh., Bleiſtift . ........ 400 250 2100 Faber & Schleicher.... . . .. .. Jahr, Gebr., Pirmaſens. . . .. 3 1800 3700 Felten & Guilleaume, Carlsw. 10 650 Feinmechanik (Jetter) ......" 680 100 550 1000 Feiſt Sektkellerei Frankf. a. M. 80
Frankfurter Gas. .. . . . . . . . . . ."
Frankfurter Hof ... .. .....
Flf. Maſch. Pokornh & Wittek.
Fuchs Waggon Stamm. . . . . .
Ganz, Ludwig, Mainz .......
Geiling & Cie. ..............
Gelſenkirchen Gußſtahl .......
Goldſchmidt Th... . . . . .
Greffenius, Maſchinen St
Gritzner Maſchin. Durlach ....
nerſen (Osnabrück)....."
ſwerke Füſſen ..........
Heddernheimer Kupfer ......
dehligenſtaedt, Gießen ......."
pert Armaturenf. . . . . . . . . .
Hindrichs=Auffermann ......
Hirſch Kupfer u. Meſſ..... ....
ſoch= und Tiefbau ..........
Höchſter Farben „nn....
Holzmann, Phil. ............
Holzverk IInduſtr. . ... .... . . .
Hotel A.=G., München .......
Hydrometer Breslau... ... . ..
Fnag. . . . . ........ ........
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Jahrg., Nr. 2
Bouſcalbenage des Bamſtner Tgblans
Nachdruck ſämtlicher mit + verſehenen Original=Aufſätze und eigenen Nachrichten nur mit Quellenangabe „Darmſt. Tagbl.” geſtattet.
1. November 1923
* Studentenſchaft in Not.
Von
cand. mach. Alfons Kemper.
Schon in unſerer letzten Nummer wieſen wir auf die ſchwere
hin, in welche die deutſchen Hochſchulen und die deutſche
dentenſchaft infolge der kataſtrophalen wirtſchaftlichen
Ver=
niſſe geraten iſt. Und ſchon damals wieſen wir darauf hin,
dieſe allgemeine Notlage eine Entvölkerung der Hochſchulen
Gefolge haben würde. Leider ſind dieſe Befürchtungen nicht
nſtandslos geweſen. Stets hat die deutſche Studentenſchaft
von jener „Verſorgungsneuraſthenie”, die im Staat weniger
d. Die m.F Träger der politiſchen Macht und der Konzentration aller
fte der Nation, als vielmehr eine große Rentenanſtalt erblickt,
gehalten und den Gedanken der Selbſthilfe betont und
ver=
klicht. Jetzt aber liegen die Dinge doch ſo, daß die Kräfte
t mehr ausreichen und daß deswegen die Hoffnung
ausge=
ſchen werden muß, daß von anderer Seite nunmehr geholfen
de. Wir ſtellen gerne feſt — und Herr Profeſſor Schian
das in dem Leitartikel der letzten Nummer der
Hochſchulbei=
bereits betont —, daß der Staat bereits manche ſchwere
er gebracht hat, um die Hochſchulen zu erhalten, wir ſtellen
beſondere gerne feſt, daß die in Heſſen zuſtändigen Stellen
ch reiche Unterſtützungen der Notlage zu ſteuern verſuchten.
im Einvernehmen mit den ſüddeutſchen Staaten erhobenen
idiengebühren betragen nur einen minimalen Bruchteil der
edensgebühren. Und auch der größte Phantaſt dürfte kaum
iehmen, daß etwa die Koſten der Unterhaltung der Hochſchule
ihnlichem Maße zurückgegangen wären.
Wenn heute das Studentenheim für ein Mittageſſen 15
Gold=
inige verlangt, ſo iſt das ein Preis, der ſicherlich die
Ge=
ungskoſten nicht annähernd deckt. Schon vor einer Woche
er=
ten wir, daß etwaige Angriffe aus der Studentenſchaft heraus
en dieſe Forderungen ſachlich nicht berechtigt ſeien. Das alles
kräftet aber nicht die Tatſache, daß trotz dieſes
Entgegenkom=
is die Koſten für Unterhalt und Studium unter den
gegen=
rtigen Verhältniſſen für den weitaus größten Teil der
Studen=
ſchaft unerſchwinglich ſind.
Unerſchwinglich für alle diejenigen, die bisher ſchon
iz auf ſich ſelbſt geſtellt und auf eigenen Verdienſt angewieſen,
unter allere ößten Entbehrungen an eine
Fort=
ung des einmal begonnenen Studiums denken konnten, die
t nur in den Ferien, ſondern auch während des
meſters Werkſtudenten waren. Einfach
uner=
winglich für die Söhne des Mittelſtandes, der ſelbſt
ter denn je den Notruf erſchallen läßt, unerſchwinglich
die Söhne des Beamtentums, unerſchwinglich
alle die, deren Eltern als Akademiker, als Künſtler und
ehrte, als Rechtsanwälte und Aerzte um ihr Leben kämpfen
ſſen. Unerfchwinglich nicht zuletzt für jene aus den beſetzten
bieten, deren Väter, bisher bielleicht noch wohlhabende Leute,
Letztes einbüßen mußten, weil ſie ihrem Vaterland treu blieben.
Gewiß, es mag vieles ſchon getan ſein, die zuſtändigen
ellen mögen ſich die denkbar größte Mühe gegeben haben,
cht genugkann getan werden. Iſt es denn unbedingt
wendig ,die Not in allen ihren Auswirkungen zu malen?
es unbedingt notwendig, davon zu ſprechen, daß es Hunderte
Studenten gibt, die nicht wiſſen, was und wo ſie am folgen=
Tag eſſen ſollen? Daß esmehr gibt, alswir alle
ſen, die wochenlang nicht zu Mittag eſſen?
es notwendig, das alles ſo ausführlich darzulegen? Das alles iſt
her nur angedeutet worden, weil der Einzelne in falſchem
Scham=
ühl ſelbſt ſeinen beſten Freunden davon nicht ſprechen wollte.
eilerlieber Hunger litt, als betteln zu gehen.
hat den Mut nicht verloren, hat immer und immer wieder
irbeitet und gehungert und trotzdem ſeinen Glauben an die
kunft, ſein frohes Geſicht nicht verloren. Und wenn die Nor
h noch ſo groß wurde, er hat es nicht auf die Straße
hinaus=
chrien, hat ſich mehr wie früher bemüht, der Oeffentlichkeit
ne Not zu verbergen, hat verſucht, „das Mittageſſen durch Brönners Druckerei).
imme Haltung zu erſetzen.” So mag er vielleicht ſelbſt einen
eßen Teil der Schuld tragen, daß man nicht wußte, wie es
ihn ſtand. Weil er es ſelbſt nicht will, ſoll es hier geſagt
n, ſoll an dieſer Stelle der Ruf an alle Kreiſe gehen, die
end helfen können. Die Studentenverſammlung, der
Vor=
nd und die Wirtſchaftshilfe aber ſeien aufgefordert,
eindring=
z und unaufhörlich in der Oeffentlichkeit die Nor zu ſchildern
d nach Abhilfe zu rufen. Noch iſt es möglich, denn gerade eins aus älterer Zeit empfohlen, das zwar ſtellenweiſe durch die
tiſt das Semeſter angefangen, denen zu helfen, die nach Hauſe
ſren mußten.
Wohl kann man der Meinung ſein, daß die hohe Beſucher=
AI der deutſchen Hochſchulen eine Inflationserſcheinung iſt, daß
S verarmte Deutſchland ſich ſo viele Studenten nicht leiſten
in. Das aber darf niemals geſchehen — und damit erinnern nem Deutſchen Univerſitäts= und Hochſchul=Kalender” (Kirch=
Hsrede —, daß die Ausleſe nach dem Geldbeutel die Ueber= 1922) leicht berichtigt und ergänzt werden. In die
Hochſchul=
lung beſeitigt. Nach anderen Mitteln muß geſucht werden;
in mag erhöhte Anforderungen an die einzelnen Studierenden
Uen, im dadurch Mittelmäßige und Säumge zu zwingen,
ien anderen Beruf zu ergreifen, die Ausleſe nach dem
Geld=
utel jedoch hieße alle jene von der Hochſchule fernhalten, auf
bisher mit Recht der größte Wert gelegt wurde.
Was uns der Feind auch angetan, die deutſche Kultur, dieſes koſt= lich und umfaſſend ein,
rſte Gut unſeres Volkes, hat er bisher nicht zu zerſtören vermocht.
ie gilt es zu bewahren, trotz allen Elends, ſie gilt es
hinüberzu=
tten in eine beſſere Zukunft, zu der ſie allein uns den Weg zu
hnen vermag. Deutſchlands Hochſchulen aber, ſie ſind die
räger dieſer Kultur. Sie gilt es zu erhalten mit allen nur
nkbaren Mitteln. Wenn heute die Studentenſchaft den Notruf
ibeſchadet alles deſſen, was er bereits getan, den Hochſchulen heute noch für jeden als notwendig, der ſich tiefer mit dem
ſtuden=
bge, ſo fordert ſie damit keine Unterſtützung für ſich,
ſon=
erloff auf dem Deutſchen Studentendag in Würzburg
aus=
hrte — die Erhaltung der deutſchen Kultur, der ſie das, was lin, B. G. Teubner. 1922) ſchildern wili. Dieſer Verfaſſer gibt
ch zurückerſtatten wird.
Die Studentenſchaft aber rufen wir auf, daß ſie trotz allem
irtſchaftlichen Elend ſich ſtets ihrer hohen Aufgabe bewußt
eibt und daß es für ſie in noch höherem Maße gilt, wie für oberflächlich. Gleichwohl darf man ſagen, daß dieſes nur 132
as geſamte deutſche Volk, das Wort:
durchhalten!
An die Nachener Studentenſchaft!
Kommilitonen.
Eueren Telegrammen und Briefen, weiteren
Zei=
tungsmeldungen entnehme ich, daß die belgiſchen
Be=
ſatzungsbehörden Euere Hochſchule geſchloſſen haben und
Euch ſelbſt, ſoweit Ihr nicht geb. rtige Aachener ſeid,
binnen kürzeſter Friſt ausweiſen. Als ich vor einigen
Tagen bei Euch weilte, habe ich mit freudigem Stolz
feſt=
geſtellt, daß die Aachener Studentenſchaft ihre nationalen
Pflichten gegenüber unſerem Volk in jeder Weiſe erfüllt.
Tapfer und treu haltet Ihr in dem von den Belgiern
und Separatiſtenbanden ſo furchtbar bedrängten Aachen
auf Euerem Poſten aus, ſeid dort Schulter an Schulter
mit der kleinen Schutzpolizeitruppe und den Arbeitern
hervorragendſte Träger des Abwehrkampfes gegen die
Separatiſtenbewegung, offene Bekenner Euerer Treue zu
Preußen und zum Reich. Der Haß der Belgier und der
von ihnen unterſtützten Volksverräterzvertreibt Euch jetzt
aus Euerer Hochſchulſtadt. Im Namen der ganzen
Deut=
ſchen Studentenſchaft danke ich Euch für Euer Ausharren
auf faſt verlorenem Poſten. Wir blicken mit Stolz auf
Euch, wir werden Euch nicht vergeſſen, wir werden auch
nie vergeſſen, was der Feind Euch angetan!
(gez.) A. Fritſch,
Vorſitzer der Deutſchen Studentenſchaft.
* Die Bücherei des Fuchsmajors.
Von
Prof. Dr. Paul Sſymank, Göttingen.
Es wäre an ſich überaus wünſchenswert, wenn der Studenten=
Schulungswoche veranſtaltete und alle neueintretenden
Kommili=
tonen in die Geſchichte und Probleme der ſtudentiſchen
Gegen=
wart einführte. Da dies aber bis auf weiteres keine allgemein
akademiſche Einrichtung werden dürfte, fo fällt wie bisher, ſo
auch weiterhin den Fuchswajoren der einzelnen Verbindungen
und Vereine im weſentlichen die Aufgabe zu, auch dieſen Teil der
Erziehung der ihnen anvertrauten akademiſchen Jugend mit zu Einführung kann das Schriftchen von Dr. Walter Schöne:
übernehmen. Dieſe Ehrenbeamten nun, welche ſich vor die
Er=
füllung ſo wichtiger Pflichten geſtellt ſehen, merken ſehr bald,
daß die neue Zeit auch ihnen mehr aufbürdet, als ihre
Amtsvor=
gänger der Vorkriegszeit zu leiſten brauchten, und ſie werden nur
dann einen wirklich nutzbringenden Unterricht erteilen können, wenn
ſie ſich ſelbſt mit den allgemeinen akademiſchen und ſtudentiſchen
Problemen eingehend beſchäftigt haben. Das iſt aber heute, wo
das akademiſche Leben noch weit mehr im Fluſſe erſcheint als
früher, überaus ſchwer, und jeder, der ſich auf dem Gebiete des
Hochſchulweſens zurechtfinden will, bedarf dazu eines kundigen
Führers. Dieſes Bedürfnis wird wohl allgemein gefühlt, aber
nur einer der großen ſtudentiſchen Verbände, die „Deutſche
Burſchenſchaft” hat es vermocht, ein alle wichtigen Fragen
be=
handelndes, wirklich großzügig ausgeſtaltetes Handbuch für ihre
Angehörigen zu ſchaffen, das auch von andern ſtudentiſchen
Gruppen mit Vorteil benutzt werden kann (Handbuch für den
deutſchen Burſchenſchafter. Herausgegeben von Geh. Hofrat
Prof. Dr. Herman Haupt. 1922. Frankfurt a. M. H. L.
Das erſte, was der Fuchsmajor tun muß, wenn er bei
ſeinem Unterricht gründlich zu Werke gehen will, iſt für ihn, daß
er ſich einen klaren Ueberblick über das geſamte deutſche
Hoch=
ſchulweſen verſchafft. Es gibt nun aus neueſter Zeit kein Buch,
das dieſen Gegenſtand wirklich erſchöpfend behandelt, und es ſei
ihm daher außer dem klaſſiſchen Werke von Friedrich
Paul=
ſen: „Geſchichte des gelehrten Unterrichts auf den deutſchen
Schulen und Univerſitäten” (Leipzig. Veit und Comp.) noch
Entwicklung überholt iſt, aber im ganzen ſeiner Aufgabe auch
jetzt gerecht wird. Es iſt die Broſchüre von Dr. Carl Hoeber:
„Das deutſche Univerſitäts= und Hochſchulweſen” (Kempten und
München. Jof. Köſelſche Buchhandlung. 1912). Dieſe Schrift,
die durch ihre anerkennenswerte Unparteilichkeit angenehm
be=
rührt, kann durch Benutzung von Otto Schröders „
Allgemei=
r nochmals an die Ausführungen des Rektors in ſeiner An= hain, N.=L., Brücke=Verlag Kurt Schmerſow. 30. Auflage,
probleme des neunzehnten Jahrhunderts und der Gegenwart,
deren Kenntnis heute für alle Studierenden von höchſter
Wich=
tigkeit iſt, führen außerdem noch die Broſchüre von Eduard
Spranger: „Wandlungen im Weſen der Univerſität ſeit
100 Jahren” (Leipzig, Ernſt Wiegandt. 1913) und die des
preu=
ßiſchen Staatsſekretärs C. H. Becker: „Gedanken zur
Hoch=
ſchulreform” (Leipzig, Quelle & Meyer. 1919) überaus gründ=
Die allgemeine Geſchichte des Studententums behandeli das
von Muſeumsdireltor Dr. Friedrich Schulze und mir
ver=
faßte Werk: „Das deutſche Studententum von den älteſten
Zei=
ten bis zum Weltkrieg” (3. unveränderte Aufl. 1918. Leipzig.
Verlag von R. Voigtländer), das nur bis 1910 reicht und deſſen
Fortführung bis zur Gegenwart leider durch die Not der Zeit
ſchallen läßt und der Hoffnung Ausdruck gibt, daß der Staat verhindert wird. Die Kenntnis dieſes Buches erſcheint mir auch
noch höherem Maße als bisher ſeine Hilfe angedeihen laſſen tiſchen Leben befaſſen will; es vermittelt insbeſondere die für die
geſchichtliche Betrachtuns ſichtigen Tatfachen, und ſelbſt der wird
es nicht entbehren können, der zu dem neueſten Büchlein, von
rnſie fordert letzten Endes — wie unſer Mitarbeiter Dipl.=Ing. Wilhelm Bruchmüller greift, welches „Das deutſche
Studen=
tentum von ſeinen Anfängen bis zur Gegenwart” (Leipzig=
Ber=
ute der Einzelne bekommt, ſpäter an ideellen Werten tauſend= eine Darſtellung der Entwicklung in großen Zügen e: bietet
außerordentlich viel Feines und mancherlei Neues und
Wert=
volles, aber er kann vielfach das geſ=hichtliche Werden nus kurz
andeuten und iſt in ſeiner Schilderung der neueſten Zeit. wo
man gerade von ihm Aufſchlüſſe erwartet, im ganzen doch zu
Seiten zählende Handbüchlein in jede größere Studentenbücherei
Hinſichtlich der ſtudentiſchen Geſchichte der neueſten Zeit iſt
ſomit jeder darauf angewieſen, ſich die Entwicklung ſelbſt aus
den Quellenſehriften zu erſchließen, falls nicht — wie es in
Göt=
tingen der Fall iſt — ein Kolleg darüber geleſen wird. Sehr
wichtiges Material bietet für die Kenntnis der neueſten Zeit das
von verſchiedenen Verfaſſern herrührende Sammelbuch: „Das
erſte Jahr Deutſche Studentenſchaft” (Göttingen, 1921.
Selbſt=
verlag der Deutſchen Studentenſchaft), welches die Entwicklung
der geeinten Deutſchen Studentenſchaft von dem erſten
Würz=
burger bis zu dem glänzenden Göttinger Studententage (1920)
ſchildert. Kurze, zeitlich aneinander faſt anſchließende
Darſtel=
lungen des Werdens und Ringens der Geſamtorganiſation der
akademiſchen Jugend geben die Broſchüre von Helm
Wien=
kötter: „Der Zuſammenſchluß der Deutſchen
Studenten=
ſchaft” und die von Franz Holzwarth: „Das Wirken der
Deutchen Studentenſchaft” (beide Halle. Verlag von Max
Nie=
meher), doch erhalten wir durch ſie nur eine Geſchichte bis zur
Göttinger Notverfaſſung (1922), ſodaß ſich für die neueſte Zeit
noch eine empfindliche Lücke bemerkbar macht. Eine für die
Entwicklung der Deutſchen Studentenſchaft ſehr bedeutungsvolle
ſelbſtändige Bewegung der Gegenwart wird klar und dabei doch
begeiſternd von Walther Schulz in ſeiner ebenfalls in Halle
(bei M. Niemeher) erſchienenen Schrift: „Der Deutſche
Hochſchul=
ring” (1921) auf Grund eigener Anſchauung und ſonſtiger beſter
Quellen mit hiſtoriſcher Treue dargeſtellt.
Aber der junge Student, will nicht nur in die allgemeine
Geſchichte des Hochſchulweſens und Studententums, ſondern auch
in ſämtliche ihnen zugrunde liegenden Probleme einge ührt
wer=
den. Für dieſe Zwecke wird auch heute noch das allerdings
viel=
fach veraltete und die Vorkriegsverhältniſſe berückſichtigende
Buch von Theobald Ziegler: „Der deutſche Student” (11.
und 12. Aufl. Berlin und Leipzig. 1912. G. J. Göſchenſche
Verlagshandlung) mancherlei Beachtenswertes bringen.
Un=
mittelbarer wirkt dagegen das friſch aus dem mächtigen Leben
der Gegenwart heraus geſtaltete Schriftchen von Dr. Werner
Mahrholz: „Der Student und die Hochſchule” (Berlin,
Furche=Verlag). Aus warm fühlendem Herzen und in einem
für die Höherentwicklung des deutſchen Volkes begeiſtertem
Sinne geſchrieben, iſt das Buch eine Kampfſchrift gegen den
Schlendrian und zugleich ein Verſuch, die Hochſchule aus dem
Geiſte der modernen, durch Weltkrieg und Revoluvion beſtimmten
Zeit neu aufzubauen. Während Mahrholz in ſeiner Kritik eine
mittlere Linie wahrt, iſt die ſehr leſenswerte Broſchüre des
ver=
ſtorbenen Halleſchen Profeſſors Kurt Wolzendorff: „Die
Univerſität in der Demokratie” (Frankfurt a. M. Frankfurter
Sozietätsdruckerei. 1921) demokratiſch eingeſtellt, die von Prof.
Otto Braun: „Der Student und die neue Zeit” (Stuttgart.
J. Engelhorns Nachf.) ſteht auf ſozialiſtiſchem Boden, und die
von Hans Grundei: „Deutſchlands Wiederaufbau und die
akademiſche Jugend” (Kempten und München. Joſ. Köſelſche
Buchhandlung. 1920) verkündet die katholiſche Weltanſchauung.
ausſchuß einer jeden Hochſchule zu Beginn des Semeſters eine Schriften, welche das akademiſche und ſtudentiſche Leben int
ſeinem vollen Umfange vom Standpunkte der Rechtsparteien
be=
handeln, ſind noch nicht vorhanden.
Als ſehr wichtig betrachte ich auch, daß der heutige Student,
der ja vom erſten Tage ſeines Studiums an in die
wirtſchaft=
lichen Fragen und Nöte der Zeit hineingeſtellt iſt, auch alle die
ihn angehenden ſozialen Probleme kennen lernt. Als eine erſte
„Die ſoziale Frage im deutſchen Studententum” (Halle. Max
Niemeher. 1921) betrachtet werden; ferner ſollte man jeden
Studenten mit dem von der Wirtſchaftshilfe der Deutſchen
Studentenſchaft aufgeſtellten Richtlinien (Druckſachen des
Er=
langer Studententags 1921) und mit ihren meueren
Veröffent=
lichungen bekannt machen. Ebenſo iſt es jetzt eine
Ehren=
pflicht für jeden Studenten, über die Pflege der Leibesübungen
eingehend unterrichtet zu ſein, und dies wird ihm durch das
vorzügliche Handbuch von Lothar Berger: „Leibesübungen an
deutſchen Hochſchulen” (Göttingen, Hochſchul=Verlag. 1922), in
dem ſich alles Wiſſenswerte gut geordnet findet, heute überaus
leicht gemacht.
Neben der Aufgabe, die jungen Akademiker in das
allge=
meine Studenten =und Hochſchulleben einzuführen, erwächſt dem
Fuchsmajor noch die beſondere, ihnen den Gedankenkreis ſeines
Bundes und ſeines Korporationsverbandes, vertraut zu machen.
Dazu bedarf es keiner beſonderen Hinweiſe, zumal hierfür der
vorzüglich gearbeitete Teil: „Verbindungsweſen” in Aſcherſons
Allgemeinem Deutſchen Univerſitätskalender (Leipzig, Ambroſius
Barth) genügend Material bietet und einzelne Verbände
vor=
zügliche Handbücher, oder wie Korps, Burſchenſchaft und Wingolf
umfangreiche und wiſſenſchaftlich wertvolle Geſchichtswerke über
ihre Beſtrebungen beſitzen.
* Der deutſche Hochſchulring und die
Leibesübungen.
Aus den auf dem Vertretertag 1923 gefaßten Beſchlüſſen, die
die Fragen der Leibesübungen und ihre Notwendigkeit für die
Erziehung der ſtdentiſchen Jugend betrefſen, ſeien beſonders
hervorgehoben:
Der Deutſche Hochſchulring iſt der Auffaſſung, daß zur
Er=
ziehung des nationalen und völkiſchen Menſchen die körperliche
Ausbildung als weſentlicher Beſtandteil gehört. Der
Vertreter=
tag des Deutſchen Hochſchulrings 1923 zu Würzburg macht es
deshalb den Hochſchultingen Deutſcher Art zur vornehmſten
Pflicht, für dieſen Gedanken einzutreten. Er gibt ſeiner Freude
über die Kraft Ausdruck, mit der ſich die Organiſation der
„Deutſchen Stdentenſchaft” und beſonders das Deutſche
Hoch=
ſchulamt für Leibesübungen immer wieder für die Einführung
unß Verbreitung der Leibesübungen einſetzt. Die
Hochſchul=
ringe Deutſcher Art verſprechen heute noch einmal tatkräftigſte
Unterſtützung.
Beſonders unterſtützt der Deutſche Hochſchulring immer
wie=
der auch ſeinerſeits die Forderung nach der Einführung der
pflichtmäßigen Leibesübungen. Der Vertretertag 1923 fordert
von den Miniſterien und Hochſchulbehörden die Einführung des
Geſetzes, das jedem Studenten die Pflege und Ausbildung
ſeines Körpers neben der des Geiſtes an den Hochſchulen zur
Pflicht macht. Die körperliche Leiſtungsprüfurg
ſoll ein Pflichtfach, in den Vor= oder
Schluß=
examen jedes Studienganges werden.
Des weiteren ſoll die Jugendarbeit beſonders auf dem
Gebiete der Leibesübungen, ſtändige Aufgabe jedes örtlichen
Hochſchulrings ſein. — Rekordzucht und
Spezial=
ausbildung Einzelner entſprechen nicht dem
Sinn, in dem der Deutſche Hochſchulring die Körpererziehung
der deutſchen Stud nten gehaleen zu ſehen wünſcht. Es foll
daſür Sorge getragen werden, daß die Leibesübungen an den
Hochſchulen auf breiteſte Grundlage geſtellt werden un daß der
Lehrſroff eine ſorgſame Durchbildung des ganzen Körpe 3 jedes
Einzelnen gewährleiſtet.
Für die Schriftleitung der Hochſchulbeilage verantwortlich:
Alfons Kemper, Darmſtadt
Seite 8.
Darzſtädter Tagblatt, Donnerstag, den 1. Robeiber
Liebe und Pflicht.
Romantiſche Erzählung aus dem ſiebenzehnten Jahrhundert.
Von E. St.
gen mit zunehmender Dunkelheit konderbare Töne, wie die
Vor=
boten eines bald beginnenden Beiſterſpuis.
Die langen Schatten, welche die Bäume bei untergehender
Sonne bi3 zu den AloFerfiauern warfen, verſchmolzen
allmäh=
lich mit 3er Däfuiierui: doch ſchien es, als woile es heute nie
1)
Nachbrud verk=
Mit dem heute beginnenden Abdruck von „Liebe und Pflicht”
ſchließt die Reihe der erzählenden Weike Ernſt Elias
Nieber=
galls, die wir ſeit zwei Jahren, beginnend mit Nr. 71 vom
13. März 1921, mit dieſer letzten Erzählung im Darmſtädter
Tagblatt ſämtlich abgedruckt haben werden. Wir haben es als
eine dem unſterblichen Darmſtädter Mundartdichter ſchuldige
Ehre angeſehen, ihn unſeren Leſern einmal in ſeinen übrigen
Werken vorzuführen, von denen gerade die größten — „Neue
verſöhnt”, „Der Mann aus dem Marais”, „Der Falſchmünzer”
und die vorliegende Erzählung, die umfangreichſte unter ihnen,
in den alten Didaskaliabänden ſeither ſo gut wie unzugänglich
taren. Reicht auch der Erzähler Niebergall nicht entfernt an
den dramatiſchen Dialektdichter heran, ſo verraten doch auch ſeine
Erzählungen ſein ſicheres Gefühl für das Dramatiſch=
Wirkungs=
bölle. Sie haben, wenn ſie auch ſtellenweiſe ein wenig veraltet
ſein mögen, doch als Dokumente für Niebergalls dichteriſche
Ent=
wicklung heute noch die Berechtigung, beachtet und geleſen zu
werden. Um die Erzählungen des Dichters ein für allemal leicht
zugänglich zu machen, werden ſie nach dem Erſcheinen der letzten
Erzählung als Sonderabdruck aus dem Tagblatt in Buchform
erſcheinen. Wir glauben des Dankes aller Niebergallverehrer
deswegen ſicher zu ſein, daß wir durch den Abdruck dieſer
Er=
zählungen einzig und allein dieſe Geſamtausgabe unter den
gegenwärtigen Verhältniſſen ermöglicht haben.
Erſte Abteilung.
1.
Auf einem waldgekrönten Hügel, nicht weit vom Ufer des
Elbſtromes, ſtand ein altertimliches Gebäude, welches ſeiner
Bauart nach wohl ehemals ein Kloſter geweſen ſein mochte.
Jetzt aber ſtand es öde und unbewohnt, und das Gras wucherte
auf ſeinen Schwellen; die Reformation und die harte
Kriegs=
zeit hatten die fromnen Zellenbewohner verſcheucht. Durch die
gotiſch geſchnörkelten Vogenfenſter, die längſt der Scheiben
ent=
behrten, flog der Nachtrabe der willkommenen Abenddämmerung
entgegen: und hätte jemand einen Blick in den inneren Raum
des Gebäudes getan, ſo wäre ſein Auge auf graue, mit
Spin=
nengeweben und Eppich überkleidete Schwibbogen, auf
verwit=
terte Heiligenbilder und eingemauerte Grabſteine und
Gedächt=
nistafeln gefallen. Eine unheimliche Stille brütete um das
ehe=
malige Kloſter; ſelbſt die Waldbäume regten nur leiſe ihre
Zweige; aber aus dem Inneren des einſamen Gemäuers dran=
vöiligr runkeln, Seun ils die Sonne im Purpurſchleier des
Abenspctes hinacgeſunſen war, kam der Mond leuchtend
herauf=
gezögen und übergoß Strom, Kloſter und Waldung mit ſeinem
milden Lichte.
Aber welch ungetvöhnliche Glut leuchtet am nördlichen
Hori=
zont? Das iſt nicht der Widerſchein der Abendröte, denn jene
verblühte bereits im Weſten und zieht ſich nur noch als
bleich=
gelber Streifen am Himmel hin; aber im Norden flammt und
lodert es immer röter und heller auf, je weiter ſich die Schatten
des Abends verbreiten.
Des Weges zum Hügel herauf kann ein Wanderer, ein zartes
Mägdlein auf dem Arm, einen Knaben an der Hand. Seine
Kleidung war die eines proteſtantiſchen Predigers; ſeine Schritte
waren unſicher und wankend, obwohl er von hoher, kräftiger
Geſtalt war und kaum über die Grenzlinie des gereiften
Mannes=
alter hinaus fein lonnte. Als er die Kloſterpforte erreicht hatte,
verſuchte er, zu öffnen, doch die eingeroſteten Riegel widerſtanden
ſeiner Anſtrengung. Still weinend kauerte das Mägdlein auf
einem Steine nieder und ſuchte ſeine Hände unter der Schürze
vor dem immer kälter wehenden Abendwinde zu ſchützen,
wäh=
rend der Knabe mit kecker Neugier zu den dunkeln Fenſtern
hinaufblickie und bald das arme Kind tröſtete, bald ſeine
ſchwa=
chen Kräfte mit den Verſuchen des Vaters zur Oeffnung der
Pforte vereinigte. Der ließ endlich von der vergeblichen
Be=
mühung ab, drückte die Hände in ſtummem Schmerz auf die
Augen und ſah dann in ſtarrer Troſtloſigkeit zum Himmel hinauf,
von dem jetzt unzählige Sternenhcere herabfunkelten.
„Vater, die arme Elsbet friert und weint”, fing der Knabe
treuherzig an. „Sind denn keine Wenſchen in dem großen
Hauſe da drinnen, daß uns das Ter nicht geöffnet wird? Es
iſt Nacht, und wo ſoll mein liebes Schweſterlein ſchlafen?“
Statt der Antwort nahm der Bater das vor Kälte ſchauernde
Kind auf dem Arm, lüßte es tief ſeufzend und ging nach einer
Mauerniſche, wo eine halbzerſtörte ſteinerne Bank einen
Ruhe=
platz bot. Hier, unter dem Gezweige eines alternden
Flieder=
baumes, ließ er ſich ſchweigend nieder, das Töchterlein in ſeinen
getreuen Vaterarien bergend, und der Knabe drückte ſich
frö=
ſtelnd an ſeine Seite.
Nach einer Weile fragte er wieder:
„Vater, wie iſt der Himmel ſo rot!“
Er deutete nach Norden. Dort wälzte ſich ein blutigroter
Feuerſtroin hin, von helleren Streifen gleich flammenden
Pfei=
len und Spießen dunchzuckt, daß die Sterne davor erblaßten.
„Ich ſehe es, mein guter Leuthold”, antwortete der
Vater: „Das iſt der Brand unſerer unglücklichen Vaterſtadt!
Gott fei den Elenden gnädig, denen er nicht zur Flucht
holfen hat!
Er blickte auf das Mädchen herab. Der barmherizge Sch
mer hatte ihm Froſt und Hunger verſcheucht, und es träumte
Leuthold ſahe den Vater fragend an; er hatte die Ant
nicht ganz verſtanden.
„Es iſt der Widerſchein von Magdeburg, der den Hir
blutig färbt”, fuhr jener grampoll fort. „Die Unmenſchen h
es in Brand geſteckt und das Glück von Tauſenden ſin
Aſche. Glücklich iſt noch der, welcher dem Schwert und
Flammen entrann, um ſein Elend in die Ferne zu tragen!“
„Und tvo haſt Du die Mutter gelaſſen?”
„Bete, Knabe, bete für ihre Seele!” ſtammelte der Vat
neu erwachender Herzensqual und preßte krampfhaft die H
ſeines Kindes zuſammen: „Sie iſt dort oben, und in di
Leben ſehen wir ſie nicht wieder!“
Der Knabe ſchluchzte. „Und der Großvater?”
„Tot” war die eintönige Antwort.
Leuthold warf ſich laut weinend an den Hals ſeines
glücklichen Vaters.
„Aber der Bruder Georg” — fragte er nach einiger
Zei=
von Schluchzen unterbrochener Stimme — „der hatte ein Sch
und eine Kugelbüchſe: ihm konnten ſie doch nichts zu Leide t
„Armer Junge”, ſeufzte der Vater und ſtrich ihm die blo
Locken von der Stirn: „Dein Bruder Georg iſt auch hin.
mußte ihn fallen ſehen: aber tröſte Dich, er ſtarb als ruhmt
Kämpfer für ſeinen Glauben und für ſeine Vaterſtadt; eine s
traf ihn an der Seite des tapferen Falkenberg. Jetzt hab
niemanden mehr als Dich und die liebe Elsbet”, ſetzte er
Innigkeit hinzu und drückte die Kinder heftig an ſein
„Euch ſoll mir niemand entreißen!“
T
2.
Mehrere Stunden der Nacht waren verronnen. Die
Atemzüge Leutholds verrieten, daß auch über ihn der Schle
erbarmt hatte; nur der bedauernswürdige Vater wachte,
ihm hielt das Bewußtſein ſeines Jammers die Augen offen
ſeine Bruſt zerquälve ſich in Sorgen um ſeine ſchlummer
Kinder. Die Lohe der flammenden Stadt ſchlug höher am N
himmiel empor.
Da ward es im dämmerigen Talgrunde lebendig. Ein
lein Reiter und Fußknechte zog raſch den Hügel herauf: We
geräuſch und unverſtändliche Stimmen drangen aus ihrer
Bald waren ſie an dem Tore des Kloſters angelangt, und
denr mehrere vergeblich zu öffnen verſucht hatten, lo
Fackeln in vielen Händen, und die ſchwarzen Kloſtermauern,
einem unheimlichen Scheine begoſſen, traten jetzt aus dem 2
hervor; wilde Stimmen, meiſt in fremden Sprachen und
arten, ſchrien in vertorrenem Durcheinander, und das T
bebte von ſchmetternden Schlägen.
(Fortſetzung fole
Familiennachrichten
O
Landesthee
(Dem Herrn über Leben und Tod
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herzens=
guten Mann, unſeren lieben Vater,
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