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Neinen !
en und nach
Mk. Jſaaes
abends ?
nzeigenſchlüſſel 18 Millionen
Einzelnummer 300 Millionen Mark
Bezugspreis:
wöchentlich Tmaligem Erſcheinen vom 15. bis 31.
er 300 Millionen Mk. und 30 Millionen Mi.
„gegebühr, Abgeholt 305 Millionen Mk., durch die
turen 330 Millionen Mk. frei Haus Poſtbezugs=
(reibleibend) ohne Beſellgeld 30 Millonen Mk.
jahlung 344 Millionen Mk. Verantwortlichkeit für
ahme von Anzeigen an beſimmten Tagen wird
übemommen. Nichterſcheinen einzelner Nummern
e höherer Gewalt berechtigt den Bezieher nicht
ſirzung des Bezugspreſel. Beſellngen und
Ab=
ſungen durch Fermruf ohne Verbindlichteit für uns.
Poſiſcheckonto: Frankfurt a. M. 1301.
Heſſiſche Neueſte Nachrichten
Morgenzeitung der Landeshauptſtadt
Nachdruck ſämtlicher mit X verſehenen Original=Aufſätze und eigenen Nachrichten nur mit Quellenangabe „Darmſt. Tagbl.” geſtattet.
Nummer 299
Montag, den 29. Oktober 1923
186. Jahrgang
Anzeigenpreis:
27 mm breſie Zeile im Kreiſe Darmſtadi 150 Mark
Finanz=Anzeigen 200 Mark, Reklamezeiſe (92 mm
breil 800 Mak. Anzeſgen von auswärts 200 M,
Finanz=Anzeigen 300 Mark, 92 mm breite
Rellame=
zeſſe 4000 Mark. Dieſe Preiſe ſind mit der jeweils
güligen Schlüſſelzahl zu multpolizieren. — Im
Falle höherer Gewalt, wie Krieg, Aufruhr. Sireit
uſp, erliſcht ſede Verpſichtung auf Erfüllung der
Anzeigenaufträge und Teiſtung von Schadenerſatz
Bei Konkurs oder gerſchilicher Beſtreſbung fällt
jeder Rabant weg. Bankonto: Deuiſche Bank und
Darmſtädter 8 Nationalbanf.
Die Gültigkeit der Oemobilmachungs=
Verordnungen verlängert.
TU. Berlin, 28. Okt. Halbamtlich wird mitgeteilt: Die
ltigkeit der Demobilmachungsverordnungen
die Regelung der Arbeitszeit der gewerblichen Arbei=
und Angeſtellten läuft am 31. Oktober ab, ſo daß eine
Ver=
gerung der Geltungsdauer erforderlich geworden iſt. Die
hsregierung hat dieſe Verlängerung bis
ein=
ießlich Samstag, den 17. November beſchloſſen. Bis
niſt mit einer Verabſchiedung des vorläufigen Geſetzes über
Arbeitszeit, das die Demobilmachungsverordnungen erſetzen
zu rechnen, da der Reichstag vorausſichtlich am 5.
No=
zber wieder zuſammentritt.
Vom Tage.
Der Ankauf von Reichsſilbermünzen durch die
Reichs=
bank erfolgt vom 29. Oktober ab bis auf weiteres zum 7=milliardenfachen
Betrage des Neunwertes.
Heute Montag findet in München ein Miniſterrat ſtatt, der ſich mit
der Note der Reichsregierung beſchäftigen wird.
den Ruheſtand. An ſeine Stelle tritt der Chef des Perſonglamts im
majorRk einicke erſetzt wird.
Arbeit wieder aufgenommen worden.
Maſaryk
getroffen.
Poincarés Zugeſtändnis.
ifung der deutſchen Leiſtungsfähigkeit durch eine Sachverſtändigenkonferenz unter Ausſchluß und Eiſen an die erſte Stelle in Euroba treten und England bei
uiſchſands. — Anhören deutſcher Oelegierter durch die Reparationskommiſſion. — Poincaré weitem überflügeln. Die engliſche Volkswirtſchaft, die
weſent=
für beſchleunigte Regelung der Reparationsfrage.
Engliſche Politik.
Von
Gouverneur Dr. H. Schnee.*)
Paris, 28. Okt. (Wolff.) In ſeiner Rede, die Poincars
e nachmittag bei der Einweihung des Kriegerdenkmals in
pigny hielt, erklärte er u. a.:
Weiſen wir alle entſchloſſen jene Männer von ſchwacher
rzeugung von uns, die nichts verſtanden, als Argumente zu
den, um Frankreich herabzuſetzen und in ihm das
Bewußt=
ſeines Wertes und ſeiner Erfolge zu verdunkeln. Wir
ſie in jenem düſteren Jahre 1917 kennen gelernt, wo ſie
kreich faſt vergiftet hätten. Einige trachten immer noch
h. es zu betäuben. Wenn die Beſetzung des Ruhrgebiets
zu unſerem Vorteil ausgeſchlagen wäre, hätten ſie mit einer
oller Freude die Gelegenheit ergriffen, um auf die
Beun=
ung der öffentlichen Meinung zu ſpekulieren. Die
Ereig=
haben ſie in Verwirrung gebracht; als Deutſchland in die=
Herbſt die Einſtellung des Widerſtandes angekündigt hatt:,
ſten ſie, dies auf den nüchternen Tatbeſtand zurückführen
üſſen. Ich hatte mich leider nicht getäuſcht, als ich ſagte,
die
Ränke und Ausflüchte
nicht zu Ende wären. Im vergangenen Jahre, bevor wir
der mit Beſchlag belegten, behauptete Deutſchland, es
uns die von der Reparationskommiſſion feſtgeſetzten
nmengen nicht geben. Durch unſere Beſetzung iſt
nach=
ſen, daß Deutſchland vollkommen in der Lage war, auf
Kohle zu verzichten. Es hat bald ſein Syſtem
ge=
ſelt. Eserklärt uns jetzt, wen es tatſächlich
er Lage ſei, die Lieferungen ausführen zu
en, ſo ſei es doch außerſtande, ſie zu bezah=
Die ganze Taktik des deutſchen Schuldners wird in der
elei dieſer Schwenkung ſichtbar.
ſoincaré kam im Anſchluß hieran auf
die ſeparatiſtiſche Bewegung
rechen: „Wir haben es ſtets gewiſſenhaft vermieden, uns
e inneren Angelegenheiten Deutſchlands einzumiſchen,
s auch künftig die Verfaſſung Deutſchlands ſein möge,
wel=
rt auch ſpäterhin die gegenſeitigen Beziehungen der
Staa=
in mögen, aus denen unmittelbar nach dem Abſchluß des
iller Vertrages das Deutſche Reich zuſamnengeſetzt war.
Ils wird uns der Gedanke kommen, die Bevölkerung zu
valtigen. Wir nähren keinerlei Annexionsabſichten, aber
derden nicht darauf verzichten, dauernde
Sicherheitsgaran=
verlangen. Diejenigen Garantien, die uns in Verſailles
lochen worden waren, haben wir nicht erhalten.
Deutſch=
hat mehrere Monate hindurch die Kontrolle der interalli=
Militärkommiſſion lahmgelegt, es hat ſich der Mehrzahl
elon ihm unterſchriebenen Verpflichtungen hinſichtlich der
a und Bewaffnung der unter den Fahnen behaltenen Män=
tzogen, es iſt in der Lage, ſeine Fabriken raſch auf die
lung von Kanonen und Munition umzuſtellen, es kann in
War Tagen eine Luftflotte ausrüſten.”
odann fuhr Poincaré fort: „Es wäre höchſt unvorſichtig
us, wenn wir nicht auf der Hut wären und unſere
Schutz=
preisgeben oder abſchwächen würden. Wir ſind
ebenſo=
geneigt,
unſere Anſprüche auf Reparationen
ern. Wenn wir die Pfänder nicht genommen hätten und
nuar dieſes Jahres Deutſchland einfach das zwei= oder
erige Moratorium gewährt hätten, das Deutſchland von
inde es Deutſchland nicht nur heute frei, nicht
13 rlangte,
ANS er e e eſche e ehe
b4 wie möglich die notwendigen Maßnahmen zu treffen, um
r1 Bläubiger zu bezahlen. Es weiß, daß wir unſere
der nicht aus der Hand geben werden, be=
dir nicht den Betrag unſerer Reparationen
Iiten haben. Seine Sache iſt es, durch aufrichtige
An=
e1ung dem Zeitpunkt näher zu rücken, in dem wir das
Ruhr=
räumen.
ſeinen weiteren. Ausführungen wendete ſich Poincars
S cklich
an die Verbündeten Frankreichs.
erwarten wir von unſeren Alliierten?” fragte er. „Ledig=
Beachtung des Verſailler Vertrages, den ſie gemeinſam
migen Beſchluß der Gläubigerregierungen. Frankreich machte
ſtimmung zu geben.”
land worgen und in nächſter Zukunft zahlen kann, ſo gibt es
nichts, was notwendiger wäre, als dieſe Prüfung. Nun iſt aber
durch den Friedensvertrag gerade.
die Reparationskommiſſion
damit betraut worden, die Zahlungsfähigkeit, die narurgemäß je
nach der Wirtſchaftslage und dem Finanzverhältnis Deutſch=
Funktionen zu nehmen. Sie müſſe vor jeder ihrer
Entſcheidun=
gen Deutſchland die billige Notwendigkeit gewähren, ſeine
Ein=
wendungen vorzubringen. Deutſchland hat jetzt
wie=
der die Fühlung mit der Kommiſſion
aufgenom=
zweifellos binnen kurzem anhören. Möge man
ſie arbeiten und ihre Mandat ausführen laſſen!” Poincaré
ant=
wortete dann im beſonderen auf die Rede des engliſchen
Mini=
ſterpräſidenten in Plymouth, in der er aufgefordert wurde, es
ſich dreimal zu überlegen, bevor er
die engliſchen Vorſchläge
ablehne. „Ich brauche nicht zu ſagen,” erklärte er, „daß jeder
Vorſchlag des engliſchen Premierminiſters von mir ſtets der
ern=
ſteſten Erwägung wert befunden wird. Ich habe mir zunächſt
geſagt, daß wir in weſentlichen Punkten völlig einer Meinung
ſind, in der Auffaſſung, daß die Reparationsfrage ſo bald wie
möglich unter den Allierten geregelt werde, und daß wir uns
einigen ſollten, um die Bezahlung der Reparationen zu ſichern.
Mehr als irgend jemand bin ich dagegen, daß
dieſe Reparationsregelung hinausgezögert wird.
Wie der engliſche Premierminiſter, ſo wünſchen auch wir, daß ſich
die Vereinigten Staaten
bereit finden, ſich nicht völlig abſeits von der europäiſchen
Poli=
tik zu halten. Wir glauben, daß der Sache der Menſchheit um ſo
eher gedient wird, wenn England die wirtſchaftliche, finanzielle
und moraliſche Solidarität zwiſchen dem alten und dem neuen
Kontinent zuſammenſchließt. Worüber würde jedoch
eine internationale Konferenz
beraten? Wie würde ſie zuſammengeſetzt ſein? Welch
Zuſam=
menwirken würde zwiſchen ihr und den Regierungen oder der einer ſolchen Sphäre der Wohlanſtändigkeit, auf einem ſo hohen
Reparationskommiſſion beſtehen? Welches wären ihre
Kompe=
tenzen? Das alles ſind Fragen, die ſich mir gleich zu Beginn
Reden würde uns nicht Tag für Tag eine internationale
Kon=
ſerenz bringen, und wie widerſpruchsvoll würden ſie nicht ohne
Zweifel ſein? Wenn die engliſche Regierung
wirk=
lich nicht daran denkt, uns das Anſinnen zu ſtellen,
währen, von der ſie ſpricht, wenn ſie wie wir hier lediglich
den Wunſch hat, die Mitwirkung der Vereinigten Staaten zu Carlyle als die Kunſt bezeichnet, die Dinge ſcheinen zu laſſen,
erlangen, ſo fällt es uns ſehr leicht, uns über dieſe
Idee zu verſtändigen, die in Paris wie in Waſhington,
in Brüſſel und in Rom bereits ins Auge gefaßt wurde. Die
s unterzeichnet haben. Die deutſche Schuld iſt von der
Ationskommiſſion gewiſſenhaft feſtgeſetzt wordel. Dieſes
1gsſtatut iſt Deutſchland mit einem Ultimatum mitgeteilt
I. Die Feſtſetzung iſt alſo endgültig, und da ſie in Aus=
9 des Verſailler Vertrages vorgenommen wurde, kann ſie
jehr ohne unſere Zuſtimmung abgeändert werden. Der
ug ſieht ausdrücklich vor, daß Deutſchland keine Herab=
4g gewährt werden kann, es ſei denn, durch einen einſtim=
Reparationskommiſſion iſt da, und ſie nimmt alle
Tage Unterſuchungen vor. Ohne etwas unerhört Neues zu tun,
ſtehtes ihr frei, denoffiziöſen Delegierten der
Vereinigten Staaten um die Ernennung der
amerikaniſchen Sachverſtändigen zu bitten, die
zuſammen mit franzöſiſchen, engliſchen,
ita=
lieniſchen und belgiſchen Sachverſtändigen die
gegenwärtige Zahlungsfähigkeit Deutſchlands
prüfen und von Deutſchland ein Programm für
die Sanierung ſeiner Finanzen und ſeiner
Währung, ſowie einen beſtimmten
Repara=
tionsplan verlangen ſollen; und das alles im
Nahmen des Friedensvertrages. Aber wir können
uns nicht damit einverſtanden erklären, daß der
Reparations=
kommiſſion ihre Zuſtändigkeit entzogen werde, oder daß man ſie
durch ein Organ erſetze, in dem unſer Einfluß, der ſchon ſowieſo
hinter unſeren Intereſſen zurückſteht, noch weiter eingeſchränkt
werde. Die Grenze unſerer Zugeſtändniſſe iſt erreicht.
Ein Rüblick auf die engliſche Geſchichte zeigt, daß die
bri=
tiſchen Staatsmanner von jeher die Beherrſchung des europäi=
Mit dem 1. November tritt der Kommandeur der erſten Diviſion ſchen Kontinents durch eine Großmacht als unverträglich mit
und Befehlshaber des Wehrkreiſes 1. Geueralleutnant b. Daſſel, in dem Gedeihen des Britiſchen Reiches angeſehen haben. Der
Reichswehrminiſterium, Generalleutnant Heye, der durch General= Staat, welcher eine überragende Stellung in Europa erlangt,
und für England gefährlich zu werden drohte, wurde noch ſtets
ſein Feind. Bei dem franzöſiſchen Vorgehen handelt es ſich
In Hamburg iſt auf einzelnen Werſten am Samstag früh die nicht blos um das Streben nach der Rheingrenze und nach der
politiſchen und militäriſchen Beherrſchung des größten Teiles
iſt von ſeiner Auslandsreiſe wieder in Prag ein= Europas, ſondern auch um die Sicherung der wirtſchaftlichen
Vormacht. Frankreich beſitzt mit Elſaß=Lothringen die größten
Eiſenvorkommen Europas. Es hat zu ſeinen eigenen
Kohlen=
vorkommen mit dem Saargebiet, unter Zuweiſung von
Ober=
ſchleſien an das ihm unterwürfige Polen, bedeutende weitere
Kohlenſchätze ſich dienſtbar gemacht, und ſteht im Begriff,
ver=
mittels der Ruhrbeſetzung das größte Kohlenvorkommen des
Kontinents unter ſeine Kontrolle zu bringen. Bei Gelingen
die=
ſer Pläne würde Frankreich als Beſitzer und Nutzer von Kohle
lich auf Kohle und Eiſen beruht, würde dadurch auf das
Schwerſte gefährdet werden. Es iſt nicht anzunehmen, daß
England die Lurchführung ſolcher politiſchen und wirtſchaftlichen
Pläne zulaſſen wird, und kann, welche ſeine Weltſtellung auf
zu viele Prüfungen durch, um zu dieſer Herabſetzung ſeine Zu= das Schwerſte beinträchtigen und eventuell ſelbſt die
wirt=
ſchaftliche Exiſtenz ſeiner Bevölkerung bedrohen würden. Wenn
die franzöſiſche Politik in ihrer maßloſen, den Eindruck des
Wenn es ſich darum handelt, zu beurteilen, daß Deutſche Größenwpaynſinns machenden Politik dauernd weiter ſchreitet, ſo
wird die Welt eines Tages mit Notwendigkeit die Wiederholung
der Kämpfe zwiſchen den beiden Großmächten erleben, welche ſie
vor mehr denn 100 Jahren bereits als endgültig erledigt
ange=
ſehen hatte. Es wird weſentlich von der Geſtaltung der
fran=
zöſiſchen Politik abhängen, ob dieſer Fall eintreten wird oder
nicht. Das britiſche Weltreich bietet in ſich und in ſeinen
Be=
ziehungen zu den verſchiedenſten Ländern des Erdballes ſo viele
lands ſteigt, von Zeit zu Zeit abzuſchätzen. Es liegt keinerlei Fragen und Möglichkeiten, es hat ein ſo ſtarkes Intereſſe an der
ungeſtörten Entwicklung ſeiner durch den eben überſtandenen
Grund, hor, der Reparationskommiſſion eine ihrer wichtigſten Krieg beeinträchtigten Wirtſchaft, daß es ſich nicht ohne Not in
einen neuen Krieg hineinziehen laſſen wird.
Vom deutſchen Standpunkt aus muß die Möglichkeit der
an=
gedeuteten Entwicklung jederzeit im Auge behalten werden.
Gänzlich falſch wäre es aber, für die Gegenwart mit einem der
deutſchen Sache nützlichen Konflikt zwiſchen den beiden
Groß=
men, und dieſe wird die deutſchen Delegierten mächten zu rechnen, oder ſelbſt für eine ſpätere Zukunft, dieſe
Ausſicht als einigermaßen ſicheren Faktor in die politiſche
Be=
rechnung einzuſtellen. Für die Gegenwart ſcheint ſich England
mit der Rolle des Nachgebens abgefunden zu haben. Aus
eng=
liſch=franzöſiſchen Differenzen hat ſich bisher nichts Gutes für
Deutſchland ergeben, ſie ſind wiederholt zu ſeinem Nachteil
aus=
geglichen worden. Das Gleiche kann auch in Zukunft noch
wei=
ter der Fall ſein. Ob überhaupt und wann die Grenze
über=
ſchritten werden wird, bei der England ohne ſich ſelbſt
aufzuge=
ben, nicht paſſiv bleiben kann, ſteht dahin. Der Zuſtand der
Paſidität gegenüber einem mit Rechtsbruch und Gewalttat
vor=
geheuden Frankreich mag lange dauern. Andererſeits mag die
franzöſiſche Politik andere Bahnen einſchlagen, wenn oder ehe
jie jene Grenze erreicht. Plötzliche Schwenkungen in der Politik
Frankreichs ſind ſchon früher da geweſen, wie u. a. die
Erinne=
rung an Faſchoda lehrt.
Gegenüber der engliſchen Politik iſt eine ganz beſondere
Vorſicht von deutſcher Seite angezeigt. Sie iſt meiſt ſchwerer zu
ergründen als die Politik anderer Nationen. Das liegt einmal
an den weit verzweigten Intereſſen des britiſchen Weltreichs,
welche Ausgleiche an den verſchiedenſten Stellen und Objekten
ermöglichen, die den Gang der politiſchen Ereigniſſe
beeinfluſ=
ſen, ohne immer dem Außenſtehenden erkennbar zu ſein. Dann
aber liegt es vor allem an dem Auftreten der engliſchen
Staats=
manner, an der Tradition der britiſchen Politik und ſchließlich
an dem engliſchen Volkscharakter, die ein Durchdringen jener
Politik ſchwieriger machen, als das Erkennen der wahren Pläne
und Abſichten der Politiker anderer Nationen. Der engliſche
Staatsmann bewegt ſich, wenn er für ſeine Nation ſpricht, in
Nibeau einer ſelbſtverſtändlichen Moral, daß es oft ſelbſt dem
Gegner ſchwer fällt, ſich dem Banne ſolcher Aeußerungen zu
ent=
ziehen. Die engliſche Politik hat in einer glücklichen
Entwick=
ſeiner Erwägungen aufgedrängt haben, und die zu löſen mir lung, welche ſie durch geiſtige Mittel Völker ganz verſchiedener
nicht gelungen iſt. In Englandhat man ſich viel über Entwicklungsſtufen und Geſittung zu beherrſchen und zu
beein=
meine Sonnntagsreden luſtig gemacht. Wieviel fluſſen lehrte, ſich den Gebrauch dieſer geiſtigen Waffen in einem
Maße angeeignet, wie die keiner anderen Nation. Sie hat es
noch imuer glänzend verſtanden, ſittliche Motive,
Völkerbefrei=
ung, Schutz der kleinen Nationen uſw. in den Vordergrund zu
ſtellen und damit die britiſchen Intereſſen bis zum Unſichtbar=
Deutſchland einen Sitz in der Konferenz zu ge= wverden zu umhüllen. In dem engliſchen Volkscharakter
ſchließ=
lich bildet der „ſant” einen weſentlichen Beſtandteil, welchen
was ſie nicht ſind; eine Kunſt von ſo tötlicher Art, daß ſie die
Seelen deuer vernichtet, die ſie üben, da ſie dieſe über das
Sta=
dium kewußter Fälſchung hinaus in einen Glauben an ihre
eigenen Illuſionen hineinführe und ſie auf den elendeſten aller
möglichen Zuſtände hinunterbringe, den wo man in aufrichtiger
Weiſe unaufrichtig iſt. Gerade dieſe Aufrichtigkeit in der
Un=
aufrichtigkeit iſt das Gefährliche für den Fremden, welcher mit
dem komplizierten engliſchen Charakter nicht vertraut iſt. Sie
läßt ſich oſr genug in dem Auftreten engliſcher Staatsmänner
verfolgen und macht ihre ſchon durch die übrigen
hervorgehobe=
nen Umſtände erſchwerte richtige Einſchätzung zu einer an die
Urteilskraft der fremden Politiker und Diplomaten beſonders
hohe Anjorderungen ſtellenden Angelegenheit.
*) Aus deſſen in Kürze im Verlage von Quelle & Meyer
erſchei=
nenden hervoragenden Werke „Weltpolitik”, das alle brennenden
Fra=
gen der Gegenwart behandelt. Wenn auch die Ausſichten für unſere
welktolitiſche Geltung in der Zukunft ungünſtig ſind ſo zeigt doch
die Gegenwart, daß unſer Volk größerer politiſcher Neiſe bedarf, um
die derzeitige Kriſe zu überwinden. Dieſe zu vermitteln iſt das Werk
in herdorragendem Maße berufen.
Mfere Keuige Nunmer nifkäf den Shoar des Santags
[ ← ][ ][ → ]Seite 2.
Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 29. Oktober 1923.
Rummer 299
Die Sachverſtändigenkonferenz.
London, 28. Okt. (Wolff.) Reuter erfährt, in gut
unter=
richteten Kreiſen werde jetzt, im Zuſammenhang mit der
franzö=
ſiſchen Antwort, angenommen, daß keine völlig neue Konferenz
abgehalten werden ſolle. Die britiſche Regierung habe die
fran=
zöſiſche Zuſtimmung zu dem Plan erhalten, daß die
Repara=
tionskommiſſion eine neue Sachverſtändigenkommiſſion
ernen=
nen ſolle, um Deutſchlands Zahlungsfähigkeit innerhalb der
Be=
ſtimmung des Verſailler Vertrags zu unterſuchen. Man
erwar=
tet, daß die Reparationskommiſſion Amerika und andere
verbün=
dete Saaten einladen werde, ſich in der geplanten Kommiſſion
vertreten zu laſſen.
Die amerikaniſche Preſſe zu dem Schritt Englands.
Neu=York, 28. Okt. Die Preſſe äußert ſich günſtig über
den durch den Schriftwechſel zwiſchen Curzon und dem engliſchen
Botſchafter in Waſhington enthüllten Schritt Englands und der
dadurch erzielten erſten Wirkung. Die World ſagt, Poincars ſei
durch das Vorgehen des Staatsſekretärs Hughes gezwungen
wor=
den, Farbe zu bekennen. Die Poſt unterſtreicht die Tatſache, daß
Hughes in der Schuldenfrage ein gewiſſes Entgegenkommen zeige.
Die italieniſche Preſſe zur Sachverffändigenkanferenz.
Rom, 27. Okt. (Wolff.) Zur Nede Baldwins und zum
britiſch=amerikaniſchen Schriftwechſel über das
Reparations=
problem nehmen die Idea Nazionale, Epoca und die Voce
Re=
publicana zuſtimmende Stellung; ſie begrüßen die Bezeugung
des amerikaniſchen Intereſſes für Europa und befürworten ein
Zuſtandekommen der vorgeſchlagenen Konferenz.
Das neue polniſche Kabinett.
Varſchau, 28. Okt. (Wolff.) Das Kabinett iſt
ge=
ſtern folgendermaßen ergänzt worden: Korfanty:
Vizeprä=
ſident des Miniſterrats, Dmowſky: Miniſter des
Auswär=
tigen, Profeſſor, Stanislaus Grabſki; Unterrichtsminiſter,
Alfred Chlapowſki, Landwirtſchaftsminiſter, Marian
Seyda: Unterſtaatsſekretär im Miniſterium für auswärtige
Angelegenheiten.
Großbritannien und das Alkoholverbot der
Pereinigten Staaten.
London, 27. Okt. (Wolff.) Reuter meldet aus Waſhing= der Reichsregierung beſtätigt:
ton: Blittermeldungen zufolge hat Großbritannien den
amerika=
niſchen Vorſchlag betreffend die Ausdehnung des Rechts zur
Durchſuchung fremder Schiffe nach Alkohol
inner=
halb der Grenze von 12 Meilen grundfätzlich angenommen. Die kanzler wird auf Grund dieſer Ermächtigung, nachdem nunmehr
amerikaniſchen Vorſchläge ſind in dem Vertragsentwurf
enthal=
ten, der nicht nur das Recht zur Durchſuchung regelt, ſondern
auch vorſchlägt, daß gewiſſe Alkoholvorräte an Bord von
Schif=
fen, die ſich in den amerikaniſchen Gewäſſern befinden, vor den
geſetzlichen Beſtimmungen geſchützt ſein ſollen.
Die Unruhen in Hamburg.
Verurteilung der Kommuniſtenführer.
Berlin, 28. Okt. Das Hamburger außerordentliche
Ge=
richt zur Aburteilung der verhafteten Kommuniſtenführer hat
den Angeklagten Thorell wegen Hochverrats und Aufruhrs
zum Tode und wegen verſuchten Totſchlags ſowie anderer
Ver=
gehen zu 6 Jahren Zuchthaus verurteilt. Fünf weitere Angeklagte
wurden wegen Landfriedensbruchs und Plünderns zu
Freiheits=
ſtrafen verurteilt, davon einer zu einem Jahre Zuchthaus, die
übrigen zu zwei Monaten bis einem Jahr Gefängnis. Es
han=
delt ſich durchweg um Leute von durchſchnittlich 20 Jahren. Auch
ein 15jähriger Tiſchlerlehrling befindet ſich darunter, der zu drei
Monaten Gefängnis verurteilt wurde, weil er ſich der Polizei
widerſetzte und die Menge zum Widerſtand aufreizte.
Weitere Todesopfer.
Hamburg, 28. Okt. Die Zahl der getöteten
Polizeibe=
amten erhöhte ſich, da ein weiterer Beamter ſeinen Verletzungen
erlegen iſt, auf 14. In den Krankenhäuſern wurden bis jetzt
75 Tote eingeliefert. Die Zahl der Toten und Verwundeten
auf kommuniſtiſcher Seite konnte noch nicht genau feſtgeſtellt
werden, da der Sanitätsdienſt der Kommuniſten die Verletzten
und Toten ſelbſt wegſchaffte.
Wiederaufnahme der Arbeit in Hamburg.
Hamburg, 29. Okt. (Wolff.) Auf einzelnen Werften iſt
heute vormittag die Arbeit wieder aufgenommen worden. Das
Ausnahmegericht iſt heute vormittag zuſammengetreten und fällte
bereits mehrere Urteile, u. a. wurde ein Schauermann und ein
Friſeur wegen Teilnahme an den Plünderungen zu 10 Monaten
bzw. zu einem Jahr Gefängnis verurteilt.
Die ablehnende Antwort der ſächſiſchen Regierung
* Dresden, 29. Okt. (Priv.=Tel.) Die Antwort auf das
Ultimatum der Reichsregierung an die ſächſiſche Regierung hat
folgenden Wortlaut:
Die ſächſiſche Regierung lehnt das Anſinnen des
Reichskanz=
lers, zurückzutreten, entſchieden ab. Ein politiſcher Anlaß dazu
liegt nicht vor. Rechtlich iſt das Verlangen des Reichskanzlers
nach der Reichsverfaſſung unzuläſſig. Nur der ſächſiſche Landtag
iſt legitimiert, die Regierung abzuberufen. Solange das nicht
er=
folgt, wird die ſächſiſche Regierung auf ihrem Poſten ausharren.
Sie wird hierüber alsbald im Landtag eine Entſchließung
her=
beiführen.
Beratungen des ſächſiſchen Kabinetts über das
Ultimatum der Reichsregierung.
Dresden, 28. Okt. (Wolff.) Die ſozialiſtiſchen
Partei=
inſtanzen und die Landtagsfraktion traten mittags mit den
Mit=
gliedern der Regierung zu einer Sitzung zuſammen, um über die
Aufforderung der Reichsregierung zum Rücktritt der ſächſiſchen
Regierung zu beraten. Ein Beſchluß wurde bisher noch nicht
gefaßt, doch dauern die Verhandlungen an.
Dresden, 28. Okt. Das ſächſiſche Kabinett trat geſtern
abend, zu einer Sitzung zuſammen, die um Mitternacht noch
an=
dauerte. Zu einem endgültigen Beſchluß des Kabinetts kam es
noch nicht, da geſtern abend nicht alle Miniſter in Dresden
an=
weſend waren. Für heute vormittag iſt eine zweite
Kabinetts=
ſitzung angeſagt worden.
* Dresden, 29. Okt. (Priv.=Tel.) Reichsminiſter Robert
Schmidt und Radbruch, ſowie der ſächſiſche Geſandte in
Berlin Gradnauer ſind in Dresden eingetroffen, um an der
Sitzung des Landesvorſtandes der ſächſiſchen Sozialdemokratie
und der ſozialiſtiſchen Landtagsfraktion teilzunehmen.
Ernennung eines bürgerlichen
Staats=
kommiſſars für Sachſen.
TU. Berlin, 29. Okt. Die Ernennung eines
Reichskom=
miſſars für Sachſen wird durch folgende halbamtliche Mitteilung
Der Reichspräſident hat durch eine geſtern erlaſſene
Verord=
nung den Reichskanzler ermächtigt, die ſächſiſche Regierung und
nötigenfalls andere ſächſiſche Behörden abzuſetzen. Der
Reichs=
die Entſcheidung der ſächſiſchen Regierung gefallen iſt, ſofort
einen Reichskommiſſar für den Freiſtaat Sachſen beſtellen.
Verhaftung des ſächſiſchen Kabinetts?
TU Berlin, 29. Okt. Gegenüber den Maßnahmen, die
die Reichsregierung infolge der Weigerung des ſächſiſchen
Kabi=
netts, zurückzutreten, durchführen will, liegen bisher keine
wei=
teren Einzelheiten vor. Ueber die gerüchtweiſe bekannt
werden=
den Nachrichten, daß die Reichsregierung Befehl gegeben habe,
das ſächſiſche Kabinett zu verhaften, konnte an hieſiger
zuſtän=
diger Stelle bisher keine Beſtätigung gegeben werden.
Miniſierialdirektor Dr. Schulz ſächſiſcher
Regierungskommiſſar.
* Berlin, 29. Okt. (Priv.=Tel.) Wie wir hören, wird am
Montag auf Grund einer Verordnuna, des Reichspräſidenten der
ftühere Chef der ſächſiſchen Staatskanzlei, Miniſterialdirektor
Schulz, zum Regierungskommiſſar für Sachſen
ernannt werden. Er iſt bekanntlich vor vier Wochen durch den
Miniſterpräſidenten Dr. Zeigner zugunſten des jetzigen ſächſiſchen
Staatskanzleichefs Brandler ſeines Amtes enthoben worden.
Vor einer neuen Kabinettskriſe?
* Berlin; 29. Okt. (Priv.=Tel.) Der ſozialdemokratiſche Verbrauch verkauften Düngemittel in Zahlung nehmen,
Parteivorſtand wird heute zu der Frage Stellung nehmen, ob
nach dem Ultimatum der Reichsregierung an Sachſen noch
wei=
terhin Sozialdemokraten dem Kabinett Streſemann angehören
können. Am Sonntag waren die maßgebenden Führer der
Par=
tei nicht in Berlin. Wels und Hermann Müller waren in
Nürn=
ſturm, den das Ultimatum an Sachſen in den
ſozialdemokra=
tiſchen Landesorganiſationen und in den Gewerkſchaften
hervor=
gerufen hat, halten ſelbſt rechtsſtehende ſozialdemokratiſche
Par=
lamentarier eine weitere ſozialdemokratiſche Mitarbeit im
Kabi=
nett Streſemann für unmöglich. Das Ausſcheiden der
Sozial=
demokraten würde freilich auch automatiſch das Ende des
Er=
mächtigungsgeſetzes bedeuten und eine Kriſe herbeiführen, von beſchleunigte und ausreichende Einführung wertbeſtändiger
der viele befürchten, daß ſie nicht mit parlamentariſchen Mitteln
zu erledigen wäre. Die freigewerkſchaftlichen
Spitzenorgani=
ſationen werden am Dienstag in Berlin in einer Sitzung zum
ſächſiſchen Konflikt und zu dem Hilferuf der ſächſiſchen
Gewerk=
ſchaften Stellung nehmen.
Verſchärfung im Konflikt mit Bayern.
* München, 29. Okt. (Priv.=Tel.) Die Note der Rei
regierung iſt dem Miniſterpräſidenten v. Knilling geſtern al
überreicht worden. Durch die Note iſt die Situation nach An
alber unterrichteter Kreiſe wieder außerordentlich verſchä
worden. Man will, ſo nimmt man hier an, zunächſt feſtſtellen
der Note ultimativer Charakter zukommt.
Pregers Erklärung in der Konferenz der
Miniſterpräſidenten.
* München, 27. Okt. (Priv.=Tel.) Zu den Mini
beſprechungen in Berlin wird von zuſtändiger bayeriſcher e
noch mitgeteilt: Die von der Reichsregierung ausgegebene
teilung über die Beſprechung der Miniſterpräſidenten in Be
zur bayeriſchen Frage hat an einigen Stellen den Eindruck
weckt, als ob der bayeriſche Standpunkt von dem Verty
Bayerns, dem Geſandten v. Preger, nicht mit der gebote
Entſchiedenheit und Feſtigkeit vertreten worden ſei und als
er ſogar der von den Miniſterpräſidenten gefaßten Entſchlief
ſeine Zuſtimmung gegeben habe.
Hierzu iſt zu bemerken: Der Geſandte v. Preger hat in
nen Ausführungen, wie ſie in der offiziöſen Mitteilung nu
kurzen Auszügen und farblos wiedergegeben ſind, mit
Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht, daß Bayern durch die Re
regierung förmlich in den Konflikt hineingetrieben worden
Alle von Bayern im weiteren Verlaufe des Konflikts getroff
Maßnahmen ſeien nur eine Notwehraktion in dem ihm
Reich aufgezwungenen Kampf geweſen. Wenn von den Mini
präſidenten ein Weg zur Beilegung des Konflikts empfo
wird, ſo kann dies nach bayeriſcher Auffaſſung nur ein ſo
ſein, den Bayern ohne Preisgabe von Rechten in Ehren g
kann. Das bayeriſche Volk ſteht in ſeiner großen Maſſe hi
ſeiner Regierung und hinter Herrn v. Kahr. Der Artikel 4
aus einer Ueberſpannung des proletariſchen Gedankens gebe
der ſich nicht nur an dieſer Stelle, ſondern in der ganzen Re
verfaſſung von Weimar zeige. Dauernd könne der Konflikt
ſchen Bayern und dem Reich nur verhindert werden, wenn
Reviſion der Reichsverfaſſung im föderaliſtiſchen Sinne ſtattfi
Maßnahmen des Reichsernährungsminiſterin
zur Sſcherſſlung der Broberſorgunf.
Brotgetreide gegen Goldanleihe.
Berlin, 27. Okt. (Wolff.) Aus dem Reichsminiſter
für Ernährung und Landwirtſchaft wird uns mitgeteilt:
Die ſtändige Geldentwertung har ſich als ein beſond
Hindernis für die Bewegung der Ernte erwieſen, da die L
wirtſchaft nicht in der Lage iſt, die ihr zufließenden Papiern
beträge alsbald gegen Waren, die ſie zur Aufrechterhaltung
Produktion benötigt, einzutauſchen. Infolgedeſſen hat die 2I
wirtſchaft den Wunſch nach wertbeſtändigen Zahlungsmi
immer dringender geäußert. Dieſes Beſtreben der Landt
ſchaft, das in dem Beſtreben anderer Wirtſchaftszweige eine
rallele findet, kann nicht als unberechtigt bezeichnet werden
darf allerdings auch nicht zum Zurückhalten der Ernte fül
Entgegen Behauptungen, die in dieſer Hinſicht in der Oef
lichkeit ausgeſprochen worden ſind, muß feſtgeſtellt wwerden,
zum mindeſten in weiterem Umfange von einem ſolchen Zu
halten auch nicht geſprochen werden kann. Der Reichsmin
für Ernährung und Landwirtſchaft hat in Würdigung des I
wirtſchaftlichen Standpunktes Sorge dafür getragen, daß
Reichsgetreideſtelle in die Lage verſetzt wurde, Brotgetreide g
Goldgeleiheſtücke zu kaufen.
Ferner iſt zwecks erleichterter Verwendung der Goldan
Vorkehrung getroffen worden, daß dem Stickſtoff=Syndikat
den Thomasmehl= und Superphosphaterzeugern diejen
Goldanleiheſtücke, welche ſie für die zum landwirtſchaftl
Nennwert, und zwar zum Mittelkurs für die Dollarauszah
Neu=York am Tage vor der Einlieferung der Stücke bei
Reichsbank, abgenommen werden. Schließlich iſt das Re
miniſterium für Ernährung und Landwirtſchaft jetzt noch 2I
eingetreten, daß für die landwirtſchaftlichen Organiſatie
berg, Sollmann in Köln, Criſpien in Leipzig. Bei dem Proteſt= welche Kartoffeln in die durch Lebensmittelnot beſonders
fährdeten Gebiete einführen, Goldanleihe zur Bezahlung der
geführten Kartoffeln zur Verfügung geſtellt wird, und daß
ner dem Deutſchen Städtetag Goldanleiheſtücke bereitge
werden, um damit Kartoffeln zur Verſorgung der beſon
notleiden Städte zu kaufen. Das Reichsminiſterium für
nährung und Landwirtſchaft wird ſeinen ganzen Einfluß
lungsmittel legen, um die Belieferung der Verbrauchézen
mit Lebensmitteln durch die Landwirtſchaft nach Kräften
beheben. Es geſchieht ferner alles, Vorkehrungen gegen
größte Not zu treffen, ſoweit es die vorhandenen Mittel
laſſen.
Heſſiſches Landestheater.
Kleines Haus. — Sonntag, den 28. Oktober.
Zar und Zimmermann.
Koniſche Oper von A. Lortzing.
Jede Lortzingſche Oper hat eine Figur geſchaffen, die
un=
ſterblich geworden iſt. Sie gehört der Buffo=Partie, und mit ihr
ſteht und fällt das Werk. Alle dieſe Figuren ſind nicht eigentlich
erfunden, ſonderm mit ſcharfem Blick gefunden mitten aus dem
Volk heraus. Lortzings Geſtaltung, dramatiſch und muſikaliſch,
macht ſie typiſch. Es ſind die Typen deutſchen Spießertums, und
als ſolche von ewiger Gültigkeit. Alles andere in Lortzings
Opern iſt beherrſchte Form und Wirkung, echtes Theater,
Spie=
len mit der ſogenannten Volksſeele.
Im „Zar und Zimmermann” iſt die Originalfigur der dicke
Bürgermeiſter van Bett. Man ſollte meinen, ſie ſei leicht zu
ſpielen. Das iſt ſie gar nicht; wir wiſſen es vom Gaſtſpiel des
vorigen Jahres. Mit um ſo größerer Freude empfing und
ge=
noß man heute die unübertreffliche Leiſtung Heinrich Kuhns.
Dieſem Künſtler iſt eben wirkliche Komik von Natur gegeben.
Große Kunſtvollendung in Mimik, Spiel und Geſang treten
hin=
zu. Er iſt eine der beſten Stützen unſerer Spieloper, für die wir
überhaupt gut verſehen ſind. Denn Hertha Greeff gibt des
Bürgermeiſters ſchnippige Nichte allerliebſt — auch ſchien mir
ihre Stimme gefeſtigter —, Martha Liebel iſt eine herzhafte
Zimmermeiſterin, die drei Geſandten haben in den Herren
Hagner, Enehjelm und Hölzlin gute Vertreter, der
Iwanow liegt Eugen Vogt glänzend, und Theodor Heuſers
Zar iſt eine mit Recht geſchätzte Leiſtung. Auch der reizenden
Wirkung der Enſembles, der Chöre und des Balletts, die
Lortzing immer kunſtvoll behandelt, ſei mit Lob gedacht.
Die Aufführung überraſchte im Kleinen Hauſe durch eine
völlige Neuinſzenierung — weder auf Zettel, noch in der Preſſe
angekündigt —, die mir im ganzen etwas nüchtern, im erſten
und dritten Akt durchaus brauchbar, im zweiten Akt jedoch
un=
zweckmäßig erſchien, weil ſie dem Chor zu wenig Spielraum ließ.
Die Regie Herrn Joſephs brachte manche günſtige Neuerung.
Durch ſtraffe muſikaliſche Leitung führte ſich Herr Ephraim
Es war eine flotte, beluſtigende Vorſtellung. v. H.
zut
In der Arbeit.”)
Von Fürſtin Marie zu Erbach=Schönberg †.
— Es widerſtrebt mir eigentlich, von meiner Arbeit zu
er=
zählen, denn es erſcheint mir wie ein Michſelbſtrühmen, und doch
dreht es ſich dabei um Dinge, die ſeit ſo vielen Jahren mit meiner
Seele verwachſen ſind, daß es faſt unnatürlich wäre, nicht davon
zu ſprechen.
Dieſe Arbeit für und an den jungen Mädchen iſt aus einem
zarten, unſcheinbaren Pflänzchen entſtanden, ſymboliſch für die
Jugend der Zeit vor 25 Jahren, als ſie begann. Ein ſchattiger
Baum iſt daraus geworden, und ich frage mich in den heutigen, ſo
gänzlich veränderten Verhältniſſen, manchmal, ob ſein Schatten
noch diejenigen zu erreichen vermag, die weder Schatten noch
Schutz mehr aufſuchen.
Wie dem auch ſei, der Baum, der ſich aus der kleinen
be=
ſcheidenen Pflanze entwickelte, trägt Blüten und Früchte ſo
man=
nigfacher Art, daß er Krieg und Revolution überdauerte und auch
der Gegenwart ſtandhalten wird, wie alles, was aus der Liebe
geboren iſt.
Und Liebe war es, reine und ſelbſtloſe, die bei jenem ernſten
Kongreß der Britiſchen und Allgemeinen Förderation, der 1887
in Genf abgehalten wurde, die kleine Schar beſeelte — 22 Frauen
aus 7 verſchiedenen Ländern —, die zu der Gründung des Inter=
* Kurz vor Vollendung ihres 71. Lebensjahres iſt die Fürſtin
Marie zu Erbach=Schönberg, Prinzeſſin von Battenberg, auf ihrem
Schloß Schönberg bei Bensheim geſtorben. Verwandtſchaftliche
Be=
ziehungen verbanden ſie mit faſt allen europäiſchen Fürſtenhäuſern. Ihr
Bruder, war der erſte Fürſt von Bulgarien. Vermählt, war ſie mit
Guſtav Ernſt, Grafen und ſpäter Fürſten von Erbach=Schönberg. Aus
ihren im „Litera”=Verlag Darmſtadt erſchienenen Lebenserinnerungen
iſt das zarte Erinnerungsblatt an Karl Ernſt Knodt, unſerem heſſiſchen
Waldpfarrer, bereits früher zum Abdruck gekommen. Das Werk, dem
die Fürſtin ihre hauptſächlichſte Kraft widmete, war die Arbeit für die
weibliche Jugend. Sie war Vorſitzende des Deutſchen Nationalvereins
der Freundinnen junger Mädchen, des Hauptzweiges des
internatio=
nalen Vereins gleichen Namens. Im 3. Band „Erklungenes und
Verklungenes” erzählt ſie von dieſer Arbeit, die ihr „unabweislich in
den Weg geſtellt wurde‟. Zur Erinnerung an die große deutſche Frau
bringen wir einen Abſchnitt zum Abdruck und verweiſen nochmals auf
ihre dreibändigen Lebenserinnerungen. Entſcheidende Jahre 1859, 1866,
1870.— Aus ſtiller und bewegter Zeit.— Erklungenes und Verklungenes!
nationalen Vereins der Freundinnen junger Mädchen ſchri
„Freundinnen” wollten dieſe Frauen den jungen Mädchen
ihnen nach Kräften in der Fremde die Heimat erſetzen, ihne
allen Lebenslagen Schutz, Rat und Auskunft gewähren,
Unterſchied der Nationalität, der Konfeſſion oder der Geburt,
ſie aufklären über die großen Gefahren, denen ſie ausgeſetzt
wenn ſie unberaten in die Fremde gehen müſſen, um ihr Bre
verdienen.
In kurzer Zeit enthielt die Mitgliederliſte dieſes Bu
ſchon 49 Namen in 8 Ländern. Der ſtärkſte Zweig an di
internationalen Baum wurde bald der deutſche Nationalve
der durch Frau Meta Baur, die Gattin des Generalſuperit
denten Wilhelm Baur, gegründet wurde.
Er gliedert ſich in Landes= und Provinzvereine, die
Deutſchland umfaſſen, und die ſich ihrerſeits wieder aus L.
vereinen zuſammenſetzen. Alle Fäden aus den verſchied
europäiſchen Nationalvereinen laufen zuſammen im Zentral.
in Neuchatel in der Schweiz. Dieſe Organiſation hat ſpäter
lichen Beſtrebungen zum Vorbild gedient, z. B. dem 189
Freiburg in der Schweiz gegründeten Internationalen, ke
liſchen Mädchenſchutzverein, mit dem wir Hand in Hand arbe
Zu Anfang wurden die jungen Mädchen nur brieflich
eine Freundin in ihrem neuen Wohnort empfohlen und
dieſer an der Bahn abgeholt. Bald ſchon gab man in
Schweiz das „Livret” heraus, mit einem Verzeichnis der Mau
häuſer uſw., und in Deutſchland den „Chriſtlichen Ratgeber”
Adreſſen und Ratſchlägen. In faſt allen deutſchen Städten
den „Heimaten” gegründet. Die erſte entſtand in Berlin
Jahre 1891. In allen anderen Zweigen des Internation
Vereins geſchah das gleiche. Die „Heimat” in Mailand hab
ſeinerzeit ſelbſt eröffnet. Im Jahre 1913 konnten bereits u
fähr 230 000 Mädchen in 460 Heimaten Aufnahme finden.
allgemeinen iſt ja die Freundinnenarbeit eine bewährende.
aber die rettende Arbeit notwendig iſt, da weiſt ſie die „Fr.
din” nicht von der Hand, wie dies bei der Gründung
Braunshardter Aſyls für Strafentlaſſene bei Darmſtadt der
war. Damals war ich noch Landesvorſitzende für Heſſen.
Seit 1905 bin ich als Nachfolgerin der Gräfin Blumen
deutſche Nationalvorſitzende, habe alſo die ehrenvolle und ſch.
Aufgabe, mit allen Landes= und Provinzialvereinen des Rei
in unmittelbarem Kontakt zu ſtehen und mit allen ihren Beſt
ASminiſten
erſorgung
anleihe.
be
ſen, da die
zenden Papier
frechterhalun !
eſſen hat die
Rummer 259.
Darmſtädter Tagblatt, Moutag, den 29. Okiober 1923.
Seite 3.
die Haſiung der Rheinlandkommiſſion zur
Sonderbündlerbewegung.
Aachen, 28. Okt. (Wolff.) Die hier veröffentlichte
Kund=
ung des Sonderbündlers Leo Deckers erklärt, die
Interalli=
e Rheinlandkommiſſion habe die ſogenannie Regierung der
iniſchen Republik und ihre örtlichen Vertreter anerkannt. Die
mten würden unter Hinweis auf die Vollmachten der
ört=
n Regierung aufgefordert, den Dienſt bis zum 29. Oktober,
mmittags 3 Uhr, wieder aufzunehmen. Dazu wird hier von
ändiger Seite mitgeteilt, daß ſowohl der Kreiskelegierte wie
der Bezirksdelegierte der Rheinlandkommiſſion den
maß=
enden amtlichen deutſchen Stellen gegenüber die erwähnt:
auptung in der Kundgebung der „Firma Deckers” für falſch
ärt haben; auch Oberkommiſſar Tirakd habe erklärt, er
de nur eine Regierung anerkennen, die tatſächlich die Macht
e. Der Dienſt der Behörden geht übrigens weiter ſeinen
Franzoſen und Separatiſſen.
London 27. Okt. (Wolff.) Der Timesberichterſtatter
eibt weiter über die Verhältniſſe in Koblenz, die Separatiſten
n am 25. abends von franzöſiſchen Gendarmen in die Stadt
jabegleitet worden. Sie ſeien trotz des Verbots der
Ober=
miſſion alle bewaffnet geweſen. Zurzeit herrſche Anarchie.
franzöſiſchen und belgiſchen Truppen beſchützten die
Sonder=
idlerbanden vor der deutſchen Polizei. Uebrigens verlaute,
der franzöſiſche und der belgiſche Oberkommiſſar, bei der
inlandkommiſſion angewieſen wurden, in der bevorſtehenden
ung der Kommiſſion die Separatiſten als legale Regierung
Rheinland anzuerkennen, gegen welche Verletzung des
Ver=
ſer Vertrages und des Rheinlandabkommens Lord Kilmarrek
eſtieren werden.
Aufruf der Sozialdemokraten der Pfalz.
Ludwigshafen, 27. Okt. (Wolff.) Eine heute
ſtattge=
dene ſozialdemokratiſche Konferenz verbreitet folgenden an die
eiterſchaft der Pfalz gerichteten Aufruf: Parteigenoſſen! Von
n Seiten mehren ſich die Nachrichten, daß die Separatiſten jetzt
Zeit für gekommen erachten, um die Pfalz vom Reiche
los=
ſſen. Unbekümmert darum, wie der Einzelne ſich zu den
Vor=
gen der letzten Tage ſtellt, rufen wir die Arbeiterſchaft der
lz, insbeſondere die Mitglieder der Sozialdemokratiſchen Par=
und der freien Gewerkſchaften auf, wie bisher ſo auch in der
unft ihre volle Schuldigkeit zu tun in der Abwehr gegen jeden
Uöſungsverſuch, um die Pfalz vom Deutſchen Reiche zu
inen.
Sonderbündleriſches.
Köln 28. Okt. (Wolff.) Aus Krefeld wird gemeldet,
die als Geiſel verhaftete, aber wieder freigelaſſene Frau
die Tochter des Oberbürgermeiſters von franzöſiſch
ſpre=
den Leuten nach St. Toenis gebracht wurden. Die
Behand=
war ſchlecht. Die Wohnung des Oberbürgermeiſters iſt
größten Teil ausgeplündert worden. Das Silber iſt
ver=
unden. Wie die Sonderbündler vor ihren eigenen Leuten
der Hut ſein müſſen, zeigt die Tatſache, daß jeder
Büro=
n des Rathauſes durch Poſten bewacht wird, weil ſchon eine
ze von Sachen verſchwunden iſt. Die Sonderbündler traten
zweiten Tage mit Karabinern, Infanteriegewehren und
idgrangten auf. Die Drohung, daß ſie mit Minenwerfern
gehen würden, iſt bisher nicht wahr gemacht worden.
Bür=
die ſich am Montag beim Auftauchen von Banden mit
nmiknüppeln bewaffneten, wurden von den
Sonderbünd=
derhaftet und der belgiſchen Gendarmerie übergeben, die
ioch in Haft hält. Uebrigens haben die Belgier erklärt, ſie
den den Sonderbündlern die Karabiner abnehmen, was
je=
bis Donnerstag früh noch nicht geſchehen iſt. Die
Sonder=
dler im Rathaus laufen teils mit belgiſchen Militärmänteln
im. Ein Kaufmann Boeſe aus Düſſeldorf, Polizeikommiſſar
he aus Krefeld, der auch die Aufrufe der Sonderbündler
un=
eichnet, und ein gewiſſer Weiß, ſind die Führer der
Son=
vündler.
gland erkennt die Hochverräterregierung nicht an.
Berlin, 28. Okt. (Wolff.) Blättermeldungen zufolge iſt
Anſicht der britiſchen Regierung in der Frage der rheiniſchen
daratiſtenbewegung der franzöſiſchen Anſicht diametral
ent=
engeſetzt. Die britiſche Regierung werde das in Koblenz
ge=
ſete Separatiſtenkabinett nicht anerkennen. Jeder Putſch von
en der Separatiſten in Köln werde durch die britiſchen
Streit=
te verhindert werden. Dies geſchehe in Uebereinſtimmung
der von Baldwin vertretenen Politik des Widerſtandes gegen
Auflöſung Deutſchlands.
Stinnes verkandett mit den
Beſotzungs=
behörden für die Wi=dergzfygtme der Arbeit.
* Paris 29. Oft. (Priv.=Tel.) Der Düſſeldorfer
Korre=
ſpondent des Petit Zpurnal berichtet, daß Stinnes der
fran=
zöſiſch=belgiſchen Militärmiſſion ein Projekt für die
Wieder=
aufnahme der Arbeit underbreitet habe, Sas eine erſte
Grundlage darſtelle. Er habe Bevollmächaigte zurückgelaſſen, die
den geſtrigen Tag hindurch die Verhandlungen fortſetzten. Dieſe
ſtänden vor dem Abſchluß und würden wahrſcheinlich am
Diens=
tag zu einent beſtimmten Abkonhnen führen.
Notruf des Erzöiſchofs von Köln.
Köln, 27. Okt. (Wolff.) Der Erzbiſchof von Köln, Schulte,
richtet an die Katholiken des Auslandes folgenden Aufruf: An
die Katholiken des Auslandes öffentlich dieſen
flehent=
lichen Hilferuf zu richten, zwingt uns die grauenvolle
Hungersnot, in die die nach Millionen zählende
Bevölke=
rung meiner Erzdiözeſe am Rhein und an der Ruhr durch
all=
gemeine Arbeitsleſigkeit und Unordnung von Tag zu Tag
grauenvoller hineingeſtoßen wird. Mir blutet und bricht das
Herz über den Jammer des Volkes, deſſen Untergang mein Ohr
hören und mein Auge ſehen muß. Auf meinen oberhirtlichen
Reiſen bitten mich Geiſtliche und Bürgermeiſter händeringend,
alles Erdenkliche zu verſuchen, um die unabwendbar erſcheinende
Kataſtrophe der blutigen Schreckenszeit, eines großen
Ster=
bens von hungernden, frierenden, erbitterten
und verzweifelten Meuſchen, namentlich der
Schwa=
chen und Kranken, der Mütter und Kinder doch noch wenn
mög=
lich in letzter Stunde abzuhalten. Mein Rettungsruf hat
mit innerer und äußerer Politik nichts zu tun;
er ſoll auch niemand anklagen. Er wird mir aber eingegeben von
der heiligen Ueberzeugung, daß es meine Hirtenpflicht iſt, wie
ein Vater für die Meinigen in dieſer Zeit grauenvollſter
Lebens=
not das Aeußerſte zu wagen. Es geht ohne Uebertreibung
um Millionen von Menſchenleben und um den
Mittelpunkt europäiſcher Kultur. Um der Liebe
des gekreuzigten Heilandes willen wende ich mich daher an Euch,
Katholiken des Auslandes, auf daß Eure chriſtliche Nächſtenliebe
dem Beiſpiel der Mildtätigkeit des heibigen Vaters folge. Bringt
dem katholiſchen Rheinlande und der geſamten hier leidenden
Bevölkerung mit Euren Liebesgaben ſchnell Hilfe, ehe es zu
ſpät iſt. Sendet uns vor allem Lebensmittel für
unſere vielen Großſtädte und Induſtriezentren. Man helfe auch
der Bevölkerung in den nächſten Wochen mit Kleidung und
Kohlen. Sendungen mögen an den katholiſchen
Charitas=
verband für die Erzdiözeſe Köln oder an die örtlichen
katho=
liſchen Charitas=Sekretariate der Erzdiözeſe gerichtet werden.
Solche beſtehen in Aachen, Barmen, Bonn, Krefeld, Düren,
Düſ=
ſeldorf, Elberfeld, Eſſen, Köln, München=Gladbach, Mülheim
(Ruhr), Oberhauſen, Opladen, Solingen, Steele, Uerdingen,
Vierſen und Werden (Ruhr).
Wertbeſtändiges Geld.
Berlin, 27. Okt. (Wolff.) Wie gemeldet wird, ſollen
heute die erſten Stücke der Goldanleihe über den
Tiſch zur Ausgabe gelangt ſein.
Wie wir hören, hat der geſchäftsführende Ausſchuß der
Kartellſtelle des Reichsverbandes der deutſchen Induſtrie über
die Verwertung der verſchiedenen Zahlungsmittel den Beſchluß
gefaßt, die Rentenmark zum Nennwert anzunehmen. Die
Gut=
ſchrift von Dollarſchatzanweiſungen, Goldanleiheſcheinen und
ähnlichen Scheinen ſoll nach freier Vereinbarung zum Nennwert
oder zu dem am Zahlungstage zuletzt bekannten amtlichen
Ein=
heitskurs der Berliner Börſe erfolgen.
Wie weiter gemeldet wird, fand geſtern eine Beſprechung
zwiſchen den Vertretern des deutſchen
Nahrungsmittelgroßhan=
des und des Verbandes der Berliner Kaufleute in der
Kolonial=
warenbrauche ſowie der Leitung der Wucherabteilung des
Po=
lizeipräſidiums ſtatt, worin die Frage der wertbeſtändigen
Zah=
lung eingehend beſprochen wurde. Vom nächſten Montag ab ſoll
im Lebensmittelhandel eine doppelte Preisberechnung und
Aus=
zeichnung vorgenomen werden. Die Händler ſind derpflichtet, die
Preiſe ſowohl in Papiermark als auch in Goldmark
auszu=
zeichnen. Die Rentenmark und die Goldanleihe werden alſo
überall als Zahlungsmittel Gültigkeit haben. Auf der anderen
Seite behält die Papiermark bis auf weiteres ihre Gültigkeit.
Die erſten Zwiſchenſcheine der Goldanleihe.
Berlin, 26. Okt. Wie wir von zuſtändiger Stelle hören,
wurden heute die erſten Zwiſchenſcheine der Goldanleihe,
lau=
tend über ½, ½ und / Dollar, dem Verkehr zugeleitet. In
den nächſten Tagen wird der Druck in erhöhtem Maße fortgeſetzt.
Gleichzeitig wird mit der Herſtellung endgültiger Stücke von
½, ½ und / Dollar begonnen und mit der der
Rentenmark=
ſcheine ſowie der Goldanleiheſtücke von 1, 2 und 5 Dollar
fort=
gefahren. Es kann alſo erwartet werden, daß binnen kurzem
eine für den Verkehr genügende Menge von wertbeſtändigen
Zahlungsmitteln zur Verfügung ſtehen wird. Der Geſamtbetrag
der zur Ausgabe gelangenden Goldanleiheſtücke einſchließlich der
Zwiſchenſcheine darf insgeſamt die durch Reichsgeſetz vom
14. Auguſt 1923 beſtimmte Höchſtgrenze von 500 Millionen
Gold=
mark nicht überſchreiten.
Ausgabe wertbeſtändigen Geldes.
Berlin, 28. Okt. Wie wir hören, ſind geſtern die erſten
Stücke der Goldanleihe über den Tiſch zur Ausgabe gelangt. Der
Vorzug des neuen wertbeſtändigen Geldes iſt ſeine Handlichkeit.
Die geteilten Stücke im Werte von ½ bis / Dollar ſind nicht
größer als die Straßenbahnfahrſcheine. Es wurden bereits für
viele Tauſende Billionen Papiermark Goldanleihe ausgegeben.
Das neue Geld hat erfolgreich debütiert.
Berlin, 28. Okt. Geſtern fand eine Beſprechung zwiſchen
Vertretern des deutſchen Nahrungsmittelgroßhandels und des
Verbandes der Berliner Kaufleute in der Kolonialwarenbranche
ſowie dem Leiter der Wucherabteilung des Polizeipräſidiums
ſtatt, worin die Frage der wertbeſtändigen Bezahlung eingehend
beſprochen warde. Vom nächſten Montag ab ſoll im
Lebens=
mittelhandel eine doppelte Preisberechnung und Auszeichnung
vorgenommen werden. Die Händler ſind verpflichtet, die Preiſe
für die Waren ſowohl in Papiermark als auch in Goldmark
an=
zuzeigen. Die Rentenmark und die Goldanleihe wird alſo
überall als Zahlungsmittel bereits Gültigkeit haben; auf der
anderen Seite behält das Papiergeld, bis auf weiteres ſeine
Gültigkeit.
Berlin 28. Okt. Der geſchäftsführende Ausſchuß der
Kartellſtelle des Reichsverbandes der deutſchen
Induſtrie hat über die Bewertung der verſchiedenen
Zahlungs=
mittel den Beſchluß gefaßt die Rentenmark zum
Nenn=
wert anzunehmen. Die Gutſchrift von
Dollarſchatzanwei=
ſungen uend Goldanleiheſcheinen und ähnlichen Anleiheſcheinen
ſoll nach freier Vereinbarung zum Nennwert oder zu dem am
Zahlungstage letztbekannten amtlichen Einheitskurſe der Berliner
Börſe erfolgen.
Goldmarkgiroverkehr auf Oeviſenbaſis.
Nachdem die Regierung den Anträgen des Zentralverbandes des
Deutſchen Großhandels auf geſetzliche Regelung des
Goldmarkgirover=
kehrs auf Deviſenbaſis nicht entſprochen hat, haben die weiteren
Ver=
handlungen zu dem Ergebnis geführt, daß der Zentralverband des
Deutſchen Großhandels die Beſtätigung zum Abſchluß von Verträgen
mit einzelnen Deviſenbanken ſeitens des Reichswirtſchaftsminiſteriums
erhält. Das Schreiben hat folgenden Wortlaut:
„Zu dem Ihnen überreichten Vertragsentwurf über die
Einrich=
tung von Goldmarkkonten beſtätige ich Ihnen, daß die geltenden
geſetz=
lichen Beſtimmungen der Einrichtung in der vorgeſehenen Form nicht
entgegenſtehen und daher Bedenken nicht unterliegen. Füir die Zukunft
wird die Reichsregierung ſich ſchlüſſig werden müſſen, ob ſie dem
bar=
geldloſen Ueberweiſungsverkehr auf der Baſis der Goldmark oder des
Rentenbankſcheines den Vorzug gibt. Dies wird weſentlich davon
ab=
hängen, ob die Reichsbank Kredite auf der Baſis der Goldmark oder des
Rentenbankfcheins geben wird.”
Die Bedeutung dieſer Beſtätigung liegt nicht in der Schaffung einer
neuen Rechtsgrundlage, ſondern in der Beſeitigung der beſtehenden
Un=
klarheiten. Es kann nach Beſtätigung des Vertrages kein Zweifel mehr
darüber ſein, daß der Goldmarkgiroverkehr auf Deviſenbaſis, wenn er
ſich bei Deviſenbanken abſpielt, geſetzlich zuläſſig iſt, ferner, daß
Deviſen=
banken auch Pribatperſonen ein Goldmarkſparkonto einrichten dürfen,
was zweifellos dazu beitragen wird, daß ſehr viele Beſitzer von Deviſen
dieſe ſchleunigſt einzahlen werden. Einmal erhalten ſie damit eine
Gold=
markverzinſung für ihre Deviſen und Noten, und außerdem ſind die
der Gefahr des Verluſtes, Diebſtahls und der Beſchlagnahme entgangen.
Der Zentralverband des Deutſchen Großhandels beabſichtigt, mit
Devi=
ſenbanken an allen Bankplätzen des Reiches ſolche Verträge abzuſchließen,
damit ein Ueberweiſungsverkehr zwiſchen allen Handelsplätzen möglich
iſt; mit auswärtigen Banken ſollen aber nur Verträge geſchloſſen
wer=
den, ſoweit die auswärtigen Bezirksgruppen des Zentralverbandes den
Abſchluß mit ſolchen Banken beantragen. Die Verträge laſſen
beſon=
deren Vereinbarungen zwiſchen Bank und Bankkunden weiten
Spiel=
raum, insbeſondere in bezug auf die Frage, ob die Bank
Goldmarkgut=
ſchrift nur gegen Einzahlung von Deviſen oder auch
Dollarſchatzanwei=
ſungen, Einräumung eines Goldmarkkredits gegen Rückzahlung in
De=
viſen oder Papiermark eröffnet. Alle dieſe Fragen ſind auch nur unter
Berückſichtigung der beſonderen Verhältniſſe der Bank und des
Bank=
kunden unter Beachtung der jeweils gültigen geſetzlichen Vorſchriften
zu beantworten. Mit Sicherheit aber kann angenommen werden, daß
die Goldmarkguthaben bald gehandelt werden und dann eine bequeme
Deckung auch für den bedrängten Kleinhandel bieten. Da der Handel
vielfach mit ausländiſchen Krediten oder Lieferantenkrediten auf Baſis
ausländiſcher Valuta arbeitet, konnte man ſich nicht auf die Baſierung
von Dollarſchatzanweiſungen oder Goldanleihe beſchränken, ſondern
müßte eine ſichere Auslandswährung als Grundlage wählen.
Lohnbewegung im mitteldeutſchen Braunkohlenbergbau.
Halle, 27. Okt. (Wolff.) Im mitteldeutſchen
Braunkohlen=
bergbau iſt nunmehr in der Lohnfrage eine Einigung
zuſtande=
gekommen. Da die Arbeitgeber aber zur Frage der
Wiederein=
ſtellung erklärten, die Leute nur nach Maßgabe der
Verwen=
dungsmöglichleit einſtellen zu wollen und die geſchloſſene
Arbeitsaufnahme ablehnten, gibt jetzt die Zentralſtreikleitung in
Halle die Weiſung aus, die Arbeit nicht wieder aufzunehmen,
ehe nicht eine Regelung in der Wiedereinſtellung erfolgt ſei.
Der Berliner Buchdruckerſtreik geſcheitert.
TU. Berlin, 27. Okt. Wie zu erwarten war, hat die wilde
Aktion im grophiſchen Gewerbe ein ſchnelles Ende gefunden.
In=
folge der ablehnenden Haltung der Gewerkſchaften ſah ſich die
Streikleitung, die nur aus Kommuniſten beſtand,
gezwungen, in einer Verſammlung der Notendrucker mitzuteilen,
daß der im Prinzip beſchloſſene Streik ſich in der Praxis nicht
durchführen laſſe.
m
en und Leiſtungen in Fühlung zu ſein. Alle zwei Jahre
ſen die großen Konferenzen ſtatt in einer der Städde, die uns
ſt einladen. Das ſind dann ſchöne Tage des Zuſammenſeins
allen Vorſtänden und anderen Mitgliedern, die aus dem
zen Reich zuſammenſtrömen und ihre Arbeitsberichte, ihre
gen und Freuden miteinander austauſchen, beraten und
be=
chen. Unſere Organiſation iſt eine für die einzelnen Länder
onome und dennoch mit der oberſten Leitung eng verbunden.
dem Nationalvorſtand, der aus mehreren Mitgliedern
zu=
mengeſetzt iſt, ſtehen alle übrigen Landesvorſtände in enger
bindung, und ich denke oft, es iſt eigentlich ein kleiner
Ideal=
t, den wir da bilden, und man kann kein ſchöneres Verhältnis
ken, als das zwiſchen mir, der Nationalvorſitzenden, und den
onomen Landes= und Provinzialvorſitzenden.
Wir ſind alle eins in der Liebe zu unſerer großen ſchönen
ſeit und unſeren Schutzbefohlenen.
Aus dem Kettendienſt der Anfänge unſeres Vereins
ent=
kelte ſich in den Städten mit größeren Bahnhöfen der
regel=
ßige Bahnhofsdienſt, der als beſonderes Amt ſchon 1882 von
ſelnen „Freundinnen” ausgeübt wurde. Aus dieſer und der
tlichen Weiſe vom Verband der evangeliſchen
Jungfrauenver=
e Deutſchlands betriebenen Arbeit entſtand ſchließlich der
Be Verband der evangeliſchen deutſchen Bahnhofsmiſſion.
S über ganz Deutſchland verbreitete Abzeichen iſt das acht=
Zige Roſakreuz.
In den meiſten Bahnhöfen und in vielen Eiſenbahnzügen
Igt das Plakat mit Unterkunftsadreſſen, das wir gemeinſam
der katholiſchen Bahnhofsmiſſion, deren Abzeichen ein gelber
iken iſt, herausgeben. Auch der jüdiſche Frauenbund hat
dar=
ſeinen Platz gefunden. Dieſe Einigkeit im Ausüben
gemein=
ier Liebesarbeit liegt mir ſehr am Herzen und beglückt mich
endlich. Das Miteinandergehen der verſchiedenen
Konfeſ=
len und Nationen kam in erhebender Weiſe zum Ausdruck bei
erſten europäiſchen Konferenz, die 1910 in Bern tagte und
beſonders wichtig war durch die perſönliche Berührung mit
Vertretern dieſer Abeit aus allen Ländern der Erde.
Dieſe Tagung habe ich in ebenſo dankbarer Erinnerung, wie
eke ſchönen und friedlichen internationalen „Freundinnen”. Dieſe Zuſammenkünfte fanden in fünfjährigen
diſchenräumen in Neuchatel in der Schweiz ſtattt unter dem
ruß des greiſen Fräuleins Annade Perrot, die der Inbegriff
einer warmherzigen, liebevollen, mütterlichen „Freundin” nicht
nur der jungen Mädchen, ſondern auch ihrer Mitarbeiterinnen
war. Ihr zur Seite ſtanden die Mitglieder des Zentralbüros,
Fräulein Amalie Humbert, Fräulein Eſther Richard und andere.
Von den Präſidentinnen und Freundinnen der verſchiedenen
Nationen nenne ich in Liebe und mit dem Gefühl treuer
Ver=
bundenheit, die auch im Kriege ſich betätigen durfte, wie dies
auch an anderen Stellen hervorgehoben wird: Frau Davaine in
Paris, Frau Studer=Steinhäuslein in Bern, Mſtrs. Tritton in
London, Baronin Lynden im Haag, Frau Turin in Rom.
Bei den Sitzungen waren ſtets etwa 250 Frauen anweſend,
und bei den öffentlichen Abendverſammlungen ſtieg die Zahl der
Zuhörer wohl auf 800 bis 1000.
An einem ſolchen Abend hielt ich im Jahre 1905 in
Neu=
chatel in franzöſiſcher Sprache einen Vortrag über das, was in
den letzten drei Jahren in Deutſchland zur Bekämpfung des
Mädchenhandels geſchah. Es wurde mir furchtbar ſchwer und
meine Kniee zitterten, denn ich hatte noch nie öffentlich geſprochen
und noch dazu vor männlichen Zuhörern, meiſt Studenen. Vor
mir ſprach die bekannte Sarah Monod über das gleiche heikle
Thema, und ich ſagte mir: „Was eine Franzöſin, Italienerin
oder Engländerin kann, muß eine deutſche Frau auch können,
wenn es einer ſo guten Sache gilt.” Und es ging, gottlob!
Eine beſondere Freude hatte ich an einem freien Abend, an
dem ich alle in Neuchatel befindlichen deutſchen Mädchen zu mir
ins Hotel zum Tee einlud. Es waren etwa 35 an der Zahl, und
die Unterhaltung war bald im Gange. Reizend war es, als
verſchiedene Mädchen, nachdem ich von der in Deutſchland
ſtatt=
gefundenen Schillerfeier erzählt hatte, Gedichte von Schiller und
Gerok vorzutragen begannen und dann freudig und hell die
deutſchen Choräle und Volkslieder erklangen, denen viele
Hotel=
bewohner auf dem Gange lauſchten. Deutſcher Sang und Klang
in der Fremde! Wie tief greift das ans Herz! Und aller Augen
wurden feucht, als wir zum Schluß gemeinſam das
wunder=
ſchöne 13. Kapitel des Korintherbriefes laſen und uns zum
Ab=
ſchied die Hände drückten.
(Die Verfaſſerin berichtet dann noch von einer Konferenz
in Hamburg (1912), von der geplanten Gründung des deutſchen
Ausſchuſſes für Schiffsfürſorge, dem Segen der
Internationali=
tät des Vereins während des Weltkrieges und zwei Kongreſſen
in Frankfurt (1902) und Paris (1906).
An einer anderen Stelle ſchreibt ſie noch: Eins möchte ich
aber hier einflechten. Vereinstätigkeit — leider muß man dieſen
unſympathiſchen Ausdruck in Ermangelung eines beſſeren
ge=
brauchen — ſollte niemals von jungen oder jüngeren Frauen
ausgeführt werden, die dadurch ihren näher liegenden Pflichten
in der Familie entzogen werden. Ich hatte längſt erwachſene
Kinder, die mich nicht mehr brauchten, als ich mich dieſen
gemein=
nützigen Dingen zu widmen anfing, wenn ſie mir unabweislich
in den Weg geſtellt wurden. Es iſt ein zweiſchneidiges Schwert,
das uns da in die Hand gegeben wird, eine ſchwere Verſuchung
zu perſönlichem Ehrgeiz, zu Herrſchſucht und eigennütziger
Eitel=
keit. Ueber dieſe Klippe mag uns nur die Liebe ſteuern. Nur
aus ihr entſpringt die Demut, die ſo notwendig iſt, wenn man
ſeinen Nebenmenſchen helfen will.
C.K. Ein vorgeſchichtliches Feuerſtein=Vergwverk. Ein
vor=
geſchichtliches Bergwerk, aus dem die Menſchen der Urzeit die
Feuerſteine gewannen, aus denen ſie ihre Werkzeuge verfertigten,
iſt zu Stoke Down in England freigelegt worden. Der Archäolgoe
A. G. Wade hat mit Erlaubnis des Herzogs von Richmond, dem
das Gelände gehört, drei dieſer vorgeſchichtlichen Gruben genau
unterſucht und feſtgeſtellt, wie die Urmenſchen die
Feuerſtein=
ſtücke aus dem Kreidefelſen löſten. Es waren regelmäßige
Schächte hergeſtellt, die Kreide wurde mit Picken bearbeitet, die
aus den Enden von Hirſchgeweihen hergeſtellt waren. Auch fand
man zahlreiche Werkzeuge aus Feuerſtein ſelbſt. Der erſte Schacht
mißt 12 Fuß im Durchmeſſer und iſt 15 Fuß tief; die Seiten ſind
ſenkrecht, und auf dem Boden der Weſtſeite der Grube iſt ein
weiterer Gang gegraben, in dem die Bergarbeiter eine Ader mit
Feuerſtein verfolgten. Der zweite Schacht mißt 9 Fuß im Durch.
meſſer und 9 Fuß in der Tiefe. Man fand in dieſem Schacht
neben zahlreichen Werkzeugen einen Block von grünem
Sand=
ſtein, den Profeſſor Perſon als Mahlſtein einer Kornmühle
er=
kannte. Es wäre dies der erſte Hinweis auf Kornanbau in
Großbritannien. Das Alter dieſes Bergwerkes muß in die ältere
Steinzeit verſetzt werden, ſo daß alſo ſchon dieſe frühen Bewoh
ner der britanniſchen Inſeln Korn angebaut häten. Die au
gefundenen Werkzeuge gehören nach dem Urteit der Archäologen
der Aurignacien an, jener Stufe, die ſo nach den Funden bei
dem ſüdfranzöſiſchen Ort Aurignge benaunt werden. Die beſten
der Feuerſteinfunde ſcheinen aber aus noch früherer Zeit, aus
der Kulturſtufe von St. Acheul, herzuſtammen.
Seite 4.
Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 29. Oktober 1923.
Rummer 299.
Stadt und Land.
Darmſtadt, 29, Oktober.
Städtiſche Notſtandsſpeiſungen.
Die ſtändig wachſende Teuerung, insbeſondere der Lebens= und der
Heizungsmittel, bringt es mit ſich, daß ſchon jetzt ein Teil der
Bevölke=
rung, insbeſondere in den großen Städten und Induſtriezentren, nicht
mehr in der Lage iſt, ſich im eigenen Heim eine nahrhafte Koſt
herzu=
ſtellen. Mit dieſen Schwierigkeiten iſt für die kommenden Wintermonate
im verſtärkten Maße zu rechnen. Zur Behebung des Notſtandes ſcheint
es geboten, für die unter der Teuerung am ſchwerſten betroffenen
Schichten der Bevölkerung überall da, wo ein Bedürfnis hierfür beſteht,
einheitlich organiſierte Notſtandsſpeiſungen zu ſchaffen.
Die Einrichtung ſolcher Notſtandsſpeiſungen iſt ſtets eine Aufgabe
der Gemeinden geweſen. Sie ſollen ihnen auch jetzt nach einem Erlaß
des Preußiſchen Staatskommiſſars für Volksernährung obliegen. Die
aus der Kriegszeit hie und da noch beſtehenden Einrichtungen müſſen
daher wieder ausgebaut oder wieder belebt werden.
Die Notwendigkeit der Einrichtung von Notſtandsſpeiſungen beſteht
beſonders für die großen Verbraucher=Mittelpunkte, alſo für die
größe=
ven Städte, während auf dem Lande und in den kleineren Städten im
allgemeinen die Einzelverſorgung auf geringere Schwierigkeiten ſtoßen
wird. Mit Rückſicht auf die ungünſtige finanzielle Lage der Gemeinden
iſt es erforderlich, alle Quellen, welche für eine Beteiligung an den
Koſten in Frage kommen, in weitgehendſtem Maße in Anſpruch zu
nehmen. Es bleibt den Gemeinden überlaſſen, ob ſie beſtehende eigene
Einrichtungen hierfür verwenden und ausbauen, oder ob ſie Anſtalten
von Organiſationen der freiwilligen Liebestätigkeit, Gaſtſtätten und
ſonſtige beſtehende Kochgelegenheiten ausnutzen. Auch bei der
Beteili=
gung privater Unternehmen müſſen die Gemeinden die Aufſicht behalten
und Einfluß auf den Geſchäftsbetrieb ausüben können, für den ſie in
jedem Falle verantwortlich ſind. Neben bezahlten Kräften ſoll man
ehrenamtliche Helfer und Helferinnen in Anſpruch nehmen, ſo viel ſich
bieten. Die geſchickte Auswahl iſt für das Gedeihen der Notſpeiſungen
entſcheidend.
Die Einrichtungen ſind ſo zu treffen, daß genußfertige Speifen als
Eintopfgerichte täglich einmal zu mäßigen Preiſen abgegeben werden.
Ohne einengende Beſtimmungen ſollen Tatkraft und
Organiſationsfähig=
keit mit geringen Mitteln und unter Ausnutzung aller Hilfsquellen den
geſtellten Anforderungen gerecht werden. Beſonderes Gewicht iſt auf
fachgemäße Beſchaffung, Aufbewahrung und Zubereitung der zu
ver=
arbeitenden Lebensmittel zu legen.
Während in der Kriegszeit für die Notſtandsſpeiſungen in der
Haudtſache zugeteilte Waren verwendet wurden, wird heute die Frage
der freihändigen Beſchaffung eine entſcheidende Rolle ſpielen. Neben
geſchicktem Einkauf gilt es, ſich in größtem Umfange auf Liebestätigkeit
zu ſtützen.
Wenn auch, wie es in dem Erlaß heißt, prinzipiell die Koſten der
Durchführung dieſer Speiſungen von den Gemeinden unter
Mitver=
wendung der durch die freiwilligen Sammlungen eingehendenk Mittel
aufzubringen ſind, ſo iſt doch in einer Beſprechung im
Landwirtſchafts=
miniſterium / den Spitzenverbänden mitgeteilt worden, daß nach
einem Staats:. niſterialbeſchluß denjenigen Städten, welche die Koſten
für die erſtmalige Beſchaffung von Lebensmittelvorräten nicht
aufzu=
bringen in der Lage ſind, kurzfriſtige Staatskredite unter den üblichen
Bedingungen (auf längſtens drei Monate) zur Verfügung geſtellt
wer=
den ſollen.
Der Kreis der zur Teilnahme an der Speiſung Berechtigten ergibt
ſich aus dem Grundſatz, daß nur die Bedürftigſten dieſer Vergünſtigung
teilhaftig werden ſollen. In welcher Weiſe der Nachweis der
Bedürftig=
keit zu führen iſt, bleibt dem Ermeſſen der Gemeinden anheimgeſtellt.
T. Eine wichtige Aenderung der Poſt= und Poſtſcheckbeſtimmungen
tritt am 1. November in Kraft. Poſtanweiſungen
Nachnah=
men, Poſtaufträge, Poſtkreditbriefbeträge, Wertangaben bei
Wertſendun=
gen, Zahlkarten, Poſtüberweiſungen, Erſatzüberweiſungen, Poſtſchecke
und Zahlungsanweiſungen dürfen nur über volle
Mil=
lionen Mark lauten. Bei der Angabe des Betrags in Ziffern iſt
an Stelle der ſechs Nullen das Wort „Millionen” zu ſchreiben. Die auf
jedem Poſtſcheckkonto zu haltende Stammeinlage
wird auf 10 Millionen Mark feſtgeſetzt. Bruchteile einer Million
Mark, die als Guthaben auf einem Poſtſcheckkonto ſtehen, werden zur
Poſtkaſſe vereinnahmt. Die Gebühren für Auszahlung im.
Poſt=
ſcheckverkehr werden auf volle Millionen Mark aufgerundet.
Die Poſt kann ein Poſtſcheckkonto aufheben, wenn es mißbräuchlich benutzt
wird oder wenn das Guthaben den Betrag der Stammeinlage nicht
er=
reicht und der Kunde das Guthaben nicht innerhalb von der
Verwal=
tung feſtgeſetzter Friſt bis zu dieſem Betrage auffüllt. Poſtanweiſungen,
Nachnahmen, Poſtaufträge, Zahlkarten, Poſtüberweiſungen,
Erſatzüber=
weiſungen, Poſtſchecke und Zahlungsanweiſungen, die aus der Zeit vor
1. November herrühren, und auf andere Beträge als volle Millionen
Mark lauten, werden auf volle Millionen nach unten gerundet.
Von der Poſt. Vom 1. November ab werden bei ſämtlichen
hie=
ſigen Poſtanſtalten gewöhnliche Poſtanweiſungen und
Zahl=
karten nur bis 5 Uhr nachmittags angenommen; für alle übrigen
Poſtſendungen ſind, die Annahmeſchalter bis 6 Uhr nachmittags
ge=
öffnet. Mehr als 5 Poſtanweiſungen und Zahlkarten von einem
Ab=
ſenden werdem von 4 Uhr ab nicht mehr angenommen. Bei den beiden
Zweigpoſtämtern 3 und 4 werden die Annahmeſchalter bereits um 2¾
Uhr nachmittags (ſtatt wie bisher um 3 Uhr nachmittags) geöffnet.
L. Veröffentlichung der genehmigten Ortsfatzungen von Städten und
Landgemeinden ſoll künftig in dem den amtlichen Bekanntmachungen des
Kreisamts dienenden Blatt mit Genehmigung des Miniſteriums des
Innern unterbleiben dürfen. Letzteres beſtimmt alsdann Art und Weiſe
der öffentlichen Bekanntgabe.
L. Verkehr mit Kartoffeln. Verſand von Kartoffeln in Mengen von
über 50 Ztr. nach Orten außerhalb des Wirtſchaftsgebiets, zu dem
die Städte und Gemeinden Heſſens und die Städte Frankfurt, Fulda,
Gelnhauſen, Griesheim a. M., Hanau, Höchſt a. M., Kreuznach,
Mann=
heim, Wetzlar und Wiesbaden gehören, darf vom 20. Oktober bis
ein=
ſchließlich 20. November nur auf Frachtbriefe erfolgen, die mit
Geneh=
migungsvermerk der Landesverſorgungsſtelle verſehen ſind. Der
Ver=
ſand in gleichen Mengen und in gleicher Zeit nach den genannten
Wirt=
ſchaftsgebieten darf nur auf Frachtbriefe erfolgen, die mit einem
Sichtvermerk des für die Verſandſtation zuſtändigen Kreisamts verſehen
ſind. Der Sichtvermerk iſt nur dann zu verſagen, wenn begründete
Ver=
mutung beſteht, daß der Beſtimmungsort nicht als endgültiger anzuſehen
iſt. Gegen Verſagung des Sichtvermerks ſeitens des Kreisamts iſt
Be=
ſchwerde (ohne aufſchiebende Wirkung) an das Miniſterium für Arbeit
und Wirtſchaft zuläſſig. Der Genehmigungsvermerk iſt von der
Landes=
verſorgungsſtelle in allen Fällen zu erteilen, in denen der die Kartoffeln
zum Verſand bringende Händler oder Aufkäufer nachweiſt, daß er ſeit
1. Oktober 1923 die gleiche Menge Kartoffeln, die er auszuführen
beab=
ſichtigt, einer heſſiſchen Bedarfsſtelle von außerhalb Heſſens her
zuge=
führt hat. Für die Ausfuhr von Kartoffeln mittels Laſtkraftwagen aus
Heſſen gelten die obigen Beſtimmungen entſprechend. Anſtelle des
Fracht=
briefvermerks iſt ein Erlaubnisſchein auszuſtellen, den der Führer des
Laſtkraftwagens während Ausführung, des Transports bei ſich zu führen
und auf Verlangen vorzuzeigen hat. Kartoffeln, die ohne
Beſcheinigun=
gen auf die Bahn aufgeliefert bezw. mittels Laſtkraftwagen aus Heſſen
ausgeführt werden ſollen, ſind durch das Kreisamt zu beſchlagnahmen
und zu verwerten. Der Erlös iſt ſicherzuſtellen.
— Wie man in Mainz Minderbemittelte mit Brennſtoff (Holz)
ver=
fieht. Der Oberbürgermeiſter veröffentlicht am 22. d. Mts.: Es
wer=
den Gutſcheine ausgegeben, die bei dem Bezug von Holz aus dem
ſtädtiſchen Lager oder den ſtädtiſchen Verkaufsſtellen als Zahlungsmittel
dienen. Angeſichts der Beſchränktheit der disponiblen Mittel können
nur ſolche Beierker berückſichtigt werden, deren Einkommen in der
Woche vom 14. bis 20. Oktober bei einem Familienſtand bis zu 2
Per=
ſonen 1 Milliarde, bis zu 4 Perſonen 2 Milliarden, bei über 4
Perſo=
nen 3 Milliarden nicht überſtiegen hat. Vordrucke ſind bei den
Poli=
zeibezirken erhältlich. In Darmſtadt verweiſt man alles an das
Wohl=
fahrtsamt. Daß man es anderwärts praktiſcher machen kann, beweiſt
Mainz.
Franzoſenlieferant aus dem Odenwald. Vor einiger Zeit lief
unter obigem Stichwort eine Notiz durch die Zeitungen, welche
dahin=
gehend zu berichtigen iſt, daß durch behördliche Feſtſtellung erwieſen iſt,
daß der Federviehhändler Sch. aus L.: keine Butter ins beſetzte Gebiet
verſchiebt, ſondern ſeinen jeweiligen Beſtand in Darmſtadt umſetzt. Die
Angelegenheit hat ein gerichtliches Nachſpiel.
Aus den Parteien.
— Deutſche Volkspartei. Politiſcher Frauenabend der
Deutſchen Volkspartei. Der nächſte Vortrag, von Herrn Generaſekretär
Kollbach findet am Donnerstag, den 1. November, nachmittags 5 Uhr,
bei Sitte, im Alpenvereinszimmer, ſtatt. Vor dem Vortrag ſollen noch
eine Reihe wichtiger geſchäftlicher Angelegenheiten beſprochen werden.
In Frauenkreiſen unſerer Ortsgruppe bitten wir für dieſen
Vortrags=
abend, der ſicherlich auf größtes Intereſſe ſtoßen wird, recht eifrig zu
werben.
— Mitgliederverſammlung der
Deutſchnationa=
len Volkspartei, Ortsgruppe Darmſtadt. Angeſichts
der Spannung der Lage, die dringendſte Fühlungnahme und Mitarbeit
der Mitglieder mit der Partei ſowie Zuſammenſtehen aller nationalen
Kreiſe erfordert, wird vollzähliges Erſcheinen erwartet.
Die Anhaltbarkeit des bisherigen Kreditſyſtems.
Eine Zuſchrift aus Apothekerkreiſen.
Die heutige Bekanntmachung der Apotheken Darmſtadts und
Um=
gebung, die das bisherige Kreditſyſtem aufkünden (ſiehe Anzeige), kann
denjenigen, der Einblick in die Verhältniſſe hat, nicht überraſchen.
Aus Apothekerkreiſen wird uns dazu geſchrieben: Alle Verſuche der
Apotheker, ein Abkommen mit der Ortskrankenkaſſe zu errenhen, Felches
den hieſigen Apotheken die Weiterexitenz ermöglicht, ſind geſchſeitert.
Der gegenwärtige Zuſtand aber iſt für die Apotheken nicht meh;
trag=
bar. Der weitaus größere Teil des Geſamtumſatzes der Apotheken
be=
ſteht in den Lieferungen für die Kraukenkaſſen. Man kann ſich alſo von
der wirtſchaftlichen Lage der Apotheken leicht ein Bild machen, wenn
man ſich vorſtellt, daß die Kraukenkaſſen auch heute noch lediglich den
Preis des Abgabetages des betreffenden Rezeptes dergüten, und erſt
neuerdings wöchentlich nach einem Durchſchnittsmultiplikator regulieren.
Nur wenige einſichtige Kaſſen haben ſich bisher dazu verſtanden,
gleich=
zcitig entſprechende Vorſchüſſe zu leiſten. Bei dem gegenärtigen Tempo
der Geldentwertung ergibt ſich alſo die Tatſache, daß die Apotheken
jedes Rezept unter den Wiederbeſchaffungskoſten
abgeben müſſen. Von einer Krankenkaſſe wurde vor etwa einer Woche
eine Rechnung in Höhe von zirka 4,50 Goldmark, die mit 11 Milliarden
angeſetzt war, mit 3,6 Milliarden bezahlt, während der Preis der
abge=
gebenen Spezialitäten am Zahlungstage allein über 34 Milliarden
be=
trug. Zurzeit ſind die Apotheken infolge dieſes Zuſtandes nicht mehr in
der Lage, ihren Verpflichtungen nachzukommen.
Seit Wocheit iſt von ſeiten der Apotheker kein Mittel underſucht
gelaſſen worden, dem immer unhaltbarer werdenden Zuſtand einer
unabſehbaren Kreditgewährung gegenüber der Ortskrankenkaſſe zu
be=
gegnen. Alle Bemühungen ſind erfolglos geblieben. Die Apotheker
Darmſtadts ſehen ſich infolgedeſſen, in äußerſter Notlage, zu ihrem
Be=
dauern gezwungen, öffentlich bekannt zu geben, daß ſie an Mitglieder
der Ortskrankenkaſſe Darmſtadt (Stadt) von heute ab Medikamente nur
gegen Barzahlung abgeben können. Auf die Bekanntmachung in der
heutigen Nummer wird hingewieſen. In anderen Städten (z. B. in
Frankfurt) mußten die Apotheken, in ähnlicher Lage, zu der gleichen
Maßnahme greifen. Wie ſie, erklären ſich die Apotheker Darmſtadts
aber bereit, das bisherige Kreditſyſtem wieder einzuführen, ſobald die
Ortskrankenkaſſe ihre rückliegenden Rechnungen (nach dem jeweiligen
Geldwert!) beglichen hat und durch regelmäßige künftige Bezahlung
dem Apotheker die Belieferung ihrer Mitglieder ermöglicht.
St. Nieder=Ramſtadt, 28. Okt. Gemeinderatsbericht. Mit
Rückſicht auf die große Erwerbsloſigkeit wird beſchloſſen, ſofort im
An=
ſchluß an die Aufarbeitung des Windfallholes mit der Holzhauerei im
allgemeinen zu beginnen. Um die notwendigen Gelder für
Holzhauer=
löhne aufzubringen, hat jeder Haushaltungsvorſtand eine entſprechende
Summe im voraus zu entrichten, wofür ihm demnächſt ein
dementſpre=
chendes Quantum Brennholz zu einem noch feſtzuſetzenden Anſchlagpreis
zugewieſen wird. — Der Strompreis vom Gemeinde=Elektrizitätswerk
für den abgelaufenen Monat Oktober konnte noch nicht feſtgeſetzt
wer=
den, da ſeit der letzten Kommiſſionsſitzung ſich die Verhältniſſe ganz
weſentlich geändert haben. Die Angelegenheit wird nochmals an die
Kommiſſion zurückverwieſen; die Letztere wird gleichzeitig ermächtigt, den
Strompreis endgültig feſtzuſetzen. — Der Gemeinderat beſchließt,
gleich=
falls Bezugszuſchläge für Gemeindeabgaben zu erheben, wie dies bei
Lands= und Reichsabgaben ſchon der Fall iſt. — Die Abrundung der
Einnahme= und Ausgabebeträge auf volle 1000 Mk. wird dem Anſinnen
der Aufſichtsbehörde entſprechend beſchloſſen. — Ein Antrag der
verhei=
rateten Erwerbsloſen auf Gewährung von Naturalien gab Anlaß zu
einer längeren Debatte. Allgemein war man ſich darüber einig, daß die
von ſeiten des Reiches gewährte Unterſtützung nicht hinreichend ſein kann.
Zur Behebung de dringendſten Not ſoll den Erwerbsloſen zunächſt
Brot aus einem kleinen der Gemeinde zur Verfügung ſtehenden
Quan=
tum Mehl zugewieſen werden. Weiter wurde eine Kommiſſion gebildet,
beſtehend aus 4 Gemeindratsmitgliedern, 2 Erwerbsloſen, 2 Angehörigen
des Bauernſtandes und 2 Induſtriellen. Dieſe Kommiſſion ſoll die
Auf=
gabe haben, Mittel und Wege zu finden, wie man den Erwerbsloſen,
Sozial= und Kleinrentnern helfen kann. — Ein Antrag der Freiwilligen
Feuerwehr wird zurückgeſtellt, das Kommando wird erſucht, über Zweck
und Höhe des beantragten Zuſchuſſes nähere Mitteilung zu machen. —
Der Antrag des Mühlenhofbeſitzers Ferd. Ad. Pertſch aus Darmſtadt
auf Abtretung eines gemeindlichen Grabens wird zurückgeſtellt, bis die
Feld= und Waldkommiſſion nach vorheriger Einſichtnahme Bericht
er=
ſtattet hat. — Dem Antrag des Turnvereins auf Erlaß der
Vergnüg=
ungsſteuer anläßlich der Aufführung eines Theaterſtückes wird
aus=
nahmsweiſe nochmals ſtattgegeben. In Zukunft kann derartigen
An=
rägen nur noch entſprochen werden, wenn ſie rechtzeitig vor der
Ver=
anſtaltung eingereicht ſind. Gleichzeitig wird eine Kommiſſion, beſtehend
aus den Gemeinderatsmitgliedern Bayer, Steiger, Jährling und
Caſtri=
zius, eingeſetzt, deren Aufgabe es iſt, die Veranſtaltungen zu überwachen.
— Ein Antrag des Lehrers Ott auf Zuweiſung der Dienſtwohnung
im Schulhaus wird genehmigt und die Verwaltung ermächtigt, mit der
Witwe des verſtorbenen Lehrers Kaiſer wegen Räumung der Wohnung
zu verhandeln und nötigenfalls das Kündigungsverfahren einzuleiten. —
Unter Punkt Verſchiedenes werden noch verſchiedene kleinere Anträge
und Anfragen erledigt. Den Schluß bildeten Armenſachen.
— Roßdorf, 28. Okt. Die Sammlung für die
landeskirch=
liche Nothilfe in unſerer Gemeinde iſt beendigt. Rührige Frauen
haben von Haus zu Haus geſammelt, und faſt keines ſchloß ſich aus.
So konnten für die notleidenden kirchlichen Anſtalten unſeres Landes
(Diakoniſſenhaus, Diakonieverein, Epileptiſchenanſtalt) und für die eigene
Krankenſchweſternſtation und Kleinkinderſchule 4 Wagen Kartoffeln,
Ge=
müſe, Obſt, Mehl, Korn, dazu noch bares Geld aufgebracht werden,
ſo=
daß die Gemeinde orferwillig ihr Teil tut, um der Not zu ſteuern. —
Zu gleicher Zeit ſammeln die Landwirte Korn für die Aermſten der
Gemeinde, Witwen, Invaliden, Alten, Erwerbsloſen, unter Führung
des Vorſitzenden des Bauernbundes. Das Korn wird in der
Pfarrhof=
eite abgeliefert. Müller und Bäcker leiſten unentgeltliche Hilfe. Die
erſte Fuhre ging in die Mühle. Das erſte Hundert Brot wird verteilt.
Weitere Verteilungen, die ein Ausſchuß, beſtehend aus Landwirten,
An=
geſtellten, Arbeitern und dem Pfarrer, vornimmt, werden in
regelmäßi=
gen Zeiträumen folgen, ſodaß die bitterſte Nor für den Winter gelindert
werden kann.
O Virkenau, 27. Okt. (Neubauten.) Unſerer Arbeiterſch
geht es verhältnismäßig noch gut. Dieſe hat nämlich den Bau v
fünf Doppelhäuſern und einem Einfamilienhaus in Angriff geno
men, und einige ſollen bis zum nächſten Winter noch unter Dach
braiht werden. Daß die betr. Arbeiter ſich dies leiſten können,
daraus hervor, daß ſie ſich die Baumaterialien ſchon im Sommer,
fchafft haben, und daß ſie andererſeits anſtändig bezahlt werden.
dient doch ein Arbeiter bei Freudenberg (Lederfabrik) wöchent
70 Milliarden und mehr, und dann werden viele Arbeiten von
„Vauherren” ſelbſt verrichtet, beſonders die Maurerarbeiten.
O Aus dem Weſchnitztal, 27. Okt. Eine ungeheure Ei
nahme erzielen in dieſem Jahre die Landwirte für Obſt. Wer)
doch für den Zentner Kelterobſt gegenwärtig 7 Milliarden bezahlt. 2
Tafelobſt iſt ſo teuer, daß es nur von Schiebern zu Wucherpreiſen
kauft werden kann, von Privatleuten nicht mehr. — Ueberfahre
Bwiſihen Rimbach und Lörzenbach wurde ein Auto mit Anhängewag
von der Bahn überfahren, wobei 2 Inſaſſen ſchwer verletzt und ein
dritten der Fuß abgefahren wurde. Der Chauffeur kam glücklich
von. Der Anhängewagen wurde demoliert und auch der betr. Eiſ
bahntvagen ſchwer beſchädigt. Unterſuchung iſt eingeleitet.
O Aus dem Ueberwald, 27. Okt. Brand. Eine ganz neue,
Heu und Frucht gefüllte Scheune eines Landwirts in Siedelsbru
brannte geſtern vollſtändig nieder. Das Feuer ſoll durch Heißlau
des Motors entſtanden ſein.
r. Babenhauſen, 27. Okt. In der Dringlichkeitsſitzur
des Gemeinderats, zu der vier Vertreter der Erwerbsloſen u
der Vorſitzende der hieſigen Ortsgruppe des Bauernbundes erſchier
waren, gab der Bürgermeiſter den Anweſenden Kenntnis von folgen!
Eingabe der Erwerbsloſen: Sicherſtellung von wöchentlich je 1 Pfu
Fett, Brot, Kartoffeln uſw., verbilligt durch Zuſchüſſe der Gemein
Regelung der Lichtfrage in der Gemeinde und baldiger Beginn der (
meindeholzfällungen. In der lebhaften Ausſprache, die ſich über di
Punkte entſpann, ſagte der Vertreter der Bauernſchaft nur unter
Bedingung die DOilfsbereitſchaft der Landwirte zu, wenn das oft Aerg
nis erregende Verhalten der jugendlichen Erwerbsloſen den Baue
gegenüber ſich ändere. Die Vertreter der Angegriffenen
verſiche=
ihren Einfluß in dieſer Hinſicht geltend zu machen. Alle Mitglieder
Gemeinderats waren der Anſicht, daß in dieſer Zeit des Elends ni
nur die Erwerbsloſen, ſondern die meiſten Stände unſeres hart
prüften Volkes zu leiden hätten. Den Wünſchen der Erwerbsloſen ſ.
ſo weit es möglich iſt, Rechnung getragen werden. Zu dieſem Zw
wurde beſchloſſen, möglichſt ſchon in der kommenden Woche mit 1
Holzfällungen zu beginnen. Um bald Geldmittel zur Zahlung flüf
zu haben, ſoll jeder Ortsbürger als erſte Rate für die Erntekoſten ſeit
Losholzes bis zum 1. November d. Js. 10 Milliarden Mark an
Stadtkaſſe entrichten. (Zur Nachahmung überall empfohlen.)
r. Harreshauſen, 27. Okt. Durch Selbſtmord geendet
geſtern abend der 17jährige Schuhmacherlehrling Willi Metzg
der bei dem Schuhmachermeiſter A. Heyl hier ſeit über zwei Jahr
ſehr gut untergebracht war. Auf dem Holzſpeicher ſeines Meiſters
ſich der Junge aus bisher unerklärlichen Gründen erhängt. Elternl
brav und fleißig, war er bei allen ſeinen Bekannten ſehr beliebt.
herzlichen Worten hat die Familie ſeines Arbeitgebers ihm einen
N=
ruf in der Babenhäuſer Zeitung gewidmet.
2 Offenbach, 26. Okt. Der geſtrigen Sitzungder Stadtve
ordneten lagen Dringlichkeitsanträge des Gewerkſchaftskartells v
die zur Milderung der wirtſchaftlichen Not ein Eingreifen der Verw
tung und der Stadt forderten. Der Oberbürgermeiſter teilte ſofort n
daß die Oberbürgermeiſter der heſſiſchen Städte in dieſer Angelegenh
bereits mit dem heſſiſchen Finanzminiſter verhandelt hätten. Die
gierung werde einen Vorſchuß von 200 000 Goldmark zur Verfügu
ſtellen, der es ermöglichen ſolle, Lebensmittel uſw. durch die Händ
und Geſchäftsleute einkaufen zu laſſen. Es ſei unzweckmäßig, dieſe Kre
dabei auszuſchalten. Nach ausgiebiger Beſprechung wurde beſchloſſ
die weitere Verfolgung der Angelegenheit dem Oberbürgermeiſter u
drei Stadtverordneten anzuvertrauen. Die Anſammlung in den Straf
um den Markt in den Abendſtunden der letzten Tage veranlaßten
für die Sicherheit der Bürger verantwortliche Stelle Schupo anzuf
dern. Ihr entſchiedenes Eingreifen mißfällt natürlich den Kommuniſt
während es der ruhige und friedliche Bürger anerkennt. Eine V
ſammlung der Betriebsräte — nach ſozialdemokratiſchen Stadtvero
neten war es eine „wilde” — forderte ebenfalls die Zurückziehung
Schutzpolizei bis acht Uhr abends, andernfalls werde der Generalſtr
erklärt. Die Betriebsräte verlangten, in der Verſammlung ſelbſt gehr
zu werden. Der Oberbürgermeiſter lehnte das ab. Die Drohung 1
dem Generalſtreik veranlaßte den Oberbürgermeiſter, dieſes gewerkſche
liche Mittel eine zweiſchneidige Waffe zu nennen. Er ſei ſelbſt lan
genug Gewerkſchaftsbeamter geweſen, um das beurteilen zu könne
Seine Erklärungen wurden von den Zuhörern, darunter natürlich wiel
viele Jugendliche, mit einem wahren Geheul aufgenommen. Der Ob
bürgermeiſter nannte als die Stelle, die die Schutzpolizei zurückziel
könne, den Miniſter des Innern. An ihn möchten ſich die Antragſtel
wenden. Es muß anerkannt werden, daß der Oberbürgermeiſter in
Sache eine recht feſte Haltung einnahm. Hoffentlich bleibt auch die v
antwortliche Stelle in Darmſtadt feſt. Das Schulgeld für die höhe
Mädchenſchule wurde auf monatlich eine Goldmark feſtgeſetzt. Ein V.
ſchlag des Landesamtes für das Bildungsweſen in Darmſtadt hätte n
drei Milliarden im Monat ergeben. An der ſtädtiſchen Handelslel
anſtalt wird ein Schulgeld von jährlich ſechs Goldmark erhoben. 2
Ernennung eines zweiten Stadtſchulrats (für die Fortbildungsſchu
wurde vorläufig auf drei Monate zurückgeſtellt. Um die oben genannt
Maßnahmen zur Linderung der wirtſchaftlichen Not durchführen
können, wurde beſchloſſen, den Gaspreis um ein Zehntel zu erhöhe
Das Reichsgeſetz über die Geldentwertung bei Steuerzahlungen ſoll au
auf die ſtädtiſchen Steuern angewendet werden.
Gießen, 2:. Okt. Das 1. (heſſ.) Bataillon 15. Infanterie=Regimet
iſt am Samstag zur Verwendung außerhalb der Garniſon
abtransp=
tiert worden. Der Regimentsſtab des 15. Infanterie=Regiments und
Sicherheitskommando des 1. Bataillons ſind in der Garniſon v
blieben.
R. Gießen, 25. Okt. Todesfall. Einer der älteſten Einwohn
Gießens, Herr Wilhelm Löber, ſeines Zeichens Bäckermeiſter, iſt dieſ
Tage im Alter von 78 Jahren geſtorben. Vom Jahre 1890 bis Mä
nach der Revolution gehörte er dem Stadtverordnetenkollegium an. Löb
war gleichzeitig langjähriger 2. Obermeiſter der hieſigen Bäckerinnut
und ein eifriges Vorſtandsmitglied im alten Turnverein.
R. Gießen, 26. Okt. Trotz der ſchwierigen wirtſchaftlichen Verhä
niſſe beabſichtigt der Gießener Konzertverein, die ſchon ſeit 1
Jahren regelmäßig ſtattfindenden Winterkonzerte auch in dieſem Wint
nicht ausfallen zu laſſen. Wenn möglich, ſollen zehn Konzertabende ve
anſtaltet werden. Den Auftakt macht ein Konzert der bekannten Geig
künſtlerin Hilde Elgers, das am Sonntag, den 28.
tober, ſtattfindet. — Bankbau. Die hieſige Filiale der Reichsba
in der Lonhſtraße wird gegenwärtig erheblich erweitert und umgebat
rh. Nidda (Wetterau), 26. Okt. Geſchäftsjubiläum. Die b
kannte Hoſzgroßhandlung und Sägewerke J. Himmelsbach konnte dieſ
Tage auf ein 50jähriges Beſtehen der Firma zurückblicken. Gleichzeit
beging der Inhaber, Kommerzienrat Himmelsbach, ſeinen 75. G
burtstag.
N. Schotten, 26. Okt. Volksküche. Die Stadt richtet gegenwä
tig eine Voltsküche ein, in der einmal täglich zum Selbſtkoſtenpreis
Bedüirftige warmes Eſſen verabfolgt wird.
Tageskalender.
Landestheater, Großes Haus, Anfang, 7 Uhr, Ende 9 Uhr:
Ko=
zert. Kleines Hans, abends 8 Uhr: „Hygiene der Ehe” — Orpheur
734 Uhr: „Der Fürſt von Pappenheim.” — Union=, Reſidenz=, Zentra
Theater, Palaſt=Lichtſpiele: Kinovorſtellungen.
Druck und Verlag: L. C. Wittich. Verantwortlich für Politik ur
Wirtſchaft: Rudolf Mauve; für Feuilleton, „Stadt und Land
„Reich und Ausland”: Max Streeſe; für den Inſeratentei
J. V. A. Fleiſcmann, — ſämtlich in Darmſtadt.
Die heutige Rummer hat 6 Seiten
Hessisches Landestheater
Kleines Haus
Sonntag, den 28. Oktober, vormittags 11 Uhr
Monkag, den 29. Okkober, und
Dienstag, den 30. Oktober, abends 8 Uhr
1B
HIoiene der Ehe
medizinischer Vortragsfiin
hergestellt unter Mitwirkung hervorrag. Universitätsprofessoren.
Allgemein verständlicher ärztlicher Vortrag: (72
Frauenarit Dr. med. Klaus Hoffmann, Darmstadt
Vorverkauf an der Tageskasse des Kleinen Hauses.
Landestheater.
Großes Haus.
Montag, 29. Okt.
Konzert
des Muſikvereins.
Das Paradies
und die Peri.
Anf. 7 Uhr. Ende 9 Uhr.
Kleines Haus. (V728
Abends 8 Uhr,
2. Filmvortrag:
„Sygiene der Ehe‟
Redner:
Frauenarzt Dr. med.
Klaus Hoffmann.
Preiſe: 1, 2, 3 Milliard.
H P. R. B.
Rechtsanwalt Dr. Rauth, Leipzig,
ſpricht am Dienstag, den 30. Oktbr., 8 Uhr
abends, in d. Aula der Baugewerbeſchule,
Neckarſtraße 3, über:
Neue Arbeit — Neue Währung
Der Ausweg aus dem Währungszerfall.
Karten bei Eichberg, Ernſt=Ludwigſtr. 6,
uind an der Abendkaſſe. — Zur Dechung der
Unkoſten wird ein mäßiger Beitrag erhoben. (*2702
dame, erf. im Haush.
(Küche bevorz.), ſucht
vorm 4Xwchtl. Tätigk.
* ou7)WPienerſtr. 99, pt.
v H.=Anzug (175)
Gebe u. Federdechbet
geg. Kartoffeln. (*27023
Ragger, Bleichſtr. 17, III.
Arpheum Lun
Mont., Dienst.,
Mitt=
woch. 29., 30., 31.Okt.
3letzte Aufführg.
Der Fürſt von
Pappenheim(*e‟
Kart.: Verk.=Büro, de
Waal, Rheinſtr. 14.
Wir kaufen laufen:
guterhaltene (*20998sid
Schmitt & Wildenhayn
Frankfurterſt. 44, Stb
An die Mitglieder der Allg. Ortskrankenkaſſe (Stadt.
Infolge der Geldkataſtrophe iſt die Ortskrankenkaſſe (Stadtſm
der Bezahlung der Apothekerrechnungen, dermaßen in Nückſtau
eraten, daß wir außerſtande ſind, der Kaſſe wie bisher auf Kred
weiter zu liefern. Was wir ſeit Monaten durch weiteſtes En
gegenkommen zu vermeiden ſuchten, iſt nunmehr zur Notwendil
keit geworden. Wir müſſen don den Patienten Bezahlung
be=
langen und ihnen anheingeben, die vorgelegten Betrag
ſich von der Kaſſe zurückerſtatten zu laſſen. In Fällen de
Lebensgefahr, wo dem Patienten die Barmittel fehlel
werden Ausnahmen gemacht. Die init der Kaſſe zum Zwei
einer ſparſamen Arzneiverordnungsweiſe, ſowie über
Rabar=
gewährung getroffenen Vereinbarungen bleiben beſtehen. 2
ſind bereit, das Kreditſyſtem wieder einzuführen, ſobald de
Kaſſe eine Zahlungsweiſe ermöglicht iſt, wie ſie die geſchäftlich
Notlage des Apothekenbetriebs im Intereſſe des Gemein
wohis erfordert,
Die Apotheken Darmſtadts und Umgebuſs=
zu dieſ
ahl.
Erntekoſte
den Mark
LI: Ngf
über zwei
ſeines Mei
Ita
kſchaftska
reifen der W
* teilte ſoft
dieſer
Sportverein Darmſtadt — Spielvereinigung Mannheim=
Sand=
hofen 2:2 (Halbzeit 0:2).
*e- Vor einer für Mannheim=Sandhofen äußerſt
zahlrei=
den Zuſchauermenge trat der Sportverein Darmſtadt am
geſt=
igen Sonntag zum fälligen Kreisligaſpiel, mit Erſatz für
ſei=
en Mittelſtürmer Becker, an. Sandhofen dagegen in ſtärkſter
lufſtellung. Als Herr Brenner aus Stuttgart zum Anſtoß pfiff,
ogen die Einheimiſchen mit dem Ball davon und behielten
zeit=
ſeilig die Oberhand, die auch während des ganzen Spiels nicht
u verkennen war. Es zeigte ſich abld, daß heute zwei
hart=
äckige Geguer ſich gegenüberſtanden. Vereinzelt kamen die
jandhofer manchmal recht bedrohlich auf. Alle gut gemeinten
chüſſe des Darmſtädter Sturmes verfehlten ihr Ziel.
Zwei=
ial konnte in anſprechendem Zuſpiel der Linksaußen Kiechl,
tandhofens beſter Mann, ſich bis ans Tor durchſpielen. Den
rſten, einen Prallball, den zweiten, einen herzhaften Schuß,
tußte Ellenbeck in kurzen Abſtänden paſſieren laſſen, Bälle,
ie nicht zu halten waren. Mit einem ſelten gezeigten
Kampf=
eiſt ging die geſamte Mannſchaft Darmſtadts in der zweiten
albzeit zum Spiel. Nur ganz wenige Bälle bekam Ellenbeck
is Feld zurück zu befördern. Man war ſich bewußt, was auf
em Spiele ſtand. Daß bei einem ſolchen Stand des Spiels
ie ganze Kraft nach vorn in den Sturm geworfen wurde, war
ie einzig richtige Taktik. Schon nach 7 Minuten jagte
Müll=
ierſtadt einen Strafſtoß ins Tor. Immer intereſſanter und
artnäckiger kämpften beide Mannſchaften. Darmſtadt wurde
amer befſer. Sandhofen hielt das Spiel immer offen und
ehrte ſich heldenmütig. Stephan rückte mit in den Sturm auf.
eine Anweſenheit merkt man zuſehends. Einen Strafſtoß
ad noch verſchiedene ſchwer zu haltende Bälle hält der
Tor=
ächter Sandhofens unter Begeiſterung der Zuſchauer.
Ste=
han, der energiſch eingriff und Müllmerſtadt gut vorlegte,
er=
elte unter dem Jubel der Darmſtädter den Ausgleich.
Sand=
ofen unterſchätzte ſeinen Gegner nicht und zeigte den alten
ampfgeiſt. Die Mannſchaft ſpielte, wie ihre Anhänger ſelbſt
gaben, über alles Lob. Kein Mann verſagte. Alle gaben ihr
eſtes. Sportvereins Mannſchaft entwickelte ſich erſt in der
veiten Hälfte und zeigte ein Spiel, wie ſie es ſelten geliefert.
tedhan war unſtreitig der Turm der Schlacht. Unermüdlich
tig, hinten und vorn am Ball, war er allen ein Vorbild. Nur
war es möglich, das ſchon als verloren gegebene Spiel zum
usgleich zu bringen. Die Mannſchaft hielt ſich ausgezeichnet,
nd als der ausgezeichnete Schiedsrichter das Spiel beendete,
ar ein Kampf abgeſchloſſen, wie man ihn ſelten ſieht. Völlig
ſchöpft gingen beide Mannſchaften aus dem Spiel, nachdem
r ſonſt ſo robuſte Müllmerſtadt vor Ueberanſtrengung
zuſam=
engebrochen war.
Sportverein, Ligaerſatz, — Spielvereinigung Sandhofen,
iggerſatz 3:1. Sportverein, 3. Mannſchaft, —
Spielvereini=
ing Sandhofen III 1:3.
„Union” Beſſungen—V. f. R. Darmſtadt 2:2 (0:1).
Zum vierzehntenmale trafen ſich die obigen Vereine,
dies=
al im Verbandsſpiel. Es ging zeitweiſe ſehr hart zu, ohne daß
e gezogenen Grenzen überſchritten wurden. Union, gegen
bis=
r verſtärkt, bot alles auf, dem durch eine Neueinſtellung im
turme verſtärkten, allein in der Läuferreihe durch das Fehlen
chneiders geſchwächten V. f. R. ein ehrenvolles Reſultat
abzu=
ngen. Den Spielwerten entſpricht das Reſultat. Die
ver=
ißten Gelegenheiten und ſein Können hätten einen knappen
ieg des V. f. R. gerechtfertigt. Er zeigte gegen früher eine
ſſere Leiſtung und verdankte dies ſeiner beſſeren Technik. Sein
ebergewicht lag im Sturme, der durch die Einſtellung eines
pielers aus ſeiner Jugendmannſchaft ein geiſtvolles und
tech=
ſch gutes Angriffsſpiel vorführte. Der Schiedsrichter, Herr
ickenberger=Aſchaffenburg, der das Spiel im übrigen
einwand=
ei leitete, überſah kurz vor Schluß des Spiels offenſichtliches
andſpiel auf der Torlinie.
Die Mannſchaften ſtanden:
Eckel
nion:
Gerſtenmeher Meher
Seelbach Noller. Nahm
Bert Geher Bopp. Walter Dörr
Nungeſſer Schwarz Müller Waldhaus, H. Berger
K. Weicker Meyer H. Weickep
A. Waldhaus Jung
Friedmann
f. R.:
Der Spielverlauf: Die erſte Hälfte ſah V. f. R. in Front.
erger war nicht energiſch genug, um reiche günſtige
Gelegen=
iten zu verwerten. Seine Torſchüſſe, die knapp das Ziel
ver=
ylten, waren jedoch prächtig. Noller köpfte auf der Gegenſeite
ten Eckball knapp daneben. Auf Seiten Unions ſchießt
Wal=
am verlaſſenen V. f. R.=Tor vorbei. Schwarz köpft eine
ergerflanke aus 15 Meter ſchön auf Unions Tor. Dann läuft
tions Torhüter rechtzeitig, um eine Vorlage Müllers an
aldhaus unſchädlich zu machen. Seine Abwehr eines Schuſſes
n Verger war dagegen mangelhaft — wie des öfteren — und
hatte der flinke und entſchloſſene Schwarz Gelegenheit, in der
Minute das erſte Tor für V. f. R. mit Ueberlegung
einzu=
ieben. Nach einigen reſultatloſen Angriffen des V. f. R. geht
in die Pauſe. Berger läßt nach Wiederbeginn eine ſchöne
orlage von Schwarz aus. Ein Tor für V. f. R. wird wegen
(bſeits” von H. Waldhaus nicht gegeben. Geher ſchießt eine
anke des vorzüglichen Dörr aus, erzielt aber gleich darauf auf
te Flanke Dörrs nach mangelhafter Abwehr von Jung den
tsgleich. Ein Flankenlauf Nungeſſers, mit Prachtſchuß
ab=
ſchloſſen, wird gut abgewehrt. Geher iſt dann erfolgreich,
in=
m er nach forſchem Durchbruch aus kurzer Entfernung
ein=
ießt. Ein Prachtſchuß Bergers endet unhaltbar in der linken
eren Torecke Unions. Weitere Angriffe des V. f. N. ſind ohne
folg. Eine Handabwehr Berts wird vom Schiedsrichter
über=
ſen. Gleich darauf endet das Spiel.
*
Union hatte in Noller ſeinen beſten Mann und war mit
fer beim Spiel. Daneben verdienen Verteidigung,
Links=
ßen und Halbrechter hervorgehoben zu werden. Durch das
ntreten von Schwarz erhielt der Sturm von V. f. R. eine
eſentliche Verſtärkung. Der Sturm verdient auspahmslos
ge=
nnt zu werden, da er neben der Läuferreihe, in der Meher
vorzügliches Spiel lieferte, das Beſte vom Spiel zeigte. A. II.
Bezirkskämpfe.
Eintracht=Frankfurt — Sp.=B.=Offenbach 1:1 (1:1).
Es war ein Spiel, wie man es hoffentlich bei den
kommen=
i nicht mehr ſieht. Gleich nach Spielbeginn konnte Eintracht
e Leberlegenheit derartig deutlich zum Ausdruck bringen, daß
ihren Gegner vollſtändig in deſſen Spielhälfte einſchloß. Es
Ide jedoch zuviel Innenkombination getrieben, wodurch der
lreichen Verteidigung immer wieder „Gelegenheit geboten
I, die Bälle wvegzubefördern. In einem unbewachten
Augen=
a gelingt Offenbach ein Durchbruch. Es gibt ein Gedränge
dem Eintrachtstor, und Braun kann nach ſchlechter Abwehr
ſchieben. Eine Minute ſpäter jedoch kann Schönfeld nach gu=
Vorlage durch Prachtſchuß den „Ausgleich herſtellen. Die
reſtliche Spielzeit bis zur Pauſe und die ganze zweite
Spiel=
hälfte komm. Sportverein Offenbach bis auf einige Durchbrüche
nicht aus ſeiner Spielhälfte. Zehn Eckbälle bleiben ohne
Ver=
wertung. Eintracht ſpielt taktiſch falſch, indem alles aufs Tor
drängt, ſtatt den Gegner von hinten wegzuloßen. Viele Bälle
werden drüber getreten oder prallen an der vielbeinigen
Ver=
teidigung ab. Bach, im Offenbacher Tor, hielt glänzend.
Of=
fenbach hat beim Schlußpfiff des ſehr gut amtierenden Herrn
Schiedsrichters Müller einen Punkt gerettet. Es iſt dieſer
Mann=
ſchaft der erſte Punkt gegönnt. Ob jedoch eine derartige
Spiel=
wveiſe dazu angetan iſt, die Spielſtärke darzutun, iſt eine andere
Frage.
Fußballfportverein=Frankfurt — Viktoria=Aſchaffenburg 3:1.
Bei ſehr gutem Beſuch fand auf dem Sportplatz das
Tref=
ſen zwiſchen dem Fußball=Sp.=V.=Frankfurt und Viktoria=
Aſchaf=
fenburg ſtatt. Wider Erwarten zeigte heute Sportverein ſeine
alt=
gewohnte gute Form und ſchlug die Bayern nach ſehr
lebhaf=
tem Spiel, nach guten beiderſeitigen Leiſtungen. Bis zur Pauſe
konnte Strehlke zwei Tore erzielen. Kurz nach der Pauſe kann
Münſtermann einen Fehler des Frankfurter Torhüters zum
er=
ſten Treffer für die Bayern verwandeln. Kurz darauf ſtellt
Klump ſür Sportverein durch Kopfſtoß das Reſultat auf 3:1.
Gegen Schluß werden die Gäſte überlegen, können jedoch am
Reſultat nichts mehr ändern. Herr Kaub=Stuttgart leitete in
bekannt guter Weiſe.
V. f. R. Kickers=Offenbach — Helvetia=Frankfurt 3:2.
Die Kickers ſind auf ihrem Platz immer ein ſchwer zu
neh=
mender Gegner. Dies mußte heute Helvetia erfahren, die nach
äußerſt ſcharfem, aber trotzdem im Rahmen bleibenden Spiel
knapp unterlagen. Bei der Pauſe lagen ſogar die Frankfurter
in Führung, mußten jedoch dieſe den Kickers abtreten, die in der
zweiten Hälfte entſchieden mehr vom Spiel hatten.
Hanau 93 — S.=C. Bürgel 4:2.
In Hanau ſtanden ſich Hanau 93 und Sportklub Bürgel
ge=
genüber. Auch heute war die leichte Hanauer Mannſchaft wieder
im Vorteil über ihren körperlich viel kräftigeren Gegner, da der
Platz durch den niedergegangeen Regen ſehr aufgeweicht war.
Bürgels ſchwere Mannſchaft hatte unter dieſen Umſtänden
ent=
ſchieden mehr zu leiden. Es kamen viele Stürze vor, die
glück=
licherweiſe harmlos verliefen. Trotzdem ſoll dies der Hanauer
Elf den Sieg nicht ſchmälern, die mit großer Hingabe ſpielte.
Das Spielergebnis iſt dem Spielverlauf nach gerecht. Auch hier
konnte die Leitung gut gefallen.
Nordmainkreis.
Sportfreunde Frankfurt — Heddernheim 4:1.
Sp.=V. Merkur=Frankfurt — F.=C.=Rödelhei, (wegen
Ueberſchwemmung ausgefallen).
Fechenheim — Germania=Frankfurt 1:1.
Boruſſia=Frankfurt — Eckenheim 2:3.
Seckbach — Olympia=Frankfurt 0:3.
T. u. Sp.=Höchſt — Biebrich 0:0.
Bayern,
Fürth—Nürnberg 0:2.
Bayern=München—M. T. V. Fürth 6:1.
Wacker=München—F. V. Nürnberg 1:2.
Augsburg—1860 München 4:5.
Baden—Württemberg.
Kickers=Stuttgart-Pforzheim 3:0.
Mühlberg—Feuerbach 0:1.
Heilbronn—Sp.=Kl. Stuttgart 1:1.
Rhein—Main.
V. f. R.=Mannheim — 1903=Ludwigshafen 6:0.
Phönix=Ludwigshafen — Phönix=Mannheim 3:2.
Feudenheim — Pfalz=Ludwigshafen 3:1.
Waldhof — F.=C.=Pirmaſens 3:1.
Germania=Friedrichsfeld — Vorwärts=Mannheim 1:1.
Sp.=Cl. Käfertal — 1913=Schwetzingen 1:1.
V. R.=Neckarau — V. f. B.= Heidelberg 4:1.
Lindenhof — Herta=Mannheim 1:0.
Schwetzingen 1898 — 1907 Mannheim 1:1.
Lorſch — Lampertheim 1:0.
Veinheim — Bürſtadt 1:0.
Saargebiet.
Saar=Saarbrücken — 1905=Saarbrücken 3:1.
Sportverein Trier — Alemannia=Worms 4:1.
Süddeutſchland-Norddeutſchland 12:0 (6:0).
Norddeutſchland.
Schluß: Sturm (Charlottenburg); Dreiviertel: Pagelsdorf,
Senning (Schwalbe), Richter (Alexandria), Seyfert (Ricklingen);
Halbſpieler: OBrien, Hülſebuſch (Uhlenhorſt), Cromwold (V. f.
V.); Stürmer: Marion (V. f. V.), Meißner, Schapper (
Alexan=
dria), Bruns (Schwalbe), Stacke (Bremen), Twele (Odin),
Wek=
werth (1906 Döhren), Milzerek (Linden).
Süddeutſchland.
Schluß: Leipprand (80); Dreiviertel: Haag, Kreuzer (80),
Funk, Dörffel (Ruderklub Heidelberg); Halbſpieler: Dr.
Trun=
ger, Pfersdorf (R.=Klub Heidelberg); Stürmer: Strank (60),
Heiler IStuttgart), Ihrig, Bender, Lenz (Heidelberg), Klotz
(Offenbach), Hemp, Rieſe (80).
Zum 13. Male trafen ſich die Mannſchaften Nord= und
Süd=
deutſchlands zum Repräſentationsſpiel auf der herrlichen Anlage
des Sportklubs 1880 an der Adickes=Allee in Frankfurt. Von
den bisher ausgetragenen Spielen, deren erſtes 1900 ſtattfand,
gewann Norddeutſchland 7, während Süddeutſchland nur
drei=
mial ſiegreich war und zwei Kämpfe unentſchieden ausgingen.
Die ſüddeutſchen 15 waren in Bezug auf Zuſammenarbeit
und Technik ihrem körperlich viel kräftigeren Gegner über und
gewann verdient. Herr Kaul Kreuzer vom Sportklub 80 leitete
den Kampf einwandfrei.
Die diesjährige Generalverſammlung des
Darm=
ſtädter Keglerverbands fand geſtern nachmittag im
Kaiſerſaal ſtatt. Aus dem von Herrn Schriftführer Reichert
er=
ſtatteten Rückblick über das abgelaufene Jahr ging hervor, daß die
kegelſportliche Beteiligung ſich gut entwickelt und die verſchiedenen
Verbandskegeln eine ſehr rege Beteiligung aufzuweiſen hatten.
Die Städtewettkämpfe mit Aſchaffenburg und Offenbach haben
dem Darmſtädter Verband Anerkennung in Keglerſportkreiſen
verſchafft. In den Vorſtand wurden gewählt als 1. Vorſitzender
Thümmel, 2. Schinnerl, 1. Schriftführer Reichert, 2. Paulmann,
1. Kaſſewart Heldmann, 2. Hofmann, Beiſitzer: Harres und
Lau=
tenſchläger, Vorſitzender des Sportausſchuſſes: Kadel, der auch
als Vertreter in den Ausſchuß für Leibesübungen beſtimmt
wurde. Nachdem dem ſiegenden Klub „Um, ihr Buwe” die im
letzten Verbandsfigurenkegeln errungene Bronzefigur überreicht
wurde, ſchloß der Vorſitzende um 6 Uhr die anregend verlaufene
ordentliche Generalverſammlung.
Das Amt für Leibesübungen Darmſtadt beabſichtigt,
wäh=
rend der Zeit von Anfang November bis Mitte Dezember d. J.
einen 20 Stunden umfaſſenden Lehrkurſus für
Leicht=
athletik durchzuführen. Leiter des Kurſus iſt Herr Söllinger,
akadem. Sportlehrer an der Hochſchule Darmſtadt. Der Kurſus,
der alle Zweige der Leichtathletik mit praktiſcher Unterweiſung
und Einführung in jede Uebungsart umfaßt, iſt für jeden ſich
Meldenden verbindlich. Zugelaſſen ſind nur in der Ausübung
der Leichtathletik bereits Vorgeſchrittene, die ſich zu
Abteilungs=
führern und Leitern heranbilden wollen. Von jeder Körperſchaft
oder Verein können nur bis zu vier Teilnehmern zugelaſſen
wer=
den. Vorerſt kommen für den Kurſus in Betracht die Lehrer der
Darmſtädter Schulen, Beamte der Schupo, die Darmſtädter
Turn=, Sport= und Jugendvereine ſowie diefenigen der nächſten
Umgebung Darmſtadts. Die Unterrichtszeiten ſind feſtgeſetzt auf
Mittwoch und Samstag abends von 7—9 Uhr in der
Sport=
halle der Schupo (frühere Trainkaſerne, Eſchollbrückerſtraße).
Meldungen zur Teilnahme werden beim unterzeichneten Amt,
Alexanderſtraße 27 I,r., während der Sprechſtunden bis zum 10.
11. 23 oder auch ſchriftlich entgegengenommen. Mit Abgabe der
Meldung iſt der zur Deckung der Licht= und ſonſtigen Unkoſten zu
zahlende Betrag von 1 Goldmark zu entrichten.
Amt für Leibesübungen Darmſtadt.
Die Turngemeinde 1846 wird am 1. Dezember 1923 mit
einem Turn= und Feſtſpielabend an die Oeffentlichkeit treten.
Des Abends erſter Teil bringt kurze, eindrucksvolle
Darbietun=
gen aus dem reichen Gebiete des deutſchen Turnens, während
im zweiten Teile das Feſtſpiel „Friſch auf, mein Volk”, das
an=
läßlich des Münchener Turnfeſtes mit ungeheurem Erfolg
auf=
geführt wurde, zur Darſtellung gelangt. — Die Veranſtaltung
findet im Großen Haus des Landestheaters ſtatt.
L. H.
V. f. R., Mannheim I — Darmſtädter Hockeyklub T 3:0 (0:0).
Die Darmſtädter konnten ſich auf dem für Hockey ſehr
unge=
eigneten Platz in Mannheim nicht zurechtfinden. V. f. R. ſpielte
ſehr eifrig und ſicher, und hat den Sieg wohl verdient.
Oeſterreichiſche Segelflugwoche.
Geſtern wurden für die erfolgreichſten Teilnehmer an der
öſierreichiſchen Segelflugwoche die ausgeſetzten Preiſe
zuer=
kannt. Es erhielten, von den deutſchen Fliegern: Ingenieur
Martens 27 Millionen Kronen, Pilot Boſch neun Millionen,
Eſpenlaub zwei Millionen und Stahmer eine Million Kronen.
2ils Anerkennung ſeiner Bemühungen und als Ermutigung zu
künftigen Leiſtungen auf dem Gebiete des Segelflugs erhielt
der reichsdeutſche Segelflugzeugbauer Eſpenlaub drei Millionen
Kronen.
Luftfahrzeugbau.
Auf Grund des Geſetzes über die Beſchränkung des
Luft=
fahrzeugbaues vom 29. Juni 1921 iſt die Verordnung über
Luftfahrzeugbau vom 5. Mai 1922 geändert: Wer
Luftfahr=
zeuge oder Teile von ſolchen, Luftfahrzeugmotore oder Teile
von ſolchen herſtellt oder beſitzt, hat Art und Zahl der
Gegen=
ſtände ſowie deren Unterbringung dem Reichsverkehrsminiſter
am 1. Tage jedes Kalendervierteljahres, erſtmalig am 1.
Okto=
ber 1923, anzuzeigen. Als Flugzeugteile gelten Rümpfe,
Trag=
flächen, Landegeſtelle und Luftſchrauben, als Motorenteile
Zy=
linder, Kurbelwellen und Kurbelgehäuſe. Der Anzeige bedarf
es nicht, wenn ſeit der letzten Anzeige keine Aenderungen
einge=
treten ſind. Jedermann iſt verpflichtet, dem Miniſter und ſeinen
Beauftragten auf Verlangen die von dieſen als erforderlich
er=
achteten Auskünfte über die in ſeinem Beſitz befindlichen, von
ihm hergeſtellten, ein= oder ausgeführten Gegenſtände der
oben=
genannten Art zu erteilen.
Wer Luftfahrzeugführer beſchäftigt oder Flugſchüler
aus=
bildet, har dies innerhalb einer Woche nach Beginn der Tätigkeit
des Führers oder der Ausbildung des Schülers unter Angabe
von Namen, Beruf und Wohnort dem Miniſter anzuzeigen. Hat
die Tätigkeit des Führers oder die Ausbildung des Schülers
vor Inkrafttreten dieſer Verordnung (26. Oktober) begonnen, ſo
iſt die Anzeige innerhalb zwei Wochen (d. h. bis 9. November)
zu erſtatten.
Die Kunſt des Boxens.
Zweck und Ziel des Boxſportes ſoll es ſein, den Ausübenden zu
einem unerſchrockenen, geiſtesgegenwärtigen und geſunden Menſchen
her=
an zu bilden. Das Boxen iſt ein Fechten mit den bloßen Fäuſten, den
natürlichſten Waffen des Menſchen, die ihm ſchon von Geburt an eigen
ſind. Zum Boxen gehört ein klares, kaltes Auge, Beweglichkeit,
Geiſtes=
gegenwart und nicht zuletzt Mut. Wer den Boxſport betreiben will,
muß ſich dieſe Eigenſchaften unbedingt anerziehen, um ſeinen Gegner
nur mit den Fäuſten — ohne jegliche künſtliche Waffe — vom Körper
zu halten oder durch korrekten Angriff nach Punkten oder Niederſchlag
zu beſiegen. — Im Ring ſoll der Kämpfer beweiſen, ob er die hohen
Fähigkeiten eines Fauſtkämpfers beſitzt. Er ſoll die Schule des
Fauſt=
kampfes ganz beherrſchen, bevor er einen Kampf eingeht. Er ſoll
be=
weiſen, daß er während des Kampfes blitzſchnell denken und handeln
kann. Der richtige Kämpfer darf nicht darauf warten, bis ihm der
Gegner bei Gelegenheit in die Fäuſte läuft, er ſoll vielmehr durch
ge=
ſchicktes Fingieren, durch flinke Beinarbeit und blitzſchnelle. Angriffe
ſeinen Gegner verwirren und dann die gebotenen Blößen nusnützen,
Der Boxſport gewinnt in unſerem deutſchen Vaterlande immer
mehr an Boden. Es erſchien daher zweckmäßig, Zentralſtellen zu
ſchaf=
fen, die für ordnungsgemäße Ausführung dieſes Sportes Sorge zu
tragen haben. Die Boxkämpfe finden jetzt nach den
Wettkampfbeſtimm=
ungen des Deutſchen Reichsverbands für Amateurboxen ſtatt. Danach
ſind alle Schläge verboten, welche der Geſundheit der Kämpfer Schaden
zufügen können. Zu dieſen Schlägen gehören Schläge in die
Nieren=
gegend, Genick= und Hinterkopfſchläge, ſowie Stöße unter den Gürtel;
weiterhin iſt verboten, den Gegner zu halten, zu klemmen oder zu
ſchla=
gen, mit den Ellenbogen oder mit offener Hand zu ſchlagen, mit dem
Kopf oder der Schulter gegen den Unterleib des Gegners zu ſtoßen.
Verſtöße gegen dieſe Regeln werden von den Kampfrichtern ſtrengſtens
beſtraft. Bei leichteren Vergehen erfolgt eine Verwarnung, nach
drei=
maliger Verwarnung die Disqualifikation. Die Sekundanten dürfen
ihren Schützling während des Kampfes nicht durch Zurufe aufmuntern
oder anfeuern.
Sportliche Bücherſchau.
* Zſigmondy=Paulcke: Die Gefahren der Alpen. 387 S.
7. Aufl. Bergverlag München 1922. (Grundpreis geb. 5 Mk.) Das
Buch will nicht nur die bergfrohe Jugend in die Natur des Hochgebirges
einführen, es will zu körperlicher Schulung und vor allem zu exakter
Naturbeobachtung erziehen. In ſiebenter Auflage erſchienen, hat es den
Beweis erbracht, daß das Buch notwendig iſt. Der Alpenwanderer
fin=
der hier eine Menge Anvegungen und Maßregeln. Alle zu beachtenden
Vorkommniſſe, die dem Alpenwanderer gefährlich werden können, ſind
in einer überaus ſachlichen und überſichtlichen Weiſe zuſammengeſtellt.
Sowohl der erfahrene Alpiniſt als auch der Anfänger finden hier eine
Fülle von Material, das jedem der mit Pickel und Seil auszieht,
ver=
traut ſein ſollte. Aber die Zuſammenſtellung all des vielen, deſſen
ſorg=
fältigſte Beachtung dringend empfohlen wird, dient nicht dazu, den
Un=
erfahrenen abzuſchrecken, es wird ihn vielmehr anſpornen, den Gefahren
zu begegnen und ſie zu meiſtern ſuchen. Alle Alpenhexerei und
Rekord=
ſucht lehnt das Buch grundſälich ab, nur die Freude am Genuß der
maje=
ſtätiſchen Natur ſoll den Bergſteiger zu ſeinem halsbrecheriſchen Sport
führen. Darum iſt dies Buch auch in erſter Linie für den geſchrieben,
der ſelbſtändig vorgehen und ſich die Schönheiten erobern will. nicht für
Herdentiere und ſolche, denen der Sport nur eine Modeſache iſt. Dr. D.
Seite G.
Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 29. Oktober 1923.
Nummer 299.
und Siemmſgswefe
betriebe der Hofgutsverwaltung Altenberg mehrere Verſuche zu
Novemberarbeit im Obſt= und Gemüſegarten.
Gemüſearten durchgeführt, die, wie Dr. Friedrich Kling, Kaſſel,
in der Deutſchen Obſt= und Gemüſezeitung berichtet, durchweg
Die Vorbereitungen für das nächſte Jahr nehmen nun ſchon
die meiſte Zeit im Garten in Anſpruch. Je zeitiger mit der
Be=
arbeitung des Bodens begonnen wird, um ſo beſſer, denn je
öfter der Boden gefriert und wieder auftaut, deſto mürber wird
er. Deshalb ſollte man, wenn irgend möglich, vor Weihnachten
graben. Die dem Boden entzogenen Nährſtoffe werden durch
Düngung wieder erſetzt. Dabei vermeide man den noch viel
beobachteten Fehler, den Dünger erſt über die ganze zu grabende
Fläche zu verkarren und dann Tage oder gar Wochen lang liegen
zu laſſen. Man ſchaffe immer nur ſo viel Dünger heran, wie
man im Laufe eines Tages untergraben kann. Auch ſoll man
ihn erſt ausbreiten, wenn man ihn vor den Spaten nehmen
muß. Hat man den auf Häufchen liegenden Dünger nicht
be=
wältigen können, und muß man die Arbeit für längere Zeit
ab=
brechen, ſo ſind die Häufchen mit Erde zu bedecken, damit
Ver=
luſte an Ammoniak verhindert werden. Gedüngt werden jetzt
auch alle im Frühjahr ſich zeitig entwickelnden Gartenfrüchte,
z. B. der tiefwurzelnde Rhabarber, aber auch Erdbeeren,
Spar=
gel u. a. Das Land, das für Neuanlagen von Gärten,
Obſt=
anpflanzungen oder tiefwurzelnde ausdauernde Gemüſe beſtimmt
iſt, muß rigolt, d. h. mindeſtens zwei Spaten tief umgegraben
werden. Boden, der lange keinen Kalk erhalten hat, iſt zu
kal=
ken. Kalk darf aber nicht gleichzeitig mit Stallmiſt zuſammen
untergebracht werden. — Die Waſſergräben ſind zu reinigen,
der ausgegrabene Schlamm wird auf den Kompoſthaufen getan.
Das Einernten der Wintergemüſe findet ſein Ende.
Karot=
ten, Peterſilienwurzeln, Schwarzwurzeln und andere
Wurzel=
gemüſe überwintern auch im Freien gut, wenn ſie nach dem
erſten ſtärkeren Froſt mit Laub gehörig eingedeckt werden. Der
Winter= und Roſenkohl bleibt auf den Beeten. Die Beete mit
Winterſalat ſind nur in ſchneeloſen kalten Wintern zu decken.
Bei Eintritt ſtärkeren Froſtes müſſen auch die in Mieten
aufbewahrten Gartenfrüchte ſorgfältiger mit Erde bedeckt
wer=
den; Obſtvorräte und Gemüſe in Keller und Haus ſind
nachzu=
ſehen und auszuleſen. Alle Gartenbauten und Geräte müſſen
jetzt nachgeſehen und ausgebeſſert werden, damit im Frühjahr
alles in Ordnung iſt. Zäune und ſonſtige Einfriedigungen ſind
dicht zu machen, damit Haſen und wilde Kaninchen nicht in den
Garten gelangen können.
Im Obſtgarten kann noch gepflanzt werden, ſo lange der
Boden offen iſt. Bäume und Sträucher werden beſchnitten.
Aeltere Obſtbäume ſind auszulichten. Dabei ſind die Zweige
mit Blütenanſatz zu ſchonen, aber alle morſchen Aeſte zu
ent=
fernen. Abgeſtorbene Rindenteile, Moos und Flechten ſind
ab=
zukratzen und die Bäume danach mit einem Kalkanſtrich zu
ver=
ſehen. Die Baumſcheiben müſſen umgegraben und gedüngt
werden. Alte Bäume erhalten flüſſigen Dung, der in Löcher
unterhalb der äußerſten Zweigſpitzen gegoſſen wird. Bereits
Ende Januar ſteigt der Saft in die Bäume, der geſunden
Blü=
ten= und Fruchtanſatz erzeugen ſoll. Bringt dieſer die dazu
nötigen Nährſtoffe mit, iſt eine gute Ernte, falls im Vorjahre
Knoſpenanſatz erfolgen konnte, ſicher. Die Leimringe werden
von Zeit zu Zeit nachgeſehen und nötigenfalls mit neuem Leim
beſtrichen. Für empfindliche Spalierbäume iſt Froſtſchutz
bereit=
zuhalten. Das Bedecken mit Fichtenzweigen genügt in der Regel,
nur ſoll man nicht zu früh decken. Für Weinreben genügt eine
dünne Strohdecke.
eine bedeutende Steigerung des Ertrags erzielten.
Roſenpflanzung im Herbſt.
In kalten und feuchten Bodenarten empfiehlt es ſich, bei
Roſen die Frühjahrspflanzung zu bevorzugen, im übrigen aber
iſt auch hier der Herbſt durchaus geeignet zum Pflanzen. Die
Roſe verlangt einen gut gelockerten Boden, deshalb iſt es
not=
wendig, vorher 40 bis 50 Zentimeter tief zu graben und mit
ver=
rottetem Miſt oder Kompoſt zu düngen. Auf das Geviertmeter
gebe man außerdem etwa 300 Gramm Kalk. Friſchen Miſt oder
unverweſtes Laub grabe man nicht mit unter, da dieſe Stoffe
leicht Wurzelkrankheiten verurſachen. Handelt es ſich um ein
Beet, das bereits mit Roſen bepflanzt war, ſo muß die Erde
in einer Tiefe von 40 bis 50 Zentimeter ausgehoben und durch
friſche erſetzt werden. Das iſt unbedingt nötig, da die Roſen
in dem ausgeſogenen Boden trotz aller Pflege ſtets ſchwach und
kränklich bleiben. Beim Pflanzen iſt zu berückſichtigen, daß die
Wurzeln im Pflanzloch gut verteilt werden, die
Veredelungs=
ſtelle nicht tiefer als 2 bis 3 Zentimeter unter der Erdoberfläche
zu ſtehen kommt und durch gründliches Angießen die Wurzeln
vollkonnen von Erde umgeben werden. Da man nicht weiß,
wie der Winter ſein wird, empfiehlt es ſich, die Triebe bei der
Herbſtpflanzung gar nicht oder ſehr lang zu ſchneiden, da ſie bei
ſtärkerem Froſt zurückfrieren und es im Frühjahr darauf immer
noch Zeit iſt, die Zweige kurz zurückzuſchneiden. Ebenſo dürfen
von den Wurzeln nur die beſchädigten etwas eingekürzt werden,
damit eine glatte Schnittfläche entſteht, die leicht Kallus bildet.
Niedrige Roſen werden nach der Pflanzung am beſten gleich
mit Erde behäufelt, Hochſtämme binde man mit den Kronen
nieder, bedecke ſie mit etwas Tannenreiſig zum Schutz gegen
Sturm und Regen und grabe ſie bei eintretendem Froſt in den
Boden ein. — Wichtig iſt es auch, bei der Roſenpflanzung
un=
geeigneten ſchweren Boden durch Beimiſchung von Aſche,
Kom=
poſterde, Sand oder Torfſtreu zu verbeſſern, leichten ſandigen
Boden aber mit ſchwerer Erde, Lehm uſw. zu vermiſchen. Die
Pflanzung ſelbſt führe man bei trockener Witterung aus.
Beeren der Ebereſche, die im Volksmunde auch die Bezeichnun
Vogelbeere trägt, ſowie bei den hochroten Beeren des Gemeine
Schneeballs, der ſich häufia in Miſchwaldungen mit voller
Samenbehang vorfindet. Auch die kleinen rotfleiſchigen Samer
beeren des Spargels, die kernreichen Hagebutten und die ſchwar,
blauen Flieder= oder Holunderbeeren geben, nach der Reife gu
ausgetrocknet, ein nahrhaftes und bekömmliches Winterfutter.
Schließlich ſind auch noch Eicheln und Bucheln, die Früchte de
Sommer= und Hintereiche und der Waldbuche ſowie die vo
letzteren nach der Oelgewinnung aufgetrockneten Rückſtände ei
vorzügliches Futter für alles Geflügel. Man ſammele die
Samen möglichſt an ſonnigen oder doch trockenen Tagen.
Die Ernte der Gurken= und Kürbiskerne.
Düngung mit Harnſtioff.
Neben den älteren bekannten Stickſtoffdüngern dürfte für
die Düngung der Gartenfrüchte der künſtliche Harnſtoff
beſon=
dere Bedeutung bekommen. Er enthält 46 Prozent Stickſtoff
und wird durch Erhitzen von Ammoniak zuſammen mit
Kohlen=
ſäure unter Druck in den Werken der Badiſchen Anilin= und
Sodafabrik (Ludwigshafen a. Rh.) hergeſtellt. Der Harnſtoff
beſteht aus kleinen weißen kriſtallenen Nadeln und wird in
grießartiger Form geliefert. Harnſtoff iſt frei von ſchädlichen
Balaſtſtoffen und Beimiſchungen und eignet ſich ganz beſonders
für die Düngung von Tabak, Gemüſe, Blumen und anderen
Gartenpflanzen. Infolge ſeines hohen Stickſtoffgehaltes ſind die
Unkoſten für den Transport, das Ausſtreuen u. dgl. beſonders
gering. Harnſtoff läßt ſich bei trockener Lagerung unbeſchränkt
lange aufbewahren; er zerfließt nicht und erhärtet nicht. Die
Streufähigkeit des Harnſtoffes iſt gut. Er kann ſowohl von
Hand als auch mit der Maſchine ausgeſtreut werden. Beim
Ausſtreuen iſt der hohe Gehalt an Stickſtoff zu berückſichtigen
und darauf zu achten, daß etwa 44 Kilo Harnſtoff ebenſoviel
Stickſtoff enthalten wie 100 Kilo ſchwefelſaures Ammoniak. Trotz
des hohen Gehaltes an Stickſtoff laſſen ſich auch kleinere
Stick=
ſtoffmengen in Form von Harnſtoff leicht gleichmäßig auf das
Feld oder im Garten verteilen, weil Harnſtoff ein niedrigeres
Schüttegewicht beſitzt als die gebräuchlichen Düngeſalze. Mit
dieſem Dünger wurden im letzten Jahre in einem Gärtnerei=
Das Reinigen der Kerne aus reifen Gurken und Kürbiſſen
iſt einen unangenehme und ziemlich langwierige Arbeit, bis man
ſie ſo ſauber wie gekaufte Ware hat. Man halbiere die Früchte
und ſchabe mit einem Span oder Löffel die Kerne mit der
Gal=
lerte in ein Sieb oder einen Durchſchlag, wie er in der Küche
gebraucht wird, und laſſe durch ſtarkes Umrühren die
Haupt=
maſſe des Schleims durch die im Boden des Durchſchlags
befind=
lichen Löcher abziehen, wobei öfters mit der Hand an der
Außen=
ſeite des Bodens der dort anhaftende Schleim abgeſtreift wird.
Sodann gibt man ein oder zwei Hände voll gewöhnlichen
weißen, recht feinen trockenen Sand in den Durchſchlag und
knetet und reibt mit beiden Händen den ganzen Inhalt
durch=
einander, wobei ſich aller Schleim von den Kernen loslöſt und
am Sande haften bleibt. Hiernach gieße man Waſſer darauf,
und aller Schleim zieht durch die Löcher ab, während die Kerne
zurückbleiben. Genügt ein einmaliges Abreiben mit Sand nicht,
ſo wiederhole man es. Darauf läßt man die Kerne gut
abtrock=
nen, bevor ſie aufbewahrt werden. Das Fleiſch der
Samen=
gurken und =Kürbiſſe kann zum Einmachen verwendet werden.
Auch mit Tomaten wird es ſo gemacht. Sand iſt hier jedoch
meiſt nicht notwendig.
Wildfrüchte als Geflügelfutter.
Der umſichtige Geflügelhalter gewinnt leicht allerlei
Streck=
mittel des koſtbaren Körnerfutters in Wald und Flur. Sie
wachſen uns koſtenlos zu an Zierſträuchern und Straßenbäumen
und an den Gehölzen des Miſchwaldes in Geſtalt der fett= und
ſtärkemehlhaltigen Baumſamen. Von dieſer Art ſind in erſter
Linie zu nennen die geflügelten Samen der Ahorne. Sie können
friſch und getrocknet verfüttert werden. Auch das Einſammeln
der Lindenſamen lohnt ſich. Sie müſſen freilich beſonders
ſorg=
fältig getrocknet werden, da ſie leicht faulen. Weiter ſind
wert=
voll die an Wegen und Hecken leicht zu ſammelnden Früchte des
Weißdorns. Ein weiteres wertvolles Geflügelfutter liefern die
an Wegen und Stegen, an Hecken und Zäunen und in ſogen.
Reddern (Feldknicks) im Sammeln ſehr ergiebigen Früchte des
Weißdorns, die volkstümlich auch unter dem Namen Mehlbeeren
oder Mehltönnchen bekannt ſind. Ihre roten mehligen
Samen=
hüllen werden gleich den ſteinigen Beeren friſch oder getrocknet
insbeſondere von Hühnern gefreſſen, wenn ſie als Beifutter
ge=
geben oder auch für ſich allein in bleinen Mengen zu den
Mahl=
zeiten verfüttert werden. — Dasſelbe iſt der Fall bei den
eiweiß=
reichen, im Kerne nußähnlich ſchmeckenden gelben oder roten
Die Pflege der Kleintiere, Geflügel und
Bienen im November.
Unſere Kleintiere werden jetzt mehr und mehr auf Stal
haltung beſchränkt. Die Stallungen müſſen deshalb in tadelloſe
Ordnung ſein. Für Reinlichkeit, Trockenheit und Schutz vo
Naubzeug iſt zu ſorgen. Auch friſche Luft brauchen die Tier
die Stallwände müſſen aber zugdicht ſein. Die Ziegen verlange
reichliche Streu und gute Fütterung, damit ſie der kalten Witt
rung beſſer widerſtehen können. Sie müſſen auch regelmäß
geputzt werden. Gegen Kälte ſind die Ziegen empfindlich,
b=
ſonders alte, ſchlechtbehaarte Tiere. Diesjährige Tiere läßt me
erſt im nächſten Frühjahr decken, ältere, ſobald ſie brünſtig ſine
Tröchtige Ziegen verlangen ſchonende Behandlung und gute
Futter. In den erſten Monaden kann man ſie noch rein au
melken, dann hört man allmählich damit auf. Stöße, Schläg
Jagen und Hetzen der Tiere, gefrorenes und bereiftes
Futt=
zu reichliche Rübenblätterfütterung uſw. haben Verwerfung
Folge. Bei gutem Wetter ſollen auch tragende Ziegen ins Frei
Bei der Hautpflege der Ziege darf man die Pflege und das Be
ſchneiden der Klauen nicht vergeſſen.
Der Kaninchenzüchter achte vor allem darauf, daß die i
Außenſtallungen gehelltenen Tiere in der rauhen Jahreszeit nick
leiden. Die Wände ſolcher freiſtehender Ställe ſind mit eine
gegen Kälte, Wind und Näſſe ſchützenden Decke von Laub ode
ähnlichen Stoffen zu verſehen. Die offene Stallſeite wird nacht
und bei Unwetter durch Läden verſchloſſen oder mit Säcken ver
hängt. Das Trinkwaſſer, das leicht verſchlagen gereicht wirt
laſſe man nie im Stalle ſtehen, ſondern entferne es ſofort, nach
dem die Tiere getrunken haben. Wer glaubt, jetzt am Futte
ſparen zu können, weil die Häſinnen nicht tragen, irrt ſich ſehr
nur gut genährte Tiere liefern ſpäter eine kräftige Nachzuch=
Fett dürfen die Tiere natürlich auch nicht werden. Das richtig
Maß läßt ſich nur durch Beobachtung und Erfahrung finden
Weichfutter wird zweckmäßig warm verabreicht, Grünfutter dar
nicht gefroren ſein.
Im Geflügelhofe ſoll die Mauſer beendet ſein. Auch hie
werden die Stallungen gegen Kälte geſchützt. Bei naßkalten
Wetter bleiben die Tiere im Stall, wenn man ihnen nicht einer
leeren Sdall, eine Scheune oder ſonſtigen trockenen Raum über
laſſen kann. Schnee darf in den Laufräumen nicht liegen. Di
Junghennen der Frühbruten beginnen jetzt mit Legen. Mau
unterſtützt die Legetätigkeit durch Verabreichen von warmen
Weichfutter, abends durch eine reichliche Körnermahlzeit, durd
Darbieten von aufgehängten Kohlſtauden und Beſchaffung vor
Scharrgelegenheit. Nur fleißig Futter ſuchende Tiere, die vie
ſcharren und Bewegung haben, liefern regelmäßig Eier. Da=
Trindwafſer ſei lauwarm. Die Stallungen mäiſſen ſich gut lüften
Die Tiere ſind gegen Kälte weniger empfindlich als gegen feuchte
Luft, wie ſie ſich ſehr ſchnell in engen und übervölkerten Stal
lungen bildet. Auch Gänſe und Enten brauchen trockene Ställe
Zur Zucht für nächſtes Jahr ſollten niemals Tiere der dies
jährigen zweiten Brut behalten werden, wohl aber ſind kräftig
entwickelte Gänſe der erſten Brut tauglich. Sie können dan:
bis zum zehnten Jahre zu Zuchtzwecken benutzt werden.
Die Bienen verlangen weiter nichts als Ruhe und Luft
Es iſt darauf zu achten, daß die Fluglöcher ſich nicht durd
ſterbend darin hängen gebliebene Bienen verſtopfen. Fäll
Schnee, ſo wird dieſer vor dem Bienenſtande ſofort gründlid
entfernt, damit die blendenden Strahlen der tiefſtehenden Sonne
die Bienen nicht ſtören und zu unzeitigem Ausflug verleiten
Ende November öffnet mnan die Völker vorſichtig und zieht mi
einer Krücke die Toten und die Abfälle hervor. Dieſe Arbei
geht am einfachſten vor ſich, wenn man bei der Einwinterumg
eine Pappe untergelegt hat, die den ganzen Boden bedeckt.
Zu=
erſt ſchiebt man eine reine Pappe unter die alte und dann dieſ
heraus. Der Wintervorrat muß ſich möglichſt über den Bienen
befinden. Iſt er in Seitenwaben, ſo kann es geſchehen, daß die
Bienen in kalten Wintern verhungern. Ein eingewinterter Stod
ſoll 20 bis 25 Pfund Nahrung haben. Kriſtalliſierten Honie
önnen die Bienen nicht verbrauchen, ſolche Waben ſind
einzu=
ſchmelzen. Der gewonnene Honig wird mit Kandisſyrup
ver=
mengt gefüttert. Das Beſte iſt jedoch reiner Blütenhonig. Zum
Wintervorrat gehört auch Pollen= oder Blumenmehl,
Die Finanzen des Grsßherzogs.
77)
Roman von Frank Heller.
Copyright bei Georg Müller Verlag, München.
(Nachdruck verboten.)
„Hören Sie mal, Profeſſor, was zum Teufel ſoll das
bedeu=
ten? Was zum Geier meinen Sie eigentlich? Sie locken mich
in ein Geſchäft von einer Million dreimalhunderttauſend Pfund,
am nächſten Tage wird Revolution gemacht, Sie telegraphieren,
daß Sie ſich nach Minorca begeben, um zu ſehen, ob alles
ver=
loren iſt, und als ich hinkomme, finde ich Sie an Bord eines
Schiffes, zechend mit einem . . . er hielt raſch inne . . . „einem
Menſchen, von dem Sie behaupten, daß er ein Großfürſt von
Rußland iſt. Was hat er denn damit gemeint, daß ich ſeine
Kanonen mache?"
„Vickers & Maxim,” ſagte Philipp. „Haben Sie da nicht die
Aktienmajorität? „Ich habe es ihm wenigſtens geſagt.”
Mr. Iſaaes ſchwieg eine Sekunde, über dieſen Punkt
be=
ruhigt, dann fuhr er ebenſo heftig fort wie zuvor:
„Aber was zum Kuckuck meinen Sie, was fällt Ihnen denn
ein, von Ihrer Jacht durchzubrennen — der Kapitän iſt halb
ver=
rückt vor Angſt um Sie — und hier Bier zu trinken? Warum
laſſen Sie ihn nicht lieber Minorca beſchießen und die Rebellen
zwingen, uns zu bezahlen? Wenn Sie wenigſtens das täten!
Aber nein, es muß gefrühſtückt werden!“
Es war Philipp unmöglich, ſich länger zu beherrſchen. Zu
Mr. Jſaaes' unausſprechlicher Empörung brach er in ein
ſchallen=
des Gelächter aus, dann ſagte er:
„Ich kann mir nicht helfen. Mr. Jſaaes, aber wenn Sie an
meiner Stelle geweſen wären, Sie hätten ſicher auch hier Bier
ge=
trunken. Fürs erſte iſt der Großfürſt ein alter Freund von mir.”
„Ein alter Freund von Ihnen? Hol mich der und jener —
toll, lichterloh verrückt!“
„Ein alter Freund von mir,” wiederholte Philipp. „Ich
lernte ihn in einer Bierhalle in Hamburg kennen. Alſo konnte ich
mich nicht weigern, mit ihm ein Glas an Bord ſeines Fahrzeugs
zu trinken. Fürs zweite, er machte eine ſekundenlange Pauſe, um
Mr. Jſages: Geſichtsausdruck zu genießen — fürs zweite mußte
ich das freudige Ereignis dieſer Nacht feiern.”
„Das freudige Ereignis dieſer Nacht? Daß Sie von der Jacht
durchgingen und den Kapitän ſieben Stunden lang in Mahon
herumlaufen und Sie ſuchen ließen?”
„Nicht ſo ſehr das,” ergänzte Philipp, „wie daß die
Revo=
lution in Minorca dabei glücklich in fünf Stunden vom
Groß=
herzog und mir in Kompagnie abgeſchloſſen wurde.”
„Großher . in Kompagnie . . . abgeſchloſſen . . ." Mr.
Jſaaes konnte kaum mehr ſprechen.
„Ja gewiß, und dann, daß der Großherzog eine Partie von
einigen Dutzend Millionen Rubeln gemacht hat und mein ewig
verpflichteter Freund iſt, namentlich, da er ſich mit meiner Frau
verheiratet hat.”
Das war zu viel für Mr. Jſaaes. Seine Angſt vor dem
Großfürſten, ſeinen Verluſt vergeſſend, alles, außer daß er aus
dem Bereich des Profeſſors kommen mußte, der vermutlich jeden
Augenblick gewalttätig werden konnte, ſtürzte er mit einem
heiſeren Schrei auf die Treppe zu, die zum Verdeck des
Kreu=
zers führte. In der letzten Sekunde gelang es Philipp, der ſich
vor Lachen kaum aufrecht halten konnte, ihm den Weg zu
ver=
ſperren. Während Mr. Jſages Blicke, nach einem Booishaken
oder irgendeiner anderen Waffe ſpähend, über das Verdeck
flogen, vermochte Philipp endlich zu ſtammeln:
„Aber, Mr. Jſaacs! Sie kennen mich doch — Sie wiſſen
doch, daß in meinem Wahnſinn Methode zu ſein pflegt! Jedes
Wort, das ich geſagt habe, iſt ſo wahr wie das Evangelium,
wenn ſich auch das Ganze wie ein Räuberroman anhört.
Laſſen Sie mich Ihnen alles in Ruhe und Frieden erzählen, und
ſagen Sie dann, ob Sie mir mein kleines Morgenpilſner noch
mißgönnen.”
Mr. Jſages ſah ihn an, noch durchaus nicht von ſeiner
Uingefährlichkeit überzeugt; dann, nachdem er vorſichtig den
Kompaßtiſch zwiſchen ſich und Philipp geſchoben hatte, ſagte
er kurz:
„Erzählen Sie!”
Und Herr Collin, noch hie und da über den
Geſichtsaus=
druck ſeines Zuhörers auflachend, begann zu erzählen — eine
Erzählung, die vierzig lange Minuten währte und von dem
großen Finanzmann anfangs mit Mißtrauen, dann mit
atem=
loſer Spannung angehört wurde und ſchließlich unter einem
Regen von Ausrufen: By Jove! Sie lügen! Endlich war er
überzeugt, und, ſeine Verſchanzung verlaſſend, kam er mit
aus=
geſtreckter Hand auf Philipp zu.
„Verzeihen Sie mir, Profeſſor,” ſagte er. „Vergeſſen Sie
alles, was ich geſagt habe! Sie verdienen ein Faß Pilſner jeden
Morgen Ihres Lebens . . . Sie ſind ein großer Mann, ein
großer Mann, und ich bin Ihr ergebenſter Diener. Die
Revolution unterdrückt, der Großherzog von Ihnen gerettet,
ſeine Gemahlin von Ihnen gerettet und einige Dutzend
Millio=
nen als Mitgift. By Jove — by Jove! Es wäre faſt ein
Waterloo geworden — Sie ſind tüchtiger als Napoleon! Sie
haben ein Auſterlitz daraus gemacht!"
„Mr. Jſaaes, Mr. Jſaaes, keine Uebertreibungen! Es iſt je
mehr dem Zufall zu danken als mir. Und ſchließlich und endlich
was hätte Ihnen eine und eine Viertel Million weniger
aus=
gemacht!“
Mr. Jſaaes' Geſicht umdüſterte ſich für einen Augenblick
aber erhellte ſich gleich wieder.
„Das ſieht Ihnen ähnlich,” ſagte er. „Sie ſind immer
leicht=
fertig mit meinem Gelde umgegangen. Aber diesmal verzeihe ich
Ihnen. Es iſt doch merkwürdig, wie der Zufall immer zuhilfe
kommt!“
Ein ſich verbeugender ſalutierender Offizier ſtand plötzlich
vor ihnen.
„Seine Hoheit bittet Sie zum Frühſtück, meine Herren!”
Mr. Jſages warf einen raſchen Blick auf die Kaviarbrötchen
und den Wodki.
„Glauben Sie, dort unten gibt es noch derlei?” flüſterte er
Philipp zu. „Das war wohl das Beſte, was ich in dieſer
Rich=
tung je gekoſtet habe, wie ſchlimm mir auch zumute war, als ich
es bekam.”
„Sicherlich gibt es noch mehr derlei,” ſagte Philipp, „wenn
ich Se. Hoheit den Großfürſten recht kenne! Und es wundert
mich nicht, daß Sie ſeine Ware billigen, Mr. Jſaaes — nicht jeden
Tag eſſen Sie den Kaviar des Kaiſers von Rußland und trinken
höchſtdesſelben Wodki.
Als das Frühſtück zu Ende war — und es endete weder zu
früher Stunde, noch in gedrückter Stimmung — ſpürte Philipp,
der in einer Ecke des Raumes mit Mr. Jſages beratſchlagte, was
zunächſt zu tun ſei, einen Schlag auf ſeiner Schulter. Es war Don
Ramon, der mit ſeiner neugebackenen Gemahlin neben ihm ſtand.
„Profeſſor,” ſagte er, „wir haben etwas mit Ihnen zu
be=
ſprechen."
„Und ich errate, was es ſein wird,” ſagte Philipp lächelnd.
„Die Affäre der Staatsſchuld des Großherzogtums Minorca,
nicht wahr?”
„Sie haben recht. Es gelang Ihnen, uns geſtern abend
durch=
zugehen — heute nacht, meine ich. Wollen Sie jetzt die Güte
haben, uns zu erklären, was Sie gemeint haben. Sie
entſchul=
digen, Mr. Iſaacs?”
Philipp lächelte wieder.
„Um alles in der Welt, Hoheit,” ſagte er. „Es ſchadet nichts,
wenn Mr. Jſaaes zuhört. Richtiger geſagt, ſoll er zuhören, denn
mit ſeinem Gelde habe ich doch den Coup gemacht.”
(Fortſetzung folgt.)