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Nummer 35
Montag, den 5. Februar 1923
Einzelnummer 60.00 Mk.
Der Reichskanzler im Ruhrgebiet.
 TU. Eſſen, 5. Febr. Reichskanzler Dr. Cuno iſt 
am Sonntag in Begleitung des Staatsſekretärs Hamm nach 
Eſſen gefahren, um ſich über die Lage zu unterrichten. Er hielt 
Konferenzen mit den Behörden, Gewerkſchaftsvertretern, 
            In=
duſtriellen und Parteivertretern ab. Er erklärte unter anderem, 
zu Verhandlungen ſei die deutſche Regierung nur bereit, wenn 
die franzöſiſche Beſetzung des Ruhrgebietes rückgängig gemacht 
werde. Die Regierung ſei völlig einig. Danach reiſte der 
            Reichs=
kanzler auch nach Bochum und Düſſeldorf. 
Beſchlagnahme holländiſcher Kohlentransporte. 
Eſſen, 4. Febr. (Wolff.) Nach einer Mitteilung eines 
            hol=
ländiſchen Journaliſten wurde vom holländiſchen Konſul 
in Duisburg erklärt, daß nicht nur Kohlenzüge, ſondern auch 
Kohlenkähne, die nach Holland beſtimmt ſeien, 
            beſchlag=
nahmt würden. Nach der Auskunft der franzöſiſchen 
            Be=
ſatzungsbehörde ſeien dieſe Maßnahmen jedoch nur 
            vorläufi=
ger Natur. Wenn ein Antrag auf Ausfuhrbewilligung geſtellt 
werde, ſo würden die beſchlagnahmten Kohlen wieder freigegeben. 
Es ſei damit zu rechnen, daß in 10—11 Tagen die Kohlenausfuhr 
nach Holland wieder normal vor ſich gehen werde. 
Eſſen, 4. Febr. (Wolff.) Wie aus Dorſten mitgeteilt 
wird, wurde dort bereits vorgeſtern der erſte Kohlenzug 
nach Holland beſchlagnahmt; ein ſogen. Vertragszug wurde 
dann am Freitag abend für die Weiterfahrt nach Holland 
            frei=
gegeben. Seitdem ſind wieder ſämtliche nach Holland 
            gehen=
den Kohlenzüge beſchlagnahmt worden. Etwa ſechzig 
            Wa=
gen mit Privatkohlenſendungen ſtehen ſeit zwei Tagen auf dem 
Bahnhof Dorſten. 
Eſſen, 4. Febr. (Wolff.) Aus Weſel wird gemeldet, daß 
geſtern nachmittag ein für Holland beſtimmter Kohlenzug 
mit etwa 45 Wagen von den Franzoſen nicht durchgelaſſen wurde. 
Der Zug mußte wieder zurückgeleitet werden.
 iegler 
ſtadt aaß 
belfabrihf
Vom Tage.
 Frankreich hat Offenburg und Appenweier beſetzt, angeblich wegen 
der Schwierigkeiten, die Deutſchland bei der Durchführung der inter, 
nationalen Züge Prag—Paris bereitet, in Wirklichkeit, um die deutſchen 
Kohlentransporte auf der Strecke Frankfurt-Baſel zu kontrollieren. 
Die deutſche Regierung hat an Frankreich und Belgien eine Note 
geſandt, in der ihr Verhalten gerechtfertigt wird. 
Laut Lokalanzeiger wird von der Reichsregierung die Ernennung 
eines beſonderen Reichskommiſſars für das Ruhrgebiet erwogen. 
Auf der Eiſenbahn wurde die Mappe eines franzöſiſchen Militärs 
gefunden, welche einen Befehlsentwurf, betreffend das Verhalten der 
Franzoſen bei einem erzwungenen Rückzug und bei Aufſtänden enthielt. 
Zu den geplanten Maßuahmen gehören u. a. die Anfreißung von 
            Eiſen=
bahnſchienen und die Sprengung von Brücken. 
Gewerkſchaftsvertreter aller Richtungen haben eine Kundgebung 
an den Senat und das Repräſentantenhaus der Vereinigten Staaten 
ger tet, in der ſie an das amerfkaniſche Ehrgefühl appellieren und der 
Ueberzeugung Ausdruck geben, daß der amerikaniſche Ehrenſtandpunkt 
Europa und die Welt vor einem ſonſt unvermeidlichen Unglück retten 
könne. 
Dar norwegiſche Studentenverein nahm mit großer Mehrheit eine 
Entſchließung an, in der die franzöſiſche Gewaltwpolitik im Ruhrgebiet 
mißbilligt wird. 
Der neue deutſche Geſandte in Riga Dr. Köſter iſt dort eingetroffen 
und von der Preſſe freundlich begrüßt worden. 
Der endgültige Vertrag in der Frage der engliſch=amerikaniſchen 
Schulden iſt zwiſchen der ameritaniſchen Schuldenkommiſſion und Sir 
Geddes abgeſchloſſen worden. 
Ein Truppenkontingent von mehreren hunbert Mann, das von 
            Lon=
don kam, wurde in Malta ausgeſchifft. Es wird ſo bald wie möglich 
auf dem Kreuzer „Cardiff”, der große Mengen Munition geladen hat, 
mach Tſchanak transportiert.
 Ein neuer ſchwerer Rechtsbruch der Franzoſen. 
Die Beſetzung von Offenburg und Appenweier.
 Offenburg, 4. Febr. (Wolff.) Heute vormittag rückte 
franzöſiſche Kavallerie in Stärke von mehreren 
            Schwa=
dronen hier ein. Der Bahnhof, das Poſtamt, die Kaſerne und 
die große Eiſenbahnbrücke wurden mit Wachtpoſten und 
            Maſchi=
nengewehren beſetzt. Auch iſt Appenweier von franzöſiſchen 
Truppen beſetzt worden. 
Freiburg, 4. Febr. (Wolff.) Ueber die Beſetzung 
von Offenburg und Appenweier erfahren wir von 
zuverläſſiger Seite folgendes: 
Auf dem Rathaus in Offenburg hat heute vormittag auf 
Veranlaſſung der franzöſiſchen Beſatzung eine Konferenz mit 
Vertretern der ſtaatlichen und ſtädtiſchen Behörden ſtattgefunden, 
in der von franzöſiſcher Seite mitgeteilt wurde, daß Offenburg 
und Appenweier in den Brückenkopf Kehl 
            einbezo=
gen werden ſollten als Sanktion für die von deutſcher Seite 
vorgenommene Beſchränkung im internationalen 
Zugverkehr. Die Gerüchte von einer Beſetzung weiterer 
badiſcher Orte haben ſich als unrichtig herausgeſtellt, doch iſt auch 
die Station Ortenberg von franzöſiſcher Infanterie beſetzt 
worden: Ortenberg iſt nach Offenburg Ausgangspunkt für die 
durch das Kinzigtal führende große Schwarzwaldbahn 
zum Bodenſeegebiet. 
Welchen Umfang die Erweiterung des Brückenkopfgebiets 
haben wird, läßt ſich zurzeit noch nicht nachprüfen. In 
            Offen=
burg und Appenweier iſt die Beveölkerung durch franzöſiſche 
            Pla=
kate aufgefordert worden, ſich ruhig zu verhalten. Es treten für 
das erweiterte Brückenkopfgebiet nach franzöſiſcher Mitteilung 
die für das bisherige Brückenkopfgebiet geltenden Beſtimmungen 
über Verſorgung der Bevölkerung mit Päſſen, Ausweiſen uſw. 
ſofort in Kraft. Ferner wurde für Offenburg ein 
            Verſammlungs=
verbot erlaſſen. Zufammenrottungen von mehr als fünf Perſonen 
dürfen nicht ſtattfinden. Die Polizeiſtunde wurde auf 9 Uhr 
abends ſeſtgeſetzt. 
Auf dem Marktplatz und vor dem Gebäude des Bezirksamts 
lagert zurzeit ein Regiment franzöſiſcher Infanterie, das nach 
der Kavallerie eingerückt iſt; ferner ſieht man Panzerautos, 
            Ma=
ſchinengewehre, Fouragewagen uſw. Alles iſt in durchaus 
kriegsmäßiger Ausrüſtung. Nach einer franzöſiſchen 
            Be=
kanntmachung handelt es ſich um eine friedliche (!!) 
            Be=
ſetzung und nicht um eine militäriſche. 
Berlin, 4. Febr. (Wolff.) Die interalliierte 
Rheinlandkommiſſion hat dem Reichskommiſſar 
für die beſetzten Gebiete in Koblenz eine Note zugeleitet, in 
der ſie Mitteilung von dem Beſchluß der franzöſiſchen Regierung 
macht, Offenburg und Appenweier wegen der von der 
deutſchen Eiſenbahnverwaltung bei der Durchführung der 
            inter=
nationalen Züge Prag—Paris bereiteten Schwierigkeiten 
zubeſetzen. Im Anſchluß hieran habe die interalliiere 
            Rhein=
landkommiſſion beſchloſſen, Offenburg und Appenweier demſelben 
Regime zu unterwerfen, unter dem der Brückenkopf Kehl ſtehe. 
Demgemäß habe ſie ihrem Delegierten in Koblenz Vollmacht auch 
für dieſe neue Beſetzung gegeben. 
Anmerkung des Wolff=Bureaus. Der Bortlaut 
der Note liegt noch nicht vor. Schon jetzt muß aber auf Grund 
der eingelaufenen Meldungen erklärt werden, daß von den Fran= 
6öſen ein neuer ſchwerer Rechtsbruch begangen worden 
Iſt. Zu den franzöſiſchen Gewalttaten im Ruhrgebiet tritt nun 
die Vergewaltigung weiteren deutſchen Gebietes durch 
            franzö=
liſche Truppen, durch die vermutlich der deutfche 
            Kohlen=
kansport auf der wichtigen Strecke Frankfurt= 
Saſel unter franzöſiſche Kontrolle genommen werden ſoll.
 Gewalttätigkeiten in Mainz und Ingelheim. 
9 Perſonen getötet. 
TU. Mainz, 4. Febr. In Weiſenau bei Mainz ſind 
infolge Unfähigkeit der Franzoſen zwei von franzöſiſchen 
            Eiſen=
bahnern geführte Züge zuſammengeſtoßen und, ein 
Hilfszug entgleiſt. 
In Ingelheim iſt ein Zug entgleiſt und 
            umge=
fallen. Das franzöſiſche Militär ſchoß auf die 
            Menſchen=
anſammlung, die ſich hierbei gebildet hatte. Neun Perſonen 
fanden bei dieſer Schieße ei den Tod. (!) 
Die Eiſenbahner forderten, daß ſämtliche Poſten aus dem 
Bereich der Eiſenbahn gezogen werden und daß die Verhafteten 
in Freiheit geſetzt werden. Bis auf den letzten Punkt ſind die 
Forderungen bewilligt. 
Neue Gewaltakte. 
Aachen, 4. Febr. (Wolff.) Nach einer Blättermeldung 
            wur=
den Regierungsrat Schwidden, Regierungspräſidialſekretär 
Klimbel und Regierungsoberſekretär Poſtert von der 
            hieſi=
gen Regierung, die vor drei Tagen verhaftet worden waren, 
von der Beſatzungsbehörde ausgewieſen. 
Berlin, 4. Febr. Wie dem Lokal=Anzeiger aus 
            Reck=
linghauſen berichtet wird, wurde ein Lokomotioführer 
von Offizieren der Beſatzungstruppen mit einer 
            Reit=
peitſcheſchwer mißhandelt, weil er ſich geweigert hatte, 
die Waſſerentnahmeſtelle für Lokomotiven zu zeigen. 
Eſſen, 4. Febr. (Wolff.) Der franzöſiſche General 
ließ durch ſeinen Stabschef den Polizeipräſidenten 
            auf=
fordern, die Zurückziehung des an die Schutzpolizei ergangenen 
Grußverbotes zu veranlaſſen. Der Polizeipräſident hat dies 
verweigert und die ihm geſetzte Bedenkzeit von zwei Tagen 
als zwecklos bezeichnet; ſeine Weigerungſeiendgültig. 
U. Düſſeldorf, 4. Jan. Hier wurde durch einen 
            fran=
zöſiſchen Korporal eine unerhörte Bluttat verübt. Im 
Bahnhof des Vororts Bilk ſtand eine Abteilung franzöſiſcher 
Soldaten, denen eine Anzahl Kinder zuſah. Plötzlich legte 
ohne jeden Anlaß ein franzöſiſcher Korporal das Gewehr an und 
ſchoß auf die Kinder. Ein Kind wurde getötet, ein 
zweites verletzt. 
Knebelung der Preſſe. 
Koblenz, 4. Febr. (Wolff.) Die Rheiniſche 
            Rund=
ſchau wurde von der Rheinlandkommiſſion auf drei Tage 
            der=
boten. 
Koblenz, 4. Febr. (Wolff.) Die Koblenzer 
            Zeitun=
gen ſollten morgen, Montag, wieder erſcheinen, unter der 
            Be=
dingung, daß ſie die zurückgewieſene Bekanntmachung des 
            fran=
zöſiſchen Delegierten in ihrer nächſten Nummer nun doch 
            bräch=
ten. Die Koblenzer Preſſe wird es aber auch weiterhin 
            ab=
lehnen, ſolche und ähnliche Bekanntmachungen der 
            Rhein=
landkommiſſion, die aus dem Rahmen des Rheinlandabkommens 
herausfallen, zu veröffentlichen. Für den Fall der 
            Nichtver=
öffentlichung der Bekauntmachung ſind den Blättern übrigens 
weitere Strafmaßnahmen angedroht worden. 
Stolberg, 4. Febr. (Wolff.) Die Stolberger 
            Zei=
tungiſt aufdrei Tage von dem franzöſiſchen Kreisdelegierten 
verboten worden, weil ſie die Anweiſung des 
            Verkehrsmini=
ſters an die Eiſenbahner ſowie das Grußverbot des Miniſters 
des Innern für die Polizeibeamten des neubeſetzten Gebietes 
veröffentlicht hatte.
 Die Mainzer Kriegsgerichtsurteile. 
Eine rechtliche Betrachtung. 
Es iſt in den erſten Meldungen über die Urteile im Thyſſen= 
Prozeß und im Prozeß gegen Herrn Dr. Schlutius und 
            Geheim=
rat Raiffeiſen nicht klar genug zum Ausdruck gekommen, daß im 
Thyſſen=Prozeß die eigentliche Schuldfrage wegen 
            Gehorſams=
verweigerung gegenüber einem militäriſchen Befehl verneint 
und dieſerhalb Freiſprechung erfolgt iſt, und daß die 
            Ver=
urteilung lediglich wegen einer weniger bedeutſamen 
            Requiſi=
tionsverordnung erfolgte. Die Anklageformel lgutete 
            folgender=
maßen: 
Die Angeklagten werden beſchuldigt: 
„am 18. Januar 1923 zu Bredeney (beſetztes deutſches Gebiet) 
„ſich geweigert zu haben, einem Befehl zu gehorchen, welcher 
„geſetzmäßig durch den kommandierenden General der 128. In= 
„fanteriediviſion gegeben war und ihnen vorſchrieb, die 
            Siche=
rung der Kohlenlieferungen fortzuſetzen, die notwendig iſt für 
„das Funktionieren der öffentlichen Betriebe unter den ge= 
„ſwöhnlichen Bedingungen, einem Befehl, welcher die Ordnung 
„und das öffentliche Leben betrifft, und ſo gegen die Jüter= 
„eſſen verſtoßen zu haben, welche die Beſetzung notwendig 
machen, und die ihnen auferlegt ſind und ſtrafbar ſind nach 
„den Artileln 63, 267 des Militärſtrafgeſetzbuchs, 42, 43 der 
„Haager Konvention vom 18. Oktober 1907, 2 und 9 der Ver= 
„ordnung des kommandierenden Generals der Beſatzungs= 
„ſtreitkräfte vom 11. Januar 1923 und 40 des Strafgeſetzbuchs.” 
Das kriegsgerichtliche Verfahren vollzieht ſich ähnlich wie bei 
uns das ſchwurgerichtliche Verfahren, d. h. am Schluſſe wird der 
Verhandlung eine Schuldfrage formuliert, und die obige 
            Anklage=
formel bildete die Hauptſchuldfrage. Man kann das hierdnich 
ausgedrückte Delikt kurz als Gehorſamsverweigerung gegenüber 
einem militäriſchen Befehl bezeichnen. Dieſe Schuldfrage wurde 
einſtimmigverneint. Erſt in ſeinen Schlußanträgen regte 
der Staatsanwalt die Stellung einer Hilfsfrage nach Verletzung 
einer wenig bekannten Requiſitionsordnung an, die nur 
            Geld=
ſtrafen vorſieht, und zwar handelt es ſich eigentlich nicht einmal 
um eine richtige Geldſtrafe, ſondern mehr um eine Art 
            Verfall=
erklärung oder Einziehung. Dieſe Einziehungen werden 
            ausge=
ſprochen in Höhe des doppelten Betrages der im Wege der 
            Re=
quiſition angeforderten, aber nicht gelieferten Waren. Darauf 
ſinb die verſchiedenen Summen zurückzuführen. 
Da ebenſo wie beim ſchwurgerichtlichen Verfahren in dem 
Urteil Gründe nicht angegeben werden, ſo iſt auch nicht erſichtlich, 
auf welche der zahlreichen Gründe, die zu einer Freiſprechung 
führen mußten, das Gericht ſich geſtützt hat. Man kann hier nur 
eine Vermutung ausſprechen, die zur Gewißheit wird, wenn 
man damit das Urteil mit den unmittelbar darauf verhandelten 
Sachen gegen Dr. Schlutius und Geheimrat Raiffeiſen (in der 
Dr. Grimm ebenfalls verteidigt hat) vergleicht. Beide Herren 
ſind Staatsbeamte, und bei beiden hat das Gericht die 
Schuldfrage wegen Gehorſamsverweigerung bejaht. Dieſe 
unterſchiedliche Behandlung beruht offenſichtlich auf der Faſſung 
der Verordnung des Generals Degoutte, die auch in der 
            Haupt=
verhandiung eingehend erörtert wurde. Artikel 1 Abſatz 2 dieſer 
Verordnung beſtimmt als Grundprinzip: die deutſchen Geſetze 
bleiben in Kraft‟. Dies entſpricht der Vorſchrift des Art. 43 der 
Haager Konvention. Von dieſem Prinzip macht dann Abſatz 3 
eine Ausnahme, die meines Erachtens durchaus unzuläſſig iſt, 
indem dort geſagt wird, daß die öffentlichen Behörden den 
            Be=
fehlen der Militärbehörden Gehorſam zu leiſten haben. In dem 
Rheinlandabkommen findet ſich eine ähnliche Vorſchrift. Hiei iſt 
ſie geſetzmäßig, da ſie auf einem völkerrechtlichen Vertrag 
            zwi=
ſchen der Entente und Deutſchland beruht. Das 
            Rheinland=
abkommen gilt aber nicht für das neubeſetzte Gebiet. 
Für die Zivilperſonen iſt eine ſolche Gehorſamspflicht als 
Ausnahme von der Geltung der deutſchen Geſetze in der 
            Ver=
ordnung des Generals Degoutte nicht vorgeſehen; daraus erklärt 
ſich die unterſchiedliche Behandlung der privaten Zechenvertreter 
und des Herrn Geheimrat Raiffeiſen, der ſich im übrigen als 
Leiter der ſtaatlichen Zechen ſonſt in genau der gleichen 
            Rechts=
lage wie jene befand. Er hat den gleichen Befehl des 
            Reuhs=
kohlenkommiſſars wie die privaten Zechenbeſitzer erhalten, und 
er hat in der gleichen würdigen Weiſe wie die privaten Beſitzer 
und Zechendirektoren die Erfüllung des franzöſiſchen Befehls 
in Widerſpruch zu den Geſetzen ſeines Landes verweigert. 
Der damit vom Gericht eingenommene Standpunkt iſt 
            ab=
ſolut unhaltbar. Abgeſehen davon, daß die Verordnung des 
Generals Degoutte überhaupt rechtsungültig iſt, kann dieſe 
            Ver=
ordnung doch niemals beſtehende Rechtsgrundſätze des 
            Völker=
rechts außer Kraft ſetzen. Es iſt anzuerkennen, daß der 
            An=
klagevertreter im Thyſſen=Prozeß ſich durchaus auf den Boden 
des Haager Abkommens geſtellt hat und dieſes für Frankreich 
als verbindlich anerkannt hat. Das erſte Haager Abkommen vom 
Jahre 1899 iſt von Frankreich und Belgien unterzeichnet, die 
Anklage ſelbft baut ſich darauf auf. Dieſes Abkommen beſtimmt 
in Artikel 44: „es iſt verboten, die Bevölkerung eines beſetzten 
Gebietes zur Teilnahme an den Kriegsunternehmungen gegen 
ihr eigenes Lans zu zwingen” und bezüglich der 
            Perſonalleiſtun=
gen beſtimmt Artikel 52: „ſie dürfen für die Bevökkerung nicht di= 
Verpflichtung enthalten, an Kriegsunternehmungen gegen ihr 
Vaterland teilzunehmen” 
Wenn man überhaupt die Haager Konvention anwenben 
lpill, und Frankreich tut dies, um ſeine Maßnahmen zu 
            rechtfer=
tigen, ſo muß man ſie analog anwenden, und man kann nicht 
einwenden, daß es ſich hier ja nicht um Kriegsmaßnahmen 
            han=
dele. Die Rechte des Okkupanten, der im Frieden eine rein 
            wirt=
ſchaftliche Beſetzung durchführt, deren militäriſcher Charakter ja 
von Frankreich ausdrücklich geleugnet wird, müſſen geringer ſein 
als die Nechte, welche der Okkupant im Krieg für ſich in Anſpruch 
nehmen kann. Was im Kriege der Bevölkerung als Schutz für 
ihre heiligſten Rechte und Güter zugebilligt iſt, muß auch als 
Mindeſtgarantie für die Rechte der Ruhrbevölkerung gelten:. 
Die franzöſiſchen Gerichte müſſen aber auch ihr Landesrecht 
reſpektieren, und gerade im franzöſiſchen Strafrecht genießt der 
Beamte, welcher auf Weiſung ſeiner vorgeſetzten Dienſtbehörde 
handelt, einen beſonderen Schutz. Dies iſt an den 
            ver=
ſchiedenſten Stellen des Strafgeſetzbuchs zum Ausdruck 
            gekom=
men, ſo u. a. in Artikel 114, wo es in Abſatz 2 heißt: „Wenn 
der betreffende Beamte nachweiſt, daß er auf Befehle ſeiner 
            Vor=
geſetzten gehandelt hat, welchen er in der fraglichen Materie 
            Ge=
horſam ſchuldig war, iſt er ſtraflos.” 
Die unterſchiedliche Behandlung der Beamten und der 
            Zivil=
bevölkerung duich die franzöſiſche Militärbehörde iſt alſo nicht
Runzuter 35.
Zeite 2.
Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 5. Februar 1923.
 zu derſtehen. Das Umgekehrte hätte noch einen gewiſſen Sinn. 
Denn wenn der einfache Staatsbürger ſeinem Lande und ſeinen 
Geſetzen Gehorſom ſchuldig iſt, ſo iſt es doch der Beamte, der 
feinem Staate den Treueid geleiſtet hat und der ſich in einer 
miehrfachen Zwangslage befindet, erſt recht. Zunächſt befindet er 
ſich in der allgemeinen moraliſchen Zwangslage jedes Bürgers, 
dem Ehre und Gewiſſen verbieten, gegen ſein Vaterland zu 
            hon=
deln. Sodann in der beſonderen Zwangslage des Beamten, der 
den Treueid geleiftet hat und nicht meineidig werden will. Dazu 
kommt weiter, daß der Beamte Gefahr läuft, bei 
            Zuwiderhand=
lung gegen die Anordnungen des Reichskohlenkommiſſars nicht 
nur mit Gefängnis beſtraft zu werden, ſondern auch 
            diſzi=
dlinariſch verfolgt zu werden und ſein Amt zu verlieren. 
Schließlich komm; auch noch eine zivilrechtliche Verantwortlichkeit 
n Frage, die ihn bei Zuwiderhandlung gegen ſeine Amtspflicht 
ſchadenerſatzpflichtig macht. 
In würdiger, erhebender Weiſe hat Herr Geheimrat 
            Raiff=
eiſen in ſeinem Schlußwort vor dem Kriegsgericht dieſe klare 
Rechtslage in die markigen Worte gekleidet: „Dieſelbe 
Difziplin, welche ich von den mir unterſtellten 
Veamten verlange, verlange ich auch von mir 
ſelbſt gegenüber meiner mir vorgeſetzten 
            Be=
hörde. Ich habe meinem Staate den Dienſteid 
geſchworen, ich kann und will nicht meineidig 
werden.” 
Ein Proteſt Deutſchlands. 
Eine deutſche Note an Frankreich und Belgien. 
Berlin, 3. Febr. (Wolff.) Die deutſche Regierung 
beauftragte den Geſchäftsträger in Paris, auf die Note der 
franzöſiſchen Regierung vom 31. Januar 1923 folgende 
Antwort zu überreichen: 
„In ihrer Verbalnote vom 31. Januar 1923 hat die 
            franzöſi=
ſche Regierung die deutſche Regierung davon in Kenntnis geſetzt, 
daß vom 1. Februar 1923 ab keine Verſendungvon 
            Koh=
len und Koks aus dem beſetzten Gebiet nach dem 
übrigen Deutſchland mehr ſtattfinden wird; gleichzeitig 
behielt ſich die franzöſiſche Regierung weitere 
            Strafmaßnah=
men vor. Die franzöſiſche Regierung erklärt, ſich auf 8 18, Anl. II. 
Teil /III des Vertrages von Verſailles zu ſtützen. Sie verweiſt 
auf das durch die Reparationskommiſſion feſtgeſtellte 
            Gene=
ralverſäumnis und bezieht ſich auf die entſprechende 
            Mit=
teilung der Reparationskommiſſion vom 26. Januar. 
Die franzöſiſche Regierung erneuert hiernach den Verſuch, 
die Verantwortlichkeiten zu vertauſchen indem 
ſie die berechtigten Abwehrmaßnahmen Deutſchlands gegen den 
rechtswidrigen Einbruch in das Ruhrgebiet als Anlaß für neue 
Gewaltmaßnahmen bezeichnet. Die deutſche Regierung hat bereits 
in ihrer Note vom 19. Januar die notwendige Antwort auf dieſen 
Verſuch erteilt. In Wirkſichkeit liegt der Grund für den neuen 
Gewaltakt in den für Frankreich unbefriedigenden Ergebniſſen 
des erſten Unrechts, jener Ruhrbeſetzung, deren Erfolgloſigkeit 
die franzöſiſche Regierung zu immer neuem Unrecht treibt. Durch 
Verhinderung der Kohlenſendung aus dem Ruhrgebiet in das 
übrige Deutſchland fügt Frankreich zu den bereits begangenen 
Rechtsbrüchen einen weiteren hinzu. Die deutſche Regierung 
            be=
ſtreitet, daß die neuen Feſtſtellungen der Reparationskommiſſion 
über angebliche Verſäumniſſe Deutſchlands begründet ſind. 
Aber ſelbſt, wenn ſie ebenſo begründet wären, wie ſie unbegründet 
ſind, ſo würden doch die §§ 17 und 18 Anlage II Teil VIII des 
Vertrages von Verſailles für die von der franzöſiſchen Regierung 
beſchlofſene Maßnahme ebenſowenig eine Rechtsgrundlage 
            bil=
den, wie dies hinſichtlich der früheren Feſtſtellungen der 
            Repa=
rationskommiſſion für den Einbruch ins Ruhrgebiet der Fall war. 
Die deutſche Regierung verweiſt auf ihre Note vom 12. Januar, 
in der nachgewieſen iſt, daß auf Grund der 85 17 und 18 nur 
ſolche wirtſchaftlichen, finanziellen oder anderen gleichwertigen 
Maßnahmen getroffen werden dürfen, die auf den 
            Hoheitsgebie=
ten der alliierten Staaten durchzuführen ſind, und daß ſolche 
Maßnahmen nur von allen an den Reparationen beteiligten 
Mächten gemeinſam ergriffen werden dürfen. Die von der 
            fran=
zöſiſchen Regierung angedrohten Maßnahmen ſtellten eine 
            be=
ſonders ſchwere Verletzung des Vertrages von Verſailles 
            inſo=
fern dar, als nach Artikel 251 dieſes Vertrages der notwendige 
Bedarf Deutſchlands an Kohlen den 
            Reparationsforde=
rungen vorgeht und unter allen Umſtänden 
ſichergeſtellt werden muß. 
Die franzöſiſche Regierung behaudtet in ihrer Note vom 
31. Januar, daß die Erregung unter den Beamten des 
            Ruhr=
gebiets und der Gebiete auf dem linken Rheinufer von der 
            deut=
ſchen Regierung geſchürt werde. Die deutſche Regierung weiß ſich 
eins mit der Beamtenſchaft der betroffenen Gebiete, wenn ſie 
erklärt, daß die Erregung der Beamtenſchaft ebenſo wie die der 
Bevölkerung allein auf das völkerrechtswidrige 
Vorgehen Frankreichs zurückzuführen iſt, und daß es 
keines Anſporns der deutſchen Regierung bedurfte, um dieſe 
            be=
rechtigte und verſtändliche Erregung hervorzurufen. Die von der 
franzöſiſchen Regierung mit Recht hervorgehobene 
            Gefähr=
dungdes Wirtſchaftslebens an der Ruhr beruht einzig 
und allein auf dem rechtswidrigen und die Nuhrbevölkerung aufs 
ſchwerſte ſchädigenden Verhalten der Okkupationsmächte. 
Der Verſuch, das Ruhrgebiet durch Gewalt für die 
            Kohlentrans=
porte nach dem übrigen Deutſchland zu ſperren, kann nur den 
weiteren Verfall der deutſchen Wirtſchaft zur 
Folge haben, die von Frankreich angeblich angeſtrebte Sicherung 
ſeiner Reparationsforderungen gefährden, und die 
            Fähig=
keit Deutſchlands zu Reparationsleiſtungen 
ſchließlich zum Schaden aller Alliierten vernichten. 
Gegen den Verſuch, ein friiedlich arbeitendes Volk durch die 
Abſchneidung der lebensnotwendigen Kohlenzufuhr in 
            Arbeits=
loſigkeit und Elend zu ſtürzen, um es zur Anerkennung eines 
Rechtsbruches zu zwingen, erhebt die deutſche Regierung hiermit 
Proteſt.” 
Der deutſche Geſchäftsträger in Brüſſel iſt beauftragt, 
der belgiſchen Regierung eine gleichlautende Note zu überreichen. 
Die Kohlenverſorgung des unbeſetzten Gebietes. 
Berlin, 4. Febr. Reichskohlenkommiſſar Stutz 
erklärte einem Vertreter des B. T. über die 
            Kohlenverſor=
gung des unbeſetzten Deutſchland, eine Reihe von 
            Ruhr=
gruben bleibe außerhalb der franzöſiſchen 
            Blockade=
linie; deren Produktion werde alſo dem unbeſetzten 
            Deutſch=
land auch weiter zugute kommen. Für eine Vermehrung der 
dem unbeſetzten Deutſchland zur Verfügung bleibenden 
            Kohlen=
menge käme Steigerung der Produktion in den unbeſetzten 
            Ge=
bieten und Einfuhr in Betracht. Die in Ausſicht genommenen 
Ueberſchichten würden ein Ergebnis von nahezu einer 
            hal=
ben Million Tonnen pro Monat bringen. Die Einfuhr aus Oſt= 
Oberſchleſien und der Tſchecho=Slowakei ſolle in dem bisherigen 
Umfang aufrecht erhalten werden. Die Einfuhr aus dem 
            Saar=
gebiet ſei durch die Franzoſen abgeſchnitten; von der Einfuhr 
aus England, die in den letzten Monaten infolge der 
            Mark=
entwertung geſunken ſei, erhoffe man bei umfangreichen 
            Ankäu=
fen eine baldige Steigerung. Die Abſchnürung des 
            Ruhr=
reviers werde bald eine außerordentliche Stockung der Förderung 
und eine ſolche Verſtopfung des Verkehrs zeitigen, wie ſie noch 
nicht dageweſen ſei. Frankreichs Erfolg bei der Ruhrbeſetzung 
beſtehe darin, daß Frankreich in ganzen drei Wochen 
noch nicht ſoviel Kohle erhalten habe, wie ſonſt 
an einem halben Tage nach Frankreich geliefer 
worden ſei.
 Kundgebung aller deutſchen 
            Gewerk=
ſchaften an die amerikaniſchen Parlamente. 
TU. Berlin, 4. Febr. Am 1. Februar traten Vertreter 
des Allgemeinen Deutſchen Gewerkſchaftsbundes, des Deutſchen 
Gewerkſchaftsbundes chriſtlicher Gewerkſchaften, des 
            Gewerk=
ſchaftsringes Hirſch=Duncker und des Allgemeinen Freien 
            Ange=
ſtelltenbundes zuſammen, um zu der augenblicklichen Lage und 
den für die nächſte Zukunft drohenden Gefahren Stellung zu 
            neh=
men. Sie beſchloſſen, folgende Kundgebung ſofort ergehen 
zu laſſen an den Senat und das Repräſentantenhaus der 
            Ver=
einigten Staaten in Waſhington: 
„Die unterzeichneten Gewerkſchaftsverbände, die 12 
            Millio=
nen Mitglieder vertreten, mit ihren Angehörigen alſo mehr als 
die Hälfte der geſamten deutſchen Bevölkerung, erklären erneut, 
daß ſie, geſtützt auf Amerikas poſitives Verſprechen, völlige 
            Ge=
rechtigkeit walten zu laſſen, Deutſchland von der Autokratie zur 
Demokratie geführt, ſich dem Gebot völliger Entwaffnung gefügt 
haben. Der Deutſche liebt die friedliche Arbeit, aber er 
            wider=
ſetzt ſich ebenſoſehr der Abſicht, ihn für unbegrenzte Zeiten zum 
Sklaven zu machen oder gar die kommenden Geſchlechter ſeines 
Volkes einem Syſtem wirtſchaftlicher Knechtſchaft auszuliefern. 
Die Beſetzung des Ruhrgebietes und der Verſailler Vertrag 
            be=
dingen jedoch ſolche Sklaverei, zerſtören die deutſche und die 
            euro=
päiſche Wirtſchaft und bedrohen zunächſt Millionen Deutſcher 
mit Arbeitsloſigkeit. Eine unparteiſche, jedoch genügend 
            bevoll=
mächtigte Unterſuchungskommiſſion wird dies feſtſtellen können, 
außerdem aber noch, daß jetzt mitten im Frieden Männer und 
Frauen, alte und junge verhaftet und aus ihrer Heimat 
            ausge=
wieſen werden, nur weil ſie ſich weigern, zu Verrätern an ihrem 
Vaterland zu werden. Wir ſind bereits zu einem Volk 
            herab=
gedrückt worden, das hungert, deſſen Säuglinge in Papier ſtatt 
in Leinenwindeln gewickelt werden, deſſen Frauen und Kinder 
körperlich verelenden und verkommen. Dieſer Appell ſoll kein 
Verſuch ſein, Amerika zu bewegen, eine beſtimmte Haltung 
            zu=
gunſten der einen einen oder der anderen ſich gegenüberſtehenden 
Parteien einzunehmen. Es ſoll ſein ein Appell an das 
            traditio=
nelle amerikaniſche Ehrgefühl und an ſeinen Sinn für fair plav. 
Wir ſind feſt davon überzeugt, daß Amerika nicht in den Krieg 
eingetreten iſt, um das deutſche Volk zu vernichten. Der 
            ameri=
kaniſche Ehrenſtandpunkt, wenn er auch jetzt feſt behauptet wird, 
kann die Welt retten von ſonſt unvermeidlichem Unglück.” 
Erklärungen des Regierungspräſidenten Grützner. 
TU. Eſſen, 4. Febr. Regierungspräſident Grützner aus 
Düſſeldorf hatte geſtern ſowohl die deutſche wie die ausländiſche 
Preſſe zu einer Beſprechung nach dem Rathaus geladen. Der 
Regierungspräſident gab zunächſt ein Bild über die gegenwärtige 
Ernährungs= und Verkehrslage im Ruhrgebiet. Immer wieder, 
ſo erklärte er, werden trotz des Verbotes der Generale 
            Requi=
ſitionen von den Truppen vorgenommen, was natürlich im 
Ruhrgebiet von den ſchwerſten Folgen für die Ernährungslage 
ſein kann. Geſtern mußten, wie aus Vohwinkel gemeldet wird, 
dort 350 Mann Infanterie und Dragoner untergebracht werden. 
Die Truppen haben dort gewaltſam reguiriert, und 
zwar wurde Mehl, das nur in rationierter Form abgegeben 
wird, von den Truppen, als der Verkauf verweigert wurde, 
            ein=
fach weggenommen. Die 
            Lebensmittelverſor=
gung wird aber auch durch die Verkehrslage neuerdings 
erſchwert. Die Verſorgung mit Milch z. B. in 
            Düſ=
ſeldorf iſt kataſtrophal. Der dortige Landrat meldet, daß für 
Säuglinge überhaupt keine Milch zu bekommen iſt. 
            Regierungs=
präſident Grützner teilte dann mit, daß die Beſatzungsbehörde 
beabſichtige, zum Verladen der Kohlen, wozu ſich kein deutſcher 
Arbeiter bereitfinde, Arbeiterkommandos, die im 
            Aus=
lande angeworben ſind, hier im Kohlengebiet zu verwenden. 
Eine derartige Maßnahme würde ſchon aus dem Grunde eine 
ſchwere Belaſtung der Bevölkerung des Einbruchgebietes ſein, 
weil dieſe angeworbenen Arbeiter wieder einquartiert werden 
müßten und die ſchon kataſtrophale Wohnungsnot vergrößern 
würde. Auf eine Anfrage teilte der Regierungspräſident mit, 
daß bisher 150 Beamte mit ihren Familienangehörigen, 
            zuſam=
men etwa 600 Perſonen, aus dem Ruhrgebiet ausgewieſen 
            wor=
den ſind. 
Die Franzoſen ſperrten geſtern auch die Kohlenzüge 
nach denneutralen Ländern. Vier Züge mit 
            Vertrags=
kohle nach der Schweiz wurden von ihnen in Dortmund 
            angehal=
ten. In Weſel wurde ein Kohlenzug mit etwa 45 Wagen, der 
für Holland beſtimmt war, von den Franzoſen nicht durchgelaſſen. 
Der Zug mußte wieder zurückgeleitet werden. In Dorſten iſt 
der erſte Kohlenzug beſchlagnahmt worden. Seit geſtern werden 
fämtliche nach Holland gehende Kohlenzüge beſchlagnahmt. 
Auslandsſpenden für die Ruhrhilfe. 
Berlin, 3. Febr. (Wolff.) Dem Reichspräſidenten 
            wur=
den von der norwegiſchen Firma Allan u. Co. in 
            Kri=
ſtiania 500 000 Mark für die Armen im Ruhrgebiet und von 
einem Deutſchen in Norwegen zur Linderung der Not in 
            Deutſch=
land als weitere Rate 290 norwegiſche Kronen überwieſen. 
Eine Samlung des Vorarlberger Tagblatts für 
den gleichen Zweck ergab vorläuſig 3 300000 Kronen und 3000 
Mark, davon 1 Million Kronen allein vom Deutſchen 
            Frauen=
verein in Bregenz. Auch die deutſche Kolonie in Baſel und 
der Verband deutſcher Vereine in Zürich haben Sammlungen 
eingeleitet. 
Fortdauer des Streiks. 
Koblenz, 4. Febr. (Wolff.) Als die Eiſenbahner 
erfuhren, daß die Arbeit unter der Bedingung wieder 
            aufgenom=
men werden ſollte, daß das franzöſiſche und belgiſche 
Eiſenbahnperſonal auf den Bahnhöfen bleibe, bemächtigte 
ſich ihrer eine ungeheuere Erregung. Einmütig erklärten 
ſie, daß ſie die Arbeit nicht eher wieder aufnehmen würden, als 
bis die Franzoſen und Belgier vollkommen aus den Betrieben 
herausgenommen worden ſeien. Der Streik geht heute noch 
weiter. 
Keine Eiſenbahnerentlaſſungen. 
Berlin, 3. Febr. In der in Hamburg ſtattfindenden 
Generalverſammlung des Deutſchen 
            Eiſenbahnerver=
bandes wurde nach einer Meldung der Voſſiſchen Zeitung 
            mit=
geteilt, daß infolge des Eingreifens der Organiſation die von den 
maßgebenden Stellen geplanten Entlaſſungen von Eiſenbahnern 
in Anbetracht der augenblicklichen wirtſchaftlichen Verhältniſſe 
von den Behörden vorläufig zurückgezogen worden ſind. 
Zwiſchenfall im badiſchen Landtag. 
Berlin, 4. Febr. Die Anweſenheit zweier Mitglieder einer 
Ententekommiſſion in einer Sitzung des badiſchen 
Landtags rief einen Zwiſchenfall hervor. Die 
            volks=
parteiliche Abgeordnete Weber beſtritt den diplomatiſchen 
            Cha=
rakter der Kommiſſion, auf Grund deſſen das Präſidium den 
            bei=
den Ententevertretern Eintrittskarten zur Verfügung geſtellt 
hatte. Die Deutſchnationalen, die Mitglieder des Landbundes 
ſowie mehrere Abgeordnete der Volkspartei verließen den Saal. 
Franzöſiſche „Kultur” 
Koblenz, 4. Febr. (Wolff.) Die Franzoſen haben 
in der Eiſenbahnbetriebswerkſtätte des Koblenzer 
            Hauptbahn=
hofs fürchterlich gehauſt. Alle Kiſten und fonſtigen 
            Be=
hältniſſe der Eiſenbahner wurden mit Gewalt erbrochen 
die Kleider der Beamten herausgeriſſen und in den Dreck 
            getre=
ten, die Stiefelmit Kohle gefüllt und angezündet, 
die Werkzeuge hinausgeſvorfen, die Geſchäftsbücher zerriſſen, 
das Bettzeug zerſchnitten und die Oelbehälter zum 
Auslaufen gebracht. Der ganze Raum iſt vollſtändig mit Kot 
beſchmutzt. Die Lokomotiven ſtehen ohne Feuerung und 
ſind zum Teil für lange Wochen unbrguchbar gemacht. Der 
Schaden geht in die Millionen. 
 Deutſchland und die Reparationskommiſſion. 
Der Wortlaut der deutſchen Note. 
Paris, 3. Febr. (Wolff.) Der Reparationskommiſſion 
wurde auf die Note vom 26. Januar, die unter Feſtſtellung des 
General=Manquements die Anträge der deutſchen Regierung 
vom 14. Nobember als gegenſtandslos bezeichnet und den 
            Lon=
doner Zahlungsplan wieder in Kraft ſetzt, nachſtehende 
            Andort=
note übergeben: 
Die Reparationskommiſſion ſtellte wegen der Einſtellung der 
Reparationsleiſtungen an Frankreich und Belgien die allgemeine 
Verfehlung Deutſchlands gegenüber dieſen beiden Staaten im 
Sinne des § 17 Anhang 2 und Teil 8 des Vertrages von 
            Ver=
ſailles feſt. Zugleich erklärte ſie, daß mit der Einſtellung der 
Leiſtungen an Frankreich und Belgien der Antrag der deutſchen 
Regierung vom 14. November hinfällig geworden ſei und daß 
daher alle Beſtimmungen des Zahlungsplanes vom 5. Mai 1921 
in Kraft blieben. Die deutſche Regierung ſtellte, wie ſich aus 
ihrer Note vom 31. Januar ergibt, die Leiſtungen an Frankreich 
und Belgien lediglich wegen des vertragswidrigen Einmarſches 
dieſer beiden Mächte in das Ruhrgebiet ein, und zwar lediglich 
für die Dauer des dadurch geſchaffenen vertragswidrigen 
            Zu=
ſtandes und ſeiner Folgen. Sie machte damit von dem 
            unzweifel=
haften Rechte G=brauch, und von einer Verfehlung im Sinne 
des § 17 kann nicht geſprochen werden. Die deutſche Regierung 
legt deshalb gegen die Feſtſtellung einer ſolchen Verfehlung 
            Ver=
wahrung ein. Ebenſo muß die deutſche Regierung der Annahme 
widerſprechen, daß nunmehr ihr Antrag auf Gewährung eines 
Zahlungsaufſchubs hinfällig geworden ſei. Die 
            Reparations=
kommiſſion ſelbſt ſtellte in einer Entſcheidung vom 21. März feſt, 
daß die finanzielle Lage Deutſchlands der deutſchen Regierung 
nicht ermöglichte, die Verpflichtungen für 1922 aus dem 
            Zah=
lungsplan vom 5. Mai 1921 vollſtändig zu erfüllen. Die 
            Repa=
rationskommiſion erkannte ferner in einer Entſcheidung vom 
31. Auguſt ausdrücklich an, daß das Reich jeden inneren und 
äußeren Kredit verloren habe. Die Reparationskommiſſion 
faßte daher eine Ermäßigung der äußeren Laſten Deutſchlands 
ins Auge. Sodanm erkannten die alliierten Hauptmächte in 
ihrer Pariſer Konferenz vom 2. Januar die vorgelegten Pläne 
über die gegenwärtige Zahlungsunfähigkeit Deutſchlands 
            über=
einſtimmend dadurch an, daß ſie außer der Herabſetzung der 
            Ge=
ſamtverpflichtungen Deutſchlands aus dem Zahlungsplan vom 
5. Mai 1921 einen ſofortigen Zahlungsaufſchub für mehrere 
Jahre vorſahen. Inzwiſchen verſchlechterte ſich infolge der 
            Be=
ſetzung des Ruhrgebiets die finanzielle und wirtſchaftliche Lage 
Deutſchlands noch weiter. Die Mark ſank auf ein 
            Zehntauſend=
ſtel ihres Friedenswertes. Wenn jetzt die 
            Reparationskommiſ=
ſion auf den Londoner Zahlungsplan zurückgreift, ſo muß die 
deutſche Regierung darin einen Widerſpruch zu der bisherigen 
Stellungnahme ſowohl der Reparationskommiſſion wie der 
            alli=
ierten Hauptmächte erblicken. Ueberdies ſetzt ſich die 
            Repara=
tionskommiſſion damit auch über die Beſtimmungen des 
            Ver=
trages von Verſailles hinweg, die das Ausmaß der 
            Reparations=
verpflichtungen Deutſchlands von ſeiner Leiſtungsfähigkeit 
            ab=
hängig machen und ſeinen notwendigen Lebensbedürfniſſen den 
Vorrang vor den Reparationsverpflichtungen geben. Nach dem 
Einbruch in das Ruhrgebiet und nach dem Beginn der 
            wirt=
ſchaftlichen und finanziellen Abſonderung der linksrheiniſchen 
Gebiete und des Ruhrgebiets von dem übrigen deutſchen 
            Wirt=
ſchaftskörper iſt die deutſche Regierung noch weniger als zuvor 
imſtande, den Londoner Zahlungsplan zu erfüllen. Sie kann 
in der Entſcheidung der Reparationskommiſſion vom 26. Januar 
keine ſachliche Beantwortung ihrer Note vom 14. November 
            er=
blicken und ſiehr der Nachprüfung der deutſchen Leiſtungsfähigkeit 
nach Art. 234 des Vertrages von Verſailles entgegen. 
Anmerkung des W. T. B.: Die Pariſer Preſſe will, offenbar 
auf ein ihr gegebenes Stichwort hin, in der Note ein 
            verſchleier=
tes Verhandlungsangebot Deutſchlands gegenüber Frankreich 
ſehen. Sie glaubt, daß die plötzliche Bereitſchaft der deutſchen 
Regierung, mit der franzöſiſchen Regierung zu verhandeln, durch 
die Abſperrung des Ruhrgebiets herbeigeführt worden iſt. Der 
Wortlaut der deutſchen Andwort beweiſt, daß die franzöſiſche 
Auslegung falſch iſt. Uebrigens muß hervorgehoben werden, 
daß die Antwort der deutſchen Regierung an die 
            Reparations=
kommiſſion und nicht an die franzöſiſche Regierung gerichtet iſt. 
Die Reparationskommiſſion ſtellt eine Geſamtvertretung der 
            alli=
ierten Mächte dar, und es iſt ſelbſtverſtändlich, daß die 
            regelmäßi=
gen Verhandlungen mit ihr, die niemals unterbrochen waren, 
weitergeführt werden müſſen, 
Der Pfandwert der Ruhrinduſtrie. 
In einer Unterredung, die Herr Poincaré einer Anzahl 
            ame=
rikaniſcher Journaliſten gewährte, betonte er ausdrücklich: „Was 
auch kommen mag, wir dürfen keinesfalls das Pfand, das wir 
im deutſchen Ruhrgebiet jetzt beſitzen, preisgeben.‟ Der Gedanke, 
das Ruhrgebiet ebenſo wie den Rhein als „Pfand” für die 
            Er=
füllung der franzöſiſchen Anſprüche zu betrachten, ſtammt vom 
Vorſitzenden der Finanzkommiſſion der franzöſiſchen 
            Deputierten=
kammer, Adrien Dariac, der die Grundlagen und Ziele ſeiner 
Pfänderpolitik in einem — im „Rheiniſchen Beobachter” 
            dan=
kenswerterweiſe zum erſten Male in deutſcher Sprache 
            mitgeteil=
ten — Geheimbericht ausführlich darlegte. Dieſer Bericht 
bringt in ſeinem erſten Teil, rein ſachlich genommen, dem 
            deut=
ſchen Leſer kaum neues. Er enthält zunachſt ein reichhaltiges 
ſtatiſtiſches Material, vorzugsweiſe die bekannten Ziffern über 
Kohle=, Erz=, Farbſtoff= und andere Produktionen des 
            Ruhr=
gebietes. Intereſſant und wichtig für die Beurteilung der 
            augen=
blicklichen Lage wird ſodann das Eingeſtändnis des franzöſiſchen 
Fachmannes, daß die Zahlen der geſamten franzöſiſchen 
            Produk=
tion vor dem Kriege auch nicht von fern verglichen werden 
            kön=
nen mit den Wirtſchaftserträgniſſen des Ruhrgebietes, obwohl 
deſſen Ausdehnung nicht einmal der eines kleinen franzöſiſchen 
Departements gleichkommt. 
Anſchließend an dieſe für die franzöſiſche Wirtſchaft gewiß 
nicht ſchmeichelhafte Bemerkung ſtellt Dariac nun eine 
            Betrach=
tung darüber an, inwieweit es ſich ermöglichen ließe, eine 
            Nutz=
barmachung der Ruhr durch eine freundſchaftliche 
            Zuſammen=
arbeit zwiſchen Frankreich und den Alliierten einerſeits und 
Deutſchland andererſeits herbeizuführen. Daß in der Tat eine 
Art Intereſſengemeinſchaft zwiſchen franzöſiſchem Erz und 
            deut=
ſcher Kohle von ſeiten der franzöſiſchen Schwerinduſtrie 
            ange=
ſtrebt wurde, beweiſen einige noch in den letzten Tagen an 
            deut=
ſchs Konzerne ergangenen Angebote, und man wird wohl nicht 
fehlgehen in der Annahme, daß man unter dem „Schutz der 
Bajonette und mit dem Revolver in der Hand auch heute noch 
das Zuſtandekommen einer derartigen „freundſchaftlichen 
            Zu=
ſammenarbeit” ſucht.‟ Dariaes Schlußfolgerung, daß die 
            frau=
zöſiſche Eiſeninduſtrie ohne deutſche Kohle nicht leben kann, hat 
ſich bereits in vollem Umfange beſtätigt. Im franzöſiſch=
            loth=
ringiſchen Erzgebiet mußten bereits zahlreiche Hochöfen wegell 
Mangels an Nuhrkohle ausgeblaſen werden. 
Daß unſere Induftrie aller Schwierigkeiten zum Trotz neil 
Grundlagen und Mittel gefunden hat, ſich wieder zu beleben, iſt 
Darige ein beſonderer Dorn im Auge. „Kann Frankreich”, 10 
fragt er in bezeichnendem Peſſimismus, „den Austauſch des 
            deul=
ſchen Kokſes und des franzöſiſchen Erzes für eine 
            gemeinſchafl=
liche Ausbeute ins Auge faſſen, indem es die Grundlage für eine 
wahrhafte induſtrielle Aſſoziierung anbietet? Wir können bbit 
Deutſchland nicht verlangen, daß es während 35 Jahren unge‟ 
heuere Summen an uns bezahlt, während wir auf der anderen 
Seite Angſt haben, daß ſeine Induſtrie ſich in einem Maße 
            enl=
wickele, welche ihm die Zahlung der unterſchriebenen Schulden 
geſtattete.‟ Der Sinn der in vieler Hinſicht für uns heute ſehr 
lehrreichen Betrachtungen des Herrn Adrien Darige gipfelt in 
der Theſe: „Unter den gegenwärtigen Verhältniſſen können wir 
Deutſchlands Lebensnerv zerſtören oder ihn unſerer Kontrolle 
unterſtellen.” Was bisher aus dem franzöſiſchen Ruhrabenteuer 
herausgekommen iſt, ſpricht jedenfalls nicht für eine 
            Verwirt=
lichung der Darigeſchen Pläne und Wünſche.
Darmſtädter Dagblatt, Montag, den 5. Februnt 1923.
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Dom 5. Mai 
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T an Frauktei 
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on wie der 
            alli=
ſich die 
            Reparg=
ungen des 
            Ver=
der 
            Reparatious=
ngsfähigkeit ab 
bedürfniſſen den 
ben. Nach den 
ginn der 
            wirt=
linksrheiniſchen 
Wirt= 
1s zuvo 
fähigk 
ſſe will, offenbar 
ein verſchleier= 
Frankrich 
t der deutſan 
jandeln, durd 
rden iſt. 
            an=
verde 
Reparatio 
gerichtet 
rrretung der 
            all=
aß die regelmäß 
erbrochen waret
Rummer 35.
 Stadt und Land. 
Darmſtadt, 5. Februar. 
Ruhrhilfe. 
Aufruf des Landeskartells Heſſen des D.B.B. und des Heſſiſchen 
Beamtenbundes. 
Die tiefe Not und Bedrängnis, in die Volk und Vaterland durch 
feindliche Willkür und Eewalr gevaten ſind, muß in der Beämtenfchaft 
den geſchloſſenen und einmütigen Willen zu ſtarker, 
            hel=
fender Tat auslöſen. Wo deutſche Brüder ob ihrer Treue zum 
Vaterlande und ob ihrer unentwegten Pflichterfüllung gegemüber den 
Anordnungen der Reichsregierung Schaden und Nachteil erlitten haben, 
da muß ſich ohne jegliches Befinnen die rettende Bruderhand ausſtrecken, 
da muß der Geſchädigte tröftlich den warmen Herzſchlag aller übrigen 
Volksgenoſſen verſpüren. Nuv tiefſte innere Gemeinſchaft gibt in dieſen 
Tagen des nationalen Elends die wahre Kraft zu erfolgreichem 
            Wider=
ſtande und feſtem Durchhalten. Eme Beamtenſchaft, die ſich mit Recht 
aIs das Rückgrat eines geordneten Staatslveſens fühlt, weiß genau, 
            wie=
viel heute gerade von ihrer Haltung abhängt. Das hat ſie im beſetzten 
und im vergewaltigten Gebiet in gemeinſamer Front mit der 
            Arbeiter=
chaft und den übriyen Bevölkerungskreiſon in verbildlicher Weiſe 
            be=
wieſen. Nun gilt es für die Beamtenſchaft des unbeſetzten Gebictes, 
mit tatkräftiger Hilfe einzuſpringen. Bereitwilligkeit hierzu und 
            Opfer=
ſinn haben ſich ſchon in dieſen Tagen in hervorragender Weiſe 
            kund=
getan. Jetzt aber handelt es ſich darum, die Hilfe planmäßig zu 
            geſtal=
ten und auszubauen. Deshalb ſei folgende Aufklärung gegeben: es 
handelt ſich für die Beamtenſchaft um zweierlei: Einmal iſt die 
            Orga=
niſationsſpende dringend vonnöten. Dieſe Scumnlung ſoll 
umalig fein und von den Oxtskartellen vorgenommen werden, die durch 
ſtundſchreiben genaue Anweiſung erhalten haben. Das Ergebnis kommt 
inmittelbar den betroffenen Beamten zugute. Für die 
weckmäßigſte Verwendung zu rechter Zeit und am rechten Orte iſt 
ſeſtens Vorſorge getroffen. Zum anderen ſoll die Volksſpende, 
ſuhrhilfe, der allgemeinen Hilfe dienem. Sie muß ſeitens der 
Heamtenſchaft in einem laufenden Beitrag beſtehen, der monatlich 
bgeliefert würd. Wenn dieſe Spende wirkſam ſein ſoll, ſo muß ein 
eſtimmter Bruchteil des Gehalts geopfert werden, deſſen Höhe natürlich 
edem freigeſtellt iſt. In Thüringen gibt die Beamtenſchaft 3 Prozent 
es jeweiligen Monatseinkommens. Gewiſſe Beqmtenorganiſationen 
aben ſich dieſem Satz ſchon angeſchloſſen. Der Ertrag dieſe 
            laufen=
en Spende iſt durch die Fachverbände einzuſammein und an die 
gatliche Heſſiſche Sammelſtelle abzuliefern, die vegierungsſeitig in den 
ächſten Tagen als zuſtändig bezeichmet werden Güirfte. 
Für ſämtliche Reichs=, Gemeinde= und Landesbeamten, die im 
            Lan=
estartell Heſſen des Deutſchen Beamtenbundes und im Heſſiſchen 
            Be=
mtenkarbell organiſiert ſind: Im Auftrage der Vorſtände: Die 
            Preſſe=
ertretung; Karl Schäfer. 
(Alle heſſiſchen Zeitungen werben dringend um Nachdruck gebeten!)
 Die Sätze der Gebühtenordnung für die heſſiſchen Hebammen 
vm 9. Auguſt 1922 werden ab 1. vor. Mts. rüickwirkend um 800 v.H., 
ie Weggebühren um 500 v.H. erhöht. 
— Die vereinigte Sozialdemokratiſche Partei veranſtaltete am 
            Sonn=
ig vormittag im Städtiſchen Saalbau eine 
            Proteſtverſamm=
ung gegen das Urteil im Fechenbach=Prozeß. Im Laufe der 
            Ver=
mmlung wurde folgende Entſchließung angenonpnen: „Die heute 
n Städtiſchen Saalbau aus alſen Kreiſen der Darmſtädter Bevölkerung 
1t beſuchte Voltsberſammlung proteſtiert nach Anhören ihres 
            Referen=
n Rechtsanwalt Kann aus Frankfurt mit aller Entſchiedemheit gegen 
is ungeheuerliche Urteil, das vom Bayeriſchen Volksgericht gegen den 
yrheitsſozialiſtiſchen Schriftſteller Fechenbach gefällt wvorden iſt. Die 
eiſammlung betracktet es als eine Schmach der deutſchen Juſtiz im 
uslande, wenn ein Urteil, wie gegen Fechenßach, gerade jetzt in ernſter 
tunde im deutſchen Volke möglich war. Die Verſanelten fordern 
Reichsvegierung auf, endlich dazu überzugehen, alle diejenigen, die 
einer Zeit, in der der Feind in unſeren Landen ſteht, verfuchen 
            wol=
u, die deutſche Republik zu gefährden, unmöglich zu wachen. Die 
inde der Republik gehören hinter Schloß und Riegel, und Leute wig 
Genbach gehören für die Rebublik dienſtbar gemacht zu werden, wozu 
e ſofortige Freilafſung Fechenbachs gefordert wwird. 
— Oeffentlicher Vortrag. Es ſei an dieſer Stelle nochmals auf den 
n Mittzogcß, den 7. Februar, abends 8 Uhr, im Städtiſchen Scalbau 
tttfindenden öffentlichen Lichtbildervortag über ſparſame 
järmewirtſchaft, im Haushalt, durch Frau Dr. Klara Freiſt 
s Eiſenach, hingelvieſen. Die Stadtverwaltung hat dieſen Vortrag 
ſichtlich in dia Abendſtunden gelegt, um auch der werktätigen 
            Bevölke=
ng Gelegenheit zu geben, ihn zu beſuchen. Insbeſondere werden die 
msfrauenbereine, ſowie die gewerblichen Verufsverbände zur 
            Teil=
ihms an dieſem Vortrag aufgefordert. 
— Oſtprenßen! Ziecks Gründung eines Heimatbundes werden 
hier wohnenden Oſtpreußen gebeten, ſich am Donnerstag abend im 
deſſiſchen Hof” einzufinden. (Näh. ſ. Anz.) 
— Orpheuz. Heute, Montag, 5. Februar, letztes und drittes 
            En=
mble=Gaſtſpiel von Mitgliedern des Frankfurter Neuen Theaters und 
8 Schauſpielhauſes: „Der kühne Schwimmer”, Luſtſpiel in 
ei Akten. (Siehe Anzeige.)
 Aus den Parteien. 
Eſchollbrücken. Hier ſprach am Mittwoch abend Poſtſekretär 
Süß=Darmſtaht über das Ruhrgebiet und die Bedeutung ſeiner Induſtrie 
für das ganze Wirtſchaftsleben Deutſchlands. An Hand einer großen 
Anzahl von prächtigen Lichtbildern führte er die gewaltige Induſtrie 
des Ruhrgebiets vor Augen. Allgemein war der Wunſch, recht bald 
wieder einen ähnlichen Lichtbildervortrag zu erleben. 
Reichelsheim (Odenw.). Unſere Ortsgruppe des Volksbundes 
für deutſche Kriegsgräberfürſorge veranſtaltete einen Lichtbildervortrag 
mit Pfarrer von der Au, dem 1. Vorſitzenden, als Redner, um die 
praktiſchen Erfolge der ſchönen Arbeit des Volksbundes einmal klar 
vor Augen zu führen. Der Saal des Gaſthauſes „Zum goldenen Engel”, 
war überfüllt, und voller Spannung lauſchte man den Ausführungen 
des Redners, der an Hand der Bilder von allen Kriegsſchauplätzen 
            er=
läuterte, was bereits geſchehen iſt und was noch zu tun übrig bleibt. 
Paxteigeſchäftsführer Süß=Darmſtadt, der ſich zufällig in Reichelsheim 
aufhielt, übernahm es dann, an Hand einer Anzahl von Lichtbildern 
die Anweſenden mit ſeiner engeren Heimar, dem Ruhrgebiet, und deſſen 
gewaltiger Induſtrie näher bekannt zu machen. Eine eingeleitete 
Sammlung, der eine Hausſammlung für Naturalien folgen ſoll, ergab 
eine Summe von 8000 Mark. 
O Viernheim, 1. Febr. Die Gemeinde kaufte das Gaſthaus „Zum 
Schwanen” für 4,6 Millionen Mark zwecks Umbaues von Wohnungen. 
-0- Groß=Gerau, 2. Febr. Die Rheinlandkommiſſion 
hat hier die bekaunten Filme von der „Skagerakſchlacht” und vom „
            Frem=
denlegionär Kirſch” verboten. Vorläufig dürfen überhaupt keine 
            Kino=
vorführungen ſtattfinden. 
* Worms, 2. Febr. Eine nachahmen swerte 
            Einrich=
tung wurde hier geſchaffen. Es handelt ſich um eine 
            Gemeinſchafts=
küche, zu der ſich bereits 70 Teilnehmer gemeldet haben. Das 
            Mittag=
eſſen ſtellt ſich auf 450 Mk., im Abonnement auf 400 Mk. Die Preiſe 
werden jeweils für 10 Tage feſtgeſetzt. Der angegebenie Preis gilt bis 
10. Februar. 
ot. Langsdorf (Oberheſſen), 1. Febr. Der Gemeinderat hat in 
ſeiner letzten Sitzung beſchloſſen, 100 000 Mark aus der Gemeindekaſſe der 
Ruhrhilfe zur Verfügung zu ſtellen. — In Zell hat eine Zigeunerin 
aus dem Schulhauſe die Geige des Lehrers geſtohlen.
 Spiel, Sport und Turnen. 
Hockeh. 
Turngeſellſchaft Mannheim I.—Darmſtädter 
Hocehklub I. 2:3 (2:0). Zum fälligen Rückſpiel weilte die erſte 
Mannſchaft der D.H.Kl. in Mannheim. Leider war ſie gezwungen, 
mit zlvei Erſatzleuten und nur zehn Mann anzutreten. Mannheim, 
komplett, zeigte ein weit beſſeres Spiel als in Darmſtadt und konnte bis 
zur Halbzeit 2 Tore erzielen. D.H.Kl. konnte ſich mit dem 
            ungewohn=
ten glatten Platz lange nicht zurechtfimden. Der Sturm, in ungewohnter 
Aufſtellung, kam gegen die energiſche Mannheimer Verteidigung nicht 
auf. Erſt nach zirka 25 Minuten kam die Mannſchaft in Schwung. 
Zwei eintvandfreie Tore von Ziegler und Kemmer werden vom 
            Schieds=
richter nicht gegeben. Mir 2:0 für Mannheim gehts in die Pauſe. 
Nach Seitenwechſel zunächſt verteiltes Spiel. Dann wird 
            Darm=
ſtadt überlegen. Der fehlende Mann im Sturm iſt jedoch ein großer 
Nachteil, und lange Zeit weiß der vorzügliche Monnheimer Torvächter 
im Verein mit der Verteidigung ſein Tor rein zu halten. Vier Schiſſe 
nacheinander hält er glänzend, doch gelingt es Deutſch durch ſchnelles 
Nachſetzen, den letzten abgewehrten Ball einzudrücken. Nach einer Reihe 
ſchEner Angrifffe verivandelt Deutſch ein Flanke von links zum zweiten 
Tor (2: 2). Beide Parteien gehen jetzt mächtig ins Zeug, doch ſind die 
Angriffe des M. T. G.=Sptrmes zu planlos, um gegen die ſichere 
            Darm=
ſtädter Verieidiguung von Erfolg zu ſein. Der M. T.G.=Torwart hält 
noch derſchiedene ſcharfe Schüſſe. D.H.Kl. drückt ſtark, und wieder iſt 
es Deutſch, der aus ſchwieriger Stellung aas ſiegbringende Tor erzielen 
konn. Noch einige Angriffe Darmſtadts, Ern Schuß Häußlers hält der 
Torwächter gut, dann iſt Schluß. 
M. T. G. hat ſich bebeutend verbeſſert und bak in Torwächter, linken 
Verteidiger und Mittelläufer ſehr gute Spieler. Der Sturm war ſchnell 
und ſtockſicher, aber ohne Zuſammenhang. Beim D.H.Kl. arbeitet die 
Verteidigung: Zimmernann, Wißmann II, in gewohnt guter Manier, 
beſonders Wißmtann II war in der zweiten Hälfte hervorvagend. 
            Wiß=
mann I — im Tor — bekam wenig zu tun. Er brachte die Bälle gut 
weß; an den Toren trifft ihn keine Schuld. Die Läuferreihe: Finger, 
(ärtner, Kreuzer, bok Vorzügliches und hielt in der zweiten Hälfte den 
Gegner gut im Schach. Die vier Männer harten in ungewohnter 
            Auf=
ſtellung einen ſchweren Stand. Erſt in der letzten lben Srunde 
            konn=
ten ſie in ausgeprägtem Kombinationsſpiel den harten Widerſtond des 
Gegners brechen.
 Pr. Der S. S. „Möwe‟=Darmſtadt E. V. empfing am 
vergangenen Samstag, den 3. Februar, den S. S. „Heſſen”=Worms 
zu einem internen Vereinswettkampf, der während des Uebungsabends 
des S. S. „Möwe‟=Darmſtadt im hieſigen Städtiſchen 
            Hallenſchwimm=
bad ausgetragen wurde. Der Vorſitzende des S. S. „Möwe‟=Darmſtadt 
begrüßte in kurzen Worten die Woumſer Schwimmkameraden und dankte 
ihnen noch ganz beſonders für ihr Erſcheinen, das infolge der Stillegung 
der Eiſenbahn im beſetzten Gebiet mit mancherlei Schwierigkeiten 
            ver=
bunden war. Die Wewtkämpfe des Abends eröffnete eine Herven=
            Lagen=
ſtaffel, 4mal2 Bahnen, die S. S. „Möwe‟=Dgrmſtadt für ſich entſcheiden
 Seite 3. 
konnte. Das nächſte Rennen, die Herren=Bruſtſtafel, 6mal2 Bahnen, 
war der aufregendſte Kampf des Abends und endete als totes Rennen. 
Wegen eines Formfehlers bei „Möwe‟=Darmſtadt mußte der Sieg 
S. S. „Heſſen”=Worms zugeſprochen werden. In raſcher Folge ſchloſſen 
ſich weiter an: Streckentauchen, Sieger: Treuſch („Heſſen”=Worms); 
Jugend=Lagenſtaffel, 4mal2 Bahnen, Sieger „Heſſen”=Worms, und 
            Her=
ren=Staffel, 6mal2 Bahnen beliebig, Sieger „Möwe‟=Darmſtadt. Wegen 
der Kürze der zur Verfügung ſtehenden Zeit mußte auf Austragung 
von Einzelrennen und Springwettkämpfen verzichtet wenden, ſo daß nur 
noch zwei Waſſerballſpiele folgten, die beide S. S. „Möwe‟=Darmſtadt 
gewinnen konnte, und zwar: „Heſſen”=Worms II.—„Möwe‟=Darmſtadt 
II. 2:3 (Halbzeit 1:1) und „Heſſen”=Worms I.—„Möwe‟=
            Darm=
ſtadt I. 0:5 (Halbzeit 0:1). Nach vorſtehenden Ergebniſſen bann der 
S. S. „Möwe‟=Darmſtadt mit ſeinem erſten ſportlichen Wettkampf recht 
zfurieden ſein, mußte er ſich doch den größten Teil ſeiner Schwinmen 
in den wenigen Monaten ſeit ſeiner Gründung erſt heranbilden, da ſie 
borher der Schwimmſportbewegung vollkonomen fernſtanden. — Wegen 
ſeines großen ſchwimmeriſchen Werbes ſoll das Waſſerballſpiel bei dem 
Schwimmſportverei „Möwe‟=Darmſtadt im Sommst, wenn die 
Schwimmbahn im Woog wieder zur Verfügung ſteht, beſonders gepflegt 
werden. Um die Mitglieder ſchon jetzt darauf vorzubereiten, wird in 
der nächſten Monatsverſamnlung, Dienstag abend halb 8 Uhr, der 
Anfang mit Vorträgen über Regeln und Technik des Waſſerballſpiels 
gemacht werden.
 9. Quittung 
über in der Geſchäftsſtelle des Darmſtädter Tagblatts eingegangene 
Spenden für die geſchädigte Ruhrbevölkerung: 
Martin Hock 2000 Mk., Beamten d. 6. Polizeireviers 17000 Mk., 
Rentner Roth, Wilhelmſtraße 2, 1000 Mk., Frau Lilienfeld 500 Mk., 
Joſeph Huber 2000 Mk., Georg Scherf 1000 Mk., Ein Nichtraucher 20 
Mr., Hch. Krüger 2000 Mk., Perſonal d. Verbandskornſtelle 13 400 Mk., 
Karl Heß, Inh. d. Fa. Friedr. Eiermann, 20000 Mk., Frau A. Leſchhorn 
1000 Mk., Engel 2000 Mk., Sanitätsrat Dr. Quetſch 1000 Mk., M. R. 
1000 Mk., 2. Rate Atelier Lucie Gieſinger, (Schneemann=Kollekte) 10000 
Mk., Haußa 500 Mk., Frau Seling Wtw. 500 Mk., Liebigs=
            Oberreal=
ſchule: 1 a 5000 Mk., 1 b 3406 Mk., 1 b M. 1000 Mk., 2 a1 1206 Mk., 2a= 
4000 Mk., 2 b. 3755 Mk., 2b= 2114 Mk., 3 a 1364 Mk., 3 as 3730 Mk., 
3 az 2720 Mr., 3 b. 1484 Mk., 3 be 5725 Mk., 41 2640 Mk., 42 1000 Mk., 
4y 5065 Mk., 51 2180 Mk., 52 2226 Mk., 5. 580 Mk., 6: 3600 Mk., 
6= 600 Mk., 6: 4880 Mk.; Oberlandesgerichtsrat Pfannmüller 10 000 
Mk., N. N. 200 Mk., 1. Rate v. Lehrerkollegium d. Kaufmannsſchule 
12000 Mk., Frhr. von Diemar, Geh. Finanzrat i. R., 20000 Mk., E. O. 
500 Mk., E. C. 1000 Mk., Eduard Roether, Buchdruckerei und Verlag, 
G. m. b. H., Bleichſtraße 24, 30 000 Mk., Ing. Pfeiffer, Steinſtraße 29, 
5000 Mk., Dr. Ph. Schmitt 5000 Mk., „Wette in Kranichſtein” 500 Mk., 
Juſtizrat Dr. Jaeger 5000 Mk., Gerichtsreferendar Dr. W. Wißmann 
1060 Mk., Ungenannt 400 Mk., Vermeſſungsrat Treuſch 5000 Mk., Ober= 
Poſtinſpektor Brenner 2000 Mk., Ober=Poſtſekretär Jacoby, Kiesſtraße 69, 
2000 Mk. Hans Dieter, cand. ing., 500 Mk., Technika, G. m. b. H., hier, 
10000 Mk., N. N. 2000 Mk., G. Seibel, Landwehrſtraße 1, 2000 Mk., 
Karl Kornmann 1000 Mk., Rektor Kaßlick 500 Mk., Verkaufserlös für 
Schneemann=Karten Guſtav Paul, Papierhandlung, 3000/Mk., Fa. Haas 
u. Bernhard 20000 Mk., Gefangverein „Sängerluſt”, Egelsbach, 2120 
Mk., Buchdruckereibeſitzer Drechsler, Egelsbach, 1000 Mk., Arbeiter und 
Angeſtellten und die Fa. Dr. Otto C. Strecker, Olbrichweg 6, 13000 Mk., 
Ungenannt 300 Mk., Klub Heidenröschen 1200 Mk., Beamten der 
            Ober=
poſrdirektion, 1. Rate, 208 000 Mk., Frau G. Riel 25 000 Mk., Beamten 
des 3. Polizeireviers 10000 Mk., Weitere Sammlung im 
            Privatunter=
richt von Frau L. Schwarz, Kiesſtraße 91, 1000 Mk., Schweſtern d. Städt. 
Krankenhauſes 25 000 Mk.
5 299 374— Mark
 Tageskalender. 
Landestheater, Großes Haus, abends 7 Uhr: Fünftes Konzert 
des Landestheater=Orcheſters. — Kleines Haus, abends 8 Uhr, 
            Film=
vortrag Dr. Vetter: „Der Menſch vor hunderttauſend Jahren” 
Orpheum, 348 Uhr: „Der kühne Schwimmer” — Union=, Reſidenz=, 
Central=Theater, Palaſt=Lichtſpiele: Kino=Vorſtellungen.
 Druck und Verlag: L. C. Wittich. Verantwortlich für Politik und 
Wirtſchaft: Rudolf Mauve; für Feuilleton, „Stadt und Land”, 
„Reich und Ausland”: Max Streeſe; für den Inſeratenteil: Paul 
Lange — ſämtlich in Darmſtadt.
Die heutige Rummer hat 4 Seiten.
 Bankgeschaft 
Fernsprecher 1308, 1309
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 Statt jeder beſonderen Mitteilung. 
Heute entſchlief nach langem, ſchwerem Leiden mein 
lieber Mann, unſer guter Vater, Schwiegervater, 
            Groß=
vater, Bruder und Onkel 
Herr Lederfabrikant 
6 
 
 
Autts * 
im Alter von 76 Jahren. 
Eberſtadt b. D., den 4. Februar 1923. 
Im Namen der trauernden Hinterbliebenen: 
Wilhelwine Pfeiffer, geb. Böning. 
Die Beerdigung findet am Mittwoch, den 7. Febr. 1923, nachm. 
3 Uhr, vom Trauerhauſe, Mühlſtr. 3, aus ſtatt. 
Bon Beileidsbeſuchen bitte ich abzuſehen. (1039
 ikte, beachten Sie die Hanzuumrser! 
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2
 Oſtpreußen! 
Zwecks Gründung eines 
            Heimat=
bundes werden die hier wohnenden 
Oſtpreußen gebeten, ſich am 
Dongerstag, den 8. Febr. 1923, 
abends um 8 Uhr, im „
            Heſ=
ſiſchen Hof”, Darmſtadt, 
            Wil=
helminenſtraße 1, 1. Etage 
einzufinden. 
(*3285 
Der Einberufer.
Oepbeum
 O Heute O 
Montag, 5. Jebr. 
3. Gaſtſpiel 
v. Mitgl. d. 
Veuen Theaters u. 
Schauſpielhauſes 
Frankfurt a. Main. 
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Der kühne 
Schwimmez
 Kart.: Verkehrsbäro 
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Rheinſtr. 14. (1026 
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Einlaß 7 Uhr, Ende 
10 Uhr.
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Kunstler-Quartetts. Jugendliche haben Zutritt! (*3302go 
* Der rote Handschuh, 3. Teil, 6 Akte. 
TKrx 4-Jimmy Pott Der Gespensterklub”” 5Akte. 
Albertini 3. Teil: „„Stürzende Mächte‟‟ 
G.-- Lebenshunger, Sittenbild in 6 Akten.
Warum machen Sie
 die graue, fahle, welke Haut läßt Sie älter 
erſcheinen als Sie ſich fühlen. Verwenden 
Sie zu jeder Waſchung etwas Aok=Seeſand= 
Mandelkleie, deren hautbelebende zarte 
            Frot=
tage Sie um Jahre verjüngt. Mikeſſer und 
Dickel werden beſeitigt; die Haut wird 
            blumen=
zart und jugendfriſch. — Ueberall erhälrlich,
—
* für den Körper,
Migrim für den Schah.
 Käufe 
Frauen= 
Haare 
kauft fortwährend zu 
höchſten Preiſ. (252a 
Fr. Tillmann 
Eliſabetheunſtr.
 Landestheater. 
Montag, 5. Febr. 
Geeßes Haus. 
Abends 7 Uhr 
Fänftes Konzert 
des Landeztheater= 
Orcheſters. 
Holiſtin: Johanna Heſſe. 
Preiſe: 300-3000 Mk. 
. 
Kleines Haus. (V82 
Abends 8 Uhr. 
Filmvortrag 
Dr. Better: 
Der Menſc) vor 
hunderttauſend
Preiſe 200, 300, 500 Mk.
 Landhe 
m. Garten be 
neuzeitl. 2 X 
Haus m. Gar 
Eberſtadt geg. 
in Darmſtadt z 
ſchen geſ. A 
haus zu verk 
ETofcher, G.: 
Immob.=Büro 
Ludwigſtr. 3.
4.
Darmſtädter Tagblatt, Montag, deu 5. Februar 1923.
Nummer 35.
 Die Wirkung des Kalkes. 
—ch. Der Kalk iſt ein unentbehrlicher Pflanzennährſtoff und 
muß bei der Düngung ebenſo berückſichtigt werden wie die 
            an=
deren, vielen Böden fehlenden Nährſtoffe: Stickſtoff, 
            Phosphor=
ſäure und Kali. Wohl keimt das Samenkorn ohne Kalk, es 
            bil=
den ſich auch zarte Würzelchen und wenige, aber ſchwächliche 
            ober=
irdiſche Triebe auf Koſten des in dem Samenkorn enthaltenen 
Kalkes; ſchließlich aber gehen die Pflanzen, die oft reichlich 
blühen, ohne Früchte getragen zu haben, zugrunde. Auf Böden 
mit genügendem Kalk iſt das Ausſehen der Pflanzen kräftig, 
die Wurzeln werden lang und verzweigt, die Stengelorgane ſtark 
und veräſtelt, Lagerung iſt ſelten und der Fruchtanſatz ſehr reich. 
Die Frucht ſelbſt iſt voll entwickelt und eignet ſich vorzüglich als 
Saatgut. Wie günſtig der Kalk auf die Erzeugung von Klee 
einwirkt, beweiſt eine mir bekannte Gegend, wo in der ganzen 
Feldmark kein Rotklee anzutreffen war. Nach Einführung der 
Kalkdüngung entwickelten ſich dort üppige Kleefelder. Auch die 
Hülſenfrüchte, Erbſen, Bohnen, Linſen und Wicken, die Helfer 
zur Beſeitigung der Eiweißnot, werden durch Zufuhr von Kalk 
anbaufähig. Der Kalk wird in den Früchten, Blättern und 
            Sten=
geln abgelagert, und da dieſe zum größten Teil der Ernährung 
von Menſchen und Tieren dienen, kommt er beiden zugute. Der 
Menſch, deſſen Skelett zu 60 v. H. aus phosphor= und 
            kohlen=
ſaurem Kalk beſteht, muß ihn in der Nahrung aufnehmen; die 
Kalkverſorgung iſt bei ihm ebenſo wichtig wie die 
            Eiweißver=
ſorgung, weil der Kalk im Menſchenkörper für gewiſſe 
            phyſio=
logiſche Stoffe unentbehrlich iſt. Enthalten die aufgenommenen 
Speiſen reichlich Kalk, iſt das Trinkwaſſer kalkreich und die 
Milch, die unſere Säuglinge und Kinder erhalten, aus 
            kalk=
reichem Futter erzeugt, ſo wird vor allem ein ſtarkes 
            Knochen=
gerüſt gebildet. Hierdurch erklärt ſich auch die Tatſache, daß die 
Bewohner auf kaltreichem Boden recht groß, ſtark und kräftig 
ſind, daher auch dieſe Bezirke dem Vaterland früher die meiſten 
Gardiſten ſtellten. Die Knochen der Tiere ſind ebenfalls aus 
phosphor= und kohlenſaurem Kalk aufgebaut, und ſtarker 
            Kno=
chenbau iſt ein Zeichen, daß ſie kalkreiches Futter erhalten haben. 
Die in der Pflanzenmaſſe eingeſchloſſenen Kalkſalze werden von 
den Verdauungsorganen der Tiere gelöſt, dem Blute zugeführt 
und gelangen auch zum Anſatz, was von den im Handel 
            vor=
kommenden, mit den ſchönſten Namen prangenden 
            Kalkpräpa=
raten bis jetzt noch nicht erwieſen iſt. Neue Verſuche haben die 
in der landirtſchaftlichen Praxis längſt bekannte Erfahrung 
beſtätigt, daß durch kalkreiches Futter der Milchertrag weſentlich 
geſteigert wird und daß ſolche Milch ganz beſonders beim 
            Jung=
vieh, Fohlen, Kälbern und Ferkeln, den Aufbau günſtig 
            beein=
flußt, zur Knochenfeſtigkeit und damit zur erhöhten 
            Leiſtungs=
fähigkeit beiträgt. Allgemein iſt bekannt, daß die Rachitis bei 
Rindern und Schweinen in kalkarmen Gegenden geradezu 
            hei=
miſch iſt, während ſie in Gegenden mit Kalkboden ſehr ſelten 
auftritt. Das beſte rheiniſche Kaltblut mit ſeinem ſtarken 
            Kno=
chenbau iſt dort anzutrefſen, wo die Scholle, die ihm das Futter 
liefert, kalkhaltig iſt. Dieſe Tatſachen ſollten die Landwirte allein 
ſchon veraulaſſen, den Boden, der zur Erzeugung menſchlicher 
und tieriſcher Nahrung dient, reichlich mit Kalk zu düngen. 
Außer ſeiner Eigenſchaft als unmittelbares 
            Pflanzennähr=
mittel hat der Kalk auch noch große mittelbare Wirkungen. Durch 
chemiſche Umſetzungen veranlaßt er die vorhin erwähnte 
            Ueber=
führung ſchwerlöslicher Nährſtoffe in eine für die Pflanze 
            auf=
nehmbare Form. Er fördert die Verwitterungsvorgänge, 
            wo=
durch die in den Mineralien eingeſchloſſenen Nährſtoffe ſchnell 
und reichlich aufgeſchloſſen werden. Weiter bindet und 
            neutrali=
ſiert er die freien, allen landwirtſchaftlichen Kulturpflanzen 
ſchädlichen Säuren und macht ſie unſchädlich; die den Pflanzen 
wertvolle Säure, die Phosphorſäure, ſchützt er vor dem 
            Ver=
ſickern, und durch Umwandlung bringt er die ſchädlichen 
            Eiſen=
oxydverbindungen in unſchädliches Eiſenoxyd. Infolge ſeiner 
innigen Miſchung mit den anderen Bodenbeſtandteilen bewirkt 
er einerſeits, daß die chemiſchen Veränderungen ſich ſehr 
            tief=
greifend geſtalten, andererſeits übt der Kalk aber auch 
            Schutz=
wirkungen aus. Die ſchädlichen Wirkungen der Kohlenſäure, die 
in der Hauptſache die Bodenſilikate, die als Träger der 
            Boden=
fruchtbarkeit bekannt ſind, angreift und ſo löſt, daß ſie zur 
            Aus=
waſchung gelangen, werden durch den ſauren kohlenſauren Kalk, 
der durch Aufnahme von Kohlenſäure und Waſſer aus dem 
Aetzkalk oder kohlenſaurem Kalk entſteht, ſtark herabgeſetzt oder 
gänzlich ausgeſchaltet. Dieſer Vorgang wird von Ramann als 
Pufferwirkung” bezeichnet. (Vergleichung mit der Wirkung der 
Puffer am Eiſenbahnzuge.) Die austauſchbaren Nährſtoffe 
            blei=
ben immer im Boden aufgeſpeichert und ſtehen den Pflanzen in 
aufnehmbarer Form ſtets zur Verfügung. Dadurch wird der 
Kalk zum Erhalter und Regeler der Bodenfruchtbarkeit. 
Die phyſikaliſchen Verbeſſerungen durch den Kalk kommen 
beſonders auf ſchweren Böden zur Geltung. Der kalte bindige 
Boden wird lockerer und wärmer, und da die Luft und die 
Sonne beſſer in ihn eindringen und ihre günſtigen Eigenſchaften 
auf ſeine Beſtandteile ausüben, läßt er ſich leichter verarbeiten; 
auch neigt er nicht mehr ſo ſehr zur Verkruſtung. Die 
            Feuchtig=
keit aus den Niederſchlägen kann in den Untergrund gelangen, 
wodurch die zu hohe waſſerhaltende Kraft, die dem Pflanzen=
 wachstum ſchädlich iſt, aufgehoben wird. Der leichte ſandige 
            Bo=
den wird durch eine richtig angewendete Kalkdüngung, die 
            ſo=
wohl chemiſch wie phyſikaliſch die Quellkörper im Boden günſtig 
beeinflußt, bindiger, waſſerfaſſender und dadurch zu höheren 
Erträgen gebracht. 
Der Kalt wirkt biologiſch vorteilhaft auf die Entwicklung 
gewiſſer niedriger Lebeweſen, Pilze und Bakterien ein. Er ſchafft 
ihnen teils günſtige, teils ungünſtige Daſeinsbedingungen. So 
bewirkt er eine beſſere Ernährung derjenigen Bakterien, die die 
Gare des Bodens befördern und die Umwandlung des 
            Ammo=
niakſtickſtoffs in ſalpeterſaure Salze herbeiführen: nach Verſuchen 
ſoll er ein Abſterben der beim Brand und bei der Wurzelfäule 
der Rüben etwa beteiligten Organismen herbeiführen. 
Auch die phyſiologiſchen Wirkungen des Kalkes in der 
Pflanze ſind überaus beachtenswert. Der Kalk beeinflußt den 
Aufbau der Zellen, dabei wird die Erniedrigung der 
            Tempera=
tur in der Pflanze gehemmt und ſomit die Gefahr des 
            Er=
frierens gemindert. Die in den Pflanzenzellen eingelagerten 
Kalkkriſtalle ſchützen gegen Tierfraß der Raupen und Schnecken, 
und die Pilze treten weniger in die kalthaltige Membräne ein. 
Bei genügendem Kalkgehalt tritt eine erhöhte Aſſimilation (
            Bil=
dung von Stärke und ſomit von Zucker) ein, die Braugerſte und 
die Kartoffeln werden ſtärkereicher, die Rüben zuckerreicher, und 
der Wein wird in Güte und Blume verbeſſert. 
Das Wetter im Februgr. 
Für Landwirtſchaft, Handel und Gewerbe ſind die ſeither 
vom öſſentlichen Wetterdienſt aufgeſtellten Wettervorherſagen 
für einen oder zwei bis drei Tage nicht ausreichend. Sie 
            ver=
langen brauchbare Vorherſagen für längere Zeit, etwa für die 
nächſte Woche, den nächſten Monat. Derartige langfriſtige 
            Vor=
herſagen werden ſchon von manchen Seiten aus verſucht, 
ſeither noch nicht mit dem wünſchenswerten Erfolge. Jetzt 
nun auch dahingehende Arbeiten des bekannten Leiters der 
öffentlichen Wetterdienſtſtelle, Prof. Dr. Freybe, zum 
            vorlän=
figen Abſchluß gelangt. Sie werden nicht auf Grund von 
            Mond=
ſtellungen uſ., ſondern auf Grund der tatſächlich vorhandenen 
Waſſerwärme der Enropa umſpülenden Meere in Verbindung 
mit der durchſchnittlichen europäiſchen Luftdruckverteilung des 
letzten Monats aufgeſtellt. Beide zeigen wichtige 
            Zuſanmen=
hänge mit dem Wetter des nachfolgenden Monats. Dieſe 
            Zu=
ſammenhänge werden zunächſt an den Beobachtungen eines 25 Zeitraums gefunden und dann für einen ſpäteren 
            fünf=
jährigen geprüft. Das Ergebnis der Prüfung war ein ſo 
            zu=
friedenſtellendes, daß Freybe glaubt, ſie der Oeffentlichkeit nicht 
vorenthalten zu ſollen. In Weilburg werden daher von jetzt ab 
am Ende eines jeden Monats verſuchsweiſe Wettervorherſagen 
für den kommenden Monat aufgeſtellt. Sie erſtrecken ſich 
            vor=
läufig auf die durchſchnittliche Luftwärme und ſollen vorerſt 
nur angeben, ob die mittlere Luftwärme des kommenden Monats 
über (oder im anderen Falle unter) dem langjährigen Mittel 
des betreffenden Monats liegt, d. h. ob der kommende Monat 
verhältnismäßig warm (im anderen Falle verhältnismäßig kalt) 
ſein wird. Ihre Erweiterung und Ergänzung durch 
            Nieder=
ſchlagsvorherſagen wird bearbeitet. Die Vorherſagen gelten 
            zu=
nächſt für das mittlere Deutſchland. Doch erſtrecken ſich 
            bekannt=
lich die großen Schwankungen der Luftwärme über ein weites 
Gebiet, ſo daß die Vorherſagen wahrſcheinlich die gleiche 
            Gül=
tigkeit für ganz Deutſchland, vielleicht für ganz Mitteleuropa 
haben. Der kommende Februar wird vorausſichtlich 
            verhält=
nismäßig milde ſein, d. h. milder, als ſonſt der Februar 
im langjährigen Durchſchnitt zu ſein pflegt.
 werden. Man kann ſie aber auch im grünen Zuſtande, zuſammer 
mit Schrot und Heu, an alles Vieh ohne Bedenken verfüttern 
Die Hauptſache aber iſt, daß man überhaupt erſt den Willen hat 
die Sache in Angriff zu nehmen. Man hat ja früher manches 
als unrentabel und wertlos zurückgewieſen, das ſich in anderer 
Zeit doch als höchſt nutzbar erwieſen hat. Vielleicht wird es der 
lisher verachteten und geſchmähten Quecke noch ähnlich ergehen 
— Zur Bearbeitung des Tonbodens. Die Be 
arbeitung des Tonbodens verlangt ihre Zeit. Hat der noch feuchte 
Boden Riſſe und Sprünge, wenn man ihn in der Hand zu 
ſammenballt, ſo iſt dies ein Zeichen, daß er locker vom Pflug 
fallen wird, und man darf dann mit der Bearbeitung nicht länge 
ſäumen. Niemand führt dem Landwirt die Vorteile eines qu 
gebauten Pfluges beſſer vor Augen als der Tonboden. Wenn 
der ſchlecht gebaute nicht mehr angreift, fährt jener noch mi 
Leichtigkeit durch den feſten Boden und wirft die noch feucht 
Furche herauf. Hauptſache iſt und bleibt es, den Tonboden meh 
und mehr zu vertiefen und die durch wiederholtes, 
            gleichmäßige=
tiefes Pflügen entſtandene harte Sohle von Zeit zu Zeit zu 
durchbrechen, um den Pflanzen ein tieferes Eindringen in der 
Untergrund zu ermöglichen. Ebenſo kann durch Beobachtung de 
ſetzten Punktes viel mehr Luſt in den Boden eindringen und di 
Verwitterung befördern. Natürlich muß mit der Vertiefung de 
Ackerkrume auch eine ſtarke Düngung Hand in Hand gehen, un 
erſtere darf nur in dem Maße ausgedehnt werden, als auch di 
Düngung vermehrt wird.
Landwirtſe
 — ZurNutzung der Quecke. Wenn ſonſt nichts wächſt, 
die Quecke wächſt immer. Da mögen die Umſtände noch ſo 
            un=
günſtig liegen; ſie gedeiht überall, daß man ſchier darüber 
            ver=
zweifeln könnte. Gibt es doch kaum ein läſtigeres Unkraut als 
gerade die Quecke, und doch läßt auch ſie ſich nutzbar machen. 
Sogar zur menſchlichen Nahrung iſt ſie nicht ganz ungeeignet. 
Man hat dieſen Gedanken ſchon früher ausgeſprochen und 
            Quek=
kenmehl ins Brot verbacken. Die Herſtellung von 
            verbrauchs=
fertigem Queckenmehl iſt aber eine ſehr ſchwierige, ſo daß der 
angedeutete Verwendungszweck wohl eine überwundene Sache 
iſt. Aber der Gebrauch im Haushalte zu Suppen, zu Gemüſen 
und Mehlſpeiſen iſt immer noch ein annehmbarerer Vorſchlag, 
wie der es war, der das Gras zur menſchlichen Nahrung zu 
            ſtem=
peln ſuchte. Größere Ausſicht und Bedeutung hat die Nutzung 
der Quecke als Viehfutter. Die chemiſche Unterſuchung ergab: 
4,93 v.H. verdauliches Eiteiß, 1,33 v.H. Fett und 45,44 v.H. 
Kohlehydrate, d. ſ. 37,3 Kilo Stärkewerte im Doppelzentner. 
Danach käme der Futterwert der Quecken dem des beſten 
            Klee=
heus gleich. Allerdings iſt die Herrichtung nicht ſo ganz einfach. 
Die Quecken müſfen zunächſt lufttrocken gemacht, dann von Sand 
und Erde befreit und dann zerkleinert und künſtlich getrocknet
 — Unverpflanzter Kohlrabi. Man kann Kohl 
rabi gleich an Ort und Stelle ausſäen, wenn man entſprechen. 
dünn ſät. Praktiſch bewvährt hat ſich namentlich das Säer 
eines Eemiſches von Kohlrabi und Mohrrüben. Der ins Frei 
geſät: Kohlrabi wird zwar nicht ganz ſo früh gebrauchsferti 
wie der aus frühen Miſtbeetpflanzen gezogene, aber da er kein 
Störung durch das Verpflanzen erleidet, entwickelt er ſich doc 
bedeutend ſchneller als aus verpflanzten Freilandſämlingen, 
daß er unmittelbar nach den Frühbeetpflanzen geerntet 
            werde=
kann. Man ſar die Reihen etwa 40 Zentimeter weit und rechne 
ein Gramm Samen, ungefähr 250 Korn, für laufende 20 Meter 
Geht der Samen zu dicht auf, dann muß man natürlich di 
ſchwächeren Pflanzen herausnehmen und verſetzen. Ein Vortei 
des Verfahrens liegt noch darin, daß ein häufig begangen= 
Fehler vernrieden wird, das Zutiefſetzen der Kohlrakipflänzcher 
das dazu führt, daß die Knollen dicht auf der Erde ſitzen, wo 
möglich unten Wurzeln ſchlagen. 
Die Hyazinthen= und Blumenbeete in 
Bluutengarten müſſen bei offenem Wetter ſorgfältig unterſuch 
werden, ob ſich keine Mäuſe in denſelben eingeniſtet habet 
Dieſelben fuchen nämlich mit Vorliebe Blumenzwiebelbeete au 
und tun ſich an den Zwiebeln gütlich. Entdeckt wuan hierbe 
Mauslöcher, ſo ſtreue man ſofort Giftkörner in dieſelben un 
trete die Löcher zu.
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 Zwei Rezepte für die Schweinemaſt. Al 
Futterzuſammenſtellungen mit einfachen Mitteln haben ſich fo 
gende bewährt: Für ein Schwein von ungefähr 20 Kilogrami 
Lebendgewicht: 2200 bis 2400 Gramnr Futterrüben oder Kau 
toffeln, Schalen, Obſt= und Gemüſeabfälle, 80 bis 100 Gram= 
Nährheſe, 100 bis 200 Gramm Gerſtenſchrot, 200 bis 300 Gram 
Klee, Luzernehäckſel uſw., 3 bis 4 Gramm Futterkalk ode 
Schlemmkreide; für ein 65 Kilogramm ſchweres Sehwein: 450 
bis 5000 Gramm Futterrüben uſw., 500 bis 600 Gramm ge 
ſchrotene oder gedämpſte Eicheln, 50 bis 100 Gramm Blut= ode 
Fiſchmehl, 700 bis 1000 Gramm Klee= und Serradellaheuhäckſe 
100 bis 200 Gramm Brenneſſelblätter und 5 bis 6 Gramn 
Futterkalk 
— Das Haſenkaninchen iſt aus England herüber 
gekommen, woſelbſt es, obwohl es nur bis vier Kilograuf 
ſchwer wird, als gute Nutzraſſe gilt. Es iſt dem Feldhaſe 
äußerlich ſo ähnlich, daß man bei ſeiner Betrachtung unwill 
kürlich an eine Baſtardierung der beiden Nager denken muß; d 
aber, wie viele zahlloſe Verſuche ergeben haben, eine Kreuzun 
von Kaninchen und Haſen kaum zu erzielen iſt, iſt wvohl anzu 
nehmen, daß auch dieſes dem Hafen ſo ähnliche Tier, deſſer 
Abkunft in Dunkel gehüllt iſt, ein reinblütiges Kaninchen iſ 
Die Farbe des Haſenkaninchens iſt ähnlich der des Feldhafen 
nur ſind die langen, dünnen Vorderläufe wie die Hinterläuf 
fuchsrot, wie überhaupt letztere Farbe an dem ganzen Kanin 
chen möglichſt viel zur Geltung kommen ſoll. Das Haſenkanin 
chen iſt infolge ſeiner langen Läufe ſehr hoch geſtellt, es iſt dabe 
ſehr ſchlank und von ungemein lebhafter, faſt wild zu nennende 
Natur, und braucht aus dieſem Grunde einen großen Stall 
Hg.
Das
 Roman von Friedrich Kipp. 
(Nachdruck verboten).
 Sie ließ ſich ſchwerfällig auf die Bank nieder und ſah 
            ver=
ängſtigt und gequält über den glatten Spiegel des Teiches dahin. 
„Ich mußte Dich ſprechen, Max,” erwiderte ſie, indem ein 
glühendes Rot in ihre Wangen ſtieg. „Ich ginge ſonſt unter. Ich 
weiß, Du biſt immer noch der vornehme, edle Menſch von 
            da=
mals und darum hatte ich das Vertrauen, daß Du mich anhören 
würdeſt. Mag die Situation ſein wie ſie will, und mag es 
            un=
weiblich von mir erſcheinen, in dieſer Stunde des Wiederſehens 
und des Abſchiedes ſoll es klar zwiſchen uns werden. Jedenfalls 
will ich Dir offen und ehrlich mein Inneres bloßlegen, damit 
Du, wenn wir ſür immer getrennte Wege gehen, vielleicht ein 
wenig milder von mir denkſt und — mir verzeihſt.” 
„Bitte, Max, laß mich weiterreden,” fuhr ſie fort, als ſie ſah, 
daß er eine Entgegnung bereit hatte. 
„Wärſt Du damals nur ein weniger vornehm und edel 
            ge=
weſen, vielleicht wäre es beſſer geworden. Mit einem heiligen 
Donnerwetter hätteſt Du dazwiſchen fahren ſollen, als man Dir 
von meiner Leichtlebigkeit erzählte. Du bliebſt aber in Deiner 
äußerlichen gleichmäßigen Reſerviertheit und hatteſt kaum ein 
Wort des Tadels, und das nutzte ich junges, dummes Ding aus 
und glaubte nicht daran, daß ich Dich ins Herz damit traf. Ich 
fah es ja nicht, daß Deine Seele blutete, hatte auch kein 
            Ver=
ſtändnis dafür, ſondern war nur darauf bedacht, mir die 
            Stun=
den angenehm zu vertreiben. Ich war zu eogiſtiſch, dachte nur 
an mich und immer nur an mich, und war eitel und töricht 
            ge=
nug, es für ein Glück zu halten, wenn die Herrenwelt mir 
            Schö=
nes ſagte.” 
„Erika,” unterbrach Mar die Sprecherin, „und wenn das 
was Du ſagſt, auch wirklich aus Deinem innerſten Herzen, aus 
Deinem lauterſten Herzensgrunde kommi, was hat das aber jetzt 
für einen Zweck? Du mußt wiſſen, daß mein Herz tot und kalt 
iſt, und daß ich all das, was hinter mir liegt, nach furchtbaren 
Kämpfen zu vergeſſen ſuchte. Mir geht es wie dem Schiffer, der 
ſein Schiff verloren hat, und der vom Leben nichts weiter hofft 
als einen Lebensabend, an dem er über das nachdenken kann, 
was ihm die Meereswoge nahm.” 
„Das verſtehe ich alles ganz gut, Max,” fuhr ſie mit 
            klagen=
der Stimme fort. „Ich weiß, daß ich Dich um des Lebens Glück 
betrog, aber Du weißt nicht, daß ich daran getragen habe und 
mein ganzes Leben weiter daran tragen werde. Der 
die
 der gut zu machen, was ich an Dir tat, ſelbſt wenn unſere Herzen 
ſich wiederfinden würden, iſt zu ſpät. Und darum bin ich ja auch 
nicht gekommen — denn ich bin eines anderen Frau.” 
Max ſprang auf und ſah ſie faſſungslos an. 
„Du biſt verheiratet, Erika? 
„Ja, Max, ſchon über zwei Jahre.” 
„Das habe ich ja gar nicht gewußt. Mir wurde nur 
            mitge=
teilt, daß Du in hieſiger Gegend weilteſt.” 
„Ja, und es iſt gut, daß es ſo iſt,” fuhr ſie fort, „ſonſt hätte 
ich nicht den Mut gehabt, zu Dir zu kommen, da Dit dann von 
mir annehmen mußteſt, daß ich Dir wieder nachſtellte, wie früher. 
Das iſt nun aber vorbei.” 
Max ſah ſie gequält an. Er ſeufzte. 
„Erika, warum riefſt Du mich? Nur um mir das zu ſagen?” 
„Ja, um Dir das zu ſagen, und noch mehr. Daß ich nur 
Dich geliebt habe, trotz allen Leichtſinns und aller 
            Mädchen=
launen." 
„Iſt das wahr, Erika?” kam es zweifelnd von ſeinen Lippen. 
„Sage die Wahrheit, frevle nicht auch jetzt an meinem Herzen 
und treibe nicht Dein Spiel mit mir.” 
Er hatte ſich wieder neben ſie geſetzt und ſah, ſie bittend, 
flehend an, und nun legte ſie ihm die feine ſchmale Hand auf 
die Schulter. 
„Max, Du Guter, ſieh mich an,” ſagte ſie. „Sieh mein 
            blei=
ches, vergrämtes Geſicht. Kannſt Du denn nicht darin leſen, daß 
das Leben mit eiſernem Griffel ſeine Runen darin zeichnete? 
Glaubſt Dui, daß aus ihm die Unwahrheit hervorleuchtet? 
Glaucſt Du, daß ich in dieſem heiligen Augenblick lüge? Max, 
jetzt darfſt Du mir voll und ganz glauben, denn es ſpricht eine 
arme, gequälte Menſchenfeele zu Dir, die in ewiger Pein und 
Selbſtanklage durch die Tag= und Nachtſtunden weint, die 
            ruhe=
los und raſtlos geworden iſt und die keine Heimſtätte mehr kennt, 
und die ſich derzehren möchte in Sehnſucht und Qual nach den 
ſtilien Gärten des Friedens, die ihr für immer verſchloſſen bleiben.” 
„Ja, aber mein Gott, Erika,” ſtotterte er faſt verlegen, „Du 
ſagteſt doch, daß Du verheiratet ſeieſt. Da haſt Du doch an 
            Dei=
nem Manne einen Anker, an den Du Dich anklammern kannſt.” 
Sie machte eine unwillige Bewegung. 
„Sprechen wir nicht von meiner Ehe. Das iſt ja alles fetzt 
Rebenſache. Gewiß, ich bin die Frau des engliſchen Aitachees 
geworden. Wie das kam, iſt zuletzt gleichgültig, und wie wir 
leben, iſt einerlei. Herr Watſon, mein Gemahl, iſt in der 
            Geſell=
ſchaft geachtet, und das mag genügen.”
 „Erika, liebe Erika,” ſtammelte Max, „dann biſt Du alſ 
nicht glücklich,!" 
„Ob glücklich oder nicht glücklich, das ſpielt ja alles hier jetz 
keine Rolle. Darüber wollte ich nicht ſprechen. Ich weiß, da 
ich Dir Deines Lebens Krone geraubt habe und daß ich dafü 
büßen muß. Nur das wollte ich Dir ſagen, daß ich Dich immer 
immer geliebt habe, trotzdem es anders ſchien. Erſt da habe iſ. 
das ſo recht eingeſehen, als ich Dich für immer verloren hatte 
als ich Dich im ſernen Afrika, unter heißer Sonne, im wilden 
gefahrvollen Streit wußte. Seit der Zeit iſt es anders in mei 
nem Herzen geworden, da war ich nicht mehr die alte Leichtlebig” 
Da drohte mir das Herz zu brechen, denn meine Seele weint 
nach Dir, nach dem unwiederbringlichen Glück, das ich ſelbſt ver 
ſcherzt hatte. Da meinte ich, mein Herz ſei tot und ſtill geworden 
Dann kam der Verfall unſeres Hauſes. Mein Vater verlor Hal 
und Gut und ſtarb bald darauf vor Gram und Kummer. — Un 
dann reichte ich Herrn Watſon, der ſchon länger um mich geworbel 
hatte, die Hand. Aber ich hatte mich ſelbſt getäuſcht. Mein Her 
war nicht tot. In dunklen, langen, qualvollen Nächten ſchrie e. 
nach Dir und meine Sehnſucht floh über Länder und Meere und 
tar bei Dir. Und ich kannte Dich ja. Ich wußte, daß auch 21 
litteſt, daß auch Deine Seele weinte alle die Jahre lang. Un 
dann hörte ich, daß Du mit knapper Not dem Tode entronne! 
warſt. Da wurde meine Sehnſucht ſtark und mächtig. Und dan! 
kam die Berufung meines Mannes in die britiſchen Kolonien ! 
Wenige Tage ſind uns noch in Deutſchland beſchieden. Dan! 
trägt uns das Schiff in den ſernen, fremden Erdteil. Mein 
Sehnſucht wurde brennend und qualvoll. Da wollte ich es durch 
ſetzen und Dich ſehen, Dir mein Herz bloßlegen, Dir freimüti! 
ſagen und bekennen: Siehe, ſo war es, ſo iſt es! Und dann wout 
ich wiſſen, ob Du mir verzeihen kannſt, ob wir getrennt lebei 
ſollen mit der Bitternis im Herzen, oder mit dem ſchmerzlich 
tröſtlichen Gefühl, daß unſere Seelen eins ſind, auf daß ſie nich 
mehr weinen in Groll und Anklage, ſondern in dem Gefühl, da) 
wir ausgeſöhnt ſind. Und wenn wir dann beide als Einſame 9e 
ſchieden ſind, ſo ſoll es ein Gedenken des Friedens ſein, das uns 
das Leben ertragen hilft, um unſeren dornenvollen Pflichtgant 
bis an unſer Ende zu gehen. — Siehe, Max, darum rief ich Dich 
um Dir dies alles zu ſagen und Dich anzuflehen: Verzeih mik! 
Max faß auf der Bank neben der blaſſen Frau und fror. 
Wie ein Fieberſchauer ging es ihm über den Rücken. 
(Fortſetzung folgt.)