Ginzelnummer 10 Pfennige
Bel wöchentlich 7maligem Erſcheinen vom 4. Januar
bis 31. Januar 2.48 Reſchemart und 22 Pfennig
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im Jan, ohne Beſtellgeld monatlich 2.75 Reſchemart.
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beſimmten Tagen wird nſcht übernommen.
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Fermuf obne Verbindiſchkelt für uns. Poſtſcheclondo
Franffurt a. M. 1304.
Morgenzeitung der Landeshauptſtadt
Wöchentliche illuſtrierte Beilage: „Die Gegenwart”, Tagesſpiegel in Bild und Wort
Nachdruck ſämtlicher mit * verſehenen Original=Aufſätze und eigenen Nachrichten nur mit Quellenangabe „Darmſi. Tagbl.” geſiattet.
Nummer 2
Freitag, den 2. Januar 1931.
194. Jahrgang
27 mm breite Zelle im Kreiſe Darmſtadt 25 Reichspfg.
FinanzeAnzeigen 40 Reſchspfg. Rellamezelle (92 mm
breſtl 2 Reichsmark Anzelgen von auswärte 40 Reſchspfg.
Ineneslneigen O0 Neſhenſa. Kmm belie
Relane=
zele 300 Reſchemar. Alle Preiſe in Reſchemart.
ſt Doſar — 430 Marhl. — im Falle Fehes
Gewal, wie Krieg. Auftuhr Strelt uſw. erſcht
ſede Verpfliſchtung auf Erfüllung der
Anzelgen=
aufträge und Leſſung von Schadenerſatz. Be
Konlurs oder gerichtlicher Beſtrelbung fänl jeder
Rabatt weg. Bankkonto Deutſche Banl und
Darm=
ſtädter und Nationalbonl.
Uinſte Mahnang Mdenbutgr un dag Aagianid!
Reichspräſidenk und Reichsregierung ſordern wirkſame inkernalionale Zuſammenarbeik zur Beſeikigung der Wirtſchaftskriſe. — Deutſchland fühlt ſich in ſeiner
Weiel belnafl.-Fenfliagen ainen deHüife un eiderais desbeiſcen zuiesfüclefäaifen.-Auef i eiende Hinde eies Getilt.
Appell zur Einigkeik in Lebensfragen
der Manon.
zum Zuſammenſchluß aller Schaffenden.
Berlin, 1 Januar.
Am Neujahrstage fanden beim Reichspräſidenten die
übli=
chen Empfänge ſtatt. Gegen 11 Uhr nahm der
Reichspräſ=
dent am Portal die Meldung der Wache, die mit Muſik vom
Brandenburger Tor gekommen war, entgegen. Um 12 Uhr
empfing der Reichspräſident im Großen Saale des
Reichsprä=
ſidentenhauſes das
Diplomakiſche Korps.
Dabei hielt der Doyen Nuntius Orfenigo eine
An=
ſprache: „Es iſt mir ein Herzensbedürfnis”, ſo führte er in der
Ueberſetzung u. a. aus, „ein treuer Dolmetſch zu ſein aller
edlen Wünſche des Gedeihens, die meine erlauchten Kollegen
heute für Ihre Perſon und für die große Nation hegen, deren
Geſchicke Sie, Herr Reichspräſident, „wit bewundernswerter
Kraft und Friſche lenken. Die Morgenröte dieſes Jahres iſt
leider nicht ohne Trübung. Die Not breitet überall
ihren Trauerſchleier aus. Es hat faſt überall
nicht an hochherzigen Verſuchen gefehlt, dieſer
gewaltigen Weltkriſe abzuhelfen. Wir
beobach=
ten mit großer Genugtuung die
Anſtrengun=
gen; mit denen Deutſchland die Kriſe zu
über=
winden ſich bemüht. Aber die Erfahrung
er=
bringt immer erneut den Beweis, daß ohne die
volle und aufrichtige Eintracht der Nationen
es unmöglich iſt, eine wirkliche wirtſchaftliche
Wiedergeſundung der Völker herbeizuführen.
Möge die wirtſchaftliche Not ein Antrieb werden zu neuen
ernſtgemeinten Verſuchen, um die innigere Einigung
der Geiſter, die gegenſeitige herzliche Verſtändigung unter
den Nationen zu erreichen, die allein feſte Gewähr bietet für
eine geſicherte Freiheit und Ruhe in allen Ländern und einen
dauernden Frieden unter den Völkern.”
Sodann überbrachte der Nuntius dem Reichspräſidenten
noch im Namen der Staatsoberhäupter, die durch das
diplo=
matiſche Korps vertreten werden, die beſten Wünſche.
In ſeiner Erwiderung dankte
Reichspräſidenk v. Hindenburg
zunächſt für die dargebrachten Wünſche. Er führte u. a. aus:
„Mit beſonderer Wucht treffen die
Auswir=
kungen der Weltwirtſchaftskriſe das deutſche
Volk. Unſere Hoffnung auf eine dauernd
wirk=
ſame Beſſerung der Lage iſt auch von
Umſtän=
den abhängig, über die wir nicht allein Herr
ſind. Mit ſteigender Spannung erwartet das
deutſche Volk, daß die internationale
Zuſam=
menarbeit ſich im kommenden Jahre als
wirk=
ſam genug erweiſt; um das deutſche Volk vor
wahren.”
Der Ausgleich der ſtarken Intereſſengegenſätze
die allenthalben das Schickſal der Völker bedrohen, kann, nicht
in Vereinzelung vollzogen werden. Zuſammenfaſſung
aller poſitiven Kräfte zur Beſeitigung der Kriſe und zur
Ueber=
windung der Hinderniſſe für den Fortſchritt der Menſchheit iſt die
ſchloſſen iſt.”
Sodann ſprach der Reichspräſident den Diplomaten zugleich
für ihre Staatsoberhäupter, Regierungen und Völker die
herzlich=
ſten Neujahrswünſche aus. Er begrüßte dann die einzelnen
Bot=
ſchafter, Geſandten und Geſchäftsträger. An dem Empfang nah= Kräfte führen möge.
men u. a. der Reichsaußenminiſter und Staatsſekretär Meißner teil.
Der Empfang der Reichsregierung.
Um 12 Uhr 30 Min. empfing der Reichspräſident die
Reichs=
regierung. In Vertretung des beurlaubten Kanzlers begrüßte
Reichswehrminiſter Groener
den Reichspräſidenten mit einer Anſprache. Er wünſchte zunächſt zerreißt und dann in der Zeit der Not und
Ge=
dem Reichspräſidenten Geſundheit und Wohlergehen im neuen fahr zu einem einheitlichen Willen unfähig
Jahr. „Wir ſind dem Geſchick von ganzem Herzen z
dankbar”, ſo ſagte Groener weiter, „in Ihnen ein
Ober=
haupt zu beſitzen, aufdas die ganze Welt mit
Ver=
ehrung blickt und dem die Liebe des geſamten
deutſchen Volkes gilt. Seit den Abmachungen über den
Neuen Plan hat ſich in der geſamten Wirtſchaftslage eine ſo tief= aller gemeinſames Schickfal beſtimmen,
ver=
gehende Wandlung vollzogen, daß die Reichsregierung, vor die
ernſte Frage geſtellt iſt, ob das deutſche Volk die in dem Neuen
Plan vorgeſehenen Laſten zu tragen vermag. Die
Reichs=
regierung iſt ſich ihrer Pflicht bewußt, dafür zu Ausweg finden. Aus dem eigenſinnigen Streit
ſorgen, daß die ſittlichen und ſozialen Lebens= um politiſche Programme und um ſelbſtiſche
grundlagen des deutſchen Volkes nicht
erſchüt=
tertwerden.” Groener erinnerte dann an die Befreiung
des Rheinlandes von fremder Beſatzung am 1. Juli des
ver=
gangenen Jahres. Er bezeichnete den Abzug der
Bahnſchutztrup=
pen als einen Schritt vorwärts auf dem Wege zur endgültigen Selbſtvertrauen und zur Zuverſicht auf ſeine Zukunft. Die un=
Heimkehr des Saargebiets ins Reich. Die berechtigten Be=
Oeffentlichkeit einen ſtarken Widerhall gefunden. Die
Reichs=
regierung werde in der Sorge für das deutſche Volk jenſeits der
Grenze eine ihrer wichtigſten Aufgaben ſehen. Zur
Abrüſtungs=
frage erklärte Groener: „Schmerzlich empfindet das deutſche
Volk, daß der Grundſatz der Gleichberechtigung, der
auch für unſer Volk einen ſelbſtverſtändlichen Anſpruch hat, noch
nicht gewährleiſtet iſt. Noch immer iſt die feierlich
über=
nommene Verpflichtung auf Abrüſtung durch die underen Mächte
nicht in die Wirklichkeit umgeſetzt und noch immer muß ſich
Deutſchland in ſeiner Sicherheit bedroht fühlen.
Auch hier wird es Aufgabe der Reichsregierung ſein, mit
allem Nachdruck dafür einzutreten, daß der
Grundſatz gleicher Sicherheit für alle Völker,
ohne den eine wahre Befriedung unmöglich iſt,
ſich durchſetzt.”
Groener kam dann auf die Innenpolitik zu ſprechen.
Dabei betonte er, daß es das deutſche Volk mit beſonderem Dank
anerkennen werde, daß der Reichspräſident ſich entſchloſſen habe,
die Notverordnungen zu erlaſſen. Die Wiederbelebung unſerer
Wirtſchaft ſei die einzige Möglichkeit, die Arbeitsloſigkeit
einzu=
dämmen. Der kurze Rückblick auf das vergangene Jahr zeige die
Größe der Aufgaben, die dem deutſchen Volke noch bevorſtänden,
und die ſchweren Hinderniſſe, die noch vor dem Ziele lägen.
„Der Lebenswille des deutſchen Volkes”, ſo ſchloß
Groener, „gibt uns das Recht, zuverſichtlich für
eine Zukunft zu wirken, in der das Reich in
fried=
licher Arbeit wieder frei und unabhängig den
ihm gebührenden Platz unter den Nationen der
Erde einnimmt.
Der Reichspräſidenk
ſtellte in ſeiner Erwiderung feſt, daß von den Wünſchen, mit
denen er vor einem Jahre dieſen Tag begrüßt habe, ſich nur der
eine erfüllt habe: dem beſetzten Gebiet iſt die langerſehnte
Befreiung von frender Beſatzung wiedergegeben worden. Er
gedachte ſodann der Sardeutſchen, die ſich trotz ihrer
ſtaat=
lichen Trennung mit uns immer eins fühlten und ungebrochenen
Mutes auf den Tag der Rückehr ins Vaterhaus warteten.
So=
dann führte der Reichspräſident aus: „Mit voller Zuſtimmung
entnehme ich aus Ihren Worten, daß die Reichsregierung ſich der
ernſten Lage bewußt iſt, die ſich infolge der tiefgreifenden
Aenderung, der weltwirtſchaftlichen
Verhält=
niſſe ſeit der Zeit entwickelt hat, als wir uns aus den von
Ihnen hervorgehobenen Gründen zur Annahme des Neuen
Planes entſchloſſen haben. Auch ich halte es für die
vor=
nehmſte Aufgabe der Reichsregierung, ſich mit
ganzer Kraft dafür einzuſetzen, daß die
ſitt=
lichen und ſozialen Lebensgrundlagen des
deutſchen Volkes nicht erſchüttert werden. Mit
Ihnen bin ich ferner der Anſicht, daß die Durchführung
der allgemeinen Abrüſtung nicht nur ein Gebot
inter=
nationaler Gerechtigkeit Deutſchland gegenüber, ſondern auch das
ſicherſte Mittel zu einer wirklichen Befriedung der Welt iſt und
daher mit allen Kräften angeſtrebt werden muß. Daß
die Reichsregierung ſich auch weiterhin die Sorge für
deut=
ſches Volkstum im Ausland und für die
Inne=
haltung internationaler Verträge zum Schutze
deutſcher Minderheiten als wichtige
außenpoli=
tiſche Aufgabe ſtellt, findet meine volle
Billi=
gung und Unterſtützung. Die Arbeitsloſigkeit
weiteren ſchmerzlichen Enttäuſchungen zu be= iſt unſere größte Sorge. Zu ihr kommt noch die Not
der Landwirtſchaft. Den unfreiwillig feiernden Händen
wieder Beſchäftigung zu ſchaffen und dem deutſchen Landrirt
ſeine Exiſtenzmöglichkeit zu erhalten, wird auf dem Gebiet der
inneren Politik unſere erſte Aufgabe ſein. Zur Vollendung der
begonnenen finanziellen und wirtſchaftlichen Maßnahmen wird
es nicht nur der Reichsregierung, ſondern auch aller Führer der
große Friedensaufgabe, an der Deutſchland mitzuwirken ent= Wirtſchaft und darüber hinaus aller ſtaatsbewußten
Vollsgenoſ=
ſen bedürfen. Vor einem Fahre habe ich an dieſer
Stelle der Hoffnung Ausdruck gegeben, daß der
Geiſtder Einigkeitim deutſchen Volke ſich feſtige
und zum Zuſammenſchluß aller ſchaffenden
Dieſer Wunſch hat ſich leider nicht erfüllt.
Im Gegenteil will es ſcheinen, als ob die harte Sorge um das
Einzelſchickſal den Gedanken an das Geſamtſchickſal
Deutſch=
lands und die Zukunft unſeres Vaterlandes zurückgedrängt
und neue Gegenſätze geſchaffen hat. Verſchiedenheit der
An=
ſchauungen und der perſönlichen Intereſſen wird und muß ſein.
Aber es iſt nicht nötig, daß dieſe Verſchiedenheit zu einem
macht. In Wirklichkeit iſt bei nüchterner
Be=
trachtung das Gegenfätzliche und das
Tren=
nende gar nicht von ſolcher Bedeutung, daß es
ein Zuſammengehen in den Lebensfragen
unſe=
res Vatgrlandes in den Dingen die unſer
hindern ſollte. Wir müfſen uns nur mehr auf
dem Widerſtreit der eigenen Intereſſen den
meinſamer praktiſcher Arbeit für das
Geſamt=
volk. Ein Volk, dem ſo reiche Kräfte ausdauernder Arbeit
und erfinderiſchen Geiſtes gegeben ſind, hat ein Recht zum frei zu machen zu ſteter und gedeihlicher Vorwärtsentwicklung.”
vergeßlichen Leiſtungen Deutſchlands im Weltkrieg, die zähe
ſchwerden der deutſchen Minderheiten hätten in unſerer Ueberwindung der großen politiſchen und wirtſchaftlichen Er= um untereinander Neujahrswünſche auszutauſchen. Der
Neu=
ſchütterungen der Nachkriegszeit, das geduldige Ertragen
frem=
der Beſatzung, die tapfere Abwehr der vielfachen Anſchläge zuf
deutſches Land und andere Ereigniſſe mehr haben uns ſelbſt
wie der Welt gezeigt, daß trotz allem Gegenſätzlichen bei uns
ſtarke und innerlich verbundene Kräfte leben und wirken, die
uns Geſundung und Aufſtieg verheißen. Möge das neue Jahr
dem deutſchen Volke Selbſtvertrauen und die Kraft zu
gemein=
ſamem Wollen bringen! Dann werden wir auch die große Not
bald überwinden!“
Die weiteren Empfänge.
Um 12 Uhr 50 Min. empfing der Reichspräſident den
Reichs=
tagspräſidenten Loebe. Es folgten, eine Abordnung des
Reichsrates, für die Wehrmacht Reichswehrminiſter Groener,
General der Infauterie Haſſe, für den beurlaubten Chef der
Heeresleitung, ſowie der Chef der Marineleitung Admiral
Räder. Ferner überbrachten Glückwünſche für die
Hauptver=
waltung der Reichsbahngeſellſchaft u. a. Generaldirektor
Dorpmüller und für das Reichsbankdirektorium
Reichs=
bankpräſident Dr. Luther.
Vor dem Palais des Reichspräſidenten in der
Wilhelm=
ſtraße hatte ſich eine große Menſchenmenge angeſammelt. Der
Reichspräſident wurde nach Beendigung der Empfänge von der
Menge mit ſtürmiſchen Hochrufen begrüßt.
Anläßlich des Jahreswechſels hat der Reichspräſident mit
den Königen von Bulgarien, Dänemark, Norwegen, Rumänien
und Schweden ſowie mit dem Reichsverweſer von Horthy und
dem Bundespräſidenten Miklas telegraphiſch Glückwünſche
aus=
getauſcht. Das Telegramm des öſterreichiſchen
Bundespräſiden=
ten hatte, ſolgenden Wortlaut: „Es iſt mir ein aufrichtiges
Be=
dürfnis, Ew. Exzellenz an der Wende des Neuen Jahres innigſte
und aufrichtigſte Glückwünſche für Ihre Perſon und Ihre
Familie ſowie für das Wohlergehen des deutſchen Volkes und
Bruder=Reiches auszuſprechen. Ich hoffe zuverſichtlich, daß das
lommende Jahr unſeren Bemühungen, die ſchwere gemeinſame
Wirtſchaftsnot zu überwinden, den heiß erſehnten Erfolg bringen
und damit dem großen deutſchen Volke wieder die Wege zu
neuem Auſtieg eröffnen werde.”
Heſſiſche Wünſche am Jahresbeginn.
Die Befakungsſchäden müſſen von Reich
ausgeglichen werden.
* Zum üblichen Neujahrsempfang hatte ſich geſtern
vormit=
tag im Staatsminiſterium eine große Anzahl führender
Perſön=
lichkeiten aus Politik, Verwaltung, Kunſt, Wiſſenſchaſt,
Wirt=
ſchaſt und der Kirchen eingefunden. Staatspräſident Dr.
Ade=
lung erklärte in ſeiner Anſprache u. a.:
„Das verfloſſene Jahr 1930 hat Deutſchland ſchwere
wirtſchaftliche und politiſche Erſchütterungen
gebracht. Die wirtſchaftliche Not, die die Auswirkung einer Kriſe
iſt, die als Folge des furchtbaren Krieges das Erwerbsleben der
ganzen Welt in den Fundamenten erſchüttert, drückt
beſon=
ders ſchwer auf uns. Zwar hat das Jahr 1930 die ſo lange
er=
ſehnte Befreiung der beſetzten Gebiete herbeigeführt:
endlich ſind die Bewohner unſeres Landes wieder frei vom Druck
fremden Kriegsrechts. Aber die lange Hinauszögerung
des Z eitpunktes der Räumung hat deren pſychologiſche
Wirkung erheblich beeinträchtigt; und die Sorge umdie
Be=
hebung der Schäden der 12jährigen Beſetzung
ſteht vor allem bei uns in Heſſen noch
rieſen=
groß vor uns
Dazu kommt, daß die Erleichterung, die bei den
Repara=
tionslaſten der Aoungplan bedeutet, ſich infolge der Kriſe
nicht ſo auswirken konnte, wie das bei normaler Wirtſchaftslage
hätte erwartet werden dürfen. Es ſteigt die Gefahr, daß als
Folge untragbarer Laſten dem deutſchen Volke ſeine ſozialen und
ſittlichen Grundlagen gefährdet, zum anderen aber auch die
Quel=
len für die endliche Geſundung der Weltwirtſchaft verſtopft
wer=
den können. Das Verſtändnis für den deutſchen Standpunkt
wächſt, daß der jetzt geltende Plan nicht das letzte
Wort in den friedlichen Vereinbarungen zur Abwickelung des
Weltkrieges und zur dauernden Befriedung der Nationen ſein
kann und daaf.
An der Schwelle des neuen Jahres dürfen wir trotzdem und
alledem nicht die Zuverſicht aufgeben, daß es gelingen wird,
Deutſchland aus der Not der Gegenwart herauszuführen. Wir
politiſchen Kampfe führt, der das deutſche Volk alle müſſen in zäher Energie und mit unbeirrbarem Willen jeden
Fatalismus abwehren und zuſammenſtehen in
Beſonnen=
heit zu gemeinſamer Arbeit in Reich, Staat und Gemeinde. In
der Notzeit müſſen wir Opfer bringen und Opfer fordern. Es
gilt, die Schäden des Krieges und der Inflationsjahre zu
über=
winden. Es muß Verſtändnis gefordert werden für die
ſchwe=
ren Aufgaben der Gegenwart, die ſich
nichterfül=
len laſſen durch Kataſtrophenparolen und
poli=
tiſches Kraftmeiertum, Diktatur=Gerede und
Bedrohung, ſondern nur durch ernſtes und
eut=
uns ſelbſt beſinnen, wir müſſen endlich aus ſchloſſenes Zuſammenwirken aller Volkskräfte
auf dem Boden unſeres demokratiſchen
Staats=
weſens, das vom Verantwortungsbewuß ſein der Geſamtheit
getragen wird. Ich bin feſt überzeugt, daß die Kräfte des demo=
Vorteile, müſſen wir uns emporheben zu ge= kratiſchen Volkswillens auch im kommenden Jahre ſtark genug
ſein werden, alle Erſchütterungen zu überwinden
und Deutſchland und damit auch unſerem Heſſenland die Bahn
Die Worte des Staatspräſidenten fanden allſeits
Zuſtim=
mung. Die Gäſte blieben anſchließend noch ein Weilchen vereint,
jahrsempfang hielt ſich, dem Ernſt der Zeit entſprechend, wieder
in einfachſten Formen.
Seite 2
Das Teſlamenk des Luftmarſchalls Brancker.
TU. London, 31. Dezember.
Der engliſche Luftmarſchall Sir Sefton Brancker, der im
Oktober mit dem engliſchen Luftſchiff „R. 101” ums Leben kam,
hat ſein geſamtes Vermögen in Höhe von etwa 130 000 Mark
der engliſchen Schauſpielerin Miß Aurell Lee
hiuterlaſſen. Seine Witwe bleibt auf die Penſion von
6000 Mark jährlich angewieſen. Sein 20jähriger Sohn geht
leer aus. Fräulein Lee war eine alte Bekannte des engliſchen
Luftmarſchalls und hatte als erſte Frau zuſammen mit ihm den
Aequator überflogen. Sie widmet ſich jetzt in der letzten Zeit in
Amerika der Herſtellung von Sprechfilmen. Das Teſtament hat
in London erhebliches Aufſehen erregt.
Vom Induſtriearbeiter zum Generaldirektor.
Die Nachfolger Lord Melchetts im engliſchen Farbentruſt.
TU. London, 31. Dezember.
Auf der Verſammlung der Direktoren der Imperial
Chemi=
cal Induſtries wurde am Mittwoch Sir Harry Mac Gowen
ein=
ſtimmig zum Generaldirektor als Nachfolger für den
ver=
ſtorbenen Lord Melchett gewählt. Die Stellung des
Präſi=
denten wurde Lord Reading übertragen. Mac Gowen, der
vor 56 Jahren in Glasgow geboren wurde, hatte ſich ſchon zu der
Zeit, wo er mit einem Wochenlohn von nur fünf Schilling in den
ſchottiſchen Nobelwerken arbeitete, in den Kopf geſetzt, eines Tages
Direktor dieſer Geſellſchaft zu werden. Er erwarb ſein Geld zum
größten Teil dadurch, daß er rechtzeitig die Bedeutung des
Auto=
mobils erkannte. Er iſt ferner auch Direktor der Internationalen
Nickel=Company von Canada und zweiter Generaldirektor der
Finanz=Company von Großbritannien und Amerika und außerdem
einer der Direktoren der Midland=Bank.
In der Neujahrsnacht ſind in Berlin 383
Per=
ſonen von der Polizei zwangsgeſtellt worden. In
der Mehrzahl der Fälle handelte es ſich um groben Unfug,
Schlä=
gereien, Körperverletzungen, Hausfriedensbruch,
Sachbeſchädigun=
gen, Trunkenheit und Zwiſchenfälle politiſcher Natur. Bei einer
Schießerei gegen 4 Uhr morgens am Prenzlauer Berg im
Nord=
oſten Berlins wurden zwei Perſonen getötet.
In Stuttgart kam es zwiſchen Nationalſozialiſten und
Kommuniſten zu einem Zuſammenſtoß, bei dem ein Mann
ge=
tötet wurde. Die Polizei verhaftete zunächſt 150
Per=
ſonen.
Rund 140 000 Bergarbeiter haben in Süd=Wales
die Arbeit niedergelegt. Faſt alle Gruben des Bezirks
liegen ſtill Nur die Notſtandsarbeiten werden verrichtet. Am
Samstag ſoll der Schlichtungsausſchuß in Cardiff zuſammentreten.
Die Zahl der Arbeitsloſen in England belief ſich
am 22. Dezember auf 2 408 371, was gegenüber der Vorwoche eine
Erhöhung um 108 779 bedeutet.
Ernſte Arbeitsloſen=Unruhen haben ſich geſtern
in Haarlem abgeſpielt. Es kam zu einem mehrſtündigen
Ge=
fecht zwiſchen der Polizei und Arbeitsloſen, in deſſen Verlauf
der kommuniſtiſche Stadtrat Overſteegen ſchwer verletzt wurde.
Die Banca Carnone u. Crovetto in Genua=Nervi iſt mit
einer Schuldenlaſt von anderthalb Millionen Lire in
Konkurs geraten. Sie beſaß etwa zwei Millionen Depoſiten.
Die Whiteney Truſt= and Savings=Bank in New
Orleans wurde von drei ſchwer bewaffneten Banditen überfallen,
die ohne jede Warnung ſofort ein heftiges Gewehrfeuer auf das
Perſonal der Bank eröffneten. Ein Beamter und ein Kunde
wur=
den getötet, ein Kaſſierer lebensgefährlich verletzt. Die Räuber
plünderten dann die Schalterkaſſen und verſchwanden mit
ihrer großen Beute.
Der durch einen Militärputſch ans Ruder gelangte
proviſo=
riſche Präſident von Guatemala, General
Orel=
lana, hat ſein Amt niedergelegt, da die Vereinigten
Staaten ihn nicht anerkannten. Der Nationalkongreß hat an ſeiner
Stelle Dr. Reina Andrade zum Präſidenten gewählt.
Die Unruhen, die man bei den Demonſtrationen zur
Er=
innerung an die vor einem Jahr abgegebene
Unabhängigkeitser=
klärung des Kongreſſes erwartete, ſind trotz den umfangreichen
Vorkehrungen der Polizei in Bombay nicht ausgeblieben. Bei
ſchweren Zuſammenſtößen zwiſchen den
Kongreßanhän=
gern und der Polizei wurden 175 Perſonen verletzt davon
35 ſchwer. — Die Gattin des Kongreßpräſidenten, Frau Kamala
Nehru, wurde heute in Allahabad verhaftet.
Die auſtraliſche Regierung hat die Generalkonſulate
benachrichtigt, daß das Land keine Arbeitsgelegenheiten für
aus=
ländiſche Einwanderer bereitſtellen könne, und daß es daher
rat=
ſam wäre, die Einwanderung einzuſtellen. Tatſächlich
wird damit die Einwanderung nach Auſtralien verboten. Britiſche
Staatsangehörige werden jedoch durch dieſes Verbot nicht
be=
troffen.
Oiheim Buiſche. Aub meinem Beoen.
Zum 70. Geburtstag am 2. Januar 1931.
Es war der ſchöne Sommer 1903, mir in mehrfachem Betracht
unvergeßlich. Mein „Zug nach dem Oſten” war immer auch etwas
Kulturflucht geweſen. Vom Rhein in das geſchäftige
Großſtadt=
leben Berlins und von da raſch wieder in die ſtille Mark. Jetzt
erſchien mir dieſes idylliſche Tälchen als der Inbegriff alles
Ar=
beitsruhigen und Naturverſponnenen. Zumal daneben
Schreiber=
hau doch einen recht anregenden geiſtigen Kreis hatte, wenn man
ſchon aus ſeinem Verſteck herauskriechen wollte. Und hier nun
be=
ging ich damals etwas ziemlich Verwegenes. Ich erwarb mir ein
kleines Stück Land genau in der Mitte des oberen Tals, etwas
Wieſe und ein paar Birken, darauf auch eine hundertjährige, halb
zerfallene Bauernkate, die meine kluge Frau aber in jenem
Som=
mer buchſtäblich für ein paar Groſchen doch wieder in wohnlichen
Stand brachte. Als wir kamen, ſtanden die wilden Brenneſſeln
noch bis unter das eingeſunkene Dach, die aber dann Roſen und
violetter Clematis wichen. Die Birken gaben Tiſch und Bank vor
der Tür, im Innern unter der greifbar niedrigen Decke häuften
ſich alte buntbemalte Bauernmöbel, heute „kunſtgeſchichtlich”
damals für ein Spottgeld erſtanden. Meine große Bibliothek und
anderes blieben einſtweilen in Friedrichshagen — zum Schreiben
bedurfte ich keiner Bücher.
Ich hatte mir, da das liliputaniſche Haupthaus noch immer
ab und zu mit Beſuch drohte, auf der freieſten Wieſe ganz gegen
den offenen Gebirgsblick und abſeits noch ein engeres Kläuschen
errichtet, nur gerade ſtehpultgroß und außen mit natürlicher Rinde
bekleidet — ſo winzig, daß mancher es von fern für etwas noch
„Diskreteres” gehalten hat. Die Neger nennen das Schuppentier
den Rindenvater — ſo kam ich mir auch manchmal vor. Oder auch
als der heilige Antonius, dem zuletzt das „grüne Kraut aus Naſe
und Ohren hat geſchaut”. Am erſten Tage rief ich ärgerlich
„Herein” — es war aber nur ein Specht, der von außen gegen die
Rinde klopfte. Auf ein zweites Klopfen reagierte ich dann nicht —
es war diesmal Gerhart Hauptmann . ."
Eben in dieſem Sommer traf aber nun auch der Wunſch eines
fernen, mir neuen, rührigen Verlages nach einem illuſtrierten
kleinen Volksbändchen über das doch denkbar größte Problem der
Zeit: die Herkunft des Menſchen. Die „Urzelle” des Kosmos! Ein
abſolut volkstümliches Büchlein.
Im Auguſt jenes Jahres ging ich daran, als könnte es auch
hier durchaus an nichts fehlen. Die Erzählungsart von oben nach
unter (im Gegenſatz zu andern Entwicklungsgeſchichten) „flitſchte‟,
wie man ſo ſagt, geradezu. Dann aber, in der Gegend etwa des
dritten Bogens, der „paniſche Schrecken” wie auf Böcklins
bekann=
tem Bilde. Ich lief durch meine Birken, alles ſchien mir
ver=
pfuſcht. Ließ es einen Monat liegen, es ging noch glimpflich. Dann
*) (Aus „Kosmos, Handweiſer für Naturfreunde” 28.
Jahr=
gang Nr. 1.)
Freitag, den 2. Januar 1931
Aus der Landeshaupkſtadk.
Darmſtadt, den 2. Januar 1931.
— Gutes Omen für 1931. Die Silveſternacht und der
Neujahrstag ſind in Darmſtadt ohne jeden
Zwiſchen=
fall verlaufen. Weder die Polizei noch die Rettungswache
brauchten in Aktion zu treten.
Jubiläum. Am 5. Januar wird in der Roetherdruck
G. m. b. H. zu Darmſtadt ein ſeltenes Jubiläum gefeiert; der
Prokuriſt, Herr Adolf Hochſtätter, begeht den Tag, an dem
er vor fünfzig Jahren in den heute mit ſeinen modernen
Leiſtun=
gen angeſehenen Betrieb eintrat. Damals — 1881 — ſtand die
Firma, unter dem Namen Brillſche Buchdruckerei (gegründet
1835) den älteren Darmſtädtern noch wohlbekannt, ſeit 1873 unter
Herrn Ludwig Brills Leitung. Herrn Hochſtätters ſorgſame und
peinlich genaue Arbeitsweiſe ging mit ihm aus den kleineren in
die größeren Verhältniſſe über, die ſich in unermüdlichem Schaffen
bei neuen Inhabern geltend machten, als die Familie
Roether zu Ende des Jahrhunderts die Firma käuflich erwarb.
Einer neuen Zeit mit offenem Sinne folgend, brachte Herr Eduard
Roether ſein Geſchäft vor drei Jahrzehnten voran, immer aufs
treueſte unterſtützt von Herrn Hochſtätter, der über Soll und
Haben ſcharfe Wache zu halten verſtand und im Wandel der Zeit
bei ſeinen Chefs wie bei der Kundſchaft und den Lieferanten
gleichmäßig größtes Vertrauen auf ſeinem arbeitsreichen Poſten
errang. Als Eduard Roether frühzeitig ſtarb und bald danach
der große Krieg kam, wußte es die Witwe, Frau Berta Roether,
zu ſchätzen, in ſo ſchweren Zeiten Herrn Hochſtätter als erprobten
Helfer neben einem Geſchäftsführer zur Seite zu haben. Für den
Jubilar wie nicht minder für den jetzigen Leiter, Herrn Gerhart
Roether, iſt das langjährige ungetrübte Vertrauensverhältnis in
gleicher Weiſe ehrend.
Heſſiſches Landestheater. Am Sonntag, den 4. Januar,
ge=
langt im Großen Haus „Königskinder” von Humperdinck zur
Aufführung. Die Wagneroper „Der fliegende Holländer” mußte
infolge mehrfacher Erkrankungen im Soloperſonal um eine Woche
verſchoben werden.
— Die Vereinigung früherer Leibgardiſten Darmſtadt hatte
ihre Mitglieder und deren Angehörigen, ſowie Freunde und
Gön=
ner zu ihrer Weihnachtsfeier in der Woogsturnhalle eingeladen.
Mit militäriſcher Pünktlichkeit wurde die Feier durch den
Leib=
gardemarſch, geſpielt von Kameraden der ehemaligen
Regiments=
kapelle unter Leitung von Kamerad Schrader, eröffnet. Es folgte
ein von Frl. Elfr. Treß vorgetragener, ſinnvoller
Weihnachtspro=
log. Der 1. Vorſitzende, Kamerad Oberpoſtinſpektor W. Bopf,
be=
grüßte die Erſchienenen und gab ſeiner Freude darüber Ausdruck,
daß man der Einladung ſo überaus zahlreich Folge geleiſtet hätte.
Er wies in ſeiner Begrüßungsanſprache auf die Bedeutung des
deutſchen Weihnachtsfeſtes hin und wünſchte, daß auch die heutige
Feier wieder dazu beitragen möge, das Band der treuen
Kamerad=
ſchaft immer enger zu ſchließen. Hieran anſchließend ſang die
Feſt=
gemeinde ſtehend das alte und jedes Jahr doch neue
Weihnachts=
lied „O du fröhliche, o du ſeelige, gnadenbringende
Weihnachts=
zeit‟. Die im erſten und zweiten Teil von Frl. Cl. Rolshauſen
mit gutgeſchulter Altſtimme dargebrachten Liedervorträge fanden
begeiſterte Aufnahme und reichen Beifall, ſodaß ſich die Sängerin
zu mehreren Zugaben entſchließen mußte. Muſikaliſches „Allerlei”
bot Herr Kamerad Wehlan mit ſeinen Solo=Vorträgen auf Piſton,
ruſſiſcher Schlagzitter und Xylophon. Auch er erntete reichen
Bei=
fall, wofür er mit einigen Zugaben dankte. Der 2. Vorſitzende,
Kamerad Obereallehrer i. R. Fr. Frank, hatte ſich der großen
Mühe unterzogen, zwei allerliebſte Theaterſtückchen einzuſtudieren,
die flott und mit viel Hingebung von den einzelnen Mitwirkenden
geſpielt wurden. Das erſte Stück, betitelt Prinzeſſin Grete” oder
Chriſtkind in der Köhlerhütte", war ſo recht geeignet, die
Kinder=
herzen zu erfreuen, während das zweite Stück „Weihnachtsglocken”
für die Erwachſenen beſtimmt war und toſenden Beifall gefunden
hat. Die Pauſen füllte die Kapelle durch Konzertſtücke und
ſchnei=
dig vorgetragenen Militärmärſchen aus. Nach Beendigung des
Programms ſtattete der 1. Vorſitzende, Kamerad Bopf, allen
Mit=
wirkenden, insbeſondere dem 2. Vorſ., Kamerad Fr. Frank, der
das Programm in muſtergültiger Weiſe aufgeſtellt und
durch=
geführt hatte, den wohlverdienten Dank ab. Nach kurzer Pauſe
ſchloß ſich ein Ball an.
Orpheum. Die Faſchings=Operette „Die Tanzgräfin”,
als Gaſt Henny Walden, wird nur noch heute, Freitag,
2. Januar, morgen, Samstag, 3. Januar, und Sonntag, 4.
Ja=
nuar, aufgeführt. — Die prickelnde und ſchmiſſige Muſik iſt von
Robert Stolz. Es gelten kleine Eintrittspreiſe von 1 Mark an.
Karten in den bekannten Vorverkaufsſtellen: Hugo de Waal,
Rheinſtraße 14, Verkehrsbüro und telephoniſch unter 389. (Siehe
Anzeige.)
Tageskalender für Freitag, den 2. Januar 1931.
Heſſ. Landestheater Großes Haus. D 12, 19.30 Uhr: „Die
Zauberflöte‟, T1—3. — Kleines Haus, 20 Uhr, K 8 XI: „Der
Mann, dem ſein Gewiſſen trieb”, — Orpheum, 20 Uhr:
„Die Tanzgräfin”. — Konzerte: Schloßkeller, Café Oper,
Spaniſche Bodega, Reſt. Bender. — Kinovorſtellungen:
Union=, Helia=, Palaſt=Lichtſpiele.
ging’s mit einem Male wieder ſo glatt, als ſei die Sonne nie
ver=
loren geweſen. Vor dem allgemeinen Schluß mit der Stelle über
Empfindung hat es aber glücklich noch einen Chok gegeben; ich
konnte und konnte einen ganz dummen kleinen Uebergang nicht
finden. Und dieſe Miſchung von Improviſation und vorübergehender
Hemmung hat bei mir wirklich nie nachgelaſſen. Ich warne
Leicht=
ſinnige, nicht mit ſolcher „zuwiderwurzigen” Feengabe aus dem
Storchteich zu kommen. Oder iſts doch gerade das linke Bein, mit
dem auch alle ein bißchen Sonntagskinder aufſtehen müſſen in
die=
ſer ſchlechten Welt — der Aerger, der dir dokumentiert, daß du
eigentlich ein Künſtler biſt, ohne den du auch kein Volkslehrer und
Kosmosſchreiber hätteſt werden können.
Ein Großer der Befreiungskriege.
Zu Niebuhrs 100. Todestage, 2. Januar.
Barthold Georg Niebuhr lebt in der Geſchichte fort durch ſeine
Stellung innerhalb der deutſchen Geiſtesgeſchichte, die er
haupt=
ſächlich ſeiner Römiſchen Geſchichte verdankt. Der Diplomat und
Staatsmann iſt vergeſſen, die Eigenart des Menſchen, die erſt
kürzlich durch die Veröffentlichung ſeines Briefwechſels neu belebt
wurde, ſchimmert nur noch durch die vielfachen Beziehungen zu
den großen Zeitgenoſſen; aber daß er die moderne Methode der
hiſtoriſchen Kritik begründete, auf der Ranke und die andern
Großmeiſter der Geſchichtsſchreibung aufbauten, das bleibt ſein
„Denkmal, dauernder als Erz”. Niebuhrs Geſtält, die uns die
100. Wiederkehr ſeines Todestages ins Gedächtnis ruft, zeichnet
ſich von dem großen Hintergrunde der Freiheitskriege ab, in
denen dieſer geborene Däne neben Wilhelm von Humboldt als
Mitarbeiter Steins erſcheint, als einer jener kulturellen Führer,
die damals deutſchem Weſen den Vorrang in der Welt eroberten
und die ideale Flamme der deutſchen Befreiung entfeſſelten. Er
war der Sohn des berühmten Reiſenden und Orientaliſten
Kar=
ſten Niebuhr und wurde in Kopenhagen geboren, hat aber ſeine
Kindheit unter den deutſchen Bauern von Dithmarſchen verbracht,
deren Weſen ihm ſpäter vorſchwebte, als er in unvergeßlichen
Zügen das Bild der altrömiſchen Bauernrepublik zeichnete. Als
Sproß eines berühmten und gelehrten Vaters wurde er früh in die
Wiſſenſchaften eingeführt und galt als Wunderkind. Nachdem er
ſein Weltbild durch weite Reiſen ausgebildet hatte, wandte er ſich
dem Finanzfach zu und brachte es bis zum Direktor der däniſchen
Nationalbank, aber mitten in den Geſchäften vertiefte er ſich in
Geſchichte und Weſen des Altertums. Da er Deutſchland als ſein
eigentliches Vaterland anſah, ſo ſtellte er ſeine Begabung für
finanzielle Verhandlungen und ſeine große Geſchäftskenntnis 1806
dem Preußiſchen Staat zur Verfügung, der durch den
Zuſammen=
bruch nach Jena in die größten finanziellen Schwierigkeiten
ge=
raten war. Als Direktor der Preußiſchen Seehandlung mußke er,
kaum in Berlin eingetroffen, ſofort mit den ihm anvertrauten
Schätzen nach Königsberg und Memel eilen, wohin die
Königs=
hamilie geflüchtet war. Innigſten Anteil nahm er an Steins Re=
Nummer 2
Das Oriskartell Darmſtadt des Deutſchen
Beamkenbundes
veröffentlicht folgenden Aufruf:
„An ſämtliche Reichs=, Staats= und Gemeindebamten!
Die Gehaltskürzung trifft die überwältigende Mehrheit der
Beamtenſchaft und ihre Familien außergewöhnlich ſchwer. Viele
haben für arbeitsloſe Söhne und Töchter oder für andere
be=
dürftige Angehörige mitzuſorgen. Das wiſſen wir.
Wir ſehen aber auch, daß in dieſem ſchickſalsſchweren Winter
viele arbeitsloſe Volksgenoſſen in unſerer Stadt nicht wiſſen, wie
ſie ihren Kindern ein warmes Kleidungsſtück kaufen ſollen, oder
wie ſie ihnen eine warme Stube machen können. Die
Beamten=
ſchaft, die in ihrer Mehrheit Tag für Tag mitten in der Not des
Volkes ſteht, iſt am beſten berufen, Menſchen, die nicht ſo ſehr
mit der notleidenden Bevölkerung verbunden ſind, wie wir, die
Pflicht, jetzt zu helfen, vor Augen zu führen.
Trotz aller häßlichen Hetze gegen uns muß die Beamtenſchaft
aber doch bereit ſein, ein freiwilliges Opfer für die am meiſten
notleidenden Mitbürger zu bringen.
In den nächſten Tagen veranſtalten wir in allen
Dienſt=
ſtellen eine Sammlung. Jeder opfere entſprechend ſeinem Können.
Jeder Betrag, auch der kleinſte, wird dankbar entgegengenommen.
Für eine gerechte Verteilung wird geſorgt. Zeigt den Aermſten
der Armen, daß wir an ſie denken, daß ihre Sorge auch unſere
Sorge iſt.
Zeigt euch der hohen ethiſchen Bedeutung eures Berufes
bewußt.
Nicht über dem Volk, ſondern mitten im Volk haben wir in
dieſer Volksnot zu ſtehen. Auf zur praktiſchen Betätigung echter
Vaterlandsliebe.”
Gewerk=Verein der Heimarbeiterinnen.
Weihnachts=
feier. Nach gemeinſam geſungenem Lied und einem
eindrucks=
voll vorgetragenem Vorſpruch begrüßte die Vorſitzende die
Ver=
ſammlung mit herzlichen Worten, darauf hinweiſend, daß bei dem
Ernſt der Zeit doppelte Treue gegenüber den vom Gewerk=Verein
vertretenen Idealen deutſch=chriſtlicher Lebensauffaſſung vonnöten
ſei. Frl. Grete Nies, von Frl. Meta Ihrig feinſinnig begleitet,
erfreute mit ihrer herrlichen Altſtimme durch den Vortrag von
drei Corneliusliedern, die die weihnachtliche Stimmung vertieften
und zu der Feſtanſprache von Herrn Pfarrer Beringer harmoniſch
überleitete. In warmen, verſtändnisvollen Worten" für all die
mancherlei inneren und äußeren Nöte der Gegenwart wußte der
Redner die aufmerkſam Lauſchenden aus all den Wirrniſſen zu
den unvergänglichen Tatſachen wahrer Weihnachtsfreude und
innerſten Weihnachtserlebens hinzuführen. Hierauf folgte die
Verleihung von Ehrenbroſchen an vier Mitglieder durch die
Vor=
ſitzende. Im weiteren Verlauf wurde eine ernſte weihnachtliche
Dichtung eindrucksvoll zu Gehör gebracht, und Frl. Nies erfreute
und begeiſterte nochmals durch die wundervolle Wiedergabe von
drei Weihnachtsliedern, darunter eine Kompoſition unſres
gefei=
erten Altmeiſters Mendelsſohn. Eine Folge beliebter
Weih=
nachtslieder für Klavier, Flöte und Violinen hatten jugendliche
Kräfte mit viel Eifer und gutem Gelingen eingeübt. Nach der
Teepauſe brachte die liebe Jugend in bunter Abwechſlung allerlei
ernſte und heitere muſikaliſche und Gedichtvorträge, ſowie auch ein
fröhliches Reigenſpiel. Eine kleine Tombola brachte noch
mancher=
lei nette Ueberraſchungen, dann klang die ſchöne Feier nach kurzen
Schlußworten der Vorſitzenden in dem gemeinſamen Geſang eines
geiſtlichen Liedes aus.
Heſſiſches Landestheaker.
Großes Haus Kleines Haus Freitag,2. Januar 19.30—22.30 Uhr
Die Zauberflöte
D12 T, Gr. 1, 2 und 3
Preiſe 1—10 Mk. 20, Ende gegen 22 Uhr
Der Mann, den ſein Gewiſſen trieb
K8 Bühnenvolksbund
Zuſatzm. XI Pr. 1.20—6 M. Samstag.
3. Januar *
20—22.30 Uhr
Das Glöckchen des Eremiten
E13. T Gr. 5 und 6
Preiſe 1— 10 Mk.
Anf. 15, Ende gegen 17 Uhr
Der Mann, den ſein Gewiſſen trieb
Heſſenlandmiete 1,3 u. III,5
Preiſe 1—5 Mk.
20—22.30 Uhr
Wie werde ich reich und glücklich ?
Zuſatzmiete 16, T. Gr. 7 u. 8
Preiſe 1 50—7.50 Mk. Sonntag,
Januar Anf. 19, Ende geg. 22 Uhr
Königskinder
H6, Büynenvolksbund
Preiſe 1—10 Mk. 20—22.30 Uhr
Wie werde ich reich und glücklich 2
Zuſatz=Miete 11I,8, T, Gr. 4
Preiſe 1.50—7.50 Montag
5. Januar 20—21.30 Uhr.
5. Sinfonie=Konzert
Preiſe 1.20—8 Mk. Keine Vorſtellung Dienstag
6, Januar 19 30—22 Uhr
Das Glöckchen des Eremiten
A13
Preiſe 1—10 Mr. 20—22 Uhr
Der Mann, den ſein Gewiſſen trieb
K8 Bühnenvolisbund
Zuſ.=M. XI4 1 20—6 M
formwerk, aber Hardenbergs glatte und undurchſichtige Art war
dem graden und aufrechten, dabei überaus reizbaren und
empfind=
lichen Manne zuwider, ſo daß er 1807 aus den Reihen der
Re=
former ausſchied. Er hat aber ſeinem neuen Vaterlande auch
wei=
terhin gedient durch Finanzverhandlungen in Holland, durch
Arbeiten für das Staatsſchuldenweſen uſw. Seinen eigentlichen
Ruhm aber errang er als Lehrer und Gelehrter.
Als die Berliner Univerſität gegründet wurde, hielt er, der
unterdeſſen zum preußiſchen Hofhiſtoriographen ernannt worden
war, ſeine bahnbrechenden Vorleſungen über die römiſche
Geſchichte, aus denen dann ſein wiſſenſchaftliches Hauptwerk
her=
vorging. Daß die bei Livius aufbewahrten Geſchichten aus den
erſten Jahrhunderten ſeit der Gründung Roms keine hiſtoriſche
Quelle darſtellten, war ſchon vor ihm erkannt worden, aber er war
der erſte, der, durch die tiefe Erfaſſung des Volkstums angeregt,
als Schüler Juſtus Möſers und der Romantik aus dieſen Sagen
den wahren Kern zu ergründen wußte und damit die Bedeutung
alles volkstümlichen und mythiſchen Sagengutes für die
Geſchichts=
ſchreibung erwies. „Die Begeiſterung und Seligkeit der Monde,
da die „Römiſche Geſchichte” entſtand,” ſagte er ſelbſt rückblickend,
„dieſe genoſſen und 1813 erlebt zu haben, das allein ſchon macht
das Daſein eines Menſchen, bei manchen trüben Erfahrungen, zu
einem glücklichen. Als dann die erſehnte Stunde der Befreiung
ſchlug, da wollte er nicht zurückſtehen. Mit Fichte und andern
Geiſtesgrößen zuſammen widmete er ſich eifrig dem Exerzieren
und ſchrieb damals: „Ich freue mich, daß ſich nun ſchon Schwielen
an den Händen bilden, denn ſolange ich eine zarte Gelehrtenhaut
hatte, ſchnitt das Gewehr gewaltig ein.‟ Doch nicht mit der Waffe,
ſondern mit der Feder konnte er ſeine eigentlichen Dienſte leiſten.
Er gründete den einflußreichen „Preußiſchen Korreſpondenten”
und nahm im Hauptquartier an wichtigen Unterhandlungen teil.
Nach dem Frieden geſtaltete er als preußiſcher Geſandter in Rom
die Geſandtſchaft im Palazzo Savelli zum Mittelpunkt aller
wiſ=
ſenſchaftlichen und künſtleriſchen Beſtrebungen, vertiefte ſeine
Ein=
drücke von Roms alter Geſchichte und machte wichtige Funde, wie
die Inſtitutionen des Gajus und unbekannte Fragmente von
Cicero und Livius. Als Profeſſor in Bonn widmete er ſich der
Ausarbeitung ſeiner hiſtoriſchen Werke. Seine „Römiſche
Ge=
ſchichte”, die nur bis zu den puniſchen Kriegen gedieh, nennt
Treitſchke eines „jener klaſſiſchen Bücher, welche niemals
über=
wunden werden, auch wenn ſie in jedem einzelnen Satz widerlegt
ſind”. Goethe, der ſich grade mit dieſem Werk eingehend
beſchäf=
tigte, als ihn die Nachricht vom Tode des „würdigen Mannes”
er=
reichte, hat ihm in einem Brief an Zelter eine ergreifende
Toten=
klage gewidmet als einem der großen Seher, die Leben und
Ge=
ſchichte, Staat und Volk nicht nur erforſchen, ſondern aus ihrem
innerſten Weſen beſeelen. „Niebuhr war es eigentlich und nicht
die römiſche Geſchichte, was uns beſchäftigte” ſchrieb er. „So,
eines Mannes tiefer Sinn und emſige Weiſe iſt das, was uns
auf=
erbaut. Er erſcheint von jeher als ein Skeptiker eigner Art, nicht
von der Sorte, die aus Widerſprechungsgeiſt verfahren, ſondern
als ein Mann, der einen ganz beſonderen Sinn hat, das Falſche zu
entdecken, da ihm das Wahre ſelbſt noch nicht bekannt iſt.”
Nummer 2
Freitag, den 2. Januar 1931
Seite 3
Unglaublich freche Skreiche.
Die nächtlichen Ruheſtörungen und Sachbeſchädigungen
größeren Formats haben in Darmſtadt einen Umfang
angenom=
men, wie man es kaum für möglich halten ſollte. Bei der
Täter=
ermittelung erſcheint es notwendig, daß die Oeffentlichkeit
in weitgehendſtem Maße die Kriminalpolizei
unterſtützt, inſofern als ſie Beobachtungen aller Art in
)dieſem Zuſammenhang alsbald der Kriminalpolizei
zur Kenntnisbringt. Vorausgeſchickt ſei auch noch einmal,
daß alle Mitteilungen mündlicher, ſchriftlicher oder fernmündlicher
Art durchaus vertraulich behandelt werden. Außer den in den
letzten Wochen bekanntgegebenen Fällen von Sachbeſchädigungen
werden noch folgende nachgetragen: In der Nacht vom 22. auf
23. 11. 30 wurden in dem Stadtviertel in der Nähe des
Juden=
friedhofes (Küchler=, Uhland= und Büchnerſtraße) an mehreren
Hauseingängen die Klingelleitungen. Namen= und
Haus=
nummerſchilder gewaltſam beſchädigt. — In der Nacht vom 27.
auf 28. 11. 30 wurde ein Firmenſchild „Schmalke” an
dem Hauſe Mathildenplatz 1 entwendet. — In der Nacht vom 25.
auf 26. 11. 30 wurde am Gerichtsgebäude, Mathildenplatz, die
Blitzableiterführung beſchädigt. — In der Nacht vom
30, 11. auf 1. 12. 30 wurde dem Dentiſten Hans Oechler ſein
Fir=
menſchild, welches an dem Hauſe Gutenbergſtraße 53 befeſtigt war,
abgeriſſen und entwendet. — In der Nacht vom 11. auf 12. 30
wurden an dem Hauſe Eliſabethenſtraße 34 zwei Firmenſchilder
aus Glas zertrümmert. — In der Nacht vom 15. auf 16. 12. 30
wurde ein Sandſteinaufſatz von einem Torpfeiler, zu dem
Hauſe Wittmannſtraße 9 gehörend, heruntergeworfen und
beſchädigt. — In der Nacht vom 30. 11. auf 1. 12. 30 wurde eine
geſchliffene Glasſcheibe der Eingangstüre zu den Geſchäftsräumen
des Heſſiſchen Volksfreund. Neckarſtraße 4, zertrümmert. — In der
Nacht vom 20. auf 21. 12. 30 wurde dem Dr. Paul Wolf,
Wilhelm=
ſtraße 52, ſein Firmenſchild, welches an einem Torpfeiler befeſtigt
war, abgeſchraubt und entwendet. Es handelt ſich um ein weißes
Emailſchild mit ſchwarzer Aufſchrift. — In der Nacht vom 27. auf
28. 12. 30 wurden, wahrſcheinlich durch mehrere Täter, an
verſchie=
denen Grundſtücken im Niebergallweg die Einfriedigungen
dortiger Häuſer dadurch beſchädigt, daß von den
Konſolen einzelne Zementplatten mit Gewalt abgeriſſen und in
die Vorgärten geworfen wurden. — Einen noch ſchlimmeren
Bubenſtreich verübten am Montag, 29. 12., etwa gegen 20 Uhr,
einige junge Leute in der Hobrecht= und Oſannſtraße. Sie
benutz=
ten in dieſen Fällen an vier Stellen Eiſenteile von ſogenannten
Schmierbüchſen und ferner 2 Florettſäbel und
war=
fen mit dieſen Gegenſtänden eine ganze Anzahl Fenſter
cin. Nur beſonders günſtigen Umſtänden war es zu verdanken,
daß hierbei Perſonen, die ſich in den einzelnen Räumen befanden,
unverletzt blieben. Die Wurfgegenſtände (auch die Florettſäbel)
blieben am Tatort zurück und es konnte inzwiſchen feſtgeſtellt
werden, daß die letzteren ihren Eigentümern vor einigen Wochen
auf dem Fechtboden in der Turnhalle in der Soderſtraße geſtohlen
worden ſind. — Weiter wurde am 28. 12. 30. gegen 19 Uhr die
Scheibe der Eingangstür zum Hauptpoſtamt in der
Rheinſtraße zertrümmert. — In der Nacht zum 27. Dezember 1930
gegen 0 Uhr 25 Minuten wurden die Glasſcheiben des am Hauſe
Ludwigſtraße Nr. 21 angebrachten Transparentes der Firma
Remak u. Sichel eingeſchlagen und die Markiſenſtange beſchädigt.
Als Täter kommen drei junge Burſchen in Betracht, die
von Hausbewohnern beobachtet wurden. — Am 30. 12., 20.10 Uhr,
wurde auf der Heidelbergerſtraße zwiſchen Rennbahn und
Pelz=
ſchneiſe ein gerade die Strecke paſſierender elektriſcher
Vor=
ortzug mit Apfelſinen beworfen und dadurch
zwei Fenſterſcheiben eines Wagens zertrümmert.
Es wurde beobachtet, daß die Täter am oberen Rande des
Abhan=
ges, öſtlich des Schienengleiſes, Aufſtellung genommen hatten und
von dort aus ihre Wurfgeſchoſſe gegen den Zug ſchleuderten.
Am 23. 12., 20.25 Uhr wurde auf der Straßenkreuzung Feldberg=
und Bismarckſtraße ein wertvoller Schäferhund von einem
Laſt= oder Lieferkraftwagen überfahren und getötet. Der
Füh=
rer des Wagens iſt uns z. Zt. noch nicht bekannt. Nähere
An=
gaben über Führer und Fahrzeug werden bei der Kriminalpolizei,
Hügelſtraße 31/32, Zimmer 20, entgegengenommen.
— Aus dem Zuchthaus entſprungen. Aus dem
Landeszucht=
haus Marienſchloß ſind am 31. Dezember 1930 gegen 18 Uhr zwei
Gefangene entwichen, deren Perſonalien wie folgt folgt angegeben
werden: 1. Knoll, Arthur, geboren am 11. Oktober 1902 zu
Magdeburg, 1,67 Meter groß, hellblondes, etwas rötliches Haar,
Stirn mittel Augen hellblau. Naſe und Mund gewöhnlich,
ſtechenden Blick, mittlere Geſtalt. Beſondere Kennzeichen: Am
lin=
ken Unterarm tätoviert ein Stern und ein Mädchenkopf.
2. Moos, Jacob, geboren am 4. September 1906 zu Hüttenfeld,
1,68 Meter groß ,Haare ſchwarz, zurückgekämmt und dicht. Stirn
etwas zurückgedrängt, blaſſes Ausſehen, vorſtehende Backenknochen,
braune Augen, rundes Kinn, kräftige Geſtalt. — Angaben über
den jetzigen Aufenthalt werden von jeder Polizei= und
Gen=
darmerieſtation entgegengenommen.
Bk. Groß=Zimmern, 30. Dez. Männergeſangverein. Die
Theaterabteilung bringt unter der muſikaliſchen und künſtleriſchen
Lei=
tung von Hans Lorz als nächſtes Werk die Operette. Ein
Walzer=
traum” von Oskar Straus, Text von Dörrmann und Jacobſen, zur
Aufführung. Die Pvemiere erfolgt am 8. März, die zweite
Auffüh=
rung am 15. März 1931.
D5. Oberroden, 2. Jan. Auf der Landſtraße zwiſchen Oberroden
und Meſſenhauſen kam es zu einem Auto=Unfall, der noch ſehr
glimpflich abging. An einem offenen Wagen aus Oberroden verſagte
das Steuer und fuhr derſelbe in den Straßengraben, wo er ſich
über=
fchlug. Die Schutzſcheibe ging dabei in Trümmer. Die Inſaſſen
blie=
ben alle, bis auf einen jungen Mann, der eine Rippenquetſchung
davon=
trug, wie durch ein Wunder bewirkt, von Verletzungen verſchont,
Do. Urberach, 2. Jan. Die Jahres=Generalverſammlung des
Männerturnvereins D. T. findet Samstag, den 3. Januar,
„m Gaſthaus „Zum Schwanen”, Darmſtädter Straße, ſtatt. — Dieſelbe
des Fußballklubs Viktoria am Samstag, den 10. Januar, in
der gleichen Lokalität, jeweils abends 8.30 Uhr.
* Wald=Michelbach, 30. Dez. Gemeinderatsſitzung.
Zu=
nächſt wurde das Ergebnis der Prüfung der Rechnungen aus Ni. 1929
mitgeteilt. Der Rechnungsabſchluß iſt der folgende: Einnahme 23 739,24
RM., Ausgabe 180 132,79 RM., verbleibt eine Mehereinnahme von
23 606,45 RM., die dem Ri. 1930 als Vorrat vorgetragen werden. Im
Ri. 1928 konnten 17 557,29 RM. als Vorrat vorgetragen werden, der
ſich gegen das Ri. 1929 um über 6000 RM. erhöhte. Der Abſchluß muß
als gut angeſehen werden, und iſt nur durch ſparſames Wirtſchaften
möglich geworden. Weiter wurde mitgeteilt, daß auf Antrag hin
Forſt=
beſoldungsbeiträge aus Rf. 1923 bis 1927 in Höhe von etwa 8000 RM.
wegen Unrentabilität der Gemeindewaldungen erlaſſen worden ſind,
wenn ein weiterer Reſt aus dieſen Jahren in Höhe von etwa 12000 RM.
bis Ende des Jahres an die Finanzkaſſe abgeführt wird. Dem wurde
zugeſtimmt. Die Beiträge zu den Waldungen ſind viel zu hoch, im Ri.
1928 wurden dieſe unerwartet von 12 RM. auf 13.80 RM. erhöht. Durch
dieſe Erhöhungen tritt eine weitere Belaſtung für unſere Gemeinde ein,
weil ein Ausfall bei der Forſtverwaltung eingetreten iſt, den die
Ge=
meinde durch Erhöhung der Beiträge mit aufbringen helfen muß. —
Der Heſſ. Hölzerwerke wurden etwa 60—100 Rm. Buchennutzholz
ver=
kauft. — Die Bürgerſteuer wurde für das Ri. 1930 eingeführt, weil
durch die Wohlfahrtserwerbsloſen eine Einnahmeausfall zu erwarten
iſt, der gedeckt werden muß.
A. Groß=Rohrheim, 29. Dez. Gemeinderatsbericht. In
einer letzten Sitzung in dieſem Jahre, die unter Vorſitz von Herrn
Bür=
hermeiſter Olf ſtattfand, wurden vom Gemeinderat folgende Beſchüſſe
Vefaßt: Die vom Heſſ. Kreisſchulamt Bensheim vorgeſchlagene
Schüler=
verſicherung kann durch die Gemeinde zurzeit nicht abgeſchloſſen werden,
da die der Gemeindeverwaltung zurzeit zur Verfügung ſtehenden
Geld=
mitkel ſo dringend zur Wohlfahrtsverſorgung, Arbeitsloſenverſicherung
und Arbeitsbeſchaffung für Erwerbsloſe benötigt werden. In der
Wil=
helmſtraße müſſen unbedingt an den Banketten Reparaturarbeiten
vor=
genommen werden, damit der Abfluß der Regenwaſſer wieder
geordnet=
wird. Es wird demgemäß beſchloſſen. Aehnliche Arbeiten wären in der
Wingeryſtraße nötig. Jedoch ſollen zunächſt die Hausbeſitzer angehalten
werden, ſelbſt einmal die nötigſten Arbeiten zu verrichten, bis durch die
Gemeinde eine gründliche Reparatur vorgenommen werden kann. Als
wichtigſter Punkt ſtand wieder die Einführung der Bürgerſteuer zur
Tagesordnung. Sie war bereits ſchon einmal abgelehnt worden. Da
jedoch nach der Reichsnotverordnung des Herrn Reichspräſidenten vom
1. Dezember 1930 die Gemeinde zur Regelung des Budgets gezwungen
werden kann, zur Deckung der Mindereinnahmen und Mehrausgaben
dieſe Steuer einzuführen — Staatskommiſſar!, ſo wird deren
Einfüh=
rung nun doch beſchloſſen, trotzdem der Gemeinderat ſeine
grundſätz=
lichen Bedenken nochmals dokumentiert. Aber an möchte doch den
Ein=
griff eines Staatskommiſſars wegen der Koſten vermeiden.
* Geheimer Gewerberak Falk=Mainz F.
Ein Erinnerungsblatt für den ehemaligen 1. Vorſitzenden der
Heſſiſchen Handwerkskammer.
Maknz. 2. Januar.
Am Silveſterabend iſt Geheimer Gewerberat Joh. Bapt. Falk
geſtorben. Nur wenige Wochen waren es die Geheimer Gewerberat
Falk nach ſeinem am 30. November vor, Js. erreichten 80. Lebensjahre
noch im Kreiſe ſeiner Angehörigen verweilen konnte. Vor einigen
Ta=
gen mußte er infolge eintretender Herzſchwäche das Bett hüten, das
er nicht mehr lebend verlaſſen ſollte. Mit dem alten Jahre, am
Mitt=
woch, abends 8 Uhr iſt Geheimer Gewerberat Falk nach einem
arbeits=
reichen, verdienſtvollen Leben und nachdem es ihm vergönnt war, noch
einige Jahre an der Seite ſeiner hochbetagten Gattin der
wohlerwor=
benen Nuhe zu pflegen, ſanft entſchlafen.
Ein Menſchenalter hat er mit ſeiner ſtarken und aufrechten
Perſön=
lichkeit der Mitwelt zum Segen gedient und ein Leben voller Mühe und
Arbeit hinter ſich gelaſſen. Für ſeine aufopfernde Tätigkeit, auch in
religiöſer Hinſicht, fand Geheimer Gewerberat Falk die volle
Anerken=
nung der engeren und weiteren Heimat.
Aus ſeinem Leben und Wirken entnehmen wir folgende Daten:
Geheimer Gewerberat Falk wurde am 30. November 1850 in Mainz als
Sohn des Metzgermeiſters Johann Falk 3. und deſſen Gemahlin
Anto=
niette geb. Kirchſtein geboren. Er beſuchte anfänglich das St. Marien=
Inſtitut und abſolvierte dann die Realſchule. Zur weiteren
Ausbil=
dung, beſonders, um ſeine Sprachkenntniſſe zu erweitern, brachte er
einige Zeit im Auslande zu, um ſpäterhin nach ſeiner Nückkehr das
Geſchäft ſeines Vaters zu erlernen. Das politiſche Leben hatte ſeinen
Vater in ſeinen Bann gezogen, ſo daß ſchon in ſeinen jungen Jahren
das ausgebreitete Geſchäft auf ſeinen Schultern ruhte. Bald nach der
Geſchäftsübernahme verheiratete ſich der Verblichene mit einer Tochter
der hochangeſehenen Mainzer Familie Stein. Am 9. Februar 1886
wurde Falk zum Obermeiſter der Mainzer Metzger=Innung gewählt
und bekleidete dieſes Amt mit ſeltener Tatkraft ununterbrochen bis zum
Jahre 1924. All die Verdienſte hier anzuführen, die ſich der
Verſtor=
bene um das Fleiſchergewerbe und das Gemeinwohl erworben hat,
würde zu weit führen. Beſonders zu erwähnen iſt, daß es ſeinem
Ein=
fluß gelang, die Ausführung des ſchon in den 70er Jahren geplanten
Schlachthaus=Neubaues bis zum Jahre 1898 hinauszuziehen,
wodurch das Metzgergewerbe noch viele Jahre die alten Vorteile des
Zuhauſeſchlachtens genoß. Seinem Einfluß war es auch zu danken, daß
die Stadt Mainz die erſten Jahre für den Schlacht= und Viehhof große
Summen als Zuſchuß leiſtete. Auch manch andere Erleichterungen für
den Sehlacht= und Viehhof regte er an, und gelang ihm dies derart,
daß das Werk ſpäterhin bedeutende Ueberſchüſſe abwarf. Seiner
Initia=
tive verdankt die Mainzer Metzger=Innung auch die Errichtung der ſeit
vielen Jahren beſtehenden eigenen Krankenkaſſe, Häute= und
Fettver=
wertung uſw. Falk gehörte dem Vorſtand des Bezirksvereins „Beide
Heſſen und Naſſau” an, und leitete mit ſeinem Kollegen Lautz=
Darmſtadt aufs beſte die Angelegenheiten der beſſiſchen Kollegen.
Auf ſozialpolitiſchem Gebiet hat ſich der Verſtorbene namentlich um die
Fleiſcherei=Berufsgenoſſenſchaft große Verdienſte erworben. Gleich bei
dem Inkrafttreten der bezüglichen Geſetze im Jahre 1885 ſtellte er ſich
in den ehrenamtlichen Dienſt der reichsgeſetzlichen Unfallverſicherung.
Seinem tatkräftigen Eintreten iſt es mit zu verdanken, daß es dem
Fleiſchergewerbe in der Folge gelang, die Bildung einer eigenen
Be=
rufsgenoſſenſchaft und damit das Recht der vollen Selbſtverwaltung der
Unfallverſicherung zu erkämpfen, die allein es möglich mache, eine der
Bedeutung und den eigenartigen Verhältniſſen des Gewerbes vollauf
entſprechende Organiſation und Verwaltung zu erreichen. Der große
Umfang der Verwaltung erforderte die Errichtung eines dem Zweck
und den ſämtlichen Bedürfniſſen und der Sicherheit entſprechenden
Ver=
waltungsgebäudes, und war es ſpäterhin der Initiative des
Verſtor=
benen zu danken, daß die Stadt Mainz Sitz der Berufsgenoſſenſchaft
wurde. Auch dem Zuſammenſchluß des deutſchen Fleiſchergewerbes hat
Falk ſeine ganze Kraft gewidmet. Im Jahre 1896 wurde Falk in den
Stadtrat gewählt und zum Führer der Zentrumsfraktion beſtimmt. In
dieſer Zeit war er Mitglied der wichtigſten ſtädtiſchen Ausſchüſſe. Im
Jahre 1897 konnte er ſein 25jähriges Meiſterjubiläum und zugleich das
Feſt der Silbernen Hochzeit begehen. Seit Gründung der
Handwerks=
kammern im Jahre 1900 als erſter Vorſitzender der
Heſſi=
ſchen Handwerkskammer einſtimmig gewählt, wußte er das
von dem geſamten Handwerk in ihn geſetzte Vertrauen in jeder Weiſe
zu rechtfertigen. Außerdem war er Mitglied der Erſten Kammer des
Landtages. Im Jahre 1906 wurde er für ſeine aufopfernde,
uneigen=
nützige Tätigkeit zum Gewerberat und im Jahre 1917 zum Geheimen
Gewerberat ernannt. In aller Stille konnte er im Jahre 1922 das Feſt
ſeiner Goldenen Hochzeit begehen.
Auch in caritativer Hinſicht hat der Verſtorbene viel getan, ohne
daß weitere Kreiſe etwas davon gewahr wurden; hierin ſtand ihm ſeine
Gemahlin wacker zur Seite.
Nachdem er 1924 als Ehrenobermeiſter aus der Innung abgetreten
war, zog er ſich zur wohlverdienten Ruhe zurück. Von 1908 bis 1923
hatte er das Amt des erſten Vorſitzenden der Fleiſcherei=
Berufsgenoſſen=
ſchaft inne. Außer der Heſſiſchen Handwerkskammer gehörte der
Ver=
ſtorbene auch der Heſſiſchen Handwerks=Zentralgenoſſenſchaft als
Vor=
ſitzender an.
Das Requiem für den Verſtorbenen wird am Samstag, 3. Jan.,
vormittags 9.30 Uhr, in der Pfarrkirche St. Joſef abgehalten. Die
Be=
erdigung findet im Sinne des Verſtorbenen in der Stille ſtatt.
Ca. Lorſch, 2. Dez. Aus dem Gemeinderat. In einer
dringend einberufenen Sitzung verhandelte der Gemeinderat über
finanz=
politiſche Maßnahmen. Der Bürgermeiſter führte aus, wie durch die
fortſchreitende wirtſchaftliche Notlage der Gemeinde dieſe gezwungen ſei.
ſich erhöhte Einnahmen zu ſichern, die insbeſondere für die Fürſorge=
und Wohlfahrtspflege notwendig ſeien. Der für dieſe Rubrik für das
laufende Rechnungsjahr vorgeſehene Betrag von 36 500 Mark ſei heute
bereits um zirka 10 000 Mark überſchritten, weitere 30000 Mark ſeien
noch erforderlich. Um die gemäß der Notverordnung vorgeſchriebene
Senkung der Realſteuern zu umgehen, ſchlägt der Bürgermeiſter vor,
dieſe, jetzt noch auf den geſetzlichen zuläſſigen Höchſtſatz zu erhöhen, um
dann nach der Senkung keine Wenigereinnahme zu haben. Auch
emp=
fiehlt er die Einführung der Bürgerſteuer. Eine Wenigereinnahme ſei
auch aus dem Wenigererlös aus Pacht, Miete, Gras uſw. zu erwarten,
die auf rund 23 000 Mark beziffert werde. Der Finanzausſchuß habe
ſich bereits mit den Steuerproblemen befaßt und eine Erhöhung der
Realſteuern abgelehnt, dagegen die Einführung der Bürgerſteuer
befür=
wortet. Nach einer heftigen Debatte, in der ſich die Gemeindevertreter
einſtimmig gegen eine Erhöhung der Nealſteuern ausſprachen, die aber
zum Ausdruck brachte, daß man bezüglich der Bürgerſteuer geteilter
Meinung war, ſchritt man zur Abſtimmung. Für die Bürgerſteuer
hat=
ten ſich das Zentrum und die Komm.=Einheitspartei ausgeſprochen.
Da=
gegen die Sozialdemokraten, Bürgerpartei, Nationalſozialiſten und
Kommuniſten. Mit einem Verhältnis von 10 zu 7 Stimmen bei einer
Enthaltung wurde die Erhebung der Bürgerſteuer abgelehnt. Die
Ein=
ſetzung eines Staatskommiſſars für Lorſch wird die unausbleibliche
Folge dieſer Beſchlüſſe ſein.
Ca. Vorſch, 29. Dez. Winterbeihilfe. Die Gemeinde gewährt
auch dieſes Jahr wieder an Minderbemittelte und ausgeſteuerte
Er=
werbsloſe eine Winterbeihilfe, und zwar in Form von Gutſcheinen, die
in Geſchäften in Zahlung gegeben werden können. Selbſtverſtändlich
dürfen die Gutſcheine nicht in Gaſtwirtſchaften, Kinos uſw. in Zahlung
gegeben werden. — Arbeitsſchluß. Sämtliche hieſigen
Zigarren=
fabriken haben nunmehr ihre Betriebe geſchloſſen. Durch dieſe
Maß=
nahmen werden zirka 700—800 Arbeiter und Arbeiterinnen erwerbslos
und müſſen auf Grund der Notverordnung aus Reichsmitteln unterſtützt
werden. Man rechnet wohl damit, daß im Laufe des nächſten Monats
einzelne Betriebe die Fabrikation wieder aufnehmen, aber keinesfalls
wird wieder die volle Arbeiterzahl eingeſtellt werden. — Hohes
Al=
ter. Frau Jakob Heinz 2. Witwe dahier beging am Sonntag ihren
84. Geburtstag.
Au. Aſtheim, 2. Dez. Der Aſtheim=Erfelder
Entwäſſe=
rungsverband. Auf Grund des Geſetzes zur Verbeſſerung der
Waſſer= und Bodenverhältniſſe des Niedes im Kreis Groß=Gerau hat
das Kreisamt mit Zuſtimmung des Kreisausſchuſſes und mit
Geneh=
migung des Innenminiſteriums eine Polizeiverordnung für den Kreis
Groß=Gerau erlaſſen, nach der in dem Gebiet des Aſtheim=Erfelder
Ent=
wäſſerungsverbandes das Kulturbauamt Darmſtadt ſämtliche
Anord=
nungen für den Betrieb des Hauptgrabennetzes nebſt Brücken.
Durch=
läſſen, Schleuſen und ſonſtigen Einrichtungen zu treffen hat. Das
Kul=
turbauamt Darmſtadt tritt inſoweit an die Stelle der örtlichen
Wieſen=
vorſtände und deren Zuſtändigkeit. Das Kulturbauamt erläßt zur
Durch=
führung der Bewäſſerung unter Mitwirkung der Verbandsorgane des
Aſtheim=Erfelder Entwäſſerungsverbandes eine Wäſſerordnung.
Aa. Wolfskehlen, 2. Jan. Exploſion von
Feuerwerks=
körpern. In einem hieſigen Geſchäft explodierten auf ungeklärte
Weiſe am Silveſterabend Feuerwerkskörper die zum Verkauf
bereit=
ſtanden. Im Augenblick war der Raum voll Rauch. Raſchem und
be=
herztem Eingreifen gelang es, weitere Gefahren zu beſeitigen, ſo daß
kein größerer Schaden entſtand. — Die Gottesdienſte an Silveſter
und Neujahr erfreuten ſich eines guten Beſuches. Im
Silveſtergottes=
dienſt wirkte der Kirchengeſangverein unter Leitung von Lehrer Noth
mit. Im abgelaufenen Jahre war der Kirchenbeſuch allgemein ſtärker
als im Jahre vorher=
Drei Perſonen das Opfer einer Gasvergifkung.
Ba. Wiesbaden, 31. Dezember. (Eigenbericht.) Dienstag
abend gegen 11.10 Uhr bemerkte ein junges Mädchen beim
Nach=
hauſekommen im Gartenhaus Schierſteinerſtr. 11 ſtarken Gasgeruch.
Sie weckte verſchiedene Hausbewohner und man ſtellte feſt, daß
der Gasgeruch aus einem Zimmer kam, in dem erſt ſeit kurzer
Zeit ein Fräulein wohnte. Nachdem die Tür aufgebrochen worden
war, fand man die Bewohnerin Dülke und ihr etwa einjähriges
Kind mit Gas vergiftet vor. Der herbeigerufene Arzt konnte nur
noch den Tod feſtſtellen. Die Tat geſchah aus großer
wirt=
ſchaftlicher Not. Da jedoch nicht alle Hausbewohner alarmiert
worden waren, wurde Mittwoch morgens eine weitere
Gasver=
giftung feſtgeſtellt. So war in eine über der Lebensmüden
ge=
legene Wohnung Gas eingedrungen und hatte den
Schneider=
meiſter Franz Marth, einen älteren Mann, ebenfalls vergiftet.
Auch Marth konnte nicht mehr ins Leben zurückgerufen werden.
Au. Groß=Gerau, 30. Dez. Gemeinderatsſitzung. Der
Ge=
meinderat hielt eine kurze Sitzung ab, in der zwei Einſprüche gegen
den diesjährigen Nachtragsetat, die von Philipp Schad und
Rechtsbei=
ſtand Otto Diehl eingebracht worden waren, beraten wurden.
Gemeinde=
rat Dasbach erklärte, daß man nicht ſagen könne, mit der ſofortigen
Einführung der Bürgerſteuer wäre der Nachtragsetat vermieden
wor=
den. Bürgermeiſter D. Lüdecke erklärte, daß auch bei der Aufſtellung
des nächſtjährigen Etats Abſtriche allein nicht helfen könnten. Der
Ge=
meinderat übernehme eine ſchwere Verantwortung und brauche
drin=
gend das Vertrauen der Bürgerſchaft. Die Gemeinde ſei zwangsläufig
in das Defizit gekommen, die Finanzen aber ſeien geſund. Gemeinderat
Kneib erklärte für die Kommuniſten, es ſei auf die Dauer untragbar,
daß immer die am ſtärkſten belaſtet würden, die die Laſten am ſchwerſten
aufbringen können. Beigeordneter Nold führte zu den gegen den
Nach=
tragsetat gemachten Einſprüchen aus, daß man nicht mehr ſparen könne
als es geſchehen ſei. Gemeinderat Dasbach ſagte, wenn die Wirtſchaft
nichts mehr leiſten kann, nützten auch die guten Finanzen nichts. Das
müſſe allen Ernſtes bedacht werden. Nach weiteren Ausführungen der
verſchiedenen Parteien wird die Abſtimmung über die Einſprüiche gegen
den Nachtragsetat vorgenommen. Die Abſtimmung ergibt Ablehnung
der Einſprüche gegen die drei kommuniſtiſchen Stimmen. Bürgermeiſter
Dr. Lüdecke erklärte zu dem Abſtimmungsergebnis, daß nicht
anzuneh=
men ſei, daß die Einſprecher nunmehr den Verwaltungsrechtsweg, der
erhebliche Koſten für ſie beanſpruche, beſchreiten werden. Durch die
Ein=
ſprüche würde lediglich eine Verzögerung erreicht, die eher Nachteil als
Vorteil bringt. Damit war die Sitzung beendet. Im Anſchluß an die
Gemeinderatsſitzung beſichtigte der Gemeinderat die Groß=Gerauer
Zuckerfabrik unter Führung von Direktor Lindemann.
a. Sprendlingen (Kr. Offenbach), 30. Dez. Die Gemeinden unſeres
Kreiſes waren vor einigen Wochen durch Rundſchreiben des Kreisamtes
aufgefordert worden, in einem Nachtragsvoranſchlag die
Mit=
tel bereitzuſtellen, die bis zum Schluſſe des Rechnungsjahres 1930 etwa
erforderlich wären, um die Sicherung der Wirtſchaftsführung zu
gewähr=
leiſten. Für unſere Gemeinde wurde der Mehrbedarf, hauptſächlich durch
Wohlfahrtsausgaben veranlaßt, auf 35000 Mark geſchätzt. Der
Ge=
meinderat bewilligte jedoch nur 21000 Mark. Vor dem Kreisausſchuß
Offenbach wurde geſtern in der Sache verhandelt. Für die
Gemeinde=
verwaltung war Bürgermeiſter Stimpert, für die Gemeindevertretung
niemand erſchienen. Nach mehr als einſtündiger Beratung wurde das
Urteil des Ausſchuſſes dahin verkündet, daß die Gemeinde Sprendlingen
weitere 10 800 Mark zu erheben habe, und zwar je 8 Pfg. auf Grund=
und Gebäudeſteuer und 5 Pfg. auf Gewerbeſteuer, im ganzen alſo rund
31800 Mark mehr. Die Gewerbeſteuer wurde am geringſten erhöht,
weil die meiſten Gewerbetreibenden Bauhandwerker ſind und das
Bau=
handwerk hier ſchon ſeit November 1929 vollſtändig brach liegt. Die
zwangsweiſe Feſtſetzung der neuen Umlagen wurde von dem
Bürger=
meiſter im Namen der Gemeinde ſofort anerkannt. Bemerkenswert iſt,
daß auch der Hauvtvoranſchlag der Gemeinde für 1930 nur durch Spruch
des Kreisausſchuſſes unter Dach und Fach kommen konnte. — Im
be=
nachbarten Neu=Iſenburg beſtanden die gleichen Schwierigkeiten. Die
gleichfalls für geſtern angeſetzte Verhandlung vor dem Kreisausſchuß
konnte aber abgeſetzt werden, weil ſich der dortige Stadtrat noch am
Samstag entſchloſſen hatte, den Steuererhöbungen zuzuſtimmen, um der
Zwangsfeſtſetzung zu entgehen. Beide Nachträge zu den Voranſchlägen
bodütrfen der Genehmigung des Miniſters bis zum 31. Dezember 1930.
Gottesdienſt der iſrgelitiſchen Religionsgemeinde.
Hauptſynagoge (Friedri hſtraße).
Freitag, den 2. Jan.: Vorabendgottesdienſt 4 Uhr 45 Min,
Samstag, den 3. Jan.: Morgengottesdienſt 8 Uhr 45 Min:
— Sabbatausgang 5 Uhr 30 Min.
Gottesdienſt an den Wochentagen.
Morgens 7 Uhr 30 Min. — Abends 6 Uhr 00 Min,
Gebetszeiten in der Synagoge der Iſraelitiſchen Religionsgeſellſchaft:
Samstag, den 3. Jan.: Vorabend 4 Uhr 15 Min — Morgens
8 Uhr. — Nachm. 4 Uhr. — Sabbatausgang 5 Uhr 30 Min.
Wochentags: Morgens 7 Uhr 10 Min. — Abends 4 Uhr 15 Min,
Geſchäftliches.
Als erſte heſſiſche Geldlotterie im neuen Jahre zieht die
Of=
fenbacher Geldlotterie. Die Ziehung findet unwiderruflich
garan=
tiert am 9. Januar ſtatt und verweiſen wir unſere Leſer auf das
in dieſer Zeitung enthaltene Inſerat. Die Loſe ſind überal.
für 50 Pfg. pro Stück zu haben.
Rundfunk=Programme.
Frankfurt a. M.
Freitag, 2. Januar.
15.00: Die Anforderungen und Ausſichten in den verſchiedenen
kauf=
männiſchen männlichen Berufen. Geſpräch.
16.00: Nachmittagskonzert des Rundfunkorcheſters.
17.55: Buch und Film.
18.20: Dr. Franz Wallner: Eine Viertelſtunde Deutſch.
18.35: Ernſt Franzſeph: Aus der guten alten Zeit: „Vom
Kalender=
machen.
19.05: Mannheim: Aerztevortrag: Blut und Blutkrankheiten.
19.30: Freiburg; Mandolinenkonzert des „Erſten Freiburger
Man=
dolinen= und Gitarrenvereins. Mitw.: Meta Weber (Sopran),
Michael Mangos (Tenor),
20.30: Stuttgart: Die Flucht vor der Liebe. Funkſchwank von
Max Sidow.
21.00: Stuttgart: Schubert=Konzert. Philharmon. Orcheſter.
22.50: Stuttgart: Unterhaltungskonzert. Kapelle Warzynak=Warna,
Königswuſterhauſen.
Deutſche Welle, Freitag, 2. Januar.
11.30: Landw.=Rat Dr. Kiel: Aufzucht und Fütterungsfragen der
bäuerlichen Pferdezucht.
15.00: Jungmädchenſtunde: Was wir leſen.
15.45: Jugendſtunde: Reiſen und Abenteuer.
18.00: Willy Streichan: Bilder aus dem Geſamtunterricht einer
einklaſſigen Landſchule.
16.30: Leipzig: Nachmittagskonzert.
17.30: Anton Goeggl: Der Blinde und das Publikum,
18.00: Dr. Grabowsky: Amerika in der Kriſe.
18.30: Prof. Dr. Korff: Der Geiſt der Klaſſik.
19.00: Engliſch für Fortgeſchrittene.
19.30: Wiſſenſchaftlicher Vortrag für Aerzte.
20.00: Berlin: Tanz=Abend. Kapelle Juan Lloſſas.
20.30: Interview der Woche.
20.50: Fortſetzung des Tanzabends.
21.40: Der Taxichauffeur” Hörſpiel von Geno Ohliſchläger.
Ca. 23.00: Unterhaltungsmuſik. Kapelle Barnabas von Géczy.
Weiterbericht.
Ausſichten für Freitag, den 2. Januar: Wechſelnde Bewölkung mit
Aufheiterung, kälter, nur vereinzelte Schauer.
Ausſichten für Samstag, den 3. Januar: Stellenweiſe neblig und
bewölkt, auch vielfach aufheiternd, meiſt trocken,, leichter
Nacht=
froſt.
Hauptſchriftleltung. Rupolf Mauve
Verantworttlich für Polltik und Wirtſchaft: Rudell Maupe: für Feullleton, Reich uns
Ausland und Heſſſſche Nachrichten: Max Streelei für Sport: Karl Bohmann;
für den Handel: Dr. C. H. Quetſch; für den Schlußdlenſt: Andreas Bauer; für
„Die Gegenwart”, Tagesſplegel in Bild und Wort Dr. Herberi Neite:
für den Inſeratentell und geſchdftlſche Mlttellungen: Willv Kuble
Druck und Verlag: L. C. Wittich — jämtlich in Darmſtadt
Für unverlangte Manuſkripte wird Garantle der Rückſendung nicht Übernommen.
Die heutige Nu:nwer hai 6 Seifen.
[ ← ][ ][ → ]Seite 4
Freitag, den 2. Januar 1931
Nummer 2
Der Fußball am Neujahrstage.
Rapid Wien ſiegt in Pforzheim.
FC. Pforzheim — Rapid Wien 1:5 (0:4).
Das Auftreten der Wiener Profimannſchaft am Neujahrstage
in Pforzheim wurde zu einem fußballſportlichen Ereignis. Wirkte
ſich ſchon das ritterliche Freundſchaftsſpiel als ſolches wohltuend
auf die Zuſchauer aus, ſo brachte es nach den harten
Verbands=
ſpielen der letzten Zeit eine angenehme Abwechſlung, als die
Wie=
ner Gäſte wirklichen Klaſſefußball vorführten, typiſchen Wiener
Fußball in höchſter Vollendung. Die Rapid=Leute waren in allen
Reihen ganz vorzüglich beſetzt, beſonders hervorzuheben war ſomit
lediglich der öſterreichiſche Nationalverteidiger Schramſeis, an dem
der Pforzheimer Angriff immer wieder zerſchellte. Neben ihm
ragten noch der Halbrechte Weſſelik, der Mittelſtürmer Kaburek
und der wieſelflinke Linksaußen Weſſely hervor. Alle Spieler
der Profimannſchaft präſentierten ſich als erſtklaſſige Techniker.
Verblüffend wirkte das vorzügliche Zuſammenſpiel der Gäſte. Die
Pforzheimer leiſteten dem großen Gegner energiſchen Widerſtand.
In der zweiten Halbzeit konnten die Einheimiſchen lange Zeit das
Spiel ausgeglichen geſtalten. In der Pforzheimer Elf ragten
Merz und Fiſcher hervor, dagegen erwieſen ſich Mittelläufer Blaich
und Hofmeiſter als Mittelſtürmer dem großen Kampfe nicht ganz
gewächſen. — Die Wiener dominierten in der ganzen erſten
Halb=
zeit, während die wenigen Pforzheimer Angriffe ſchon von
Schramſeis abgeſtoppt wurden. Ein Schulangriff der Wiener
brachte in der 23. Minute durch Luef den Führungstreffer bereits
4 Minuten ſpäter erhöhte Kaburek auf 2:0. Derſelbe Stürmer
erzielte in der 36. Minute das dritte Tor, und eine Bombe
Weſſe=
liks ſtellte in der 40. Minute das Halbzeitergebnis auf 4:0. Nach
der Pauſe kam Pforzheim beſſer auf. Ein Alleingang des
Links=
außen Merz ergab in der 21. Minute durch den Erſatzrechtsaußen
Reinhard den Ehrentreffer. Ein Prachtſchuß Weſſeliks ſtellte
wenig ſpäter das Endergebnis auf 5:1 für die Wiener.
Schieds=
richter Albrecht=Mannheim leitete vor 4000 Zuſchauern gut.
Wacker-955.-Teukonig München kombiniert
gegen Uipeſt Budapeſt 5:5 (3:3).
Glänzendes Spiel am Neujahrstage in München.
Das Neujahrsſpiel in München brachte eine aus Spielern
der Vereine Wacker, D. S. V. und München 1860 zuſammengeſetzte
Elf mit der ungariſchen Profimannſchaft Ujpeſt Budapeſt
zuſam=
men. Zur großen Ueberraſchung entwickelte ſich vom Start weg
ein unerhörter Kampf, der als ſchönſtes Spiel der in letzter Zeit
in München durchgeführten internationalen Treffen gewertet
werden konnte. Die ungariſchen Profeſſionals wurden in beiden
Spielhälften zur Hergabe ihres ganzen Könnens gezwungen.
Sie zeigten brillante Technik, wunderbares Kombinationsſpiel,
überhaupt vollendete Fußballkunſt. Aber auch die Münchener
ſtanden den Gäſten keineswegs nach. Nur in den letzten zehn
Minuten machten ſich bei ihnen ſtarke Ermüdungserſcheinungen
bemerkbar. Trotzdem gelang es den Münchenern, den Kampf
unentſchieden zu halten. Die Budapeſter legten innerhalb 10
Minuten drei Tore vor. Trotzdem gelang es den unentmutigt
weiter kämpfenden Münchenern, bis zur Pauſe gleichzuziehen
und nach dem Wechſel ſogar mit 5:3 in Führung zu gehen. Erſt
ein koloſſaler Endſpurt brachte den Ungarn das Unentſchieden
mit 5:5. — Schon in der dritten Minute nach Beginn brachte ein
Eigentor von Schmidt den Ungarn den Führungstreffer. In
der 7. Minute erhöhte der Rechtsaußen Ströck auf 2:0 und in der
10. Minute brachte der Mittelſtürmer Steiner mit einem
Bom=
benſchuß den dritten Treffer an. Bei ausgeglichenem Spiel
konnte der Linksaußen Rauſch in der 17. Minute ein Tor
auf=
holen. In der 23. Minute erzielte Nebouer nach ſchwacher
Ab=
wehr des Ujpeſt=Hüters Acht Nr. 2 und in der 34. Minute
ver=
wandelte der Halbrechte Meier eine Flanke des Rechtsaußen zum
3:3. Die zweite Hälfte begann mit einer großen Ueberraſchung:
bereits in der 1. Minute hatte Nebauer den ungariſchen
Tor=
mann zum vierten Male geſchlagen. Gleich darauf verhängte der
heute nicht unbedingt ſichere Schiedsrichter Sackenreuther=
Nürn=
berg einen Elfmeter gegen München, den aber Ertl glänzend
hielt. In der 14. Minute war Mittelläufer Stutzmüller zum
5. Male erfolgreich. Die Ungarn ſetzten ſofort zu einem
gewal=
tigen Endſpurt an. Noch in derſelben Minute gelang ihnen
durch den Halbrechten Nr. 4. Derſelbe Stürmer (Auer) konnte
ſchon zwei Minuten ſpäter die Partie remis ſtellen. 7000
Zu=
ſchauer wohnten dem Spiele bei.
VfB. Stuttgart — 1. FC. Nürnberg 1:3 (0:3).
Beide Mannſchaften beſtritten den Kampf ſtark erſatzgeſchwächt.
So fehlten beim Club Stuhlfauth, Kalb, Popp und Munkert,
während der VfB. überhaupt nur drei Spieler der erſten Garnitur
zur Stelle hatte. Die jungen Erſatzleute waren natürlich dem
routinierten Spiel der Nürnberger nicht gewachſen, vermochten
aber dennoch, den Kampf meiſt offen zu halten. Zudem war der
Boden derart ſpielunfähig, daß ſich ein flüſſiges Spiel überhaupt
nicht entwickeln konnte. Bei Nürnberg war der Sturm ſehr gut,
insbeſondere der Linksaußen Kund.
Süddeutſcher Fußball.
Verbandsſpiele: Gruppe Rhein: SV. Waldhof — FG.
Kirch=
heim 2:1. Privatſpiele: München (Wacker/DSV./Teutonia)
Ujpeſt Budapeſt 5:5. VfB. Stuttgart — 1. FC. Nürnberg 1:3.
FC. Pforzheim — Rapid Wien 1:5. Freiburger FC. — FC.
Solo=
thurn 5:2. Club Frangais Paris — Karlsruher FV. 5:3. Phönix
Karlsruhe — Frankonia Karlsruhe 3:3.
Fußball in Frankreich.
Club Francais Paris — Karlsruher FV. 5:3. CA. Paris —
Wiener AC. 3:2. FC. Arles — 1860 München 2:1. Stade
Fran=
cais Paris — Sparta Prag 2:1. Racing Straßburg — Wacker
Wien 1:8.
Vienna in Leipzig erfolgreich.
Vor 8000 Zuſchauern gab am Neujahrstage die
Berufsſpieler=
elf von Vienna Wien in Halle eine eindrucksvolle Vorſtellung.
Mit Ausnahme der erſten 20 Minuten waren die Oeſterreicher
der kombinierten Mannſchaft von Wacker und Boruſſia Halle klar
überlegen und brachten ihr beſſeres Können auch durch den hohen
Sieg von 6:1 (2:0) klar zum Ausdruck. Erſt gegen Schluß des
Spiels kamen die Mitteldeutſchen durch ihren Linksaußen Schlag
zum Ehrentreffer. Vienna tritt am Sonntag gegen die
Stuttgar=
ter Kickers an.
Im einzigen Verbandsſpiel am Neujahrstage in Leipzig gab
es eine Ueberraſchung, da VfB. Leipzig von Eintracht mit 4:1
(1:0) ſicher geſchlagen wurde. Guts Muts Dresden unterlag im
Freundſchaftskampf gegen den Chemnitzer Ballſpielklub mit 1:0
(0:0). Guts Muts verlor in erſter Linie darum, weil der
Inter=
nationale Sackenheimer noch vor der Pauſe verletzt wurde und
ausſcheiden mußte.
mit 4:2, aber ſeitdem hat ſich viel geändert. Aehnlich liegen
die Dinge in Neu=Iſenburg. Die Gegner dieſes Kampfes
be=
ſchieden ſich in Pfungſtadt mit einem torloſen Unentſchieden
Obwohl Pfungſtadt nicht in ſtärkſter Beſetzung antritt, iſt die
Mannſchaft in der Lage, ſich beide Punkte zu holen. Aber Neu=
Iſenburg iſt heißer Boden! Wir würden uns nicht wundern,
wenn es anders käme. Die Beſſunger erwarten Gäſte aus
Dieburg. Auch hier weiß man nicht, wie es ausgehen wird.
Eine Wiederholung des Vorſpielergebniſſes (1:1) erſcheint
möglich. — Nachzutragen vom Sonntag iſt noch ein 4:1=Sieg
des Sportvereins Münſter in Eppertshauſen.
A= und B=Klaſſe treten voll auf den Plan.
Wir ſehen alle Klaſſen und Gruppen beſchäftigt, und dazu
noch in kompletter Beſetzung. Hoffentlich macht da das
Wet=
ter keinen Strich durch die Rechnung. Angeſetzt ſind folgende
Spiele:
Grupe Bergſtraße=Ried: Rot=Weiß VfR. Darmſtadt—
Ger=
mania Eberſtadt (11 Uhr); Germania Eſchollbrücken—Eintracht
Darmſtadt; „Reichsbahn Darmſtadt —Germania Leeheim;
Olympia Hahn—Sportverein Geinsheim; SV. Weiterſtadt—
Boruſſia Dornheim. — Das Darmſtädter Vormittagsſpiel iſt
als eine Art Meiſterſchafts=Vorentſcheidung zu betrachten.
Lehrſpiel der Ungarn. — Hungaria ſiegk auch in Beukhen.
Die Ungarn beſiegen den
ſüdoſt=
deutſchen Meiſter 5:0 (3:0).
Die Berufsſpieler der
Buda=
peſter Hungaria trugen am
Neu=
jahrstage ihr viertes Spiel in
Deutſchland gegen den
ſüdoſt=
deutſchen Meiſter Beuthen 09
aus und beendeten auch dieſen
Kampf mit 5:0 (3:0) ſiegreich.
Auf dem moraſtigen Spielfeld
des ausgezeichnet beſuchten
Hin=
denburg=Stadions kamen die
Un=
garn nur langſam in Schwung.
Erſt in der 29. Minute fiel durch
den Linksaußen der
Führungs=
treffer. Bis zur Pauſe wurde
jedoch durch Hirzer und Ticſka
ſchon das Ergebnis auf 3:0 für
Hungaria geſtellt. Nach dem
Wechſel ſchoſſen Hirzer und der
famoſe Mittelſtürmer Skvaek
noch zwei weitere Tore. Die
Oberſchleſier leiſteten dem großen
Gegner recht hartnäckigen
Wider=
ſtand. Einige gute
Torgelegen=
heiten wurden jedoch vergeben.
Hungaria wird nunmehr am
kommenden Sonntag in
Leip=
zig noch ein fünftes Spiel
gegen eine kombinierte
Mann=
ſchaft von Fortuna und VfB.
Leipzig austragen.
Der ungariſche Stürmer Baratky ſchießt.
Berliner Zußball-,„,Blih”kurniet.
Ein großer Publikumserfolg. — Tennis=Boruſſia Geſamtſieger.
Das am Neujahrstage auf dem Platz von Hertha=BSC. am
Geſundbrunnen erſtmals vor 20 000 Zuſchauern ausgetragene
Fußball=,Blitz’turnier der führenden vier Berliner Mannſchaften
übertraf alle Erwartungen und dürfte durch ſeinen
glänzen=
den Verlauf bald eine Wiederholung finden. In den jeweils
nur zehn Minuten währenden Spielen gab es prächtige
Kampf=
bilder und ſpannende Momente. Der nach Punkten ausgetragene
Wettbewerb wurde von Tennis=Boruſſia mit fünf
Punk=
ten vor Viktoria (4 Punkte), Minerva (2 Punkte) und Hertha
BSC. mit nur einem Punkte gewonnen. — Die Mannſchaft des
Siegers war auf allen Poſten gleich gut beſetzt und zeigte neben
großer Schnelligkeit ſolides Können. Hertha BSC. verſagte
wie=
der einmal mehr, obwohl, ſich der Internationale Sobek, mit
gutem Erfolg als Mittelläufer verſuchte. Das Tor der Meiſterelf
wurde jedoch von einem Erſatzmann aus der 3. Mannſchaft behütet,
der ſich ſeiner Aufgabe in keiner Weiſe gewachſen zeigte. — Großes
Mißgeſchick hatte Minerva, deſſen Mittelläufer
Gott=
ſchalk gleich im erſten Spiel gegen Hertha mit dem Verteidiger
Domſcheid ſo unglücklich zuſammenprallte, daß er beim Fall einen
Bruch des linken Unterſchenkels erlitt und in das Moabiter
Kran=
kenhaus übergeführt werden mußte. — Die Ergebniſſe: Minerva—
Hertha BSC. 2:2, Viktoria—Tennis=Boruſſia 1:1, Tennis=Boruſſia
—Minerva 1:0, Viktoria—Hertha BSC. 3:1, Minerva—Viktoria
0:0, Tennis=Boruſſia—Hertha BSC. 2:0.
* Fußball im Kreis Skarkenburg.
Es geht wieder los am 4. Januar ..
Der erſte Sonntag des neuen Jahres ſteht wieder im
Zei=
chen des auflebenden Spielbetriebes in allen Klaſſen. In der
Kreisliga ſind wieder fünf Spiele angeſetzt. Es ſcheint
aber, daß das Treffen Münſter—Egelsbach nicht zum Austrag
kommt (obwohl eine amtliche Bekanntmachung bis zur
Nieder=
ſchrift dieſer Zeilen nicht vorlag), da in Münſter am Sonntag
ein Werbeſpiel S.V. Münſter—S.V. 98 Darmſtadt
ſtattfinden ſoll. Wir regiſtrieren daher nur die anderen vier
Treffen:
Viktoria Walldorf—S.V. Mörfelden;
F.V. Sprendlingen—Sportvereinigung 04 Arheilgen;
S.V. 1911 Neu=Iſenburg—Germania 03 Pfungſtadt;
Union Darmſtadt—S.C. Haſſia Dieburg.
Der Spitzenreiter Walldorf gewann ſein Vorſpiel mit 3:2
und ſollte ſich auch dabeim beide Punkte holen. Offener iſt die
Sache in Sprendlingen, wo Arheilgen ſich eventnell einen
Punkt retten kann. Sprendlingen gewann zwar das Vorſpiel
Gruppe Dreieich. T.u. SV. Meſſel—Union Wixhauſen;
Sportverein Erzhauſen—Sportklub Dietzenbach; F.V.
Epperts=
hauſen—FC. 02 Dreieichenhain: SV. Offenthal—Sportgem.
Sprendlingen.
Gruppe Odenwald. Germania Dieburg—Sportverein
Roß=
dorf; „S.C. Ober=Ramſtadt—VfR. Beerfelden; VfR. Erbach—
VfL. Michelſtadt; Sportverein Lengfeld—Sportverein Höchſt.
B=Klaſſe Odenwald. Spiel=Vgg. Groß=Umſtadt 1.—S.V.,
Münſter 2., FSV. Groß=Zimmern 2.-Vorwärts Klein=
Zim=
mern 1.. SV. Roßdorf 2. —Viktoria Schaafheim 1.: Haſſia
Dieburg 3.—Viktoria Kleeſtadt 1.
Rol-Weiß Darmſtadt — Germania Eberſtadt.
Zum erſten Spiel der Rückrunde empfangen die Rotweißen
am kommenden Sonntag, vormittags 11 Uhr, die Eberſtädter
Germanen. Dieſes Treffen iſt für die Meiſterſchaft von
aus=
ſchlaggebender Bedeutung. Eberſtadt hält zur Zeit die
Tabel=
lenführung mit einem Vorſprung von zwei Punkten vor Rot=
Weiß. Gelingt es den Gäſten, auch nur einen Punkt aus
Darm=
ſtadt mitzunehmen, dann dürfte die Meiſterſchaft, wenn auch
noch nicht ganz, ſo doch ſehr wahrſcheinlich nach Eberſtadt
wandern. Rot=Weiß muß alſo alles hergeben, um den Gäſten
beide Punkte abzujagen, und tritt deshalb in der
ſtärkſtmög=
lichen Aufſtellung an. Bemerkenswert zu dieſem Treffen iſt es
noch, daß Eberſtadt gerade bei ſeinem Spielen auf dem Rot=
Weiß=Platz bis jetzt immer mit Erfolg abſchneiden konnte. Zum
Schluſſe wünſchen wir dem Spiel einen ſattelfeſten
Schiedsrich=
ter, da es bisher gerade in dieſem Treffen noch nie ohne
Rei=
bungen abging.
Die zweiten Mannſchaften treffen ſchon um halb 9 Uhr
ebenfalls um die Punkte aufeinander.
Mannſchaftskriſe im H. S. V.?
Zwiſchen dem Vorſtand des Hamburger Sportvereins und
dem langjährigen ehrenamtlichen Trainer und
Mannſchaftsführ=
rer Agte waren ſeinerzeit. Differenzen entſtanden, die mit dem
Nücktritt Agtes enderen. Heute, nach einem ſpieleriſchen
Rück=
gang, der den H.S.V. von der Höhe ſeines Poſtamentes als
Norddeutſchlands weitaus ſpielſtärkſter Verein geſtürzt hat,
ſchei=
nen ſich neue Unſtimmigkeiten angebahnt zu haben. Die beiden
bekannten Außenſtürmer, Walter Kolzen und Hans Rave, die oft
in repräſentativen norddeutſchen Mannſchaften ſtanden, haben
dem H. S. V. ſchriftlich ihren Austritt angezeigt.
Ein Fußball=Pionier geſtorben. Im Alter von 54 Jahren
iſt in Leipzig der Stadtverordnete und Kaufmann Johannes
Kirmſe geſtorben. Kirmſe war Mitbegründer des Deutſchen
Fußball=Bundes und hatte auch an der Gründung der
Ballſpiel=
verbände in Leipzig und Dresden hervorragenden Anteil.
Nummer 2
Freitag, den 2. Januar 1931
Seite 5
Der Segelflug im Jahre 1930.
Eisſpork.
Von A. Kreutzer, stud. met.
Das vergangene Jahr 1930 iſt für die Entwicklung des
Segelfluges von ganz beſonderer Bedeutung geweſen, und zwar
nicht nur deshalb, weil dem deutſchen Segelflug wieder neue
hervorragende Leiſtungen beſchieden waren, ſondern weil auch
andere Länder ſich wieder dem motorloſen Flug zugewandt
haben und auch bereits ſchöne Erfolge zeitigen konnten.
Es ſoll an dieſer Stelle nicht verſäumt werden, des wackeren
Johannes Nehring zu gedenken, der uns im vergangenen Jahre
entriſſen wurde. — Mit großer Begeiſterung hat Nehring ſich der
Fliegerei gewidmet und als Deutſchlands beſter Jungflieger
ſein großes Können in den Dienſt der hohen Aufgabe der
Er=
ſchließung des motorloſen Fluges geſtellt. Nehring hat den
Segelflug frei gemacht von dem Gebundenſein an den
aufwind=
ſpendenden Hang, er hat als erſter zielbewußt Streckenflüge
ausgeführt und ſelbſt den ärgſten Zweiflern den Beweis der
Lebensberechtigung der Segelflugbewegung erbracht. Nehring
war der Meiſter des Hangſegelfluges und wird als ſolcher für
alle Zeiten mit der Geſchichte des Segelfluges verbunden bleiben.
Bubi Nehring, trotz aller Erfolge und Rekorde beſcheiden, ruhig,
freundlich, ein Kamerad in des Wortes höchſter Bedeutung, wird
ſür die deutſchen Segelflieger immer ein leuchtendes Vorbild ſein.
Vom 8.—10. März fand in Darmſtadt unter dem Vorſitz des
Forſchungs=Inſtitutes der Rhön=Roſſitten=Geſellſchaft die 1.
Wiſ=
ſenſchaftliche Internationale Segelflugtagung ſtatt, auf der
nam=
hafte Vertreter der Luftfahrtwiſſenſchaft des In= und Auslandes
in mehrtägigen Vortragsreihen das Gebiet des Segelfluges von
der ſportlichen, wiſſenſchaftlichen und techniſchen Seite
behandel=
ten und den Einfluß ſchilderten, den der Segelflug auf das
ge=
ſamte Flugweſen gewonnen hat. Auf dieſer Tagung wurde der
Gedanke der Gründung einer Internationalen
Studienkommiſ=
ſion für den motorloſen Flug ins Auge gefaßt, die zum Ziel
das gemeinſame Zuſammenarbeiten aller Nationen auf dem
Ge=
biete des motorloſen Fluges hat. Auf einer Sitzung wurde der
Beſchluß gefaßt, dieſe Kommiſſion zu gründen. Einige Wochen
ſpäter fand in Frankfurt a. M. die Gründungs=Sitzung dieſer
Kommiſſion ſtatt, auf der Vertreter, von England, Frankreich,
Italien, Belgien, Holland, Ungarn und Deutſchland anweſend
waren. Zum Präſidenten der Internationalen
Studienkom=
miſſion wurde der verdienſtvolle Führer der deutſchen
Segelflug=
bewegung, Prof. Dr. W. Georgii, gewählt. Vornehmlich waren
es Frankreich und England, wo die Segelflugbewegung raſch Fuß
faßte. Dieſer Aufſchwung iſt nicht zuletzt Prof. Georgii zu
verdan=
ken, der im Februar 1930 in London vor der Royal Aeronautical
Society einen Vortrag über die Bedeutung des Segelfluges und
ſeine bisherigen Leiſtungen gehalten hatte. Die Folge dieſes
Vortrages war die Gründung einer Anzahl von Vereinen und
die Berufung Robert Kronfelds im Mai 1930 nach England.
Kronfeld führte eine große Anzahl von Flügen in verſchiedenen
Gegenden Englands durch und konnte auch einen
Streckenſegel=
flug von über 100 Km. abſolvieren. In hervorragender Weiſe
zeigte ſich dabei der Sportgeiſt der Engländer, die ſich ſofort
Maſchinen beſchafften und während der kurzen Zeit ſeines
Aufenthaltes gelang es Kronfeld, eine ganze Reihe von jungen
Leuten zu Segelfliegern auszubilden. Beſonders hervorzuheben
iſt hierbei der Segelflug von Oberſt The Maſter of Sempill,
dem ehemaligen Präſidenten der Royal Aeronautical Society,
der an der Entwicklung der Segelflugbewegung in England den
größten Anteil genommen hat und deſſen Initiative die große
Verbreitung zuzuſchreiben iſt, die der Segelflug ſchon jetzt in
England gefunden hat.
„Aber auch in Amerika iſt man im vergangenen Jahre nicht
tatenlos geweſen. Nachdem die deutſche Segelflugexpedition, die
unter Führung von Dipl.=Ing. Knott auf Cape Cod eine
Segel=
flugſchule gegründet hatte, durch ſchöne Schulungs=Erfolge das
amerikaniſche Volk auf den Segelflug und ſeine Bedeutung
hin=
gewieſen hatte, entſtanden auch dort allenthalben Vereine und
Gruppen, die ſich die Ausübungen des Segelflugſportes zur
Auf=
gabe machten. Von hervorragender Bedeutung für die
Verbrei=
tung des amerikaniſchen Segelflugſportes iſt der Deutſche
Wolf=
gang Klemperer geweſen, der bei den Zeppelin=Werken in Akron
(Ohio) tätig iſt. Unter Mitwirkung von Dipl.=Ing. Franz Groß,
einem Mitglied der Akademiſchen Fliegergruppe Darmſtadt, der
ein Hochleiſtungs=Segelflugzeug vom Typ Darmſtadt baute,
führte Dr. Klemperer eine Reihe von Segelflügen durch,
darun=
ter einen Flug von über 30 Km. Klemperer, der Sieger des
1. Rhön=Segelflug=Wettbewerbes, hat damit der amerikaniſchen
Segelflugbewegung einen großen Dienſt erwieſen. Welches
In=
tereſſe man heute dem motorloſen Flug in Amerika entgegen
bringt, beweiſt die Tatſache, daß der erſter Ozeanflieger, Oberſt
Lindbergh, und ſeine Gattin die Segelflugprüfung abgelegt
haben. Ein anderer amerikaniſcher Fliegeroffizier hat mit einem
Segelflugzeug als Anhänger hinter einem Motorflugzeug den
ganzen amerikaniſchen Kontinent überquert und in den größeren
Städten Vorträge gehalten, deren Folge auch wieder der
Zu=
ſammenſchluß von Intereſſenten zu Segelfluggruppen war. Es
ſcheint jedoch, daß man mitunter den Segelflug in Amerika etwas
„amerikaniſch” aufzieht, da es nicht immer nur der Sport als
ſolcher iſt, der das Volk begeiſtert, ſondern man betrachtet
viel=
fach den motorloſen Flug als eine neue Sportart, die die
Dar=
ſtellung neuer ſenſationeller Leiſtungen gewährleiſtet. So hat z. B.
ein amerikaniſcher Flieger ſich in einem Segelflugzeug von einem
Zeppelin hochſchleppen laſſen und nach Auslöſung mehrere
Loo=
pings geflogen. Es iſt ja immerhin ein gutes Zeichen für die
Qualität unſerer heutigen Hochleiſtungs=Segelflugzeuge, daß ſie
kunſtflugtauglich ſind, aber ſolche Leiſtungen werden immerhin
nur Senſationsleiſtungen bleiben und als ſolche der Entwicklung
des Segelfluges eher ſchaden als nützen. Die Bequemlichkeit des
Amerikaners und ſein Beſtreben, Menſchenkraft nach Möglichkeit
durch Maſchinenkraft zu erſetzen, hat dazu geführt, daß man eine
Zeit lang von der in Deutſchland üblichen Startmethode des
Aus=
ziehens mittels Gummiſeilen Abſtand nahm und die jungen
An=
fänger durch Autos hochſchleppen ließ. Erſt 7 Todesſtürze, die
kurz aufeinander folgten, haben dieſen Unfug beendet. Auf der
anderen Seite darf man aber dem Amerikaner einen gewiſſen
Sportgeiſt nicht abſprechen. So hat der Flieger Bowlus
ſyſte=
matiſch ſeine Leiſtungen im Dauerflug geſteigert, indem er 3, 5,
8, 10 Stunden flog und zuletzt mit einem Fluge von über 15
Stunden den deutſchen Dauerweltrekord, der von Oberleutnant
Dinort gehalten wird, brechen konnte. Der Rekord iſt allerdings
nicht international anerkannt worden, da Bowlus keine
Baro=
graphen mitgenommen hatte. Bei einem weiteren Verſuch, die
Leiſtung zu überbieten, ſtürzte Bowlus ab und mußte vorläufig
ſeine Verſuche aufgeben. Beſonders ſchöne Leiſtungen hat der
Deutſche Wolf Hirth vollbracht, der mit einem Leichtflugzeug
lach Island geflogen war. Hirth konnte während eines
ameri=
kauiſchen Segelflugwettbewerbes, der allerdings national
aus=
geſchrieben war, einen Streckenflug von über 50 Km. und einen
Dauerflug von über 7 Stunden ausführen. Klemperer, Groß
und Hirth erhielten jetzt von der Nationale Glider=Aſſociation
das „Drei=Stern=Abzeichen” für ihre Verdienſte um die
Ein=
führung des Segelflugſportes in u. S. A.
Der Rhöu=Segelflug=Wettbewerb, der im Jahre 1930 bereits
zum 11. Male ſtattgefunden hat, konnte wieder neue
hervor=
ragende Flugleiſtungen zeitigen, von denen an erſter Stelle die
beiden neuen Streckenrekordflüge von Robert Kronfeld mit 153
und 165 Kilometer Entfernung ſtehen. Aber auch die anderen
Leiſtungen, die während des Wettbewerbes vollbracht wurden,
die vielen Strecken=, Dauer= und Höhenflüge offenbaren den
Willen der deutſchen flugbegeiſterten Jugend, ſich an der Spitze
der internationalen Segelflugbewegung zu halten. Für die
Er=
forſchung der Aufwindverhältniſſe in den Wolken iſt der Flug
des jungen Berliner Studenten Bedau, der mit 1640 Meter die
größte Höhe während des Wettbewerbes erreichte, von beſonderem
Werte geweſen, da auf dieſem Fluge gänzlich neue Erkenntniſſe
über die Intenſität der Vertikalbewegungen gewonnen worden
ſind, die für die weitere Verbreitung des Segelfluges von größter
Bedeutung ſein werden. Es ſoll auch nicht verſäumt werden,
an dieſer Stelle der Flüge von Kronfeld und Groenhoff nach
dem etwa 12 Kilometer von der Waſſerkuppe entfernten
Kreuz=
berg zu gedenken, wo beide Piloten in hervorragend geſchickter
Weiſe das Ziel anflogen und unter den ſchwierigſten
Verhält=
niſſen wieder zur Startſtelle zurückkehrten.
Welche Bedeutung der motorloſe Flug im vergangenen
Jahre gewonnen hat, geht nicht zuletzt aus der Tatſache
her=
vor, daß eine große Anzahl von Ausländern auf der
Waſſer=
kuppe und in Roſſitten zu ihrer Segelflugausbildung geweilt
haben und mit dafür Sorge getragen werden, daß der
Segel=
flugſport Gemeingut aller Nationen werden wird, wobei es das
Beſtreben unſerer deutſchen Segelflieger ſein und bleiben muß,
die Führung zu bebalten.
Möge das neue Jahr 1931 der Segelflugbewegung zu
wei=
terer Leiſtungsſteigerung und Verbreitung verhelfen! Voläre
necesse est!
Skakigarker Kickers würktembergiſcher
Handballmeiſter.
Die Neujahrsſpiele im Handball brachten in der Gruppe
Württemberg der D.S.B. eine wichtige Entſcheidung: die
Stutt=
garter Kickers errangen zum vierten Male den Meiſtertitel.
In dem Treffen
Stuttgarter Kickers — Sp.Vg. Tübingen 6:1 (3:0).
zeigten ſich die Kickers dem wahrſcheinlichen Tabellendritten glatt
überlegen und ſiegten, ohne ſich ganz auszugeben, nach Gefallen.
Der Sieg ſtand bereits bei der Pauſe feſt. Die Kickers hatten
mehrfachen Erſatz eingeſtellt, der ſich ſehr gut bewährte. — Das
weiter angeſetzte Spiel Polizei Stuttgart — S.C. Stuttgart mußte
wieder abgeblaſen werden, weil die Poliziſten infolge erhöhter
Bereitſchaft nicht antreten konnten. — Auch das dritte Treffen:
Sp. 05 Reutlingen — F.V. Zuffenhauſen fiel einem merkwürdigen
Zufall zum Opfer: die Zuffenhauſener trafen zu ſpät auf dem
Spielplatz ein, ſo daß die Punkte mutmaßlich kampflos den
Reut=
lingern anheimfallen werden.
Tennis.
Heute Tiſchtennis=Turnier in Darmſtadt.
Die vier dem Deutſchen Tiſch=Tennis=Bund angehörenden
Darmſtädter Vereine (Darmſtädter Tiſch=Tennisklub,
Sportver=
ein 98, Turngemeinde 1846 und Tennis= und Eisklub) haben es
ſich zur Aufgabe gemacht, die Anhänger und Freunde des Tiſch=
Tennis in Darmſtadt durch ein Turnier zu erfreuen, an dem die
hervorragendſten Spieler der Welt teilnehmen werden. Vier
un=
gariſche Spieler allererſter Klaſſe werden heute abend 20
Uhr im großen Saal der Turnhalle am Woogsplatz ihr
überlegenes Können demonſtrieren. Man kann wohl ſagen, daß
es keine Mannſchaft mehr gibt, die den heute in Darmſtadt
wei=
lenden Gäſten aus Budapeſt gewachſen iſt. Zuerſt iſt Szabados
zu nennen, der den Weltmeiſtertitel für 1930 im Herrendoppel
ſo=
wie im gemiſchten Doppel beſitzt, ſich gleichzeitig, aber auch noch
Deutſcher und Ungariſcher Meiſter nennen kann. Szabados
ran=
giert in der Weltrangliſte an zweiter Stelle und vermochte ſeinen
Landsmann und Partner im Herrendoppel, den Weltmeiſter
Barna, kürzlich in Schweden zweimal zu ſchlagen; bei der
Meiſterſchaft von Budapeſt 1930 endete er mit ihm im toten
Rennen. — Die ebenfalls bei dem heutigen Werbeabend
mitſpie=
lenden Ungarn Kelen und David ſtellen das zweitſtärkſte Herren=
Doppel=Paar der Welt und ſicherten ſich letztes Jahr
nacheinan=
der bei der Weltmeiſterſchaft, der Deutſchen und Ungariſchen
Meiſterſchaft, jeweils den zweiten Platz. Kelen iſt Meiſter von
London, und mit Frl. Sipes Weltmeiſter im gemiſchten Doppel
für 1930. Alle drei Spieler gehören der Ungariſchen
National=
mannſchaft an, die gegen neun Nationen 1930 den Sieg in der
Weltmeiſterſchaft für Mannſchaften überlegen davontrug. Der
vierte der Ungarn iſt Nyitray, Ungarns ſtärkſter
Nachwuchs=
ſpieler, der die Vorgenannten in offenen Konkurrenzen auch ſchon
geſchlagen hat. — Die ungariſchen Weltmeiſter ſpielen
anſchlie=
ßend beim internationalen Tiſch=Tennis=Turnier in Frankfurt
am Main.
Das erſte Riviera=Tennisturnier beendet.
Eins der erſten Ereigniſſe an der Riviera, das
Weihnachts=
turnier in Juan=les=Pins, wurde jetzt abgeſchloſſen. Der
erfolg=
reichſte Spieler war der Schweizer Aeſchliman, der im
Her=
reneinzel den Dänen Worm 6:4, 6:2, 6:1 beſiegte. Im
Herren=
doppel ſchlug das ſchweizeriſch=däniſche Paar die Franzoſen
Re=
nault=Jourde 6:3, 6:0, und im Gemiſchten Doppel triumphierte
Aeſchliman mit Frl. Thomas als Partnerin über das
ſpielſtarke amerikaniſche Paar Miß Ryan=Hunter 6:0, 6:2. Auch
im Dameneinzel beſtätigte Frl. Thomas ihre gute Form durch
einen leichten Sieg über Elizabeth Ryan mit 6:2, 6:1.
Die indiſchen Hockey=Studenken geſchlagen.
Heidelberger H.C. — Varſity Aſiatics 8:2 (4:2).
Nach ihrem Siege am Dienstag gegen die Heidelberger
Uni=
verſität trug die indiſche Hockeymannſchaft der Varſity Aſiatics
am Neujahrstage ein weiteres Spiel in Heidelberg aus, und zwar
gegen den Heidelberger H.C.. Die Heidelberger befanden ſich in
einer ganz ausgezeichneten Verfaſſung und landeten einen 8:2=
Sieg. Doch kommt in dieſem hohen Ergebnis die Ueberlegenheit
der Einheimiſchen zu kraß zum Ausdruck. Denn beide
Mannſchaf=
ten lieferten ſich ein techniſch ebenbürtiges Spiel und zeigten
gleichmäßig eine rationelle Spielweiſe, nur war der Sieger beſſer
aufeinander eingeſpielt. Dazu kam ferner noch, daß ſich bei den
Indern auch die Strapazen der zahlreichen Spiele in den letzten
Tagen vor allem gegen Schluß ſehr ſtark bemerkbar machten. Bis
zur Pauſe hatten die Heidelberger ſchon einen Vorſprung von
4:2 Toren herausgearbeitet, den ſie nach dem Wechſel auf 8:2
er=
höhten.
L. T.C. Prag gewinnt den Spengler=Pokal.
Vor einer großen Zuſchauermenge fand am Silveſter auf der
Davoſer Eisbahn das Endſpiel um den Spenglerpokal ſtatt, für
das ſich aus den Gruppenſpielen die Eishockeymannſchaft des
Lawn=Tennis=Club Prag und des Eishockey=Clubs Davos
qua=
lifiziert hatten. Die Prager konnten die vor zwölf Monaten
ge=
wonnene Trophäe erwartungsgemäß mit Erfolg verteidigen, ſie
ſiegten mit 4:1 (3:0, 1:1, 0:0). Wie ſchon aus den
Teilergeb=
miſſen hervorgeht, war der Kampf, mit Ausnahme des erſten
Drittels, in dem ſich die Schweizer von den wild anſtürmenden
Pragern überraſchen ließen, ziemlich ausgeglichen. Für die
ſieg=
reichen Tſchechen ſkorten der Kanadier Watſon zweimal, Dr.
Pus=
bauer und Molecek je einmal: Davos kam durch Geromini zum
Ehrentreffer. Anſchließend trugen der Akademiſche Eishockey=
Club Zürich und eine kombinierte Münchener Mannſchaft ein
Freundſchaftsſpiel aus, das unentſchieden 1:1 (0:0, 1:1, 0:0)
endete.
Neuer deutſcher Eislauf=Rekord.
Auf dem Staffelſee bei Murnau wurde am Neujahrstage bei
denkbar ungünſtigſten Verhältniſſen die Eisſchnell=Lauf=
Meiſterſchaft von Bayern ausgetragen. Um ſo mehr iſt
die Leiſtung des Müncheners Sandtner zu bewerten, der alle
drei Titel über 500, 1500 und 5000 Meter an ſich brachte und trotz
heftigen Gegenwindes auf weichem Eiſe den deutſchen
Re=
kord über 1500 Meter um 0,4 Sekunden auf 2:39
verbeſ=
ſern konnte. Rekordhalter war bisher der Berliner Vollſtedt
mit 2:39,4. Ergebniſſe: 500 Meter: 1. Sandtner (Münchener
Eislauf=Verein) 51 Sek., 2. Richter (MEV.) 52,7, 3. Donaubauer
(MEV.); 1500 Meter: 1. Sandtner 2,39, neuer deutſcher
Re=
kord, 2. Donaubauer, 3. Höfner (MEV.). 5000 Meter:
Sandt=
ner 10:14, 2. Donaubauer 10:18, 3. Mayer.
Ski=Springen in Bad Flinsberg.
Unter ſtarker deutſch=böhmiſcher Beteiligung fand am
Neu=
jahrstag auf der „Graf Gotthardt=Schanze” in Bad Flinsberg
bei guten Schneeverhältniſſen ein Ski=Springen ſtatt, bei dem
be=
merkenswerte Leiſtungen gezeigt wurden. Der Held des Tages
war Franz Lauer (Pohlgun), der mit 46,5 Metern den
weiteſt=
geſtandenen Sprung zeigte und mit Note 119,138 überlegener
Sieger blieb. Großes Können bewieſen auch die in Berlin
ſtudie=
renden Norweger Asdrup und Mohwinkel. Asdrup ſprang 43, 47
und 46 Meter, ſtürzte jedoch in den beiden letzten Sprüngen. Der
erſtmalig von dem Warmbrunner P. Damcke gezeigte Ski=
Saltoglückte fehlerlos.
Ski=Springen in Partenkirchen.
Bei denkbar ſchlechten Schneeverhältniſſen tat der
Veranſtal=
ter, Shi=Club Partenkirchen, ſein Möglichſtes, um die Schanze
in einigermaßen guten Zuſtand zu bringen. Trotzdem erzielten
die 63 Springer vor etwa 1000 Zuſchauern ſehr gute Leiſtungen.
In der Hauptklaſſe ſiegte Lantſchner=Innsbruck mit Sprüngen
von 33,36 und 39 Meter (Note 325,1, beſte Note des Tages, mit
39 Meter weiteſt geſtandener Sprung).
Deutſchland und Couberkins Reformvorſchläge.
Baron Pierre de Coubertin, der Erneuerer der Olympiſchen
Spiele, hat vor einigen Wochen in der Aula der Genfer
Univerſi=
tät gelegentlich einer Verſammlung des Völkerbundsrates einen
Vortrag über eine Reform der organiſierten Leibesübungen
ge=
halten, der in der Weltöffentlichkeit vielfache Beachtung gefunden
hat. Coubertin ſieht die Urſachen für die mannigfachen Vorwürfe
gegen den Sport unſerer Zeit in folgendem: Erſtens der
körper=
lichen Ueberanſtrengung, die mit dem gegenwärtigen Betrieb der
Leibesübungen immer mehr und immer ſelbſtverſtändlicher
ver=
bunden wird; zweitens in der Nichtachtung des geiſtigen und
un=
ſtreitig ſeeliſchen Gehalts der Leibesübungen und endlich drittens
in dem Ueberhandnehmen von Geſchäftsgeiſt und Gewinnſucht in
gewiſſen Kreiſen der aktiv Leibesübungentreibenden und am
Sportbetrieb Beteiligten. Coubertin ſtellt feſt, daß ſich die
Tat=
ſache dieſer Mißſtände nicht wegleugnen läßt. Seiner Meinung nach
ſind jedoch hierfür weniger die aktiven Turner und Sportler, als
vielmehr die Eltern und die Lehrer, die Behörden und die
Ver=
bandsleitungen verantwortlich. Er ſchlägt folgende Reformen,
die zu einer Geſundung der internationalen Sportverhältniſſe
führen ſollen, vor: Schaffung einer Leiſtungsprüfung, wie wir ſie
in den Abzeichen des D.R.A. haben, möglichſte Einigung zwiſchen
Turn= und Sportvereinen, genaue Feſtlegung des Unterſchiedes
zwiſchen dem Lehrer der Leibesübungen und den Berufsſportlern,
Beſchränkung der Stadionbauten, ſtatt deſſen Förderung des
Spielplatzbaues, weiteſtgehende Entwicklung des Sportarztweſens,
möglichſte Förderung der Leibesübungen in der erwachſenen
Be=
völkerung und Hebung des Sportpreſſeweſens. Man kann mit
gewiſſer Genugtuung feſtſtellen, daß ein großer Teil
die=
ſer Vorſchläge in Deutſchland bereits
durchge=
führt iſt. Coubertin verlangt außerdem ein ſehr weitgehendes
Wettkampfverbot, für die Frau bei Veranſtaltungen, an denen
auch Männer teilnehmen. Bei den Deutſchen Kampfſpielen haben
ſich aus der Gleichzeitigkeit der Wettkämpfe von Frauen und
Män=
nern keine Uebelſtände ergeben. Dasſelbe gilt aber auch in vollem
Umfange nach den Erfahrungen in Amſterdam für die
Olym=
piſchen Spiele. Doch gehen auch in Deutſchland gewiſſe
Beſtrebun=
gen dahin, eine Trennung der Frauenkämpfe von den
Männer=
ſpielen herbeizuführen. Wenn Coubertin öffentliche Wettbewerbe
für Jugendliche unter 16 Jahren verboten ſehen möchte, ſo dürfte
dies jedenfalls nicht auf die alljährlich mit großem Erfolg
durch=
geführten Reichsjugendwettkämpfe Anwendung finden, ſondern
nur auf Veranſtaltungen, an denen auch Erwachſene teilnehmen.
Bei den Olympiſchen Spielen iſt bekanntlich eine Altersgrenze
nicht vorgeſehen. Es haben denn auch ſchon Jugendliche unter 16
Jahren Olympiſche Ehren errungen.
Böcher bleibt in China.
Der bekannte deutſche Leichtathlet Herbert Böcher, der im
Oktober 1929 auf die Dauer von zwei Jahren als Trainer von
der Univerſität Mulden verpflichtet worden iſt, hat mit ſeiner
Lehrtätigkeit ſo ſtarken Erfolg gehabt, daß ihn die Chineſen
vor=
läufig noch bei ſich behalten wollen. Böchers Vertrag wurde noch
bis zum Sommer 1932 verlängert, da der Deutſche auch noch das
abſchließende Training für Los Angeles leiten ſoll.
Frl. Godard ſchwimmt neue Nekorde.
Frankreichs Rekordſchwimmerin Yvonne Godard unternahm
am Silveſterabend im Pariſer Bahnhofsbad einen erfolgreichen
Angriff auf die Landesrekorde über 800 und 1000 Meter. Frl.
Godard legte die 800 Meter in 12:43,6 und die 1000 Meter in
15:57,6 zurück und verbeſſerte damit die bisherigen Beſtzeiten von
Frl. Salgado zum Teil erheblich.
Das Entſcheidungsſpiel um die Meiſterſchaft der Gruppe
Rhein wird am kommenden Sonntag im Mannheimer Stadion
zwiſchen SV. Waldhof und Phöwix Ludwigshafen ausgetragen.
Zwiſchen Dresden und Berlin wurde ein Fußball=
Städte=
ſpiel vereinbart, das zunächſt in Berlin ausgetragen werden ſoll.
Johannes Kirmſe, ein Mitbegründer des Deutſchen Fußball=
Bundes, iſt in Leipzig im Alter von 54 Jahren geſtorben.
9
O
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Ausrüstung und Bekleidung
39
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von Franz Lehär. — Regie: Max Reichmann.
Tausende Aufführungen hat diese Operette
er-
lebt. — Hunderttausende haben sie gehöft. —
Millionen klingen die süßen Weisen immer
wieder im Uhr.
„Dein ist mein ganzes Herz‟
„Niemand liebt Dich so wie ich‟”
Im tönenden Beiprogramm:
FIock auf hoher See
Anfangszeiten: 3 30. 5.45 8.10 Uhr
DER KARTTAN
DER GARDE
(Das Lied der Freiheit)
Regie: John S. Robertson
Ein tönender Film, mit Gesang, voll unerhörter
Spannungsmomente und grandiosen
Massenszenen.
Im Beiprogramm:
Oswald als Stierkämpfer
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Das Schulgeld für den Monat Dez.
1930 für die hieſigen höheren Schulen
ſowie für die ſtädt. Maſchinenbau=,
Ge=
werbe=, Handels= und
Haushaltungs=
ſchulen iſt bei Meidung der Beitreibung
und Koſtenberechnung bis zum 10. Jan 1931
an die unterzeichnete Kaſſe zu zahlen.
Darmſtadt, den 2. Jan. 1931.
Stadtkaſſe.
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Dippehas mit Klösen
441) Samstag und Sonntag
KONZERT
ausgeführt vom Stadtorchester.
Samstag, den 3. Januar 1931, von
vormittags 10 Uhr ab, durchgehend,
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Im Namen der tranernden Hinterbliebenen:
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Darmſiadt, Nied.=Ramſtädterſtr. 36, I., den 1. Januar 1931.
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Das feierliche Requiem iſt am Mittwoch, 14. Jan., 7/.9 Uhr vorm.
Von Beileidsbeſuchen bitten wir abſehen zu wollen.
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Sie behalten Ihre gewohnten Mahlzeiten bei,
trinken aber dazu eine Flaſche „Köſtritzer
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bier”. Sie werden ſehen, wie Ihnen das
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