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Morgenzeitung der Landeshauptſtadt
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Nummer 285
Montag, den 15. Oktober 1923
186. Jahrgang
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breiß) 800 Mark. Anzeigen von auswärts 200 Mk.,
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Falle höherer Gewalt, wie Krieg, Aufruhr, Streik
uſw., erliſcht ſede Verpflichtung auf Erfüllung der
Anzeigenaufträge und Teiſtung von Schadenerſatz.
Bei Konlurs oder gerſchtlicher Beſtreibung fällt
ſeder Rabatt weg. Banktonto: Deutſche Bank und
Darmſtädter 8 Nationalbank.
Frankreich vor ungeheuren Schwierigkeiten.
Der zerſtörte Wahn. — Die Mumie vom
Ruhr=
gebiet.
Paris, 14. Okt. (Wolff.) Die Ere Nouvelle weiſt auf
die Aeußerung des Sonderberichterſtatters des Journal des D8 aus Düſſeldorf hin, über die geſtern abend berichtet
wurde. Dieſer Berichterſtatter zerſtöre den Wahn des
Erfolges, den das Pariſer Kabinett in den beſetzten
Gebie=
ten in den letzten Tagen erzielt haben wolle. Das große
Un=
glück in der Angelegenheit ſei, daß man alle Dinge vom
innerpolitiſchen franzöſiſchen Standpunkt aus
betrachte. Tatſachen ſeien keine Tatſachen mehr, ſondern
Ent=
ſchuldigungen für Lobeshymnen oder für haßerfüllte
Improviſa=
tionen. Es handele ſich aber gar nicht um Poincarsismus oder
Antipoincaréismus, es handele ſich darum, mit einem kleinen
beſiegten, aber noch ungeheuer ditalen Volk ein praktiſches
Ab=
kommen zu ſchließen, das Reparationszahlungen ſicherſtelle. Man
könne einem Volk von 60 Millionen Einwohnern, das mutig
und arbeitſam ſei, keine Anſtrengungen entreißen, die hunderte
von Milliarden einbringen ſolle, gegen ſeine Anſicht und ſeinen
Willen. „Wir haben” ſo ſchließt Ere Nouvelle, „das
Währungs=
chaos nicht einſtellen laſſen. Wir ſtehen im Begriff, auch
das ſoziale Chaos zu provozieren. Wollen wir wirklich
in dieſem Doppelſpiel der Desavouierung das Mittel finden,
je=
nes Reparationsbudget zu ſchaffen, deſſen weſeniliches Element
die wirtſchaftliche und politiſche Stabilität unſeres Gegners iſt?
Wer ſich mit den Induſtriellen einigen will und Deutſchland
ver=
achtet, der will ſich mit dem Parfüm einer leeren Vaſe
begnü=
gen. Ein großes beſiegtes Volk, ſelbſt wenn es ſich
ver=
irrt, bleibt immer noch ein großes Volk. Und nur
dadurch, daß man es als ſolches behandelt, kann ſein Sieger mit
ihm große Dinge durchführen.
Auch André Tardieu macht Poincaré in ſeinem Echo
National klar, daß er ſeine Mumie, die Mumie vom
Ruhrgebiet, jetzt erſt zu lebendigem Leben
er=
wecken muß. Ein ungeheueres Problem ſei zu löſen, ein
indu=
ſtrielles Problem von beiſpielloſem Umfange. Fünf Faktoren
würden durch dieſes Problem berührt: die Produktion, die
Ernährung, der Verkauf, der Transport und die
Währung. Eine zentrale Autorität ſei notwendig, um dieſe
fünf Klaviere ſpielen zu laſſen. Könne General Degoutte dieſe
ungeheure Aufgabe erfüllen? Die Regierung allein ſei in der
Lage, darüber zu urteilen aber die ſchlimmſte Methode
wäre es, die ungeheuren Schwierigkeiten
igno=
rieren zuwollen, über die man triumphieren müſſe, bevor
man auch nur daran denken könne, das geringſte für die
Repa=
rationszahlungen aus dem Ruhrgebiet herauszuziehen.
Italiens Mißtragen gegen Frankreich.
Mailand 14. Okt. (Wolff.) Der Corriere della Sera
ſchreibt in einem Leitartikel: Der Sieg genügt Frankreich nicht.
Seine Haltung läßt den Schluß zu, daß es auf den Tod ſeines
Gegners wartet. Was ſind die dauernden Garantien anders, als
diejenigen Territorialien und militäriſchen Garantien, auf die
Foch und Clemenceau 1919 verzichten mußten? Deutſchland iſt
bereits in moraliſcher Auflöſung. Es iſt nicht ausgeſchloſſen, daß
die politiſche Auflöſung hinzukommt. Es gäbe dann ein
Rhein=
land unter franzöſiſchen Protektorat, einige ſchwache Staaten,
mit denen der Sieger machen könnte, was er wollte, ein Preußen,
das tiefer erniedrigt wäre als das von Jena. Aber zwiſchen
Jena und Leipzig liegen nur wenige Jahre. Es bleibt trotz allem
wahr, daß die Geſchichte ſich wiederholt. Die Verhältniſſe der
Kräfte und der Völker bleiben. Das Frankreich von heute kann
nicht ein großes Volk ausſchalten, das in der ganzen neueren
Ge=
ſchichte immer unter den erſten ſtand. Bräche Deutſchland
zu=
ſammen, ſo wären nicht nur die Reparationen, ſondern die ganze
Zukunft Europas, vor allem aber Frankreichs, in Gefahr. Wenn
Deutſchland völlig ausgeſchaltet iſt, wird Frankreich allzu
mäch=
tig ſein und erkennen, daß ſich automatiſch eine Lage bildet, die
gegen Frankreich gerichtet iſt. Frankreich wird nicht das Wunder
fertig bringen, daß die anderen Völker ſich mit ſeiner Macht
ab=
finden oder damit, daß es Deutſchland dauernd niederhält.
Millerands Programm.
Paris, 15. Okt. (Wolff.) In Evreux hielt Millerand
ge=
ſtern auf einem ihm zu Ehren veranſtalteten Feſtmahl eine
Rede, die ſich hauptſächlich mit der franzöſiſchen Innenpolitik
be=
ſchäftigte. Er erinnerte an die ſeit dem Krieg in Europa
voll=
hogenen Aenderungen in Rußland und Oeſterreich und in
Ver=
oindung damit an die neu geſchafſenen Kleinſtaaten. Dieſe
Staaten hätten Recht, wenn ſie ſich ſtabiliſierten. Dringendſtes
Bedürſnis ſei ihre äußere Sicherheit. Sie wüßten, daß Frankreich
ſich die Achtung vor den Verträgen zum Geſetz gemacht habe,
und niemals dulden werde, daß die durch den Sieg geſchaffene
Ordnung geſtört werde. Frankreich genieße ein Preſtige, das es
noch mehr ſeiner moraliſchen Autorität (2), als ſeiner weltlichen
Macht verdanke. Millerand erwähnte weiter die
Wiederanknüp=
ſung der Beziehung zum Heiligen Stuhl. Sie habe ein
Ent=
ſpannung geſchaffen. Nun handele es ſich darum, die
öffent=
ichen Ausgaben durch genügende Einnahmen zu ſichern, um den
Kredit Frankreichs zu erhalten. Die politiſchen konventionellen
Streitigkeiten müßten verſchwinden, damit die Einheit unter
al=
en Franzoſen konſolidiert werden könne. Die Laſten des
Frie=
dens müßten tapfer getragen werden. Im Jahre 1913 habe
je=
der Franzoſe 460 Franken Steuer bezahlt. Im Jahre 1922 habe
die Steuerlaſt pro Kopf 2478 Franken betragen. An eine
Ver=
minderung der Steuerlaſten ſei vorerſt nicht zu denken, jedoch
nüßte eine Verminderung der Ausgaben herbeigeführt werden.
Millerand beſprach alsdann die Bedeutung der Landwirtſchaſt
und die Bedeutung ſeiner koloniſatoriſchen Tätigkeit. Die
Ge=
purtenpolitik ſei unerläßlich. Sie habe einen faſt tragiſchen
Cha=
rakter und ſei ernſt und dringlich. Auch dem Unterrichtsweſen
nüſſe beſondere Beachtung geſchenkt werden. Die politiſche
Frei=
heit ſei aufrechtzuerhalten. Unter dem parlamentariſchen
Re=
gime ſei es ſelbſtverſtändlich, daß das Parlament die Oberhand
habe, denn der Reſpekt vor der Souveränität des Volkes ſei
Nochſtes Geſesz. Wenn die durch Beharrlichkeit und Feſtigkeit ſo
entſchloſſen geführte auswärtige Politik ihre Früchte gezeitigt
habe, konne man daran denken, die Verfaſſung umzugeſtalten,
damit ſie dem augemein empſundenen Bedürfnis entſpreche, der
Regierung mehr Stabilität und den wirtſchaftlichen Intereſſen
mehr Garantie zu gewähren. Man werde aus ihr ein geſchmei=
2iges, ſicheres Inſtrument der der republikaniſchen, nationalen
Vom Tage.
Die im Reichsfinanzminiſterium abgehaltenen Beratungen über die
Einführung eines neuen Zahlungsmittels ſind, wie wir hören, ſo weit
beendet, daß mit der Veröffentlichung des Ergebniſſes heute zu
rech=
nen iſt.
Nachdem das Ermächtigungsgeſetz im Reichstag angenommen war,
fand auch das Geſetz über die Vermögensſtrafen — und =bußen Annahme.
Darauf vertagte ſich der Reichstag. Die nächſte Sitzung findet, wie der
Präſident mitteilte, vorausſichtlich Ende der nächſten oder Anfang der
übernächſten Woche ſtatt. Alsdann wird ſich der Reichstag mit dem
Ar=
beitszeitgeſetz zu beſchäftigen haben.
Der von den Kommuniſten auf den 18. Oktober einberufene
Be=
triebsrätekongreß für Sachſen und Thüringen iſt von dem Befehlshaber
des Wehrkreiſes 4 verboten worden.
Nach einer Verordnung des Generals Degoutte werden für die
Beamten, Angeſtellten Arbeiter des Reiches keine Viſa mehr
aus=
gegeben.
Havas zufolge laſſen die Verhandlungen, die augenblicklich mit der
franzöſiſch=belgiſchen Eiſenbahnregie über die Wiederaufnahme der
Ar=
beit gepflogen werden, Ende der Woche den Schluß erſpartet.
Nach einer Meldung der Deutſchen Telegraphen=Agentur haben die
Regierungen von Frankreich, England und Italien den Vorſchlag der
engliſchen Regierung angenommen, der dahin geht, die techniſchen
Stu=
dien Belgiens zum Reparationsproblem der Reparationskommiſſion zu
unterbreiten. Dieſe wird ſich infolgedeſſen in der nächſten Zeit mit
die=
ſer Aufgabe befaſſen.
Nach einer Meldung der Neu=York World aus Waſhington hat der
frühere Reichskanlzer Cuno außer dem Präſidenten Coolidge auch den
Schatzſekretär Mellon ſowie dem Handelsſekretär Hoover einen Beſuch
abgeſtattet. Cuno erklärte hierbei, daß er die Lage Deutſchlands nur
als Privatmann beſpreche.
Wohlfahrt und Größe des Vaterlands gewidmeten Politik
machen. Die Ruhraktion habe gezeigt, daß man die
Militär=
dienſtzeit nicht unter 18 Monate herabſetzen könne. Die Stunde
werde aber kommen, wo der Aufenthalt in der Kaſerne ohne
Ge=
fahr verringert werden könne. Frankreich erſtrebe mit aller
Auf=
richtigkeit die Aufrechterhaltung des Friedens. Die ſicherſte
Frie=
densgarantie ſei die Ordnung, wie ſie aus dem Krieg
hervor=
gegangen ſei. Sie müſſe ſo ſtark verankert ſein, daß niemand den
Verſuch machen könne, ſie zu erſchüttern. Millerand erklärte
dann, daß das Schauſpiel in Rußland der Welt eine
entſchei=
dende Lehre und gewiſſermaßen eine Apologie gegeben habe zu
Gunſten des Privatbeſitzes. Die Diktatur einer Klaſſe, oder
beſ=
ſer geſagt, einer Hand voll Menſchen, die ſich das Privileg
zu=
erkennen, namens einer Klaſſe zu ſprechen, bedeute keinen
Auf=
ſtieg, ſondern die Rückkehr in die Tiefe. Der Präſident ſchloß
mit folgenden Worten: Mit gutem Recht, ſtolz auf den Sieg, den
wir uns ſo teuer erkauft, iſt das franzöſiſche Volk entſchloſſen,
ſich keine der gewonnenen Früchte entreißen zu laſſen. Es weiß,
daß der innere und äußere Friede, die Einigkeit unter den
Bür=
gern und das Einverſtändnis mit den anderen Völkern, die
Grundbedingung für eine gedeihliche Arbeit und den ſozialen
Fortſchritt iſt.
Englands Politik demütigender Impotenz.
London, 14. Okt. (Wolff.) Asquith erklärte in einer
Rede in Perth, ſeit dem Waffenſtillſtand ſei man von der
wirt=
ſchaftlichen Wiederherſtellung Europas nie weiter entfernt
gewe=
ſen als zurzeit. Die Regelung der Reparationen und der
alli=
ierten Schulden, ohne die kein Schritt in der Richtung auf beſſere
Zuſtände getan werden könne, ſei durch das törichte und
zweckloſe Abenteuer im Nuhrgebiet endgültig und
verhängnisvoll verzögert worden. Es ſcheine faſt, als ob
Groß=
britannien aufgehört habe, zu den Großmächten der Welt zu
zählen. Habe Großbritannien überhaupt eine auswärtige
Poli=
tik? Nach Lord Curzons Rede vor der Reichskonferenz ſehe es
ſo aus, als ob die britiſche Regierung wieder einmal auf ihren
Lorbeeren ausruhen, ihre Arme verſchränken und abwarten
wolle, ob die franzöſiſche Regierung irgend etwas neues
vorzu=
ſchlagen habe. Wie könne auf eine ſolche Weiſe Großbritannien
hoffen, in dem Rate der Welt Autorität zu genießen oder gar
Reſpekt einzuflößen? Bezüglich der Erklärung Muſſolinis über
„die Hierarchie der Nationen” ſagte Asquith, anſcheinend ſolle in
Zukunft ebenſo wie es früher geweſen ſei, ein Geſetz für die
Starken und ein Geſetz für die Schwachen beſtehen. Er ſei
em=
pört, daß eine derartige Erklärung ohne Proteſt und Widerſpruch
habe abgegeben werden können. Die Völkerbundsſatzung könnte
mit Fug und Recht in dem Glaskaſten eines Muſeums
aufbe=
wahrt werden als dauerndes Denkmal der Unfähigkeit
und Unaufrichtigkeit der Staatsmänner der
Welt. Die Politik der britiſchen Regierung ſcheine eine Politik
demütigender Impotenz zu ſein.
Die Pariſer Preſſe zur Aufhebung der Freizone.
Paris, 14. Okt. Wolfſ.) Zum franzöſiſch=ſchwveizeriſchen
Konflikt in der Angelegenheit der Freizone ſchreibt das „
Four=
nal”: Weiche Bedeutung hat die franzöſiſche Maßnahme?
Augenſcheinlich, nach der Anſicht unſerer Regierung, ſoll ſie nur
die Bedeutung einer Warnung haben. Sie ſoll der
ſchwweizeriſchen Regierung zu verſtehen geben, daß die
franzö=
ſiſch= Regierung kein Projekt diskutieren wird, das nicht
aufge=
baut iſt auf der Beſeitigung der Zone. Man kann befürchten,
daß die Maßnahme in der Schweiz ſehr verſchieden
aufgenom=
men wird, und daß man ſie dort als Druckmittel bezeichnet.
Der Quoditien” ſchreibt: Die politiſchen Folgen des
Ziviſchenfalle? laſſen ſich ſchon erkennen. Poincaré kann leicht
behaupten, daß er den Wunſch hat, die Verhandlungen mit der
Schweiz fortzuſetzen, und erklären, ſein Dekret ſei nur eine
„konſervierende” Maßnahme. Die ſchweizeriſche
Regie=
rung und die öffentliche Meinung in der Schweiz
ſind in gleicher Weiſe entrüſtet. Die Angelegenheit
wird vor den internationalen Gerichtshof und, wenn es ſein
muß, auch vor den Völkerbund gebracht werden. Die Preſſe,
ohne Uuterſchied der Sprache und der Parteien, erhebt ſich gegen
die franzöſiſche Entſcheidung; ſelbſt das „Journal de Genéve‟
deſſen Haltung während des Krieges man nicht vergeſſen hat.
Zählt denn Frankreich ſo viele Freunde, daß Herr Poincaré ſich
bemühen kann, ſich ſelbſt mit denen zu veruneinigen, die
wäh=
reud der Tage der Prüfung unſere treueſten Freunde geweſen
ſind?
*Währungsbank und Neumark.
Von
Profeſſor Dr. Max J. Wolff.
Der Dollar iſt auf 4—5 Milliarden angelangt. Weun dieſe
=Zeilen im Druck erſechinen, mag er noch höher ſtehen, wenn er
nicht durch eine letzte verzweifelte Maßnahme der Reichsbank
wieder etwas herabgedrückt iſt. Der Kurs ſpielt keine Rolle
mehr, und ob die Mark in Neu=York in der achten oder neunten
Dezimale notiert wird, ſie repräſentiert keinen Wert mehr, und
wenn ſie ihre Rolle als internationales Geldmittel längſt
aus=
geſpielt hat, ſo ſteht ſie im Begriff, auch ihre letzte Funktion zu
verlieren: die eines Austauſchsmittels im Inland.
Eine neue Währung muß geſchaffen werden. Die Regierung
plant die Errichtung einer Währungsbank, die durch Land und
Boden bzw. durch Pfandbriefe gedeckte, auf Boden oder
Neu=
mark lautende Noten ausgeben ſoll. Der Vorſchlag iſt aus der
Erkenntnis geboren, daß Deutſchland heute keine Metallwährung
einführen kann, d. h. keine Währung, die durch edle Metalle, in
erſter Linie durch Gold oder goldwertige Deviſen, gedeckt iſt.
Selbſt wenn ſich der nötige Betrag an Gold oder Dediſen
auf=
bringen ließe, ſo würde er ſich in den Kaſſen der Emiſſionsbank
nicht halten laſſen. Wer heute vor die Wahl geſtellt iſt, ob er
Gold oder Golddeviſen oder eine deutſche Note nehmen will, wird
ſich ohne Schwanken für das erſtere entſcheiden. Die
Goldvor=
räte würden hinſchwinden wie der Schnee in der
Frühlings=
ſonne, oder die Einlösbarkeit der Noten müßte ausgeſchloſſen
werden. Damit wäre das unſelige Disagio wieder vorhanden
und aufs neue der erſte Schritt auf der ſchiefen Ebene getan.
Selbſt die Noten einer Privatbank würden dieſem Schickſal
unt=rliegen. Eine Privatbank kann wohl ihr Los von dem der
Reichsbank trennen, aber nicht von der des Reiches. Auch ſie
hätte unter dem nicht unbegründeten Mißtrauen, das überall
gegen Deutſchland beſteht, zu leiden, und müßte von Anfang an
Maßnahmen zur Verteidigung ihrer Metallreſerven treffen; ſie
müßte auch die Einlöſung ihrer Noten erſchweren oder ganz
aus=
ſchließen, und damit wäre deren Unwertigkeit gegeben, ſelbſt bei
beſter Deckung. Wer eine deutſche Nore nimmt, gibt Kredit nach
Deutſchland, und wie die Verhältniſſe liegen, verlangt er dafür
eine hohe Riſikoprämie. Für die Stabilität einer Währung iſt
aber das Vertrauen das Wichtigſte, wichtiger als die. Deckung.
Engliſche Noten waren in der Vorkriegszeit biel ſchlechter gedeckt
als die ruſſiſchen, aber daraus ergab ſich kein Nachteil für die
erſteren, kein Vorteil für die zweiten.
Die Goldwährung iſt zweifellos die beſte Währung und das
letzte Ziel unſerer Anſtrengungen. Ihre Vorausſetzung iſt aber
eine gewiſſe Wohlhabenheit, die in Deutſchland nicht mehr
exi=
ſtiert. Solange unſere durch die unſeligen Milliarden= und
Bil=
lionenzifſern ſchlecht berſchleierte Verelendung andauert, ja von
Tag zu Tag zunimmt, wird jeder Gold= und Deviſenvorrat, der
ſich aus dem verarmten Volk noch herauspreſſen läßt, die
Ten=
denz haben, in reichere Länder abzufließen. Gold iſt ein ſehr
empfindliches Metall und braucht ein Klima, in dem es ſich wohl,
eine Atmoſphäre, in der es ſich ſicher fühlt.
Deutſchland muß fürs erſte auf die ihm unerreichbare
Gold=
währung verzichten, es muß ſich mit einem Erſatz begnügen. Ein
ſolcher iſt die Boden= oder Neumark, eine Zwiſchenlöſung, ein
Proyiſorium, aber vermutlich nicht das einzige, das wir
durch=
zumachen haben auf unſerem langſamen Wiederaufſtieg zur
Goldwährung.
Die Neumarknoten ſind kein vollkommenes Geld. Sie ſind
zwar gedeckt, aber die Deckung beſteht in Immobilien, alſo in
einer nicht greifbaren und für die meiſten Noteninhaber
zweck=
loſen Ware; ſie ſind einlösbar, aber die Einlöſung erfolgt in
Pfandbriefen, die keinen unmittelbaren Zugriff auf das
Pfand=
objekt ſondern nur einen Anſpruch auf die Emiſſionsbank
ge=
währen, den dieſe wieder in Papier zu befriedigen berechtigt iſt.
Die neuen Noten ſind Pfandbriefe ohne Vollſtreckungsklauſel,
denen man künſtlich den Charakter eines Zahlungsmittels
bei=
gelegt hat.
Geldzeichen, die mit derartigen Mängeln belaſtet ſind,
kön=
nen nicht gleichwertig mit Goldnoten kurſieren. Der
internatio=
nale Verkehr wird ſie ablehnen und ſelbſt im Inland wird ihre
Bewertung Schovankungen unterliegen, Schwankungen freilich,
die dank der ausgiebigen Deckung im Vergleich zu der
ſprung=
haften Endwertung der Papiermark relativ als Stabilität
erſchei=
nen werden. Und darauf kommt es an. Wenn die Politik keinen
Strich durch die Rechnung macht, wird die neue Währung trotz
aller ihrer Mängel wieder die Möglichkeit einer feſten
Kalku=
lation bieten. Der Verkäufer wird wieder wiſſen, was er zu
fordern, der Käufer, was er zu zahlen hat. Preiſe und Löhne
werden ſich nicht von Woche zu Woche, ja von Tag zu Tag
ver=
dopp ln, der Drang nach der Ware wird aufhören, da das Geld
wieder Wert beſitzt und dadurch zur Sparſamkeit anlockt, die in
dem verarmten Deutſchland ebenſo notwendig iſt wie die
Mehr=
arbeit. Neben dem Praktiſchen wird die Einführung einer
beſ=
ſeren Währung unſchätzbare moraliſche Vorteile haben. Das
Blendwerk der zehnſtelligen Zahlen mit allen ſeinen üblen
Be=
gleiterſcheinungen wird aufhören, wir werden nicht mehr
Mil=
liardäre und Billioäre ſein, ſondern unſere Armut in nackten
Ziffern vor uns ſehen, die die Nullen nicht vor, ſondern
hin=
ter dem Komma führen.
Dieſe Erkenntnis wird für manchen bitter ſein, aber in ihr
liegt die Vorausſetzung des neuen Aufſtieges, ſie wird den
Wil=
len wecken, aus dem Elend herauszukommen, und dazu gibt es
nur einen Weg: energiſche Arbeit und kleinlichſte Sparſamkeit.
Tie neue Währung zeigt den Weg zur Rettung, aber ſie iſt
nicht die Rettung ſelbſt. Wie die Bezeichnung als
Zwiſchen=
löſung beſagt, bildet ſie nur eine Etappe auf dem dornenvollen
Weg, den das deutſche Volk zu durchmeſſen hat. Sie bietet die
Grundlage, auf der gearbeitet und geſpart werden kann, und
wenn das geſchieht, werden ſich allmählich die Mittel finden, daß
wir die mangelhafte Bodenwährung mit einer beſſeren
Metall=
währung vertauſchen können. Zunächſt komut nur das Silber,
das Metall des kleinen Mannes, für uns in Betracht, und erſt
wenn wir die letzten Folgen des Krieges und Nachkrieges
über=
wunden haben, werden wir daran denken lönnen, wieder in die
Reihe der Goldländer einzutreten.
Unſere heutige Nummer enthält den Sport des Sonntags
Seite 2.
Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 15. Oktober 1923.
Nummer 285.
Großbritannien und der Völkerbund.
Der Bericht Lord Cecils.
London, 14, Okt. (Wolff.) Der Bericht über die geſtrigen
Erörterungen der Reichskonferenz über den
Völker=
bund wurde nunmehr veröffentlicht.
Lord Cecil legte der Konferenz ſeine Auffaſſung
dar=
über dar, welche Stellung gegenwärtig der Völkerbund
ein=
nimmt und welche Stellung er in der künftigen Politik des
briti=
ſchen Reiches einnehmen ſoll. In Erwiderung auf die letzte
Kritik, welcher die letzten Handlungen des Völkerbundes
unter=
worfen waren, betonte Ceccil, der Völkerbund ſei kein
Ueber=
ſtaat, ſondern eine internationale, Organi ſation,
deren Aufgabe es nicht ſei, eine Regelung zu erzwingen, ſelbſt
wenn ein Streitfall vor ihn gebracht werde, ſondern die
Verein=
barung zu fördern. Er arbeite nicht mit Zwangsmitteln, die
etwa eine Regierung anwende. Seine Methode ſei die
Verſtändi=
gung; ſein Exekutivmittel ſei nicht Gewalt, ſondern die
öffent=
liche Meinung. Gemäß ſeiner Satzung ſei der Völkerbund
dazu da, die internationale Zuſammenarbeit zu fördern, den
internationalen Frieden und die Sicherheit zuſtande zu bringen.
Nach einer ausführlichen Erörterung des italieniſch=griechiſchen
Konfliktes ſagte Ceeil: Ich wage zu behaupten, daß der
Völker=
bund genau das getan hat, was er gemäß der
Völkerbundsſat=
zung tun ſollte. Seine Aufgabe war, die Regelung zu fördern.
Er hat ſeine Pflicht erfüllt; ſeine Anregungen ſind meines
Er=
achtens ſehr wertvoll und in ſich ſelbſt geſund geweſen. Cecil
gab ſeiner Befriedigung darüber Ausdruck, daß die
Heraus=
forderung, die die Zuſtändigkeit des Völkerbundes
von ſeiten einer Großmacht erfahren habe, dadurch aufgewogen
worden ſei, daß alle kleineren Staaten ſich in bemerkenswerter
Weiſe für ſie eingeſetzt hätten. Am Schluß ſeiner Rede
ſagte Ceeil: Der Friede iſt das große Ziel, auf das die
gegen=
wärtige Politik Großbritanniens hingeſtrebt hat, nicht durch
Gewalt, ſondern durch das Bemühen, die freundſchaftliche
Ge=
ſinnung unter den Nationen zu fördern. Wir haben jetzt zu dieſem
Zweck im Völkerbund ein Inſtrument, verhältnismäßig
wir=
kungsvoller, als irgend etwas vorher Vorhandenes. Wir ſollten
den Völkerbund ſtärken und ihm immer mehr zum Eckſtein unſerer
Politik machen.
Der Premierminiſter von Auſtralien Bruce
führte aus: In Auſtralien breite ſich immer mehr die
Ueberzeug=
ung aus, daß der Völkerbund einen Keim für die Hoffnung auf
Erhaltung des Weltfriedens darſtellt.
Bei den Erörterungen, die in Auſtralien bezüglich der
Reichskonferenz ſtattgefunden haben, iſt die Anſicht zum
Aus=
druck gebracht worden, daß eine der größten uns obliegenden
Auf=
gaben ſei, zuzuſehen, ob dieſe Konferenz von Vertretern des
ganzen Reiches nicht vielleicht doch etwas tun könnte, den
Welt=
frieden zu ſichern, und eines der ermſteſten Probleme,
Lenen wir gegenwärtig gegenüberſtehen, zu löſen. Die
Be=
völkerung Auſtraliens nimt die Dinge ſehr ernſt. Ich glaube, ſie
wird nahezu einſtimmig erklären, daß ſie an den Völkerbund
glaubt. Alle unſere Handlungen ſollten auf die Forderung
ſei=
ner Macht und Autorität in der Welt gerichtet ſein. Bruce ſchloß,
indem er der Hoffnung Ausdruck gab, daß der Völkerbund
Zu=
rückhaltung während der Zeit ſeiner Kindheit zeigen und nicht
danach trachten werde, zu ſchnell und zu weit vorzugehen.
Nach Bruce erklärte der kanadiſche Finanzmimiſter
Mackenzie King, das Intereſſe, das die öffentliche
Mein=
ung, dem italieniſch=griechiſchen Streitfall gewidmet habe, ſei
vertauſendfacht worden durch die beklagenswerte Art und Weiſe,
in der die Autorität des Völkerbundes offenbar bis zu einem
gewiſſen Grade mißachtet worden ſei. Sie habe in allen
Ländern, zweifellos in Kanada, ein Gefühl der Unruhe
her=
vorgerufen, welches in einem anderen Falle woh’ nicht
entſtan=
den wäre. Nach ſeiner Auffaſſung herrſche die Anſicht, daß der
Völkerbund doch eine Inſtanz zu bilden beſtimmt ſei, die
an=
ſtelle der Gewalt treten ſollte, und daß dieſe Inſtanz
nicht mißachtet werden dürfe. Der Premierminiſter ſagte: Ich
glaube, die Tatſache, daß der Völkerbund zu dieſer Zeit
zuſam=
mengetreten iſt. hat viel dazu beigetragen, um die öffentliche
Meinung der Welt mobil zu machen, und würde zu einer noch
viel kräftigeren Aktion ſeitens der anderen Länder geführt haben,
venn die Notwendigkeit dazu eingetreten wäre. Zum Schluſſe
äußerte Mackenzie King ſein= Zuſtimmung zu den Worten
Ce=
eils. Er ſagte, in ihnen ſei die Auffaſſung, die in Kanada
all=
gemein bezüglich der dem Völkerbund zu gewährenden
Unter=
ſtützung vorherrſche, in ausgezeichneter Weiſe zum Ausdruck
ge=
kommen.
Lloyd George abgewieſen.
Paris, 14. Okt. (Wolff.) Havas berichtet aus
Waſhing=
ton, Präſident Coolidge gab über den Vorſchlag Lloyd
Georges Großbritannien und die Vereinigten Staaten follten
ein Abkommen treffen, um die Kriege zu verhindern, folgende
Autwvort: Obſchon Lloyd George ein ehemaliger
Miniſterprä=
ſident ſei und in England viele Anhänger habe, könne ſein
Vor=
ſchlag doch nicht offiziell von der amerikaniſchen Regierung in
Betracht gezogen werden, da er nicht Vertreter der britiſchen
Regierung ſei.
Konzert.
F.N. Den am vorigen Sonntag durch Herrn Hoefflin
geſun=
genen Müller=Liedern von Schubert folgte an dieſem Sonntag
vormittag in der Aula des Realgymnaſiums Schuberts
„Winterreiſe‟. Wer das Tiefſte und Erſchütternſte kennen
lernen will, was das deutſche Lied auszudrücken vermag, der
vertieſe ſich in dieſen letzten, ein Jahr vor ſeinem Tode
geſchrie=
benen Zyklus Schuberts. Spätere Komponiſten ſchaffen mit
an=
deren Mitteln, in anderem Stil, übertroffen an Gehalt und
lebendigſter Wahrheit des Ausdrucks wurde Schubert durch
kei=
nen, ſo wenig wie Bachs Paſſionen, Beethovens Quartette und
Sinfonien Mozarts und Wagners Meiſterwerke, in ihrer Art
überboten werden konnten. Hier liegen die Grenzen menſchlicher
Genialität, hier wird Ueberſinnliches, Ueberirdiſches geſtreift.
Seien wir dankbar dafür und ſtolz, daß die deutſche Kunſt ſo oft
dieſe höchſten Ziele erreicht hat. Schubert vertiefte ſich ſo in die
„Winterreiſe”, dieſe zum erſten Male ganz pathologiſchen
Pro=
blewen ſich zuwendende Tondichtung, daß er ſelbſt aufs heftigſte
durch ſein eigenes Werk erſchüttert wurde. Sie iſt ihm eine
Vor=
ahnung des Todes, wie auch Brahms in ſeinen „Ernſten
Ge=
ſängen”. Hugo Wolf in den Michelangelo=Liedern kurz vor dem
Dahinſcheiden ſich zu Höchſtem aufraffen.
Herr Biſchoff gab in ſeinem Vortrag der vierundzwanzig
an Stimmrechnik und Ausdruckskunſt ungemein ſchwere
Anforde=
rungen ſtellenden Lieder eine Meiſterleiſtung, die ſich dem Beſten,
was wir von ihm kennen, würdig anſchließt. Selbſt mit der
Wie=
dergabe durch Ludwia Wüllner oder Johannes Meſchaert läßt
ſich die völlige Einfühlung in Dichtung und Muſik vergleichen.
Gehorchte im Anfang die Stimme nicht ſtets im äußerſten Piano
— denn die meiſten Sänger haben vormittags mit einer gewiſſen
Indispoſition zu kämpfen — und gab es dadurch gelegentlich
kleine Schwankungen in der Intonation, ſo beherrſchte er von
Lied zu Lied ſein Organ bewunderungswürdiger, und die
Reſig=
nation, Tragik und Verzweiflung, die in den letzten Liedern ſich
bis zu den Rieſengegenſätzen von Gottesläſterung (Mut) und
ſtumpfer Selbſtaufgabe (Leiermann) ſteigert, wurden wahrhaft
erſchütternd dargeſtellt. Herr Grospietſch begleitete mit
fei=
nem Verſtändnis und der ihm eigenen Anpaſſungsfähigkeit. Da
der zur Verfügung ſtehende Flügel ſchon ziemlich abgeſpielt iſt,
ſo würde ſich gelegentlich bei Schubert etwas mehr Pedalgebrauch
empfehlen, da der Ton ſonſt allzu ſpitz wird. Auch in wenigen
Vor= und Nachſpielen ging mir ſeine rückſichtsvolle
Selbſtent=
äußerung etwas zu weit, während er den Geſang überall aufs
trefflichſte ſtützte upd allen Regungen des Sängers ausgezeich=
Franzöſiſch=ruſſiche Finanzverhandlungen.
London, 14. Okt. Obwohl die engliſche Meinung von der
Verläßlichkeit diplomatiſcher und kaufmänniſcher Abmachungen
mit der ruſſiſchen Regierung nicht ſehr hoch iſt, finden die
Ver=
handlungen, die augenſcheinlich zwiſchen Frankreich und Rußland
durch Vermittelung des Direktors der Moskauer Staatsbank,
A. L. Scheinmann, geführt werden, ſtarke Beachtung. Die
Mor=
ning Poſt berichtet heute darüber ſpaltenlang. Der Korreſpon=
Vorgänge durch den Hinweis auf ſeine beträchtliche Befeſtigung
des Pariſer Börſenkurſes für die ſeit langem in Vergeſſenheit
ge=
ratenen ruſſiſchen Staatspapiere der vorbolſchewiſtiſchen Zeit.
Dem Beſuch Hern Scheinmanns, der kürzlich auch in Londoner
und Brüſſeler Bankkreiſen vorgeſprochen hat, werde in der
Pa=
riſer Finanzwelt, ſo berichtet der Korreſpondent, große
Wichtig=
keit beigemeſſen, und man begegnet ſogar der Auffaſſung, daß die
Verhandlungen zu einem bedeutenden Fortſchritt in Richtung
auf Wiederaufnahme der Handelsbeziehungen beider Länder
füh=
ren werden. Herr Scheinmann unterhalte ſich in Paris
min=
deſtens über die ſechs folgenden Punkte: 1. Franzöſiſche
Vor=
ſchüſſe für den Wiederaufbau der Zuckerinduſtrie in der Ukraine,
woher England vor dem Krieg einen Teil ſeines Zuckerbedarfs
bezog; 2. formelles Angebot auf Wiederaufnahme der
Zinszah=
lungen an die franzöſiſchen Beſitzer der Vorkriegspapiere,
voraus=
geſetzt, daß die franzöſiſche Regierung die Sowjets als
recht=
mäßige Regierung Rußlands anerkenne; 3. Arrangement für die
Finanzierung der vorläufig mit führenden Getreidehändlern
ver=
einbarten Verträge über den Ankauf von 20 Millionen Pud
ruſſi=
ſchen Getreides; 4. Abmachungen mit einer großen franzöſiſchen
Bank zwecks Uebernahme der offiziellen Finanzvertretung der
Sowjetregierung in Frankreich; 5. Verſuch, für die im letzten
De=
zember ausgegebenen neuen Zehngoldrubelnoten der
Sowjet=
regierung, die unter dem Namen Tſcherwonetz bekannt und bis
zu 25 Prozent durch Gold gedeckt ſind, Anerkennung zum Zweck
ihrer Einführung als internationale Währung zu erlangen; 6.
Verſuch, den Betrieb von 22 %00 Karat Diamanten und anderen
Edelſteinen, die den Reſt der gewaltigen Menge aus
Privathäu=
ſern und Kirchen geſtohlener Koſtbarkeiten bilden, in Paris zu
arrangieren.
Unterhändler auf franzöſiſcher Seite iſt Herr Schwab, ein
franzöſiſcher Kapitaliſt mit ſehr großen Intereſſen an der Zucker=
und Gummi=Induſtrie, und Vertreter der Banque de lUnion
Ariſienne. Mit letzterer iſt Herr Frangois=Marſal, der frühere
franzöſiſche Finanzminiſter, eng verbunden geweſen, bis ihn
Millerand in ſein Kabinett holte, als er die Nachfolge
Clemen=
ceaus antrat. Die Tatſache, daß es den Sowjets gelungen iſt,
ein ſo bedeutendes Pariſer Inſtitut für die Verhandlungen zu
intereſſieren, iſt bezeichnend. Herr Scheinmann hat die Aufnahme
der Zinszahlungen zugeſagt und ſich bereit erklärt, eine
franzö=
ſiſche Bank zu benennen, durch weſche die Zahlungen
gegebenen=
falls geſchehen ſollen. Wenn dies zutreffend iſt, ſo iſt ein ſehr
großer Schritt in Richtung auf eine Beteiligung Frankreichs an
der Finanzierung des ruſſiſchen Aufbaues getan. Der Bericht
fügt hinzu, daß in manchen Kreiſen allerdings Zweifel in den
Ernſt der Ruſſen beſtehen. Andererſeits ſind die Vorteile nicht
gering. Beiſpielsweiſe würde ein Abkonimen über die
Zucker=
induſtrie in obigem Sinne Frankreichs Poſition auf dem
Zucker=
markt enorm ſtärken. Allerdings beträgt, der Frkf. Ztg. zufolge,
der Zuckeranbau in der Ukraine zurzeit nur 20 Prozent des
Vor=
kriegsanbaues, und ſeine Steigerung würde die Aufhebung der
kommuniſtiſchen Staatskontrolle für dieſe Induſtrie vorausſetzen.
Die Verhandlungen über die Getreidekäufe begegneten
bis=
her hauptſächlich inſofern Schwierigkeiten, als die franzöſiſche
Gruppe, die von dem früheren franzöſiſchen
Lebensmittelkontrol=
leur Vilgrain geführt werde, nur in Tſcherwonetz zahlen wolle,
während die Ruſſen auf der Zahlung in Franken beſtehen.
Soweit der Bericht des Engländers, bei dem vielleicht zu
dis=
kontieren iſt, daß er teilweiſe auf ruſſiſche Quellen zurückgeht, die
einen Vorteil darin erblicken mögen, die an Rußland
intereſſier=
ten Londoner Kreiſe durch Unterſtreichung der guten Chancen,
die ſich Herrn Scheinmann in Paris bieten, etwas in Bewegung
zu ſetzen.
Programm des ſpaniſchen Militärdirektoriums.
Madrid, 14. Okt. (Wolff.) Die halbamtlich verbreitete
programmatiſche Erklärung des
Militärdirekto=
riums enthält folgende im Vordergrund der allgemeinen
Be=
achtung ſtehende Fragen: Tangerkonferenz. Verlängerung oder
Kündigung des ſpaniſch=franzöſiſchen Handelsvertrages,
allge=
meine Aenderungen oder wenigſtens Aenderung der franzöſiſchen
Einleitung eines Vertrags mit Italien über die Marokkofrage,
Erneuerung der Schatzſcheine, einen Plan über den Ausbau der der Form von Hundertſchaften, Sturmtrupps u. dgl. wirtſchaft=
Induſtrie und des Verkehrs, ſowie Lebensmittel= und
Trans=
portfragen. Weiter wird hierin ausgeführt, daß die Anwendung rung zur Bildung ſolcher Verbände oder die Teilnahme an
den=
zeitweiſer diktatoriſcher Gewalt erforderlich ſei, um den
Widerſtand der geſchädigten Beteiligten zu überwinden. Das
Eleichgewicht des Staatshaushaltes ſei ohne neue Steuern
durch die Geſundung der Einnahmequellen möglich.
wie dankbar dieſe Veranſtaltungen begrüßt werden, und wie
hungrig nach wertvoller Kunſt das Publikum iſt. Rauſchender
Beifall dankte den Künſtlern für die herrliche Weiheſtunde.
* Vom Lichtſignal zur Aetherwelle.
Vom Nachrichtendienſt durch Jahrtauſende.
Soweit die Geſchichte der Menſchheit zurückverfolgt werden
kann, ſtößt man auch auf Beſtrebungen, Nachrichten einander zu
übermitteln. Betrachtet man die uralten Zeugniſſe früheſter
menſchlicher Tätigkeit, wie ſie aus den Schichten der älteren
Steinzeit vor mehr als 100 000 Jahren zutage getreten ſind, ſo
erkennt man, daß jene Urmenſchen ſchon breit angelegte
Feuer=
ſtätten beſaßen, die wohl nicht nur zur Erwärmung und zum
Bereiten der Speiſen dienten. Wahrſcheinlich haben wir hier
die erſten Spuren einer Nachrichtenübermittelung an andere
Hor=
den zu erkennen. Dies betont Dr. Eugen Nesper in ſeinem
ſo=
eben bei Julius Springer in Berlin erſchienenen Werk „Der
Radio=Amateur”, „Broadcaſting”, das ein Lehr= und Hilfsbuch
für die Radio=Amateure aller Länder bieten ſoll und deſſen erſtes
Kapitel der Entwickelung des Nachrichtendienſtes gewidmet iſt.
Eine Zeichenübertragung des Feuerſcheins, ſcheint die früheſte
Form des Nachrichtenaustauſches über weitere Strecken geweſen
zu ſein. Dieſer Austauſch von Mitteilungen war nicht nur in
den älteften Kulturen der Aegypter und Babylonier, ſondern
überhaupt im ganzen Altertum üblich. Wir finden Lichtſignale
noch heute bei primitiven Völkern, neben die die Verwendung
von Rauchzeichen und die geheimnisvollen Formen der
Mittei=
lung durch Töne, der afrikaniſchen Trommelſprache uſw., treten.
Es hat ſehr lange gedauert, bevor es in der neueren
Kulturent=
wickelung gelang, noch andere optiſche Mittel, wie z. B.
Sema=
phore, in den Dienſt des Nachrichtenaustauſches zu ſtellen.
Un=
terdeſſen hatte die Zeitung ihren gewaltigen Aufſchwung
genom=
men, aber die Menſchheit, die immer ungeduldiger wird und
im=
mer ſchnellere Nachrichten verlangt, kann durch den Druck doch
nicht ſofort eine Neuigkeit erfahren. Auch Telegramm und
Tele=
phon dienten nur als Hilfsmittel für den Ausbau der Zeitung.
Die ſchnellſte und idealſte Nachrichtenverbreitung wird nunmehr
durch die drahtloſe Telegraphie und Telephonie ermöglicht, durch
das ſogen Broadcaſting, die amerikaniſche Bezeichnung
dieſer Nachrichtenverbreitung. Die Tatſache, daß die durch
Fun=
kentelegraphie übermittelten Telegramme in Morſezeichen
gege=
ben wurden und infolgedeſſen nur einem kleinen Kreiſe verſtänd=
Unruhen in Gelſenkirchen und Düſſeldorf.
TU. Gelſenkirchen, 15. Okt. In einzelnen Teilen
Gel=
ſenkirchens kam es geſtern zu ſchweren Plünderungen. Die
Ar=
beitsruhe in allen induſtriellen Anlagen und im Bergbau führte
ſchon in den frühen Morgenſtunden ungeheure Menſchenmaſſen
in das innere der Stadt. Es wurde zweifelsfrei feſtgeſtellt, daß
viele auswärtige Elemente, mit Knüppeln uſw. bewaffnet ſich in
den Straßen befanden. Um 10 Uhr begann die Plünderung des
Lebensmittelmarkts im Stadtteil Schalke, der nach wenigen
Mi=
dent unterſtützt ſeinen eigenen Glauben in die Bedeutung der nuten völlig ausgeraubt war. Auch das von den Händlern
ver=
einnahmte Geld wurde mitgenommen. Dann zog die Menge
durch die Schalkeſtraße, wo die dort liegenden
Lebensmittelge=
ſchäfte demſelben Schickſal verfielen. Zu gleicher Zeit begannen
die Plünderung in dem Stadtteil Neuſtadt Ueckelsdorf, wo in
der Hauptſache Magazine und Kolonialwarengeſchäfte
ausge=
raubt wurden. Die Polizei, wie auch die Franzoſen, die in ihren
Quartiexen glarmbereit lagen, griffen nirgends ein. Auch in
den Nachmittagsſtunden kam es zu Plünderungen, obwohl die
Läden geſchloſſen waren. In den Wirtſchaften und
Vergnü=
gungslokalen war es verboten, Alkohol auszuſchenken. Abends
begann die Polizei mit ſchärfſten Mitteln einzugreifen und die
Vorplätze zum Polizeipräſihium und Bahnhof zu ſäubern.
Düſſeldorf, 14. Olt. (Wolff.) Die Ausſchreitungen
nahmen am geſtrigen Vormittag immer größeren Umfang an, ſo
in Oberbilk, wo, wie bereits gemeldet, am Abend vorher
zahl=
reiche Konfektions=, Lebensmittel= und Schuhgeſchäfte ganz oder
teilweiſe geplündert wurden. Auch in anderen Stadtteilen,
be=
ſonders in der Altſtadt, wurde eine ganze Menge von ſolchen
Geſchäften in derſelben Weiſe von der plündernden Menge
heim=
geſucht. Der größte Teil der Geſchäfte konnte noch rechtzeitig
die Läden ſchließen. Die Polizei war wegen ihrer geringen
Stärke den Plünderern gegenüber machtlos. Die
Geſchäftsin=
haber mußten zuſehen wie die Waren geraubt wurden. Die m as parteit
Plünderer waren zumeiſt junge Burſchen. Aber auch Frauen
und Kinder ſchleppten alles fort, darunter ganze Ballen Tuch,
Kiſten mit Margaxine, Schmalz uſw. Teilweiſe entwickelten ſich
unter den Plünderern fkämpfe um die geſtohlenen Waren. Als
eine Abteilung franzöſiſcher Infanterie und Kavallerie die
Alt=
ſtadt durchzog, ſtoh die Menge auseinander, ſammelte ſich aber
bald wieder, da die Franzoſen nicht eingriffen und ſetzten die
Plünderungen fort. Gegen mittag drangen die Maſſen in ein
großes Konfektionshaus am Hindenburgwall und raubten
An=
züge, Mäntel uſw. In demſelben Augenblick erſchien die blaue
Polizei auf zwei Laſtwagen ſowie die franzöſiſche Beſatzung mit
zwei Panzerautos. Dieſen gelang es, den Plünderern den
größ=
ten Teil der graubten Sachen wieder abzunehmen. Verſchiedene
Verhaftungen wurden vorgenommen. Die Höhe des
angerichte=
ten Schadens konnte auch noch nicht annähernd, feſtgeſtellt
wer=
den. Gegen nachmittag herrſchte in der Altſtadt Ruhe.
Düſſeldorf, 15. Okt. (Wolff.) In den geſtrigen
Nach=
mittagsſtunden kam es erneut zu Plünderungen. Große
Men=
ſchenmengen ſammelten ſich in verſchiedenen Stadtteilen an, die
aber durch die blaue Polizei und die Beſatzungstruppen
zer=
ſtreut wurden. Alles deutet darauf hin, daß die Plünderer von
Agitatoren aufgehetzt waren.
Infolge der geſtrigen Vorgänge haben die
Beſatzungsbehör=
den den Beginn der Nachtſperre auf 9 Uhr abends feſtgeſetzt.
Blutiger Zwiſchenfall in Meiningen.
Erfurt, 15. Okt. (Wolff.) In Mei lingen entſtand in
der Nacht vom 13. zum 14. Oktober zwiſchen einigen Einwohnern
und Reichswehrſoldaten eine Schlägerei. Auf die Aufforderung
der Polizei griff eine Abteilung Reichsweyr ein, um die Ruhe hervor
wieder herzuſtellen, wobei einige Perſonen verwundet wurden
Dem Vernehmen nach ſollen von den Ver)pundeten zwei ihren
Verletzungen erlegen ſein.
Ein kommuniſtiſcher Waffentransport abgefangen.
* München, 14. Okt. (Priv.=Tel.) Im Koburgiſchen an
der thüringiſchen Grenze hat die bayeriſche Landespolizei zwei
aus Suhl für die Kommuniſten kommende Waffentransporte, /meinde V
die auf Laſtautos Gewehre und fabrikneue Armeepiſtolen nach fbolleres V
Bayern ſchaffen wollten, abgefangen.
Verbot der Hunderiſchaften im Wehrkreis V.
TU. Kaſſel, 15. Okt. General Reinhardt hat für die
Bezirke ſeines Wehrkreiſes (Heſſen=Naſſau, Heſſen, Baden,
Würt=
temberg, Waldeck, Thüringen und Erfurt) folgende Verfügung
erlaſſen: Ich verbiete die Bildung von Verbänden, welche in
liche oder innerpolitiſche Ziele verfolgen, ebenſo die
Aufforde=
ſelben. Bereits beſtehende Verbände dieſer Art ſind hiermit
auf=
gelöſt. Zuwiderhandlungen werden gemäß § 4 der Verordnung
des Reichspräſidenten vom 26. September 1923 beſtraft.
net folgte. Die beängſtigende Ueberfüllung des Raumes zeigte, lich waren, hat lange verhindert, daß ſie zu einem
Nachrichten=
verkehr „an Alle” benutzt wurde. Erſt als es 1902 Paulſen
ge=
lungen war, mit dem Lichtbogengenerator ungedämpfte
Schwing=
ungen zu erzeugen und damit die drahtloſe Telephonie zu
ver=
wirklichen, trat die Möglichteit einer direkten drahtloſen
Nachrich=
tenübermittelung in den Geſichtsreis. Wiederum verſtrichen eine
Anzahl von Jahren, bis der Gedanke des Broadcaſting zuerſt
ausgeſprochen wurde.
Im Jahre 1908 ſchuf der amerikaniſche Erfinder L. de Foreſt
den erſten Verſuchsapparat, der die Muſik einer Neu=Yorker Oper ſeie war
einem Kreiſe von Zuhörern radio=telephoniſch übermittelte. Mit
dieſer Tat war das Broadcaſting, die drahtloſe
Nachrichtenüber=
tragung, geboren. Von einer Senderſtelle aus werden die von
der Sprache oder Muſik modifizierten Wellen ausgeſtrahlt, die
von beliebig vielen Empfängern aufgenommen werden, ohne daß
ſich dieſe irgendwie gegenſeitig ſtören oder beeinfluſſen. Die
Un=
vollkommenheit, die dem Apparat noch anhaftete, ließ zunächſt
einen wirklichen Erfolg auch in Amerika nicht aufkommen.
De Foreſt ertannte ſchon die Notwvendigeit, in allen größeren
Städten Senderſtationen einzurichten, auf die ſich alle im
Um=
kreis befindlichen Empfänger abſtimmen könnten. Ein deutſcher
Fachmann Dr. S. Loewe entwarf im September 1920, ein volles /
Jahr, bevor in Nordamerika der drahtloſe Amateurbetrieb
ein=
ſetzte, ein großzügiges Bild des Broadcaſting=Dienſtes, wie ei
von einer Berliner Radio=Firma organiſiert werden ſollte:
„Zwanzig Millionen Familien gibt es in den Vereinigten
Staa=
ten. Wenn Sie wüßten, wie geiſtig verhungert die Menſchen hier!
leben, wenn Sie den Geiſt, des Amerikaners jemals beobachtet
hätten, der ſich auf jede neue techniſche Möglichkeit ſtürzt, ſo
wür=
den Sie verſtehen, wenn ich behaupte, die Idee der drahtloſen
Telephonie kann nur hier ausgeführt werden. In dieſem Lande
beſtehen Chancen für einen geradezu überwältigenden Erfolg:
Telephon, Telegraph, Licht, Kraft, alles iſt hier in Privathand.
Ein rieſiges Feld iſt hier allein durch die Fabriken gegeben, die
die Einrichtung zur Unterhaltung ihrer Arbeiter verwenden
wür=
den, wozu jetzt Vorleſer, Muſikkapellen und Künſtler engagiert
werden.‟ Dieſer ausgedehnte Plan blieb damals in Berlin
un=
beachtet. In den Vereinigten Staaten aber ſetzte ſeit dem Herbſt
1921 der Radio=Amateurbetrieb in rieſigem Umfang ein, und
Mil=
lionen von Empfängern wurden in Wohnzimmern, Kontoren,
Fabriken, Banken, Hotels, Ballſälen uſw., in Autos,
Eiſenbahn=
wagen, auf Schiffen, in landwirtſchaftlichen und anderen
Betrie=
ben aufgeſtellt und benutzt. So iſt aus dem einfachen drahtloſen
Nachrichtenmittel ein Kulturträger erſten Ranges geworden,
deſſen weiterer Ausbau in der Zukunft ſich heute noch nicht im
entfernteſten überblicken läßt.
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Nummer 285.
Vor den öſterreichiſchen Wahlen.
Von unſerem ſtändigen Wiener Mitarbeiter.
Wien, im Oktober 1923.
Der öſterreichiſchen Sanierungspolitik und ihrem Initiator
und Führer, dem geiſtlichen Bundeskanzler Dr. Seipel, iſt
jeden=
falls — wie man anſonſt über ſie denken mag — ein voller und
nachhaltiger außenpolitiſcher Erfolg beſchieden. Vor, wenigen
Wochen konnten die Vertreter Oeſterreichs auf der
Völkerbunds=
tagung in Genf die ſchmeichelhaften Glückwünſche eines inter=
1nationalen Kreiſes von Diplomaten und Staatsmännern
ent=
gegennehmen und vor längerem hat die polniſche Oeffentlichkeit
dem Bundeskanzler gelegentlich ſeines Beſuches in Warſchau
einen ungewöhnlich herzlichen Empfang bereitet.
Nach aller geſchichtlicher Ueberlieferung und Logik müßten
nun dieſe Erfolge Dr. Seipels und ſeiner Politik ihre ausgiebige
Bekräftigung in der Hatung der öſterreichiſchen Bevölkerung
ſelbſt finden. Es mag daher auf den erſten Blick befremdend
er=
ſcheinen, daß die am 21. Oktober ſtattfindenden Neuwahlen in
ven öſterreichiſchen Nationalrat aller Vorausſicht nach wohl einen
gewiſſen ziffernwäßigen Mandatszuwachs für die chriſtliechfvziale
Regierungspartei und eine begrenzte Schwächung der
ſozial=
vemokratiſchen Oppoſition bringen werden, keineswegs aber
ienen durchſchlagenden Sieg des Bundeskanzlers und Sner
Partei, welcher eigentlich den günſtigen Ergebniſſen der
Sakie=
rungsaktion und ihrer durchgreifenden Wirkung im Auslande
11 mntſprechen würde.
Nach allen theoretiſchen Prämiſſen wüßte der kommende
Wahlkampf geradezu mit einer Dezimierung der öſterreichiſchen
een vordher ihre Unfähigkeit. Oeſterreich im Gleichgewicht zu
er=
halten, bewieſen hatte, die Sanierungsaktion von allem Anfang Geſetzenturſ über die Errähung einer Währungsbank und die
Bundeskanzler hat alle ſeine Pläne mit ihren zahlreichen tief
inſchneidenden Maßnahmen ohne ihre Mitwirkung, ja meiſtens, durch eine auf Grund des Engächtigungsgeſetzes zu erlaſſende
jegen ihren ſcharfen Widerſpruch durchgeführt, — und der
Er=
olg hat ihm zunächſt auf der ganzen Linie rechtgegehen.
Wenn nun trotzdem die öſterreichiſchen Sozialdemokraten mit tag abend fand im Reichsfinanzuüniſterium eine Beratung mit
iemlicher Sicherheit darauf rechnen können, aus den Neuwahlen
ticht allzuſehr geſchwächt hervorzugehen, ſo ſind hierfür
mehr=
jache Gründe maßgebend:
Zunächſt hat ſich ein Großteil der Bevölkerung noch nicht
zum vollen Glauben an die endgültige Sanierung der
Donau=
epublik durchgerungen. Allerdings ſind die öeſterkeichiſchen
Ver=
jältniſſe ſeit Jahresfriſt ſtabiliſiert, allein die im Wege des
Völ=
erbundes aufgenommenen internationalen Kredite ſichern das
Bleichgewicht des öſterreichiſchen Staatshaushalts nur bis Ende
des Jahres 1924, ſo daß man eigentlich nur von einer
proviſori=
chen Sanierung ſprechen kann. Es iſt weiter zu bedenken, daß
as Gros der Sozialdemokraten von der überaus ſtramm orga= ung geſtellt werden, ein ebenſo hoher Betrag der Reichsbank
eiſierten öſterreichiſchen Arbeiterſchaft gebildet wird, deren
Par=
eidiſziplin viel zu gefeſtigt iſt, als daß ein Abfall, aus welchen
Bründen auch immer, denkbar wäre. Und ſchließlich hat es die
ozialdemokratiſche Wiener Stadwerwaltung — Wien, deſſen lungsmittel werden; dies ſoll vielmehr die alte Papier=
Einwohnerſchaft nahezu den Dritteil der öſterreichiſchen
Geſamt=
ſevölkerung repräſentiert, bildet ja das überragende Bollwerk
er Partei überhaupt — ſehr geſchickt verſtanden, gerade in den
ekten aufzuwarten, die tatſächlich ihrer Arbeit das beſte Zeugnis
usſtellen und ſo ſehr wirkſame Propagandamittel für die
be=
orſtehenden Wahlen bedeuten.
Zunächſt iſt die Gemeinde Wien vor wenigen Wochen mit
inem großzügigen Projekt zur Elektrifizierung der Stadtbahn
ervorgetreten. Da die Reaktivierung dieſes ſeit Jahren lahm= geſetzblattes wird eine auf Grund des Geſetzes über die
Ermäch=
elegten Verkehrsmittels für die Bevölkerung der Millionen= tigung zu vorübergehenden Zolländerungen vom 5. Auguſt 1922
erkehr angewieſen iſt, tatſächlich eine außerordentliche
Erleichte=
en natürlich ſtarke Wirkung geübt. Das zweite, noch
zugkräf=
ich geltend machen können, iſt ihr außerordentlich großzügiges die unter den heutigen wirtſchaftlichen Verhältniſſen als entbehr=
Vohnbauprojekt. In den nächſten fünf Jahren will die
Ge=
geinde Wien 25 000 neue Wohnungen errichten; ein
verheißungs=
olleres Verſpnechen hätte ſie der Bevölkerung, die nach wie vor
nter der drückendſten Wohnungsnot leidet, gar nicht geben kön= ſiger Einfuhr zu dienen beſtimmt iſt, tritt am 25. Oltober in
ſen. Und ſchließlich hat die Wiener Kommunalverwaltung in den
etzten Wochen eine ununterbrochene außergewöhnliche
Rührig=
beſen uſw.) entfaltet, die tatſächlich die fortſchreitende Erholung
er Stadt auf das Deutlichſte beweiſt.
Dieſe erfolgreiche Tätigkeit der Wiener Sozialdemokratie iſt
um überwiegenden Teile ein perſönliches Verdienſt des
ſtädti=
chen Finanzieferenten Breitner, der das Gemeindehudget in den
chweren Nachkriegsjahren mit ebenſo energiſchen wie umſichtigen
Naßnahmen auszubglanzieren wußte.
Die Wahlen in den Nationalrat werden ſich alſo wiederum
u einem Zweikampf zwiſchen Chriſtlichſozialen und Sozialdemo= gen Erhöhung der zurzeit als Gehaltsgrenze vorgeſehenen feſt
raten zuſpitzen, der der herrſchenden Partei wohl einen Ge= geltenden Beträge abgeſehen und durch Feſtſetzung gleitender
uinn, keineswegs aber einen durchſchlagenden Wahlſieg bringen Beträge auf der Grundlage der Friedensſätze eine
ürfte. Ein günſtigeres Reſultat hätte der Bundeskanzler nur
Die Finanzen des Großherzogs.
Roman von Frank Heller.
Copyright bei Georg Müller Verlag, München.
Don Ramon betrachtete ſie ohne zu antworten; noch hatte
r ſich nicht von dem lahmenden Gefühl des Schmerzes und der
leberraſchung erholt, das ſich ſener bemächtigt hatte. Sie hier! falſche Graf, gehängt werden!”
Sie war es! und ſie ſollte zuſehen, wenn er.
echt . . . aber warum, warum kommen Sie her? Wie ſind Sie
ergekommen? Dies iſt der bitterſte Augenblick meines Lebens.”
„Ich ging mit Kapitän Dupont ans Land”, ſagte ſie. „Wir gehängt werden?”
varen beide unruhig; wir wußten nicht ... wir konnten uns nicht
rlären, warum Sie ſo lange fortgeblieben . . . Ich wurde
ir=
endwie von dem Kapitän getrennt, und da wußte ich keinen
ndern Ort, wo ich Sie finden könnte, als vielleicht hier ... weil er gar kein Graf iſt! Haha!. Ja, gerade deshalb!”
ch konnte das Schloß ſehen, obwohl es dunkel war . . . Dann
purde ich von dem Soldaten arretiert und hierher gebracht ..."
lber was haben Sie getan, Graf, ſagen Sie?. Was hat man
Ihnen getan?. Warum ſind Sie gebunden?”
Der Großherzog warf ihr einen verzweifelten Blick zu, unge= der Zwanzigſte.”
viß, wie er ſie auf das vorbereiten ſollte, was bevorſtand, als
r plötzlich durch eine dritte Perſon von dieſer Sorge befreit Raume widerhallte, aber wenn er dieſelbe Wirkung ſeiner Worte
purde — Herrn Becker aus Holland.
Herr Becker war in der franzöſiſchen Sprache nicht ſonderlich
ſewandert, aber er kannte ſie doch genügend, um ein Drittel deſ= ſchrockenen Blick betrachtet und an allen Gliedern gezittert hatte,
ſor ihr und ſagte:
„Senjorita, wir ſind ſehr entzückt über Ihren Beſuch, aber die ſie gar nicht wieder erkannten, dem Großherzog zu:
ch muß Sie auf eins aufmerkſam machen, hier wird die
Konver=
ation ſpaniſch geführt, wenn ſie überhaupt geführt werden ſollt Großherzog von Minorea?”
Sprecken Sie ſpaniſch, Senjorita?”
bermals dem Großherzoa dieſelbe Frage zu:
Warum ſind Sie gebunden?. Sagen Sie mir, was da
vor=
ſeht! Graf, ſagen Sie mir es, ſagen Sie mir es doch!”
Herr Becker, der diesmal alles verſtanden hatte, brach in ein dame. Ich bin der Großherzog von Minorea — und Sie kommen
challendes Gelächter aus:
„Ah ſo,” ſchrie er. „Hoheit ſind inkognito gereiſt! Hoheit, knüpfen zu ſehen.”
ind Graf!, Senjorita, laſſen Sie mich Ihnen eines ſagen, falls
Sie es noch nicht wiſſen; dieſer Herr, den Sie Graf titulieren,
ſt gar kein Graf!”
Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 15. Oktober 1923.
Seite 3.
erreichen können, wenn es ihm gelungen wäre, ſeinen
innerpoli=
lichen „antimarxiſtiſchen‟ Einheitsfront zu verwirklichen. Dieſes
Aufſtellung einiger Kandidaten der öſterreichiſchen Monarchiſten der Großhandelsinder der Induſtrie= und Handelszeitung von
— übrigens auf ganz ausſichtsloſen Poſten — ſowie der
Groß=
induſtrie werden die Chriſtlichſozialen einen gewiſſen Stimmen=
Großdeutſchen und den Nationalſozialiſten durchweg geſcheitert, ſtieg, fiel um 5398 Prozent. Der Entwertungsfaktor der Mark
Nur in Kärnten wurde, vor allem aus nationalen Gründen ſtellt ſich entſprechend auf 670 462 124,82.
(ſloweniſche Oppoſition), eine bürgerliche Einheitsliſte aufgeſtellt.
Die Großdeutſchen, deren Gefolgſchaft ſeit Errichtung der
Republik ſtändig abgebröckelt iſt, werden übrigens bei den
Oktoberwahlen weitere empfindliche Einbußen erleiden, da dieſe
ſchnitt hinausragende Perſönlichkeit aufzuweiſen hat.
Ein erfreuliches Zeichen der Konſolidierung der öſterreichi=
Formen abſpielt. Allerdings bedeutet dieſe Feſtſtellung nicht
aus=
ſchließlich ein Lob der öſterreichiſchen Bevölkerung; ſie ergibt
wünſchen übrig läßt und daß das Parlament auch hierzulande
keineswegs eine vollſtändige Vertretung der Intereſſen und
Wünſche aller Kreiſe der Vevölkerung darſtellt.
Die Währungsfrage.
Sozialdemokratie enden. Sie hat, nachdem ſie ſelbſt in den Jah= Berlin, 14. Okt. Das Reichskabinett wird vorausſichtlich / bisher geförderte Milchleiſtung. Die Sperrung der Stärkefahriken
heute in der Währungsfrage endgültige Beſchlüſſe faſſen. Der
m aus parteipolitiſchen Gründen auf das heftigſte beſehdet. Der Ausgabe der ſogenannten Neumark, der bereits dem Reichs= Möglichkeit, bei überraſchend eintretendem Froſt die auf dem
tag vorliegt, wird dort nichit giehr weiter behandelt, ſondern
Verordnung erſetzt werden. Auch ſachlich durften in den
Abſichten der Regierung Aenderungen eingetreten ſein.
Sams=
den früher ſchon zugezogenen Sachvexſtändigen aus Pank= und
anderen Wirtſchaftskreiſen ſtatt, in der der neue Entwurf des
Finanzminiſteriums beſprochen wurde. In den Frundzügen
dürfte das neue Projekt mit den Vorſchlägen des dem Reichstag
vorgelegten Entwurfs übereinſtinmen. Die Währungskank, die
den Namen Rentenbank, erhalten ſoll, ſoll mit 3,2
Milliar=
den Mark Kapital ausgeſtattet werden. Auf Grund
hypotheka=
riſcher Belaſtung ſollen Rentenbrieſe ausgeſtellt werden und,
auf dieſen fundiert, neue Geldzeichen mit dem Namen
Renten=
mark ausgegeben werden. 12 Milliarden Nentenmark, ſollen
dem Reich als zinsloſes Darlehen für die Beſtreitung ſeiner
Be=
dürfniſſe in der Zeit bis zur Sanierung des Etats zur Verfüg=
und den deutſchen Privatbanken zur Befriedigung der
Be=
dürfniſſe der Wirtſchaft. Irr Gegenſatz zu dem Geſetzentwurf
über die Neumark ſoll die Rentenmark nicht geſetzliches
Zah=
mark bleiben. Dagegen ſoll bezüglich der Rentenmark für die
öffentlichen Kaſſen Annahmepflicht beſtehen. Ein
geſetz=
liches Wertverhältnis zwiſchen Rentenmark und Paviermark ſoll
etzten Wochen der Bevölkerung mit einigen großzügigen Pro= nicht feſtgelegt werden. Das Kursverhältnis foll ſich vielmehr
aus der Entwicklung ergeben.
Zoll= und Stenererhöhungen.
Berlin, 14. Okt. In der nächſten Nummer des
Reichs=
tadt, die ſchon ſeit Kriegsbeginn allein auf den Straßenbahn= erlaſſene Verordnung der Reichsregierung veröffentlicht, durch
die für einige bis jetzt zollfreie Waren Zölle eingeführt
ung bed uten würde, hat dieſer Schachzug der Sozialdemokra= und für eine größere Anzahl weiterer Waren, die ſeitherigen
Zollſätze erhöht werden. Es handelt ſich hierbei in der
Haupt=
igere Schlagwort, das die Sozialdemokraten im Wahlkampf für ſache um Erzeugniſſe, die entweder nur dem Luxus dienen, oder
lich zu bezeichnen ſind. Die Verordnung, die ſowohl der
Stei=
gerung der Zolleinnahmen als auch der Abdroſſelung überflüſ=
Kraft.
Die Spielkartenſteuer wird vom 15. Oktober an auf
eit auf den verſchiedenſten Gebieten (Straßenpflege, Wohlfahrts= 185 Millionen je Spiel erhöht, die Salzſteuer auf 2210000 auf den 16. Oktober zu einer Sitzung einberufen worden. Auf
Mark für 1 Kilogramm Reingewicht.
Neuregelung der Gehaltsgrenze.
Berlin, 14. Okt. Der Reichstagsausſchuß für ſoziale
Poli=
tik genehmigte einen Verordnungsentwurf zur Neuregelung
der im Handelsgeſetzbuch ſowie in der Gewerbeordnung
vorge=
ſehenen Gehaltsgrenze. Es wird dabei von einer ziffernmäßi= dungen in Thüringen und Sachſen wird im Leitartikel der Zeit
Neuregelung herbeigeführt.
E
Sie betrachtete Herrn Becker mit blitzenden Augen und ſagte
dann in gebrochenem Spaniſch:
„Kein Graf?. Ich will nicht mehr hören. Wer ſind Sie?” ben, daß Sie mich ſo leicht retten können.”
Sie werden ſowohl dies, wie noch mehr hören”, rief Herr
Nachdruu verboten.) Becker mit einem Hohnlachen. „Ich, Senjorita, bin ein armer
ehrlicher Geſchäftsmann, und ich bin von dieſem Herrn, den Sie
Und in längſtens fünf Minuten, Senjorita, wird Ihr Freund, der
Herr Becker lachte herzlich über die Wirkung ſeiner Worte.
„Madame Pelotard”, gelang es ihm endlich mit halb er= Die junge Dame griff keuchend nach etwas, worauf ſie ſich ſtützen ſammen und wendeten ſich raſch dem improviſierten Galgen zu.
ſickter Stimme zu antworten. „Ich bin es wirklich . . . Sie haben konnte, ſchwankte, aber erlangte dann die Faſſung wieder. Sie Sie prüften ihn, indem ſie ein paarmal an der Schnur zogen,
murmelte mit tonloſer Stimme:
„Gehängt . . . was meinen Sie? Warum ſollte der Graf
Sich die Hände mit einem zufriedenen Schmunzeln reibend,
erwiderte Herr Becker:
„Was iſt . .. was iſt er denn?"
„Er iſt — nein, er war Großherzog von Minorca und ſein
Name, Senjorita, wenn Sie ihn nicht kennen, iſt Don Ramon
Herr Becker, rief dies mit einer Stimme, die im ganzen
erwartet hatte, wie früher, ſo täuſchte er ſich. Die junge Dame,
die bis dahin den Großherzog mit einem ſcheuen, beinahe
er=
en zu verſtehen, was der Großherzog und die Dame miteinan= richtete ſich plötzlich wie eine Königin auf. Ihre Augen ſtrahlten
er ſprachen. Mit einem boshaften Lächeln verbeugte er ſich nun in freudigſter Ueberraſchung, und während Herr Becker und die
anderen ſie verſtändnislos anſtarrten, rief ſie mit einer Stimme,
Spricht er die Wahrheit?. Iſt es wahrs. Sie ſind der
Don Ramon lächelte ſtumm und bitter bei dem Ausdruck
Mit einem Blick voll Verachtung für Herrn Becker rief ſie ihres Geſichtes, und es dauerte vielleicht eine Viertelminute,
ehe er antwortete:
„Da Herr Becker mich ſchon entlarvt hat, hat es ja keinen
Zweck, zu leugnen. Ich bin unter falſcher Flagge geſegelt,
Ma=
gerade zurecht, um mich von meinen getreuen Unteranen auf=
Sie lachte beinahe, als ſie erwiderte:
„Gemiß nicht! Ich komme gerade zurecht, um Sie vor ihnen
zu retten. In fünf Minuten werden Sie frei ſein!”
tiſchen Lieblingsplan, die Schaffung einer geſchloſſenen bürger= Erhöhung der Großhandelspreiſeum 539,8%.
TU. Berlin, 14. Okt. In der abgelaufenen Berichtswoche.
Proickt konnte er jedech nur ſehr fragmentariſch regliſieren: durch Gbeginnend mit dem 6. und endend mit dem 12. Oktober) hat ſich
133 905 344,16 auf 856 725 680G, alſo um 539,8 Prozent, erhöht.
Der äußere Wert der Mark, gemeſſen am Dollar, deſſen
durch=
zufachs erhalten; dagegen iſt der Zuſamnenſchluß mit den ſchnittlicher Wochenmittelkurs von 430 400 000 auf 2814600 000
Gegen die Kartoffelverordnungen.
TU. Berlin, 14. Okt. Der Reichsausſchuß der Deutſchen
Partei weder zu einer wirklich fundierten produktiven Politik Landwirtſchaft ſieht ſich durch zahlreiche Beſchwerden aus dem
fähig iſt, noch unter ihren Abgeordneten eine über den Durch= Lande genötigt, gegen die vom Reichsminiſterium für Ernährung
und Landwirtſchaft getroffenen Maßnahmen gegen die
Verarbei=
tung von Kartoffeln nachdrücklichſt Einſpruch zu erheben. Die
ſchen Verhältniſſe iſt, daß ſich der Wahlkampf in ſehr ruhigen Verordnung vom 24. Auguſt 1920 der noch vorhandenen
Zwangs=
beſtimmungen ſolle vielmehr aufgehoben werden. Gerade in
die=
ſem Jahre ſei infolge der verſpäteten Ernte die Gefahr des
Ver=
ſich nämlich auch aus der Tatſache, daß die ſtaatsbürgerliche und derbens großer Mengen Kartoffeln beſonders groß. Die
über=
politiſche Erziehung des Durchſchnittsöſterreichers noch vier zu mäßige Beſchränkung der Brennereien und die über die
Stärke=
fabriken und Trocknereien verhängte Eiſenbahnſperre und der
Verarbeitung von Käuferkartoffeln für dieſe Betriebe verhindere
bei Eintritt frühzeitigen Froſtes die ausreichende Verwertung
der für die menſchliche Ernährung unbrauchbaren Kartoffeln
und laſſe ſie nutzlos verderben. Die Beſchränkung der
Brenne=
reibetriebe im Herbſt verhindeve den zwecldienlichen Uebergang
zur Winterfütterung des Milchviehs und beſchränke damit die
und Trocknereien in Verbindung mit der fünffachen
Fracht=
erhöhung für Fabrikkartoffeln entziehe dem Kartoffelhandel die
Transport erfrorenen Kartoffeln der Verarbeitung zuzuführen.
und dadurch wenigſtens einen Teil des Einkaufspreiſes zu retten.
Die damit im Handel entſtehende Unſicherheit beeinträchtige die
Kartoffelverſorgung zum Schaden der Verbraucher. Deshalb
fordere der Reichsausſchuß die ſchleunige Aufhebung der
getrof=
ſenen Beſtimmungen.
(
Die Anruben in Polniſch=Oberſchleſien.
Beuthen, 14. Okt. (Wolff.) In Polmiſch=Oberſchleſien
eird auf ſämtlichen Gruben und Hütten weitergeſtreikt. In den
Sgatlichen Betrieben iſt eine Entſpannung eingetreten. Geſtern
abend fanden Verhandlungen zwiſchen den Beamtenvertretern
und dem Handelsminiſter ſtatt, die zur teilweiſen Aufnahme des
Dienſtes führten. Poſt und Telegraph arbeiten wieder normal.
Der Eiſ=ahnverkehr iſt aber noch ſehr unregelmäßig. In einer
Maſſenve ſammlung der Streikenden auf Rebeuberg bei
Königs=
hüitte wurde geſtern der Abbruch des Streiks von der Annahme
folgender Bedingungen abhängig gemacht:
1. Sperrung der Grenze für die Ausfuhr von Lebensmitteln.
2. Viermalige Aus=ahlung der Löhne und Gehälter.
3. Mehrverzicht auf die 130prozeutige augenblickliche
Lohn=
erhöhung für Einführung einer wertbeſtändigen Entlöhnung
in Goldmark.
4. Freilaſſung von ſechs am Donnerstag in Vismarckhütte
ver=
hafteten Arbeitern.
Wie es heißt, ſoll die Wozwodſchaft die Bedingungen
an=
genommen haben.
In den frühen Morgenſtunden wurde das Verlagsgebäude und
die Redaktion des Oberſchleſiſchen Kuriers in Königshütte auf
Anordnung der Behörden polizeilich beſetzt anſcheinend, weil
kas Blatt für die Streikenden Partei ergriff.
Bergarbeiter=Streik in Deutſch=Oberſchleſien.
Beuthen, 15. Okt. (Wolff.) Die Streikwelle, die ſeit
einigen Tagen in polniſch Oberſchleſien herrſcht, ſcheint ſich auch
auf deutſch Oberſchleſien ausdehnen zu wollen. Nach dem
wil=
den Streik auf den Delbrückſchächten hat am Samstag
nachmit=
tag auch die Belegſchaft der Preußengrube die Arbeit
niederge=
legt. „Desgleichen ſind die Arbeiter der Hedwig Wunſchgrube
nicht eingefahren.
Zur Regierungsbildung in Thüringen.
Weimar, 14. Okt. (Wolff.) Die Thüringer Landtag iſt
der Tagesordnung ſteht: 1. die Bildung der Thüringer
Regie=
rung, 2. ein Antrag der Rechtsparteien auf Auflöſung des
Landtages. Die Sozialdemokratiſche Partei und die
Kommu=
niſten ſtellten ein gemeinſames Regierungsproyramm auf. Ueber
die Perſönlichkeiten der neuen Miniſter ſoll am Sonntag oder
Montag beſchloſſen werden.
Zu den fozialdemokratiſch= kommuniſtiſchen
Regierungsbil=
ausgeführt: Sowjetfilialen könnten im Neich nicht geduldet
wer=
den, da ſie mit unſerer Verfaſſung und dem Wiederaufbau
unſerer Wirtſchaft unvereinbar ſeien, und zu bolſchewiſtiſchen
Experimenten heute weniger denn je Zeit ſei.
Ea Hene Dnnns
immer. Sie kennen mein getreues Volk nicht, wenn Sie glau=
Bevor ſie noch antworten konnte, kam ihr Herr Becker zuvor.
Seine Hoheit, meine Beſte, kennt uns beſſer als Sie. Dies
eine Mal hat er recht. Und jetzt genug geredet! Alles klar,
Graf nennen, der aber kein Graf iſt, gröblich beleidigt worden. Kameraden? Sitzt der Nagel feſt? Wir haben Eile, wenn wir
mit allem fertig werden wollen. Alles bereit?”
Amadeo und ſeine Mithelfer, die mehrere Minuten lang nur
die angebliche Madame Pelotard angegafft hatten, zuckten zu=
„Alles klar!”
Ohne die Zeit mit weiteren Fragen zu vergeuden, winkte
Herr Becker dem ſchwarzen Sergeanten. Während die angebliche
Madame Pelotard ſie ganz verſteinert betrachtete, löſten ſie die
Bande, mit denen der Großherzog an den Seſſel befeſtigt war,
„Eben aus dem Grunde den ich Ihnen ſagte, Senjorita — wobei ſie ſich aber hüteten, die zu berühren, die ſeine Arme und
Beine feſſelten. Die junge Dame prallte bei dieſem Anblick
zu=
rück. Im nächſten Augenblick ſah ſie, wie der Großherzog zu dem
improviſierten Galgen geſchleppt wurde, wo Amadeo und die
drei anderen warteten. Plötzlich verſchwand die Erſtarrung, die
ſie gefeſſelt hatte; ſie ſtürzte ihnen nach und ſtellte ſich mit
flam=
menden Augen Herrn Becker und dem ſchwarzen Sergeanten in
den Weg.
„Ihr Schurken!” rief ſie in ihrem gebrochenen Spaniſch.
„Wie könnt Ihr es wagen? Sagt nicht, daß Ihr es wagt,
Hand an Euren Regenten zu legen! Das iſt nicht möglich!”
Senjorita”, brüllte der Sergeant, nes iſt möglich. Seien
Sie ſo gut und gehen Sie aus dem Wege. Mit Ihnen werden
wir uns ſpäter beſchäftigen — nach der Exekution.”
„Sie meinen, daß Sie es wagen — daß Sie es wagen?"
Ja, ja, das meinen wir ganz entſchieden. Aus dem Weg!”
Seine brutale Heftigkeit hatte eine Wirkung, die weder er
noch die anderen hatten vorausſehen können. Die angebliche
Madame Pelotard trat einen Schritt zurück, wie um ſie beſſer
mit dem Blick zu beherrſchen, hob die Hände und rief keuchend
„Wartet! Ich habe etwas zu ſagen — ihr müßt zuhören!
Ihr ſteht im Begriffe, ein verabſcheuungswürdiges Verbrechen zu
begehen — Ihr wollt Euren Regenten ermorden . Es iſt
un=
glaublich ... was ſoll ich tun? . . . Kann nichts anderes Euch
hindern, ſo nehmt Geld! Was verlangt Ihr für ſein Leben?
Hunderttauſend Peſetas — iſt das genug? Zwanziatauſend für
jeden?”
(Fortſetzung folgt.)
Seite 4.
Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 15. Oktober 1923.
Nummer 285.
Stadt und Land.
Darmſtadt, 15. Oktober.
Sterbende Geſelligkeit.
Der bekannte Heimatſchriftſteller Zacchi ſchreibt hierüber
in den von ihm herausgegebenen kernigen und gemütstiefen
Jeimatblättern, der „Niederdeutſchen Rundſchau”:
Ohne Zweifel verſinkt Stück um Stück der guten deutſchen
Geſelligkeit. Die Kunſt der Oeffentlichkeit verfällt. An Theater=
und Konzertbeſuch werden ſehr viele im kommenden Winter nicht
mehr denken können. Das gute Buch, dieſer liebe Freund des
Feierabends, wird unerſchwinglich. Das Vereinsweſen
verküm=
mert in erſchreckender Weiſe. Mehr und mehr ſinken wir in eine
trübe, grübelnde Einſamkeit hinein, wo wir doch gerade mutige
Aufrichtung, ſeeliſche Ablenkung und geſunden Abſtand vom
Alltag gebrauchen. Dazu kommt, daß das gegenſeitige Beſuchen,
ja ſogar das liebe Briefſchreiben aufhört und abſtirbt. Wir
wer=
den einſam in der Menſchenwüſte, wenn wir uns nicht wieder
zuſammenfinden zu einfach=frohen, reinen Feierabendſtunden, die
ſo unendlich viel heilſame Kraft hineinſtrömen können in unſer
armes Leben. Aber wo iſt der Weg? Die ſchlichteſte Form der
Geſelligkeit erfordert Opfer. Und doch: wir dürfen nicht ganz
verſinken in Reſignation und Trübſal! Nun gerade nicht! Wir
wollen doch bedenken, daß wir ſeeliſche Spannkraft gebrauchen,
doppelt in den Jahren, die nun dunkel und ungewiß vor uns
liegen.
So laßt uns denn verſuchen, das edle Gut der
winter=
lichen Geſelligkeit zu retten, ſo viel wir können. Nicht
die Modenſchau und die Abfütterei der ſog. guten alten Zeit ſind
not. Das Licht und die Wärme der Stube teilen mit lieben
Mit=
menſchen — das wird ſchon viel ſein in den kommenden
Mona=
ten. Und unſer Bücherbrett ſteht voll von feinen Helfern!
Unſere Jugend kann Lönslieder ſingen und Beethoven ſpielen.
Wir wollen doch auch einmal eine Stunde haben, wo wir nichts
ton den verrückten Preiſen, von der leidigen Politik hören. Salz
und Brot des Geiſtes laſſen wir uns nicht nehmen. Nun erſt recht
nicht! Und wer weiß: vielleicht erblüht gerade aus dieſer
ein=
fachen Geſelligkeit die Innigkeit, die wir bisher ſo oft vermiſſen
mußten im Verein mit andern.
Wir haben noch ein Recht auf das Leben. Wir müſſen nur
die Fackel der Zwietracht im Lande verlöſchen, müſſen den Kopf
in den Nacken werfen, das Schickſal unſeres Volkes gemeinſam
tragen mit Stolz und Treue, und bei alledem die kleinen
Freuden nicht wegwerfen. Und dieſer kleine Freuden
größeſte iſt die ſchöne deutſche Geſelligkeit. Am Baume unſeres
Lebens verdorrt ein Blatt nach dem andern. Laßt uns dann
wenigſtens die Wurzel hüten, damit wir Saft und Kraft behalten
und unſere Arme ins Licht recken können, wenn die Sonne wieder
über Deutſchland aufgeht . . ."
— Heſſiſches Landestheater. Die Sondermieten 15 und 16 haben
als erſte Vorſtellung am Dienstag, den 16. Oktober: „Viel Lärmen um
Nichts‟. Die Vorſtellung beginnt um 7 Uhr.
+ Im Kampf mit dem Berge. Am Mittwoch, den 17. Oktober, läuft
im Kleinen Haus des Heſſiſchen Landestheaters, abends 8 Uhr, noch
einmal der Berg= und Sportfilm „Im Kampfe mit dem Berge‟. Dieſer
Film iſt der ültere von einer Reihe von Sportfilmen, die dem
Darm=
ſtädter Publikum im Landestheater gezeigt wurden, als letzter der
Schneeſchuhfilm „Eine Fuchsjagd durchs Engadin”, und bietet deshalb
intereſſante Vergleichsmöglichkeiten. Es laſſen ſich die ſportlichen
Fort=
ſchritte der beiden Hauptdarſteller verfolgen, die ſowohl in „Im Kampf
mit dem Berge” als auch im Schneeſchuhfilm vorkommen, außerdem
laſſen ſich filmtechniſche und regieliche Fortſchritte feſtſtellen.
— Preuß.=Süddeutſche Klaffenlotterie. Die Erneuerung der Loſe
zu der am 22. ds. Mts. beginnenden und bis zum 14. November
an=
dauernden 4. Haupt= und Schlußklaſſe muß planmäßig 7 Tage vor
Be=
ginn der Ziehung bei dem zuſtändigen Einnehmer erfolgt ſein. Dieſe
Erneuerungsfriſt läuft heute abend ab, wird aber, unter
Berückſich=
tigung des vorangegangenen Sonntags, der eine Erneuerung nicht
er=
möglichte, diesmal ausnahmsweiſe bis morgen abend verlängert.
Ebenſo werden die Vorauszahler nochmals darauf aufmerkſam gemacht,
daß auch ſie bis zu dieſem Termin die planmäßig berechtigten
Nachzah=
lungen zu leiſten haben, wenn ſie ſich das Anrecht an ihren Loſen
wah=
ren wollen. Wer bis zum Ablauf der Erneuerungsfriſt ſeine Loſe bezw.
Nachzahlung nicht geleiſtet hat, muß eventl. die jetzt ſehr teuren
Mahn=
gebühren bei verſpäteter Einlöſung tragen, ſofern das Los inzwiſchen
nicht anderweitig vergeben ſein ſollte. Die Einnehmer erwarten daher
wohl mit Recht, daß alle diejenigen, welche ſich etwa nicht weiter am
Spiel beteiligen wollen, dieſes ihrem zuſtändigen Einnehmer mitteilen,
damit er über die Loſe anderweitig verfügen kann.
RDV. Keine Aufhebung der Reichsbahn=Monatskarten. In den
letz=
ten Tagen beunruhigte die Oeffentlichkeit eine Nachricht, nach der die
Reichsbahnverwaltung beabſichtige, die Monatskarten aufzuheben und
nur noch Wochenkarten auszugeben. Für die Beſeitigung der
Monats=
karten ſprach, daß der Verwaltung die mit den Fahrpreiserhöhungen
angeſtrebten Mehreinnahmen rechtzeitig zugeführt würden, aber der
Reichsverkehrsminiſter Oeſer hat ſich, wie die Reichszentrale für
Deut=
ſche Verkehrswerbung” erfährt, für die Beibehaltung der
Monatskarten entſchieden; dieſe Entſcheidung, die ſozialen
Er=
wägungen entſprach, wurde auch gefördert durch die Annahme, daß in
abſehbarer Zeit die Aenderung bzw. Stabiliſierung der
Währungsver=
hältniſſe die häufigen und kurzfriſtigen Tariferhöhungen unnötig machen
würde.
Parlamentariſches.
* Der Finanzausſchuß hat in dieſer Woche in vier Sitzungen
eine Reihe wichtiger Beſchlüſſe gefaßt und dabei gleichzeitig die politiſche
Lage eingehend beſprochen. An erſter Stelle verdient Erwähnung, daß
der Finanzausſchuß der Regierung einſtimmig die Ermächtigung
rteilt hat, durch Notverordnungen, in möglichſter Anlehnung an die
eingeleitete Aufwertungsgeſetzgebung des Reiches, eine Anpaſſung der
Staatseinnahmen an die Geldentwertung herbeizuführen. Die
Regie=
rung iſt hiermit in die Lage verſetzt, die Einnahmen zu erhöhen, auch
ſoweit ſie auf geſetzlicher Grundlage beruhen. Es iſt ein erfreuliches
Zeichen, für die Einſicht in unſere Lage, daß alle Parteien dieſer
Er=
mächtigung ihre Zuſtimmung erteilt haben. Ebenſo fand einſtimmige
Annahme die Regierungsvorlage, die die außerhalb des
Staatsvoran=
ſchlags bewilligten außerordentlichen Kredite aus dem Betriebsſtock der
Hauptſtaatskaſſe an den Geldwert anpaßt. Weiter wurde die Regierung
ermächtigt, zur Förderung des Wohnungsbaues in den Jahren 1923/24
die notwendigen Mittel auf der Grundlage der Wohnungsbauabgabe
zu beſchaffen. Der Handwerkskammer wird zur Aufrechterhaltung ihres
Betriebs im Monat Oktober ein Vorſchuß von 100 Milliarden Mark
gewährt und ebenſo wird der Epileptiſchen Anſtalt ein Vorſchuß von
1,6 Billionen Mark gewährt. Zu der Verbilligungsaktion des Brotes
durch das Reich nahm der Ausſchuß in einer ausgedehnten
Ernährungs=
debatte Stellung. Es wurde dabei auf die geradezu verzweifelte Lage
der Verbraucher hingewieſen und von der Regierung und der
Land=
wirtſchaft gefordert, daß ſie alles tun, um der
Ernährungsſchwierigkei=
ten in den Städten Herr zu werden. Eine Reihe von Abgeordneten
vertrat die Auffaſſung, daß nur die Wiedereinführung der
Zwangswirt=
ſchaft über dieſe kritiſche Zeit hinweghelfen könne. Die Aktion des
Reiches zur Verbilligung des Brotes wurde als völlig ungenügend be=
zeichnet. Ein Antrag des Abg. Widmann und Gen. auf Abſchaffung
des Tarifholzes für Beamte wurde abgelehnt, nachdem die Regierung
erklärt hatte, daß die Abgabe dieſes Holzes von jetzt an auf
wertbe=
ſtändiger Grundlage erfolge. Außerdem wurde eine Reihe von
Vorſtel=
lungen erledigt. Am nächſten Dienstag wird der Ausſchuß mit der
Beratung der Beſoldungsnovelle beginnen.
Offenbach, 14. Okt. Der erweiterte Landesausſchuß der Deutſchen
Demokratiſchen Partei Heſſens, der heute außerordentlich zahlreich hier
tagte, nahm nach Referaten des Reichstagsabgeordneten Korell und
des Finanzminiſters Henrich folgende Entſchließungen an: 1. „Der
Landesaus ſchuß ſtellt ſich entſchieden auf den Boden der von der
Reichs=
regierung eingeleiteten Politik, ſo lange und ſoweit ſie gerichtet iſt: auf
eine Verſtändigung mit den Beſatzungsmächten über die Ruhrbeſetzung
und über die Reparationsderpflichtungen, auf unbedingte Feſthaltung
an Rhein und Nuhr als freier Beſtandteil des Deutſchen Reiches, auf
entſchiedene Maßnahmen zur Erhaltung und Sicherung der Republik,
auf Durchführung einer durchgreifenden und gerechten Steuerpolitik,
auf Sicherung der Ernährung, auf planmäßigen Wiederaufbau und
Er=
haltung der Wirtſchaft und auf Wahrung der Einheit des Reiches. —
Der Landesausſchuß ſpricht zugleich der Reichstagsfraktion Dank und
Anerkennung aus für ihre zielbewußte und klare Haltung, die ſie in der
Frege der Regierungsbildung und des Ermächtigungsgeſetzes
angenom=
men hat. — 2. Der Landesausſchuß dankt den Brüdern im beſetzten
Gebiet für ihr treues Feſthalten am Reich; er iſt der Zuverſicht, daß
an ihrer Feſtigkeit alle reichsfeindlichen Beſtrebungen ſcheitern werden.”
3. Der Landesausſchuß lehnt jeden — auch verſchleierten — Verſuch zur
Umbildung oder gar zur Aufteilung des Heſſenlandes ab. Der
Aus=
ſchuß erwartet, daß Regierung und Landtag an dem Fortbeſtehen eines
ungeteilten Heſſenlandes feſthalten. — Unter anderem hrurden dann
noch Reſolutionen angenommen, die ſich gegen die ungleichmäßige und
ungerechte Belaſtung durch die Betriebsſteuer wenden und ſich für die
Aufhebung der Preſſeabgaben für die Auslandsſendungen ausſprechen.
auf Anfete Aftr iM Ordor alle Zunte!
Der Bezugspreis für die Zeit vom 15. bis 31. Oktober iſt auf
300 000 000 Mark, zuzüglich
30 000 000 „ Abtragegebühr auf
330 000 000 Mark feſtgeſetzt. (Für Abholer 305 Mill.)
Wir ſind nur in der Lage, dieſen Preis bis 20. d. M.
feſtzu=
halten. Wer nach dieſem Tage bezahlt, muß einen
ent=
ſprechenden Entwertungsfaktor bezahlen.
Unſere Poſtbezieher
haben einen Betrag von 344 Millionen Mark zu zahlen. Die
Ein=
ziehung erfolgt wie im September durch Poſtnachnahme. Wir
bitten die Beträge bereit zu halten, da die Nachnahme in den Tagen
vom 15.—17. d. M. vorgezeigt wird. Bei Nichteinlöſung erfolgt
die ſofortige Einſtellung der Lieferung.
(7823
Der Verlag des Darmſtädter Tagblatt.
Die Auskunfteien
und die Währungskataſtrophe.:
Die Leitung des Kartells der Auskunfteien Bürgel ſchreibt uns:
„Handel und Induſtrie können für die Abwicklung ihrer Geſchäfte
die Auskunftserteilung der maßgebenden deutſchen Auskunfteien mit dem
Netz ihrer Zweigſtellen nicht entbehren; handelt es ſich doch um die
Auskunftserteilung über Bezugsquellen und Abſatzgebiete ſowie über die
Kreditfähigkeit der Warenbeſteller. Auch wenn Barzahlung vereinbart
wurde, pflegt der ſorgſame Kaufmann, der auf ſeinen Ruf hält, Aus=
kunft einzuziehen, weil er ſich unterrichten will, mit wem er ſeine Firma
in Verbindung bringt. So ſind dieſe Auskunfteien ein wichtiges
Binde=
glied zwiſchen Verkäufer und Käufer geworden. Es muß deshalb die
Handelswelt intereſſieren welche Einwirkungen die Währungskataſtrophe
auf ihren Verkehr mit den Auskunfteien ausübt.
In der Friedenszeit konnten die Auskunfteien für die im voraus
ge=
zahlten Gebühren den Abonnenten ein ganzes Jahr Friſt für den
Ab=
ruf der Auskünfte gewähren, weil die Geſchäftsunkoſten feſtſtehende und
überſehbare waren. Die Währungskataſtrophe, d. h. die fortſchreitende
Geldentwertung, machte dieſes Verfahren unmöglich: das wird jeder
ohne weiteres zugeben, der den inneren Geſchäftsbetrieb einer
Aus=
kunftei mit organiſiertem Erkundungsdienſt kennt. Gewerbetreibende,
die in ſeine Zuſammenhänge keinen Einblick haben, ſind vielfach der
Meinung, die Auskunftei könnte den im voraus bezahlten Betrag
wert=
beſtändig anlegen, um ihn hervorzuholen, wenn die einzelne Auskunft
abgerufen wird. Wer dieſe Auffaſſung hat, überſieht, daß die Leiſtung
der Auskunftei ſchon am Tage nach der Uebergabe der Anfrageſcheine
beginnt. Da dem Abonnenten anheimgegeben iſt, ſelbſt den Tag zu
be=
ſtimmen, an dem er die Auskünfte abruft, ſo muß ſofort nach Abſchluß
des Abonnements der Geſchäftsapparat der Auskunftei (meiſt einige
100 Zweigſtellen) in Bereitſchaft für den Abonnenten ſtehen. Die
Aus=
kunftei muß auch die grundlegenden Auskunftunterlagen über die
Ge=
wverbetreibenden im Voraus beſchaffen, wenn ſie leiſtungsbereit ſein ſoll
und zuverläſſig, ſowie ſchnell berichten will. Das wäre ganz unmöglich,
wollte ſie erſt am Tage des Abrufs der Auskunftei mit den Erkundungen
beginnen; denn dann müßte der Abonnent wochenlang auf den Bericht
warten, und trotzdem würde es in den meiſten Fällen nicht mehr
mög=
lich ſein, alle die Unterlagen noch herbeizuſchaffen, die die heutige
Zu=
verläſſigkeit der Berichterſtattung gewähren. Aus alledem geht hervor,
daß durch dieſe Bereitſchaft die auf das Abonnement gemachte Anzahlung
ſofort anfängt ſich aufzuzehren. Unabhängig davon, ob der Abonnent
die Auskünfte während der vereinbarten Friſt abruft oder nicht, laufen
die Geſchäftsunkoſten und Gehälter der Auskunftei und ihrer
Zweig=
ſtellen für dieſe Bereitſchaft weiter. Weil ſeit der Währungskataſtrophe
die Höhe der Geſchäftsunkoſten auf längere Zeit gar nicht zu überſehen
ſind, nahmen die Auskunfteien auf das Abonnement nur eine Anzahlung
entgegen. Mit dem Abonnenten vereinbarten ſie, daß eine weitere
Zah=
lung zu leiſten iſt, wenn er innerhalb einer Friſt von 4 Wochen die
ver=
einbarte Zahl von Auskünften nicht abruft, und nach dieſer Friſt infolge
von Teuerungen (Geldentwertung) die Preiſe für Auskünfte erhöht
wer=
den mußten. Auf den neuen Preis für Auskünfte wird dem
Abon=
nenten aber entgegenkommender Weiſe die erſte Zahlung angerechnet,
trotzdem ſich der Betrag durch die hohen Koſten für die geſchilderte
Be=
reitſchaft der Auskunftei bereits aufgezehrt hat.
Nur dieſes Verfahren ermöglicht es den Auskunfteien, unter den
heutigen Verhältniſſen ihren Geſchäftsbetrieb und ſomit ihre
unentbehr=
lichen Dienſte Handel und Induſtrie zu erhalten, vorausgeſetzt, daß dieſe
Verſtändnis für die geſchilderten Zuſammenhänge finden und durch
Ueberweiſen von Anfragen das Weiterbeſtehen der maßgebenden.
Han=
delsauskunfteien ermöglichen. Die Einſtellung der Geſchäftsbetviebe dieſer
Auskunfteien müßte den Geſchäftsverkehr in vielen Branchen
außer=
ordentlich behindern.”
Palast-Lichtspiele
Das Attentat in der
26547
großen Oper om
Sens.-Schauspiel 6 Akte, m. d. amerik
Künstlerin Dorotky Pfiflips
Heidemann-Lustspiel, 3 Akte
Faſeleber=Berkauf.
Ein der Gemeinde Pfungſtadt
ge=
höriger zur Zucht, zu ſchwer gewordener,
gutgemäſteter Faſeleber ſoll auf dem Wege
des ſchriftlchen Angebots veräußert werden.
Offerten per kg Lebendgewicht ſind
bis ſpäteſtens Mittwoch, den 17. ds. Mts.,
nachmittags 6Uhr, an die Bürgermeiſterei
ein zureichen.
Pfungſtadt, den 13. Qktober 1923,
Heſſ. Bürgermeiſterei,
Schwinn,
Landestheater.
Großes Haus.
Montag, 15. Okt.
Erſtes Konzert
zum Beſten des Witwen=
und Waiſenfonds u. der
Willem de Haan=Stiftung
des Orcheſters.
Ltg. Generalmuſikdir
M. Balling.
Hauptprobe 10½ vorm.
Anf. 7 Uhr, Ende 9 Uhr
Rleines Haus. (V!8‟
Keine Vorſtellung.
Gardinenwagen,
Mö=
belrolle. Möbelwagen
wird tageweis verliehen
Hügelſtr. 15, Laden (7214=
Reich und Ausland.
Einbruch am hellen Tage.
Mit großer Dreiſtigkeit wurde am hellen Tage in Weißenſee ein
Goldwarengeſchäft ausgeplündert und um etwa 150 Milliarden. Mark
Gold= und Silderſachen geraubt. In der Guſtav=Adolf=Straße 166
be=
treibt der Goldwarenhändler Otto Combard ein Ladengeſchäft. In den
Mittagsſtunden von 1 bis 3 Uhr ſchließt er den Laden, und ein kleines
entſprechendes Plakat an der Tür weiſt die Kundſchaft darauf hin. Auch
am Freitag ſchloß er wieder um 1 Uhr ſein Geſchäft, um ſich nach
ſei=
ner Wohnung zu begeben. Kaum war er nach Hauſe gegangen, als ein
Privatautomobil vorfuhr, aus dem ein gut gekleideter Herr ſtieg, der
auf das Geſchäft zuſchritt und in kurzer Zeit das Sicherheitsſchloß mit
Bleiſtreifen öffnete. Ungeachtet der Vorübergehenden machte er ſich
nun dabei, die Schmuckſachen zuſammenzuraffen und in eine Aktentaſche
des Juweliers zu packen. Mit der gefüllten Taſche verließ er dann den
Laden durch einen Hinterausgang, ging auf die Straße hinaus und
beſtieg wieder das Automobil, mit dem er unangefochten davonfuhr.
Als der Geſchäftsinhaber um 3 Uhr zurückkehrte, fand er die Ladentür
geöffnet und das ganze Geſchäft ausgeraubt. Auf die Ermittelung des
dreiſten Einbrechers iſt eine hohe Belohnung ausgeſetzt.
Nanſen in Bitterfeld beſtohlen.
Fridtjof Nanſen iſt auf ſeiner Reiſe durch Deutſchland bei
Bitter=
feld beſtohlen worden. Während einer Reparatur an ſeinem Auto
wurde ein grauer Koffer mit Kleidern, Wäſche, Schuhen uſw.
entwen=
det. Im Gepäck befand ſich auch eine flache goldene Taſchenuhr
Nr. 61 349 (Fabrikat J. C. Vickerey, London) mit zwei Glücksſymbolen
(Hufeiſen und Würfel) und ein Streichholzbehälter.
Scapa Flow.
Nach Vorarbeiten der Tiefſeetaucher in Scapa Flow glaubt man,
daß der erſte der 29 deutſchen Torpedobootjäger, die im Juni 1919 auf
Befehl des Admirals v. Reuter dort verſenkt wurden, bald gehoben
werden kann. Berichten aus Thuro zufolge foll die Hebung der Schiffe
vorgenommen werden, ſobald die Apparate eingetroffe ſind, die die
Regierung von einer Bergungsgeſellſchaft leihen wird. Die
Geſell=
ſchaft erwartet, daß der Vekauf des Schiffsmaterials die Koſten der
Hebung deckt und einen Gewinn zurückläßt. Die britiſche Admiralität
gibt bekannt, daß ſie kein Intereſſe an irgend welchen Konſtruktions=
und Bewaffnungsgeheimniſſen habe, die die verſenkten Schiffe vielleicht
auf eiſen könnten. Der Geſamttonnenraum der in Scapa Flow
ver=
ſen. en deutſchen Schiffe beträgt 416000 Tonnen, doch hält man die
Hebung der größeren Schiffe für nicht lohnend. Taucher, die die
Fahr=
zeuge unterſuchten, erklärten, die Seitenwände wären mit Seetang
be=
wachſen und die Decks glichen einem Dſchungel von Tiefſeepflanzen.
Eine Luftverkehrslinie Petersburg—Wladiwoſtok?
RDV. Die „Dobroljot” — „Ruſſiſche Geſellſchaft der freiwilligen
Luftflotte”, —, die bisher über 22 Junkers=Flugzeuge und zwei
Ma=
ſchinen engliſcher Herkunft verfügt, plant die Einrichtung von ſechs
Fluglinien mit dem Ausgangspunkt Moskau nach Petersburg,
Charkow, Archangelsk, Aſtrachan, Minsk und Wladiwoſtok, ferner von
drei Linien in Zentralaſien und zwei Linien in der Kirkiſen=Republik;
als erſte Teilſtrecke iſt der Verkehr zwiſchen Moskau und Niſhni=
Now=
gorod am 15. Juli aufgenommen worden. Dieſer Tage iſt nun die
transſibiriſch= Strecke erkundet worden, und nach viertägigem Fluge iſt
ein Junkers=Flugzeug, von Moskau kommend, in Nowo=Nikolaiewsk
ohne Zwiſchenfall gelandet. Die künftige Flugſtrecke ſoll, nach einem
gutachtlichen Entwurf des Prof. Rüinin, von Petersburg über Moskau=
Kaſan— Jekaterinburg— Omsk — Nikolafewsk — Krasnojarſk —Irkutſk—
Tſchita—Charabowſk nach Wladiwoſtok führen, alſo ziemlich genau der
transſibiriſchen Bahn folgen; während jedoch die Bahnfahrt auf der
rd. 10 000 Kilometer langen Strecke heute 18 Tage dauert, würde die
Flugreiſe — die in den Nachtſtunden durch Bahnfahrten unterbrochen
würde — im Sommer nur etwa fünf Tage, im Winter ſechs Tage
dauern, und unter der Vorausſetzung, daß ein Flugzeug mit 170 Klm.
Geſchwindigkeit verwendet und auch Nachtflugbetrieb (was bei
den hellen ſibiriſchen Nächten keine beſondere Schwierigkeit darſtellt!)
eingerichtet wird, kann die Strecke Petersburg—Wladiwoſtok in 56
Stunden bewältigt werden. Die Einrichtung dieſer Fluglinie, für
die die Vorarbeiten bereits im Gange ſind, würde für die
Handels=
beziehungen zwiſchen Europa und dem Fernen Oſten von unabſehbar
günſtigen und belebenden Folgen ſein.
Stimmen aus dem Leſerkreiſe.
(Fär die Deröffentſichungen unker dieſer Ueberſchrifft übernimmt die Redaktion keinerlel Ven=
antworjung; für ſſie bleibt auf Grund des § 21 Abſ. 2 des Preſſegeſetzes in vollem Umfange
der Eimſender verantwortlich.) — Einſendungen, die nicht verwendet werden, können nicht
zurückgefandt, die Ablebnung nicht bearündet werden.
—In dem Tagblatt vom 8. Oktober wird auf die
Beleuchtungs=
pflicht von Treppen, Fluren uſw. durch den Eigentümer hingewieſen.
Im Frieden wurden allgemein von den Mietern durch Aushängen
kleiner Petroleumlämpchen die Zugänge zu den Wohnungen beleuchtet.
Da der Hauseigentümer heute nicht mehr die Macht beſitzt, den Mieter
hierzu zu zwingen, muß er nach den Beſtimmungen ſelbſt beleuchten.
Seit 1. Oktober 1923 iſt die neue Regelung der Miete erfolgt. Von
wel=
chem Konto ſollen nun die heute außerordentlich hohen
Beleuchtungs=
koſten gedeckt werden? Von Reparaturkoſten oder von der
Verwaltungs=
vergütung? Es wäre dringend erforderlich, hier einmal Klarheit zu
ſchaffen und die Beleuchtungsfrage nach Vernunft und Gerechtigkeit
zu regeln.
K.
— Zwei Freunde hatten bei Kriegsbeginn je 100 000 Mark. Der
eine kaufte ſich ein Haus für 60 000 Mk. Er iſt heute durch ſeinen
Be=
ſitz, der den beſten aller Sachwerte darſtellt, Milliardär, ſtreicht ſür den
Monat Oktober allein aus zwei vermieteten Wohnungen zirka eine
Milliarde Mark Miete ein und wohnt noch frei, denn ihm hilft Reich,
Land und Gemeinde. — Der andere kaufte ſich aus Patriotismus für
ſeine 100 000 Mk. Kriegsanleihe. Ihm, dem Patrioten, gibt das Reich
jährlich 5000 Mk. Zinſen als Belohnung für ſeinen Patriotismus.
Er muß ſich eine kleinere Wohnung ſuchen, da ihn (wie das in einem
längeren Artikel eines Hausbeſitzers ausgedrückt war) der ſeitherige
Hausbeſitzer nicht durch die Zeit der Not „durchzuſchleifen” braucht!
Wer war nun der Geſcheitere? Warum wird dem Hausbeſitzer zu
Mil=
liarden verholfen, während der patriotiſche Anleihebeſitzer, der dem
Reich ſein ſauer verdientes Geld überließ, verhungern kann? Wo bleibt
die Gerechtigkeit, oder iſt die endgültig abgeſchafft?
Weiterbericht der Gießener Wetterwarte.
Wettervorherſage für Dienstag, den 16. Oktober.
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Fabrikat.
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Wollig bis aufheiternd, vorwiegend trocken, nachts kalt, auch
tags=
über nur geringe Erwärmung.
Tageskalender.
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Konzert. — Union=, Reſidenz=, Zentral=Theater, Palaſt=Lichtſpiele:
Kinovorſtellungen.
Druck und Verlag: L. C. Wittich. Verantwortlich für Politik und
Wirtſchaft: Rudolf Mauve; für Feuilleton, „Stadt und Land”,
„Reich und Ausland”: Max Streeſe; für den Inſeratenteil:
J. V. A. Flciſcmann, — ſämtlich in Darmſtadt.
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darmftädter Tagblatt
det
Ddttter Drmägt
15. Oft. 1923 Nr. 285
Krähbergrennen des H. A.=C.
(Eigenbericht des Darmſtädter Tagblatts.)
Trotz der anhaltenden Regenperiode der letzten Tage lonnte
s Krähbergrennen, das der heſſiſche Automobilklub nunmehr
m vierten Male ausgeſchrieben, programmäßig vonſtatten
gen. Eine große Anzahl der beſten Fahrer und der bekannte=
Marken hatte ſich zum Start gemeldet, ein Beweis, daß
s Krähbergrennen als letzte große automobilſportliche
Ver=
ſtaltung des Jahres ſich einen feſten Platz im Sport erobert
und ſtändig größere Beachtung findet. Nachſtehend der
Be=
u unſeres Vertreters:
Ein trüber Regenhimmel hing über den farbenprächtigen
enwaldbergen, als wir am Samstag der altertümlichen
heſ=
hen Kreisſtadt Erbach auf zwar naſſen, aber doch guten
Stra=
i, zueilten. Kaum nach Mittag, da ratterte und ſurrte es
allen Zufahrtswegen nach dem prächtigen Grafenſchloſſe, in
ſen Hof die Abnahme der Wagen erfolgen ſollte. Sinnig
te der Schloßherr das Burgtor bekränzt und mit dem
Wap=
i des veranſtaltenden Heſſiſchen Automobilklubs geſchmückt.
bgraf Alexander und ſeine jugendliche Gattin, beides
ſport=
ſeiſterte moderne Menſchen, begrüßten die zahlreichen
eintref=
den Fahrer aufs herzlichſte und waren überall hilfsbereit zur
nd, wo nur ein Wunſch laut wurde. Allmählich entwickelte
im Schloßhof ein buntes Treiben, Wagen kam hinter
Wa=
über die Brücke geknattert, Motorrad hinter Motorrad,
nzin= und Oeldämpfe erfüllten die Luft. Phoenixin, Ikolin
v Cofixin waren mit ihren Tankwagen zur Stelle, füllten
zum Kampfe um den Sieg. Und nun ein Grüßen und ein
ndeſchütteln, als ſich die Kämpen aus ſo mancher heißen
nlacht begegneten. Eigentümlich, das Krähbergrennen des
ſſiſchen Automobilklubs hat eine Rieſenzugkraft, die
aller=
ten Fahrer ganz Deutſchlands bringt es zuſammen. Alle
ßen deutſchen Fabriken ſcheuen weder Mühe noch Koſten
o ſenden ihre Erzeugniſſe. Wir bemerken neben dem ernſten
Jörns, H. Ludwig von den Opelwerken, die
jugend=
en heimiſchen Fafag=Fahrer Graf v. Hagenburg und H.
umpf=Leckiſch auf ihren ſchnittigen, ganz niedrig
gehal=
en Avus=Maſchinen, das ſo oft ſiegreiche Ehepaar. W.
erck auf ihren wundervollen Fahrzeugen (Benz und Steiger),
Motorradmeiſter Karrer und Fr. Kleemann, dann
Haagner und Heußer, die erfolgreichen Wanderer=Leute,
ilich Carraciola und Schwengers mit ihren
vorneh=
r Mercedesmodellen.
Beſonders gut vertreten iſt die Firma Steiger durch
Erb=
af Alexander=Erbach, A. Köllner und W. Kauf=
1 nn. Für die Adlerwecke ſtarten die bekannten Herren
ion und Goebel, für Stoewer Cleer und
Korde=
n. Beſonders fällt auf der ſympathiſche W. Gſoeckler
der N.S.U. und Wendel=Frankfurt, mit dem gleichen
prikat.
Es iſt ein wundervolles Bild, weltſtädtiſche Eleganz mit
hochwertigſten Erzeugniſſen deutſchen Werkfleißes,
dazwi=
n die rauchgeſchwärzten Geſtalten geſchickter Monteure alles
rahmt von den wuchtigen Maſſen der prächtigen
Schloß=
äude. Der Sonntag ſah ſchon arg früh die Straßen und
ſen des Städtchens in heller Bewegung. Die letzte Hand
Ude an die Maſchinen gelegt; die Fahrer rüſten zum Start.
iſt der Himmel, die Sonne bricht durch, als wir früh mor=
8 zum Start fahren; und vergoldet mit ihren Strahlen die
öſtlich bunten Wälder, die die Straße umſäumen, als die
ge Wagenkolonne ſich in blitzender Eile nach Hetzbach zum
rt bewegt. Direktor E. Zimmer, der verdienſtvolle
Vor=
nde des H.A. C., waltet ſchon früh über dem Ganzen.
Wil=
ordnet ſich ihm ein Stab von Helfern unter, jeder iſt auf
em Poſten, ein Wille beherrſchte die Situation. Das Kreis=
Erbach und die Staatsbehörde hat der Veranſtaltung
weit=
indſte Unterſtützung geliehen: die Rennſtraße iſt durch die
ſenhäufer Schupo unter Hauptmann Herzberger tadellos
ge=
rt, mühelos kann der Verkehr umgeleitet werden, und das
ige, verſtändige Verhalten aller Beamten läßt Reibungen
t aufkommen. Die Fahrſtrecke iſt blendend, die Fahrer in
er Stimmung, denn die Ausſchreibung des Heſſiſchen
Auto=
ilklubs, der nur P.S.=Zahl und Schnelligkeit wertet bei
ge=
er Abgrenzung zwiſchen Touren= und Rennwagen, entſpricht
n lange gehegten Wünſchen. So iſt auch die große Zahl von
Nennungen zu erklären.
8½ Uhr präzis fährt der Oberleitungswagen über die
ecke und gibt ſie für die Konkurrenz frei. Und nun rattern
Motore in raſender Eile den ſteilen Berg hinan, nehmen die
ven in glänzendem Stil, und ſauſten in ſtolzem Laufe zum
(, Höchſtleiſtung gebieteriſch fordernd von Fahrern und
terial.
Leider iſt auch ein Unfall zu verzeichnen und zwar
erheb=
er Natur:
Der Fahrer Heußer=Klein=Schmalkalden war
gezwun=
um einen trotz ſorgfältiger Abſperrung die Bahn
über=
renden Jungen nicht zu überfahren, die Bremſen anzuziehen,
Wagen kam dadurch ins Schleudern, überſchlug ſich und
te die Böſchung hinunter. Drei Perſonen wurden dadurch
er ſehr ſchwer verletzt, der Fahrer und ſein Chauffeur und
Perſon aus dem Publikum.
Es wurde allgemein glänzender Sport geboten. Durch
be=
ders ſchneidiges Fahren zeichneten ſich aus die Herren:
enberger auf Mercedes, Graf von Hagenburg auf „Fafag”,
raciola auf Mercedes uſw. Die beſten Zeiten des Tages
ren für Motorräder: Strauß=Frankfurt auf „Sarolea”, für
gen: Carraciola auf Mexcedes.
Die Reſultate:
Jolz=Heidelberg, D.K.W., 7,45 Min.; bis 500 ccm.: 1. Hans
nburg „Triumph” 5,08 Min., 3. Fr. Kappel=Darmſtadt,
T‟, 5:16 Min. —
i., 3. Guntrum=Bensheim, „Hag”, 5,13 Min.; bis 6 P.S.:
Carraciola=Unter=Dürkheim „Mercedes” 408 Min.,
te Zeit des Tages), 2. Schaede=Saalfeld, „Leh” 4,56 Min.,
Zömeri=Frankfurt, „Fiat”, 5 Min.; bis 8 P.S.: 1.
Wendel=
nkfurt, „N.S.1., 5,17 Min., 2. Bückling=Bielefeld, „Dür=
2‟ 5,19 Min., 3. Raſche=Frankfurt, „Dürkopp”, 5,22 Min.; bis
P.S.: 1. Roſenberger=Pforzheim, „Mercedes” 418
a., 2. A. Köllner=Frankfurt, „Steiger”, 4,44 Min., 3.
Giſchel=
n zwiſchen Jörns=Rüſſelsheim auf Opel und Kauf= zufrieden ſein. Die infolge Erſatzes notwendigerweiſe vollſtändig
um=
nn=Burgrieden auf „Steiger”, 4,27 Min., 3. Goeble=Gießen,
„Adler”, 4,45 Min.
Rennwagen bis 4 P.S.: 1. Graf Hagenburg,
fag” 4,46 Min, 2. Stumpf=Leckiſch=Mainz, „Fafag”, 5,34 Mann ſpielte und gegen die gute Deckung der Union vier Tore geſchoſſen
ſt.; bis 5 P.S.: 1. Haagner=Wiesbaden, „Wanderer”, hat, iſt vollſter Anerkennung wert.
Min., 2. Gloeckler=Frankfurt, N. S. 1., 5,21 Min.
Hier werden die Rennen wegen des oben mitgeteilten
Un=
es abgebrochen.
Motorradrennen.
— Als letzte diesjährige motorradſportliche Veranſtaltung hält der
Heſſiſche Motorrad=Klub, Ortsgruppe des A. D.A.C. e.V.,
welcher, obwohl erſt in dieſem Jahre ins Leben gerufen, ſich beſtens in
ab. Noch einmal ſollen wagemutige Männer zeigen, was deutſche
Ar=
beit und deutſcher Erfindungsgeiſt in der Motoreninduſtrie geleiſtet Verteidiger und der Mittelläufer, die im kräſtigen Ballſchlag für die
Töff=Töff und Motorengeknatter den Motorſport=Jutereſſenten zeigen.
Die Strecke, etwa 55 Kilometer, geht vom Start Böllenfalltor über
Nieder=Namſtadt, Ober=Ramſtadt, Reinheim, Groß=Umſtadt, Dieburg,
Einſiedel (Ziel: Oberwaldhaus). Da die Meldeliſte recht zahlreiche
Nennungen, darunter die im Motorſport beſtens bekannten Namen,
wie Kappel, Hahn, Langer, Stroh, Gräb uſw. aufweiſt, außerdem der
Darmſtädter Radſportklub mit ſeiner Rennmannſchaft zu gleicher Zeit
ſein Herbſt= und Schlußrennen zum Teil auf gleicher Strecke fährt,
dürften der Darmſtädter Sportwelt einige recht ſpannende Momente in
Ausſicht ſtehen.
Radfahren.
Der Velociped=Club 1899 in Hanau überlegener Sieger!
= Mit dem Monat Oktober hat die ſaalſportliche Betätigung für
das Jahr 1923/24 wieder voll eingeſetzt. Zu einem Großkampftag
ge=
ſtaltete ſich der erſte große Wettbewerb dieſer Art, den der
Radfahrer=
verein „Wanderer”=Hanau auf Samstag, 13. Oktober, ausgeſchrieben
hatte. Für insgeſamt fünf Mannſchaften — 2er Kunſtfahren um die
Gaumeiſterſchaft, 6er Kunſtreigen um den Gauherausforderungspreis,
Stabſchmuckmannſchaft, Damenriege der Jugendmannſchaft — hatte der
V. C. D. Meldungen abgegeben. Leider mußte die Jugendmannſchaft
infolge Krankheit in letzter Minute auf den Start verzichten. Eine
Mei=
ſterſchaft und drei 1. Preiſe ſind die Ausbeute. Da die Gauvereine
in=
folge der Koſtenfrage nicht mehr wie früher weitere Konkurrenzen
be=
ſuchen können, vielmehr auf die Gauveranſtaltungen angewieſen ſind,
war die Beteiligung erwartungsgemäß ſehr groß. Von den großen
Frankfurter Vereinen, die alten Rivalen des V. C.D., waren vertreten:
Frankfurter Nadfahrerverein „Quartett”, Frankfurter Radfahrerverein
„Adler” und Frankfurter R.=V. „Wanderluſt”, ſo daß von vonherein
ſcharfe Kämpfe zu erwarten waren. Dieſe Kämpfe ſahen alle
Mann=
ſchaften des V. C.D. als überlegene Sieger und geben einen guten
Auf=
takt für die kommenden Wettbewerbe. Den ſchwerſten Stand hatte die
Damenriege, beſtehend aus den Damen M. Brändel, E.
Wede=
kind, K. Raab, M. Reinhardt, L. Raab, E. Lehe, K. Reinhardt und
P. Schnellbacher, die jedoch unter der Leitung des bekannten
Fahr=
warts L. Hax derartige Fortſchritte gemacht hat, daß es ihr auch
dies=
mal gelungen iſt, mit 1. Preis zurückzukehren. Auch die bisher
un=
beſiegte Stabſchmuckmannſchaft, die mit den Herren
E. Jacobi, Gg. Leichtlein, Fr. Ziegler, A. Rühl, W. Kanzler, Gg.
Lau=
tenſchläger, B. Riesje und K. Waldſchmidt antrat, bewvahrte ihren Ruf
und fertigte den Gegner ſicher ab. Allgemein fand dieſer Reigen den
meiſten Anklang und wurde als beſte Leiſtung eines bisher gezeigten
Reigens bezeichnet. Auch dieſe Mannſchaft ſteht unter der Leitung
von Louis Hax, deſſen Reigen ſtets von ihm ſelbſt zuſammengeſtellt
werden. Als Verteidiger der Gaumeiſterſchaft im Zer
Kunſtfahren traten die Gebrüder Göttmann an, die die
Meiſter=
ſchaft ſicher nach Hauſe fuhren. Auch der neue Gau=
Herausfor=
derungspreis der zweimal hintereinander oder dreimal im
gan=
zen zu gewinnen iſt, war eine ſichere Beute des Velociped=Clubs, den
die Herren K. Frahnert (Fahrwart), K. Schneider, W. Menges, W.
Rühl, K. Göttmann und H. Göttmann ſtarteten. Am 3. November
hat dieſe Mannſchaft ihren Titel als Gaumeiſter im 6er Kunſtreigen
anläßlich der Saalwettbewerbe des R.V. „Quartett” in Frankfurt im
Zoo zu verteidigen; ferner wird Louis Hax mit ſeiner
Jugendmann=
ſchaft an dieſem Tage erſtmalig im neuen Geſchäftsjahre gegen die
Jugendmannſchaften des Gaues 9 antreten. Hoffen wir, daß es auch
dieſer Mannſchaft gelingen wird, ihren alten Ruf als „unbeſiegt” zu
wahren.
Radrennen in Leipzig.
Großer Jubiläumspreis, 75 Kilometer: 1. Lewanow, 1:02:47.4;
2. Schubert, 80 Meter; 3. Ebert, 1490 Meter; 4. Saldow, 1650 Meter
zurück; 5. Thomas.
Sechsſtundenfahren in Köln.
1. Oszmella=Schorn, 230, 1 Kilometer, 1863 P.; 2. Gebrüder
Kre=
wer, 678 P.; 3. Schamberg=Nithe, 600 P.; 4. Paſſenheim=Schmidt,
515 P.
Turnen.
h= Zöglingswetturnen der Turngemeinde Darmſtadt 1846.
Das Zöglingswetturnen der hieſigen Woogsplatz=Turngemeinde am
geſtrigen Sonntag wickelte ſich zur völligen Zufriedenheit aller
Beteilig=
ten, ſowie der überaus zahlreich erſchienenen Gäſte und Zuſchauer glatt
ab. Leider war es nur eine kleine Zahl Wettkämpfer, die zu dem
ſchwie=
rigen Kampfe antraten Um ſo beſſer waren die Leiſtungen, die wohh
alle gehegten Erwartungen noch übertrafen. Die Siegerverkündigung
am Abend ſtand unter dem Zeichen gemütlicher Unterhaltung.
Schwung=
volle Weiſen der Hauskapelle wechſelten mit gemeinſamen Turnerliedern
und humoriſtiſchen Vorträgen. Höhepunkt der Feier war die
Sieger=
verkündigung, die vier Zöglingen der Oberſtufe und ſieben der
Unter=
ſtufe Kranz und Ehrenurkunde beſcherte. Ihre Namen ſind: in der
Oberſtufe: 1. Hans Beſier 205 Punkte, 2. H. Schieferdecker 203 P., 3. K.
Schwinn 183 P., 4. J. Knauff 180 P.; in der Unterſtufe: 1. Günther
Bart, 2. H. Zavelsberg, 3. H. Schuck, 4. H. Beppler, 5. W. Ruppel,
6. K. Langsdorf, 7. Ad. Hartmann. — Ihnen allen zu ihrem Erfolge
Gut Heil!
Handball.
Turn= und Fechtklub=Frankfurt — Eintracht=Frankfurt 1:1.
Im Verbandsſpiel trafen ſich die erſten Mannſchaften vom Turn=
und Fechtklub=Frankfurt und Eintracht=Frankfurt. Beide Gegner ſind
im hieſigen Bezirk mit an erſter Stelle zu ſuchen. Sie lieferten ſich
dementſprechend einen ſehr ſchönen Kampf, der unentſchieden 1:1
endete.
Hocken.
Darmſtädter Hockehklub I. — Union=Niederrab I. 4:5 (3: 3).
=B= Auf dem in guter Verfaſſung befindlichen Platze des F.K. Union
Motorräder bis 150 cem.: 1. M. Link=Frankkfurt, zu Frankfurt=Niederrad fand geſtern das Treffen zwiſchen Darmſtädter
Hockeyklub I. und Union I.=Niederrad ſtatt. D.H.K. I. ſpielte mit zehn
W., 705 Min., 2. Enſinger=Michelſtadt, D.K.W., 7,23 Min., Mann und mehrfachem Erſatz, und mußte ſich daher anſtrengen, um
über die flinken, eifrigen Unionſpieler ſiegen zu können. Nach mehreren
ch=Frankfurt, „Sarolea”, 5,07 Min., 2. Fr. Kleemann=Bad= verpaßten Gelegenheiten geht D.H.K. durch Halblinks in Führung.
Union gleicht durch überraſchenden Schuß des Halblinken aus. Dann
Uf” 5,16 Min.; über 500 cem.: 1. Strauß=Frankfurt erzielt der Halbrechte Unions durch einen prachtvollen Schrägſchuß das
trolea”, 4,21 Min. (Beſte Zeit des Tages für Motorräder), zweite Tor, kurz darauf der Mittelſtürmer das dritte. Jetzt legt D.H.K.
Lang=Hetzbach, N. S.1., 5,04 Min., 3. Wieſt=Darmſtadt, Wan= Tempo vor. Der Gegner wird in ſeiner Hälfte eingeſchnürt. Angriff
auf Angriff rollt auf das Tor der Niederräder, und, obwohl Darmſtadt
Tourenwagen bis 5 P.S.: 1. Heußer=Klein=Schmal= nur vier Munn im Sturm hat, gelingt ihm durch den Halbrechten und
den Mittelſtürmer der Ausgleich. Nach Seitenwechſel iſt Union ſtark
en, „Wanderer”, 4,31 Min., 2. Wruck=Frankfurt, N. S.1., 5,09 im Angriff kann aber außer mehreren Ecken nichts erreichen. Dann
wird das Spiel ausgeglichen. Beide Stürmerreihen greifen energiſch
an. Beiderſeits wird gut abgewehrt. Es ſah ſtark nach Unentſchieden
aus, doch der alte Angriffsgeiſt der Darmſtädter will kein
Unentſchie=
den. Zehn Minuten vor Schluß ſetzt ihr Endſpurt ein, raſende
Flan=
kenläufe, Einzeldurchbrüche, blitzſchnelle Kombinationen bringen das
Frankfurter Tor in große Gefahr, und bald erzielt der Halblinke aus
nächſter Tornähe das ſiegbringende Tor für ſeinen Klub. Union hat
ſich ſtark verbeſſert, die Mannſchaft iſt äußerſt ſchnell und ſtockſicher.
Verteidigung und Läufer ſpielen aufopfernd mit gutem Schlag. Der
nkfurt, Preſto” 4/48 Min.; über 10 P.S.: Totes Nen= Sturm treibt zu viel Einzelſpiel. D.H.K. kann mit ſeiner Leiſtung
geſtellte Verteidigung und Läuferreihe gab ſich redlich Mühe, und
er=
ſetzte mangelndes Verſtändnis und Taktik durch großen Eifer. Die
Hauptarbeit hat diesmal der Sturm geleiſtet. Daß er mit nur vier
Am nächſten Sonntag ſpielt der D.H.K. in Darmſtadt gegen die
zur Zeit beſte kontinentale Hockeymannſchaft, die erſte Elf des
Sport=
klubs Frankfurt 1880, die erſt kürzlich den Wiener Athletikklub mit 5:0
U. St. und den Klub zur Pahr=Bremen mit 5:1 geſchlagen hat=
Fußball.
Sportverein Darmſtadt — V. f. R. Bürſtadt 5: 0 (3:0).
C-. Zahlreiche Zuſchauer, die ſich geſtern wieder im Darmſtädter
Stadion eingefunden hatten, konnten Zeuge eines anregenden
Kreisliga=
den Oeffentlichkeit eingeführt hat, am kommenden Sonntag, 21. Oktober, Verbaudsſpiels ſein. Bürſtadt ſtellte wie erwartet eine kräftige und
ſein Herbſt= und Schlußrennen, offen nur für Mitglieder des D.M.C., ſtabile Mannſchaft ins Feld, die jedoch den eifrigen Darmſtädtern
ſpie=
leriſch nicht ganz gewachſen war. Ihre beſten Leute waren die beiden
hat. Ein ſpannendes und nervenprickelndes Schauſpiel dürſte ſich bei oft in Bedrängnis geratene übrige Mannſchaft energiſch Luft ſchafften.
Die Darmſtädter, die heute mit Erſatz antraten, hielten ſich
außeror=
deutlich tapfer; beſonders die Verteidigung zeigte ein aufopferndes
Spiel. Der Sturm konnte zeitweilig ſehr gefallen, ſpielte ſogar in
der erſten Hälfte zeitweiſe hervorragend ſchön zuſammen, nur dann
uicht, wenn der ſonſt ſehr gute Tacacz, der ſeit längerer Zeit wieder
einmal halblinks ſpielte, ſeine Nebenleute weniger bediente. Die
Mann=
ſchaft zeigte im übrigen ein ſicheres Spiel, ſo daß mit einem Erfolg
de: Geguers nicht zu rechnen war. Von Anfang drängen die
Bür=
ſtädter, die jedoch bald nachlaſſen, als die Einheimiſchen das Spiel
ge=
ſtalten. Unter Tacaezs und Bärenz Führung ſchafft ſich Müllmerſtadt
mit dem Ball durch, um das erſte Tor zu erzielen. Gleich darauf
er=
ringt der Sportverein durch einen Roller ein zweites Tor. Beim
drit=
ten Tor lenkt der Bürſtädter Tormann den Ball ins eigene Tor,
nach=
dem Fricke von der Seite einen kraftvollen Schrägſchuß abgegeben hatte.
Darmſtadt ſpielt auch bis zum Schluß der erſten Halbzeit weiter
über=
legen. Befonders zeigt in dieſer Zeit der Sturm eine einheitlich gut
durchdachte Leiſtung. Tacacz und Müllmerſtadt überſehen einige Male
noch die eigentliche Toröffnung und können auch mit ihren
Nebenleu=
ten bis zur Pauſe nichts mehr ausrichten. Nach Wiederbeginn iſt das
Spiel vyrteilter. Die Eigenart der Stellung der gegneriſchen
Hinter=
manuſchaften verurſacht auch heute wiederholte Abſeitsſtellungen, was
ſich die Darmſtädter mehr als bisher, ſicher zu ihrem Vorteil, aneignen
ſollten. So konnten Müllmerſtadt und Tacacz mehrere, ihnen ſchon in
der Mitte zugeſpielte Bälle, eben weil bei dieſer Stellung das Tor noch
zu weit entfernt iſt, nicht ganz mit Erfolg durchſpielen. Den
Außen=
ſtürmern geht es nicht beſſer. Das Spiel bewegt ſich, abgeſehen von
Durchbrüchen, ſtets in des Gegners Hälfte in einem zu engen Raum.
Bei den einzelnen Vorſtößen zeigen ſich Stephan und Laumann, die
beide viel näher am Tor ſtehen, dennoch von der beſten Seite. Das
vierte Tor wird von Müllmerſtadt durch einen ihm gut zugeſpielten
Ball erzielt und Jacobi kann mit Unterſtützung des immer beſſer
ſpie=
lenden Bärenz die Torzahl auf fünf erhöhen. Bei dieſem Stand
been=
det der Unparteiiſche ein lebhaftes und intereſſantes Spiel, wie es noch
wenige bei den diesjährigen Verbandsſpielen zu ſehen gab.
Vor dieſem Spiel fertigte die dritte Mannſchaft des
Sport=
vereins die dritte Mannſchaft des V. f. R. Bürſtadt im Verbandsſpiel
ihrer Klaſſe mit 6:1 ſicher ab. Die Ligaerſatzmannſchaft
ſpielte in Bürſtadt gegen die dortige Liggerſatzmannſchaft 1:1. Die
vierte Mannſchaft ſiegte über die vierte Mannſchaft ebenfalls
in Bürſtadt mit 3:2. Eine Sondermannſchaft des
Sportver=
eins ſpielte gegen die erſte Mannſchaft des Sportvereins Eſchollbrücken
6:0. Die Ib=Jugendmannſchaft des Sportvereins verlor
ge=
gen die erſte Jugend des Sportvereins Roßdorf 1:2. Die IIa=
Ju=
gend gewann gegen die I. Jugend des Sportvereins Alsbach 1:0.
Freie Tgde. Darmſtadt I.—Freie Tade Neu=Iſenburg I. 2:2 (2:2).
m= Darmſtadt hat Anſtoß, findet ſich gleich gut zuſammen, kann
aber vorerſt nichts erzielen. Beiderſeits ſchönes Feldſpiel, bis es dem
Darmſtädter Halblinken durch ſchönen Durchbruch gelingt, einen
un=
haltbaren Schuß einzuſenden. Zwei Minuten ſpäter ſtellt der Halblinke
Darmſtadts durch gutes Zuſpiel das Reſultat auf 2:0. Aber Fortung
berließ bald Darmſtadts Mannſchaft. Neu=Iſenburg wurde ein
Elf=
meter zugeſprochen, der verwandelt wurde. Kurz vor Halbzeit gab der
Schiedsrichter noch einen Elfmeter für Neu=Iſenburg, welcher ebenfalls
unhaltbar verwandelt wurde, ſo daß das Spiel Halbzeit 2:2 ſtand.
Nach Halbzeit legen ſich beide Mannſchaften mächtig ins Zeug, aber
kei=
ner Partei will es gelingen, das ſiegbringende Tor zu buchen. Der
Schiedsrichter war gut; über die Berechtigung des erſten Elfmeter kann
man anderer Meinung ſein.
Darmſtadt II.—Neu=Iſenburg II. 0:2 (0:0).
Berlin-Baltenverband 2:1 (1:1).
In Stettin gewann Berlin gegen Baltenverband mit 2:1 (1:1).
Die Balten hielten ſich gut. In der 14. Minute ging Berlin durch
So=
bek in Führung. In der 35. Minute erzielten die Balten den
Aus=
gleich. In der zweiten Hälfte waren die Berliner überlegen. Das
ſiegbringende Tor wurde in der 22. Minute durch Hubricht erzielt.
Nord—Weſtdeutſchland 4: 2 (0:1).
Das Spiel Nord= gegen Weſtdeutſchland in Hamburg wurde bei
Sturm und Regen von Norddeutſchland mit 4:2 (0:1) gewonnen.
Weſt=
deutſchland hatte in der erſten Hälfte mehr vom Spiel. Die Angriffe
von Norddeutſchland waren gefährlich. Das erſte Tor fiel für Weſt
durch Claus=Oehler. Nach dem Wechſel ſtellte Harder in der 20. Minute
den Ausgleich her. Wenige Minuten ſpäter ſchoß Harder das zweite
Tor. Das dritte Tor gelangte für Nord durch famoſes Zuſammenſpiel
Breuel=Koltgen. Nachdem 10 Minuten vor Schluß für Weſt das zweite
Tor gefallen war, flankte Brand einen Strafſtoß ab, überſpielte die
We=ſtVerteidigung und ſandte einen Schrägſchuß ein.
Mittel=—Südoſtdeutſchland 3 : 2 (2: 2).
In Breslau ſiegte Mittel= gegen Südoſtdeutſchland mit 3:2 (2:2).
Auch hier herrſchte ſehr ſchlechtes Wetter. Beide Parteien hielten ſich
lange gleichmäßig. Erſt in den letzten Minuten gab, das größere
Spiel=
vermögen der Mitteldeutſchen den Ausſchlag.
Kickers=Offenbach — Sportklub Bürgel 1:1 (1:0).
Die Bezirksligaſpiele fielen aus. Geſpielt wurde nur ein Treffen
und zwar in Offenbach zwiſchen Kickers=Offenbach und Sportklub=
Bür=
gel. Das Spiel war wenig ſchön. Es war ein richtiger Kampf um die
Punkte. Offenbach ging in Führung durch einen Elfmeter=Strafſtoß
toegen Hände, den Gröner ſcharf verwandelte. In der zweiten Hälfte
artete das Spiel etwas aus. Doch der gute Unparteiſche, Herr
Sack=
reuther=Nürnberg, ſtand über den Parteien und hatte das Spiel feſt in
der Hand. Gegen Schluß gelingt es Bürgel durch einen Schnitzer der
gegneriſchen Verteidigung, ins leere Tor zu ſchießen und ſo den
Aus=
gleich zu erringen.
Auch die Kreisſpiele fielen gänzlich aus, und zwar auf Anraten der
Behörde, wegen der allzu ſchlechten Witterung.
Germania=Frankfurt — Sportfreunde=Frankfurt 2:0.
Germania Frankfurt einigte ſich trotzdem mit den „Sportfreunden
Frankfurt zu einem Privattreffen, das auf den Sandhöfer Wieſen zum
Austrag gelangte. Die zahlreichen Zuſchauer waren auch hier ſtark
enttäuſcht; denn das Spiel litt einmal unter der Unzulänglichkeit des
Spielleiters, eines Herrn von Germania zum anderen zeigten beide
Mannſchaften keine allzugroße Luſt und Tatendrang. Germania ſiegte
ſchließlich, dem Spielverlauf entſprechend verdient, mit 2:0.
Bayern.
Bayern”=München — Spielvereinigung=Fürth 1:2.
Wacker=München — 1860 München 2:1.
Fußballklub=Nürnberg — Fußballabteilg. Schwaben=Aug
Baden.
Fußballklub=Freiburg — Kickers=Stuttgart 2:6.
Odenwald — Pfalz:
Sp.=Vgg. Käferthal-Plankſtadt 1: 2.
F.=V. Frankenthal—04= Ludwigshafen 1:0.
Arminia=Rheingönnheim—F. f. R. Frieſenheim 0:
F.V. Speher—Union=Ludwigshafen 4:0.
S. f. R. Mannheim—F.Kl. Mühlberg 1:1.
Phönix=Ludwigshafen—F.Kl. Pirmaſens 5 : 2.
Vorwärts=Mannheim—1910=Schwetzingen 4:0.
Mannheim 07—V. f. R.=Heidelberg 2: 1.
V. f. R. Neckatau—Hertha =Mannheim 6:0.
Lindenhof 08 — Schwetzingen 98 2:0.
Saar:
„Saar”=Saarbrücken — 09=Neunkirchen 1:0.
Sp.V. Saarbrücken — St. Ingbert 1:0.
Völklingen — Saarlonis 3 : 2.
„Eintracht”=Trier — F.V. Burbach 1:0.
Seite 6.
Darmſtädter Tngblatt, Montag, den 15. Oktober 1923.
Nummer 285.
Landwirtſchaft, Gartenbau, Kleintierzucht und Siedlungsweſen
Vorfragen für Obſipflanzungen.
Nur bei richtiger Auswahl von Art und Sorte tragen
Obſt=
bäume befriedigend. Es iſt Rückſicht zu nehmen auf die Natur
des Bodens und auf das Klima. Jeder, der nicht über einen
ſonnig und geſchützt gelegenen Garten mit tiefgründigem
frucht=
baren Boden verfügt, ſollte, ſich, bevor er einen Obſtbaum
pflanzt, über die Anſprüche, die dieſer an ſeinen Standort ſtellt,
Rechenſchaft geben. Der Apfelbaum verlangt fruchtbaren, mäßig
feuchten Boden, er verträgt kein Grundwaſſer und gedeiht nicht
auf Sand, es ſei denn, daß dieſer Lehmunterlage hat. Der
Birn=
baum nimmt mit leichterem Boden fürlieb, der tiefgründig iſt
und die nötige Feuchtigkeit hat. Steinobſt braucht vor allen
Dingen Kalk. Dieſer fördert überhaupt den kräftigen, geſunden
Wuchs der Obſtbäume, bildet feſtes, gegen Froſt weniger
empfindliches Holz und erhöht den Wohlgeſchmack der Früchte.
Der Pflaumenbaum iſt im übrigen ſehr anſpruchslos, gedeiht
auf guten wie geringeren, feuchten wie trockenen Bodenarten,
liebt aber lockeren tiefgründigen Boden. Die Süßkirſche
ver=
langt einen freien Standort und mehr trockenen Boden.
Ent=
wickelt ſie ſich auch auf kräſtigem Boden am beſten, ſo gedeiht ſie
doch auch auf Sandboden. Die Sauerkirſche hat fruchtbaren,
tiefgründigen Boden gern, gedeiht aber auch auf Sandboden,
wenn er kalkhaltig und nicht zu mager iſt. Wo Kalk fehlt, muß
man ihn durch Düngung erſetzen. Schon bei der Pflanzung
ver=
mengt man den Inhalt der Pflanzgrube tüchtig damit. Am
beſten eignet ſich dazu der Kalkſchutt, der beim Abbruch von
Ge=
bäuden gewonnen wird. Was das Klima anlangt, ſo eignen
ſich ſehr trockene, den Oſt= und Nordoſtwinden ausgeſetzte Lagen
nicht für Obſtbau, ebenſo niedere, feuchte Lagen. In einem
tief=
gründigen und fruchtbaren, nicht zu waſſerhaltenden Boden
ver=
tragen die meiſten Obſtſorten aber auch rauhes Klima. Viele
gedeihen hier beſſer als in guten Lagen auf kaltem naſſen
Boden.
Mittel gegen Schorf an Birnen= und Apfelbäumen.
Um dieſe Frage genau und gründlich beantworten zu
kön=
nen, müßte man vor, allem wiſſen: Wie iſt der Boden beſchaffen,
in dem die Birnbäume ſtehen?, wie iſt das Klima”, wie ſteht es
mit der Bodenfeuchtigkeit und der Düngung des Bodens?, wie
alt ſind die Bäume? Krankheiten entſtehen immer aus einer
Gruppe von Urſachen, die ſehr verſchiedener Art ſein können.”
Wenn der Schorf irgendwo ſcharf auftritt, ſo iſt das ein Zeichen,
daß er einen günſtigen Boden für ſeine Entwickelung und ſein
Fortkommen findet. Dies muß aber in erſter Linie verhindert
wer=
den. Das geſchieht aber mit dem Beſpritzei allein nicht, ſondern
es muß ſo viel wie möglich verhindert werden, daß der Schorf
ſich nicht ſo weit entwickeln kann. Es muß alſo nicht nur die
Krankheit, bekämpft werden, ſondern auch alle Mängel bei der
Kultur müſſen beſeitigt werden.
Dieſe Mängel ſind: 1. zu kalter, naſſer, ſchwerer Boden.
Mittel Lagegen: Boden lockern, 30 bis 40 Kilo gebrannten, fein
gemahlenen oder gelöſchten Aetzkalk auf 100 Quadratmeter
ſtreuen (vom Oktober bis Februar) und 5 Zentimeter tief unter
die Erde bringen; den Boden mit ſtrohigen Dünger bedecken und
im März eingraben. Dies dient zu Erwärmung des Bodens.
2. Iſt Bodenwaſſer vorhandeen, das nicht abfließen kann, dann
muß der Boden trainiert und das Waſſer abgeleitet werden.
3. Iſt der Boden trocken, ſo müſſen die Bäume im Sommer bei
anhaltendem, trockenem Wetter begoſſen und der Boden mit
Dünger oder Kompoſt bedeckt werden. 4. Iſt der Boden arm
an Nährſtoffen, ſo muß er abwechſelnd kräftig mit Stallmiſt
oder Kunſtdünger gedüngt werden. 5. Iſt das Klima rauh und
kalt, ſo ſoll man die Bäume durch Hecken, Mauern,
Bretter=
zäune uſw. ſchützen. Kurzum, wir müſſen alles tun, um die
Bäume recht geſund und kräftig zu machen, damit ſie dem Schorf.
und jeder anderen Krankheit leichter widerſtehen können.
Als Spritzmittel, außer der Kupfervitriolbrühe, iſt zu
emp=
fehlen: 20 Kilo Kalk auf 120 Liter Waſſer). Dieſe wenden
fran=
zöſiſche Obſtzüchter ſchon lange an. Vor dem Spritzen die
Bäume von der alten aufgeriſſenen Rinde reinigen, abkratzen
und abbürſten, damit Stamm und Aeſte glatt werden. Die
Bäume ſchon im Herbſt (Stamm und Aeſte) bepinſeln und
be=
ſpritzen; wenn der Regen den Kalk abgewaſchen hat, wiederholen.
Statt Kalkmilch allein kann man folgende Brühe verwenden,
welche noch wirkſamer iſt: 175 Gramm Kalk, 2000 Gramm
Eiſen=
vitriol werden in 100 Liter Waſſer aufgelöſt und die reine
flüſ=
ſige Löſung mit einem Beſtäuber auf die Bäume geſpritzt, dies
ſchon im Herbſt und Frühjahr an froſtfreien Tagen und ſpäter
während der Vegetation.
Ich möchte noch raten, in angemeſſener Entfernung von den
Stämmen mit einem dicken Pflock ½ Meter tiefe Löcher
ſchla=
gen und dieſe während des Winters mit Jauche füllen, damit
die Bäume im Frühjahr kräftig treiben und gegen
Pilzkrank=
heiten wide ſtandsfähig werden.
K. J.
Die Haltung der Ziegen im Winter.
Die Winterzeit iſt für den Ziegenhalter bei der heutigen
„Knappheit an Futterſtoffen eine wenig angenehme und macht
ihm in der Regel rechte Sorge, und zwar beſonders dann, wenn
er nicht über Land verfügt und die geeigneten Nährſtoffe nicht
ſelbſt ernten kann, denn in der Gegenwart bedeutet es allemal
einen tiefen Griff in den Geldbeutel, wenn Futter
herbei=
geſchafft werden muß.
Friſches Grünzeug iſt rar, und die Hauptnahrung beſteht
nunmehr aus Nauhfutter. Da die Ziege nun bekanntlich im
Futter recht wähleriſch iſt und Abwechſelung liebt, muß bei der
Fütterung darauf Rückſicht genommen werden, und das um ſo
mehr, weil von ihr die Milchergiebigkeit abhängt. Für die
Fütterung laſſen ſich feſte Regeln ſchwer aufſtellen, da ſie nach
den Umſtänden recht verſchieden ſein kann und manchen
Wand=
lungen unterworfen bleibt.
Die Raſſe iſt bei der Fütterung nicht allein ausſchlaggebend,
ſondern die Stammzucht und eine ſachgemäße Haltung. Selbſt
Ziegen aus gut durchgezüchteten Schlägen können, wenn ſie in
ungünſtige Ernährungsverhältniſſe verſetzt werden, kümmern
bzw. in ihrer Leiſtungsfähigkeit zurückgehen. Das Futter muß
neben entſprechenden Eiweißmengen genügend Phosphorſäure
und Kalk enthalten; letzterer iſt für den Knochenbau beſonders
wichtig, und wo er im Futter fehlt oder in nicht genügender
Menge vorhanden iſt, muß mit Futterkalk oder Schlemmkreide
nachgeholfen werden, da ſich ſonſt leicht Beinſchwäche und
Knochenweiche einſtellt.
Im Winter ſollte gutes Wieſenheu und anderes Rauhfutter
die Grundlage der Fütterung bilden und ziemlich den dritten
Teil der Tagesration ausmachen. Gutes Heu gewinnt man
von kalkhaltigen, ſonnigen und nicht zu feuchten Wieſen, auf
denen auch Kleearten reichlich vertreten ſind. Wird ſolches Heu
zur rechten Zeit geerntet, ſo iſt es am gehaltvollſten und
be=
kömmlichſten, wogegen Heu von waſſerreichen, ſauren Wieſen,
das nur geringe Mengen von Eiweiß, Phosphor und Kalk
ent=
hält, für die Ernährung minderwertig iſt. Nahrhaftes Heu iſt
ferner das von Eſparſette, Luzerne und Rotklee, denn es enthält
reichlich Eiweiß. Gras und Pflanzen, die auf Sandboden
ge=
wachſen ſind, geben ſelten, ein gutes Heu, da ſie bei längerer
Trockenperiode ſchnell verholzen und nur geringe Nährkraft
beſitzen.
Nicht oft genug kann auf die Gewvinnung von Laubheu
hin=
gewieſen werden. Nichtig eingeſammelt, gut getrocknet und
auf=
bewahrt, iſt es ein vollwertiger Erſatz für gutes/Wieſenheu. Zu
Laubheu eignen ſich Blätter und dünne Reiſer von Kaſtanien,
Linden, Pappeln, Haſelnußſträuchern, Eſchen, Brombeeren,
Waldhimbeeren uſw., dann von Eichen, Weiden und Erlen, die
aber viel Gerbſäure enthalten und deswegen nur als Beigabe
dienen ſollen. Auch wilde Kaſtanien, grobgeſchrotet und gebrüht,
werden von Ziegen gern genommen und ſteigern den
Milch=
ertrag. Wir haben unſere Ziegen im Winter folgendermaßen
gefüttert und dabei ſtets gute Leiſtungen zu verzeichnen gehabt.
Morgens Wieſenheu mit Laubheu vermiſcht; mittags
Erbſen=
oder Kleeheu oder Heu von Serradella, wenn vorhanden
Boh=
nenſtroh, getrocknete Blätter und Stengel von Helianthus oder
Mais, dann temperiertes Waſſer als Trank; nachdem
Küchen=
abfälle, wie gedämpfte Kartoffeln und deren Schalen, Abfälle
von Gemüſen und dergl., abends Rauhfutter mit Zugabe von
geſchnittenen Möhren oder Futterrüben und dann nochmals
eine kleine Tränke. Zu viel Flüſſigkeit taugt nichts, da ſie die
Magen= und Darmtätigkeit ungünſtig beeinflußt. Man vergeſſe
aber nicht, den Tag über einiges Salz dem Futter beizugeben,
damit der Appetit rege bleibt und die Verdauung gefördert wird.
Für gutes warmes Lager iſt im Winter ſehr zu ſorgen, weil
Ziegen gegen die Einwirkung der Kälte ſehr empfindlich ſind.
Zugluft muß aus den Stallungen unbedingt ferngehalten
werden.
Trächtige Ziegen müſſen beſonders kräftig ernährt werden
und außer gutem Wieſenheu Haferſchrot und Kleie erhalten.
Iſt Oelkuchen zu haben, ſo tut er bei der Ernährung gute
Dienſte. Wie bereits erwähnt, läßt ſich die Fütterung nicht
ſchematiſch bewerkſtelligen, weil zu vielerlei Umſtände und auch
die Eigenſchaften der Tiere in Frage kommen; die Fütterung
muß ſich jeweilig den gegebenen Verhältniſſen anpaſſen. Doch
ſei das Futter immer nahrhaft; minderwertiges Futter
erfor=
dert zur völligen Sättigung der Ziege größere Mengen, wodurch
die Verdauungsorgane übermäßig angeſtrengt werden. Die
Er=
fahrung, wieviel eine Ziege zur Sättigung bedarf, iſt der beſte
Lehrmeiſter und wird dem Ziegenhalter bald zeigen, welche
Menge notwendig iſt, um die Leiſtung auf dem gewünſchten
Stand zu erhalten.
Des weiteren darf die Pflege der Ziege im Winter nicht
ver=
nachläſſigt werden. Die Klauen müſſen regelmäßig unterſucht,
gereinigt und, wenn es nötig iſt, beſchnitten werden. Das Haar
darf den Kamm oder die Bürſte nicht entbehren; kämmen und
bürſten regt die Hauttätigkeit an und hält das Ungeziefer fern,
wenn im übrigen für die nötige Reinlichkeit geſorgt wird.
Selbſianfertigung der Futterbehälter.
Der Kompoffhaufen und ſeine jachgemäße Anlage.
Mehr denn je muß man in der jetzigen ſchweren, teuren Zeit
beſtrebt ſein, das Futter recht rationell auszunutzen, um recht
viel Vieh ernähren und um viel produzieren zu können; denn
nur durch Ueberproduktion können wir zu billigen Zeiten
kommen. Das Vieh muß ſattgefüttert werden, aber es darf kein
Korn vergeudet werden. Es kommt vor, daß einmal die Tiere
weniger freſſen, das Futter wird dann beſchmutzt und geht
ver=
loren. um dieſem Uehelſtande abzuhelfen, gebrauchen wir
Futter=
behälter. Aber in heutiger Zeit ſind Bretter ſehr teuer und
Nägel nicht minder. Früher, in ganz alter Zeit, als man die
Drahtnägel noch nicht kannte, gab es nur ſchmiedeeiſerne Nägel,
da gab es aber noch viel und gutes Holz. Ich habe noch in
meiner Jugend die mächtigen eichenen Holzkummen angeſtaunt,
die für das Nindvieh ausgeſtemmt waren. Selbſt für Schweine
wurden aus Eiſenbahnſchwellen waſſerdichte Futterkummen
aus=
geſtemmt. Damals war das Bretterſchneiden weniger in Mode
als heute. Darum will ich heute den Kleintierzüchter
aufmerk=
ſam machen auf das heutige ſehr teure Brennholz. Welch ſchöne
Futterkumme ſteckt doch in ſo mancher Klobe Holz! Zum
Ver=
brennen iſt ja immer noch Zeit. Am beſten eignen ſich hierzu
die kiefernen Hölzer. Mon mißt ſich beliebige Längen ab, macht
ſie ziemlich vierkantig, zeichnet auf die Breitſeite die
Kumm=
form, ſtemmt mit einem Stemmbeitel die Form aus und glättet
danac) die Wände ſchön.
Solche ſelbſtgefertigten Futterbehälter ſind recht ſtabil, und
was das beſte dabei iſt, ſie ſind koſtenlos, haben keinen Nagel
gekoſtet, und kein Tier kann ſich am Nagel verletzen, wie es öfter
vorkommt bei aus Kiſtenbrettern, gefertigten Futterbehältern.
Beſonders Kaninchen freſſen bald die Wandungen der Kummen
entzwei, verunglücken auch öfter an den Nägeln. Kommt da
vor einiger Zeit mein Sohn aus der Schule und teilt mir
freude=
ſtrahlend mit, er wvollte nicht länger böſe auf die Kaninchen ſein,
daß ſie Holz freſſen, der Lehrer hätte in der
Naturgeſchichts=
ſtunde erklärt, die Kaninchen müſſen Holz nagen, ſonſt. würden
ihre Vorderzähne zu lang. Es iſt aut, daß man den
Stall=
kaninchen öfter grüne, berindete Zweigteile hinlegt, beſonders
ſind ſolche vom Apfelbaum ſehr beliebt. Auch für Schweine,
beſonders für die kleinen Ferkel, ſind ſolche ſelbſtgeſtemmten
Holzlumnen recht vorteilhaft, da ſie immer waſſerdicht ſind und
nie leck nerden, Futterreſte können ſich nicht in die Fugen ſetzen
und die Kummen können ſtets leicht ſauber gehalten werden.
Die Bedeutung des Kompoſtdüngers für den Garten iſt
all=
gemein anerkannt. Vor allem wegen ſeines hohen
Nährſtoff=
gehaltes und ſeines Humusreichtums. Leider laßt man es
viel=
fach an der nötigen Sorgfalt bei der Anlage des Kompoſthaufens
fehlen. Man glaubt, es genüge vollſtändig, wenn man allen
möglichen Trödel auf einen Haufen werfe und vermodern laſſe.
Dieſe Auffaſſung iſt grundfalſch. Unerläßlich iſt eine ſachgemäße
Anlage und ſorgfältige Pflege des Kompoſthauſens. Die
Garten=
welt bringt in ihrer letzten Nummer einen eingehenden Aufſatz
über das Thema „Welche Fehler ſind bei der Herſtellung des
Kompof düngers zu vermeidens”, dem wir die wichtigſten
Einzel=
heiten entnehmen: Weſentlich iſt ſchon der Standort.
Grundſätz=
lich ſoll der Kompoſthaufen möglichſt allen
Witterungsverhält=
niſſen gleichmäßig ausgeſetzt ſein. Ein trockener Platz im
un=
geſchützten Sonnenbrand iſt ebenſo verkehrt wie eine ſtändig
feuchte und beſchattete Lage. Dieſe Forderung, weder zu naß
noch zu trocken, läßt ſich aber leider nicht immer durchführen.
Man kann aber durch gewiſſe Zuſatzſtoffe nachhelfen. Bei allzu
großer Feuchtigkeit kann man durch aufſaugende Zuſatzſtoffe, wie
Torfmull, Sägeſpäne, Aſche uſw. eine Trockenlegung erreichen.
Häufiger wird allerdings das Gegenteil der Fall ſein. Hier hilft
ein zeitweiſes Uebergießen mit Jauche, mit Seifen= und
ſonſti=
gen Abwäſſern.
Für die Humusbildung wertvoll ſind vor allem ſolche Stoffe,
die ſich raſch zerſetzen, z. B. verdorbene Nahrungs= und
Futter=
mittel, Haare, Federn, Eingeweide, Kadaver kleinerer Tiere,
Ge=
flügelmiſt, Laub. Glas= und Blumentopfſcherben, Schlackenreſte
und ähnliche Sachen gehören nicht auf den Kompoſthaufen. Der
ſoll kein Kehricht= oder Schuttablagerungsplatz ſein. Verkehrt iſt
es auch, alles Unkraut, namentlich wenn es noch in Samen ſteckt,
auf den Kompoſthaufen zu werfen. Dadurch wird nur die
wei=
tere Ausbreitung des Unkrautes gefördert. Verbrennen iſt hier
das einzig Richtige. Das gleiche gilt auch für Baumrinde, dürre
Zweige, verdorrte Früchte — die die bevorzugteſten Brutſtätten
von tieriſchen und pflanzlichen Schädlingen ſind. Larven,
Pup=
pen uſw. finden auf dem Kompoſthaufen häufig die günſtigſten
Entwicklungs= und Ausbreitungsmöglichkeiten. Gänzlich frei
von Paraſiten kann man den Kompoſthaufen ja doch nicht halten.
Ein gutes Desinfektionsmittel iſt Aetzkalk. Er bringt faſt alle
Paraſiten zum Abſterben. Eine Kalkgabe ſollte keinem Kompoſt=
Auch als Waſſerbehälter für Tauben, Hühner, Enten und Gänſe, haufen vorenthalten werden, und ſei es auch nur in Form von
Bauſchutt oder Lehmmergel. Der ſich umbildende Kalk fördert
ſind ſie ſehr werwoll.
A. Krüger, Winningen i. Pomm. auch die zerſetzende Wirkung und fördert die Garebildung.
Der Kompoſthaufen darf auch nicht ſo hoch aufgeſchichte
ſein, 1,20—1,50 Meter kann als die äußerſte Grenze gelten. Be
höherem Aufbau iſt den Witterungseinflüſſen die Möglichkei
genommen, die Kompoſtmaſſe überall gleichmäßig zu durchdrin
gen. Außerdem wird die Arbeit des Umſetzens, die, um Licht, Luf
Wärme und Waſſer genügend Zutritt zu verſchaffen, und un
eine gute Durchmiſchung der einzelnen Stoffe zu erreichen
wenigſtens dreimal im Jahre erfolgen ſoll, unnötig erſchwert.
Die Lagerzeit eines Kompoſthaufens darf nuicht zu kur
bemeſſen ſein, mindeſtens zwei Jahre. Wird auf die Herſtellun
eines wirklich vollgaren Kompoſtdüngers Wert gelegt, ſo wir
man ſelbſt eine dreijährige Lagerfriſt noch überſchreiten müſſen
Unreifer Kompoſt iſt zwar an ſich nicht wertlos, allein der vol
gare Kompoſtdünger lohnt Zeit und Mühe.
Bezu
ſcha
Vehrkreisko
Kf
resder
ſiſch
Gichl.
Gänſefuß und Melde.
Gänſefuß und Melde, unſere häufigſten Hackfrucht=Unkräuter
nehmen vielerorts ſtark überhand. Sie werden nicht nur dadurg
ſchädlich, daß ſie den Kulturpflanzen Nahrung und Platz fort
nehmen, ſondern ſie begünſtigen als Wirtspflanzen wichtig=
Rübenſchädlinge, wie des Schildkäfers und der Runkelflige 9ieAuffofutf
deren Auftreten und bilden ſomit eine beſondere Gefahr für der
Rübenbau. Ueber die Verbreitung dieſer Unkräuter in Deutſch
lin,
land, die wegen ihrer Aehnlichleit oft miteinander verwechſel
1e9
werden, iſt im einzelnen noch wenig bekannt. Der Biologiſche
Reichsanſtalt für Land= und Forſtwirtſchaft in Berlin=Dahlen
wären daher Einſendungen von Gänſeſuß= und Meldepflanze
aus allen Gegenden Deutſchlands zur näheren Beſtimmung de
Gattung und Art unter kurzer Angabe, in welchen Mengen,
welcher Frucht und unter welchen Boden= und Düngungsverhält
niſſen dieſe Unkräuter vorkommen, ſehr erwünſcht.
Der gemeine Gänſefuß (Chenopodium album I.
gehört wohl zu den am meiſten wuchernden Unkräutern.
gehört zu dem hochgehenden krautblättrigen Unkraut, das de
Volksmund mit der Bezeichnung Melde abtut. Es gibt
unſeren Gärten etwa zehn „Sorten von Gänſeſuß=Melden al
Unkräuter, die alle in ganz gewaltiger Ueppigkeit wuchern;
nenne hier nur als bekannteſte den feigenblättrige
Gänſefuß (Ch. kieikolium), den guten Heinrich /9or1
gänſefußl (Ch. Bonus Henrieus), den ſtinkenden
(Ch. Vulraria), den Mauer=G. (Ch. murdle), den kleb
rigen G. (Ch. Botrys) u. a.
Der gemeine Gänſefuß wächſt ſehr raſch. Die an die Forn
eines Gänſefußes erinnernden Blätter erſcheinen mäßig wei
beſtäubt. Bis zu 1.20 Meter hoch werdend, treibt dieſes läſtig
Unkraut in allen Blattwinkeln Nebenzweige und breitet ſich
ganz unverſchämter Weiſe aus, den Kulturpflanzen Licht, Lu
und Nahrung entziehend.
Die grünen Blüten fitzen geknäult in äſtigen Trauben,
erſcheinen von Juni ab bis zum Eintritt des Winters.
Es iſt unbedingt erforderlich, dieſes ge ſith
meinſte aller unkräuter ſchon im Jugendzuſtan Ruhch
zu jäten, damit der Samen nicht erſt ausreifen kann. Ma in Schutzhaiſt
daß die weitr
bereichere mit den ausgejäteten Pflanzen den Kompoſt.
fahr für die
C. Hampel.
der bekamn
Wehrkrefzla
Etwas vom Bienenſtiche,
ung )
der uns aber nicht hindern darf, die nützlichſte aller landwir habe, Ro
ſchaftlichen Nebenbeſchäftigungen zu treiben. „Wie gerne würd die Leich
ich Imker, wenn nur die Bienen, die Viecher, nicht ſo gar au
berei=
ſtechen täten!“ So hört man oft und oft, beſonders auch in länd ſekannt
lichen Kreiſen, ſprechen, und ſo nrancher einſtmals ſo tapfe dat ihn
Landesverteidiger rennt im Eiltempo, wenn er nur ein Bie /
lein ſummen hört. Dieſe Angſt vor dem Bienenſtachel iſt völli
ungerechtfertigt; ſie ſoll und darf uns nie abhalten, nützlick
Bienenzucht zu treiben. Die Biene iſt durchaus kein ſo gefäh
liches Inſekt, als allgemein angenommen wird. Draußen
Gottes freier, ſchöner Natur, unbehelligt im ſüßen Samme
geſchäft, fällt es keiner Biene ein, mutwillig zu ſtechen. De
Stich koſtet ihr koſtbares Leben; wenn die Stechborſte dabei
die menſchliche Haut eindringt, ſchließen ſich die Poren durch d
Reizung und die Biene verwag den mit Widerhaken verſehene
Stachel nicht mehr zurückzuziehen. Bei der darauf hinzielende Oie Rentenl
Anſtrengung reißt aus dem Hinterleibe der Arbeiterin der gan
Stachelapparat, vom Volke kurz der Stachel genannt, aus m Grundbeſit
die dann abfliegende Biene verendet ſicher nach kurzer Zeit.
Wenn die Biene gezwungen iſt, zu ſtechen, iſt ganz allein
der Menſch daran ſchuld. Sie hat ihren Stachel vom Schöpf
als Abwehrmittel gegen ihre Quäler bekommen. Möge ſ / Zerl
davon nur ausgiebig Gebrauch machen, wenn ſie ſchwer beläſti Ausgeſ
wird. Im übrigen muß wohl geſagt werden, daß den Bienei Beltſche,
ſtich am meiſten jene Menſchen fürchten, die ihn noch nie gefüh M Gſetzli
haben. Wer aber ſeine Völker naturgemäß behandelt, wir Mi hm
ungemein wenig mit dem Bienenſtachel Bekanntſchaft machel Mil ein
es möchte dabei folgendes überlegt werden:
M ds
1. Störe deine Bienen nicht allzu oft, das reizt ſie furchtba Meien o
Reiße nicht das Brutlager bei jeder Gelegenheit auseinande M lute
um nach der Königin zu ſuchen, das müßte ſich bitter räche Pütſchen
Halte ruhig Blut bei Unterſuchungen, ſei bedächtig, langſam b Aüſen der
der Arbeit, überlege auch genau, was du willſt, ehe du ein Vo Fiſtjede
auseinandernimmſt; vermeide alles nervöſe Zucken, wenn ſi Wdrent
zufällig eine Biene auf deine Hand, Naſe oder Wange ſetzt! M
2. Halte auf angenehmen Geruch deines Leibes! Den Bien/ 9”
iſt nichts unangenehmer, als ſchweißige Ausdünſtung. Biſt
erhitzt, waſche Hände und Geſicht mit Seife und kaltem Waſ
vor der Arbeit. Beläſtige die Bienen ja nicht durch deinen Atel
beſonders nach Alkoholgenuß; auch dies reizt ungemein zu
Stechen.
3. Stelle dich nie in die direkte Fluglinie der Bienen;
läßt ſich doch das intereſſante Leben der Arbeiter auch von d
Seite her ganz gut beorachten.
4. Verrichte keine in das Bienenleben einſchneidende 9
beiten ſpät am Abend und früh am Morgen, wenn alle Bien
— darunter auch die ärgſten Stecher — zu Hauſe ſind. A
leichteſten arbeitet es ſich bei ſtärkſtem Fluge. Ich wür
nie ein Bienenvolk anrühren bei feucht=heißer,
Witterun=
bei Gewitterbildung oder gar bei Regen, auch nicht bei windige
Wetter, oder zu Zeiten, in denen die Stockmutter Hochzeitsfl
hält.
5. Umſchwirrt dich mal ein Bienlein recht hartnäckig, h.
wahre ruhig Blut; ſchlage niemals nach dem Tiere, laufe nit
davon: die Biene fühlt dann inſtinktiv deine Ohnmacht und ve
folgt dich; gehe ruhig in das Bienenhaus oder in ein Gebü
und die Biene wird die Beläſtigung aufgeben.
6. Wenn du an deinen Bienenvölkern irgendeine Operzti
ausführen mußt, gib zuerſt durch die Flugöffnung ein pa
Züge Rauch — nicht viel —, laſſe dann den Vienen etwas Ze
ſich mit Honig vollzuſaugen; denn geſättigte Vienen ſind w
weniger ſtechluſtig, und dann öffne ruhig die Kaſtentüre, nim
ebenſo das Fenſter heraus, und wenn einzelne übereifrige, ve
teidigungsluſtige Arbeiter vordringen und Anſtalten zur Gege
wehr treffen, dann gib ein paar Züge Rauch, nicht mehr. Wen
Nauch beſänftigt, Uebermaß führt zur Raſerei.
7. Arbeite ſtets ruhig an den Bienen, zeige nie nervöſe He
hüte dich vor Schlag und Stoß; bringe die herausgenommene
mit Bienen beſetzten Rahmen ſofort nach der Unterſuchung a
den Wabenbock und laſſe dir niemals beikommen, ſie an irgen
eine Stelle, einen Balken des Bienenhauſes zu lehnen. Da gä
es immer Quetſchereien. Der von den Bienenleichen aufteigen
Duft ruft dann ſofort ein Heer von Kameraden zur Nache, z
Vergeltung herbei; — dann aber hagelt es Stich auf Stich.