Einzelnummer 10 Pfennige
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Heſſiſche Neueſte Nachrichten
Morgenzeitung der Landeshauptſtadt
Wöchentliche illuſtrierte Beilage: „Die Gegenwart”, Tagesſpiegel in Bild und Wort
Nachdruck ſämtlicher mit * verſehenen Original=Aufſätze und eigenen Nachrichten nur mit Quellenangabe „Darmſi. Tagbl.” geſtattet.
Nummer 2
Montag, den 2. Januar 1933.
196. Jahrgang
Anzeigenpreis;
21 mm breilte Zeile im Kreiſe Darmſtadt 23 Reichspig
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breils=Reſchemarl Anzelgen von auswärte 3s Reſchepfg.
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Reflame=
zele 300 Neſchemari. Alle Preſe in Reſchemart
1 Dollar — 420 Marl. — Im Falle, höherer
Gewalt, wie Krieg, Aufruhr Streil uſw., erliſcht
ede Verſiſchung au Erfüllng der
Anelgen=
aufräge und Teſtung von Schadenerſatz. Bei
Konlurs oder gerſchtiſcher Beltrebung ſäll ſeder
Rabatt weg. Banklonto Deutſche Banl und
Darm=
ſtädter und Nationalbant.
Die Weltmeinung:
K
Taldert
Tadft
Mätd
Neujahrsempfang der Verkreker ausländiſcher Mächke. — Hindenburgs Wille für 1933, des Kanzlers Aufgabe: „Arbeit
und Brok!” und „Milderung der fozialen Spannungen!"— Die härkefte Nokzeit ſeit dem Welkrieg überwunden.
Heparakionsproblem gelöft, Gleichberechkigung in der Wehrfrage zugefkanden! — Langſame wirkſchaftliche
Erholung eingeleikek!— Anſänge innenpolikiſcher Enkſpannung. — Hindenburg forderk engſte
Zuſammenarbeik aller wahrhaft deutſchen Menſchen zur Schaffung beſſerer Zukunft!
Reichswehr und Reichsmarine
folgen dem Generalfeldmarſchall!
Berlin, 1. Januar.
Der Neujahrsempfang beim Reichspräſidenten vollzog ſich in
der ſeit Jahren üblichen Weiſe, lediglich mit dem Unterſchied,
daß der Empfang diesmal im Gebäude der alten Reichskanzlei
ſtattfand, in dem Hindenburg bekanntlich ſeit einigen Monaten
wegen Ausbeſſerung des Reichsprädentenpalais Wohnung
ge=
nommen hat. Schon in den frühen Sonntagsſtunden fanden
ſich zahlreiche Einzelgratulanten in der Reichskanzlei ein. In
der Wilhelmſtraße harrte trotz des unfreundlichen, nebligen und
naſſen Wetters eine große Menſchenmenge ſtundenlang aus.
Preſſe= und Filmphotographen waren in großer Zahl anweſend.
Kurz nach 10.30 Uhr zog die verſtärkte Ehrenwache, die
von einem badiſchen Truppenteil geſtellt wurde, von
einer großen Volksmenge begleitet, durch das Brandenburger
Tor und bog mit klingendem Spiel in die Wilhelmſtraße ein.
Während die Kapelle am Reichskanzleigebäude rorbeimarſchierte,
ſchwenkte die Ehrenwache in den Vorhof des Gebäudes ein, in
deſſen Portal der Reichspräſident in Mantel und Zylinder
er=
ſchien und die Meldung des Offiziers entgegennahm. Die Menge
begrüßte dabei den Reichspräſidenten mit lebhaften Hochrufen.
Punkt 12 Uhr nahm der Reichspräſident in Gegenwart des
Reichskanzlers, des Reichsaußenminiſters und des
Staatsſekre=
tärs Meißner
die Glückwünſche der Berkreker der auswärkigen
Mce
entgegen. Der apoſtoliſche Nuntius Orſenigo brachte, als
Doyen des diplomatiſchen Korps deſſen Glückwünſche in einer
Anſprache zum Ausdruck, in der er die Wünſche zum
Jahres=
wechſel mit der Freude darüber verband, wie die lange Folge
der Jahre an der bewunderungswürdigen Lebensfriſche
vorüber=
gehe, die eine einzigartige Gabe der verehrungswürdigen
Per=
ſon Hindenburgs ſei. Der Redner gedachte dann der überreich
geweſenen Sorgen und Schwierigkeiten des vergangenen Jahres
für Deutſchland, aber auch der aktiven Fortführung der
Ver=
handlungen in der Richtung einer Beſſerung der
internatio=
nalen Beziehungen. Der Nuntius kam vor allem auf das
Wirt=
ſchaftsproblem zu ſprechen, das in der herzzerreißenden Notlag=
Tauſender von Familien in Erſcheinung trete, die in jeder
Nation mit dem Hunger ringen. Er erinnerte dabei an den
überall geltenden Grundſatz: „Wo Schiffbruch droht
haben die Schwächſten den erſten Anſpruch auf
die Rettungsboote. So ſei heute das Problem der
Ar=
beitsloſigkeit das, dem man zuerſt abhelfen müſſe.
Reichspräſideut von Hindeuburg
gab in ſeiner Antwort zunächſt ſeiner Freude darüber Ausdruck,
den Nuntius nach deſſen Wiederherſtellung nach langer Krankheit
bei ſich zu ſehen, und fuhr fort, es habe in der Tat der Einſetzung
äußerſter Kraft, der Ergreifung ungewöhnlicher Maßnahmen
be=
durft, um unſer ſtaatliches und wirtſchaftliches Leben vor
gefahr=
vollen inneren Erſchütterungen zu bewahren. Unſere Sorge
umdie Zukunftwerde verſtärkt durchdie Tatſache,
daß ſich wichtige internationale Probleme ohne
Löſung von einem Jahr ins andere ſchleppten
und mit immer ſchwererem Druck auf der Welt
laſteten. Sicherlich ſtehe hierbei das Wirtſchaftsleben an
her=
vorragender Stelle. Es bedürfe der verſtändnisvollen
Zuſammen=
arbeit der Regierungen und vor allem einer großzügigen
Neu=
ordnung der zwiſchenſtaatlichen Handelsbeziehungen. Von der
wirtſchaftlichen Seite allein werde ſich freilich, die gegenwärtige
Weltkriſe nicht meiſtern laſſen. Hindenburg fuhr dann fort: „Ihre
Bewältigung kann nur dann gelingen, wenn die Grundlage aller
Völkerbeziehungen, das gegenſeitige Vertrauen, wieder hergeſtellt
wird. Das hat ſich bei allen internationalen Bemühungen der
letzten Zeit immer klarer gezeigt und iſt immer mehr
Allgemein=
gut der Erkenntnis geworden. So treten neben die
wirtſchaft=
lichen Probleme mit nicht minderer Dringlichkeit die
großen politiſchen Fragen, die heute der Löſung har= z
ren. Mit ſteigender Spannung wird ihre weitere
Ent=
wicklung gerade vom deutſchen Volke verfolgt, deſſen
höchſte Lebensintereſſen hierbei auf dem Spiele n
ſtehen. So iſt denn mehr als je das Gebot der Stunde, alle
gutwilligen und fördernden Kräfte zuſammenzufaſſen zur
Beſei=
tigung der Schwierigkeiten, die heute nahezu überall in der Welt
das politiſche, wirtſchaftliche und ſoziale Leben der Völker
be=
drängen. Möge es im neuen Jahr endlich gelingen, einen
ent=
ſcheidenden Wandel der Dinge herbeizuführen und den Weg
wie=
der freizumachen für den Fortſchritt der Menſchheit.”
Nach dem Austauſch der Anſprachen begrüßte der
Reichspräſi=
dent die einzelnen Vertreter der fremden Mächte.
Der Empfang der Reichsregierung.
Um 12.30 Uhr fand der Empfang der Reichsregierung ſtatt.
zu dem ſich die Reichsminiſter, der Reichskommiſſar für
Arbeits=
beſchaffung und die Staatsſekretäre des Reiches eingefunden hatten.
Reichskanzler von Schleicher
begrüßte namens der erſchienenen Herren den Reichspräſidenten
mit einer Anſprache, in der er zunächſt dem Dank Ausdruck gab,
daß Hindenburg im vergangenen Jahre ſein ſchweres Amt erneut
auf ſich genommen habe, um dem deutſchen Volke weiter Führer
und Vorbild zu ſein. „In Ihrer Anſprache am Ende des
Jahres 1932” ſo fuhr der Reichskanzler fort, „haben Sie die
Mahnung an das Ausland gerichtet, es ſolle
Deutſch=
lands Geſundung nicht weiterhin durch die
Zu=
mutung unmöglicher Leiſtungen verhindern und
unſerem Vaterlande nicht ſein gutes Recht
auf=
gleiche Sicherheit vorenthalten. Sie haben damit
die Bahn vorgezeichnet, in der ſich die deutſche
Außenpolitik im vergangenen Jahre bewegt hat.
Meinen beiden Vorgängern im Kanzleramt iſt es gelungen.
Deutſchland von der Laſt der Reparationen, zu
befreien. Damit iſt der Weg gewieſen zur Erholung der
deut=
ſchen und der Weltwirtſchaft, und es iſt dringend zu wünſchen,
daß die Regierungen aller Länder im kommenden Jahre
ent=
ſchloſſen auf dem Wege der wirtſchaftlichen
Ver=
nunft weiterſchreiten werden. In der
Abrüſtungs=
frage iſt der Grundſatz der Gleichberechtigung von
den Großmächten ausdrücklich anerkannt und der
Abrüſtungskonferenz die Aufgabe geſtellt worden, dieſen
Grund=
ſatz zu verwirklichen. Wir kehren auf die Konferenz zurück, um
eine wahre, allgemeine Abrüſtung durchzuſetzen und uns die gleiche
Sicherheit zu verſchaffen, die jedes andere Land genießt. Wenn
eshierbei gelingt, der deutſchen Jugend im
Rah=
men der Miliz das Recht zu wehrhaftem
Staats=
dienſtwiederzugeben, ſowirdzugleicheingroßer
Schritt zum Ausgleich der inneren Gegenſätze
und zur Herſtellung des Friedens in unſerem
Vaterlande getan ſein.
Dieſen inneren Frieden in Deutſchland zu
för=
dern, iſt unſer vornehmſtes Ziel. Als Sie mich, Herr
Reichspräſideut, vor wenigen Wochen an die Spitze der
Reichsregierung beriefen, haben Sie mir geſagt:
Schaffen Sie Arbeit und ſuchen Sie die Spannungen in
unſerem deutſchen Volke durch ſozialen Ausgleich zu mildern.
Die Reichsregierung wird dieſe Leitſätze zur Richtſchnur ihres
Handelns machen, weil es nur auf dieſem Wege gelingen kann
dem deutſchen Volk wieder Ziel und Hoffnungen zu geben. Daß
dieſer Weg lang und ſchwer ſein wird, darüber ſindtwir uns nicht
im Unklaren. Wir werden viel Kritik erfahren, weil wir viele
berechtigte Wünſche wegen Knappheit der finanziellen Mittel
zu=
nächſt nicht erfüllen können und weil wir bei unſeren Maßnahmen
die Intereſen aller Stände und Bevölkerungsſchichten
berückſich=
tigen müſſen. Wir werden aber verſuchen, durch Ausgleich
der Laſten und Hilfsmaßnahmen für die
Schwa=
chen und Notleidenden der ſozialen
Gerechtig=
keit und damit der Beruhigung und der
Wieder=
kehr des Vertrauens im deutſchen Volke zu
dienen.
Nehmen Sie, Herr Reichspräſident, zu Beginn dieſes
Jahres von uns das Gelöbnis entgegen, daß wir Ihnen
als dem berufenen und bewährten Führer des
deutſchen Volkes auch im neuen Jahr
folgenwer=
den Wie Sie, Herr Reichspräſident, in gläubigem
Vertrauen im Dienſt des Vaterländes ausharren,
ſowird, hoffe ich, auch dasdeutſche Volk aus ihrem
Vorbild neuen Glauben an ſeine Zukunft und die
Kraft zu erfolgreicher Arbeit im neuen Jahre
ſchöpfen.”
Reichspräſident von Hindenburg
erwiderte die Glückwünſche mit den beſten Wünſchen für den
Er=
folg der weiteren Arbeit der Reichsregierung und fuhr fort: „Die
Wünſche, mit denen wir das abgelaufene Jahr begrüßten, ſind
zwar nicht alle in Erfüllung gegangen, dennoch hat die
Entwick=
lung des Jahres 1932 manche Hinderniſſe, die uns bis
her ſtörend entgegenſtanden, beſeitigt und uns zur
Hoff=
nung berechtigt, daß die härteſte Notzeit
Deutſch=
lands überwunden und der Weg aufwärts
nun=
mehr für unsfrei wird. Die internationalen Beziehungen
haben ſich günſtiger geſtaltet, nachdem die
Reparations=
frage, das große Hemmnis jeder wirtſchaftlichen Erholung, im
vergangenen Sommer endlich ihrer Löſung zugeführt wurde
und im letzten Monat in der Abrüſtungsfrage
Deutſch=
land die Gleichberechtigung eingeräumt worden
iſt. Wir wollen hoffen, daß das neue Jahr die Verwirklichung
dieſes Grundſatzes und damit die erwarteten Fortſchritte für den
äußeren und inneren Frieden bringen wird. Die deutſche
Wirtſchaft, die noch vor Jahresfriſt ſich in Lebensgefahr
be=
fand, hat ſich nach den ſchweren Erſchütterungen der Vorjahre
all=
mählich wieder gefeſtigt und beſchreitet den Weg
langſamer Erholung. Auch die innerpolitiſche
Lage — der Gegenſtand ſo vieler Sorgen — zeigt, wie es mir
ſcheint, ſchüchterne Anfänge einer Entſpannung.
Um auf dieſer Bahn vorwärts und aufwärts zu ſchreiten, um das
Vertrauen in die Kraft Deutſchlands innerhalb und außerhalb
der Landesgrenzen wiederherzuſtellen, bedarf es der
Fernhal=
tung aller Störungen des politiſchen Lebens und der
Zu=
ſammenfaſſung aller ſtaatsbewußten und
vater=
landsliebenden Deutſchen.
Möge das neue Jahr auch in die ſeeliſche Verfaſſung des
deutſchen Volkes Beſſerung bringen, möge es in unſeren
Volksgenoſſen den Geiſt innerer Verbundenheit und enger
Schickfalsgemeinſchaft wiederkehren laſſen und auch
die=
jenigen, die jetzt noch ablehnen oder zögernd abſeits ſtehen,
zur Mitarbeit an der Ueberwindug der Not unſerer Zeit
und der Schaffung einer beſſeren Zukunft heranführen.
Die Aufgaben, die der Reichsregierung für die nächſte Zeit
obliegen, ſind ſchwer und mannigfach. Mit Ihnen, Herr
Reichs=
kanzler, bin ich der Auffaſſung, daß es
unſer erſtes Ziel
ſein muß, unſerem Volke Brot und Arbeit zu
ſchaf=
fen den Millionen arbeitswilliger Hände, die
unfreiwillig feiern müſſen, wieder
Beſchäfti=
gung zu geben und den vielen Familien, in denen
Not und Verzweiflung herrſchen, Hoffnung und
den Glauben an beſſere Tage wiederzubringen.
Daß dieſes Werk gelingen und die Reichsregierung, geſtützt auf
die entſchloſſene und wertvolle Arbeit der Regierung Papen, das
Problem der Arbeitsbeſchaffung löſen möge, daß im
Geiſte der Nächſtenliebe und in ſozialem
Mitemp=
finden aller Deutſchen, die Entbehrung leiden, tätige
Hilfe gebracht werde, iſt mein hauptſächlichſter
Wunſch am heutigen Tage.
Die Arbeitsbeſchaffung iſt das Kernproblem unſerer Zeit und
die Frage, die alle Deutſchen gleichmäßig angeht: Arbeitende und
Arbeitsloſe ſind im gemeinſamen Schickſal verbunden, denn ſie
zu=
ſammen ſind das deutſche Volk. Freilich, Opfer und Geduld
ſind unerläßlich, wenn wir den Weg ins Freie finden und
wieder aufwärts ſteigen wollen. Aber Kleinmut und Verzagtheit
iſt niemals deutſche Art geweſen und darf es gerade jetzt nicht
ſein. Wenn wir das Vertrauen in unſere eigenen Kräfte
wieder=
gefunden haben, wenn wir uns in der Bereitwilligkeit,
mitzuarbeiten und mitzuhelfen,
zuſammenfin=
den, ſo iſt damit die ſichere Grundlage gegeben, auf der
wir zuverſichtlich und erfolgverſprechend weiterbauen werden. So
laſſen Sie uns in dieſem Willen und im unerſchütterlichen Glauben
an die Zukunft Deutſchlands in das neue Jahr eintreten und
ge=
meinſam an die Arbeit gehen für deutſches Volk und Vaterland.”
Die übrigen Empfänge.
Um 12.50 Uhr empfing Hindenburg den dritten
Reichstags=
vizepräſidenten, Löbe, zur Entgegennahme der Glückwünſche
des Reichstages. Der zurzeit von Berlin abweſende
Reichs=
tagspräſident Göring hatte dem Reichspräſidenten ſchriftlich
Glück=
wünſche übermittelt.
Es folgte der Empfang einer Abordnung des
Reichs=
rates, beſtehend aus dem braunſchweigiſch=anhaltiſchen
Ge=
ſandten, Exzellenz Boden, dem preußiſchen Miniſterialdirektor
Koß=
mann, dem bayeriſchen Miniſterialdirektor Sperr und dem
würt=
tembergiſchen Geſandten, Staatsrat Dr. Bosler.
Die Glückwünſche der Wehrmacht überbrachte der
Reichswehrminiſter von Schleicher, ſowie der Chef der
Heereslei=
tung, Generald. Inf. von Hammerſtein=Equord, und
der Chef der Marineleiung, Admiral Dr. h. c. Raeder.
Hieran ſchloß ſich der Gratulationsempfang der Vertreter der
Reichsbank, Vizepräſident Dreyſe, und die Geh. Finanzräte
Dr. Bernhard und Friedrich. — Reichsbankpräſident Dr. Luther
iſt aus dienſtlichen Gründen zurzeit von Berlin abweſend und hat
telegrapiſch ſeine Glückwünſche ausgeſprochen, ſowie des Vorſtandes
der Hauptverwaltung der Reichsbahn. Generaldirektor Dr.
Dorpmüller und die Direktoren Dr. Weirauch und Vogt.
Bei dem Reichspräſidenten ſind zahlreiche Glückwünſche von
fremden Staatsoberhäuptern, ſowie von deutſchen
Landesregie=
rungen, hohen Reichs= und Landesbehörden, vom evangeliſchen
Oberkirchenrat und vom Biſchof von Berlin, ſowie
Oberbürger=
meiſtern und Bürgermeiſtern deutſcher Städte eingegangen;
des=
gleichen Glückwünſche vieler Verbände und Vereinigungen,
zahl=
reichen Perſönlichkeiten des öffentlichen Lebens und
Privatver=
ſonen, ferner auch von vielen Deutſchen aus den früheren
Kolo=
nien und vom Ausland.
Seite 2 — Nr. 2
Darmſtädter Tagblatt / Heſſiſche Neueſte Nachrichten
Montag, 2. Januar 1933
Darmſtadt, den 2. Januar 1933
Unſer Mitbürger, Bildhauer Profeſſoe Robert Cauer
feiert am 3. Januar ſeinen 70. Geburtstag. Da ziemt es ſich,
un=
ſeren Glückwunſch darzubringen und einen Rückblick auf ſein Leben
und Schaffen zu werfen. Profeſſor Cauer entſtammt einer akten
Bildhauerfamilie, deren Ueberlieferung auf den großen Meiſter
Rauch zurückgeht. In Kreuznach, inmitten einer wundervollen
Landſchaft, wurde er als Sohn des berühmten Bildhauers Karl
Cauer geboren. In dem Atelier des Vaters in Kreuznach und
Rom fand der junge Künſtler, der nie die Qual einer Berufswahl
erfuhr, die erſte Ausbildung. Drei Jahre hat Cauer in der ewigen
Stadt gelebt. Der Antike iſt er ſtets verbunden geblieben. Noch
heute lieſt der reife Mann ſeinen Salluſt, ſeinen Homer in der
Urſprache, ein wahrer Humaniſt. Von 1889 bis 1892 wirkte der
Meiſter in Nordamerika und ſchuf eine Reihe von
Marmorbild=
niſſen berühmter Perſönlichkeiten (Villard. Preetorius, Ingerſell,
Erzbiſchof von St. Louis u. a.). Während eines zweiten
Aufent=
haltes in den Staaten entſtand das Reiterdenkmal des Generals
Sigel in St. Louis. Nach reichen Jahren, in ſeinem geliebten
Kreuznach, das ſein Michel=Mort=Denkmal ziert, und in Berlin
ſiedelte er 1906 nach Darmſtadt über. Das=Haus Mendelsſohn und
das Haus=Back mögen die Magnete geweſen ſein, die ihn uns-
ge=
wannen. Das tiefempfundene, figurenreiche, edle Giebelrelief der
damals im Bau befindlichen Pauluskirche legte bald Zeuanis ab
von der Meiſterſchaft des neuen Mitbürgers. Zahlreiche Bildniſſe,
u. a. die Bronzeſtatuette des Frhrn. Mar v. Heyl und die
vorzüg=
liche Bronzebüſte ſeines Freundes, des Geh. Rats Back.
Grabdenk=
mäler und das ſchöne Denkmal der heſſiſchen Artillerie im Prinz=
Emil=Garten. zeigen, daß Profeſſor Robert Cauer noch in der
Voll=
kraft ſeines Schaffens ſteht. Möge ihmdieſe=Kraft noch recht kange
.4——A.
erhalten bleiben)
Stenographie und Maſchinenſchreiben. Die
Stenographen=
vereinigung beginnt am Dienstag, den 3., und Freitag, den 6.
Ja=
nuar, neue Kurſe in Einheitskurzſchrift für Anfänger und
Fort=
geſchrittene im Ludwig=Georgs=Gymnaſium. Karlſtr. 2. Die Kurſe
ſtehen unter Leitung ſtaatlich geprüfter Kurzſchriftlehrer und
bie=
ten Gewähr für gründliche Ausbildung. Maſchinenſchreiben
täg=
lich von 17 bis 21 Uhr im Hauſe Karlſtr. 23. pt., nach der
Zehn=
fingerblindſchreibmethode. Niedrige Gebühren, bequeme
Zahlungs=
weiſe. (Siehe heutige Anzeige.)
Warnung vor Schwindler. In letzter Zeit erhalten meiſtens
Gewerbetreibende auf dem Lande Briefe aus Barcelona
(Spanien). Nach dem Inhalt der Briefe iſt der Abſender
an=
geblich wegen Bankerotts gefangen und ſein Koffer mit 800 000
Banknoten ſei auf einem deutſchen Bahnhof zur Verwahrung
auf=
gegeben. Der Schwindler ſucht ſchriftlich Leute zur Zahlung ſeiner
Prozeßkoſten und zur Auslöſung ſeines Koffers. Als Belohnung
wird ein Drittel des ſich in dem Koffer befindlichen Betrags
zu=
geſichert. Wer ſich hierzu bereit erklärt, ſoll an eine in dem Brief
näher bezeichnete Deckadreſſe ein Telegramm nach Barcelona
rich=
ten. Die Geſchichte über den ſogenannten ſpaniſchen
Schatzgräber=
ſchwindel iſt uralt und reicht bis zum 30jährigen Kriege zurück.
Immer wieder taucht dieſer eigenartige Schwindel auf, um
leicht=
gläubige Leute finanziell zu ſchädigen. Dieſen Briefen, die
hand=
ſchriftlich geſchrieben und vervielfältigt ſind, iſt daher keine
Be=
achtung beizulegen.
Mahnung. Das Schulgeld für den Monat Dezember 1932
für die hieſigen höheren Schulen, ſowie die ſtädt. Maſchinenbau=,
Gewerbe=, Handels= und Haushaltungsſchulen iſt nach der heutigen
Bekanntmachung bei Meidung der Beitreibung und
Koſtenberech=
nung bis zum 10. Januar 1933 an die Stadtkaſſe, Grafenſtraße 28
zu zahlen.
A550 19½—22 Uhr. Darmſt. Volksb. F 5. Vorſt.
Preiſe 0.40—4 Mk.
Katharina Knie. Dienstag,
3. Januar 19½—23½ Darmſt. Volksb. G 7. Vorſt. Gr. 1—10
Preiſe 0.70—5.50 Mk.
Don Carlos. Mitttooch
4. Januar 9½—22½ Uhr. B 10
Preiſe 0.70—5.50 Mk.
Der Freiſchütz. Kleines Haus Dienstag,
AAf5.50 Anf. 191 Ende geg. 22 Uhr. Zuſ.=M. I, 5
Preiſe 0.70—3.80 M1
Pygmalion. Mittwoch.
Januar
( 5—17½4 Uhr.
Jans Wunderhündchen. Preiſe 0.40—2 Mk.
Anf. 19½, Ende geg: 22 Uhr. Zuſ.=M. V 7
Preiſe 0.70—3.80 Mk.
Pygmalion.
Heſſiſches Landestheater. Das Weihnachtsmärchen „Jans
Wunderhundchen”, das am 30. Dezember ausfallen mußte,
wird am. Mittwoch nachmittag 15 Uhr Uhr zum letzten
Male wiederholt werden.. Die für die vorige Vorſtellung
gelöſten Karten behalten ihre Gültigkeit.
Gerhart Hauptmanns „Roſe Bernd” mit
Fran=
ziska Kinz in der Titelrolle und in der Inſzenierung von Guſtav
Hartung wird am Freitag, den 6. Januar, wieder aufgeführt. Das
Heſſiſche Landestheater iſt aufgefordert worden, mit dieſem Werk
Mitte Februar im Stadttheater Straßburg zu gaſtieren.
In der üblichen Weiſe hat man auch 1932 zu Grab geleite:
und 1933 begrüßt. Mit Geknall und Muſik, mit bengaliſchem
Leuchtfeuer und Feuerwerk. Und doch ſchien ein anderer Ton
auch in dieſem äußeren Rahmen des Jahreswechſelfeierns zu
ſein als in den letzten Neujahrsnächten. In das Ziſchen und
Krachen der Feuerwerkskörper miſchte ſich bemerkenswert oft der
Knall „anſtändiger” Geſchoſſe. Fingen Uebereifrige oder
Un=
geduldige ſchon am frühen Nachmittag des 31. Dezember mit dem
heimlichen Schießen an, ſo war die Stunde des
Jahreswech=
ſels damit mehr als je ausgefüllt. Es knallte in und aus allen
Ecken und Enden. Selbſtverſtändlich iſt das völlig bedeutungslos
und ungefährlich. Unſere Induſtrie hat in den letzten Jahren
Scheinwaffen aller Art herausgebracht. Von der dem
Browning nachgebildeten Alarmpiſtole bis zum Schießbleiſtift.
Und all dieſe Dinge zu probieren — der brave Bürger darf doch
ohne Grund nicht und nirgendwo knallen — gab die
Silveſter=
nacht willkommene Gelegenheit. In vielen „zarten” Händchen ſah
man ſo ein blitzendes kleines Ding, das ſo einen fürchterlich
lau=
ten Knall von ſich geben konnte, daß die „Schützen” ſelbſt meiſt
mehr erſchraken als die anderen.
Der beſondere „Ton” klang aber nicht nur aus dem lauten
äußeren Rahmen des Silveſterfeierns. Er erklang, wenn auch
leiſe nur, aus den Wünſchen und Gegenwünſchen in allen
Krei=
ſen. Man ging mit, wenn auch noch ſo beſcheidener,
Hoff=
nungsfrohe ins neue Jahr. Der furchtbar drückende
Peſſi=
mismus der letzten ſchweren Jahre ſcheint endlich einem geſunden
Optimismus weichen zu müſſen. Das ſchwere und harte Schickſal
hat uns ja alle in eine ſo furchtbare Schule genommen, daß wir
ſo beſcheiden geworden ſind im Hoffen und Wünſchen!
So beſcheiden, daß auch der geringſte, das graue Dämmer nur
eben andeutend durchbrechende „Silberſtreif am Horizont” uns
ſchon Lebensmut gibt.
Immer wieder klangs durch: Wenn man nur etwas vom
Beſſerwerden ſpürt, wollen wir ja gern noch durchhalten!
Und den Peſſimiſten, den Verzweifelnden, richtet die
Hoffnungs=
frohe des andern auf. Er hört es ja ſo gern, daß der und der große
Wirtſchaftler oder Politiker oder Staatsmann geſagt hat, der
Wiederaufſtieg unſerer Wirtſchaft kommt.
Wenn auch langſam, aber er kommt beſtimmt 1933! — Schließlich
einmal muß es ja anders, muß es beſſer werden! Wir
gehen nun ſchon ſo viele Jahre durch ein furchtbares Dunkel.
Und wenn dieſe beſcheidene Hoffnungszuverſicht neuen
Lebens mut gibt, iſt es gut ſo. Mit dem Lebensmut kommt
auch wieder, muß kommen die Lebensfreude, das bejahende
mutige Leben wollen, und dann iſt’s nicht mehr weit bis zu
dem ſtarken und zuverſichtlichen, jeden Zweifel erſtickenden
„Wir ſchaffens!”
Hat die Natur auch nichts dazu getan, den kleinen
Hoff=
nungsſtrahl für 1933 aufzuhellen, er ſoll doch ſo ſtark ſein, daß
er ſich von Regen und Nebel und trübem Dunſt nicht mehr
ver=
dunkeln läßt.
Zu Silveſterfeiern hatten diesmal mehr wie je zuvor faſt alle
Gaſtſtätten der Landeshauptſtadt eingeladen. Vom erſten Hotel
bis zum kleinſten Café. Und faſt überall war guter Beſuch zu
verzeichnen. Auch das darf ja als Beweis aufſtrahlender
Hoff=
nung gebucht werden. Bei Muſik und Tanz, bei Gerſten= und
Rebenſaft wurden die Stunden bis Mitternacht fröhlich
ver=
bracht, und wer es ſich leiſten konnte, ließ zur Stunde des
Jah=
veswechſels auch einen Sektpfropfen knallen.
Wer das laute Feiern nicht liebte, blieb im Familienkreis
bei dampfendem Punſch in beſinnlichem Meinungsaustauſch, und
nach altem Brauch durften die Kerzen des Chriſtbaumes
herun=
terbrennen. Mit dem Glockenſchlag 12 aber öffneten ſich Fenſter
und Balkontüren und — die Herzen! In das tiefe und
feierliche weithinhallende Geläut der Kirchenglocken miſchten ſich
von irgendwo Poſaunenklänge, und das fröhliche Proſit=Neujahr=
Rufen von Haus zu Haus wurde begleitet und umrahmt vom
Ziſchen und Krachen und Knallen und Donnern. Wie’s immer
war und immer ſein wird. Einmal im Jahr ſündigt ſelbſt der
ehrſamſte und gewiſſenhafteſte Staatsbürger gegen Polizei= und
Ruheſtörenden=Lärm=Verbots=Vorſchrift!
Das Landestheater hatte diesmal ſehr ergiebig für
Silveſterunterhaltung Sorge getragen. Im Großen Haus gab’s
nicht die „Fledermaus”, aber dafür eine noch ältere Angele=
Können Sie füir 2.50 Mk.
15 Plund Wäsche waschen?
Kering bedient Sie so billig u. doch tadellos.
genheit, die das Ehrwürdige ihres Alters ſchon im Titel trägt:
„Prinz Methuſalem” An anderer Stelle wird über
dieſe Operette geſchrieben.
Im Kleinen Haus wartete man mit einer Neuinſzenierung
von Bernhard Shaws „Pygmalion” auf. Dieſe Komödie,
eine der intereſſanteſten und beſten Shaws, iſt von früher in
allerbeſter Erinnerung. Die frühere Aufführung war mit Käthe
Gothe und Reimer in den Hauptrollen eine Glanzleiſtung
unſeres Schauſpielenſembles. Käthe Gothe iſt inzwiſchen von
der Eliza zur vornehmen Frau Higgins avancfer:. Daß ſie ihrer
damaligen wie der heutigen Aufgabe nicht das allergeringſte
ſchuldig blieb, ſpricht für die Vielſeitigkeit ihres ſtarken
Darſtel=
lungstalents und Künſtlertums. Eliza war Beſſie Hoffart.
und Profeſſor Higgins Joſef Keim. Hans Baumeiſter gab
den Oberſt Pickering ſehr gediegen, menſchlich warm, überlegen,
ſympathiſch. Die übrigen Rollen waren mit Gallinger
(ein ausgezeichneter Doolittle!), Irma Sonntag, Lilli
Pal=
mer, Franz Kutſchera, Mine Corinth, C. H. Peters,
Weſter=
mann und Keßler beſetzt. Rabenalt hatte die Neuinſzenierung
beſorgt und Elli Büttner die Bühnenbilder geſchaffen. Die
Aufführung (deren kritiſche Würdigung noch folgt) hatte ſtarken
Erfolg zu verzeichnen. Man klatſchte öfters bei offener Szene!
Außer dieſen Vorſtellungen bot das Landestheater noch ein
Silveſterkabarett. Die Tatſache frühzeitig ausverkauften
Großen Hauſes und dadurch veranlaßtes Ausdehnen dieſes
Ka=
baretts auch auf das Kleine Haus ſpricht grundſätzlich für das
Gute dieſer Idee, die eine rechte Stimmungsvorbereitung für
die Silveſterfeier ſein kann. In der Praxis aber leider nicht
war. Obwohl eine Ausleſe der beſten Kräfte von Oper und
Schauſpiel herausgeſtellt wurde — Sieber als Anſager, Fritzi
Jockl, Hans Baumeiſter Sattler Lilli Palmer,
Erwin Falter. Erna von Georgi, Erwin Palm, Macke
und das Tanzenſemble, und ſchließlich die ganze
Fußball=
mannſchaft der Bühne, die übrigens unter Heinr. Kuhns
Führung die unterhaltſamſte Nummer bot, blieb der letzte, der
Geſamt=Erfolg aus. Es waren viele enttäuſcht. Wenn man
ſchon mit einem derartigen Kabarett zwei Häuſer füllt, gebe
man den Künſtlern Zeit, Neues einzuſtudieren. Darmſtadt
iſt nun einmal nicht Großſtadt, und die Beſucher vieler
Veran=
ſtaltungen ſind ſtets gleich! Die Künſtler, faſt ſämtlich in den
bei=
den Abendvorſtellungen beſchäftigt, leiſteteten rein phyſiſch mehr
als man ihnen zumuten ſollte. Trotzdem!
Und eins noch. In den „Theaterblättern” von Silveſter iſt
zu leſen: „Laſſen Sie doch heute einmal die prächtige Stimmung,
in die Sie Kunſt und Künſtler verſetzt haben, nachklingen und
ausklingen, dort, wo Lukullus, Bacchus und Terpſichore ihres
Amtes walten und ihre Künſte zeigen! Sie warten auf Sie.
Folgen Sie dem Beiſpiel der Künſtler aller Zeiten. Schon ein
„Roſſini” ſagte: „Eine Tafel mit einer erleſenen
Speiſenaus=
wahl iſt wie ein gut beſetztes Orcheſter. Der Gaumen ſchwelgt im
Genuß der ſchönſten Sinfonie aller Geſchmäcker, und es gehört
ſchon viel künſtleriſches Empfinden dazu, dem Gaumen die
Spei=
ſen in der richtigen harmoniſchen Zuſammenſtellung und
Reihen=
folge zuzuführen.” So manche gepflegte Gaſtſtätte von Ruf
möchte gern Ihren Gaumen erfreuen! Und wie herrlich mundet
nach einem Kunſterlebnis ein ſchäumender Becher Bier, ein
per=
lendes Glas Wein oder ein delikater Kaffee mit gutem Gebäck!
Und wie elaſtiſch wiegt ſich der Körper beim Tanz!
Leichtbe=
ſchwingten Rhythmus und frohe Laune nehmen Sie dann mit
hinüber in den nächſten Tag mit ſeinem Daſeinskampf. Alſo:
„Kehr’ auch mal ein!“
Es iſt nebenſächlich, ob dieſe in den Anzeigen eingeſtreuten
Sätze bezahlte Reklame der Gaſtſtätten ſind oder von der
Redak=
tion der Theaterblätter ſtammen. Auf jeden Fall wird ihnen
die Wirkung genommen, wenn man gerade in der Silveſternacht
2000 und mehr Menſchen, von denen die Mehrzahl gern der
Mah=
nung gefolgt wäre, bis Mitternacht und länger im
Theater feſthält. Auch, oder gerade
Silveſtervorſtel=
lungen ſollten doch bis ſpäteſtens 11 Uhr beendet ſein!
Dieſe Betrachtungen ſollen nicht abgeſchloſſen werden, ohne ein
perſönliches Wunſchwort an alle unſere Leſer: Es geht
auſ=
wärts! Durchhalten mußten wir in ſchwerer Schule lernen.
Wir werden’s weiter tun. Der Erfolg kann nicht ausbleiben,
wenn wir endlich lernen uns in Einigkeit zu finden. Dann
aber mit Gottvertrauen und frohem, lebensbejahenden Mut hinein
in 1933!
M. St.
Tageskalender für Montag, den 2. Januar 1933.
Union=Theater: „Die — oder keine‟; Helia=Lichtſpiele; Muß
man ſich gleich ſcheiden laſſen”; Palaſt=Lichtſpiele: „
Film=
verrückt”
Großes Haus. — 31. Dezember.
„Prinz Methuſalem”
Operette von Johann Strauß.
Ein echter Johann Strauß mit allen unerreichten
Eigen=
ſchaften des großen Meiſters. Blühende Melodik, Schwung und
Eleganz der muſikaliſchen Linienführung, feiner Humor und
eine geſunde Pikanterie. Dazu die neue Inſtrumentation von
Karl Pauspertl, die den Orcheſterpart intereſſant macht. Dieſe
wußte die beſchwingte muſikaliſche Leitung Dr. Schmidt=
Iſſerſtedts, die das Ganze großzügig und warmblütig trug,
dann auch ſehr fein ins Licht zu ſetzen. Hervorragend iſt die
Inſzenierung zweier großer Könner: Hans Strohbach und
Schenck von Trapp. Was das erfindungsreiche Geſchick
dieſer Regie, was der erleſene Geſchmack, der delikate
Farben=
ſinn dieſes Bühnenbildners in wenigen verfügbaren Tagen auf
die Bretter ſetzte, wird mit dieſem Niveau von keiner anderen
Bühne übertroffen.
Ein Silveſterſtück? Doch wohl kaum. Auch eine andere
Be=
ſetzung der weiblichen Hauptrolle, die erwünſcht geweſen wäre,
hätte das Stück nicht retten können, deſſen Stoff zu dünn, deſſen
Muſik zu fein, ſeine Komik nicht originell iſt, ſo daß die
erwar=
tete Stimmung ſich nicht einſtellen wollte.
Den Vogel ſchoß Regina Harre ab, die als Sophiſtika
in einer einzigen kleinen Szene durch die unwiderſtehliche Komik
ihres Harfencouplets das Publikum aufweckte, das im übrigen
lau verblieb.
Auch Joſef Sieber gelang es mit den reichen Mitteln
ſeiner Draſtik, dem alten Fürſten Sigismund Leben
einzuhau=
chen. Dr. Allmeroth, ein idealer Vertreter des
Titel=
helden, konnte mit ſeiner ſchwungvollen Perſönlichkeit und
ſtimm=
lichen Bravour die kecke Rolle vielfach zum Siege führen.
Dä=
gegen war es Maja v. Spengler, die ſich zum erſten Male
in einer tragenden Rolle vorſtellte, nicht gegeben, die Pulcinella
glaubhaft zu machen. Hierzu gebrach es an Temperament, an
weiblicher Anmut, vor allem an Humor, und trotz famoſer
Auf=
machung am Charme der Erſcheinung. Ihre Stimme wäre groß
genug, iſt aber ohne Wärme, etwas hart im Klang und ſpröde
im Ausdruck. Ihr Weſen iſt intelligent, doch kühl und nicht
gewinnend. Eine Diva iſt ſie nicht, auch keine Soubrette.
Viel=
leicht verlangt ihre offenbare Begabung und Muſikalität ein
ganz anderes Feld. Eine große Zahl kleiner füllender Per=
onen war gut eingeſetzt. Hübſche Tänze in kleinem Rahmen
zeigte die Tanzgruppe während die angekündigten Solis
von Ilſe Meudtner und Hans Macke ausfielen. Der Chor
war ſehr lebendig bei der Sache.
v. H.
Das Haus war ausverkauft.
Großes Haus. — 1. Januar.
„Der Freiſchüß”
Romantiſche Oper von C. M. v. Weber, Text von Kind.
Die Wiederholung des wundervollen Werkes brachte wiederum
einen vollen Erfolg.
Diesmal ſang Charlotte Krauß die Agathe und
er=
wies ſich als recht geeignet. Ein kleineres Format entſpricht
dem Singſpiel eben gerade recht. In äußerer Erſcheinung, im
Weſen und Empfinden ganz das junge deutſche Mädchen, naiv,
fromm, liebenswert. Auch die Stimmfarbe paßt gut, das
geſang=
liche Können erfreute in hohem Grade, und die Ausgeſtaltung
des Charakters gab ein ausgeglichenes Ganzes, das große
v. H.
Wärme hatte und allgemein gefiel.
Ein Kriegsdokument und Erinnerungsbuch. Von Ernſt
Voll=
behr. Kriegsmaler im Großen Hauptquartier. Herausgegeben von
Dr: Otto Korfes, Archivrat im Reichsarchiv, unter Mitwirkung
vieler Heerführer. Mit einem Geleitwort von
Generalfeldmar=
ſchall von Hindenburg. Mit 26 Tafeln in Vierfarbendruck und 80
Abbildungen im Text. z. T in Vierfarbendruck. Gebunden 32 RM.
Akademiſche Verlagsgeſellſchaft Athenaion m. b. H., Potsdam.
Mit dem Abſchluß dieſes großen Bildwerkes liegt jetzt eins
der eindrucksſtärkſten und auch für die Zukunft bedeutungsvollſten
Erinnerungsbücher vom großen Kriege vor. Die Sichtung der
Kriegsliteratur hat ja längſt begonnen. Die Zeit iſt da der
ein=
wandfreie Wertmeſſer, der untrüglich die Spreu vom Weizen
ſon=
dert. Dieſes „Geſicht der Weſtfront” jedoch kann jeden Zeitabſtand
vertragen, ja, es ſcheint, als ob mit der durch die Forſchung und
Erinnerung immer ſtärker werdenden Objektivierung der
Kriegs=
ereigniſſe der Wert dieſes Buches von Tag zu Tag wächſt. Denn
was das untrügliche Auge des Künſtlers in vier Kriegsjahren ſah
und was dann der Pinſel des Malers zu Papier brachte, das iſt
die tatſächliche Weſtfront, wie ſie der Krieger ſelbſt tagaus, tagein
erlebte. Die geſamte Weſtfront. Stück für Stück, zum erſtenmal
in naturgetreuen Farben im Bilde feſtgehalten, und zwar
wäh=
rend der Kampfereigniſſe vom Flugzeug. Feſſelballon und
Schützen=
graben aus gemalt, das iſt der Inhalt dieſes — hier darf man es
einmal ſagen — einzigartigen Kriegsdokumentes. Die letzten bei=
den Lieferungen bringen die Frontabſchnitte von Flandern bis
zur Küſte, dazu wieder neben den farbigen Bildtafeln viele
Erd=
panoramen, Geländeſkizzen und ſonſtige Kriegsbilder und als Text
die Geſchichte dieſer Frontabſchnitte in der gedrängten, dadurch
aber doppelt wirkſamen Darſtellung des Generals Sixt von Ar=
Dr. W. B.
min und des Admirals v. Schröder.
* Eſſad Bey „Mohammed”. Eine Biographie. Guſtav Kiepenheuer
Verlag, Berlin. Leinen 8,50 RM.
Das Buch erzählt das Leben Mohammeds, die Idee ſeiner
Religion und das Schickſal ſeiner Bewegung bis in die Neuzeit.
Es ſchildert uns Arabien im 6. Jahrhundert und zeigt, wie in der
arabiſchen Geſellſchaft eine neue Religion ſich entwickeln konnte.
ohne daß ihr Urheber totgeſchlagen wurde, da die Sippe ihre
Mitglieder ſchützt, ganz gleich, ob ſie mit den Taten und Ideen des
Einzelnen übereinſtimmt oder nicht. Unter dieſem Schutze und mit
eiſerner Beharrlichkeit wußte Mohammed für ſeine religiöſe Idee
eine verläßliche Anhängerſchaft zu werben, die allen Widerſtänden
gewachſen war. Dann in knapp 12 Jahren ſchuf er aus einem
un=
einigen, in viele Parteien zerſplitterten Land den Kern eines
Weltreichs, das innerhalb eines Jahrhunderts von der Grenze
Aſiens bis nach Spanien ſich erſtreckte. Ironie des Schickſals
hier=
bei, daß die Herrſcher dieſes Weltreichs ſich am längſten geſträubt
hatten, den Iſlam anzunehmen und Mohammeds erbittertſten
Feinde waren.
Das Buch iſt mit viel Schwung und Ueberzeugungskraft
ge=
ſchrieben, die den Leſer ganz in ſeinen Bannn zu ſchlagen vermag.
Wer von dem Urſprung des Iſlams Kenntnis haben will, ſoll
dieſes Buch zur Hand nehmen.
Dr. WV
* Rudolf Brunngraber: Karl und das 20. Jahrhundert. Societäts=
Verlag, Frankfurt a. M.
Rudolf Brunngraber wirft auf die moderne Welt ein
wach=
ſames Auge. Er notiert die Geſchichte ihres Reichtums, die
Etap=
pen der techniſchen Vervollkommnung, die Zwiſchenfälle in allen
Ländern und Zonen. die Konferenzen, Bündniſſe, die Rüſtungen
und Erfindungen, die Zuſammenbrüche und Fortſchritte, er
inter=
eſſiert ſich für die Induſtrieherren, für die Arbeiterführer, für die
Politiker. Patrioten. Redner und Quackſalber. Ein Kaleidoſkop
von Daten, das die Vorſtellung des Unentrinnbaren, dem die
Menſchen verfallen ſind, unabweisbar macht. Dieſer harten und
kalten Geſetzen folgenden Welt gegenüber erſcheint das Leben des
einzelnen wie ein Spießrutenlauf. Von oben und unten
umklam=
mert ſie den kleinen Mann, der ſich ihrer Mächte nicht erwehren
kann. Karl Lakner, ein ſenſitiver und ſeinem Gefühle vertrauender
Menſch, wehrt ſich, ſo gut er kann. Nur allmählich rückt die Welt
mit ihrer ganzen Gewalttätigkeit in ſein Bewußtſein. Erſt auf der
Odyſſee durch den harten und abenteuerlichen Alltag dieſer Zeit
realiſiert Karl, was es heißt. im 20. Jahrhundert zu leben.
Krieg. Inflation und Kriſe ſind die Etappen dieſer beſtürzend
aktuellen Entwicklung, durch die ein lebendiger Menſch aller Güter
beraubt und vor das abſolute Nichts verwieſen wird.
+
Montag, 2. Januar 1933
Darmſtädter Tagblatt / Heſſiſche Neueſte Nachrichten
Nr. 2 — Seite 3
Folgen des Silveſterpunſches.
Die Silveſternacht, richtiger der Neujahrsmorgen, iſt in
Darmſtadt nicht ganz ruhig verlaufen. Es haben ſich zwar keine
Unglücksfälle beim Feuerwerken ereignet, doch verſchaffte ſich
der zu reichlich genoſſene Alkohol bei einigen Leutchen in zu
leb=
haften Bewegungen Ausdruck; die Rettungswache mußte daher
einige Getroffenen” ins Spital beſorgen. Gegen 2 Uhr morgens
verdroſchen ſich Ecke Pankratiusſtraße=Rhönring einige Metzger;
zwei kamen mit Arm= und Kopfverletzungen ins
Stadtkranken=
haus. Gegen 4 Uhr erſchien auf der Rettungswache in der
Kirch=
ſtraße ein Mann mit Kopfverletzungen. Nach Anlegung eines
Notverbandes konnte er zu ſeiner wartenden lieben Gattin
ent=
laſſen werden. Die Rettungswache hat am Sonntag nichts mehr
von ihm gehört. — In der Sackgaſſe kamen einige Männer heftig
aneinander, ein junger Schloſſer wurde ſchließlich mit
Kopfver=
letzungen an einem Treppenabſatz von der Rettungswache
ab=
geholt. Nach Anlegung eines Schutzverbandes mußte er jedoch
ins Krankenhaus weitergeleitet werden. In der Mühlſtraße erlitt
ein Mann am Morgen einen Tobſuchtsanfall; er kam ebenfalls
ins Stadtkrankenhaus. Gegen 8 Uhr morgens kam es in einem
Lokal der Schloßgaſſe zu einer Keilerei. Ein 19jähriger
Reichs=
wehrſoldat, der auf Urlaub hier weilt, benutzte in der Notwehr (2)
ſchließlich das Seitengewehr (zum Glück hatte er ſeinen
Schlepp=
ſäbel zu Hauſe gelaſſen!) und ſtach einem Gegner in die Wange.
Dieſer wird mit einem „akademiſchen Durchzieher” davonkommen.
Ein zweiter Gegner erhielt einen Stich in die Bruſt, doch machte
glücklicherweiſe eine harte Rippe dem weiteren Vordringen des
kalten Stahls ſofort ein Ende. Die Polizei belehrte den
künf=
tigen Jünger Mars über den Umgang mit Waffen im zivilen
Leben in eindringlicher Weiſe.
Auch die Feuerwehr begann das Jahr vielverſprechend.
Ein leichter Zimmerbrand in der Heinheimerſtraße und eine
dickere Sache Wittmannſtraße 2 „wurden abgelöſcht, ſo daß nur
Sachſchaden entſtand.
— Im Union=Theater läuft heute und folgende Tage mit
glän=
zendem Erfolg die neue große Gitta Alpar=Tonfilm=Operette. Die
oder Keine”, in der Gitta Alpar, das Stimmwunder, und Max
Hanſen, die Hauptrollen ſpielen. Die Regie führte der
Meiſter=
regiſſeur Karl Fröhlich.
— In den Helia=Lichtſpielen ſieht man nur noch heute Iwan
Petrowich. Elſe Elſter und Szöke Szakall in dem luſtigen Tonfilm
„Muß man ſich gleich ſcheiden laſſen”. Regie: Hans Behrendt.
Die Palaſt=Lichtſpiele zeigen heute unwiderruflich zum
letz=
ten Male zu ermäßigten Preiſen den großen Lacherfolg „
Filmver=
rückt” mit Harold Lloyd.
Darmſtädter Wochenmarkt=Kleinhandelspreiſe vom 31. Dez.
(alles per Pfund oder Stück in Rpfg.); Gemüſe:
Erdkohl=
raben 4—6, Gelberüben 5—8, Roterüben 8—10. Weißerüben
6—8. Schwarzwurzeln 20—25, Spinat 15—20, Römiſchkohl
10—12. Rotkraut 8—10, Weißkraut 5—6. Wirſing 6—10.
Roſen=
kohl 15—20. Zwiebeln 8—10. Knoblauch 60—80. Tomaten 50,
Kaſtanien 25, Feldſalat 80—100 Endivienſalat 12—15,
Kopf=
ſalat 25—30 Blumenkohl 30—50. Rettich 5—10. Meerrettich
60—70. — Kartoffel: Spätkartoffeln 3—4. — Obſt:
Tafel=
äpfel 15—25, Wirtſchaftsäpfel 10—20, Tafelbirnen 15—25,
Wirt=
ſchaftsbirnen 10—20, Nüſſe 40—50, Apfelſinen 8—15, Zitronen
5—10, Bananen 30—40. — Eßwaren: Süßrahmbutter 160
bis 180. Landbutter 120—130, Weichkäſe 25—30. Handkäſe, 6—12.
Eier, friſche 13—15. — Wild und Geflügel: Gänſe 90
bis 100, Hühner 70—80, Enten 90—100, Tauben 50—80, Haſen
65—100, Hähne 110. — Fleiſch= und Wurſtwaren;
Rindfleiſch, friſch 56—70, Kalbfleiſch 78. Schweinefleiſch 70—90,
Dörrfleiſch 110. Schinken 120. Wurſt 55—140. Wurſtfett 50,
Schmalz, ausgelaſſen, 70.
Das Wort „Whisky” iſt eine Urſprungsbezeichnung. Das
Kammergericht hat in einem Prozeß engliſcher Whisky=Fabrikanten
gegen deutſche Spirituoſenfabriken feſtgeſtellt, daß das Wort
„Whisky” eine Urſprungsbezeichnung iſt und für deutſchen Whisky
nicht ohne beſonderen Zuſatz verwendet werden darf. Als Whisky
darf daher in Deutſchland nur ſchottiſcher, iriſcher oder kanadiſcher
Whisky verkauft werden. Deutſchen Herſtellern iſt die Anwendung
des Wortes nur geſtattet, wenn ſie es mit dem Worte „deutſcher
oder einem ähnlichen verbinden. Der Zuſatz muß ebenſo groß und
ſinnfällig gedruckt werden wie das Wort ſelbſt.
Lokale Veranſtalkungen.
Die hierunier erſcheinenden Notizen ſind ausſchließich als Hinwelſe auf Anzeigen zu betrachten,
in keinem Falle irgendwie als Beſprechung oder Kritik.
— Erna Volz, eine junge Schauſpielerin, veranſtaltet am
10. Januar, um 20.15 Uhr einen Rezitationsabend im
Saale der Loge, Sandſtraße 10 (Werke von Otto Ernſt, Franz
Evers, Max Dautendey u. a.). Karten bei Chr. Arnold. — Gedok=
Mitglieder erhalten auf Vorzeigen ihres Ausweiſes Ermäßigung.
Briefkaſten.
Jeder Anfrage iſt die letzte Bezugsquſttung beizufügen. Anonyme Anfragen werden
nicht beantwortet. Die Veaniwortung erfolgt ohne Rechtsverbindlichkeit.
O. H. Die Verordnung vom 11. November 1932 gibt ein
Moratorium auch für ſtädtiſche Hypotheken und gilt für ſolche
Hypotheken, die bereits fällig geworden ſind und die noch fällig
werden, kraft Geſetzes bis zum 1. April 1934. Es iſt daran
ge=
knüpft, daß der Schuldner die Zinſen und Tilgungsbeträge
pünkt=
lich bezahlt. Iſt er damit bereits im Rückſtand, ſo bekommt er den
Moratoriumsſchutz, wenn er die rückſtändigen Beträge an Zinſen
nicht binnen Monatsfriſt nach Fälligkeit entrichtet hat. Die Frage
1 iſt alſo zu bejahen. Die Ausnahmevorſchrift in 8 14 iſt in allen
Teilen eng auszulegen. Es ſcheiden für das Moratorium
Auf=
wertungshypotheken aus, für die nach wie vor das Geſetz vom
18. Juli 1930 gilt. Liegt der Rückzahlungstermin nach feſter
Ver=
einbarung über den 1. April 1934 hinaus, ſo wird es dabei ſein
Bewenden haben, ſo daß der vereinbarte Rückzahlungstermin
be=
ſtehen bleibt. Die Frage 2 iſt ſonach erledigt. Frage 3: Schon die
Notverordnung vom 8. Dezember 1931 hatte ein Moratorium bis
31. Dezenber 1933 gebracht. Dieſes Moratorium iſt jetzt bis
1. April 1934 erweitert.
L. Sch., hier. Mit Wirkung vom 1. November 1930 iſt die
Entſchädigung der Mitglieder des Reichstags wie folgt geregelt:
1. Die Mitglieder erhalten für die Dauer der Zugehörigkeit zum
Reichstag und die folgenden 8 Tage, im Falle einer Neuwahl
des Reichstags jedoch bis zum Ablauf des 8. Tages nach der
Wahl des neuen Reichstags, das Recht zur freien Fahrt auf allen
deutſchen Eiſenbahnen; 2. vom Tage vor dem erſten
Zuſammen=
tritt des Reichstags bis zum Tage der Neuwahl eine
Aufwands=
entſchädigung von monatlich 600 Mark, zahlbar an jedem
Monats=
erſten. Wenn der Reichstag die Sitzungen länger als einen Tag
unterbricht, während einer ſeiner Ausſchüſſe tagt, erhalten
deſſen Mitglieder außer der Aufwandsentſchädigung ein
Tage=
geld von 10 Mk. für jeden Tag ihrer durch das Sitzungsprotokoll
des Ausſchuſſes nachgewieſenen Tätigteit. Für jeden Tag. an
dem ein Mitglied des Reichstags der Vollſitzung ferngeblieben
iſt, werden von der Entſchädigung 20 Mark abgezogen. Hier gibt
es natürlich durch Umſtände entſchuldigte Ausnahmen. Im Falle
des Todes eines Reichstagsabgeordneten kann die Zahlung an
den Ehegatten oder ſonſtige Hinterbliebene erfolgen, ohne daß
deren Erbrecht nachgewieſen zu werden braucht.
„Ein langjähriger Abonnent.” Anonyme Anfragen bleiben
grundſätzlich unberückſichtigt. Ob eine Verſicherungspflicht
be=
ſteht, hangt von der Satzung der Kaſſe ab, die Sie ſich
be=
ſchaffen müſſen.
P., hier. Nein.
Skimmen aus dem Leſetkreiie.
(Für die Veröffentlichungen unter dieſer Ueberſchrift übernimmt die Redaktion keinerlei Ver.
antwortung; für ſie bleibt auf Grund des 5 21 Abſ. 2 des Preſſegeſetzes in vollem Umjange
der Einſender verantwortich.) — Einſendungen, die nicht verwendet werden, lönnen nicht
zurückge andi, die Ablehnung nicht begründet werden.
e Friedhofsgärtner haben nach Stabiliſierung
der Mark vom Januar 1924 ab die Forderung für
allge=
meine Grabſtätten=Unterhaltung gegen die Vorkriegszeit um
40 Prozent erhöht und dieſe Forderung trotz
Preis=
ſenkungsporſchrift beibehalten. Sie denken wohl, die
Pietät der Schuldner würde es ausſchließen, hieran zu rutteln,
Wer aber die Pflicht hat, für die Unterhaltung mehrerer
Grab=
ſtätten aufzukommen, muß auch hier auf Preisſenkung beſtehen,
da die Löhne der Gärtner=Gehilfen doch ſicherlich ſchon lange
ge=
ſenkt worden ſind. Ein Friedhofsgärtner verſchickte ſeine im
Januar 1933 fälligen Rechnungen ſogar auf offener
Poſt=
karte, offenbar, um Papier und Porto zu ſparen, und
zwar ſo frühzeitig, daß ſie am 1. Weihnachtsfeiertag ankamen.
Der Sternhimmel im Januar 41933.
Von Günter Archenhold, Direktor der Treptow=Sternwarte.
Die klaren Winternächte mit ihrer durchſichtigen Luft ſind
vorzüglich geeignet, den Naturfreund zu einer genaueren
Be=
trachtung des an Schönheiten ſo überreichen Firmamentes
ein=
zuladen, welches gerade zu dieſer Zeit mit den herrlichſten
Stern=
bildern bedeckt iſt. Schon bald nachdem das Tagesgeſtirn unter
dem Horizont verſchwunden iſt, was am
An=
fang des Monats gegen 16 Uhr, am Ende
des Monats gegen 17 Uhr geſchieht, tauchen
hier und da einige hellere Sterne auf. Im
Weſten erſcheinen zunächſt Wega. Deneb und
Atair und tief am Horizont der Planet Saturn,
im Oſten iſt es Kapella im Fuhrmann, die uns
als erſter Stern vom Himmel herab grüßt. Die
unaufhaltſame Drehung der Erde führt den
Be=
obachter von Minute zu Minute tiefer in die
Nachtſeite der Erde hinein. Dunkelheit ſenkt
ſich hernieder, und mehr und mehr Sterne
wer=
den ſichtbar.
Am 1. Januar um 22 Uhr und am 15.
be=
reits um 21 Uhr haben wir den Anblick des
Sternhimmels, den unſere Sternkarte angibt.
Deneb im Schwan und Wega in der Leier ſind
ſeit Beginn der Dunkelheit tief zum
Nordweſt=
horizont herabgeſtiegen. Im Norden zeigt der
Kleine Bär, der wie ein Zeiger um den
Him=
melspol herumſchwingt, nach unten zum
Hori=
zont. Im Nordoſten kommt der Große Bär
herauf. Hoch über unſeren Häuptern, faſt im
Zenit, ſteht nunmehr Kapella, im Fuhrmann,
und der Blick, der von ihr aus nach Süden
herabſchweift, trifft auf die glänzenden
Winter=
geſtirne. Wir finden den rötlichen Aldebaran
im Stier, nicht fern von ihm die Gruppe der
Plejadenſterne, im Volksmund auch
Sieben=
geſtirn genannt. Die drei auffallenden
Gürtel=
ſterne des Orion machen uns auf die Geſtalt
des großen Jägers am Himmel aufmerkſam.
Sie ſind zugleich der Wegweiſer der uns
gerade=
wegs auf Sirius im Großen Hund führt, den
ſtrahlendſten aller Fixſterne. Prokyon im
Klei=
nen Hund ſowie Kaſtor und Pollux in den
Zwil=
lingen beſchließen den Kranz der Winterſterne.
Schauen wir nach zwei Stunden gegen
Mit=
ternacht wieder zum Himmel empor, ſo
erken=
nen wir deutlich den veränderten Anblick des
Sternhimmels. Sirius ſteht jetzt ſchon im
Meridian und gibt ſomit genau die
Südrich=
tung an. Im Oſten ſind die beiden Planeten
Mars und Jupiter aufgegangen und beleben
das Himmelsbild. Bis zum Morgen haben
auch ſie ihren Aufſtieg bis zum Meridian
voll=
endet und beginnen auf der weſtlichen
Him=
melsſeite zum Horizont wieder herabzuſteigen. Mit den im
Oſten neu heraufkommenden Sternen erſcheint zwiſchen 6 und 7
Uhr Venus, zwiſchen 7 und 8 Uhr Merkur. So können wir anfangs
des Monats im Laufe einer Nacht die fünf dem bloßen Auge
ſichtbaren Wandelſterne beobachten.
Wir kennen alle die Urſache des Auf= und Niedergehens der
Geſtirne: Es iſt die Drehung der Erde um ihre Achſe, welche die
verſchiedenen Stellungen der Geſtirne im Laufe einer Nacht
be=
wirkt. Auf einer Sternwarte können wir, wenn wir durch ein
feſtſtehendes Fernrohr hindurchblicken, das Wandern der Geſtirne
deutlich erkennen, und die Beſücher der Treptow=Sternwarte ſind
jedesmal erſtaunt, wenn der Stern, der gerade beobachtet wird,
aus dem Geſichtsfeld des Rohres hinauseilt, ſobald das Uhrwerk,
das während der Beobachtung das Fernrohr dem Stern nachführt,
ausgeſchaltet wird. Die Beobachtung des Zeitmomentes, in
wel=
chem die einzelnen Sterne den Meridian paſſieren, gibt den Aſtro=
auf ſeine Uhr ſchaut, mag er ſich befinden wo er will, ſollte ſich
bewußt ſein, daß er die Zeit der unentbehrlichen Arbeit der
Aſtro=
nomen zu verdanken hat.
Der Mond zeigt ſich zuerſt als ſchmale Sichel, die am 3. zum
Erſten Viertel angewachſen iſt. Am 11. glanzt dann der
Voll=
mond nicht weit von den Zwillingen. Er geht an dieſem Tage
um 15½ Uhr auf und bleibt bis morgens 8½ Uhr, alſo über
17 Stunden lang, ſichtbar. Die abnehmende Sichel leuchtet am
19. als Letztes Viertel im Sternbild der Jungfrau und
verſchwin=
det am 25. als Neumond. Unſer Trabant bildet einige ſchön zu
beobachtende Konſtellationen mit den Planeten: am 16. und 17.
geht er an Mars und Jupiter vorbei, am 24. zieht er unterhalb
der Venus vorüber.
Aus Heſſen.
Dg. Arheilgen, 1. Jan. Weihnachts= und
Silveſter=
feier der Sportvereinigung 04. Die
Sportvereini=
gung 04 hatte am Silveſterabend zu einer Feier mit buntem
Pro=
gramm eingeladen, die einen überaus guten Verlauf nahm und für
den Verein ein voller Erfolg in jeder Hinſicht war. Der
Schwa=
nenſaal war bis auf den letzten Platz beſetzt. Nach einem
einlei=
tenden Muſikſtück begrüßte der Vorſitzende, Herr Auguſt Sandoz,
die Anweſenden und dankte allen, die ſich für die Ausgeſtaltung der
Vortragsfolge zur Verfügung geſtellt hatten. Anſchließend ſang
der hier beſtens bekannte Kammerſänger Spira=Darmſtadt mit
gutem Können „In weiter Welt” und das „Spielmannslied”.
Hierauf folgte ein Einakter Sein Weihnachtsgeheimnis”. Herr
Heinrich Gutkäſe=Darmſtadt erntete", für ſeine humorvollen
Vorträge reichen Beifall. Nach einer kurzen Pauſe gelangte der
Einakter „O alte Burſchenherrlichkeit” zur Aufführung, ein
hei=
terer Schwank, der zur Hebung der Stimmung beitrug. Dann
ſang Herr Spira zwei Arien „Freundlich blick ich” und „O wie ſo
trugeriſch” aus „Rigoletto”, die derart gut einſchlugen, daß er ſich
zu einer Zugabe, „Der Poſtillon von Lonjumeau” hergeben mußte.
Den Vogel abgeſchoſſen hat aber, wohl Herr Walkenhorſt=
Darmſtadt, der als Muſikclown „Bolly” für unſeren Ort etwas
Neues brachte und mit ſeinen vielſeitigen muſikaliſchen
Darbie=
tungen auf teilweiſe primitivſten Inſtrumenten, verbunden mit
akrobatiſchen Kabinettſtückchen, wirklich gute Leiſtungen vollbrachte.
Den Abſchluß des offiziellen Programms bildete die
Silveſter=
aufführung „Einzug des neuen Jahres”, die, kurz vor 12 Uhr
beginnend, vom alten in das neue Jahr hinüberleitete. Dem
Vorſitzenden des Vereins, Herrn Auguſt Sandoz, wurde im
Laufe des Abends für 25jahrige treue Mitgliedſchaft
und erſprießliche Tätigkeit als Vorſtandsmitglied eine
Pla=
kette überreicht, die der Geehrte mit Worten des Dankes
ent=
gegennahm. Den muſikaliſchen Teil des Abends beſorgte die
Kapelle Anthes. Eine reichhaltige Tombola brachte die üblichen
Ueberraſchungen. Das anſchließende Tänzchen mit allerlei
Kurz=
weil hielt die Anweſenden bis in die Morgenſtunden in
gemüt=
lichem Kreiſe beiſammen.
Eberſtadt, 1. Jan. Beratungsſtunde. Am Montag,
den 2. Januar, nachmittags von 3—4 Uhr, findet in der
Guten=
bergſchule wieder eine Beratungsſtunde der Mutter= und
Säug=
lingsfürſorge ſtatt.
Cp. Pfungſtadt. 1. Jan. Fahrplanverbeſſerung. Mit
wirkung vom 2. Januar ab verkehren (zur Herſtellung eines
An=
ſchluſſes von T 966 Darmſtadt ab 19.31 Uhr) zwei weitere
Trieb=
wagenfahrten ab Bahnhof Pfungſtadt und zurück. Hinfahrt:
Pfungſtadt ab 19.30 Uhr. Eberſtadt an 19.36 Uhr, Rückfahrt:
Eber=
ſtadt ab 19.43 Uhr. Pfungſtadt an 19.48 Uhr.
— Eſchollbrücken. 31. Dez. Am 4. Januar begeht Frau Johanna
Lorch. Gattin des verſtorbenen Zirkusbeſitzers Louis Lorch. in
voller, geiſtiger Friſche ihren 81. Geburtstag.
— Lichtenberg i. Odw., 31. Dez. Am Sonntag, den 8. Januar,
findet hier wiederum das Dreikönigstreffen der
Starkenbur=
giſchen Jugend des Heſſenbundes und des Grünkreuz=Verbandes
ſtatt. Nähere Nachrichten folgen noch an dieſer Stelle.
Ch. Hainſtadt (Kr. Erbach), 31. Dez.
Gemeinderats=
ſitzung. Die Gebühren der Feldgeſchworenen werden mit
Wir=
kung vom 1. Januar 1933 auf 50 Pfg. pro Stunde feſtgeſetzt. Im
Jahre 1912 wurde der Bahnbau Höchſt (Odw.)—Aſchaffenburg
vollzogen. Die intereſſierten Gemeinden übernahmen damals dem
bayeriſchen Staat gegenüber, der die Bahn auch auf heſſiſchem
Gebiet gebaut hat, die Verpflichtung, das erforderliche Gelände
koſtenlos zu ſtellen. Zwei Drittel der Geländekoſten wurde den
Beſitzern nach der Abſchätzung ausbezahlt. Ein Drittel wurde bis
zur Fertigſtellung der Meßbriefe einbehalten. Durch das Urteil
des Heſſiſchen Oberlandesgerichts Darmſtadt vom 18. Mai 1930 iſt
das reſtliche Drittel zuzüglich der Zinſen bis zum 31. Oktober 32
auf 78 021,14 RM. angewachſen. Hiervon entfallen auf die
Ge=
meinde Hainſtadt 11,16 Proz. gleich 8707,16 RM. Die hierfür
er=
forderliche Schuldperſchreibung wurde von den Ratsmitgliedern
genehmigt.
Ae. Hammelbach, 31. Dez. Im Zeichenſaal der Schule fand ein
Lichtbildervortrag für die Freiwillige und
Pflichtfeuer=
wehr ſtatt. Herr Krei feuerwehrinſpektor Knaup=Birkenau
ſprach über Bekämpfung des Feuers und Verhütung und erläuterte
an Hand der Lichtbilder in verſtändlicher Weiſe ſein Thema.
An=
ſchließend, überreichte Herr Kreisfeuerwehrinſpektor Knaup im
Namen der Heſſiſchen Regierung folgenden Mitgliedern der
Frei=
willigen Feuerwehr das Ehrenzeichen der 25jährigen Tätigkeit im
Dienſte der Wehr, indem er für ihre Leiſtungen dankte und zur
Nacheiferung ermahnte: Egidius Stei= 6. Georg Adam Neff 2.,
Ludwig Peter Röth und Egidius Adam Röth.
A. Seidenbach, 30. Dez. Straßenprojekt. Es iſt geplant,
die Provinzialſtraße Lörzenbach-Linnenbach—Erlenbach—
Seiden=
bach von hier aus zu verlängern und durchzubauen bis zur
Provin=
zialſtraße im Seidenbucher Wald. Dadurch würde eine direkte
Verbindung dieſes Staatswaldes mit dem Weſchnitztal hergeſtellt
und der Holzabſatz ſehr erleichtert und geſteigert. Auch die
an=
liegenden Landwirte zögen Vorteil aus dem Straßenbau, da das
Gelände ſehr ſteil und ſchwer zu befahren iſt.
i. Hirſchhorn, 31. Dez. Eine Räuberhöhle aufgedeckt.
Der aus Rohrbach gebürtige Monteur Hockenberger, der in
Hirſchhorn zwei Einbrüche verübte und vor einiger Zeit verhaftet
wurde, hat ſich in der Nähe von Rohrbach im Walde einen
Unter=
ſchlupf gemacht, der einem Unterſtand gleicht und die Größe eines
Zimmers hat. Die Wände dieſes Unterſchlupfes ſind mit kleinen
Eichenſtämmen abgeſtützt; auch für Waſſerleitung war geſorgt.
Waldarbeiter machten dieſe Räuberhöhle ausfindig, die täglich
von vielen Menſchen beſichtigt wird.
Bm. Hofheim (Ried), 28. Dez. Reichsjugendkämpfe.
Bei den Reichsjugendwettkämpfen konnten von der evangeliſchen
Volksſchule, Knabengruppe Jahrgang 1920—21 im Funfkampf
22 Knaben als Sieger hervorgehen, während 6 Knaben nicht die
nötige Punktzahl erreichten. Im Siebenkampf der Jahrgänge 1918
bis 1919 gabs 7 Sieger und 5 Knaben gingen leer aus. Es ſtehen
der evangel. Volksſchule nun 3 Ehrenurkunden des Herrn
Reichs=
präſidenten, 13 Ehrenurkunden des Herrn Staatspräſidenten und
12 Jugendſchriften zur Verfügung.
i. Viernheim, 29. Dez. Bekanntlich wurde die Rezeßrente
vom Staate wegen rückſtändiger Gemeindeſchulden gepfändet. Das
Kreisamt ſchlägt der Verwaltung vor, die fällige Juli=Rate von
5070,80 RM. an Rezeßrente zur Auszahlung zu überweiſen und
von den in Kürze fällig werdenden halbjährlichen Raten die
Gemeindeſchuldigkeiten aufzurechnen. Der Gemeinderat
beabſich=
tigt, erſt mit der Rechtsvertretung in Verbindung zu treten.
Das Heſſiſche Juſtizminiſterium nimmt gegenüber der Errichtung
eines Notariats in Viernheim einen ablehnenden
Stand=
punkt ein. Die Gerichtstage ſollen evtl. bei Bedarf erweitert
werden. — Dem Gemeinderat lag der Voranſchlag für 1932
vor, der mit einem ungedeckten Betrag von 211 173,59 RM.
ab=
ſchließt. Er wurde einſtimmig abgelehnt. Der Gemeinderat
ver=
tritt die Anſicht, daß der Fehlbetrag durch Steuererhöhung in der
Gemeinde nicht aufgebracht werden könne und ein finanzielles
Eingreifen des Staates erforderlich ſei.
Dm. Wolfskehlen. 1. Jan. Am 31. Dezember konnte Landwirt
Johannes Schaffner Floßgaſſe, ſeinen 81. Geburtstag in
kör=
verlicher und geiſtiger Friſche feiern. — Am Silveſterabend fand
in der evangeliſchen Kirche eine ſchlichte Neujahrsfeier unter
Mit=
wirkung des Kirchenchors ſtatt. Die Kirche war bis auf den letzten
Platz beſetzt. — Bei der letzten Treibjagd wurden 118 Haſen und
zwei Faſanen zur Strecke gebracht. — Infolge der allgemeinen
Geldknappheit nahm die diesjährige Silveſterfeier einen ſehr
ruhigen Verlauf.
4a. Langen, 31. Dez. Kaninchenmarder. In den
letz=
ten Tagen erlebten mehrere hieſige Haſen= und Kaninchenzüchter
eine böſe Ueberraſchung. Als ſie frühmorgens nach ihren Tieren
ſchauten, waren viele davon übel zugerichtet, aufgeriſſen und
ſo=
gar teilweiſe totgebiſſen. Man nimmt an, daß ein wildernder
Hund oder ein ſonſtiges Tier als Täter in Betracht kommt.
Ins=
geſamt wurden 30 Haſen auf dieſe Weiſe vernichtet.
Af. Neu=Iſenburg, 31. Dez. Aus dem Gemeinderat.
Nachdem der Bürgermeiſter ein ungeſchminktes Bild der
Gemeinde=
finanzen entworfen hat, wird ein ſozialdemokratiſcher Antrag
an=
genommen, der für Verheiratete 10 Mk., für Alleinſtehende 7.50
Mk., für Ledige 5 Mk. und für jedes Kind 2.50 Mk. als Winterhilfe
vorſieht. — Einem Vertrag mit der hieſigen Verwertungsſtelle der
Reichsmonopolverwaltung für Branntwein wird zugeſtimmt.
Der Steuerſatz für karnevaliſtiſche Veranſtaltungen wird von 40
auf 30 Prozent, für Tanzbeluſtigungen von 30 auf 25 Prozent
er=
mäßigt.
4a. Offenbach, 1. Jan. Lebensmüde. Im Rathausvark
brachte ſich ein 24 Jahre alter, lediger Mann in ſelbſtmörderiſcher
Abſicht einen Schuß aus einem Terzerol bei. Er ſtarb während
des Transportes in das Krankenhaus.
P. Rüſſelsheim, 31. Dez. Das reiche Ergebnis der
Samm=
lungen für die private Winterhilfe ermöglichte es, vor
Weihnach=
ten in 430 Fällen Unterſtützungen an hilfsbedürftige Familien
und Einzelperſonen in Form von Lebensmitteln,
Kleinbeklei=
dungsſtücken. Brennmaterialien uſw. zur Verteilung zu bringen.
Weiterhin ſtehen der privaten Winterhilfe noch 2000 Mk.
Sam=
melgelder zur Verfügung, die im Laufe des Winters in Form von
Lebensmittelgutſcheinen verausgabt werden ſollen, die jedoch nur
von Rüſſelsheimer Geſchäftsleuten und Landwirten beliefert
wer=
den dürfen. Ein Teil der Sammlungen aus der Winterhilfe
wurde beſtimmungsgemäß der Kreisfürſorgeſtelle Groß=Gerau für
private Winterhilfe zur Verteilung an Hilfshedürſtige in
lei=
ſtungsſchwachen Gemeinden des Kreiſes Groß=Gerau überwieſen,
Seitz 4 — Nr.
Darmſtädter Tagblatt / Heſſiſche Neueſte Nachrichten
Montag, 2. Januar 1933
Wiſſenswertes Allerlei.
Ein einziges menſchliches Haar trägt ein Gewicht
von einem Viertelpfund, ohne zu reißen.
In den Londoner Banken kommen durchſchnittlich auf
jeden männlichen Angeſtellten zwei weibliche.
Seelöwen in den Zoologiſchen Gärten bekommen täglich
vierzig Pfund Fiſche.
In Auſtralien werden in jedem Jahr fünfeinhalb
Mil=
liarden Zigaretten geraucht, was etwa 875 Zigaretten auf den
Kopf der Bevölkerung entſpricht.
Amerika gibt jetzt jährlich eine größere Summe für die
Verhinderung und Aufdeckung von Verbrechen aus, als ſeine
geſamten Kriegskoſten betragen haben.
In Judien ſind etwa zwanzig verſchiedene Kalender in
Gebrauch. Der Donnerstag des einen iſt der Samstag des
andern. Was in dem einen Kalender April iſt, iſt in dem
andern Juli. Manche Leute leben im Jahre 1932, andere im
Jahre 6933! Alſo eine Art babyloniſcher Verwirrung.
Jeder Ruſſe iſt berechtigt, vier Wochen Ferien zu haben,
aber, da der Staat dieſe anordnet, ſind es keine eigentlichen
„Familienferien”. Jedes Glied der Familie wird vorher
ärzt=
lich unterſucht und dann nach dem Ort geſchickt, der für ſeinen
Geſundheitszuſtand geeignet erſcheint, ſo daß alſo die Familie
ſelten zuſammen eine Sommerfriſche aufſuchen wird.
Die Bibel, oder doch Teile von ihr, iſt jetzt in mehr als
neunhundert Sprachen überſetzt.
Ausgeſprochen blaue Augen kommen verhältnismäßig
ſelten vor; die meiſten Augen, die man als blau bezeichnet,
haben eine graue oder braune Farbbeimiſchung.
In einer amerikauiſchen Stadt ſoll jetzt
unzer=
brechliches Glas zur Errichtung von Häuſern benutzt werden.
Dieſes Glas ſoll undurchläſſig ſein für Staub, Lärm, Hitze und
Kälte.
Speiſceis wurde im Jahre 1660 von dem Italiener Cultelli
erfunden. Er kam auf den Gedanken, bei heißem Wetter Eis
zu zerkleinern und es mit einer ſüßen Flüſſigkeit zu miſchen.
Dann ging er einen Schritt weiter und bereitete eine ſüße
breiige Miſchung, die er in den oberen Teil einer beſonders
an=
gefertigten Holzſchachtel tat. Darunter legte er eine Schicht
zer=
leinertes Eis. Nun wurde der Brei gerührt, bis er gefror.
In New York erſcheinen ſechs Zeitungen in arabiſcher
Sprache.
Ein ausgewachſener Elefant vermag eine Laſt
von drei Tonnen auf ſeinem Rücken zu tragen.
Die Statiſtik weiſt nach, daß Ehepaare, die ein Kind
adoptieren wollen, viermal lieber Mädchen nehmen als Knaben.
Eine japaniſche Lotosblume iſt jetzt in einem
engliſchen Park zur Blüte gekommen, die deshalb eigenartig iſt,
weil ſie aus Samen ſtammt, der mindeſtens hundertzwanzig
Jahre lang im Boden gelegen hat. Er konnte nicht keimen, weil
er zu tief lag und weil der Boden überhaupt ungeeignet war.
Der urſprüngliche Name von Los Angeles war „Puebla de
nueſtra Senora la Reina de los Angeles”, d. h. die der
Engel=
königin geweihte Stadt. Dieſen Namen hatten ihr vor
hundert=
fünfzig Jahren ihre Gründer, ſpaniſche Mönche gegeben. Den
Namen Los Angeles bekam die Stadt erſt, als Kalifornien den
Vereinigten Staaten eingefügt wurde. In den letzten zwanzig
Jahren iſt die Stadt mit raſender Geſchwindigkeit gewachſen
und hat heute anderthalb Millionen Einwohner. Aus der
ſpani=
ſchen Zeit ſind noch zahlreiche Bauwerke erhalten.
Vor hundert Jahren wurde das Saltomortale als
Zirkuskunſtſtück zum erſtenmale ausgeführt, und zwau von einem
gewiſſen Tomkinſon, der in Edinburgh auftrat. Als ihm zehn
Jahre ſpäter der amerikaniſche Clown Cayton das Kunſtſtück
nachmachen wollte, brach er ſich das Genick, und ebenſo erging es
einer langen Reihe von Nachahmern. Später aber haben viele
dieſe gefährliche Nummer ausgeführt.
Dasälteſte Holzhaus der Welt ſoll ſich in der
klei=
nen Stadt Nara in Japan befinden. Es beſteht ausſchließlich aus
Holz und iſt ſo ſolide gebaut, daß es 1200 Jahre geſtanden hat,
ohne ausgebeſſert werden zu müſſen. Die Japaner verſtehen die
Bretter und Balken ſo geſchickt aneinanderzufügen, daß ſie luftdicht
abſchließen, ohne daß Leim nötig iſt.
Eine alte Eiche kann 2 Millionen Blätter haben, eine
Tanne 10 Millionen Nadeln.
In Mexiko werden die Eiſenbahnſchwellen aus
Mahagoniholz gemacht, denn das Mahagoniholz iſt in
Mexiko ſo häufig wie bei uns Tannen und Fichten.
Das Wort „Chauvinismus” für übertriebenen
Patrio=
tismus iſt abgeleitet von dem Namen eines franzöſiſchen Offiziers,
Chauvin, der den Kaiſer Napoleon vergötterte und nach
Napo=
leons Zeit noch immer von den Siegen des Kaiſers redete. Er
raſſelte mit dem Säbel und verlangte Rache für Waterloo. Der
franzöſiſche Schriftſteller Scribe führte ihn in eines ſeiner Stücke
in.
Mit guten Augen kann der Menſch 3000 Sterne ſehen,
aber das ſchärfſte Fernglas der Welt zeigt etwa 15 Millionen
Sterne.
Rheinheſſen.
Ad. Oppenheim, 30. Dez. Ausfüllung des
Raquets=
loches durch den Freiwilligen Arbeitsdienſt. An
der Zuſchüttung des Raquetsloches zwiſchen der Stadt und dem
Rhein ſind gegenwärtig etwa 150 Arbeiter beſchäftigt. Die hierzu
benötigten Erdmaſſen werden einem Steinbruch entnommen und
mit Hilfe von kleinen Lokomotiven durch einen 200 Meter langen
Tunnel nach dem auszufüllenden Loch befördert. Täglich werden
rund 200 Kubikmeter Geröll auf Kippkarren angefahren. Die
Ar=
beitsdienſtfreiwilligen, die ſich abends nach Hauſe begeben,
erhal=
ten auf ihrem Arbeitsplatz gemeinſam ein reichliches kräftiges, gut
zubereitetes Mittageſſen, beſtehend aus Fleiſch, Gemüſe und
Kar=
toffeln, in zwei Räumen an Tiſchen. Die Leitung des
Unterneh=
mens ruht in den Händen des Beigeordneten Ritter, der
gegen=
wärtig bemüht iſt, die Arbeiterzahl auf ihrer jetzigen Höhe zu
er=
halten.
Ad. Schwabsburg, 31. Dez. Nachdem in der
Gemeinderats=
ſitzung bekanntgegeben wurde, daß der ſeit einem halben Jahr
be=
urlaubte Bürgermeiſter Naab am 1. Januar 1933 ſein Amt wieder
antritt, kam es zu erregten Auseinanderſetzungen, in deren Folge
ſechs Gemeinderäte erklärten, daß ſie ihr Amt niederlegen, wenn
Bürgermeiſter Raab wiederkehrt. Zugleich wurde beſchloſſen, wegen
Einlegung einer Berufung gegen den Beſchluß des Staatsanwalts
eine abermalige Gemeinderatsſitzung abzuhalten.
III. Alsheim, 28. Dez. Turneriſches. Der Turnverein
be=
ſchloß in ſeiner letzten Generalverſammlung, anläßlich ſeines 50
jäh=
rigen Beſtehens im kommenden Jahre die Jubiläumsfeier am
10. und 11 Juni zu halten. Die Vorbereitung derſelben wurde
einem Fünferausſchuß unter Leitung des Oberturnwarts Hofmann
übertragen.
Oberheſſen.
— Nieder=Florſtadt, 31. Dez. Wie wir hören, findet in
un=
ſerer Gemeinde vom 2. bis 6. Januar eine Erwerbsloſenfreizeit
ſtatt, die von dem Landesjugendpfarrer Lic. v. d. Au in
Verbin=
dung mit dem Ev. Kreisjugenddienſt Friedberg veranſtaltet wird.
Unruhige Silveſternacht in Gießen.
Acht Perſonen verletzt.
WSN. Gießen, 1. Januar. Im Laufe der Silveſternacht kam
es hier wiederholt zu Schlägereien auf den Straßen, bei denen
die Polizei eingreifen und verſchiedentlich ſogar vom
Gummi=
knüppel Gebrauch machen mußte. Die „ſchlagenden”
Auseinander=
ſetzungen waren zum Teil die Begleiterſcheinungen allzu
reich=
lichen Alkoholgenuſſes, zum Teil beruhten ſie aber auch auf
poli=
tiſchen Gegenſätzen. In mehreren Straßen wurden ſogar
Revol=
verſchüſſe abgegeben, von denen drei in die Schaufenſter der
ſozial=
demokratiſchen Zeitung abgefeuert wurden, während zwei andere
den Schaufenſtern von Ladengeſchäften galten. Durch die
Revol=
verſchüſſe wurden insgeſamt acht Perſonen verletzt, davon drei
ſo erheblich, daß ſie der Univerſitäts=Klinik zugeführt werden
mußten.
h. Nidda, 31. Dez. Schweres Schadenfeuer in der
Moufangſchen Papierfabrik. Als in der Papierfabrik
zu Ober=Schmitten zwiſchen Nidda und Schotten Feuer ausbrach,
mußten zahlreiche Wehren zu Hilfe gerufen werden, denn das
ganze Werk ſtand in höchſter Gefahr. Zur Brandſtätte eilten die
Wehren aus Schotten (mit Motorſpritze). Nidda, Rainrod. Unter=
Schmitten und Eichelsdorf. Nachdem die mächtigen Rauchwolken
etwas nachgelaſſen hatten, entdeckte man den Brandherd in dem
Ausſchußlager, wo mächtige Stapel von Papierabfällen lagerten.
Mehrere Schlauchleitungen rückten dem Brandherd zu Leibe und
dämpften das Feuer. Da Maſchinen u. dgl. nicht beſchädigt
wor=
den ſind, kann der Betrieb weitergeführt werden.
— Engelrod (Vogelsberg), 31. Dez. Die diesjährige
Burſchen=
freizeit des Landesjugendpfarrers Lic. v. d. Au für den
Vogels=
berg findet in Engelrod vom 12 bis 16. Januar ſtatt. An der
Veranſtaltung kann jeder junge Menſch über 17 Jahren
teilneh=
men. Nähere Auskunft erteilen die Pfarrämter.
Verhängnisvolle Schlägereien in Frankfurk.
Ein Toter, mehrere Verletzte.
Lpd. Frankfurt. Am Silveſterabend geriet der 42jährige
Fabrikant Emil Strzoda beim Betreten ſeines Hauſes in der
Langweidenſtraße in Hauſen mit dem 69jährigen Schutzmann a. D.
Alex Kirchner in einen Wortwechſel, in deſſen Verlauf Kirchner
einen Revolver zog und den Fabrikanten durch zwei Schüſſe in
Kopf und Unterleib ſchwer verletzte. Es konnte bisher nicht
feſt=
geſtellt werden, was Kirchner zu dieſer Tat veranlaßte. Er wurde
vorläufig feſtgenommen, während Strzoda in ein Krankenhaus
kam. — Kurz nach 12 Uhr kam der in Höchſt wohnende S.
Hoff=
ler in ſtark angetrunkenem Zuſtand nach Hauſe. In ſeiner
Woh=
nung in der Melzierſtraße 7 geriet er mit dem Heinrich L. in
Streit. Dabei bedrohte er ihn und ſchlug ſeinen Gegner mehrere
Male mit einem Schlagring auf den Kopf. In der Notwehr zog
L. ein Meſſer und verſetzte dem Angreifer einige Stiche. In
ſchwer=
verletztem Zuſtand kam Hoffler ins Krankenhaus, wo er ſtarb.
L. wurde bis zur Klärung des Sachverhaltes feſtgenommen.
Spiele nicht mit Schießgewehr!
Lpd. Wiesbaden. Am Neujahrstag wurde in der
Innen=
ſtadt ein junger Mann von einem anderen mit einem Revolver
bedroht. Als ein zu Hilfe eilender Polizeibeamter dem Angreifer
die Waffe abnehmen wollte, löſte ſich ein Schuß. Die Kugel
ver=
letzte den Beamten an der Hand, prallte dann auf dem
Straßen=
pflaſter zurück und traf eine unbeteiligte Straßenpaſſantin. Der
Revolverheld wurde feſtgenommen.
Stürmiſche Neujahrsnacht in England.
IU. London. Das alte Jahr verabſchiedete ſich in England
mit einem großen Sturmwetter, das beſonders die engliſche Küſte
und Südirland heimſuchte. Bei Valentia wurde die
außergewöhn=
liche Windgeſchwindigkeit von 150 Stundenkilometern gemeſſen,
Hunderte von Booten und Segelfahrzeugen wurden losgeriſſen
und vom Seegang auf den Strand geſchleudert. — Bei einem
Fuß=
ballkampf in Birmingham wurde ein großer Teil des
Tribünen=
daches vom Sturm weggeriſſen. In Queenstown an der iriſchen
Südküſte wurden mehrere Piers, darunter derjenige des
Nord=
deutſchen Lloyd, beſchädigt.
Rundfunk=Programme.
Frankfurt a. M.
Montag, 2. Januar
15.20: Dr. Gertrud Bäumer: Frauenſchickſale in der deutſchen Nok.
17.00: München: Konzert. Werke von Fucik, Puccini, Gounod,
Joh. Strauß. Leitung: Kloß.
18.25: Freiburg: Univ.=Prof. Dr. Aly: Legale und illegale
Re=
volutionen in alter Zeit.
18.50: Engliſch.
19.30: Mandolinen=Konzert. Mainzer Mandolinen=Orcheſter.
20.00: Wien: Was wollen Sie tanzen? Ausf.: Orcheſter Alois
Doſtal. Jazzkapelle Korngold. Georg Kober (Geſang)
21.00: Segelflieger Schulz. Ein funkiſches Denkmal. Von Walter
Kleffel.
22.20: Zeit. Nachrichten, Wetter, Sport.
22.45: München: Nachtkonzert. Leftung: Kloß
Königswuſterhauſen.
Deutſche Welle: Montag, 2. Januar
9.30; P. Markwald: Im Urwald der Röhren, ein Streißzug durch
das Leunawerk.
15.00: Künſtleriſche Handarbeiten.
15.45: Anni Wodtcke erzählt von Hans Franck: Sein ſelbſt
ver=
geſſen.
16.00: Pädagogiſcher Funk.
16.30: Nachmittagskonzert.
17.10: Dr. Knottnerus=Meyer: Nützliche und ſchädliche Tiere.
17.30: Loewe=Balladen. Prof. Fiſcher (Baß), Am Flügel: Dr.
Knepler.
18.00: B. Graf: Auf Spuren einſtiger deutſcher Siedlungen im
Südoſten.
18.25: Dr. Juſt: Muſßieren mit unſichtbaren Partnern.
19.00: Engliſch.
19.30: Das Gedicht.
19.35: Dresden: Unterhaltungskonzert. Dresdner Philharmonie.
20.30: Bunte Stunde. Sehnſucht nach der Heimat. Hörfolge von
Karl Rauch.
21.30: F. Kayßler: Wandlungen der Schauſpielkunſt.
22.10: Wetter=, Tages= und Sportnachrichten.
Anſchl. Abendunterhaltung.
Wekkerberichk.
Die kräftige Islandſtörung ſchiebt erneute maritime Luft nach
dem Feſtland vor, ſo daß die Witterung ſich weiterhin wechſelhaft
und für die Jahreszeit zu mild geſtalten wird. Dabei treten
ver=
einzelte Niederſchläge auf, die ſich aber nicht in ſtärkerem Maße
auswirken werden.
Ausſichten für Montag, den 2. Januar 1933: Wechſelnd wolkig mit
vorübergehender Aufheiterung. vereinzelte Niederſchläge,
ziem=
lich mild, bei nächtlichem Aufklaren leichter Froſt.
Ausſichten für Dienstag, den 3. Januar: Vielfach neblig=wolkig.
Temperatur nachts unter Null.
Hauptſchriffleitung: Rudolf Mauve
Veraniwortlich für Politik und Wirtſchaff: Rudolf Mauve; für Feuilleion, Reſch und
Ausland und Heſſiſche Nachrichten: Max Streeſe; für Sport: Karl Böhmann;
für den Handel: Dr. C H. Queiſch; für den Schlußdſenſt: Andreas Bauer; für
„Die Gegenwart”, Tagesſpiegel in Bild und Wort: Dr. Herbert Nette;
für den Inſeratenteil und geſchäftliche Mitteilungen: Willy Kuhle;
Druck und Verlag: L. C. Wittich — ſämilich in Darmſtadt
Für unverlangte Manuſkripte wird Garantie der Rückſendung nicht übernommen.
Die heutige Nummer hat 8 Seiten.
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Meiſterſchafts=
ſpielen würkkembergiſche Siege. — Sonntag der überraſchenden Winkerhilfe=Spiele.
Der Kampf in Bolegna.
Nach fünf Spielen die vierte Niederlage.
Bologna hat dem Deutſchen Fußball=Bund zwar keinen Sieg,
immerhin aber ein ehrenvolles Abſchneiden ſeiner
Ländermann=
ſchaft gebracht. Es wäre vermeſſen geweſen, gegen die Italiener
im eigenen Lande ſiegen zu wollen. Man muß aber das
Ergeb=
nis, das die deutſche Nationalelf den Italienern auf ihrem
eige=
gen Boden abrang, als ſehr ehrenvoll und anerkennenswert
be=
zeichnen. Die Niederlage hätte ſehr leicht höher ausfallen können,
ohne deshalb ſenſationell wirken zu müſſen. Die deutſche
Mann=
ſchaft ſpielte recht brav und aufopfernd und hatte nur wenige
ſchwache Stellen. Sie hatte aber das Pech, den Gegner in der
er=
wartet ausgezeichneten Form anzutreffen. Bedenkt man, daß das
Spiel im Lande des Gegners und vor deſſen Publikum
ausgetra=
gen wurde, das in ſeiner Begeiſterung Formen erreicht, von denen
man ſich bei uns nicht entfernt eine Vorſtellung machen kann, ſo
muß man mit dem Ergebnis zufrieden ſein, und ſelbſt dann, wenn
man der größte Nörgler iſt.
Vier Siege haben die Italiener nun in der Reihe der
Kämpfe mit uns zu verzeichnen. Zweimal auf deutſchem Boden
(2:0 in Frankfurt und 1:0 in Düſſeldorf) und zweimal in Italien
(in Mailand 3:4 und heute in Bologna wieder 3:1) kamen die
„Azurris” zu Siegen, während Deutſchland nur einmal, in dem
denkwürdigen Spiel des 29. April 1929 in Turin durch die
unver=
geſſene Arbeit des deutſchen Torhüters Stuhlfauth, mit 2it ſiegen
konnte. Das Torverhältnis der bisherigen Spiele lautet 10:3
zugunſten der Italiener.
50 000 im Stadion.
Schon lange vor Beginn des großen Kampfes war das
Bologneſer Stadion „Littoriale” mit einer außerordentlich
un=
ruhigen Menſchenmenge von über 50 000 Perſonen bis auf den
letzten Platz vollgepfropft. Ungeheure Spannung lag über dem
weiten Rund, die ſich in gewaltigem Applaus entlud, als die
bei=
den Mannſchaften erſchienen. Der italieniſche Verbandskapitän
Pazzo überreichte dem deutſchen Spielführer Leinberger einen
Blumenſtrauß. Lange dauerte das übliche Zeremoniell, bis
end=
lich die Offiziellen, Photographen, die Betreuer und alle
Uebri=
gen, die nicht zu den 22 Akteuren gehörten, den Innenraum
räum=
ten. Die Mannſchaften nahmen in der zuletzt angekündigten
Be=
ſetzung
wie folgt Aufſtellung:
Jakob
Deutſchland:
Wendel
Haringer
Leinberger Knöpfle
Gramlich
Kobierſki
Malik
Bergmaier Krumm
Rohr
Ferraris. Schiavio Meazza. Conſtantino
Orſi
Bertolini
Monti
Pizziolo
Caſperi
Monzeglio
Gianni
Italien:
Deutſchland hatte Platzwahl, Italien Anſtoß. Mit etwa 10
Minuten Verſpätung pfiff dann der belgiſche Schiedsrichter Baert
den Kampf an. Die Deutſchen hatten den beſſeren Start. Schon
in der dritten Minute fiel der Führungstreffer für die deutſche
Mannſchaft. Der Düſſeldorfer Linksaußen Kobierſki täuſchte
mei=
ſterhaft ſeinen italieniſchen Bewacher, flankte vorbildlich zur
Mitte, und Rohr lenkte den Ball mit größter Ruhe placiert ins
Netz.
Deukſchland führt 1:0!
Die Deutſchen blieben vorerſt weiter im Angriff. Der
italie=
niſche Tormann Gianni wurde außerordentlich ſtark beſchäftigt,
zeigte ſich ſeiner Aufgabe aber ſehr gut gewachſen. Kobierſki war
außerordentlich flink und brannte ſeinen Deckungsleuten immer
wieder durch. Die Deutſchen hatten zunächſt noch weitere
Chan=
cen, es wurden dieſe aber zum Teil ausgelaſſen; im übrigen hielt
Gianni alle Schüſſe. Die Italiener kamen nun ſtark auf, und
Jakob mußte ſchon ſein ganzes Können aufbieten, um vorerſt noch
den italieniſchen Ausgleichstreffer verhindern zu können.
Zwi=
ſchendurch hielt Gianni einen aus 7 Meter Entfernung
abgegebe=
nen Schuß Bergmaiers, und kurz darauf wird Kobierſki im
italie=
niſchen Strafraum zu Fall gebracht, was der Schiedsrichter
über=
ſieht. Italien erzielte dann ſeine erſte Ecke, die unverwertet blieb.
Die deutſche Hintermannſchaft hatte nun bange Minuten zu
über=
ſtehen, Jakob hielt einen ſcharfen Schuß vor Orſi, ein zweites Mal
ſchoß Orſi aus nächſter Nähe vorbei. Dann lief Jakob zu weit
heraus, aber Haringer rettete auf der Linie. In der 26. Minute
fiel dann
der Ausgleich,
der ſchon lange in der Luft lag, durch Meazza. Italien drängte
weiter und ſchaffte auch in der 30. Minute durch Conſtantino
den Führungstreffer. Der Spielgrund wurde mit der Zeit immer
weicher und ſchlechter beſpielbar. In den letzten 10 Minuten
be=
wies dann der deutſche Tormann allererſte Klaſſe. Er hielt
drei=
mal hintereinander aus nächſter Nähe Schüſſe von Meazza,
Con=
ſtantino und wieder Meazza und wehrte auch ſpäter einen
Nah=
ſchuß des allein vor ihm ſtehenden Ferraris ab. Plötzlich mußte
Italiens Mittelläufer Monti verletzt ausſcheiden. Monti war
mit dem Beuthener Malik zuſammengeprallt. Beide erlitten ſtark
blutende Kopfwunden. Während Malik, nachdem ihm Nerz ein
Pflaſter angelegt hatte, im Felde blieb, ſchied Monti aus. Für
ihn ſprang ſpäter Colombari (Neapel) ein. Der durch das
über=
ſchäumende Temperament des Italieners hervorgerufene Vorfall
hat das Tempo des Spieles ſtark beeinflußt; es iſt ſogar ſehr
lang=
ſam geworden. Kurz vor der Pauſe muß Jakob nochmals einen
ſchweren Schuß halten.
Die zweite Hälfke: Noch ein Tor Jtaliens!
Nach Wiederbegann laſſen die Deutſchen auf ſich warten,
während die Italiener ſchon lange Zeit auf dem Felde ſind.
Man erfährt inzwiſchen, daß Italiens Mittelläufer Monti wegen
ſeiner Verletzung ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Nur
wenige Minuten hatte es den Anſchein, als gäbe es für die
deutſche Mannſchaft eine Wendung zum Beſſeren, es iſt dem aber
nicht ſo. Die Italiener ſind bald wieder eingeſpielt und ſetzen
ihre Angriffe gegen das deutſche Tor fort. Die deutſche Abwehr
und Deckung iſt zwar recht gut, ſie kann aber nicht verhindern,
daß die Italiener wieder eine Ecke erzielen. In der 12. Minute
fällt durch Meazza wieder ein Tor für die Italiener, das aber
wegen Abſeits nicht anerkannt wird. Die Zuſchauer quittieren
dieſe Entſcheidung mit ohrenbetäubendem Lärm. Die deutſche
Hintermannſchaft hat weiter ſchwer zu arbeiten. In der 15.
Mi=
nute fällt dann noch der
dritte Treffer für die Italiener.
Nach einem ſchönen Zuſammenſpiel Ferraris mit Schiavio
fällt durch erſteren das dritte und letzte Tor der Italiener. Die
deutſchen Stürmer ſind den Italienern in der Abwehr und der
Deckung körperlich zu ſehr unterlegen, um ſich erfolgverſprechend
durchſetzen zu können. Zu allem Ueberfluß hat ſich dann noch
Jakoh auf der linken Geſichtsſeite und an der linken Schulter
verletzt. Er ſcheidet aus und wird durch den
Spel=
dorfer Buchloh erſetzt. Obwohl Buchloh ſehr gut hält,
wird die deutſche Hintermannſchaft etwas verwirrt. Buchlohs
gute Leiſtungen geben aber der Abwehr ihre Sicherheit wieder.
Die überlegene Spielweiſe der Italiener, bei denen beſonders
die beiden Flügelſtürmer durch ſchnelle und gute Angriffe
glän=
zen, hält weiter an. Ihre phyſiſche Leiſtung iſt um 50 vom
Hundert höher zu bewerten als die der Deutſchen. In der 20.
Minute befindet ſich Meazza bei einem erfolgreichen Torſchuß
wieder in Abſeitsſtellung, und wieder bricht das Publikum in
ohrenbetäubendes Gebrüll aus. Die Deutſchen haben trotz des
beſſeren Spieles der Italiener auch eine Reihe von Chancen,
die aber nicht verwertet werden. So ſchießt in der 35. Minute
Kobierſki in günſtiger Poſition vorbei, und wenige Minuten
vor Ende umſpielt Bergmaier drei Italiener, gibt aber dann,
anſtatt ſelbſt zu ſchießen, den Ball an Malik ab, der, von drei
Italienern bedrängt, ins Aus ſchießt. Korbierſki wurde
zwiſchen=
durch verletzt, trat aber in der 43. Minute wieder ein. Die
letz=
ten zwei Minuten brachten keine bedeutenden Ereigniſſe mehr.
und mit 3:1 ging der Kampf zu Ende.
Zum Schluß wurden nochmals die Nationalhymnen geſpielt.
Die Mannſchaften ſtanden in Paradeſtellung, und nach dem
Aus=
klang der Lieder verließen beide Mannſchaften unter dem
frene=
tiſchen Jubel der italieniſchen Zuſchauer den Platz.
Der belgiſche Schiedsrichter Baert überſah einiges,
u. a. auch einen klar von den Italienern gegen Kobierſki
ver=
ſchuldeten Elfmeter. Er machte auch ſonſt einige Fehler; im
ganzen konnte man aber mit ihm zufrieden ſein.
Die Krikik.
Vollendeter Fußball .. ."
Die italieniſche Mannſchaft bot vollendeten
Fuß=
hall. Das Zuſammenſpiel, die Flüſſigkeit der Kombinationen,
die Eleganz und die Geſchmeidigkeit aller Bewegungen erinnern
ſtark an die ſüdamerikaniſche Schule. Der Sieg iſt vollkommen
verdient und berechtigt. In der Technik und im Kopfballſpiel
ſind die Italiener kaum noch zu übertreffen. Es fällt ſchwer,
von dieſer Einheit einige Leute vorzuziehen. Nennt man jedoch
Namen, ſo verdienen in allererſter Linie alle Läufer,
einſchließ=
lich des verletzten Monti, ein Sonderlob. Meazza hatte einen
ſchwachen Start, war aber ſpäter der große Ballkünſtler,
Schia=
vio und Ferrari fielen weniger auf, dafür aber um ſo mehr die
beiden Außenſtürmer Orſi und Conſtantino, die der deutſchen
Deckung zahlreiche ſchwere Rätſel zu löſen gaben. Die
Hinter=
mannſchaft arbeitete ohne jeden Tadel.
Euttäuſchungen in der deutſchen Elf.
Die deutſche Mannſchaft hatte ihre beſte Zeit in der erſten
Viertelſtunde. Selbſt bei der großen Klaſſe des Gegners kann
man nicht daran vorbeigehen, einige kraſſe Verſager feſtzuſtellen.
Der Verteidiger Wendl, der durch ſein unſicheres und dazu
un=
nötig hartes Spiel großen Schaden anrichtete, dürfte wohl zum
letzten Male in der Nationalelf geſtanden haben. Sein
Part=
ner Haringer war eleganter und weit wirkſamer. Beide
Tor=
leute, Jakob und Buchloh, bewieſen ihre Extraklaſſe. In der
Läuferreihe war Gramlich der beſte Mann. Der Frankfurter
vermochte ſich mit ſeinem klugen und genauen Spiel noch am
beſten gegen die Italiener durchzuſetzen. Leinberger leiſtete im
Zerſtören ein großes Penſum, tat aber für den Aufbau ſehr
wenig. Knöpfle begann ſehr gut, ließ aber bald ſtark nach und
war zuletzt nicht imſtande, ſeinen Flügel zu halten. Im Sturm
hat Malik ſich ausgezeichnet geſchlagen, er zeigte eine gute
Ball=
behandlung, ſtand ſtets richtig und war nächſt Kobierſki unſere
beſte Waffe im Angriff. Die Bayernſtürmer haben enttäuſcht.
Von Bergmaier hatte man viel mehr erwartet, Krumm war ein
glatter Verſager, und auch Rohr war viel zu langſam.
Nach dem Kampf in Bologna.
Meinungen zum Länderſpiel.
Unſer Sonderberichterſtatter hatte Gelegenheit, nach dem
Spiele mit verſchiedenen Führern der deutſchen und italieniſchen
Sportbewegung ſowie einigen Spielern Rückſprache zu nehmen.
Allgemein war in beiden Lagern Zufriedenheit mit dem Ausgang
des Treffens feſtzuſtellen. Die Italiener waren mit Recht von
dem Spiel ihrer Mannſchaft begeiſtert; die Deutſchen, die nach den
vorzüglichen Leiſtungen der Italiener mit einer 5:1=Niederlage
gerechnet hatten, freuten ſich, daß es nur ein 3:1 geworden war.
Zanetti, der Generalſekretär des italieniſchen Verbandes,
erklärte: „Wir ſind mit unſerer Mannſchaft ſehr zufrieden. Sie
hat mehr geleiſtet, als wir erwartet haben. Der Grundfehler der
deutſchen Mannſchaft iſt der, daß ſie den Ball nicht ſchnell genug
abſpielt. Sie läßt ſich zuviel auf Kämpfe von Mann zu Mann
ein. Sie mußte mehr mit dem Kopf und dem Ball, aber weniger
mit dem Körper ſpielen.”
Guſti Wieſer, der öſterreichiſche Rekord=Internationale:
„Der deutſche Fußball iſt in ſeinem Leiſtungsvermögen ſtark
zurück=
gegangen. Den meiſten Spielern fehlt jedes Gefühl für Taktik.
Die Kombination iſt bei weitem nicht flüſſig genug. Die beſten
Leute der deutſchen Mannſchaft waren Malik Haringer und
Buch=
loh, der mir beſſer gefiel als Jakob. Auch Rohr hatte gute
Mo=
mente. Sehr ſchwach dagegen waren Krumm, Bergmaier und
Knöpfle.”
Ludwig Leinberger, der deutſche Mannſchaftsführer:
„Ich möchte nicht viel ſagen. Die deutſche Mannſchaft hat nicht
genügend gekämpft; der Gegner hat aber hervorragend geſpielt.”
Otto Nerz, der deutſche Reichstrainer: „Man wird uns
wieder den Vorwurf machen, unſere Mannſchaft ſchlecht aufgeſtellt
zu haben. Ich bin der Anſicht, daß wir mit jeder anderen
Mann=
ſchaft eine gleich ſchlechte Rolle geſpielt hätten. Ausſchlaggebend
für ſolche Länderkämpfe iſt die Art der Vorbereitung. Die
Italie=
ner hatten nicht nur die beſſere Ueberſicht über ihr
Spieler=
material, ſondern auch viel beſſere Möglichkeiten für die
Vor=
bereitung. 1928 vor den Olympiſchen Spielen waren wir in einer
ähnlichen Situation. Damals hatten wir eine wirkliche
National=
mannſchaft. Die Spieler entſtammten zwar den verſchiedenſten
Vereinen, aber ſie wurden in den Kurſen zu einer ſehr ſpielſtarken
Einheit. Ehe wir uns nicht ganz anders auf die Länderſpiele
vor=
bereiten, werden wir in internationalen Begegnungen keine Rolle
zu ſpielen vermögen.”
Profeſſor Glaſer, der Leiter der deutſchen Expedition
und Vorſitzende des Bundes=Spielausſchuſſes: „Die Italiener haben
zwar hervorragend geſpielt, aber wir hätten nicht, eine derart
unterlegene Rolle ſpielen dürfen. Wenn unſer Sturm ſich mehr
eingeſetzt und mehr Herz gezeigt haben würde, hätten wir beſſer
abgeſchnitten. Die beſten Leute auf unſerer Seite waren Gramlich
und das Abwehrtrio. Wendl hatte unter dem ſchwachen Spiel
von Knöpfle zu leiden.”
Der ſüddeutſche Sturm verſagke.
Oberikalien ſchlägt Süddeutſchland 1:0 (1:0).
Zu gleicher Zeit als die deutſche Nationalmannſchaft in
Bologna einen heroiſchen Abwehrkampf gegen die dauernden
An=
griffe der Italiener führte, verſchenkte ein unfähiger Sturm in
München, einen deutſchen Erfolg im Repräſentativkampf
Süd=
deutſchland — Oberitalien. Als in der zweiten Spielhälfte die
Ueberlegenheit der Süddeutſchen geradezu drückend wurde,
ver=
mochte nicht ein einziger der ſüddeutſchen Stürmer eine der
un=
zähligen Chancen auszunützen. Glücklicher waren die Italiener,
die ſchon ſechs Minuten nach Spielbeginn durch ihren Halbrechten
Serratoni den einzigen Treffer des Tages erzielten konnten. Sie
haben in Anbetracht des Verſagens der ſüddeutſchen Stürmerreihe
den Sieg verdient. Sie waren meiſt ſchneller am Ball und
ga=
ben auch an Technik ihrem Gegner nichts nach. Den
Süddeut=
ſchen fehlte im gegebenen Moment der große Kampfgeiſt und das
volle Einſetzen letzter Kraft. Sie ſpielten zu blaſiert und nahmen
anſcheinend den Kampf etwas zu leicht.
Strahlender Sonnenſchein
lag über dem vollbeſetzten Dante=Stadion, als der große Kampf
ſeinen Anfang nahm. Zuerſt erſchienen die Azurris, vom
Pu=
blikum und der in großer Anzahl erſchienenen italieniſchen
Kolo=
nie ſtürmiſch begrüßt. Etwas ſpäter ſprang die ſüddeutſche Elf in
das Feld. Unter den Ehrengäſten waren die geſamten Sportführer
Münchens, ſowie Vertreter des Staates und der Stadt München
zu ſehen.
Seite 6 — Nr. 2
Darmſtädter Tagblatt / Heſſiſche Neueſte Nachrichten
Montag, 2. Januar 1933
Gleich vom Anſtoß weg lagen die Italiener vor dem
ſüddeut=
ſchen Tor, und ſchon in der erſten Minute gab es den erſten
Eck=
ball für die Gäſte. Von Arcari direkt vor das Tor getreten,
köpfte Mittelſtürmer Romani ſcharf an die Latte. So verſtrich der
erſte große Moment für die Italiener. Gleich darauf kamen die
ſüddeutſchen Stürmer gut durch, aber der von Fiſcher abgegebene
Schuß war zu ſchwach. Compiani im italieniſchen Tor konnte
leicht wehren. Nachdem nochmal Rühr knapp verſchoſſen hatte,
kamen die Italiener in der 6. Minute zu ihrem
erſten und einzigen, das Spiel entſcheidenden Treffer.
Bei einem Gedränge im Strafraum erwiſchte der Halbrechte
Serrantoni an der 16=Meter=Grenze den Ball und ſchoß durch viele
Beine hindurch in die linke unterſte Torecke. Wohl warf ſich Köhl
blitzſchnell in die Ecke, aber der Ball hatte bereits die Linie
über=
ſchritten. Die Süddeutſchen fanden auch in den nächſten Minuten
die Ruhe nicht. Erſt in der 17. und 21. Minute, als
Süddeutſch=
land die beiden erſten Eckbälle zudiktiert bekam, wurde es beſſer.
Kurz darauf hatte Vollweiler eine große Ausgleichschance, ſeinen
ſcharfen Schuß wehrte aber Compiani hervorragend. Dann folgte
die zweite Ecke für Italien, und wenig ſpäter ging ein Volley=
Schuß des italieniſchen Linksaußen Levratto an die Latte. Immer
wieder waren es die ſchnellen Außenſtürmer der Italiener, die
Süddeutſchlands Läufer umſpielten und vor dem Tor gefährliche
Situationen ſchafften. Hier waren es Köhl und Bader, die in
brenzlichen Lagen erfolgreich klärten. In der 34. Minute ſtrich
ein ſcharf geſchoſſener Strafſtoß von Fiſcher knapp über die
Quer=
latte des italieniſchen Tores. Mit zwei Eckbällen, die aber nichts
einbrachten, ging es in die Pauſe.
Die zweiten 45 Minuten.. . .
Nach Wiederbeginn ſtellten die Italiener für den
Mittelläu=
fer Biffi den jüngeren Viani ein, der aber keinesfalls die
Lei=
ſtung ſeines Vorgängers erreichen konnte. Die Gäſte kamen gleich
vom Anſtoß weg wieder vor das ſüddeutſche Tor. Im Gegenſtoß
trat Langenbein die 6. ſüddeutſche Ecke prächtig vors Tor, wo
aber Compiani auf dem Poſten war.
Eine Glanzleiſtung vollbrachte Köhl in der 52. Minute, als
Mittelſtürmer Romai eine ſchöne Flanke ſeines Linksaußen
er=
faßte und aus drei Metern Entfernung freiſtehend auf das Tor
ſchoß, Köhl aber ganz groß abwehrte. Dann begann eine große
Drangperiode der Süddeutſchen, die aber leer und nüchtern
ver=
lief. Die ſüddeutſchen Stürmer lagen lange Zeit im Feld der
Italiener, ſogar Verteidiger Bader ſchoß mit auf das gegneriſche
Tor, aber beſonders Vollweiler, Ficher und Rühr überboten ſich
gegenſeitig im Danebenſchießen. Meiſt aber waren die Schüſſe ſo
ſchwach und unplaciert, daß der italieniſche Tormann keine Mühe
latte, ſie abzuwehren. Die größte Chance hatte Vollweiler in
der 55. Minute, als Langenbein gut vors Tor gegeben hatte, der
Ulmer aber aus freier Schußſtellung weit daneben ſchoß. Für die
ſchwachen Leiſtungen der ſüddeutſchen Stürmer antwortete dann
das Publikum mit einem Pfeifkonzert. Erſt langſam kamen auch
die Italiener wieder in Schwung, und wieder mußte Köhl ſein
großes Können unter Beweis ſtellen, denn zweimal hintereinander
ſchoſſen die Italiener aus nächſter Nähe auf das Tor. Auch in
den Schlußphaſen des Kampfes hatten unſere Leute viele Chancen,
die aber alle im Sande verliefen. Ziemlich unbefriedigt verließen
die Zuſchauer nach dem Schlußpfiff die Ränge.
Wie ſie ſpielten:
Von den ſüddeutſchen Leuten imponierte lediglich Köhl im
Tor ſowie Bader in der Verteidigung. Auch Munkert beſſerte ſich
nach der Pauſe weſentlich. Kraus war nicht der erwartete große
Mittelläufer, er „ſtand” zuviel und war mitunter zu langſam.
Mantel konnte ſeinen Flügel ſelten halten, und auch Breindl
mußte den Linksaußen oftmals ziehen laſſen. Völlig fiel der
Sturm aus. Lediglich Langenbein am rechten Flügel, der aber in
der zweiten Hälbzeit vollſtändig vernachläſſigt wurde, gefiel
einigermaßen.
Die Italiener hatten keinen ſchwachen Punkt in ihrer Elf.
über den Rahmen heraus ragten die beiden Außenſtürmer und der
linke Läufer Pomi. Auch der Torwart Compiani zeigte ſich
ver=
ſchiedentlich von ſeiner beſten Seite.
Der Schiedsrichter Beranek=Oeſterreich leitete den Kampf
ausgezeichnet, er unterband eine zeitweilig aufkommende ſcharfe
Note rechtzeitig.
Die beiden Mannſchaften traten in folgender
Auf=
ſtellung an:
Süddeutſchland: Köhl=Nürnberg; Bader=München,
Munkert=Nürnberg, Breindl=München, Kraus=Nürnberg, Mantel=
Frankfurt; Langenbein=Mannheim, Fiſcher=Pforzheim,
Vollwei=
ler=Ulm, Rühr=Schweinfurt, Merz=Pforzheim.
Oberitalien: Compiani; Perverſi, Benizzoni;
Ri=
volta, Biſſi, Pomi; Arcari, Serrantoni, Romai, Magnozzi,
Lepratto.
Die Zußball=Ergebniſſe.
Länderſpiele.
In Bologna: Italien — Deutſchland . . . . . 3:1 (2:1)
In München: Süddeutſchland — Oberitalien . . 0:1 (0:1)
Süddeutſche Meiſterſchaft.
Abteilung II.
Phönix Karlsruhe — Union Böckingen . . . 2:4 (1:2)
Stuttgarter Kickers — Karlsruher FV. 5:2 (1:1)
Bezirksliga=Spiele.
Gruppe Nordbayern:
Germania Nürnberg — ASV. Nürnberg auf 6. Jan. verlegt.
Gruppe Rhein:
Germania Friedrichsfeld — Amicitia Viernheim . . . 1:3
Nothilfe=Repräſentativſpiele.
In Frankfurt: Stadt=Elf. Frankfurt — Wiener SC. 1:3
In Nürnberg: Nürnberg=Fürth — Ujpeſt Budapeſt . . 3:1
In Mannheim: Stadt=Elf Mannheim — WAC. Wien 0:4
In Saarbrücken: Saarbrücken — Neunkirchen . . . 5:0
In Pirmaſens: Pirmaſens — Kaiſerslautern ausgefallen.
In Homburg (Saar): Homburg — Saarbrücken B . , 4:0
In Mainz: Mainz 05 — Mombach . . . . . .. 1:4
Sonſtige Nothilfe=Spiele.
Polizei Darmſtadt — Union Niederrad 2:1. Viktoria
Wall=
dorf — V. f. L. Neu=Iſenburg 1:5. FV. Sprendlingen —
Sport=
freunde Frankfurt 2:4. SV. Wiesbaden — A=Klaſſe Kreis
Wies=
baden 5:0. SpVgg. Arheilgen — 1. FC. Langen 1:1. Hanau
93—60/94 komb. — A=Klaſſe Hanau 6:3. Sportfr. Eßlingen —
Sportfr. SC. Stuttgart 6:3. SpVgg. Landshut — DSV.
Mün=
chen 4:2. Eintracht Kreuznach — Wormatia Worms 0:5.
Weſt=
mark Trier — Vienna Wien (Sa.) 0:5. Kickers Offenbach
Germania Bieber 2:2. Boruſſia Fulda — Rot=Weiß Frankfurt
3:3. Würzburger FV. — Würzburger Kreisliga 5:2. FV. Lörrach
— Nicholſon Wien 2:6.
Süddeutſcher Neujahrs=Fußball.
Nur wenig Punkkeſpiele.
Im ſüddeutſchen Fußball herrſchte am Sonntag kein allzu
großes Programm. Der größte Teil der Mannſchaften war in den
vom Verband angeordneten
Nothilfeſpielen
beſchäftigt und traf dort meiſtens an kleineren Orten mit
Mann=
ſchaften der Kreisliga oder Auswahlmannſchaften der A=Klaſſe
zuſammen. Nothilfeſpiele von beſonderer Bedeutung waren die
Gaſtſpiele führender Wiener und Budapeſter Mannſchaften. Der
WAC. Wien gaſtierte vor 4000 Zuſchauern in Mannheim und
gewann 4:0 (0:0). Vienna Wien weilte am Samstag in
Trier und ſchlug dort vor 4000 Zuſchauern den Kreisligaverein
Weſtmark glatt 5:0 (5:0). Der Wiener Sportclub, auch
eine der beſten Wiener Mannſchaften, ſtand in Frankfurt vor nur
1000 Zuſchauern einer Stadtmannſchaft gegenüber, die allerdings
durch die Abſtellungen nach Bologna und München geſchwächt war,
und gewann 3:1 (1:1) Nicholſon Wien, weilte bei dem
Kreisligiſten FV. Lörrach und ſiegte vor ebenfalls 1000 Zuſchauern
6:2. Die einzige Niederlage von den in Süddeutſchland
weilen=
den ausländiſchen Mannſchaften mußte Ujpeſt Budapeſt einſtecken.
Die Magyaren wurden in Nürnberg von einer Nürnberg=Fürther
Stadtelf unverdient 3:1 (2:1) geſchlagen. Außerdem fanden noch
zahlreiche kleinere Treffen ſtatt. Erwähnenswert iſt noch ein
Städteſpiel zwiſchen Saarbrücken und Neunkirchen, das
Saar=
brücken überraſchend 5:0 gewann.
Um die ſüddeutſche Meiſterſchaft
kamen zwei Spiele der Abteilung 2 zum Austrag, bei denen
die beiden badiſchen Vertreter von den Vertretern Württembergs
geſchlagen wurden. Phönix Karlsruhe verlor vor 3000 Zuſchauern
gegen die Böckinger Union mit 2:4 (1:2) durchaus verdient.
Gewitzigt durch die unerwartete Niederlage gegen den FSV.
Frankfurt, ſtrengten ſich die Stuttgarter Kickers gegen
den Karlsruher FV. gewaltig an und ſiegten 5:2 (1:1). Union
Böckingen, FSV. Frankfurt und Wormatia Worms ſind in dieſer
Abteilung ungeſchlagen an der Spitze, während Mainz 05 noch
nicht eingegriffen hat.
Rückſtändige Bezirksliga=Spiele
gab es in den Gruppen Rhein und Baden, während ein in der
Gruppe Nordbayern angeſetzt geweſenes Treffen abgeſagt wurde.
In der Gruppe Baden wurde der FV. Offenburg vom SC.
Freiburg 2:1 geſchlagen. Dadurch iſt Offenburg zuſammen mit
Raſtatt dem Abſtieg verfallen, während Schramberg geſichert iſt.
In der Gruppe Rhein verlor Germania Friedrichsfeld mit
1:3 gegen Amicitia Viernheim. Damit dürfte auch Friedrichsfeld
dem Abſtieg nicht mehr entgehen können, da anzunehmen iſt, daß
ſich Sandhofen den zur Sicherung des Verbleibs in der Liga
feh=
lenden Punkt noch ſichern wird. VfR. Kaiſerslautern ſteht bereits
als zweiter Abſteigender feſt.
Zu erwähnen iſt ſchließlich noch das Münchener Treffen einer
ſüddeutſchen Mannſchaft gegen Oberitalien, das überraſchend 0:1
verloren wurde. Der Süddeutſche Verband iſt diesmal um das
Vergnügen gekommen, den DFB. am Tage ſeiner Niederlage durch
einen Sieg gegen eine etwa gleich ſtarke Gegnerelf beſchämen zu
können.
KFV. empfindlich geſchlagen.
Stuttgarter Kickers—Karlsruher FV. 5:2 (1:1).
Die Begegnung in Stuttgart zwiſchen Stuttgarter Kickers
und Karlsruher Fußballverein brachte eine große
Ueber=
raſchung. Die Karlsruher wurden mit nicht weniger als 5;2
(1:1) geſchlagen. An der Niederlage des badiſchen Vertreters
trägt in erſter Linie der in der zweiten Halbzeit völlig
ver=
ſagende Torhüter Stadtler Schuld. Mit 8000 Zuſchauern fiel
der Beſuch am Degerloch nicht wie erwartet aus, hatte man doch
mit einer größeren Beſuchermenge gerechnet. Der Sieg der
Blau=Weißen iſt verdient. Die Kickers verfügten in der
zwei=
ten Halbzeit über die größeren Kraftreſerven und ſteigerten
noch das Tempo, während der techniſch beſſere KFV. nach der
Pauſe mit ſeinem Latein ziemlich fertig war.
Sieben Tore ...
Von Beginn an herrſcht ſchnelles Tempo, insbeſondere der
KFV. hat einen guten Start und findet ſich gleich zuſammen,
ſo daß das Kickers=Tor öfters in Gefahr kommt. Die Kickers
kommen nur ſelten zu geſchloſſenen Angriffen. Bereits in der
dritten Minute gehen die Gäſte in Führung. Einen famoſen
Schuß von Braun wehrt Scheible kurz ab, ſo daß Bekir leicht
einſenden kann. In der 27. Minute fällt der Ausgleich durch
Merz, der einen vom Strafraum aus vorgetragenen Angriff
mit dem Torſchuß krönt. — Einen ungleich anderen Verlauf
nimmt die zweite Halbzeit. Durch forſche Durchbrüche ziehen
die Kickers mit Toren von Strauß (2) und Merz 4:1
da=
von. Die Stuttgarter legen ſich jetzt mehr Reſerve auf, ſo daß
der KFV. etwas aufkommt. Eine ſchlechte Rückgabe von Baier
verhilft den Gäſten zum zweiten Tor. Kurz vor Schluß iſt dann
Strauß noch einmal erfolgreich, womit die Kickers=Leute am
Schluß als 5:2=Sieger das Feld verlaſſen.
Waltenberger=München war dem fairen Spiel ein gerechter
Leiter.
Auch Phönir Karlsruhe beſiegt.
Phönix Karlsruhe—Union Böckingen 2:4 (1:2).
Nachdem der KFV. in Stuttgart von den Kickers eine
emp=
findliche 2:5=Niederlage einſtecken mußte, wurde auch der
an=
dere Vertreter Badens, Phönix Karlsruhe, von dem
württem=
bergiſchen Tabellenzweiten. Union Böckingen 2:4 (1:2) beſiegt.
Vor 3000 Zuſchauern wickelte ſich im Karlsruher Phönix=
Sta=
dion ein recht intereſſanter und ſpannender Kampf ab, der die
durchſchlagskräftigeren und entſchloſſeneren Böckinger als
ver=
diente Sieger ſah. Die Phönix=Mannſchaft hat man ſchon beſſer
geſehen. Dies gilt vor allem von dem Angriff, der erſt in der
zweiten Hälfte an früher gezeigtes Können heranreichte. In der
Verteidigung machte ſich das Fehlen des disqualifizierten
Wen=
zel ſehr bemerkbar. Die Böckinger bewieſen in dieſem Spiele,
daß ſie im Vergleich zu früheren Treffen in Karlsruhe ihr
Kön=
nen und ihre Spielſtärke erheblich verbeſſert haben. Die
Mann=
ſchaft beſitzt eine wuchtige, ſchnelle und entſchloſſene
Verteidi=
gung, eine gut zerſtörende Läuferreihe und einen beweglichen
und agilen Sturm, in dem beſonders der Mittelſtürmer
Wal=
ter 1., ſowie der ausgezeichnete Linksaußen Rau hervorſtachen.
Glöckner=Pirmaſens konnte mit ſeinen oft ſehr zweifelhaften
Entſcheidungen nicht befriedigen.
Mainz 05 — FVg. Mombach 1:4 (0:2).
Berliner Fußball.
Hertha/BSC. — Tennis=Boruſſia 2:6. Preußen — Blau=
Weiß 1:6. Adlershofer BC. — Berliner SV. 92 2:4. 1. FC.
Neukölln — Südſtern 0:1. Wacker 04 — SC. Charlottenburg 1:7.
Oſtend — Union Oberſchöneweide 0:2. BV. Luckenwalde — Poſt
SV. 3:2. Wedding — Norden=Nordweſt 2:3.
Fußball im Ausland.
Schweiz: FC. Lugano — FC. Zürich 3:1. FC.
Kreuz=
lingen — Floridsdorfer AC. 1:3. FC. Aarau — Floridsdorfer
AC. 1:7. BC. Baſel — Nicholſon Wien 3:2. Italien: Neapel
Hungaria Budapeſt 1:0. Florenz — Servette Genf 4:2. Genua
93 — Young Boys Bern 3:1. FC. Mailand — Admira Wien
4:3. Piemont — Südoſtfrankreich 8:2. Lazio Rom — Urania
Genf 4:3. Frankreich. Red Star Paris — FC. Turin 1:4.
CA. Montreuil — Stade Lauſanne 1:3. Racing Club Paris=
Ferencvaros Budapeſt 2:2.
Im Winterhilfeſpiel traten ſich in Mainz nicht eine 4= und
B=Mannſchaft, ſondern Mainz 05 mit zwei Erſatzleuten, die dem
er Kreisliga angehörenden Bretzenheim entnommen waren, und
Mombach gegenüber. Vor gut 2000 Zuſchauern kam es, zu einer
Rieſenüberraſchung, denn die Mombacher kamen zu einem auch in
dieſer Höhe verdienten Siege. Die Mainzer Mannſchaft enttäuſchte
vor allem im Sturm, wo die beiden Bretzenheimer auf dem linken
Flügel verſagten. Mombach legte in der erſten Halbzeit in der
15. und 35. Minute zwei Tore durch Endemann vor. Bald nach
der Pauſe erhöhte Metzger auf 3:0, dann fiel durch den Mainzer
Schneider der Ehrentreffer, aber kurz vor Schluß buchte Mombach
durch Krämer einen vierten Erfolg. Hußmann=Bad Homburg
lei=
tete gut.
Seine Zahlungen eingeſtellt hat der SC. Rotweiß
Frankfurt, der ſich ſeit dem vergangenen Jahre in ſchwerer
Ver=
ſchuldung befindet.
Winkerhilfe=Spiel in Darmſtadk.
Der Skatkenburger Kreismeiſter imponiert
gegen Main=Ligaklaſſe.
Polizei Darmſtadt—Union Niederrad 2:1 (1:1).
* Der Süddeutſche Fußball=Verband hatte für das Spiel
zu=
gunſten der Winterhilfe in Darmſtadt mit der Paarung Polizei
Darmſtadt gegen die an 4. Stelle der Main=Bezirksliga ſtehende
Union Niederrad eine ſehr glückliche Hand bewieſen. Der
ſport=
liche Gehalt dieſes Kampfes war in jeder Hinſicht erfreulich,
leider ließen ſich viele der erwarteten Zuſchauer durch das
Wet=
ter und die Uebertragung des Fußballkampfes Italien—
Deutſch=
land abhalten, zu kommen, ſo daß nur etwa 1000 Perſonen dem
Spiel zuſahen. In Anbetracht des Wohltätigkeitscharakters der
Veranſtaltung bedauerlich.
Die Polizeielf hat mit dieſem Spiel auf regenglattem Boden
gegen die Frankfurter Gäſte bewieſen, daß ſie Bezirksligareife
beſitzt und in einer gegen das Vorjahr ſtark verbeſſerten Form
in die Aufſtiegſpiele hineingeht. Ihr Sieg iſt verdient.
Ge=
meſſen an den beiderſeits herausgearbeiteten Torchancen, müßte
das Ergebnis höher ausgefallen ſein. Vielfach rettete in letzter
Minute nur die Torlatte oder der reſtloſe Einſatz des
ausge=
zeichneten, nie die Ruhe verlierenden Blickhahn im Union=Tor,
Kamen die grünen Stürmer, bei denen Pfeiffer und Seipp
her=
vorragten, an der erprobten, taktiſch und ſpieleriſch raffinie.t
arbeitenden Union=Deckung vorbei, dann wurde die Situation
ſtets brenzlig. Allerdings mußten die grünen Stürmer in der
zweiten Halbzeit beim 2:1=Stand trotz des im ganzen den
freund=
ſchaftlichen Charakter wahrenden Spieles die in der oberſten
Klaſſe herrſchende Härte kennen lernen, der ſie ſich jedoch
ge=
wachſen zeigten.
Bei den Gäſten waren die komplette Abwehr und die
Läu=
ferreihe der beſte Mannſchaftsteil. Säng und Kolter, zwei
ſtand= und ſchlagſichere Verteidiger, ließen ſich nicht aus der
Ruhe bringen, wurden aber auch von der Läuferreihe tadellos
unterſtützt. Ackermann in der Mitte erfüllte ſein nicht einfaches
Penſum recht gefällig, auch Rink als linker Läufer. An Stelle
des etatmäßigen rechten Läufers Roſenberg, der die
Sturmfüh=
rung übernommen hatte, ſpielte Reißle ſehr zuverläſſig, aber
auch einige Male, wie Kolter, überflüſſigerweiſe rauhbeinig.
Durch den Ausfall ihres beſten Stürmers Leichter, der für die
Frankfurter Stadtelf abkommandiert war, führte Roſenberg die
Sturmreihe mit Duſek, Kirſch (Erſatz), Gebhardt und Eſch.
Durch die Umkrempelung litt die Durchſchlagskraft offenſichtlich,
doch waren namentlich die Außenleute recht gut im Schwung.
Auch der Unionſturm hatte Neujahrspech; er ſchien zudem in
der erſten Halbzeit das Spiel nicht recht ernſt zu nehmen. Die
Polizei=Läufer verhielten ſich in dieſer Zeit zu defenſiv und
drückten nicht, wie es möglich war, auf den eigenen Sturm. Als
linker Läufer führte ſich Kaufmann heute recht befriedigend
neben ſeinen zuverläſſigen Kameraden ein, die im Verein mit
der ſchnellen Verteidigung (M. Kaſpar, Bönſel) gerade in der
zweiten Hälfte, während einer Druckperiode der Gäſte, alle
An=
forderungen erfüllten. Klein im Polizeitor iſt ein
vertrauen=
erweckender Hüter (Schnellerer Start beim Herauslaufen!), der
einige bombige Schüſſe meiſterte. Schon aus dieſer
Gegenüber=
ſtellung ergibt ſich der Grad des Vertrauens, das wir in dem
Starkenburger Kreismeiſter ſetzen. Es müßte ſchon ſehr ſeltſam
zugehen, wenn bei dem heute gezeigten Elan und
Selbſtver=
trauen nicht im nächſten Jahr wieder Bezirksliga in Darmſtadt
geſpielt wird.
m — Aus dem „Spiel:
Gleich nach Beginn kann Blickhahn vor dem Union=Tor
eine gefährliche Flanke Pfeiffers erreichen. Kurz darauf ſauſt
ein Schuß Kältwäſſers knapp neben ſeiner Hütte vorbei, und
einen ſauber in die Ecke gedachten Ball des Polizeirechtsaußen
rwiſcht er im Fallen. Nach wenigen Minuten hat ſich der
Polizeiſturm gefunden, er kombiniert ſchnell und ſchießt „
probe=
weiſe‟. Einen Gegenſtoß kann Klein aus brenzligem Gedränge
abſchlagen. Doch in der 15, Minute hat er Roſenberg hinter
ſich, der das Leder ins leere Tor ſchiebt. Ein Vorſtoß der
rech=
ten Polizeiſeite endet mit einem knappen Aus=Ball Pfeiffers.
Als Klein einen gefährlichen Ball Gebhardts gerade noch unter
ſeinem Leib bändigen kann, hat Polizei wieder eine klare
Tor=
gelegenheit, doch Pfeiffers Ball klatſcht wuchtig an die Latte
und — der prompte Nachſchuß wird von Blickhahn abgewehrt.
Nach einigen abgewehrten elanvollen Angriffen funkt Pfeiffer
aus dem Hinterhalt täuſchend in die leere Seite des Tores. An
dem Gleichſtand ändert ſich bis zur Pauſe nichts. Eine Ecke für
P. wird abgewehrt.
Nach dem Wechſel läßt der Regen endlich nach, Union ſetzt
etwas Dampf auf und gibt einige Tropfen Ligahärte zu. Klein
im Polizeitor rettet einmal durch entſchloſſenen linken Geraden,
eine 2. Ecke für Union wehrt die Deckung ab. Unverkennbar
ſchält ſich eine leichte Ueberlegenheit der trotz des hitzigen
Tem=
pos der erſten Hälfte kräftig durchſtehenden Polizei heraus. Die
3. Ecke für Union, von Ackermann aufs Tor geköpft, boxt Klein
ins Feld zurück. Sein Gegenüber hat dann Glück. Wenn ihm
nicht die Latte zu Hilfe kam, war ein Tor fällig. Kirſch ſchießt
ebenfalls wuchtig an die Latte, und der von Gebhardt wuchtig
getretene Nachſchuß wird glücklich auf Klein gelenkt. Die 3.
Ecke für Polizei kommt prächtig herein, prallt jedoch, auf die
Latte geköpft, ins Feld. Kaltwaſſer wird in ausſichtsreicher
Stellung gerade noch korrekt abgedrängt, doch in der 33. Minute
geht Polizei durch Pfeiffer nach ſchöner Innenkombination in
2:1=Führung. Der Schlußgalopp bringt jeder Partei noch eine
Ecke: von Union ins Aus getreten, wird die für Polizei von der
verſtärkten Union=Deckung ins Feld geköpft.
Katzenberg=Sprendlingen pfiff als Schiedsrichter
zufrieden=
ſtellend. Die Polizeikapelle, die ſich wieder
anerkennenswerter=
weiſe in den Dienſt der guten Sache geſtellt, ſpielte — um im
Ton zu bleiben — „zur reſtloſen Zufriedenheit aller Parteien”,
5
Die weiteren Rokhilfe-Spiele am Neujahrstag.
Sportvgg. Arheilgen — 1. FC. Langen 1:1.
Fußballverein Sprendlingen — Sportfreunde Frankfurt 2:4.
Viktoria Walldorf — VfL. Neu=Iſenburg 1:5 (1:0).
Viktoria Urberach — Sportverein Münſter 2:2.
Haſſia Dieburg — DJK. Dieburg 13:0.
Sportklub Dietzenbach — Germania Oberroden 4:1.
FC. 03 Egelsbach — Union Wixhauſen 2:2.
FV. Eppertshauſen — DJK. Eppertshauſen, ausgefallen.
SV. Groß=Gerau — SV. Mörfelden 0:6.
Betrachtet man die am Sonntag ausgetragenen Nothilfeſpiele
im Kreis Starkenburg, ſoweit von ihnen Einzelheiten vorliegen,
ſo muß man ſich doch fragen, ob der bezweckte Erfolg überall
er=
reicht worden iſt. Einesteils war der Neujahrstag als Termin
an ſich nicht der günſtigſte, mehr aber noch ſtellte ſich die
Rund=
funkübertragung des Fußball=Länderſpiels gegen Italien als deren
Beſuch hindernd in den Weg. Aber das waren Dinge, welche mit
in Kauf genommen werden mußten. Hätten die Radiohörer von
vornherein gewußt, zu welchem Fiasko es in Bologna kommen
würde, es wäre mancher nicht daheim geblieben und wäre auf
einen Sportplatz gegangen. Aber auch unvorhergeſehene
Hinde=
rungsgründe ſtörten die Spiele. So wurde in Walldorf von
poli=
tiſcher Seite aus durch Flugblätter zum Boykott des Spieles
auf=
gefordert; höher kann politiſche Borniertheit nun doch nicht
ge=
trieben werden, als dazu, Veranſtaltungen zugunſten der Nothilfe
zu ſabotieren. Auch in Sprendlingen hätte es anders ſein können,
Der nach dorthin dirigierte VfL. Neu=Iſenburg lehnte es wegen
der Nachbarrivalität ab, in Sprendlingen zu ſpielen, ſo daß man
die erſt nach Walldorf beſtimmten Frankfurter Sportfreunde in
Darmſtädter Tagblatt / Heſſiſche Neueſte Nachrichten
Nr. 2 — Seite 7
Montag, 2. Januar 1933
Sprendlingen ſah, während Iſenburg in Walldorf antrat.
Iſen=
burgs Antreten in Sprendlingen hätte gut und gern die doppelte
Zuſchauerzahl gebracht.
Sportlich waren faſt alle Spiele recht wertvoll. Den größten
Erfolg hatte unſer Kreismeiſterfavorit, der die ſtarken
Nieder=
räder mit 2:1 ſchlagen konnte. Auch wenn Niederrad nicht in
allerſtärkſter Beſetzung erſchien, wiegt der Erfolg ſehr hoch.
Sprend=
lingen verlor gegen die Sportfreunde auch ziemlich unnötig, da
die Mannſchaft zeitweiſe recht luſtlos ſpielte. Dagegen geht
Wall=
dorfs Niederlage in Ordnung, obwohl die Einheimiſchen hier bis
zur Pauſe noch mit 1:0 führten; Iſenburg kam aber dann gut in
Fahrt. Langen und Urberach konnten gegen ihre Kreisligagegner
nur unentſchieden ſpielen, werden aber damit gerechnet haben,
da beide Vereine die Stärke ihrer Nachbarn zur Genüge kennen.
Von den anderen Ergebniſſen überraſchen der hohe Sieg der
Die=
burger Haſſia über die örtliche „Konkurrenz”, ſowie der klare
Er=
folg Mörfeldens in Groß=Gerau. Gemeſſen an dieſem darf man
annehmen, daß die Schlappe Oberrodens in Dietzenbach doch nicht
ganz normal zuſtande kam. Hoffentlich fällt nach dem ſportlichen
Erfolg auch der finanzielle entſprechend aus. Zu wünſchen wäre
es im Intereſſe der Sache.
Sp.Vg. 04 Arheilgen — FC. Langen 1:1 (1:0).
Vor 500 Zuſchauern lieferten ſich die Mannſchaften ein
ausge=
glichenes faires Spiel. Arheilgen ging nach einer halben Stunde
durch den Halbrechten in Führung. 20 Minuten vor Spielende
holte ſich Langen durch den Halblinken den Ausgleich. Arheilgen
verſchoß noch einen Elfmeter und verſcherzte ſich damit den Sieg.
Sehr gut war die Spielleitung durch Eberhardt=Pfungſtadt.
Handball in Zeichen der Nokhilfe.
Punkteſpiele fanden am Neujahrstag im ſüddeutſchen
Hand=
ball nicht ſtatt. Auch im Rahmen der Nothilfe=Aktion des
Ver=
bandes kamen nur ganz wenige Treffen von Bedeutung zum
Austrag. In Frankfurt ſpielte der Mainmeiſter VfR.
Schwan=
heim gegen eine Stadtmannſchaft und gewann glücklich 7:6. Die
Nürnberg=Fürther Stadtelf der DSB. unterlag mit 8:14 der
Turner=Auswahlelf, und in Mainz endete ein Städteſpiel DT.
DSB. ebenfalls mit einem Siege der Turner mit 5:4.
VfR. Schwanheim—Stadtelf Frankfurt 7:6 (3:2).
Das Treffen im Frankfurter Stadion litt ſehr unter dem
naſſen und glitſchigen Boden. Die Meiſterelf des VfE.
Schwan=
heim mußte ſich gewaltig anſtrengen, den knappen Sieg, der recht
glücklich iſt, zu erringen. Schwanheim ſpielte allerdings in einer
geänderten Aufſtellung. Die Stadtelf wurde nach der Pauſe
ümgeſtellt und lieferte dann ein ausgezeichnetes Spiel. Für
Schwanheim waren Günſter, Pabsdorf (2), Heuſer, Krauſer (2)
und Schmidt erfolgreich. Von den ſechs Toren der Stadtelf
ſchoß Greſer (FSV.) vier. Dern (Höchſt) und Lindner (Polizei)
erzielten die übrigen.
Nürnberg=Fürther Turner ſchlagen die Sportler.
Als Auftakt zu dem Fußballtreffen der Nürnberg=Fürther
Mannſchaft gegen Ujpeſt Budapeſt kam ein Handball=Städteſpiel
zwiſchen den Sportlern und den Turnern von Nürnberg=Fürth
zum Austrag. Die Turner waren die beſſere Mannſchaft und
gewannen mit 14:8 (5:2) klar und ſicher.
Auch die Mainzer Sportler beſiegt.
Ein Mainzer Treffen zwiſchen Auswahlmannſchaften der
einheimiſcher Turner und Sportler endete mit 5:4 zugunſten der
DT.=Elf.
Handball in der 9.5.
Kreisklaſſe: Bensheim gegen Langen ausgefallen. Das
Spiel wird am kommenden Sonntag ausgetragen.
* Odenwald-Ggu.
Kreisklaſſe: Kirch=Brombach — König 5:1 (3:1).
Mit dieſem verdienten Siege über die Königer hat ſich Kirch=
Brombach die Berechtigung zur Teilnahme an den Kreisendſpielen
erkämpft. Der neutrale Platz in Erbach war unten gefroren, oben
aufgetaut und dadurch etwas rutſchig, wodurch die Leiſtungen der
Parteien beeinträchtigt wurden. =Geibel=Pfungſtadt pfiff korrekt.
Gruppenſpielwart Lehr war ſelbſt anweſend und ſprach ſich lobend
über den anſtändigen und ritterlichen Kampf aus. Die
geſchloſſe=
nere Leiſtung vollbrachte Kirch=Brombach, und hier waren es
namentlich Sturm und Hüter, die für den Sieg verantwortlich
zeichnen. Weite und genaue Vorlagen des Sturms ſchafften oft
und raſch gefährliche Lagen vor dem Königer Tor. Bei König
enttäuſchte der Hüter. Auch ſpielte der Sturm zu eng, und öfters
kam es vor, daß die geſamte Fünferreihe auf einem Haufen
bei=
ſammen ſtand. Wenn wenigſtens noch präzis geſchoſſen worden
wäre! Verteidigung und Läuferreihe beiden Parteien hielten ſich
die Waage. — Aus dem Spielverlauf: Gleich nach Beginn merkte
man bereits die Ueberlegenheit der Kirch=Brombacher, und nach
3 Minuten ſchoſſen ſie das erſte Tor. Dann verſiebte König drei
Bälle. Ein Weitſchuß brachte für Kirch=Brombach den zweiten
Treffer, und bald darauf fiel auch der dritte. Jetzt kam König
etwas auf. Doch die bereits angeführten Mängel im Sturm
ließen keine Erfolge zu, bis ſchließlich in der 25. Minute der
Ehrentreffer glückte. Nach dem Wechſel war das Spiel eine Zeit
lang perteilt. König verzeichnete einen ſcharfen Lattenſchuß. Dann
folgte das ſchönſte Tor des Tages. Von ihrem Hüter trieben die
Kirch=Brombacher den Ball in 4—5 Zügen vor das gegneriſche Tor,
ein Bombenſchuß, unhaltbar, und 4:1. Etliche Strafwürfe
wur=
den ausgelaſſen. Einen groben Deckungsfehler der Königer Abwehr Turnerſchaft fand am Freitag im großen Hörſaal der Techniſchen
nützte der Gegner geſchickt aus und ſtellte mit 5:1 das
Endergeb=
nis her.
Tiſchkennis.
Bezirk:
Celluloidbällchen, 1. — T. T. Cl. Arheilgen 11:4,
Jung=Heſſen — Blau=Weiß
4:11,
T.Cl. Weiß=Blau, 2. — Dieburg
9:6.
Blau=Weiß — Celluloidbällchen, 1.,
10:5.
Celluloidbällchen, 2. — Sportverein 98, 3., 8:7,
Dieburg — Polizei . . .. . . . . . 7:8.
Man glaubte ſchon, daß nach dem hohen Sieg von
Celdn=
loidbällchen über Arheilgen die Meiſterſchaft zugunſten von Cell.
entſchieden ſei, doch in Blau=Weiß iſt plötzlich ein neuer Konkur= karten eine Freikarte zu gewähren, dann kann auch ſehr vielen
rent aufgetaucht, und da ſie es fertig brachten, Cell. recht ein= erwerbsloſen Turnern eine Freifahrt gewährt werden.
deutig zu beſiegen, iſt die Frage nach dem Meiſter wieder offen
geworden, und erſt die weiteren Spiele im neuen Jahre werden Antrag, den Turnfeſtſiegern, die ſich nicht an den Frejübungen
be=
zeigen, wem der Wurf gelingen wird. Alle anderen Spiele
brach=
ten normale Ergebniſſe, lediglich fällt auf, daß der T. T.Cl. Die= Sieger erhalten ihren Lorbeer geſondert erſt nach Abſchluß des
burg, der zu Anfang der Verbandsſpiele durch hohe Siege über
ſtarke Mannſchaften imponieren konnte, merklich nachgelaſſen hat, ſtanden, daß innerhalb des Turnfeſtes ein Mannſchafts=
Auch in der unteren Hälfte der Tabelle beſteht bis jetzt wenig
Klarheit, und auch hier werden erſt die reſtlichen Spiele die
Entſcheidung darüber bringen, wer ſich den beſſeren Plaz
ſichern wird.
Der Vierverbändekampf wird auf Vorſchlag des
Verbandes Brandenburgiſcher Athletik=Vereine wahrſcheinlich erſt
im nächſten Jahre ausgetragen. Der W. S. V. hat der Verſchiebung Verſammlung ſtimmte noch der Anregung einer
Verſicherungs=
auf 1934 ſchon zugeſtimmt.
Die nächſtjährige Motorrad=Sechstagefahrt
wird nunmehr endgültig nur auf engliſchem Boden ausgefahren, da
ſich dem Projekt einer Fahrt „Quer durch den Kontinent” von Lon= 1
don nach Rom unüberwindliche Hinderniſſe in den Weg geſtellt
haben.
Eine Flughöhe von 8000 Metern erzielte der junge Förderung der Winterhilfe aus. Die Richtlinien für das Jugend=
Italiener Nicolot mit einem für Tourenzwecke gebauten
Waſſer=
flugzeug. Er ſtellte damit einen neuen Weltrekord auf.
Der Schwimmſport an der Jähreswende.
Aufgaben der Zukunfk.
Von Karl Wilhelm Leyerzapf.
Die Ruhevauſe, die alljährlich um die Jahreswende im
deut=
ſchen Schwimmſport herrſcht, gibt wieder einmal Gelegenheit, in
beſinnlicher Ruhe Rückſchau auf die vergangenen Ereigniſſe zu
wer=
fen. Gerade in unſerer ſchnellebigen und ſchnellvergeßlichen Zeit
iſt es am Platze, einmal kurz zurückzuſchauen auf das, was
ge=
weſen iſt, und ſich Rechenſchaft über das Erreichte zu geben Nicht
zum erſten Male wollen wir an dieſer Stelle einen Rückblick auf
den deutſchen Schwimmſport werfen, auf ſeine Taten im Jahr 1932.
Alle Sportereigniſſe des vergangenen Jahres werden
über=
ſchattet von den
9. Olympiſchen Spielen.
die im Sommer dieſes Jahres unter der Sonne Kaliforniens in
Los Angeles ſtattfanden und wochenlang die geſamte Sportwelt
der Erde in ihren Bann zogen. Auch die Schwimmer warteten bei
dieſer denkwürdigen Olympiade mit Leiſtungen auf, die ans
Phantaſtiſche grenzten und einen ſenſationellen Umſchwung im
internationalen Schwimmſport hervorriefen. Die tagelangen
Kämpfe an der Küſte des pazifiſchen Oezans haben den Beweis
erbracht, daß heute die Japaner die führende
ſchwimmſport=
treibende Nation der Erde ſind. Ausgerechnet im eigenen Lande
mußten die Amerikaner ihre jahrelange Vormachtſtellung im
Schwimmen an die Söhne aus dem Lande der aufgehenden Sonne
abtreten. Hinter dieſen beiden Ländern. Japan und U. S. A.,
ſpiel=
ten alle anderen Länder eine recht beſcheidene Rolle, und beſonders
Europa mußte erfahren, daß ſein Abſtand gegenüber Oſtaſien und
Nordamerika noch bedeutend größer geworden iſt. Damit iſt über
Deutſchlands Stellung eigentlich ſchon genug geſagt, beſonders
wenn man noch bedenkt, daß wir 1931 die Führung in Europa an
die Ungarn verloren haben, die in Los Angeles ebenfalls keine
Rolle (abgeſehen vom Waſſerballſpiel) ſpielen konnten. Man hat
im deutſchen Schwimmverband allmählich gelernt, ſeine
Hoffnun=
gen bei großen internationalen Veranſtaltungen ſtark
zurückzu=
ſchrauben. Aus dieſer Erkenntnis heraus und infolge finanzieller
Schwierigkeiten hatten wir nur eine kleine Zahl von
Einzelkämp=
fern nach Amerika geſchickt, die unſeren Erwartungen durchaus
entſprachen. Man hat nämlch in dem Trubel der Meldungen aus
Los Angeles vielfach überſehen, daß unſere Schwimmer Sietas
über 200 Meter Bruſt und Küppers über 100 Meter Rücken die
einzigen Europäer im Endlauf waren, und Sietas überhaupt der
einzige Weiße im Kampf gegen die gelbe Raſſe. Wenn auch keiner
von ihnen einen der drei erſten Plätze erobern könnte, ſo haben
ſie den deutſchen bzw. europäiſchen Schwimmſport durchaus würdig
vertreten und ihre Entſendung gerechtfertigt. beſonders, wenn man
daran denkt, daß mancher Weltrekordſchwimmer nicht im Endlauf
zu finden war. Auch von unſeren Springern Eſſer und Frl.
Jor=
dan konnten wir nicht mehr erwarten (5. bzw. 4. Platz).
Die Japaner waren die Beherrſcher der Schwimmbahn und
haben ſich in eindrucksvoller Weiſe die Führung, wahrſcheinlich
„auf Jahre, geſichert. Man war unter dem Eindruck der glänzenden
Leiſtungen der Myaſaki, Kitamura. Makino uſw. geneigt, von dem
neuen Japanſtil im Kraulſchwimmen
zu reden, doch Fachleute haben bald erkannt, daß wir die Theorien
auch ſchon lange beherrſchen, es nur nicht fertig bringen, die
Theorie auch in die Tat umzuſetzen. Skamper, der bekannte
rhei=
niſche Schwimmſportfachmann, glaubt, daß wir nur „zu faul” ſind,
um mit großer Geduld und eiſerner Energie die Beherrſchung
eines vollkommenen Stiles und beſonders eines richtigen
Bein=
ſchlages zu erlernen. Meiner Meinung nach werden bei uns die
Knaben ſchon viel zu früh in Wettkämpfe geſchickt, bevor ſie
über=
haupt dazu gekommen ſind, ein richtiges Tempo zu ſchwimmen.
Man iſt zu der Erkenntnis gekommen, daß der Japanſtil nichts
Neues iſt, daß aber unendliche Geduld und eine rieſige Arbeit
da=
zu gehört, um ihn zu erlernen
Bei allen Fortſchritten, die es im deutſchen Schwimmſport im
letzten Jahre durch zahlreiche Rekorde und Techniſierung der erſten
Klaſſe gegeben hat, müſſen wir doch einſehen, daß wir im
inter=
nationalen Schwimmſport eine recht beſcheidene Rolle ſpielen und
müſſen unſer ganzes Streben darauf richten, erſt einmal in Eurova
wieder die Führung an uns zu reißen. Die letzten Rekorde der
Kölner Derichs mit 0:59,6 über 100 Meter, und Deiters mit 4:55,6
über 400 Meter, die an einem Tage jahrelange Träume der
deut=
ſchen Schwimmer in Erfüllung gehen ſahen, laſſen hoffentlich den
berühmten „Silberſtreifen am Horizont” erkennen. Man kann für
das neue Jahr nur wünſchen, daß dieſe hervorragenden Leiſtungen
der beiden Kölner Schule machen und unſeren anderen
Spitzen=
könnern einen ſtarken Antrieb geben. Wir haben heute in den
jungen Bremern Wefing und Fiſcher, dem Gleiwitzer Wille und
den Kölnern Schwartz und Haas eine Reihe von Schwimmern, die
alle befähigt ſind, den Kampf mit Derichs und Deiters
aufzuneh=
men. Weſentlich hierbei iſt aber immer, daß dieſe Leute ihre
Hallenbad=Leiſtungen auch im freien Waſſer auf der 50=Meter=
Bahn zeigen, denn die großen internationalen Entſcheidungen
wer=
den im freien Waſſer ausgetragen. Aber gerade zwiſchen unſeren
Freiwaſſerleiſtungen und den Leiſtungen der olympiſchen Sieger
klafft immer noch ein himmelweiter Unterſchied.
Einige Länderkämpfe im kommenden Jahre, beſonders aber
der Kampf gegen Ungarn auf der Grundlage des olympiſchen
Pro=
gramms, wird uns Gelegenheit geben, zur Verbereitung auf die
Europameiſterſchaften 1934 in Magdeburg und die nächſte Olym=
piade 1936 in Berlin.
Im Bruſtſchwimmen
iſt ein Fortſchritt unverkennbar, der ſich beſonders in den
glän=
zenden Leiſtungen unſeres Dreigeſtirns. Sietas=Schwarz=
Witten=
berg zeigt. Es war nur bedauerlich, daß dieſe drei nicht nach
Amerika fahren konnten, denn genau wie Sietas hätten auch die
beiden anderen begründete Ausſichten auf den Endlauf gehabt.
Schwartz brachte mit 2:45.2 (Weltrekord 2:44,6) den deutſchen
Re=
kord über 200 Meter an ſich.
war das Wiederkehren von Küppers bemerkenswert der den
Europameiſter Deutſch (Breslau) wieder von der Spitze
ver=
drängte und in Los Angeles nach einem glänzenden Schwimmen
im Zwiſchenlauf mit 1:09,8 im Endlauf allerdings „nur” 1.11
er=
reichte und Fünfter wurde. Deutſch weiſt keine nennenswerte
Ver=
beſſerung auf. dagegen ſcheint in Richter (Gleiwitz) ein neuer
Mann zu kommen, der hoffentlich nach der angenehmen Seite hin
enttäuſchen wird. Unſere Spitzengruppe im Rückenſchwimmen
müßte allerdings bedeutend größer ſein, um leichter würdige
Nach=
folger für Küppers zu finden.
Unter unſeren Springern
nimmt derzeit Eſſer eine Sonderſtellung ein, die ſein überlegener
Sieg in der Meiſterſchaft eindrucksvoll bewies, Riebſchläger, der
ſich aufs Turmſpringen allein verlegt hat, zeigte trotz ſeines
Sie=
ges bei den Meiſterſchaften nicht die Leiſtungen, die eine
Ent=
ſendung nach Amerika gerechtfertigt hätten. Unſere anderen
Spitzen=
könner, Mahraun, Viebahn. Neumann u. a., kommen noch nicht
an die Leiſtungen der beiden Meiſter heran. Auch für eine beſſere
Weiterentwicklung unſerer Springkunſt wäre eine Verdichtung
unſerer Spitzenklaſſe dringend erforderlich.
Der deutſche Waſſerballſport ſtagniert.
Dieſe Tatſache wird einmal durch das mäßige Abſchneiden
un=
ſerer Nationalmannſchaft in Los Angeles. zum anderen durch den
Ausgang der deutſchen Waſſerballmeiſterſchaft bewieſen. Unſere
Teilnahme auf der Olympiade galt vor allen Dingen der
erfolg=
reichen Verteidigung des in Amſterdam 1928 erworbenen
Welt=
meiſtertitels im Waſſerball. aber gerade unſere
Waſſerballmann=
ſchaft brachte mit ihrer glatten 2:6 Niederlage gegen die Ungarn
und ihren ſchlechten Leiſtungen gegen ſo ſchwache Mannſchaften
wie U.S.A. Braſilien und Japan, eine große Enttäuſchung. Nach
dem Ausſcheiden ſo bewährter Kräfte wie E. Rademacher. Cordes
und Pennecke, wird es ſchwer fallen, in Zukunft eine ſtarke
Mann=
ſchaft wieder zuſammenzuſtellen.
So erfreulich es iſt, daß bei der deutſchen
Waſſerballmeiſter=
ſchaft in Weißenſee 96 ein neuer Verein den Meiſtertitel erringen
konnte (der langjährige Meiſter Hellas Magdeburg endete ſogar
nur auf dem 4. Platz), ſo ſind ſich doch die Fachleute darüber einig.
daß unſere Spielſtärke keineswegs beſſer geworden iſt. Die
Mann=
ſchaften von Weißenſee 96. München 98 und Poſeidon Köln haben
noch lange nicht das Können eines Hellas Magdeburg früherer
Jahre erreicht, ſondern die Magdeburger ſind eben bedeutend
zu=
rückgegangen, ſo daß auf dieſe Weiſe ein Ausgleich zuſtande kam.
Es wird ſchwerer Arbeit bedürfen, bis wir unſeren ehemaligen
Stand wieder erreicht haben.
Ueber die
Stellung unſeres Damenſchwimmſports
gilt das gleiche wie bei den Herren. Im internationalen
Damen=
ſchwimmſport ſpielen wir ebenfalls eine recht beſcheidene Rolle,
dann hier ſind uns U.S.A. Holland und England glatt überlegen.
Die erfreulichen Rekordleiſtungen von Hilde Salbert=Gleiwitz über
100 Meter Kraul. von Gerda Stegemann=Magdeburg über längere
Strecken, von Liſa Rocke=Magdeburg über 200 Meter Bruſt. dürfen
uns nicht darüber hinwegtäuſchen, daß wir noch lange nicht den
Anſchluß an die Weltklaſſe erreicht haben. Die ſcharfen Kämpfe
zwiſchen Nixe Charlottenburg, dem Magdeburger
Damenſchwimm=
klub und neuerdings Düſſeldorf 98 haben erfreulicherweiſe zu einer
Verbreiterung unſerer Spitzenklaſſe, beſonders im Bruſt= und
Kraulſchwimmen geführt, ſo daß das Bild gegenüber dem vorigen
Jahre weſentlich beſſer geworden iſt. Unſere einzige Olympia=
Teilnehmerin, Frl. Jordan (Nürnberg) im Kunſtſpringen, ſteht
mit ihren Leiſtungen leider allein auf einſamer Höhe.
Das gute Abſchneiden der Kölner Schwimmer auf den
Meiſter=
ſchaften und ihre glänzenden Rekordleiſtungen in der letzten Zeit
haben auch die etwas in den Hintergrund getretenen
Magdebur=
ger und Leipziger Schwimmer wieder auf den Plan gerufen, ſo
daß es in den nächſten Monaten zu ſcharfen Kämpfen um die
Führung kommen wird, in die auch Berlin. Bremen, neuerdings
Gleiwitz und andere Städte eingreifen werden. Mögen dieſe
Kämpfe fruchtbringend auf unſer Können einwirken, denn in
wel=
chem Maße ein Land durch hervorragende ſportliche Leiſtungen ſich
Achtung verſchaffen kann, das bewieſen Javans Schwimmer mit
ihren unglaublichen Leiſtungen in Los Angeles.
Niemals wird aber der Deutſche Schwimmverband, der heute
wie alle anderen Sportverbände in den politiſchen Wirren unſerer
Tage um ſeinen Beſtand ringt, vergeſſen dürfen, daß neben einer
Heranbildung erſtklaſſiger Schwimmer und Schwimmerinnen die
Jugenderziehung ſeine Hauptaufgabe iſt. Unbeirrt von allen
An=
griffen gerade in unſerer Zeit wird der Schwimmverband ſeinen
Weg weitergehen und ſein Wirken auffaſſen als Dienſt am
Vaterland.
Vorbereikungen
für das Deutſche Turnfeſt 1933.
Abſchluß der Kreiswarte=Verſammlung der DT. in Stuttgart.
Zum Abſchluß der 8. Kreiswarte=Verſammlung der Deutſchen
Hochſchule i Stuttgart die dritte und letzte gemeinſame Tagung
aller Fachwarte und Fachwartinnen ſtatt, die in erſter Linie der
Vorbereitung des Deutſchen Turnfeſtes in Stuttgart Ende Juli
1933 galt.
Der Feſtbeitrag für das 15. Deutſche Turnfeſt wurde
Ergebniſſe der Verbandsſpiele der B=Klaſſe im Darmſtädter auf 6,50 Mark feſtgeſetzt. Bei Zahlung vor April 1933 ermäßigt
ſich der Beitrag auf 5 RM. — Für die Jugend beträgt der
Feſt=
beitrag 4,50 RM. bzw. 3,50 RM. Für Quartiere, und zwar
ſowohl in Maſſenunterkünften als auch bei der Bevölkerung von
Stuttgart und Umgebung iſt ausreichend geſorgt. 150 000 bis
200 000 Turner und Turnerinnen werden gut untergebracht. Die
Preiſe für Unterbringung bewegen ſich zwiſchen fünf und zehn
Mark zuſammen für ſechs Nächte. Für erwerbsloſe Turner ſteht
eine große Zahl von Freiquartieren zur Verfügung. Für die
Son=
derzüge zum Deutſchen Turnfeſt gewährt die Reichsbahn eine
50prozentige Fahrpreisermäßigung. Wenn die Reichsbahn auf den
Vorſchlag des Haupt=Feſtausſchuſſes eingeht, auf je 20 Sonderzugs=
Der Feſtzug wird dreiteilig ſein und wird bewertet. Ein
teiligen, den Siegeslorbeer zu entziehen, wurde abgelehnt. Dieſe
Feſtes. Die Fachwarte=Tagung erklärte ſich weiter damit
einver=
kampf im Wehrturnen für die Jugend durchgeführt wird
Dieſer Mehrkampf ſoll aus einem Hindernislauf, einem Zielwurf
mit der Keule und einer Uebung des Kletterns beſtehen.
Hinſicht=
lich der Bild=Berichterſtattung ſoll an alle großen Zeitungsverlage
herangetreten werden, eine beſondere Bilderbeilage über das
Deutſche Turnfeſt herauszugeben. Auch mit den illuſtrierten
Wochenſchriften ſoll über dieſen Punkt geſprochen werden. Die
Geſellſchaft bei, wonach für alle Teilnehmer obligatoriſch eine
Gepäcks=Verſicherung einzuführen iſt.
Die Verſammlung befaßte ſich dann noch mit einigen anderen
wichtigen Verbandsfragen. So wurde jetzt nach einem Referat
des erſten Vorſitzenden, Staatsminiſter a. D. Dominicus,
einſtim=
mig beſchloſſen, den freiwilligen Arbeitsdienſt und
das Notwerk für die deutſche Jugend nachdrücklichſt zu unterſtützen.
Ebenſo ſprach man ſich für einen Antrag der Frauen=Abteilung zur
turnen wurden dem Turn=Ausſchuß zur Prüfung und dem
Haupt=
ausſchuß zur endgültigen Erledigung überwieſen.
Zahlreiche Eishockenſpiele
gab es am Neujahrstage. Der SC. Rieſſerſee ſchlug in Rieſſerſee
Ferencvaros Budapeſt überlegen 4:0, Brandenburg Berlin war in
Krynica (Polen) gegen den Wiener EV. mit 1:1 ein
Achtungs=
erfolg beſchieden. Mit 2:1 ſchlug der Münchner EV. den
Inns=
brucker EV. im Rückſpiel und der SC. Forſthausſtraße Frankfurt
war in Champery (Schweiz) über Stade Lauſanne 5:2 und über
die Cambridge=Eskimo mit 3:2 ſiegreich.
Zwei Sieger gibt es im Spengler=Pokal=Wettbewerb,
nachdem am grünen Tiſch beſchloſſen wurde, dem LTC. Prag und
der Univerſitä: Oxford zuſammen den erſten Preis zuzuerkennen.
Da die Oxforder durch dieſe Entſcheidung endgültig Pokalſieger
wären, haben ſie freiwillig auf den Cupgewinn verzichtet.
Gottfried von Cramm wird ſich am internationalen
St. Moritzer Hallen=Tennisturnier als einziger Deutſcher
betei=
ligen.
Bei dem nationalen Skiſpringen in
Parten=
kirchen ſiegte am Neujahrstage der Jungmanne Eisgruber=
Par=
tenkirchen mit Note 213,3, während Wörndle=München den
wei=
teſten Sprung mit 40 Meter ſtand.
„Helenes” Weltrekorde in Gefahr.
Amerikas Weltrekordſchwimmerin Helen Madiſon, die
ſämt=
liche offiziellen Welthöchſtleiſtungen im Kraulſchwimmen hält,
ſcheint von ihrer jüngeren Rivalin Leonora Knight langſam
entthront zu werden. Nachdem Frl. Knight ſich im 400 Meter=
Olympiaſchwimmen nur knapp geſchlagen bekannte, hat ſie ſich jetzt
an die Weltrekorde von Frl. Madiſon herangemacht, mit dem
Er=
folge, daß die 500 Meter=Beſtleiſtung gleich um 9,4 Sekunden
ver=
beſſert wurde. Leonora Knight ſchwamm in Miami dieſe Strecke
in 7:02,6.
Einen leichten 5:0=Sieg errang die Wiener
Profi=
mannſchaft Vienna=Wien bei einem Gaſtſpiel gegen Weſtmark
Trier. Die Wiener führten vor 4000 Zuſchauern ein ganz
ausge=
zeichnetes Spiel vor und führten ſchon bei Halbzeit mit dem
End=
reſultat von 5:0 Toren.
Sein50jährigesBeſtehen feierte in dieſen Tagen der
International Board, die höchſte Behörde für Regelfragen im
Fuß=
ballſport.
Anerkannt wurde erſt jetzt der bei den Deutſchen Schwimm=
Meiſterſchaften durch den Kölner Raimond Deiters aufgeſtellte
deutſche Rekord im 1500=Meter=Freiſtilſchwimmen mit 21.35,8
Minuten. Deiters hält außerdem noch die Freiſtilrekorde über
200, 300, 400 und 500 Meter.
Seite 8 — Nr. 2
Darmſtädter Tagblatt / Heſſiſche Neueſte Nachrichten
Montag, 2. Januar 1933
Ohne den Burſchen, der ihm im Grunde ſeines Herzens
wahrhaftig leid tut, noch einmal anzuſehen, reißt Fritz die
Eiſen=
türe links auf, die weißgeſtrichene Eiſentüre, macht vom Flur
aus Licht im Raum, „Moment” flüſtert er tonlos, „warte man
inen Augenblick hier drin, ich komm” ſofort wieder, muß bloß
mal eben ſehen .."
Phil, an ſo überraſchende Gefahr nicht denkend, tritt ein,
kleiner, hoher Raum, Stahlmöbel, Glasſchränke, Verſuchstiſche,
überall Tiegel, Gläſer, Retorten, Inſtrumente, alles dick
ver=
ſtaubt, Fenſter oder andere Türen nicht vorhanden — er wendet
ſich um, Fritz hat eine prallgefüllte Mappe, die Phil tatſächlich
erſt jetzt bemerkt, obwohl Fritz ſie von der Garage aus unter
dem Arm getragen hat, auf einen Schemel neben der Türe
ge=
legt, er iſt ſchon wieder im Flur, geſchwind geht das. „Moment”,
flüſterte er tonlos, „Momentchen, junger Mann, ich komme
ſofort. . .
Zu iſt die Türe.
Phil, auf ſolche Haſt nicht vorbereitet, ſieht mit letztem Blick,
baß in der großen, hellgeſtrichenen Eiſentüre der innere Türgriff
fehlt, dann wird das Licht von draußen ausgedreht, Dunkelheit
fällt jäh und erſtickend über ihn, er ſteht, ſeine Haare ſträuben
ſich, — was, was iſt denn nun los? — Fritz will ja bloß mal
eben ſehen — hier hab’ ich einen Hammer in der Hand und in
der anderen dieſes unſelige Goldklümpchen, dieſes gottverfluchte,
das mich hierher brachte.
Klein Geräuſch von draußen, Fritz will mal eben nachſehen,
kommt ſofort wieder. Fritz hat mit ſtöhnendem Aufatmen die
Eiſentüre von außen zugedrückt, ſo, das wäre geſchafft, der
kommt nicht mehr raus. Er wiſcht ſich mit dem Handrücken die
ſchweißverklebten Haarſträhnen aus der Stirn, ſeine Augen
flackern, als gehörte er in das große Haus mit den hohen
Mauern jenſeits des Alten Tiergartens, ſein Mund klafft
ver=
zerrt, — ſo der iſt aufgehoben. Jetzt die anderen, die den Schnee
von ihren Schuhen geklopft haben; er verſichert ſich, daß die Tür
zum Hof verſperrt iſt, eilt dann zur Treppe.
Hinter der Treppe ſeitwärts iſt ein ſchmaler, heller
Wand=
ſchrank unauffällig angebracht. Vaugham hat ihn gut beſchrie= überall Licht, wer ſieht denn das hier hinter den feſt
verſchloſſe=
ben und Fritz öffnet ihn. Seine Finger, in Handſchuhen noch
mit dem Taſchentuch umwickelt — könnte Benzingeruch dran ſein,
die ſind ja jetzt ſo raffiniert, die Brüder — es iſt ein kleiner
Schaltkaſten, Drücker, Iſolierungen, Knöpfe, Hebel.
Im Vorübergehen faſt dreht Fritz einen Hebel herum, den
äußerſten rechts, oberſte Reihe, nicht zu verfehlen, Schrank zu,
Schlüſſel raus, irgendwo in die Ecke gefeuert, das wäre das!
Keine dreißig Sekunden hat es gedauert, fabelhaft einfach.
Fritz löſcht das Licht im Hausgang und ſpringt wie ein
Panther auf der Jagd die Treppe hinauf zu den oberen
Räu=
men, hinter dem Licht ſeiner Lampe her.
Und die Minuten verrinnen, ſtill iſt es in dem freundlichen
Flur vor dem Laboratorium des früheren Beſitzers, ſtill, finſter,
ſelbſt wenn jemand mit außerordentlich feinen Ohren dageweſen
wäre, hätte er nichts hören können, gar nichts.
Plötzlich zerreißt die laſtende Stille des einſamen Hauſes
ein Schrei, gräßlich, unmenſchlich berſtend vor Grauen und Angſt
— ein Mordſchrei
41.
Buddha lächelt.
Fritz findet oben die Türe am Ende des kleinen Ganges, der
die Treppe vom Laboratorium mit der Galerie des Haupthauſes
verbindet, nur angelehnt. Er weiß genau, daß er ſie geſchloſſen
hat, als er vorige Woche hier war. Dazu die Spuren unten im
Flur — es muß jemand im Hauſe ſein.
Lauſchend verharrt er einige Atemzüge lang, und da iſt
plötzlich auf der anderen Seite der Galerie, die die ganze erſte
Etage aushöhlt, ein Geräuſch, ſo, als ob jemand behutſam einen
Türſchlüſſel herumzudrehen verſucht, der nicht will.
Mit drei mächtigen Sätzen iſt, Fritz am Hauptlichtſchalter,
den er ſofort wiederfindet, ſein Gedächtnis iſt großartig, was
er einmal geſehen hat, behält er bis an ſein Lebensende.
Blen=
dende Helligkeit ſprüht auf, die Galerie mit den prächtigen
weißgoldenen, zwei Stock hohen Barockſäulen und das ganze
Treppenhaus bis hinunter mit Licht überflutet. Ueberall heitere
Farben, große Spiegel, ein rieſiger in tauſend bunten Garben
funkelnder Glaslüſter mitten über der breiten Treppe und der
großen Diele des Erdgeſchoſſes, auf deren rot= weißen
Marmor=
fließen, koſtbare Vaſen ſtehen und, in einer Ecke
zuſammen=
gerückt, Möbel unter ſtaubbedeckten Schutzhüllen.
Eine Türe der Galerie ſteht auf, die neulich beſtimmt
ge=
ſchloſſen war; aber nicht dorthin blickt Fritz, er hat eine andere
aufs Korn genommen, reich mit Gold verzierte herrliche
Barock=
türe in der Mitte der anderen Seite, von dorther kam das
Ge=
räuſch, das ſteht feſt. In lautloſen Sätzen ſchnellt Fritz voran,
drückt gegen die Türe, ſie weicht ſofort — er findet mit Hilfe
der Taſchenlampe den Lichtſchalter, knipſt — Licht muß ſein,
nen und verhangenen Fenſtern dieſes verdammt einſamen
Hau=
ſes, mitten in der Nacht —
Er ſteht in einem Damenſalon, von ziemlicher Unordnung
erfüllt, Schubladen herausgeriſſen, Sachen über den Boden
ver=
ſtreut, alles unter fingerdicker Staubſchicht, geblümte
Seiden=
ſtoffe an Wänden und Möbeln — eine, zwei weitere Türen,
Fritz, Rot vor den Augen, ſpringt über das helle Oval des
koſt=
baren Teppichs, — das war der Augenblick, wo ihn der
Mord=
ſchrei erreichte!
Aus der Tiefe des Seitenflügels dringt der Schrei,
unheim=
lich, berſtend vor Grauen, durch Treppen, Flure und die Weite
der Galerie entfernt, dennoch überlaut.
Fritz preßt die Zähne zuſammen und die Augen. Verflucht,
jetzt hatte er’s geſpannt, — heiß zuckt es in ihm, treibt ihn zur
Türe — „ich bin doch kein Schlächter!” — wer hatte das dieſem
Hund, dieſem Vaugham, geſagt? — Herrgott, Fritz, ſind wir
Menſchen? — noch ſteht er zögernd, ſeine Augen werden glaſig.
Naſcheln aus dem Nebenraum dringt an ſein Ohr.
Der Chauffeur Fritz aus Dierlamms Garage, ein netter
Kerl, Freund vieler Zofen und mancher Gnädigen, Verbrecher,
ja, aber anſtändiger Junge im Grunde, jetzt beſeſſen vom
Alko=
hol, vom Rauſch einer ſinnloſen Wut — und, ſchon, unbewußt
von der Furcht vor dem greulichen Erwachen — langſam drückt
er die Türe zur Galerie ins Schloß, der Schrei, der nicht
auf=
hören wollte, wird matter —
Fritz hat Blutgeſchmack im Munde, ſein Schädel dröhnt, als
er ſich zum Nebenzimmer wendet — das ſollen ſie ihm büßen,
ihn ſoweit zu bringen, alle ſollen es büßen! Nochmals lauſcht
er, als die Schreie aus der Tiefe von dumpfen Schlägen
be=
gleitet werden — aha, der Burſche hatte was erwiſcht, einen
Stuhl, oder ſeinen Schuh, — wird nichts nützen, iſt ſchnell
vor=
bei ſowas, ſchließlich, bis ich hinkäme, wär’s doch zu ſpät.
Fritz ſtürzt ins Nebenzimmer, Licht zuerſt. Kein Menſch.
Hier ſieht es ſo ähnlich aus wie beim Buddha, dieſe gelben
Hunde ſollten doch ihre Sachen zu Hauſe auskochen, uns in
Ruhe laſſen. Erſt nach genauem Spähen entdeckt er in dem
ſanf=
ten Muſter des reich geſchuitzten Holzes, das die Wände bedeckt,
eine Türe.
Dieſe Tür iſt verſchloſſen!
Hinter ihr muß jemand verſteckt ſein.
Fritz, trotz des Toſens in ſeinem Schädel immer noch
er=
reicht von erſtickten Schreien, von dumpfen, ohumächtigen
Schtü=
gen, wirft ſich mit aller Gewalt gegen die Türe, erlöſt, endlich
etwas tun zu können, das andere Geräuſche übertönt. Die Türe
widerſteht. Nochmals mit Anlauf — dat is ne Wucht, wat? —
Das Holz knackt, aber die Türe hält. Suchend blickt Fritz ſich
um. Eine Buddhaſtatue ſteht auf vergoldetem Poſtament, mit
dem ewigen Lächeln, das alle Qualen, alle Freuden überdauert
— die Dinger kann ich ſowieſo nicht leiden, immer grinſen ſie
über dich
Fritz nimmt die ſchwere Figur, als nehme er ein kleines
Kind auf den Arm. Schwer auf ſchwankenden Füßen tritt er
zurück, breitbeinig, geduckt, nimmt Anlauf, ſchmettert den
metal=
lenen Gott mit furchtbarer Gewalt gegen das Holz, deſſen Laub
einſt die Tempel ſeiner Heimat beſchattete. Krachend birſt die
Türfüllung, das Holz zerſplittert wie Glas, dumpf, mit
ſelt=
ſamem, wehem Klingen poltert der goldene Gott zu Boden —
auf die Füße fällt er, ſitzt da, im dunklen Nebenzimmer gerade
noch vom milchigen Licht des ihm geweihten Raumes beſtrahlt,
ſitzt da, grinſt!
(Fortſetzung folgt.)
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Mahnung.
Das Schulgeld für den Monat Dezember
1932 für die hieſigen höheren Schulen,
ſowie die ſtädt. Maſchinenbau=, Gewerbe=,
Handels= und Haushaltungsſchulen iſt
bei Meidung der Beitreibung und
Koſten=
berechnung bis zum 10. Januar 1933 an
die unterzeichnete Kaſſe zu zahlen.
Darmſtadt, den 2. Januar 1933. (st. 339
Stadtkaſſe.
Verſteigerung.
Wegen Auflöſung des Haushaltes der
verſtorbenen, Freifrau L. v. Schenck
verſteigere ich Donnerstag, 5. dſs.
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