Darmstädter Tagblatt 1921


30. September 1921

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Bezugspreis:
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Nummer 270

184. Jahrgang
mit Wohnungs=Anzeiger und Unterhaltungsbeilagen.
Organ für die Bekanntmachungen der Bürgermeiſterei Darmſtadt.

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gerichtlicher Beitreibung fällt jeder Rabatt weg.

Freitag, den 30. September 1921

Einzelnummer 25 Pfg.

Die Entwertung der deutſchen Mark
als Signal.
DNV. Der amerikaniſche Dollar iſt jetzt glücklich auf 128,
das engliſche Pfund auf 475 und der holländiſche Gulden auf
4050 geſtiegen. Wenn man daran den heutigen Wert der
deutſchen Papiermark berechnet, ſo kommt man auf
knappe drei Pfennige. Dieſe Entwicklung haben alle diejenigen,
die ſich mit den dieſen Vorgängen zugrundeliegenden Urſachen
näher beſchäftigen, vorausgeſehen. Immerhin iſt der erneute
Sturz der Mark doch ſo überraſchend groß, daß er zu einigen
näheren Betrachtungen Veranlaſſung geben muß.
Die Unterzeichnung des Ultimatums war ein Akt heroiſcher.
Selbſtentäußerung des deutſchen Volkes, und niemano in ſeinen
Reihen war darüber im Zweifel, daß er von weittragenden
Folgen begleitet ſein würde. Die große Mehrheit aber ſtand
andereſeits auch auf dem Standpunkt, daß eine Reinigung der
internationalen Atmoſphäre nur dann herbeigeführt werden
kann, wenn der Welt einmal in bildkräftiger Form der ernſte
Wille des deutſchen Volkes zur Reparation vor Augen
geführt würde. Seit der Zeit ſind dann die Dinge ſyſtematiſch
ihren Weg gegangen, der vorauszuſehen war. Der Druck der
Reparationspflicht auf Deutſchland macht ſich dauernd bemerk=
bar
. Die Beſchaffung der Deviſenmillionen für die erſte Rate
brachte pünktlich allen noch ſo widerſtrebenden Geiſtern im En=
tentelager
zum Bewußtſein, daß man vielleicht befehlen könne,
Deutſchland ſolle zahlen, daß es aber ſchwer, ja unmöglich iſt,
die vernichtenden Wirkungen auf den internationalen Geldmarkt
zu verhindern. Der Eindruck auf die Ententeſtaaten iſt denn
auch nicht ausgeblieben, als an dem Tag, wo die Reichsregie=
rung
ſich mit größter Anſtrengung die geldlichen Mittel zur
Zahlung der erſten Goldrate verſchaffte, der Dollar und das
engliſche Pfund ſoſort ſehr bedenklich in die Höhe gingen. Es
iſt eben tatſächlich ſo gekommen, wie wir vorausgeſehen haben:
je mehr wir zahlen ſollen, deſto mehr müſſen wir zu Schleuder=
preiſen
ausführen, je mehr wir arbeiten, um zahlen zu können,
deſto tiefer ſinkt der geldliche Wert der deutſchen Mark. Anti=
dumping
=Gſeſetze beruhigen zwar die öffentliche Meinung, nützen
aber gar nichts. Die Arbeitsloſigkeit ſteigt in Amerika, in Eng=
land
und in Frankreich.
Die Rede Churchills im Sinne einer Rebiſion der
finanziellen Friedensbedingungen, und alle An=
zeichen
deuten darauf hin, daß ein weiteres Sinken der deutſchen
Valuta gleichzeitig auch ein Steigen der Ausſichten auf eins
Reviſion des Verſailler Friedens mit ſich bringt. Wenn die
Weltkataſtrophe vermieden werden ſoll, ſo muß es ſehr bald zu
Entſchlüſſen in dieſer Richtung kommen, und Deutſchland er=
wartet
von der Einſicht ſeiner früheren Feinde wenigſtens ſo
viel, daß ſie dieſe Entſchlüſſe faſſen, ehe es zu ſpät iſt.
* London, 28. Sept. Die fortſchreitende Ent=
wertung
der deutſchen Mark beſchäftigt die Preſſe wei=
ter
in hohem Maße. Evening Standard hebt hervor, daß
die Mark jetzt weniger als ½ Penny wert ſei, ſtatt normaler=
weiſe
1 Schilling und ſchreibt in Anbetracht der Tatſache, daß
die übrigen Wechſelkurſe verhältnismäßig ſtetig ſind, ſei es nicht
verwunderlich, daß der Valutamarkt immer größere Nervoſität
und Beſorgnis an den Tag lege. Es ſei vollkommen unerklär=
lich
, weshalb die deutſche Mark immer weiter falle. Es ſei der
Möglichkeit Ausdruck gegeben worden, daß hinter allem deutſche
Machinationen zur Erreichung beſonderer Ziele zu ſuchen ſind.
Von zahlreichen Deutſchen werde dies jedoch angezweifelt, denn
es könne wohl vorteilhaft für die deutſche Induſtrie ſein, zur
Eroberung der ausländiſchen Märkte eine entwertete Mark zu
haben, es gäbe jedoch eine Grenze für die Entwertung. Wenn
die Mark über dieſe Grenze hinaus ſinke, ſo könne die Wirkung
in anderer Hinſicht für Deutſchland ſchädlich ſein. Deutſchland
könne ſein Finanzpreſtige einbüßen. Man könne vermuten, daß
Deutſchland einer wirtſchaftlichen Kataſtrophe zutreibe und das
könne ſehr ernſte Folgen zeitigen. Andererſeits, werde darauf
hingewieſen, daß Deutſchland Marken verkauft aus dem einzigen
Grunde, weil es ſeiner vor einem Monat übernommenen Ver=
pflichtung
bei dem Ankauf von notwendigen Einfuhrprodukten,
wie Lebensmittel uſw., nachkommen muß. In dieſem Falle
würde vielleicht eine Reaktion eintreten, die ebenſo wenig heftig
ſein könne, wie der augenblickliche Sturm. Auf jeden Fall bleibe
die deutſche Mark ein Myſterium. Weſtminſter Gazette
ſchreibt zu dem raſchen Fallen der Mark, keine Finanzpolitik
Deutſchlands könne es in den Stand ſetzen, die Reparationen zu
bezahlen, wenn es nicht eine ungeheuerliche Ausdehnung ſeines
Ausfuhrhandels vollbringen könne. Ohne dieſe Möglichkeit
werde die deutſche Mark immer weiter fallen. Die Alliierten
würden früher oder ſpäter dieſer Tatſache ins Auge ſehen und
beſchließen müſſen, ob ihre Forderungen erfüllbar ſind und ob
ſie dieſe Forderungen auf die einzig mögliche Weiſe erfüllt haben
möchten, nämlich durch eine Ueberflutung der Märkte der Welt
mit deutſchen Waren. In einem Leitartikel führt das liberale
Blatt aus, faſt alle Wirtſchaftler ſehen übereinſtimmend eine
neue Reparationskriſe für Deutſchland, im nächſten
Jahre voraus, die wahrſcheinlich alle Hoffnungen auf
ein Wiederaufleben des europäiſchen Handels
zerſtören werde. Sie ſagten, daß Deutſchland unter keinen
Umſtänden bezahlen könne, was es zu zahlen, ſich verpflichtet
habe, und daß es bei dem Verſuch, zu zahlen, ſowohl ſelbſt ver=
armen
als auch den Handel ſeiner Nachbarn ſchädigen werde.
Weſtminſter Gazette iſt der Anſicht, die Alliierten müßten dieſer
Lage ſofort zuvorkommen und verſuchen, ſie zu vermeiden. Wenn
man der Arbeitsloſigkeit in England auf den Grund gehen wolle,
müſſe man die Reparationsfrage neu erwägen und
den Weg zu einer geſunden europäiſchen Politik zurückfinden.
London, 29. Sept. (Wolff.) Die Weſtminſter Gazette
ſchreibt zu dem raſchen Fallen der deutſchen Mark:
Faſt alle Wirtſchaftier ſehen übereinſtimmend eine neue Re=
parationskriſe
für Deutſchland im nächſten Jahr
voraus, die wahrſcheinlich alle Hoffnungen für das Wiederauf=
leben
des europäiſchen Handels zerſtören wird. Sie ſagen, daß
Deutſchland unter keinen Umſtänden bezahlen könne, was es zu
zahlen ſich verpflichtet habe, und daß es bei dem Verſuch, zu
zahlen, ſowohl ſelbſt verarmen als auch den Handel ſeiner Nach=
barn
ſchädigen werde. Die Weſtminſter Gazette iſt der Anſicht,
die Alliierten müßten dieſer Lage ſofort zurvorkommen und ver=
ſuchen
, ſie zu vermeiden. Wenn man der Arbeitsloſigkeit in
England auf den Grund gehen wolle, müſſe man die Repara=
tionsfrage
neu erwägen und den Weg zu einer geſunden euro=
päiſchen
Politik zurückfinden.

Oberſchleſiſche Selbſtbeſinnung.
Auch das Unglück trägt Segen in ſich. Das Leben des Ein=
zelnen
, ganzer Familien und Völker beweiſt dies. Unglück iſt
ein harter Lehrer und wirkt wie ein Gewitter oft reinigend. Es
erweckt im Menſchen edle Triebe und zwingt ihn zur Selbſtein=
kehr
. Es läßt manchen, deſſen Augen verſchleiert waren, klar
ſehen und rüttelt zu kräftigem Widerſtand und zäher Verfol=
gung
auf.
Oberſchleſien iſt ein Beweis dafür. Kein deutſcher Landes=
teil
hat unter der Willkür und den Schikanen feindlicher Mächte
ſo bitter leiden müſſen, wie gerade der oberſchleſiſche. Zur bru=
talen
Vergewaltigung kam noch die nervenanſpannende Ver=
ſchleppungstaktik
der Entente. Polniſche Banditeneinbrüche und
franzöſiſcher Zynismus haben die Geduld der Oberſchleſier bis
zur hellen Verzweiflung aufgepeitſcht. Aber dieſe Geduld war
gerade die beſte Waffe dieſes treudeutſchen Volkes. Zwar mach=
ten
ſich in Oberſchleſien lange Zeit Regungen und Bewegungen
bemerkbar, die auf eine Losreißung Oberſchleſiens von Deutſch=
land
auszugehen ſchienen. Da war namentlich der eingeborene
Pole ſelbſt. Er, der vor dem Kriege noch mit ſeinen deutſchen
Genoſſen in friedlicher Eintracht ſeine Arbeit verrichtete, wurde
plötzlich durch kongreßpolniſche Verlockungen und Verheißungen
ein heimtückiſcher und fanatiſcher Gegner ſeiner früheren Land=
genoſſen
. Korfanty, ebenfalls ein eingeſeſſener polniſcher Ober=
ſchleſier
, aber ein nationaliſtiſcher Fanatiker, erzählte ſeinen
Volksgenoſſen alle möglichen goldenen Märchen. Und niemand
iſt leichter zu verführen, als gerade der im Grunde gutmütige
oberſchleſiſche Pollake. Sehnſucht nach Kongreßpolen war es
auf keinen Fall, was den oberſchleſiſchen Polen zum Aufſtand
gegen ſeine deutſchen Brüder bewegte. Nur materieller Gewinn,
den Konfanty, der Lügenprediger, ihm vorgaukelte, ließ ihn zum
Inſurgenten werden. Korfanty verſprach ihm die bekannte
Milchkuh und dann ein gutes Stück Land als eigenen Grund=
beſitz
. Aber die Milchkuh blieb aus und auch das gute Stück
Land. Und dann gefiel den oberſchleſiſchen Pollaken auch das
freie Landsknechtsleben unter der Räuberhäuptlings Korfanty
Führung, denn es verſprach ihm guten Sold. Nur ſonderbar,
daß er dieſen Sold im guten deutſchen Geld, ſo ſchlecht es auch
jetzt iſt, bezahlt haben wollte und nicht in noch ſchlechterem pol=
niſchen
Geld. Aber auch das deuiſche Geld blieb aus und Pan
Korfanty fiel raſch in der Achtung ſeiner Volksgenoſſen. Jetzt
ſieht der oberſchleſiſche Pole ein, daß es mit der polniſchen Wirt=
ſchaft
ein gefährliches Ding iſt, und daß die deutſche Ordnung
ſelbſt bei aller wirtſchaftlichen Depreſſion immer noch himmel=
hoch
über aller kongreßpolniſchen Herrlichkeit ſteht. Auch mit der
Phraſe gut katholiſch polniſch, deutſch proteſtantiſch und
ungläubig war der fromme oberſchleſiſche Pole nicht lange zu
ködern, denn er beſann ſich gar bald, daß einſt ſeine proteſtan=
tiſchen
-Volksgenoſſen viel ſichere Kantoniſten waren als die gut
katholiſchen Brüder aus Kongreßpolen, und daß ferner auch
ſehr viele deutſche Oberſchleſier ſehr gute Katholiken ſind. Kurz,
die Stimmung in Oberſchleſien iſt umgeſchlagen, und derſelbe
Pole, der ſich einſt von den Kongreßbrüdern zu Aufftänden auf=
wiegeln
ließ, will jetzt nichts mehr von Warſchau wiſſen und bei
Deutſchland verbleiben, denn er hat dieſe polniſchen Aufſtänd=
am
eigenen Leib und Gut erfahren
Auch in gewiſſen deutſchen Kreiſen machten ſich eine zeitlang
Bewegungen bemerkbar, die eine Losreißung Oberſchleſiens vom
Reiche erſtrebten. Da war z. B. Der Bund der Oberſchleſier,
der einen neutralen Freiſtaat auf ſein Banner ſchrieb. Ferner
die Oberſchleſiſche Einigungspartei, die eine bundesſtaatliche
Autonomie fordert. Die letztere Bewegung iſt auch jetzt noch
nicht eingeſtellt. Sie iſt die weniger gefährliche. Ein autonomes
Oberſchleſien würde ein ganz ſonderbares Gebilde ſein, das
wohl kaum ſeine wirtſchaftliche und politiſche Selbſtändigkeit
lange bewahren würde. Und da iſt nun jetzt plötzlich das furcht=
bare
Unglück in Oppau als großes Warnungsſignal aufgeſtiegen.
Die Oberſchleſier haben da geſehen, wie ein einiges großes
Reich bei ſchweren Kataſtrophen hilfreich und rettend eingreift.
Obwohl die Pfalz beſetzt iſt, ſo iſt und bleibt ſie doch ein gutes
Stück deutſches Land. lind da ſie zum Reiche gehört und ſich
nicht, wie einige vaterlandsloſe Geſellen wollten, von ihm los=
geriſſen
hat, iſt auch das Reich mit all ſeiner Kraft und Hilfs=
tätigkeit
für ſie eingetreten.
Auch die Verſchleppungspolitik der Entente in Oberſchleſien
ſchien für uns ein großes Unglück zu ſein, denn ſie hat unſäg=
liches
Elend über dieſes Stück deutſches Land gebracht. Und
doch iſt auch dieſes Uinglück uns Deutſchen zum Segen geworden.
Während dieſer langen Verſchleppungszeit hat der Oberſchleſier
Erfahrungen geſammelt, und dieſe Erfahrungen haben ſelbſt den
oberſchleſiſchen Polen belehrt, daß er unter deutſcher Hut beſſer
daſteht, als unter kongreßpolniſcher. Es heißt, daß der Völker=
bundsrat
die einzige Möglichkeit der Löſung der oberſchleſiſchen
Frage in einer neuen Volksabſtimmung ſieht. Uns Deutſchen
köante auch dieſe neue Laſt und Mühſeligkeit, die uns zum
zweiten Male auferlegt würde, im Grunde genommen nur ganz
angenehm ſein, denn unterdeſſen ſind, ja auch die Oberſchleſier
erwacht und zur Vernunft gekommen, die es bisher mit Kon=
greßpolen
hielten. Daß ein großer Umſchwung in Oberſchleſien
ſich vollzogen hat, und zwar zugunſten Deutſchlands, geht daraus
hervor, daß eine große Anzahl von Kundgebungen an die Son=
derkommiſſion
des Völkerbundsrates gerichtet worden ſind, die
ein Verbleiben Oberſchleſiens bei Deutſchland verlangen. Und
dieſe Kundgebungen ſtammen nicht nur aus deutſchen Kreiſen
Oberſchleſiens, ſondern auch aus polniſchen. Ein Gutes alſo hat
doch die franzöſiſch=polniſche Willkür und die Entente= Verſchlep=
pungspolitik
in Oberſchleſien gehabt.
Die Aufhebung der wirtſchaftlichen Sanktionen.
Paris, 28. Sept. (Wolff.) Ueber die Aufhebungder
wirtſchaftlichen Sanktionen, wird durch die Havas=
Agentur eine Note veröffentlicht, die gewiſſermaßen die Ge=
ſchichte
dieſer Maßnahmen wiedergibt. Die Note beſagt, daß
nach den Artikeln 264 bis 267 des Friedensvertrages von Ver=
ſailles
es Deutſchland in formellſter Weiſe unterſagt ſei, in ſei=
nem
Handelsregime irgend eine Differenzierung zum Schaden
eines der alliierten Staaten zur Anwendung zu bringen.
Deutſchland habe jedoch ein Syſtem des Ein= und Ausfuhrver=
bots
gebildet durch Abweichungen oder Lizenzen, deren Bewilli=
gung
ſo organiſiert ſei, daß ſie die Intereſſen mehrerer alliierten
Länder, beſonders aber Frankreichs, ſchwer geſchädigt hätten.
Franzöſiſche Kaufleute hätten fortgeſetzt mitgeteilt, daß eine
große Zahl ihrer Produkte, durch Prohibitivmaßnahmen vom
deutſchen Markte ferngehalten würden, während die Einfuhr der

gleichen Artikel geſtattet worden ſei, wenn ſie von anderen Län=
dern
kamen. Die Botſchafterkonferenz habe auf Grund dieſer
Reklamationen im Laufe des Jahres 1920 zwei Demarchen bei
der deutſchen Regierung unternommen, die jedoch kein praktiſches
Ergebnis gehabt hätten. Die Frage ſei ſchließlich während der
letzten Tagung des Oberſten Rates, verhandelt worden
und es ſei der Entſchluß gefaßt worden, dieſen wiederholten
Verletzungen des Friedensvertrages, ein Ende zu bereiten da=
durch
, daß man die Aufhebung der wirtſchaftlichen
Sanktionen abhängig mache von geeigneten Maß=
nahmen
. Das hätten die Alliierten in ihrer Reſolution am
13. Auguſt zum Ausdruck gebracht. Die deutſche Regie=
rung
habe ſich ſofort bemüht, dieſe Entſcheidung zu beſeitigen,
indem ſie ſie diskutierte. In ihrer Note vom 26. Auguſt habe ſie
ſich mit der Schaffung des erwähnten Organismus einverſtan=
den
erklärt, aber ihre Annahme mit deutſchen Reſerven um=
geben
, ſodaß ſie einer Ablehnung gleichgekommen ſei. In den
darauf folgenden Verhandlungen, habe die deutſche Regierung
ihre Abſicht näher präziſiert und behauptet, daß die Ueber=
wachung
durch den zu ſchaffenden interalliierten Organismus
vor der Lizenzbewilligung durch die deutſchen Behörden der deut=
ſchen
Souveränität Abbruch tue und verſichert, daß die Nach=
prrüfung
der Alliierten nach erfolgter Genehmigung genügen
würde. Die franzöſiſche Regierung habe ſich ſogleich
gegen eine derartige Interpretation der Reſolution vom 13.
Auguſt gewendet, deren Text im Gegenteil beſage, daß der inter=
alliierte
Organismus mit den zuſtändigen deutſchen Behörden
bei der Prüfung und Verteilung der Lizenzen zuſammenarbeiten
ſolle, alſo präziſiert, daß dieſe Zuſammenarbeit vor der Geneh=
migung
erfolgen müſſe. Die deutſche Interpretation hätte auch
dem Geiſte der Reſolution vom 13. Auguſt nicht entſprochen,
weil dieſe den Zweck gehabt habe, einer unterſchiedlichen Be=
handlung
durch die deutſchen Behörden zum Schaden der Alliier=
ten
und beſonders zum Schaden Frankreichs ein Ende zu berei=
ten
. Die deutſche Regierung habe verſucht, eine Unterſtützung
bei den Alliierten Frankreichs, namentlich aber bei den Eng=
ländern
, zu finden. Dieſe hätten aber nach einem Meinungs=
austauſch
die Wohlbegründetheit der franzöſiſchen Theſe aner=
kannt
.
Nachdem die deutſche Regierung dieſes Einverſtändnis feſt=
geſtellt
habe habe ſie ſich gebeugt und am 22. September die ge=
ſtellten
Bedingungen ſowie die Interpretierung der Alliierten
angenommen. Zu gleicher Zeit ſei auch die Zuſammenkunft
alliierter Sachverſtändiger mit den deutſchen Delegierten ange=
nommen
worden. Die Arbeit der Sachverſtändigen ſei, die Ar=
beit
des Ueberwachungsausſchuſſes zu organiſieren.
Berlin, 28 Sept. (Wolff.) Durch eine Note, die Bri=
and
heute als Präſident des Oberſten Rates dem deutſchen
Botſchafter in Paris zugeſtellt hat, wird die Aufhebung der
wirtſchaftlichen Sanktionen ab 30. September mitgeteilt. An
dieſe Mitteilung ſchließt ſich folgende Aufforderung an: Die
Alliierten laden die deutſche Regierung ein, möglichſt bald ihre
Delegierten zu bezeichnen, die zuſammen mit den alliierten Sach=
verſtändigen
die Modalitäten feſtſetzen werden, nach denen die
Lizenzen geprüft und ausgeſtellt werden in Uebereinſtimmung
mit der Entſcheidung des Oberſten Rates vom 13. Auguſt 1921.
Das Wiesbadener Abommen.
* Paris, 28. Sept. (Havas.) Der Kammerausſchuß für
die befreiten Gebiete hat heute die Mitteilungen des Miniſters
Loucheur über die Wiesbadener Abkommen ent=
gegengenonrmen
. Miniſter Loucheur wiederholte ſeine bereits
vor einigen Tagen vor dem Finanzausſchuß über dieſe Frage
abgegebenen Erklärungen. Die Abgeordneten für die befreiten
Gebiete ſprachen die Hoffnung aus, daß dieſe Abmachungen
einen praktiſchen Wert für die Herſtellung der zerſtörten Gebiete
haben möchten. Der Miniſter bemerkte, die Bewohner hätten
das Recht der freien Entſchließung und ſeien infolgedeſſen durch=
aus
nicht gezwungen, die von Deutſchland eingeführten Waren
zu nehmen. Die letzteren würden nach dem franzöſiſchen Durch=
ſchwittspreiſe
berechnet werden, der von drei Perſönlichkeiten
feſtgeſetzt werde, einem Franzoſen, einem Deutſchen und einer
von dem Schweizer Präſidenten zu ernennenden Perſönlichkeit.
Der dritte Sachverſtändige werde nur eingreifen, um über even=
tuelle
Meinungsverſchiedenheiten zwiſchen den beiden anderen
Sachverſtändigen zu entſcheiden. Der Geſamtbetrag der Preiſe
für die gelieferten Waren würde auf das Reparationskonto an=
gerechnet
werden. Eine Art Einkaufsbureau ſolle in St. Quen=
tin
errichtet werden, wo alle Beſtellungen auf deutſche Waren
zuſammenlaufen werden. Der Miniſter ſprach ſchließlich die
Hoffnung aus, daß dieſes Abkommen von der deutſchen Re=
gierung
am 5. oder 6. Oktober ratifiziert ſein werde und vor
Ablauf eines Monats in Kraft treten könne.
Der deutſch=amerikaniſche Friedensvertrag.
London, 29. Sept. (Wolff.) Daily Telegraph meldet
aus Neu=York, daß die demokratiſche Oppoſition
gegen den Sonderfrieden mit Deutſchland wachſe
und daß ſogar die Möglichkeit beſtehe, daß die Republikaner nicht
in der Lage ſein würden, ſich die für die Ratifikation notwendige
Zweidrittelmehrheit im Senat zu ſichern. Seitdem der vor=
malige
Präſident Wilſon in dieſe Frage eingegriffen habe, ſei
der Widerſtand der Demokraten ſtärker geworden. Zahlreiche
Demokraten, die vor kurzem mit Wilſon beraten hätten, ent=
werfen
jetzt Vorbehalte, die darauf abzielten, die Vereinigten
Staaten zu zwingen, wenigſtens einen kleinen Teil der Verant=
wortung
des Siegers zu übernehmen.
Andererſeits meldet die Times aus Waſhington, daß allge=
mein
die Anſicht herrſche, daß die dort ſtattgefundene unfor=
melle
Verſammlung der demokratiſchen Senatoren jeden Zwei=
fel
daran behoben habe, daß vor der Bcendigung der augen=
blicklichen
außerordentlichen Tagung des Kongreſſes die Ver=
träge
mit Deutſchland, Oeſterreich und Ungarn mit den bereits
mitgeteilten Vorbehalten ratifiziert werden würden. Wenn die
Demokraten in corpore ſtimmten könnten, ſo würde die Ratifika=
tion
dieſer Verträge unmöglich geweſen ſein, da die Zahl der
Demokraten 37 betrage und eine Zweidrittelmehrheit der geſam=
ten
Körperſchaft von 96 Senatoren notwendig ſei. Die Konfe=
renz
der Demokraten habe jetzt gezeigt, daß ſie geteilter Anſicht
ſeien und daß mindeſtens die Hälfte der Demokraten für die
Verträge als einziges Mittel zur Beendigung des techniſchen
Kriegszuſtandes ſtimmen würden.
Der Times zufolge verſammeln ſich die demokratiſchen Sena=
toren
wieder am Donnerstag. Es iſt jedoch nicht wahrſcheinlich,
daß irgendein Umſtand die Lage verändern wird.

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Darmſtädter Tagblatt, Freitag, den 30. September 1921.

Rummer 220.

und wird ſofort auf 30 Jahre an eine Aktiengeſellſchaft verpachtet.
Preußen ftellt ſofort 9 Millionen Mark zum Ausbau der Ther=
malquellen
und Wandelgänge zur Verfügung. Das Vermögen
des Kreiſes Pyrmont geht auf den Landkreis Hameln an der
Weſer über.
Die Däniſierung Nordſchleswigs.
* Mit der Abkretung Nordſchleswigs vom
Deutſchen Reiche können ſich die Nordſchleswiger nicht
verſöhnen, die Einſicht von dem guten Tauſch, den ſie nach An=
ſicht
der däniſchen Regierung gemacht haben, iſt ausgeblieben.
Jetzt ſollen zur Aufklärung der Nordſchleswiger die letzten
Reſerven vorgeſchickt werden, nämlich die höchſten Spitzen des
Landes. Von däniſcher Seite werden Anfang nächſten Monats
politiſche Verſammlungen abgehalten, zu welchen das
ganze däniſche Miniſterium aufgeboten worden
iſt, eine Maßnahme, die bisher unbekannt war und befremdend
anmutet. Es werden ſprechen: in Hadersleben Miniſter des
Innern Kragh, in Apenrske Berkehrsminiſter Slebſager und
Unterrichtsminiſter Appel, in Tingleff Juſtizminiſter Nytter, in
Toftlund und an anderen Orten Kandelsminiſter Rothe. Auch
der Kriegsminiſter ſoll in Verſammlungen ſprechen (Worüber
wohl?). Die Herren Miniſter werden je nach den Reſſorts, die
ſie vertreten, die Bevölkerung über die politiſche, wirtſchaftliche
uſw. Lage ihrer neuen Heimat aufzuklären ſuchen. Die Mini=
ſterreden
dürften mit den zu Ende gehenden deutſch=däniſchen
Verhandlungen in Zuſammenhang zu bringen ſein.
König Konſtantin iſt zufrteden.
Paris, 28. Sept. Nach einer Havasmeldung aus Athen
hat König Konſtantin, bevor er Bruſſa verlaſſen hat, an
die Armee eine Proklamation erlaſſen, in der er ſagt, ſie
habe in glänzender Weiſe das militäriſche Werk ausgeführt, das
das Vaterland ihr anempfohlen habe. Jetzt bleibe ihr nur noch
übrig, das Ergebnis ſicherzuſtellen und die nötige Arbeit und
Organiſation zu unternehmen, damit ſo viele Opfer und Mühen
und ſo viel Ruhm nicht umſonſt vergeudet worden ſeien. Wenn
das wenige, was noch zu tun verbleibe, erfüllt ſei, dann würden
die Soldaten in die Heimat zurückkehren, glücklich und ſtolz, das
teuere Vaterland größer und glorreicher gemacht zu haben.
* Kleine politiſche Nachrichten. Die Mitglieder der Danziger
Delegation ſind geſtern aus Geuf hierher zurüichgekehrt. Sie
haben ſich im Ausſchuß für verhältnismäßig befriedigt über das Ergeb=
nis
der in Genf über Danzig gepflogenen Verhandlungen ausgeſprochen
und ihrer Meinung dahin Ausdruck gegeben, daß ſie das beſte erreicht
haben, was nur unter den gegebenen Verhältniſſen zu erreichen war.
Am Mittwoch wurde die von einem deutſchen Hilfskabeldampfer vor
einigen Tagen begonnene Legung des neuen Fernſprech=
kabels
zwiſchen Deutſchland und Schweden vollendet,
das einem dringenden Verkehrsbedürfnis entſpricht, nachdem Ende 1919
die erſte Seekabelverbindung dieſer Art in Betrieb genommen worden
war. Der Verkehr auf der neuen, noch weſentlich leiſtugsfähigeren
Linie wird eröffnet werden, ſobald die anſchließenden Landverbindungen
auf deutſcher und ſchwediſcher Seite fertiggeſtellt ſind. Aftonbladet
melder aus Moskau: Alle früheren Offiziere und Unteroffiziere bis zum
55. Lebensjahre wurden mobiliſiert. Die ruſſiſchen Truppen=
anſammlungen
an der eſtniſchen Grenze dauern an. Von Peters=
burg
ſind mehrere Diviſionen Truppen an die rumäniſche Grenge ent=
ſandt
. Am 20. September gingen von Moskau drei Diviſionen in Rich=
tung
Odeſſa ab. Die Sowjetregierung gab aus Furcht, daß die Entente
eine Offenſive der Randſtaaten gegen Sowjetrußland unterſtützen werde,
den Befehl, die Befeſtigungsanlagen längs der Grenze und im Peters=
burger
Gebiet in Verteidigungszuſtand zu ſetzen.
Stadt und Land.
Darmſtadt, 30. September.
Uebertritt Präſident Dr Streckers zur Sozial=
demokratie
.
wd. Der Präſident des Heſſiſchen Landesamts für das
Bildungsweſen Dr. Strecker hat in einem Schreiben an den
Landtagspräſidenten Adelung ſein Mandat nieder=
gelegt
und iſt gleichzeitig aus der Demokratiſchen Partei aus=
getreten
und in die Sozialdemokratiſche Partei
übergetreten.
sw. Die Landtagsfraktion der Demokratiſchen
Partei gibt ſolgende Mitteilung bekannt:
Dr. Strecker, der Präſident des Heſſiſchen Landesamts
für das Bildungsweſen, hat in einem Schreiben an den Staats=
präſidenten
Ulrich und an den Vorſtand der Demokratiſchen
Partei ſeinen Uebertritt zur Sozialdemokratie erklärt. Herr Dr.
Strecker, der ſeit Monaten den Parteiveranſtaltungen fern geblie=
ben
iſt, hat dieſen Schritt offenbar ſchon ſeit längerer Zeit bei ſich
erwogen und hat ihn, wie er ſchreibt, zuletzt noch unter den ſtar=
ken
Eindrücken eines mehrwöchentlichen Studienaufenthaltes in
der Schweiz ausgeführt. Damit ſcheidet er naturgemäß auch aus
den Vertrauensämtern aus, die ihm die Demokratiſche Partei im
Landtag und in der Regierung übertragen hatte. Wen die
Demokratiſche Partei für den Reſt der Landtagsperiode an
Dr. Streckers Stelle in die Regierung entſendet, iſt noch nicht ent=
ſchieden
. Jedenfalls wird der Wechſel in der Perſon des Amts=
inhabers
keinen Wechſel in der bisherigen Schulpolitik der Par=
tei
und ihrer Vertreter bedeuten.

* Ernatzut wurde der Amtsgerichtsoberſekretär bei dem Amtsgericht
Langen Friedrich Weiner zum Amtsgerichtsoberſekretär bei dem
Amtsgericht Darmſtadt II.
* Uebertragen wurde dem Lehrer Wilhelm Spamer in Unter=
Flockenbach eine Lehrerſtelle an der Volksſchule zu Heidesheim im Kreiſe
Bingen.
n. Schwurgericht. In der bis nach Mitternacht dauernden Verhand=
lung
des bereits berichteten Falles Gerhardt=Reinheim trat wäh=
rend
der ſehr umfangreichen Beweisaufnahme die Tat ſelbſt etwas allzu

ſehr hinter die übrigen Verhältniſſe zurück, und es nahmen letztere, ins=
beſonderen
die pekuniären Momente, als Grundlage des verhängnis=
vollen
Auftritts, einen breiten Raum ein. Für die Schüſſe kam im
weſentlichen außer den Angaben des nachher der Verwundung erlegenen
Schäfer das beeidigte Zeugnis von deſſen anderem Schwiegerſohn in
Betracht, da ſich der Angeklagte dieſes kritiſchen Punktes nicht erinnern
will, und von der Erregung völlig übermannt geweſen ſein will. Er
hatte dreimal gefeuert, wovon zwei Kugeln den Sch. trafen. Erſt einen
Monat nachher führte Blutvergiftung zum Tode, als deſſen Urſache nach
dem ärztlichen Gutachien die Kopſchußwunde anzuſehen iſt. Ueber G.s
Geiſteszuſtand ſprach ſich Medizinalrat Dr. Langermann dahin aus,
daß es ſich unzweifelhaft um einen Pfychopathen handle, der aufgrund

ſchungsvermögen ſeien deshalb den Umſtänden nicht gewachſen geweſen.
Nachdem in langem Plädoyer die Staatsanwaltſchaft für Bejahung
des Totſchlags evtl. der Körperverletzung mit tödlichem Erfolg und die
Verkeidigung für völliges Nichtſchuldig eingetreten war ſprachen die
G=ſchworenen den Angeklagten nur der fahrläſſigen Tötung ſchuldig,
und er wurde demgemäß zu 1 Jahr Gefängnis abzüglich ſechs
Monaten Uinterſuchungshaft verurteilt.
Geſtern fand unter Ausſchluß der Oeffentlichkeit die Verhandlung
gegen die 31 Jahre alte Arbeiter Wilhelm Simon Ehefrau Maris
geb. Schmitt aus Offenbach wegen Verbrechens nach § 219 St. G.B. ſtatr,
und es war die Anklage durch Staatsanwalt Dr. Callmann, die Vertei=
digung
durch Rechtsanwait Keßler vertreten. Die Angeklagte war des
ihr zur Laf= gelegten Falles, in dem ſie als Entgelt 300 Mk. erhalteu=
hatte
, geſtä hia und wurde zu 1 Jahr Zuchthaus abzüglich drei
Monaien; ziei Wochen Unterſuchungshaft verurteilt.
* Heffiſcher Veriveitungsgerichtshof. Tagesordnung für die öffent=
liche
Sitzung am Samstag, 1. Oktober, vormittags halb 10 UUhr:
1. Vorentſcheibung gegen den Bürgermeiſter Gabel in Aſtheim wegen
Schadenerſatz; 2. desgleichen gegen Lehrer Steffan iin Maar
wegen Körprrverlebung.
3 Geſchaftsorduung des Staatsgerichtshofes. Aus dieſer von dem
Plenum des Oberlauk=sgerichts ausgearbeiteten Geſchäftsordnung iſt zu
entnehuen, haß aus die dem Landtage angehörenden Mitglieder des
Staatsgerichtshofes (ach: Mitglieder und acht Stellvertreter) von dem
Präſidenten vor Beyinn der erſten Verhandlung, an der ſie teilnehmen,
auf treue, gewiſſenhafte und unparteiiſche Erfüllung ihrer Richterpflich=
ten
, fowie die Wahrung der Amtsverſchwiegenheit vereidigt werden,
Solche Teeidigung ſcheine um ſo mehr geboten, als die Entſcheidungen
objektib und nicht vom Parteiſtandpunkte zu fällen ſind. Der Staats=
gerichtshef
führt ein mi: dem Staatswappen verſehenes Amtsſiegel und
einen ebenſolchen Amtsſiempel. Die Abfaſſung der Urteile liegt dem
Berichterſtaster ob. Autluhe Vekanntmachungen des Staatsgerichtshofs
erfolgen in der Darmſtädter Zeitung.
* Das kemmende Strefrect. Ueber dieſes Th= a wird am 5. und
6. Okt., jeweils abends von 5.157 Uhu im Saale 26 der Techniſchen
Hochſchule einer der bedeutendſten Strafrechtslehrer der Gegenwart,
Profeſſor Dr. v. Frank, der derzeitige Rektor der Univerſität Mün=
chen
, in öffentlicher Verſammlung ſprechen. Prof. Frank gehörte der
Strafrechtskommiſſion an, in der die Grundlagen zu dem Entwurfe
eines neuen Strafgeſetzbuches gelegt wurden. Aus berufenem Munde
wird ſich jeder über die neuen Probleme des Strafrechts unterrichten
können. Man darf dem Heſſiſchen Richterverein dankbar ſein, daß er
beſtrebt iſt, auf dieſe Weiſe volkstümliche Rechtskunde zu treiben und
die Kluft, die noch vielfach zwiſchen Laien und Juriſten beſteht, zu über=
brücken
. Der Eintrittspreis für beide Abendé beträgt 10 Mark. Karten
ſind im Verkrehrsbureau und an der Abendkaſſe erhältlich.
8. Steuerfreie Rücklagen beim Einkommenſteuergeſetz. § 59a de
Einkommenſteuernobelle vom 24. März 1921 läßt es zu, daß bei Ermitt=
lung
des Betriebs= und Geſchäſtsgewinns ſteuerfreie Rücklagen zur Be=
ſtreitung
der Koſten gebildet werden, die zur Erſatzbeſchaffung der zum
land= und forſtwirtſchaftlichen, gewerblichen oder bergbaulichen Anlage=
kapital
gehörigen Gegenſtände über den gemeinem Wert der Erſatzgegen=
ſtände
für die Jahre 19201926 vorausſichtlich aufgewendet werden
müſſen. Die Friſt zur Stellung ſolchen Antrags für 1920 läuft am 31.
Dezember 1921 ab. Es erſcheint deshalb geraten für die erſatzbedürf=
tigen
Gegenſtände, für deren Erſatzbeſchaffung Rücklagen gemacht wer=
den
ſollen, dem Finanzamt anzugeben: 1. Das Anſchaffungs= oder Her=
ſtellungsjahr
, 2. den Anſchaffungs= oder Herſtellungspreis, 3. die vor=
ausſichtliche
Geſamtgebrauchsdauer, 4. den Zeitpunkt, in dem voraus=
ſichtlich
die Erſatzbeſchaffung erfolgen wird. Wer keine Handelsbücher

mögens mit Einſchluß der dem Betriebe dienenden Grundſtüiche und Ge=
bäude
ſteuerfrei belaſſen werden, der bei Veranlagung zum Reichsnot=
opfer
in Anſatz gebracht ivordem iſt.
Landestheater. Am heutigen Freitag wird Fritz von Unruhs
Louis Ferdinand, Prinz von Preußen, wiederholt. Die
Vorſtellung findet außer Vollmiete in der Sondermiete 18 ſtatt und
beginnt um halb 7 Uhr. Prinz Louis Ferdinand, iſt die nächſte
Premiere des Deutſchen Theaters in Berlin, das jetzt als erſte Bühne
nach Darmſtadt das Drama herausbringt. Am Samstag wird
in der E=Miete, ſowie in der Söndermiete 5 Puccinis Tosca wie=
derholt
. Am Sonntag früh ſpricht um halb 12 Uhr Julius,
Meier=Graefe in einer literariſchen Matinee über Deutfchlands
Anteil an der Kunſt Europas‟. Der Vortrag findet in der Miete der
vorjährigen literariſchen Matineen als letzte dieſer Veranſtaltungen
ſtatt. Abends um halb 6 Uhr geht Richard Wagners Lohengrin
in der D=Miete in Szene.
Richard Specht, der Autor der bekannten Mahler=Biographie und
der großen zweibändigen Monographie Richard Strauß und ſein
Werk, hat eine vollkommene textliche Neubearbeitung des Verdiſchen
Tronbadour vollendet, die vom Heſſiſchen Landestheater zur
Uraufführung angenommen wurde.
25jähriges Dienſtjubiläum. Am Samstag, den 1. Oktober, ſind
25 Jahre verfloſſen, ſeit der Kirchendiener der Johannesgemeinde, Jak.
Schlegelmilch, ſein Amt in der Gemeinde verſieht. Vielen Tau=
ſenden
iſt er in dieſen Jahren nahe gekommen an Tagen, die zu den
Höhepunkten ihres Lebens gehören. Mit großer Treue und Gewiſſen=
haftigkeit
hat er ſeine gar nicht leichte weitverzweigte Arbeit in
ſeiner Johanneskirche, im Gemeindehaus und in zahlreichen Häuſern
und kirchlichen Vereinen der Gemeinde getan, zumal als Gehilfe der bei=
den
Johannespfarrer. Viele Gemeindeglieder werden darum mit Dank=
barkeit
des Jubilars an ſeinem Ehrentage gedenken.
* Wohltätigkeitskonzert zum Beſten der bei der Oppauer Ka=
taſtrophe
Geſchädigten. Das bereits angezeigte Konzert fin=
der
beſtimmt nächſten Donnerstag, den 6. Oktober, im Saalbau ſtatt.
Frau Johanna Heſſe wird Lieder von Schubert und Brahms, das
Drumm=Quartett Streichquartett von Schubert und Klarinet=
tenquintett
von Mozart unter Mitwirkung des Herrn Kammermuſiker
Winkler zur Aufführung bringen. Karten bei Konzert=Arnold,.
Wilhelminenſtraße 9.
* Vom Allgemeinen Verband der Berſicherungsangeſtellten wird uns
geſchrieben: Wie bereits mitgeteilt, hat die unter den organiſierten Ver=
ſicherungsangeſtellten
vergenommene Urabſtimmung über den

Seite 2.

Die Morning Poſt meldet aus Waſhington, daß die Oppo=
ſition
gewiſſer republikaniſcher und demokratiſcher Senatoren
gegen die Ratifizierung des Friedensvertrages mit Deutſchland
den diplomatiſchen Vertretern der Mächte ernſtliche Beſorgniſſe
mache, die an der Waſhingtoner Konferenz teilnehmen würden,
und daß ſie Auswirkungen auf die verſchiedenen Außenminiſter
haben würde. Da die Ergebniſſe der Waſhingtoner Konferenz
mit bezug auf die Frage des Stillen Ozeans die Geſtalt eines
Vertrages annehmen müßten, frage man ſich, wer Gewähr dafür
biete, daß ein von dem amerikaniſchen Präſidenten durch ſeine
Delegierten abgeſchloſſener Vertrag die Zuſtimmung des Senats
finden werde. Wenn der Friedensvertrag mit Deutſchland, der
augenblicklich eine einfache Angelegenheit ſei, auf eine ſolche ent=
ſchloſſene
Oppoſition ſtoße und den Präſidenten veranlaßt habe,
ſeine anfängliche Politik aufzugeben und dem Senat ſtattzu=
geben
, ſo beſtehe nicht viel Ausſicht auf die baldige Ratifikation
eines ungleich verwickelteren Vertrages, wie ihn die Wafhing=
toner
Konferenz erkennen laſſe. Wenn dieſer Vertrag irgend=
einen
Wert haben ſollte, ſo müſſe er einer Allianz in gefährlicher
Weiſe nahekommen. Man frage ſich, ob ſich der Senat bereit=
erklären
werde, Verpflichtung und Verantwortung zu überneh=
men
, oder irgendwelche Rechte, die die Vereinigten Staaten jetzt
innehätten, preiszugeben.
Die oberſchleſiſche Frage.
Die Verhandlungen im Völkerbund.
Paris, 28. Sept. Havas meldet aus Genf, in Kreiſen der
Völkerbundsverſammlung finde immer mehr das
Gerücht Glauben, daß die Entſcheidung des Rates in der ober=
ſchleſiſchen
Frage in der Richtung eines Grenzverlaufes
erfolgen werde, der ſich der ſogenannten Sforza=Linie
nähere. Indeſſen dürfe man dieſes Gerücht immer nur under
Vorbehalt aufnehmen. Ebenſo werde verſichert, daß der Rat in
ſeiner Grenzbeſtimmung in weitem Maße von den Gutachten
ſich leiten laſſen werde, die ſowohl von den deutſchen und pol=
niſchen
örtlichen Arbeiterverbänden als von ihren Vertretern in
der Amſterdamer Gewerkſchaftsinternationale abgegeben worden
ſeien. Die Mitglieder der Gewerkſchaftsinternationale in Amſter=
dam
hätten einſchließlich des deutſchen Vertreters in einer Denk=
ſchrift
Anregungen gegeben, die geeignet wären, den Völkec=
bundsrat
aufzuklären und die Löſung vorzubereiten, die die Zu=
ſtimmung
der deutſchen und polniſchen Arbeitermaſſen in Ober=
ſchleſien
haben würde.
Im Gegenſatz hierzu ſteht folgende Meldung aus London,
28. Sept. Evening Standard zufolge wird erwartet, daß vier
Mitglieder des Völkerbundsrates, denen die ober=
ſchleſiſche
Frage unterbreitet wurde, binnen 14 Tagen
ihren Bericht erſtatten werden. Ihre Entſcheidung werde wahr=
ſcheinlich
in der Hauptſache zugunſten des Beſtrebens Englands
und Italiens ausfallen, die für die Ueberlaſſung des
Induſtriegebietes an Deutſchland ſind.
Oppeln, 28. Sept. (Wolff.) Der Völkerbundsrat
hat als Vertreter der oberſchleſiſchen Induſtrie
folgende Perſönlichkeiten zum Zwecke der Berichterſtattung nach
Genf berufen: Von deutſcher Seite: Bergrat Dr. Geiſen=
heimer
, Geſchäftsführer des oberſchleſiſchen Berg= und Hütten=
männiſchen
Vereins, und Gewerkſchaftsſekretär Karger vom Be=
zirkskartell
der freien Gewerkſchaften; als Vertreter der pol=
niſch
geſinnten Bevölkerungsteile Oberſchleſiens ſind Grobia=
nowski
, der früher für den Berg= und Hüttenmänniſchen Verein
tätig war, und Gewerkſchaftsſekretär Kott, der an der Spitze der
polniſchen Berufsvereinigung ſteht, nach Genf berufen worden.
Die Herren ſind bereits in Genf eingetroffen.
Engliſche Landkäufe in Oberſchleſien.
TU. Kattowitz, 29. Sept. Eine engliſche Privatgeſell=
ſchaft
hat in den Kreiſen Kattowitz und Beuthen einige größere
Parzellen Land angekauft und hat noch weitere Kaufangebote
gemacht.
Die Regierungs=Umbildung.
* Berlin, 29. Sept. Reichskanzler Dr. Wirth hatte
geſtern abend mit dem preußiſchen Miniſterpräſidenten Ste=
gerwald
, den Führern der Koalitionsparteien und
dem Abg. Streſemann Beſprechungen über die Regierungs=
neubildung
im Reiche und in Preußen. In einer Sitzung der
Reichstagsfraktion der Deutſchen Volkspartei, in der gleichzeitig
die Frage der Regierungsumbildung behandelt wurde, kam zum
Ausdruck, daß die Fraktion dem Eintritt der Deutſchen Volkspar=
tei
in die Reichsregierung grundſätzlich zuſtimme, daß jedoch kein
Anlaß gegeben ſei, auf eine ſchnelle Erledigung der Frage zu
drängen. Es ſei daher nicht ausgeſchloſſen, daß die Regierungs=
umbildung
im Reiche noch längere Zeit in Anſpruch nehmen
werde, dagegen dürfe man für Pxeußen auf eine ſchnellere Re=
gelung
der Angelegenheit rechnen. Es ſei nicht ausgeſchloſſen,
daß ſchon die nächſten Tage hier ein Reſultat zeitigen würden.
Anſchluß Pyrmonts an Preußen.
Hannover, 28. Sept. Wichtige Verhandlungen wurden
in den letzten Wochen zwiſchen Vertretern Preußens
und Waldeck=Pyrmonts gepflogen. Sie galten der Los=
löſung
Pyrmonts von Waldeck und ſeinem Anſchluß an Preußen.
Die Anſchlußverhandlungen ſind jetzt ſo weit gediehen, daß die
Veröffentlichung des abzuſchließenden Vertrages in den nächſten
Tagen erfolgen ſoll. Die grundlegenden Beſtimmungen des
Staatsvertrages ſind: Der Kreis Pyrmont wird dem
Staate Preußen einverleibt und dem Kreiſe Hameln
der Provinz Hannover angeſchloſſen. Bis zur nächſten Neuwahl
des Hamelner Kreistages treten einige nach Verhältnis der Be=
völkerungsziffer
zu wählende Abgeordnete Pyrmonts in dieſen
und in den Kreisausſchuß ein. Die Kommunalbeamten des
Kreiſes Pyrmont werden von dem Kreis Hameln übernommen.
Das Bad Pyrmont geht mit allem Zubehör an Preußen über

Rotgeld=Kurioſa.
m. Das Notgeld hat ſeit einiger Zeit immer mehr den Wert
eines Sammelkurioſums bekommen und die Notwendig=
keit
eines Erſatzgeldes verloren. Es wird in nächſter Zeit faſt
in ganz Deutſchland zur Einlöſung gebracht werden. Um ſo
mehr aber wird ſein Wert für Sammler ſich erhöhen. Oft
finden ſich geradezu kurioſe Sorten unter den verſchiedenen Not=
geldern
der verſchiedenſten Städte. Einige ſollen hier erwähnt
werden:
Neben Anſichten von Helgoland iſt das Wappen der Inſel
folgendermaßen erläutert: Grön is det Lunn, Road is de Kant,
Wit is de Sunn, Det is der Wappen vant heilige Lunn. Der
Nattenfänger von Hameln iſt aus der Vergangenheit zitiert
worden und ſchnnückt das Notgeld ſeiner Stadt. Auch Mölln in
Mecklenburg greift weit zurück: Till Eulenſpiegel lebte zu
Mölln, in welcher Stadt vor ſechshalbhundert Jahren man ihn
begraben hat. Mittelalterliches Soldatenleben zeigt eine andere
Serie, dazu die Inſchrift: Twintig Penn und fief dato, De
lüttſte Schien van Itzehoe. Lübeck zeigt auf mehreren kleinen
Zwanzigpfennigſcheinen witzig die Entwicklung ſeines Doppel=
adlers
vom Ei bis zum Wappen. Originell iſt die Darſtellung
des ſchiefen Turmes von Kitzingen, dem ein Geſicht angemalt
ivorden iſt. Der Magiſtrat von Mainbernheim gibt auf ſeinem
Notge’d bekannt, daß die Brotkarten von eins bis drei auf
dem Rathaus abzuholen ſind! Die Gemeinde Probſtzella ſagt
eine Wahrheit, die leider auch weiter verallgemeinert werden
könnte: Berlin, Probſtzella, München, wir gleichen uns gar
ſehr; das Kleingeld fehlt uns allen, das große noch viel mehr.
Einen frommen Wunſch ſpricht die Kehrſeite dieſes Srheines
aus: Ach, hätten ir das Hochgericht der alten Zeit noch ſtehn
und könnten alle Wucherer am Galgen baumeln ſehn! Sechs
Schattenriſſe einer Serie zeigen, wie ein Bürgermeiſter auf dem
Lande vergebens Milch zu bekommen ſucht, und wie ſich ſchließ=

lich die verurteilten Bauern an einem Milchfaß zu Tode trinken
müſſen. Ein recht witziger Schein trägt die Inſchrift: Im
Dramburger Land gibt’s, wie bekannt, ein Inſtitut, die Schleif=
mühle
genannt, wer unſere Not noch nicht begrifſen, dem wird
hier der Verſtand geſchliffen. Michel ſteht an einem Schleif=
ſtein
, vor dem ein Amerikaner, ein Engländer und ein Pole an=
getreten
ſind. Nörenberg am Enzigſee knüpft an ſeine Krebsſage
an. Der Kreis Winſen zeigt auf ſorgfältig ausgeführten Schei=
nen
ſeine Schätze: Schafherden, Kühe und Pferde. Das Kriegs=
notgeld
von Bielefeld führt eine große Rübe mit der Inſchrift:
Mit viel Liebe unſere Rübe präge feſt dir ein; Noterſatz bleibt
die Steckrübe, Gelderſatz iſt dieſer Schein. Das Erſatzgeld von
Quedlinburg ſagt: Notgeld? Iſt dir and’res lieber? Arbeit
und verdräng’ die Schieber! Der Kämmerer von Schnever=
dingen
empfiehlt: Spor dir watt, dann heſt du watt; iſt dies
auch ein weiſer Rat odet ſoll es heißen: hamſtere Kleingeld‟?
Zum Gedächtnis an die Ankunft Luthers auf der Wartburg
hat die Stadt Eiſenach eine Lutherſerie herausgegeben. Erfurt
hat zur Lutherſeier gleich zwei Erinnerungsſerien, farbig und
ſchwarz, ausgegeben, die mit Bildniſſen und Verfen des Ge=
feierten
verſehen ſind. Zur Erinnerung an die Reichsgründung
gab Drappſtadt einen Schein heraus mit der Inſchrift: Ans
Vaterlan,d ans teure, ſchließ dich an . . ." Sehr ſchön iſt die
Kyffhäuſer=Ausgabe (Barbaroſſa, Altgermaniſches Opferfeſt
u. a.). Zu den ſchönſten Scheinen iſt vohl das Göttinger
Kriegsgeld zu rechnen, deſſen künſtleriſche Ausführung (Wappen,
Figuren und Ornamente) bei dieſer knappen Ueberſicht leider
nicht beſprochen werden kann. Der Teufel ſelber räumt das
Feld, wo deutſche Treue Schildwacht hält! Dieſer Spruch,
Eichenlaubranken und Wappen, umgeben das Bild eines ſeld=
grauen
Kriegers auf dem vorzüglichen Kriegsgeld der Stadt
Landenberg Schlichte, vornehme Ausführung zeigen u. a. die
Scheine von Luckau und Glogau. Sehr ſchöne Bilder ſtammen
aus Wernigerode und Wetzlar. Gut iſt auch eine andere Wetz=
lar
=Ausgabe: auf der Vorderſeite Bildniſſe von Goethe und

Charlotte Puff, auf der Rückſeite der Goethebrunnen. Auch
Weimar=Bilder mit Goetheſprüchen ſind zu erwähnen. Das
Notgeld von Malente=Gremsmühlen führt Ausſprüche von Jakob
Heinrich Voß und Verſe von Geibel. Die im friderizianiſchen
Stil gehaltenen Scheine von Rheinsberg ſind muſtexgültig. Recht
nett iſt ein Kinderreigen auf dem Notgeld der Stadt Oelde.
Einen beſonderen Charakter haben die Scheine der Grenz=
gebicte
. So ſind in Schleswig=Holſtein während der Abſtim=
mungszeit
zahlreiche ſchöne Serien entſtanden. Die Worte up
ewig ungedeelt ſind ſehr oft zu leſen. Lever duad as Slaav
ſagt der Gutſchein von Keitum auf Shlt. Gott wolle uns be=
hüten
, daß wir Frieſen werden Jüten iſt bezeichnend für die
Stimmung in den Abſtimmungsgebieten. Landkarten mit den
verſchiedenen Teilungsplänen ſind recht zahlreich auf dem Not=
geld
Schleswigs. Aus Flensburger Scheinen treten die beiden
Parteien zum Tauziehen an. Die Gemeinde Süderbarup gab
zur Abſtimmung Notgeld heraus, das in kleinen Kreiſen die
Zahlen 1 bis 14 als Sinnbild der 14 Punkte Wilſons führt.
Oberſchleſien hat anſcheinend weniger Notgeld herausgegeben.
Kattowitz hat ſtiliſierte, an den Bergbau anknüpfende Bilder ge=
wählt
; hier findet man bereits Werte zu zwei und fünf Mark.
Die Daſeinsberechtigung hoher Werte iſt allerdings wohl
mit Recht zu bezweifeln. Während im allgemeinen Fünfzig=
pfennigſcheine
am häufigſten zu finden ſind, daneben Zehn=,
Zwanzig=, Fünfundzwanzigpfennig= ſowie auch Einmarkſcheine,
haben einige Gemeinden auch höhere Werte herausgegeben. Die
Stadt Erin hat ſehr ſchöne Ein= Zwei= und Fünfmarknoten.
Noch aus der letzten Kriegszeit ſtammen die Gießener Fünf=
und Zehnmarkſcheine. Peine und Neuſalz (Oder) gehen ſogar
bis 20 Mark. Die Ausſtattung dieſer Serien erinnert ſehr an
richtiges Geld. Völlig überraſcht iſt man jedoch, wenn man
die Traunſteiner Serie ſieht, die neben 5. 10 und 20 Mark auch
Noten zu 50 und 100 Mark aufweiſt. Die Notwendigkeit ſolchen
Erſatzgeldes muß ſinanztechniſch wohl in Frage geſtellt werden.

[ ][  ][ ]

Rummer 270.

Darmſtädter Tagblatt, Freitag, den 30. September 1921.

Seite 3.

vom Schlichtungsausſchuß gefällten Schiedsſpruch deſſen Ablehnung
mit weit über 90 v. H. der Abſtimmungsberechtigten ergeben, während
die Arbeitgeber den Schiedsſpruch vorbehaltlos angenommen haben.
Zur Erhaltung des gefährdeten, gerade jetzt dringend nötigen Wirk=
ſchaftsfriedens
berief der Arbeitsminiſter die beteiligten Parteien zu
Einigungsverhandlungen in das Arbeitsminiſterinm auf
Samstag, den 24. September. Der Vorſitz war dem Oberregierungsrat
Cäſar vom Reichsarbeitsminiſterium übertragen. Nach einer mehrſtün=
digen
eingehender Ausſprache uber die durch die Alblehnung des S. ieds=
ſpruchs
geſchaffene Lage trat auf Anzegung des geſchickt Lorgehenden
Vorſitzenden eine aus je vier Vertretern, der Arbeitnehmer und Arbeit=
grber
leſtehende Kommiſſion zuſammen. In ſpäter Nachmittagsſrunde
wurde den Parteien ein Vergleichsvorſchlag unterbreitet, wo=
nach
der Schiedsſpruch dahin abgeändert wird, daß er nur bis zum 31.
Oktober dieſes Jahres Geltung habe, und daß die weiblichen Angeſtell=
ten
über 20 Jahre die gleiche Zulage von 500 Mark pro Jahr erhalten,
die den männlichen durch den Schiedsſpruch zuerkannt wird. Die Friſt
für Annahme oder Ablehnung dieſes Vergleichsvorſchlags wurde auf
den 30. September, mittags 1 Uhr, feſtgeſetzt.
hm. Turngemeinde Darmſtadt 1846. Neben Turnen für beide Ge=
ſchlechter
in allen Altersſtufen, Fechten, Leichtathletik, Schwimmen, Fuß=
ball
und Spielen wird auch das Singen in der Woogsplatz= Turn=
gemeinde
eifrig gepflegt und gefördert. Die Turner=Singmannſchaft iſt
mit eine der älteſten Geſangsvereinigungen unſerer Stadt und beſteht
nunmehr 54 Jahre. Außer einem Männerchor beſteht auch ein ſogen.
Gemiſchter Chor. Letzterer tritt nur vor den alljährlichen größeren feſt=
lichen
Veranſtaltungen der Turngemeinde zuſammen. Beide Chöre
ſtehen unter der bewährten Leitung des Chormeiſters W. Etzold.
Hauptſächlich haben die deutſchen Volkslieder eine eifrige Pflegeſtätte
gefunden, aber auch größere Chorwerke werden aufgeführt. Anläßlich
der 75. Jubelfeier, wo alle aktiven Abteilungen der Turngemeindé
ſich von der beſten Seite zeigen werden, will auch die Singmannſchaft
alles daranſetzen, um bei dieſen Feierlichkeiten mit Ehren zu beſtehen.
So will der Gemiſchte Chor ein größeres Chorwerk aufführen. Hierzu
reichen jedoch die bisher ſich beteiligenden Damen nicht aus. Es wird an
ſangesluſtige Damen hieſiger Stadt, insbeſondere aber an die Damen
der Mitglieder der Turngemeinde, die Bitte gerichtet, ſich für die Jubel=
feier
, welche in den Tagen vom 5.7. November dieſes Jahres ſtatt=
findet
, für den Gemiſchten Chor zur Verfügung zu ſtellen. Die erſte
Singſtunde findet am Dienstag, den 4. Oktober, im Kneipſaale des
Turnhauſes am Woogsplatz ſtatt. Anmeldungen werden in den Sing=
ſtunden
entgegengenommen. Die Singſtunden des Männerchors finden
regelmäßig Dienstags abends 8 Uhr ſtatt. (Siehe Anzeige in heutiger
Nummer.)

Samstag, den 1. Oktober 1921
gültige Lebensmittelmarken:
Brot: Für Erwachſene: (Blaue Karten), Marke Nr. 85, 84
und Barbara, je 800 gr Brot. Marke Nr. 81, 560 gr
Mehl oder 800 gr. Brot.
Für Kinder: (Weiße Karten), Marke Nr. 63 und Barbara
je 800 gr Brot. Marke Nr. 61, 560 gr Mehl oder 800 gr Brot.
Ausgabe von Brot=3 ſatzmarken für ſtillende Mütter:
Für den 1. Bezirk: Samstag, den 1. Oktober
Montag, den 3. Oktober
Dienstag, den 4. Oktober
Mittwoch, den 5. Oktober
Donnerstag, den 6. Oktober
Freitag, den 7. Oktober
Samstag, den 8. Oktober.
Haushaltnngsmehl: Bis 15. Oktober auf die Lebensmittel=
marken
, Offenbach blau und weiß, je 800 gr Haushaltungs=
mehl
zum Pfundpreis von 3.50 Mk. ohne Tüte.
Gerſtenmehl (Hoheulohe Kindernahrung): ½ Pfund zu 2. Mk.
markenfrei, zu haben in den Städt. Krankennährmittel= Ver=
kaufsſtellen
.
Milch: Auf Marke Auguſte: der blauen Lebensmittelkarten
je ½ Liter.
Zucker: Auguſt= und September=Zucker auf die Marken Gießen
und Mainz ſämtlicher Nährmittelkarten. Auf jede Marke
entfällt ein Anteil von 750 gr.
Ia Kernſeife: Ganze Riegel zu 16 Mk., halbe Riegel zu 8 Mk.
Ausgabeſtelle: Wilhelminenſtr. 15, Zimmer 8.
Städtiſcher Holzuerkauf: Auf die Nummern 1 his 20 der Holz=
ausweiskarten
je 1 Ztr. Holz zum Preiſe von 14 Mk. für Laub=
holz
und 12 Mk. für Nadelholz. D eſe Holzmengen müſſen
bis zum 1. Oktober bezogen ſein.
Kohlenabgabe: Bei den Kohlenlieferanten kann die 4. Rate
der Jahreszuteilung vorwiegend in Braunkohlenbriketts be=
ſtellt
werden. Außerdem die volle Jahreszuteilung in Roh
braunkohlen aus der Grube Prinz von Heſſen
Verkauf ter Reſtbeſtände von Unterkleidung uſw.: Jeden
Mittwoch von 712 Uhr vormittags und von 26 Uhr nach=
mittags
bei der Städt. Materiaiverwaltung im Hinterhaus
des Stadthauſes.
Die Dienſträume des Lebensmittelamts ſind für den Verkehr von
7 Uhr vormittags bis 2 Uhr nachmittags geöffne
Samstags ſind alle Dienſträume bis 12½ Uhr geöffnet.

Es iſt auf die Nummern der aufgerufenen Marken genau zu
achten, da bei Verwechslungen Erſatz nicht geleiſtet wird

* Chriſtlicher Verein junger Männer, Alexanderſtr. 22 (Inf.=Kaſ.).
Wege, um aus Gegenwartsnöten und aus inneren Lebensfragen heraus=
zukommen
, werden in unſerer Zeit auf allerlei Weiſe zu zeigen verſucht,
und allerwärts geht ein Ringen um Klarheit über Weg und Ziel der
Menſchen durch die Reihen. Hilfsdienſt leiſten will auch der C.V.J.M.,

und es iſt gelungen, den ſchon von früher her hier bekannten Direktor
Lorentz vom Deutſch=Evangeliſchen Volksbund für eine Vortrags=
reihe
, die weite Kreiſe intereſſieren wird, zu gewinnen. Von Sonn=
tag
, den 2., bis Mittwoch, den 5. Oktober, jeden Abend um halb 9 Uhr,
ſpricht Herr Direktor Lorentz in den Räumen des C.V. J.M. ( Alexander=
ſtraße
22, Inf.=Kaſerne) über folgende Themen: Sonntag, abends um
halb 9 Uhr: Die Sünde wider die Liebe: Montag: Das Weltbild der
Zukunft‟; Dienstag: Der größte Weltbetrug; Mittwoch: Das Wort
vom Kreuz‟. Der Zutritt zu allen Vorträgen iſt für jedermann, auch
Damen, frei.
* Kaffee Bismarck. Die Direktion des Kaffee Bismarck veranſtaltet
am heutigen Freitag abend anläßlich des 150. Konzerts des ſo un=
gemein
beliebten und hervorragenden Kapellmeiſters Willi Bahl einen
Ehrenabend. Die ſo viel bewunderte Hauskapelle iſt auf 10 Mann
verſtärkt. Das Programm, welches gedruckt aufliegt, iſt auserwählt, ſo
daß der heutige Abend im Kaffee Bismarck wohl der ſchönſte aller vor=
hergegangener
Sonderabende zu werden verſpricht.

+* Arheilgen, 29. Sept. Neue Glocke: Laut einſtimmigem Be=
ſchluß
der Kirchengemeindevertretung und des Kirchenvorſtandes ſoll
für die während des Krieges abgelieferte größte unſerer drei Glocken
nun eine neue angeſchafft werden. Mit der Lieferung beauftragt wurde
die Firma Schilling zu Apolda, und wird ſie auf etwa 25 000 Mark zu
ſtehen kommen. Für die abgelieferte Glocke wurden ſeinerzeit 2300 Mk.
erlöſt; vom Reich iſt ein Zuſchuß von zirka 1000 Mk. zu erwarten, und
aus verſchiedenen Stiftungen ſind bis jetzt nahezu 7000 Mark einge=
gangen
. Durch eine demnächſt vorzunehmende Hausſammlung und die
allſonntäglichen 2 leropfer am Ausgange der Kirche hofft man, die
noch fehlende Summe in Bälde zuſammenzubringen, ſo daß vielleicht
ſchon auf Weihnachten wieder ein volles Geläute die Gläubigen zum
Gottesdienſte rufen könnte. Die Eheleute Johs. Bohl und Kathar.
geb. Eck begehen am 2. Oktober das Feſt der Silbernen Hochzeit.
Die Firma Schade u. Füllgrabe wird demnächſt ihre hieſige Filiale
von der Dieburger Straße 21 nach dem Saalgebäude des Darmſtädter
Hofes in der Darmſtädter Straße verlegen. Die beiden von der
Heſſiſchen Landeswanderbühne hier veranſtalteten Theaterabende waren
für die Darſteller ein Erfolg, wie nicht anders zu erwarten war. Die
beiden Luſtſpiele: Der Herr Senator von Schönthan und Kadelburg,
ſowie Kleiſts Zerbrochener Krug und Goethes Laune des Verlieb=
ten
boten den Darſtellern Gelegenheit, ihr Können zu zeigen, und dies
geſchah in einer Weiſe, die den Mitwirkenden alle Ehre macht. Nur
wäre zu wünſchen geweſen, wenn von ſeiten der hieſigen Einwohner=
ſchaft
der Beſuch ein beſſerer geweſen wäre, denn der Saal wies noch
eine große Anzahl leerer Plätze auf.
Sprenblingen, 27. Sept. Dienſtjubiläum. Geſtern feierte
der hier wohnhafte Bureauvorſteher Wilhelm Müller der Rechts=
anwälte
Juſtizrat Dr. Bender, Schoedler und Raab in Darmſtadt ſein
25fähriges Dienſtjubiläum. Im Kreiſe des Perſonals fand im blumen=
geſchmückten
Bureau eine den Jubilar ehrende Feier ſtatt, wobei Herr
Juſtizrat Dr. Bender unter anderem die große Pflichttreue des Jubi=
laus
feierte, der mit dem Frühzug Tag für Tag zu dem Bureau fährt
und in den 25 Jahren niemals den Zug verſäumt hat. Herr Röder
verſicherte ihn der Treue ſeiner Kolleginnen und Kollegen. Als äußeres
Zeichen treuer Anhänglichkeit wurden dem Jubilar wertvolle Geſchenke
überreicht.
wd. Mainz, 29. Sept. Die Vorortbahn nach Bretzen=
heim
und Hechtsheim, die bekanntlich von der Süddeutſchen
Eiſenbahn=Aktien=Geſellſchaft erworben wurde, um die Linien zu elektri=
ſieren
, ſtellt nunmehr, nach einem Beſchluß der geſtrigen Stadtver=
ordnetenverſammlung
, am 2. Oktober den Betrieb ein. Der Be=
trieb
arbeitete ſchon geraume Zeit mit Verluſt und die in Betracht kom=
menden
Gemeinden haben ſich geweigert, den erforderlichen Zuſchuß zu
leiſten. Die Linie GonſenheimFinthen wird in der ſeitherigen Weiſe
bis zur Elektriſierung weiterbetrieben, da bei dieſen Gemeinden die
Stadt Mainz das nötige Entgegenkommen gefunden hat. Die Elektri=
ſierung
ſoll umgehend in Angriff genommen werden. Durch Beſchluß
der letzten Stadtverordnetenverſammlung wurde die Fremden=
ſteuer
in Mainz von 10 auf 20 Prozent erhöht. Von der neuen
Teuerungswelle bleibt, aber auch gar nichts verſchont. Die
Mainzer Stadtväter haben ſich geſtern mit dem Straßenbahn=
tarif
beſchäftigt und gefunden, daß er zu niedrig iſt. Er wurde da=
her
allgemein um 25 Prozent erhöht. Wer in Mainz jetzt
Elektriſche fahren will, muß für 12 Teilſtrecken 75 Pf., für 34
Teilſtrecken 1 Mk., für 56 Teilſtrecken 1,25 Mk., für 78 Teilſtrecken
1,50 Mk., für 9 und 10 Teilſtrecken 1,775 Mk. und für mehr als 10 Teil=
ſtrecken
2 Mk. bezahlen. Die Wochenkarten ſind gleichfalls entſprechend
erhöht worden.
sw. Oppenheim, 29. Sept. Selbſtmord. Der Weinhändler Wil=
helm
Darmſtadt von hier hat ſich in ſeinem Bett erſchoſſen.
Der Grund zur Tat iiſt in familjären Unſtimmigkeiten zu ſuchen.
sw. Nierſtein, 29. Sept. Der Herbſt wird mit Rückſicht auf das
für die Trauben ſo günſtige Wetter nach dem geſtrigen Gemeinderats=
beſchluß
vorälufig noch verſchoben. Die Aiche Trauben wird gegen=
wärtig
mit 750800 Mk. bezahlt.
8 Lich, 29. Sept. Zur Sicherung der nahen Kloſter=
ruine
Arnsburg ſind, da Einſturzgefahr beſteht, Erneuerungs=
arbeiten
dringend nötig. Die Solms=Laubachſche Verwaltung als die
Eigentümerin der Ruine will die etwa 30 000 Mk. betragenden Koſten
zur Verfügung ſtellen, ſofern hierzu auch vom Staat ein Zuſchuß in
einem Drittel der Höhe der erforderlichen Geſamtaufwendung bereit=
geſtellt
wird. Vom Landtage wird zu dieſem Zweck nachträglich Bewil=
ligung
von 10 000 Mk. erbeten. Die Zulaſſung des Beſuchs der Ruine
durch die Allgemeinheit ſoll auch weiterhin geſichert werden.

Reich und Ausland.
Berlin, 29. Sept. Zu den Verfehlungen des Berliner
Handwerkskammerpräſidenten Rahardt melden Blät=
ter
, daß Rahardt bereits in das Unterſuchungsgefängnis in Moabit ein=
geliefert
wurde. Die Höhe der Unterſchleife, die er gemeinſam mit ſei=
nem
Sohne als Vorſitzender der Hauptſtelle für den Einkauf gemein=
ſamer
Handwerkslieferungen begangen hat, beträgt bis jetzt 1 100 000

Mark. Wie der Lokalanzeiger hört, wurde unter dem Verdacht der Mit=
beteiligung
ein Intendanturrat verhaftet. Ein zweiter höherer Ver=
waltungsbeamter
entzog ſich der Feſtnahme durch die Flücht. Wie die
Voſſiſche Ztg. hört, wird Maxim Gorki in zwei Tagen in Berlin
eintreffen. Gorki will in Bad=Nauheim längeren Kuraufenthalt nehmen.
Wic die Blätter melden, verneinte geſtern das Kammergericht als
Reviſionsinſtanz die Rechtsgültigkeit des preußiſchen Geſetzes über die
Zwangspenſionierung von Beamten, die ein beſtimmtes
Lebensalter erreicht haben.
Dresden, 29. Sept. Geh. Kommerzienrat Schleber, Ehrendoktor
der Techniſchen Hochſchule Dresden, iſt im Alter von 74 Jahren ge=
ſtorben
.
Braunſchweig, 29. Sept. RaubüberfalL Vergangene Nacht
drang eine Räuberbande in das Gehöft des Landwirts Wilms in Der=
ſtadt
bei Wolfenbüttel ein. Als die Einbrecher bei Durchfuchung der
Räume in das Schläfzimmer des Beſitzers kamen, erwachte dieſer und
wurde von den Räubern durch mehrere Schüſſe niedergeſtreckt.
Die aus dem Nebenzimmer herbeieilende Ehefrau wurde mit Schüſſen
empfangen und ſchwer verletzt. Als das Dienſtmädchen die Lichtanlage
einſchaltete, flüchtete die Bande. Mehrere Nachbarn, durch den Lärm
der Ueberfallenen alarmiert, verfolgten die Einbrecher unter Nachſendung
von Gewehrſchüſſen. Den neueſten Nachrichten zufolge iſt Wilms und
ſeine Ehefrau ſchwer verletzt in ein Krankenhaus verbracht worden. Ein
Täter, der verwundet wurde, iſt bereits gefaßt, während die übrigen
Teilnehmer der Räuberbande entkommen ſind.
Paris, 28. Sept. Die Feuersbrunſt im Warenhaus Le
Printemps wird auf Kurzſchluß zurückgeführt, der in der
oberſten Etage erfolgt ſei. Die Leitung des Printemps teilt mit,
daß, da die Feuersbrunſt in einem neuen Gebäude, das noch nicht voll=
ſtändig
vollendet, ausgebrochen iſt und das alte Gebäude nicht berührte,
der Betrieb des Lokals nicht geſtört wird. Der Intranſigeank nennt
eine phantaſtiſche Summe im Betrage von 50 Millionen an Schaden:
In den frühen Nachmittagsſtunden wird mitgeteilt, daß die weitere
Ausbreitung der Feuersbrunſt nicht zu befürchten iſt. Ein Feiern des
Perſonals ſoll, wie die Leitung des Warenhauſes mitteilt, ausgeſchloſ=
ſen
ſein. Zwei Feuerwehrleute ſind bei den Löſcharbeiten leicht verletzt
worden.

Stadtverordneten=Verſammlung.
m. Darmſtadt 29. Sept.
Der Obexbürgermeiſter eröffnet die Sitzung um 5.10 Uhr. Es wind
ſofort in die Beratung der Tagesordtrung eingetreten.
Straßenumbenennung.
Jur Einverſtändnis wit der Baudeputation wird beſchloſſen, die
Pfvüindnerhausſtraße in Ploenniesſtraße, nach dem bekannten
1871 verſtorbenen Dichter Wilhelm von Ploennies, umzubenennen.
Durch Nachtragsgeſetz ſind die Höchſtſätze der
Erwerbslofenfürſorge
vom 1. Auguſt ab erhöht worden.
Da die Stadt 1 der Unterſtützung zu tragen hat, wird nachträgliche
Zuſtimmung der Stadtverordnetenverſammlung erbeten, daß auch in
der Stadt Darmſtadt dieſe Höchſtſätze gewährt werden. Die Verſamm
lung erteilt dieſe Genehmigung.
Stadtv. Sparr richtet an die Verwaltung die Anfrage, inwieweit
von der Möglichkeit Gebrauch gemacht iſt, den Arbeitsinvaliden die
Sätze der Arbeitsloſenunterſtützung unter Aufrechnung ihrer Invaliden=
bezüge
zugute kommen zu laſſen. Beig. Delp teilt mit, daß die In=
validen
, die über 662/= Prozent arbeitsunfähig ſind, von der Arbeits=
loſenfürſorge
ausgeſchloſſen ſeien. Stadtv. Binſtadt macht dararf
aufmerkſam, daß weibliche Erwerbsloſe hier keine Unterſtützung be=
ziehen
. Stadtv. Morgenſtern wendet ſich gegen die Darlegung
des Beig. Delp. Stadvv. Sparr wünſcht, daß die Verwaltung dafür
eintvitt, daß allen Arbeits= und Unfallinvaliden die Wohltatz der Er=
werbsloſenunterſtützung
zugute kommt.
Iuſtandſetzungsarbeiten.
Die Brettereinfriedigung des ſtädtiſchen Geländes auf der Oſtſeite
der Lichtenbergſtraße, zwiſchen Kranichſteiner Straße und Wenck=
ſtraße
befindet ſich in ſchlechtem Zuſtand und bedarf einer Inſtand=
ſetzung
. Auch ſcheint eine Beſeitigung des in die Lichtenbengſtraße vor=
ſpringenden
Mauerreſtes Ecke Lichtenberg= und Kranichſteiner Straße er=
wünſcht
. Genehmigung zur Ausführung dieſer Arbeiten, ſowie um Be=
veitſtellung
des erforderlichen Krediks von 3050 Mark zu Laſten von
Ergänzungsmitteln wird erteilt.
Stadtv. Morgenſtern fragt an, ob nicht der Pächter verpflichtet
ſei, den Zaun wieder herſtellen zu laſſen. Der Oberbürgermeiſter be=
merkt
, daß dieſe Verpflichtung nicht im Vertrag gewahrt geweſen ſei.
Für die Abhaltung von Schloſſerfachkurſen der Gewerbeſchule wurde
ſeiner Zeit eine Werkſtätte von Schmiedemeiſter Thierolf in der Karl=
ſtraße
gemietet. Dieſe Kurſe ſind nun eingeſtellt und die frag=
liche
Werkſtätte gekündigt worden. Nach dem mit Thierolf abge=
ſchloſſenem
Mietvertrag, iſt die fragliche Werkſtätte bei einem etwaigen
Kündigungsverhältwis ſo zu übergeben, wie ſie überliefert worden iſt.
Die ordnungsmäßige Herſtellung der Werkſtätte erfordert einen Koſten=
betrag
in Höhe von 2100 Mark. Es erfolgr Bewilligung dieſes Be=
trages
.
Stadtv. Schembs drückt ſeine Verwunderung darüber aus, daß
dieſe Kurſe nicht weiter fortgeſetzt werden. Beig. Buxbaum er=
klärt
hiergegen, daß der Underricht vorläufig ausfallen mußte, weil im
Handwerk kein genügendes Intereſſe vorhanden ſei, es haben ſich nur
wenig Lehrlinge zu den Kurſen eingefunden. Beim Eintreten anderer
Verhältniſſe und wenn ein geeigneter Raum vorhanden ſei, würden die
Kurſe wieder aufgenommen.
Nach einem Beſchluß des Bezirksarbeitgeberverbandes ſollen die
Arbeiter=Altpenſionäre und deren Hinterbliebene
in ihren Ruhegeldbezügen gleichgeſtellt werden mit den Neupenſionären,
die auf Grund der Ruhegeldordnung für die ſtädtiſchen Arbeiter vom
8. Februar 1921 in den Ruheſtand verſetzt wurden. Die Gleichſtellung
ſoll ab 1. Januar ds. Js. ſtattfinden unter der Vorausſetzung der Er=

Kunſt, Wiſſenſchaft und Leben.
* Humperdincks Hänſel und Gretel. Humper=
dinck
iſt, wie ſchon gemeldet, in Neuſtrelitz, wo er bei ſeinem am
dortigen Landestheater als Opernregiſſeur wirkenden Sohn zu
Beſuch weilte, an einem Schlaganfall geſtorben. Zu; einer
Weihnachtsfeier hatte Humperdincks Schweſter, die in Köln
lebende Dichterin Adelheid Wette, für ihre Kinder das Märchen
von Hänſel und Gretel bearbeitet. Humperdinck hatte
als guter Onkel Muſik dazu gemacht. Ohne an die Möglichkeit
einer Aufführung zu denken, erweiterte er die Bruchſtücke gur
Oper. Es war Richard Strauß, der den Wert der Humperdinck=
Schen Kompoſition, zugleich auch das allgemeine Bedürfnis des
Publikums nach einem Rückſchlag gegen den bluttriefenden ita=
lieniſchen
Verismus erkannte und das Werk am 23. Dezember=
1893 in Weimar zur Aufführbng brachte. Der Erfolg übertraf
alle Erwartungen. In ſchnellem Siegeslaufe eroberte die Oper
alle deutſchen, ſodann die ausländiſchen Bühnen und machte ſei=
nen
Namen berühmit. Humperdinck hat in dieſem Werk durch
Verſchmelzung von Formprinzipien des alten Sing= und Lieder=
ſpieles
und des modernen Wagnerſchen Muſikdramas einen
neuen volkstümnlichen Typ der Märchenoper geſchaffen. Humper=
dinck
iſt in erſter Linie Muſiker, dann erſt Dramatiker, und ſo
kann man namentlich Hänſel und Gretel mehr als eine Opern=
ſinfonie
anſprechen, für welche Form Wagner uns in den
Meiſterſingern, ein undergängliches Beiſpiel geſchaffen hat.
Das Ergebnis von Kunſtverſteigerungen
iſt ein Gradmeſſer für die Lage des Wirtſchaftsmarktes. Es
dürfte intereſſieren, daß die erſte Auktion von Rud. Bangel in
Frankfurt a. M. in dieſer Saiſon einen außergewöhnlichen Ver=
lauf
nahm. Für erſtklaſſige Kunſtwerke war ſteigende Nachfrage
vorhanden. Es wurden ffir Gemälde aus dem Nachlaß Frau
Geheimrats Netto=Gießen und aus fürſtlichem Beſitz u. a. fol=
gende
Preiſe bezahlt: A. Achenbach, Gebirgslandſchaft, 8000 Mk.;
Herm. Baiſch, Kuh. 14000 Mk.; Jakob Becker, Heſſenmädchen,
7000 Mk.; Eugen Bracht, Feldwacht, 10000 Mk.; H. Bürkel,
Rückkehr von der Alm, 11000 Mk.: F. v. Defregger, Bauern=
mädchen
, 13000 Mk.; derſelbe, Schulaufgabe, 9000 Mk.; Jak.
F. Dielmann, Heſſiſcher Bauernhof, 14000 Mk.; Max Gaiſſer,
Trompeter, 15 000 Mk.; derſelbe, Gelehrter, 6200 Mk.; Eb. von
Grützner, Bierprobe, 40 000 Mk.; H. v. Habermann, Damenbild=
nis
, 17000 Mk.; F. A. v. Kaulbach, Damenbildnis, 16 500 Mk.;
A. v. Keller, Weiblicher Akt, 14 000 Mk.; derſelbe, Indiſche Tän=
zerin
, 10 500 Mk.; derſelbe, Halbakt, 7000 Mk.: Max Liebermann,
Landſchaft mit Staffage, 30 000 Mk.; 93. Löwith, Raucher, 10000
Mark; G. v. Max, Irrlicht, 18000 Mk.; Leo Putz, Akt, 10000
Mark; Wilh. Schreuer, Kaffeegeſellſchaft, 15 000 Mk.: Toni Stad=
ler
, Landſchaft, 20000 Mk. Jusgeſamt erbrachten die 250 Bilder
mit Aufgeld ca. 900 000 Mark.

Die Sammlung Prinz zu Bentheim und Stein=
furt
gelangt am 4. Oktober zur Verſteigerung. Der ſoeben
erſchienene Katalog 1021 mit 39 Abbildungen verzeichnet Ge=
mälde
alter Meiſter des 15.18. Jahrhunderts, ſowie neuerer
Meiſter (B. C. und Herm. Koekkoek, Corot, Schreyer). Im An=
ſchluß
daran werden flämiſche Gobelins des 15. und 16. Jahr=
hunderts
, Perſeiteppiche, kunſtgewerbliche Kurioſitäten und wert=
voller
Perlen= und Brillantſchmuck zum Ausgebot gebracht.

Heſſiſches Landestheater.
Donnerstag, 29. September.
König Richard III.
W-l. Zum Verſtändnis der Shakeſpeareſchen Tragödie
König Richard III. iſt es nötig, daran zu erinnern, daß
dieſe den Schlußak: des großen Hiſtorienzyklus bildet, deſſen
Dramen (Richard II., Heinrich IV. Heinrich V Heinrich VI.
und Richard III.) als Königsdramen bezeichnet zu werden pfle=
gen
und die den Kampf der weißen und der roten Roſe zwiſchen
den Häuſern Lancaſter und York um den engliſchen Thron be=
handeln
. Hierauf beziehen ſich die Schlußworte Richmonds in
Richard III. die aus der Handlung dieſes Dramas allein gar
nicht verſtändlich wären. Zu bemerken iſt, daß Shakeſpeare hiſto=
riſche
Tatſachen vorfand und ſich ſtreng an dieſe gehalten hat. In
der Art, wie er den Stoff bearbeitet hat, bekundet ſich ſeine große
Genialität. Der Charakter Richards III. gehört zu den groß=
artigſten
, welche die dramatiſche Literatur aller Zeiten aufzu=
weiſen
hat. In Richard III. müſſen wir etwas anderes als nur
ein menſchliches Scheuſal erblicken; er verkörpert den Fluch der
böſen Tat und vollſtreckt die Sühne für die lange Kette von
Schuld, die auf der Vergangenheit des Königshauſes laſtet, als
deren furchtbare Repräſentantin die rachedürſtende Witwe Hein=
richs
VI. wie ein düſterer Schatten im Hintergrunde der Hand=
lung
erſcheint. Die Energie des Verbrechers, mit welcher der
ſchuld= und fluchbeladene Richard ſeinem einzigen Ziele, dem
Beſitz der Krone, zuſtrebt, verleihen ihm etwas Furchtbares,
Dämoniſches; die eherne Folgerichtigkeit, mit der ſich die Vor=
gänge
zur Kataſtrophe dramatiſch entwickeln und das Geſchick
an dem Schuldigen ſich erfüllt, erinnern an die Größe Sopho=
kleiſcher
Tragödien.
Ueber Einzelheiten der Tragödie iſt viel geſchrieben und ge=
ſtritten
worden, vor allem über die Werbeſzene Gloſters um
Anna am Sarge ihres von ihm ermordeten Gatten im erſten
Akte. Man hat ſie als unwahrſcheinlich, das menſchliche Emp=
finden
und namentlich das ſittliche Gefühl des Weibes empörend
bezeichnet. Es lag aber wohl nicht in der Abſicht des Dichters,
die Charakterſchwäche des Weibes durch dieſe Szene zu beleuch=

ten, vielmehr iſt ſie als ein Beiſpiel für die Kunſt dramatiſcher
Konzentration zu betrachten und zu beurteilen, in der Shake=
ſpeare
Meiſter iſt. Er drängt (wie z. B. auch in der Eingangs=
ſzene
zu König Lear) in eine Szene zuſammen, wozu ſonſt
drei bis vier nötig wären. Die Szene mit Anna iſt in dem
Sinne dramatiſcher Konzentration ein verwegenes, aber genial
ausgeführtes Kunſtſtück. Dasſelbe gilt von der Werbeſzene bei
der Königin Eliſabeth um deren Tochter im dierten Akt, die zwar
pſychologiſch und dramatiſch meiſterhaft entwickelt iſt, im Grunde
aber nur eine Wiederholung der erſten Szene iſt und meiſtens,
wie auch hier bei den früheren Aufführungen, geſtrichen wird.
Die Szene der Ermordung des Clarence auf der Bühne iſt
grauenhaft, was bei der heutigen Aufführung noch dadurch ge=
ſteigert
wurde, daß der Mörder den Leichnam am Halskragen
über die Bühne ſchleifte, während bei anderen Bühnen die Er=
mordung
wohl hinter die Szene verlegt wird. In einem merk=
würdigen
Gegenſatz zu dieſer Szene läßtder Dichter Richarb,
auf deſſen Schuld und Strafe ſich der ganze letzte Akt zuſpitzt,
hinter der Szene ſterben. Bei der heutigen Aufführung fiel ſogar
der Kampf mit Richmond fort, wodurch der Schluß noch matter
wurde. Die ſchaurigen Klageſzenen der Frauen ſind oft mit den
antiken Chören derglichen worden.
Die Aufführung, die unter der Leitung des neuen Regiſſeurs
Herrn Eugen Keller ſtand, brachte viel Neues und Groß=
zügiges
und hinterließ einen gewaltigen Eindruck, wenn man
ſich auch nicht in allen Punkten mit der Spielleitung einverſtan=
den
erklären mag. Der Iſzenierung war die Stilbühne zu=
grunde
gelegt, ohne dekorativen Schmuck und ohne architektoniſche
oder landſchaftliche Charakteriſtik. An ihre Stelle traten farbige
Wände bzw. Vorhänge. Durch Beleuchtungseffekte wurde die
Wirkung der Bühnenbilder gehoben. Nur hätte man bei dem
Leichentransport im erſten Akt nicht gerade blaue und rote
Wände nehmen ſollen. Daß man auf alles äußere Beiwerk ver=
zichtet
, iſt zwar in dem Prinzip der Stilbühne begründet, und
deshalb wechſelten weder die Frauen, die in ſchlichten Gewän=
dern
erſchienen, noch Richard am ganzen Abend die Kleidung.
Man kann hierin aber auch zu weit gehen. Daß der König nach
der Krönung und auf dem Schlachtfelde ſeinen Hausrock anbe=
hält
, iſt doch nicht angängig, zumal er vor der Schlacht fragt, ob
ſeine Rüſtung bereitgelegt ſei. Von den Strichen war ein weit
geringerer Gebrauch gemacht worden als früher, dagegen waren
die Geiſtererſcheinungen auf eine einzige beſchränkt worden, wo=
mit
wir uns nicht einverſtanden erklären können. Die Verwand=
lungen
wurden durch Paukenwirbel übergeleitet, wovon man,
wie von den muſikaliſchen Nebengeräuſchen überhaupt, lieber
abſehen möge. Bei der Herſtellung der Masken hatte man wohl
die Lichtwirkung nicht genügend geprüft, denn ſonſt hätte man
die blauen Haare Richards und die grünen Backen Buckinghams
wohl nicht durchgehen laſſen.

[ ][  ][ ]

Seite 4.

Darmſtädter Tagblatt, Freitag, den 30. September 1921.

Nummer 230.

ſüllung der Bebingungen der Ruhegeldordnung. Es wird beantragt,
naben der Bereitſtellung eines Kredits von 42 000 Mark, der von dem
Bezirksarbeitgeberverband beſchloſſenen Regelung zuzuſtmmen mit der
Maßgabe, daß den Ruhegeld= und Witwengeld=Empfängern, die durch
dieſe Neuregelung geringere Bezüge erhalten würden als ihnen nach den
bisherigen Beſtimmungen am Tage des Inkrafttretens der Verbands=
regelung
gewährt waren, die höherem Bezüge bis auf weiteres belaſſen
wverden.
Stadtv. Götz ſtimmt der Vorlage zu und bringt Wünſche der Be=
amben
und Altpenſionäre zum Ausdruck. Stadv. Hallſtein er=
innert
daran, daß er ſchon vor längerer Zeit erſucht habe, Vorſchüſſe
auf dieſe Bezüge zu gewähren, das ſei aber bis heute noch nicht ge=
ſchehen
. Beig. Delp erwidert, daß die Vorarbeiten ſoweit gediehen
ſeien, daß, wenn die Vorlage heute verabſchiedet werde, die Auszahlung
bereits in den nächſten Tagen erfolgen könne. Nach weiteren grund=
ſätzlichen
Ausführungen der Stadtv, Aßmuth wird dem Andrag der
Verwaltung zugeſtimmt.
Benutzung ſtädtiſchen Geländes.
Um fernenhin zu verhüſten, daß dem Landgraben ungereinigte Ab=
wäſſer
der Stadt Darmſtadt zugeführt werden, beabſichtigt die Kultur=
inſpektion
Darmſtadt für die Waſſergenoſſenſchaften Griesheim und auf
deren Koſten ein Rückhaltebecken im Domanialwaldgelände der Gemar=
kung
Eriesheim zu errichten. Beim Bau der hierzu nötigen Stauſchleuiſe
wird eine 100 Quadratmeter große Fläche ſtädtiſchen, in der Gemarkung
Weiverſtadt gelegenen Geländes benotigt. Die Benutzung dieſes ſtädti=
ſchen
Geländes wird genehmigt.
Vergnügungsſteuer.
Nach 5 12 des Landesſteuergeſetzes ſollen die Gemeinden eine Ver=
gnügungsſteuer
erheben, zu der das Reich eine Muſterfaſſung
berausgegeben hat. Der der Stadtverordnetenverſammlung vorgelegte
Entwurf für die in Darmſtadt zu erhebende Vergnügungsſteuer war von
den Ausſchüſſen eingehend durchberaten und einige Aenderungen an dem
urſprünglichen Entwurf vorgeſchlagen worden.
Stadtv. Apffel wendet ſich gegen die neu vorgeſchlagene Faſſung
des § 2 des Endwurfs, da unter aucn Umſtänden die ſpörtlichen Veran=
ſtaltungen
von der Vergnügungsſteuer freigelaſſen werden müßten.
Stadtv. Schnauber verbieſt eine Erklärung der von der Steuer be=
troffenen
Gaſtwirte, Saalbeſitzer uſw., derzufolge ſie ſich der Anſicht nicht
verſchließen, daß eine Belaſtung durch dieſe Steuer nicht zu vermeiden
ſei, ſie erklären ſich damit einverſtanden unter der Vorausſetzung, daß
dieſe Belaſtung ſich in den Grenzen des Erträglichen hält, und wenn ſich
herausſtellen ſollte, daß dieſe Belaſtung zu weitgehend iſt, eine ent=
ſprechende
ſpätere Milderung eintritt. Stadtv. Sames beanſtandet
ebenfalls den neu vorgeſchlagenen § 2 Abſ. 2. Die Städte hätten den
Sportvereinen Plätze nt erbeblichen Opfern zur Verfügung geſtellt und
einige Städte gewähren dieſen Vereinen ſogar Zuſchüſſe. Da ſei es
geradezu widerſinnig, die Vereine, die die Leibesubungen pflegen, mit
einer Steuer zu belaſten und ſie dadurch in ihren Beſtrebungen zu hin=
dern
. Man könne den Sport nicht zum Vergnügen ſtempeln. Er bean=
tragt
, die alte Faſſung des Entwurfs wieder herzuſtellen. Stadtv.
Beuſchner hat ebenfalls Bedenken wegen der neuen Faſſung. Schon
das Wort Vergnügungsſteuer Paſſe nicht, denn nicht alles, was man mit
dieſer Steuer erfaſſe, ſei Vergnugen, er ſchlage den Namen Veranſtal=
tungsſteuer
vor. Ferner rügt er, daß aus der Faſſung des Entwurfs
nicht klar hervorgehe, daß auch Biloungsbeſtrebungen, die nicht von
öffentlichen Vevanſtaltungen ausgehen, ſteuerfrei ſein ſollen. Das gleiche
treffe für die Veranſtaltungen der Jugendpflege zu. Beig. Dauber=
klärt
, daß die Bezeichnung Vergnügungsſteuer durch das Reich feſtgelegt
ſei. Es ſei auch ſelbſtverſtändlich, daß die vom Vorredner erwähnten
Veranſtaltungen ſteuerfrei ſein ſollen, im übrigen gebe der § 23 die
Möglichteit, in allen den Fällen, wo eine Steuererhebung ungerecht
wäre, die Steuer ganz oder teillveiſe zu erlaſſen bezw. zu erſtatten.
Beig. Ritſert tritt ebenfalls für die alte Faſſung des § 2 ein, des=
gleichen
Stadtv. Emmerling. Stadtv. Löſch ſchließt ſich ſeinen
Vorrednern an mit dem Bemerten, daß demnächſt von den Schulen Ver=
anſtaltungen
unternommen werden, die auch den Zweck haben, Mittel zu
beſchaffen, die im Intereſſe der Jugend verwendet werden ſollen. Auch
bei dieſen Veranſtaltungen müſſe die Steuterfreiheit gewährleiſtet werden.
Stadtv. Schembs weiſt auf die Scheuereien hin, die den Vereinen
aus der Steuer erwachſen; ſie würden dazu gezwungen, Eintrittsgeld zu
erheben, auch wenn ſie dies bisher noch nicht getan hätten. Stadtv.
Leuſchner fragt, wie die Vevanſtaltungen der politiſchen Parteien
behandelt werden ſollen. Beig. Daub erklärt, daß Veranſtaltungen
reinr polibiſcher Nadur ſteuerfrei ſind. Die Vevwaltung ſei damit ein=
gerſtanden
, wenn die alte Faſſung des § 2 wieder hergeſtellt werde.
Stadtv. Dr. Nöllner iſt der Meinung, man ſollte die Entſcheidung
über den Erlaß der Steuer in die Hände der Verwaltung legen. Den
Sportvereinen ſollte man freie Hand laſſen, denn ſie bringen Leben in
unſere Stadt. Bedenklich finde er die Feſtſetzung des Wertes der Muſik=
autowaten
. Im urſprünglichen Entwurf ſtand nur, daß die Verſteue=
rung
nach dem Wert erfolgen ſolle, die Kommiſſion ſetzte zur Erläute=
rung
dahinter Neuwert‟ Er ſei für die Verſteuerung nach dem An=
ſchaffungswert
. Stadtv, Herbert iſt gegen dieſen Vorſchlag, da er
die Mögbichkeit zu Verſchleierungen gebe. Beig. Ritſert ſchlägt
vov, den zur Zeit der Verſteukrung geltenden Wert zu verſteuern. Ge=
gen
dieſen Vorſchlag wendet ſich der Stadtv. Sames. Stadtv. Dr.
Nöllner tritt nochmals für ſeinen Vorſchlag ein und betont, daß
man dabei auch die in Frage kommende Induſtrie nicht übermäßig ſchä=
digen
dürfe.
Auf Vorſchlag des Vorſitzenden wird dem Entwurf in der alten
Faſſung zugeſtimmt mit der Abänderung in § 23, daß für den Er=
laß
der Steuer der Oberbürgermeiſter zuſtändig iſt. Ueber die genauere
Feſtlegung des zu verſteuernden Wertes der Muſikautomaten uſw., ſoll
ſpäter Beſchluß gefaßt werden, falls vom Reich nicht eine genaue Um=
ſchreibung
feſtgelegt wird.
Veranſtaltung von Volkskonzerten.
Das Landestheaterorcheſter hat ſich erboten, im kommen=
den
Winter eine Reihe von Konzerten für die Kreiſe der Bevölkerung,
denen ſonſt der Beſuch eines ſolchen Konzertes unmöglich iſt, zu ver=

Die Aufführung war auf die Erhöhung der dramatiſchen
und ſchaurigen Wirkung eingeſtellt und entſprechend der Auf=
faſſung
und dem Prinzip der Spielleitung eine großartige Lei=
ſtung
. Neu iſt zwar nicht, daß Richard die alte Böſewichtsmaske
und die Sprecher das hohe Pathos wieder hervorholten, aber doch
ging durch das Ganze ein großer Zug künſtleriſcher Neuorientie=
rung
. Der Träger der Titelrolle, Herr Valk, befremdete an=
fangs
, daß er nicht den Intriganten, ſondern den in dem hohen
Pathos leidenſchaftlicher Erregung ſich ergehenden bewußten
Böfewicht und Rächer ſeiner Mißgeſtalt hervorkehrte. Aber was
anfangs zu ſtark aufgetragen erſchien, erwies ſich im Verlauf der
Darſtellung als wohlüberlegte, konſequent und mit allen Mitteln
darſtelleriſcher Kunſt durchgeführtes künſtleriſches Prinzip. Zu=
ſtatten
kam es ihm bei dem heuchleriſchen Komödienſpiel, daß et
ſein Organ ebenſoſehr auf das Dämoniſche, wie auf den ehrlich=
biederen
Ton zu ſtellen weiß, und ſo waren die Werbefzenen
und die Szenen vor der Königswahl glänzende Leiſtungen ſchau=
ſpieleriſcher
Kunſt.
Mit der Auffaſſung der Rolle des Buckingham durch Herrn
Kuliſch können wir uns nicht einverſtanden erklären. Die
leidenſchaftliche Erregung und der rieſige Tonaufwand, mit
denen er die Rolle behandelte, entſprechen doch nicht dem Charak=
ter
dieſes Intriganten, der ja gar nicht aus innerer Ueberzeu=
gung
oder aus Leidenſchaft handelt, ſondern eine ſchlechte Sache
in gewinnſüchtiger Abſicht vertritt. Mit der Rolle der achtzig=
jährigen
Rachefurie Margarethe gab ſich Frau Horn die erdenk=
lichſte
Mühe und hielt ſie in großem tragiſchen Stil, aber ſie er=
fordert
auch das hohe Pathos des tragiſche Kothurns, das ihrem
Organ berſagt iſt. Vielleicht wäre Fräulein Sanzara, welche
die Rolle der Anna ergreifend ſpielte, kraft ihres Organs beſſer
hierfür geeigniet gewefen; die der Königin Eliſabeth und der Her=
zogin
von York waren durch die Damen Meißner und Mön=
nig
gut vertreten. Als beſter Sprecher des Abends bewährte ſich
Herr Neymer als Richmond.
Von den vielen anderen Rollen erwähnen wir noch den Cla=
rence
des Herin Gielen, der die Erzählung ſeines Traumes
ſo ergreifend ſprach, wie man ſie ſelten hört. Das Geſpräch mit
den Mördern war bedeutend gekürzt worden. Letzteren ver=
liehen
die Herren Langheinz und Weſtermann eine
charakteriſtiſche Verkörperung. Herr Baumeiſter hatte die
beiden Rollen des Königs Eduard und des Stanley, Herr Ken=
ter
die des Haſtings, Herr Hacker die des Erzbiſchofs und des
Prieſters, Herr Jürgas die des Catesby übernommen. Jung=
Eduard und =Richard waren Herr Karl Lindt und Fräulein
Steidl. Vühnenarchitektur und Koſtüme entwarf Herr T. C.
Pilartz die Ausführung beſorgten die Herten Scherl und
Schwerdtfeger, die Bcleuchtung der Beleuchtungsinſpek=
tor
Weil.
Das Publikum ſpendete nur noch dem dritten und letzten
Akte Beifall, nach dem er lebhafter wurde.

anſtalten, ohne für die Mitwirkenden eine Entſchädigung zu erlangen.
In Betracht kämen die Inſaſſen von Altersheimen, Krankenhäuſern,
die in Fürſorge des Wohlfahrtsamts ſtehende minderbemittelte Bevöl=
kerung
uſw. Die Eintrittskarten ſollen durch Vermittelung der Leitung
der Anſtalten und des Wohlfahrtsamts verteilt werden. Die Stadt
hätte die noch entſtehenden Koſten der Saalgeſtellung, des Druckes der
Programme, Eintrittskarten uſw. zu übernehmen. Zur teilweiſen
Deckung dieſer immerhin noch beträchtlichen Koſten iſt beabſichtigt, für
Programme uſw. eine Gebühr von 1 Mk. zu erheben. Es wird bean=
tragt
, zuzuſtimmen, daß die Stadt die Veranſtaltung dieſer Konzerte
übernimmt und die noch zu deckenden Koſten trägt.
Die Verſammlung ſtimmt dem zu. Stadtv. Morgenſtern be=
antragt
, das Eintrittsgeld vollſtändig fallen zu laſſen. Stadtv. Hetz
regt eine Vereinbarung wit dem Landestheaterorcheſter an, im Winter
vielleicht ein Konzert im Kranbenhauſe ſelbſt zu veranſtalten.

Die Voranſchläge der höheren Knabenſchulen.
Von den vier höheren Knabenſchulen liegen die Voranſchläge
zur Genehwigung vor. Sie ſchließen in Einnahme und Ausgabe wie
folgt ab:
Einnahme: Ausgabe:
245 365 Mk. 1 786 628 Mk.
1. Ncalgymnaſium
910 317
116 130
2. Ludwigs=Obervealſchule
963 267
137 025
3. Liebigs=Oberrealſchule
93 831
941 246
4. Ludwigs=Georgs=Gymnaſium
An ſtädtiſchen Zuſchüſſen werden erforderlich:
836 829 Mk.
1. für das Realgymnaſium
404 312
2. für die Ludwigs=Oberrealſchule
399 737
3. für die Liebigs=Oberrealſchule
453 754
4. für das Ludwigs=Georgs=Gymnaſium
Durch die ab 1. Auguſt 1921 eingetretene Erhöhung der Teuerungs=
zuſchlläge
erhöhen ſich auch die oben berechneten ſtädtiſchen Zuſchüiſſe um:
1. 122 465 Mk. für das Realgymnaſium; 2. 54 923 Mk. für die Ludwigs=
Oberrealſchule; 3. 49 728 Mk. für die Liebigs=Oberrealſchule; 4. 67 272
Mark für das Ludwigs=Georgs=Gymnaſium.
Einwendungen gegen die Vorauſchläge werden nicht erhoben.
Die Beſtimmungen der Polizeiverordnung, betreffend die
Einfuhr von friſchem Fleiſch in dem Gemeindebezirk Darmſtadt
vom 1. April 1910 nebſt Vollzugsvorſchriften, ſind, den veränderten
Verhältniſſen entſprechend, im Einvernehmen mit den Vertretern des
Metzgergeſverbes umgearbeitet werden. Das Polizeiamt Darm=
ſtadt
hat den neuen Entwurf vorgelegt mit der Bitte, die Zuſtimmung
der Stadtverordnetenverſammlung gemäß Art. 219b, Abſatz 2, Ziffer 1
der Städteordnung herbeizuführen.
Die Verſammlung ſtimmt zu.
Mitteilungen.
Beig. Ritſert geht auf die manigfachen Eingaben ein, die auf
Beibehaltung der ſtädtiſchen Holzverhaufsplätze hinzielen. Die Ver=
waltung
könne hierzu nur erklären, daß die Holzplätze ſolange aufrecht
erhalten bleiben können, als Holz vorhanden iſt. Es werde ſolange Holz
verbauft werden, bis der jetzige Vorrat zu Ende iſt. Die Stadt werde
nicht mehr beliefert, da die Bewirtſchaftung aufgehoben iſt. Die Ve=
fürchtungen
, daß die Preiſe durch die Aufhebung der ſtädtiſchen Ver=
kaufsplätze
bedeutend in die Höhe gehen würden, halte er nicht für be=
gründet
, da auch anderes Brennmaterial jetzt reichlicher zur Verfügung
ſteht. Die Förderung der Gruße Prinz von Heſſen ſei jetzt devart,
daß ſie allen Anforderungen gerecht werde. Die Verwaltung ſei auch der
Anſicht, daß die Errichtung weiterer ſtädtiſcher Verkaufsplätze für
Braunkohle nicht nötig ſein wird, da die Konkurrenz, die ſich jetzt nach
der Freigabe der Braunkohle entfalten könnte, die Preiſe degulieren
werde. Stadtv. Leuſchner kann ſich mit den Erklärungen des Beig.
Ritſert wicht einverſtanden erklären, er befürchte, daß die Preiſe im
freien Handel ganz bedeutend in die Höhe gehen würden, wenn die
ſtädtiſchen Verbaufsplätze nicht preisregulierend wirken. Er beantrage,
den Termin für die Aufhebung der Holzplätze hinauszuſchieben, vielleicht
wenigſtens bis zum 15. Oktober. Beig. Ritſert erklärt, daß die
Holzkarte nicht verfallen würde, das heißt, ſolange eben Holz zur Ver=
fügung
ſtehe. Eine weitere Belieferung durch die Stadt ſei vollſtändig
ausgeſchloſſen, denn wem die Stadt das Holz im freien Handel auf=
kaufen
müſſe, könnte man mit ganz erheblichen Verluſten rechnen.
Stadtv. Aßmurh iſt der Anſicht, daß die ſtädtiſchen Holzverkaufsplätze
under allen Umſtänden als preisdrüclendes Regulativ beibehalten werden
müßten. Auch Stadto. Laufer hat erhebliche Bedenken gegen die
Aufhebung der Holzplätze, da dann eine ganz bedeutende Steigerung der
Holzpreiſe eintreten würde. Stadtv. Löſch erklärt, daß er im In=
tereſſe
der Schulen für die Aufhebung der Holzplätze ſei, aber anderer=
feits
trete er dafür ein, daß wan einige Plätze beibehalten ſollte, wo
ſie den Schulbetrieb nicht ſtören könnten. Stadtv. Binſtadt ſchil=
dert
die Mißſtände, die ſich in der Infanterjekaſerne ergeben hätten.
Stadtv. Sparr iſt ebenfalls für die Beibehaltung der Holzplätze, wei=
ter
beantragt er, daß ſich die Stadtverwaltung dafür einſetze,
daß die weißen Holzleſekauten aufgehoben werden und eine ein=
heitliche
Karte ausgegeben wird. Stadto. Aßmuth bean=
tragt
, Beſchluß dahin zu faſſen, daß wenigſtens ein Holzplatz im
Nordbezirk und einer im Südbezirk beibehalten wird, desgleichen ein
Verkaufsplatz für Braunkohlen.
Stadtv. Emmerling iſt der Anſicht, daß die Holzverkaufsplätze
nur ſo lange aufrechterhalten werden können, als die Stadt mit Holz
beliefert wird. Aber dringend möchte er raten, die Bewirtſchaftung
der Braunkohle beizubehalten; auch in Beſſungen ſollte man eine Ver=
kaufsſtelle
einrichten. Die Stadt habe in ihrer Braunkohlengrube einen
wichtigen Preisregulator auf dem Brennſtoffmarkt, den ſie nicht aus der
Hand geben dürfe. Beig. Ritſert bittet, die ganze Frage noch
14 Tage in der Schwebe zu halten, dann könne man überſehen, wie die
freie Bewirtſchaftung wirke. Ein Ueberſchuß ſei bei dem Holzverkauf
nicht erzielt worden, ſondern ein Fehlbetrag. Stadtv. Heß betont,
daß wohl alle ſich darüber einig ſeien, daß der Städtiſche Holzverkauf
ſegensreich gewirrkt habe, beſonders, weil ſich jeder das Holz zeutner=
weiſe
zum normalen Preiſe holen konnte. Er erkenne aber an, daß ſich
das nicht fortſetzen laſſe, nachdem die freie Wirtſchaft eingeſetzt habe.
Er möchte aber dringend befürworten, daß zwei Verkaufsplätze für die
Braunkohlen beibehalten werden. Stadtv. Werner regt an, mit
den Kohlenhändlern ins Benehmen zu treten, daß dieſe die Braun=
kohlen
ohne Aufſchlag auch zentnerweiſe abgeben. Der Oberbür=
germeiſter
betont, daß die Verwaltung ja nun Gelegenheit hatte,
die Meinung der Stadtverordnetenverſammlung in dieſer wichtigen
Frage kennen zu lernen. Die Verwaltung könne aber ihre Maßnah=
men
nur treffen, wenn ſie eine Ueberſicht habe, und darum möchte er
bitten, das Vertrauen in die Verwaltung zu ſetzen, und die nächſten drei
Wochen abzuwarten. Zeigt es ſich, daß die jetzt vorgebrachten Bedenken
berechtigt ſind, ſo werde die Verwaltung nicht zögern, ſofort die erfor=
derlichen
Maßnahmen einzuleiten. Stadtv. Frau Lack wünſcht eine
Gleichſtellung des Preiſes bei der Abgabe der Kohle auf der Grube.
Beig. Ritſert erwidert hierzu, daß dies bereits erfolgt ſei. Der
geringe Unterſchied beim Kleinverkauf rechtfertige ſich damit, daß dieſer
erhebliche Zuſchüſſe erfordere.
Stadtv. Morgenſtern fragt an, was die Verwaltung zu tun
beabſichtige, um die Kartoffelverſorgung der dem Wohlfahrtsamt unter=
ſtehenden
Perſonen ſicherzuſtellen? Ferner bemängelt er, daß die Stadt=
verordneten
noch immer nicht die verſprochene Geſchäftsordnung zu Ge=
ſicht
bekommen haben. Es ſcheine die Praxis zu beſtehen, den neuen
Stadtverordneten immer die Geſchäfrsordnung in baldige Ausſicht zu.
ſtellen und dieſe dann ſo lange zu vertröſten, bis die Amtszeit vorüber
ſei. Bei der nächſten Periode beginne dann das Spiel von neuem.
Der Oberbürgermeiſter bemerkt hierzu, daß die Verwaltung
gewohnt ſei, daß man ihr immer die beſten Abſichten unterlege. Die
Geſchäftsordnung werde aber demnächſt dem Hauſe vorgelegt werden.
Beig. Daub: Die Stadt habe auch in dieſem Jahre wieder eine Hilfs=
aktion
eingeleitet, um die bedürftige Bevölkerung mit Kartoffeln zu
verſorgen.
Beig. Ritſert teilt ferner mit, daß der Heſſiſche Verkehrsverband
um Erhöhung ſeines Beitrags von 100 auf 150 Mark nachgeſucht habe,
was bewilligt worden ſei.
Stadtv. Drach bringt Klagen von Handwerksmeiſtern vor, daß
ihre Rechnungen nicht bezahlt würden. Stadtv. Frau Lack bringt
Klagen vor über mangelhafte Milchbelieferung und über die Höhe des
Milchpreiſes. Stadtv. Dr. Nöllner iſt der Anſicht, daß die Klagen
erſt aufhören werden, wenn die Milch vollſtändig freigegeben ſei. Man
ſei in anderen Städten ſchon längſt zur ſreien Milchwirtſchaft über=
gegangen
. Beig. Daub erklärt hierzu, daß die Stadt durch die
Reichsverordnung zu der teilweiſen Milchbewirtſchaftung verpflichtet ſei.
Man könne ſich über die Reichsverordnung nicht hinwegſetzen. Im übri=
gen
ſei auch er der Anſicht, daß erſt durch die vollſtändgie Freigabe der
Milch eine geregelte Belieferung gewährleiſtet ſei.
Gegen 8 Uhr trat die Verſammlung in die geheimen Beratungen ein.

Parlamentariſches.
sw. Der Schulausſchuß des Landtages trat geſtern in
die zweite Beratung der Schulgeſetznovelle ein, nachdem ſich die Frak=
tionen
an den beiden Tagen vorher damit befaßt hatten. In Artikel 1,
der die Aufgaben der Volksſchule umſchreibt, wurden die Worte natio=
nale
Bildung erſetzt durch ſtaatsbürgerliche Bildung im Geiſte des
deutſchen Volkstums Bei Artikel 3 erklärte der Finanzminiſter, daß
er ſich wegen der Einrichtung des 9. Schuljahres eine Prüfung der Sach=
lage
vorbehalten müſſe. In Artikel 4 hatte der Wortlaut einer Beſtim=
mung
über die Berückſichtigung konfeſſioneller Minderheiten zu Be=
denken
Anlaß gegeben. Der Ausſchuß gab der Beſtimmung eine dem=
entſprechende
neue Faſſung. Im Artikel 13 erfährt die Beſtimmung

über die Ueberwachung des Religionsunterichts eine Aenderung. Ark.
18, der von den Mittelſchulen handelt, wird von der Mehrheit des Aus=
ſchuſſes
geſtrichen.
Deutſcher Reichstag.
wd. Berlin, 29. Sept. Dem Reichstage iſt eine Darſtel=
lung
der Arbeit der Wuchergerichte für 1920 zugegangen.
Danach ſind im Reiche 27 524 Verfahren anhängig geworden, davon in
Heſſen 194. Auf Freifdrechung wurde erkannt in 23 397 Fällen,
davon in Heſſen in 21 Fällen. Zu Geldſtrafen wurden verurteilt 11 920
Perſonen, davon in Heſſen 107. Freiheitsſtrafen (ohne Zuchthaus) wur=
den
verhängt in 7676 Fällen, davon entfallen auf Heſſen 56. In Zucht=
hausſtrafe
wurden im Reiche 24 Perſonen genommen. Schließlich iſt in
79 Fällen auf Unterſagung des Handelsbetriebes erkannt worden.
wd. Berlin, 29. Sept. Im ſozialpolitiſchen Ausſchuß
des Reichstages ſtand heute der Geſetzentwurf der Aenderung
des Verſicherungsgeſetzes für Angeſtellte zur Beratung. Den Kern der
Verhandlungen bildete ein Antrag Hoch (Soz.), das Arbeitsmini=
ſterium
zu erſuchen, bis zum Wiederzuſammentritt des Reichstags im
Oktober einen Abänderungsvorſchlag zu dem Entwurf zur Aenderung
der Reichsverſicherungsordnung vorzunehmen, der die Eingliederung
er Angeſtelltenverſicherung in die Invalidenverſicherung durchführt.
Abg. Giebel (Soz.) begründete den Antrag. Sparſamkeit, Oekonomie
der Organiſation forderten die Verſchmelzung des Verſicherungsweſens.
Abg. Erkelenz (Dem.) gab einen Ueberblick über die geſchichtliche
Entwickelung der Angeſtelltenverſicherung. Dieſe leiſte mehr, als die
Invalidenverſicherung. Der Redner befürwortet die Entſtaatlichung des
Verſicherungsweſens und eine großzügige Selbſtverwaltung in der An=
geſtelltenverſicherung
. Der ſozialpolitiſche Ausſchuß wandte ſich dar=
auf
einer Reihe von Petitionen zu, gemäß einem Antrage des Vereins
der Penſionäre und Invaliden der Staaatsbetriebe, und beſchloß der
Ausſchuß, die Regierung zu erſuchen, daß die Bezüge der Beamten den
Teuerungsverhältniſſen entſprechend aufgebeſſert werden. Es ſtanden
ſchließlich noch zwei Anträge Hoch (Soz.) auf der Tagesordnung, welche
ſom Arbeitsminiſterium ſtatiſtiſche Unterlagen verlangten. Dieſe An=
träge
wurden angenommen.

Die Exploſions=Kataſtrophe bei Oppau.
Die Zahl der Opfer.
Ludwigshafen, 29. Sept. (Wolff.) Nach der geſtern
veröffentlichten Totenliſte beträgt die bisherige Zahl der
Toten 428, von denen noch 67 unerkannt ſind. Die Zahl der
Vermißten beläuft ſich auf 199.
Die Hilfsaktion.
Berlin, 29. Sept. (Wolff.) Das deutſche Rote
Kreuz wurde benachrichtigt, daß die Neu=Yorker Staatszeitung
neuerdings im Auftrage des Central Relief Comitees einen
Sammelbetrag von über einer halben Million Mark für Unter=
ſtützung
der Notleidenden in Oppau durch Kabel über=
wieſen
habe.
Berlin 29. Sept. (Wolff.) Der bekannte Philanthrop
Großkaufmann Nathan Strauß in Neu=York überwies an
das Wolffbureau die Summe von 100 000 Mark zugunſten der
Opfer der Oppauer Exploſion mit dem Auftrag, den Betrag
zur Unterſtützung der Kinder zu verwenden. Das Wolffbureau
gab die Spende an den Reichshilfsausſchuß für Oppau weiter
und erhielt die Zuſicherung, daß die Summe dem Wunſche des
hochherzigen Spenders entſprechend verwendet würde.
Berlin 29. Sept. (Wolff.) Der Reichshilfsaus=
ſchuß
für Oppau gibt bekannt, daß außer den bereits ge=
nannten
Spenden=Annahmeſtellen ſich auch die Sparkaſfen
bereit erklärt haben, Beiträge entgegenzunehmen.
ONB. Ludwigshafen, 28. Sept. Auf Veranlaſſung des
bayeriſchen Landwirtſchaftsminiſteriums wurden für die bei der
Exploſion in Oppau Verletzten etwa 3 3 000 Stück Eier aus
dem rechtsrheiniſchen Bayern überwieſen.
* Wir werden um die Aufnahme folgender Zeilen gebeten:
Den unterzeichneten Stellen ſind aus Anlaß der Oppauer
Exploſionskataſtrophe ſo außerordentlich viele Kundgebun=
gen
der Teilnahme und tatkräftigen Hilfsbereitſchaft von allen
Seiten, amtlichen Stellen wie Privaten aus allen Teilen Deutſch=
lands
, ja der ganzen Welt zugegangen, daß es ihnen nicht mög=
lich
iſt, jeden Einzelnen beſonders zu danken. Es wird daher
gebeten, hiermit öffentlich den Dank der unterfertigten Stellen
ausſprechen zu dürfen und in dieſer Form entgegenehmen zu
wollen. Die Bürgermeiſterämter Oppau, Ludwigshafen, Fran=
kenthal
, Edigheim, die Bezirksämter Frankenthal und Ludwigs=
hafen
.
Die Aufhebung der wirtſchaftlichen Sanktionen.
Der Wortlaut der Note.
Berlin, 29. Sept. (Wolff.) Dem deutſchen Botſchafter
in Paris wurde geſtern folgende Note überreicht:
Herr Botſchafter! Die alliierten Regierungen nahmen
Kenntnis von der Erklärung, wodurch die deutſche Regierung
die durch den Beſchluß des Oberſten Rates vom 13. Auguſt 1921
aufgeſtellten Bedingungen ausdrücklich angenommen hat; ſie be=
ſchloſſen
deshalb die Aufhebung der wirtſchaftlichen
Sanktionen, die durch den Oberſten Rat vom 7. März 1921
verhängt worden waren, ab 30. September 1921. Sie laden die
deutſche Regierung ein, baldmöglichſt ihre Delegierten zu
bezeichnen, die zuſammen mit den alliierten Sachverſtändigen die
Bedingungen feſtſtellen ſollen, wonach entſprechend den Beſtim=
mungen
des Beſchluſſes vom 13. Auguſt 1921 die Lizenzen ge=
prüft
und aufgeſtellt werden ſollen. Im Namen des Oberſten
Rates habe ich die Ehre, Eure Exzellenz zu bitten, Vorſtehendes
zur Kenntnis Ihrer Regierung zu bringen. Genehmigen Sie,
Herr Botſchafter, die Verſicherung meiner ausgezeichneten Hoch=
achtung
. (gez.) Briand.
Der Reichsverband der deutſchen Induſtrie
und die Sachleiſtungen an die Entente.
* Berlin, 29. Sept. Nach einer lebhaften Diskuſſion über
die Organiſation der Leiſtungsverbände, an der
ſich auch Negierungskomiiſſar Batocki, der Nachfolger Gug=
genheimers
, beteiligte, wurde, den Blättern zufolge, auf der
Tagung des Reichsverbandes der deutſchen Induſtrie in Mün=
chen
über die Stellung der Induſtrie zu den Leiſtungsverbänden
eine Reſolution angenommen, in der es heißt: Der Reichsver=
band
der deutſchen Induſtrie erklärt ſich grundſätzlich bereit, nach
allen Kräften die Regierung bei der Durchführung der Sach=
leiſtungen
für die Wiedergutmachung zu unter=
ſtützen
. Dieſe Sachleiſtungen werden nach Möglichkeit in freier
Ausſchreibung erfolgen müſſen. Auch da, wo man zwangsweiſe
die Bildung von Leiſtungsverbänden nicht umgehen zu können
glaubt, iſt ſie ausdrücklich auf den einzigen Zweck der Sach=
leiſtungen
für den Wiederaufbau zu beſchränken, ohne ſie mit
anderen, insbeſondere ſozialpolitiſchen Beſtimmungen zu belaſten.
Die umgeänderte Verordnung des
Reichspräſidenten.
TU. Berlin, 29. Sept. Das Reichsgeſetzblatt veröffentlicht
jetzt die neue Verordnung des Reichspräſidenten
zum Schutze der Republik vom 28. September 1921, die an die
Stelle der Verordnungen vom 29. und 30. Auguſt 1921 tritt. Sie
iſt von dem Reichspräſidenten, Reichskanzler Dr. Wirth und dem
Reichsminiſter des Innern Dr. Gradnauer unterzeichnet und
lautet nunmehr in den hauptſächlichſten Beſtimmungen fol=
gendermaßen
:
Periodiſche Druckſchriften, deren Inhalt zur gewaltſamen Aende=
rung
oder Beſeitigung der republikaniſch=demokratiſchen Verfaſſung oder
der verfaſſungsmäßigen Einvichtungen des Reiches oder eines ſeiner
Länder, zu Gewalttaten gegen Perſonen des öffentlichen Lebens, zum
Ungehorſam gegen Geſetze oder rechtsgültige Verordnungen oder gegen
die innerhalb einer Zuſtändigkeit getrofſenen Verordnungen der ver=
faſſungsmäßigen
Behörden auffordert oder anreizt, können für die
Dauer bis zu 14 Tagen verboden werden. Gleiches gilt für periodiſche
Druckſchriften, deren Inhalt eine Verächtlichmachung der Verordnungen
darſtellt, oder die verfaſſungsmäßigen Organe und Einrichtungen des
Staates in einer den inneren Frieden des Stgates gefährdenden Weiſe

[ ][  ][ ]

ummer 270,

Darwſtädter Tagblatt, Freitag, den 30. September 1921.

Eeite 5.

verächtlich macht. Das Verbot kann auf die Dauer von drei Monaten
ansgedehnt werden, wenn die Druckſchrift oder die vorher veobotene
nochmals gegen die Beſtimmungen des Abſatzes 1 verſtößt. Das Verbot
gilt für das geſamte Reichsgebiet und umfaßt auch jene angeblichen
neuen periodiſchen Druckſchriften, die ſich nachher als die alten darſtellen.
Verſammlungen, Vereine und Kundgebungen können außerdem nach
Arbibel 123 der Reichsverfaſſung verboten werden, wenn die Beſorgnis
begründet iſt, daß in den Verſammlungen Crörterungen ſtarrfinden, die
zur gewaltſamen Aenderung oder Beſeitigung der repubbikaniſch= demo=
kratiſchen
Verfaſſung oder der verfaſſungsmäßigen Einrichtungen des
Reiches oder eines ſeiner Länder oder zur Gewalttätigkeit gegen Per=
ſonen
auffordern.
Der Frieden mit Amerika.
Annahme im Auswärtigen Ausſchuß.
Berlin, 29. Sept. (Wolff.) Heute berichtete in einer ver=
traulichen
Sitzung des Auswärtigen Ausſchuſſes des Reichstages
in Anweſenheit des Reichskanzlers Reichsminiſter des Aeußern
Dr. Roſen über die Aufhebung der wirtſchaftlichen
Sanktionen und über den deutſch=amerikaniſchen
Vertrag. Nach mehrſtündiger Ausſprache beſchloß der Aus=
wärtige
Ausſchuß auf Anregung ſeines Vorſitzenden Dr. Streſe=
mann
bei vier Stimmenthaltungen, dem Reichstag die Zuſtim=
mung
zu dem Geſetze betreffend den am 25. Auguſt vereinbarten
deutſch=amerikaniſchen Vertrag über die Regelung der deutſch=
amerikaniſchen
Beziehungen zu empfehlen.
Die oberſchleſiſche Frage.
Genf, 29. Sept. (Wolff.) Die Schweizeriſche Depeſchenagentur
bezeichnet Gerüchte, wonach die Entſcheidung des Rates in der ober=
ſchleſiſchen
Frage ſich der Sforza=Linie nähern werde.
Gleichzeitig heißt es, daß der Rat ſich in hohem Maße von dem Gut=
achten
beeinfluſſen laſſen werde, das in der Denkſchrift der Amſterdamer
Gewerkſchafts=Internationale von allen Komiteemitgliedern, darunter
den polniſchen Vertretern, abgegeben wurde und daß die Denkſchrift eine
Löſung ermögliche, die ſowohl die Zuſtimmung der deutſchen wie der
polniſchen Arbeitermaſſen in Oberſchleſien finden würde.
Das Journal de Geneve erfährt, daß der Viererrat am Diens=
tag
die Erklärungen der dier hier eingetroffenen oberſchkeſiſchen
Perſönlichkeiten entgegennahm, und zwar des Bergrats Geiſenheimer
vom Berg= und Hüttenderband Oberſchleſien und des Sekretärs der
freien Gewerkſchaften Karinger auf deutſcher Seite und der Herren Ro=
bianowſki
und Kodd auf polniſcher Seite.
Die iriſche Frage.
London, 29. Sept. (Wolff.) Reuter. In der Antwort an de
Valera hebt Lloyd George nochmals die Nutzloſigkeit eines
weiteren Austauſches Prinzipieller Mitteilungen hervor und betont, daß
der Standpunkt der Regierung unabänderlich ſei. Demungeachtet
knüpft Lloyd George an dieſe Feſtſtellung die bereits gemeldete Einla=
dung
zu der in London am 11. Oktober ſtattfindenden Konferenz auf der,
wie es wörtlich heißt, wir mir Ihren Delegierten als Wortführern des
Volkes, das Sie vertreten, zuſammentreffen können
London, 29. Sept. (Wolff.) Reuter. Lloyd George ſandte
vormittags telegraphiſch ſeine Antwort an de Valera ab. Der
Text wind erſt veröffentlicht, wvem die Depeſche in Dublin angekom=
men
iſt.
London, 29. Sept. (Wolff.) Reuter. Die Antwort der Re=
gierung
an de Valera verſichert von neuem, daß die Regierung die
fundamentale Lage, die für das Beſtehen des Reiches von vitaler
Bedeutung ſei, nicht ändern könne. Die Sinnfeiner werden zu einer
Konferenz eingeladen, die am 11. Oktober in London ſtattfinden foll.
Die griechiſchen Truppen beziehen
Winterſtellungen.
TU. Athen, 29. Sept. In Kleinaſien iſt der Winter bereits
eingetreten. Die Truppen haben ihre feſten Winterſtellungen gerade
noch rechtzeitig erreichen können.
Streik und Arbeitsloſigkeit in England.
London 28. Sept. (Wolff.) In Süd=Wales haben heute wei=
tere
Kohlenbergwerke die Arbeit eingeſtellt. Die Zahl
der feiernden Bergarbeiter wird auf 80 000 geſchätzt. Die Not iſt ſehr
groß.
London, 28. Sept. (Wolff.) Wie die Blätter melden, fand
heute nachmittag in Shoreditch eine große Arbeitsloſenkund=
gebung
ſtatt. Es wurde die Rote Fahne geſungen und einer der
Redner erklärte, es werde dieſen Winter Bürgerkrieg geben, wenn man
das Proſlem der Arbeitsloſigkeit nicht in befredigender Weiſe regeln
werde. Die von 2000 Arbeitsloſen beſuchte Verſammlung nahm nach
Entgegennahme des Berichtes über die Unterredung zwiſchen den Lon=
doner
Arbeiverbürgermeiſtern und Lloyd George eine Entſchließung an,
in der erklärt wird, daß die Arbeitsloſen ſich nicht länger mit leeren
Verſprechungen begnügen, und vor nichts zurückziehen werden, um ihre
Forderung nach Arbeit oder voller Unverſtützung zu erzwingen.
Die amerikaniſche erkennt die mexikaniſche
Regierung an.
TU London, 29. Sept. Aus Mexiko wird berichtet, daß die
zwiſchen Mexiko und den Vereinigten Staaten geführten Verhandlungen
ſoweit gediehen ſind, daß die amerikaniſche Regierung bereit
ſei, die mexikaniſche Negierung anzuerkennen.
Letzte Nachrichten.
TU. Berlin, 29. Sept. Das Reichskabinett hat ſich in
ſeiner geſtrigen Sitzung mit der Beſteuerungdes Tabaks
befaßt. Es wurde beſchloſſen, daß die Verordnung vom 4. Juli
1921 bezüglich der Beſteuerung des Tabaks am 1. Oktober 1921 in
Kraft trete. Doch wurde in Ausſicht genommen, bei den Zöllen
für Rohſtoffe Erleichterungen zu ſchaffen.
wd. Berlin, 29. Sept. Die Regierungsvorlage über die Er=
höhung
aller Frachtſätze im Eifenbahngüter=
verkehr
um 30 Prozent hat die Zuſtimmung der ſtändigen
Tarifkommiſſion der Staatseiſenbahnen und des vorläufigen
Verkehrsbeirates gefunden. Die Erhöhung tritt ſomit zum
1. November 1921 in Kraft. Die Perſonentarif= werden am
1. Dezember erhöht.
Kaſſel, 29. Sept. Von politiſchen Gegnern zu Tode miß=
handelt
wurde in dem kleinen Ort Grebenſtein bei Kaſſel das
Mitglied des Jungdeutſchen Ordens namens Koch. Dieſer kam
von einer Kneiperei und geriet beim Nachhauſeweg in erregte
Auseinanderfetzungen mit einigen Arbeitern, in deren Verlauf
Koch das Hakenkreuz von der Bruſt geriſſen wurde. Er ſelbſt
wurde zu Boden geworfen und mit Füßen getreten. Die Miß=
handlung
hatte zur Folge, daß Koch in das Krankenhaus einge=
liefert
werden mußte, wo er verſtarb. Als Täter iſt der Arbei=
ter
Voigt mit drei Mittätern verhaftet worden.
TU. London, 29. Sept. Aus Tokio wird gemeldet, daß
durch einen Zyklon ein großer Teil der japaniſchen Stadt Na=
goha
zerſtört wurde. Eine große Anzahl Schiffe iſt unter=
gegangen
."
Stimmen aus dem Leſerkreiſe.
(Für die Veröffentlichungen unter dieſer Ueberſchrift übernimme die Nedaktion
keinerlei Vexantwortung; ſür ſie bleibt auf Grund des § 21 Abſ. 2 des Preſſe=
geſetzes
in vollem Umſange der Einſender verantwortlich.)
Einſendungen, die nicht verwendet werden, können nicht zurückgeſandt, die Ablehnung
nicht begründet werdih.
Vor etwa 56 Jahren ſpurde einmal im Herrngarten
der Hauptweg vom Schloßgartenplatz nach dem Theaterplatz und auch
dieſer ſelbſt mit einer Streu von hartem und glasſcharfem Baſaltgrus ver=
ſehen
. Die Körner wirken wie eine Raſpel auf das teuere Schuhzeug
der Paſſanten und machen das Begehen zu einer Widerwärtigkeit. Die
Körner betten ſich nicht in den Untergrund und verlieren nichts an ihrer
Form und Scharfkantigkeit, wit der ſie einen ganz unnötigen Verſchleiß
der Schuhſohlen beuirken. Das Immer=breiter=werden des Weges be=
weiſt
, wie gerne man dahin tritt,ewo die Körner niht unter dem Fuße
gefühlt werden. Es würde den wärmſten Dank Vieler erwechen, wenn
dieſe unpaſſende Beſchotterung vollſtändig fortgeräumt und durch etwas
Beſſeres (Beſſunger Kies) erſetzt werden wu
Spiel, Sport und Turnen.
* Radſport. Deutſches Sportabzeichen. Die Bewerber
um das Deutſche Sportabzeichen, die die Abſicht haben, die vorgeſchrie=
bene
Leiſtung im Radfahren: Einer=Strecken=Fahren aus=
zuführen
, werden hierdurch aufgefordert, ſich dieſerhalb an den vom
Reichsausſchuß für Leibesübungen beauftragten erſten Vorſitzenden des
Velozipedklubs Darmſtadt, Herrn Karl Bauer, Darmſtadt, Wilheſ=
ninenſtraße
21, zu wenden. Die nächſten Prüfungen werden von dieſem

Herrn am Sonntag, den 2. Oktober, abgenommen, und es iſt dringend
erforderlich, daß die Intereſſenten ſich rechtzeitig informieren.
* Damenhandball=Werbeſpiel. Am Sonntag findet
nach dem Verbandsſpiel gegen F.=Kl. 07=Bensheim in
Griesheim ein Handball=Wevbeſpiel zweier Damenmannſchaften ſtatt.
Die Favoriten ſind: Vorwärts=Bockenheim und V. f. B. 19=Frankfurt
a. M.=Riederwald. Die Damen von Vorwärts ſind Meiſter in ihrem
Kreiſe, V. f. B. 19 iſt bekannt in Frankfurt und dies allein gibt ſchon
die Gewähr, daß bei dieſem neuen Spiel guter Sport bei Damen ge=
boten
wird. Der Beſuch iſt ſehr zu empfehlen, zumal dies das erſte=
Spiel iſt, welches in der Umgegend von Darmſtadt geboten wird.
* Sportverein Darmſtadt E. V. 1898. Im Anſchluß
an die geſtrigen Ausführungen geben wir nachſtehend die Verbands=
ſpiele
der weiteren Mannſchaften am kommenden Sonntag bekannt:
Ensgraber=Mannſchaft gegen F.=C. Germania=Arheilgen 1. Mann=
ſchaft
in Arheilgen; 2. Mannſchaft gegen F.=C. Germania=Arheilgen
2. Mannſchaft am Böllenfalltor; 3. Mannſchaft gegen F.=C. Germania=
Arheilgen 3. Mannſchaft in Arheilgen; 4. Mannſchaft gegen F.=C.
Germania=Avheilgen 4. Mannſchaft am Böllenfalltor.
Die Spiele am Böllenfalltor finden nachmittags, gleichzeitig mit den
Spieſen der Liga= und Liggerſatzmannſchaften und zwar auf dem
Uebungsplatz ſtatt. Die Ensgrabermannſchaft ſteht mit vier Punkten
und einem Torverhältnis von 8:3 mit an führender Stelle in der A=
Klaſſenrunde im Gau Bergſtraße. Germania=Arheilgen beſitzt eine aus=
gezeichnete
Hintermannſchaft, ſodaß Darmſtadts Sturm ſein Möglichſtes
leiſten muß. Der Geiſt, der in der Ensgrabermannſchaft herrſcht, wird
ſeinem Namen weiterhin Ehre machen. Auch die unteren Mannſchaften
haben i ihren bisherigen Spielen gegen F.=A. Union der Beſſunger
Turngemeinde und gegen F.=C. Viktoria=Griesheim belvieſen, daß ſie
achtbare Gegner darſtellen. Alle Spiele dürfen das Intereſſe des Darm=
ſtädter
Publikums beſitzen. Die 5. Mannſchaft erledigt vormittags auf
dem Uebungsplatz am Böllenfalltor ihr Rückſpiel gegen die 3. Mann=
ſchaft
F.=V. Germania 1911, Eberſtadt.
Ligamannſchaft: Darmſtadts Elf tritt zu dieſem Spiele mit
komplettem Sturm an, um auf jeden Fall gegen Lindenhofs hervor=
ragende
Hintermannſchaft zählbare Erfolge erzielen zu können. In
der Stürmerreihe Lindenhofs iſt der Halbrechte hervorzuheben, der ei=
nem
eifrigen Spiele zum Tove huldigt und nebenbei bemerkt auch ſchie=
ßen
kann. Darmſtadts Verteidigung und Torwart wird, wenn ſie in
alter Friſche und mit der erfonderlichen Energi= in den Kampf geht,
hoffentlich auch am kommenden Sonntag der Lage Herr werden. Der
Beſuch des Spieles am kommenden Sonntag kann nicht genug empfohlen
werden, beſonders denen, welchen ein Miverleben des Treffens gegen den
Odenwaldmeiſter am vergangenen Sonntag in Mannheim=Waldhof ver=
ſagt
war.
* Freie Tärngemeinde Darmſtadt (Fußball=Abteilung).
Während kommenden Sonntag die 2. Mannſchaft auswärts ſpielt, ſtehen
ſich auf dem Sportplatz, Eſchollbrücker Straße 28 (gegenüber dem neuen
Garniſonlazarert), die 1. Mannſchaft gegen die gleiche der Freien Turn=
gemeinde
Erzhauſen im Verbandsſpiel (4=Klaſſe) gegenüber. Nach den
letzt erzielten Reſultaten der Darmſtädter Mannſchaft iſt man allgemein
auf das Zuſammentreffen mit dieſer als ſpielſtark bekannten Mannſchaft
geſpannt, und iſt ein Beſuch des Spieles für Fußballfreunde ſehr zu
empfehlen. Vormittags ſtehen ſich ebenfalls im Verbandsſpiele die 1.
Jugendmannſchaft gegen die 1. Jugendmannſchaft Wixhauſen gegenüber.
Wixhauſen3 Jugend beſitzt die gute Ausbildung ihrer Sondermannſchaft
und wird die Darmſtädtre Jugend alles daran ſetzen wüſſen, um nicht
abermals gegen dieſe Mannſchaft ungünſtig abzuſchneiden.
Die Winterarbeit der Leichtathleten.
sch. Nach Beendigung der Wettkampfzeit ſchließt ſich die Vor=
bereitungszeit
für die nächſtjährige Saiſon an.
Neben anderem ſind zwei Hauptfaktorern, die die Winterarbeit aus=
machen
: Waldlauf und Hallentraiſing. Die Leichtathletikabteilung des
Sportvereins 98 gibt ihr Winteryrogramm wie folgt bekannt: Beginn
der regelmäßigen Uebungs=Waldläufe am Sonntag, den 2. Oktober, vor=
mittags
halb 11 Uhr, Stadion. Der Waldlauf iſt für alle Leichtathleten
verbindlich. In den erſten Wochen wird beſonderer Wert auf Atmungs=
regelung
gelegt.
Das Hallentraining beginnt am Donnerstag, 6. Oktober, 810 Uhr
(Sporthalle Schutzpolizei) und findit wöchentlich einmal ſtatt. Die Ein=
richtungen
der Halle ermöglichen, alle Uebungsgruppen durchzuführen.
Kraftübungen, Schnellkraftübunget, Ausdauerübungen, allgemeine
Gymnaſtik, ſchwediſche Sproſſenwand, Hammerſchwingen, Boxball, Seil=
ſpringenn
, vorbereitende Uebungenſzur Wettkampftechnik. Zum erſten
Male wird auch im Wintertraininc die Maſſage beibehalten. Nur die
regelmäßige Anwendung dieſes Hilßmittels wird die Erwartungen er=
füllen
. So werden alle Faktoren vireinigt, um im Laufe des Winters
eine Summe Lebensenergie aufzuſteichern für die Prüfungen in den
nächſtjährigen Wettkämpfen.
Die Entwickelung des ſyortlichen Schwimmens.
Von A. Gießminn=Darmſtadt.
Weit in die Urzeit der Menſchhöt können wir die Entwickelung ein=
zelner
Körperübungsarten verfolgen ſund es iſt intereſſant feſtzuſtellen,
daß wir im Allgemeinen heute gerade diejenigen Uebungsarten als volks=
tümliche
, d. h. für die große Maſſe geeigneten, bezeichnen können, welche
die älteſte Geſchichte haben. Es ſind das ſolche, welche der Menſch der
Vorzeit im Kampf mit der Natur, im Kampf gegen Menſch und Tier
am notwendigſten brauchte; körperliche Fähigkeiten, wie wir ſie auch heute
noch in den volkstümlichen Uebungen, dem Lauf, Sprung, Wurf und im
Schwimmen finden.
Lauf und Sprung brauchte der Menſch der Vorzeit zum Verfolgen
des Wildes, oder Rettang ſeines Leben. Den Wurf (Speer= und Stein=
wurf
) zur Erlegung des Wildes oder Verteidigung im Kampf. Das
Schwimmen zum Ueberqueren von Böchen und Flüſſen auf Jagd und
Kriegsfahrten. Beſonders bezüglich des Schwimmens muß man ſich zu=
rückverſetzen
in eine Zeit, wo weite Gebiete der Länder von ungedämm=
ten
Wildwaſſern durchzogen, wo Brüicken und Schiffe eine Seltenheit wa=
ven
. In jenem Zeitalter, kann man luohl mit Beſtimmrheit ſagen, hatte
die Fertigkeit des Schwimmens, ſeine höhſte praktiſche Bedeutung. Ver=
folgt
man nun die Entwickelung dieſer horgenanntem Uebungsarten wei=
ter
, ſo wird man finden, daß in den folgenden Jahrhunderten die Lauf=,
Sprung= und Wurfübungen eine außerordentliche Pflege gewoſſen haben.
Die Technik dieſer Uebungen erreichte msbeſondere im alten Griechen=
land
eine Höhe, die wir auch heute noch nicht auf allen Gebieten erreicht
haben.
Auch das Sckhſvimmen wurde in alle früheren Jahrhunderten ge=
pflegt
und geſchichtliche Ueberlieferungen ſagen uns, daß es auch ſchon
in früheren Zeiten vorzügliche ausdauemde Schwimmer gegeben hat.
Ueberall wo Menſchen an größeven Geſuäſſern wohnten, da zog es be=
ſonders
die Jugend zum Schwimmen. Aber das damalige Schwimmen
ging in den meiſten Fällen nicht über ein einfaches Naturſchwimmen
hinaus, einem Schvimmen, wie wir es heute noch bei Naturvölkern oder
auch in Deutſchland, in kleinen abgelegenen Oxten, wo jede Anleitung
fehlz. beobachten können.
Die Wiege der eigentlichen entzwicklungsfähigen Schwimnſtechnik ſtand
in England. Angeregt durch die Arbeit der Engländer auf dieſem Ge=
biete
wurden dann in den Jahren 1878 und 1879 die erſten Schwimm=
bereine
in Verlin und Hamburg gegründet, woran ſich im Jahre 1886
der Zuſammenſchluß aller deutſchen Schwimmbereine zu einem Schwimm=
verbande
angliederte.
Seit Gründung dieſes Verbandes hat die Entwickelung des ſport=
lichen
Schwimmens in Deutſchland, nachn einem Stillſtand von Jahr=
hunderten
, einen glänzenden Aufſtieg durchgemacht, ſo daß wir heute eine
der erſten Stellen derjenigen Länder einnehmen, in welchem das Schwin=
men
beſonders gepflegt wird. Dieſe Entwikelung wurde beſonders durch
Wettkämpfe gefördert, welche in den immer zahlreicher werdenden Ver=
einen
des Deutſchen Schwimmverbandes durchgeführt wurden. Ebenſo
wurde durch den Bau von modernen Hallenbädern, welche die Pflege des
Schwimmens auch im Winter zuließen, der Aufſtieg des ſportlichen
Schwimmens ſehr gehoben.
Während zu Beginn der Entwickelungszeit im allgemeinen nur das
Bruſtſchvimmen und die unterſte Stufe des Rückenſchwimmens bekannt
waren, ſo verfügen wwir heute über Schſvimmartem, welche in den ver=
ſcbiedenen
Körperlagen eine hochentwickelte Technik zeigen, die es ermög=
licht
, daß jetzt über 100 Meter Zeiten geſchwommen werden, die im Ver=
gleich
wir Zeiten, welche in den erſten Entwickelungsſtufen der einzelnen
Schwimmarten geſchvommen wurden, ſich um 3040 Sekunden verbeſſert
haben.
So ſind heute die deutſchen Beſtzeiten über 100 Meter im freien
Waſſer ſür Bruſtſchwimmen: 1:192/o Minuten. für Rüchenſchwimmen:
1:17.2 Minutem. für Seitenſchwimmen: 1:14,6 Minuten, für Hand=üiber=
Hand=Beinſchlagſtil (auch Crawe genannt): 1:042 Minuten.
Wie aus dieſer Aufſtellung erſichtlich, ſteht das Hand=üiber= Hand=
ſchwimmen
in Bezug auf Schnelbigkeit an der Spitze und haben wir in
dieſem Schwimmſtil den bisherigen höchſten Ttand der Entwickelung der
Schſvimmtechnik erreicht.
ie Technik des Schimmens bildetz eine Wiſſenſchaft, welche lang
jährige Erfahrung, ſcharfe Beobachtung und Nachdenben erfordert. Das
kann man leicht erſehen, wen man z. B. die Fortbewegung des menſch=
lichen
Körpers beim leicbtathletiſchen Lauf mt der Fortbewegung durch
Schwimmen vergleicht: Beim Lauf befindet ſich der menſchliche Körper in
feinem natürlichen Elewent, der Luft. Die Stellung iſt eine aufrechte,
die Laufbewegungen narürlich und von Kindheit an gewohnt, wenn auch
ſelbſtverſtändlich für den ſportlichen Lauf eme beſonders ausgebildete
Technik geh
Weit ſchvieriger dagegen iſt die Durchführung des Sckivimmens:
Der menſchliche Körper befindet ſich
nem Element, welches ihm von
Natur aus fremd, und an das er ſich erſt gewöhnen muß.

Die Lage iſt eine horizontale, in der Bewegungsform ungewohnte.
Die Bewegungen der einzelnen Glieder, welche zur Fortbewegung dienen
ſollen, kommen im gewöhnlichen Leben kaum vor und ſetzen Muskel=
partien
in Tätigkeit, die ſonſt wenig gebraucht werden. Dazu kommt der
große Widerſtand des Waſſers, die Schwierigkeit der Atmung, Waſſerdruck
und Waſſertempevatur.

der Hände und Füße, Schwerpunktlage des Schwimmers in horizontaler
Stellung uſw. Aber gerade all dieſe erhü’ten Anforderungen bedingen
den außerordentlichen Weik des Schwimnens, denn an den Wider=
ſtänden
ſoll ſich der Körper bilden.
Die heutige Entwickelung des ſportlichen Schwimmens ſtellt eine
Summe nicht nur körperlicher, ſondern auch geiſtiger Arbeit dar. Auf
breiter, gut vorbereiteter Grundlage iſt man in den Vereinen des Deut=
ſchen
Swchimmerbandes beſtrebt, über eine wertvolle Durchſchnitts=
ausbildung
hinaus, zu Höchſtleiſtungen zu kommen, die als letztes Ziel,
neben einer weiteren Vervollkommnung der Technik, die durchgreifendſte
körperliche Ausbildung unſerer Jugend herbeizuführen ſucht.
Im Laufe der Zeit haben ſich in Deutſchland einige ſogenannte
Schwimmzentralen gebildet, d. h. Städte, in welchen das Schwimmen
beſonders gebflegt und eine höhere Entwickelung erreicht hat. Zu dieſen
Städten können wir heute auch Darmſtadr zählen. In verſchiedenen
Schwimmerriegen hieſiger Turngemeinden und im Schwimmklub Jung=
Deutſchland wird eifvig gearbeitet, die Entwickelung und Technik des
Schwimmens zu fördern. Davmſtadt iſt der Boden, aus dem anläßlich
des vorjährigen Verbandsfeſtes verſchiedene Höchſtleiſtungen im Schwim=
men
hervorgegangen ſind. So beſaß auch der Schwimmhlub Jung=
Deutſchland in der leider verſtorbenen Lilly Fricke eine Schlvimmerin,
welche Höchſtleiſtungen hervorbrachte. Weiterhin beſitzt der Kluh in dem
jugendlichen E. Dingeldey den beſten deutſchen Seitenſchwimmer über
400 Meter.
Das in Darmſtadt am 1. und 2. Oktober ſtatrfindende Internationale
Schwimmfeſt, veranſtaltet vom Schwimmklub Jung=Deutſchland, wird
am beſten geeignet eſin, jedem Indereſſenten ein umfaſſendes Bild der
Endwickelung des deutſchen Schwimmſportes zu geben. Dieſer Einblick in
das Weſen des Schwimmſportes kann die Gewißheit geben, daß im
Verein mit Turnen, Spiel und Sport, das Schwimmen beſonders ge=
eignet
iſt, unſere Volks= und Jugendkraft wieder auf eine geſunde Höhe
zu bringen.
Landwirtſchaftliches.
w. Erbach, 29. Sept. Kreisobſtbauausſtellung. Alle
Indereſſenten ſeien nochmals an dieſer Stelle auf die am Sonntag, den
2., und Montag, den 3. Oktober 1921, in dem Räumen des neuen Schul=
hauſes
in König ſtattfindende Kreisobſtbauausſtellung hin=
gewieſen
. Die Ausſtellung wird am Sonntag, mittags 1 Uhr, feierlich
eröffnet und bleibt bis zum Eintritt der Dunbelheik zur Beſichtigung
frei. Am Montag iſt ſie wieder von vormittags 10 Uhr an offen. Schluß
der Ausſtellung und Preisverteilung iſt am Montag mittag um 4 Uhr.
Nach den einlaufenden Anmeldungem iſt mit einer reichen Beſchickung der
Ausſtellung ſowohl durch die einzelnen Ortsgruppen, wie ganz beſonders
auch durch Einzelausfteller zu rechnen. Die Ausſtellung dürfte deshalb
jedem Beſucher recht dankbare Anregungen auf dem Gebiete des Obſt=
beues
geben, zumal das zur Ausſtellung gelangende Obſt bei dem ver=
hältnismäßig
guten Ausfall der Obſternte im Odenwald nur aus=
erleſenes
ſein wird. Der Beſuch der Ausſtellung, der in Verbindung
mit einem Ausflug in die herbſtliche Natur des Mümlingtales erfolgen
kann, kann deshalb nur jedem wärmſtens empfohlen werden, dies auch
wieder deshalb, weil in Verbindung mit der Ausſtellung durch die Land=
wirtſchaftskammer
ein Obſtſortenbeſtimmungstag, der dem Obſtzüchtern
auch nur willkommen iſt, abgehalten wird. Ebenſo wie hiernach jeder
Beſucher der Ausſtellung auf ſeine Rechnung kommen wird, dürfte dies
auch für die Ausſteller der Fall ſein, da wertvolle Preiſe in erheblicher
Anzahl zur Prämiierung zur Verfügung ſtehen.
II. Mannheim 29. Sept. (Prib.=Tel.) Auf dem heutigen
Schlachtviehmarkt waren zugetrieben und wurden pro 50 Kilo
Lebendgewicht gehandelt: 229 Kälber 7501000, 87 Schafe 350550
40 Schweine 13001475 Mark; Ferkel waren 595 vorhanden, das Stück
wurde mit 40370 Mk. gehandelt.
Handel und Verkehr.
H. Mannheim, 29. Sept. (Prib.=Tel.) An der heutigen Pro=
duktenbörſe
war die Tendenz feſt. Es notierten Weizen 500505
Roggen 395400, Gerſte 525575, Hafer 365375, Mais 375, inländi=
ſche
Erbſen 500600, Ackerbohnen 400, Wieſenheu 195210, Rotkleeheu
205220, Stroh 6070, Reis 725900 Mark.
Der Wert der Mark im Ausland.
* Für 100 Mark wurden gezahlt am 29. September in Zürich
4,75 (vor dem Kriege 125,40) Franken, in Amſterdam 2,54 (59,20)
Gulden, in Kopenhagen 4,70 (88,80) Kronen, in Stockholm
3,65 (88,80) Kronen, in London 4,29 (97,80) Schilling, in Neu=York
0,81½ Dollar, in Paris 11,50 (125,40) Franken.
Berliner Kurſe vom 29. September.

A.=G. f. Anilinfabr. 26.19
475,50 29.19.
500, Hohenlohe Werke 26.19,
520, 29./9.
529,50 Aſchaffenb. Ze.lſt.. 701, 799, Kahla Porzellan .. 1380, 1410, Augsb.=Nb Maſch 975. 993,50 Linde’s Eismaſch. 725, 698, Berl.=Anh. Maſch. 565, Lingel Schuh. . .." 570, 625, Bismarckhütte . . . Linke & Hofmann. 819, Dtſch.=Atlant. Tel. 420, 550, Nordd. Gummi . . Dtſch.=Niederl. Tel. 465, 490, Orenſtein ......." 1097,50 985. Deutſche Erdöl . .. 1575, 1525, Rathgeber Wagg. 900, Dt. Kaliwerke. . . 570, 600, Roſitzer Zucker.. 750, 749,75 Dt. Waff. u. Mun. 975, 11013. Rütgerswerke 750, Donnersmarckh. . . 1100. 1300, Sachſenwerk. 500, 550. Dynamit Nobel .. 538, 590, Siemens Glas. .." 810, 897, Elberfelder Farben 499, 529, Thale Eiſenhütte. 1800, Elektr. Lieferung. . Ver. Lauſitzer Glas Gelſenk. Gußſtahl 650, 620, Weſtf Eiſ, Langend. 670. 720, Geſ. f.elekt. Untern. 395, Wittener Gußſtahl Hanſa Dampfſch. . 360, 370, Wanderer Werke". 1200, 1250, Hemoor Zement. 790, 795, Dtſch. Petroleum. 165, 1180,- Hirſch Kupfer. . . . . 775, 733. Sächſ. Gußſtahl. . . 1200, 1251, Höſch Eiſen ...... 930, 1040, Steaua Romana. .

Schluß des redaktionellen Teils.
Gottesdienſt der Iſrgelitiſchen Religionsgemeinde
Hauptſynagoge (Friedrichſtraße),
Freitag, den 30. Sept. Vorabendgottesdienſt 6 Uhr 00 Min.
Samstag, den 1 Okt. Morgens 8 Uhr 30 Min. Sabbataus=
gang
6 Uhr 50 Min.
Gottesdienſt an den Wochentagen: Morgens 6 Uhr 60 Min.
Abends 5 Uhr 00 Min.
Gottesdienſt in der Eynagoge der Iſraelit. Religionsgeſellſchaft.
Samstag, den 1. Okt. Vorabend 5 Uhr 35 Min. Morgens
8 Uhr 00 Min. Nachmittags 4 Uhr 30 Min. Sabbatausgang
6 Uhr 50 Min.
Sonntag, den 2. Okt.: Erev Rauſch Haſchonoh. Morgens
4 Uhr 30 Min.
Rauſch Haſchonoh.
Montag, den 3. Okt. Vorabend 5 Uhr 35 Min. Morgens 5 Uhr
55 Min. Nachm. 4 Uhr 30 Min. Abends 6 Uhr 40 Min.
Dienstag, den 4. Okt. Morgens 5 Uhr 55 Min. Nachm. 4 Uhr
30 Min. Feſtesausgang 6 Uhr 40 Min.
Von Mittwoch, den 5. Okt. (Zaum Gedaljoh) ab. Morgens
5 Uhr 15 Min. Nachm 5 Uhr 30 Min.
Wetterausſichten für Freitag.
Wolkig trocken, nachts kalt, tagsüber mäßig warm, Nordwind.
Tageskalender.
Landestheater, Anfang 6½ Uhr, Ende 101 Uhr (Sondermiete
Serie 181): Louis Ferdinand, Prinz von Preußen.
Landes=Proteſtverſammlung der Gaſtwirtsverbände Heſ=
ſens
um 3 Uhr im Rummelbräu.

* Im geſtrigen Tageskalender war durch ein techniſches Verſehen
die Vorleſung des Oberdada in Zuſammenhang mit der Geſellſchaſt
für freie Philoſophie gebracht worden. Die Geſellſchaft hat mit dieſer
Vorleſung nicht das geringſte zu tun.
Leitung: Dr. Otto Waldgeſtel. Verantwortlich fur den leitenden rolitiſchen
Teil und für Feuilleton: Dr. Otto Waldgeſtel; für heſſiſche Poli ik und den
übrigen Teil (außer Sport, Handel und Landwir ſchaftliches) i. V. Kurt Mitſching; für
Sport, Handelsteil n d Lan wirtſchaftliches: Kurt ANitfching; ſür den Anzeigenteil
Amzeigenbeilagen und Mitteilungen aus dem Geſchäftsleben: Paul Lauge.
Truc und Verlag: L. C. Wittich’ſche Hofbuchdruckerei. Säm lich in Darmſtadt.
Für den redaktionellen Teil beſtimmte Mitteilungen ſind an die Nedaktion des
Tagblat,s zu richten. Eiwaige Honorarforderungen ſind beizufügen; nachträglich=
werden
nicht berückſichtigt. Uinverlangte Mannſkripte werden nicht zurückgeſend

Die heutige Rummer hat 10 Seiten.

[ ][  ][ ]

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Vorteile in

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Ia Vollkorn= 4,25 do. bunte
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do. Viktoria 3.00
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Haferflocken
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laGemüfe=Nudeln, 3.50
Maccaroni und
Fadennudeln . 7.50

Weizenmehl 0 Pſd. 3.80
Weizengries. . 4.50
Maisgries . . . 3.20

Gerſten=Kaffee Pfd. 3.70
Malz=Kaffee . . 3.90

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Blüten=
weißes

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Futter=Gerſte
2.40 Futter=Erbſen . 2.00

Zigarren

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1ſa0 2.
In Grösse und feiner Gualität sind
diese 3 Marken unerreicht.

Cigarillos

Elisabethenstr. 26 u. Gr. Ochsengasse 1U
gegenilber Restaurant Fink.
(10935mdt

Todes=Anzeige.
Heute nacht 11 Uhr entſchlief ganz uner
wartet infolge Herzſchlages mein innigſt=
geliebter
Mann, unſer guter, treuſorgender

Todes=Anzeige.
Wir erhielten die telegraphiſche Nachricht,
daß unſer guter Vater, Schwieger= und
Großvater

neſais hechutche
hlafen iſ
(11004
Familie Prof. Stammler.

Seite 6.

Darmſtädter Tagblatt, Freitag, den 30. September 1921.

Nummer 220.

Familiennachrichten

Statt Karten.

Unsere TRAUUNG findet statt:
Samstag, den 1. Oktober, vormittags
11 Uhr, in der Stadtkapelle.
Hilde Kaiser
Arnold Süßmuth.

Statt Karten.
Ihre am Samstag, den 1. Oktober,
nachmittags 2, Uhr, in der Martins-
kirche
stattfindende TRAUUNG beehren
sich anzuzeigen
Kätha Germann
Ludwig Schäfer
Wenckstr. 12.
Schwanenstr. 65.

Ihre am Samstag, den 1. Oktober,
2 nachm. 21/, Uhr (nicht 3 Uhr), in
der Pauluskirche stattfndende Trauung
zeigen an
Margarethe Kurze
Ludwig Pfeffer
Orangeriestraße 14.

Stattjeder beſönderen Anzeige.
Heute verſchied ſanft unſere treue,
liebe Mutter, Großmutter und Ur=
großmutter

Frau
Anna Manrer
geb. Jonghaus
in ihrem 84. Lebensjahre. (11025
Darmſtadt, 29. September 1921.
Im Namen der Familie:
Landgerichtsrat Dr. Maurer.
Die Einäſcherung findet in der Stille ſtatt.

Arst

Todes=Anzeige.
Heute mittag 12 Uhr verſchied plötzlich
infolge eines Herzſchlags mein geliebter
Mann, unſer lieber Bruder und Schwager
Dr. Ernſt Schrader
Profeſſorander Techniſchen Hochſchule.
Wir bitten um ſtille Teilnahme.
Darmſtadt, Stützerbach i. Th., Münſteri. W.,
(11046
den 29. September 1921.
Leni Schrader, geb. Klopſch,
Hedwig Dietrich, geb. Schrader,
Pfarrer Albert Dietrich,
Oberregierungsrat Karl Gerſtberger
u. Frau Elſe, geb. Klopſch.
Die Beerdigung findet ſtatt Samstag, den
1. Oktober, nachmittags 3½ Uhr, auf dem
Waldfriedhof.

Heute verſchied plötzlich im Alter von
56 Jahren der außerordentliche Profeſſor
der Philoſophie
Dr. Ernſt Schrader.
Faſt 14 Jahre lang hat er an unſerer
Hochſchule gewirkt. Durch die ihm eigene
Klarheit und Sachlichkeit in der Behand=
lung
des Stoffes, hat er es verſtanden,
unter den Studierenden der Technik den
Sinn für reine Geiſteswiſſenſchaft zu för=.
dern, auf dem Gebiet der Pſychotechnik
hat er das Band mit den techniſchen Be=
rufen
enger geknüpft.
Lehrkörper und Studentenſchaft werden
des edlen Freundes, und des erfolgreichen
Lehrers immer mit Dankbarkeit und Treue
gedenken.
(11047
Darmſtadt, 29. September 1921.
Der Rektor
der Techniſchen Hochſchule.

Vater

Dr. phil.
Friedrich Knapp
Direktor der Zuckerfabrik
im 68, Lebensjahre.
Groß=Umſtadt, den 28. Sept. 1921.
In tiefem Schmerz:
Frau Martha Knapp, geb. Richter
Gertrud Knapp
Günter Knapp.
(*37799
Die Beerdigung findet am Sonntag, den
2. Oktober, nachmittag8 3½ Uhr, ſtatt.

Dankſagung.
Für die in ſo reichem Maße zuteil ge=
wordenen
Beweiſe herzlicher Teilnahme bei
dem Heimgange, unſeres lieben Entſchlafenen
ſagen wir auf dieſem Wege unſeren herzlichſten
Dank. Insbeſondere danken wir ſeiner hoch=
geſchätzten
Firma K. Schenk, den Herren Be=
amten
und Arbeitern, der Kampfgenoſſen=
ſchaft
, dem hieſigen Marineverein, ſowie den
Schweſtern der Dr. Loſſen=Klinik, für ihre auf=
ppfernde
Pflege während ſeiner ſchweren
Krankheit.
Anna Gottmann Wwe.
geb. Soeder
nebſt Angehörigen.
Darmſtadt, 29. Sept. 1921, (*37716

Mus Anlaß des ſchweren Leides iſt
*4 uns viel Liebe und Teilnahme er=
wieſen
worden, wofür wir herzlich Dank
ſagen.
Weißenfels, den 24. September 1921.
Stadtbaurat Förſter
und Kinder.
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Sonntag, 2. Oktober, 3 Uhr nachm.

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entgegen genommen. Die Singſiunden des Männerchors
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[ ][  ]

Seite 10,

Darmſtädter Tagblatt, Freitag, den 30. September 1921.

Rummer 270.

Hilferuf
für die Notleidenden in Oppau!
Das furchtbare Unglück, das über die Arbeiter
und die Bewohner der an die Werke von Oppau
angrenzenden Gebiete hereingebrochen iſt, hat uns
alle tief erſchüttert. Unſägliches Leid iſt in vielen
Famikien eingekehrt, entſetzliche Not herrſcht überall.
Dem Leid vermögen wir nicht zu wehren, aber die
Not können wir durch raſche und ausgiebige Hilfe
lindern. Darum ertönt unſer Ruf laut und ein=
dringlich
:
Helft den Notleidenden in Oppau!
In unſerer Stadt iſt ein Hilfsausſchuß zuſammen=
getreten
, der durch die Veranſtaltung von Samm=
lungen
das Hilfswerk zum Beſten der Notleidenden
in Oppau einleiten wird.
Eine Hausſammlung mittelſt Liſten iſt in Aus=
ſicht
genommen, eine Sammlung innerhalb der
Betriebe uſw. in Vorbereitung. Im Vertrauen auf
die oft bewährte Opferwilligkeit der Darmſtädter
Bevölkerung richten wir an Alle die herzliche Bitte
die Sammlungen durch zahlreiche und
reiche Spenden nach Kräften zu unter=
ſtützen
.
Die Not iſt groß und ihre Linderung muß uns
allen eine hetlige Pflicht ſein.
Helft den Notleidenden in Oppau!
Darmſtadt, den 24. September 1921. (St 10856
Für den Hilfsausſchuß:
Idr. Gläſſing, Oberbürgermeiſter.

Verfügungsbeſchränkung hinſichtlich des
Abſchluſſes von Mietverträgen.
Die Geltungsdauer der überſchriebenen Anord=
4. 10. 1919
nung vom
8. 1. 1921 iſt mit Zuſtimmung des
Reichs=Arbeitsminiſteriums und mit Genehmigung
des Heſſiſchen Landes=Arbeits= und Wirtſchaftsamtes
zu Nr L.A. &W.A. 19614/21 bis zum 31. März
1922 verlängert worden.
Darmſtadt, den 28. September 1921, (st11040
Der Oberbürgermeiſter.

Abbruchsarbeiten.
Der Abbruch des Ringofens, auf dem ſtädtiſchen
Grundſtück Kranichſteinerſtraße Nr. 68½ ſoll ver=
geben
werden.
Die Bedingungen liegen bei dem unterzeichneten
Amte, Grafenſtr. Nr. 30, Zimmer Nr. 9, offen.
Angebote ſind bis Samstag, den 8. Okt. 1921,
(st10999
vormittags 10 Uhr, einzureichen.
Darmſtadt, den 26. September 1921.
Städtiſches Hochbauamt.

On unſer Genoſſenſchaftsregiſter wurde heute unter
I Nr. 47 die Genoſſenſchaft unter der Firma:
Beamtenban? Darmſtadt, eingetragene Genoſſen=
ſchaft
mit beſchränkter Haftpflicht
mit dem Sitz in Darmſtadt eingetragen.
Das Statut iſt am 23. Auguſt 1921 feſtgeſtellt.
Gegenſtand des Unternehmens iſt der Betrieb
eines Spar= und Darlehnskaſſengeſchäfts zum Zwecke
der Förderung der wirtſchaftlichen Verhältniſſe der
Mitglieder ſowie der auf Selbſthilfe gerichteten Be=
ſtrebungen
des Deutſchen Beamten= Wirtſchafts=
bundes
.
Die Haftſumme beträgt für den Geſchäftsanteil
100 Mark; die höchſte Zahl der Geſchäftsanteile 30.
Die Bekanntmachungen erfolgen unter der Firma,
gezeichnet von zwei Vorſtandsmitgliedern, im Darm=
ſtädter
Tagblatt. Geht dieſes Blatt ein oder wird
es unzugänglich, ſo tritt an ſeine Stelle der Deutſche
Reichsanzeiger.
Die Willenserklärungen des Vorſtandes erfolger
durch mindeſtens zwvei Mitglieder; die Zeichnung
geſchieht, indem dieſe Vorſtandsmitglieder zu der
Firma ihre Namnensunterſchrift hinzufügen.
Vorſtandsmitglieder ſind Obertelegraphenſekretär
Philipp Burger, Kaſſeninſpektor Richard Oppelt
Staatskaſſier Adam Mahr, alle in Darmſtadt.
Die Liſte der Genoſſen kann während der Dienſt=
ſtunden
des Gerichts von jedem eingeſehen werden
Darmſtadt, den 23. September 1921 (11023
Heſſiſches Amtsgericht Darmſtadt I.

Gb 1. Oktober ds Js. ſtellen ſich die Preiſe für die
A. Braunkohlen der Grube Prinz von Heſſen
wie folgt:
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(in Säcken verwogen) 8,50 ,
Induſtriekohle je Ztr. ab Grube &,00
Feinkohlen
4,00
Hausbrandkohlen ,
st. 11000)
hallenſchwimmbad) 10,00,
Darmſtadt, den 27. September 1921.
Berwaltung der ſtädtiſchen Braunkohlen=
grube
Prinz von Heſſen bei Darmſtadt.
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