Darmstädter Tagblatt 1929


08. Oktober 1929

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Narn 7Ige

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Wöchentliche iAuffrierte Beilage: Die Gegenwart, Tagesſpiegel in Bild und Wort
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Nummer 279
Dienstag, den 8. Oktober 1929.
192. Jahrgang

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und Nationalbank.

Die Einladungen zur Fünfmächtekonferenz.

Macdonalds Amerikafahrk.
Beſprechungen mit Hoover. Macdonald und Hoover
befchließen, die Einladungen zur Seegbrüſtungs=
konferenz
ergehen zu laſſen.
EP. Waſhington, 7. Oktober.
Ueber die Beſprechungen zwiſchen Präſident Hoover und
dem engliſchen Premierminiſter Maedonald in Rapidan wird be=
richtet
, daß die beiden Staatsmänner zunächſt im Verlaufe eines
Spaziergänges eine dreiſtündige Ausſprache unter
ſich hatten. Erſt dann zogen ſie den Staatsſekretär Stimſon,
den Unterſtaatsſekretär Cotton, den Privatſekretär Macdonalds,
Vanſittart, und den Chef der amerikaniſchen Abteilung im
Foreign Office, Craigie hinzu. Aus der Tatſoche, daß bereits
in der erſten Unterredung beſchloſſen wurde, heute vormittag die
Einladuugen zu der Fünfmächtekonferenz hin=
ausgehen
zu laſſen, glaubt man in politiſchen Kreiſen ſchließen
zu dürfen, daß Hoover und Macdonald bemüht ſind, den Ein=
druck
zu vermeiden, als ob ſie die übrigen drei Mächte vor ein
bereits von ihnen abgeſchloſſenes Abkommen ſtellen möchten.
Wahrſcheinlich wird die Fünfmächtekonferenz am
3. Montag im Januar im Foreign Office zu=
ſammentreten
. Präſident Hoover und Premierminiſter
Macdonald ſind heute vormittag wieder nach Waſhington zu=
rückgelehrt
, wo zu Ehren Macdonalds heute abend ein großes
Bankett, das erſte Staatsbankett Hoovers im Weißen Hauſe, ge=
geben
wird. Ueber die bisherigen Beſprechungen zwiſchen
Hoover und Macdonald iſt heute vom Weißen Hauſe eine offi=
zielle
Erklärung ausgegeben worden, in der es heißt, daß die
beiden Staatsmänner in ihren Unterredungen alle Fragen durch=
geſprochen
haben, die zu einer Reibung zwiſchen den beiden Völ=
kern
Anlaß geben könnten. Der Fortſchritt, der in den Verhand=
lungen
gemacht wurde, iſt außerordentlich befriedigend. Die Auts=
ſprache
zwiſchen Hoover und Macdonald ſoll fortgeſetzt werden.
Für die nächſten drei Tage werden Macdonald und ſeine
Tochter als Gäſte des Präſidenten Hoover im Weißen Hauſe
wohnen, wo für ſie die Räume Abraham Lincolns hergerichtet
worden ſind.
Aeberreichung der Einladungen zur Fünfmächke=
Konferenz.
EP. London, 7. Oktober.
Die Einladungen der engliſchen Regierung an die drei
großen Seemächte Frankreich, Fapan und Italien,
womit die Regierungen der betreffenden Länder zur Teilnahme
an einer Fünfmächte=Seeabrüſtungs=Konferenz aufgefordert wer=
den
ſind nach einer offiziellen Ankündigung heute vom Foreign
Office den Botſchaftern der genannten Länder
in London zugeſtellt worden. General Dawes, der ame=
rikaniſche
Botſchafter in London, hat in einem beſonderen
Schreiben des Auswärtigen Amtes gleichfalls eine formelle Ein=
ladung
erhalten. Die Einladungen, deren Text ſehr ausführlich
ſein ſoll, tragen die Unterſchrift des engliſchen Außenminiſters
Henderſon. Der Text der offiziellen Einladung wird, wie be=
reits
mitgeteilt, am Mittwoch zur Veröffentlichung freigegeben
werden.
Heute fand in Downing Street eine Miniſterzuſammenkunft
ſtatt, bei der Schatzkanzler Snowden in Abweſenheit des eng=
liſchen
Miniſterpräſidenten Macdonald den Vorſitz führte Ueber
den Verlauf oder das Ergebnis des Miniſterrats wurde keine
amtliche Mitteilung ausgegeben.
Franzöſiſch=ikalieniſches Mißkrauen gegenüber
Macdonalds Waſhingkoner Beſpreczungen.
Die ſtarke Genugtuung über den Verlauf der Verhandlun=
gen
zwiſchen Hoover und Macdonald, die auf engliſcher Seite
empfunden wird, erfährt eine allgemeine Dämpfung durch die
kühle und teilweiſe faſt mißtrauiſche Beobachtung der Vorgänge
ſeitens Paris und namentlich Roms. Die immer wiederholte
Verſicherung, daß den beiden Staatsmännern jeder Gedanke
eines engliſche=amerikaniſchen Bündniſſes fernliege, iſt allerdings
weſentlich an die japaniſche Adreſſe gerichtet, ſucht aber auch in
Italien und Frankreich bewußt eine Nebenwirkung.
Die franzöſiſche Preſſe verfolgt die Beſprechungen mit ziem=
lich
ſkeptiſchen und mitunter ſarkaſtiſchen Bemerkungen. Die
Blätter unterſtreichen erneut den bekannten franzöſiſchen Stand=
punkt
, daß die Flottenabrüſtung von der Geſamtabrüſtung nicht
zu trennen ſei. Man müſſe, ſo ſchreibt der Quotidien voll=
ſtändig
und jeden Staat abrüſten. Keine halben Maßnahmen!
Keine Verminderung oder Beſchränkung, beſonders, wenn dieſe
in Wirklichkeit nur zur Vergrößerung der Streitkräfte führen!
Solange es noch nationale Flotten und nationale Heere gibt,
wird der Frieden bedroht ſein. Das Oeuvre fordert gleich=
falls
die Geſamtabrüſtung aller Nationen und meint, Frankreich
habe bei der bevorſtehenden Flottenabrüſtungskonferenz nicht
die Tonnageziffer, die nach den bisher vorliegenden Nachrichten
der franzöſiſchen Flotte einen genügenden Spielraum für Neu=
bauten
laſſe, zu bekämpfen, ſondern die italieniſche Forderung
nach der Flottenparität mit Frankreich und die angelſächſiſche
Offenſibe gegen die Unterſeeboote. Ein Verzicht auf die U=Boote
bedeute endgültig, die angelſächſiſche Hegemonie auf den Meeren
gutzuheißen. Das Echo de Paris erklärt, die angebliche Flotten=
abrüſtung
ſtelle keineswegs ein Opfer der Vereinigten Staaten
und Englands für die Sache des Friedens dar; vielmehr diene
ſie den finanziellen Intereſſen beider Länder, indem ſie mit den
geringſten Koſten die bereits beſtehende Flottenhegemonie ſank=
kioniere
. Sie ſei eher ein gutes Geſchäft als eine gute Tat.

In Italien werden die Abmachungen Macdonalds und Hoo=
vers
mit lebhafter Spannung erwartet, wenn auch die fasci=
ſtiſche
Preſſe ſich krampfhaft bemüht, die Einzelheiten des Ame=
rika
=Beſuches des engliſchen Premierminiſters zu ironiſieren.
Die Stampa ſchreibt, nach der von göttlichen Anrufungen trie=
fenden
erſten Rede Macdonalds in New York ſei es klar, daß
die Fahnen Onkel Sams und John Bulls in Zukunft jedes
Mal nebeneinander wehen werden, wenn ein dritter als Ein=
dringling
es wage, die Stimme ein wenig gegen die gegenwärtig
mächtigſten und reichſten Staaten der Welt zu erheben
* Franzöſiſche Probleme.
Düſtere Prophezeiungen für die Regierung
Macdonald.
Von unſerem A=Korreſpondenten.
Paris, 7. Oktober.
Der Tod Streſemanns und ſeine Folgen ſtehen nach
wie vor im Vordergrund des politiſchen Intereſſes. Man ſetzt
ſich mit der Konzeption Streſemanns immer wieder auseinander
und ergeht ſich in Rätſelraten über die Ereigniſſe, welche in der
deutſchen Innen= und Außenpolitik zu erwarten ſind. Die poli=
tiſchen
Kreiſe verbergen in dieſer Beziehung nicht ihre Unruhe
und Nervoſität, wenn auch die ſchnelle Ernennung Curtius' zum
ſtellvertretenden Außenminiſter allerdings eine gewiſſe Entſpan=
nung
gebracht hat."
Die Brightoner Konferenz der engliſchen Arbeiter=
partei
gibt der franzöſiſchen Preſſe wieder Anlaß, ihre ſkeptiſchen
Prophezeiungen für die Regierung Macdonald zu verkünden.
Ueber die Reiſe Maedonalds gehen die Meinungen
auseinander. Teils will man darin, wie auch in der ganzen Sce=
gbrüſtungskampagne
, nur einen Vorwand für eine engliſch=
amerikaniſche
Allianz ſehen, teils und das iſt die Auffaſſung
der Mehrheit behauptet man, daß die ganze Reiſe einen ebenſo
verzweifelten wie erfolgloſen Verſuch darſtellt, einen außenpoliti=
ſchen
Erfolg zu erhaſchen. Vielleicht tragen zu dieſer Beurtei=
lung
, auch manche eigene Mißerfolge bei Miniſterreiſen bei ..
Die engliſch=ruſſiſche Verſöhnung war jeden=
falls
kein Erfolg für Henderſon. Sie hat das Anſehen der Sow=
jetdiplomatie
befeſtigt; eine Feſtſtellung, die für das franzöſiſche
Kinoabenteuer des Pariſer ruſſiſchen Botſchafterrates, Beſſe=
dowſki
, nicht gilt
Die engliſche Politik im Nahen Oſten konſterniert
nach wie vor die zuſtändigen Kreiſe in Paris. Man hält hier die
Errichtung eines ſouveränen Staates im Irak für abſurd und
die Verſöhnungpolitik mit Aegypten für verfehlt. Nach der
franzöſiſchen Auffaſſung iſt jede andere Staatsform im Nahen
Oſten als die eines mehr oder minder aufgeklärten und gemäßig=
ten
Abſolutismus unmöglich. Die Ueberzeugung iſt allgemein,
daß die von der Labour=Party betriebene Verſöhnung mit dem
Orient ſich früher oder ſpäter bitter rächen wird.
Die Lage der Regierung Macdonald wird, hier
für prekär gehalten. Man hält es für ausgeſchloſſen, daß ſie
der wirtſchaftlichen Kriſe und der wachſenden Arbeitsloſigkeit
Herr werden kann. Man beſpricht auch viel die Möglichkeit neuer
Goldabgaben der Bank von England und einer neuen Diskont=
erhöhung
in London. Es iſt ſonderbar, wie viele Leute in Paris
den Sturz der engliſchen, und wie viele Leute in London den
Sturz der franzöſiſchen Regierung wünſchen ..
Auflöſung der franzöſiſchen Bheinſchiffahrkskonkrolle.
* Mainz, 7. Oktober. (Priv.=Tel.)
Am 30. Juni nächſten Jahres werden ſich mit der Räumung
auch die Büros der franzöſiſchen Rheinſchiffahrtskontrolle ſchlie=
ßen
. Dieſe Kontrolle wurde nach dem Einmarſch der Alliierten
eingerichtet. Damals fanden ſie eine aus den Zeiten der Kriegs=
wirtſchaft
her ſtammende deutſche Zentralſtelle vor, die den Ver=
kehr
auf dem Rhein und ſeinen Nebenflüſſen in den Dienſt der
Landesverteidigung geſtellt hatte, um einen Teil der Transporte
von der Bahn auf den Waſſerweg abzuzweigen. Namentlich die
Franzofen glaubten die Schiffahrt des Rheines mit Beſchlag be=
legen
zu müſſen. Anfänglich konnten ſie hierfür auch einige
Gründe vorbringen, weil dauernd Truppenverſchiebungen im be=
letzten
Gebi=t erfolgten. Sie richteten alſo am Sitze der deutſchen
Zentralſtelle in Köln ein Konrollbüro ein, dem zahlreiche Unter=
ſtellen
angegliedert wurden. Nach der Räumung der erſten Zone
wurde dieſes Kontrollbüro nach Mainz verlegt. Heute baut man
auch in Mainz bereits allmählich ab und löſt die Unterſtellen auf.
Praktiſch betätigt hat ſich dieſe Kontrolle der deutſchen Schiffahrt
in letzter Zeit nicht mehr, mindeſtens war das Ausmaß ihrer Be=
tätigung
ganz erheblich zurückgegangen. Nach der Ablieferung des
Kahnraumes und der deutſchen Schleppdampfer an Frankreich
übernahmen die franzöſiſchen Schiffahrtsgeſellſchaften die Trans=
porte
für die Beſatzungsarmee. Dennoch unterhielten die Fran=
zoſen
eine ganze Ueberwachungsflottille für den Rhein, die ſie
aus beſchlagnahmten deutſchen Motorbooten zuſammenſetzte, und
eigene Anlegeſtellen. Natürlich hat ſich dieſe Ueberwachung der
deutſchen Rheinſchiffahrt ſehr hindernd und läſtig ausgewirkt,
weil man namentlich in den erſten Jahren in völliger Unkenntnis
der Verkehrsbedürfniſſe ſogar die Schiffahrt mit Holland zu
unterbinden ſuchte und darüber hinaus von jedem Schiffer fort=
laufend
alle möglichen Auskünfte verlangte, ſo daß man gewiß
von einer organiſierten Handelsſpionage ſprechen kann. Die
Ueberwachung verſchwindet nunmehr, die beſchlagnahmten An=
legeſtellen
, Gebäude und Schiffe werden zurückgegeben. Die
franzöſiſche bewaffnete Ueberwachungsflottille kehrt nach Straß=
burg
zurück. Gegenwärtig iſt die deutſche Rheinſchiffahrt auf Er=
ſuchen
der Ueberwachungsſtelle damit beſchäftigt, Geſchütze und
Munition der Engländer nach Rotterdam zu bringen. Das
dürfte wohl die letzte Arbeit der Rheinſchiffahrt zugunſten der

Beſatzungsmächte ſein.

* Ikalien und Skreſemann.
Von unſerem +=Korreſpondenten.
Nom, 5. Oktober.
Die Nachrufe der italieniſchen Preſſe zum Tode Streſemanns
zeigen ein doppeltes Bild. Sie werden auf der einen Seite faſt
durchweg der Bedeutung und dem Wirken des deutſchen Staats=
mannes
und Politikers gerecht und deuten auf der anderen
Seite auf die Haltung Streſemanns gegenüber Italien und dem
Fascismus in einer Weiſe hin, die recht einſeitig nur der Geiſtes=
richtung
Muſſolinis entſpricht. Man darf wohl annehmen, daß
unmittelbar nach dem Eintreffen der Todesnachricht aus Muſſo=
linis
Preſſequartier das notwendige inſpirierende Wort an die
Zeitungen ergangen iſt. Deshalb findet man auch ſchon einen
Hinweis auf Hoffnungen, die offenbar in der Umgebung des
Duce für eine gewiſſe Umformung der deutſchen Stellung in
ſeiner Politik mit Italien gehegt werden. Deutſchland, das
Streſemann von ſo vielen dringenden und drückenden Problemen
befreit habe, ſo ſchreibt das römiſche Giornale d’Italia, könne
nun andere Wege wählen und werde ſicher eine immer größere
Aktionsfreiheit in Europa haben.
In einwandfreier Weiſe ſchildern zunächſt die Blätter die
Bedeutung Streſemanns für die Wiedererſtarkung und Welt=
geltung
Deutſchlands. Sie betonen Streſemanns Führereigen=
ſchaften
und ſeine durch Wiſſen unterſtrichene Geſchicklichkeit in
der Behandlung der Menſchen. Beſonders feſſelnd ſind die Aus=
führungen
des Corriere della Sera, die er von ſeinem römiſchen
Vertreter erhält. Hier dürften Anſchauungen ausgeſprochen
ſein, die eine volle Billigung der römiſchen Zentrale beſitzen.
Der Corriere ſchreibt unter anderem: Streſemann ſtrebte
nach der Beruhigung der Gemüter, beſonders gegenüber Frank=
reich
, um dann zu intimen Abkommen zu gelangen, die eine voll=
ſtändige
Ausnutzung, und zwar eine bequeme und vor allem
friedliche, der rieſigen geldlichen, mineraliſchen und induſtriellen
Reſerven beider Länder ermöglichen ſollten, die ſie in verſchie=
denem
Ausmaße, aber vorwiegend ergänzend beſitzen. Man
kann anſtändiger Weiſe nicht in Zweifel ziehen, daß dieſe ver=
ſöhnliche
Haltung Streſemanns Deutſchland eine gewiſſe Zahl
von Erfolgen eintrug. Sie waren ſicher nicht entſcheidend, aber
nicht unbedeutend für ein Land, das aus einer ſchweren Nieder=
lage
ohne Freunde, ohne eine feſte innere Regierung mit zer=
ſtörten
Finanzen und zerriſſen von Parteikämpfen hervorgegan=
gen
war.
Dieſen Ausführungen folgt dann ein Abſatz, aus dem man
direkt die Stimme Muſſolinis, zu hören glaubt. Er muß in
Deutſchland beachtet werden, weil man die Geiſtesrichtung des
Duces und ſeine doch von der Wirklichkeit nicht unweſentlich
abweichende Auffaſſung der wahren Entwicklung der Ereigniſſe
in den letzten Jahren erſieht. Für uns Italiener, heißt es in
dem angeführten Artikel weiter, hatte dieſe Politik vor allem
einen Fehler: nämlich den, daß ſie eine latente Feindſeligkeit
gegen unſer Land vorausſetzte, das man nicht nur oſtentativ von
den möglichen Abkommen ausſchloß, ſondern auch von der erſten
Aufnahme der Annäherung zwiſchen Frankreich und Deutſchland.
Darin lag ein Fehler, und man darf ohne Kühnheit hinzufügen,
daß der geringe Nutzen der deutſch=franzöſiſchen Annäherung teil=
weiſe
durch die Tatſache bedingt war, daß die Annäherung, wenn
nicht gegen Italien, ſo doch ohne es erfolgte. (Das Giornale
d’Italia aber entgleiſt: Um mit Frankreich zum Einverſtändnis zu
gelangen, durfte man der franzöſiſchen Politik keinen Alarm
ſchaffen.) Nicht daß Streſemann die Bedeutung Italiens im
Spiel der erneuten Beziehungen zwiſchen Beſiegtem und Sieger
von geſtern nicht erkannt hätte, aber ſein Temperament, ſeine
politiſchen Anſichten, ſeine perſönlichen Freundſchaften und ſeine
Beziehungen zur Freimaurerloge (er war notoriſch einer der
größten freimaureriſchen Exponenten und Inſtrumente) entfern=
ten
ihn von uns und ließen ihn einen anderen Weg zur Löſung
ſeines Problems vorziehen, der nicht die Straße nach Rom war.
Hier äußert ſich der ganze Schmerz Muſſolinis, daß er in
Berlin kein Echo fand, als er dort Annäherung zu einem Kampf
gegen die franzöſiſche Hegemonie ſuchte. Dabei war es ihm
aber ganz klar, daß eine intime Freundſchaft mit Italien, die
einen antifranzöſiſchen Anſtrich unweigerlich bekommen hätte,
jedes Verſöhnungswerk mit Paris hätte hintertreiben müſſen.
Nur wenn Italien etwas wirklich Wertvolles hätte bieten kön=
nen
, hätten Muſſolinis Beſtrebungen auf fruchtbaren Boden
fallen können. Die Rheinlande aber waren von Frankreich und
nicht von Italien beſetzt, und die Hegemonie über Oſteuropa, die
Herrſchaft über die Deutſchland einkreiſenden Staaten lag in
Paris, nicht in Rom. Selbſt wenn Streſemann gewollt hätte,
der Verſtand hätte ihn hindern müſſen. Aber Muſſolini grollt.
Die an obige Ausführungen unmittelbar anſchließenden Sätze
aus Rom zeigen dies deutlich.
Streſemann ſtand, ſo heißt es weiter, der heftigen anti=
italieniſchen
Kampagne in der deutſchen Preſſe aller Parteien
nicht fern, eine Kampagne, die er aus innerpolitiſchen Gründen
duldete. (NB. Man darf dabei nicht vergeſſen, daß beſonders im
Anfang von Muſſolinis Regierung italieniſches Geld nach
Deutſchland hinüber floß.) In der Südtiroler Frage konzedierte
Streſemann gewiſſen Strömungen der öffentlichen Meinung
ſeines Landes mehr, als ihm bei einer gerechten Abſchätzung der
Tatſachen und bei ſeinem ſtarken Realismus hätte ratſam ſchei=
nen
dürfen. Das wachſende Ueberhandnehmen der Beſchimpfun=
gen
und Verleumdungen wurde dann klipp und klar durch die
energiſtbe Rede des italieniſchen Regierungschefs im Senat am
10. Februar 1926 abgeſchnitten. (NB. 1!)
So ſpiegelt ſich der Sinn der Ereigniſſe in Rom ab. Man
weiß, daß dieſe Vorgänge doch etwas anders ausſahen, als ſie
ſich im Gedächtnis des italieniſchen Wortführers ausmalen.
Grade weil man in Deutſchland gute Beziehungen zu Italien
unterhalten will, geht man oft mit blutendem Herzen über
die Nöte der Deutſchen in Südtirol hinweg, während eine voll=
kommen
freie Nation mit der Fauſt auf den Tiſch ſchlagen würde.
Oder ſind die neuen Schikanen, denen die Südtiroler durch das
Verbot der Zweiſprachigkeit unterworfen werden, eine Förderung
für einen nähere Anſchluß an das Land Muſſolinis?
Ver die Arbeit der deutſchen Diplomatie in Rom kennt,
weiß, wieviel Geduld und Klugheit verwandt wurde, um die

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Seite 2

Dienstag, den T. Oktober 1929

Nummer 279

Reibungen durch die Südtiroler Frage auf ein erträgliches Maß
zurückzuführen. Er weiß auch, wie es ausſchließlich dem wohl=
tätigen
Einfluß des Botſchafters von Neurath zu danken iſt, daß
das ſchwere Mißtrauen, von dem Muſſolini Streſemann gegen=
über
beherrſcht wurde, nicht zu böſen Zwiſchenfällen geführt hat.
Muſſolini hatte eine unüberwindliche Abneigung gegen den deut=
ſchen
Außenminiſter. Er mag mit ſeinem Inſtinkt für Wirkung
gefühlt haben, daß Streſemann ein Kulturmenſch war, ein
Mann, der von Goethe und Kant erfüllt, den Menſchen nicht als
Inſtrument für ſeine Macht, nicht als Objekt der Politik erfaßte,
ſondern dem der Menſch als Teil ſeiner Nation und Heimat als
das höchſte Gut erſchien, dem der Frieden und damit ſein Daſein
geſichert, nicht durch Krieg und Opfer gefährdet werden durfte.
Muſſolini aber liegt in den Feſſeln ſeines Ruhmes und der Idee
ſei ies Fascismus. Dort wahrhaſtes Menſchentum, hier die
Partei. Der Stolz des Mannes, der auf ſeine autokratiſche Weiſe
die Menſchen beglücken will, ſtößt ſich an der offenkundigen An=
erkennung
der weiten Welt für den freiheitlichen Zeitgenoſſen
Streſemann. Muſſolini, zweifellos begabt, klug, enthuſiaſtiſch,
auch er ein Meiſter des Wortes wie der Deutſche, hat den Staat
über alles geſetzt und verneint ihm zum Nutzen die Freiheit.
Im Grunde ſeiner Seele kann aber der alte Anarchiſt in ſeinem
Drange nach Unabhängigkeit das Gefühl nicht loswerden, daß
letzten Endes Glück für die Menſchen nur in der Freiheit zu
liegen ſcheint. Aus dieſem Zwieſpalt der Seele heraus beneidet
er den Mann, der, beſcheidener in ſeiner Art, aber kulturell tiefer
veranlagt und geiſtig höher gebildet, im Kampf um die Freiheit
eine Weltgeltung erfuhr, die nicht durch Gewalt und Aufmachung,
ſondern nur durch den Willen zum Guten und zum Frieden in
den Jahren des gleichzeitigen Aufſchwungs bedingt war.
Streſemann war, ſo ſchreibt die römiſche Tribuna, ein Kon=
ſtrukteur
, der es vorzog, langſam zu realiſieren, aber eben zu
verwirklichen. In dieſer Politik war er wunderbar durch In=
tuition
und Geſchicklichkeit im Manövrieren.

Englands Verehrang
für Dr. Skreſemgun und ſein Werk.
Von unſeram (O=Horreſpondenten.
London, 6. Oktober.
Die ſpontane und warme Art, mit der ganz England bei der
ſchmerzvollen Kunde vom Tode Dr. Guſtav Streſemanns ihm
und dem neuen Deutſchland menſchlichſtes und aufrichtig empfun=
denes
Mitgefühl entgegenbrachte, hat deutlich gezeigt, daß Dr.
Streſemann in England nicht nur verehrt und bewundert wurde,
ſondern mehr, daß er von der großen Mehrzahl des engliſchen
Volkes geliebt worden iſt. Man verſtand ihn, ſeine Politik, ſeine
ganze Art vielleicht in keinem anderen nichtdeutſchen Lande der
Welt beſſer, als gerade in England. Dr. Streſemann beſaß in
hohem Maße all jene Eigenſchaften, die vom Engländer am
Manne und beſonders am Staatsmanne ſo geſchätzt werden: ein
hochgradig=entwickeltes Maßgefühl, unerſchütterliche Selbſtbeherr=
ſchung
, geduldige Beharrlichkeit im Verfolgen ſeiner Ziele, aus=
geſprochenen
commonsense und nicht zuletzt einen echt
engliſchen Sinn für Humor.
All die engliſchen Leitartikler, die ihm, ſeinem noblen Cha=
rakter
und ſeinem Lebenswerk jetzt ſo volles und uneingeſchränk=
tes
Lob ſpenden, tun dieſes meiſtens auf Grund wirklich guter
Kenntnis des Mannes ſelbſt, und ihr freundſchaftliches Urteil
dürfte daher für Deutſchland um ſo mehr von Wert ſein. Die
anonymen Leitartikler der Times, des Daily Telegraph des
Evening Standard uſw. (hinter denen ſich angeſehene engliſche
Publiziſten, wie Poljakoff, Prof. Gerothwohl, Bruce Lockhart
und andere Prominente verbergen) ſind in den letzten Jahren
alle mehrmals in Deutſchland geweſen, ſie haben, das neue
Deutſchland aus eigenem Augenſchein kennen gelernt, ſie hatten
vielfach Gelegenheit, Dr. Streſemann bei ſeinem ſtaatsmänniſchen
Wirken zu beobachten, und das Urteil all dieſer Leute iſt heute
nur eines: Die Wiedergeburt zur Großmacht verdankt Deutſch=
land
Dr. Streſemann und keinem anderen Staatsmanne ſonſt.
Er war Deutſchlands größter und vielleicht einziger wirklicher
Staatsmann. Für uns Engländer waren daher in all dieſen
Jahren Namen wie Deutſchland und Streſemann im Grunde ein
und derſelbe Begriff ..."
Ueberall in der engliſchen Preſſe wird nun täglich auf Ein=
zelheiten
aus dem Leben Streſemanns und auf Züge ſeines
Weſens hingewieſen, von denen manche ſelbſt für den Deutſchen
von Intereſſe ſein dürften. So gibt beiſpielsweiſe ein Londoner
Blatt jetzt erneut eine Beſchreibung von Dr. Streſemanns Pariſer
Beſuch im Auguſt 1928, vom enthuſiaſtiſchen Empfang, der ihm
9. Heicsſcharmafteoche WHannsder.
Nachdem mehrere Jahre hindurch die Reichsſchulmuſikwochen
die im weſentlichen von dem Zentralamt für Erziehung und
Unterricht in Berlin veranſtaltet werden, außerhalb Preußens
ſtattfanden, nämlich in Darmſtadt, Dresden und München, wo
ſelbſtverſtändlich die Intereſſen dieſer Länder den Verhandlungen
einen weſentlichen Unterton ergaben, kehrte in dieſem Jahre der
Kongreß, nach Preußen zurück und hatte ſich Hannover als
Tagungsſtadt erwählt, die für derartige Veranſtaltungen beſon=
ders
geeignet iſt. Eine beſondere Note erhielt die vom 31. 9.
bis 5. 10. tagende Schulmuſikwoche dadurch, daß Mitveranſtalter
auch die Intereſſengemeinſchaft für das deutſche Chorgeſangweſen
war, wodurch ſowohl die Themen der Referate, als auch vor
allem die Feſtkonzerte weſentlich beeinflußt wurden. Was die
Schule betrifft, ſo rückte in dieſem Jahr der Muſikunterricht an
der Volksſchule in den Mittelpunkt der Verhandlungen und in
engem Zuſammenhang damit die muſikaliſche Vorbildung ihrer
Lehrer, die in Preußen an Hochſchulen eigener Art, den ſogenann=
ten
Pädagogiſchen Akademien herangebildet werden.
Seit einigen Jahren wurde nun der Muſikunterricht an den
preußiſchen Volksſchulen in neue Bahnen gelenkt durch die
Herausgabe von Richtlinien, die ihm neue, erweiterte Ziele ſtecken,
dabei aber in der methodiſchen Anlage des Unterrichts und in
den Einzelheiten der Zielſetzung der Perſönlichkeit des Lehrers
und der Verwertung ſeiner muſikaliſchen Veranlagung weitere
Freiheit laſſen, als dies ein feſt umriſſener Lehrplan vermag.
Daher intereſſiert es ſtark, zu hören, welche Erfahrungen bisher
an Stellen gemacht wurden, die ſich die Erprobung der Richt=
linien
ſchon raſch zur Aufgabe gemacht hatten, während ja im
ganzen die Umſtellung der ſchon im Amt befindlichen Lehrer auf
die neuen Ziele nicht leicht iſt und erſt allmählich von nachhal=
tigem
Erfolg begleitet werden kann. Darum nahm man die
Ausführungen von Schulrat Behrens=Celle über den Muſik=
unterricht
in ſeinem ländlichen Amtsbezirk und die von Magi=
ſtratsſchulrat
A. Könecke über die Erfahrungen in Hannover mit
beſonderem Intereſſe entgegen. Einen Höhepunkt bildete ferner
das Referat von Prof. F. Jöde=Berlin, der den Muſikbetrieb der
einzelnen Schulgattungen untereinander verglich und eine Ein=
heit
zwiſchen Muſik und Geſamtunterricht nur in der Grundſchule
fand. Prof. L. Heß und Dr. Guttmann ſprachen über Stimm=
bildung
und Entwicklung der Stimme des Schulkindes, dann
gingen Vorträge von Miniſterialrat Dr. Margarete Heinemann
und Dr. Scherwatzky zur Stellung der Muſik in den höheren
Schulen über, wobei beſonders die Mädchenſchulen und die Be=

Vom Tage.
Das Befinden des volksparteilichen Abgeordne=
ten
Dr. Scholz iſt einer ärztlichen Verlautbarung zufolge zu=
friedenſtellend
.
Die Sicherheitswache des belgiſchen Oberkom=
miſſars
in Koblenz iſt nach Aachen gebracht worden, von
wo aus die endgültige Rähmung der belgiſchen Zone durchgeführt wer=
den
wird. Die belgiſche Zone ſoll bis 1. Dezember ge=
räumt
werden.
Der Prozeß gegen die 20 Perſonen, denen die
Zwiſchenfälle gelegentlich der polniſchen Theaterauf=
führung
in Oppeln zur Laſt gelegt werden, hat in dem
Schwurgerichtsſaal des Landgerichts Oppeln begonnen.
Die Stadtverordneten= und Gemeindewahlen in
Poſen und Pommerellen haben im allgemeinen zu einem
Sieg der polniſchen Nationaldemokraten geführt. Die Deutſchen
haben im allgemeinen ihre Mandatszahl behauptet und
ſind jetzt auch in der Poſener Stadtverwaltung vertreten.
Bekanntlich ſind ſeit dem 1. Oktober ſämtliche deutſchen
Aufſchriften in Bozen verboten. Wie ſich nunmehr her=
ausſtellt
, müſſen ſelbſt die Inſchriften der Schleifen von
Kranzſpenden bei Beerdigungen in italieniſcher Sprache
abgefaßt ſein. Schleifen mit deutſchen Inſchriften werden beſchlagnahmt.
Auch die abgeſandten Trauerkarten dürfen lediglich in italieniſcher
Sprache abgefaßt ſein.
Das Mitglied des rumäniſchen Regentſchaftsrats und ehemaliger
Präſident des Kaſſationshofes Buzdugan iſt nach ſchwerer Krank=
heit
geſtorben.
Die Affäre Beſſedowski wird auch noch die franzöſiſchen Ge=
richte
beſchäftigen. Der auf ſo ungewöhnliche Art abgeſetzte Botſchafts=
rat
wird die ruſſiſche Botſchaft wegen Verleumdung
verklagen.
Zum engliſchen Botſchafter in Moskau dürfte aller
Wahrſcheinlichkeit nach Kenworthy, der bekannte engliſche Arbeiter=
Abgeordnete, ernannt werden. Die Ernennung wird jedoch nicht vor
Beendigung der zwiſchen Henderſon und Dowgalewski eingeleiteten
Verhandlungen erfolgen.
Der frühere ſüdafrikaniſche Miniſterpräſident und Führer der Oppo=
ſitionspartei
im ſüdafrikaniſchen Parlament, General Smuts, iſt, von
Kapſtadt kommend, in Southampton eingetroffen. General Smuts wird
ſich etwa drei Monate in England aufhalten und verſchiedene Vor=
träge
in Oxford, Edinburgh und Glasgow halten.
Zum Nachfolger des vor kurzer Zeit verſtorbenen eng=
liſchen
Oberkommiſſars für den Irak, Sir Gilbert
Cleyton, iſt nach offizieller Bekanntgabe Sir Franzis Humphris
ernannt worden. Humphris war bis zum Sturze Aman Ullahs
engliſcher Geſandter in Kabul und hat ſich bei der Räumung Kabuls
durch die Europäer große Verdienſte erworben.
Die Niederlage des aufſtändiſchen Generals
Schan Fatkwai, die auf Grund von Berichten der Nankingregie=
rung
der Erhebung ein Ende gemacht haben ſoll, ſcheint nach Meldungen
aus inoffizieller chineſiſcher Quelle den Vormarſch der Streit=
kräfte
Schan Fatkwais nicht zumStillſtand gebracht zu haben.
Schan Fatkwai ſteht auf Grund dieſer Berichte 80 Meilen von der
Provinz Kwanſi.

dort bereitet wurde, und fügt hinzu: Dieſes war nicht eine der
geringſten Leiſtungen dieſes bemerkenswerten Mannes es war
ihm gelungen, die Pariſer Maſſe für ſich zu gewinnen. Dieſes
iſt bei keinen Zeiten ein leichtes Ding geweſen. König Eduard
und einige ſehr wenige Ausländer vermochten es einſt. Für
einen Deutſchen bedeutete es eine ſchwerre, wenn nicht gar un=
mögliche
Aufgabe. Und dennoch war ſie Dr. Streſemann ge=
glückt
, und das Volk von Paris hatte ihm begeiſtert zu=
gejubelt
..." Wer nun vollends das reſervierte‟ England
kennt, der wird zugeben, daß es ſchließlich kein geringes Ding iſt,
wenn der geſamte Kongreß der Labour=Party bei der Nachricht
vom Tode dieſes nicht=engliſchen und nicht=ſozialiſtiſchen Staats=
mannes
ſich wie ein Mann von den Sitzen erhebt und zur
Ehrung ſeines Andenkens minutenlang regungslos in tiefem und
ehrfurchtsvollem Schweigen verharrt . . .
Ja, die Engländer haben Dr. Streſemann bewundert und
verehrt. Sie haben ihn verehrt als einen graet gentleman,
als einen offenen und ehrlichen Unterhändler, als einen furcht=
loſen
Mann, als einen echten Deutſchen und als einen, der das
wahre Leben kannte und liebte. Er liebte es, ſchreibt beiſpiels=
weiſe
ein engliſcher Freund Streſemanns, einige gute Freunde
um ſich zu verſammeln, mit ihnen einen Schluck zu tun und ihnen
luſtige Dinge zu erzählen. Die Engländer, die ſo ſchreiben,
zeigen, daß ſie den Menſchen Streſemann verſtanden. Aber auch
den Staatsmann Streſemann verſtanden die gleichen Engländer
nicht weniger tief, und ſie faſſen ihren Eindruck in einem ein=
ſtimmigen
Urteil zuſammen, das folgendermaßen lautet: Streſe=
manns
Lebenswerk war eine Wohltat nicht nur für Deutſchland.
Es war ein Segen für ganz Europa in vielleicht noch viel größe=
rem
Maße. Im Herzen aller Engländer, im Herzen aller guten
Europäer wird ſein Andenken ewig leben bleiben!

ziehungen zum Deutſchunterricht behandelt wurden. Eine größere
Reihe von Vorträgen wurde dann den Pädagogiſchen Akademien
und der Aufbauſchule gewidmet, wobei Miniſterialrat von den
Drieſch beſonders klar die Aufgabe der Muſik bei der Lehrer=
bildung
beleuchtete. Die Umrahmung der Tagung bildeten
wiſſenſchaftliche Vorträge von Prof. Dr. H. Freyer=Leipzig
über die geiſtige Bedeutung der Muſikerziehung von den Hiſto=
rikern
Prof. Dr. Schering=Berlin und Dr. W. Werner=Hannover
über den Stilwandel im Chorgeſang und die Geſchichte der han=
noverſchen
Muſikpflege, und von den Herren Prof. Dr. Moſer=
Berlin, Oberregierungsrat Wicke=Weimar und Miniſterialrat
Keſtenberg=Berlin über Individuum und Gemeinſchaft, Gemein=
ſchaftsmuſik
und Probleme der Muſikorganiſation. Standen die
umrahmenden wiſſenchaftlichen und Organiſationsfragen be=
treffenden
Referate auf hoher geiſtiger Warte, ſo war der Inhalt
der auf die Praxis gerichteten Berichte in einigen Fällen ober=
flächlicher
, als es ein Kongreß von weit über 1000 Teilnehmern
geſtatten dürfte.
Als ſehr dankenswert wurde es empfunden, daß eine große
Anzahl von Unterrichtsbeiſpielen einzelnen Gruppen der Teil=
nehmer
in verſchiedenen Schulen gezeigt wurden, in denen der
Kampf zwiſchen älterer Unterrichtsart und den neuen Erziehungs=
idealen
deutlich wahrgenommen wurde. Ohne Ausnahme be=
wieſen
ſie aber ebenſo wie die vielen Chordarbietungen von
Schulchören, daß in den Schulen Hannovers der Muſikerziehung
große Bedeutung beigemeſſen wird, und daß in dem Ringen nach
neuen Formen der Muſikerziehung ſchon entſcheidende Siege
zu verzeichnen ſind. Für weitere Fortſchritte wird ein organi=
ſatoriſcher
Verſuch fruchtbringend ſein, den Herr Staatsſekretär
Dr. Lammers in ſeiner Eröffnungsanſprache unter ſtarker Zu=
ſtimmung
bekannt gab, daß einſtweilen in jeder preußiſchen
Provinz an einigen höheren Lehranſtalten die Muſikſtundenzahl
verdoppelt werden ſoll, damit in dieſen Schulen die Geiſtesbil=
dung
in ſtärkerem Maße durch Gemütsbildung ergänzt werden
kann.
Von den zahlreichen muſikaliſchen Veranſtaltungen ſei ein
Brahms=Abend im Opernhaus hervorgehoben, in dem Walter
Gieſeking in höchſter Künſtlerſchaft das D=Moll Klavierkonzert
ſpielte, und unter Prof. Dr. Kraſſelt von einem ſehr ſtarken, in
der Klangſchönheit allerdings nicht ganz bis zuletzt durchhalten=
den
Chor das Deutſche Requiem zu eindrucksvoller, vielleicht
etwas zu effektvoller Wiedergabe gelangte. Zwei große, faſt
zu ausgedehnte Chorkonzerte gaben den verſchiedenſten Vereinen
Gelegenheit, ſich in dem Rieſenſaal der Stadthalle vor großem
Hörerkreis hören zu laſſen. Auch hier gab es einige Nieten, im
ganzen aber zeigten die Darbietungen doch den bedeutenden

Die Führung der Deutſchen Bolksparkei.
Ueber wichkige Fragen entſcheidet vorerſt der Reichs=
ausſchuß
. Scholz und Curkius in engerer Wahl.
* Berlin, 7. Oktober. (Priv.=Tel.)
Der Parteivorſtand der Deutſchen Volkspartei hat den Par=
teitag
, der in der kommenden Woche in Mannheim tagen ſollte,
auf unbeſtimmte Zeit, wahrſcheinlich bis zum nächſten Frühjahr,
verſchoben. Die Wahl des Parteiführers iſt jedoch Sache des Zen=
tralvorſtändes
. Vorläufig nennt man als Dr. Streſemanns Nach=
folger
die Namen Dr. Curtius und Dr. Scholz. Jedenfalls wird
man aber wegen der Erkrankung des Fraktionsvorſitzenden Dr.
Scholz mit der Einberufung des Zentralvorſtandes bis zu ſeiner
Geſundung warten. Wenn wichtige Entſcheidungen zu treffen
ſein würden, ſo würde der Reichsausſchuß zuſammentreten, in
dem die Vorſitzenden der einzelnen Wahlkreiſe vertreten ſind.
Wallfahrk zum Grabe Skreſemanns.
* Berlin, 7. Oktober. (Priv.=Tel.)
Das Grab des Außenminiſters Streſemann war am Sonntag
und Montag ein Wallfahrtsort für viele Zehntauſende, und die
Schutzpolizei mußte ein ſtarkes Abſperrkommando ſtellen, um die
in langer Kette Anſtehenden an dem Grabe vorbeidefilieren zu
laſſen. Eine eigenartige Miſchung der Beſucher: Diplomaten, der
große Bekanntenkreis des Verſtorbenen, die noch von ihm Ab=
ſchied
nehmen wollen, dann aber auch eine große Maſſe des ein=
fachen
Volkes, das nicht aus Neugier, ſondern aus dem Gefühl
heraus kommt, daß hier ein Mann dahingegangen iſt, deſſen Tod
für das ganze Volk einen Verluſt bedeutet. Das Grab gleicht
einem Blumenmeer mit einem Berg vielfarbiger Schleifen. Faſt
kein Land der Erde, das nicht in ſeinen Landesfarben Kranz=
ſchleifen
zeigt. Da iſt der Kranz des Königs von England neben
dem des Königs von Bulgarien, neben Tſchitſcherins Blumen
die Briands, merkwürdige Gegenſätze, die ſich hier vereinen, noch
merkwürdiger aber dieſes Durcheinander von Schwarz=weiß=rot
und Schwarz=rot=gold, ein Beweis, daß der Verſtorbene in ſeiner
Perſon eine Syntheſe der beiden ſtreitenden Farben gefunden
oder wenigſtens die Gegenſätze zu überbrücken gewußt hat.
Die Nachfolgeſchaft Dr. Skreſemanns. Das Zenkrum
meldet ſeinen Anſpruch an.
Köln, 7. Oktober.
Am Montag fand im Weißen Saal der Bürgerſchaft zu Köln.
die Herbſttagung des Provinzialausſchuſſes der rheiniſchen Zen=
trumspartei
ſtatt. Es ſprachen Reichstagsabgeordneter Eſſer und
Joſt, während das Schlußwort der Parteivorſitzende Prälat
Kaas ſelbſt übernahm. Hierbei ſtreifte er auch die Frage der
Nachfolgeſchaft des verſtorbenen Außenminiſters nach der grund=
ſätzlichen
Seite hin, da auch ſein Name in dieſem Zuſammenhang
genannt worden war. Er erinnerte an ſein Wort vom Frühjahr,
daß er ſich zur Aufgabe geſetzt habe, den Typ des am Miniſter=
portefeuille
unintereſſierten Parteiführers wieder herauszuheben.
Er habe ſchon damals mit aller Klarheit herausgeſtellt, daß für
ihn als Parteiführer die Uebernahme eines
Miniſteriums nicht in Frage komme. Trotzdem könne
es aber dem Zentrum nach der ſachlichen Seite hin nicht
gleichgültig ſein, wie dieſes Miniſterium beſetzt
werde. Die durch den Tod Dr. Streſemanns geriſſene Lücke ſei
groß und innenpolitiſch vielleicht größer als außenpolitiſch. Bei
der endgültigen Beſetzung des Außenminiſteriums in welcher
Form laſſe er ebenſo dahingeſtellt wie die Frage, ob Parlamen=
tarier
oder Beamter müſſe das Zentrum verlangen, daß alle
Mitglieder des Kabinettes die Gewähr für den inneren Be=
ſtand
des Kabinettes in ſeinen innen= wie außenpolitiſchen Auf=
gaben
böten. Dieſe rein ſachlichen Fragen ſeien für das Zentrum
allein ausſchlaggebend, und von dieſem Geſichtspunkte aus würde
das Zentrum in die Prüfung der Vorſchläge des Kanzlers heran=
treten
, müſſe aber auch deshalb ſeinen Anſpruch anmelden, bei
der endgültigen Beſetzung ſachlich gehört zu wenden.
Hochſtand der Chorkultur, ſowohl im Lager der dem Deutſchen
Sängerbund angehörenden Vereine wie auch bei den Arbeiter=
chören
mit ihrem friſchen Material und ihrer vorbildlichen Hin=
gabe
. Auch die Feſtoper Don Gil von den grünen Hoſen von
Walter Braunfels fand bei vorzüglicher Aufführung ſehr dank=
bare
Hörer.
Nicht verſchwiegen ſei, daß ein Tag in dem herrlichen Hildes=
heim
verbracht wurde, wo ſich Beſichtigungen der hervorragend=
ſten
Kunſtdenkmäler mit Vorträgen und muſikaliſchen Darbietun=
gen
abwechſelten, wobei Schulchöre und der Hildesheimer
Madrigal=Chor bedeutſame Leiſtungen aufwieſen und der Schwer=
punkt
in der Darbietung von Gregorianiſchen Choralgeſängen
und einem auf ſie ſich beziehenden Vortrag von Pater Dom.
Johner lag.
Wer die zahlreichen Anregungen verfolgt, die auf ſolchen
Tagungen und im Schrifttum der Sache des Schulgeſangs all=
jährlich
gegeben werden, mit Aufmerkſamkeit verfolgt, darf ſich
jedoch nicht der Tatſache verſchließen, daß in die Praxis noch
nicht allzuviel davon übergegangen iſt, und daß darum die Not=
wendigkeit
beſteht, die notwendigen Reformgedanken immer wie=
der
auszuſprechen, immer weitere Kreiſe von Lehrern ihnen zu
nähern. Darin beruht vor allem die große Wichtigkeit der all=
jährlichen
Reichsſchulmuſikwochen, und ihr von Jahr zu Jahr
ſich ſteigernder Beſuch bürgt dafür, daß das Intereſſe für die
muſikerzieheriſchen Fragen noch in ſtetem Wachstum begriffen
iſt. In dieſem Sinne kann auch die Hannoverſche Woche als ein
voller Erfolg der ſie veranſtaltenden Behörden und Verbände
angeſprochen werden.
F. N.
Von Deutſchlands Hohen Schulen.
Frankfurt a. M.: In der philoſophiſchen Fakultät iſt der Privat=
dozent
für romaniſche Philologie Dr. Helmut Hatzfeld zum nicht=
beamteten
außerordentlichen Profeſſor ernannt worden.
Dresden: Der Direktor bei den Sächſiſchen Werken, Baurat Alfred
Rachel, in Dresden iſt zum Honorarprofeſſor mit dem Lehrauftrag
für elektriſche Anlagen in der Mechaniſchen Abteilung der Techniſchen
Hochſchule ernannt worden.
Halle: Prof, Dr. med. Werner Gerlach hat den an ihn ergange=
nen
Ruf an den Lehrſtuhl der Pathologie an der Univerſität Baſel als
Nachfolger von Prof. R. Rößle angenommen und wird dem Rufe zum
1 April 1930 Folge leiſten.
Hamburg: Der Privatdozent für Iſlamkunde Dr. Walther Bförk=
mann
hat den an ihn ergangenen Ruf als Lehrer des Arabiſchen
am Seminar für Orientaliſche Sprachen in Berlin als Nachfolger von
Prof. G.=Kampffmehe; angenommen; ſeine Ernennung zum Lehrer am
genannten Seminar iſt bereits erfolgt.

[ ][  ][ ]

Wiſſells Rechnung.

Das Defizit der Arbeitsloſenverſicherungsanſtalk.
Die Reichskafſe muß wieder einſpringen.
Herr Wiſſell hat im Reichsarbeitsminiſterium einmal Kaſſen=
ſturz
machen laſſen, um zu ſehen, wie ſich die Arbeitsloſenreform
in ihrer vom Reichstag verabſchiedeten Form auswirkt. Das Er=
gebnis
iſt niederdrückend. Bei günſtiger Einſchätzung kommt man
nicht darüber hinweg, daß höchſtens 90 Millionen eingeſpart wer=
den
. Das macht bei einem geſchätzten Bedarf von 279 Millionen
einen Ausfall von 189 Millionen. Daraus ergibt ſich aber auch,
daß ſelbſt die 1½prozentige Beitragserhöhung, die ja nur etwa
140 Millionen mehr bringen würde, nicht ausreichen würde, die
Verſicherungsanſtalt auf eigene Füße zu ſtellen. Es bliebe alſo
auch da noch ein Defizit von ungefähr 50 Millionen, das Herr
Wiſſell und ſeine Parteifreunde dauernd der Reichskaſſe auf=
halſen
möchten, die ja ohnehin jetzt wieder mit einem Ueber=
brückungskredit
von 100 bis 150 Millionen einſpringen
muß. Dabei iſt die ganze Schätzung des Defizits ausgegangen von
einer Arbeitsloſenzahl von 1,1 Millionen. Die Sozialdemokraten
behaupten, dieſe Zahl ſei zu hoch gegriffen, und wollen nur mit
800 000 Arbeitsloſen operieren. Jetzt gibt auch das Arbeitsmini=
ſterium
zu, daß die Schätzung eher zu niedrig als zu hoch gegriffen
ſei, und daß man jedenfalls für das laufende Jahr mit 100 000
bis 200 000 Arbeitsloſen mehr als im Durchſchnitt rechnen müſſe.
wodurch ſich das Defizit um 10 bis 20 Prozent erhöht. Schon dieſe
kurze Rechnung zeigt, daß die Sozialdemokraten auf dem Holzweg
ſind, wenn ſie die Auffaſſung vertreten, daß die Reform des Ver=
ſicherungsgeſetzes
ſchon abgeſchloſſen ſei. Vermutlich wird daher
der Parteigenoſſe des Arbeitsminiſters, Herr Dr. Hilferding als
Reichsfinanzminiſter, der Erſte ſein, der erklärt, daß eine ſolche
Belaſtung der Reichsfinanzen nicht möglich iſt. Daran ändert ſich
auch nichts, daß man jetzt die höheren und leitenden Angeſtellten
bis zu einem Arbeitseinkommen von 8400 RM. in die Arbeits=
loſenverſicherung
hineinpreßt. Eine intereſſante Statiſtik des
Arbeitsminiſteriums ergibt, daß wir in Deutſchland 17 Millionen
Verſicherungspflichtige haben, in England 12 Millionen, in Italien
3,5 Millionen und in Sowjetrußland, wo keinerlei Beiträge ge=
zahlt
werden, 11 bis 12 Millionen. Die Einnahmen der Ver=
ſicherungsanſtalt
betragen ohne Kriſenfürſorge 850 Millionen, in
England 860 Millionen, in Italien umgerechnet in Reichsmark
40 Millionen. Die Ausgaben betragen in Deutſchland rund 1 Mil=
liarde
, in England beinahe ebenſoviel, in Sowjetrußland, wo nur
die Hälfte der Arbeitsloſen unterſtützt wird, ſchätzungsweiſe 250
Millionen, und in Italien etwa 22 Millionen, dort alſo weniger
als die Hälfte der Einnahmen. Auf den Kopf und Monat um=
gerechnet
zahlt Deutſchland eine Unterſtützung von 67 RM., Eng=
land
ebenſoviel, während Rußland auf den Kopf 18 Rubel, alſo
etwa 27 RM., zahlt, und das iſt dann das Arbeiterparadies!
Magiſtraksbeamke als Sklarek=Kunden?
Die Berliner Staatsanwaltſchaft iſt augenblicklich damit be=
ſchäftigt
, die von der Kriminalpolizei beſchlagnahmte Liſte der
ſogenannten bevorzugten Kunden der Firma Sklarek eingehend
zu prüfen. Das Ermittlungsergebnis wird vorläufig von der
Staatsanwaltſchaft noch geheim gehalten. Auch der Magiſtrat
hat ſich noch nicht geäußert. Verſchiedene Nachmittags= und Spät=
nachmittagsblätter
bringen Einzelheiten. Danach ſind in der Liſte
Perſönlichkeiten genannt, die von den Sklareks Kleiderſtücke zu
bevorzugten Preiſen erhalten haben, die um das 45fache nie=
driger
als der Herſtellungspreis ſein ſollen. Die Staatsanwalt=
ſchaft
hat die Namen der Stadtverwaltung unterbreitet. Die
beim Magiſtrat eingeſetzte Unterſuchungskommiſſion verſucht feſt=
zuſtellen
, welche Bewandtnis es mit dieſer Liſte habe. Vorläufig
wird angenommen, daß die in der Liſte genannten Perſonen ſich
nicht bewußt von den Sklareks beſtechen ließen. Nach Anſicht der
Staatsanwaltſchaft konnte gegen dieſe Perſonen vorläufig nicht
vorgegangen werden, da erſt die diſziplinariſche Unterſuchung
ſeitens des Magiſtrates die Frage klären mußte, ob ſie überhaupt
wußten, daß ſie die Kleider zu bevorzugten Preiſen erhielten.
In der von den Blättern veröffentlichten Lifte ſind u. a.:
Oberbürgermeiſter Böß, Bürgermeiſter Schneider, Stadtſchulrat
Nydal, die Stadträte Benecke, Ggebel, Schlichting, Dr. Treitel,
der Direktor der Behala, Schüning, der Direktor der Berliner
Vertriebsgeſellſchaft, Bolant, und die Stadtverovdneten Roſen=
thal
, Flatau und Krille. Oberbürgermeiſter Böß befindet ſich
zurzeit in Amerika. Von ihm liegt vorläufig noch keine Er=
klärung
vor. Stadtrat Schlichting und Stadtverordneter Krille
haben dem Magiſtrat gegenüber aufs beſtimmteſte erllärt, daß ſie
mit den Sklareks weder befreundet noch von ihnen Herrenartikel
zu bevorzugten Preiſen bezogen hätten.
Die Klagen über die Geſchäftsmethode des Berliner An=
ſchaffungsamtes
mehren ſich fortgeſetzt. Der im Zuſammenhang
mit der Affäre Sklarek vorläufig von ſeinem Poſten beurlaubte
Prokurſt der Berliner Anſchaffungsgeſellſchaft, J. Liebert, ſoll von
den Sklareks für die Unregelmäßigkeiten bei der Inventurauf=
nahme
Beträge erhalten haben, was zurzeit einer eingehenden
Erſies Sinfonie-Konzerk.

Die Fünfte von Bruckner! Ihre Schweſtern haben es alle
leichter gehabt, die Welt zu erobern. Es iſt zu verſtehen; ſie
iſt noch gigantiſcher in den Formen, unerbittlicher im Inhalt und
Aufbau, innerlicher und abgründiger als alle anderen 8 Sin=
fonien
; nichts iſt in ihr vom Wienertum nichts von dem Kind.
Bruckner, das über die anderen Sinfonien ſo viel Sonne und
Heiterkeit breitet; ihre Rieſenarme greifen über Erde und Menſch
ins Weltall. Da zu folgen, iſt nicht Sache der Vielen. Dieſe
Muſik kann nicht genoſſen werden. Und dieſe Muſik, ein Ge=
bäude
rieſenhaft aufeinandergetürmter Felsblöcke, ganz ver=
ſtehen
, kann nur, wer ſich dem Weſen ihres Schöpfers weſens=
verwandt
fühlt, und darum nicht mit den Ohren hört, ſondern
mit dem Herzen.
Sie iſt entſtanden zugleich mit der vierten, der Roman=
tiſchen
, und am Finale ſoll Bruckner zwei Jahre gearbeitet
haben. In dieſer Sinfonie ſpricht der Kampf zwiſchen Himmel
und Hölle (1. Satz) gewaltig, wie bei keiner, zu uns: ſie hat ein
Adagio voll niederdrückender Einſamkeit und Entſagung. Die
Fröhlichkeit ſelbſt des Scherzos iſt gedämpft, gleichſam ver=
ſchüchtert
. Und das Finale vollends iſt übermenſchlich geworden;
zuerſt melden ſich Klänge und Gedanken der früheren Sätze;
dann tönt auf der Ges=Dur=Choral, der dieſem Finale Weihe
und Krönung gibt und dieſen in unerhörter kontrapunktiſcher
Kunſt gebauten Satz ausklingen läßt, wie wenn eine Rieſenorgel
ihre mächtigſten Regiſter entfaltet. Es iſt ſchwer zu folgen;
ich weiß es.
Nicht nur die Ausführung fordert ein größtes Ausmaß von
Konzentration und geiſtiger Anſpannung; das gleiche gilt vom
Zuhörer; es iſt unmöglich, beim erſten Hören ganz mitzugehen;
die Ueberfülle hindert die Ueberſicht; aber alle, die guten Willens
ſind, werden fühlen, daß da ein Großer in gewaltigen Tönen
zu ihnen redet. Dies Gefühl in zwingender Weiſe vermittelt zu
haben, iſt das größte Lob, das der geſtrigen Aufführung ge=
ſbendet
werden kann. Böhm iſt Brucknerdirigent. Er hat das
ſeierliche Pathos, die Fähigkeit, Steigerungen anzuſetzen und
zum Höhepunkt zu treiben, und hat die Liebe zu feiner Klein=
arbeit
; ſein urgeſundes Muſikantentum bewahrt ihn vor Ver=
zerrungen
und Künſteleien, und ſo erſtand, getragen durch ſeine
überlegene Beherrſchung der Partitur, eine Wiedergabe, die in
wundervollen, klanglichen Abtönungen und großzügigem Fluſſe
des muſikaliſchen Aufbaues den Kenner entzückte. Das Orcheſter
ſbielte mit vollſter Hingabe; die Holzbläſer und Streicher wett=

eiferten in Klangſchöne.

Dienstag, den 8. Oktober 1929
Prüfung unterzogen wird. Weiter befaßt ſich jetzt die Unter=
ſuchung
mit der Feſtſtellung, auf welche Veranlaſſung die Kon=
trolle
gegenüber den Sklareks ſtädtiſcherſeits unterlaſſen wurde.
Neuer Beſahungszwiſchenfall in Mainz. Ein
Deutſcher von einem franzöſiſchen Poſten erſchoſſen.
* Mainz, 7. Okt. (Priv.=Tel.)
In den frühen Morgenſtunden des Montags wurde durch
einen franzöſichen Offizier dem ſtädtiſchen Krankenhaus Mainz
gemeldet, daß ein deutſcher Ziviliſt eingeliefert werde, der auf
dem Wackernheimer Flugplatz die abgeſperrte Grenze überſchrit=
ten
, auf den Halteruf des Poſtens nicht ſtehen geblieben und
durch einen Schuß in den Leib ſchwer verletzt worden ſei. Der
Verletzte wurde durch das Sanitätsauto der Freiwilligen Sani=
tätskolonne
vom Roten Kreuz ins Mainzer Krankenhaus ein=
geliefert
, wo er alsbald an den erlittenen Verletzungen verſtarb.
Die ärztliche Unterſuchung ergab einen Einſchuß in den Leib in
der Magengegend, während ſich der Ausſchuß in der Nähe des
Rückenmarks befand. Die polizeilichen Ermittlungen ergaben,
daß es ſich in dem einarmigen Toten um den am 19. Oktober
1877 in Wald=Hilbersheim bei Kreuznach geborenen Philipp
Willig handelt. Der Mann war wahrſcheinlich auf der Wander=
ſchaft
und ſuchte ſich wohl eine Schlafgelegenheit. Die näheren
Umſtände des Vorfalles werden von der deutſchen Staatsanwalt=
ſchaft
im Verein mit den franzöſiſchen Behörden noch aufgeklärt.
Das deutſch=polniſche Berhältnis.
Neue Berlehzungen der deutſchen Oftgrenze durch
polniſche Milikärflugzeuge.
* Berlin, 7. Oktober. (Priv.=Tel.)
Die Handelsvertragsverhandlungen mit Polen ſind bereits
ſoweit gediehen, daß vor einigen Tagen der deutſche Botſchafter
in Warſchau den Polen einen Vertragsentwurf überreichen konnte.
In der polniſchen Preſſe werden über den Inhalt verſchiedene
Mitteilungen gebracht, die teils richtig, teils falſch ſind. Wir
haben den Abbau aller Kampfmaßnahmen und Ein= und Aus=
fuhrverbote
verlangt und fordern weiter die gegenſeitige Meiſt=
begünſtigung
. Auch das Kohlenkontingent ſpielt wieder eine große
Rolle. Dennoch ſoll es unrichtig ſein, daß wir ein monatliches
Einfuhrkontingent von 300350 000 Tonnen zugeſtanden haben.
Jetzt haben die Polen das Wort. Es wird ſich binnen kurzem
herausſtellen, ob ſie mit unſerem Entgegenkommen zufrieden ſind
oder neue Forderungen ſtellen werden. Darüber kann kein Zweifel
ſein, daß eine vertragliche Regelung über den Handelsverkehr
zwiſchen beiden Staaten von ungeheurer Wichtigkeit iſt. Auch
aus dieſem Grunde ſollte die polniſche Regierung mindeſtens auf
normale Beziehungen zum Deutſchen Reiche einigen Wert legen.
Statt deſſen geht der Kampf gegen das Deutſchtum, der
uns natürlich immer wieder beeinfluſſen muß, weiter. Ebenſo=
wenig
denken die Polen daran, entſprechend den Haager
Empfehlungen die Liquidationen einzuſtellen. Nicht genug, wol=
len
die polniſchen Grenzverletzungen immer noch kein Ende
nehmen. Wiederholt iſt der deutſche Geſandte in Warſchau vor=
ſtellig
geworden und man hat immer erklärt, daß es ſich um
Verſehen der polniſchen Flugzeugführer, die meiſt jüngere
Offiziere ſeien, handelt. Das Kriegsminiſterium ſei auch ange=
halten
worden, eine Unterſuchung anzuſtellen. Das ſind natür=
lich
Ausreden. Vielmehr werden dieſe Flüge offenbar in der
Abſicht unternommen, Luftſpionage zu treiben. Am Ende der
vorigen Woche erſchien ein polniſcher Flieger kaum 100 Meter hoch
über deutſchem Gebiet, überflog Kaſernen und Amtsgebäude und
kehrte dann ſtradks nach der Grenze zurück. Geſtern iſt in Oſt=
preußen
ein polniſches Militärflugzeug gelandet, das angeblich
aus Benzinmangel und weil dem Flieger die Karten weggeflogen
ſeien, niedergehen mußte. Im Benzintank befanden ſich aller=
dings
noch 100 Liter Brennſtoff. An amtlicher Stelle hält man
aber aus begreiflichen Gründen mit einer Aeußerung darüber
zurück, was mit dem Flugzeug geſchehen ſoll, ob man es wie ſeit=
her
in ſolchen Fällen, wieder freigeben oder einmal als Re=
preſſalie
beſchlagnahmen ſoll. Wir halten es für durchaus ange=
bracht
, wenn man den Apparat einmal eine Zeitlang in einem
deutſchen Schuppen unterſtellte, um den Polen zu zeigen, daß
wir uns die dauernden Beleidigungen durch Grenzverletzungen
nicht gefallen laſſen können. Es wäre in der Tat auch einmal zu
überlegen, ob man nicht endlich ſolche Militärflugzeuge herunter=
holen
ſollte, was nicht allzuſchwer ſein würde, da die Polen zur
beſſeren Beobachtung ſtets ziemlich niedrig fliegen. Die Erregung
der Grenzbevölkerung iſt durch dieſe dauernden und offenſicht=
lichen
Provokationen derart groß, daß es gar nicht ausgeſchloſſen
iſt, wenn man einmal zur Selbſthilfe greift. Es würde daher
nichts ſchaden, die Polen auch auf dieſe Stimmung der Bevölke=
rung
hinzuweiſen.

Seite 3
Regentſchaftskriſe in Rumänien.
Regenkſchaftsrak Buzdugan geſtorben.
Bukareſt, 7. Oktober.
Am Montag früh um 7 Uhr iſt der Regentſchaftsrat Buzdu=
gan
an den Folgen einer Blutvergiftung geſtorben. Buzdugan
iſt 62 Jahre alt geworden. Er wurde in Fokſani geboren und
erreichte die höchſte Stufe der Beamtenlaufbahn in Rumänien.
Er war Präſident des Kaſſationshofes. Im Jahre 1927 wurde
er Mitglied des Regentſchaftsrates. Die Regierung hat um=
faſſende
Maßnahmen getroffen, um die Ordnung im Lande auf=
recht
zu erhalten. In Bukareſt iſt die Polizei ſeit zwei Tagen in
Alarmbereitſchaft.
Die durch den Tod des Mitgliedes des Regentſchaftsrates
Buzdugan aktuell gewordene Frage der Nachfolge muß verfaſ=
ſungsgemäß
binnen acht Tagen geregelt ſein. In politiſchen
Kreiſen beſteht noch keine einhellige Meinung darüber, ob durch
den Tod eines Mitgliedes des Regentſchaftsrates auch das Man=
dat
der beiden übrigen Mitglieder erloſchen iſt oder ob nur Er=
ſatzwahl
erforderlich iſt. Die zuerſt genannte Auffaſſung ſcheint
die Oberhand zu behalten. Jedenfalls werden die Rechte der
Krone bis zur Regelung der Nachfolgefrage vom Miniſterrat
ausgeübt. Am Dienstag tritt die aus Mitgliederw der beidem
Kammern ſich zuſammenſetzende Conſtituante zur Wahl des der
Regierung vorzuſchlagenden Regentſchaftsrates zuſammen. Ueber
die Perſonenfrage herrſcht noch keine Klarheit, da Maniu den
Wunſch hat, vorher mit allen Parteiem Fühlung zu nehmen.
Die Regierung hat umfaſſende Maßnahmen zur Verhinderung
aller politiſchen Beeinfluſſungen ſowie von Verſuchen zur
Störung der Ordnung getroffen. Heute vormittag fand ein
Miniſterrat ſtatt, in dem beſchloſſen wurde, daß der Miniſterrat
die königlichen Rechte übernimmt bis zur Wahl des neuen Ne=
genten
, weil nach der Verfaſſung der Regentſchaftsrat mit nur
zwei Mitgliedern nicht regieren darf. Die Nachricht der Zeitung
Dimineata über die Kandidierung Mironeseus wird in Re=
gierungskreiſen
dementiert. Wie man behouptet, handelt es ſich
nur um die zwei Kandidaturen des Generals Preſan und die
der Königin Maria. Miniſterpräſident Maniu wird ſich im Laufe
des Nachmittags zu einer Audienz zur Königin begeben. Hierbei
wird der endgültige Beſchluß über die Nachfolgeſchaft Buzdu=
gans
getroffen werden.
Die Türkei und der völkerbund.
Genf. 7. Oktober.
Das Mitglied der türkiſchen Nationalverſammlung Mahmut,
Direktor der der türkiſchen Regierung naheſtehenden Konſtan=
tinopeler
Zeitung Milliedt veröffentlicht im Journal de Ge=
neve
eine Zuſchrift, in der er ſich gegen die Auffaſſung wendet,
die Türkei ſei gegenüber dem Völkerbund vollkommen desinter=
eſſiert
und gleichgültig. Die Türkei würde, ſo heißt es in der Er=
klärung
, vielmehr mit ihrem Beitritt nicht zögern, wenn ihr eine
aktive Rolle im Völkerbund zugeteilt würde. Dieſer Bemerkung
der Zuſchrift, die in Völkerbundskreiſen nicht unbeachtet geblieben
iſt, liegt, wie man annehmen darf, der Wunſch zugrunde, die Tür=
kei
im Falle ihres Beitritts zum Völkerbund mit der Vertretung
der Intereſſen des mohammedaniſchen Kulturkreiſes im Völker=
bund
betraut zu ſehen, die zurzeit und bis 1931 in den Händen
Perſiens liegt.
Langſames Fortſchreiten der Baden-Bagener

Baden=Baden, 7. Oktober.
Obwohl das Sekretariat zwei Tage Zeit hatte, um die vor=
liegenden
drei Satzungsentwürfe der zu gründenden Bank gegen=
einander
abzuſtimmen, iſt dieſe Arbeit bisher nur wenig fortge=
ſchritten
. Man hatte in der heutigen Vormittagsſitzung erſt
wenige Seiten vorliegen und iſt jetzt bemüht, durch Verhand=
lungen
in kleineren Kreiſen dieſe Vorarbeiten zu fördern. Da=
neben
tvill man die Frage klären, welche Beſtimmungen in den
allgemeinen Organiſationsplan und welche in die Satzungen ge=
hören
. Da eine ſolche Feſtlegung dem Weſem der Bank bereits
beſtimmende Richtung gibt, iſt es ſelbſtverſtändlich, daß die Aus=
ſprache
hierüber breiten Raum einnimmt. Der Sitz der Bank
iſt bisher noch nicht erörtert worden, wie man überhaupt an=
ſcheinend
bemüht iſt, alle die Punkte, deren Erledigung Schwie=
rigkeiten
bereiten dürfte, zurückzuſtellen. Der Name der Bank,
der in den Richtlinien bereits feſtgelegt iſt, iſt ohne weiteres
übernommen worden. Er lautet demnach Bank für inter=
nationalen
Zahlungsausgleich‟. Dr. Schacht hat am Montag an
den Verhandlungen noch nicht wieder teilgenommen. Er wird
vorausſichtlich erſt Dienstag vormittag wieder in Baden=Vaden
eintreffen.

Und nun: Die Soliſtin des Abends war Frieda Kwaſt=
Hodapp; ſie ſpielte Beethovens G=Dur=Konzert, ſo oft gehört
immer wieder herrlich wie am erſten Tag iſt dieſes Konzert:
und ſo oft die Hodapp es ſpielt, immer iſt es ein vollendetes
Klavierſpielen, ein vollendetes Muſizieren; dieſer Frau Kunſt iſt
in Schönheit geadelt wie keiner anderen; der zweite Satz eine
einzigartige Leiſtung! Sie wurde gefeiert, wie es einer Aus=
erkorenen
gebührt.
O.
Aus den Darmſtädker Lichkſpieltheakern.
Ein Grönlandfilm.
Der Programmwechſel im Helia bringt neben dem
Greta=Garbo=Film Das göttliche Weib einen ſehr
intereſſanten Kulturfilm der Ufa: Milak der Grön=
landjäger
ein Drama aus dem Leben der Polarforſcher.
Dr. Georg Aſagaroff und Dr. Bernhard Villinger
haben in Milak einen grundlegenden Kulturfilm geſchaffen,
mit ſtarken dramatiſchen Einſchlägen. Einen Kulturfilm, der
grundſätzlich vermeidet, irgendwie dozieren zu wollen, der aber in
überzeugenden Bildern von ſtärkſtem Eindruck einen Abriß er=
zählt
aus dem Leben und den Gefahren von Grönland= Expedi=
tionen
. Unzählig ſind die Bücher und Aufſätze, die in den letz=
ten
Jahrzehnten über Nordpolexpeditionen geſchrieben wurden.
Keine noch ſo gute Erzählung aber kann das lebendige Bild er=
ſetzen
. Arnim Peterſen und Dr. Villinger haben das Manu=
ſkript
geſchrieben zu dieſem Film, und zwar nach wahren Bege=
benheiten
, nach Erlebniſſen der Expedition Scott, Mawſen und
Koch. Beginnend mit dem Abſchied von der Heimat, der die
Polarforſcher auf Jahre von Weib und Kind trennt, führt der
Film den Zuſchauer mit der Grönlanderpedition zunächſt auf
das Expeditionsſchiff, mit dieſem dann, das ſich ſchwer den Weg
durch Eis und Sturm bahnt, zu der letzten Eskimoſiedlung, wo
die Ausrüſtung für den Hunderte von Kilometern weiten Weg
über die Eiswüſte vollendet wird. Hierzu gehören ſelbſtver=
ſtändlich
die Eskimohunde und zu dieſen der Hundeführer Milak,
der Eskimo. Das Schiff bringt die Expedition ſo weit, als das
Eismeer ſchiffbar, dann teilen ſich die Forſcher. Während ein
Teil auf dem Sichff verbleibt, treten drei die gefahrvolle Reiſe
mit Hundeſchlitten über Schnee und Eis an. Dieſe Schlittenfahrt
in das Gefilde ewigen Eiſes mit ihren furchtbaren Gefahren,
der Schneeſtürme und Gletſcherſpalten, bilden den Hauptinhalt
des Films. Sie werden bildhaſt durch ſtark dramatiſche Epi=
ſoden
Abſtürze in tiefe Gletſcher mit Hunden, Schlitten und
Nenſch, ſchwierige Rettung, Verwundetentransport, Hungers=

nöte, die das Schlachten faſt aller Schlittenhunde zur furchtbaren
Notwendigkeit machen, u. a. m. bereichert. Auch von der Auf=
opferung
in treuer Kameradſchaft und Liebe zu den Hunden
zeigt der Film ergreifende Bilder, die im übrigen faſzinieren
durch die Schönheit der wildromantiſchen Eisberge und Schnee=
ſtürme
. Die Darſteller des Grönlanddramas ſind Sepp All=
geier
. Albert Benitz, Richard Angſt, Waldemar Coſte,
Harry Bellinghauſen und eine große Anzahl vortrefflicher
Eskimohunde.
Der Greta=Garbo=Film Das göttliche Weib, ein
Metro Goldwyn Meyer Erzeugnis in der ſehr guten
Regie von Viktor Sjöſtröm, gibt einen feſſelnden Ausſchnitt
aus dem Leben hinter den Kuliſſen. Aus dem Leben, das zu
Glanz und Reichtum führt, in dem ſich hinter Flitter und Tand
tiefe Leidenſchaft, aber auch Hohlheit, und all das verbirgt, von
dem der Außenſtehende, der nur den glänzenden Rahmen ſieht,
nichts erlebt. Der Film erzählt von Liebe und Leid, vom Auf=
ſtieg
einer jungen Künſtlerin zu den Höhen des Ruhms und
vom bitteren Ende. Greta Garbo ſpielt dieſe Künſtlerin, die
Marianne, mit dem ganzen Aufgebot ihres prickelnden Tem=
veraments
, ihrer raſſigen Schönheit, die in dieſem Film aller=
dings
nicht ſonderlich zur Geltung kommt. Von der unbeholfe=
nen
Naivität eines jungen Mädchens vom Lande bis zur tyran=
niſierenden
Nervoſität der berühmten Künſtlerin, beherrſcht ſie
die Skala der inneren und äußeren Gefühlsausdrücke und Dar=
ſtellungsmöglichkeiten
reſtlos. Im Verein mit der guten und
reichhaltigen Wochenſchau als Ganzes ein ausgezeichnetes
Programm.
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Anzahl ſchöner Bilder und intereſſanter Aufſätze aus der Welt des
Rampenlichtes und des Konzertpodiums. Aus dem Inhalt ſei nur an=
geführt
: Berliner Premierenflut, Menſchlichkeit und Snobismus, das
Theater Pigalle in Paris, eine Hundegeſchichte von Söderblum. Her=
vorzuheben
iſt ein reichhaltig bebilderter Aufſatz über die Berliner
Regiſſeure während der Arbeit. Das Heft bietet in ſeiner Reichhaltig=
keit
jedem Kunſtintereſſenten angenehme Lektüre.
Das Nationaltheater. Im neuen Heft der Zweimonatsſchrift des
Bühnenvolksbundes, mit welchem der zweite Jahrgang eröffnet wird,
ſpricht Albert Klöckner über Geſinnungstechnik und Theaterkultur Mit
Geſtalt und Werk des Dichters Henry von Heiſeler macht in einem län=
geren
Beitrag Fritz Endres bekannt. Beſonderem Intereſſe dürfte
Walter v. Hollander mit ſeinen Ausführungen Das Ende des Bühnen=
ſpezialiſten
begegnen.

[ ][  ][ ]

Seite 4

Nummer 279

Dienstag, den 8. Oktober 1929

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während ſeines Urlaubs an ſeinem
49. Geburtstag in der Klinik zu
Gießen. Die Beiſetzung findet
in ſeinem Heimatort Steinbach
bei Gießen am Mittwoch, den 9.
Oktober, nachm; ſtatt.
Wir bitten nach Möglichkeit ihm
die letzte Ehre zu erweiſen.
Oberheſſen=Verein
Darmſtadt.
Der Vorſtand. /15774

Unſer lieber, guter, treuſorgender
Vater, Schwiegervater, Großvater,
Schwager und Onkel

Wehcie An
iſt heute Mittag ½3 Uhr nach
langem ſchweren Leiden im Alter
von 75 Jahren ſanft entſchlafen.
Die trauernden
Hinterbliebenen.
Darmſtadt, den 6. Oktober 1929.
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Die Beiſetzung erfolgt am Mitt=
woch
, den 9. Oktober, nachmittags
um 2½ Uhr, auf dem Waldfriedhof.

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mittags
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jagen wir auf dieſem Wege Allen herz=
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Dank. Beſonderen Dank Herrn
Dr. Schultheis und Schweſter Marie
für ihre aufopfernde Pflege, Herrn
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Worte, ſowie der Turngemeinde für ihre
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und allen, die dem lieben Entſchlafenen
das letzte Geleit gaben, ſagen wir un=
ſeren
herzlichſten Dank.
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Dienstag, den 8. Oktober 1929

Seite 3

Aus der Landeshaupkſtad
Darmſitadt, 8 Oktober.
Die Verkehrsregelung.
Vom Polizeiamt wird uns geſchrieben:
Die Darmſtädter ſind mit ihren Verkehrspoſten immer noch
nicht ganz zufrieden, aber die Verkehrspoſten haben ſich auch über
die Darmſtädter zu beklagen, weil das Verſtändnis für die Art,
wie der Verkehr geregelt wird, zum Teil noch fehlt.
Je nach der Verkehrsdichte gibt es nämlich zwei Arten der
Verkehrsregelung.
Beim gewöhnlichen Verkehr wird jedem Fahrzeug vom Ver=
kehrspoſten
das Zeichen zur Weiterfahrt gegeben, nur ſelten braucht
ein Fahrzeug angehalten zu werden, der Verkehr bleibt im Fluß,
die Fußgänger müſſen ſich ſelbſt die Augenblicke wählen, um die
Straße überſchreiten zu konnen. Dies iſt alſo die fließende Ver=
kehrsregelung
.
Iſt die Folge der Fahrzeuge ſo dicht, daß nicht mehr jedes
Fahrzeug angewinkt werden kann, ſo muß das ſtarre Syſtem an=
gewendet
werden. Bei dieſer Art hält der Beamte, indem er die
Arme ſeitwärts in Schulterhöhe hebt, den Verkehrsfluß in den
Straßen vor und hinter ſich auf. Die Fahrzeuge dürfen in den
nunmehr geſperrten Straßenzügen mit ihrem Fahrzeuganfang nicht
über die Baufluchtlinie hinausfahren und dürfen nur die rechte
Straßenſeite einnehmen. Auf dieſe Weiſe bildet ſich für die Fuß=
gänger
in Verlängerung der Gehwege vor, den haltenden Fahr=
zeugen
die Möglichkeit, den Fahrdamm ungefährdet zu überſchrei=
ten
. Selbſtverſtändlich haben auch die Radfahrer den Anordnun=
gen
zu folgen und müſſen wie die Fahrzeuge halten bleiben. Die
Straßen in Richtung der ſeitwärts erhobenen Arme ſind für den
Verkehr frei. Auf dieſen freigegebenen Straßen dürfen Fahrzeuge
auch nach rechts und links vorſichtig unter Rückſichtnahme auf die
Fußgänger, in die Seitenſtraßen einbiegen.
Dieſe Art der Regelung, die hier von den Verkehrspoſten, die
im Laufe der Rheinſtraße ſtehen, in den Stunden von 10½ bis
12½ Uhr und von 16½ bis 18 Uhr angewandt wird, gibt noch oft
zu Mißverſtändniſſen Anlaß. Die Beamten können natürlich nicht
fortgeſetzt mit ſeitwärts geſtreckten Armen ſtehen wenn es auch
alle tüchtige Sportsleute ſind , ſo würde das doch über ihre
Kräfte hinausgehen. Sie laſſen alſo, nachdem das Zeichen ge=
geben
, die Arme ſinken, und nur die Frontlinie, ihres Standes
zeigt an, welche Richtung augenblicklich geſperrt und welche frei=
gegeben
iſt. Darauf muß nun in den vorhergenannten Zeiten vom
Publikum geachtet werden, und auch die Fußgänger müſſen ſelbſt
auf die Gefahr hin, einen Moment warten zu müſſen, das Ueber=
queren
der Straße in der für den Verkehr freigegebenen Richtung
unterlaſſen. Erſt recht natürlich die Radfahrer.
In dieſer Woche werden zur Unterſtützung der Verkehrspoſten
und zur Belehrung des Publikums noch weitere Beamte tätig ſein,
und danach iſt zu hoffen, daß ſowohl die Darmſtädter wie ihre
Verkehrspoſten einig gehen.
Heſſiſches Landestheater. Heute Dienstag, 19 Uhr, kommt zum
erſten Male in dieſer Spielzeit Carmen von Bizet unter muſikali=
ſcher
Leitung von Carl Bamberger zur Aufführung. Als Don Joſé
gaſtiert Joachim Sattler vom Stadttheater Barmen=Elberfeld. Die
Beſetzung der anderen Hauptrollen iſt folgende: Carmen: Roſe Land=
wehr
, Escamillo: Hans Komregg, Micaela: Anny von Stoſch.
(Miete 4.)
Die Dreigroſchenoper von Brecht und Weill wird mor=
gen
Mittwoch, 20 Uhr, im Großen Haus mit der erfolgreichen Pre=
mierenbeſetzung
wiederholt. (Miete C, Gruppe IIV, Darmſtädter
Volksbühne.)
In neuer Inſzenierung und Einſtudierung kommt morgen Mitt=
woch
um 19.30 Uhr im Kleinen Haus Der Poſtillon von Lon=
jumeau
komiſche Oper von Adam, zur Aufführung. Muſikaliſche
Leitung: Carl Bamberger. Die Inſzenierung beſorgt Friedr. Ammer=
mann
, der an das Badiſche Landestheater verpflichtet wurde und dort
auch eine Lehrtätigkeit an der Badiſchen Theater=Akademie ausüben
wird. Die Beſetzung der Hauptrollen iſt folgende: Chapalou: Otto
Stadelmaier, Madeleine: Käthe Walter, Marquis de Corey: Eugen
Vogt, Bijou: Heinrich Kuhn, Bourdon: Hans Neh. (Zuſatzmiete II.)
Amphitryon, Luſtſpiel nach Moliere von Heinrich v. Kleiſt,
wird am Donnerstag, den 10. Oktober, um 20 Uhr im Großen Haus in
neuer Inſzenierung von Carl Ebert (Bühnenbild: Wilhelm Reinking)
zur Darſtellung kommen. Die Rolle des Jupiter ſpielt Carl Ebert.
Die übrigen Hauptrollen ſind mit: Inge Conradi (Alkmene), Siegfried
Nürnberger (Amphitrhon), Bernhard Minetti (Merkur), Franz Pfaud=
ler
(Soſias) und Käthe Gothe (Charis) beſetzt. (Miete C.)
Sonntags=Vorſtellung Lohengrin. Richard Wag=
ners
Oper Lohengrin wird am Sonntag, 13. Oktober, zum erſtenmal
in dieſer Spielzeit im Großen Haus zur Aufführung kommen. (M. B.)
Die Volksbühne hat, ermutigt durch das rege Intereſſe, das im
vorigen Spieljahr der neugegründeten Konzertgemeinde entgegenge=
bracht
wurde, zur Anmeldung der Mitgliedſchaft aufgerufen. Die Mit=
glieder
der Konzertgemeinde werden daher als erſte Veranſtaltung das
Freitag, den 11. Oktober, im Kleinen Haus ſtattfindende Konzert
des Schnurrbuſch=Quartetts beſuchen. Werke von Haydn,
Mozart und von Dittersdorf werden zu Gehör gebracht. Anmeldungen
zur Konzertgemeinde werden die ganze Spielzeit hindurch entgegen=
genommen
. Auf das zweite Konzert: Konzert des Muſikvereins am
5. November 1929 im Großen Haus des Landestheaters: Die Jahres=
zeiten
von J Haydn, wird heute ſchon hingewieſen.
Iſt eine Erhöhung der Renten der Angeſtelltenverſicherung mög=
lich
? Dieſe Frage war auch auf der Tagung des Ortsausſchuſſes Darm=
ſtadt
der Vertrauensleute der Angeſtelltenverſicherung in Dieburg am
Sonntag, den 6. Oktober d. Js., der Hauptpunkt, über den ſich eine
lebhafte Ausſprache entwickelte. Der Geſchäftsführer des Gewerkſchafts=
bundes
der Angeſtellten, Hugo Weinberg, begründete in eingehender
Weiſe den Antrag auf Erhöhung, dem ſich viele andere Nedner an=
ſchloſſen
. In der Verſammlung am Mittwoch, den 9. Okt.,
in Darmſtadt im Bürgerhof wird der Stadtverordnete A. Geßner
(Frankfurt a. M.), welcher ſeit Jahren in vorderſter Linie bei dem
Kampf um die Ausgeſtaltung der Angeſtelltenverſicherung ſteht, der auch
ein ganz genauer Sachkenner iſt, über das Thema: Die Leiſtun=
gen
und die neuen Denkſchriften über die Lage und
den Ausbau der Angeſtelltenverſicherung ſprechen.
Jeder, der Intereſſe an dieſer Frage hat, muß unbedingt an dieſer
Verſammlung teilnehmen. (Alles Nähere in der Anzeige dieſer Aus=
gabe
.)
Im Lehrgang für Bibel= und Jugendarbeit ſpricht nach einer
Andacht von Bundeswart Jürgens Paſtor Engelke über Jeſu
Art im Umgang mit ſeinen Gegnern (Fragen der Kampf=
methoden
: Verteidigung, Angriff, Schonung, Schonungsloſigkeit). Am
Nachmittag hält der bekannte Pfarrer von Bad Ems und Schriftſteller
W. Schreiner einen Vortrag über Die ſexualethiſche Frage in der
Jugendführung. Hier ſpricht ein bewährter Führer auf dieſem beſon=
ders
gefährdeten Gebiet unſerer Tage. Am Abend ſind Darbietungen
aus der Tanz=, Spiel= und Singearbeit Darmſtädter Jugendbünde vor=
geſehen
. Tageskarten zu 1 Mk. und 0,50 Mk. ſind an der Kaſſe zu
haben. Der Eintritt zum Jugendabend iſt frei.
Orthſcher Männerchor. Wie die alljährlichen Herbſtveranſtal=
tungen
des Orthſchen Männerchors immer ein beſonders charakteriſti=
ſches
Gepräge haben, ſo hat auch dieſes Jahr die am Sonntag, den
27. Oktober, in der Beſſunger Turnhalle ſtattfindende Veranſtaltung
ihren beſonderen Namen: Rheiniſcher Abend, ſo betitelt,
weil an dieſem Abend drei Zeitabſchnitte, die Germanenzeit, Bieder=
meierzeit
und Gegenwart, des froh bewegten Lebens am deutſchen
Rhein in dramatiſchen Dichtungen, muſikaliſchen Soli= und Chorauf=
führungen
, Reigen uſw. den Beſuchern vor Augen geführt werden.
Alles Nähere ſiehe Anzeige.

Zer Bagnenooltssano M den Burgangen uin Bulsenhener.

Alle Anfragen, die an mich gelangt ſind, wie ſich der B.V.B. zu
der Verufsauffaſſung des Intendanten und zu der Aufführung der
Dreigroſchenoper einſtelle, kann ich nur öffentlich beantworten.
Die Einführung des Intendanten in der Morgenfeier der Volks=
bühne
war eine Kampfanſage an uns. Nie ſind deutlicher die tiefen
Unterſchiede in den Weltanſchauungen der beiden Organiſationen
Volksbühne und Bühnenvolksbund zutage getreten als in Profeſſor
Eberts Anſprache an ſein Volk. Dort das entfeſſelte, angeblich geiſtig freie
Theater, hier bei uns die Pflege des chriſtlichen und nationalen Gei=
ſtes
als der Wurzeln eines kraftvollen Wiederaufbaues des Theaters
zu einer Pflegſtätte der Kunſt. Bei dieſer Kluft, die die Meinungen
ſcheidet, iſt es unmöglich, Brücken zu ſchlagen. Doch dünkt es mir
unziemlich, Schimpf mit Schimpf zu entgelten. Ob es zu den vorneym=
ſten
Aufgaben des Leiters eines Staatstheaters gehört, die
Ueberzeugung Andersdenkender zu ſchmähen, dieſe Frage muß ich aber
aufwerfen. Ich verkenne nicht die künſtleriſche Bedeutung unſerer Bühne
und deren Wertſchätzung in Deutſchland und freue mich darüber. Doch
nicht durch die Uebernahme des Berliner Spielplans, der durch einen
Teil der Preſſe und Theaterkritik gefördert wird, kann die Darmſtädter
Bühne ſich auf dieſer Höhe halten, mögen auch noch ſo viele groß=
ſtädtiſche
Bühnen ihn übernehmen. Die Leitung eines Staatstheaters
bedarf ſelbſtändiger und ſorgſamer geiſtiger Führung, die den Welt=
anſchaungen
aller Kreiſe des Landes gerecht wird. Profeſſor Ebert hat
ſeither und zu Anfang mit beſtem Willen dieſe Linie gehalten, iſt aber
zufolge ſeiner Erklärung bei der Veranſtaltung der Volksbühne bewußt
davon abgewichen. Das beweiſen auch ſeine Neueinſtudierungen in
Oper und Schauſpiel. Eine ſcharfe Kritik kann ich nicht unterdrücken,
die ſich an die Regie wendet. Ich habe in letzter Zeit verſchiedene aus=
wärtige
Theater beſucht und mir dort auch die neueren Stücke an=
geſehen
. Nirgends fand ich in der Regie eine ſo bewußte Hervorkeh=
rung
des Sinnlichen und des Gemeinen, weder in Maß für Maß in
Berlin noch in der Dreigroſchenoper in München. Dieſe Oper iſt
gar keine Oper, auch keine Spuren eines Dramas finden ſich in ihr,
ſondern vornehmlich Balladenvorträge mit Jazz. Hier wird Theater
zum Kabarett! Ueber dieſes Stück iſt kein weiteres Wort zu verlieren.
Ich habe es ſchon vor der Erſtaufführung durch einen Hinweis an
unſere Mitglieder abgelehnt.
Doch iſt dieſer Streit, wie er jetzt bei der Aufführung der Drei=
groſchenoper
hier in der Oeffentlichkeit entbrennt, durchaus nicht loka=
ler
Natur. In einer Reihe deutſcher Städte, ſelbſt in Berlin, auch in
unſerer Nachbarſtadt Frankfurt, hat in letzter Zeit die zunehmende
Zahl von Aufführungen aufreizender Stücke zu Proteſtkundgebungen
weiteſter Kreiſe geführt. Großartig in Szene geſetzte Werke wie Ha=
ſenelevers
Ehen werden im Himmel geſchloſſen oder Lampels Ne=

volte im Erziehungshaus, neuerdings Pioniere in Ingolſtadt auch
Brechts Dreigroſchenoper mußten alle diejenigen, die noch mit der
Vorſtellung von Bühnenkunſt die Vorſtellung von künſtleriſcher Weihe
und mit dem Begriff des Dramas den Begriff der Deutung im Seeli=
ſchen
verbinden, irre machen in ihrem Glauben am Kulturwillen der
Bühne. Aber auch an großen Teilen des theaterbeſuchenden Publikums
mußte man irre werden. Die Art und Weiſe, wie dieſe und ähnliche
Stücke neuerdings durch die Preſſe und Kritik verherrlicht wurden,
mußte die religiös denkende und fühlende Bevölkerung zur Kund=
gebung
gegen dieſen kaum noch erträglichen Mißbrauch der Bühne her=
ausfordern
. Chriſtliche Verbände und Stellen haben in Deutſchland
und Oeſterreich der überwiegenden Mehrheit des Volkes aus dem Her=
zen
geſprochen, als ſie den führenden Bühnenleitern ihre kulturelle
Pflicht und Verantwortlichkeit in dieſem Zuſammenhange klar vor
Augen ſtellten.
Die Abwehrkundgebungen, die gegen dieſe peinlichen Vorgänge
dem Theater in letzter Zeit überall in Wort und Schrift erfolgten,
haben zweifellos Gutes gewirkt, indem ſie weite Kreiſe des Volkes zue
inneren Stellungnahme auch gegenüber dem Thcaterleben der Zeit
veranlaßt haben. Aber dieſe Kundgebungen ſo berechtigt und not=
wendig
ſie an ſich auch waren werden praktiſch nicht den geringſten
Erfolg haben, geſellt ſich ihnen nicht die Spielplanbeeinfluſ=
ſung
durch dieſe proteſtierenden Kreiſe bei. Wenn auch die Theater=
leiter
jede Spielplanbeeinfluſſung entſchieden ablehnen, des Publikums
können ſie aber nie entbehren. Dieſes wird ihnen aber nur dann
Gefolgſchaft leiſten, wenn es auch ſeiner Meinung Geltung verſchaffen
kann. Ein großer Teil der Darmſtädter Theaterbeſucher iſt unwillig,
weil er ſeine Weltanſchauung entwürdigt ſieht; er bleibt deshalb ver=
ſtimmt
leider dem Theater künftig fern; dadurch erreicht er nichts. Ge=
lingt
es nicht, durch Zuſammenfaſſung aller ebenſo künſtleriſch empfin=
denden
und ebenſo geiſtig eingeſtellten Kreiſe die Nachfrage nach dem
wertvollen Drama und dem Bühnenwerk zu ſteigern, ſo wird nach wie
vor das deutſche Theater von minderwertiger Aſphaltliteratur und
mondäner Geſchmackloſigkeit nicht verſchont bleiben. Unſere Bühne
ſteckt jetzt mitten in ihrer kritiſchſten geiſtigen und künſtleriſchen Kriſe.
Die Geſchichte lehrt, daß keine Kunſt auf die Dauer der Führung ent=
behren
kann, ohne zugrunde zu gehen, und daß gerade die gefeſſelte‟
Kunſt große Werke ſchuf. Bei, ſolcher Kriſe heißt es nicht beiſeite
ſtehen, ſondern ſich am Aufbau und der Führung beteiligen! Mögen
alſo alle diejenigen, die ſich gegen die derzeitige Einſtellung der Bühne
wenden, ſich zuſammenſchließen in der großen chriſtlich=nationalen Be=
ſuchervereinigung
, dem Bühnenvolksbund.
Hans Raab, Landgerichtsrat,
Landesobmann des Bühnenvolksbundes für Heſſen und Heſſen=Naſſau.

Der Outsausſchuß der Vertrauensleute für die Reichsangeſtellten=
verſicherung
für die Wahlbezirke Darmſtadt=Stadt, Darmſtadt=Land und
Dieburg hielt unter dem Vorſitz von Direktor Dr. Gauß=Darmſtadt
in Dieburg eine ſtark beſuchte Tagung ab, auf der der Schrift=
führer
des Ortsausſchuſſes, Helmſtädter=Darmſtadt, Bericht er=
ſtattete
über die Bezirkstagung der Vertrauensleute für die R.f.A. in
Frankfurt a. M. am 15. September d. Js., um über die Entwicklung
der Angeſtelltenverſicherung ſeit der letzten Bezirkstagung. Eine leb=
hafte
Ausſprache entſpann ſich über den dem Reichstag jetzt vorliegen=
den
Entwurf eines Geſetzes zum Ausbau der Angeſtelltenverſicherung,
insbeſondere über die im Mittelpunkt des Intereſſes ſtehenden Anträge
auf Erhöhung des Steigerungsſatzes von 15 auf 20 Prozent. Zu einer
Beſchlußfaſſung in der letzteren Frage kam es nicht, da über die Mög=
lichkeit
einer Erhöhung des Steigerungsfatzes ohne gleichzeitige Bei=
tragserhöhung
keine Gewißheit beſtand. Dagegen gab die Verſamm=
lung
einem Antrag der weiblichen Verſicherten ſtatt, der dahin ging,
beim Direktorium erneut wegen der Beſtellung eines weiblichen Ver=
trauensarztes
in Darmſtadt vorſtellig zu werden.

Poaläumen Ein Miit
die Winter-Ausgabe des Darmstädter Fahr-
planbuch
zu kaufen. Erhältlich in den Buch-
handlungen
, Kiosken, Bahnhofs- Buchhand-
lungen
, der Geschäftsstelle, Rheinstr. 23, und
bei den Agenturen des Darmstädter Tagblatts.
Preis 80 Pfennig.

Beleuchtung von Einfahrten, Höfen, Treppen, Fluren uſw. Wir
weiſen erneut auf die den Eigentümern von Grundſtücken obliegende
Verpflichtung hin, die Toreinfahrten, Höfe, Hausflure, Gänge und
Treppen, ſofern und ſolange ſie jedermann zugänglich ſind, während
der Dunkelheit ſo ausreichend zu beleuchten, daß für die daſelbſt ver=
kehrenden
Perſonen keine Gefahr beſteht. Dieſe Verpflichtung liegt
namentlich auch den Inhabern von Fabriken, gewerblichen Anſtalten
und Arbeitsſtätten, von Vergnügungs=, Verſammlungs= und Schank=
ſtätten
(den letzteren insbeſondere auch hinſichtlich der Bedürfnis=
anſtalten
) ob. Pflichtwidrige Unterlaſſung der Beleuchtung begründet,
falls hierdurch jemand zu Schaden kommt, die Entſchädigungspflicht
ſowie die ſtrafrechtliche Verantwortlichkeit. Die Verpflichtung kann
durch Vertrag auf Hausverwalter, Mieter uſw. übertragen werden.
Dies ſetzt jedoch die übereinſtimmende Willenserklärung beider Par=
teien
, des Vermieters und des Mieters, voraus. Eine einſeitige Er=
klärung
des Vermieters (als ſolche iſt auch der ohne vorherige Verſtän=
digung
mit dem Mieter erfolgte Aushang einer Hausordnung zu
zählen) kann die obengenannte Verpflichtung für die Mieter nicht be=
gründen
.
Sie Hagorn
an welcher Körperstelle Sie woflen. Ohne Körper-
bewegung
, ohne Diät, ohne Chemikalien zu nehmen, ohne
Bäder, Rein äußerlicher Gebrauch. Sichtbares Re-
suliat
bereits am 6. Tage. Schreiben Sie an Frau
Schweitzer Wiesbaden, Goebenstraße 19, welche
Ihnen gern und kostertrei das eintache und wirksame
Mittel angibt, welches Sie selbst mit großem Erfolg
angewendet hat.
(IV. 9665

Reichskurzſchrift. Anfängerkurſe beginnt der Gabelsberger=
Stenographenverein 1861 am Dienstag, den 8., und Freitag, 11. Okt.,
in ſeinen Schulräumen in der Ballonſchule. Die Kurſe ſtehen unter
Leitung geprüfter und erfahrener Kurzſchriftlehrer. Die Teilnehmer=
gebühren
ſind äußerſt niedrig und können in Raten gezahlt werden.
Der Maſchinenſchreibunterricht wird Ballonplatz 7 erteilt und kann
jederzeit begonnen werden. (Näheres ſiehe heutige Anzeige.)
Hohes Alter. Der Veteran von 1870/71 Martin Münd im
Städtiſchen Altersheim feiert heute, am 8. Oktober, in verhältnismäßig
geiſtiger und körperlicher Friſche ſeinen 80. Geburtstag.

e ich an Reiſende oder Beſgkung.
auf Schiffen in See!

Die Deutſche Betriebsgeſellſchaft für drahtloſe Telegraphie
m. b. H. (Debeg) in Berlin SW. 11, Halleſches Ufer 12/13, beſitzt und
betreibt auf der Mehrzahl der Deutſchen Paſſagier= und Frachtſchiffe
Bordfunkſtellen. Dieſe ſtehen während der Fahrt zur Aufnahme und
Beförderung von Telegrammen gegen Entrichtung der amtlich vorge=
ſchriebenen
Gebühren allgemein zur Verfügung.
Funktelegramme an Fahrgäſte oder Beſatzung auf Schiffen in See
können bei ſämtlichen Poſt= und Telegraphenanſtalten des In= und
Auslandes aufgeliefert werden. Dieſe erteilen auch bereitwilligſt jede
gewuinſchte Auskunft.
Die Anſchrift eines Funktelegramms an einen Reiſenden auf Sce
muß folgende Angaben enthalten:
1. Name des Empfängers, auch Vorname bei häufig vorkommenden
Namen.
2. Name des Schiffes.
3. Name der Küſtenfunkſtelle, die das Telegramm an das Schiff be=
fördern
ſoll.
Die Ermittlung der richtigen Küſtenfunkſtelle iſt im allgemeinen
Sache der das Telegramm annehmenden Dienſtſtelle. Hierzu ſind
folgende Angaben erforderlich, die der Abſender machen muß:
1. Abfahrtstag des Schiffes vom letzten Hafen;
2. Ankunftstag des Schiffes im nächſten Hafen.
Dieſe Angaben ſind aus den Redereifahrplänen zu erſehen.
Die Gebühren für Funktelsgramme über deutſche Küſtenfunkſtellen
ſetzen ſich zuſammen aus:
1. der Telegraphengebühr für die Uebermittlung bis zur Küſtenfunk=
0,15 RM. für das Wort,
ſtelle in Deutſchland.
2. der Landgebuhr für die Uebermittlung von der Küſtenfunkſtelle
aen das Schiff in Deutſchland
0,30 RM. für das Wort,
3. der Bordgebühr für die Aufnahme und Zuſtellung des Telegramms
auf dem Schiff
0,30 RM. für das Wort,
alſo 0,75 RM. für jedes Wort, ohne Mindeſtgebühr. Die Gebühren
über ausländiſche Küſtenfunkſtellen ſind in jedem Falle höher.
Die deutſchen Küſtenfunkſtellen Norddeich, Curhaven und Swine=
münde
ſind bzw. werden binnen kurzem neuzeitlich ausgebaut; auch
ſind die Funkſtellen auf den deutſchen Schiffen zum großen Teil techniſch
verbeſſert worden.
Vorausſichtlich noch im Laufe des Jahres wird es möglich ſein,
ſämtliche deutſchen Ueberſeefahrgaſtſchiffe mit Kurzwellenempfängern
auszurüiſten. Mit Hilfe dieſer Empfangsanlagen werden dieſe Schiffe
die für ſie beſtimmten Telegramme aus Deutſchland unmittelbar von
Norddeich entgegennehmen können, ſodaß alsdann die Mitwirkung aus=
ländiſcher
Küſtenfunkſtellen gänzlich entbehrt werden kann. Hiermit
iſt auch eine Gebührenermäßigung verbunden, weil die Landgebühr für
die Beförderung an ausländiſche Küſtenfunkſtellen höher iſt als an die
deutſchen. Es empfiehlt ſich deshalb, bei Aufgabe von Funktelegrammen
nach Schiffen in See, den Weg über deutſche Küſtenfunkſtellen ins=
beſondere
über Norddeich zu wählen, zumal in dieſem Falle auch mit
einer beſchleunigten und ſicheren Ueberkunft gerechnet werden kann.

Geltelt
V

) Päckchenverſand im Auslandsverkehr. In Kreiſen der deutſchen
Wirtſchaft iſt wiederholt Klage darüber geführt worden, daß der Ver=
ſand
von Warenpäckchen im Auslandsverkehr bisher nicht oder nur in
beſchränktem Umfange möglich geweſen iſt. Der Reichsverband des
Deutſchen Groß= und Ueberſeehandels e. V. hat in dieſer Angelegen=
heit
mit dem Reichspoſtminiſterium Verhandlungen geführt, das ſich
dankenswerterweiſe darum bemüht hat, die Einführung des Waren=
päckchens
im internationalen Verkehr anzuregen. Wie das Reichspoſt=
miniſterium
nunmehr mitteilt hat der Weltpoſtkongreß in London der
Einführung des Päckchendienſtes im zwiſchenſtaatlichen Verkehr zuge=
ſtimmt
. Nach ſeinen Beſchlüſſen, die am 1. Juli 1930 in Kraft treten,
braucht der Päckchendienſt aber nicht von allen Ländern angenommen
zu werden; er gilt vielmehr nur für den Verkehr derjenigen Länder
untereinander, die ſich ausdrücklich damit einverſtanden erklären. Welche
Länder den neuen Dienſt einführen werden, ſteht zurzeit noch nicht
feſt. Die Beförderungsgebühr iſt auf 15 Goldcentimen für je 50 Gr.,
mindeſtens 50 Goldcentimen und das Meiſtgewicht auf 1 Kilogramm
feſtgeſetzt worden. Außerdem kann das Beſtimmungsland eine Zuſtel=
lungsgebühr
von 25 Goldcentimen erheben.
Der Alice=Frauenverein lädt im Namen des Heſſiſchen Roten
Kreuzes alle Frauen und Mädchen Darmſtadts zu dem heute ſtattfin=
denden
öffentlichen unentgeltlichen Vortrag, von Frau Dr. Marie
Baum: Die Frau als Hüterin der Volksgeſundheit,
im Gartenſaal des Saalbaues, abends 8 Uhr, ein.
Fp. Zum Hausarbeitsgeſetze. Mit Wirkung vom 1. Dezember 1929
iſt das Kleben von Gummimänteln in der Hausarbeit verboten.

Sie zparen Müfe, Zeit und Gefd.
Und die ftauptsache. Jeder ißt zie mit Bekagen..
Viele Jorten wie: Srbs, Reisz m. Jomaten, Bfumenkok(, Rumford, Fpargel, Sien-Nudeln us0.

[ ][  ][ ]

Seite 6

Dienstag, den 8. Oflober 1929

33. Generalverſammlung des Evgngeliſchen Bundes.
II.
In der Mitgliederverſammlung des Evangeliſchen Bundes,
die am Samstag vormittag in der Rheinhalle in Koblenz ſtattfand,
erſtattete Bundesdirektor D. Fahrenhorſt den Jahresbericht. Er
iſt zuſammenzufaſſen in die beiden Sätze: der Evangeliſche Bund
lebt, der Evangeliſche Bund wächſt. Im Anſchluß an die drei Er=
innerungsfeiern
des Jahres, das Katechismusjubiläum, die Pro=
teſtation
von Speyer und das Marburger Religionsgeſpräch, ent=
wickelte
der Bundesdirektor die aufbauende Tätigkeit in ſeiner
Vortragstätigkeit, ſeinen Zeitungen und Zeitſchriften, ſeiner
Schweſternarbeit, dem öſterreichiſchen Liebeswerk der Wartburg=
verſicherung
und anderem. Neben dem evangeliſchen Ja muß lei=
der
auch das proteſtantiſche Nein im Bunde ſtehen, am deutlichſten:
gegenüber der preußiſchen Konkordatsentſcheidung. Es iſt ganz
weſentlich das Verdienſt des Bundes, daß das preußiſche Konkor=
dat
kein bayeriſches geworden iſt. Die nächſte große Aufgabe des
Bundes ſieht der Jahresbericht in der Sammlung und Einigung
aller Evangeliſchen, in der Weckung eines deutſch=evangeliſchen
Oeffentlichkeitswillens, deſſen Ziel ſein muß, die proteſtantiſche
Staatsidee und damit das Deutſchtum zu retten. Keine evange=
liſche
Partei, aber proteſtantiſche Bewegung im ſtaatlichen und
politiſchen Leben iſt die große Aufgabe. In dem anſchließenden
Feſtakt hielt Bundespräſident Geheimrat D. Schöll ſeine Pro=
grammrede
: Wären Gründe allein entſcheidend, hätte das Kon=
kordatsunheil
nicht kommen können. Das Spiel iſt verloren, aber
die Unnatur der Lage ſpricht, für ſich ſelbſt. Der Geſchichtsſinn
unſeres Volkes hat ſchwer gelitten. Es ergibt ſich die Frage nach
einer politiſchen Gegenaktion. Sie ſoll geſchehen durch politiſche
Kleinarbeit von unten auf. Wir wollen trauen auf den höchſten
Gott und uns nicht fürchten vor der Macht der Menſchen. An=
ſchließend
ſprach Generalſuverintendent a. D. Profeſſor D. Kling=
mann
=Bonn über die Stellung der Reformation in der deutſchen
Geſchichte. Er wies aus genaueſter Geſchichtskenntnis nach, daß
die Verfallsurſachen der Reichsideen nicht in der Reformation,
ſondern in der Papſtdiplomatie des Mittelalters ihre Urſachen
haben. Die aufbauenden Kräfte deutſchen Schrifttums, von Luthers
Geiſt geweckt, waren und ſind ein Segen. Wir können ihn auch in
der Gegenwart nicht miſſen. Der Feſtakt endete mit der Bekannt=
gabe
einer von der Mitgliederverſammlung beſchloſſenen Entſchlie=
ßung
. Sie ſpricht ſich gegen das Preußenkonkordat aus und fährt
fort: Der Evangeliſche Bund gibt der beſtimmten Erwartung
Ausdruck, daß die Verhandlungen zwiſchen preußiſcher Staatsregie=
rung
und evangeliſcher Kirche möglichſt bald und unter Wahrung
der völligen Parität, der Beachtung der Weſensverſchiedenheit der
beiden Kirchen ihren Abſchluß finden und fordert das evangeliſche
Volk auf, dieſer wichtigen Frage ſeine ſchärfſte Aufmerkſamkeit
zuzuwenden. Ferner ruft er unter Ablehnung einer evange=
liſchen
Partei auf zur politiſchen Mobiliſierung des evangeliſchen
Volksteils und Bildung eines proteſtantiſchen Oeffentlichkeits=
willens
. Am Abend wurde ein Clarenbach=Feſtſpiel Zeiten=
wende
in der Rheinhalle zur Aufführung gebracht. Der Sonn=
tag
als Höhepunkt der Tagung litt unter der ungünſtigen Witte=
rung
, vereinigte aber trotzdem viele Tauſende Evangeliſche aus
dem ganzen Rheinland. Nach den Feſtgottesdienſten fand eine
vaterländiſche Feier am deutſchen Eck ſtatt die etwa 5000 Men=
ſchen
vereinigte. Es kam zum Ausdruck, daß dieſe erſte vater=
ländiſche
Kundgebung am deutſchen Eck ſeit der
Beſetzung vom Evangeliſchen Bund veranſtaltet wurde. Be=
göiſternd
und hinreißend ſprach Pfarrer Berck=Roßdorf b. Darm=
ſtadt
: Wie hier zwei Ströme zuſammenfließen, Rhein und Moſel,
ſo fließen in den Herzen der rheiniſchen Proteſtanten zwei Ströme
zuſammen: Evangelium und Vaterland. Der Redner wies dann
hin auf die großen Männer, die der rheiniſche Proteſtantismus
dem deutſchen Volke geſchenkt hat: Schenkendorf, Arndt, Freiherr
vom Stein. Wie auch Görres, in deſſen Bruſt zwei Seelen mit=
einander
rangen, von denen ſich die römiſche als ſtärker erwies.
Was wäre aus dem Rheinland geworden, wenn der rheiniſche
Proteſtantismus nicht geweſen wäre?! Der Redner ſchloß mit
dem Hinweis auf die Worte am Denkmal: Nimmer wird das
Reich zerſtört, wenn ihr einig ſeid und treu. Begeiſtert ſang die
große Menge des Deutſchlandlied. Am Nachmittag waren gewal=
tige
Parallelverſammlungen in der Rheinhalle, in der Feſthalle
und in der Chriſtuskirche nötig. Hier wurde die Bedeutung des
Proteſtantismus für das Rheinland und ſeine bleibende Bedeu=
tung
behandelt. Es ſprachen Oberkonſiſtorialrat Lic. Dick=Berlin.
Obe konſiſtorialrat D). Lange=Berlin, Generalſuperintendent Prof.
D. Dr. Schian=Breslau. Der Klang dieſer Tagung wird in den
Herzen des rheiniſchen Proteſtantismus nicht verhallen.

Nummer 279

Auch im September hat ſich die Lage des Arbeitsmarktes für kauf=
männiſche
Angeſtellte weiterhin verſchlechtert. Noch immer ſind Kün=
digungen
und Entlaſſungen, zum Teil in erheblichem Umfange, an der
Tagesordnung. Die Zahl der beim Deutſchnationalen Handlungs=
gehilfen
=Verband vorgemerkten ſtellenloſen Bewerber iſt wieder um
11,6 Prozent auf 10 575 geſtiegen und hat damit einen neuen Höchſt=
ſtand
erreicht. Der erneute Perſonalabbau erfolgte nicht allein infolge
ſchlechter Geſchäftslage und damit verbundenen Betriebseinſchränkun=
gen
, ſondern zum Teil lediglich infolge durchgreifender Rationaliſie=
rungsmaßnahmen
. So erfolgten neue Maſſenkündigungen im Bank=
gewerbe
nicht nur in den an der Fuſion Deutſche BankDiskonto=
Geſellſchaft beteiligten Bankinſtituten, ſondern auch vielerorts in an=
deren
Bankbetrieben. Die Kündigungen werden ſich zwar erſt im Ver=
laufe
der nächſten Monate auswirken, bedeuten aber eine ſtarke Be=
laſtung
des kaufmänniſchen Stellenmarktes, da eine derartig große
Anzahl von Bankangeſtellten in ihrem Beruf kaum wieder unterkom=
men
wird, ihre Vermittelung in kaufmänniſche Betriebe aber mit be=
ſonderen
Schwierigkeiten verknüpft iſt. Die Lage in der Eiſen= und
Metallinduſtrie hat ſich weiterhin verſchärft. Zahlreiche Be=
triebseinſchränkungen
bzw. Stillegungen von Maſchinenfabriken und
Eiſenwerken zogen umfangreiche Kündigungen und Entlaſſungen nach
ſich. Aus der Schuh= und Lederinduſtrie wird gleichfalls
von Stillegungen berichtet. Uneinheitlich iſt die Lage in der Textil=
induſtrie
. Während die Tuchfabriken in Krimmitſchau gut beſchäftigt
ſind, arbeiten die Tuchwerke in M.=Gladbach durchweg kurz.
Gegenüber der Steigerung des Bewerberandranges iſt eine ſtärker
hervortretende Nachfrage in einzelnen Wirtſchaftszweigen nur in ſehr
geringem Maße zu beobachten. Der Hauptanteil der Anforderungen
entfällt auf Kontoriſten mit buchhalteriſchen und ſtenographiſchen
Fähigkeiten, wobei faſt ausſchließlich jüngere Kräfte verlangt werden.
Daneben boten ſich noch verhältnismäßig günſtige Vermittlungsmög=
lichkeiten
für gut eingeführte Reiſende und Verkaufskräfte der Manu=
fakturwaren
= und Lebensmittelbranche. Auch Lageriſten für den Lebens=
mittelhandel
wurden etwas ſtärker als im Vormonat angefordert. Im
Verſicherungsgewerbe wurden auch im September wieder Außenbeamte
geſucht.
Wenn im Zoo die Hirſche ſchreien. Das Rot= oder Edel=
wild
iſt jetzt in die Brunft getreten, nicht nur in unſeren Wäldern,
ſondern auch im Zoo. Während dieſer 45 Wochen dauernden Zeit
ſind die Hirſche, deren Geweih nun voll ausgebildet und gefegt iſt,
äußerſt aufgeregt und kampfluſtig; ſie treiben des Mutterwild (die
Weibchen) zu Rudeln zuſammen und führen erbitterte Kämpfe mit
ihren Nebenbuhlern Gleichſam als Herausforderung laſſen ſie,
namentlich in den Morgen= und Abendſtunden, ihre lauten Brunftrufe
ertönen, das Röhren oder Orgeln, wie die Jäger ſagen. Im Zoo
beteiligt ſich dieſes Mal auch der neu eingetroffene weiße Edel=
hirſch
aus Schottland an dem Wettſchreien. Der nordamerikaniſche
Wapiti, deſſen Brunftzeit etwas ſpäter fällt, hat trotz ſeiner bedeuten=
deren
Größe ein weniger imponierende Stimme; ſein Orgeln klingt viel
heller und nicht ſo machtvoll.

Trauerkundgebungen für Dr. Streſemann.

v. Bad=Nauheim, 7. Okt. Zu einer Trauerkundgebung für den ver=
ſtorbenen
Reichsaußenminiſter Dr. Streſemann hatte für Samstag
abend die hieſige Ortsgruppe der Deutſchen Volkspartei ein=
geladen
. Die Veranſtaltung war ſehr gut beſucht, auch von Mitglie=
dern
der Demokratiſchen und der Sozialdemokratiſchen Partei. Die ge=
dankentiefe
Gedächtnisrede, die von Chopinſcher Trauermuſik
wirkungsvoll umrahmt war. hielt. Landtagsabgeordneter Oberſtudien=
direktor
Dr. Keller, deſſen Ausführungen in ihrer ſchlichten Form=
vollendung
ſtärkſten, nachhaltigſten Eindruck hinterließen. Nachſtehend
geben wir den Gedankengang der tiefangelegten Rede kurz wieder.
Redner bezeichnete Dr. Streſemann als den größten, vielleicht
einzigen Staatsmann des augenblicklichen Deutſchlands, der nicht etwa
ein beliebiger Parteiführer oder Dutzendminiſter geweſen ſei, ſondern
ein Staatsmann, der die ganze Welt aufhorchen ließ, und an dem kein
Deutſcher, ob Anhänger oder Gegner, vorübergehen konnte. Seiner
Partei ſei er noch mehr, ſei er Haupt und Herz geweſen. Seine echte
nationalliberale Geſinnung habe er in dem Ausſpruch in der letzten
Sitzung des Zentralvorſtandes der Deutſchen Volkspartei bekundet:
Mag immer die Partei zu Grunde gehen, wenn das Vaterland nur
lebt! Durch ſein Ableben ſei eine große Lücke entſtanden; nur zögernd
könne auch der ſelbſtbewußteſte Nachfolger Dr. Streſemanns im Reichs=
tag
und Kabinett ſeinen Platz einnehmen. Als alter Bekannter Dr.
Streſemanns ſchilderte dann der Redner den Aufſtieg Dr. Streſemanns
vom jungen Syndikus zum Nachfolger Baſſermanns in der Leitung der
nationalliberalen Partei. Stets ſei ſeine Haltung zielbewußt und
konſequent geweſen. Nach dem Zuſammenbruch habe er ſeine Aufgabe
darin geſehen, aus den Trümmern einen Neubau zu ſchaffen, der dem
alten Bau würdig ſei. Aus dieſem Grunde habe er die Deutſche
Volkspartei gegründet, die auf neuem Wege neuen Zielen zuſtrebe, aber
die Vergangenheit nicht verleugne. Niemals habe Streſemann auch im
neuen Deutſchland Oppoſition um ihrer ſelbſt willen getrieben, oder
ein Staatsgeſetz ignoriert. Jederzeit ſei er vielmehr zur ehrlichen
Mitarbeit bereit geweſen; er habe nach dem Ruhrkampf das Steuer des
wracken Schiffes ergriffen, das ihm nun der Tod kurz vor der Einfahrt
in den Hafen aus der Hand geriſſen habe. Immer mehr ſei in ihm
der Parteiführer zurück= und der dem ganzen Volke gehörende Staats=
mann
in den Vordergrund getreten. Von ſeinen Gegnern ſeien nur zu
leicht die wahren Verhältniſſe und Widerſtände vergeſſen worden, durch
die ſich Streſemann gegen eine Welt von Feinden durchkämpfen mußte.
Langſam habe er durch ſeine Politik einen kleinen Vorteil an den an=
deren
gefügt und nur ſo ſein Volk vor Schlimmerem retten können. Un=
willkürlich
dränge ſich ein Vergleich auf zwiſchen Bismarck, dem
Gründer des Reichs, und Streſemann, der ſich für die Erhaltung
dieſes Reiches opferte. Beiden ſei ein ſtarkes Selbſtvertrauen, ein guter
Sinn für die Realitäten des Lebens, gepaart mit einem idealen Hoch=
flug
kühner Gedanken, und ein unbeugſamer Wille eigen geweſen.
Jeden Sieg habe Streſemann mit der ganzen Kraft ſeines kranken
Körpers erkauft, jede Schmähung ſeiner Gegner habe zur Beſchleuni=
gung
ſeines Lebensendes beigetragen. Nur ein Mittel hätte ſein Leben
verlängern können: der Rücktritt. Nie hätte er aber davon Gebrauch
gemacht, bevor nicht ſein Lebensziel, die Befreiung des Reichs, erreicht
geweſen ſei. Der großen Bedeutung Streſemanns werde ſich das
deutſche Volk jetzt erſt bewußt, nachdem es ihn verloren habe. Ueberall
werde er Deutſchland und der ganzen Welt fehlen. Erſt die Nachwelt
werde ihm ganz geben, was die Gegenwart ihm vorenthalten habe. An

uns Lebenden ſei es nun, zu beweiſen, daß das Werk nicht mit dem
Meiſter ſtirbt. Sei uns Streſemann bisher Führer geweſen, ſo müſſe
er uns jetzt Beiſpiel ſein, heute und immerdar. Dann werde auch ſein
Werk leben, das deutſche Volk und das Reich, in deſſen Dienſt er ſich
klagenlos opferte.
Die Trauergemeinde, der auch Bürgermeiſter Dr. Ahl und Bei=
geordneter
Kling von der Stadtverwaltung, und in größerer Zahl auch
Kurgäſte angehörten, ehrte durch Erheben von den Sitzen das An=
denken
des großen Staatsmannes.
a. Offenbach, 7. Okt. Die Trauer der Deutſchen Volks=
partei
um Streſemann. Die Mitgliederverſammlung der Orts=
gruppe
der Deutſchen (liberalen) Volkspartei, die ſeit Dienstag zur
Entſcheidung über die Vereinbarungen des Bürgerausſchuſſes zur Vor=
bereitung
der Stadtratswahlen einberufen war, wurde zu einer Trauer=
kundgebung
für den verblichenen Außenminiſter und Parteiführer Dr.
Guſtav Streſemann. Während ſich die Teilnehmer der Verſammlung
erhoben, führte der Vorſitzende der Ortsgruppe, Stadtratsmitglied
Heyne, mit ſichtlich bewegten Worten aus, daß ſeit Kriegsende das
deutſche Volk wohl noch kein Ereignis ſo tief und ſo allgemein ergriffen
habe. Es ſei ein Großer in der Politik und im Leben des Volkes
dahingegangen, der ſich in verhältnismäßig kurzer Zeit zum Staats=
manne
großen Ausmaßes ausgewachſen habe. Nur mit äußerſtem
Widerſtreben habe er einſt in Deutſchlands größter Not die Kanzlen=
ſchaft
übernommen, um dann von Oktober 1923 an bis zum Tode
Deutſchlands Außenminiſter zu bleiben. Seine Politik habe immer mehr
in weiteſten Kreiſen des Volkes Anklang gefunden, und noch weitere
Kreiſe hätten ſeine edlen menſchlichen Eigenſchaften geſchätzt. Sein
Ziel ſei allzeit geweſen, Deutſchland wieder zur Geſundung und zur
Höhe zu führen. So habe er als Kämpfer wohl Gegner, aber keine
Feinde gehabt. Wer mit ihm in Berührung kam, wußte aber, daß er
ſeit etwa zwei Jahren vom Tode gezeichnet war. Er habe trotz ſeines
leidenden Zuſtandes von ſeinen hohen Zielen nicht abgelaſſen, habe ſich
im Dienſte des Volkes und Vaterlandes aufgerieben, ſei ſchließlich wie
der Soldat auf dem Felde gefallen. Sein Verſcheiden könne innen= und
außenpolitiſch Folgen haben, die noch nicht abzuſehen ſeien. Die von
ihm gegründete Partei aber werde ihm Anerkennung und Dankbarkeit
über das Grab hinaus durch Weiterarbeit in ſeinem Sinne erweiſen.
Es wurde ſodann beſchloſſen, gemeinſam mit den Frankfurter Partei=
freunden
eine große Trauerfeier im Saalbau zu Frankfurt, Mittwoch,
9. Oktober, abzuhalten. Nähere Mitteilung darüber wird noch ergehen.
Die gleichzeitig tagende Ortsgruppe der Deutſchnationalen Volkspartei
ließ der Verſammlung zum Hinſcheiden Streſemanns ihre Teilnahme
ausdrücken. Es wurde nach kurzer Pauſe Stellung zum Wahlvor=
ſchlag
genommen, den der Bürgerausſchuß zur Vorbereitung der Stadt=
ratswahl
vorgelegt hat. An den Bericht der Verhandlungsführer der
Partei ſchloß ſich eine gründliche und ausgedehnte Ausſprache, die
ſchließlich mit großer Mehrheit zur Ableynung der vorgeſchlagenen
Liſte führte. Der Ablehnungsgrund iſt die zu große Belaſtung dieſes
Wahlvorſchlags mit Herrn Weiſer, Geſchäftsführer des Haus= und
Grundbeſitzervereins. Ein Wahlausſchuß der Partei wird in den näch=
ſten
Tagen eine ebenfalls bürgerliche Gemeinſchaftsliſte auf möglichſt
breiter Grundlage ausarbeiten. Der Abſchluß der Verhandlungen wird
unbedingt in dieſer Woche erfolgen.

*p. 1. Junge Mädchen müſſen beim Umgang mit Militärperſonen
fremder Staatsangehörigkeit recht vorſichtigt ſein. Das mußte ein
junges hieſiges Mädchen erfahren, das gelegentlich einer öffentlichen
Tanzveranſtaltung im Herbſt 1925 einen Militär kennen lernte. Dieſer
beſtellte es in ein Café eines Nachbarortes und ſuchte dort Beziehungen
anzuknüpfen, um manches über die Schupo auszukundſchaften. Der
Militär (ein Elſäſſer) ſcheint nach der Ausſage der wegen Verrats
militäriſcher Geheimniſſe 22 Jahre alten Angeklagten ihr auch gelegent=
lich
mit Einſperren gedroht zu haben. Bei dritten Perſonen hat die
Angeklagte, die einen etwas beſchränkten Eindruck macht, mit ihren
Beziehungen zu dem Elſäſſer renommiert. Heute will ſie ſich auf
nichts mehr erinnern können. Urteil: 1 Monat Gefängnis.
2. Ein im Odenwald wohnhafter Steuerberater war früher bei
verſchiedenen Finanzämtern beſchäftigt und abſolvierte 1918 die Staats=
prüfung
; zuletzt war er in Offenbach und Fürth als Beamter des
Finanzamts angeſtellt. Die Anklage legt ihm zur Laſt, in Offenbach
ſich 2500 Mark aus der Kaſſe rechtswidrig zugeeignet zu haben, die in
der Folge, im November 1925, erſetzt worden ſein ſollen. In Fürth
war der Angeklagte Kaſſenaufſichtsbeamter; er will dort in Schulden
geraten ſein. Nach der Anklage ſoll er weiter von Untererhebern des
dortigen Bezirks unter falſchen Vorſpiegelungen vereinnahmte Gelder
ſich haben auszahlen laſſen. Auch die ſo bezogenen Gelder ſollen erſetzt
ſein. Der Staatsanwalt erachtet, daß der Angeklagte einer Ver=
fehlung
gegen 88 350, 351 St. G. B. im Offenbacher Fall überführt ſei;
im zweiten Falle werde Unterſchlagung nach 8 246 St.G.B. angenom=
men
, wobei ſich der vorgeſetzte Angeklagte bis auf einen Vorgang der
Untererheber als Werkzeug bedient habe. Eine zehnmonatige Gefäng=
nisſtrafe
wird in Antrag gebracht. Der Verteidiger betont, daß man
über die rechtliche Beurteilung der Rechtslage in den Fürther Vorfäl=
len
verſchiedener Meinung ſein könne. Das Urteil erkennt auf acht
Monate Gefängnis.
3. Zwei junge Leute von Griesheim ſind angeklagt, in der Nacht
vom 25. zum 26. Mai d. Js. (Samstag auf Sonntag) unweit des Wald=
ſchlößchens
ſich der gemeinſchaftlichen Körperverletzung ſchuldig gemacht
zu haben. Zwei Arbeiter, auf dem Heimweg von Griesheim nach
Darmſtadt begriffen, wurden mit Steinen traktiert; zwei begleitende
Mädchen ergriffen eilig die Flucht. Bei einem dritten Verletzten läßt
die Wunde auf den Gebrauch eines Meſſers ſchließen. Der Staats=
anwalt
glaubt, daß es die Angeklagten, die im Walde lagerten, letzten
Endes auf die Mädchen abgeſehen hatten; ein glatter Ueberfall liege
vor. Das Urteil erkennt gegen den einen der Angeklagten auf einen
Monat, gegen den anderen unter Einbeziehung einer jüngſt erkannten
Strafe auf 1 Jahr 1 Monat Gefängnis.

Täglich
trischgebr. KAllee
(15403a
in anerkannt vorzüglicher Oualität
M. W. Prassel
Schulstraße 10

Fp. Entſchädigung der Arbeitgeber= und Arbeitnehmerbeiſitzer der
Arbeitsgerichtsbehörden. Für Wegſtrecken, die auf Eiſenbahnen, Schif=
fen
, Kraftpoſten oder ſonſtigen regelmäßigen Verkehrsmitteln zurück=
gelegt
ſind oder hätten zurückgelegt werden können, werden die wirk=
lich
erwachſenen Auslagen einſchließlich der Koſten für Beförderung und
Verſicherung des notwendigen Gepäcks, jedoch bei Eiſenbahnen, Klein=
bahnen
oder Schiffen höchſtens der Fahrpreis der 2. Wagenklaſſe in
Perſonenzügen oder der 1. Schiffsklaſſe vergütet. Daneben können Zu=
ſchläge
für Eilzugsbenutzung erſtattet werden, wenn ſolche nach Lage
der Verkehrsgelegenheiten, insbeſondere zur Abkürzung der Geſamt=
reiſedauer
zweckmäßig war; desgleichen für Schnenlzugsbenutzung,
wenn die Mehrkoſten gegenüber den Koſten der Eilzugsbenutzung durch
eine Minderausgabe an Entſchädigung für Verdienſtausfall, Auf=
wandsentſchädigung
und Uebernachtungsgeldern ausgeglichen werden.
Schulgruppe für Vogelſchutz der Ludwigs=Oberrealſchule Darm=
ſtadt
. Donnerstag, den 10. Oktober, findet eine eintägige Nad=
fahrt
nach dem Kühkopf ſtatt. Treffpunkt: Bahnbrücke Rhein=
ſtraße
vormittags 8 Uhr.

Die Beaufſichkigung der Hurde.
Das Polizeiamt Darmſtadt ſieht ſich veranlaßt, alle
Hundebeſitzer und Begleiter von Hunden erneut auf den Befolg der
Polizeiverordnung, betr. die Beaufſichtigung der Hunde, hinzuweiſen.
So iſt es u. a. in letzter Zeit wiederholt beobachtet worden, daß
Hunde auf den Markt, in Lebensmittelgeſchäfte (Metzgereien, Bäcke=
reien
u. dal.), auf die Friedhöfe, in öffentliche Dienſtgebäude, Bade=
häuſer
und zu öffentlichen Feierlichkeiten mitgenommen wurden und
deren Verweilen dort geduldet wurde, trotzdem dies verboten iſt.
Weiterhin ſei darauf hingewieſen, daß
1. innerhalb der Stadt Darmſtadt Hunde auf allen Wegen und
Plätzen, ſowie an allen Orten, wo Menſchen zu verkehren pflegen,
bifſige Hunde, ſowie Bernhardiner, Neufundländer, Leon=
berger
, Doggen, Maſtiffts und alle Kreuzungen dieſer Raſſen an
einer kurzen Leine zu führen und erſtere auch außerhalb der
Stadt mit einem das Beißen verhindernden Maulkorb verſehen
ſein müſſen;
2. in den dem Publikum geöffneten Gärten, in den Anlagen weſtlich
der früheren Main=Neckar=Bahn, in den Bahnhofsanlagen zwiſchen
Allee, Stirn= und Dornheimer=Weg, in Bahnhöfen, ſowie in Wirt=
ſchaften
und Wirtsgärten alle Hunde an der Leine zu führen ſind
und die Begleiter von Hunden dafür Sorge zu tragen haben, daß
dieſe in den öffentlichen Anlagen, in denen ſich Naſen, Blumen=
beete
oder Gebüſchpflanzungen befinden, nicht außerhalb der Wege
umherlaufen;
3. kranke Hunde und läufige Hündinnen überall dort, wo
Menſchen zu verkehren pflegen, ſtets an der Leine zu führen ſind,
und mit anſteckender Krankheit, insbeſondere Hautkrankheiten, be=
haftete
Hunde zu Hauſe eingehalten werden müſſen.
Ferner haben alle Beſitzer und Begleiter von Hunden die erfor=
derlichen
Maßnahmen dafür zu treffen, daß die Ruhe nicht durch
andauerndes Gebell ihrer Hunde geſtört wird und
insbeſondere das Anbellen von Perſonen, Zug= oder Reittieren unter=
bleibt
. Auch iſt es dem Hundebeſitzer unterſagt, ſeinen Hund zur
Nachtzeit (d. h. von 10 Uhr abends bis 5 Uhr morgens) ohnen Aufſicht
auf der Straße frei umherlaufen zu laſſen.
Schließlich wird noch darauf hingewieſen, daß neben der Anmel=
dung
eines Hundes auf der Bürgermeiſterei durch den Hundebeſitzer
dieſer dafür verantwortlich iſt, daß ſein Hund außerhalb eines Hauſes,
eines geſchloſſenen Grundſtücks oder ſonſtiger umſchloſſener Räume die
von der Bürgermeiſterei verausgabte Hundemarke am Halsband
führt.
Alle Polizeibeamten ſind erneut angewieſen, den Befolg der an=
geführten
Vorſchriften zu überwachen und Zuwiderhandlungen unnach=
ſichtlich
zur Anzeige zu bringen.
Bausfrauenbund. Monatsverſammlung iſt heute nach=
mittag
im Muſikſaal des Saalbaues. Um zahlreiches Erſcheinen wird
gebeten.
Aus den Parkeien.
Frauengruppe der Deutſchen Volkspartei. Wir
teilen unſeren Mitgliedern mit, daß unſer geſelliges Zuſammenſein bis
auf weiteres verſchoben iſt.
Deutſche Volkspartei, Ortsgruppe Darmſtadt.
Letztmalig wird auf die heute abend um 8 Uhr im Kleinen Haus des
Heſſiſchen Landestheaters ſtattfindende Trauerfeier für Herrn Reichs=
außenminiſter
Dr. Streſemann aufmerkſam gemacht. Herr Reichstags=
abgeordneter
Dingeldeh hält die Trauerrede. Das Drumm=Quartett
ſpielt zu Beginn der Veranſtaltung Adagio von Beethoven und zum
Schluß Variationen über Der Tod und das Mädchen von Schubert.
Eswird gebeten, in dunkler gleidung zuerſcheinen.
Tageskalender für Dienstag, den 8. Oktober 1929.
Heſſ. Landesrheater, Großes Haus, 19 Uhr, A 5: Carmen.
Kleines Haus, 20 Uhr: Trauerfeier für Reichsaußenminiſter Dr.
Streſemann. Orpheum, 20.15 Uhr: Ohne Kleid tut mir
leid. Konzerte: Schloßkaffee, Kaffee Oper. Kinovor=
ſtellungen
: Union=Theater, Helia.

(in gutes Mittel bei Flechten, Hautausſchlägen.

Flechten, ganz beſonders die überaus läſtige Schuppenflechte
(Psoriasis) und Bartflechte, ſind gar arge und läſtige Uebel, denn
ſie verunſtalten nicht nur die Haut, ſondern ſchmerzen, jucken,
ſchuppen, brennen und näſſen oft auch ganz erheblich und an=
dauernd
. Außerdem ſind ſie meiſt hartnäckiger Natur, und nicht
ſelten ſind ſie von der Wiege bis zum Grabe der treue Begleiter
des Menſchen. Man ſollte deshalb nie den Weg zum Arzt ſcheuen,
denn jede Flechte iſt anders, und jede Haut verlangt eine indi=
viduelle
Behandlung. In vielen Fällen hat ſich nach meinen

Von Spezialarzt Dr. med. Woltzer.
Erfahrungen folgendes Verfahren gut bewährt: Man nehme ein
Stück Zucker’s Patent=Medizinal=Seife, reibe
mit der Hand oder noch beſſer mit einer naſſen Bürſte, einem
naſſen Pinſel und dergleichen möglichſt viel dicken Schaum, läßt
ihn evtl. noch einige Zeit ſtehen, bis er ſo dick iſt wie Brei, Salbe
oder Sirup, und irägt ihn dann leicht, ohne zureiben, auf
die zu behandelnden Hautſtellen auf. Am beſten geſchieht das
Auftragen des Abends, damit der Schaum genügend Zeit hat,

auf der Haut einzutrocknen und die Nacht über liegen bleiben
kann. Morgens erweicht man ihn mit etwas Waſſer, ſpült ihn
dann leicht ab und trocknet hierauf die Haut, ohne zureiben
oder zu frottieren, ſanft mit einem weichen Tuch. Nach=
her
ſtets die Haut mit Zuckooh=Creme, die ebenſo wie
Zucker’s Patent=Medizinal=Seife in jeder Apo=
theke
, Drogerie und Parfümerie zu haben iſt, nachbehandeln. Dieſe
Prozedur wiederhole man ſo lange, bis Beſſerung erfolgt.

[ ][  ][ ]

Nummer 229

Dienstag, den 8. Oftober 1929

Seite 7

Aus Heſſen.

25 Jahre Deutſche landwirtſch. Genoſſenſchaftsſchule.

Am 2. Oktober wurde der 19. Lehrgang der beim Reichsver=
band
der deutſchen landwirtſchaftlichen Genoſſenſchaften in Berlin
beſtehenden Deutſchen landwirtſchaftlichen Genoſ=
ſenſchaftsſchule
eröffnet. Bei dem Eröffnungsakt hielt der
Generalanwalt des Reichsverbands, Regierungsrat Gennes,
eine Anſprache, in der er darauf hinwies, daß mit dem beginnen=
den
Lehrgang die Genoſſenſchaftsſchule, welche nicht nur in Deutſch=
land
, ſondern in allen Kulturſtaaten der Welt die älteſte derartige
Anſtalt iſt, 25 Jahre ihrer genoſſenſchaftlichen Ausbildungs= und
Schulungsarbeit hinter ſich hat.

Aus Anlaß des 25jährigen Beſtehens der Genoſſenſchaftsſchule
hat der Reichsverband als 27. Band der Deutſchen landwirtſchaft=
lichen
Genoſſenſchaftsbibliothek eine Druckſchrift: 25 Jahre
Deutſche landwirtſchaftliche Genoſſenſchafts=
ſchule
19041929 erſcheinen laſſen, welche die Geſchichte
der Schule, ihre Aufgaben, ihren Lehrplan und die Ergebniſſe
ihrer Arbeit eingehend ſchildert. Das Schlußwort dieſer Schrift
bebt hervor, daß das deutſche landwirtſchaftliche Genoſſenſchafts=
weſen
, das gerade jetzt an einem Markſtein ſeiner wei=
teren
Entwicklung angelangt iſt, auch in den kommen=
den
Jahrzehnten mehr. denn je Beamte benötigen werde, die
nicht nur mit voller Fachkenntnis, ſondern auch
aus innerſter Ueberzeugung und aus innerlichem
Bedürfnis herausder genoſſenſchaftlichen Sache
dienen.

Ein 70jähriger Lehrer= und Geſangs=Bekeran.
4a. Ober=Ramſtadt, 7. Okt. Hauptlehrer Würtenberger
70 Jahre alt 50 Jahre Dirigent. Der hieſige Hauptlehre=
i
. N. Georg Würtenberger, kann am Donnerstag dieſer Woche ſeinen
70. Geburtstag begehen. Gleichzeitig feiert er ſein 50jähriges Dirigenten=
jubiläum
.
Georg Würtenberger wurde am 10. Oktober 1859 in Ober=Ramſtadt
geboren. Er beſuchte zunächſt die hieſige Volksſchule und Privatſchule
bis Oſtern 1871. Danach beſuchte er das Realgymnaſium in Darmſtadt
bis 1876 und im Anſchluß daran das Schullehrer=Seminar Friedberg
von 18771880. Seine erſte Verwendung als Lehrer fand er in Wörr=
ſtadt
in Rheinheſſen. Als kaum 20=Jähriger übernham er die Leitung
des Geſangvereins Liederkranz Wörrſtadt. 1882 kam er nach Ober=
Modau. Dort gründete er einen Geſangverein. Gleichzeitig dirigierte
er einen Geſangverein in Ernſthoſen. 1884 wurde Lehrer Würtenberger
nach Rothenberg i. O. verſetzt, wo er ebenfalls den dortigen Geſang=
verein
übernahm. 1887 kam er nach Wald=Amorbach i. O., wo er eben=
falls
einen Geſangverein gründete und Dirigent des Geſangvereins
Liederkranz im benachbarten Höchſt i. O. wurde. Als Würtenberger
1902 nach Weiterſtadt verſetzt wurde, leitete er auch dort einen Geſang=
verein
(Sängerluſt) und dirigierte gleichzeitig den Braunshardter
Geſangverein. Im Jahre 1904 wurde Würtenberger in ſeinem Heimat=
vrt
Ober=Ramſtadt definitiv angeſtellt. Als begehrter Dirigent leitete
er hier den Geſangverein Germania die Turner=Singmannſchaft,
ſowie das Doppelquartett Konkordia, deſſen Mitbegründer er iſt.
Heute noch leitet er die Harmonie und den Kirchenchor.
So hat ſich Lehrer Würtenberger nicht nur große Verdienſte als
Lehrer und Erzieher, ſondern auch auf dem Gebiete des Geſangvereins=
weſens
erworben. Alt an Jahren, aber noch jung an Herz und Gemüt,
mit einem ſonnigen Humor ausgeſtattet, kann er in körperlicher und
geiſtiger Rüſtigkeit neben ſeinem 70. Geburtstag ſein 50jähriges Diri=
gentenjubiläum
begehen. Der Geſangverein Germania, deſſen Ehren=
dirigent
er iſt, veranſtaltet ihm zu Ehren am Samstag abend einen
Ehrenabend, bei dem der greiſe Jubilar ſich nicht nur als Dirigent
zweier Heimatlieder, ſondern auch noch als eifriger Klavierſoliſt be=
tätigen
wird. Hauotlehrer Würtenberger wird es an ſeinem Jubeltag
an Ehrungen ſicherlich nicht fehlen.

Unverhoffter Zeueralare.
Bp. Am Sonntag früh 5,30 Uhr wurde die Arheilger Feuerwehr
zu einem Großfeuer durch die Horniſten nach dem Arheilger Mühlchen
alarmiert. Wenn auch die Alarmierung durch Horniſten heute nicht
mehr zeitgemäß iſt, und für eine Gemeinde wie Arheilgen beſſer durch
eine Sirene erfolgen würde, ſo darf noch geſagt werden, daß die aus
dem Schlafe geſchreckten Feuerwehrmänner nach verhältnismäßig kurzer
Zeit am vermeintlichen Brandplatz erſchienen. Die Alarmierung geſchah
durch den Kreisfeuerwehrinſpektor, und zwar unverhofft. Die am Mühl=
chen
vorgenommene Uebung bewies, daß die Feuerwehr recht ſchlag=
fertig
iſt.
Gegen 7 Uhr erfolgte vom Frankenſtein aus die unverhoffte Alar=
mierung
der Feuerwehren Nieder=Beerbach und Malchen. Auch hier
ſchloß ſich eine Feuerwehrübung an unter Mitwirkung der Kreismotor=
ſpritze
. Wenn auch die Uebungen der beiden Wehren, die trotz des un=
verhofften
Alaums verhältnismäßig raſch am Platze waren, fehr gut
klappten, ſo zeigte ſich doch, daß die gegenwärtigen Waſſerverhältniſſe
auf dem Frankenſtein einer Aendgrung bedürfen, denn in dem jetzigen
Zuſtand iſt die Motorſpritze nicht verwendbar.

Aa. Griesheim, 7. Okt. Die Kraftpoſtſchnellinie Darm=
ſtadt
Oppenheim hat ſeit Sonntag eine Ermäßigung der Tarife
für die längeren Strecken eingeführt. Der einfache Fahrpreis Darm=
ſtadt
-Kornſand (Oppenheim) koſtet jetzt nur 1,80 Mk., für Hin= und
Rückfahrt ſind 3 Mk. zu entrichten. Eine Zehnerkarte koſtet zwiſchen
Darmſtadt und Oppenheim 14,50 Mk. Von Darmſtadt bis Wolfskehlen
haben die Fahrpreiſe keine Herabſetzung erfahren.
J. Griesheim, 7. Okt. Laut Mitteilung der Reichsvermögensſtelle
fallen die Scharfſchießübungen der franzöſiſchen Beſatzungstruppen in
dieſer Woche aus. Anläßlich des Todes des Reichsaußenminiſters Dr.
Streſemann haben auch hier die öffentlichen Gebäude auf Halbmaſt ge=
flaggt
. Am 10. Oktober findet im Gebiet des Deutſchen Reiches die
diesjährige Perſonalſtandsaufnahme ſtatt. Zu dieſem Zweck wird allen
Wohnungsinhabern (Haushaltungsvorſtände) Haushaltungsliſten zuge=
ſtellt
. Die Ausfüllung der Liſten, welche zur Grundlage für die Steuer=
einſchätzung
bzw. Steuerkarten im Jahre 1930 dienen, kann auf Grund
des Reichsveranlagungsgeſetzes mit Geldſtrafe erzwungen werden. Eben=
ſo
werden Betrieben aller Art beſondere Betriebskarten zugeſtellt.
Arbeiter=Samariterkolonne. Wie alljährlich, findet auch in dieſem Jahre,
und zwar am 20. Oktober, eine Hausſammlung ſtatt. Der Erlös findet
Verwendung zum Ausbau der Kolonne und zur Unterſtützung bedürf=
tiger
Perſonen ſowie zur Weihnachtsbeſcherung armer Kinder und
Waiſen.

Zuuelrabenänond 19es i Beſſen.

Starke Vermehrung der Anbaufläche gegenüber 1928
Nach den neueſten Erhebungen des Statiſtiſchen Reichsamts
über Anbaufläche 1929 und Erntefläche 1928 der für die Zucker=
fabrikation
des Deutſchen Reiches beſtimmten Zuckerrüben fallen
von den 427 263 Hektar diesjähriger Anbaufläche im Deutſchen
Reich 9175 Hektar auf Heſſen. Im Kreiſe der 17 verſchie=
denen
Gebiete des Deutſchen Reiches, die für den Zuckerrüben=
anbau
in Betracht kommen (teils deutſche Länder, teils Landes=
teile
, wie z. B. ihrer neun in Preußen, wobei mehrmals zwei
Provinzen als ein Landesteil hinſichtlich des Zuckerrübenanbaus
zuſammengefaßt ſind) finden wir Heſſen nach dem Umfang
ſeiner diesjährigen Zuckerrübenanbaufläche an
13. Stelle. Heſſen hat im Rahmen aller deutſchen Zuckerfabri=
kationsgebiete
nach der Größe der jetzigen Zuckerrübenanbaufläche
ſeinen Platz in der Mitte zwiſchen dem Gebiet Baden und Würt=
temberg
mit 9843 Hektar und Oſtpreußen mit 6003 Hektar. An
der Spitze der deutſchen Zuckerrübenanbaugebiete ſteht die Provinz
Sachſen mit 122 460 Hektar, am Schluß der Anbaugebiete befindet
ſich Thüringen mit 2425 Hektar gegenwärtiger Anbaufläche.
Gegenüber der Erntefläche des eben abgelaufenen, vom
1. September 1928 bis zum 31. Auguſt 1929 reichenden Be=
triebsjahrs
1928 weiſt Heſſen eine Vermehrung der
Anbaufläche auf. Die Erntefläche 1928 Heſſens belief ſich auf
8567 Hektar; ſomit haben wir in Heſſen eine Zunahme
der Zuckerrübenanbauflache um 7.1 Hundertteile
gegen das Vorjahr.
Von den 17 deutſchen Gebieten des Zuckerrübenanbaus zeigen
10 eine Zunahme der diesjährigen Anbaufläche gegen die vok=
jährige
Erntefläche. Unter dieſen Gebieten kommt auf Heſſen die
verhältnismäßig drittgrößte Vermehrung der Zuckerrübenanbau=
fläche
. Unmittelbar über Heſſen ſteht in der relativen Vergröße=
rung
der Anbauflache das Gebiet Baden=Württemberg mit Zu=

nahme der Anbaufläche um 10,1 Hundertteile. Unmittelbar unter
Heſſen befindet ſich die Rheinprovinz mit Anbauflächenvermehrung
um 5.0 Hundertteile. Die verhältnismäßig größte Zunahme der
Anbaufläche von 14,6 Hundertteile weiſt Bayern auf; die relativ
kleinſte Zunahme von nur 8 Hektar bietet das Gebiet Niederſchle=
ſien
Grenzmark Poſen=Weſtpreußen. Eine Abnahme der dies=
jährigen
Zuckerrübenanbaufläche gegenüber der vorjährigen Ernte=
fläche
beſitzen dagegen 7 deutſche Landesteile, bzw. preußiſche Pro=
vinzen
, anſteigend von der geringſten Verminderung der Anbau=
fläche
im Gebiet Braunſchweig=Lippe um 1,6 Hundertteile bis zur
größten Verkleinerung der Anbaufläche um 14,4 Hundertteile in
Oberſchleſien.
Die Zahl der Fabriken mit Rübenverarbei=
tung
, die in Heſſen im Jahre 1928/29 in Betrieb waren, be=
trug
5: im Jahre 1929/30 kommen nach dieſer neueſten ſtatiſtiſchen
Erhebung vorausſichtlich wieder 5 Fabriken in Betrieb.
Von den 17 Zuckerfabrikations=Gebieten des Deutſchen Reiches
weiſen nach dieſer jüngſten Statiſtik 6 Gebiete für das eben be=
gonnene
Betriebsjahr eine Verminderung der Anzahl von Zucker=
fabriken
auf, die Gebiete Provinz Sachſen. Hannover und Schles=
wig
=Holſtein, Oberſchleſien, Anhalt, Thüringen und Braunſchweig=
Lippe.
Mit ſeinen 5 Zuckerfabriken des abgelaufenen Betriebsjahres
hat Heſſen von den 248 Zuckerfabriken im Deutſchen Reich die
neuntgrößte Anzahl. Die nächſtgrößte Anzahl von Fabriken gegen=
über
Heſſen, nämlich je 8 Fabriken, bieten Braunſchweig ſowie
Mecklenburg=Schwerin und =Strelitz. Die nächſtkleinere Zahl von
Zuckerfabriken nach Heſſen beſitzen das Land Sachſen, Thüringen,
Heſſen=Naſſau und Weſtfalen, Oſtpreußen, Baden und Württem=
berg
mit je 4 Fabriken.
Die Höchſtzahl von 68 Fabriken unter allen deutſchen Zucker=
fabrikations
=Gebieten, treffen wir in der Provinz Sachſen, die
Niederſtzahl von 3 Fabriken finden wir in Bayern vor.

Aenderungen im Arbeiterzugverkehr.
(Infolge nachträglicher Aenderung der Arbeitszeit in den Opel=
werken
Rüſſelsheim müſſen die für den Abtransport der Opelarbeiter
vorgeſehenen Arbeiterzüge gegen den bekannt gegebenen Fahrplan vom
6. Oktober 1929 ab ſofort wie folgt früher befördert werden:
a) Züge Werktags außer Samstags:
Vorzug 1347 Rüſſelsheim ab 17,09 Mainz Hbf. an 17,29 Uhr,
Zug 1347 Raunheim ab 17,00 Mainz Hbf. an 17,35 Uhr,
Zug 1349 Rüſſelsheim ab 17,20 Biſchofsheim an 17,26 Uhr,
Zug 6520 Rüſſelsheim ab 17,31 Darmſtadt Hbf. an 18,22 Uhr.
b) Samstagzüge:
Zug 1319 Raunheim ab 12,12 Mainz Hbf. an 1244 Uhr,
Zug 1331 Rüſſelsheim ab 12,29 Biſchofsheim an 12,35 Uhr,
Zug 640a Raunheim ab 12,05 Darmſtadt Hbf. an 14,17 Uhr.

Kleinen Kindern,
die durch Verdauungsſtörungen während der warmen Jahreszeit herab=
gekommen
ſind, gibt man am beſten die von den Aerzten empfohlene
Kraftnahrung Ovomaltine, die auch der geſchwächte Magen gut ver=
trägt
. Die gute Wirkung zeigt ſich ſchon in einigen Tagen.
In Apotheken und Drogerien vorrätig; 250 gr Büchſe RM 2.70, 500 gr
RM 5. Gratisproben und Druckſachen durch:
(I.6277
Dr. A. Wander, G. m. b. H., Oſthofen=Rheinheſſen.

An. Arheilgen, 7. Okt. Kirchenkonzert. Das Kirchenkonzert
des Kalbhennſchen Hornquartetts, das als erſtes einer Reihe geiſtlicher
Abendmuſiken, die im Laufe des kommenden Winters in Ausſicht ge=
nommen
ſind, geſtern hier ſtatkfand, erfreute ſich eines recht guten Be=
ſuches
, und muß Herrn Pfarrer Kalbhenn und Söhnen volles Lob ge=
ſpendet
werden. Die am Ausgang erhobene Kollekte ergab einen recht
anſehnlichen Betrag und wird derſelbe je zur Hälfte dem Diakoniſſen=
haufe
und dem heſſiſchen Krüppelheim zugewieſen werden. Gegen=
wärtig
findet hier von ſeiten des Landesjugendpfarramts ein Lehr=
gang
für Jugendführung ſtatt. Hauptreferent iſt Direktor
Engelke vom Rauhen Hauſe. Auch die Jugend bietet mancherlei aus
Tanz, Spiel und Singarbeit. Ferner kommt die dramatiſche Legende
Die Heimkehr von Röttger durch die Spielſchar der Petrusgemeinde
zu Darmſtadt zur Aufführung. Veranlaßt durch die Allgemeine
Ortskrankenkaſſe des Stadt= und Landkreiſes Darmſtadt, wird
nächſten Donnerstag die Tragödie Blaue Jungen von Herzog im
Gaſthaus Zum goldenen Löwen aufgeführt. Die künſtleriſche Leitung
liegt in Händen von Frau Aenne Görling. Gut abgegangen.
Vorgeſtern lief ein ſechsjähriges Kind in ein in mäßigem Tempo fah=
rendes
Perſonenhuto und trug glücklicherweiſe nur geringe Verletzungen
am Kopfe davon. Der Unfall ereignete ſich in der Darmſtädter Straße
und konnte der in der Nähe wohnende Arzt alsbald das Kind verbin=
den
, worauf es in die elterliche Wohnung verbracht wurde. Geſtern
früh kurz nach 5 Uhr wurde die hieſige Feuerwehr in Gemeinſchaft
mit der Freiw. Sanitätskolonne zu einer Uebung alarmiert. Als
Uebungsobjekt war das Arheilgen Mühlchen auserſehen. Die hieſige
Bürgermeiſterei gibt bekannt, daß gemäß Art. 39 Abſ. 2 des
Feldſtrafgeſetzes ſämtliche Tauben auf die Dauer von 14 Tagen einge=
ſperrt
zu halten ſind. Das Feldſchutzperſonal iſt angewieſen, im Ueber=
tretungsfalle
unnachſichtlich Anzeige zu erſtatten. Geſtern beſuchten
die Mitglieder des hieſigen Obſt= und Gartenbauvereins
die aus Anlaß des 25jährigen Beſtehens des Obſt= und Gautenbauver=
bandes
für den Kreis Darmſtadt veranſtaltete Jubiläumsausſtellung in
den Räumen der Vereinigten Geſellſchaft zu Darmſtadt. Dieſelbe war
auch von Mitgliedern des hieſigen Vereins beſchickt: Die Aberntung
der Grundſtücke im Baulandumſegungsgebiet am Ge=
hemerweg
muß bis zum 25. d. M. erfolgen, da die Zuweiſung der
neugebildeten Parzellen Ende d. M. erfolgt. Für nicht bis zu dieſem
Zeitpunkt abgeerntete Grundſtücke wird eine Entſchädigung nicht ge=
währt
. Der Termin der endgültigen Ueberweiſung der neuen Parzellen
wird beſonders bekanntgegeben.
Hirſchhorn, 7. Okt. Waſſerſtand des Neckars am
6. Oktober: 0,50 Meter; am 7. Oktober: 0,34 Meter.
Gernsheim, 7. Okt. Waſſerſtand des Rheins am
6. Oktober: 1,21 Meter; am 7. Oktober: 1,94 Meter.

Landſturmkag.
h. Gießen, 6. Okt. Der heutige Landſtarmtag des Land=
ſturm
=Bataillons Gießen war ein großer Erfolg, denn der
Beſuch war über alles Erwarten ſtark. Aus allen Teilen Oberheſſens,
ſelbſt aus dem hohen Vogelsberg, aus dem Lahntal, aus Weſtfalen und
dem Rheinland waren Kameraden herbeigeeilt. Beſonders feierlich ge=
ſtaltete
ſich heute vormittag die Gedächtnisfeier auf dem Fried=
hof
. Der Bauerſche Geſangverein, die Kapelle Topp wirkten dabei mit.
Archivrat Dr. Hermann=Darmſtadt hielt die Gedächtnisrede. Hauptmann
a. D. Tögelmann=Gießen legte einen Kranz auf dem Ehrenfriedhof nie=
der
. Der Nachmittag brachte ein kameradſchaftliches Zuſammenſein im
großen Saale des Café Laib. Hauptmann a. D. Verlagsbuchhändler
Töpelmann betonte in ſeiner Begrüßungsanſprache, daß es ſich heute
zum 15. Male jähre, daß das Bataillon nach Frankreich ins Feld gerückt
ſei. Die Feſtrede hielt Zahlmeiſter a. D. Lehrer Wahrheim, der über
das hohe Lied der Kameradſchaft und ſeine Auswirkung in Beruf und
Leben ſprach. Für den humoriſtiſchen Teil ſorgte Architekt H. Lotz=Lich,
der mit ſeinen Erinnerungen aus dem Soldatenleben ſtürmiſchen Beifall
erntete. Gemeinſame Lieder und Militärmärſche, geſpielt von der
Kapelle ehemaliger Militärmuſiker Topp füllten den Nachmittag aus.
Die beiden hieſigen Regimentsvereine 115 und 116, aus denen ſich das
Landſturm=Bataillon in erſter Linie rekrutierte, hatten ihre Fahnen=
deputation
entſandt. Von ehemaligen Offizieren waren u. a. erſchienen:
Landgerichtsdirektor Cramer=Gießen, Hauptmann a. D. und Kompagnie=
führer
, Oberlandgerichtsrat, Hauptmann a. D. Schade=Darmſtadt, Rechis=
anwalt
Mendelsſohn=Gießen, andere Herren ſandten telegraphiſche Grüße,
u. a. Oberleutnant Kranz, der Sänger des Bataillons, und Regie=
rungsrat
Wolf.

Aa. Eberſtadt, 7. Okt. Zuſammenſtoß. Zwiſchen dem Orts=
ausgang
nach Darmſtadt und dem Waldfrieden ſtießen am Sonntag=
nachmittag
ein Auto und ein Motorradfahrer zuſammen. Sie gerieten
in den Straßgraben. Perſonen kamen nicht zu Schaden. Seinen
Verletzungen erlegen. Wie verlautet, iſt eines der beiden Kin=
der
, die am Samstag von einem Motorradfahrer angefahren und zu
Boden geſchleudert worden waren, inzwiſchen im Darmſtädter Kranken=
haus
ſeinen Verletzungen erlegen.
f. Roßdorf, 7. Okt. Aus dem Gemeinderat. Die Einbe=
rufung
zur Sitzung war gemäß Artikel 104 L. G.O. erfolgt, da der Ge=
meinderat
zur vorherigen Sitzung in nichtbeſchlußfähiger Anzahl er=
ſchienen
war. Die Schlußabrechnung über den Umbau des Schwimm=
bades
fand Genehmigung. Für die am 17. November ſtattfindenden Ge=
meinderats
=, Kreistags= und Provinzialtagswahlen beſchließt der Ge=
meinderat
, die Einteilung der Wahlbezirke wie ſeither beizubehalten.
Beſtimmung der Wahl= und Abſtimmungskommiſſionen regelt die Bür=
germeiſterei
. Für die Stellvertretung des erkrankten Schuldieners wird
die Vergütung nach den Vorſchlägen der Bürgermeiſterei gutgeheißen.
Eine Reihe Anſtände über vertragswidrigen Gebrauch der Mieträume
in einzelnen Gemeindehäuſern geben zu Klagen Anlaß. Der Gemeinde=
rat
beſchließt daher, daß durch die Bürgermeiſterei Hausverwalter be=
ſtimmt
werden. Gemeinderatswahlen. Seitens des Ge=
meindewahlkommiſſars
iſt die öffentliche Aufforderung ergangen, die
Wahlvorſchläge bis ſpäteſtens 18. Oktober ſchriftlich einzureichen. Es
ſind für unſere Gemeinde 15 Gemeinderatsmitglieder zu wählen. Mit
der Auswahl der Kandidaten iſt bereits begonnen. Wenn Wahlvor=
ſchläge
miteinander verbunden ſein ſollen, haben die Unterzeichner oder
die Vertrauensmänner dies ſpäteſtens bis zum 26. Oktober dem Wahl=
kommiſſar
übereinſtimmend ſchriftlich zu erklären.
C. Viernheim, 7. Okt. Brandunglück. Am Samstag nach=
mittag
brach in der Hofreite des Landwirts Karl Schloſſer ein Brand
aus, der innerhalb 10 Minuten die bis zum Dach mit Heu, Stroh und
Tabak gefüllte große Scheune in Trümmer legte. Die ganze Familie
war bei der Beerdigung eines Onkels und bemerkte den Brand erſt,
als der Leichenzug an der eigenen Hofreite vorbeizog. Die männlichen
Teilnehmer verließen ſofort den Leichenzug und ſprangen im Gehrock
und Zylinder zu Hilfe, wo es ihnen unter Einſetzung des Lebens ge=
rade
noch gelang, Pferde und Rindvieh im Stalle loszubinden und zu
retten. Bei dieſer Rettungsarbeit wurde der Beſitzer durch herabfal=
lende
Ziegel leicht verletzt. Das Unglück vollzog ſich mit raſender Schnel=
ligkeit
, ſo daß ſchon nach Eintreffen der Feuerwehr, die in 5 Minuten
erſchien, die Scheune vollſtändig ausgebrannt war. Bei dem Brand
wurde auch das elektriſche Ortsnetz, das mit einem Hauptſtrang über
die Brandſtelle führte, beſchädigt, wodurch der ganze Ort zirka eine
Stunde im Dunkeln lag, bis der beſchädigte Teil abgetrennt und der
Stromkreis wieder geſchloſſen war.

age den Slektrofachmann.
Ae.

[ ][  ][ ]

Seite 8

Dienstag, den 8. Oktober 1929

Nummer 279

Rheinstr.

Heute bringen wir ein neues Programm und zwar den sehr interessanten Krlminalfilm:
Gaunerliebchen

HRETA GARBO

mit der glänzenden Besetzung: Charlotte Ander, Raimonde van Riel, Hans
Mierendort, L.a Jana, Harry Halm, Siegtried Arno, Rosa Valetti, Eugen Burg,
Anna Müller-Linke.

und

Vorher:

Bie Braut am Scheidewege
mit Dorothy Mackaill. Eine lustige Angelegenheit zwischen Paris
und New Vork, der Pelzkonfektion und der Untergrundbahn.

Milak,
der Grünlandiäger

In beiden Theatern Das leben und Wirken Stresemann’s und die Beisetzungsfeierlichkeiten
(V.15757
ab heute; im Film. Erste Aufführung in Süddeutschland.

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Die große Wiener Heubach-Revue:
Ohne Kleid - tut mir leid!

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Karten-Vorverkaut: De Waal, Rheinstraße 14,
Verkehrs-Büro, Ernst-Ludwigsplatz.
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Dienstag, den 8. und Freitag, den 11. Oktober ab 20 Uhr
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Maschinenschreibunterricht
in eigener Schule Baflonplatz 7 15391b
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Fachsohule für Stenographie und Maschinenschreiben

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die edle Kochkunſt Intereſſe haben, bit=
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wir, ſich morgen Mittwoch, den
9. d. M., 4 Uhr, im Heiligen Kreuzberg
zu einem gemütlichen Kaffeekränzchen
zwecks Ausſprache einzufinden.
Die Einſender:
Frau Leufen u. Rittweger

Ein Poſten extraſt.
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neu und gebraucht,
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von Mk. 50
abzugeben. (15228a
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Mittwoch, den 9. Oktober
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Um gütigen Zuspruch bittet der Inhaber
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Großes Haus 1922.30 Uhr Carmen Hessisches
Landestheater A5 Große Oper von G. Bizet
Preise 110 Mk. Dienstag
8. Oktober 1929 Trauerfeier für Reichsminister
Dr. Stresemann KleinesHaus 2021.45 Uhr Viel gelebt znd gern gekauft wird mein
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gsplatz 2
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Landwehrſtr. 19.

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Figur zu verkaufen.
Näh. Geſchäftsſt. (*

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zu verk. Hartmann,
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[ ][  ][ ]

Nummer 229

Seite 9

0.

Un

Dienstag, den 8. Oktober 1929

Der
Eine der bedeutſamſten Erkenntniſſe, die uns die
moderne Aſtronomie geſchenkt hat, betrifft die Stellung
der Erde im Weltall. Längſt ſind die Zeiten verfloſ=
ſen
, in denen man annahm, daß die Erde der Mittel=
punkt
der Welt ſei und alle himmliſchen Geſtirne ſie
umkreiſten. Kopernikus wies der Erde ihren richtigen
Platz an. Als ein der Größe nach kaum ins Gewicht
fallender Planet vollführt ſie ihren Umlauf um die
Sonne. Und welche Rolle ſpielt unſere Sonne, die den
Mittelpunkt unſerer Planetenfamilie bildet? Auch ſie
gehört nur zu den kleineren Geſtirnen, die uns be=
kannt
ſind; manche ihrer Schweſtern haben ein hun=
dertmal
größeres Gewicht und eine hunderttauſend=
fache
Helligkeit.
Auch die Sonne ſteht nicht ſtill. Mit einer Ge=
ſchwindigkeit
von 20 Kilometern in der Sekunde eilt
ſie durch den Raum. Die Richtung dieſer Bewegung
weiſt auf das Sternbild des Herkules hin. Auf der
Sternkarte iſt dieſer Zielpunkt der Sonnenbewegung
durch ein Kreuz kenntlich gemacht. Daß die Sonne
immer in dieſer Richtung fliegen wird, iſt unwahr=
ſcheinlich
, vielmehr wird auch ſie eine Bahnkurve be=
ſchreiben
, die aber ſo groß iſt, daß bisher eine Krüm=
mung
der Bahn von den Aſtronomen nicht feſtgeſtellt
werden konnte. Wie unſere Sonne haben auch die
anderen Sterne eine mehr oder weniger große Ge=
ſchwindigkeit
, mit der ſie den Weltraum durchfliegen.
So verringert ſich die Entfernung der Sonne von den
in der Nähe des Sonnenzielpunktes zu findenden Ster=
nen
Wega in der Leier um 14 Kilometer. Atair im
Adler um 33 Kilometer und Deneb im Schwan um
4 Kilometer in der Sekunde. Andererſeits bewegen ſich
die im Oktober im Nordoſten ſtehenden Sterne Kapella
im Fuhrmann mit 30 Kilometern, Aldebaran im Stier
mit 55 Kilometern und Kaſtor in den Zwillingen mit

Sternhimmel im Oktober

6 Kilometern in der Sekunde von der Sonne fort. Im
Verhältnis zu den großen Entfernungen, die uns von
dieſen Sternen trennen, ſpielen ſelbſt dieſe großen Ge=
ſchwindigkeiten
keine bedeutende Rolle, ſo daß das
bloße Auge ſelbſt im Zeitraum von mehreren Men=
ſchenaltern
keine Verſchiebungen der Sterne am Him=
mel
wahrnimmt. Daher haben in alter Zeit die fernen
Sterne im Gegenſatz zu den wandelnden Planeten den
Namen stellae kixge (Fixſterne feſte Sterne) er=
halten
. Heute iſt es dem Aſtronomen mit ſeinen mäch=
tigen
Fernrohren und feinen Meßinſtrumenten mög=
lich
. im Laufe von wenigen Jahren die Bewegungen
der Fixſterne feſtzuſtellen. Der Sternfreund wird
ſeine Sternbilder aber ſein ganzes Leben lang in glei=
cher
Geſtalt am Himmel finden. Es lohnt ſich alſo
ſchon, ſich die Namen der Sternbilder einzuprägen:
man braucht nie umzulernen.
Unſere Sternkarte ſoll beim Aufſuchen der Sterne
an den Oktoberabenden behilflich ſein. Wer ſeine erſten
Himmelsbeobachtungen anſtellt, beginne mit den ein=
prägſamſten
Bildern: Großer Bär im Norden, Fuhr=
mann
im Nordoſten, Stier mit Plejaden und dem Pla=
neten
Jupiter im Oſten, Kaſſiopeia im höchſten Teil
des Himmelsgewölbes und Schwan, Leier und Adler
im Weſten. Bald werden dann auch die Sternbilder
mit nur ſchwächeren Sternen folgen.
Für den geübten Beobachter bietet ſich im Oktober
Gelegenheit, den ſonnennächſten Planeten Merkur
mit bloßem Auge zu ſchauen. Vom 15. an wird er vor
Sonnenaufgang am öſtlichen Morgenhimmel ſichtbar.
Am 23. Oktober iſt er am günſtigſten faſt eine Stunde
lang zu ſehen. Er ſteht links unterhalb der viel heller
leuchtenden Venus.
Der Mond zeigt ſich nach Neumond am 2. Okto=
ber
bis zum 18. zunehmend, dann abnehmend.

Bozen und Meran ſeit 1. Oktober.

* Wer durch das an Italien gekommene Südtirol reiſt, kann
ſich darüber freuen, daß auf die Straßen große Sorgfalt ver=
wandt
wird. Innerhalb der Orte und außerhalb, bis zu den
höchſten Päſſen hinauf, ſieht man Wege ausbeſſern und neu=
bauen
. Viele Arbeitsloſe ſind hier nutzbringend beſchäftigt.
Nun läßt die Staatsverwaltung auch die Tüncher von Bozen
und Meran Geld verdienen. Seit dem 1. Oktober haben ſie alle
Hände voll zu tun. Was in den kleineren Orten bereits voll=
zogen
iſt, wird jetzt auch hier durchgeführt: alle deutſchen
Inſchriften müſſen verſchwinden! Der Reiſende
ſoll nicht mehr ſehen, daß er auf deutſcher Erde ſteht.
Die Straßennamen ſind ſchon längſt nur italieniſch;
z. B. heißt die ungemein reizvolle Laubengaſſe zu Bozen Via
dei Portiei, der Platz, den das Denkmal Walthers von der
Vogelweide ſchmückt, Piazza Vittorio Emanuele. Auch müſſen
ſchon ſeit Jahren alle Geſchäfte tialieniſch bezeichnet ſein,
aber bisher war daneben die alte deutſche Benennung geduldet,
und ſo konnte man ſich überall zurecht finden: Ufficio Cambio
Wechſelſtube, Colzaria Schuhmacherei, Albergo Stella dOro
Gaſthof zum goldenen Stern; ſo an jedem Gebäude. Nun muß
der Pinſel des Anſtreichers jedes deutſche Wort austilgen.
Geradezu ſpaßig ſieht ſie aus, wenn jetzt nur da ſteht: Rob.
Gſchließer Paniticio, Karl Pfirchl Fabrica Spazzola, W. Hinter=
huber
Orolagiaio. Nicht nur der zugereiſte Deutſche, ſondern
auch jeder Engländer und Franzoſe ſieht nun den Widerſpruch
zwiſchen dem Namen jenes Bäckers, Bürſtenbinders, Uhrmachers
und der Handwerksbezeichnung, und er merkt erſt recht, daß hier
deutſchen Leuten Gewalt angetan wird.
Darum müſſen die Machthaber auch die deutſchen Eigen=
namen
aus der Welt ſchaffen. Mit den Vornamen hat man
begonnen: der Standesbeamte trägt nur italieniſche Namen ein;
wer daheim Hans gerufen wird, heißt in der Schule nur
Giovanni. Auch auf den Leichenſteinen dürfen nur italieniſche
Vornamen gebraucht werden; wer 80 Jahre Joſef hieß, wird auf
dem Grabe Gjuseppe genannt. Die Verordnung kam ſogar
mit rückwirkender Kraft heraus, und gar manches Grabmal, das
ſchon beſchriftet war, mußte abgeſchliffen werden!

Aber die Verwelſchung der Vornamen genügt noch nicht.
Lodovico Kröll, Paolo Froſchl, Franzesco Krautſchneider: das
klingt nicht echt römiſch. So bleibt nichts andres übrig, als auch
den Familiennamen auszutilgen. Der Anfang zu dieſer
Gewalttat, die auf der ganzen Welt ihresgleichen ſucht, iſt ſchon
mit denjenigen Namen gemacht worden, die ſich von Orten her=
leiten
, wie Zweibrücken, Andergaſſen, Kettenbacher. Dem
Scharfſinn und der Kühnheit wird es ſchließlich auch gelingen,
Rainiſch, Pfeitſcher, Gſchlechner, uſw. klaſſiſch umzukleiden.
Und wenn im ganzen Gebiete kein deutſches Wort mehr zu
ſehen iſt, haben dann die Heißſporne ihr Ziel erreicht? Noch
lange nicht! Südtirol wird dann nur fürs Auge verwelſcht ſein,
das Ohr aber vernimmt deutſche Laute. Vom Brenner bis Salurn
(unterhalb Bozens) iſt zuſammenhängender deutſcher Volksboden;
auch viele Italiener ſind von öſterreichiſcher Zeit her des Deut=
ſchen
mächtig. Das ſoll anders werden. In allen Schulen iſt
vom erſten Tage an die Unterrichtsſprache Italieniſch!
Der Mutterſprache wird keine einzige Schulſtunde gewidmet, ob=
wohl
im Jahre 1918 der einrückende General Cadorna und
etliche Wochen ſpäter der König ſelber das deutſche Volkstum
zu ſchützen verſprachen. Seitdem iſt mit der Herrſchaft der
Faſchiſten eine andre Zeit angebrochen. Man hat ja ſogar
eine neue Zeitrechnung eingeführt: 1929 heißt in allen
amtlichen Schriftſtücken das Jahr UII: an den Gebäuden iſt an=
gegeben
, daß ſie etwa im Jahre III errichtet wurden, im Jahre V
u. dgl.! Nur der Religionsunterricht, der außer der
Schule in Kirche oder Pfarrhaus erteilt wird, iſt noch deutſch.
Aber wie lange noch? Gäbe es einmal keine deutſche Predigt,
keinen deutſchen Kirchengeſang, keine deutſche Religionsſtunde
mehr die Ausſöhnung zwiſchen Königtum und Papſttum macht
dies Schlimmſte möglich dann ſtürbe die deutſche Sprache
zwar immer noch nicht, aber ſie könnte nur noch als Mundart
ihr Daſein friſten. Dann müßte das herrliche Südtirol noch
viel mehr unſer Reiſeziel werden als bisher; jedes Ge=
ſpräch
, ſchon jede Frage nach dem Wege, dient der Erhaltung
unſrer Schriftſprache. Denn deutſch zu reden, das hat die
Behörde noch nicht verboten.
Den deutſchen Geſang aber hat man aus der Oeffent=
lichkeit
verbannt. Wenn Burſchen und Mädchen ſingen wollen,

dann müſſen ſie in Wäldern und auf Bergen zuſammenkommen;
die ſchaurigen Vorfälle aus den Zeiten der Glaubensverfolgung
werden hier wieder lebendig. Kehrt von einem ſolchen heim=
lichen
Treffen die Jugend wieder ins Ort zurück, ſo muß der
Geſang längſt verſtummt ſein. Die Volkslieder dürfen nur ge=
pfiffen
werden; das iſt bis jetzt noch nicht unterdrückt.
Die vaterländiſche Glut der Faſchiſten wendet ſich nur gegen
die deutſche Sprache; franzöſiſche und engliſche In=
ſchriften
fallen nicht unter den neuen Ausrottungsbefehl. Wenn
der Gaſthalter neben der italieniſchen Speiſekarte auch
weiterhin eine franzöſiſche oder engliſche auslegt, ſo wird ihm
kein Haar gekrümmt; nur auf die Deutſchen, die hundertmal
ſo zahlreich ſind, wird keine Rückſicht genommen.
Der heurige Oktoberbefehl iſt beſonders denjenigen Gaſt=
haltern
beſchwerlich, die den Namen ihres Betriebes auf dem
Eßgeräte ſtehen haben. Man denke, wenn etwa Bairiſcher
Hof, Zum grauen Bären auf alle Teller und Tellerchen
gemalt iſt, in Meſſer Löffel und Gabeln eingegraben,
in jedes Tiſchtuch oder Bettzeug eingeſtickt oder gar ein=
gewoben
! Alles das muß verſchwinden! Die betroffenen Be=
ſitzer
ſtehen der ſo gehäfſigen wie kleinlichen Forderung bis
jetzt ratlos gegenüber. Leichter haben es diejenigen Geſchäfte,
die nur mit Tinte geſchriebene Bezeichnungen zu ändern haben.
Stehkragen Pfeffer Beileidskarten, tauſend
ſolcher Wörter, wie ſie in Geſchäftsräumen an Schubläden ſtehen,
an Käſten, an Schachteln uſw., auch alles das ſoll ausgemerzt
werden, bis in die verſchwiegenſten Ecken hinein, in die des
Nachſpürers Auge dringen könnte. Darum waren ſchon am
Sonntag Inhaber und Angeſtellte emſig daran, die deutſchen
Schildchen zu erſetzen, und ſie werden noch viele freie Stunden
daran hängen müſſen, bis das ſtaatsnotwendige Reinigungswerk
vollbracht iſt. Ja, die italieniſche Verwaltung gibt den Leuten
Beſchäftigung!
Pickert.

Hauptſchriftleitung: Rudolf Maupe
Veranwwortich für Pollik und Wirtſchaft: Rudolf Maupe; für Feuilleton, Reich und
Ausland und Heſiſche Nachrichten: Max Streeſe; für Sport: Dr. Eugen Bublmann;
für den Handel: Dr. C. H. Qnetſch; für den Schlußdienſf: Andreas Bauer; für
Die Gegenwart: Dr. Herbert Nette; für den Inſeratentell: Willy Kuhle: Drud
und Verlag: L. C. Wiitich ſämilich in Darmſiadt.
Für unverlangte Manuſtripte wird Garantie der Rückſendung nicht übernommen.

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beendigten die Fahrt strafpunktfrei in der gleichen Sekunde.
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Baden-Baden, Sofia, Wien, St. Moritz u. a.

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[ ][  ][ ]

Seite 10

Nummer 279

Dienstag, den 8. Oktober 1929

Reich und Ansland.
Die Charlottenburger Kaſſenräuber verhaftet.
Berlin. In der Nacht zum Sonntag iſt es der
Kriminalpolizei gelungen, den Kaſſenraub, der am
Freitag in der Schlächterei Gerbſch in Charlottenburg
verübt worden war, teilweiſe aufzuklären und einen
der Täter, den 16jährigen (!) Werner Schall feſtzu=
nehmen
. Schall hat ein Geſtändnis abgelegt, behauptet
aber, ſeinen Mittäter nicht näher zu kennen.
Auch die beiden bisher noch nicht ermitteilten Mit=
glieder
der dreiköpfigen Bande, die den frechen Ueber=
fall
auf die Kaſſe der Charlottenburger Schlächterei
Gerbſch unternommen haben, ſind inzwiſchen feſt=
genommen
worden. Sie haben ihre Beteiligung an
dem Ueberfall bereits zugegeben.
27 Gebäude verbrannt.
Bamberg. In Vaisdorf brach in der Scheune
des Bauökonomierats Herzog ein Feuer aus, das raſch
um ſich griff und auf das alte hiſtoriſche Brauerei=
gebäude
von Stirnweis überſprang und es vollſtändig
einäſcherte. Insgeſamt wurden fünf Wohnhäuſer und
22 Nachbarhäuſer ein Raub der Flammen. Der ganze
Ortsteil liegt in Schutt und Aſche. Der Schaden wird
auf etwa 700 000 Mark geſchätzt.
Brennender Berg.
München. Die M. 3. meldet aus Innsbruck:
Seit einigen Tagen wütet an den Südabhängen des
kleinen Stolſteins und der Hohen Warte in der
Höhenregion von 1200 bis 1900 Metern ein gewaltiger
Brand. Das Feuer wurde durch ungewöhnliche
Trockenheit gefördert und vom Sturme bergauf und
nach Nordoſten weitergetragen. Alle Anſtrengungen
der Forſtbeamten, unterſtützt von Arbeitern und der
Gendarmerie, dem Feuer Grenzen zu ziehen, blieben
bisher erfolglos, aber auch der Einſatz vom Militär,
der bevorſteht, wird in dem lebloſen, felſigen, faſt
undurchdringlichen Gelände nutzlos ſein. Nur ein
lang andauernder Regen wird den gewaltigen Brand
löſchen können, der bereits einen zweiten Felszug am
Abhang überſchritten hat.
Die Vorbereitungen zu den Oberammergauer
Paſſionsſpielen.
Oberammergau Im Paſſionsdorf Ober=
ammergau
fanden am Montag die mit Spannung
erwarteten Wahlen zu den nächſtjährigen Spielen
ſtatt. Dem Wahlakt voraus ging ein feierliches Hoch=
amt
in der Pfarrkirche, an dem ſämtliche Mitglieder
des Gemeinderates und des Wahlkomitees teilnahmen.
Die Wahl begann um 10 Uhr im Rathaus. Als
Chriſtus wurde der Bildhauer Aloys Lang, als
Sprecher des Prologs der bisherige Chriſtusdarſteller
Anton Lang, als Pilatus der Bildhauer Peter Rendl,
als Judas der letzte Darſteller Guigo Mayr, als
Johannes der Sohn des Sanitätsrates Lang gewählt.
Für die Rolle Marias wurde Frl. Anni Rutz ge=
wählt
, während Frl. Hanſi Preiſinger Maria Mag=
dalena
verkörpern wird. Insgeſamt ſind 107 Sprech=
rollen
zu beſetzen.
Eiſenbahnunfall bei Prag.
Sechs Schwerverletzte.
Prag. Am Sonntag abend iſt der von Malnik
abgehende Arbeiterzug auf der Station Cakowitz bei
Prag infolge falſcher Weichenſtellung auf einen Laſt=
zug
aufgefahren. Einige Wagen ſind durch den Zu=
ſammenſtoß
entgleiſt und wurden ſchwer beſchädigt.
Eine Anzahl von Perſonen iſt verletzt worden, dar=
unter
ſechs ſchwer. Einer der Schwerverletzten wurde
in hoffnungsloſem Zuſtande unter den Trümmern
hervorgezogen. Er dürfte nicht mehr mit dem Leben
davonkommen. Die Hilfeleiſtung wurde dadurch er=
ſchwert
, daß der Sanitätskaſten der Cakowitzer Sta=
tion
ſich in einem ſehr ſchlechten Zuſtand befand.
Abſturz eines Militärfliegers im brennenden
Flugzeug.
Paris. Sonntag nachmittag ereignete ſich bei
einem Schauflug auf dem Flugplatz zu Preßburg ein
ſchverer Unglücksfall. Ein Militärflieger ſtürzte mit
einem Sportflugzeug während einer Todesſchleife aus
300 Meter Höhe plötzlich ab. Das Flugzeug fing
Feuer und verbrannte, faſt vollſtändig. Der Flieger
wurde mit ſchweren Verletzungen aus dem brennen=
den
Trümmern geborgen und im hoffnungsloſen Zu=
ſtand
ins Krankenhaus gebracht.
Der Langſtreckenflugrekord Coſtes.
Paris. Nach den Berechnungen der Morgen=
preſſe
haben die franzöſiſchen Flieger Coſtes und
Bellonte, deren Landung nach einwöchiger Ungewiß=
heit
gemeldet wurde, den Weltrekord im Langſtrecken=
flug
mit 7840 Kilometern verbeſſert, den die italie=
niſchen
Flieger Ferrauin und del Preto im Kuli 1998
mit 7188 Kilometern aufgeſtellt hatten.

Prof. Bonköffers aufſehenerregende Experimenke in Amerika Schwere Unwekker in aller
Well.
Skurmſchäden in Frankreich.

Profeſſor Bonhöffer bei ſeinen Demonſtrationen in Mineapolis (U. S.A.).
Der Berliner Profeſſor Bonhöffer machte anläßlich einer Chemikertagung in Mineapolis (U. S.A.)
außerordentlich wichtige Mitteilungen über ſeine erfolgreichen Experimente, das Waſſerſtoffatom zu
ſpalten. Profeſſor Bonhöffer hat zwei verſchiedene Arten des Elements Waſſerſtoff, frei darſtellen
können, was für die ganze moderne Atomtheorie ein Ereignis von noch nicht abzuſchätzender Trag=

weite bedeutet.

Plah für den Mikkelland=Kanal.

Paris. Aus den verſchiedenſten Gegenden
Frankreichs liegen Meldungen über ſchwere Stürme
und Unwetterſchäden vor. Beiſpielsweiſe ſind in der
Gegend von Aniane alle Telephon= und Telegraphen=
leitungen
durch die ſchweren Stürme abgeſchnitten.
Fünf Häuſer wurden von den Waſſermengen unter=
ſpült
und ſtürzten grade in dem Augenblick zuſam=
men
, als die Bewohner die Wohnungen verlaſſen
hatten. Eine Eiſenbahnbrücke wurde durch die Fluten
fortgetragen. Der Zugberkehr iſt ſtillgelegt. Der
Präfekt hat Pioniertruppen zur Hilfeleiſtung im Auto
abgeſchickt.
Die Sturmſchäden bei Saarbrücken.
Saarbrücken. Der ſtarke Sturm, der am
Sonntag nachmittag über das ganze untere Saar=
gebiet
hinwegbrauſta, hat im Saarbrücker Stadtwald
ſchweren Schaden angerichtet. Wirbelſturmartig wirkte
er ſich beſonders in der Umgegend von Stuhlſatzen=
hauſen
aus. Etwa 100 mächtige alte Bäume wurden
enwwurzelt. Beſonders die hohen Fichten wurden
reihenweiſe ſo hinweggefegt. Vielen Bäumen wurde
die Krone weggeriſſen und weit in die Felder ge=
ſchleudert
. Die Straße von Stuhlſatzenhauſen bis
Saarbrücken iſt durch umgeſtürzte Bäume verſperrt.
Stürme über England.
London. Ueber vielen Teilen Englands wütete
am Sonntag ein heftiger Sturm, der teilweiſe eine
Geſchwindigkeit von über 100 Stundenkilometern er=
reichte
und mit ſtarken Regenfällen verbunden war.
Ueberall wurde beträchtlicher Schaden angerichtet.
Durch die ungeheuren Regenmaſſen wurden in ver=
ſchiedenen
Orten die Straßen und Wege über=
ſchwemmt
. So mußten in Aberavon eine Reihe von
Häufern geräumt werden. Der Fluß Avon iſt über
die Ufer getreten. Das Waſſer ſteht 1 Meter hoch in
den Straßen. Auch die Telephonverbindungen waren
teilweiſe unterbrochen, ſo daß erhebliche Verkehrs=
ſtörungen
auftraten. Der größte Sachſchaden wurde
an der Küſte angerichtet, wo eine Reihe von leich=
teren
Booten geſunken iſt.
Tornado über Südafrika.
Johannesburg. Ein außerordentlich hef=
tiger
Tornado hat die Städte Turffontein und Lenil=
worth
heimgeſucht und großen Sachſchaden ange=
richtet
. Mehrere hundert Häuſer wurden abgedecht
und einige völlig zerſtört. Drei Perſonen wurden
ſchwer verletzt. Die Zahl der obdachlos gewordenen
Einwohner iſt ſehr groß.
Große Stürme auch in Japan.
Tokio. Wie aus Tokio berichtet wird, herrſchte
an der Küſte Nordjapans in der Nähe der Inſel
Lucu ein ſtarker Sturm. Der Sturm hat in ſechs
Stunden 1500 Häuſer zerſtört. 24 Motorboote ſind
geſunken, 12 Perſonen ſollen getötet worden ſein.
Schweres Schiffsunglück an der norwegiſchen
Küſte. 25 Tote.

Die Berliner Mühlendammſchleuſe,
die für den Ausbau des Mittelland=Kanals ſo erweitert wird, daß auch die angrenzende Berliner
Zentralſparkaſſe abgeriſſen werden muß. Der Mittelland=Kanal der die deutſchen Ströme zwiſchen
Rhein und Oder zu einem einheitlichen Waſſernetz verbinden ſoll, wird nach ſeiner Fertigſtellung
ſelbſt 1000 Tonnen großen Schiffen die Erreichung der Reichshauptſtadt ermöglichen.

Oslo. An der norwegiſchen Weſtküſte hat ſich
in der Nacht zum Montag ein ſchweres Schiffsunglück
ereignet, bei dem etwa 25 Menſchen ums Leben ge=
kommen
ſind. Der Küſtendampfer Haakom III ſtieß
am Sonntag um 2 Uhr bei Florö (zwiſchen Bergen
und Aaleſund) auf Grund und ging wenige Minuten
ſpäter unter. Ungefähr 70 Fahrgäſte befanden ſich an
Bord. Da die meiſten erſt kurz vorher auf das
Schiff gekommen waren, läßt ſich die genaue Zahl
der Opfer noch nicht angeben. 54 Fahrgäſte wurden
gerettet, darunter alle der 3. Klaſſe. Von der Be=
ſatzung
werden neun Mann vermißt. Der Kapitän
wurde gerettet, iſt aber ſo erſchöpft, daß er noch keine
Erklärung über das Unglück geben konnte. Er befand
ſich, als das Unglück erfolgte, auf der Kommando=
brücke
. Das Schiff erhielt ein großes Leck und ſank
ſofort. Eine halbe Stunde ſpäter kam der norwegiſche
Dampfer Arufinn Jarl und ſtieß etwa 500 Meter
von der Stelle entfernt, wo Haakon III unterge=
gangen
iſt, gleichfalls auf Grund. Haakon III iſt
durch ſeine Touriſtenfahrten von Neweaſtle nach
Weſtnorwegen her bekannt. Der Dampfer war 1907
in Drontheim gebaut und iſt 1300 Tonnen groß.

60 Jahre Suezkanal.

Vor hundert Jahren: Das erſte
Schraubenſchiff.

Grgfin Baudiſſin 60 Jahre all.

Gräfin Eva Baudiſſin,

Die Kanaleinfahrt bei Port Said.
Mitte Oktober wird das 60jährige Beſtehen des Suc kanals gefeiert. Der Suezkanal, der den See=
weg
nach Indien um viele Tauſende Kilometer veri rzt. wurde bereits im Altertum mehrere Male
geplant und auch begonnen, aber erſt 1856 wurde du. Ferdinand Leſſeps der endgültige Bau in
Angriff genommen und 1869 nach einem Koſtena, pand von 480 Millionen Francs vollendet.

Entgleiſung eines Triebwagenzuges
in Salzburg.
Salzburg. Am Sonntag früh entgleiſte im
Bahnhof, Salzburg ein Triebwagenzug infolge
Achſenbruchs. Hierbei ſchob ſich der zweite Wagen
in den erſten hinein, wodurch fünf Reiſende und zw
Bahnbeamte ſchwer und eine Anzahl von Perſonen
leicht verletzt wurden. Der Materialſchaden iſt be=
deutend
. Unter den Verletzten befinden ſich keine
Ausländer.

Ein Boot mit 23 Perſonen geſunken.
Drei Perſonen ertrunken.
Warſchau. In der Nähe von Warſchau wvollten
23 Arbeiter und Arbeiterinnen imn einem Boot zu
ihrer Arbeitsſtelle über einen kleinen See rudern.
Gtwa 10 Meter vom Ufer entfernt begann ſich das
überlaſtete kleine Fahrzeug mit Waſſer zu füllen und
ſank in wenigen Augenblicken. Sämtliche Inſaſſen
verſuchtin ſich ſchwimmend an Land zu retten, wob=
zwei
Arbeiterinnen und ein Arbeiter ertranken.

Das Denkmal des Erfinders Joſef Reſſel
in ſeiner Vaterſtadt Chrudium (Böhmen).
Vor hundert Jahren wurde zum erſten Male ein
Schiff die Civetta, mit der endloſen Schiffs=
ſchraube
ausgeſtattet, die von Joſef Reſſel kon=
ſtruiert
war und zu einer der wichtigſten Erfin=
dungen
des Jahrhunderts wurde.

[ ][  ][ ]

0.

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Nummer 279

Dienstag, den 8. Oktober 1929

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Seite 11

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UT1

Die ersten französischen Presse-
stimmen
über den Pariser Salon.

LIMTRANSIGEANT L. Oktober 129
In einem einaigen Wagen den indivduellen Ge-
schmack
und die vorzüglichen technischen Ouali-
täten
, wie sie der Europaer fordert, mit dem
Begriff moderner Serienfabrikation im amerika-
nischen
Sinne zu vereinen, ist ein Problem, daß
die Horchwerke glanzend gelöst haben. In Fach-
kreisen
haben die Ingenteure der Horchwerke
einen Namen von internationalem Ruf..

3. Oktober 1929

LE FTGARO
Ohne zu übertreiben, kann man dem HORCH 8
prophezeien, daß er in zwei und drei Jahren so
modern sein wird, wie er heute ist, umsomehr,
als die Firma HORCH, ohne das Prinzip ihrer
Konstruktion zu andern, unaufhörlich an der
technischen Vervollkommnung dieses Acht-
c
6
zylinders arbeitet . . . .

3. Oktober 1929

Das Bemerkenswerte am HORCH 8 ust die
glückliche Linengebung, die harmonische Wahl
der Farben. Durch seine Schönheit und tech-
nische
Vollkommenheit steht der HORCH 8
hoch über den Schöpfungen seiner Zeit und ist
ein Wegweiser für die zukunftige Entwicklung.

3. Oktoder 1929

Wenn eines Tages der Gedanke einer paneuropä-
ischen
Automobilfabrik zur Wirklichkeit wurde,
dann müßte der HORCH8 zu den Standard-
modellen
gehoren...

Notterltrent Ae
Bukuftt ons Litliekke

IBln 3097

[ ][  ][ ]

Seite 12

Dienstag, den 8. Oktober 1929

Rummer 279

Sporl Oplel und Tarnen.

Handball.
Skädkeſpiel Nürnberg=Fürkh gegen Darmſtadt
am Sontag, den 13. Oktober 1929.
Am kommenden Sonntag veranſtaltet der Süddeutſche Fußball= und
Leichtathletikverband auf dem Sportplatz des Sportvereins Darmſtadt
1898 ein Städteſpiel Nürnberg=Fürth gegen Darmſtadt. Zweck des
Spieles iſt die Ermittelung der beſten Süddeutſchen Vertretung für die
im November beginnende Runde um den deutſchen Handballpokal. Für
Darmſtadt iſt das bevorſtehende Spiel um deswillen von größter Be=
deutung
, weil durch den Ausgang des Spieles die Frage geklärt wird,
ob Nürnberg=Fürth oder Darmſtadt als die Süddeutſche Handball= Hoch=
burg
anzuſehen iſt. Beide Beteiligten beſitzen je 2 Mannſchaften von
überdurchſchnittlichem Können; dieſe 4 Vereine dürften die Süddeutſche
Extraklaſſe im Handball bilden. Der 13. Oktober wird die Frage be=
antworten
, ob die Kombination FC. Nürnberg=Spielvereinigung Fürth
ſtärker iſt als eine aus unſeren beſten einheimiſchen Kräften zuſammen=
geſtellte
Elf, die ſich wohl vorwiegend aus Spielern des Sportvereins
1898 und des Polizeiſportvereins zuſammenſetzen wird.
Die Darmſtädter Mannſchaft wird, wie uns der Kreisſpielwart
mitteilt, wie folgt aufgeſtellt ſein:
Meher (Rot=Weiß)
Link (Pol.) Reuter (Sp.V.)
Schmidt (Pol.) Otto (Pol.)
Delp (Sp.V.)
Fiedler, Werner, Fuchs (Sp.V.), Schliffer, Koch (Pol.)
Kraſtſpork.
Kraftſporkverein Darmſtadt 1910.
Während die Verbands=Mannſchaftskämpfe im Ringen in der
Kreisliga und den unteren Klaſſen im 2. Kreis (Mittelrhein) des
Deutſchen Athletik=Sportverbandes von 1891 bereits in vollem
Gange ſind, beginnt nun die Oberliga am kommenden Sonntag
bzw. Samstag, den 12. Oktober 1929, mit der Austragung der=
ſelben
. An den diesjährigen Kämpfen nimmt denn auch, nachdem
ſie ſich in überzeugendem Stile im Frühjahr die Aufſtiegsberech=
tigung
erringen konnte, die erſte Mannſchaft des Kraftſportver=
eins
Darmſtadt 1910 teil. Ein ſchöner Erfolg, wenn man bedenkt,
daß die Hieſigen nach einjährigem Gaſtſpiel in der vorjährigen
Kreisliga ſich die höchſte Verbandsklaſſe, die Oberliga, erkämpfen
konnten. Doch heißt es jetzt; nicht auf den Lorbeeren ausruhen,
eine viel ſchwerere Aufgabe ſteht bevor, denn gegen Mannſchaften
wie Kreuznach, Groß=Zimmern, Sachſenhauſen. Frankfurt, Mainz,
Klein=Oſtheim und Bingen, über deren Kampfkraft im ganzen
D.A. S. V. und darüber hinaus mit Achtung geſprochen wird, heißt
es auf dem Damme zu ſein. Die Zehner haben ſchon öfters be=
wieſen
, daß ihr Können mit dem Gegner wächſt, und ſie werden
auch diesmal das Vertrauen nicht täuſchen, das in ſie geſetzt iſt.
Durch freundliches Entgegenkommen des Direktoriums des Ludwig=
Georgs=Gymnaſiums wurde es ermöglicht, die Kämpfe in einem
hygieniſch einwandfreien Raum auszutragen, wofür verbindlichſter
Dank ausgeſprochen ſei.
Folgende Kampftermine finden in Darmſtadt ſtatt: am 27.
Oktober 1929: Darmſtadt 1910 Siegfried Klein=Oſtheim; am
24. Nov. Darmſtadt 1910 Athl. Sp.Vgg. Bad=Kreuznach; am
8. Dez. Darmſtadt 1910 Athl. Sp.Vgg. Bingen; am 14./15. Dez.
Darmſtadt 1910 Athl.V. Vorwärts Groß=Zimmern; am 21./22.
Dez. Darmſtadt 1910 Athl. Sp.Vgg. Mainz: am 11./12. Januar
1930 Darmſtadt 1910 Athl. Sp.Vgg. Frankfurt a. M; am
25./26. Januar Darmſtadt 1910 Athl.=Klub Frankfurt= Sachſen=
hauſen
.

Die deutſche Fußball=Rakiongleif für das Spiel
gegen Finnland.
Der Deutſche Fußball=Bund trägt das letzte Länderſpiel des Jahres
1929 am 20. Oktober in Altona gegen Finnland aus. Für dieſes Spiel
ſollen ſüddeutſche Kräfte mit Rückſicht auf Terminnöte in Süddeutſch=
land
nach Möglichkeit nicht verwandt werden. Außerdem herrſcht aber
auch beim Bundesſpielausſchuß das Beſtreben, für weniger ſchwere
Länderkämpfe eine Mannſchaft zu bilden, die ſich auf Kräfte aus Nord=,
Mittel= und Weſtdeutſchland, ſowie aus Berlin ſtützt und auf die guten
ſüddeutſchen Spieler verzichtet. Gegen Finnland wird vorausſichtlich
die folgende Mannſchaft ſpielen:
Gehlhaar
(Hertha=BSC.)
Baier
Weber
(Hamburger SV.) (Kurheſſen Kaſſel)
Schulz
Völker
Flick
(Duisburg 99) (Viktoria Berlin) (Hertha=BSC.)
Allbrecht Czepan Kuzorra Hofmann
Brück
(Düſſeldorf) (Schalke) (Schalke) (Dresden) (FSV. Frankfurt)
Sollte Hagen von ſeinem Verein (Sp.Vg. Fürth) für das Länder=
ſpiel
freigegeben werden und ſollte der Fürther am Sonntag nicht zu
ſtark verletzt worden ſein, dann dürfte noch Hagen mit Weber aus=
getauſcht
werden.
SC. Pikkoria Griesheim Spog. Arheilgen 0:3 (0:2
Zu vorgenanntem Treffen hatten ſich zirka 500 Zuſchauer eingefun=
den
. Der Schiedsrichter, Herr Kratzenberg=Sprendlingen, verhängte
Strafſtöße, erteilte Verwarnungen und ließ feſte weiter holzen. Nach
dem Spiel machten ſich einige Schreier durch allzu großes Aufreißen der
Mundklappe Luft und ſei dieſen empfohlen, in Zukunft Sportſtätten zu
meiden. Dem Verein und dem Sport leiſten ſie hiermit den größten
Dienſt.

Fechken.
Hermannia Frankfurk dreifacher Mannſchaftsmeiſter.
Hermannia ſiegt auch im Säbel.
Wie kaum anders zu erwarten, gelang es dem Fechtklub
Hermannia Frankfurt am Sonntag im Sportforum zu Berlin=
Grunewald, auch ſeinen Titel im Säbelfechten erfolgreich zu
verteidigen. Sieben Mannſchaften traten zum Säbelturnier an,
ſo daß auch hier wieder zwei Vor= und eine Endrunde eingeteilt
wurden. Bereits im Vorkampf fielen der Berliner F. C. und die
Gruppen 9 (Oſtdeutſchland) und 7 (Berlin) aus. Die Endrunde
ſah dann Hermannia Frankfurt, Dresdener FC., FC. Offenbach
und Hamburger FC. im Kampf. Hamburg mußte vorzeitig wegen
Erkrankung eines Teilnehmers aufgeben, und Dresden verzich=
tete
auf den letzten Kampf, da ihm der dritte Platz ſicher war.
Hermannia Frankfurt blieb über Dresden mit 11:3 Einzelſiegen
und über Offenbach mit 9:7 erfolgreich. Ergebniſſe:
1. Hermannia Frankfurt 3 Mannſchaftsſiege, 21 Einzelſiege;
2. FC. Offenbach 2 Mannſchaftsſiege, 7 Einzelſiege; 3. Dresde=
ner
FC. 1 Mannſchaftsſieg, 14 Einzelſiege; 4. FC. Hamburg
0 Mannſchaftsſiege, 5 Einzelſiege.

Staatsminiſter a. D. Dr. Dominicus
wurde von dem 20. Deutſchen Turnertag zum
1. Vorſitzenden gewählt.

Profeſſor Dr. Oskar Berger,
der bisherige 1. Vorſitzende der Deutſchen Turnerſchaft.
Um die Schachweltmeiſterſchaft.
Aljechin weiter in Führung.
Nach einer kurzen Ruhepauſe, die den acht in Wiesbaden ge=
ſpielten
Partien folgte, wurde der Kampf um die Schachwelt=
meiſterſchaft
zwiſchen dem Titelverteidiger Aljechin und dem
Herausforderer Bogoljubow in Heidelberg fortgeſetzt. Aljechin
wählte in der neunten Partie wieder das Damengambit,
während ſich Bogoljubow mit der ſogenannten Cambridge=Spring=
Variante verteidigte. Nachdem im 12. Zuge die Damen abge=
tauſcht
worden waren, ſchien Aljechin die beſſere Endſpielſtellung
zu bekommen, doch gelang es Bogoljubow, durch ausgezeichnetes
Spiel, im 30. Zuge ein Remis zu erzwingen.
Die zehnte Partie begann am Samstag abend und
wurde nach dem 40. Zuge bei einem annähernd gleichen Stand
abgebrochen, um am Sonntag fortgeſetzt zu werden. Hier fand
dieſe Partie ein überraſchend ſchnelles Ende. Nachdem Bogoljubow
für 2 Züge mehr als 1½ Stunden benötigt hatte, ohne einen

irgendwelche Chancen verſprechenden Ausweg zu finden, verfing
er ſich in einem Mattnetz und gab nach dem 50. Zuge auf. Der
Stand des Kampfes iſt demnach folgender: Aljechin 5 und Bogol=
jubow
2 Punkte bei drei Remispartien.
Die Leichkakhlekik-Welkrekorde.
Nach Abſchluß der diesjährigen Leichtathletik=Saiſon wird der
Internationale Leichtathletik=Verband (J. A.A.F.) ſich auf ſeiner dem=
nächſt
ſtattfindenden Sitzung in erſter Linie mit der Anerkennung der
neuen Weltrekorde beſchäftigen.
Die neue Weltrekorbliſte
dürfte dann vorausſichtlich folgendes Ausſehen haben:
100 Meter: Charles Paddock (Amerika) 10,4 Sek.;
200 Meter: R. Locke (Amerika) 20,6 Sek.;
400 Meter: Spencer (Amerika) 47 Sek.;
500 Meter: Tavernari (Italien) 1:02,9;
800 Meter: Sera Martin (Frankreich) 1:50,6;
1000 Meter: Otto Peltzer (Deutſchland) 2:25,8;
1500 Meter: Otto Peltzer (Deutſchland) 3:51;
2000 Meter: Purje (Finnland) 5:83,4;
3000 Meter: Paavo Nurmi (Finnland) 8:20,4;
5000 Meter: Paavo Nurmi (Finnland) 14:28,2;
10 000 Meter: Paavo Nurmi (Finnland) 30:06,6;
15 000 Meter: Paavo Nurmi (Finnland) 46:49,5;
20 000 Meter: Sipilä (Finnland) 1:06:29;
25 000 Meter: Harper (England) 1:23:45,8;
30 000 Meter: Sipilä (Finnland) 1:43:07,8;
42 200 Meter: Kohlemainen (Finnland) 2:32:35;
1 Stunde: Paavo Nurmi (Finnland) 19,120 Meter:
110 Meter Hürden: Wennſtröm (Schweden) 14,4 Sek.;
200 Meter Hürden: Brockins (Amerika) 23 Sek.;
400 Meter Hürden: Taylor (Amerika) 52 Sek.;
4mal 100 Meter Staffel: SC. Charlottenburg 40,8 Sek.;
4mal 200 Meter Staffel: Pennſylvania Univerſität 1:27;
4mal 400 Meter Staffel: Amerikas Länderſtaffel 3:13,6;
4mal 800 Meter Staffel: Boſton A. C. 7:41,4;
4mal 1500 Meter Staffel: Turun Urheilulittu (Finnland) 16:11,41
Hochſprung: Osborn (Amerika) 203 Meter;
Weitſprung: Cator (Haiti) 7,93 Meter;
Stabhochſprung: Caer (Amerika) 4,32 Meter;
Dreiſprung: Brunetti (Argentinien) 15,64 Meter;
Diskuswerfen: Krenz=Amerika 49,90 Meter;
Kugelſtoßen: Hirſchfeld=Allenſtein 16,11 Meter;
Speerwerfen: Lundkviſt=Schweden 71,01 Meter;
Hammerwerfen: Ryam=Amerika 57,77 Meter.

Geſchäftliches.

Herr Chormeiſter H. Schirmer, Dirigent des Geſangvereins Froh=
ſinn
Meerholz, bekannt geworden durch die glänzende Wiedergabe dreien
Werke des Darmſtädter Meiſters Profeſſor Arnold Mendelsſohn während
der Nürnberger Sängerwoche, hat ein Werkchen verfaßt: Singen nach
Noten in einigen Stunden mit einer Biographie Vom Dorfjungen zum
erfolgreichſten Chormeiſter. (Siehe Anzeige.)
Der erſte Berliner Wolkenkratzer wird bald bezogen werden! In
knapp 8 Monaten iſt in Berlin in der Potsdamer Straße 75 das zwölf=
ſtöckige
Kathreinerverwaltungsgebäude errichtet worden, das jetzt die
Zentralverwaltung der Kathreiner G. m. b. H. aufnehmen ſoll.
Braucht denn Kathreiner ſo viel Büroräume? Ja denn von
hier aus wird das über das ganze deutſche Heimatgebiet verzweigte
Kathreinerunternehmen geleitet. 10 Kathreinerfabriken in Deutſchland
ſtellen täglich faſt ½ Million Pakete Kathreiner her. Auf Schiffen, in
Güterzügen und durch Autos werden ſie dem deutſchen Lebensmittel=
handel
zugeführt, der ſie an die Millionen deuſcher Hausfrauen liefert,
die täglich Kathreiner auf den Kaffeetiſch bringen. Mehr als 1000 Mil=
lionen
Taſſen Kathreiner werden monatlich in Deutſchland getruknen;
wie gut muß er ſein!
Wir verweiſen unſere Leſer auf die in der heutigen Land=Ausgabe
erſchienene Beilage des Eberhard’s Weltdetektiv=Inſtituts Darmſtadt,
Karlsſtraße 60. Dasſelbe ſichert zuverläſſige und prompte Erledigung
aller in Betracht kommenden Angelegenheiten zu. Streng verrauliche
Behandlung jedes Einzelfalles iſt ſelbſtverſtändlich.
(15771
Herbſt=Hausputz.
Man muß ſich langſam mit dem Gedanken vertraut machen, daß den
Winter nicht mehr allzu weit entfernt iſt. Die weitblickende Hausfrau
läßt Oefen, Fenſter und Türen nachſehen, holt die Winterſachen aus
der Mottenkiſte, klopft und lüftet ſie, und anſchließend hält ſie großen
Hausputz. Sie iſt ſo klug, daß ſie nicht auf einmal die ganze Wohnung
in Unordnung ſtürzt, ſondern Zimmer für Zimmer vornimmt. Daß
auch das Groß=Reinemachen vorbereitet ſein muß, weiß ſie aus Er=
fahrung
. Das Handwerkszeug muß nachgeſehen werden, Beſen und Bür=
ſten
, Scheuer=, Staub= und Bohnertücher müſſen tadellos in Ordnung
ſein. Einen beſonders bereitwilligen Kämpfer gegen die Schlange
Schmutz hat die Hausfrau in iMi‟. Dieſes neue Reinigungsmittel
ſäubert direkt fabelhaft alle beſonders eingeſchmutzten Gegenſtände. Feſt=
ſitzende
Fette, hart gewordene Farben auf Glas und Porzellan werden
im Nu beſeitigt. Auch Bohnerbeſen und Lappen, Mop uſw. reinigt
iMli leicht und bequem ganz gründlich. Ein Eßlöffel auf einen Eimer
heißes Waſſer genügt, um dem hartnäckigſten Schmutz den Garaus zu
machen.

Wekterbericht.

Der Südſeiteneinfluß der geſtern über den britiſchen Inſeln gelege=
nen
Störung nimmt durch die mehr nordöſtliche Verlagerung ab. Mit
dem anſteigenden Luftdruck hat bereits eine Durchbrechung der Wolken=
decke
eingeſetzt und vielfach aufheiterndes Wetter zur Folge. Wenn auch
durch die maritime Luftzufuhr noch Bewölkung auftritt, ſo iſt zunächſt
mit Niederſchlägen kaum zu rechnen. Die Temperaturgegenſätze werden
ſich zunächſt zwiſchen Tag und Nacht verſchärfen, da vielfach nächtliches
Aufklaren eintritt.
Ausſichten für Dienstag, den 8. Oktober: Zeitweiſe etwas bewölkt, ſonſt
vielfach aufheiternd, zwiſchen Tag und Nacht ſtärkere Temperatur=
gegenſätze
, vorwiegend trocken.
Ausſichten für Mittwoch, den 9. Oktober: Wenig Aenderung der Wetter=
lage
.

Nach dem
Heisgen
Bopmamen
und vorangegangener
dyrippe
bedarf Jedermann eine Auffrischung des
Körpers, die angesammelten Schlacken
müssen ausgeschieden werden-
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Rundfunk=Programme.
Frankfurt
Dienstag, 8. Okt. 13.30: Schallplatten: Wiener Schlager.
Jugendſtunde. K. Stricker: Tierleben der Heimat: Auf der Wieſe,
6 16.15: Konzert des Funkorch. Mitw.: Eliſabeth Kandt (Sopran).
6 18.10: Leſeſtunde. Aus dem Dkamerone des Boccaccio. Sprecher:
O. W. Studtmann. O 18.30: Nur Frankfurt: Wanderratſchläge des
Taunusclubs. O 18.40: Kaſſel: Landwirtſchaftslehrer Kummrow:
Arbeitsſparende Verfahren in der Landwirtſchaft. o 19: Stadt=
medizinalrat
Dr. Fiſcher=Defoy: Bewußtſeinsſtörungen und Ver=
giftungen
. O 19.20: Schach. O 19.40: Martens: Die berufliche
Bildung des Kaufmanns. O 20: Paris: Verirrte Mikrophone in
Paris. Boulevard ſur Baſtille. Muſée Carnavalet. Sacre
coeur mit Montmartre. Aus dem Arbeiterviertel Buttes Chau=
mont
. Sprecher: E. Schoen und Dr. P. Laven. O 21.15: Stuttgart:
Das eherne Pferd. Komiſche Oper von D. F. E. Auber.
Königswuſierhaufen
Deutſche Welle. Dienstag, 8. Okt. 10: In der Werkſtatt. 0 12:
Franzöſiſch für Schüler. 12.30: Berlin: Schallplatten. o 14.30:
Tanzturnen für Kinder. o 15: Jugendſtunde. Wilh. Mayer: Flug=
zeugmodellbau
. O 15.45: Frauenbaſtelſtunde. Papparbeit: Brief=
mappe
. 8 16.30: Leipzig: Hausmuſik. Mitw.: A. Bräunling (Flöte),
G. Fritzſche (Violine) H. Riphahn (Bratſche), Alex. Kropholler
Cello), Th. Blumer (Klavier). O 17.30: Dr. Günther: Geſchichte der
Fabel. O 18: M. Müller=Jabuſch: Weltpolitiſche Stunde. o 18.30:
Franzöſiſch für Fortgeſchrittene. O 18.55: Reichsminiſter a. D. Dr.
Bell: Rechtsſtellung und Immunität der Abgeordneten. o 19.20:
Geh. Ob.=Reg.=Rat Dr.=Ing. Albrecht: Das Aufſpeichern von Wärme
in der Natur und in der Technik. O 20: Aus Paris: Verirrte
Mikrophone. Boulevard ſur Baſtille. Muſée Carnavalaet.
Sacre cbeur mit Montmartre. Aus dem Arbeiterviertel Buttes
Thaumont. Sprecher: Dr. Laven und E. Schoen. O 21.30: Klavier=
vorträge
. Chopin: Präludium Des=dur; Walzer Cis=moll; Nocturno
Fis=dur. Liſzt: Zwei Franziskus=Legenden: Die Vogelpredigt;
franziskus, auf den Wogen ſchreitend. Celeſte Chop=Groenevelt
Ffügel). O Anſchl.: Dr. Räuſcher: Preſſe=Umſchau des drahtloſen
jenſtes. O Danach; Bildfunk.

[ ][  ][ ]

Nammer 279

Dienstag, den 8. Oktober

Die Wiener Bankenfuſion.
Transaktion Oeſterreichiſche Bodenkrebitanſtalt Oeſterreichiſche Kredit=
anſtalt
für Handel und Gewerbe.
Die ſeit einigen Tagen umlaufenden Gerüichte über einen bevorſtehen=
den
Zuſammenſchluß der Wiener Großbanken beruhen inſofern auf Rich=
ſtigkeit
, als zwiſchen der Allgemeinen Oeſterreichiſchen Bodenkreditanſtalt
und der Oeſterreichiſchen Kreditanſtalt für Handel und Gewerbe unter
Teilnahme der Nationalbank Verhandlungen ſtattfinden, die ein Auf=
gehen
der Bodenkreditanſtalt in der Kreditanſtalt für Handel und Ge=
weube
zum Gegenſtand hatten. Ein Vorvertrag iſt zuſtandegekommen.
Ueber die Verhandlungen hat die Regierung um Mitternacht fol=
genden
Bericht ausgegeben: Die auf Veranlaſſung der öſterreichiſchen
Regierung eingeleiteten Verhandlungen wegen eines Zuſammenſchluſſes
der öſterreichiſchen Bodenkreditanſtalt mit der Kreditanſtalt für Handel
und G=werbe haben einen ſolchen Verlauf genowmen, daß ein befriedi=
gendes
Ergebnis erwartet werden kann. Der endgültige Abſchluß hängt
von der Erfüllung einiger Vorausſetzungen ab, deren Erledigung in
einigen Tagen zu erwarten iſt. Der Zuſammenſchluß wird zwar den
Aktionären der Bodenkreditanſtalt bedeutende Opfer auferlegen, aber
andererſeits den Einlegern und Gläubigern volle Sicherheit verbürgen
und den Konzerninduſtrie der Bodenkreditanſtalt die ruhige Fortarbeit
grmöglichen. Bei der Durchführung des Zuſammenſchluſſes iſt infolge
ihres großen Umfanges eine Kapitalserhöhung der Kreditanſtalt für
Handel und Gewenbe in Ausſicht genommen, deren Begebung durch ein
enternationales Konſortium unter Beteiligung des Bankhauſes S. M.
Rothſchild ſichergeſtellt würde.
Den unmittelbaren Anſtoß zu dieſem Zuſammenſchluß gab die ange=
Dannte Lage, in der ſich die Bodenkreditanſtalt infolge zu ſtarker Inan=
ſpruchnahme
ihrer Kredite durch die Induſtriekonzernunternehmungen,
darunter auch die Stehr=Werke, ſchon ſeit geraumer Zeit und insbe=
ſondere
ſeit zwei Wochen befand. Vor dem 29. September erfolgten
größere Abhebungen bei allen Wiener Banken, namentlich aber bei der
Bodenkreditanſtalt, und da die abgehobenen Einlagen nicht zurückſtrömten
ſcheint ſich die Bank entſchloſſen zu habew, die Zuſammenſchlußverhand=
lungen
mit der Oeſterreichiſchen Kreditanſtalt für Handel und Gewerbe
aufzunehmen, zumal auch die ausländiſchen Großaktionäre des Verwal=
tungsrates
der Bodenkreditanſtalt dauauf drängten.
Die Blätter bringen ausführliche Berichte über die Uebernahme der
Oeſterreichiſchen Bodenkreditanſtalt durch die Oeſterreichiſche Kreditanſtalt
für Handel und Gewerbe. Das ſpät nachts ausgegebene amtliche Kom=
munigué
beſtätigt das Zuſtandekommen dieſer Transaktion. Danach wird
das geſamte Geſchäft der Bodenkreditanſtalt ſamt allen Abtiven und
Paſſiven auf die Kreditanſtalt übergeleitet. Die Kreditanſtalt wird die
Einlagen der Bodenkreditanſtalt den Kunden dieſer Bank auf Verlangen
ausfolgen. Die Einleger und Depotinhaber werden durch die Transgſtion
in keiner Weiſe berührt. Recht uungünſtig ſchneiden dagegen die Aktionäre
der Bodenkreditanſtalt ab. Die Aktien der Bodenkreditanſtalt ſollen
mämlich in ſolche der Kreditanſtalt umgetauſcht werden, und zwar in
einem ſehr ungünſtigen Umtauſchverhältnis. Der Morgen berechnet,
daß die Aktionäre der Bodenkreditanſtalt ungefähr ein Siebentel ihres
Beſitzes erhalten. Nach dem gleichen Blatt befinden ſich auch größere
Pakete von Bodenkreditaktien im Beſitz der ſtaatlichen Anſtalten. So hat
vor allem die Oeſterreichiſche Poſtſparkaſſe im Januar 1927 im Umtauſch=
weg
gegen 3 Millionen Union=Bank=Aktien 200 000 Bodenkreditakdien
übernommen. An dieſen Aktien verliert die Poſtſparkaſſe einen nam=
haften
Betrag. Ein anderes Blatt berechnet, daß bei dieſer Transaktion
der öſterreichiſche Staat nicht weniger als 20 Millionen Schilling ein=
büßen
dürſte.
Ferner verlautet, daß unter Mitwirkung von S. M. v. Nothſchild
und einer amerikaniſchen Gruppe eine Kapitalerhöhung der Kreditanſtalt
zum Zweck der Uebernahme der Bodenkreditanſtalt vorgenommen wird.
Eine Folge des getroffenen Arrangements iſt zunächſt der Rücktritt des
Präſidenten der Bodenkreditanſtalt Dr. Sieghart, der über ungeheuren
wirtſchaftlichen Einfluß verfügte. Die Bodenkveditanſtalt beſtand bereits
ſeit 65 Jahren und hat ſchon in der alten Monarchie eine große Rolle
geſpielt, da ſie als Bankier des Kaiſers und zahlreicher Mitglieder der
Ariſtokratie fungierte. Laut Beſchluß des Börſenvorſtandes wird an
der heutigen Börſe der Handel mit Bodenkreditaktien ſiſtiert werden.
Wirkſchafliche Rundſchau.
Frankfurter Börſe. Am 8. Oktober ſind 28 Millionen RM. alte
Aktien mit voller Dividendenberechtigung für 1928/29 und 12 Millionen
NM. neue Aktien mit halber Dividendenberechtigung für 19B/29 der
J. P. Bemberg A.G., Barmen, zugelaſſen. Die 28 Millionen RM.
alten Aktien ſind gleichzeitig zum Terminhandel zugelaſſen.
Der neue deutſche Vorſchlag bei den deutſch=polniſchen Handelsver=
tragsverhandlungen
. Wie wir von unterrichteter Seite erfahren, treffen
die polniſchen Preſſenachrichten, wonach Deutſchland bei den Handels=
vertragsverhandlungen
mit Polen einen Vorſchlag gemacht hat, im
weſentlichen zu. Bei einzelnen Teilen dieſes Vorſchlages, ſo z. B. bei
dem Zollgbbau und der Meiſtbegünſtigung, handelt es ſich um Selbſt=
verſtändlichkeiten
, die bei jedam Handelsvertrag in Frage kommen. Die
Angaben über das Kohlenkontingent ſind jedoch nicht richtig. Wenn in
den polniſchen Meldungen davon geſprochen wird, daß Deutſchland ein
Kontingent von 300 000 bis 350 000 Tonnen bewilligt haben ſoll, ſo iſt
dazu zu bemerken, daß in dem Vorſchlag Biffern überhaupt nicht genannt
worden ſind.
Amerikaniſche Kabelnachrichken.
Es notierten nach Meldungen aus Chicago am 7. Okt.:
Getreide: Weizen, Dez. 134½, März 141½, Mai 145½: Mais,
Dz. 95½, März 1005, Mai 103: Hafer, Dez. 52½, März 55, Mai
56½: Roggen, Dez. 108½, März 1117, Mai 114.
Schmalz: Okt. 11,225, Nov. 11,275, Dez. 11.425, Jan. 30 11,90.
Fleiſch: Rippen, Okt. 11,50; Speck loco 12; leichte Schweine
9,7510,40, ſchwere Schweine 8,8510,15; Schweinezufuhren
Chicago 35 000, im Weſten 109 000.
Es notierten nach Meldungen aus NewYork am 7. Okt.:
Getreide: Weizen, Rotwinter 142½, Hartwinter 138½ Mais
1087; Mehl 66,40: Getr. Fracht nach England 1,62,3 sh,
nach dem Kontinent 89 C.
Schmalz: Prima Weſtern loco 12; Talg extra loſe 83.

Diebmärkke.

Mannheimer Viehmarkt vom 7. Oktober. Dem heutigen Großvieh=
markt
waren zugefahren: 151 Ochſen, 193 Bullen, 213 Kühe, 387 Färſen,
650 Kälber, 25 Schafe, 3637 Schweine, 16 Ziegen. Bezahlt wurden für
Ochſen 4062, für Bullen 4456, für Kühe 2052, für Färſen 4063,
für Kälber 5785, für Schafe 5357, für Schweine 7691, für Ziegen
1223. Marktverlauf: Mit Großvieh mittelmäßig, langſam geräumt;
mit Kälbern lebhaft, geräumt; mit Schweinen mittelmäßig, Ueberſtand.
Der Pferde=, Großvieh= und Kälbermarkt vom Montag, 14. Oktober,
findet am Dienstag, den 15. Oktober, ſtatt.
Frankfurter Viehmarkt vom 7. Oktober. Aufgetrieben waren: 1675
Rinder, darunter 392 Ochſen, 110 Bullen, 604 Kühe, 498 Färſen, 473
Freſſer, 79 Kälber, 5122 Schweine. Marktverlauf: Rinder rege, aus=
verkauft
; Schweine ruhig, Ueberſtand; Kälber und Schafe ruhig, ge=
räumt
. Preiſe für den Zentner Lebendgewicht in Reichsmark: Ochſen:
a) 1. 5961, 2. 5558, b) 1. 5054, Bullen: a) 5457, b) 4953,
Kühe a) 4650, b) 4245, c) 4245, d) 3741, Färſen a) 5961,
b) 5558, c) 5054, Kälber b) 7882, e) 7477, d) 6571, Schafe
ſind nicht notiert; Schweine a), b), c), d) 8890, e) 8588, f) und g)
nicht notiert. Fleiſchgroßhandelspreiſe: Ochſenfleiſch 1. 90100,
2. 8090, Bullenfleiſch 8530, Kuhfleiſch 1. , 2. 6575, 3. 5065,
Kalbfleiſch 2. 105110, Hammelfleiſch 105110, Schweinefleiſch 110
115, desgl. 2. 105110. Gefrierfleiſch (Rindfleiſch) Vorderviertel 56,
Hinterviertel 65. Geſchäftsgang ſchleppend.

Produkkenberichte.

Mannheimer Produktenbericht vom 7. Oktober. Die Forderungen
des Auslandes hat eine weitere Steigerung erfahren. Insbeſondere
ſind die Offerten aus Argentinien weſentlich erhöht. Auch für Inlands=
weizen
lauten die Forderungen höher. Die hieſige Börſe verkehrte in
ſtetiger Haltung. Man nannte im nichtoffiziellen Verkehr gegen 12.30
Uhr in RM. pro 100 Kilo waggonfrei Mannheim: Weizen inländiſcher
26,25, desgl. ausländiſchen 27,2533, Roggen inländiſchen 20, Hafer in=
ländiſchen
18,2519,25, Braugerſte badiſche, heſſiſche und württembergi=
ſche
21,5022,50, Futtergerſte 1819. Mais mit Sack 20, pfälziſche Fut=
tergerſte
23,5024,50, ſüddeutſches Weizenmehl Spezial Null 37,7528,
sweite Sorte 35,7536, ſüddeutſches Weizenauszugsmehl 41,7543, ſüd=

deutſches Weizenbrotmehl 27,7528, ſüddeutſches Roggenmehl 2832,
2832, Kleie 11, Biertreber mit Sack 17,2518,25, Leinſaat 47.
Franbfurter Produktenbericht vom 7. Oktober. Der Frankfurter Pro=
duktenmankt
eröffnete die neue Woche im Einklag mit den freundlichen
Auslandsmärkten in freundlicher Haltung. Das Geſchäft war auch heute
nicht ſonderlich groß, doch konnten Brotgetreide und Mehle im Preiſe
etwas anziehen, während Futtermittel vernachläſſigt und etwas ſchwächer
lagen. Namentlich in Weizen wurden größere Käufe vorgenommen. Es
notierten Weizen 25,5025, 75, Roggen 19,2519.50, Sommergerſte 20,75
bis 21, Hafer 18,7519, Mais 19,50, Weizenmehl ſüdd, und nieder=
rheiniſches
37,6038,25, Noggenmehl 27,2529, Weizenklie 10,7510,85,
Roggenkleie 11, Erbſen 3548, Linſen 4590, Heu ſüdd. 11, Weizen= und
Roggenſtroh dvahtgepreßt 6, dito gebündelt 5,756, Treber getrocknet
17,2518,25. Tendenz: Weizen feſt. Weizenmehl anziehend, ſonſt ruhig.
Frankfurker und Berliner Effektenbörſe.
Frankfurt a. M., 7. Oktober.
Wenn auch die Verhältniſſe bei der Oeſterreichiſchen Boden= Kredit=
anſtalt
, die zu der Notfuſion mit der Kreditanſtalt führen, die Börſe
weiter verſtimmten, war die Haltung zu Beginn der neuen Woche doch
allgemein beruhigter und freundlicher, geſtützt auf die kräftige Erholung
an der New Yorker Samstagsbörſe. Die Verkäufe aus Auslands= und
Kundſchaftskreiſen ſcheinen ziemlich aufgehört zu haben, und das In=
terventionskonſortium
konnte ſeine Tätigkeit heute einſtellen. Die Ku=
liſſe
, die in den letzten Tagen Blankoabgaben in beträchtlichem Umfang
vorgenommen haben muß, ſchritt zu größeren Deckungskäufen, ſo daß,
da andererſeits kaum Abgaben ſtattfanden, meiſt nennenswerte Kurs=
erholungen
eintraten. Das Geſchäft war im allgemeinen nicht groß.
Licht u. Kraft, Felten, AEG., Schuckert und Siemens 24 Prozent an=
ziehen
konnten, Bergmann ſogar 5,25 Prozent höher. Stärker erholt
markt eröffneten J. G. Farben 1,75 Prozent höher. Holzverkohlung
dagegen leicht gedrückt, Metallgeſellſchaft unverändert. Zellſtoffwerte
waren behauptet. Montanaktien konnten 152 Prozent im Aurſe ſich 4835 (4875) Oitober 46 (48) Nobember 46,75 (4775), Dezember 47
etwas lebhafter gefragt. Am Anleihemarkt waren Ablöſungsſchuld für
Neubeſitz etwas erholt, Schutzgebiete behauptet. Im Freiverkehr be=
ſtand
für Ruſſen Intereſſe. Guldenruſſen 1,40 Prozent Geld. 0der
Ruſſen 1,55 Prozent Geld. Im Verlaufe blieb das Geſchäft zwar ſehr
ſtill, doch konnten die Kurſe meiſt weiter etwas anziehen. J.G. Far=
ben
lagen erneut 1 Prozent höher. Auch Elektrowerte und Deutſche
Linoleum weiter gebeſſert. Die Geldmarktlage war unverändert. Ta=
gesgeld
zu 7 Prozent weiter flüſſig. Am Deviſenmarkt nannte man
4.8622, Paris 123.94, Mailand 92.85, Madrid 32.70, Holland 12.102/.
Die heutige Abendbörſe war faſt vollkommen geſchäftslos,
zeigte ſich jedoch im allgemeinen gut gehalten. Glanzſtoff, die ſich ſchon
an der Mittagsbörſe von 259 auf 261 erholten, zogen an der Abend= Fabrik iſt noch nicht gefallen. Wie wir erfahren, werden die Verhand=
börſe
weiter an, und zwar auf 265. J.G. Farben nannte man mit 202,
doch wurden nennenswerte Umſätze nicht getätigt. Der Elektromarkt
eröffnete durchweg mit behaupteten Kurſen. Licht u. Kraft konnten ſo=
gar
0,5 Prozent gewinnen, nachdem ſie ſchon an der Mittagsbörſe um
5 Prozent angezogen hatten. Schuckert und Siemens lagen mit 205
bzw. 351 eine Kleinigkeit ſchwächer. Banken blieben unverändert. Man
nannte Danat mit 267,25, Diskonto 162, Dresdener 157,5. Auch am Mon=
tanmarkt
lagen die Kurſe durchaus auf dem Nivegu der Mittagsbörſe, von Dr. Tern=Zinnowitz in Betrieb, die nach Anſicht von Fachleuten zur
Gegen Schluß lag der Markt ſtill und umſatzlos.
Berlin, 7. Oktober.
Die neue Woche eröffnete in entſchieden freundlicherer Verfaſſung.
Einerſeits regten der ſehr feſte Schluß der New Yorker Samstagsbörſe
und eine auch an den übrigen Auslandsbörſen zu beobachtende weſent=
liche
Beruhigung an andererſeits ſtimulierten die Nachrichten, die von
Unterredungen des Präſidenten der National City Bank mit verſchie=
drang
des Auslandes und der Provinz auch heute weiter nachließ, verſammlung fand in Berlin ſtatt,
brauchte das Stützungskonſortium nicht ſtärker in Aktion zu treten,
ſondern Deckungsneigung, die die Spekulation auf faſt allen Märkten
bekundete, genügte, um mehrprozentige Erholungen eintreten zu laſſen.
Seitens des Publikums ſcheint ſich die Kaufneigung etwas vergrößert
zu haben. Gegen die Samstagsſchlußnotierungen betrugen daher die
Kursbeſſerungen, beſonders am Kali=, Elektro= und Montanmarkt, bis
zu 4 Prozent ca. Auch nach den erſten Kurſen blieb die Stimmung
freundlich. Die Notierungen konnten zumeiſt um weitere 11,5 Proz.
anziehen. An einigen Märkten war hierbei die Umſatztätigkeit etwas
lebhafter. Auch nach 1 Uhr erhielt ſich die freundliche Stimmung, die
Deckungen nahmen ihren Fortgang, doch hielt ſich das Geſchäft im all=
gemeinen
in ruhigen Grenzen.

Vom Holzmarkk

ſchreibt uns unſer Mitarbeiter: Je weiter das Jahr vorſchreitet, um ſo
geringer wird die Bautätigkeit. Infolge der ſchlechten Wirtſchaftslage
wird die Zahl der Mieter, die beſchlagnahmefreie Wohnungen zu ver=
hältnismäßig
teuren Mieten beziehen könnten, immer kleiner. Dieſe
Verhältniſſe wirken ungünſtig auf den Holzmarkt. Die Nachfrage nach
Schnitthölzern iſt geringer geworden, Möbelzopf geht wenig. Die
Tiſchlereien ſind ſchlecht beſchäftigt, zahlen ſaumſelig und verlangen
lange Ziele, ſogar bis 10 Monate. Sehr häufig kommen Inſolven=
zen
kleinerer und mittlerer Möbelfabriken vor. Luxusmöbel ſind kaum
abzuſetzen. Man hatte ſich vom Herbſt einen Aufſchwung der Piano=
forteinduſtrie
verſprochen. Dieſer iſt aber nicht eingetroffen, im Gegen=
teil
, der Export von Inſtrumenten iſt faſt ganz gelähmt. Der Inlands=
bedarf
iſt ſehr herabgedrückt. Auf die mangelnde Beſchäftigung in der
Klavierfabrikation iſt der ſtockende Abſatz in geflößtem Stammholz zu=
rückzuführen
. Die Leiſtenfabriken ſind ſchlecht beſchäftigt. Auch blaue
Seiten ſind zur Zeit nur ſchwer verkäuflich. Im Freiſtaat Sachſen war
der Septembermonat für den Holzhandel lebhafter; jetzt iſt es dort aber
auch ſehr ruhig.

Mekallnokierungen.

Die Berliner Metallnotierungen vom 7. Oktober ſtellten ſich für
Original Hüttenaluminium 190 RM. desgleichen 194 RM., Reinnickel
350 RM., Antimon Regulus 6569 MM., Feinſilber 68,5070,25 RM.
Die Berliner=Metall=Dermine vom 7. Oktober ſtellten ſich für
Kupfer: Januar 147 (147,50), Februav 147,25 (147,75), März 147,75
(147,75), April 147,75 (148,25), Mai 148,25 (148,25), Juni 148,25 (148,50),
Etwas lebhafter war die Umſatztätigkeit am Elektromarkt, an dem Juli 148,25 (148,75), Auguſt 148,75 (148,75), September 148,75 (149),
Oktober 145,50 (146,50), November 146 (146,75), Dezember 146,75 (147).
Tendenz: ruhig. Für Blei: Januar, Februar, März, April 46 (46,50),
Mai, Juni, Juli, Auguſt 46,/25 (46,50) September 46,50 (46,75), Oktober
waren ferner Deutſche Linoleum mit plus 75 Prozent. Am Chemie= 45,05 46,/75), November 46 (46 25), Dezember 46 (46,50), Tendenz: ſtetig,
Für Zink: Januar 47 (47,75), Februar, März 47 (48), April 47,50
(48,50), Mai 47,75 (48,75), Juni, Juli 48 (48,50), Auguſt September
beſſern. Am Bankakienmarkt waren Danatbank ſplus 235 Prozent) /4150). Tendenz; luſtlos. Die erſten Zahlen bedeuten Geld, hie in
Klammern beigefügten Brief.
Kleine Wirkſchaftsnachrichken.
Die Darmſtädter und Nationalbank erklärt, daß die Nachrichten über
eine Intereſſennahme der National City Bank. New York, an der Darm=
ſtädter
und Nationalbank und die Berufung einzelner Aufſichtsratsmit=
Mark gegen Dollar 4.1952½, gegen London 20.397, London-Kabel glieder zu einer Sitzung nach Berlin auf freier Erfindung beruhen. Auch
alle Gerüchte über ſonſtige Kombinationen bei dem Inſtitut entſprächen
nicht den Tatſachen.
Die Entſcheidung über das künftige Domizil der geplanten Ford=
lungen
nach beiden Seiten, ſowohl nach Köln als auch nach Neuß, un=
verändert
fortgeführt, ſo daß von einer abſoluten Bevorzugung Kölns,
wenigſtens für den Augenblick, noch keine Rede ſein kann.
Auf dem der Thüringer Gasgeſellſchaft in Leipzig gehörenden Gas=
werk
Engeldorf bei Leipzig befindet ſich ſeit dem 1. Juli d. Js. eine
große induſtrielle Elektro=Stickſtoffanlage nach einem neuen Verfahren
vollen Zufriedenheit arbeitet. Die Geſellſchaft iſt nunmehr zur prakti=
ſchen
Auswertung des neuen Syſtems in größerem Maßſtab überge=
gangen
.
Die Süddeutſche Mühlenvereinigung hat am 7. Oktober den Preis
für Weizenmehl Spezial Null auf 38 (plus 0,25) RM. ab Mühlenſtation
erhöht.
Die ſeit dem Jahre 1843 beſtehende Damenkonfektionsfirma Carl
denen Berliner Bankdirektoren wiſſen wollten. Da der Verkaufsan= Fr. Bauer in Eßlingen hat die Zahlungen eingeſtellt. Eine Gläubiger=
Im Zuſammenhang mit den Gerüchten über die bevorſtehende Fu=
ſion
der Boden=Kreditanſtalt mit der Oeſterreichiſchen Kreditanſtalt ver=
breitet
die W. Allg. Ztg. eine Meldung, wonach in finanziellen und poli=
tiſchen
Kreiſen die Demiſſion des Präſidenten der Nationalbank, Dr.
Reiſch, erwartet würde.
Die Bank von England hat für 1 Mill. Lſtrl. gemünztes Gold aus
dem Auslande angekauft, während ſich ihre eigenen Verkäufe nur auf
rund 30 030 Lſtrl. beliefen.
Am letzten Auktionstage der fünften diesjährigen Londoner Kolo=
nialwollauktionen
wurden 12806 Ballen verſteigert. Wiederum waren
viele Käufer anweſend, und einzelne Sorten wurden ſehr ſtark gefragt.
Die Zurückzüge beliefen ſich insgeſamt auf 20 Prozent.

Berliner Kursbericht
vom 7. Oktober 1929

Brutfce Bunt, umate Surmftaut

Deviſenmarkt
vom T. Oktober 1929

Berl. Handels=Geſ.
Lanatbank
Mie
265. ſElettr. Lieferung 1164. V
7. G. Farben 202. Ke
Rütgerswerke iff
25.75 Gelſingfors Währung!
100 finn. Mk./ 10.54 Geld eit
10.56
Schweiz Währung!
100 Franten Geld
80.93 Brief
81.08 Deutſche Bant 161.75 Gelſenk. Bergw. 134. Salzdetfurth Kalt =
Leonh. Tietz 366.- Wien.
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Frankfurter Kursbericht vom 7. Oktober 1929.

85 Dtſche. Neichsn
anl. v. 27 ......
69 Baden Frei=
ſtaat
v. 27 ..
(% Bahern Frei=
ſtaat
v. 27
8% Heſſen Volks=
ſtaat
. . . . . b. 24
b. 29
8e.
6% Preuß. Staats=
anl
. b. 28 ......
6% Sachſen Frei=
ſtaat
v. 27 ..
7%Thüringer Frei=
ſtagt
v. 27 .....!
Dtſche. Anl. Auslo=
ſungsſch
. 4 2o
Ablöſungsanl.
Dtſche. Anl. Ablb=
ſungsſch
. (Neub.)
Dtſche. Schutzge=
bietsanleihe
...
8%a Bab.=Bad. v.20
6% Berlin v. 24 ..
82 Darmſtadtv. 26
28
720 Frkf.a. M.b.28.
82 Mainz v. 26 ..
82 Mannh. b.26,,
82 Nürnbergb.26,
8), Heſſ. Landesbk.
Goldpfbr.
8ll, Heſſ. Landesbk.
Goldoblig.
4ſ,J, Heſſ. 2bs.-
Hyp.=Bk.=Liquid.
..
Pfbr.
8. Preuß. 2ds.*
Pfbr.=Anſt. Gold=
pfbr
.
80 Preuß. Ld8.
Pfbr.=Anſt. Gold=
vbl
. ........

86.5
91

91.4

78.25

445

86
86
82.5
87

M u
Landesbk. Goldobl.
82 KaſſelerLanbes=
kredit
Goldpfbr.
82o Naſſ. Landesbk.
Goldpfbr. . .. . .
Dt. Komm. Sam=
mel
=Ablöſ.,Anl.
* Ausl. Ser. I
* Ausl. Ser, II
Ot. Komm. Samm.=
Abl. (Neubeſitz).
18% Berl. Syp.=Bk.
14½% Ligu.=Pfbr.
8% Frkſ. Hhp. Bk.,
4,% Lig. Pfbr.
148 Pfbr. Bk.,
41/,% Lig. Pfrb..
8% Mein. Hyp. Bk..
4½½,% Lig. Pfbr..
18% Pfälz. Hhp. Bk.
4:1,% Lig. Pfbr.
8el. Preuß. Boden=
ereb
.=Bk.,
4½2 Lig. Pfb
82l. Preuß. Centrl.=
Bodener.Bk.
4:1.), n Lig.Pfbr.
82/Rhein. Hyp.=Bk.
41=2. Lig. Pfbr.
8% Rhein.=Weſtf.=
Bd. Fredif.....
8% Südd. Bod.=
Cred.=Bank.. ..
8% Württ. Hyp.=B.
6% Daimler Benzl
von 27 ........
8:I. Dt. Linol. Werke
b. 26
8% Klöckner=Werkel
Berlin v. 20 .
720 Mainkriu. 5,26.
2 Mitteld, Stahl=
werke
v. 37...

51.75
68
21.5
97
72.75
72.5
77.25
721
95"

73.25
87.5
7155
2n
76.1
96.5
97.5
95.25

85

Pl.Salzmannu,Co)
v. 26...."
720 Ver. Stahlwerke
mit Opt. v. 26I
82 BoigtckHäffner
von 26 .... .."
J. G. Farben Bonds
p. 28 .......
5% Bosn. L.E.B.
...
v. 1914
4:,70 Oſt. Schatz=
anw
. v. 1914.,
420 Oſt. Goldrente
5 %vereinh. Rumän.
4½30
42g Türk. Admin.
1. Bagdad
Bollanl
42
4½20 Ungarn 191s
19141
41 %
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42,
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....."
Contin. Gummim
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Eiſenh. Berlin.
Erdöl

Gold= u. Silb.,
ſcheide=Anſtalt 1
Linoleumwerk.
Ohckerhoff u. Wid=
menn
........

33

7.30
24.4

38.5
181"
7 116
212.5
133
98
123
175
58
428
161.25
39
100
106.5
146.5

89

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Mainz. Akt.=Br. . .
Mannesm. Röhren;

2o8
25.25
213
201.75

186
69.5
52
170
130

168
1123
93.5
135
88.5
92
81½.
212
124.2r

Aage
105
110
173
106
274
72.5
13
107
2608
105

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52
Aue

130
150

101.6
1o7
140.5
113
1o8
73.5
183
278
101
116
1204
162.5
el352.25
210
25
154.5
31364
au5
108
154

58

Wanß & Fretztagl
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Deutſche Bank. . ...
Eff.-u. Wechſel=
bank

......"
Diskonto=Geſellſch.)
Dresdener Ban1.)
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Pfdbr.=Bk.
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Oſt.Creditanſtalt . .!
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A.=G. f. Vertehraw.
Allg. Lokalb. Kraftw
7% Dt. Reichsbahr
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Hapag..
Nordd, Lloyd
Schantung=Eiſenb.
Südb. Eiſenb.=Gei!=

142

150
173,5
265
161.75
121
161.75
156
135.5
135.5
126
126.25
150
31.25
133.5
284
120
148.5
150
121.
1126

118
109
3.45
AA6

Allianz. u. Stuttg.
Verſicherung . . ./222.25
Frkft. Alg. Verſ.=G/103
Frankona Rück= u.
Mitv. . . .. . . . /463
Mannh. Verſich,

[ ][  ][ ]

Seite 14

Dienstag, den 8. Oktober 1929

Nummer 279

*annnnn Aane4
Urheber=Rechtsſchutz durch Verlag Oskar Meiſter, Werdau i. Sa.

10)

Nachdruck verboten

Lebhafte Bewegung entſtand oben.
Auch Tobby Arkebuis hatte ſich umgewandt.
Seine Züge verzerrten ſich. Er witterte Gefahr. Seine
Hand fuhr nach der Taſche, er zog den Revolver.
Doch ehe er abdrücken konnte, hatte der neben ihm ſitzende
Amateurboxer Patſy Breaker geiſtesgegenwärtig zugeſchlagen
und dem Zuſamenbrechenden den Revolver entriſſen.
Im Nu war Tobby Arbebuis gefeſſelt und wurde aus den
Reihen gezerrt.
Unten war helle Aufregung.
Was ging ober vor?
Nur George ſtand ruhig lächelnd mit gekreuzten Armen da.
Der Bürgermeiſter, Mr. Caſtmann und Mr. Towler beſtürm=
ken
ihn um Aufklärung.
Ruhig ſagte Mr. George: Dort oben habe ich eben Tobby
Arkebuis, den ich erkannte, verhaften laſſen. Es iſt ein lang=
geſuchter
Eiſenbahnräuber, Geldſchrankknacker und wahrſchein=
lich
auch Pirat. Ich bedaure, daß ich Ihre Sitzung durch dieſe
Maßnahme für Augenblicke ſtören mußte.
Dieſe Tat fand begeiſterten Beifall. Die Senatoren klatſch=
ten
, ebenſo wie die Tribünenbeſucher, lebhaft und anhaltend in
die Hände.
Dann traten die Senatoren zu George und beglückwünſch=
ten
ihn.
Ein gutes Omen! ſagte Caſtmann warm.
Am Nachmittag erfolgte die Einführung.
Die höheren Beamten des Polizeipräſidiums waren unter
Führung des Vizepräſidenten Dr. Allenday in einem Sitzungs=
ſaale
des Polizeipräſidiums verſammelt.
Mr. Towler kam mit George, und der wurde von den
höheren Beamten, von denen ſich jeder zu Unrecht übergangen
fühlte, ſehr kühl, faſt abweiſend empfangen.
George ſah es, aber er reagierte nicht darauf.
Er ſprach nur einige Worte.
Die ganze Einführung hatte nur etwa zehn Minuten ge=
dauert
. Dann entließ Mr. Towler die Beamten und geleitete
Nobert George in ſein Arbeitszimmer.
Der invalide Poliziſt Papers, Mr. Davens Vertrauter und
Faktotum, begrüßte den neuen Herrn ehrfurchtsvoll.
Robert George nahm im Direktionszimmer Platz, und Mr.
Towler ging, nachdem er ihm noch einmal ſehr warm die Hände
geſchüttelt hatte und alles Gute für die Zukunft wünſchte.
Dann war George allein.
Er war lange allein.
Niemand kam und kümmerte ſich um ihn. Papers ſaß im
Vorzimmer und wartete auf ein Glockenzeichen.
George ſah ſich in ſeinem Arbeitszimmer um. Es war denk=
bar
nüchtern und geſchmacklos eingerichtet. Nichts Warmes
verſöhnte.

Er brannte ſich eine Zigarre an, rauchte ſie zu Ende. So
verging eine Stunde in idylliſcher Ruhe. Bei einer zweiten
Zigarre lief abermals eine Stunde ab, und niemand beläſtigte ihn.
Auch der Vizepräſident kam nicht zu einer Anſtandswiſite.
George entſchloß ſich, zu klingeln.
Der Poliziſt Papers erſchien, blieb demütig im Rahmen
der Tür ſtehen und wartete.
Kommen Sie heran, lieber Papers, ſagte George freundlich.
Wir kennen uns doch ſchon etwas, Sie waren Mr. Dawens
Vertrauter?"
Vertrauter iſt zuviel geſagt, Herr Präſident, entgegnete
Papers verlegen. Aber er war gut zu mir, und ich habe meine
Abee Inder
reu leueckauf?
Sie konnten doch ſoviel
ſparen, wenn Sie immer
Die gutbiegeeliche Miſchung
krinken würden-
s
Bohnenkaſſee
und * Kathreiner
ſelbk miſchen!
Das ganze Pund=Pakek
Kathreiner koſtet
nuP
4

Pflicht getan. Wenn mich der Herr Präſident weiter in dieſer
Stellung belaſſen, ſo hoffe ich.
George nickte. Selbſtverſtändlich, lieber Papers. Ich werde
Sie brauchen, ganz beſonders im Anfang. Denn ich habe vor,
hier ein wenig Wandlung zu ſchaffen.
Papers müde Augen leuchteten auf.
Herr Präſident müſſen es tun. Es tut not!
George bot ihm eine Zigarre an und ſagte freundlich:
Setzen Sie ſich, lieber Papers. Wir wollen mal etwas zuſam=
men
plaudern. Sie ſollen mir reinen Wein einſchenken, denn ich
glaube, es kennt keiner die Beamten des Polizeipräſidiums ſo
gut wie Sie, der dreißig Jahre lang mit ihnen zu tun hatte.
Das wohl, Herr Präſident, entgegnete Papers. Aber Sie
müſſen bedenken, daß ich immer um Mr. Davens war. Ich habe
zwar viele kennen und einſchätzen gelernt, ich denke auch richtig
aber . . . ich könnte doch nicht einem etwas beweiſen.

Glaube ich! Aber Sie wiſſen genau, daß ein ganz ſtattlicher
Prozentſatz der Polizei von Chicago ... platt iſt. Das wiſſen
Sie!
Papers nickte.
Ich weiß es auch, fuhr George fort. Das iſt die Haupt=
ſchwierigkeit
meiner Stellung. Ich kann mich nicht auf ein erge=
benes
Beamtenheer ſtützen. Sie ſind alle wider mich. Den
Empfang hätten Sie ſehen ſollen, Papers! Donnerwetter, eine
Verſammlung von Kaulquappen ſpricht auch bald ſo viel. Kühl
. . . ach, kühl iſt kein Wort . . . unfreundlich, gehäſſig waren die
Mienen.
Ja! ſagte Papers nachdenklich. Man . . . lacht, man
.. . ſpottet über Sie."
Erfreut ſah ihn George an. Er legte die Hand auf die Schul=
ter
des Poliziſten und ſagte ernſt: So, mein Beſter, ſo bleiben
Sie! Das bitte ich mir aus. Abſolute Wahrheit! Alſo, man
lacht über mich? Gut.. ich werde morgen früh einmal einige
Inſpektionsbeſuche machen. Dann ſolle einigen der Herren das
Lachen vergehen. Jetzt aber, Papers, erwarte ich von Ihnen, daß
Sie mir eine Liſte der Beamten aufſtellen, die nach Ihrer Ueber=
zeugung
unbedingt reell ſind.
Das kann ich nicht, Herr Präſident, das können Sie beſſer
als ich.
Vielleicht antwortete George. Aber Sie machen es.
Dann wollen wir unſere beiden Liſten miteinander vergleichen.
Und die, die wir beide nennen, die ſollen unſere ſchwarze Garde
werden, auf die wir uns unbedingt verlaſſen können.
Die Liſten waren um die vierte Nachmittagsſtunde es war
immer noch niemand gekommen fertig und wurden mitein=
ander
verglichen.
Sie ſtimmten im großen und ganzen überein.
George war befriedigt.
Gut! ſagte er zu Papers, und dann gehen Sie zu den
Beamten und ſagen Sie Ihnen, daß ich ſie übermorgen einzeln
zu ſprechen wünſche. Für jeden will ich eine Viertelſtunde Zeit
haben. Um 9 Uhr früh beginne ich damit, und da es dreißig
Mann ſind, ſo werde ich ſiebeneinhalb Stunden dazu brauchen,
Alſo den ganzen Tag.
Papers nickte. Ich werde die Herren entſprechend beſtellen.
*
George fuhr gegen 6 Uhr mit dem Auto nach Hauſe.
Benn holte ihn ab. Er kham vom Werk und ſchien ſehr müde
zu ſein. So ſprachen ſie unterwegs ſo gut wie nichts. Benn lenkte
in bewährter Geſchicklichkeit den Wagen durch die Verkehrs=
wirrniſſe
von Chicago, und nach zwanzig Minuten Fahrt ſaßen
ſie in den bequemen Seſſeln ihrer behaglichen Junggeſellen=
wohnung
.
Miß Cavellyn brachte den Tee, und beide ſtärkten ſich.
Nun erzähle! eröffnete George das Geſpräch. Du warſt in
den Werken?
Ja!
Haſt du die Leitung übernommen?
Ja!
Wie fandeſt du alles?
In Ordnung.
Gut! Und ſonſt noch was?"
Dein techniſcher Leiter iſt ein Juwel.
Famos!!
Habe einen Ueberblick über das gigantiſche Werk bekom=
men
. Allen Reſpekt vor dem toten Millans! Hat wirklich was
geſchaffen. Mir brummt der Schädel. Aber der techniſche Leiter
iſt prima. Er heißt Willy Kramer und trägt ſpielend ſechs Zent=
ner
. Die Leute haben Hochachtung und Reſpekt vor ihm. Es
klappt, obwohl er ein humaner guter Kerl zu ſein ſcheint.
(Fortſetzung folgt.)

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