Einzelnummer 8000 Mark
Bezugspreis:
Bei wöchentl. 7maligem Erſcheinen (freibleibend)
monat=
ich 88000 M. und 5000 M. Abtragegebühr, Abholen
sc00o, durch b. Agenturen 90000 M. frei Haus. Beſſelle
ungen nehmen entgegen: die Geſchäftsſtelle Rheinſtr. 23
(Fernſprecher 1, 2390 und 2391), die Agenturen und
alle Poſtämter. Verantwortlichkeit für Aufnahme von
Anzeigen an beſſimmien Tagen wird nicht
übernom=
men. Nichterſcheinen einzelner Nummern infolge
höherer Gewalt berechtigt den Bezieher nicht zur
Kür=
zung des Bezugspreiſes. Beſiellungen und Abbeſtels
jungen durch Fernruf ohne Verbindlichkeit für uns.
poſiſcheckonto: Frankfurt a. M. 4301.
Heſſiſche Neueſte Nachrichten
Morgenzeitung der Landeshauptſtadt
Nachdruck ſämtlicher mit X verſehenen Original=Aufſätze und eigenen Nachrichten nur mit Quellenangabe „Darmſit. Tagbl.” geſtattet.
186. Jahrgang
Nummer 222
Montag; den 13. Auguſt 1923
Anzeigenpreis:
27 mm breite Zeile im Kreiſe Darmſtadt 16000 M.
Finanz=An eigen 24000 M., Reklamezeile (92 mm
breit 70 00 M. Anzeigen von auswarts 240,0 M.,
Finanz An=eigen 3600) M., 92mm breite
Reklame=
zeile 100 00 M. Anzeigen nehmen entgegen:
Geſchäfts=
ſtelle Rhein traße 23, die Agenturen und
Anzeigen=
expeditionen. Im Falle köherer Gewalt, wie Krieg,
Aufruhr, Streiß uſw., erliſcht jede Verpflichtung
auf Erfüllung der Anzeigenaufträge und Leiſtung
von Schadenerſatz. Bei Konkurs oder gerichtlicher
Beitreioun, fällt jeder Rahanz wer Bankkonto=
Deutſche Pank und Darmſtädter 8 Nationalbank.
Die große Koalition
O
Rücktritt des Kabinetts Cuno. — Dr. Streſemann mit der Regierungsbildung beauftragt.
Die Folgen des ſozialdemokratiſchen
V
Beſchluſſes.
TU. Berlin, 12. Aug. Reichskanzler Dr. Cuno hat heute
nachmittag im Reichstag die Demiſſion des Kabinetts
erklärt. Der Reichspräſident hat ſich die Entſcheidung
vorbehal=
ten und im Verlauf des Tages mit den Parteiführern die
poli=
tiſche Lage beſprochen. In ſpäter Abendſtunde beauftragte der
Reichspräſident den Abgeordneten Dr. Streſemann mit der
Neubildung der Regierung. Streſemann hat den Auftrag
über=
nommen; er wird verſüchen, auf der Grundlage der großen
Koa=
lition ein neues Kabinett zu bilden.
Von unſerer Berliner Redaktion.
Das Kabinett Cuno iſt zurückgetreten. Nach eingehenden
Verhandlungen mit den Führern der Parteien hat der
Reichs=
präſident den Abgeordneten Dr. Streſemann, den Führer
der Deutſchen Volkspartei, mit der Bildung des neuen Kabinetts
beauftragt. Einen geſchickten Schachzug bedeutet der Beſchluß
Aber ſozialdemokratiſchen Fraktion vom Samstag, der ein recht
milde gehaltenes Mißtrauenspotum gegen die Regierung Cuno
n die Bereitwilligkeit kleidete, in die große Koalition einzutreten.
Das Weſentliche hieran iſt die Tatſache, daß dieſer Beſchluß der
Mer eic
ozialdemokratiſchen Fraktion gegen eine nur kleine Minderheit
füſtande kam. Es iſt, wie man in weiteren Kreiſen weiß, ein
Verdienſt Hermann Müllers und nicht zuletzt des Reichspräſi= Der neue Reichskanzler Dr. Streſemann.
enten, daß die Oppoſition von Weimar, trotz der offenſichtlichen
Kechtsſchwenkung, die der Beſchluß der ſozialdemokratiſchen
Reichstagsfraktion bedeutet, in eine ſolche Minderheit geriet.
Der Verlauf der Kriſis.
Toch vor einigen Tagen ſchien es ſo, als ſchauten weitere Kreiſe
ſer Vereinigten Sozialdemokratiſchen Partei nach links. Man
TU. Bexlin, 12. Aug. Von einer Seite, die über alle
Ein=
erlangte in der Mehrheitspartei Aktivität und eine der
allge=
zekheiten der heutigen und geſtrigen Verhandlungen über die
Teinen Erregung der Bevölkerung Rechnung tragende Oppo=
Kabinettskriſe außerordentlich gut informiert iſt, erfahren wir
tion. Aktivität und Oppoſition gegen das Kabineit Cuno brachte
er Beſchluß der ſozialdemokratiſchen Reichstagsfraktion offen= folgende Einzelheiten über die Entwicklung der Lage:
Reichs=
chtlich, aber in einer Form, oder beſſer geſagt: in einem Inhalt, kanzler Dr. Cuno übergab im Verlauf des heutigen Nachmittags
er poſitive Mitarbeit in der Regierung verlangte. Die Bedin= dem Reichspräſidenten ein Schreiben, deſſen Wortlaut wir
unten=
ungen, die die ſozialdemokratiſche Fraktion ſtellte, ſind im gro= ſtehend veröffentlichen. In dieſem Schreiben, führt der
Reichs=
en und ganzen bereits erfüllt, und ſie ſelbſt war ſich wohl nicht, kanzler aus, daß er ſich davon überzeugt habe, daß der Gedanke,
m Zweifel darüber, daß die Bereitwilligkeit zur großen Koali= in dieſer außerordentlichen Lage des deutſchen Volkes die
Regie=
on auch die grundſätzliche Bereitwilligkeit bedeutete, mit der rung auf eine weitere Grundlage zu ſtellen, die Parteien erfaßt
(eutſchen Volkspartei ſich auf einer Grundlage zu einigen, ob= habe, und daß er infolge davon durch ſeinen Rücktritt den Weg
ohl man nicht darüber im Zweifel ſein konnte, daß bei dem zu einem Kabinett auf breiterer Grundlage frei machen wolle,
uftauchen des Gedankens der großen Koalition der Name Darauf beſchloß der Reichspräſident, den Wunſch des
Reichs=
treſemann eine hervorragende Rolle ſpielen würde. Denn
plan=
ſe Miniſterſtürzerei, das muß man zu ihrer Ehre ſagen, haben kanzlers, im Hinblick auf die entſcheidende Sitzung der
ſozial=
demokratiſchen Reichstagsfraktion am geſtrigen Nachmittag zu
er=
e Sozialdemokraten diesmal nicht getrieben.
füllen. Die Tatſache, daß die ſozialdemokratiſche Reichstagsfrak=
Wie die Kriſe auch enden wird, der Beſchluß der Sozial= tion erklärt, daß das Kabinett Cuno nicht in der Lage ſei, die
mokraten wird ſich doch ſpäter innerhalb ihrer eigenen Partei
rswirken. Viel kommt darauf an, welche poſitiven innen= und Volksmaſſen hinter ſich zu bringen, hat angeſichts der ſchwierigen
tßenpolitiſchen Erfolge die kommende, von der Sozialdemokra= Lage ein ſtärkeres Kahinett notwendig gemacht. Dieſer Entſchluß
2 mitgewollte und geſtützte Regierung davontragen wird. Die hat auf den Reichskanzler Dr. Cuno großen Eindruck gemacht,
rue Regierung wird es nicht leicht haben. Innenpolitiſch gilt, dagegen iſt es unrichtig, daß die Arbeitsgemeinſchaft der Mitte
„ die Wogen der Erregung zu glätten und die Finanzen zu ebenſalls Cuno zum Rücktritt gedrängt hat. Im Gegenteil, noch
nieren. Außenpolitiſch geht es um die endliche Löſung des am Samstag abend hatte die Arbeitsgemeinſchaft mitgetellt, daß
eparationsproblems. Daß Dr. Streſemann die ſchwere Bürde der Beſchluß der ſozialdemokratiſchen Fraktion keine neue
Tat=
s Kanzleramtes auf ſich zu nehmen bereit iſt, iſt eine Aufgabe, ſache geſchaffen habe, und daß die Entſcheidung allein beim
Ka=
e ſicherlich trotz aller Bereitwilligkeit der Sozialdemokratie, mit= binett liege. Das Kabinett iſt dann geſtern zuſammengetreten
arbeiten, ſehr ſchwer ſein wird. Es gilt, ſtarke Gegenſätze zu und hat ſeinen offiziellen Rücktritt beſchloſſen. Kurz darauf
be=
eerwinden und Aufgaben zu löſen, die die Anſpannung aller
cäfte erfordern. Es beweiſt, daß der Führer der Deutſchen gaben ſi= die Führer der Arbeitsgemeinſchaft der Mitte zum
olkspartei in dieſem Endkampf um Deutſchlands Ungbhängig= Reichskanzler Cuno und im Auftrag der Erſchienenen dankte der
* die nationale Miſſion in ſich fühlt, trotz aller Bedenken: Es Vorſitzende der Zentrumsfraktion Dr. Mahr für die Arbeit, die
er beſonders im letzten Monat für das Volk geleiſtet habe. Die
ht um die Exiſtenz der Nation!
Dr. Cuno an den Reichspräfidenten.
* Berlin, 13. Aug. (Priv.=Tel.) Reichskanzler Dr. Cuno
t am Sonntag nachmittag an den Reichspräſidenten das
fol=
nde Schreiben gerichtet:
Herr Reichspräſident!
Als ich, Ihrem Rufe folgend, die Leitung der Regierung
ernahm, gab ich der Ueberzeugung Ausdruck, daß angeſichts
* Ernſtes der uns bevorſtehenden Zeiten nur eine einheitliche
ſammenfaſſung aller Kräfte Deutſchland vor ſchwerem Unheil
wahren werde. Während der vergangenen neun Monate ließ
mich in der Führung der Politik ſtets von dem Vertrauen
sen, der Verwirklichung jener Zuſammenfaſſung aller Kräfte
Wage zu ebnen. In der Tat haben die Grundlinien der
aus=
rtigen Politik der Reichsregierung, auch ihre Stellungnahme
Ruhrgebiet und am Rhein, haben wichtige wirtſchaftliche und
terliche Maßnahmen, wie unlängſt das Geſetz zur Sicherung
Brotverſorgung, die eben verabſchiedeten Steuergeſetze und
Aktion der großen wertbeſtändigen Anleihe die
Zuſammen=
ung aller den Staatsgedanken bejahenden Kräfte bedingt. Der
Ue der Nation, ſich im Kampf um Leben und Freiheit zu
be=
apten, kam darin zum klaren, einheitlichen Ausdruck. Aus der
twicklung der letzten Tage habe ich die Ueberzeugung
gewon=
r, daß nach einer in weiten Kreiſen der parlamentariſchen
Ver=
utng des Volkes vorherrſchenden Anſicht der entſchloſſene
Ue zur Selbſtbehauptung noch ſtärker und noch nachdrücklicher
„ch eine Regierung verkörpert würde, die von einer Koalition
ßer Parteien gebildet und damit von einer ſtarken, feſten
hrheit des Reichstags getragen wird. Ich bitte darum, Herr
ichspräſident, mein Amt und die Aemter der Herren
Reichs=
riſter hiermit in Ihre Hände zurücklegen zu dürfen. Mit der
Eſicherung aufrichtigſter Hochachtung bin ich, Herr
Reichs=
rſident, Ihr Ihnen ſehr ergebener
Dr. Cuno.
unmittelbare Folge des Demiſſionsbeſchluſſes waren
Verhand=
lungen, die durch die Parteien eingeleitet wurden. Die der
bür=
gerlichen Arbeitsgemeinſchaft angehörenden Parteien und die
Sozialdemokraten nahmen Stellung über die Bildung der großen
Koalition. In den Verhandlungen iſt aber eine Konſtituierung
des Kabinetts weder in ſachlicher noch in politiſcher Hinſicht
er=
folgt. Es wurde ausdrücklich feſtgeſtellt, daß es Sache des
kom=
menden Kanzlers ſei, die Perſönlichkeiten des kommenden
Kabi=
netts zu wählen. Dies wird um ſo nötiger ſein, weil das neue
Kabinett politiſchen Charakter haben wird. Der Reichspräſident
hat nacheinander die Führer der Demokraten, des Zentrums, der
Deutſchen Volkspartei, der Bayeriſchen Volkspartei, der
Deutſch=
nationalen Volkspartei und der Sozialdemokratie empfangen
und daraufhin ſeinen Entſchluß gefaßt. Mit der Neubildung
be=
auftragte er den Abgeordneten Dr. Streſemann. Um halb 10
Uhr heute abend iſt die Aufforderung an Streſemann gekommen.
Streſemann hat die Aufforderung zur Bildung eines neuen
Kabi=
netts übernommen, nachdem auch die Fraktion der Deutſchen.
Volksparzei im Laufe des Nachmittags einſtimmig beſchloſſen
hatte, ihren Führer für den Poſten des Reichskanzlers
freizu=
geben. Die ſoſort begonnenen Verhandlungen haben bisher
einen günſtigen Verlauf genommen, ſo daß damit gerechnet
wer=
den kann, daß das neue Kabinett am Montag ſich im Reichstag
vorſtellen wird. Es wird zu dieſem Zeitpunkt auch ein neues
Aklionsprogramm vorlegen, wenn auch noch nicht alle
Miniſter=
poſten voll beſetzt ſein werden. Die Aktionsfähigkeit des
Kabi=
netts, erſchemt beſonders im Hinblick auf die äußerſt geſpannte Lage
dringend nötwendig, zumal heute die Antwort der engliſchen Re=
zur Beeidigung der Kriſe beizutragen. Aus dieſem Grunde wird
mit der Beratung der Regierungserklärung die Beratung der
(eldauleihe verbunden werden, um auch ſo nach außen hin zu
dokumentieren, daß alles erdenlliche gegen den fortſchreitenden
Währungsverfall geſchehen wird.
Flandern und die Genter Hochſchule.
Von
Dr. J. O. Plaßmann, Münſter!
Da vor kurzem die belgiſche Kammer mit
allerdings nur geringer Stimmenmehrheit
den Geſetzentwurf, betr. die Flamiſierung der
Genter Uniderſität, angenommen hat, wird
es unſere Leſer intereſſieren, die flämiſche
Bewegung in kurzer Darſtellung ſkizziert zu
Die Schriftleitung.
finden.
Es erregte einiges Erſtaunen, daß eine untergeordnete Frage
der inneren belgiſchen Politik die belgiſche politiſche Leitung
gerade in einem Augenblick der europäiſchen Hochſpannung
lahmlegte, — oder wenigſtens den glaubhaften Vorwand für
dieſe Lahmlegung gab. Es handelte ſich darum, ob die auf
ur=
flämiſchem Boden gelegene Univerſität Gent flämiſchen
Charak=
ter tragen, ja, ob die Sprache des Landes dort überhaupt
ge=
duldet werden ſollte. Dabei geht es, wohlgemerkt, darum, ob
die überwiegende nationale Mehrheit Belgiens überhaupt eine
einzige höchſte Bildungsſtätte beſitzen ſoll, wo in ihrer Sprache
gelehrt wird. Denn in Belgien ſtehen viereinhalb Millionen
Flamen einer Minderheit don nicht dreieinhalb Millionen
Wal=
lonen gegenüber: aber ähnlch wie im Elſaß und in Luxemburg
hat ſich auch in Flandern auf Grund eines ſeichten franzöſiſchen
Kulturfirnis die Mehrheit des Volkes einſchläfern und in eine
Richtung drängen laſſen, die ſeiner nationalen Art geradezu
zu=
widerläuft. In Belgien datiert dieſer Vorgang ſeit der
franzö=
ſiſchen Revolution, wo die öſterreichiſchen Niederlande dem
fran=
zöſiſchen Reiche einverleibt wurden; ſanktioniert wurde er aber
erſt richtig nach der Loslöſung Belgiens von dem
ſtammver=
wandten Holland, 1830, die ſich mit Hilfe der franzöſiſchen
Waf=
fen vollzog. Damals verſtand es wieder einmal franzöſiſche
Intrigenpolitik, unterſtützt durch konfeſſionellen Hader,
Stammes=
brüder gegeneinander aufzuhetzen.
Erſt nachdem die unverhüllten Verwelſchungsverſuche
Blü=
ten gezeitigt hatten, die in der Hinrichtung eines unſchuldigen
flämiſchen Arbeiters gipfelten, weil er ſich nicht auf Franzöſiſch
verteidigen konnte, — entwickelte ſich unter den Flamen eine
energiſche Gegenbewegung. Von Gelehrten und Künſtlern
ge=
tragen, blieb dieſe vorwiegend akademiſch, unpolitiſch und daher
unwirkſam. Die Franzöſiſchgeſinnten, die ſich nicht allein aus
den walloniſchen Kreiſen, ſondern auch aus den Abtrünnigen
unter den Flamen ſelbſt zuſammenſetzten, bemächtigien ſich
in=
deſſen der führenden Stellungen in Politik und Wirtſchaft, und,
nicht zu vergeſſen, auch im kirchlichen Leben. Der heraufziehende
Weltkrieg ſah die flämiſche Zukunft in wenig hoffnungsvoller
Lage. Der flämiſche Arbeiter, ſoweit er aus ſeiner Indolenz
erwacht war, flüchtete ſich größtenteils in das internationale
ſozialiſtiſche Lager; gerade er war von ſeiten der franzöſiſch
ge=
ſinnten wirtſchaftlichen Machthaber einer Ausſaugung ausgeſetzt,
die in Europa faſt einzig daſtand. Obſchon ſich hier, und mehr
noch unter der ſtudierenden flämiſchen Jugend, friſches,
dolks=
tümliches Leben regte, lagen doch dem Bürger und dem Arbeiter
die bürgerlichen Eintagsintereſſen näher, als das nationale
Er=
wachen, daß ſich unter ſo vielen anderen unterdrückten Völkern
Europas um dieſe Zeit gewitterdrohend vollzog. Das franzöſiſche
Rentu=rideal hatte das Andenken an die große Vergangenheit
faſt rerdrängt.
Aber der Krieg ließ auch hier die Kraft erſcheinen. Das
ungeheuere Mißverhältnis im Frontheere, in dem 80 Prozent
Flamen ſüarcn, während alles andere, Leitung, Etappe uſ, in
franzäſiſihen Händen war, gab auch den breiteren Maſſen Stoff
zum Nachdeuken. Obſchon auch an der Front don det belgiſchen
Negierung mit allen Mitteln des Terrors gearbeitet wurde, ſetzte
ſich gerude in der Loslöſung vom bürgerlichen Daſein das
ur=
ſprüngliche Nationalempfinden mit viel unbedingterer Kraſt
duich. Echter, alter Genueſengeiſt führte entſchloſſene Flamen zu
einem nationalen Bund auf Leben und Tod, der ſogen.
flämi=
ſchon Front, zuſammen. Während deſſen hatte ſich auch in dem
beſetzten Belgien eine entſchiedene Bewegung zur Durchſetzung
der nationalen Forderungen geltend gemacht. Die flämiſchen
Aktiviſten waren bereit, das nationale Intereſſe über das des
ihnen fcindlichen Staates zu ſtellen. Die Hauptforderungen,
die der flämiſchen Hochſchule in Gent und die nach einer
ge=
trennten Verwaltung der flämiſchen Landesteile, wurden nach
längerem Zögern von der deutſchen Verwaltung durchgeführt.
Bureaukratiſche Bedenklichkeit und unpolitiſche Engſtirnigkeit
nahmen allerdings in Deutſchland vielfach Anſtoß an dieſem
Verfahren, und auch nach dem unglücklichen Ausgang des Kriegs
war man gleich bereit, die Flamenpolitik nicht nur als erfolglos,
ſondern ſogar als ſchädlich für die flämiſche Sache, ſelbſt als
kataſtrophal, hinzuſtellen.
Daß dem nicht ſo iſt, iſt ſeit längerer Zeit durch den Gang
der Ereigniſſe bewieſen worden. Zwar ſitzt noch der edle
Vor=
kämpfer des Aktivismus, Borms, im belgiſchen Kerker; aber zum
erſten Male beſteht in der Geſchichte Belgiens eine Partei, die
Freiheit und Selbſtbeſtimmung Flanderns als Hauptprogramm
vertritt. Sie verfügt, was für die heutigen belgiſchen
Verhält=
niſſe ſchon beachtenswert iſt, in der Kammer über ſieben Sitze.
Den Namen „Flämiſche Front” hat ſie aus der Kriegszeit
bei=
behalten. Sie ſtellte als ihre Leitſätze auf:
1. Die Flämiſche Front ſieht das flämiſche Volk als ein
unterdrücktes Volk an. Die unterdrückende Macht iſt die
belgi=
ſche zentraliſtiſche Staatseinrichtung. Darume bekämpft die
Flämiſche Front den Einheitsſtaat Belgien., der ſich auf
franzö=
ſiſchen und walloniſchen Imperialismus und den Verrat einer
Minderheit aus der eigenen Nation ſtützt.
2. Mitkämpfend in den erſten Reihen derer, die für
Anti=
militarismus ſtreiten, für ſoziale Gerechtigkeit und
linternatio=
nale Verſtändigung, unterſcheidet ſich die Flämiſche Front
da=
durch von anderen Parteien, daß ſie es als ihre
Exiſtenzgrund=
lage und ihr Hauptziel anſieht, die nationalen Anſprüche des
flämiſchen Volkes zu entwickeln und zu verwirklichen.
3. Sie betrachtet jede Löſung der flämiſchen Frage, die
Flandern keine völlige Selbſtverwaltung gibt, als verwerflich.
Unſere he
Seite 2.
Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 13. Anguſt 1923.
Nummer 222.
4. Sie hält zur Verwirklichung ihres Zieles das
Zuſam=
menwirken aller Vorkämpfer der flämiſchen Selbſtändigkeit ohne
Unterſchied der religiöſen und philoſophiſchen Weltanſchauung
für erforderlich.
5. Sie ſtellt ſich daher auf den Boden der praktiſchen
Tole=
ranz und hält Gottesfrieden für durchaus unentbehrlich zur
Eintracht uuter ihren Anhängern.
Noch belangreicher für die gegenwärtige Lage iſt die
Stel=
lung zur äußeren Politik, die durch folgende Punkte
gekennzeich=
net wird: Allgemeine Abrüſtung; keine Gemeinſchaft mit
Mäch=
ten, die ſich weigern, abzurüſten; Zuſammenarbeit mit
abrüſten=
den Mächten, um die anderen zu iſolieren: Auflöſung des
bel=
giſch=franzöſiſchen Militärbündniſſes; Oppoſition gegen den
bel=
giſch=franzöſiſchen Wirtſchaftsderband; Reviſion des Vertrages
von Verſailles; Verwerſung aller dadurch vorgeſehenen
Sank=
tionen; Zurückziehung der Beſetzung im Rheinland: Errichtung
eines wirklichen, allgemeinen Völkerbundes; Abſchaffung der
Geheimdiplomatie.
Die deutſche Flamenpolitik im Kriege hatte den Erfolg, daß
ſie den Nachweis erbrachte, daß die oberſten Ziele verwirklicht
werden können, und ſo das Volk aus ſeiner Paſſivität aufrüttelt.
Heute vertritt die flämiſche Mehrheit der katholiſchen Partei, wie
auch die flämiſchen Sozialiſten die Grundforderungen mit einem
Nachdruck, der vor dem Kriege kaum denkbar geweſen wäre.
Jüngſt kam die Nachricht, daß das Miniſterium Theunis
neugebildet ſei unter Annahme der Hauptforderungen:
Abhal=
tung der Hauptkurſe an der Genter Univerſität in flämiſcher
Sprache; techniſche Nebenkurſe können auch in ſranzöſiſcher
Sprache abgehälten werden. Der deutſche, wie auch der dieiſche
Michel werden geneigt ſein, dies für einen beachtenswerten
Er=
folg zu halten. Das Gegenteil iſt der Fall: das Ganze iſt darauf
angelegt, mit halben Konzeſſionen die Flamen einzuſchläfern
und von ihrem Endziel abzulenken. Wer auch nur das Ziel einer
kulturellen Autonomie im Auge hat, kann ſich mit einer ſolchen
Halbheit niemals abfinden. Für die Flamen kann nur eine
einzige Löſung auf die Dauer annehmbar ſein: völlige
Gleich=
berechtigung, Herr im Hauſe auf flämiſchem Boden. Bei
konſe=
quenter Durchführung kann das nur die völlige Verbannung des
Franzöſiſchen von der Genter Hochſchule überhaupt ſein, und bei
wirklicher Folgerichtigkeit auch von der in Loewen. Mit
Zalb=
heiten iſt der flämiſchen Sache nur geſchadet, denn es heißt, den
Beteiligten und dem unparteiiſchen Beobachter Sand in die
Augen ſtreuen. Die unveränderliche Forderung der flämiſchen
Front heißt daher nach wie vor: Gent oft niets — Gent oder
gar nichts.
Wir Deutſche haben ein natürliches Intereſſe daran, daß der
in Deutſchland einſt kulturell führende Stamm nicht der
Ver=
welſchung anheimfällt. Nationale Eigenkultur iſt nur möglich,
wenn die Erreichung der geiſtigen Höchſtziele auf der
unzwei=
deutigen Grundlage der eigenen Sprache möglich iſt; und dazu
iſt die Univerſität beruſen, daher auch die erbitterte Gegnerſchaft
der Französlinge. Dies Intereſſe iſt aber auch im engeren Sinne
ein politiſches. Ein freies Flandern als beſtimmender Faktor
in Belgien wird ſich nicht, wie bisher, als Zugochſe für den
fran=
zöſiſchen Siegeswagen mißbrauchen laſſen; es muß und wird
in uns die natürlichen, ja die einzigen Bundesgenoſſen gegen die
Verwelſchung ſehen. Und wenn wir heute mit Abſcheu den
Schandtaten auch der belgiſchen Soldateska zuſehen müſſen, ſo
wollen wir nicht vergeſſen, daß die verantwortlichen Urheber
eben jene Französlinge ſind, die auch die mutigen flämiſchen
Männer mit Tod, Kerker und Verbannung verfolgen. Auch ſie
wird mit ihren franzöſiſchen Spießgeſellen dereinſt die Nemeſis
ereilen.
Verbote.
Paris, 12. Aug. (Wolff.) Nach einer Havasmeldung aus
Koblenz hat die Rheinlandkommiſſion die Mitteilungen der
Ver=
einigung deutſcher Arbeitgeberverbände für drei Monate
verbo=
ten. Außerdem iſt das von Dumont=Schauberg in Köln
heraus=
gegebene Kursbüchlein, das die Fahrzeiten der Züge und
Stra=
ßenbahnen im beſetzen Gebiet enthält, ſoweit ſie nicht unter
franzöſiſch=belgiſcher Regie ſtehen, verboten worden, weil das
Buch geeignet ſei, die Bevölkerung von der Benutzung der
Regie=
züge abzuhalten.
Druck auf die Arbeitsloſen im beſetzten Gebiet.
Paris, 11. Aug. (Wolff.) Nach einer Meldung des Temps
aus Mainz haben die franzöſiſchen Behörden heute vormittag
das Mainzer Arbeitsamt beſetzt, wo die
Arbeits=
loſen täglich ihre Karten lochen ließen und ihre Unterſtützung
erhielten. Gleichzeitig wurde angekündigt, daß eine weitere
Aus=
zahlung von Streikunterſtützungen nicht mehr geduldet werde.
Die Arbeitsloſen würden durch Vermitlung der franzöſiſchen
Behörden der franzöſiſch=belgiſchen Regie oder anderen
Arbeits=
ſtätten zugeteilt werden und, wenn ſie arbeiteten, Lohn erhalten.
Es ſei dies eine Maßnahme, die demnächſt auf das ganze
Rhein=
land ausgedehnt werden würde.
Neueſte Foriſchritte der Wettervorausſage.
Dadurch, daß die Wetterpropheten auch manchmal irren, iſt
man leicht geneigt, die gewaltigen Fortſchritte zu verkennen, die
die Wiſſenſchaft der Wettervorherſage in letzter Zeit gemacht hat.
Gerade in dieſem Sommer haben wir erlebt, wie die großen
Veränderungen der Witterung von den amtlichen
Wetterdienſt=
ſtellen im Weſentlichen vorher richtig angegeben wurden. Der
bekannte Meteorologe Prof. Kaßner hebt in der Leipziger
Illu=
ſtrierten Zeitung Verbeſſerung in der Wetterprophezeiung
her=
vor, die miit wichtigen Fortſchritten in der Erkenntnis der
Ur=
ſachen des Wetters verknüpft iſt. In den letzten Jahrzehnten
hatte man ſich daran gewöhnt, das Wetter auf die durch die
Wet=
terkatten bekannten Hoch= und Tiefdruckgebiete, zurückzuführen.
Dieſe Vorſtellung iſt zwar auch heute noch von Wichtigkeit, jedoch
ſind unſere Anſchauungen über das Entſtehen, Wandern und
Vergehen dieſer Gebiete außerordentlich erweitert worden, ſo daß
wir das Auftreten eines „Hochs” oder „Tiefs” ſehr viel beſſer
einzuſchätzen vermögen. Beſondere Verdienſte haben ſich hierbei
die Mitglieder der norwegiſchen Gelehrtenfamilie Bjenknes
er=
worben, indem Großvater, Vater und Sohn ſich mit der
Wetter=
vorſage theoretiſch und praktiſch beſchäftigten. Auch die
For=
ſchungen des Aeronautiſchen Obſervatoriums Lindenberg bei
Beeskow haben zur Klärung beigetragen. Die Wirkung der
Polar= und Aequatorialſtröme in der Luft iſt durch die
Ergeb=
niſſe der Höhenforſchung aufgehellt worden. Man erfährt
dar=
uus, daß in der Höhe von den Aequatorialgegenden Luft dem
Pglargebiet zugeführt wird, ſich dort abkühlt und dann von Zeit
zu Zeit in die ſüdlicheren Gegenden hereinbricht. Die Front
die=
ſer vorſtoßenden kalten Luft nennt man Polarfront, und zwar
ſind es im allgemeinen vier Polarſtröme kalter Luftmaſſen, die
vom Polar äquatorialwärts vordringen, bis ſie die Energie
ihrer Bewegung verlieren und ſich ſchließlich ſogar zum Teil von
der Hauptluftmaſſe losreißen. Solch ein abgeriſſener kalter
„Tropfen” kann ein ſelbſtändiges Hochdruckgebiet bilden. Neben
dem kalten Luftſtrom fließt in entgegengeſetzter Richtung ein
tdarmer, ſo daß eine Grenzſchicht mit unruhig bewegter Luft
ent=
ſieht. Da dieſe Schicht die gleichmäßige, kontinuierliche
Aen=
derung der Temperatur, Feuchtigkeit uſw. zwiſchen beiden
ſtrö=
menden Luftmaſſen unterbricht, nennt man ſie die
Diskontinui=
tätsſchicht.
Wenn nun zwei Luftſtröme mit verſchiednner Wärme und
Feuchtigkeit neben einander herſtrömen, entſteht in der
Grenz=
ſchicht eine Wirbelung, zunächſt nur andeutungweiſe in Form
einer leichten Einbuchtung. An dieſer Stelle werden ſich feine
Wolken und öfter leichte Regen zeigen. Da aber die warme Luft
gegenüber der kalten eine Energiezufuhr bedeutet, ſo verſtärkt ſich
Vom Tage.
Der Vorwärts veröffentlicht einen Aufruf: „Arbeiter, ſchützt die
Republik!”, in dem ſich das Blatt ſcharf gegen die kommuniſtiſche
Gene=
ralſtreikhetze wendet. Die Sozialdemokratie müſſe den Kampf gegen alle
Verderber des deutſchen Volkes aufnehmen, gleichgültig, von welcher
Seite ſie kämen.
Der Berliner Magiſtrat erſuchte angeſichts der Wirtſchaftslage
Ber=
lins und der Notwendigkeit ſchneller finanzieller Maßnahmen die
Stadt=
verordnetenverſammlung, ihre Ferien abzubrechen und ihre
regelmäßi=
gen Sitzungen unverzüglich wieder aufzunehmen.
Die von den Franzoſen am 3. Juni über Höchſt verhängte Nacht=
und Verkehrsſperre iſt vorgeſtern morgen 9 Uhr von der
Beſatzungs=
behörde wieder aufgehoben worden. Der Verkehr bei Nacht, ſowie der
Verkehr der Kraftfahrzeuge und Fahrräder kann ſich im Stadtbezire
Höchſt wieder ungehindert abwickeln.
Wie der Temps mitteilt, hat die franzöſiſche Regierung die
Ver=
öffentlichung einer beſtimmten Anzahl von Dokumenten, die ſich auf die
jüngſten Verhandlungen beziehen, vorbereitet. Schließlich habe die
franzöſiſche Regierung die verſchiedenen an der Sache intereſſierten
Regierungen gefragt, ob ſie nichts gegen die Veröffentlichung einzu=
Die engliſche Note iſt Sonntag früh in Brüſſel eingetroffen. Da
Theunis und Jaſpar von Brüſſel abweſend waren, iſt ihnen eine
Ab=
ſchrift der Note zugeſandt worden.
Die Sowfetregierung überreichte dem britiſchen Vertreter eine Note,
in der feſtgeſtellt wird, daß Nakowekt, die ihm von der Morning Poſt
zugeſchriebenen Worte nicht geſprochen häbe. Die Behauptungen von
der Englandfeindlichkeit Rakowskis werden ausdrücklich beſtritten.
Die engliſche Antwortnote.
England billigt den paſſiven Widerſtand.
* Berlin, 13. Aug. (Priv.=Tel.) Der Inhalt des
älli=
ierten Schriftwechſels über die Reparationsfrage und die
Ruhr=
okkupation wurde heute in London zur Veröffentlichung
frei=
gegeben. Die engliſche Note drückt ähnliche Enttäuſchung
über die franzöſiſche und belgiſche Erwiderung auf die dem
Ant=
wortentwurf an Deutſchland beigegebene Mantelnote aus. Es
könne keine Rede davon ſein, von Deutſchland mehr zu fordern,
als es tatſächlich bezahlen kann. Wie viel das Maximum ſeiner
Zahlungsfähigkeit ſei, das ſei jetzt die bedeutendſte Frage für
alle ſeine Gläubiger. Die engliſche Regierung ſei nicht willens,
einer Transaktion zuzuſtimmen. Die engliſche Note beleuchtet
die Anſprüche der Alliierten im Lichte des in Spa geſchloſſenen
Verteilungsſchlüſſels und ſetzt auseinander, daß nach dem
Prio=
ritätsabkommen Belgien weit mehr erhalte, als jede andere be= durch eine Kontrollinſtanz herbeizuführen. Dieſe Maßnahmen
teiligte Macht. Hinzu komme, daß es völlig von ſeinen
Kriegs=
ſchulden durch die Alliierten befreit worden ſei, die eine Summe
von 300 Millionen Pfund betragen haben. Gegenüber franzöſiſchen
Anſprüchen von 26 Milliarden Goldmark haben die franzöſiſchen
Geſamſchulden an Amerika und England darüber hinaus 27
Drei= bis Vierfache von dem, was es eigentlich nach dem
beſtehen=
den Abkommen zu erhalten habe, bekommen. Weder in den
Waffenſtillſtandsbedingungen noch in denen des
Friedensvertra=
ges kann man rechtliche Grundlagen für derartige Anſprüche
Belgiens und Frankreichs finden. Die engliſche Note geht dann
zu einer Aufſtellung der Verluſte finanzieller und materieller
Art über, die England erlitten hat. Die engliſche Regierung
kann keinen Grund einſehen, warum das Verteilungsabkommen
von Spa rediviert werden ſoll. England iſt der einzige von
allen Verbündeten, der augenblicklich ſeine Zinſen für die im
Kriege aufgenommenen Schulden in Amerika in einer
augenblick=
lichen Höhe von 1 Milliarde Pfund abzahle. England habe allein
bisher im Intereſſe ſeiner Alliierten auf die Erfüllung von
Ver=
pflichtungen durch andere verzichtet, die ſich auf 7—800
Millio=
nen Pfund belaufen, und die andererſeits eine weſentliche Hilfe
für die Zahlungen an Amerika darſtellen würden. England hat ſiſche Interpretation des 8 18 im höchſten Grade anfechtbar ſei,
Rechte, von Deutſchland jeden Erſatz zu erhalten, vorerſt
verzich=
tet und ſo, wirtſchaftlich ausgedrückt, die Schulden ſeiner
Alli=
ierten dadurch vermindert, daß es ſeinen Anteil an den
deut=
feiner Alliierten betrachtet. Es ſei ungerecht, und auch
unmög=
lich, von dem engliſchen Steuerzahler, der weit mehr belaſtet ſei,
als der franzöſiſche und belgiſche, noch mehr Opfer durch eine
Aenderung des Verteilungsſchlüſſels von Spa zugunſten
Frank=
bel, der etwa zu einem Drittel aus warmer und ſonſt aus kalter mit allen techniſchen Mitteln, denn es iſt nicht mehr der einzeln
Luft beſteht. Die warme Luft, die leichter als die kalte Luft iſt,
ſchiebt ſich auf dieſe hinauf, und ſo entſteht eine Aufgleitfläche,
die als Scheidelinie mit der Erdoberfläche die Kurslinie, meiſt
Aufgleitlinie genannt, hat. Da aufſteigende feuchte Luft ſich
aus=
dehnt und ahkühlt, wird ſie in einer gewiſſen Höhe ſo kühl, daß und ſo großartig der Kampf des Menſchen mit der Natur ſic
terer Regen oder die ſchon bei der Einbuchtung gebildeten
Wol=
ken und Negen verſtärken ſich. Die warme Luftmaſſe dringt nun
immer eiter nach Norden, die kalte im Weſten nach Süden und
ſchiebt ſich hinter der warmen her, unter ſie herunter in der
ſoge=
nannten Böenlinie, weil hier durch den Temperaturgegenſatz oft
Böen und Gewitter verurſacht werden. Die vorderſte, Stirnfläche
der kalten Luftmaſſe heißt Einbruchsfläche; auch hier entſteht,
aber nur in ſchmalen Streifen, Wolke und Regen. Während bei
der Kurslinie die warme Luft die darunter liegende kalte nur
langſam vorwärts ſchiebt, eilt die Böenlinie der kalten Luſt
ſihneller, voran, da ſie die leichtere warme Luft
empor=
hebt. Schließlich wird die nachfolgende kalte Luft die Kurslinie
erreichen, ſo daß Böenlinie und Kurslinie zuſammenfallen; die
beiden kalten Luftmaſſen werden ſich miteinander vereinigen und
die warme Luft größtenteils emporheben. Damit iſt dann die
Zyklone, erſchöpft, denn die Zufuhr, warmer Luft, die Energie
bringt, iſt abgeſchnitten. Dieſes Spiel des Bildens und
Ver=
gehens der Zyklonen wiederholt ſich ſtändig, und ſo folgen ſich
ſehr oft 3—5 ſolcher Wettergebilde, die man als „Familie”
be=
zeichnet und bei deren Auftreten man von „Familienwetter”
dem ſo häufig beobachteten, ſich wiederholtendem Wechſel von
gutem und ſchlechtem Wetter ſpricht. Die Antizyklonen oder
Hochdruckgebiete ſind Gebilde der polaren Kaltluftſtröme. Dieſe
Vorgänge ſind naturgemäß nur ſchematiſch angegeben; ſie ſind
aber für die Wettervorherſage von großer Bebeutung, da ſie
manche bisher dunkle Wetterlage verſtehen lehren.
Sterbende Naturlandſchaften.
* Die Urbarmachung der großen Moore in
Nordweſtdeutſch=
land hat in der Zeit nach dem Kriege überraſchende Fortſchritte
gemacht und weite Landſtriche ſo umgeſtaltet, daß ſie gar nicht
mehr wieder zu erkennen ſind. Wenn die Kulturarbeit noch
zwei oder drei Jahrzehnte mit der gleichen Schnelligkeit
fort=
ſchreitet, dann werden die Moore der Vergangenheit angehören.
Es wird hier mitten in Deutſchland der Erde neues fruchtbares
Land in einer Weiſe abgeſvonnen, wie es bisher nur aus über=
reichs und Belgiens zu fordern. Weiter ſetzt die Note
ausein=
ander, daß die von der Reparationskommiſſion errechneten
Sum=
men von 132 Milliarden Goldmark einfach nur eine genaue
Ab=
ſchätzung der Schäden darſtellt, für die nach dem Verſailler
Frie=
densvertrag Erſatz beanſprucht werden könne. Bei diefer
Ab=
ſchätzung ſei jedoch keine Rückſicht auf die Frage genommen, ob
Deutſchland ſo viel zu zahlen fähig ſei. Frankreich und Belgien
ſeien in der Reparationskommiſſion in der Luge, über die Köpfe
der engliſchen und italieniſchen Vertreter hinweg zu entſcheiden,
und es ſei natürlich, daß, durch dieſe Umſtände bedingt, die
Kom=
miſſion in der Praxis nur noch Intereſſen der franzöſiſch=
belgi=
ſchen Politik vertrete. Was den Beſchluß angehe, eine
unpar=
teiiſche Kommiſſion zur Feſtſetzung der deutſchen
Zahlungsfähig=
keit zu berufen, erklärt die Note, in dieſer Kommiſſion könnten
nicht nur Vertreter der an den Reparationen intereſſierten
Mächte, ſondern müßten auch Vertreter Amerikas und ſolcher
Staaten ſitzen, die an dem letzten Kriege nicht teilgenommen
wenden hätten. Die Antwort aus London und Rom ſtände noch aus, haben. Das ſei auch Deutſchland ſelbſt erwünſcht. Trotzdem ſei
die engliſche Regierung bereit, wenn die verſchiedenen
Regie=
rungen ſich dazu verpflichten, der Reparationskommiſſion zu
empfehlen, die Reſultate der Arbeit dieſer Kommiſſion entweder
voll anzunehmen oder dieſe Kommiſſion nur ais beratende „
In=
ſtanz anzuſehen.
Sodann geht die Note zur Betrachtung der Ruhrbeſetzung
über. Die engliſche Regierung kann der Theſe nicht beipflichten,
daß der paſſive Widerſtand bedingungslos, als dem Verſailler
Vertrag widerſprechend, aufgegeben werden müſſe. Die höchſte
engliſche Juſtizbehörde habe der engliſchen Regierung ein
Gut=
achten dahin ausgeſtellt, daß der Widerſtand Deutſchlands gegen
dieſe franzöſiſch=belgiſche Aktion voll begründet ſei, und die
eng=
liſche Regierung habe niemals ihre Anſicht verhehlt, daß die
franzöſiſch=belgiſche Aktion keineswegs durch den
Friedensver=
trag von Verſailles gerechtfertigt werden könne. Aber ſie ſei
vollkommen damit einverſtanden, daß dieſe
Meinungsverſchieden=
heiten über die Interpretation wichtiger Beſtimmungen des
Frie=
densvertrages vom Haager Schiedsgericht oder von irgend einer
anderen Inſtanz geklärt werden möge. Der erſte Schritt dazu
würde ſein, das Maximum der Summe feſtzuſetzen, die man
vernünftigerweiſe hoffen könne, von Deutſchland zu erhalten,
Und der nächſte Schritt ſei, irgendwelche Mittel zu ergreifen
für eine wirkungsvolle Wiederordnung der deutſchen Finanzen.
Dazu gehöre die Bereitſtellung einer auf geſunder Baſis
beruhen=
den Sicherheit der laufenden deutſchen Zahlungen. Dieſe ſei
müſſen jedoch von ungeſunden Hemmniſſen, wie die mi täriſche
Okkupation der Ruhr es ſei, frei ſein. Wenn alle Schritte
unter=
nommen würden, eine Summe für die deutſchen
Reparations=
verpflichtungen aufzuſtellen, und dieſe Zahlungen zu ſichern,
dann ſei England gerne bereit, ſich in eine Diskuſſion über die
Milliarden betragen. Dadurch habe Frankreich ungefähr das alliierten Schulden an England einzulaſſen. Dieſe Bereitſchaft
dürfe aber nicht ſo ausgelegt werden, als wolle ſich England da=
2
mit ſeiner Rechte als Gläubiger begeben.
Der Londoner Korreſpondent des Temps reſümiert die
Informationen der Londoner Sonntagsblätter dahin, daß die
Note einen Wendepunkt in der Geſchichte der engliſch=
franzöſi=
ſchen Beziehungen darſtelle, daß die Oppoſition innerhalb des
Kabinetts den Widerſtand gegen die Politik Baldwins und Lord
Curzons definitiv aufgegeben habe und daß man in den
maß=
gebenden engliſchen Kreiſen erwarte, daß die Note eine ſehr
heſ=
tige Aktion bei den Alliierten zur Folge haben werde, daß ihre
Veröffentlichung andererſeits aber der engliſchen Politik die
Zu=
ſtimmung der ganzen Welt ſichern werde.
Der Matin erklärt, die engliſche Note ſei zwar von
außer=
ordentlicher Herzlichkeit im Ton, aber ſie entbehre abſolut jeder
Logik.
Die Oeuvre ſchreibt, es ſei nicht zu leugnen, daß die
franzö=
auf ſeine ihm auf der Pariſer Konferenz ebenfalls garantierten aber man müſſe ſich fragen, wohin eine Kontroverſe über dieſen
Punkt gerade im gegenwärtigen Augenblick führen ſolle, da alle
Gutachten der engliſchen Juriſten zuſammen Herrn Poineare
nicht beſtimmen könnten, die Ruhr zu räumen. Die engliſche
Re=
gierung würde deshalb beſſer daran getan haben, wenn ſie dieſer
ſchen Reparationszahlungen als eine Abzahlung der Schulden Tatſache Rechnung getragen und die Löſung des Konflikts auf
anderem Wege verſucht hätte.
Berichtigung. In unſerem geſtrigen Leitartikel mu
es in der ſiebten Zeile von unten ſtatt Friedensplänen ſelbſt
verſtändlich Feindesplänen heißen.
die Einbuchtung allmählich und bildet ſchließlich eine Art Wir= ſeeiſchen Kolonien bekannt war. Die Landerſchließung erfolg
Koloniſt, der mit ſeinem Spaten ſich ein kleines Stück Land er
kämpft, ſondern es iſt das Großunternehmertum, das mit gewal
tigen Mitteln und vollkommenen Maſchinen das Oedland frucht
bar macht. Die Moore ſind alſo ſterbende Naturlandſchaften
ſie den Waſſerdampf nicht mehr völlig halten kann, worauf dieſer hier entfaltet, ſo iſt es doch zugleich traurig, daß dieſe majeſtäti
zu Träpſchen verdichtet wird. Es entſteht eine Wolke und leich= ſchen Zeugen aus fernen Urzeiten der Erdgeſchichte verſchwinder
müſſen. Ein anſchauliches Bild einer ſolchen ſterbenden Natur
landſchaft und ihrer Nutzbarmachung entwirft B. Brandt i!
den „Naturwiſſenſchaften”, indem er einen Beſuch des Vehne
moores in Oldenburg ſchildert. Von ergreifender Großartigkei
iſt die Einſamekit dieſer unüberſehbaren bräunlichen Fläche, wi.
ſie die für das Hochmoor ſo charakteriſtiſchen Waſſerflächen, 11
dieſem Falle das „Bargwiſchen=Meer” darſtellen. Andere Teil
des Moores wieder zeigen eine intereſſante Pflanzendecke, di
ſich mit zunehmender Austrocknung des Landes ändert. An den
Hunte=Ems=Kanal, der Etappenlinie der modernen Moorkultu!
liegen die erſten Arbeiten ein halbes Jahrhundert und länge
zurück; hier ſind, wie Vorpoſten der Kultur, die jungen Moor
dörfer entſtanden, die hufenweiſe der Moorwildnis fruchtbare!
Nährboden abgewonnen haben. In den erſt jüngſt bearbeitete:
Teilen herrſcht ein ganz anderes Bild. „Fauchenden Ungetüme,
gleich bewegen ſich plumpe Torfbagger langſam über den un
berührten Boden. Tiefe Gräben aufreißend, den ausgehobene!
Torf zu Soden preſſend, dieſe mittels langer Laufbänder reihen
weiſe zum Trocknen ausbreitend, verwandeln ſie die Urlandſcha!
im Nu in Kulturwüſte. Immer ſinnreicher geſtaltet, erſetzt di
Maſchine zunehmend Menſchenkraft, die indeſſen wegen der wei
ten Ausdehnung der Betriebe in größeren Maſſen erforderlie
iſt. Dieſe neuen Kulturpioniere entſtammen nicht nur de
benachbarten Geeſtdörfern wie einſt, ſondern auch Städten, Hd
fen, Induſtriegebieten. Wo gerade Ueberſluß an Arbeitskraft iſ
Sie ſind keine eigentlichen Koloniſten, ſondern raſch wechſelnd
Gelegenheitsarbeiter, die, in großen, leicht abzubrechenden un
wieder aufzubauenden Baracken untergebracht, den Bagger:
von einem Ausbeutungsfeld ins andere ſolgen. Denn noch *
das Moor mitten, im Abbau begriffen und, einzelne Punk1
ausgenommen, nicht koloniſationsreif. Der Beſiedlung eilt abe
der Verkehr voraus: der Kanal wird erweitert, Stichbahnen ſin
angelegt worden; Güterwagen und Ewer befördern den neuer
dings koſtbar gewordenen Brennſtoff weithin ins Land, ja z. T
wie die ſorgfältige Verpackung erweiſt, in die Häfen zur Aus
fuhr über See..."
Nummer 222.
Seite 3
Dartſtädiev Zn Elntit. We
. Rutzuft 192x.
Stadt und Land.
Darmſtadt, 13. Auguſt.
Der Goldmarkpreis. Angeſichts der vielen Anfragen bei
r hieſigen Reichsbankſtelle, die mit Rückſicht auf den
herrſchen=
n Hocbetrieb telephoniſch nicht beantwortet werden können,
rd zur Errechnung des Goldmarkpreiſes darauf aufmerkſam
macht, daß er folgendermaßen feſtgeſetzt wird: ein
Zwanzig=
irkſtück iſt gleich 4,5875 Dollar; den Preis des
Zwanzigmark=
ckes erhält man durch Mul iplizierung von 4,5875 Dollar mit
n Mittelturs der telegraphiſchen Auszahlung für Neu=York;
türlich immer letzte Notierung.
— Der Brotpreis mußte wegen der weiteren Steigerung
Löhne, des Brennmaterials uſw. abermals erhöht werden.
r große Laib koſtet jetzt 23000 Mark, ein Brötchen aus
ge=
ſchtem Brotmehl 1300 Mark. (Siehe Anzeige.)
— Sommerſpielzeit Pruno Harprecht. In der heutigen
Erſtauf=
rung der engliſchen Detektivkomodie „Der Wauwau” ſind
be=
iftigt die Damen Kiee, Hillburg und Wigge und die Herren Bruno
rprecht (Titelrolle), Sauer, Sang, Lindt, Göbel, Molenaar, Bögel
) Schüler. Die Spiekleitung hat Theo Bögel. Das Stück, das in
rlin mit Max Pallenberg des außergeiöhnlichen Erfolges wegen
natelang den Spielplan beherrſchte, kann hier nur einige Tage
ge=
en werden. Die Vorſtellung fällt der Montagmiete zu.
* Nieder=Ramſtadt, 11. Aug. Gemeinderatsbericht vom
Auguſt I. Js. Die Vergütungen der unſtändigen
Gemeinderats=
ienſteten wurden der Geldentwertung entſprechend erhöht.
Gleich=
ig wurde beſchloſſen, die für den Monat Juli gultigen Satze für den
nat Auguſt dergeſtalt anzuwenden, daß diefe um das 10fache erhöht
den. — In Anbetracht der mißlichen Finanzlage der Gemeinde iſt
Verwaltung genötigt, von der geſetlichen Beſtimmung, für das
ſr 1923 einſtweilen vorläufige Grund= und Gewerbeſteuern zu erheben,
rauch zu machen. Es wird beſchloſſen, den höchſt zuläſſigen Satz zu
eben. Die Einziehung ſoll auf dem raſcheſten Wege erfolgen, damit
Gemeindekaſſe baldigſt in den Beſitz der Gelder gelangt. — Der
Wald=
tſchaftsplan für 1924 wird beraten und dieſer dem Vorſchlag der
Kom=
ion entſprechend gutgeheißen, mit folgenden Ausnahmen: Anſtatt der
uns der Oberförſterei zur Fällung vorgeſehenen 730 Feſtmeter ſollen,
n einigermaßen möglich, 1500 Feſtmtr. Nutz= und Brennholz geſchlagen
den. Die Beſchlußfaſſung über den ſeitens der Oberförſterei
ge=
hten Vorſchlag, den Pflanzgarten wegen Unrentabilität aufzugeben,
ilt ſich der Gemeinderat noch vor. — In Anbetracht des Umſtandes,
in der letzten Zeit verſchiedentlich grobe Feldfrevel vorgekommen
veranlaßt den Gemeinderat, einen Hilfsfeldſchutz dergeſtalt
einzu=
en, daß alle Grundſtücksbeſitzer abwechſelnd ehrenamtlich daran
teil=
ehmen haben. Die von der Bürgermeiſterei dazu berufenen Leute
den abteilungsweiſe gewiſſe Bezirke abpatrouillieren und ganz
un=
ſichtlich gegen die Frevler vorgehen. Außerdem wird beſchloſſen,
Betreten des Feldes ſowie der Flur= und Feldwege nur noch in der
von vormittags 7—11 Uhr und nachmittags von 1 Uhr ab bis zur
retenden Dunkelheit zu geſtatten. Verboten wird auch das ſogenannte
renleſen auf noch nicht vollſtändig abgeernteten Ackerteilen. — Dem
ſchlag der Baukommiſſion entſprechend wird dem Geſuch des P.
Luck=
ot 3. auf Gewährung eines Baukoſtendarlehens in gleicher Höhe wie
hm ſeitens des Staates bewilligt wird, ſtattzugeben. — Die
Pacht=
er von den gemeindlichen Grundſtücken ſollen der Geldentwertung
prechend erhöht werden. Die Feld= und Waldkommiſſion wird
beauf=
t, bis zur kommenden Sitzung entſprechende Vorſchläge auszuarbei=
— Die Abmachung der Verwaltung mit dem Pächter der Gemeinde=
Kommerzienrat Hickler aus Darmſtadt, den Jagdpacht für das
lau=
e Pachtjahr auf der Grundlage von 56 Stück Hafen zu einem noch
erechnenden Durchſchnittspreiſe zu bezahlen, wird genehmigt. — Dem
ſchlag des Kreisamtes entſprechend ſoll auch in hieſiger Gemeinde der
faſſungstag feſtlich begangen werden. Allerdings kann in Anbetracht
Kürze der Zeit die Feier nicht mehr in dem Rahmen gehalten
wer=
wie dies durch den Reichsinnenminiſter vorgeſchlagen wurde. In
ger Gemeinde wird der Tag am Abend vorher feſtlich eingeläutet,
hfalls wird am Verfaſſungstage ſelbſt mittags mit allen Glocken
geläute ſtattfinden. Die öffentlichen Bureaus der
Gemeindeverwal=
ſind zu ſchließen und die Dienſtgebäude zu beflaggen. — Die durch
Modaubachräumungsverband vorgenommenen
Bachregulierungs=
eiten ſind nach Anſicht des Gemeinderats derart mangelhaft ausge=
* daß ein Eingreifen notwendig wird. Es wird daher beſchloſſen,
ausgeführten Arbeiten im Beiſein mit einem Beamten des
Kultur=
amts einer eingehenden Beſichtigung zu unterziehen. —
Schreiner=
ter und Gemeinderat Keil führt Beſchwerde darüber, daß er die ihm
tragenen Fenſterreparaturarbeiten in der Gemeindewohnung des
Schneider nicht hätte ausführen können, da die Wohnung bereits
lang fortgeſetzt verſchloſſen geweſen ſei. Da mittlerweile die
Ar=
zlöhne wiederum ganz gewaltig geſtiegen ſind, kann die Arbeit nun=
* nicht mehr ausgeführt werden. — Auf eine Anfrage hin wird
be=
ſſen, daß auch das Gehalt des Faſelwärters Werner, gleichwie
den übrigen Beamten, monatlich vorauszubezahlen iſt. — Eine andere
cage, ob die Reinigungsarbeiten im Schulhaus infolge größerer
araturarbeiten zu den Dienſtobliegenheiten des Schuldieners gehören
den, wurde durch einen Beſchluß des Gemeinderats ein= für allemal
n erledigt, daß dies der Fall ſei. Zum Waſchen der Vorhänge wird
vorhandene Reinigungsmaterial geſtellt.
—0— Groß=Zimmern, 10. Aug. Ein neues Schulhaus ſoll
errichtet werden. Der Gemeinderat hat beſchloſſen, ſofort in die
ren Vorverhandlungen einzutreten. — Die Waldjagd beträgt
87 Millionen Mark. — Bei der Verpachtung der Feldſchafweide
den 89 Millionen gelöſt.
ot. Seligenſtadt, 10 Aug. Mietſätze. Da über die neuen
Miet=
keine Einigung zwiſchen Hausbeſitzern und Mietern zu erzielen war.
den die Hundertfätze amtlich feſtgeſetzt. Sie betragen jetzt 110 000 %,
40 0000 vorher.
ur. Aſtheim a. Rh., 10. Aug. Diebſtahl. Hier ſtahl ein junger
in, der bei einem Landwirte vorübergehend während der Erntezeit
stellung war, das Fahrrad der Tochter ſeines Arbeitgebers und
ver=
and damit auf Nimmerwiederſehen.
Die Finanzen des Großherzogs.
Roman von Frank Heller.
Copyright bei Georg Müller Verlag, München.
(Nachdruck verboten.)
„Ew. Hoheit tun mir unrecht,” erwiderte Paqueno mit ſanf=
Vorſpurf. „Wenn ſich Ew. Hoheit jetzt an das andere
er=
n, ſo erinnern ſich Hoheit vielleicht auch, wer auf die
un=
ſelige Idee kam. Nicht ich, Hoheit, ſondern Ew. Hoheit
obgleich ich mich beeile, zuzugeben, daß ſie zuerſt nur im
rz hingeworfen wurde. Daß ich es wagte, die Sache zu
be=
en, hat niemand mehr bedauert als ich; in den letzten zwei
en, wo Ew. Hoheit das Ganze vergeſſen zu haben ſchienen,
ich tauſend Pläne geſchmiedet, um meine Torheit auf eigene
ſt wieder gut zu machen. Ach ich war damals ein alter blin=
Narr — aber ich wurde von dem Verführeriſchenſten gelockt,
es auf Erden gibt, Hoheit, von der Hoffnung! Noch heute
ere ich mich an all die Hoffnungen, die in uns erwachten, als
Zerlobung geplant wurde. 32 lange Jahre hatte ich Tag für
daran gearbeitet, unſere Finanzen zuſammenhalten —
bei=
ohne Hoffnung! Und nun ſah es plötzlich aus, als wären
endlich gerettet. Nur noch ein paar Monate durchhalten . . ."
Wer zum Teufel konnte auch ahnen, daß die Verlobung in
Brüche gehen würde, Paqueno! Sagen Sie mir, wer!”
„Niemand, Hoheit, aber leider ſtand es ſo in den Sternen
rieben. Fürſt Nikolaus wollte nicht, und Großfürſtin Olga
trotz alledem ſeine gehorſame Tochter Er iſt jetzt tot —
beiß nicht, ob Hoheit es vor einigen Monaten in den
Zeitun=
geleſen haben. Und wir, Hoheit, ſtehen als Verbrecher da, in
hr, jederzeit von Semjon Marcovitz entlarvt zu werden. Und
. . . Ich weiß, daß die Handlung, die wir begingen, in den
en der Welt verbrecheriſch und gemein war, aber wie tief ich
luch bereue, in den meinen iſt ſie nicht ſo verbrecheriſch.
re Abſichten waren die beſten und Gott weiß, daß wir das
nicht zu unſerem eigenen Nutzen angewendet haben. Unter
den Verhältniſſen würden viele meiner Ordensväter unſere
dlung für zuläſſig gehalten haben. Aber ich weiß, daß die
liche Gerechtigkeit anders urteilt. Für ſie iſt eine ſolche
dlung ein Verbrechen, ob man nun Vorteil daraus gezogen
oder nicht.”
Der Großherzog ſtampfte auf den Boden, ſo daß die alten
worplatten dröhnten.
mſa, das macht mich ja eben ſo wahnſinnig!“ — rief er.
er ſtehen wir beide, Paqueno, mit der charmanten Ausſicht,
Sitzung der Handelskammer Darmſiadt
am 9. Auguſt 1923.
Vertreter der Handelskammer haben an einer Reihe verſchiedener
Sitzungen teilgenommen, in denen zu den wichtigſten gegenwärtigen
wirtſchaftlichen Tagesfragen Stellung zu nehmen war. Auch die
Kom=
mizſionen der Kammer haben ſich mit dieſen Fragen eingehend befaßt.
Hervorgehoben ſei hierbei hauptſachlich der Entwurfeines neuen
Arbeitsgerichtsgeſetzes, welches bereils in zweiter
abgeänder=
ter Form vorlag, ſowie das Geſetz über den Verkehr mit unedlen
Metallen ſowie deſſen Ausführungsbeſtimmungen ſeitens der heſſiſchen
Regierung und nicht zuletzt die große Zahl der neuen
Verbrauchs=
abgaben=Geſetze, wie Salzſteuer, Zündwarenſteuer, Zuckerſteuer,
Minerakwaſſerſteuer, Leuchtmittelſteuer uſw. Wenn auch im einzelnen
in dieſen Entwürfen nur weniges zu beanſtanden war, ſo mußte doch
all=
gemein gegen die wiederholt hervorgetretene Tendenz, in immer
größe=
rem Maße die Erhebung, Berechnung und Verrechnung der Steuern auf
das Einzelunternehmen abzuwälzen, energiſch Stellung genommen
wer=
den. Das B ſtreben, einen großen Teil der von der Steuerbehörde ſelbſt
vorzunehmenden Arbeit dem Steuerpflichtigen aufzubürden, darf nicht
weiter um ſich greifen, da hierdurch die Velaſtung der Betriebe mit
un=
produktiven Ausgaben in einem nicht erträglichen Maße geſteigert wird.
Gegen den vorgelegten Entwurf eines
Wechſelſtempel=
geſetzes brauchten Bedenken nicht erhoben zu werden.
Bei dem hieſigen Poſtamt wurde betreffs des
Fernſprechver=
kehrs darauf hingewieſen, daß es häufig verhältnismäßig zu lange
dauert, bis ſich auf einen Anruf das Amt meldet, ebenſo, daß es nach
Beendigung eines Geſpräches in den ſeltenſten Fällen möglich iſt, ſofort
eine neue Verbindung zu erreichen. Wenn auch die derzeitige
Ueber=
laſtung des Amtes anerkannt werden muß, ſo iſt doch von der
Poſtver=
waltung zu verlangen, daß gerade in der heutigen Zeit, wo für alle
Ge=
werbetreibende von der raſchen Bedienung durch das Telephon ſo
außer=
ordentlich viel abhängt, derartige Mißſtände abgeſtellt werden. — Ebenſo
gaben die unzureichenden Telephonverhältniſſe im
hinte=
ren Odenwald, ſpeziell in Erbach und Michelſtadt, zu Vorſtellungen
bei der hieſigen Oberpoſtdirektion und bei dem Reichspoſtminiſterium
Anlaß. Es wird hier nur möglich ſein, durch Schaffen eines zentralen
Amtes etwa in Michelſtadt eine Beſeitigung der durch die vielen kleinen
Aemter in Erſcheinung tretenden Mißſtände herbeizuführen. Die
außer=
ordentliche Entwickelung der Induſtrie des hinteren Odenwaldes macht
eine dahingehende baldige Neuorganiſation unbedingt erforderlich.
Der Vorſchlag, in den Poſtſcheckfoxmularen nur noch die
Beträge in Worten auszufüllen, die über 1000 Mk. betragen, wurde als
zwveckmäßig erachtet und unterſtützt.
Bezüglich der Berechnung der Gebühren für Bewachung
und Bedienung uſw. der Gleisanſchlüſſe wurde mit
Vorſchlägen an die Reichsbahndirektion Mainz herangetreten. — In
Schadenerſatzangelegenheiten war die Kammer gleichfalls
bei der Reichsbahndirektion vorſtellig geworden, da die
Eiſenbahnver=
waltung die Aufwertung ſelbſt ein Jahr zurückliegender berechtigter
Forderungen verweigert und ſich durch Zahlung eines heute nominell
geringen und vollſtändig unzureichenden Betrages ihrer
Schadenerſatz=
pflicht zu entziehen verſucht.
Die außerordentlichen Verhältniſſe in einem Teil unſeres Bezirks
haben das Bedürfnis für kleinere Gewerbebetriebe und Kaufleute, deren
Ge; häfte vollſtändig ſtilliegen, gezeigt, auch ihrerſeits die
Erwerbs=
loſenfürſorge in Anſpruch zu nehmen. Eine ſolche ſinngemäße
Anwendung der Beſtimmungen über die Erwerbsloſenfürſorge wurde von
uns unterſtützt, da dieſe Firmen ſonſt gezwungen ſind, ihr
Betriebs=
kapital vollſtändig aufzuzehren und hierdurch ihre zukünftige
wirtſchaft=
liche Exiſtenz zu vernichten.
In Gemeinſchaft mit der hieſigen Handwerkskammer und dem
Darm=
ſtädter Anwaltverein war der Entwurf einer
Schiedsge=
richtsordnung ausgearbeitet worden. In der heutigen
ſchnell=
lebenden Zeit beſteht für den Gewerbetreibenden das Bedürfnis, in
ſtrei=
tigen Fällen auf möglichſt raſchem Wege eine Eutſcheidung herbeiführen
zu können, da ſonſt die meiſten Forderungen, ehe ein Urteil vorliegt,
durch die Geldentwertung zuſammenſchmelzen. Die ordentlichen Gerichte
ſind infolge ihrer für die heutige Zeit nicht zugeſchnittenen geſetzlichen
Verfahrungsvorſchriften nicht in der Lage, in allen Fällen die gewünſchte
raſche Entſcheidung herbeizuführen. Vor allen Dingen beſteht bei dem
odrentlichen Gericht die Möglichkeit, daß eine Partei durch ihr
Ver=
halten einen Prozeß beliebig in die Länge ziehen kann, wodurch der
rechtſuchenden Gegenpartei die gewünſchte Entſcheidung voventhalten
wird. Als ein außerordentlicher Nachteil iſt es in ſolchen Fällen auch
zu bezeichnen, daß häufig das Gericht auf das Gutachten eines
Sachver=
ſtändigen angewieſen iſt, während es in manchem Falle einfacher wäre,
den Sachverſtändigen ſelbſt entſcheiden zu laſſen. Dieſe und noch andere
Gründe haben die Errichtung eines den Gewerbetreibenden zur
Ver=
fügung ſtehenden Schiedsgerichtes angebracht erſcheinen laſſen. Unter
Berückſichtigung aller Möglichkeiten der Beſchleunigung des Verfahrens,
ſowie unter Ausſchaltung aller entgegenſtehender Hemmungen, ſoweit
ſie nicht zur zuverläſſigen Durchführung eines ordentlichen Verfahrens
notwendig ſind, wurde daher der Entwurf einer Schiedsgerichtsordnung
aufgeſtellt und von der Handelskammer angenommen. Die Errichtung
des Schiedsgerichts ſoll nunmehr baldigſt erfolgen.
Eingehend beſchäftigte ſich die Kammer mit der geſetzlichen
Regelung des Deviſenverkehrs. Die in ſteigendem Maße
ſich verſchärfende Zwangsgeſetzgebung auf dieſem Gebiet, welche in vieler
Beziehung den wirtſchaftlichen Bedürfniſſen ntcht Rechnung trug, hat in
den Kreiſen von Handel und Induſtrie eine außerordentliche
Verwir=
rung hervorgerufen. Dieſe iſt nicht ohne Rückwirkung auf unſer geſamtes
Wirtſchaftsleben geblieben. Vor allen Dingen hat auch die Verſorgung
der Bevölkerung mit ausländiſchen Lebensmitteln und mit aus
auslän=
diſchen Rohſtoffen hergeſtellten Waren eine Erſchwerung erfahren, die
in der vorhandenen Warenknappheit und in raſch ſteigenden Preiſen
ihren Ausdruck fand. Der Mangel eines ſtabilen Zahlungsmittels im
Inlande in Verbindung mit der Unmöglichkeit der genügenden
Deviſen=
beſchaffung für die berechtigten Firmen und des vollſtändigen Verbotes
für alle nicht am Import und Export beteiligten Firmen, hat jegliche
Kalkulationsbaſis genommen. Ein Verkauf der Waren bedeutet für die
Mehrzahl der Firmen ein Verluſtgeſchäft, da ſofortige Eindeckung mit
neuer Ware in den ſeltenſten Fällen möglich und eine Sicherung der
vereinnahmten Markbeträge gegen die Geldentwertung ausgeſchloſſen iſt.
Die Folgen hiervon ſind ungewöhnlich große Subſtanzverluſte, die
zur=
in einem Monat für die Skandalzeitungen photographiert zu
werden: Neue Enthüllungen von Europas Schandfleck — Don
Namons letzte Streiche uſw. bis in die Unendlichkeit. Und was
haben wir an unſeren 200 000 für ein Vermögen gehabt? Wenn
ich mich recht erinnere, haben ſie die Juden in London und
Am=
ſterdam für ihre Zinſen eingeſtrichen? Oder war es Herr
Alten=
ſtein?”
Senjor Paqueno nickte düſter, ohne zu antworten, und der
Großherzog fuhr im ſelben Ton fort, aber mit einem immer
leb=
hafteren ſpitzbübiſchen Funkeln im Auge:
„Beherzigen Sie meine Worte, Paqueno. Es iſt eine Hölle,
ein abſoluter Fürſt ohne Geld zu ſein. Wenn man das iſt, iſt
man ſchon nicht weit vom Anarchismus entfernt. Don
Jero=
nimo war ebenſo arm wie ich, aber er hatte es doch auf jeden
Fall gut. Er war in der Zeit geboren, in der er geboren ſein
ſollte. Brauchte er Geld, ſo ſchrieb er ein paar Kaperbriefe und
bohrte ein paar Dutzend Kauffahrteiſchiffe in den Grund.
Nie=
mand fand etwas daran. Ueberdies hatte er Freude an ſeiner
Beute — feine Schlöſſer und jeden Tag Feſte. Ich, Paqueno
be=
gehe kleine Verbrechen und lebe die liebe lange Woche von
Kaninchen. Ich bin ein Anachronismus, ein tief
beklagenswer=
ter Anachronismus. Gott ſei dank, daß ich unverantwortlich bin!
Das war noch immer mein Troſt in dunklen Stunden. Aber der
Sicherheit halber werde ich mich diesmal an einen Spezialiſten
in Geiſteskrankheiten wenden. Habe ich das Zeugnis in der
Taſche, daß ich geſtört bin, dann bin ich fein heraus. Und
natür=
lich bekomme ich das Zeugnis. Man muß doch toll ſein, um als
Regent in Minorca zu bleiben.”
„Und was wird aus mir, Hoheit?” fragte Senjor Paqueno
mit einem leichten Beben in der Stimme.
Der Großherzog hatte begonnen, mit langen hinkenden
Schrirten im Zimmer auf= und abzugehen. Bei Senjor
Paque=
nos Worten blieb er ſtehen und ſtreckte die Hand aus.
„Alter Eſteban! Verzeihen Sie mir! Ich glaubte, Sie
merk=
ten, daß ich ſcherze — töricht natürlich, wie gewöhnlich. Es iſt
doch klar, daß wir in dieſer Sache zuſammen ſtehen und fallen.
Aber ſeien Sie ruhig, wir werden uns ſchon über Waſſer halten.
Wann verfällt diefer elende Schuldſchein?”
„Am 13. März, Hoheit; er wurde am 13. März 1908
aus=
geſtellt.”
„Alſo von heute in einem Monat! Und Marcovitz will
natürlich alles haben?”
„Das glaube ich nicht. Marcovitz wird abſchreiben.”
„Hm, ich habe eine Ahnung, was ein ſolches Abſchreiben
be=
deuten würde. Nein, die Sache muß aus der Welt. Ich will ſie
zeit ſchon das Weiterbeſtehen vieler Firmen, beſonders im Einzelhandel,
fraglich erſcheinen laſſen. Wenn die hieraus ſich für unſere Wirtſchaft
ergebenden ſchlimmen Folgen abgewendet werden ſollen, iſt eine baldige
Abänderung der Beſtimmungen über den Deviſenhandel erforderlich. Es
iſt zu hoffen, daß dieſe in der gegenwärtigen Tagung des Reichstags im
Intereſſe unſerer wirtſchaftlichen Weiterexiſtenz erfolgen wird.
Weiter war zu dem Entwurf eines Steuerzinsgeſetzes
Stellung zu nehmen. Dieſer ſieht vor, an Stelle der feſten Zuſchläge
des Geldentwertungsgeſetzes, wie ſie bei verzögerter Steuerzahlung in
Anwendung kommen, in Form von Zinſen, deren Höhe jewveils von dem
Reichsfinanzminiſter feſtgeſetzt werden ſoll, Markentwertungszuſchläge
zu erheben. Das Beſtreben, hierdurch eine rechtzeitige Zahlung der
Steuern herbeizuführen und die Markentwertung den ſäumigen
Schuld=
ner tragen zu laſſen, kann nur gutgeheißen werden. Zu verlangen iſt
aber, daß der Zinsſatz zergliedert wird, einmal nach tatſächlichen
Ver=
zugszinſen, zum anderen nach dem maßgebenden Entwertungsfaktor der
Mark, da es nicht richtig iſt, dieſen letzteren mit dem allgemeinen
Zins=
begriff zu verbinden. Ebenſo darf dieſes Syſtem nicht auf die Fälle der
Stundung und des Zahlungsaufſchubs ausgedehnt werden, weil
hier=
durch deren Zweck illuſoriſch würde.
Reich und Ausland.
Aus der Reichshauptſtadt.
Mit ungewöhnlichem Raffinement arbeitete eine
Heirats=
ſchwindlerin, die unter dem klangvollen Namen „Freifrau von
Bonin” auftrat. Die „Freifrau”, die als eine Frau Martha Nelewska,
geborene Boni, entlarvt wurde, verſtand es, die Aufmerkſamkeit
ver=
mögender Herren durch ihr ſelbſtſicheres und elegantes Auftreten auf.
ſich zu lenken. Sie trug ſtets ein auffallendes Kollier mit ſechsfeldigem
Adelswappen und einen großen Siegelring mit Freiherrnkrone. So
lernte ſie auch einen Gutsbeſitzer W. kennen, dem ſie viel von ihren
ihr durch Erbſchaft zugefallenen drei Gütern bei Schwiebus erzählte
und ihm auch eine vom Landrat des Kreiſes Meſeritz ausgeſtellte
Be=
ſtandsaufnahme vorzeigte. Sie gab vor, die Witwe eines im Kriege
gefallenen höheren Artillerieoffiziers zu ſein, der in Metz eine
präch=
tige Villa beſeſſen hätte. Auch eine von einem franzöſiſchen Oberſt
Fontaine unterzeichnete Beſcheinigung, nach der ihr 10 000 Franes
Ent=
ſchädigung zugebilligt worden ſeien, hatte ſie ſtets zur Hand.
Endlich=
wiegte ſie ihren Verehrer dadurch in Sicherheit, daß ſic ſich aus
Bres=
lau ein fingiertes Telegramm ſenden ließ, daß ihrem Onkel beide Beine
amputiert werden müßten. Die untröſtliche Nichte reiſte auch ſofort in
Begleitung ihres Bräutigams nach Breslau und ſuchte ihren armen
Onkel auf. Der Gutsbeſitzer mußte vor der Klinik warten, weil ſein
Beſuch den Onkel zu ſehr aufregen würde. Schwer erſchüttert von dem
ſchrecklichen Anblick kehrte die „Freifrau” zurück. Ihr Schmerz wurde
nur dadurch gelindert, daß ihr ſterbender Onkel ihr ein Teſtament in
die Hand gedrückt hatte, in dem ſie zur Alleinerbin ſeines 4000 Morgen
umfaſſenden Gutes eingeſetzt wurde. Endlich unternahm ſie noch mit
ihrem Bräutigam eine Reiſe an das Grab ihrer Mutter. Auf dem
Friedhof warf ſie ſich ſchluchzend über einen mit Blumen geſchmückten
Grabhügel. Wie die Ermittelungen ergeben haben, lebt die Murter,
eine einfache Frau, noch heutigen Tages vergnügt in Berlin. Erſt
durch einen Zufall erfuhr ihr Verlobter, daß alles erſtunken und
er=
logen war und daß alle Urkunden gefälſcht waren. Die „Freifrau”
hatte ſich nunmehr kürzlich vor dem Schöffengericht Schöneberg wegen
Betrugs und Urkundenfälſchung zu verantworten. Der Amtsanwalt
beantragte mit Rückſicht auf die ſeltene Dreiſtigkeit des Vorgehens der
Angeklagten drei Monate Gefängnis. Rechtsanwalt Dr. Brandt bat um
eine Geldſtrafe, da die Angeklagte nicht aus gewinnſüchtiger Abſicht
ge=
handelt habe, ſondern nur aus übergroßer Liebe zu ihrem Verlobten,
den ſie durch den vorgetäuſchten Adel und ihr angeblich großes
Ver=
mögen an ſich feſſeln wollte. Das Gericht ließ auch Milde walten und
erkannte auf fünf Millionen Mark Geldſtrafe.
Deutſche Kunſt und deutſche Kolonie in Buenos Aires.
D. A. I. In Buenos Aires gaſtiert zurzeit eine deutſche
Künſtler=
ſchar, die unter Franz Schalks Führung die Muſikdramen Wagners
zur Aufführung bringt. Die geſamte Preſſe der argentiniſchen
Haupt=
ſtadt iſt voll des Lobes über dieſe Aufführungen, die auf einer ſehr
hohen Vollendungsſtufe ſtehen. Die Deutſche La Plata=Zeitung ſtellt
jedoch feſt, daß leider die deutſche Kolonie den Aufführungen gegenüber
Zurückhaltung übe. Es ſind durchweg Künſtler von Ruf, die dem
En=
ſemble angehören: ein Kirchhoff als Siegmund, Charlotte Dahmen
als Sieglinde, Elſa Bland als Brunhilde, Dr. Schipper als Wotan und
andere mehr, und die Aufführung der „Walküre” war eine der beſten,
wenn nicht die beſte, was Einheitlichkeit des Stils betrifft, die jemals
in Buenos Aires gehört wurde. In dieſem Jahre wird es ſich
ent=
ſcheiden, bb in Zukunft die deutſche Oper zu einer ſtändigen Einrichtung
gemacht werden ſoll, und es wäre lebhaft zu bedauern, wenn die
deut=
ſche Kunſt am La Plata nach ſo raſchem, überwältigendem Siegeszuge.
ſich nicht halten könnte. Denn es handelt ſich hier um
Propaganda=
arbeit für das Deutſchtum, die von dauerndem Erfolg nur dann ſein
kann, wenn ſich die reichsdeutſchen und deutſch=öſterreichiſchen Künſtler
und die argentiniſchen Deutſchen zu gemeinſamer Arbeit die Hand
reichen.
Stimmen aus dem Leſerkreiſe.
FFür die Veröffentlichungen unter dieſer Ueberſchrift übernimmi die Redaſtion feinerſei
Ver=
antwortung; für ſſie bleibt auf Grund des § 21 Abſ. 2 des Preſſegeſetzes in vollem Umfange
der Einſender verantworilich.) — Einſendungen, die nicht verwendet werden, fönnen nicht
zurückgeſandt, die Ablebnung nicht begründet werden.
Die Bekleidung der im Straßendienſt verwendeten Poſtbeamten
war früher einwandfrei. Leider iſt heutzutage das Gegenteil der Fall.
Selbſt unter Berückſichtigung der heutigen ſchwierigen
Finanzverhält=
niſſe der Reichspoſtverwaltung müßte ſich eine Möglichkeit finden laſſen,
die Bekleidung der im Straßendienſt verwendeten Poſtbeatmen
einheit=
licher und würdiger zu geſtalten. Die Bekleidung der Poſtbeamten, die
als einzigſtes Abzeichen ihrer Amtstätigkeit oft, außer einer äußerſt
fragtvürdigen Zivilbekleidung, nur eine abgetragene Uniformmütze
tra=
gen, iſt nicht dazu angetan, das Anſehen des Standes ſowohl als auch
der Reichsbehörde und ſomit des Staates zu heben. Wenn wir uns in
dieſer Beziehung heute auch nicht mit anderen Staaten meſſen können,
ſo ließe ſich doch in Bezug auf die Bekleidung und das äußere Anſehen
unſerer Poſtbeamten mancherlei verbeſſern. Die Oberpoſtdirektion wolle
ſich auch im eigenen Intereſſe dieſer Frage zuwenden und die hierfür
zuſtändigen Organe mit den nötigen Weiſungen verſehen.
R.
nicht länger auf meinem Gewiſſen haben. Wir haben einen
Monat vor uns, um uns die 300 000 für Marcovitz zu verſchaffen,
und unterdeſſen, Paqueno, können Sie ſo gut ſein und irgend
einen von Ihren Ordensvätern hervorkramen, der über das
Ge=
wiſſen geſchrieben hat. Ich fühle mich in dieſem Punkte einiger
Tröſtungen bedürftig.”
Don Ramon nahm ſeine Promenade durch das Zimmer
wieder auf. Trotz des Tones, den er eben gegen den alten
Pa=
queno angeſchlagen, war es klar, daß ſeine gute Laune ihn
augen=
blicklich verlaſſen hatte. Er riß das Fenſter auf und ſtarrte mit
gerunzelter Stirne auf den Hafen, deſſen Waſſer im
Sonnen=
ſchein ſchläfrig gluckſte, und auf die kleinen Häuſer, die ſich auf
den Terraſſen rings umher drängten. Die Palmen davor
raſchelten im Morgenſvind, ein undeutlicher Lärm drang aus den
Straßen von Mahon, und ſtoßweiſe kam der Geruch von heißem
Teer vom Hafen. Plötzlich drehte der Großherzog ſich zu
Pa=
queno um, der mit düſteren Blicken ſeine Schuhſpitzen fixierte.
„Iſt der Holländer noch da?"
„Wer, Hoheit?”
„Bekker.”
„Ja, der iſt noch da. Hoheit ſind wohl unterrichtet. Woher
wiſſen Hoheit ſeinen Namen?”
Mein Gott — in Minorca! Alſo er iſt noch da! Das hätte
ich mir denken können. Die Flagge des Hotels weht. Was macht
er denn hier?”
„Ich weiß nicht Hoheit. Er unternimmt viele Ausflüge in
das Inuere der Inſel. Man ſagt, daß er für eine ausländiſche
Geſellſchaft photographiert.”
„Hm, wir brauchen wenigſtens keine Angſt zu haben, daß
er ein Spion iſt und unſere Feſtungen photographiert, da ſie ja
ſämtlich von der Natur raſiert ſind, mit Ausnahme des Kaſtens
hier in Mahon. Wir haben das Programm der
Friedens=
bewegung ſchon in aller Stille verwirklicht. Er iſt ſchon
lange da?"
Einen Monat, Hoheit.”
Die Türe des Speiſeſaales öffnete ſich diskret, und Auguſte
erſchien auf der Schwelle.
„Hoheit, das Frühſtück iſt ſerviert.”
Das Geſicht des Großfürſten erhellte ſich, er ſchüttelte ſeine
bekümmerte Miene ab, ſo wie ein großer Neufundländerhund
das Waſſer abſchüttelt.
„Leiſten Sie mir bei den Kaninchen Geſellſchaft, Paqueno,”
ſagte er, und ſchob den alten Finanzminiſter vor ſich in den
Speiſeſaal. „Wir brauchen beide etwas Stärkendes.”
(Fortſetzung folgt.)
Daretſtädter Tagblatt
Handelsbia
13. Auguſt 1923 Nr. 222
Geld!
Wir entnehmen den nachſtehenden Aufſatz dem „Heſſenland”.
Zeit=
ſchrift für landwirtſchaftliches Genoſſenſchaftsweſen, trotzdem wir in
ver=
ſchiedenen Punkten weſentlich anderer Auffaſſung ſind.
„Wo ſoll das hinführen mit dieſer Teuerung?” „Was mag uns
wohl noch alles bevorſtehen?‟ Das ſind die Fragen, die von Millionen
Deutſcher heute Tag für Tag nicht nur einmal, ſondern immer wieder
geſtellt werden.
Daß neben der unerhörten außenpolitiſchen Bedrückung die
Haupt=
wurzel unſeres ganzen Elendes die gänzliche Zerrüttung unſerer
Wäh=
rung iſt, weiß nachgerade jedermann im Lande. Haben wir denn
über=
haupt noch ein ſtaatlich anerkanntes Zahlungsmittel in Deutſchland, das
Anſpruch auf die Bezeichnung „Geld” machen könnte?
Was iſt denn Geld? Die Wiſſenſchaft antwortet: Geld iſt der
Tauſchvermittler der Preismaßſtab und das geſetzlich
anerkannte Zahlungsmittel. Es ſind alſo drei
Funktio=
nen die das Geld auszuüben hat. Entſprechen auch unſere Papierzettel
nach dieſen Anforderungen?
Geld, heißt es, ſei Tauſchvermittler. Urſprünglich tauſchte
man Ware gegen Ware. Dann bediente man ſich mit dem Gelde eines
Inſtruments, das der rein äußerlichen Vermittlung des Umtauſchs eines
Wirtſchaftsgutes in ein anderes diente. Eine außerordentliche
Erleich=
terung und Vereinfachung des wirtſchaftlichen Verkehrs war die Folge.
Das Geld trat ſeine Herrſchaft über das ganze Wirtſchafts= und
Kultur=
leben an, weil gegen Geld alle Dinge ein= und ausgetauſcht werden
konnten. Inzwiſchen hat ſich dieſer Zuſtand bei uns geändert. Unſere
Mark iſt keineswegs mehr der regelmäßige Tauſchvermittler, vielmehr
kehrt jedermann, der irgend dazu in der Lage iſt, zu dem früheren
Zu=
ſtand der Naturalwirtſchaft zurück und tauſcht Ware gegen Ware. Unſere
Mark erſcheint vielen nicht mehr geeignet, die Rolle eines
Tauſchver=
mittlers zu ſpielen, weil ſie in Ausübung ihrer Vermittlerrolle
grund=
verlogene Angaben mache: Sie behauptet von ſich, eine Mark zu ſein, ſei
dies aber ſchon längſt nicht mehr und eine Stunde danach ſchon wieder
viel weniger geworden.
Wegen des ſtets ſchwindenden Wertes der Mark kann ſie auch nicht
mehr ihre zweite Funktion eines Preismaßſtabes ausüben. Früher
konnte man mit der Mark den Tauſchwert eines Gutes meſſen, wie man
mit dem Meter die Länge, mit dem Kilogramm die Schwere eines
Gegenſtandes mißt. Gewiß war die Mark im Gegenſatz zu den
letzt=
genannten feſten Maßſtäben ſchon immer ein veränderliches Maß, aber
der Staat war in der Lage, es unabhängig von den Schwankungen
feines eigenen Wertes zu machen. Nunmehr bringt das der Staat trotz
aller Bemühungen nicht mehr fertig und kein Menſch glaubt länger
an die Beſtändigkeit der den Zetteln aufgedruckten Ziffern. Unſere
Mark iſt kein zuverläſſiger Preismaßſtab mehr.
Es klingt wie Hohn, aber wir ſprechen es dennoch aus: Was uns
Nachdem unſer Geld ſo für die Durchführung von zwei Aufgaben,
wegen deren es urſprünglich einmal entſtanden war, nicht länger
all=
gemein in Frage kommen kann, bleibt ihm vorläufig noch die dritte
Funktion als geſetzlich anerkanntes Zahlungsmittel.
Aber wie lange? Die Wirtſchaft hat ſich von der Mark geflüchtet
und rechnet mit wertbeſtändigeren Zahlungsmitteln, mit Weizen,
Rog=
gen, Kohle, Kali, Goldmark, Deviſen uſw. An der Börſe werden die
wertbeſtändigen Anleihen längſt gehandelt. Selbſt im Kleinhandel
rech=
net der Kaufmann nach Dollar, engliſchem Pfund und holländiſchen
Gulden. Wird das Reich, nachdem die Privatwirtſchaft
vorangegan=
gen iſt, dieſem Rechnen in wertbeſtändigeren Zahlungsmitteln nicht
fol=
gen müſſen?. Schon ſind Verhandlungen im Gange wegen der
Schaf=
fung wertbeſtändiger Löhne und Gehälter, die, wenn
ſie beſchloſſen werden, auch das Reich wird zahlen müſſen. Dann aber
bedarf es auch der werbeſtändigen Einnahmen in Form
von Steuern. Das Reich mußte wahrnehmen, daß es trotz der
Vorauszahlungen auf Umſatz= und Einkommenſteuer die Beträge nur
immer ſtark entwertet bekommt und verſucht jetzt,
Goldmark=
ſteuern zur Einführung zu bringen. Außerdem wird eine
Gold=
markanleihe aufgelegt werden, über die ebenfalls die
Verhand=
lungen noch nicht abgeſchloſſen ſind. So kehrt ſich alſo auch das Reich
langſam von ſeiner Papiermark ab.
Eine der dringlichſten Forderungen, die Handel und Induſtrie
zur=
zeit erheben, iſt diejenige auf Einführung von Goldmark=
Konten bei der Reichsbank. Zwar ſtemmt ſich dieſe und die geſamte
Bankwelt noch dagegen, aber es hat doch den Anſchein, als werde es über
kurz oder lang dazu kommen müſſen. Deswegen eben, weil nachgerade
niemand mehr in Papiermark rechnen kann.
Wenn wir neben der Papiermark einen wertbeſtändigeren
Preis=
maßſtab in der Goldmark bekommen, die allerdings nicht als „Geld”,
zirkulieren, ſondern nur über Konto geführt würde, ſo ſtehen neue
Spekulationen zwiſchen Papiermark und Goldmark zu erwarten.
Wir erinnern daran, daß die Goldmark ja nicht als Zahlungsmittel in
Erſcheinung treten kann, weil wir über kein oder nicht genügend Gold
verfügen, um damit Geld prägen zu können. Zahlungsmittel hätte alſo
nach wie vor die Papiermark zu bleiben, in welche die Goldmark je nach
dem Deviſenſtand umzurechnen wäre. Iſt danach anzunehmen, daß die
Papiermark an Kaufkraft wieder gewinnt oder wird ſie weiter wie
bis=
her verlieren? Entgegengeſetzter als hier können die bisher hierzu zum
Ausdruck gebrachten Anſichten gar nicht ſein. Während die eine Seite
nämlich ſagt, durch die Führung von Gold=Konten werde der
Papier=
markverkehr weſentlich entlaſtet, ſo daß nicht mehr ſoviel Papiergeld
ge=
druckt zu werden brauche wie bisher und darum die Papiermark im
Kurſe ſteige, hält es die andere Seite für beſtimmt, daß die Papiermark
ins Bodenloſe ſinke, wenn ſie ganz allgemein nicht mehr als
Preismaß=
ſtab, ſondern nur noch als Zahlungsmittel verwandt werde. Schon gibt
es alſo eine Hauſſe= und eine Baiſſe=Partei und damit iſt die
Spekula=
tion fertig. Wir wollen hier nicht ſelbſt ſpekulieren und nicht für Hauſſe
oder Baiſſe Partei ergreifen. Darüber wird ſich ſchon jeder ſeinen Vers
ſelber machen. Wer nach Rußland ſieht, wo neben dem Sowjetrubel
auch wieder ein Goldrubel eingeführt worden iſt, muß jedenfalls die
Wahrnehmung machen, daß dort ein Dollar heute zirke 800 Millionen
Sowjetrubel koſtet. Dort iſt der Sowjetrubel alſo im Kurſe nicht
ge=
ſtiegen.
So unentbehrlich für die Wirtſchaft ein wertbeſtändiger
Preismaß=
ſtab iſt, ſo verhängnisvoll ſind nach allen bisher gemachten Erfahrungen
die Wirkungen der Spekulation. Wir haben geſehen, daß
die zunehmende Geldentwertung einen von Verbrechen vielfach nicht
mehr zu unterſcheidenden Egoismus und den erbittertſten Kampf aller
gegen alle erzeugt hat, der ſich gottlob bisher nur vereinzelt ſchon als
offene Plünderung und Totſchlägerei zeigte. Die moraliſchen Bindungen
ſind nicht ſo ſehr infolge des Krieges gefallen, als wegen des Fehlens
eines ordentlichen und zuverläſſigen Preismaßſtabes.
bevorſteht, iſt bitter ernſt! —
Was ſollen nun angeſichts dieſer Sachlage die Genoſſenſchaften und
ihre Mitglieder tun? Das Wort von der Erhaltung der
Sub=
ſtanz, iſt ja allmählich zum Schlagwort geworden und doch iſt ſeine
Beachtung Pflicht nicht nur gegen ſich ſelbſt, ſondern namentlich bei
un=
ſerem Nährſtand und ſeinen Genoſſenſchaften wohlverſtandene Pflicht
ge=
genüber der Allgemeinheit.
Erhöhung der Geſchäftsanteile, Zinspolitik
mit einer Zinsſpanne von mindeſtens 10 Prozent
bei Guthabenzinſen von nicht weniger als 15 bis
20 Prozent Verkaufspreiſe, die ſich nach den
täg=
lichen Marktpreiſen richten, ſind Forderungen
ge=
genüber unſeren Genoſſenſchaften, die wir oft und
dringlich genug ausgeſprochen haben. Wo ſie nicht
beach=
tet werden, wird die Betätigung bald aufhören müſſen.
Von ganz beſonderer Wichtigkeit iſt für die Spar= und
Darlehns=
kaſſen eine vernünftige Kreditpolitik. Vor allen Dingen muß von
dem Kreditnehmer der Verwendungszweck angegeben werden.
Liegt dieſer nicht in der Richtung der Erhaltung der Betriebsmittel für
das Mitglied, ſondern ſoll es ein Hamſter= und Konjunkturkredit ſein,
ſo iſt er unter allen Umſtänden zu verſagen. Wenn ſich der Landwirt
ſein Betriebskapital in Form von Sachwerten erhalten will, ſo kann ihm
kein vernünftiger Menſch einen Vorwurf daraus machen. Dieſe
Erhal=
tung des Betriebskapitals in Form von Sachwerten geſchieht zum
Bei=
ſpiel dadurch, daß der Weizen verkauft und zugleich für den Erlös
land=
wirtſchaftliche Maſchinen, Düngemittel, Futterartikel uſw. angeſchafft
werden — nicht aber etwa Damenfahrräder, Grammophone, Teppiche
oder Sofas. Das ſind zwar auch Sachwerte, aber kein
Betriebs=
kapital, ſondern Indentarſtücke, deren Gegenwert jetzt ſchon als
Betriebsmittel fehlt. Verbrechen aber iſt es, Getreide oder
ſonſtige landwirtſchaftliche Erzeugniſſe liegen zu
laſſen, Schulden aufnehmen zu wollen und mit dem
Geld gar noch in den Markt hineinzugreifen den
man ſelbſt verſorgen ſollte, etwa durch Anſchaffung
großer Poſten Mehl! Die Spar= und Darlehnskaſſe, welche
dieſes Verbrechen unterſtützt oder ermöglicht verſchenkt nicht nur ſelbſt
bei den mit 50 Prozent zurzeit lächerlichen Zinſen von ihrem Vermögen,
ſondern ſie begeht Verrat am Volksganzen. Hier heißt es hart bleiben,
ſelbſt auf die Gefahr hin, von einem ſolchen Kreditſuchenden als
lei=
ſtungsunfähig oder kleinlich verſchrien zu werden. Die kraſſeſten Egoiſten
ſchreien erfahrungsgemäß am lauteſten! Die beiden Aufrufe in dieſer
Nummer zeigen, daß wir in unſeren Spar= und Darlehnskaſſen keinen
Pfennig für Spekulationskredite übrig haben, daß uns die Mittel zur
Befriedigung des ehrlichen Betriebskredits, wenn nur irgendein
Un=
glücksfall in der Wirtſchaft paſſiert, längſt nicht ausreichen.
Die Bewegung der neuen Ernte, die gut heimgebracht werden
möge, erfordert Rieſenſummen. Helfen wir in unſerem
Genoſſenſchafts=
weſen mit unſerer ganzen Kraft dazu, daß die Ernte in allen
landwirt=
ſchaftlichen Erzeugniſſen ſo raſch als irgend möglich unmittelbar und
auf genoſſenſchaftlichem Weg durch das nächſtgelegene Lagerhaus, den
Verbrauchern zugeführt wird, daß aber auf der anderen Seite
Gelegen=
heit gegeben iſt, nach Möglichkeit das Betriebskapital des
Land=
wirts durch ſofortigen Umtauſch in andere Betriebsmittel zu
er=
halten. Wenn irgend jemand dieſe Aufgabe löſen kann, ſo iſt es das
landwirtſchaftliche Genoſſenſchaftsweſen, das ganz im Gegenſatz zu den
großſpurigen Aeußerungen manches Ueberſchlauen (oben nannten wir
ihn anders) in aller Stille, aber um ſo beſtimmter für die geſamte
Landwirtſchaft täglich unentbehrlicher wird.
S.
Handel und Wandel in Heſſen.
* Wilh. Laaff, Konſerbenfabrik A. G., Mainz. Die
General=
verſammnlung genehmigte den Abſchluß, wonach 20 % Dididende und
30 % Bonus ausgeſchüttet werden, vertagte aber die Kapitalserhöhung
um 27,5 cuf 40 Mill. Mk.
Wirtſchaftliche Rundſchau.
* Leux=Werke A. G. für Schiff= und Bootbau
Frank=
furt a. M. Einer neuen a.v. G.=V. wird eine weitere
Kapitalserhöh=
ung um 40 auf 100 Mill. Mk. vorgeſchlagen.
* Rheiniſche Möbelſtoffweberei vorm. Dahl
u. Hunſche A.=G., Barmen. Die letzte G.=V., die über die bereits
gemeldete Kapitalserhöhung um 28,5 Mill. auf 69 Mill. Beſchluß faſſen
ſollte, ſtimmte der Ausgabe von 22,5 Mill. Stammaktien und 6 Mill.
10ſtimmigen Vorzugsaktien zu. Von den neuen Stammaktien wird ein
Teilbetrag den alten Aktionären im Verhältnis 4:1 zu 25 000 ₰,
ange=
boten, während ein weiterer Betrag zum Erwerb von Aktien der
Tep=
pich=Manufaktur A.=G., Beul a. Rh., beſtimmt iſt. Der Reſt ſoll
frei=
händig, verwertet werden.
* Benz u. Cie., Rheiniſche Automobil= und Motorenfabrik A. G.,
Mannheim. Der Aufſichtsrat beruft auf den 1. September eine
außerordentliche Generalverſammlung ein, die über die in der letzten
ordentlichen Generalverſammlung angekündigte Kapitalserhöhung auf
350 Millionen Mk. Grundkapital beſchließen ſoll. Das geſetzliche
Be=
zugsrecht iſt ausgeſchloſſen. Der Aufſichtsrat ſoll zur Begebung der
neuen Aktien von der Generalverſammlung ermächtigt werden.
*Joſeph Stapf A. G., Aſchaffenburg. Die
Generalver=
ſammlung am 1. September hat neben der Erledigung der Regularien
auch über Kapitalserhöhung um 8 auf 12 Millionen Mk. unter
Schaf=
fung von 25ſtimmigen Vorzugsaktien zu beſchließen.
* Die Buchhändlerſchlüſſelzahl iſt mit Wirkung ab
7. Auguſt auf 80000 erhöht worden.
* Der Verein deutſcher Spiegelglasfabriken in
Köln geht mit Wirkung vom 1. Auguſt an zur
Goldmarkwer=
tung über. Unter Zugrundelegung des Dollarkurſes vom Zeitpunkt
der Aufſtellung der herausgegebenen neuen Grundpreisſätze werden im
Verhältnis zu einer etwaigen weiteren Markverſchlechterung nach dem
am Vortage der Zahlung gültigen Berliner Dollartiefkurs die
Rech=
nungsbeträge erhöht.
* Berlin=Anhaltiſche Maſchinenbau=A.=G. Ein
neues Unternehmen wurde unter der Firma Gas= und Kraftwerk A.=G.,
Berlin, das die Errichtung und den Betrieb von Gasanſtalten,
Elektri=
zitäts= und Waſſerwerken und die Pachtung ſolcher Betriebe zum
Gegen=
ſtand hat, mit einem Grundkapital von 200 Mill. Mk. gegründet. Bei
der Gründung ſind die Berlin=Anhaltiſchen Maſchinenbau=A.=G. mit
45 Mill. beteiligt, die Gasauſtalt=Betriebsgeſellſchaft m. b. H., Berlin
mit 50 Mill., unter anderem die Krom=Schröder=A.=G., Osnabrück, mit
15 Mill.
* Eiſenwerk L. Meyer jun. u. Co., A.=G. Unter Mitwir
kung der Eiſenwerk Meyer A.=G., die ſelbſt mit 21 Mill. Mk. beteiligl
iſt, wurde zum Zweck des Handels mit Schrott und Metallen und der
Herſtellung von Waren aus Metall die Leonhard Beiler u. Co. A.=G
in Berlin gegründet.
* Union, Baugeſellſchaft auf Aktien A.=G., Berlin
Die Geſellſchaft beruft zum 1. September ao. G.=V., die über Erhöhune
des Grundkapitals um 40 Mill. Beſchluß faſſen ſoll. Von den neuer
Aktien ſollen 10 Mill. als Schutzaktien gegeben werden. Das derzeitige
Aktienkapital beträgt 30 Mill.
* Nationale Automobilgeſellſchaft A.=G. Der Auf.
ſichtsrat beſchloß, einer auf den 4. September einberufenen ao. G.=V. die
Erhöhung des Grundkapitals um 110 Mill. Stammaktien auf insgeſam
200 Mill. vorzuſchlagen. Die Aktien ſollen an ein Konſortium gegeben
werden mit der Verpflichtung, einen Teilbetrag den alten Aktionären
im Verhältnis 5:1 zu einem noch feſtzuſetzenden Kurs anzubieten, un
den Reſtbetrag zur Verfügung der Geſellſchaft zu halten. Ueber die z
Verwendung der nicht zum Bezug gelangenden Aktien werden keinerlei
Mitteilungen gemächt.
* Julius Sichel u. Co., Kommanditgeſellſchaft
auf Aktien, Mainz. Die Anteile des Unternehmens wurden zuu
offiziellen Notiz an der Münchener Börſe zugelaſſen.
* Die Roheiſenerzeugung der Vereinigten
Staa=
ten hat im Juli 3,68 Millionen To. gegen 3,66 Millionen To. im
Vormonat und 2,4 Millionen To. im Jahre 1922 betragen.
* Die Generalverſammlung der Preußiſchen
Pfandbriefbank bot ein Bild beiſpielloſer Verwirrung. Es war
aus Zeitungsberichten bekannt, daß um das Inſtitut von verſchiedenen
Intereſſenten, beſonders von der Agrar= und Commerzbank und der
Roggen=Renten=A.=G., heftige Kämpfe geführt wurden. Nach weiteren
Meldungen ſollten die Streitigkeiten am Samstag der vergangenen
Woche ihre Beendigung durch einen gemeinſchaftlichen Vertrag, der bei= de
den Intereſſengruppen gefunden haben, in den die Pfandbriefbank nack Meur u
der Genehmigung der Verwaltungsvorſchläge der
Generalverſamm=
lung eintreten ſollte. Dieſes gemeldete Ergebnis der Verhandlungen
lief jedoch den Tatſachen voraus. Vor Beginn der Generalverſammlung
fanden von neuem lebhafte Verhandlungen ſtatt, über deren Inhalt
vor=
läufig Mitteilungen noch nicht gemacht werden können, die jedoch dazu
geführt haben, daß die Generalverſammlung erſt mit einer Stunde
Ver=
ſpätung eröffnet wurde. Auf der Tagesordnung ſtanden zunächſt die
Regularien. Vor der Abſtimmung über den Geſchäftsbericht und die
Gewinnverteilung wurde jedoch von einer von dieſen Gruppen
unab=
hängigen oppoſitionellen Seite die Legitimation der Vorzugsaktien, in
der Generalverſammlung mitzuſtimmen, bezweifelt. Auf Grund der
ſtatutariſchen Beſtimmungen müſſen die Aktien zur Generalverſammlung
am vorletzten Werktage bis mittags 1 Uhr bei der Geſellſchaft
ange=
melder ſein. Die Mitteilung über die Anmeldung der Vorzugsaktien, die
ſich im Beſitze der Dresdener Bank befinden, iſt der Geſellſchaft jedoch
erſt nachmittags nach 4 Uhr zugegangen. Von der Leitung der
Ver=
ſammlung wurde die Frage, ob die Vorzugsaktien mitſtimmen ſollen
oder nicht, unklar gelaſſen; es wurde vielmehr Abſtimmung durch
Akkla=
mation beantragt, die auch die Genehmigung des Geſchäftsberichts und nu imem
der Gewinnverteilung gegen den Proteſt dieſes Aktionärs ergab. Die chaſ, in der
vorzunehmende Entlaſtung des Aufſichtsrates und des Vorſtandes wurde
einſtimmig erteilt.
* Eiſenhüttenwerk Marienhütte bei Kotzenan
A.=G. Bei der Geſellſchaft, die ihren Abſchluß per 31. März ds. Js.
noch nicht vorlegte, obwohl die Bilanzarbeiten ſeit längerer Zeit beendet
ſind, wird in den allernächſten Tagen eine neue Aufſichtsratsſitzung
abge=
halten, die ſich erneut mit dem Abſchluß beſchäftigen wird. Ueber die
Höhe der zur Ausſchüttung gelangenden Dividende wird auch heute noch
nichts verlautbar. Infolge der grundſätzlich veränderten Lage wird ſich adt vo
die Aufſichtsratsſitzung mit der Frage einer Kapitalserhöhung
beſchäf=
tigen, ohne daß jedoch feſtſteht, ob tatſächlich eine ſolche Transaktion i
Vorſchlag gebracht wird. Der laufende Geſchäftsgang wird als günſtig
geſchildert. Die im April und Mai eingetretene Abſatzſtockung iſt durch
den allgemeinen Warenhunger längſt überholt.
* Wie uns vom Eiſen= und Stahlwaren=
Induſtric=
bund in Elberfeld mitgeteilt wird, rechnet der Hacken=Verband
endgültig mit einem Grundpreiſe von 75 Goldmark die 100 Kilo und
der Hämmer=Verband, mit einem Rabatt von 720 auf die
Liſtengrundpreiſe als Goldmark. — Die neue Liſte der Gezähr=
Vereinigung zu Hagen i. W. zeigt u. a. folgende Preiſe,; die ab
6. Auguſt gültig ſind: Treibfäuſtel, ca. 5 Kg. ſchwer, 0,69 Gmk. das Kg.,
Ferb= oder deutſche Hacke, 1½—1½ Kg., 0,81 Gmk. das Kg.; gewöhnliche
weſtf. Grubenbeile, 1½ Kg. ſchwer, 1.06 Gmk. das Kg. Die Umrechnung
n Papiermark erfolgt über den Schilling.
Mcie
Hickien
geltülen.
Metzia
Brich
Sriteh
urchſetzen.
Anleihen.
Gu
a.
ut !
* Neuewertbeſtändige Anleihe der Stadt Zwickan
in Sachſen. Die Stadt Zwickau gibt neben einer 8—26 0igen
Reichsmarkanleihe bis zu 10 Milliarden eine neue 5 0ige
Steinkohlen=
wertanleihe heraus. Die Anleihe wird vom 13.—18. Auguſt zur
öffent=
lichen Zeichnung aufgelegt und zwar die wertbeſtändige Kohlenanleihe
zum Preis von 372 Mill. Mk. pro To. Steinkohlen. Der aufgelegte
Betrag umfaßt insgeſamt 10 000 To. (Die Stadt Zwickau hat bereits im
März dieſes Jahres eine Kohlenwertanleihe von 24 000 To. begeben.
En
Tageskalender.
Sommerſpielzeit Bruno Harprecht, 7½ Uhr: „Wauwau”.
Orpheum, 7¾4 Uhr: „Villa Adolfy” und „Nathan der Weiſe‟. —
Verſteigerungskalender Dienstag, 14. Auguſt.
Eber=Verſteigerung nachmittags 6 Uhr auf der Bürgermeiſterei
in Nieder=Beerbach.
Druck und Verlag: L. C. Wittich. Verantwortlich für Politik und
Wirtſchaft: Rudolf Mauve; für Feuilleton, „Stadt und Land”,
„Reich und Ausland”: Max Streeſe; für den Inſeratenteil: i. V.:
Ad. Fleiſchmann, — ſämtlich in Darmſtadt.
Die heutige Rummerhat G Seiten.
Bankgeschaft
Fernsprecher 1308, 1309
1——P 2V
Aktien / Renten / Deuisen / Sorten
DarrrierGer
1 Luisenplatz 1
Aß
Rr
Mehl= und Brotpreiſe.
Wegen der weiteren Steigerung der
Unkoſten wurden die Preiſe für Mehl und
Brot durch die Beſchlüſſe der
zuſtändi=
gen Ausſchüſſe vom 13. d8. Mts. ab wie
folgt feſtgeſetzt:
A. Mehlpreis.
Abgabepreis der Mehlverteilungsſtelle.
Einheitspreis für ſämtliche
Mehlarten für den
Doppel=
zentner ohne Sackpfand. . Mk. 689400
B. Brotpreis.
1. 1600 g Brot . . . . Mk. 23000.—
2. 800 g Brot . ... Mk. 11500.
3. Brötchen aus gemiſchtem
Brotmehl im Gewicht von
50 g..... Mk. 1300.—
Darmſtadt, den 10. Aug. 1923.
Lebensmittelamt. (st6760
Baby=Korb Strohhüte
fahrbar, zu verkaufen ſaſſoniert
Näh. Geſchſt, ( 22605 5956a) Manerſtr. 20.
An- und Verkauf
einige tüchtige
Brillanten von Edelmetallen
Zum ſofortigen Eintritt ſuchen wir
Adolf Assmus
65938a) Telephon 2320 u. 426
Schustergasse 15 (Laden)
Beamten=Vereinehem. Mil.=Muſiker
(Ortsgruppe Darmſtadt, gegründet 1922).
Saalbau=Garten
Dienstag, den 14. Aug., abends 8 Uhr:
Schreibmaschinen
und eämtliche Büromaschinen
werden rasch und fachmännisch
repariert bei
A. Lächler, Bürobedarf
Darmstadt —: Karlstrasse 1
Telephon 1489. (2341a
für Buchdruck, (6777g0
Druckerei
L. C. Wittich.
Der Graf von Monte Christo, 2. Teil
U-1. Der Schatz von Monte Christo
6 Akte. Den größten Lacherfolg erzielt
Er, Sie und Hamlet, Lustspiel 5 Akte
Eddie Polo, Zirkus Grey. 5.-Teil:
R-I.
Zwischen Himmel u. Erde
Dr. Palmore, 4 Akte (*21g0
Der Graf v. Monte Christo, 1. Teil:
D-1- D. Geheimnisein, Sträflings 6kte.
Die Kette klirrt, m. Rosel Orla, 6 Akte.
Rheinſtraße 23.
Infant.=Orcheſter. Leitung: Hr. Gg. Greilich.
Quartett=Verein. Leitung: Hr.
Kammer=
muſiker Guſtav Adam. (676
Eintritt: 15 000 ℳ mit Steuer u. Programm.
Motorraddecken
neu, Contin., extr. ſt.,
26 X2½ u. 3, i. A. b. z.
vk. Näh. Geſchſt, (*2222
Gardinenwagen,
Mö=
belrolle. Möbelwagen
wird ta zeweis verliehen.
Hügelſtr. 15. Laden (7*2a
Sommerſpielzeit
Brung Harprecht
Papier=
ankaufſtelle
tägl. 7
hr: (6762a
Wauwau.
Soderſtr. 60
Telep on 1976 (*2250
Rohproduktenankauf
zu den höchſten Preiſen.
Idern
Akten
(3999a
Geſchäftsbücher
Geſchäftsbriefe
Bücher
Zeitungen
Zeitſchriften
Altpapier
kauft zu höchſt Preiſen
A. G. f. d. Papierfach.
Rheinſtraße 20.
Telephon 113u. 423.
Fold- u. Silher
Gegenstände
verkaufen (5606a
Sie am beſten beidem
Fachmann
Jac. Eckſteit
„Thrmacher u. Goldarb.
Große Ochſengaſſe1
Teleph. 2253.
Frauen=
Haare
kauft fortwährend zu
höchſten Preiſ. (5481a
Fr. Tillmann
Eliſabethenſtr. 21
Neueinrichtung
Ueberwachung
durch verſ.
Buchhal=
ter. Diskr. zugeſich.
Adr. der Reflektant.
unt. D 49 an die
Ge=
ſchäftsſt. erbet. (6244a
armfkädter Tagblatt
T
Toer
M
13. Aug. 1923 Nr. 222
armſtädter Zußballergebniſſe. — Deutſchland=Finnſand 1:2. — Ganeſon gewinnt das Alexanderrennen. — Deutſche
Meiſterſchaften im Rudern und Schwimmen. (Zwei neue Rekorde.)
Fußball
portverein 98 Darmſtadt — Fußballverein Würzburg 4:0 (2:0).
— Vorſtehende Mannſchaften ſtanden ſich heute auf dem Stadion
inem Geſellſchaftsſpiel gegenüber. Das Spiel wurde flott
durch=
ahrt. Die zahlreichen Zuſchauer konntey befriedigt den Platz ver=
In. Zum Spiel ſelbſt: Würzburg tritt an und kann ſich einige Zeit
Darmſtadts Hälfte aufhalten. Man konnte bei den Würzburgern
ies Kombinationsſpiel ſehen, doch fehlte faſt immer im nötigen
Anent der Torſchuß. Darmſtadt trägt dann auch ſchöne Angriffe vor
u konnte bis zur Halbzeit zwei Tore erzielen. Nach der Halbzeit
g3 im flotten Tempo weiter. Ellenbeck hält einige Sachen, unter
grem einen ſchön getretenen Straftoß, ſehr gut. Darmſtadt ſchoß
n zwei Tore, dann war Schluß.
Bei den Gäſten gefiel am beſten der Mittelläufer und die beiden
Beidiger. Der Sturm kombinierte ſchön, doch zum Torſchießen fehlte
b geſunde” Schuß. Darmſtadts beſte Leute waren Ellenbeck, Ohlſen,
Br und Müllmerſtadt. Auch Bärenz konnte gefallen. Beide Ver=
* jer hatten einen ſchlechten Tag. Die 4 Tore waren der Erfolg
ſo en Zuſammenſpiels im Sturm. Becker, Müllmerſtadt und Bärenz
ſg en die Tore.
Jor dieſem Spiele ſtanden ſich gegenüber
Sp.=V. 98 Liggerſatz-Viktoria=Aſchaffenburg Ligaerſatz 5:0.
A ffenburg ſpielte ziemlich zerfahren, Darmſtadt konnte ſchon eher
glen. Der Beſte auf dem Platze war Roth vom Sportverein als
W Saußen.
S abteilung „Union” der T.G. Beſſungen 65 E. V. gegen Sportklub
„Viktorig”=Griesheim 1:2, Halbzeit 1:1.
* Das obige erſte Freundſchaftstreffen am Samstag mußte Union
ur inem Verluſt buchen. Trotzdem bewies ſie mit ihrer neuen
Mann=
ſch in der drei ihrer beſten Kräfte noch fehlten, daß ſie ſolchen
Geg=
ne immer noch gewachſen iſt. Das Spiel wurde zum großen Teil in
Gi heims Hälfte ausgetragen. Erſt gegen Schluß mußte Union
G1heim die Führung überlaſſen. Auf beiden Seiten waren die
Ver=
tel ungen der beſte Teil der Mannſchaft. Unions Sturm, der mit
4 Inn beſetzt war, konnte ſich an der kräftigen Hintermannſchaft ſchlecht
uex etzen. Das Spiel ſtand unter der Leitung des Herrn F.
Müllmer=
ſtes vom Sportverein 98, der es in ruhiger und ſachlicher Weiſe zur
32 edenheit beider Parteien leitete.
ußballklub „Olympia”=Lorſch (Liga) gegen F.A. „Eintracht”
ber Turngemeinde Darmſtabt 2i8.
Eintrachts” Erſte eröffnete geſtern in Lorſch als Gegner des dor=
Kreismeiſters die neue Spielzeit und konnte deſſen
Ligamann=
ſch mit 8:2 Toren ſicher ſchlagen.
er Länderwettkampf Deutſchland gegen Finnland in Dresden:
De bland verliert 2i1.
itſcheidungsſpiel um ben Aufſtieg zur Oberliga in Baden.
Re ruher Fußballverein gegen F. C. Freiburg 1:3.
2uu dieſen Sieg iſt Freiburg endgültig in der badiſchen Oberliga,
vä= id der alte verdiente K. F. B., ehemaliger deutſcher Meiſter, in
der ueren Apfel des Abſtieges beißen muß.
Nürnberg. (Priv.=Telegr.) 1. F. C. Nürnberg gegen
Spiel=
ders gung Fürth 1:0. Nach ſchönem Spiel fällt das einzige Tor in der
2. inute im Anſchluß an einen Eckball durch Wieder. Der Klub
ſas Sparta=Prag verpflichtet. Dieſe kam jedoch nicht und in echt
ſport=
lich Beſinnung ſprang Fürth, der ermüdet eben gerade von Stuttgart
an., in die Breſche. Litztere ſchlug in Stuttgart nach gutem Spiel die
do Kickers mit 4: 8.
C. Pfeil=Nürnberg gegen Viktoria=Aſchaffenburg 4:0.
Fußballſportverein Frankfurt gegen Hanau 93 1:3.
nau 93 war als Erſatz für die in letzter Minute abſagenden
Tur=
ges 8 Fürth eingeſprungen. Das Spiel bot im großen Ganzen
zweier=
ler ſtem. Während 93 flott und techniſch kombinierte, machte die
Pr.) ſützerself einen zerriſſenen Eindruck und ließ ſich zu viel auf hohes
ES ein. Die 93 konnte denn auch infolge beſſeren Sichverſtehens im
StA den verdienten Sieg mit nach Hauſe nehmen. Herr
Weingart=
ner m Sportterein Offenbach, ſonſt der gute Schiedsrichter, ließ heute
die wüuſchen übrig.
V. f. R. Frankfurt 01 gegen M. 2. V. Ingolſtadt 3:1.
3 Spiel wurde in Bockenheim vor etwa 1200 Zuſchauern
ausge=
tic. Die Ingolſtädter, die im Vorjahr gegen die ſpielſtarke Helvetig
an= u, ſind nicht mehr die alte Mannſchaft. V. f. R. konnte denn
ar1 ifolge viel eifrigeren Spiels gleich nach Beginn die Initiative an
ſc ßen und ſo den Sieg ſicherſtellen. Als einmal V. f. R. führten,
lie; die Bahern den Kopf hängen und ſpielten zeitweiſe unluſtig. Der
SElſt verdient.
V. f. R. Frankfurt gegen Hanau 94 1:0.
n zwueiten Spiel konnte V. f. R. ebenfalls gegen die bekannte
Vik=
to2 us Hanau einen und zwar knappen Sieg von 1:0 erringen. Beide
Ge: harten am Vortag ſchon ein Spiel erledigt, und war wohl
da1 di= Spiclweiſe nicht immer ſchnell und energiſch. Auch heute war
dies ſchquerzahl ſehr mäßig.
V. f. L.=Süd gegen Union=Schweinfurth 3:2.
im Abſchluß ſeiner Jubiläumsfeſtlichkeiten hatte der V. f. L.=Süd
DF4 Wettſpiel veranſtaltet. Die zahlreiche Zuſchauermenge, die an
de 4zuiſa war, wurde angenehm enttäuſcht und kam gut auf ihre
Kol. Beide Mannſchaften waren ſich ebenbürtig und lieferten ſich ein
f-4
ſchönes Spiel, von dem beſonders zu bemerken iſt, daß es vom
Ar1; his zum Schlußpfiff mit vornehmer Ruhe durchgeführt wurde.
N—1!, war der glückliche Sieger. Vorher ſpielte die Jugendmannſchaft
9e3 die bekannte Würzburger Kickers=Jugend. Hier zeigte V. f. L.,
dar m um Nachwuchs nicht beſorgt zu ſein braucht.
Union=Nieberrad gegen Sportfreunde Frankfurt 0:3.
If ihrem eigenen Platz mußte ſich die laſch ſpielende Niederräder
Elin den eifrigen Sportfreunden eine empfindliche Niederlage
gefal=
ler ſen. Letztere nahmen den Kampf ernſt und ſpielten in einer Art
Eiſe, die an ihre frühere Glanzzeit erinnerte. Der Sieg in dieſer
ſt wohlderdient. Die Spielleitung durch einen Herrn des Sport=
7 war einwandfrei.
Boruſſia=Frankfurt gegen Kickers=Mülheim 2:0.
Eintracht=Fraukfurt unternahm eine Reiſe nach Norddeutſchland.
Am Samstag ſpielte ſie trotz drei Erſatzleuten ein hervorragendes Sptel
in Bremen gegen B. T. S. A.=Bremen und gewann 4:3. Am
Sonn=
tag verlor die Elf nach hartem Spiel in Hamburg gegen den
Fuß=
ballverein=Eimsbüttel knapp 2:3. Ein Elfmeter, der den
Ausgleich hätte briungen können, wurde verſchoſſen.
Pferdeſport
Erſter Frankfurter Auguſt=Renntag.
Am Sonntag begann auf der Frankfurt=Niederrader Rennbahn das
diesjährige viertägige Herbſtmeeting des Frankfurter Rennklubs, das
durch die einheitliche Organiſation mit Baden=Baden und Mannheim
vorzüglich beſetzt iſt. Der erſte Renntag erfreute ſich bei ſchönem Wetter
eines guten Beſuchs. Das klaſſiſche Alexanderrennen für Dreijährige
gewann Stall Weinbergs Ganelon, der vom Start bis zum Ziel mit
großent Vorſprung führte. Dem berühmten Pergoleſeſohn konnte, wie
erwartet, kein einziges der anderen Pferde irgendwie gefährlich werden.
Eine ausgezeichnete Leiſtung vollbrachte im Schlußrennen, dem Willich=
Eriunerungspreis, Opels Kairos, der unter Höchſtgewicht alle anderen
ſchlug.
Ergebniſſe:
1. Preis von Offenbach für Bweijährige (7000 Mk.,
1200 Meter): 1. Stall Halmas Moloch (Raſtenberger); 2. Täbris,
3. Trajan, b liefen. Tot: 14:10; Platz: 18,15:10.
2. Forſthaus=Jagdrennen (7000 Mk., 3000 Meter):
1. Halmas Elmado (Schuller); 2. Balk; 3. Fliegender Aar. 7 liefen.
Tor.: 21:10, Platz 17. 16, 14:10.
3. Alexander=Rennen (21 000 Mk., 2000 Meter): 1.
Wein=
bergs Eanelon (O. Schmidt); 2. Eierkuchen; 3. Logenbruder. Tot.:
12:10.
4. Preis vom Saalhof (8000 Mk. 1400 Meter): 1. Halmas
Valdung (Kaſtenberger); 2. Frivora; 3. Eistreiben. 11 liefen. 42:10.
U. 12.30 :10.
5. Landgrafen=Rennen (26000 Mk., 1200 Meter): 1. Weils
Bafur (Kaſper); 2. Aulis; 3. Farmer. 5 liefen. Tot.: 28:10. Platz:
11. 11: 10.
6. Heuden=Linden=Jagdrennen (8000 Mk., 3500 Meter!
1. Paulus (Schuller”; 2. Contrahent; 3. Pippin. 4 liefen. Tot.:
15:10. Platz: 10,7 710.
7. Wi’lich=Erinnerungs=Preis (10 000 Mk., 1800
Me=
ter): 1. Opels Kairos; 2. Naive; 3. Minne. Tot.: 23:10. Platz;
17, 26. 80 7 10.
Köln. Induſtriepreis (7000 Mark, 2400 Meter): 1.
Löwen=
ſteins Ezewfugar (Wodtke); 2. Matadis; 8. Landskron. Ferner:
Sa=
botage, Marta, Lilie, Tot.: 48:10; Platz: 14,24, 13: 10.
Halle. Preis von Thüringen (11 000 Mark, 1200 Meter):
1. Freiherr von Oppenheims Menfaleone;, 2. Hanſeat; 3.
Lau=
fehza. Ferner: Volltreffer, Tot.: 21:10; Platz: 18, 33: 10.
Berlin=Karlshorſt.
Preis von Frehne. 4000 Mk., 1000 Meter: 1. Stall
Birken=
hofs Chartreuſe (Janko), 2. Calta, 3. Irrteufelchen, Ferner: Faua,
Morgengabe, 54:10; 17, 14:10. — Otto Furmondt=
Fagd=
reunen, 5500 Mk., 3400 Meter: 1. M. Müllers Sankt Martin (Beſ.),
2. Perbi, 3. Terz. Ferner: Phhllis (gef.), 40:10: 16, 15:10. —
Maas=
lieb= Fagdrennen, 5500 Mk., 3000 Meter: 1. Ehrenfrieds
Flaggenſee (Unterholzner) 2. Spiritiſt, 3. Prinz Cſarbas. Ferner:
Eiero II. Eleorte, Philiſter. Gardemaß, Fuchsmajor. — Deutſches
Fagdrennen, 20000 M., 4400 m 1. Oswalds Herzog (Bismarck),
2. Nautendelein, 3. Lilienſtein. Ferner: Orkus, Blautopaz, Wettere
ſcheide, 43:10: 2, 17:10. — Sommer=Hürden=Ausgleich,
12 000 Mark, 3500 Meter: 1. Oswalds Paris (Dertel), 2. Narr, 3.
Lin=
denblüte. Ferner: Taralyi, Kern, Vitznau, Oſtflucht. 131:10; 20, 17:10,
—Baſtard= Jagdrennen. 400 Mark 30 Meter: k. Ritm=
Krügers Tradition (Beſ.), 2. Flberſtedt, 3. Paſe Demon. Ferner:
Herero, Freundlich, Ravenna, Wiwia. 34:10; 14, 14. 20:10. —
Anker=Hürdenrennen, 9000 Mark, 3000 Meter: 1. Stall
Birkenhofs Dublone (Edler), 2. Roſa, 3, Kahlet. Ferner: Rekord gef”
Fauſta, Oſterlied (ausgebr.), Fliegender Holländer, Walküre. 28:10;
15, 23, 17:10.
Schwimmen
Deutſche Schwimm=Meiſterſchaften Elberfeld.
8X200=Meter=Staffel. Weltaufſtellung: 1. Hellas=
Magdeburg 9:392.
Damen=Rückenmeiſterſchaft 1000 Meter: 1. Frl.
Reh=
born=Bochum 1:30,4, 2. Frl. Simon=Hhamburg 1:39.
Damen=Sprung=Meiſterſchaft: 1. Frl. Hermes=
Bonn 59 Punkte, 2. Frl. Krumme=Berlin 57 Punkte.
400=Meter=Freiſtilſchwimmen: 1. Heinrich=
Leip=
zig 5:33,4 (neuer deutſcher Rekord), 2. Vierkölter=Köln.
100=Meter=Rückenſchwimmen: 1. Fröhlich=
Magde=
burg 1:16, 2. Skamper=Köln 1:16,4.
3X100=Meter=Bruſtſchwimmen: 1. Rhenus Köln
4:12,1, 2. Hellas=Magdeburg 4:12,6.
100=Meter=Seiteſchwimmen: 1. Kramer=Breslau
1:458.
300=Meter=Damen=Bruſtſchwimmen: 1.
Schwimm=
verein Hamburg 5:34,2, 2. Duisburger Schwimmverein 5:34,8.
Zweiter Tag.
Vereinsmehrkampf: 1. Poſeidon=Leipzig 70 P.,
2. Rhenus=cköln 88 P.
4X100=Meter=Staffel: 1. Hellas=Magdeburg.
Springmeiſterſchaft 1. Dr. Lechner=Deſſau 117,6 P.,
2. Wieſel=Leipzig 114,8 P., 3. Luder=Berlin 109 P.
100 =Meter=Freiſtilſchwimmen: 1. Heinrich=
Leipzig 1:04,4.
1500=Meter=Freiſtilſchwimmen: 1. Vierkötter=
Köln 23:18,8, 2. Skamper=Köln.
100=Meter=Bruſtſchwimmen: 1. Rademacher=
Magdeburg 1:18,6 (neuer Rekord), 2. Sommer=Köln 1:21,1.
Radfahren
In Leipzig wurde die 100=Kilometer=Stehmeiſterſchaft
entſchie=
den: 1. Roſellen=Köln 1:21:48,4, 2. Thomas 99,050 Km., 3. Wittig
95,100 Km., 2. Bauer 94,440 Km., 5. Sawall 83,400 Km.
Regatten
Deutſche Meiſterſchaftsregatta in Grünau.
Auf der bekannten Rennſtrecke des Berliner Regatta=Vereins fanden
Samstag und Sonntag die Nennen für die Entſcheidungen um die
Deutſchen Meiſterſchaften ſtatt. Die Bahn iſt 200 Meter lang; das
Waſſer des Langen Sees, einem Arm der Wendiſchen Spree, iſt ſchwach
fließend. Die Beſucherzahl des Sonntags zählte nach Zehntauſenden.
Es herrſchte ein nordweſtlicher Gegenwind, der die Boote ſcharf von
vorn pacte. Das Waſſer war denn auch ziemlich rauh, was vor allem
die außenliegenden Boote ſtark benachteiligte. Die Ueberraſchung des
Tages war der Sieg von Flinſch (Frankfurter Ruderb.), gegen den der
als heißer Fauorit geltende Dr. Reinhold (Germauia=Tegel) unterliegen
mußte, obwohl Reinhold ſeine Vorrennen leicht gewann. Der Sieg
Flinſchs iſt um ſo höher zu bewerten, als der Sküller auf der
Außen=
ſeite lag und ziemlich durch den Wellengang behindert war. Vom
ſeit=
herigen Meiſter Leux war Flinſch im Vorreunnen geſchlagen worden.
Zum erſten Male ſeit Beſtehen der Meiſterſchaftsregatta hat dieſes Jahr
alfo ein Junior den Preis davongetragen. Flinſch hat ſeine
Ruderer=
laufbahn beim Frankfurter Nuderverein als Schüler begonnen und durch
unentwegtes Ueben, durch ſorgfältiges Wintertraining und eifrige,
ſelbſtverſtändliche Beachtung der Trainingsvorſchriften ſich zu einem
vorzüglichen Nuderſportsmann emporgerungen. Er hatte ſo wenig wie
ſein Verein an eine Beteiligung an der Meiſterſchaftsregatta gedacht;
dies kam erſt in Frage, als er bei der Jubiläumsregatta in Luzern
gegen ſtarke internationale Gegnerſchaft glänzende Erfolge zeitigte.
Die Ergebniſſe:
Einer (Verteidiger Leux, Frankfurter Germania): erſte
Abtei=
lung: 1. Reinhold, Geruanig=Zegel: 2. Nutkowski, Berliner Ruderkl.;
3. Jakobs, Hanſg=Gamburg; 4. Scholz, Berliner Rkl. Sturmpogel,
Sicher gewonnen; Arlt=Koblenz, Hoheiſel=Wiener Pirat, Loſert=Witing
Linz nicht geſtartet. Zweite Abteilung: 1. Leux, Franffurker Germagia;
2. Flinſch, Frankfurter Nv.; 3. Borck=Oberrad; 4. Hofmaun, Berliner
Ruderklub. Mit 1 Lg. gelvonnen; zwei Längen zwiſchen dem 2. und 3.
Ins Entſcheidungsrennen kommen: Reinhold, Rutkowski, Leux und
Flinſch.
Vierer ohne Steuermann: 1. Berliner Sport=Voruſſia
(Sörgel, Müller, Fink. Hoffmann); 2. Hamburger Alemaunia, 3.
Naſ=
ſovia Höchſt. Zweite Abteilung: 1. Der Hamburger Ruderklub (
Warn=
holz, Michgelſen, Heſſelmann, Schilmann); 2. Wiener Donauhort,
Dritte Abteilung: 1. Lübecker Nuderklub (Günther, Thomſen, Fidrmue,
Scharf). Vierte Abteilung: 1. Offenbacher Undine, 2, Berliner Sport=
Voruſſia (Freiwald, Knauer, Dobe Wermter). Mit halber Länge
ge=
wonnen; Offenbacher Undine wurde wegen Verlaſſeus der Vahn 100
Meter vor dem Ziel ausgeſchloſſen. Ins Entſcheidungsreunen kommen:
Sport=Boruſſia 1, Der Hamburger Ruderklub, Lübecker Ruderklub und
Sport=Boruſſia II.
Zweier ohne Steuermann: Erſte Abteilung: 1.
Ger=
mania Köln (Fritz Wildeshaus, Willy Wildeshaus), 2. Oberweſer Ro.
Bremen, 3. Rv. Lößnit=Elbe. Zweite Abt.: 1. Kölner Klub für
Waſſer=
ſport (Urbach, Hanſult), 2. Hamburger Alemannia, 3. iking Leivzig.
Ins Entſcheidungsrennen kommen: Germania Köln, Obezweſer Bremen,
Kölner Klub für Waſſerſport, Alemannig Hamburg.
Doppelzweier ohne Steuermann. Erſte Abteilung:
1. Frankfurter Nuderkl. Frankfurt a. M. (Kruck, Hügel) 2. Dresdener
Nuderverein, 3. Nv. Frankfurt a. d. D. 4. Favorite Hammonig=
Ham=
burg. Ueberlegen gewonnen. Zweite Abt.: 1. Waſſerſportverein
Go=
desberg, 2. Wiking Linz=Donau, 3. Hanſa Hamburg. Ins
Eutſchei=
dungsrennen kommen: Frankfurter Rkl., Dresdener Rb., Godesberg,
Wiking Linz.
Achter. Es fanden keine Vorrennen ſtatt.
Einer: 1. Frankfurter Ruderverein (Flinſch) 8:33, 2. Nkl.
Ger=
mania Tegel (Dr. Reinhold) 8:394, 3. Germania Frankfurt (Leux)
8:49. Trotz Behinderung durch Segler glänzend gewonnen.
Zweier ohne Stenermann: 1. Kölner Klub für
Waſſer=
ſport (Urbach, Hanſult), 2. Germania Köln, 3. Alemannia Hamburg.
Doppelzweier ohne Steuermann: 1. Wiking Linz=
Donau, 2. Waſſerſportverein Godesberg, 3. Frankfurter Ruderklub.
Vierer ohne Steuermann: 1. Berliner Rdkl. Sport=
Boruſſia (1. M.) 7:46,2, 2. Verliner Nkl. Sport=Boruſſia (2. M.) 7.45,3,
8. Lübicker Rkl. 77498, 4. Der Hamburger Ruderklub.
Achter: 1. Kölner Klub für Waſſerſport, ½4 Länge, 2. Berliner
Nkl. Sport=Boruſſia (Gotenburg=Sieger), 3. Würzburger Nuderverein,
4. Berliner Ruderklub.
Turnen
Turngemeinde Darmſtadt 1846.
— In anerkennenswerter Weiſe hatte es der erſte Sprecher der
2. G.D. 1846, Turner Kalbhenn, übernommen, in einem Vortrage ein
anſchauliches Bild der Feſttage in München zu entwickeln für alle, denen
an einem lebendigen Berichte aus dem Munde eines Feſtteilnehmers
etwas gelegen war. — In eindrucksvollſter Weiſe entledigte ſich der
Redner, ſchöpfend aus dem reichen Born unvergeßlicher Stunden voll
des ſchönſten und herrlichſten Erlebens, meiſterhaſt ſeiner umfangreichen
Aufgabe, und entrollte in nahezu zweiſtündigem Vortrage das Bild
eines deutſchen Volksfeſtes, wie es ſeinesgleichen in der Welt ſucht.
Von der Fahrt im Sonderzuge, von den Feſttagen mit all der ſchweren
turneriſchen Arbeit und dem beiſpielloſen Feſtzuge mit den
nachfolgen=
den allgemeinen Freiübungen, aber auch von den geſelligen Feierſtunden
der Turner in und außer den Feſthallen und dem Leben und Treiben
in der Feſtſtadt ſelbſt fügten ſich aus bald ernſt, bald heiter klingenden
Sätzen lebendige Bilder der ſelten ſchönen Tage und gaben in ihrer
Geſamtheit den Zuhörern eine umfaſſende Vorſtellung des größten und
mächtigſten deutſchen Turnfeſtes überhaupt, des Feſtes für deutſches
Volkstum, beutſche Einheit, Ehre und Freiheit. Mächtigen Beifall und
nachhaltigen Widerhall fanden die zündenden Worte bei allen
Anweſen=
den, einerlei, ob ſie ſelbſt dabei waren dort in München oder ob ſie ſich
aus dem Vortrage erſt ihr Bild machten. — Umrahmt war der Vortrag
von einigen Vorführungen der Turnerinnen, die mit Freiübungen und
Volkstänzen erfreuten, während die Turnerſingmannſchaft mit
macht=
vollen Chören den Abend einleitete und ihm auch einen klangvollen
Ab=
ſchluß gab.
n.
Polizei=Sportfeſt.
Am Mittwoch, den 15. d. M., wird die hieſige Polizeiwachtabteilung
ihre diesjährigen ſportlichen Wettkämpfe veranſtalten. Es ſoll bei
die=
ſer Gelegenheit ein Ueberblick über die vielſeitige ſportliche Betätigung
der Beamten gegeben werden.
Eine Zuſammenſtellung von Wettkämpfen, wie ſie hier geboten
wird, dürfte in ihrer reizvollen Abwechſelung einen beſonderen
ſport=
lichen Genuß gewährleiſten.
Die Leichtathletik kommt vor allem mit Staffeln aller Art, die
ſämt=
lich ſtark beſetzt ſind, zur Geltung.
Eine Turnerriege, deren Vorturner, Oberwachtmeiſter Scherer, die
Turngemeinde Beſſungen in München vertreten konnte, zeigt Uebungen
am Barren und Nechl.
Einen hier ſchon lange nicht mehr gebotenen Anblick bildet die
Vor=
führung einer Dreſſur=Abteilung junger Pferde. Die reiterliche
Fertig=
keit wird außerdem in einer Jagd=Springprüfung zur Geltung kommen.
Ganz neuartig iſt die Geſchicklichkeitsprüfung für Fahrer, die eine
ſchwierige, mit Kugeln begrenzte Fahrbahn mit ihren Geſpannen
zurück=
zulegen haben.
Der Kampfſport kommt durch einen Boxkampf und zwei
Ning=
kämpfe zur Darſtellung. Es boxen der hier bereits bekannte
Feder=
gewichtler Wachtmeiſter Bruder und der Zweite aus der ſüddeutſchen
Meiſterſchaft 1921/22, Beamten=Anwärter Bauer.
Es ringen im Federgewicht: Schrauder und Feldmann, der einen
Platz in den diesjährigen Deutſchen Meiſterſchaſten belegen konnte. Eine
beſonders intereſſante ſportliche Leiſtung dürfte aber das
Zuſammen=
treffen zwiſchen dem Unterwachtmeiſter Bickert und dem
Kampfſpiel=
meiſter Oto werden, der freundlicherweiſe ſeine Beteiligung
zuge=
ſagt hat.
Schließlich werden auch Liebhaber eines guten Fußballſpiels
befrie=
digt werden, da „Eintracht” Turngemeinde 1846 gegen eine
zuſammen=
geſtellte Mannſchaft der Schutzpolizei ſpielt, in der bekanntlich viele gute
Spieler hieſiger Vereine vertreten ſind.
So dürſte jeder Sportliebhaber, welcher Art auch ſeine beſonderen
Intereſſen ſind, auf ſeine Rechnung kommen, und der ſchöne Sportplatz
der Hochſchule, den dieſe dankenswerteriveiſe zur Verfügung geſtellt hat,
wird für einige ſchöne Nachmittagsſtu
en ein frohes Bild ſportlichen
Treibens bieten,
Seite G.
Darmſtädter Togblatt, Montag te 1F. A. 3.
Ruuimer 222.
Tandwärtſchaft, Sartenbau, Kleintzerzucht und Siedlungsweſen
* Bodenertrag und Bodenbearbeitung.
Je mehr wir uns mit den Geſetzen des Pflanzenwachstums
vertraut machen, deſto mehr werden wir imſtande ſein, dem
Boden höchſte Erträge abzugewinnen. Zunächſt müſſen wir
natürlich dafür ſorgen, daß die von den geernteten Erzeugniſſen
verbrauchten Nährſtoffe reichlich erſetzt werden. Dabei ſchwebt
uns das Ziol vor, den Boden nicht nur auf der Höhe der
bis=
herigen Erträge zu halten, ſondern dieſe noch zu ſteigern. Das
wird uns aber durch die Düngung allein nicht gelingen, wenn
wir den Boden nicht richtig und zu rechter Zeit bearbeiten. Wir
wiſſen heute, daß der Boden keine tote Maſſe iſt, wie man früher
annahm, ſondern daß er von unzähligen kleinen Lebeweſen
be=
lebt wird. Nur mit ihrer tätigen Hilfe iſt der Pflanzenwuchs
zu ermöglichen. Neben angemeſſener Feuchtigkeit verlangen dieſe
Lebeweſen, die wir Bakterien nennen, vor allen Dingen Luft zu
ihrer Entvicklung. Nachdem wir den ſegensreichen Einfluß
die=
ſer kleinen Helfer erkannt haben, werden wir natürlich beſtrebt
ſein, ihre Lebensbedingungen ſo günſtig als möglich zu geſtalten.
Um ihnen eine angemeſſene Feuchtigkeit im Boden zu bieten, iſt
durch Gräben oder Drainage für Entwäſſerung zu ſorgen, wo
das Land zu naß iſt; denn in einem naſſen, verſauerten Boden
erſtirbt das Bakterienleben. Ebenſowenia können ſie in einem
völlig ausgetrockneten Boden gedeihen. Wir müſſen alſo Sorge
tragen, daß die Feuchtigkeit im Boden auch in trockenen Zeiten
in genügender Weiſe erhalten bleibt. Dies erreichen wir durch
angemeſſene Bodenbearbeitung. Um den Niederſchlägen des
Winters Zugang zum Boden zu verſchaffen, muß er im Herbſt
umgegraben werden. Wie tief wir dabei gehen, richtet ſich nach
der Stärke der Kulturſchicht. Dieſe darf nie vergraben und
da=
durch von der Luft abgeſchloſſen werden, auch beim Rigolen nicht.
Sonſt ſterben die in ihr befindlichen Kleinlebeweſen infolge
Mangels an friſcher Luft. Der rohe Boden, der dann an Stelle
der Kulturſchicht nach oben gebracht wird, bedarferſt einer
jahre=
langen Arbeit, bevor auch er wieder zu einer Kulturſchicht wird.
Durch das tiefere Umgraben des Gartenlandes im Herbſt
ver=
ſchaffen wir auch dem Froſt leichten Zutritt zum Boden. Der
Froſt aber iſt der „beſte Ackersmann”. Namentlich auf ſchweren
Böden bringt der Froſt viele Vorteile. Er ſprengt die groben
Schollen auscinander und macht durch Verwitterung viele
Nähr=
ſtoffe frei und den Wurzeln zugänglich. Er verleiht dem Boden
die beſte Gare.
In den meiſten Fällen wird es zur Erhaltung der
Winter=
feuchtigkeit im Gartenboden nicht zweckmäßig ſein, das bereits
im Herbſt gegrabene Land im Frühjahr nochmals zu graben.
Nur auf ſehr feuchtem Lande, das ſchwer abtrocknet, kann es
nütz=
lich ſein, das Land für die früheſten Saaten im Frühjahr
noch=
mals flach zu graben, um eine frühe Beſtellung zu ermöglichen.
Dagegen erhöht eine andere Maßnahme, die im Frühjahr zu
treffen iſt, die Erhaltung der Winterfuchtigkeit in hohem Grade:
es iſt das Krümeln der Oberfläche des im Herbſt gegrabenen
Landes mit Hacke und Harke. Dies hat zu geſchehen, ſobald der
Boden ſoweit abgetrocknet iſt, daß er bearbeitet werden kann,
ohne Schollen zu geben. Bleibt der Boden bis zur Beſtellung
im Frühjahr unberührt liegen, ſo verdunſtet unausgeſetzt Waſſer,
das durch die feinen Haarröhrchen immer wieder nach oben
be=
fördert wird, wenn das Waſſer in der oberen Schicht verdunſtet
iſt. Es trocknen auf dieſe Weiſe immer tiefere Schichten aus,
zu=
mal der im ſpäteren Frühjahr häufig herrſchende Oſtwind den
oberſten Bodenſchichten ſehr viel Waſſer entzieht. Man kann dieſe
nutzloſe Waſſerabgabe faſt völlig vermeiden, wenn man die
Haar=
röhrchen durch die Krümelung des Bodens mittels Hacke und
Harke unterbricht. Die feine Krümelſchicht legt ſich wie eine
ſchützende Decke über das feuchte Land und verhindert die
Waſ=
ſerverdunſtung aus den tieferen Schichten. Sie läßt das Land
nur ſoweit trocken werden, als es für Einſaat und Saatpflege
erforderlich iſt. Das Krümeln der Oberfläche muß natürlich
wiederholt werden, ſobald infolge ſtarken Regens die Oberfläche
des Landes wieder zuſammenfließt, wodurch wieder neue
Haar=
röhrchen gebildet werden. Auch wenn das Land beſät oder
be=
pflanzt iſt, müſſen wir die Oberfläche ſtets in feiner Krümelung
erhalten. Nach jedem ſtärkeren Regen müſſen die Beete behackt
werden; denn das Hacken dient nicht nur der Unkrautvertilgung,
ſondern ſtiftet nammtlich in trockenen Jahren noch viel größeren
Segen durch Verhinderung der Waſſerverdunſtung. Darum darf
das öftere Hacken auch in längeren Perioden trockenen Wetters
nicht vergeſſen werden. Die Regelung des Waſſergehaltes iſt die
wichtigſte Aufgabe aller Kurlturarbeiten.
* Gemüſeausſagten.
Gar oft hört man im Frühjahr die Klage, daß die gemachten
Ausſaaten nicht aufgehen wollen. Man iſt gleich mit
verſchie=
denen Erklärungen bei der Hand; meiſtens wird die Schuld dem
Samen ſelbſt zugeſprochen, der nicht keimfähig geweſen iſt, weil
er vielleicht zu alt war. Daß aber der betreffende Gartenbeſitzer
oft ſelbſt an dem unregelmäßigen Aufgehen des Samens ſchutd
iſt, kommt ihm häufig gar nicht zum Bewußtſein. Es wird beim
Säen noch viel zu wenig die Größe des Samens, ſowie die
Zu=
richtung des Kulturlandes beachtet. Das Samenkorn braucht
zum Keimen Licht, Luft und Wärme. Fehlt einer, von dieſen
Faktoren, ſo wird die Saat immer mangelhaft oder überhaupt
nicht aufgehen. Ferner ſpielt auch die Zubereitung der
Saat=
erde eine große Rolle. Die Erde muß locker ſein, damit die
Wurzel gut eindringen kann. Je tiefer der Boden gelockert iſt,
um ſo vollkommener entwickeln ſich die jungen Pflänzchen, und
je kleiner der Samen iſt, deſto feiner muß auch die Strultur des
Bodens ſein. Iſt der Boden klobig und kruſtig, dann iſt es kein
Wunder, wenn ſo viele Pflänzchen ausbleiben. Aber der Samen
will ja nicht nur aufgehen, ſondern die Sämlinge wollen auch
wachſen. Daher muß auch der zum Gedeihen der Pflanzen
neot=
wendige Vorrat an Nährſtoffen vorhanden ſein.
Wann geſät werden ſoll, läßt ſich nicht ohne weiteres ſagen,
da ſich die Zeit der Ausſaat unter anderem auch nach der
Witte=
rung richtet, jedoch ſoll man nicht zu ſpät ſäen. Natürlich iſt auch
ein zu frühes Säen zu vermeiden, weil die härteren Fröſte das
im Boden liegende Samenkorn erbarmungslos vernichten.
Ob=
gleich die Hauptausſaatzeit März, April und Mai iſt, ſo hat der
Gemüſegärtner doch das ganze Frühjahr und den ganzen
Som=
mer hindurch zu ſäen. Iſt man z. B. ein Freund der grünen
Erbſen, ſo werden dieſe vom März bis Juli drei= bis viermal in
beſtimmten Zwiſchenräumen ausgeſät. Bohnen ſät man einige
Male von Anfang Mai bis Mitte Juni. Auch Sommerſalate,
Kohlrabi, Wirſing, Blumenkohl, Endivien, Spinat, Peterſilie ſät
man ſogar noch im Auguſt und September, um ſie im Frühjahr
zeitiger zu haben.
Viele Sagten gehen ſchlecht auf, weil zu dicht und zu tief geſät
wird. Zu tief wird meiſtens bei der Rillenſaat und zu dicht bei
der Breitſaat geſät. Die Breitſaat wird meiſt auf dem Lande
an=
gewendet. Damit der Samen gleichmäßig verteilt wird, iſt es
gut, wenn der Anfänger das Beet zuvor mit einer dünnen Schicht
roten oder noch beſſer weißen Sandes überzieht; er erkennt dann
die ausgeſtreuten dunklen Samenkörner beſſer und kann leichter
feſtſtellen, ob er zu dicht oder zu dünn geſät iſt. Das Bedecken
des Samens erfolgt, durch Hin= und Herziehen des Rechens,
durch leichtes Unterhacken oder durch Aufſtreuen von Sand,
Torf=
mull oder durchgeſiebter, feiner Erde. Der Samen ſoll nicht höher
mit Erde bedeckt werden, als er ſelbſt ſtark iſt. Zum Keinen iſt nur
nötig, daß die Samenkörner vollſtändig bedeckt ſind. Nur Erbſen
und Nüben vertragen eine ſtärkere Bedeckung. Bohnen dagegen,
die 10 Zentimeter tief liegen, verfaulen und keimen nicht mehr.
Die Reihen= und Rillenſaat iſt der breitwürfigen vorzuziehen.
weil die Beete leicht gelockert, und vom Unkraut rein gehalten
werden können. Will man die Reihenſaat anwenden, ſo zieht
man nach der Schnur Rillen, deren Tiefe ſich nach dem Samen
richtet. Gurken, Buſch= und Stangenbohnen werden ſo geſät,
daß immer 4—5 Pflanzen in Abſtänden von 50—60 Zentimeter
zu ſtehen kommen.
Wie bereitet man Schweinefutter zu?
Bei der Fütterung der Schweine iſt zu beachten, daß es nicht
vorteilhaft iſt, große Mengen auf einmal zu geben, ſondern
Gaben, die vollſtändig aufgefreſſen werden. Uebriggebliebenes
Futter bedeutet einen Verluſt für den Schweinehalter, denn es
wird meiſtens in den Miſt getreten oder nicht mehr aufgefreſſen.
Die reiche Abwechslung im Fütter iſt beſonders für Maſtſchweine
notwendig, damit die Tiere freßluſtig bleiben. Als Getrauk wird
friſches Brunnenwaſſer verabreicht, das nicht kalt ſein darf. Wer
genügend Molkereiabfälle, z. B. Magermilch, Dickmilch und Molke
hat, kann damit tränken. Sie werden auch zum Anfeuchten des
Trockenfutters verwendet, weil ſie ſeinen Geſchmack verbeſſern.
Es empfiehlt ſich, das Futter aufzubrühen, zu kochen und zu
dämpfen, denn dadurch erreicht man eine beſſere Ausnützung und
größere Abwechslung in der Fütterung. Ferner wird durch eine
zweckmäßige Zubereitung dem Verſchwenden des Futters durch
die Tiere vorgebeugt. Sie iſt beſonders bei Maſtſchweinen
not=
wendig, um dieſe ſtändig zum Freſſen zu veranlaſſen. Ein
Keſ=
ſel oder ein Futterdämpfer, der in der Futterküche aufgeſtellt
wird, genügt zur Zubereitung des Futters. Freilich verteuert
das Kochen oder Dämpfen die Schweinehaltung weſentlich, wenn
das Brennmaterial gekauft werden muß. Durch die beſſere
Aus=
nützung des Futters werden aber dieſe Ausgaben reichlich
wie=
der eingebracht. Die gedämpften Futtermittel, z. B. Kartoffeln,
Nüben und dergleichen, ſind zu verkleinern und mit Kleie,
Kör=
nerfutter, Schrot oder Strohmehl vermengt zu verfüttern, weil
dann alles beſſer ausgenützt und ſchmackhafter für die Tiere wird.
Die Tiere freſſen mit großer Gier und verbrennen ſich daran
Schlund und Magen. Man muß deshalb ſehr vorſichtig ſein. Alle
Futtermittel, die durch das Kochen ausgelaugt werden, ſind
beſ=
ſer nur zu dämpfen, wenn nicht ohnedies das Kochwaſſer mit
verfüttert wird.
Das Grünfuter muß kleingeſchnitten werden, damit es die
Schweine vollſtändig auffreſſen und nichts davon verwüſten;
des=
halb werden auch Knollen und Rüben zerkleinert und möglichſt
mit anderen Futtermitteln vermengt.
Jung= und Zuchttiere ſollten hauptſächlich Grünzeug
erhal=
ten, weil es die Haltung weſentlich verbilligt; doch muß man eine
gewiſſe Auswahl im Grünfutter treffen. Kohlblätter, Gras,
Fall=
obſt und ähnliche Gartenabfälle ſind natürlich nicht ſo reich an
Nährſtoffen wie Klee, Runkeln, Zuckerrüben, Kartoffeln und
andere Knollengewächſe. Zerſchnittener Grünklee kann als
Maſt=
futter gereicht werden, und für Läufer genügt er im Sommer als
alleinige Nahrung.
Der Grünbuchweizen iſt zur Fütterung weniger geeignet,
weil er bei helfarbigen Schweinen in der Sonne den
ſogenann=
ten Buchweizenausſchlag verurſacht.
Die vielfach übliche Verfütterung von großen Mengen
gehalt=
loſem Spülicht und dünnflüſſigen Schlempen iſt unzweckmäßig,
weil ſie der Verdauung der Tiere ſchaden und für die
Ernäh=
rung nicht von Vorteil ſind.
Körnerfutter wird entweder geſchrotet, gequetſcht, in Waſſer
eingeweicht oder durch Dämpfen leichter verdaulich gemacht, weil
die Schweine ſhlecht kauen und Körner ſich ſonſt zum großen
Teil unverdaut im Miſt wieder vorfinden.
Das Körnerfutter wird deshalb am beſten mit anderen
Futterſtoffen vermengt. Eine gute Miſchung ergeben gedämpfte
Kartoffeln oder Futterrüben und Gerſtenſchrot zu einem ſteifen
Brei verarbeitet. Je ſteiſer dieſer Brei iſt, deſto beſſer wird er
zerkaut, eingeſpeichelt und verdaut. Ein gutes Kraftfutter geben
zwei Teile Gerſtenſchrot, zwei Teile Maisſchrot und ein Teil
Weizenkleie, mit etwas phosphorſaurem Kalk verſetzt. Bei
älte=
ren Tieren erſetzt man einen Teil des Gerſtenſchrotes, durch
Maisſchroi.
Gefährlich iſt die Verabreichung gefrorenen oder in Gärung
oder Zerſetzung übergegangenen Futters, brandigen
Körner=
futters, ſaurer Biertreber u. dgl. Auch ſtaubiges oder fonſt
be=
ſchmutztes Grünfutter kann den Schweinen ſchaden.
* Die rationelle Ausnutzung der
Miſibeet=
köſſen.
iſt beſonders wichtig, denn nur dann kann ſich das Anlagekapital
entſprechend verzinſen. Gerade heute, wo Material und Löhne
unverhältnismäßig hoch zu berechnen ſind, muß gründlich
ein=
geteilt werden. Würde man die erſten warmen Käſten nur mit
einer Gemüſeart beſtellen, ſo wäre das ſehr unzweckmäßig.
Empfehlenswert iſt es daher, die erſten Käſten mit Mohrrüben
als Hauptfrucht zu beſäen und zwar derart, daß genügende
Ent=
wickelung geſichert und möglichſt wenig Saatgut durch
nachträg=
lich notwenig werdendes Verziehen der zu dicht ſtehenden Pflanzen
vergeudet wird. Nur wenige Gramm ſind erforderlich. In
Reihen werden dann Radies, dazwiſchen geſät und außerdem
vereinzelt Kopfſalat und Kohlrabi eingeſtreut. Die Mohrrüben
(Karotten) liegen lange, ehe ſie aufgehen. Bald können aber die
Salat= und Kohlrabiſämlinge entfernt und in einem beſonderen
Fenſter verſtopft werden. Auch die Radies, ſind ſchnell
ver=
brauchsfertig. Die Möhren haben dann freies Spiel. Legt man
nun inzwiſchen Gurken= oder Melonenbeete an, ſo finden dort
die Kohlrabi= und Salatpflanzen als Zwiſchenkultur
Verwen=
dung. Vielfach hilft man ſich auch bei vorgeſchrittener
Jahres=
zeit mit einer geringeren als früher üblichen Anzahl Fenſter und
Käſten aus. Das läßt ſich wie folgt bewerkſtelligen: Sind die
Mohrrüben in der Entwickelung vorgeſchritten und allmählich
durch Lüſten abgehärtet, ſo können die Käſten an einem anderen
Platz untergebracht und nach dem Packen mit Gurken oder
au=
deren Gemüſen, wie Salat, Kohlrabi, Blumenkohl uſw. beſtellt
werden. Bei eintretendem ungünſtgen Wetter kann eine leichte
Deckung für die Mohrrübenbeete in anderer Weiſe beſorgt
wer=
den. (Lattengeſtelle mit Decken, Brettern uſw.). Ausſaat an dem
bleibenden Standort, Anzucht von Sämlingen und Weiterkultur
müſſen ebenſo miteinander verbunden und eingeteilt werden, daß
beſonders getrennte Kaſtenanlagen ſo wenig wie möglich
erſor=
derlich ſind.
Friſche Tomaten im Winter. Will man im
Dezem=
ber und Januar Tomaten ernten, ſo kann man jetzt eine Aus= t.
ſaat vornehmen. Man wählt dazu eine frühe Sorte, z. B.
Lu=
kullus und Rote Rieſen. Als Saatbeet dient ein Topf mit guter
Miſtbceterde, der man reichlich Torfmull und etwas Sand
bei=
miſcht. Sobald die Keimblätter ſich entwickelt haben, verſtopft
man ſie, ihrem Wuchs entſprechend, in immer größere Töpfe bis
zu ſolchen mit 20 Zentimetern oberer Weite. Die überflüſſigen
Seitentriebe werden entfernt und die Pflanzen eintriebig
ge=
zogen. Für Waſſer und Nährſtoffe iſt immer Sorge zu tragen;
nach dem letzten Verpflanzen kann flüſſiger Dung verwendet
werden. Bis zum Eintritt kühlerer Herbſtnächte können die
Töpfe natürlich im Freien ſtehen, in ein Beet verſenkt, dann
aber müſſen ſie in einen ſonnigen Raum kommen, in dem die
Temperatur ſich zwiſchen 13 und 20 Grad Celſius hält. Im
Jewächshaus reifen die Früchte unter den güuſtigeren Licht=
und Luftverhältniſſen natürlich ſchneller als im Zimmet, aber I
auch hier wird man Freude an der Ernte haben. Auf dieſe Urt
gezogeue Tomaten haben eine bedeutend ſeinere Schale als
Frei=
lanbtomaten,
Das ganze Jahr Porree. Um ſtets mit Porrce ve
ſorgt zu ſein, macht man am beſten drei Ausſaaten: Anfau
Marz, Ende Juni und Ende Auguſt. Die Juni=Ausſaat wi
Aafang Auguſt auf ein Beet in Furchen gepflanzt. Darin ſte
der Porrce gegen ſtrenge Aälte geſchützt den Winter über, ng
dem er ſich bis zum Spätherbſt noch zu kräftigen Pflanzen er
wickelt hat. Im Frühjahr wird er geerntet. Die Pflauzen d
Auguſtbeete bleiben den Winter hindurch auf dem
Ausſaatb=
ſtehen und werden im März, ſobald die Witterung es erlau
verpflanzt. Sie ſind erntereif, wenn die Pflanzen der Juniſa
verbraucht ſind. Die Märzausſaat fordert ein lauwarmes Mi
beet. Im Keller hält ſich Porree nur dann lange, wenn d
Raum kühl iſt. Hat man keinen ſolchen Keller zur Verfügun
dann tut man beſſer daran, den Porree im Freien zu laſſen u
bei gelinder Witterung davon zu nehmen, denn er iſt geg
Froſt nicht empfindlich.
Vom Bohnenpflücken. Bei der Ernte grüner. Bohn
iſt darauf zu achten, daß die Hülſen nicht durch gewaltſam
Ziehen an den Nanken abgeriſſen werden. Dadurch ſchadigt m
die empfindlichen Burzeln der Pflanzen und bringt ſich fell
um den Ertrag. Vor allem dürfen Buſchbohneupitanzen bei
Plücken nicht aus ihrer Lage gebracht werden. Das Pflück
geſchreht an beſten durch Abkneipen des Sti le3 uit dem Finge
nagel. Ausgewachſene Bohnen dürfen nicht hängen bleibe
weil die Pflanzen ſonſt im Blühen nachlaſſen. Pflückt man d
grünen Bohnen in einem beſtimmten Alter regelutaßig ab, etn
ale zwei Tage, ſo fährt die Pflanze fort, Blüten zu treiben u.
neue Bohnen anzuſetzen. Auf dieſe Weiſe läßt ſich die Ernte d
jungen Bohnen bedeutend verlängern. Frühreife Stangenbohn
erhält man, wenn man die Ranken, ſobald ſie eine gewiſſe Hö.
erreicht haben, ſeitwärts bindet.
Geſunde Pflanzen für neue Erdbeerbeet
Wenn die Erdbeerernte vorüber iſt, ſchneidet man einen Teil d
Blätter ab und entfernt die Ranken, ſoweit man nicht der Au
läuferpflanzen für Neuanlagen bedarf. Zu dieſem Zweck lä
man bei den kräftigſten Pflanzen diejenigen Ausläufer ſtehe
an denen die erſte oder zweite Pflanze recht gefund und üpp
entwickelt iſt. Für ihre kräſtige Weiterentwicklung ſorgt
m=
dann, indem man das Erdreich rundherum lockert und mit Kou
poſt oder kurzem alten Lung belegt. Wer noch mehr tun wi
ſetze die Ausläuferpflanzen in mit Miſterde gefüllte kleine Blt
mentöpfe, die in die Erde eingelaſſen werden; 14 Tage ſpät
kneift man die Spitze des Ausläufers ab, nach weiteren 8 Tage
ſchneidet man auch die Verbindung mit der Mutterpflanze dure
So behandelte Pflanzen zeichnen ſich durch üppige Faſerbewu
zelung und beſondere Wüchſigkeit aus. Bei allen dieſen Arbeite
au Erdbeeren vergeſſe man nicht, daß die Erdbeere eine Feud
tigkeitspflanze iſt. Beim Ausheben und Auspflanzen der Aus
läuſer muß immer Waſſer zum Begrauen bei der Hand ſein.
Wie erzielt man große Sellerie?. Sellerie ve.
langen beſondere Pflege. Sie brauchen viel Waſſer, deshal
braucht man aber nicht jeden Tag mit der Gießkunne zu laufet
Auch bei anhaltender Dürre genügt ein einmaliges gründliche
Wäſſern in der Woche. Man verfährt dabei etwa folgender
maßen: um jede Pflanze macht man mit der Hand eine Rill
und gießt ſie voll Waſſer. Am Ende des Beetes angelangt ſehr.
man um und füllt die Rillen ſo fünf= bis ſiebenmal. Beim
vor=
letztenmal ſetzt man dem Gießwaſſer ein Stickſtoffdüngemitel zu
ſchwefelſaures Ammoniak (eine Hand voll), edler Jauche ſhall
und halb). Das letztemal nimmt man wieder reines Waſſe
Dann werden die Rillen eingeebnet und das ganze Beet flat
gehackt. Das hält eine Woche vor. Man entferne keine Blätte
unnötig, denn jedes grüne Blatt arbeitet an der Knollenberei
tung mit. Von Anfang Auguſt an wird nicht mehr flüſſag ge
düngt, auch das Gießen wird allmählich überflüſſig, nicht ſo das
häufige flache Hacken und das Reinhalten von jeglichem Unraut
Von der Pflege der tragenden Zuchtſau.
Wäh=
rend der Trächtigkeit ſollte die Sau ausreichend Gelegenhei
haben, ſich in der friſchen Luft zu tummeln. Mutterſchweine, di
ſtändig im Stalle gehalten werden, bringen in der Regel
nu=
ſchwächliche Ferkel zur Welt, die auch ſpäter nicht gedeihen wol
len. Nicht ſelten leidet die Sau nach der Entwöhnung an Steif
heit, iſt ſie ſchlecht genährt, kann ſie daran eingehen. Dem beuge!
wir durch das Unterbringen der Zuchtſchweine in Buchten vor
aus denen ſie nach Belieben ins Freie gelangen können. Gut i1
es, wenn man in den Auslauf einen Haufen Bauſchutt, vermeng
mit Kohlengrus und Holzkohle, geben kann. Maſtfutter dürfet
trächtige Tiere nicht bekommen, das Futter ſei vor allem leich
verdaulich. Das Lager beſtehe in reichlicher Stroheinſtreu, an
beſten auf Holzpritſche. Ein kaltes Lager gefährdet den zu er
wartenden Wurf.
Vom Weidegang der Ziegen. Gegen den Weide
gang der Ziegen und gegen das Tüdern wird manchmal der Eir
wand geltend gemacht, daß die Ziegen ſich bei dem Aufenthalt ir
Freien leicht Erkältungskrankheiten zuziehen und dann dure
Rückgang des Milchertrags und Schwächung der Geſundheit ge
rade das Gegenteil von dem eintritt, was man durch den Weide
gang erreichen wollte. Wenn häufig bald nach Beginn de
Weidegangs oder im Anfang nach Aufnahme des Tüderns di
Ziegen von Erkältungen heimgeſucht werden, ſo iſt die Urſach
gewöhnlich darauf zurückzuführen, daß die Tiere den Winer hin
durch und bis gegen das Frühjahr hin in dumpfen, zu weuiag”
lüfteten Ställen untergebracht waren. Je nach der Außentempe
ratur muß der Ziegenhalter es verſtehen, bei der Lüftung ak
und zuzugeben. — Auch die Ziegen und Lämmer, die im Son
mer bei Tag hinauskommen auf Grasplätze und auf Weider
dürfen nachts nicht in dumpfen Ställen ſtehen, denen jede 2ü
tung fehlt. Namentlich wenn es ins Spätjahr hineingeht un
es kühle, windige Tage gibt, dann werden ſich ſolche Ziegen, di
am Tage dem Einfluß kühlen, windigen Wetters ausgeſetzt ſin
und ſich nachts in ungelüfteten, dumpfen Ställen aufhalten müt
ſen, ſehr leicht erkälten. Aus dieſem Grunde muß gerade aue
im Sommer uud im Spätjahr auf genügende Lüftung der 3!
genſtälle gehalten werden. Durchzug darf im Ziegenſtall jedo‟
nicht herrſchen. Stets iſt im Stall für trockene Einſtreu zu ſorger
Mit abgehärteten Ziegen läßt ſich der Weidegang weit ins Spä
jahr hinein fortſetzen, wobei das Winterfutter geſchont werde
kann. Bei Negenwetter ſoll man die Ziegen nicht draußen la
ſen. Ziegen, die naß in den Stall kommen, müſſen alsbal
trocken gerieben werden.
Ablaufgräben für Spülwaſſer. zu Obſtbäu
men. Das an Pflanzennährſtoffen reiche Spülwaſſer der Küch
verſikert häufig völlig nutzlos. Eine ſehr zu empfehlende Veu
wertung wird erreicht, wenn man das Abwaſſer den Obſtbäume
zukommen läßt. Bei günſtiger Lage richtet man es ſo ein, da
das Waſſer von ſelbſt dorthin läuft, wo man es haben will. Ma
leitet es aus der Küche zunächſt in ein gemauertes Sammelb cker
und von dieſem zieht man dann Rinnen zu den Obſtbäumer
Bei gutem Gefälle kann man ein weitverzweigtes Grabenſyſter
anlegen. Um die Bäume gräbt man, je nach ihrer Größe einig
Fuß vom Stamme entfernt, eine Rinne, etwas tiefer als der 3u
leitungsgraben, damit ſich darin das Spülwaſſer anſammle und
langſam virſickern kann. Wenn nur geringe Mengen Spülwaſſe
zur Verfügung ſtehen, empfiehlt es ſich, es eine Zeitlang nu
einem Baum zuzuleiten, ſpäter dann einem anderen u. ſ. f. Ar.
dieſe Weiſe iſt der Gartenbauer in der Lage, eine fortwähren
müheloſe Bewäſſerung und Düngung der Bäume vorzunehmer
der Erfolg wird niemals ausbleiben. An der ſtarken Entwicl
lung der Schoße mierkt man bald die geſteigerte Nahrungs= un
Waſſerzufuhr, ekenſo an den reichlichen Blüten, die nicht, wr
bei ungewäſſerten Bäumen, zum baldigen Abfallen neigen,
Reick=
liche, große und ſaftige Früchte bilden den Enderfolg.
Haufsruch
Rncku
fin
in
Lugegenſ
der brutal
Himnat fou
Iir af de
dauſt
fie auch