Darmstädter Tagblatt 1928


15. November 1928

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Einzelnummer 10 Pfennige

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Nummer 318 Donnerstag, den 15. November 1928. 194. Jahrgang

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Verſchärfung der innenpolitiſchen Lage.
Die Folgen des ſozialdemokratiſchen Agitationsantrags. Groener beſteht auf
ſeinem Rücktritt. Die Entſcheidung über das Schickſal des Kabinetts bei
den Sozialdemokraten. Reichskanzler Müller geht zum Reichspräſidenten.

Die Panzerkreuzer=Kriſe.
Feſtlegung der Entſchlußfreiheit der ſozial=
demokratiſchen
Miniſier durch ihre Fraktion.
Die ganze Ausſprache über den Ruhrkampf, der noch vor
wenigen Tagen von ſo ungeheurem Gewicht ſchien, daß er an die
Spitze der Beratungen des Reichstages geſtellt wurde, iſt mit
einem Schlage zu der Kuliſſe geworden, hinter der ſich der Kampf
um den Panzerkreu zer im Sturmtempo entwickelt. Den ganzen
Mittwoch über war ein fleißiges Verhandeln hinüber und her=
über
, wobei nach den bei uns üblichen Methoden die Situation
eigentlich ſtündlich wechſelte und ebenſo die Auffaſſung über einen
glücklichen oder kriſenhaften Ausgang. Die Veranlaſſung dazu
gab zweifellos Herr Gröner, der den Sozialdemokraten die Fol=
gen
ihres Agitationsantrages durch ſeinen Schritt beim Reichs=
präſidenten
eindringlich vor Augen führte. Ihm iſt aber auch
wohl zuzuſchreiben, daß der Aelteſtenrat des Reichs=
tages
mit übereinſtimmender Mehrheit beſchloſſen hat,
die Debatte über den Kampf um den Panzer=
kreuzer
vorwegzunehmen. Sie ſoll am Donnerstag be=
ginnen
und am Freitag mit der Abſtimmung zu Ende geführt
werden. Ueber den Ausgang gehen die Meinungen nach wie vor
weit auseinander. Daß der Antrag ſelbſt eine Mehrheit findet,
wird immer unwahrſcheinlicher. Die Deutſchnationalen wollen
zwar ihre Stellungnahme erſt unmittelbar vor der Abſtimmung
treffen. Wahrſcheinlich aber werden ſie gegen den Antrag ſtim=
men
, ſo daß im ungünſtigſten Fall die Sozialdemokraten mit den
Kommuniſten und vielleicht einem Teil der Wirtſchaftspartei
gehen können. Sehr viel wahrſcheinlicher aber iſt es, daß zuletzt,
wenn die Sozialdemokraten ſich den Schaden bei Licht beſehen,
ſie mit ihrem Antrag ziemlich allein ſtehen, wodurch ſich ihre
Blamage noch weiter erheblich vergrößert. Aber damit iſt die
Kriſis noch nicht abgeſchloſſen. Herr Gröner hat den Parteien
ja erklärt, daß er, falls der Bau des Kreuzers eingeſtellt würde,
zurücktreten würde. Er ſcheint aber auch dem Kanzler angedeutet
zu haben, daß er nicht bleiben könne, falls etwa die ſozialdemo=
kratiſchen
Miniſter im Plenum des Reichstages gegen die übrigen
Miniſter ſtimmten. Daß eine ſolche Drohung von Herrn Gröner
ausgeſprochen worden iſt, wird von den Sozialdemokraten mit
aller Entſchiedenheit beſtritten. Das ganze iſt aber doch wohl
nur ein Streit um die Form. Jedenfalls wird
die Haltung des Reichswehrminiſters
ganz davon abhängen, wie ſeine ſozialdemokratiſchen Miniſter=
kollegen
abſtimmen werden. In der Abſtimmung der Miniſter
Müller, Hilferding, Wiſſell und Severing wird jedenfalls zurzeit
der Schlüſſelpunkt der ganzen Erörterungen erblickt. Die Sozial=
demokraten
ſtellen ſich ſehr ſtolz und lehnen jede Beeinfluſſung
ihrer Miniſter ab. Sie haben bereits durch ihren Preſſedienſt
erklären laſſen, daß die Miniſter ſo ſtimmen würden, wie die
Fraktion es wünſche. Am Mittwoch vormittag hat das Zentrum
eine offizielle Demarche bei den Sozialdemokraten unternommen
und darauf hingewieſen, daß das doch eigentlich nicht ginge, daß
es vor allen Dingen unmöglich ſei, wenn etwa der
Reichskanzler für die ſozialdemokratiſchen
Miniſter im Reichstag eine Erklärung abgebe,
die in irgendeiner Form gegen den Reichswehr=
miniſter
oder etwa gegen den früheren Beſchluß
des Reichstages und des Kabinettes polemi=
ſiere
. Dafür haben die Sozialdemokraten auch Verſtändnis
gehabt. Sie haben anerkannt, daß Herr Müller ſich darauf be=
ſchränken
würde, rein formell zu begründen, weshalb die ſozial=
demokratiſchen
Miniſter gegenüber, dem früheren Beſchluß des
Reichstages freie Hand zu haben glauben. Sie haben aber auch
bereits halb und halb zugeſagt, daß der Reichskanzler ſelbſt ſich
an der Abſtimmung nicht beteiligen würde und daß vielleicht
auch der eine oder andere der ſozialdemokratiſchen Miniſter nicht
im Saal anweſend ſein würde. Damit ſchien wieder alles in
ſchönſter Ordnung. Am Mittwoch nachmittag hat dann plötzlich
die ſozialdemokratiſche Reichstagsfraktion be=
ſchloſſen
, daß die Miniſier für den Antrag auf
Einſtellung des Panzerkreuzerbaues poſitiv
ſtimmen müſſen.
Wird diefer Beſchluß wörtlich ausgelegt, dann heißt es nichts
anderes, als daß auch Herr Müller anzutreten und einen Stimm=
zettel
abzugeben hat. Ob’er freilich ſo verſtanden werden muß,
iſt eine andere Sache. Vielleicht läßt er eine Hintertür offen,
durch die ſich der Kanzler doch noch der Abſtimmung entziehen
kann. Jedenfalls iſt mit dieſem Beſchluß die Lage wieder voll=
kommen
unſicher geworden, weil es fraglich iſt, ob die übrigen
Koalitionsparteien ſich eine derartige Demonſtration gefallen
läſſen werden, und weil nach wie vor unklar bleibt, was der
Reichswehrminifter dann zu tun gedenkt. Vielleicht wird eine
Fabinettsſitzung, die für Donnerstag vormittag einberufen iſt,
darüber Aufſchluß geben. Vielleicht werden auch am Donnerstag
die übrigen Parteien ſich zu Worte melden, um den Sozialdemo=
kkaten
begreiflich zu machen, daß der Reichstag und die Regie=
ung
nicht dazu da ſind, der Sozialdemokratiſchen Partei aus
der Verlegenheit zu helfen, wenn ſie die Gefangene ihrer eigenen
Aéitation geworden iſt, daß aber auch eine derartige Feſt=

jedenfalls mit dem Geiſte der Verfaſſung kaum
in Einklang zu bringen iſt.
Rücktrittisabſichten des Reichskanzlers.
Im Laufe des Mittwoch=Abend hat die politiſche Lage eine
weitere Zuſpitzung erfahren. Der Beſchluß der ſozialdemokra=
tiſchen
Reichstagsfraktion hat in parlamentariſchen Kreiſen eine
daß der Reichskanzler am Donnerstag vormittag zu einer Be=
ſprechung
beim Reichspräſidenten ſich einfinden wird, darf
immerhin geſchloſſen werden, daß ſich der Kanzler mit Rücktritts=
abſichten
trägt. Es iſt nicht zu leugnen, daß der Kanzler durch
den Beſchluß ſeiner Freunde gegenüber dem Reichspräſidenten
und dem Reichswehrminiſter in eine ziemlich ſchiefe Lage gerät,
falls er dem Befehl Folge leiſtet. Obwohl die ſozialdemokratiſche
Fraktion die Richtigkeit dieſer Verſion energiſch in Abrede ſtellt,
iſt der Ernſt der Situation nicht zu verkennen. Von der Beſpre=
chung
des Reichskanzlers mit dem Reichspräſidenten ſowie von
dem Ergebnis der darauf folgenden Kabinettsſitzung wird zwei=
fellos
ſehr viel abhängen.
8 24, Abf. 2.
* Berliu, 14. November. (Priv.=Tel.)
In ſeiner Denkſchrift hat der Reichswehrminiſter dem Reichs=
kanzler
und den Parteiführern mitgeteilt, daß er über den vom
Reichstag bewilligten Betrag von 9 Millionen für den Panzer=
kreuzer
Beſtellungen bis zu 32 Millionen Mark hinausgegeben
habe. Er beruft ſich dabei mit Recht auf 8 24 Abſ. 2 der Reichs=
haushaltsordnung
, in dem beſtimmt wird, daß Verträge end=
gültig
erſt abgeſchloſſen werden dürfen, nachdem erſtmals die
Mittel zur Deckung der aus ihnen dem Reich erwachſenden Aus=
gaben
durch den Haushaltsplan bewilligt worden ſind, wobei
der Nachdruck auf das Wort erſtmals gelegt wird. Auch die
Sozialdemokraten können alſo nicht ableugnen, daß Herr Gröner
formaljuriſtiſch im Rechte iſt. Sie machen ihm aber den Vor=
wurf
, daß er nicht geahnt habe, daß die Sozialdemokraten den
Verſuch machen würden, dieſen Beſchluß des Reichstages wieder
umzuſtoßen. Das konnte man aber nicht vermuten, nachdem die
ſozialdemokratiſchen Miniſter im Kabinett von der Möglichkeit
des Einſpruches keinen Gebrauch gemacht hatten, die Gelegenheit
ſogar vorübergehen ließen, ohne ſich dazu zu äußern. Der ſozial=
demokratiſche
Antrag iſt ja erſt viel ſpäter entſtanden. Selbſtver=
ſtändlich
mußte aber auch der Reichswehrminiſter den Schiffs=
auftrag
als Ganzes vergeben, denn keine Werft legt doch ein
Schiff auf Helling, ohne daß ein Auftrag ſicher und vollſtändig
zuhandeln.
Poincarés Regierungserklärung.
EP. Paris, 14. November.
Im heutigen Kabinettsrat verlas Poincaré die Regierungs=
tragen
wird. Nach dem Miniſterrat erklärte Poincaré auf Be= tiſchen Wirtſchaft ſo enge Fühlung haben, daß ſie die Wirkungen
fragen, daß die Meldungen, wonach er nächſthin nach Berlin
reiſen werde, lediglich auf Phantaſien beruhten. Wie außerdem
verlautet, wird die Regierungserklärung verhältnis=
mäßig
kurz ſein. Sie wird jede Anſpielung auf die
Kriſe und insbeſondere den radikalen Kongreß in Angers
vermeiden, der dazu den Anſtoß gab. Sie wird an alle
republikaniſchen Parteien für eine Politik des in=
neren
und äußeren Friedens appellieren. Poincaré wird
die Notwendigkeit betonen, das Budget noch vor
Jahresende unter Dach und Fach zu bringen.
Die Regierung wird die Abänderungsvorſchläge der
Finanzkommiſſion wohlwollend prüfen, aber bean=
tragen
, daß die Artikel, auf Grund deren das
Budgetgleichgewicht für 1929 geſtört würde,
erſt im Jahre 1930 in Kraft treten ſollen. Was beurteilen, hatte zwei Gutachten, ein Mehrheits= und ein Minder=
die
Artikel 70 und 71 des Finanzgeſetzes anbelangt, ſei die
anläßlich der Beratung über die Nachtragskredite für 1928 ein=
ziale
Reformen ankündigen. Den größten Nachdruck werde
aber Poincaré auf die Regelung der Reparations=
und Schuldenfrage legen, die als die größte politiſche
Tagesfrage bezeichnet wird. Die franzöſiſche Regierung befür= flucht dar, ſo iſt es beſſer, wenn es überhaupt nicht erſtattet wird.
worte eine Regelung, wodurch die Reparationen und
Kriegsſchulden gleichlaufend bezahlt werden
ſollen. Die Regierungserklärung wird ſchließlich die Rati= was beim Verzicht auf Erſtattung eines Gutachtens geſchehen
land und Amerika vorſchlagen.

*Pox den Reparations=
verhandlungen
.
III. Vom Beſchluß zur Tat.
München, im November 1928.
Als man am 16. September in Genf den Beſchluß faßte, in
neue Reparationsverhandlungen einzutreten, dachte man nicht,
daß zwei Monate vergehen würden, ohne daß entſcheidende
legung der Entſchlußfreiheit der Miniſter / Schritte geſchehen würden, um vom Beſchluß zur Tat zu gelangen.
Feſt ſtand damals allerdings, daß die Vereinigten Staaten von
Amerika Anfaug November einen neuen Präſidenten wählen
würden. Aber Amerika wollte ja für die Löſung der Repara=
tionsfrage
, an der es als Nichtunterzeichner des Verſailler Ver=
trages
nur ein mittelbares Intereſſe hat, lediglich ſeinen guten
Rat und eventuell ſpäter ſeine finanzielle Hilfe zur Verfügung
ſtellen. Die Vertreter der ſechs Reparationsmächte, die in Genf
den erwähnten Beſchluß faßten, haben aber von vornherein
großen Wert darauf gelegt, daß Amerika Vertreter zu den Sach=
zum
Teil ſehr ernſte Beurteilung gefunden. Aus der Tatſache, verſtändigenberatungen entſende. Eine weitere Verzögerung iſt
durch die in der vorigen Woche ausgebrochene franzöſiſche Kabi=
nettskriſe
eingetreten. Dadurch iſt es zweifelhaft geworden, ob
die Reparationsverhandlungen noch vor Weihnachten begonnen
werden können.
Es iſt ſelbſtverſtändlich, daß ſich die Regierungen aller an den
kommenden Reparationsverhandlungen beteiligten Länder ein=
gehend
vorbereiten und die verſchiedenen Teilprobleme gründlich
ſtudieren. Nach dem Verſailler Vertrag iſt die in Paris domizi=
lierte
Neparationskommiſſion das für alle Reparationsprobleme
zuſtändige Organ. Dieſe Kommiſſion kann diesmal nicht in der
bisherigen Weiſe mitwirken, da Deutſchland in ihr keinen Sitz
hat und da die Genfer Sechs=Mächte=Vereinbarung vom 16. Sep=
tember
d. J. die völlig gleichberechtigte Mitwirkung Deutſchlands
an den Verhandlungen als ſelbſtverſtändliche Vorausſetzung ent=
hält
. Die Reparationskommiſſion, in der Frankreich zugleich mit
dem Vorſitz auch den entſcheidenden Einfluß beſitzt, wird ſich da=
her
dem Beſchluß der ſechs Mächte in irgendeiner Weiſe anzu=
ſchließen
und bei der Feſtſetzung des modus procedendi mitzu=
wirken
haben. Wichtiger noch iſt, daß auf den verſchiedenen
Einzelgebieten alle wichtigeren Eventualitäten und zwar die
wahrſcheinlichen und die unwahrſcheinlichen, die möglichen und
die unmöglichen durchkalkuliert und vorausberechnet werden,
damit die im Laufe der Verhandlungen auftauchenden Anregun=
gen
und Forderungen ohne Zeitverluſt auf ihre Brauchbarkeit hin
uuterſucht werden können. Es wird Sache der Parteien des
Reichstages und der Länderparlamente ſein, auf die Regierungen
einzuwirken, daß dieſe Vorbereitungen umfaſſend und gründlich
durchgeführt werden. Es wäre eine unangebrachte Scheu, wenn
man in dieſem Zuſammenhange einen Punkt unerörtert laſſen
würde, der die Kenner der Verhältniſſe mit ernſter Sorge erfüllt:
Wenn ein Politiker aus dem Reiche nach Berlin kommt, um ſich
an maßgebender Stelle über den Stand der Reparationsfrage
und über die Grundlinien der von Deutſchland zu befolgenden
Taktik zu unterrichten, ſo erfährt er in wenigen Stunden einen
ganzen Herbſtblumenſtrauß von buntſcheckigen Einzelmeinungen,
nicht aber Bindendes über Weg und Ziel der amtlichen Reichs=
politik
. Das Fehlen einer einmütigen für alle Beteiligten
maßgebenden Anſicht auf reparationspolitiſchem Gebiete
läßt die Befürchtung aufkommen, daß zur gegebenen Zeit auch
kein einheitlicher politiſcher Wille vorhanden ſein wird, und
daß unſer Volk, wie ſchon ſo oft, wieder einmal in eine Entſchei=
dung
hineinſtolpern wird, von deren Folgen es ſich vorher keine
Rechenſchaft abgelegt hat. Hier tut eine ſchleunige Zuſammen=
faſſung
bitter not.
Der erſte Akt der Reparationsverhandlungen ſollen Beratun=
gen
unabhängiger Sachverſtändiger ſein. Der Zweck dieſer Ver=
iſt
. Der Miniſter hat auch kaufmänniſch richtig gehandelt, denn handlungen iſt ein dreifacher: ſie ſollen den Forderungen und
Wünſchen der Parteien das Mögliche entgegenſetzen; ſie ſollen die
bei einem Geſamtauftrag iſt immer ein billigerer Preis heraus= Grundlage für eine geſchäftlich=nüchterne, alſo nicht machtpolitiſch
gefärbte und vergiftete Löſung der Frage ſchaffen; endlich ſollen
ſie den Bankiers, die ſpäter die zu beſchließenden Finanztrans=
aktionen
durchzuführen haben werden, Gewähr dafür bieten, daß
nichts Unvernünftiges und nichts Unmögliches beſchloſſen wird.
Daraus ergibt ſich, daß die Sochverſtändigen einen hohen inter=
nationalen
Ruf genießen und ſelbſt ihren Regierungen gegenüber
ein großes Maß von Anſehen beſitzen müſſen. Beamte, Parla=
erklärung
, die er morgen, Donnerstag, vor der Kammer verleſen, mentarier und Politiker im engeren Sinne ſind hierfür ungeeignet.
wird, während ſie der Juſtizminiſter Barthou im Senat vor= Notwendig iſt es auch, daß die Sachverſtändigen mit der prak=
der
vorzuſchlagenden Löſung in allen wichtigen Punkten über=
ſehen
können. Man ſollte ſie durch den Auftrag, den man ihnen
erteilt, nicht allzu ſtark binden, weil ſonſt die Ausſicht gemindert
wird, daß die beſte und einleuchtendſte Löſung gefunden wird.
Auf dem Gutachten der Sachverſtändigen ſoll ſich dann
das ſchwebte den Vertretern der ſechs Mächte damals in Genf
vor das neue Reparationsabkommen aufbauen. Sehr mißlich
wäre es, wenn die Sachverſtändigen diesmal nicht zu einer ein=
heitlichen
Anſicht gelangen ſollten. Die Sachverſtändigen, die am
9. April 1924 das Dawes= und das McKenna=Gutachten vor=
legten
, hatten ſich auf gemeinſame Vorſchläge geeinigt. Eine
Sachverſtändigenkommiſſion dagegen, die Reichskanzler Dr. Wirth
im Herbſt 1921 berief, um Deutſchlands Leiſtungsfähigkeit zu
heitsgutachten, hervorgebracht und damit das Ergebnis der Be=
Regierung mit ihrer Abtrennung und getrennten Behandlung ratungen ſachlich und pſychologiſch ſtark herabgeſetzt. Wenn es
jetzt zu einem einmütigen Gutachten kommen ſollte, ſo wird die
verſtanden. Die Regierungserklärung werde auch einige ſo= Autorität der praktiſchen Vorſchläge ſo groß ſein, daß ſich keine
Regierung ihr ganz wird entziehen können. Vorausſetzung iſt
dabei, daß die vorgeſchlagene Löſung eindeutig, großzügig und
mutig iſt. Stellt das Gutachten dagegen eine Verlegenheitsaus=
Denn wir können es uns nicht leiſten, Autoritäten auf dem Ge=
biete
der Befriedung der Menſchheit zu entwerten. Das ſchlimmſte,
fizierung der Schuldenabkommen mit Eng= kann, iſt, daß ein erſter Verſuch zur endgültigen Löſung der
Frage geſcheitert iſt, und daß alle Beteiligten daraus die Lehre

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Seite 2

Donnerstag den 15 November 1928

Nummei 318

ziehen, daß der nächſte Verſuch mit einem noch größeren Maß
ehrlicher innerer Verſtändigungsbereitſchaft unternommen wer=
den
muß. Hoffnungslos iſt es, in Staatsverhandlungen einzu=
treten
, wenn es nicht gelungen ſein ſollte, einen einmütigen Vor=
ſchlag
der Sachverſtändigen zu erzielen. Dann würden die Aus=
ſichten
, in den diplomatiſchen Verhandlungen zu einer Verſtän=
digung
zu gelangen, ſo klein ſein, daß ſich die dafür aufgewandte
Zeit und Mühe nicht lohnen würden.
Das deutſche Volk in ſeiner großen Mehrheit wünſcht eine
ſchnelle und endgültige Bereinigung der Reparationsfrage aber
nicht um jeden Preis! Wir würden einen vergeblichen Verſuch,
jetzt zu einer Entſcheidung zu gelangen, zwar bedauern, aber
nicht als ein großes Unglück empfinden. Darum iſt kein Grund
zu Nervoſität und Uebereiltheit vorhanden. Wir wiſſen, daß
Frankreich im Hinblick auf ſeine erhöhte finanzielle Beanſpruchung
im Sommer nächſten Jahres eine baldige Entſcheidung der Repa=
rationsfrage
wünſcht. Unſere Unterhändler werden es ablehnen,
hieraus unloyal Nutzen zu ziehen. Aber ſie werden ihrerſeits
nicht zu befürchten haben, daß die Gegenſeite bei den Verhand=
lungen
künſtliche Widerſtände einſchaltet, die eine Verſtändigung
verſchleppen oder verhindern ſollen.

Der Eiſen=Konflikt.
Fruchtloſe Ausſprache im Reichstag. Ergeb=
nisloſe
Vermittlungsverhandlungen.
Der Reichstag hat am Mittwoch ſeine dreitägige Ausſprache
über den nordweſtdeutſchen Eiſenkonflikt zu Ende geführt. Was
zu ſagen war, hatten die großen Fraktionen bereits am Montag
und Dienstag zu Gehör gebracht. Da ohnehin das Intereſſe ſchon
merklich nachgelaſſen hat, gab man ſich auch keine ſonderlich große
Mühe mehr und beeilte ſich, ſchon in den Nachmittagsſtunden
fertig zu werden. Im letzten Augenblick erſchienen noch die Kom=
muniſten
mit einem Mißtrauensantrag gegen die Regierung, der
natürlich der Ablehnung verfiel. Zieht man eine Schlußbilanz
der dreitägigen Ausſprache, dann ergibt ſich eigentlich nur, daß
viel geredet worden iſt, ohne daß Wege zu einer Beilegung des
Konfliktes gezeigt oder gar poſitive Anſtrengungen zur Wieder=
herſtellung
des Arbeitsfriedens gemacht wurden. Genau wie im
Preußiſchen Landtag war man auch im Reichstag zufrieden da=
mit
, ſeine Meinung kundgetan zu haben. Die Arbeitnehmer und
Arbeitgeber werden alſo ſehen müſſen, wie ſie allein fertig wer=
den
. Am Mittwoch nachmittag iſt man bei Regierungspräſident
Bergemann allerdings nicht weiter gekommen. Die Gewerkſchaf=
ten
wollen offenbar vom Schiedsſpruch nicht abgehen, während
die Arbeitgeber ihn natürlich im vollen Umfang als Verhand=
lungsgrundlage
nicht anerkennen wollen. So iſt man denn zu=
nächſt
einmal ergebnislos auseinandergegangen, will ſich aber zu
einem ſpäteren Termin erneut treffen.
Ablehnung eines kommuniſtiſchen
Mißtrauensantrags.
* Berlin, 14. Nov. (Eig. Bericht.)
Der Reichstag ſetzte heute nachmittag 3 Uhr, nachdem ein kommuni=
ſtiſcher
Antrag auf Herbeirufung des Reichskanzlers abgelehnt worden
war, die Ausſprache über den Eiſenkonflikt fort.
Der Abg. Wagner (N. S.) erklärte, ſeine Fraktion ſtünde hinter
den Forderungen der Arbeiter und wende ſich gegen die mit dem inter=
nationalen
Kapital verbundenen Unternehmer.
Abg. Döbrich (Chriſtl. Bauern) lehnte die Anträge des Zentrums
und der Demokraten ab, weil dieſe eine einſeitige Stellungnahme für
eine der kämpfenden Parteien erkennen ließen.
Mit dem Abg. Schmidt=Berlin (S.) kam die zweite Rednerſerie
zu Wort. Der Abgeordnete ſtellte feſt, daß ſelbſt die Redner der Rechten
die Verteidigung der Unternehmer ſehr matt geführt hätten. Bezeich=
nend
ſei, daß der Deutſchnationale Handlungsgehilfen=Verband ſich im
ſcharfen Gegenſatz zu der Deutſchnationalen Partei gegen die Unter=
nehmer
in ſcharfer Weiſe wende.
Der Abg. Nienting (Z.) begründete dann einen Antrag, dem=
zufolge
die Schädigungen feſtzuſtellen ſeien, die Handwerk, Einzelhandel
und Landwirtſchaft durch die Ausſperrungen erlitten hätten.
Anſchließend begründete Abg. UIbrich (K.) einen kommuniſtiſchen
Mißtrauensantrag gegen die Regierung.
Nachdem noch Abg. Mollath (Wirtſch.P.) dem Zentrumsantrage
zugunſten des gewerblichen Mittelſtandes zugeſtimmt hatte, wurde die
Ausſprache geſchloſſen.
Die vorliegenden Anträge wurden dem ſozialpolitiſchen Ausſchuß
überwieſen mit Ausnahme eines kommuniſtiſchen Antrages auf Auf=
hebung
des Schlichtungsweſens, der abgelehnt wurde, und mit Aus=
nahme
des kommuniſtiſchen Mißtrauensvotums, das gleichfalls gegen
die Stimmen der Kommuniſten und Nationalſozialiſten der Ablehnung
verfiel.
Das Haus erledigte dann noch minder wichtige Vorlagen und ver=
tagte
ſich dann auf Donnerstag nachmittag drei Uhr.

Vom Tage.
Der oberſte Leiter der Heilsarmee General
Booth, iſt ſeit einiger Zeit ſchwer erkrankt. Mit ſeinem Ab=
leben
wird ſhindlich gerechnet.
Der von Lloyd George im Unterhaus eingebrachte Miß=
trauensantrag
wurde nach Schluß der gemeldeten Debatte mit
326 gegen 163 Stimmen abgelehnt.
Am Dienstag erſtattete König Alexander von Süd=
ſlawien
der mit ſeiner Gattin ſeit acht Tagen inkognito in
Paris weilt, dem Präſidenten der Republik Doumergue einen einſtün=
digen
Beſuch ab.
Die griechiſch=jugoſlawiſche Verſtändigung hat eine türkiſch
bulgariſche Einheitsfront zur Folge gehabt.
Die Regierung des Irak verſucht, die Differenzen mit der
Mandatsmacht durch Entgegenkommen gegenüber den
engliſchen Wünſchen aus dem Wege zu ſchaffen.
Die amerikaniſche Regierung beabſichtigt, die
amerikaniſche Geſandtſchaft in China zur Botſchaft
zu erheben.
Am 11. November, abends gegen 6 Uhr, ſpielten auf dem Kirchen=
weg
der Waggonfabrik in Mombach bei Mainz mehrere Kinder. Ein
zwölfjähriges Mädchen, das dabei in die Nähe eines franzöſiſchen Sol=
daten
kam, wurde von dieſem feſtgehalten. Nach den glaubhaften Aus=
fagen
des Mädchens verſuchte der Soldat, es zu vergewaltigen, was
jedoch nicht gelang. Durch eine Liſt glückte es dem Mädchen, freizu=
kommen
. Der Täter konnte noch nicht ermittelt werden.
Durch den fortdauernden Konflikt in der weſt=
deutſchen
Eiſeninduſtrie wird der Güterverkehr der Reichs=
bahngeſellſchaft
in dem dortigen Revier ſtark beeinträchtigt. Es fal=
len
täglich über 200 Güterzüge aus. Der Geſamtrückgang
des Verſandes im Kampfgebiet beträgt bis zu 20 Prozent.
Nach Abſchluß der Plenarverhandlungen des Reichstages über den
Arbeitskampf in der rheiniſch=weſtfäliſchen Eiſeninduſtrie hat ſich der
Reichsarbeitsminiſter Wiſſell zu ſeiner perſönlichen Un=
terrichtung
in das Kampfgebiet begeben.
Ein kommuniſtiſches Blatt behauptet, die Reichsregierung
habe die Schichauwerft Danzig ankaufen wollen, aber der Ge=
neralzahlungsagent
habe Einſpruch erhoben. Wie wir hören, dürfte
höchſtens eine Stützungsaktion der Reichsregierung in Frage
kommen. Von einem Einſpruch Parker Gilberts iſt jedenfalls nichts
bekannt.

Die Unterſiützungsfrage für die Ausgeſperrten.
Berlin, 14. November.
Der Spruchſenat des Reichsverſicherungsamtes, die höchſte
richterliche Inſtanz für alle Streitigkeiten auf dem Ge=
biete
der Sozialverſicherung, hat heute zu der Frage, ob an
die ausgeſperrten Arbeiter in der rheiniſch=weſtfäliſchen Metall=
induſtrie
Arbeitsloſenunterſtützung gezahlt werden darf, Stellung
genommen. Er hat zwei ablehnende Entſcheidungen der Düſſel=
dorfer
und Dortmunder Spruchkammern an das Oberverſiche=
rungsamt
zur anderweitigen Verhandlungen und Entſcheidung
zurückverwieſen. Nach den Verfahrensvorſchriften des Arbeits=
loſenverſicherungsgeſetzes
vom Januar 1927 hat dieſe Entſchei=
dung
ihre Grundlage in § 182 des Geſetzes. Nach dieſer Vorſchrift
kann der Spruchſenat die Sache zurückverweiſen, wenn er der
geſetzlichen Auslegung, die die Spruchkammer ihrem Spruch zu=
grunde
gelegt hat, nicht zuſtimmt. Die Spruchkammer entſcheidet
alsdann in der Sache, iſt hierbei aber an die rechtliche Beur=
teilung
gebunden, die vom Spruchſenat der Aufhebung zugrunde
gelegt worden iſt.
Die Handwerks=Novelle.
Berlin, 14. November.
Dem Reichstag iſt nunmehr der Entwurf zur Aenderung
der Gewerbeordnung, wie die Handwerksnovelle amtlich fir=
miert
, nach Zuſtimmung des Reichsrats zugegangen. Der Ent=
wurf
bringt nach drei Richtungen grundſätzlich Neues. Wäh=
rend
die urſprünglichen Beſtimmungen nur den Handwerks=
meiſter
und ſeinen eigenen Betrieb kannten, wird heute oft ein
Handwerksbetrieb von einer juriſtiſchen Perſönlichkeit, ſei es in
Form der G. m. b. H. oder anderer Zuſammenſetzung betrieben.
Der Entwurf regelt die Eingliederung dieſer Betriebe, ihre Bei=
tragspflicht
und das Wahlrecht. Die Staatsaufſicht wird neu ge=
vegelt
und gegenüber den bisherigen Beſtimmungen gelockert;
Wahlrecht und Wahlpflicht werden auf alle Handwerker unter
Beſeitigung der bisherigen Vorzugsſtellung der Innungen und
Gewerbevereine ausgedehnt. Aus dieſem Grunde und zur Er=
leichterung
ſtatiſtiſcher Erhebungen und rechtlicher Preisfragen
ſoll ein alphabetiſches Verzeichnis aller Handwerktreibenden ge=
ſchaffen
werden. In anderen Beſtimmungen werden ſchließlich
Fragen der Zugehörigkeit und Wählbarkeit innerhalb der In=
nungen
und Zwangsbeſtimmungen geregelt, ſoweit die bisher
geltenden Vorſchriften Zweifel gelaſſen, oder ſich als unzweck=
mäßig
erwieſen haben.

Wiederaufnahme der
Reparations=Beſprechungen.
Die Antwort der Gegenſeite.
* Berlin, 14. Nov. (Priv.=Tel.)
Unmittelbar nachdem das franzöſiſche Kabinett ſich konſtie
tuiert hat, ſind von deutſcher Seite die Beſprechungen
über die Repärationsverhandlungen wieder
aufgenommen worden. Der deutſche Botſchafter iſt bei
Herrn Poincaré und dem neuen Finanzminiſter Chéron ge=
weſen
. Soweit ein Eindruck möglich iſt, fcheint es, als ob die
Wiederſtände, die Poincaré bisher gegen die deutſche Formulie=
rung
des Auftrages an die Reparationskonferenz erhoben hat,
nicht mehr ſo entſchieden betont werden, ſo daß die Möglichkeit
einer Verſtändigung gegeben iſt und in der Antwort, die in der
kommenden Woche erwartet wird, auch vom deutſchen Stand=
punkt
aus die Vorbedingungen gegeben ſind, um mit dem tech=
niſchen
Programm der Kommiſſion zu beginnen.
Der deutſche Botſchafter von Hoeſch hatte heute nachmittag
eine einſtündige Unterredung mit Miniſterpräſident Poincaré, in
der die Ausſprache über die Aufgaben der dem=
nächſtigen
Reparationskonferenz fortgeſetzt wurde.
Die Ausgangsſiellung zur Sachverſtändigen=
Konferenz.
Die Agentur Radio macht über den gegenwärtigen Stand
der Angelegenheit folgende Mitteilungen: Jedes der auf der
Konferenz vertretenen ſechs Länder habe bereits in Memoran=
den
ſeinen Standpunkt dargelegt. England halte ſich an die
Balfournote; Belgien wolle weder auf die Daweszahlungen,
noch auf die Rückzahlung der ſechs Milliarden Goldmark ver=
zichten
; Italien wolle ſeine eigenen Zahlungen an Amerika
und England zurückerhalten; Frankreich fordere darüber
hinaus noch eine Entſchädigung für ſeine Wiederaufbaukoſten;
die Haltung Japans ſei abwartend: Deutſchland ver=
lange
, daß man ſeine Reparationsſchuld ohne Zuſammenhang
mit den interalliierten Schulden und allein auf Grund ſeiner
Zahlungsfähigkeit feſtſetze. Dieſe Memoranden bedeuten jedoch
lediglich eine Ausgangsſtellung.
Die franzöſiſche Mehtalität.
Infolge der Beſprechungen zwiſchen: Briand und v. Hoeſch
eſowie Poincaré ſtehen die kommenden Perhandlungen über die
Reparationsfrage heute wieder im Mittelpuntt der Preſſeerörte=
rungen
. Nach dem Matin ſind vor Ablauf dieſer Woche keine
Entſcheidungen zu erwarten. Recht merkwürdig drückt ſich der
Petit Pariſien aus: In vier oder fünf Tagen werde die Ber=
liner
Regierung wahrſcheinlich über die Bedingungen
unterrichtet werden, die Paris, London, Rom und Brüſſel für
die Entwicklung der Verhandlungen zu ſtellen
wünſchen. Im Petit Pariſien veröffentlicht Sey=
doux
einen Artibel über den bekanntlich von Deutſch=
lind
abgelehnten Zuſammenhang zwiſchen den künf=
tigen
Verhandlungen und der Räumungsfrage, wobei er von dem
Vorſchlag des Marſchalls Foch ausgeht, der auf der Friedens=
konferenz
die dauernde Befetzung der Rheinlandlinie von der
elſäſſiſchen bis zur holländiſchen Grenze und die Bildung eines
ſelbſtändigen Stoates auf dem linken Rheinufer gefordert hatte.
Die von Amerika und England nicht unterzeichnete Garantie der
Verträge ſei durch die Locarno=Abkommen erfetzt worden; außer=
dem
gebe es jetzt einen Kriegs=Aechtungspakt. Zwar ſei ſicher,
daß vom militäriſchen Standpunkt aus nichts der Beſetzung der
Rheinbrücken durch Truppen gleichkomme, ſelbſt wenn es ſich um
interalliierte, internationale oder unter der Kontrolle des Völ=
kerbundes
ſtehende Truppen handle. Aber die Räumung der
zweiten und dritten Zone ſchon vor dem feſtgeſetzten Termin ge=
fährde
gegenwärtig in keiner Weiſe die Sicherheit Frankreichs,
uinter der Vorausſetzung, daß die weiteren Verhondlungen zu
für Frankreich befriedigenden Ergebniſſen führten, d. h. zur voll=
ſtändigen
und endgültigen Regelung des Reparationsproblems
und zur Bildung einer Kommiſſion, die garantiert, daß die Be=
ſtimmungen
der Artikel 42 und 43 über die Entmilitariſierung
des linken Rheinufers und der 50=Klm.=Zone auf dem rechten
Rheinufer ſtets beachtet würden. Darüber hinaus dürfe man
nie vergeſſen, daß die Sicherheit Frankreichs auf der vollkomme=
nen
Organiſation ſeiner Verteidigungsmittel beruhe, wie 1915
der damalige Bundespräſident Motta in der Schweiz, den man
ebenſowenig wie ſein Land eines militäriſchen oder aggreſſiven
Geiſtes beſchuldigen könne, es ausgedrückt habe, nämlich: Der
wirkſamſte Schutz unſerer Unabhängigkeit iſt
unſer Gewehr und unſer Säbel.

*Der Ithgeiſt.
Von Georg Auguſt Grote.
Auf der großen Ithwieſe tummelte ſich der alte Rehbock mit
ſeinen Rehen im Mondenſchein. Vom Rabeturm des Hils riefen
die Schleiereulen den Unken im Wieſenteich vor Grünenplan
Bruchſtücke aus der Schauermär von der Ruine bei Wickenſen zu,
und aus den Aſphaltgruben der Vorwohler Geſellſchaft klagten
von dort, wo ſich Hunderte Reter tief die Verwerfungen aus
Kies, Kalk und Dolomit um die Hut der darunter vermuteten
Kohle ſtreiten, die uralten Geiſter jener fiſchreichen Rieſentümpel,
die einſt unter dem Zepter von Nixen und Moorhexen ſtanden
und die in prähiſtoriſchen Zeiten längſt die Wandlung über
Moraſt, Moor und Petroleum zum Aſphalt durchgemacht haben
mögen. Haſelſträucher, oben auf der alten Speckſchwarte von
Mutter Erde, wiſperten von der Unverſchämtheit von Eichkatz und
Nußhäher und meinten, es ſei doch ein ſtarkes Kreuz, daß man
es nicht hindern könne, daß derlei Strauchdiebe ihnen mir nichts,
der nichts die prächtigſten Nüſſe ſtehlen: Die Nüſſe ſind doch
unſere lieben Kinderchen, genährt mit unſerem Mark und unſe=
rem
Herzſaft! Dick und feiſt liegt in ihnen der Kern, der unſer
Leben fortpflanzen ſoll. Ach, es iſt ſchon ein rechtes Kreuz!
Ein Waldkauz, der in einer alten, ſehr vernünftigen Eiche
ſaß, hörte dieſe Klage, ließ das Mondlicht in ſeinen Augen ſpie=
len
, daß ſie magiſch glaſteten und wie Taſchenlampen des Wal=
des
, wie Glühwürmchen ausſahen und meinte knurrend: Wenn
alle eure Nüſſe Haſelſträucher würden, ihr klugen Schwätzer, dann
würdet ihr euch gar bald gegenſeitig erſticken! Seid froh, daß
eure Früchte anderen zur Speiſe dienen und mit Behagen auf=
gezehrt
werden! Eichkatz und Nußhäher, Spechtmeiſe und Haſel=
naus
ſind dadurch, daß ſie von euch leben, eure Lebensretter!
Der Kauz iſt mal wieder mondſüchtig! ſchrien die Sträucher.
Wir tragen ſchon im Februar Kätzchen und Blüten und im
Herbſt unſere Nüſſe zum Zwecke der Fortpflanzung und Aus=
breitung
unſerer Art, und unſere Art iſt kerndeutſch, damit du’s
weißt! Und daß wir gar ſo viele tragen, iſt eben ein unwider=
legbarer
Beweis dafür, daß der Schöpfer will, daß die geſamte
Erde ein Nußwald werde!"
Quatſch! miſchte ſich nun mit ihrem gerbſauren, herben
Baß die alte Eiche ein, und ihre Hauptäſte knarrten drohend
dazu das Echo, ein Eichwald ſoll die Erde werden, voller lauter
Wotanſtämme, und ſie würde es auch, wenn bloß die elenden
Wildſäue und anderes unnützes Getier meinen Eicheln nicht ſo
freßluſtig nachgehen möchten.

Eines der äſenden Rehe ſah groß auf und ſchüttelte miß=
billigend
den Kopf. Ueberall, ſagte es, wo das ſchönſte zuckrige
Knuſpergras üppig wachſen könnte, ſteht ſo eine alte, tuntliche
Eiche und ſchnackt klug. Ich möchte bloß wiſſen, was dieſe mit
ihrer ſchwülſtigen Krone weit ausladenden Pflanzenungetüme,
die kaum noch den beſcheidenen Pilzen und Schwämmen Licht
und Luft laſſen, überhaupt für einen Zweck hätten, wenn man
ihre Früchte nicht einmal freſſen ſollte.
a, du, grollte die Eiche, du biſt auch einer von den Nichts=
nutzen
, die meine Früchte ſchmatzend und voller Undankbarkeit
hinunterfreſſen! Hätte ich gerade einen dürren Aſt zur Ver=
fügung
, ſo würfe ich ihn dir zum Verderb auf den dummen
Kopf, und nichts wäre mit deinem Tode verloren! Denn was
nützt ihr Rehe? Tut ihr mehr, als daß ihr ſauft und freßt und
euch vermehrt, nur um anderen die richtige Lebensentfaltung und
den Daſeinszweck der Fortpflanzung zu rauben?
Pſcht! raunte ein Fuchs, alles iſt ja nur da, damit es auf=
gefreſſen
wird, auch das klugmäulige Reh. Drüben am Waldes=
rande
ſitzt ein Jäger und will ſich den ſtarken Bock ſchießen, weil
er und ſeine Sippe Appetit auf Rehrücken und Rehkeule haben,
und ich ſelber ſchnüre bloß hier herum, um mir jenes verſpätete
Kitzlein zu holen, das mir wahrſcheinlich der bald losballernde
Jäger als mein gefälliger Treiber entgegenſcheuchen wird. So
iſt eben der Lauf der Welt, nicht wahr, vieledle Mümmeleiche
und läſterzüngige Muhme Käuzchen?
Beide antworteten nicht; denn ſie konnten den liſtigen roten
Räuber nicht leiden, weil er ſtets ſo hämiſch war und weder
Ideale noch irgend welche Religion beſaß.
Da krachte ein Schuß! , , !, ſchreckte das Reh davon.
Den Bock hat’s erwiſcht! Kuiwitt! Kuiwitt! klagte der Kauz,
und der Fuchs ſprang blutgierig das flüchtige Kummerkitz an und
würgte es ab. Sein Dankgeheul galt dem Jäger.
Im Handumdrehen war die große Ithwieſe von Rehen leer
und der Waldſaum unheimlich ſtill geworden. Der Jäger nur
brachte Bewegung in das Bild; er band dem Bock die Läufe zu=
ſammen
und hing ihn wie einen Ruckſack über den Buckel. Dann
zündete er ſich das Pfeifchen an und qualmte Nebelſchwaden in
das ihn umflutende Mondlicht.
Als er gegangen war, wiederholte die alte Eiche kummervoll
die Worte des Fuchſes: Tja, tja es iſt am Ende tatſächlich
alles bloß da, damit es gefreſſen wird, und uns, mich und dich,
Käuzchen, hat man bisher bloß vergeſſen, aber zuletzt verzehren
auch uns Schimmel= und Fäulnispilze, Würmer und Maden.
Wer aber frißt bloß dieſen Jäger?
Wir! Wir! wiſperten unheimlich viele Tauſende feiner
Stimmchen, und die Eiche wußte nicht, woher ſie kamen. Waren

es die Fäulnispilze im Moder des vorjährigen Laubes oder
kamen die Stimmen aus der Luft? Ueberall wiſperte es: Wir,
wir, wir!
Da ſagte der Kauz: Das ſind Bazillen; die ganze Luft iſt
damit angefüllt.
Recht ſo, erwiderte der Chor der Feinſtimmigen und Un=
ſichtbaren
, wir zahlen’s dem Jäger heim! Habt ihr nicht gehört,
wie er nieſte, als er den Hang hinabſchritt? Morgen hat er die
Grippe und dann . und dann . . . na, und ſo weiter. Aber
ade, wir müſſen mit dem aufkommenden kühleren und feuchten
Nachtwinden weiter, hinunter in die Täler zu den Menſchen, da
iſt’s feiner und luſtiger!
Ekelhafte Bande! Mißgeburten aus Tod und Teufel!
ſchimpfte der Waldkauz hinter ihnen her. An mich haben ſie ſich
auch herangemacht, mir triefen die Augen und ich hatte doch erſt
kürzlich den Feld=, Wald= Wieſen und Heuſchnupfen und arg
verſtopfte Naſenlöcher. Fehlt bloß noch, daß ich Schnabel=
verdickung
wie ine verfütterte junge Brieftaube kriege! Nee,
für heute iſt mir mein Lieblingsaſt in deinem vielverzweigten
Obergeſtell verekelt! Adjüs, vielgeliebte Herbergsmutter!
Der Kauz ſtrich ab und geiſterte als lautlos huſchender
Schatten zu den Ithklippen hinüber. Unterwegs erwiſchte er eine
Fledermaus und fraß den ſeltenen Leckerbiſſen in aller Seelen=
ruhe
auf. Was ſagte der Fuchs? Alles iſt nur zum Gefreſſen=
werden
da!
Urplötzlich zitterte wie aus weiter, weiter Ferne ein dumpfer,
rollender, langgezogener ſchwerer Klagelaut durch die Mitter=
nacht
. Alle Kreatur verſtummte und hielt eine Weile lang den
Atem an. Das iſt der Ithgeiſt! flüſterte eine ſchlaftrunkene
Dohle. Weiß ich, ſagte der Kauz, er hält in der Rotenſteins=
höhle
ſeine Mitternachtsandacht.
Zu wem betet er eigentlich ſo klagend Nacht für Nacht?
fragte eine rieſengroße ſchwarze Fichte.
Zum Tod, antwortete der Kauz. Er iſt ſteinalt, ewigalt
und möchte gern ſterben. Aber niemand hilft ihm. Kein Weſen
findet Gefallen und Geſchmack an ihm. Selbſt die Bazillen und
Würmer können ihm nicht den Garaus machen; er iſt nämlich aus
rotkörnigem Urgeſtein und recht tief verwahrt im Schoße der
Erde.
In dieſem Augenblick erzitterte der Ith wiederum, ſo grauſig
klagte der Geiſt in der Tiefe.
Ich weiß Rat für ihn! rief plötzlich der Kauz. Ich werde
ihm helfen! Schnurſtracks geiſterte er davon. Kopfſchüttelnd
ſahen die anderen ihm nach.
Der Kauz flog zum Hils hinüber und holte ſich aus einer
alten, feuchten Aſphaltſenkung unter den gigantiſchen Blättern

[ ][  ][ ]

Nummer 318

Donnerstag den 15. November 1928

Seite 3

Neue Geſetzentwürfe in Heſſen.

Das neue heſſiſche Kirchenſteuergeſetz.
Der Geſetzentwurf.
Der Miniſter für Kultus und Bildungsweſen, Adelung, legt jetzt
mit Zuſtimmung des Geſamtminiſteriums dem Landtag den Entwurf
ones Geſetzes über das Beſteuerungsrecht der öffentlich=
rechtlichen
Religionsgeſellſchaften (Kirchenſteuergeſetz)
vor, nach dem bereits die Veranlagung und Einziehung der Kirchen=
ſteuer
1929 vorgenommen werden ſoll. Der Geſetzentwurf beſagt in
ſeinen 28 Artikeln etwa folgendes:
Nach Auffaſſung des Kultusminiſters verlangt die Vorſchrift in
Art. 137 Abſ. 3 der Reichsverfaſſung, wonach jede Religionsgeſellſchaft
ihre Angelegenheiten ſelbſtändig innerhalb der Schranken des für alle
geltender Geſetzes ordnet und verwaltet, zur Regelung des Kirchen=
ſteuerechtes
ein Staatsgeſetz. Dieſe ſtaatsgeſetzliche Regelung er=
ſcheine
auch mit Nückſicht darauf erforderlich, daß die Kirchen und ſon=
ſtigen
öffentlich=rechtlichen Religionsgeſellſchaften vermöge ihrer hohen
kulturellen Aufgaben und Bedeutung eine weitgehende ſtaatliche Förde=
rung
verdienen. Andererſeits müßte ſich der Staat bei Inanſpruch=
nahme
der Steuerpflichtigen durch Kirchenſteuer entſprechenden Einfluß
ſichern. Die ebangeliſche und die katholiſche Kinhe ſind berechtigt, von
ihren Kiuchenangehörigen Steuern zu erheben, inſoweit nicht die Er=
trägniſſe
ihres Vermögens und die ſonſtigen ihnen zu Gebote ſtehenden
Mittel zur Beſtreitung ihrer kirchlichen und religiöſen Bedürfniſſe aus=
reichen
(Landeskirchenſteuer). Das gleiche Recht ſteht den Kirchen=
gemeinden
(Ortskirchenſteuer) zu. Die Steuererhebung iſt abhängig
davon, daß ein ordnungsgemäßer Voranſchlag der Kirche oder
Gemeinde aufgeſtellt iſt, daß eine aus den Kirchenangehörigen oder den
Gemeindemitgliedern gewählte Vertretung (Steuervertretung) dem
vorgeſehenen Steuerbedarf zuſtimmt und die Steuerſätze beſchließt
(Steuerbeſchluß), und daß die Steuererhebung ſtaatlich durch den
Kultusminiſter genehmigt iſt. Dieſe Steuervertretungen der Kirchen=
gemeinden
müſſen aus mindeſtens 5 Mitgliedern beſtehen. Der Kultus=
miniſter
behält ſich die Genehwigung einer entſprechenden Verfaſſung
für die Steuerausſchüſſe, die von der Kirchenverwaltung aufzuſtellen
wären, vor. In Ausnahmefäl=ir ſind die Kinchen zu Kinchenſteuer=
vorauszahlungen
ermächtigt, wenn nämlich Steuerbeſcheide nicht recht=
zeitig
zu Beginn des Rechnungsjahres zugeſtellt werden können.
Die Kirchenſtener wird erhoben als Zuſchlag, zur Reichs=
einkommenſteuer
. Daneben iſt die Erhebung eines Zuſchlages
zur Reichsvermögensſteuer, oder nach der Beſteuerungsgrundlage zur
ſtagtlichen Grund= und Gewerbeſteuer zuläſſig. Auch kann die
Kirche auf Grund einer beſonderen Steuerſatzung eine Kopfſteuer
von ihren volljährigen Mitgliedern erhoben, alſo gewiſſermaßen einen
Mitgliedsbeitrag, wie er bisher in Württemberg, Thüringen, Braun=
ſchſveig
zugelaſſen und i Preußen geflant iſt. Für Lohnſteuerpflich=
tige
erfolgt die Beſteuerung nach feſtzuſetzenden Pauſchſätzen der Lohn=
ſteuer
, die der Genehwigung des Miniſters bedürfen. Bei beſonde=
ren
Verhältniſſen kann die Erhebung nach Klaſſen erfolgen gemiß der
von Kreisamt erfolgten Klaſſifizierung der Einwohner nach Einkom=
mens
= und Vermögensverhältniſſen, was bisher nur in iſraelitiſchen
Gemeinden geübt wurde. Bei gemeinſamer Veranlagung zur Kirchen=
ſteuer
von Ehegatten verſchiedener Bekenntniſſe wird
die gemeinſam zu entrichtende bürgerliche Steuer halbiert und der kirch=
liche
Zuſchlag nach den Sätzen der einzelnen Kirche bemeſſen. Das
gleiche Verfahren gilt für in Miſchehen lebende Lohn= und Gehalts=
empfänger
. Falls nur ein Ehegatte aus Arbeitslohn zur Einkommen=
ſteuer
herangezogen wird, ſo haften beide als Geſamtſchuldner, alſo
auch der Verdiener, für des Nichtverdieners Kirchenſteuer. Die
Kirchenſteuerverwaltung erfolgt durch das Landesfinanzamt, das auch
die Beſtreibung und Feſtſetzung der Zahlungstermine vornimmt.
Eingeengt iſt in Zukunft das Recht der Beſchwerde gegen
die Heranziehung zur Kirchenſteuer. Es können nur noch angefochten
werden die Steuerpflicht gegenüber der beſteuernden Kirche oder Ge=
meinde
, die Heranziehung zu einer Kopfſteuer, die Richtigkeit der Steuer=
verteilung
(etwa bei Geſellſchaftern von offenen Handelsgeſellſchaften,
Kömmanditgeſellſchaften), ſowie die Richtigkeit der Einſtufung in einen
Pauſchſatz oder eine Klaſſe. Die Beſchwerde geht in erſter Inſtanz an
das Kreisamt, die weitere Beſchwerde an den Kultuswiniſter. Erweiſt
ſich aber im Einzelfall die Einziehung die Kirchenſteuer als eine außer=
geivöhnliche
Härte, ſo kann die Steuervertretung die Steuer ganz
oder zum Teil erlaſſen. Gegen dieſen Beſchluß der Steuervertretung,
das heißt alſo für die örtliche Hirchenſreuer der Steuervorſtand, iſt kein
Rechtsmittel gegeben.
Mit dieſem Geſetz, das auch gilt für die iſraelitiſchen Reli=
gionsgemeinſchaften
mit der Maßgabe, daß ihre Verbände berechtigt
ſind, ihre Umlagen unmittelbar auf die Mitglieder der dem Verband
angehörenden Religionsgemeinden auszuſchlagen, ſowie" für andere
religiöſe Körperſchaften und die Gemeinden, die ſich die ge=
meinſchaftliche
Pflege einer Weltanſchauung zur Aufgabe machen, ſoweit
ihnen die Rechte einer Körperſchaft des öffentlichen Reclſtes gewährt
ſind, tritt das alte heſſiſche Kirchenſteuergeſetz von 1875 mit ſeinen
Abänderungsgeſetzen außer Kraft. Um ſchon für das kommende
Rechnungsjahr wirkſam werden zu können, ſollen als Steuerver=
tretungen
die nach den bisherigen Beſtimmungen gebildeten kirchlichen
und religionsgemeindlichen Vertretungen gelten. Der Enwurf beab=
ſichtigt
keine grundlegenden Aenderungen in den ſeit=
herigen
rechtlichen Beziehungen zwiſchen den politiſchen Gemeinden und
den Ortskirchengemeinden. Den Kivhen iſt auch nicht verwehrt, mit
Zuſtimmung des Miniſters nähere Vorſchriften über die Beſteuerung
ihrer Mitglieder zu erlaſſen.

Das neue hefſiſche Gewerbeſchulgeſetz=
Der heſſiſche Miniſter für Kultus und Bildungsweſen legt
jetzt den Abgeordneten des Landtags einen Geſetzentwurf über
die öffentlichen Unterrichtsanſtalten für freie und angewandte
Kunſt und die öffentlichen techniſchen und gewerblichen Unter=
richtsanſtalten
mit Staatsunterſtützung vor. Die von Privaten
ins Leben gerufenen techniſchen und gewerblichen
Unterrichtsanſtalten werden in ihrer Leitung und Ver=
waltung
durch das heſſiſche Geſetz vom 23. Dezember 1905 und
die Bekanntmachung vom 2. Auguſt 1917 geregelt. Der vorlie=
gende
Geſetzentwurf will nun die Anſtalten erfaſſen, die ſchon
ſeither öffentlich=rechtlichen Charakter hatten und auch in Zu=
kunft
haben ſollen, aber durch einen Staatszuſchuß unterſtützt
werden. Anſtalte: dieſer Art mit geſchloſſenem Tagesunterricht
und mehrſemeſtrigem Lehrplan beſtehen zurzeit im Volks=
ſtaat
Heſſen 16. Dazu gehören die Höhere Landesbauſchule
in Darmſtadt, die Fachſchule für Elfenbeinſchnitzerei und ver=
wandte
Gewerbe in Erbach i. O., die Webſchule in Lauterbach,
die Kunſtgewerbeſchule in Mainz, die Techniſchen Lehranſtalten
in Offenbach mit Kunſtgewerbeſchule, Baugewerkſchule und
Maſchinenbauſchule, die Maſchinenbauſchule in Darmſtadt, die
Höhere Bauſchule in Bingen und die Gewerbeſchulen in Gießen
und Worms. Dieſe genannten Anſtalten haben durchlaufenden
Unterricht im Sommer und Winter, während die Gewerbeſchulen
in Darmſtadt, Bensheim, Friedberg, Alsfeld, Büdingen, Nidda,
Alzey und Michelſtadt nur Wintertageſchulen mit eingeſchränktem
Sommerunterricht oder ohne ſolchen ſind. Mit Ausnahme der
Erbacher Fachſchule ſind dieſe Anſtalten urſprünglich von den
Gewerbevereinen eingerichtet und von dem Landesgewerbeverein
und anderen Korporationen unterſtützte Anſtalten geweſen. Sie
haben ſich den örtlichen Verhältniſſen entſprechend verſchieden=
artig
, aber insgeſamt ſo vergrößert, daß im Rechnungsjahre 1928
ein Geſamtaufwand von 966 053 M. erforderlich war, wovon
durch Staatszuſchuß 250 816 M., aus Beiträgen der Gemeinden,
der Gewerbevereine, Kreis= und Sparkaſſen, aus Privatmitteln
und Schulgeld (264902 M.) zuſammen 715247 M. aufgebracht
wurden. Den Bedürfniſſen entſprechend, wurde jährlich der
Staatszuſchuß vermehrt, während bei den beteiligten Gemeinden
dies nicht in gleichem Maße der Fall war. Anderſeits erfolgten
häufig Ueberſchreitungen der aufgeſtellten Voranſchläge, und der
Staat wurde um Nachbewilligungen erſucht. Gleichzeitig wollen
aber die Gemeinden an der Arbeit der Anſtalten
beteiligt ſein, welchem Wunſche auch in dem vorliegenden
Geſetzentwurf Rechnung getragen wird. In Württemberg
und Baden, in Bayern und Preußen ſind die
größeren gewerblichen Schulen zum Teil ſchon
in die Finanzverwaltung der Städte über=
gegangen
, natürlich unbeſchadet des ſtaatlichen
Aufſichtsrechts im Intereſſe eines einheitlich geordneten
Unterrichtsweſens.
Der vorliegende Geſetzentwurf will nun auch für Heſſen
eine einheitliche Rechtsgrundlage für die in ver=
ſchiedenen
Formen vorhandenen gewerblichen Anſtalten mit
Staatsunterſtützung ſchaffen, und zwar derart, daß als Träger
dieſer Anſtalten in Zukunft die politiſchen Gemeinden
oder, wo ſich ein Bedürfnis hiernach herausſtellt, Kreiſe oder
Zweckverbände politiſcher Gemeinden gelten ſollen, unbeſchadet
der ſeither als erſprießlich und unentbehrlich erkannten Mitwir=
kung
gewerblicher Vereinigungen und anderer Körperſchaften
(Handelskammern). In Zukunft werden auch weiter Sonder=
kurſe
, insbeſondere der abendliche Unterricht und die Vorberei=
tung
auf die Meiſterprüfung, ſich aus eigenen Einnahmen ſelber
trägen müſſen. In dem Geſetz werden die Ziele der Anſtalten
im großen und ganzen den ſeitherigen Erfahrungen und Bedürf=
niſſen
angepaßt unter Beachtung der veränderlichen Anſprüche
des Wirtſchaftslebens. Dabei ſollen die öffentlichen Schulen für
freie und angewandte Kunſt ihre Schüler auf Grund eines
mehrſemeſtrigen Lehrplans zu Technik und Form beherrſchenden
Künſtlern erziehen oder ſie auf der Grundlage gediegener Fach=
kenntniſſe
kunſthandwerklich derart ausbilden, daß ſie ſelbſtändig
entwerfen und arbeiten und einem kunſthandwerklichen Betrieb
ſelbſtändig vorſtehen können." Zu dieſen Anſtalten rechnet der
Geſetzgeber die Kunſtgewerbeſchule in Mainz und die in Offenbach.
Weil aber in Heſſen ſchon ſeit langem Bedarf nach Einrich=
tung
einer Kunſtſchule beſteht und beabſichtigt iſt, eine
ſolche Schule im Zuſammenhang mit den kunſtgewerblichen An=
ſtalten
des Landes zu ſchaffen, ſobald die wirtſchaftlichen Verhält=
niſſe
dies geſtatten, hält das Geſetz die Möglichkeit dazu offen,
entſprechend dem neueren Beſtreben, das Kunſthandwerk
(=gewerbe) aus ſeiner Iſolierung zu löſen und in engere Ver=

bindung mit der freien Kunſt zu bringen. Die andere Gruppe
umfaßt nach dem Entwurf die rein techniſchen und gewerblichen
Anſtalten, wenn auch die Arbeitsgebiete der beiden Schulgattun=
gen
nicht überall ſtreng zu ſcheiden ſind. Ausgenommen von der
beabſichtigen Neuregelung ſind die Höhere Landesbauſchule
Darmſtadt, die Fachſchule für Elfenbeinſchnitzerei Erbach und
die Webſchule in Lauterbach, weil dieſe Schulen reine Staats=
anſtalten
ſind. Das Geſetz regelt dann ausführlich die äußere
und innere Verfaſſung der Schule, das Dienſtverhältnis des
Schulleiters und der Lehrkräfte, für deren Bezüge die ſtaatliche
Beſoldungsordnung maßgebend iſt, doch können beſonders tüch=
tigen
Kräften im Einvernehmen mit dem Finanzminiſter und
dem Träger der Schule Sondervergünſtigungen gewährt werden.
Zu den perſönlichen Koſten der Schutle leiſtet der Staat Zuſchüſſe
in Höhe des halben Betrages, die durch andere Zuſchüſſe oder
Einnahmen nicht gedeckt werden. Nach der Abſicht des Kultus=
miniſters
ſoll das Geſetz rückwirkend ab 1. April 1928 in Kraft
treten und auch für die Koſtenverteilung der Rechnungsjahre
19231927 gelten, um klare Rechtslage mit den Gemeinden zu
ſchaffen, die, teils unter Wahrung ihrer Rechtscauffaſſung, vom
Staat vorgelegte Gelder ganz oder teilweiſe zurückerſtattet haben.
Heſſens September=Ausweis.
Die heſſiſche Regierung veröffentlicht einen Monatsausweis
über die Einnahmen und Ausgaben des Landes Heſſen für den
Monat September des Rechnungsjahres 1928. Für die Monate
April bis einſchließlich September ſchließt danach gegenüber dem
Vorjahr der ordentliche Haushalt mit einer Mehrausgabe von
12 181 000, RM. ab, der außerordentliche Haushalt mit einer
Mehreinnahme von 3 933 000, RM. In einer Anmerkung wird
dazu geſagt: Aus den monatlichen Teilergebniſſen können
Schlüſſe auf das Ergebnis des ganzen Jahres auf rein rechne=
riſchem
Wege nicht gezogen werden, da bei verſchiedenen Poſten
erſt gegen Ende des Rechnungsjahres die Bruttoeinnahmen und
=ausgaben der betreffenden rechnungspflichtigen Kaſſeverwaltun=
gen
voll ausgewieſen werden. Die Zahlen der Landesſteuern
zeigen ein ebenſo irreführendes Bild, da die Landesſteuern durch
die verſpätete Zuſtellung der Steuerzettel verhältnismäßig nur
langſam fließen. Wenn auch hierin gegen den Vormonat bereits
eine Beſſerung eingetreten iſt, ſo ſind doch bei einem Jahresſoll
von 43,240 Mill. RM. für ſechs Monate nur 14,202 Mill. RM.
eingegangen.
Einberufung des Heſſiſchen Landiags.
Der Stellenplan fertig.
Landtagspräſident Delp hat nunmehr das Plenum des Land=
tags
für Montag, den 3. Dezember, einberufen. Zur Beratung
werden im Plenum außer den Steuergeſetzen, die den Finanz=
ausſchuß
zurzeit noch beſchäftigen, noch mehrere Vorlagen kom=
men
, die bereits plenarreif ſind. Dazu gehört auch der lang=
erwartete
Stellenplan, der am 15. November bereits
im Druck vorliegen ſoll und dann ebenfalls im Finanzausſchuß
beraten werden wird.
Das Steuervorauszahlungsgeſetz im Finanz=
Ausſchuß des Landtages verabſchiedet.
Der Fnanz=Ausſchuß des Heſſiſchen Landtages behandelte in ſeiner
heutigen Sitzung das Steuervorauszahlungs=Geſetz für
das Rechnungsjahr 1929. In der allgemeinen Ausſprache ver=
fiel
ein Bauernbundantrag der Ablehnung, der verlangte, für die Er=
hebung
und Veranlagung der Grundſteuer ab 1. April 1929 die Ein=
heitswerte
auf Grund der Reichsgeſetze zugrunde zu legen. Die Regie=
rung
erklärte ſich aus techniſchen Gründen außerſtande, dem Antrag
nachzukommen. In der Einzelberatung wurden nach unweſentlichen
Aenderungen die Artikel 19 des Steuervorauszahlungs=Geſetzes gegen
zwei Stimmen angenommen und damit das Geſetz als Ganzes verab=
ſchiedet
. Zu Artikel 6 fand ein Antrag Lux (Soz.) mit einem Zuſatz
Niepoth (D.V. P.) Annahme, der beſagt, daß, wenn ein Steuerpflichtiger
glaubhaft macht, daß der bei der endgültigen Veranlagung der Gewerbe=
ſteuer
1929 vorausſichtlich feſtzuſetzende Jahresſteuerbeitrag um mehr
als 60 RM. oder um mehr als ein Fünftel hinter der Steuervorauszah=
lungsſchuld
zurückbleiben wird, ſo iſt ihm der auf die einzelnen Vor=
auszahlungsraten
entfallende Unterſchiedsbetrag auf Antrag bis zur
Zuſtellung des Gewerbeſteuerbeſcheides zu ſtunden. Der Ausſchuß be=
handelte
dann einige Anträge, die das Sondergebäudeſteuer=
Geſetz betreffen. Gemäß der Regierungsantwort wird ein kommu=
niſtiſcher
Antrag auf Steuererleichterung und Mietfeſtſetzung zu dieſem
Geſetz abgelehnt. Angenommen wird ein Zentrumsantrag, der die
durch Urteil des Provinzialgerichtshofes aufgehobenen Steuer=
erleichterungen
für beſtimmte Einfamilien=Häuſer
wieder einführen will. Das Geſetz ſelbſt wird der Ausſchuß in ſeiner
Donnerstags=Sitzung behandeln.

des Huflattichs einen faſt verrotteten Aronſtab weg, nahm ihn
verquer in den Schnabel und drang mit ihm in die Rotenſteins=
höhle
ein.
Am Ende der Höhle klopfte er dreimal gegen den ſchimmern=
den
roten Sandſtein, worauf dieſer einen Spalt zur Tiefe freigab,
in welchen alsbald einige Aſſeln und Tauſendfüßler hineinzu=
dringen
verſuchten. Der Kauz kümmerte ſich nicht um dieſe Epi=
gonen
einer einſt ſo mächtigen, ringelleibigen, vielbeinigen und
bewegungstollen Fauna, ſondern ſtrich durch die rote Sandſtein=
ſchicht
hindurch bis zu der darunter liegenden mächtigeren
Muſchelkalkſchicht. Hier klopfte er wiederum dreimal und drang
durch bis zu den verſteinerten Seeigeln und Seeſternen des obe=
ren
olivgrüngrauen Dolomits. Abermals beklopfte er mit dem
Aronſtab, der um Mitternacht ſeinen Zauber des Seſam öffne
dich! herrlich offenbart, das Geſtein und auch der Dolomit gab
ächzend den Weg frei. Nun gelangte der Kauz in die Tiefenhöhle
des Granits, in welcher der ſteinerne Ithgeiſt wie eine Säule
hochaufgerichtet daſtand und dumpfe Klagetöne erſchallen ließ.
Das tat er, der Memnon Mitteleuropas, in jeder Vollmondnacht
von zwölf bis eins ſeit Jahrtauſenden.
Gerade ſchlug im Dorfe Holzen, hinter Eſchershauſen, eine
der alten Stutzuhren eins.
Kernſtein des Urgeſteins im Unterleibe des Iths, Ewig=
alter
, ſei mir gegrüßt! ſo näherte ſich der alte kluge Kauz dem
Manne aus Granit. Ich weiß das Mittel, um dich zu erlöſen.
Ich weiß es vom Fuchs: Wandele deine Ewigkeit in Zeitlichkeit
um, werde aus Verwitterung Humus, dann Alge, Moos, Flechte,
Farn, Gras, Haſelſtrauch, Eiche, Kauz, Reh. Fuchs, Menſch!
Pflanze dich fort, ſtirb, um zeitlich weiterzuleben in den Meta=
morphoſen
des Seins. Stirb, um zu leben, und lebe, um zu
ſterben! Kurzum, friß und laß dich freſſen!
Schön, ſagte der Ithgeiſt, friß mich!
Der Kauz ſah ihn ſehr dumm und verlegen an, kraulte ſich
eine Weile hinterm Ohr, verſuchte aber dann doch ſein Heil und
knabberte ihn mit dem Schnabel an. Es geht nicht! ſtöhnte er.
Da müſſen wohl andere Kräfte herbei, dich zu erlöſen und zu=
nächſt
in Erdreich umzuwandeln.
Siehſt du, krächzte der Ithgeiſt, dein Können verſagt, ob=
wohl
dein Gedankengang den Erlöſungsweg für mich richtig dar=
zutun
vermochte. Trage mich an die Erdoberfläche, in die Ver=
witterungsmöglichkeit
, und ich vermag meine beklagenswerte und
troſtloſe Ewigkeit als Stein in pulſierendes, zeitliches, glückliches
Leben umzuwandeln! Ich vermag alsdann, den Tod als Ein=
gang
in das Leben zu genießen! Herrlich, herrlich, dreimal herr=
lich
iſt der Tod als Pforte zum beſſeren Daſein, zum bewußten
Lebensgefühl, zur Daſeinsfreude! Glaube mir, alles Geſtein im
Erdinnern hofft fehnſuchtsvoll auf eruptive Gewalten, die es

aus den Tiefen der monotonen Ewigkeit in Licht und Leben
hineintragen ſollen. Alles Geſtein klagt, nur hört es nicht jeder,
und trägt Sehnſucht wie der vom Berge zum Meere eilende
Waſſertropfen, der auch in die Wandlung, ſeine Wandlung zur
Wolke, zum Regen, zum Tau, zum Pflanzenſaft, zum Menſchen=
blut
, zur Geiſternahrung und zum Geiſt kommen möchte. Auch
ich bin ſolch ein Tropfen des Alls, aber ausgeſchaltet aus dem
Kreislauf des herrlichen Lebens, zu einer leidvollen einförmigen
Ewigkeit, zu einer bohrenden, immerwährenden Sehnſucht nach
Licht und wandelbarem, glücklichem, zeitlichem Leben verdammt!
Wie gerne würde ich ein Gräslein, Moos, Kauz, Reh oder gar
ein Menſch, der geiſtig alles zu genießen vermag! O welche Luſt
wäre es, ewig, ewig ein Menſch ſein zu können!
Ewig ein Menſch zu ſein? wunderte ſich der Kauz. Ich
dachte, du haſſeſt die Ewigkeit?
Die Ewigkeit als Stein. Denn ſiehe, ich bermag meinen
Zuſtand zu haſſen, weil ich bereits beſſere Zeiten geſehen habe:
In der Urzeit war ich Feuer, Licht war ich, Lichtſtrahl, der durch
die Weltweiten eilte, und Geiſt und Seele war ich ſchon und war
in Gott und lebte ſchon einmal jedes Leben, auch jenes, das du
heute lebſt, irgendwo im All. Schau, ich war auch ſchon einmal
Urſchleim, gebildet aus den Leibern der Urtierchen im Waſſer=
tropfen
, ja Waſſer ſelbſt . . . alles, alles war ich ſchon einmal,
daher meine nie verſiegende Sehnſucht, wieder herauszukommen
aus meiner jetzigen ſtarren Ewigkeitsform als Stein. Glaube
mir, eine ſolche Ewigkeit der Erinnerung ſchmerzt furchtbar, weil
ſie Tauſende und Abertauſende Sehnſüchte wachruft nach vor=
mals
goldenen Zeiten, und ich weiß, einmal, irgend einmal, ge=
lange
ich auch wieder in die Wandlung, ins Zeitliche, in die
Gegenwart des Neuerlebens. Aber das Warten, das ewige, iſt
ſo ſchrecklich!
Hm. meinte der Kauz, ich ſehe wohl ein, dir vermögen
nur Kräfte zu helfen, die Berge verſetzen und das Unterſte zu
oberſt kehren können. Deine Erlöſung bringt vielleicht nur ein=
mal
ein geſpenſtige Eruption!"
Ja, beſtätigte der Ithgeiſt, aber bis dahin wird’s wohl
noch viele, viele Langeweile, Trauer, Sehnſucht, Klage und Troſt=
loſigkeit
koſten! Aber du, mein Freund, könnteſt mich doch bald
einmal, ſo in hunderttauſend Jährchen etwa, wieder beſuchen.
Willſt du, Freund?
Der Kauz guckte ſehr, ſehr komiſch drein und empfahl ſich als=
bald
. Hunderttauſend Jahre, murmelte er im Davonſtreichen,
ei, ei, der Alte da unten hat für ſolche Käuze, wie ich einer
bin, doch eine ganz unmögliche Zeitauffaſſung!

*Aus den Darmſtädter Lichtſpieltheatern.
Helia.
Das Heiratsneſt iſt ein bis zur Ausgelaſſenheit
luſtiger Film, der allerdings nicht mehr in unſere Zeit paßt. Ein
Luſtſpiel nach Ideen von Davis, das zur Zeit der öſterreichi=
ſchen
Friedensarmee ſpielt. Das Heiratsneſt iſt eine ganz kleine
Garniſon, in die alle ſchneidigen Wiener Offiziere, die ſich unter
der drückenden Laſt des Friedensdienſtes zu Don Juans ent=
wickelt
hatten, verſetzt wurden, weil ſie in dieſer kleinen Garni=
ſon
unbedingt vor Langeweile heirateten. Harry Liedtke ſteht
ſelbſtverſtändlich im Mittelpunkt dieſes Filmes, er iſt immer noch
derjenige, um den ſich alle Backfiſchherzen reißen und alle Bubi=
köpfe
ſtreiten, was im letzten Grunde dasſelbe ſagen will. Er
ſpielt flott und luſtig, macht eine ſchneidige Figur in der kleid=
ſamen
öſterreichiſchen Uniform, und es fließt beneidenswert viel
Sekt in dieſem Film.
Im kraſſen Gegenſatz zu dieſem Film ſteht der als Beifilm
laufende, ſehr umfangreiche Propagandafilm für die Errichtung
eines Darmſtädter Milchhofes: Die Milchverſorgung
einer Großſtadt, ein ſehr lehrreicher und intereſſanter Film
von der Milchzentrale der Städte Nürnberg=Fürth. Ueber dieſen
Film iſt ſchon mehrfach geſchrieben und geſprochen worden. Be=
merkenswert
allerdings iſt die Tatſache, daß die große Mehrheit
des vollbeſetzten Helia=Theaters die endloſe Vorführung mit
Johlen und Pfeifen begleitete. Einen derartigen Erfolg haben die
Freunde des Darmſtädter Zentralmilchhofes ſicher nicht erwartet.

Wegweiſer zum Kunſtgeſang und als Ergänzung Die ſchöne
Stimme von Müller=Söllner, Lehrer des Kunſtgeſangs
in Darmſtadt, Mathildenſtraße 14.
Herr Kapellmeiſter Wilhelm Lang, Muſikkritiker in Wiesbaden,
ſchreibt: Seit einem Jahre hat der Verfaſſer der beiden vorliegenden
Schriften, der ja in Sängerkreiſen ſich großen Anſehens erfreut, auch
hier in Wiesbaden eine Geſangsſchule gegründet. In dem Wegweiſer gibt
er eine genaue Darſtellung ſeiner Methode, die ſich auf die der verſtorbenen
Geſangsmeiſterin Luiſe Reß ſtützt und den Geſangſtudierenden eine
Fülle von Anregungen inbetreff Tonanſatz, Atmung und Ausſprache
gibt. In ſeinem Geleitwort zur zweiten Auflage ſagt der Verfaſſer,
daß ſeine Schrift nur Mittel und Wege, Stoffe und Richtlinien zu einem
lüickenloſen, naturgemäßen Aufbau bieten ſoll. In dem Ergänzungs=
werk
Die ſchöne Stimme erklärt der Verfaſſer das Geheimnis der
ſchönen Stimme, beſonders durch die Muskeleinſtellungen der Geſichts=
maske
, der Kehle, Atempreſſe und naturgemäßes Sprechen und Singen.
Ein Nachtrag hierzu erläutert dieſes noch eingehender. Ueberhaupt
wird in den Büchern den Schülern alles in äußerſt ausführlicher und
gründlicher Weiſe klar gemacht. Allen Sängern und Sängerinnen ſeien
die Werke, die jehr Wertvolles aus der großen eigenen Erfahrung des
Verfaſſers bieten, auf das Wärmſte empfohlen.
Me4.

[ ][  ][ ]

Geite 4

Donnerstag den 15 November 1928

Nummer 318

Todes=Anzeige.

Freunden und Bekannten die traurige Mitteilung, daß am Dienstag, den
13. November, abends 7½ Uhr, unſer lieber, herzensguter Sohn, Bruder, Enkel,
Schwager, Neffe und treuſorgender Vater ſeines Kindes

Statt Karten.
Meine liebe Frau, unſere gute
Mutter, Tochter, Schwägerin uud
Tante.
Frau
Katharina Bär
geb. Heil
wurde am 13. November 1928,
von ihrem ſchweren Leiden erlöſt.
In tiefer Trauer:
Jacob Bär
Käte Weicker, geb. Bär
Karl Bär.
Die Beerdigung findet am 16. No=
vember
1928, 11½ Uhrvormittags,
vom Portal des alten Friedhofes
aus ſtatt.
(18468

ſchwerem, mit großer Geduld getragenem Leiden, im Alter von 33 Jahren
entſchlafen iſt.
Die trauernden Hinterbliebenen:
Frau Luiſe Seeger Wwe., geb. Brückmann
Maria Seeger
Familie Emil Neumann
Brunnhilde Seeger, als Kind
und alle Anverwandten.

Darmſiadt, den 15. November 1928.
Vikioriaſtiraße 32.
Die Beerdigung findet am Freitag, den 16. November, nachmittags ½2 Uhr, auf dem
alten Friedhof an der Nieder=Ramſtädterſtraße ſtatt.
(18464

Ab Heute bofndet sioh mein Damen- d. Herren-Balon im Hauptbahnnot. Friseur-Meister. 1949

Willy Göbel

Statt beſonderer Anzeige.
Nach einem ſegensreichen Leben entſchlummerte
heute unerwartet mein liebes, gutes Mütterchen
Margarete Hild Ww.
geb. Ackermann. (29944
In tiefer Trauer: Auguſfe Hild.
Arheilgen, Darmſtädterſtr. 137, den 13. Nov. 1928.
Die Beerdigung findet Samstag vormittag 11 Uhr
von der Kapelle des Waldfriedhofes aus ſtatt.

Todes=Anzeige.
Geſtern abend verſchied nach langem ſchweren
Le den mein geliebter Mann, unſer lieber Vater,
Sohn, Bruder, Schwager, Schwiegervater und Onkel

Lehnren.
im 50. Lebensjahre.
In tiefer Trauer:
Adam Rettig Wwe, und Kinder
und Angehörige.
Eberſtadt, den 14. November 1928.
18456
Die Beerdigung findet Freitag, den 16. November,
nachmittags 4 Uhr, vom Trauerhauſe, Ate Darm=
ſtädterſtraße
22 aus ſtatt.

Familiennachrichten

Für die anläßlich unſrer Vermählung
uns dargebrachten Glückwünſche und
Geſchenke ſagen innigſten Dank
Heinrich Weinehl und Frau
29932, Gretel, geb. Hamm.

Dankſagung.
Für die ſo überaus zahl=
reiche
Anteilnahme bei dem
Hinſcheiden unſerer lieben
Mutter ſagen wir auf dieſem
Wege unſeren herzlichſien
Dank.
Geſchwiſter Stork.
1299061

Dankſagung.

Für die vielen Beweiſe aufrich=
tiger
Teilnahme bei dem Hinſcheiden
unſerer lieben Mutter.
Frau
Margarete Frank Wve.
ſagen wir herzlichen Dank. Ins=
beſondere
danken wir Hetrn Pfarrer
Heß für die troſtreichen Worte am
Grabe, dem Epangeliſchen Frauen=
verein
der Kaplaneigemeinde, dem
Sterbekaſſenverein Erſte Coneordia=
Darmſtadt, ſowie für die zahlreichen
Kranz= und Blumenſpenden, (19453
Die trauernden Hinterbliebenen.
Darmſtadt, den 14. November 1928.

Dankſagung.
Für die uns bei dem Heimgange
A unſe er lieben Mutter, Großmutter Ar=
großmutter
und Tante
Frau Marie Horſt
geb. Kabey
erwieſens Teilnahme und die zahl=
reichen
Kranzſpenden ſagen wir innigſien
Dank. Insbeſondere danken wir Herm
Pfarrer von der Au von Nieder=Modau
und Herrn Pfarrer Quack von Stock=
ſiadt
a. Rh. für die troſtreichen Worte.
Für die trauernden Sinterbliebenen:
Georg Horſt.
Ober Modau, 13. Nob. 1928. 1ggze
Zur Trauben=duk

Für alle Zeichen der Teilnahme
aus Anlaß des Hinſcheidens
meiner lieben Frau ſage ich im
Namen aller Hinterbliebenen
aufrichtigen Dank.
12421 Major a. O. Appuhn.

Warzen
entkernt uneooa
Peter-Orth, Martinstraße 78

Todes=Anzeige.
Statt Karten.
Nach einem arbeitsreichen Leben wurde
heute früh unſere gute Mutter, Schwieger=
mutter
, Großmutter, Schweſier, Schwägerin
und Tante

Schirme
größte Auswail zu
billigſten Preiſen.
Uberziehen u. reparieren.
Johanna Techel
Schllerpl. 3, Uhren=
haus
. Rein Laden.
12102a1

Sprech=4pparzte
aufbequeme Teilz bei
BAUmERT
Erbacherſtr Tel.,4374
1GJoßg.

en Boch
im Alter von 68 Jahren von ihrem Teiden
erlöſt.
Im Namen der krauernden Hinterbliebenen:
Familie Georg Grün
Familie Heinrich Vogel
Familie Heinrich Löffler.
Darmſiadt, Traiſa, den 14. Nob. 1928.
Lauteſchlägerſr. 36, Gr. Ochſengaſſe 9.
Die Beerdigung findet am Freitag, den 16. d8. Mis.,
nachmittags 2½ Uhr, vom Portale des Friedhofes an
der Nieder=Ramſtädterſtraße aus ſtatt. (18515

Strümpfe w b.angeſtr.
Roßdörferfraße 23, II.
Cedalfasl.
Witwe, geb ld., kin=
derlos
Ende 6oer
vereinſamt, ſucht An=
ſchluß
nur an gebil=
deten
, gut ſituerten
Herrn vder Dame.
Angeb. unt T 4 an
die Geſchſt. (29980

Prachtvolle ſüße Trauben Plund 45 3,
2 Pfund 88 3. Die beſten Mu kat=
Datteln ½ Pfund 35 H.
(18516
Beinkost-Baßbender, Ludwigſtr. 6 und
Marktſtand mit blauem Schirm.
(eltertrauben 10 Pfund 1.80 Mark.

1255 BS. CHRVSLER
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klaſſ
. Verfaſſung, zu günſt. Preis ab=
zugeben
. Angeb. unter W 5519 an
Annoneen=Mayer, Frankfurt M. (1V,18491.

Naon Sie
Kaar. Talt
Odngl. Aun
Tefaidan.

Todes=Anzeige.
Gott dem Allmächtigen hat es gefallen, meinen
lieben Gatten, unſeren treubeſorgten Vater,
Schwiegervater und Großvater
Heinrich Habich I.
nach ſeinem langen, ſchweren Leiden endlich zu ſich
zu nehmen.
Im Namen der trauernden
Hinterbliebenen:
Familie Habich, Crumſtadt
Familie Koch, Pfungſtadt
Crumſtadt, den 14. November 1928.
(18508
Die Beerdigung findet Freitag, den 16. November,
nachm ttags 2½4 Uhr ſtatt.

Dankſagung.
Für die herzliche Anteilnahme, die
uns bei dem frühen Heimgang unſeres
innigſigeliebten Bruders in ſo reichem
Maße zuteil wurde, ſagen innigſien
Dank
Geſchwiſter Graf.

Aff

Dankſagung.
Für die aufrichtige Teilnahme anläßlich
des Hinſcheidens unſerer lieben Mutter,
Schwiegermutter und Großmutter
Frau
Roſa Taible Wwe.
ſagen wir unſeren herzlichſien Dank.
Im Namen aller Angehörigen:
Ernſt Meerkamm.
Darmſiadt, im November 1928. (18458

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Aissenschaftl.
Hand-
lese
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Hof, 2,St., Zim 34
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mit u. sagen Sie ihr, daß damit der Fußboden behandelt
werden soll. Einen solch schönen, wlderstandsfählgen
Glanzauf Lindleum, Holz oder Parkett haben Sie noch nle
gehabt; schon nach kurzer Zelt splegeln sich dle Möbel,
die ganze Wohnung bekommt ein anderes Aussehen.
Ihrer Frau sparen Sle In der Woche elnige Stunden müh-
same
Arbeit! Sie dagegen dürfen sogar mit nassen
Schuhen in das frisch ge-
Den Seche et
ngsserechte, putzte Zimmer 1 Das macht
He ne
eWreltchendan autchlite eite, dem Ficbeiden ger nichts
mehr, Aber nur 1.0BA-
Ne
WACHS kann dasl

Entſettungs=
Tableiten
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mit Marienbader
Salz 149539
inallen Apotheken.

Herzenswunſch.
Tücht., brav. Mädch.
v. Lande, 27 Jahre,
wünſcht ſich m. einem
brave. Mann zu ver=
heiraten
. Witwer m.
1s Kindern nicht
ausgeſchlo ſen; auch
iſt etwas Vermögen
ſchrift, u. 8 237 an
die Ge chſt. 23935

Geb., ſolider Herr
dunkelbiond jucht
ein nettes, liebes
We en als Geſell=
ſchafterin
in guter
Poſition. Vermittler
verbeten. Ernſtgem
Zuſchriften unt T 8
an die Geſchäftsſtelle
d8, Blattes, (29982

Sei still Schorschl! Bis zur vächsten Apofleke
vorhanden Gefl. Zu= odex Drogerie werden wir schon noch kommen. Dann
legen wir ein LebewohlF. Uühneraugeu-Pflaster
auf! Das hat mir gleich geholfen.
Gemeint isd natürlich das berühmte, von vielen Aerzten
empkohlene Hühneraugen-Lebewohl mil druckmilderndem
Rilzring kür die Zehen und Lebewohl-Ballensche ben für die
Fußsohle, Blechdose (8 Pflaster 75 Pf. Lebewohl-Fußbad
gegen empfindliche Faße und Rußschwelß Schschte 2 Bäder)
50 Pf., erhältlich in Apothel en und Drogerien, Sicherzu haben beit
Dros G. Hübner, Karlstr. 56, L., Petri. Nkl. Inh W. Preußer,
Roßdörterstr. 5 Chr Schwinn, nh. W. Reich Drog, Rhein=
straße
8. Drogerie Pn. Secker Nkl, Ludwigshöhstraße 17
Schwanen-Drogerie 0. Walter, Gardistenstraße 17,

[ ][  ][ ]

Aus der Landeshauptſtadt.
Darmſtadt, 15. November.
Zur Eröffnung der Hafraba=Ausſiellung.
Vom 15. bis 22. November wird der Verein Hafraba im Lichthof=
fagl
des Gewerbemuſeums, Neckarſtraße 3, auf Einladung des Herrn
Sberbürgermeiſters und der Indziſtrie= und Handelskammer Darmſtadt
eine Ausſtellung veranſtalten, die die Ergebniſſe der techniſchen und
wirtſchaftlichen Vorprüfung des Autoſtraßenprojektes Hanſeſtädte
Frankfurt-Baſel veranſchaulihen ſoll. In dem Verein haben
ſich Länder, Provinzen, Städte, Handelskammern, Verkehrsverbände,
Automobilklubs, Induſtrie, Handel, Schiffahrt und Einzelperſonen zu=
ſammengefunden
mit dem Ziel, die techniſche, wirtſchaftliche, verkehrs=
tolitiſche
und finanzielle Drirchführbarkeit reiner Autoſtraßen zu prüfen.
Dem Kraftfahrzeug ſoll eine Fahrbahn gegeben verden, die unter weit=
gehendſter
Herabminderung aller Gefahrenquellen die beſtmögliche Aus=
nutzung
des Motors ermöglicht. Unter dieſer Leitidee ſollen nach und
nach dort, wo die Vorausſetzungen gegeben erſcheinen, ſorgfältige wirt=
ſchaftliche
Unterſuchungen und nach einheitlichen Geſichtspunkten tech=
niſch
durchgearbeitete Projekte die Vorausſetzungen für die Verwirk=
lichung
des Gedankens ſchaffen. Das Projekt einer Teilſtrecke Rhein
Main-Neckar, die die günſtigſten Vorausſetzungen auf der Geſamt=
ſtrecke
zu bieten verſpricht, ſoll nunmehr in den Vordergrund gerüdkt
werden. Es iſt daher anzunehmen, daß das Problem, über deſſen gegen=
wärtigen
Stand in einm Erläuterungsvortrag gelegentlich der Er=
öffnung
nähcres mitgeteilt werden ſoll, in weiteſtan Kreiſen
Intereſſe erwcckeu wird. Wie man hört, wird auch der Verwaltungs=
lat
der Hafraba am 16. November hier tagen und ſich mit dem Sonder=
projekt
Rhein-MainNeckar beſchäftigen.

Frau Miniſter Weber, geb. Emmerling, feiert in dieſen Tagen
in voller geiſtiger Friſche, ihren 95. Geburtstag. Wir begrüßen die
Jubilarin, die faſt ein Jahrhundert die Geſchichte unſerer Stadt geteilt
hat und die Gattin eines unſerer erſten Beamten des Landes war, auf
das herzlickſte.
Heſſiſches Landestheater. Heute Donnerstag findet die erſte
Viederholung der Luſtigen Weiber von Windſor als Vor=
ſtellung
der Miete C ſtatt. Anſtelle des erkrankten Herrn Grohm ſingt
den Fenton Herr Grahl. Die übrige Beſetzung iſt die der Erſtauf=
führung
. Beginn 19½ Uhr.
Im Kleinen Haus gehen heute Die tote Tante und andere
Begebenheiten von Curt Goetz, erſtmalig wiederholt, in Szene.
Die Vorſtellung iſt der Zuſatzmiete U zugeteilt und beginnt um
19½ Uhr.
Morgen Freitag findet im Großen Haus eine Aufführung des
Don Carlos in der neuen Inſzenierung Carl Eberts ſtatt. In
den Hauptrollen ſind die Damen: Jake=Joſt, Hoffart und die Herren:
Baumeiſter, Ebert, Jungbauer, Jurgas, Minetti, Valk und Weſter=
mann
beſchäftigt. Die Vorſtellung iſt der Miete K (Bühnenvolksbund)
zugeteilt und beginnt um 19½ Uhr.
Im Kleinen Haus gelangt morgen in Abänderung des Spielplanes
wegen Erkrankung des Herrn Grohm Lortzings Zar und Zim=
mermann
zur Aufführung. Die Vorſtellung iſt der Zuſatzmiete II
zugeteilt und beginnt 19½ Uhr.
Im Rahmen des Montag, den 19. November, ſtattfindenden zwei=
ten
Sinfoniekonzertes des Landestheaters unter Leitung
von Generalmuſikdirektor Dr. Böhm kommen nur Werke Franz Schu=
berts
zur Aufführung, und zwar die unvollendete H=Moll und die
7. Sinfonie C=Dur.
Das Schnurrbuſch=Quartett bringt in dieſem Konzertwinter eine
Reihe der ſchönſten Meiſterwerke Mozarts in drei Abenden zu Ge=
hör
. Der erſte Abend findet bereits Ende dieſes Monats ſtatt. Zur
Aufführung kommen das Streichquartett D=Moll, ein Duo für Violine
und Viola ſowie das Divertimento in D=Dur für Streichquartett und
zwei Hörner. Näheres über das Geſamtprogramm folgt in den näch=
ſten
Tagen.
Renato Mordo wurde auf Grund des großen Erfolges der Drei=
Groſchen=Oper für eine größere Anzahl Gaſtinſzenierungen nach Frank=
furt
a. M. verpflichtet.
Dirigenten=Jubiläum. Sonntag, 18. Nov., nachm. 5 Uhr (nicht 4 Uhr),
findet das Jubiläumskonzert in der Woogsturnhalle der von A. Simmer=
macher
geleiteten Vereine ſtatt. Das Programm iſt ein ſorgfältig zu=
ſammengeſtelltes
, neben den großen Maſſenehören Hymne an die Muſik
von Lachner, Feuerreiter und Hagen von Neumann kommen Volks=
lieder
von A. Simmermaher zu Gehör, ſowie eine neue Kompoſition
von demſelben Deutſchen Liedes Sendung, Gedicht von Dr. Puſch=
Langen, gewidmet dem Vundesvorſitzenden vom Heſſ. Sängerbund,
Herrn Miniſtevialrat Dr. Siegert. Beſondere Beachtung wird jedoch
das groß= Männenhorwerk ſinden, Mänuerchorcantate mit Sopran und
Baritonſolis, großem Ortheſter, 23) Sänger, von K. Kern, dramatiſches
Gedicht von Konſtanze Loos=Oſtheim. Als Soliſten ſind gewonnen Hanny
Kaufmann, Sopran, Operuſängerin, Fraukfurt, Benno Ziegler, Bariton,
Mitglied der Frankfurter Oper, am Flügel Hilde Menges=Darmſtadt,
ſowie das Stadtorcheſter unter perſönlicher Leitung von Kapellmeiſter
W. Schlupp. Das Prograum wird einen jeden Befucher befriedigen.
Eintrittspreiſe num 2,00 Mk. und 1,50 Mk., unnum. 1,00 Mk. Die
akademiſche Feier findet am Samstag, den 17. November, abends 8 Uhr,
im Mathildenhöhſaale ſtatt, wozu wir alle Sangesfreunde herzlichſt ein=
loden
.
Meiſterprüfungs=Vorbereitungskurſus in Darmſtadt. Wir machen
noch einmal bekannt, laß die Handwerkskammer=Nebenſtelle Darmſtadt
auch in dieſem Jahre wieder für die Kandidaten der nächſtjährigen
Meiſterprüfung einen Vorbereitungskurſus im Ernſt=Ludwig=Haus ver=
anſtaltet
. Der Kurſus umfaßt die geſamte Buchführung ſowie den all=
gemein
theoretiſchen Teil, insbeſondere Geſetzeskunde. Die Unterrichts=
ſtunden
werden zweimal in der Woche abends ſein. Mit Rückſicht dar=
auf
, daß der Kurſus in den nächſten Tagen beginnen ſoll, iſt ſofor= Anmeldung der Beteiligten bei der Geſchäftsſtelle in der
Handwverkskammer=Nebenſtelle, Darmſtadt, Wilhelminenſtraße 21, I.,
Fernruf 4338, erforderlich. Ueber den Beginn des Kurſus uſw. er=
halten
die angemeldeten Teilnehmer rechtzeitig ſchriftlichen Beſcheid.
Volkshochſchule. Der Kurſus des Herrn Diplom=Ingenienrs Ganz
über Automobilweſen muß wegen Verhinderung des Dozen=
ten
am Donnerstag, dem 15. November, ausfallen. Fortſetzung
Lonnerstag, den 22. November, 20 Uhr, im Saal 236 der Techniſchen
Hechſchule.
Iſt Kaufmann der richtige Beruf für unſeren Sohn? Der
D.H.V. verweiſt alle Eltern, deren Söhne Kaufmann werden wollen,
noch einmal auf den heute Donnerstag, abends 8½ Uhr, in der Ein=
tlacht‟
, Eliſabethenſtraße 12, ſtattfindenden Ausſpracheabend. Es ſpre=
chen
Gauvorſteher Auerbach und Geſchäftsführer Zacher= Frank=
furt
a. M. über obiges Thema.
Vereinigung der Freunde des Humaniſtiſchen Gymnaſiums. Die
Hauptverſammlung findet morgen Freitag, den 16. Nov.,
abends 8 Uhr, im Feſtſaal des Gymnaſiums (Karlſtraße 2) ſtatt. Ober=
ſtudienrat
Profeſſor Dr. W. Büchner ſpricht über Horaz als
Reiſebegleiter in Italien. Zu dem Vortrage ſind Gäſte
willkommen. Nach dieſer Veranſtaltung ſoll der geſchäftliche Teil der
Hauptverſammlung mit der bereits veröffentlichten Tagesordnung ſeine
Erledigung finden.
Evang. Petrusgemeinde. Durch Mitglieder der Jugendbünde
unſerer Gemeinde gelangte am Sonntag und Montag, jedesmal vor
überfülltem Hauſe, das Spiel von der heiligen Eliſabeth zur Dar=
ſtellung
. Eva Maria Cranz, die ſelbſt in führender Stellung in der
Jugendbewegung ſteht, ſchvieb dieſes eindrucksvolle Spiel, das ganz den
Geiſt benegter Jugend atmet und das bei vielen Jugendtagungen ſeit
ſeiner erſten Aufführung in Marburg im Jahre 1921 als Feſtſpiel
diente. In packenden und ergreifenden Bildern, umrahmt und durc=
flochten
von paſſenden Geſängen, zieht an dem Zuſchauer das Leben,
Lieben, Leiden, Dulden und gläubige Siegen der heiligen Eliſabeth,
dieſer vieledelen Frau und ganzen Chriſtin, vorüber. Den Höhepunkt
erreicht das Spiel in den Schlußſzenen. Allen menſchlichen Glückes be=
raubt
, offenbaren ſich in ſteigendem Maße die wunderbare Schönheit
und die Kraft der Seele der heiligen Dulderin, die in einer unſagbaren
Liebe zu den ärmſten und verachtetſten Menſchenkindern ihren Ausdruck
findet. Und beſchiftigt mit den letzten Worten der ſterbenden Cliſabeth
geht der im Innerſten aufgerüttelte Betracter nach Hauſe: Herr, machz
uich frei von mir ſelber, damit ich ganz frei werde‟ Mahnend und fra=
gend
werden jedem, der das Spiel miterlebt, dieſe Worte ins Herz ge=
ſenkt
. Wahrlich ein Spiel, das, richtig verſtanden und aufgenommen,
uns Werte und Kräfte übermittelt, die in unſerer Zeit von helfender
und heilender Wirkung ſein können. Die Spielgemeinde gab ihr Beſtes;
dafür ſei ihr herzlicher Dank geſagt. Daß die Jugendbünde in ihrer Ab=
ſicht
, nur Eutes und Gehaltvolles an ihren öffentlichen Abenden zu
bieten, auf dem richtigen Wege ſind, keweiſt die rege Teilnahme der Ge=
meinde
. So ſei bereits heute darauf hingewieſen, daß die Wiederholung
des Bruderſchen Spieles Chriſtofferus, das am diesjährigen
Lugendſonntag eine ſo ſtarke, uachkaltige Wirkung erzielte, am zwveiten
AAhent ſtattfindet. Der Kartenverkauf hierzu wird demnächſt beginnen= 1

Für die deutſche Nothiffe.

Neue Wohlfahrtsmarken der Reichspoſt
werden vom 15. November bis 31. Januar durch die Poſtanſtal=
ten
zum doppelten Nennwert (z. B. die 8=Pfennig=Marken für
15 Pfennige) vertrieben. Die Wertzeichen ſind bis 30. April 1929
zum Freimachen von Poſtſendungen gültig. Sie werden zu 5, 8,
15, 25 und 50 Pfennig hergeſtellt. Auch eine Wohlfahrtspoſtkarte
(Wertzeichen in der Mitte der oberen Reihe) zu 8 Pfennig wurde
herausgegeben. Der durch die Verdoppelung des Verkaufspreiſes
erzielte Mehrbetrag fließt der wohltätigen Deutſchen Nothilfe zu.

Zum Studium der Länder= und Völkerkunde ſind die
Taſchen=Atlanten des Darmſtädter Tagblatt einzig daſtehende
Hilfsmittel. Unſer Taſchen=Atlas vom Deutſchen Reich ermög=
licht
ſchnelles Auffinden von Städten und Ortſchaften, Feſtſtellung
ihrer Einwohnerzahlen, ſicherſte Orientierung über Wirtſchaft
und Verkehr; der Taſchen=Atlas der ganzen Welt iſt ein zuver=
läſſiger
Führer durch die neuzeitliche Staatenwelt mit 96 Seiten
geographiſch=ſtatiſtiſchen Nachweiſen. Preis des Leinenbandes
nur 3,50 RM. in allen Buchhandlungen und Geſchäftsſtelle Rhein=
ſtraße
23. Beſtellungen nimmt jeder Träger des Darmſtädter
Tagblatt entgegen.
Hindenburg=Goldſtücke. Die Staatliche Münze Berlin prägt zu
Ehren unſeres Herrn Reichspräſidenten anläßlich ſeines 81. Geburts=
tags
erſtmalig eine Anzahl Hindenburg=Goldſtücke in der Größe der
früheren Zwanzigmark= und Zehnmarkſtücke aus. Dieſe erſtklaſſigen
hochglanzpolierten Jubiläumsgoldſtücke ſind zum offiziellen Preiſe von
RM. 25. bzw. RM. 15. durch die Ausgabeſtelle der Hindenburg=
Goldſtücke, München, Reitmorſtraße 26 Poſtſcheck 16 309 portofrei
zut beziehen und gelangen nach Voreinſendung des Betrages bzw. gegen
Nachnahme zum Verſand.
Die Buchhandlung Heinrich Schroth, die in den beiden letzten
Wintern eine Reihe von Vorträgen veranſtaltete, kündigt wiederum
zwei neue Lichtbildervorträge der beiden Weltreiſenden
Colin Roß und Artur Hehe an. Dr. Colin Roß wird am
23. November in der Höheren Landesbauſchule und Artur Hetze am
5. Dezember in den Näumen der Buchhandlung Schroth ſprechen.
Nähere Einzelheiten werden noch bekanntgegeben.
Wie verſchaffe ich mir eine Arbeitsmöglichkeit? iſt die
bange Frage mancher ſtellungsloſen Angeſtellten. Wie kann ich
ein Gehalt erreichen, von dem ich meinen Lebensunterhalt be=
ſtreiten
kann? iſt die Ueberlegung vieler anderer Angeſtellten.
Dieſe und andere Fragen werden Antwort finden in der Ver=
ſammlung
des Verbandes der weiblichen Handels= und Büro=
angeſtellten
Montag, den 19. November; abends
8 Uhr, im grünen Zimmer, Hotel Kaiſerſaal, Grafenſtraße 18.
Fräulein Emma Walther, Berlin, ſpricht dort über Unſer
Einkommen Unſere Exiſtenz, ein Thema, das das
Intereſſe aller weiblichen Angeſtellten finden wird.
Johannesgemeinde. Herr Philipp Weber hält heute abend im
Gemeindehaus, Kahlertſtraße 26, einen Lichtbildervortrag über
Alt=Darmſtadt zu dem die Mitglieder des Männer= und des
Frauenvereins beſonders eingeladen ſind. Eintritt frei. Gäſte will=
kommen
.
Orpheum. Heute Donnerstag fällt die Verſtellung wegen Vor=
bereitungsarbeiten
aus. Morgen Freitag, 16. November, und fol=
gende
Tage: Gaſtſpiel der Deutſchen Kammerbühne, Berlin. Zur
Aufführung gelangt zunöchſt, das Luſtſpiel in 3 Akten: Die beiden
Herren der gnädigen Frau, in Szene geſetzt von Bodo Bvonſty. Preiſe
wie gelröhnlich von 1 Mk. an. (S. Anz.)
Lokale Veranſtaltungen.
Die hierunter erſchelnenden Noiizen ſind ausſchließlich als Hinweiſe auf Anzelgen zu betrachten,
in keinem Falle irgendwie als Beſprechung oder Krſiſt.
Verein dev Rodenſteiner. Die für den 17. November
angeſetzte Sippung findet erſt am 18. Dezember ſtatt.
Was iſt Anthropoſophie? Ueber dieſes Thema wird
am 17. November, abends 8 Uhr, Sandſtraße 10 (Loge), Herr Dr. C.
unger, Mitglied des deutſchen Vorſtandes der Anthropoſophiſchen
Geſellſchaft, ſprechen. Es begegnet dieſer Vortrag einem vielſeitigen
(Vergl. die Anzeige.)
Aus den Paxieien.
Anfrage des Landtagsabgeorbneten Donat.
Von dem Landtagsabgeordneten Donar iſt betreffs Vergebung von
gegangen: In der letzten Zeit häufen ſich die Klagen aus dem Bau=
zugt
herangezogen werden.
Auffällig z. B. erſcheint es, daß die Frankenwerke Bremen die
letzter Zeit ſich erfolgreich um die Arbeiten der Ferngasverſorgung be=
warben, wobei ein Teil der Herſtellungen wieder aus freier Hand an
andere Handwerksbetriebe erfolgte.
Weiter betütigen ſich in Heſſen: die Firma Jäger=Gelſenkirchen, und
ehne daß, ſoweit bekannt, eine öffentliche Ausſchreibung erfolgt war,
Zurzeit aubeitet die Firma nieder im Kreis Dieburg.
zirka 36 000 Quadrametern. Die Arbeiten wurden von der Provinzial=
berwaltung
vergeben.
falls vor, da dieſe Arbeiten von ungelernten Perſonen ausgeführt wer=
den
. Die Materialien, Sckotter, Teerprodukte uſw. können von jeder
Firma bei den Herſtellungswerken bezogen werden, auch die erforder= beleuchtungsbewertung während der Lichtwoche wird uns noch mit=
lichen
Geräte ſind bereits im heſſiſchen Tiefbaugewerbe in Anwendung, geteilt, daß die Schaufenſter= und Reklamebelenchtung der preisgekrönten
bekannt? Weshalb wird bei ſoſch großen Arbeiten nicht dem heſſiſchen ſelbſt werden fachmänniſche Beratung und unverbindliche Koſtenanſchläge
Umernehmertum durch öffentliche Ausſchreibung die Möglichkeit des
Wettbewerbs geboten?
Was gedenkt die Regierung zu tun zum Schutze des heſſiſchen Unter=
nehmertums
, ohne oinem Monopol für es das Wort reden zu wollen,
und iſt die Regierung bereit, auf dia Provinzial= Kreis= und Kommu= Kraftfahrzeugen die Betriebsvorſchriften (88 27 bis 36) dieſer Polizei=
nalbehörden
einzuwirken, daß auch das heſſiſche Tiefbaugewerbe ſich an verordnung in den Fahrzeughallen durch Aushang an deutlich ſichtbarer
Lieſen Arbeiten beteiligen kann?
E2 wird nochmals an den morgen Freitag, den 16. Nobember, abends innerhalb der Boxen nicht aufgeladen werden. In den Fahrzeugräu=
S), Uhr, im Gelben Saal bei Sitte, Karlſtraße, ſtattfindenden politiſchen, men iſt folgender Aushang anzubringen (8 35a): Vorſicht beim Laufen=
Nöllner wird über Lie Milchhoffrage und Herr Stadtverardneter Haury, die Aushänge ſind im Verlage der Buchdruckerei H. C. Kunze, dabier,
über den Wohnungsbau in Darmſtadt ſprechen:

*Bezirksſchöffengericht.
Das Eiſenbahnunglück in Dornberg.
p. Ein Lokomotibführer und ein Oberheizer, jetzt Reſervelokomotzib=
führer
, beide in Biſchofsheinn wohnhaft, ſind der fahrläſſigen Eiſenbahn=
transportgefährdung
angeklagt. Sie ſollen am 4. Februar d. J., vor=
mittags
6 Uhr 30 Minuten, auf dem Bahnhof Groß=GerauDornberg
als Perſonen, die zur Leitung der Eiſenoahnfahrten und zur Aufſicht
über die Bahn und den Beförderungsbetrieb angeſtellt ſind, durch Ver=
nachläſſigung
der ihnen obliegenden Pflichten den Transport auf der
Eiſenbahn in Gefahr geſetzt haben, indem ſie, Lokomotivführer und Hei=
zer
des Güterzuges Nr. 66652, das Ausfahrisſignal E. nicht genügend
beobachteten und infolgedeſſen das auf Halt ſtehende Signal über=
fuhren
, in das Stumpfgeleiſe einfuhren und den Prellbock über=
rannten
, ſo daß die Maſchine die Böſchung hinab=
ſrürzte
, der Packwagen und ein weiterer Wagen in
Prand gerieten und neunweitere Wagen beſchädigt
wurden und entgleiſten, und durch dieſelbe Handlung aus
Fahrläſſigkeit die Körperverletzung eines Zugführers verurſacht zu
haben.
Der Verteidiger wiederholt eine bereits im Vorverfahren gegebene
Anregung, eine Streckenbeſichtigung vorzunehmen. Ob dieſer Anzegung
Folge zu geben iſt, wird gerichtsſeitig vom Verlauf der Beweisauf=
nahme
abhängig gemacht. Seit dem Unfall vorgenommene Veründernn=
gen
an der Bahnanlage betreffen nur die Weichenanlagen, nicht aber
die Signale.
Die Maſchine des in Frage ſtehenden Güterzuges, der von Koblenz
kommt, wurde früh morgens in Biſchofsheim von den beiden Angeklag=
ten
übernommen, der Zug hutte geringe Verſpätung, das Feuer war,
wie der Heizer bemerkte, etwas verſchlackt. Die Fahrt vorlief glatt, ohns
die Verſpätung einzuholen, bis Dornberg. Der Güterzug 6652 ſoll fahr=
klanmäßig
vor Gintreffen des D=Zugs 52, und zwar 9 Minuten früher,
die Statien Dornberg durchfahren. Nach Angabe des angeklagten Loko=
motivführers
war der Perron unbeleuchtet; er nahm an, daß er dunch=
fahren
könne, nahm aber ſpäter rotes Licht wahr, das ihm ſagte, daß
er nicht durchfahren dürfe. Plötzlich will er geſehen haben, daß das
Signal grün gezogen worden war. (Dieſes grüne Signal ſoll aber dem
D=Zug gegolten haben.) Plötzlich ſah er kurz darauf den damals unbe=
leuchteten
Prellbock vor ſich. Angeklagter ging davon aus, den Zug
möglichſt raſch nach Goddelau zu bringen, um D 52 nicht aufzuhalten;
er fuhr am Unglückstage den Güterzug 6652 zum zweiten Male, zum
erſten Male hatte er ihn am 19. Januar 1928 gefahren. Angeklagter
will mit 3) Kilometer Geſchwindigkeit gefahren ſein und kann den Zug
auf 80 Meter zum Stehen bringen. Angeklagter betont, daß, wenn der
Prellbock beleuchtet geweſen wäre, das Unglück nicht paſſiert wäre. Auch
der damalige Oberheizer fuhr den Güterzug zum zweiten Male. Auh
er hielt das recnts von ihnen auftauchende grüne Signal als für den
Güterzug beſtimmt. Zug 6652 ſoll regelmäßig in Goddelau von D 52,
der von Frankfurt kommt, überholt werden. Der verletzte Zugführer
hat vom Fahrdienſtverſonal auf Station Dornberg niemand wahrgr=
nommen
; er nahm wahr, daß langſamer gefahren wurde, daß aber, als
grünes Liht erſchſen, die Fahrt verſchnellert wurde. Der Zugführer
ſtürzte beim Zichen der Notbremſe herunter, wurde bewußtlos und be=
fand
ſich, wieder zu ſich gekenumen, unter den Trümmern; er befindet
ſich auch jetzt in einem ſolihen Zuſtand, daß er keinen Dienſt tun kann.
Der Güterzug wurde von Groß=Gerau 6 Uhr 19 Min=ten abgemeldet,
um die gleiche Zeit wurde auch der D=Zug 52 von Mörfelden abge=
meldet
.
Ein Zeuge bekundet, daß, von der Maſchine aus geſehen,
die Signale leicht verwechſellt werden können; zudem iſt dort auch eine
leichte Krümmung, wo die Signale aufgeſtellt ſind.
Ein Lokomotipführer bekundet als Zeuge, daß gerade für die Loko=
motivführer
der Bahnhof Dornberg wenig überſichtlich iſt.
Am geſtrigen Nachmittag wurden die Sachverſtändigen, zwei Reichs=
bahnräte
und ein Lokomotivführer a. D. der Reichsbahngeſellſchaft, ge=
hört
. Aus dem Gutachten geht hervor, daß für dem Lokomotidführer
die Sichtbarkeit der Signale durch verſchiedene Momente beeinträchtigt
iſt, und zwar gilt dies für bei Tag wie bei Nacht. Seit einem im
Jahre 1911 in Dornberg paſſierten Unfalle ſind ſeitens der Reichsbahn
verbeſſernde Einrichtungen getroffen worden.
Der Gutachter, Lokomotivführer a. D., betont, daß die Maſchine im
verſchlackten Zuſtande übernommen wurde, alſo nicht in Ordnung war.
Der Lokomotieführe: köune unmöglich die Verſchiedenartigkeit und Eigen=
art
der Streckenbilder auf einer ihm bekannten Strecke kennen, ein der=
artiges
Verlangen ſei eine unbillig= Zumutung gegenüber dem Loko=
motipführer
. Amtlihe Signalſchaufahrten hätten ſolche
Streckenbilder verhindern müſſen. Man hätte ſchon längſt das eine der
beiden Ausfahrtsſignale in Dornberg durch Höherſchrauben kenntlich
machen müſſen. Eine Täuſchung dunh die Signale auf dieſem Bahnhof
ſei für den Lokomotivführer immer in den Bereich der Möglichkeiten
zu rücken.
Der entſtandene Schaden wird von der Eiſenbahnverwaltung auf
22 000 Mark angegeben.
Der Staatsanwalt beantragt gegen den Lokomotzoführer eine Geld=
ſtrafe
von 200 Mark, gegen den Heizer, den er für mitverantwortlich
hält, ſtellt er einen beſtimmten Strafantrag nicht.
Der Verteidiger unterſchreibt die Ausſage des Staatsanwalts, die
Bahnhofsanlage in Dornberg ſei eine Falle, nämlich eine ſolche für die
Lokomotivführer. Einen derzeitigen Zuſtand, der bekannt ſein müſſe,
laſſe die Bahnverwaltung beſtehen. Die alten Fahrdienſtvorſchriften
würden, wenn heute noch beobachtet, den ganzen beutigen Verkehr lahm=
legen
, wie wir es im Nachbarſtaate Deutſch=Oeſterreich ja erlebt hitten.
Streckenkunde heiße nicht, die Bahnhofsanlage kennen, ſondern Strecken=
tunde
heiße, die Oertlichkeiten zwiſchen den Bahnhofsanlagen kennen.
Auch Streckenkundigkeit bei Tag und bei Nacht ſeien ganz verſchiedeue
Dinge. Auch von einem Lokomotivführer dürfe nicht ein Uebermaß von
Ueberlegungsfähigkeit verlangt werden. Der Verteidiger verneint ein
Verſchulden beider Angeklagten, ein Verſchulden liege bei einer anderen
Stelle.
Das Gericht beſchließt eine Augenſcheinseinnahme an Ort und
Stelle und beſrimmt hierzu Termin auf Freitag, 16. Novomber, abends
6 Uhr (Stationsgebäude in Dornberg).

Wie man Weihnachtsgebäck elektriſch zubereitet wird Frau Dr.
Wunſche, da das Bild des Goetheanums in Dornach, der kürzlich er= Jakob am Freitag, dem 16. November 1928, abends 8 Uhr, im Vor=
öffneten
Hochſchule für Geiſteswiſſenſchaft, dieſe Frage neu anregte, tragsraum des Heaghauſes mit den verſchiedenſten elektriſchen Back=
geräten
praktiſch vorführen. Da Weihnachtsgebäck immer ſchon einige
Wochen vor dem Feſt hergeſtellt wird, dürfte es angebracht ſein, ſchon
jetzt darauf hinzuweiſen, daß die elektriſchen Backgeräte außerordent=
liche
Vorzüge gegenüber anderen Beheizungsarten bieten. Dieſe gleich=
mäßige
und genau regulierbare, milde Hitze der elektriſchen Backöfen
Arbeiten an außerheſſiſche Firmen folgende Anfroge beim Landtag ein= wird wohl von keimem anderm Gerät erreicht und iſt dieſer Vorzug von
großer Wichtigkeit, da kein Verbrennen oder Anbrennen des Bebäcks.
gewerbe, insbeſondere dem Tiefbau, daß von vergebenden Behörden eintreten kann und auch die Beaufſichtigung bedeutend vereinfacht wird.
eine Neihe von außerheſſiſchen Firmen zu öffentlichen Arbeiten bevor= Es ſoll im Vortrag nicht nur die Zubereitung von Kuchen allein, fon=
dern
auch von ſchwierigem Gebäck, wie Makronen, Lebkuchen und Keks,
praktiſch vorgeführt werden. Die Koſtproben werden ſicher von der
Waſſerleitungsanlagen in Griesheim und Worms erſtellten, auch in Echmackhafrigkeit der elektriſch zubereiteten Bachvaren überzeugen. Um
die Anwendung der glektriſchen Backgeräte in den Haushaltsküchen zu
zeigen, werden ſowohl die Backöfen der verſchiedenen Küchenherde, wie
Prometheusherd, Salvisherd u. a., im Betrieb gezeigt, ebenſo die he=
ſonderen
Brat= und Backgeräte, wie z. B. die Pwotos=Backröhre und die
zwar vielfach in der Stadt Darmſtadt, die Süddeutſche Straßenbau= Stromkiche, ferner auch der Elektro=Oekonom. Letzten Endes werden
Geſellſchaft, die Heſſiſche Wegekau=Geſellſchaft Oſterrode, die Firma K. auch Waffeln im Waffeleiſen gebacken. Aus dieſer Außzählung iſt ſchon
Halbach=Düſſeldorf. Letztere Firma hat die Oberflächenherſtellung der zu erſehen, daf für jeden Anſpruch einer Hausfrau ein geeignetes Ge=
Mörfeldener Landſtraße zwiſchen Mörfelden und Landesgrenze erhalten, rät zu haben iſt. Die Zahlungserleichterungen durch das Teilzahlungs=
ſyſtem
der Haag machen eine Anſchaffung ſolcher Geräte auch einem
einſachen Haushalt möglich. Ganz beſonders vorteilhaft iſt der Einkauf
Bei der Mörfeldener Landſtraße handelt es ſich um eine Fläche von elektriſcher Apparate gerade jetzt vor Weihnachten, da jeder Käufer ei
Freilos erhält, ſo daß er bei Gelegenheit der Weihnachtslotterie der
Heag ein wertvolles Gerät gewinnen kann. Es wird empfohlen,
Ein Bedürfnis zur Heranziehung auswärtiger Firmen lag keines= dieſen ſicherlich für alle Hausfrauen ſehr intereſſanten Vortrag zu
beſuchen.
Schaufenſterwettbewerb. Im Nachtrag an die Schaufenſter=
Ich frage an: Sind der heſſiſchen Regicrung dieſe Verhältniſſe, ins. Firmen Warenhaus Tietz und Seidenhaus Volz von der Firma Aug.
beſondere die Art der Vergebung, ſeitens der Provinzialverwaltung, Wilk, elektriſche Anlagen, Schützenſtraße 7, ausgeführt wurde. Dort=
in
allen Beleuchtungsfragen erteilt. (Siehe heutige Anzeige der Firma.)
Die Beſitzer von Anlagen zur Unterbringung von Kraftfahrzeugen
werden darauf hingewieſen, daß nach 8 37 der Polizeiverordnung über
die Beſchaffenheit und den Betrieb von Anlagen zur Unterbringung von
Stelle bekannt zu machen ſind. Außerdem iſt an den Kraftfahrzeuganlagen
folgender Anſchlag anzubringen (8 32): Kraftfahrzeuganlage.
Deutſche Volksbartei Ortsgruppe Darmſtadt. Rauchen, offenes Licht und offenes Feuer verboien. Batterien dürfen
Ausſpraheabend erinnert. Herr Stadtverordncter, Sanitätsrat Dr. laſſen der Motoren, Vergiftungsgefahr! Die Betriebsvorſchriften und
Miederramſtädterſtmaße 35, zu haben.

[ ][  ][ ]

Seite 6

Donnerskag den 15 November 1928

Nummer 318

Kaufmänniſche Berufsbildung.
Lack= und Plakatſchrift iſt für den Kleinhandelsangeſtellten
eine Notwendigkeit, denn im modernen Geſchäftsleben wird jede Ware
mit Preiſen angeboten. Die Buchhal=ung muß jeder Angeſtellte
kennen, auch wenn er nicht als Buchhalter tätig iſt. Außerordentliche
Sorafalt erfordert heute die Steuerberohnung. Steuerberechnung
und Bilanzkunde ſind Gebiete, die jeder Buchhalter unbedingt
behertſchen muß. Daneben wird aber noch verlangt, daß die Angeſtellten
Stenographie beherrſchen, damit ſie in der Lage ſind, jederzeit
einen Bericht oder derglei hen aufnehmen zu können.
Damit die Angeſtellten Gelegenheit haben, ſich auf dieſen Gebieten
auszubilden, hat der Gewerkſchaftsbund der Angeſtellten (G. D.A.), Orts=
gruppe
Darmtadt, auch in dieſem Jahre wieder Fachkurſe für
Lack= und Plakatſchrif=
Bilanzkunde
Steuerkunde
Buchhaltung und
Stenographie (Anfänger und Forigeſchrittene)
eingerihtet. Dieſe Kurſe werden nach den neueſten Erfahrungen auf
dieſen Gebieten gelcitet. Zwiſchen den Schülern und dem Lehrer beſteht
eine Gemeinſ=kaft, ſodaß jeder Teilnehmer Gelegenheit hat, mit dem
Leiter perſönliche Fühlung zu nehmen. Dadurch wird den Einzelnen
Gelegenheit geboten, ſich frei und offen über die einzelnen Frayen aus=
zuſpreihen
, wel he ſährend des Unzerrichts auftauchen. Auf dieſe Weiſe
iſt es möglich daß jeder Teilnehmer gut und erfolgreich dem Kurſus
folgen kann. Da ferner die Allgemeinbildung gefördert werden ſoll, er=
halten
alle Schuler, die den Kurſus mit Erfolg beſuchten, eine Prämie.
Damit iſt für alle ein beſonderer Anreiz gegeben. Daß für die Leitung
dieſer Kurſe beſondere Kräfte notwendig ſind, iſt natürlich beruckſihtigt
worden. Es iſt nüht damit gedient, daß man gute Fachkenner ausſucht,
ſondern es müſſen auch Kräfte ſein, die ſich für die Leitung beſonders
eignen, worauf bei der Auswahl der größte Wert gelegt wurde. Die
Gebühr für dieſe Kurſe beträgt Mk. 4. einſchließlich Lehrmittel. Der
Betrag iſt ſo niedrig gehalten, daß jeder an den Kurſen teilnehmen kann.
Stellenloſe und Angeſtellte, welche ſich in einer beſonderen Notlage be=
finden
, zahlen keine Gebühren und erhalten auch noch das Material
koſtenlos. Die Kurſe beginnen in der nächſten Woche. Nichtmitglieder
können noch daran teilnehmen, wenn ſie ihren Beitritt zum G.D.A. er=
klären
. Nähere Auskunft erteilt die hieſige Geſchäftsſtelle, Hügelſtr. 20.
Außerdem ſei bei dieſer Gelegenheit noch darauf hingewieſen, daß
der G. D A. in ſeiner Zentrale in Berlin eine Buchhaltungs= und Steuer=
beratungsſtelle
unterhält. Jeder Buchhalter wird wiſſen, daß immer
wieder Fragen auftauchen, die große Schwierigkeiten bereiten. Er hat
hier die Gelegenheit, ſich koſtenlos die richtige Auskunft einzuholen.
Dieſer kleine Ausſchnitt iſ aus dem großen Aufgabenkreis ent=
nommen
, den ſich der Gewerkſchaftsbund der Angeſtellten geſtellt hat. Er
iſt der facllichen und beruflichen Fortbildung gewidmet, die ja ſchon
immer in dem Vordergrund ſtand. Mit den zwei großen Vorträgen,
dem Lichtbildervortrag de3 bekannten Afrikaforſchers, Hans Schomkurgk,
und dem Vortrag des Schriftſtellers Karl Ettlinger, wurde das allgemeine
Bildungsprogramm eröffnet. Es folgt noch der Vortrag des Schulrats
Weißenſtein, Frankfurt a. M., über den Aufbau und die Aufgaben des
Reiches, Weitere Vorträge wie Die Deutſche Wirtſchaft eine zu=
ſamenhängende
Vortragsreih= folgen. Hinzu kommen noch dir Vor=
träge
ſozialpolitiſcher Art uſw.
Dieſe Arbeit iſt im Intereſſe der Allgemeinheit von größter Bedeu=
tung
und zeigt, roas auf dieſem Gebiet burch den G. D.A. geleiſtet wird.

Die Arbeitsgemeinſchaft Darmſtädter Jugendverbände veranſtaltet
am Sonntag, dem B. November, abends 6 Uhr, eine Totengedenkfeier
in der Johanneskirche.
Straßenſperre. Wegen Vornahme von Kanalbauarbeiten wird
der Bachgang zwiſchen Kirſchenallee und Feldbergſtraße vom 15. 11.
bis auf weiteres für den Auto=, Fuhrwerks= und Radfahrverkehr ge=
ſperrt
.

Tageskalender für Donnerstag, den 15. November 1928.
Heſſ. Landestheater, Großes Haus, Anfang 19.30 Uhr, Ende
nach 22 Uhr, C 5: Die luſtigen Weiber von Windſor. Kleines
Haus, Anfang 19.30 Uhr, Ende nach 21.30 Uhr, Zuſatzmiete V (5):
Die tote Tante‟. Konzerte: Schloß=Kaffee, Kaffee
Rheingold, Hotel Schmitz, Spaniſche Bodega, Sportplatzkaffee, Num=
melbrau
. Gemeindehaus Kiesſtr. 17 abends 20 Uhr:
Konzert zum Beſten der Nothilfe der Lukasgemeinde. Kinovor=
ſtellungen
: Helia, Palaſt=Lichtſpiele, Reſidenz=Theater.

Aus Heſſen.
Aus dem Heſſiſchen Sängerbund.
Gautagung des Gerſprenz=Gaues in Rohrbach.
Der M.=G.=V. Eintracht Rohrbach, Chorleiter Herr Lehrer Ramge,
eröffnete mit dem deutſchen Sängergruß und dem Chor Das iſt der
Tag des Herrn die von über 300 Sängern beſuchte Tagung, worauf
der Vorſitzende, Herr Bert, alle Erſchienenen aufs herzlichſte begrüßte.
Herr Bürgermeiſter Heleine von Rohrbach begüßte im Namen der Ge=
meinde
und forderte alle Vereine auf, ſich reſtlos im Jahre 1930 bei dem
50jährigen Jubelfeſte des M.=G. V. Rohrbach zu beteiligen. Der erſte
Vorſitzende des Gerſppenzgaues, Herr Habermehl=Groß=Bieberau, dankte
den beiden Vorrednern für Begrüßung und Aufnahme und hieß in Son=
derheit
den Gauchormeiſter, Herrn Karl Grim, ſowie den Bundesſchatz=
meiſter
, Herrn Wilhelm Bitter, und alle Gauvereine aufrichtig willkom=
men
. Das für das Jahr 1920 vorgeſehene Wertungsſingen in Werſau
fand nach ausführlicher Beſprechung, wobei auch die Beteiligung
beim 2. Heſſiſchen Sängerbundesfeſt 1929 in Darmſtadt eingehend be=
ſprochen
wurde, faſt einſtimmige Annahme. Sodann ergriff der Bundes=
ſchatzmeiſter
Bitter zu den Themen Finanzielle Pflichten und Rechte der
Bundesvereine zu Gau und Bund, wie auch zu dem vielumſtrittenen
Objekt Afma und Gema (Tonſetzer) das Wort. In gut verſtändlichem
Vortrag klärte er alle Anweſenden über ihre finanziellen Pflichten auf
und hob beſonders hervor, daß, wenn alle Bundesvereine wie ausgeführt
verfahren, kann von ſeiten der Vereine auch von größeren finanziellen
Nechten bzw. Anſprüchen geredet werden, darum beachte jeder Verein
und Gaurechner die pünktlichſte Beitragspflicht. Ausgiebig erſchöpfte
nun Herr Bitter das Thema Afma und Gema, gab intereſſante Bei=
ſpiele
, wie es zur Beſtrafung kommen kann, und erklärte, daß nur ſo=
fortige
Beitragsleiſtung Afma 15 Pfg. und Gema 20 Pfg. pro Sänger
aufs Jahr, ſchützen kann. Alle Außenſeiter und Bundesvereine, die
glauben, um dieſe Beitvagspflicht herumzukommen, ſind den beiden
Tonſetzergeſellſchaften Afma und Gema bekannt und werden einer fort=
geſetzten
Kontrolle ausgeſetzt, ſo daß eine Beſtrafung für viele Jahre
die Beiträge ergeben würde. Reicher Beifall wurde dem Redner. Nach=
dem
noch kleinere Anfragen ihre Erledigung gefunden hatten, kam man
zum Schlußakt der Tagung, die Ehrung von Sängerveteranen. Die
Sangesbrüder im M.=G.V. Eintracht Rohrbach: Gg. Guiot 1. und Joh.
Bernius, letzterer im hohen Alter von 80 Jahren, heute noch ſingend,
erhielten den 40jährigen Sängerbrief, Sangesbruder Karl Bert das
Ehrenzeichen für Verdienſte für 25 Jahre treue Vorſtandsmitgliedſchaft,
und ſodann die Herren Dirigenten M. Friedrich (Männerchor Brensbach)
und Friedrich Roß=Wembach=Hahn das Ehrenzeichen als Ehrenchor=
meiſter
im Heſſiſchen Sängerbund. Hervorzuheben wäre noch, daß Herr M.
Friedrich heute ſchon im 51. Jahre als Dirigent wirkt. Dieſer feierliche
Ehrenakt, umrahmt von einem prächtigen Chorvortrag des M.=G.=V.
Eintracht Rohrbach (Dir. Herr Lehrer Ramge), unterbrochen durch Heil=
rufe
aller Anweſenden, ſchloß mit dem Deutſchen Sängergruß (Leiter
Gauchormeiſter Karl Grim) und war eine Handlung, muſterhaft geleitet von
Bundesſchatzmeiſter Bitter=Darmſtadt, wie ſie der Gerſprenzgau noch nie
erlebt hatte. Noch ein Dankeswort des Herrn Bitter an den Bürger=
meiſter
und Pfarrer der Gemeinde ſowie der Gauleitung des Gerſprenz=
gaues
ſchloß würdig die Tagung.

An. Arheilgen, 12. Nov. Nachkirchweihs Auch unſere Nach=
kir
=hſiveihe verlief trutz des ungünſtigen Wetters in der ſchönſten Weiſe.
Wenn auch von answärts der Beſuch nicht ſo ſtark war, wie vor acht
Tagen, ſo hatten doch die Schaubudenbeſitzer, boſonders das Karuſſell
und der altbekannte Kaſpar Hildebrandt ſich des beſten Zuſpruchs zu
erfreuen. Der Arbeiter=Radfahrer=Verein Friſch auf, der am
letzten Samstag ſeine Jahres=Generalverſammlung abhielt, wurde für
1929 das Bezirksfeſt übertragen und ſind jetzt ſchon die Ausſchüſſe mit
den Vorbereitungen für dieſes Feſt beſchäftigt. An dem nächſten Sonn=
tag
in der Woogsturnhalle zu Darmſtadt ſtattfindenden 25jährigen
Dirigenten=Jubiläum des Herrn Chor= und Muſikdirektors
A. Simmermacher wird ſich auch der hieſige Geſangverein Frohſinn,
der unter der Direktion des Jubilars ſteht, in großer Zahl beteiligen.
J. Griesheim, 13. Nov. Herbſtkonzert des Muſikver=
eins
. Nach einer längeren Pauſe tritt der Muſibverein am kommenden
Sonntag abend im Darmſtädter Hof, hier, mit einem Konzert wieder
an die Oeffentlichkeit. Zum Gedächtnis des 100. Todestages Franz
Schuberts feiert der Muſikverein den Komponiſten. Aus ſeinen ſchönſten
Werken iſt eine vorzügliche Auswahl getroffen worden, die ein wunder=
volles
Programm auch fär verwöhnte Muſikfreunde gewährleiſtet. Herr
Lehrer Langner hat in liebenswürdiger Weiſe das Feſtreferat übernom=
men
und wird einen Einblick in das Leben und Wirken des Meiſters
geben, und Frau Marianne Langner=Jäger (Alt) hat eine vorzügliche

Auswahl in Schubertliedern getroffen. Der frühere Dirigent des Muſik=
vereins
, Herr H. Buslau=Darmſtadt, der nunmehr in freundlicher Weiſe
die Leitung des Orcheſters wieder übernommen hat, bietet die ſichere
Gewähr für die Einſtudierung der Ouvertäre zu Roſamunde und Im
italieniſchen Stil, ſowie das Potpourri Schuberts Skizzenbuch und
Dreimäderlhaus.
Aa. Eberſtadt, 14. Nov. Lotterieglück. Der dritte Haupt=
gewinn
der Darmſtädter Lichtwochlotterie, ein ſilberner Beſteckſtachen, iſt
nach Eberſtadt gefallen. Vortrag. In einer öffentlichen Verſamm=
lung
ſprach dieſer Tage hier im Soale Zur Harmonie Gauleiter Jaxt=
vom
Zentralverband der Arbeitsinvaliden und Witwen Deutſchlands. Er
behandelte Fvagen der Klein= und Sozialrentnerfürſorge und in Ver=
bindung
damit die Forderungen des Zentralveibandes. Der Vortrag
war gut beſucht.
Aa. Pfungſtadt, 14. Nov. Familienabend. Der evangeliſche
Kirchengeſangverein Pfungſtadt hält am kommenden Sonntag einen
Familienabend ab. Die Veranſtaltung umfaßt Chöre und Geſamtſpiele.
Insbeſondere wird ein Singſpiel nach Motiven von Franz Schubert
Die ſchöne Müllerin gegeben. Die Veranſtaltung wird im Saale des
Rheiniſchen Hofes (Valentin Koch) abgehalten.
Aa. Pfungſtadt, 14. Nov. Lichtbildervortrag. Am Sonn=
tag
abend hielt im evangeliſchen Gemeindehaus Studienrat Dr. Krämer
aus Darmſtadt einen ſehr intereſſanten Lichtbildervortrag über die
Sonneninſel Java. Die Anweſenden folgten mit großem Intereſſe den
Ausführungen des Redners, der aus eigener Kenntnis des Landes äußerſt
ſpannend und volkstümlich zu erzählen wußte. Weidenverſtei=
gerung
. Am Donnerstag, den 15. November, nachmittags 2 Uhr be=
ginnend
, wird der Weidenertrag von vier Morgen in der Klingsacker=
tanne
, Abteilung 73, an Ort und Stelle öffentlich verſteigert. Der Weie
denertrag von fünf Morgen an der Torfgrube wird ebenfalls am Don=
nerstag
, aber nachmittags 4 Uhr, an Ort und Stelle öffentlich verſtei=
gert
. Todesfall. Eine der älteſten Einwohnerinnen von Eich,
Frau Marie Koch, geb. Herbert, iſt im Alter von 70 Jahren geſtorben.
Ak. Nieder=Ramſtadt, 12. Nov. Geſangverein Eintracht
In der am Samstag abend ſtattgefundenen Mitgliederverſammlung
wurde beſchloſſen, das im kommenden Jahre ſtattfindende Stiſtungsfeſt
am 4. und 5. Mai zu feiern. Mit dieſem Feſt iſt verbunden ein Lieder=
tag
für die teilnehmenden Vereine am Sonntag vormittag. Der Nach=
mittag
wird durch ein allgemeines Volksfeſt ausgefüllt, am Abend findet
Feſtball ſtatt. Krieger= und Veteranenverein. Die letzte
Mitgliederverſammlung beſchäftigte ſich mit dem im kommenden Jahre
ſtattfindenden Feſt, verbunden mit der Weihe der neuen Fahne. Als
Feſttage wurden der 6., 7. und 8. Juli I. J. feſtgelegt. Zum Feſtplatz
wurde die Wieſe bei der Anſtaltsmühle am Ortsausgang nach Eberſtadt
zu beſtimmt. Die bereits gebildeten Feſtausſchüſſe können numnehr in
Tätigkeit treten. In einer vorausſichtlich am Totenſonntag im Gaſthaus
Zum Löwen ſtattfindenden Mitgliederverſammlung wird Näheres über
die Beſchaffung der Fahne beſchloſſen werden.
G. Ober=Ramſtadt, 13. Nov. Wanderer=Ehrungsfeſt des
Odenwaldklubs. Den Reigen der ſchönen Veranſtaltungen er=
öffnete
am letzten Samstag der Odenwaldklub im mit friſchen Tannen=
grün
feſtlich geſchmückten Saale Zum Löwen‟. Der Saal war voll
beſetzt und niemand hatte ſein Erſheinen zu bereuen gehabt. Die zwölf
Mann ſtarke Kapelle Breitwieſer eröffnete mit ſchneidigem Marſch, wo=
rauf
ein hohe Gedanken in ſich tragender Prolog Rektor Hofmann’s
von Frl. Weber vorgetragen zum abwechlungsreichen Programm
überleitete. Aus dieſem ſei beſonders hervorgehoben der von Herrn P.
Kehr ſinnvoll verfaßte und von ihm ſelbſt in OBer=Ramſtädter Mundart
humorvoll vorgetragene Jahresbericht über das Wanderjahr 1928, ferner
die mit einer kurzen Szene eingeleitete Ehrung von 14 Wanderern
(zwei von ihnen konnte der Stock überreicht werden) und ein luſtiger
Einakter K. Schaffnit’s Luſtige Ehe‟ Die hierbei mitzuirkenden Frl.
Schäfer, Herr Pet. Kehr und Herr Hans Gwinner teilten ſich redlich in
ihre dankbaren Nollen und hielten, ob ähres köſtlichen Humors, die Lach=
muskeln
der Anweſenden reichlich in Bewegung. Zwiſchen den einzelnen
Programmnummern trug die Kapelle Broitwieſer, die mit dem einwani=
freien
Vortrag mehrerer Muſikſtücke für jeden einen künſtleriſchen Genuß
brachte, ſehr weſentlich zur feſtlichen Stimmung bei. Zwei Solokräfte,
Herr Lehrer Größmann (Städt. Akademie Darmſtadt) und Herr Lehrer
Eeiß (Tonſchule Worms) feſſelten durch den meiſterhaften Vortrag eines
Czardas. Als beſondere Ueberraſchung hatte der Klub dier Damen
der Ortsgruppe Mainz des Odenwaldklubs eingeladen, die zweimal mit
heiteren Tänzen das Auge erfreuten. Ein Verwandlungstanz Jung und
Alt mußte wiederholt werden. Alle Mitwirkenden haben reichläches
Lob verdient. Die verſchiedenen Anſprachen Herr Dr. Götz vom
Hauptausſchuß, Herr Joſt von der Ortsgruppe Mainz uſw. füllten
die Pauſen aus. Beſonderen Beifall fand auch die geſchickte Ehrung
des Ehrenmitgliedes Rektor Hofmann, mit einem Ehrenſtock durch Herrn
Studienrat Dr. Götz. Der zweite Teil brachte den üblichen Tanz, der
faſt alle Beſucher bis zur Morgendämmerung in froher Stimmung zu=
ſammenhielt
. Friſch auf.

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Nummer 218

Donnerstag, den 15. November 1928

Geite 7

Kreistag des Kreiſes (rbach.
Der Fortbeſiand der Oberrealſchule Michelſiadt wahrſcheinlich vorläufig geſichert. Ein
voranſchlagsmäßiger Fehlbetrag von rund Rmt. 68000 wird durch neue Steuern gedeckt

Einzeiheiten
aus der Poranſchlagsberatung 1928.
b. Erbach i. O., 14. Nobember.
Die mit größter Spannung der Oeffentlichkeit erwarteten Verhand=
lungen
des Kreistages Erbach fanden geſtern im hieſigen Rathausſaale
ſtatt. Herr Kreisdirektor v. Werner ſtellte die Beſchlußfähigkeit des
Hauſes feſt und hieß die Abgeordneten herzlich willkommen. Er gab
der Hoffuung Ausdruck, daß die vorliegende Materie in leidenſchafts=
loſer
, ſachlicher Arbeit zum Wohle des Kreiſes Eriedigung finden möge.
Zu Ehren des verſtorbenen Abgeordneten Wetterich=Reichelsheim erhob
ſich die Veuſammlung von den Sitzen. An ſeine Stelle wurde das nach
dem Wahlvorſchlage der S.P.D. vorgerückte Mitglied Hüfner=Steinbach
durch Handſchlag verpflichtet. Als Urkundsperſonen wurden auf Vor=
ſchlag
des Kreisdirektous, die Herren Wolf=Höchſt und Michel=Beerfelden
gewählt. Der Vewwaltungsbericht (Bericht über die Verwaltung ud
den Stand der Kreisverbandsangelegenheiten des Kreiſes Erbach für das
Rechnungsjahr 1926), der vom Kreisausſchuß bereits geprüft, wird auf
deſſen Vorſchlag einſtimmig verabſchiedet. Es folgt die Beratung des
Voranſchlages. Namens des Kreisausſchuſſes gibt Kreistagsmitglied
Franz=Erbach die Erklärung ab, daß alle Fraktionen desſelben ſich für
eine erforderliche Steuererhöhung erklärt hätten, falls eine ſolche einſtim=
mig
beſchloſſen würde. Eine längere Ausſprache entſpinnt ſich über die
Frage, in welcher Weiſe die einzelnen Poſitionen des durch den Kreis=
direktor
vorgetragenen Voranſchlages verabſchiedet werden ſollen. Bür=
germeiſter
Ritzel=Michelſtadt ſteht auf dem Standpunkt, daß mit der
Verabſchiedung einer Poſition auch die erforderlichen Mittel bewilligt
ſein ſollen, und wird in ſeiner Meinung dunch verſchiedene Mitglieder
unterſtützt. FranzErbach ſtellt ſich dieſem Antrag entgegen und bean=
tragt
, dem Voranſchlag Punkt für Punkt dunchzugehen und die erfbor=
derlichen
Mittel erſt nach Fertigſtellung der Einzelberatungen zu bewil=
ligen
und über die Art der Deckung zu beſchließen. Der Antrag Ritzel
wird mit 10:11 Stimmen gbgelehnt. Die Mittel für die Oberrealſchule
Michelſtadt werden nach längerer eingehender Ausſprache und nach Ver=
leſung
einer Entſchließung des Ortsgewerbevereins Michelſtadt, der ſich
für die Erhaltung dringend ausſpricht, mit knapper Mehrheit (10: 11)
in dem Voranſchlag belaſſen. Am Schluſſe der Beratungen ſtellt Herr
Kreisdirektor von Werner nach Berüchichtigung der erfolgten Abſtriche
ein vorhandenes Vovanſchlagsdeſizit von rund 68 000 RM. feſt. Die
Deckung desſelben kann nach allgemeiner Auffaſſung nur durch die Er=
höhung
der bereits beſtehenden Steuerſätze erfolgen. Der Kreistag kann
ſich jedoch zur Feſtlegung dieſer neuen Sätze nicht mehr entſchließen.
Lediglich die Sonderſteuer wird nach eingehender Beratung verabſchiedet
und deren Erhebungsſatz von 7.355 RPfg. auf 10,08 RPfg. heraufgeſetzt.
Die übrigen Ausſchlagsſätze ſollen durch den Kreisausſchuß nochmals
eingehend beraden werden, und erhält derſelbe die Ermächtigung, die
Sätze feſtzuſetzen, wenn dies durch einſtimmigen Beſchluß möglich iſt.
Eine vom Kreisausſchuß eingebrachte längere Eutſchließung findet ein=
ſtimmig
Annahme. Ueber die Voranſchlagsberatungen ſiehe unten.
Der Antrag der Gemeinde Affhöllerbach auf Uebernahme der anteils=
mäßigen
Koſten der Gemeinde für die Erhaltung bzw. Unterbvingung
eines Geiſteskranken auf die Kreiskaſſe verfällt der Ablehnung. Ver=
ſchiedene
Anträge auf Erlaß bzw. Herabſetzung von Koſten des Verwal=
tungsſtreitverfahrens
werden genehmigt. Eine von der Gemeinde
Birkert beantragte Gemarkungsgrenzänderung wird einſtimmig geneh=
migt
. Die Sitzung dauerte bei einſtündiger Mittagspauſe von vor=
mittags
9½4 bis nachmittags 53 Uhr.
Nachdem der Antrag Ritzel, zu ſämtlichen für notwendig erkanntem
Poſitionen gleich bei der Abſtimmung die Mittel zu bewilligen, abge=
lehnt
worden war, trat das Haus in die Einzelberatungen ein. Unter
Allg. Verwaltung ſtand im Entwurf ein Betrag von 10 000 RMM., den
der Staat ſeither für Abgeltung von Arbeiten, die von Kreisbcamten
im Intereſſe des Staates geleiſtet werden, an die Kreiskaſſe zahlte.
Dieſer Poſten wurde auf Verfügung des Miniſteriums geſtrichen. Der
Kreistag erhebt gegen dieſe Vergewaltigung einmütig Proteſt und for=
dert
Wiederherſtellung der Leiſtung. Die Tagegelder und Reiſekoſten
der Kreistags= und Kreisausſchußmitglieder ſowie diefenigen der Be=
amten
des Kreisamts wurden um je 500 RM. herabgeſetzt. An den
Unterhaltungskoſten des Kraftfahrzeugs wurden 1000 RM. geſtrichen.
Die Gebühren für Baukontrolle wurden auf Antrag des Kreisdirektors
um 2000 RM. gekürzt. Eine lebhafte Ausſprache ergab das Kapitel
Schulen. Hier wurden bewilligt für die Fachſchule Erbach und die Ge=
werbeſchule
in Michelſtadt je 1000 RM. für die Höhere Bürgerſchule
Beerfelden und für die Landwirtſchaftsſchule in Michelſtadt 400 RM.
und für diefenige in Reichelsheim 100 RM. Für die Erhaltung der
Oberrealſchule ſetzten ſich die Kreistagsmitglieder Bürgermeiſter Ritzel=
Michelſtadt und Pfaff=Michelſtodt beſonders warm ein. Von anderer
Seite wurde die Erhaltung der Anſtalt als ſehr wünſchenswert be=
zeichnet
, aber doch angeſichts der hoffnungsloſen Finanzlage die Strei=
chung
des Zuſchußpoſtens beantragt. Bürgermeiſter Nitzel wies darauf
hin, daß die Regierungsſtellen im Darmſtadt vor der Verabſchiedung
des Geſetzes die Verteilung der Koſten betreffend die höheren Lehr=
anſtalten
ſtehen und erſucht dringend, die Mittel, zu bewilligen. Die

Führer des Bauernbundes bezeichnet er als Totengräber der Anſtalt.
Die Kreistagsmitglieder Dengler=Erbach und Franz=Erbach machen dar=
auf
aufmerkſam, daß eine Hilfe von Darmſtadt nicht zu erwarten iſt.
Erſterer ſtellt ſeinerſeits Stimmenthaltung in Ausſicht, letzterer bean=
tragt
Uebernahme der eingeſtellten Koſten für alle Schulen. Die Ab=
ſtimmung
die einzelnen Fraktionen hatten dieſelbe ihren Mitgliedern
freigegeben ergab das bereits gemeldete knappe Mehrheitsreſultat für
Beibehaltung des Zuſchuſſes. Der Kreiswanderbücherei werden 300
RM. geſtrichen. Eingeſtellte Zuſchüſſe für verſchiedene Gemeinden zur
Verſorgung mit elektriſcher Energie werdem auf ſpätere Jahre zurück=
geſtellt
und abgeſetzt. Zu dem Kapitel Straßenbauſchulden bringt
Bürgermeiſter Dengler=Erbach folgenden Antrag ein, der einſtimmige
Billigung fand: Der Kreistag Erbach vvolle beſchließen, daß die Pro=
vinzialbauverwaltung
auf den ſchlechten Zuſtand der Straßen im Kreiſe
Erbach aufmerkſam gemacht wird. Die Provinz ſoll für raſche und
gründliche Beſſerung Sorge tragen. Der Kreistag fordert entſchieden
eine ſofortige Inangriffnahme der Arbeiten. Eine längere Debatte
ruft das Kapitel Wohlfahrts= und Geſundheitspflege hervor. Hier
werden einige, die Bezirksfürſorgeſtelle belaſtende Gerüchte über leicht=
fertigen
Verbrauch von öffentlichen Geldern geprüft und beſprochen.
Der Kreistag iſt einſtimmig von der Haltloſigkeit der kurſierenden Ge=
rüchte
überzeugt. Der Kreisdirektor ſtellt genaueſte Unterſuchung der
Unterſtützungsanträge in Ausſicht und erwartet eine Entlaſtung des
Voranſchlags. Kreisdirektor von Werner ſchlägt vor und Kreistags=
mitglied
Franz beantuagt: Die Koſten für freiwillig übernommene An=
ſtaltspflege
volljähriger Perſonen (16 Geiſteskranke, 3 Taubſtumme,
1 Epilaotiſche, 41 Sieche), die nach 8 2 der Kreisſatzung über die Für=
ſorgepflicht
den zur Leiſtung verpflichteten Gemeinden zur Hälfte durch
den Kreis erſetzt werden, in voller Höhe zu ſtreichen. Damit, d. h. mit
dem ausmachenden Betrag von 57 000 RM., wäre faſt das ganze Defizit
gedeckt und eine Verabſchiedung des Voranſchlags ohne Steuererhöhung
möglich. Dem Antrag widerſprechen beſonders die Kreistagsmitglieder,
die gleichzeitig Bürgermeiſter ſind, da ſie eine unerträgliche Belaſtung
ihrer Gemeindehaushalte in dieſer Maßnahme erblichen. Der Antrag
wird gegen dem Autragſteller und ſeinen Fraktionskollegem Pfaff abge=
lehnt
. Meiſinger=Kirch=Brombach beantragt Streichung der Mittel für
Unterbringung von Kinderm in Solbädern (2800 RM.). Der Kreistag
beſchließt, den Betrag für das laufende Jahr nochmals zu übernehmen,
aber in den Voranſchlag 1929 für den angeführten Zweck nichts einzu=
ſtellen
. Die Koſten für die Tuberkuloſenberatungsſtelle mit 3000 RM.
werden abenfalls geſtrichen. Es ſoll an die Landesverſicherungsanſtalt
für Heſſen das Anſinnen geſtellt werden, dieſen Betrag zu übernehmen,
wozu dieſelbe ihrem Charakter nach verpflichtet ſei. Nach einigen be=
langloſen
Abſtrichen iſt die Beratung beendigt. Die Deckung des Fehl=
betrags
von 68 00 RM. wurde einſtimmig durch Aufbringung auf dem
Steuerwege beſchloſſen, nachdem man erkannt, wie verdeiblich ſich die
beabſichtigte Aufnahme eines größeren Kapitals zur Balancierung des
Etats auswirken müßte. Ueber die Form der Steuererhöhung war
wegen der vorgeſchrittenen Zeit keine Einigung mehr zu erzielen. Mit
dieſer Sache wind ſich numehr, wie bereits berichtet, der Kreisausſchuß
zu befaſſen haben. Hoffentlich bringt er die Materie unter Dach und
Fach, damit nicht nochmals eine Kreistagsſitzung die traurigen Probleme
und Bilder der Not aufrollen muß. Der Kreistag gab der einmütigen
Meinung Ausdruck, daß der Kreis nunmehr an der alleräußerſtem Grenze
ſeiner Leiſtungsfähigkeit angekommen ſei, und ſtimmt nachſtehender
Entſchließung einmütig zu:
Die Geſtaltung des Haushaltsplanes, des Kreiſes Erbach hat be=
reits
in den beiden letzten Jahren auf dem Gebiete der ſozialen Fürſorge
eine für den Kreis Eubach kaum tragbare Belaſtung gebracht. Der Haus=
haltsplan
des Jahres 1928 weiſt infolge der überaus mißlichen wirt=
ſchaftlichen
Verhältniſſe und der langfriſtigen Erwverbsloſigkeit eine ſo
hohe ſoziale Belaſtung auf, daß die Auſbringur. der durch Reichs= und
Landesgeſetze auf den Kreis abgebürdeten Ausgaben durch Kreisſteuern
eine unerbürt harte Zumutung für die ſteuerzahlende Bevölkerung be=
deutet
. Der Kreistag des Kreiſes Erbach ſpricht mit aller Deutlichkeit
die Forderung nach einer unverzüglichen Regelung der Sozialbelaſtung
dunch einen innerſtaatlichen Laſtenausgleich und durch die Beſtellung
größerer Bezirke zu Bezirksfürſorgeverbänden aus. Ein ſtark landwirt=
ſchaftlich
orientierter Kreis wie der Kreis Erbach muß ſich einfach außer
Stande erklären, die ihm auf den verſchiedenſten Gebieten zugemuteten
Soziallaſten aus eigener Kraft zu ſinanzieren, ohne auf die Dauer die
noch leiſtungsfähigen Schichten der Bevölkerung ebenfalls in ſchwerſte
Bedrängnis zu bringen.
Der Kreistag fordert von der heſſiſchen Regierung ferner Maß=
nachmen
, die zur Erhaltung der kulturellen Einrichtungem des Kreiſes
Erbach beitragen. Der Kreistag verwahrt ſich gegen die Auswirkungen
eines Finanzausgleichs, die die Aufrechterhaltung allgemeiner landwirt=
ſchaftlichere
und gewerblicher Unterrichtsanſtalten gefährdet.
Der Kreistag des Kreiſes Eubach richtet an die Regierung des Reichs
und des Volkeſtaates Heſſen die dringende Aufforderung, alles zu tun,
um eine Senkung des kulturellen, wirtſchaftlichen und ſozialen Niveaus
zu vermeiden.
In Auswirkung ſeiner Verantwortung, die der Kreistag gegenüber
den Steuerzahlern des Kreiſes zu tragen hat, erklärt er, daß zukünftig
die Bewilligung von Mitteln des Kreiſes zur Deckung freiwilliger Lei=
ſtung
auf dem Gebiete des Schulweſens und der Entlaſtung der Gemein=
den
ohne Rückſicht auf die hieraus entſtehenden Folgen abgelehnt wer=
den
muß.

w. Klein=Umſtadt, 13. Nov. Erſtes Handballſpiel auf dem
hieſigen Sportplatz. Sonntag nachmittag wurde zwiſchen den
Handballmannſchaften Richen und Klein=Umſtadt das erſte
Wettſpiel auf hieſigem/Sportplatz ausgetragen. Trotz des rauhen Wet=
ters
war eine große Zuſchauerſchar herbeigeeilt. Als Schiedsrichter
fungierte Herr Pitthan=Groß=Umſtadt zur vollen Zufriedenheit beider
Mannſchaften. In der erſten Halbzeit zeigte ſich ein nettes Spiel; be=
ſonders
gefiel das Zuſammenwirken der Klein=Umſtädter, für die die
Halbzeit mit 4:1 endete. In der zweiten Hälfte flaute das Spiel weſent=
lich
ab. Die Richer Mannſchaft holte drei Tore nach; Klein=Umſtadt
raffte ſich wieder zuſammen und warf das fünfte Tor. Das Spiel endete
mit 5:4 für Klein=Umſtadt. Hoffentlich ſieht man auf dem ſehr günſtig
gelegenen Spielplatz bald weitere intereſſante Spiele. In der letzten
Verſammlung des Turnvereins wurde beſchloſſen, am Sonntag,
den 2. Dezember, einen Familienabend zu veranſtalten. Es ſol=
len
in der Hauptſache turneriſche Vorführungen gebracht werden. An
Weihnachten findet der erſte Theaterabend ſtatt. Das neueſte Oden=
wälder
Volksſtück von Gg. Löffler=Roßdorf ſoll zur Aufführung gelan=
gen
. Außerdem wurde beſchloſſen, die Handballmannſchaft als Glied
des Turnvereins mit allen Konſequenzen anzuſehen.

r. Babenhauſen, 14. Nov. Feuer inder KonfurterMühle.
Vergangene Nacht, kurz nach 3 Uhr, wurden die, Bewohner unſeres
Städtchens durch Feuerglarm aus dem Schlafe geweckt. Es brannte in
der zwiſchen Babenhauſen und Sickenhofen gelegenen, weit und breit
bekannten Konfurter Mühle. Das Wohnhaus und die Mühle ſtanden
in hellen Flammen. Eine Abteilung der hieſigen Bereitſchaftspolizei
war zuerſt an Ort und Stelle. Bald darauf trat die hieſige Feuerwehr
in Tätigkeit. Unſere Motorſpritze, von einem Auto der Michelsbräu=
Brenner A.=G. an die Brandſtätte gebracht, griff wirkſam ein, und mit
vereinten Kräften gelang es, des entfeſſelten Elementes Herr zu werden.
Menſchenleben ſind gottlob nicht zu beklagen, das Vieh konnte gerettet
werden. Es wurde auf die nahe Wieſe gebracht. Der Schaden iſt ſicher
nicht unbeträchtlich. Ueber die Entſtehungsurſache des Brandes iſt noch
ein Schleier gehüllt. Die hieſige Motorſppitze hat ſich bei diefem großen
Feuer hervorragend bewährt. Ihrer Tätigkeit iſt es in erſter Linie zu
herdanken, daß die angrenzendem Lagerräume, wo Heu, Stroh, Pappe=
udn
Papierballen aufgeſpeichert waren, nicht ebenfalls ein Raub der
Flammen wurden.
Hirſchhorn, 14. Nob. Waſſerſtand des Neckars am
13. November 0,58 Meter, am 14. November 0,55 Meter.

r. Babenhauſen, 12. Nob. Eine nichtöffentliche Gemeinde=
ratsfitzung
fand am vergangenen Freitag abend unter dem Vorſitz
des Herrn Bürgermeiſters Rühl ſtatt. Vor Eintritt in die Tages=
ordnung
gibt dieſer Keuntnis von einem Schreiben des Herrn Miniſters
des Innern, in dem den Gemeinden empfohlen wird, bei Vergebung
von Pflaſterſtein= und Kleinſchlaglieferungen nur heſſiſche Firmen zu
berückſichtigen. Da die Landwirtſchaftskammer ſich zur Abhaltung eines
Vortrags in dieſem Winter erklärt hat, entſchließt ſich die Gemeindever=
tretung
für einen Vortrag mit dem für unſere Gegend bedeutſamen
Thema: Feldbereinigung‟. Der Punkt Wohnungsſachen wird dahin
erledigt, daß die in Kürze freiwerdende Wohnung des Herrn Lehrers
Rühl Lehrerwohnung bleiben und Herrn Gewerbelehrer Schepp zugeteilt
werden ſoll. Die Wohnung des Letzteren ſoll Herrn H. Grote vermietet
werden. Das ſeither von Herrn L. Mohr bewohnte Gemeindehaus wird
den Familien Perſchbacher und Hahn zugeteilt. Bei Beratung über das
Beſetzen der Feldſchüitzenſtelle wird mit Stimmenmehrheit beſchloſſen, dem
Vorſchlag des Miniſteriums zuzuſtimmen und die freigewordene Stelle dem
Beamtenanwärter Kurz von der hieſigen Bereitſchaftspolizei nach vor=
ausgegangener
amtsärztlicher Augenunterſuchung zu übertragen. Als
Holzſetzer für die jetzt beginnende Holzfällung haben ſich 10 Bewerber
gemeldet. Es ſollen die angenommen werden, die ſofort mit der Arbeit
beginnen können. Nach Erledigung verſchiedener Unterſtüitzungsgeſuch=
und der Uebernahme der Kurkoſten auf die Gemeindekaſſe wird ein=
ſtimmig
beſchloſſen, wieder eine zweite Hebamme auf Gemeindekoſtem
ausbilden zu laſſen. Die Hebamme, Frau Eliſe Mohr, hat wegen Er=
krankung
ihren Dienſt niedergelegt. Herr Genergloberveterinär Franke
berichtet über die Verhandlungen, die eine Kommiſſion aus dem Ge=
meinderat
mit der Reichsbahndirektion Mainz hatte. Es wurde erreicht,
daß vor Schließung der kleinen Unterführung, die große vorübergehend
für den Kleinfuhrwerksverkehr freigegeben wird. Mit der Errichtung
eines Gefallenendenkmals, das der Verein ehem. 6ler Artilleriſten auf
dem Gelände zwiſchen der Bahnhofsallee und der neuen Straße zur
Hauptunterführung plant, iſt der Gemeinderat einverſtanden. Die Ge=
meinde
iſt bereit, die dauernde Unterhaltung der Anlage auf dem der
Reichsbahn gehörenden Gelände zu übernehmen, wenn dieſe die erſte
Anlage ſchafft. Nach Bewilligung eines Baudarlehens und Ge=
nehmigung
des Verkaufs eines Bauplatzes am Speſſartplatze wird die
Einführung der Schulzahnpflege auf Gemeindekoſten zurzeit abgelehnt.
Die Gewährung einer weiteren halben Freiſtelle bei der Höheren Bür=
gerſchule
wir genehmigt. Ferner wird beſchloſſen, das Dach des Waſſer=
turms
mit grün bekieſtem Nuberoid ausführen zu laſſen. Die Koſten
betragen ettua 900 RM., während ein Kupferdach auf etwa 4600 RM.
käme. Kurz nach Mitternacht wird auf Antrag die Sitzung abgebrochen,
Dia Fortſetzung ſoll am kommenden Dienstag abend ſein.
* Gammelsbach. 13. Nov. Bei der am Samstag in hieſiger Gemar=
kung
abgehaltenen Treibjagd ereignete ſich ein ungewöhnlicher Zwiſchen=
fall
. Eine in die Enge getriebene Hil kuh ſprang auf einen der
Treiber und zerriß ihm den Aermel. Der Schreck ſoll ſo groß geweſen
ſein, daß man ganz vergaß, die Hirſchkuh für den entſtandenen Schaden
haftpflichtig zu machen.
g. Gernsheim, 12. Nov. Gemeinderatsbericht. Nachdem
verſchiedene Verhandlungen bezüglich der Neufeſtſetzung der von der
Gernsheimer Hafenbetriebsgeſellſchaft an die Stadt Gernsheim zu zah=
lenden
Hafenpacht ſtattgefunden hatten, ſtimmte nunmehr der Gemeinde=
rat
dem Ergebnis einer im Stadthaus zu Darmſtadt unter dem Vorſitz
des Bürgermeiſters Ritzert Darmſtadt, abgehaltenen Sitzung, an der
neben Vertretern des Miniſteriums der Finanzen, der Stadt Gernsheim
auch ſolche der Firma teilnahmen, zu. Mit Wirkung vom 1. Januar
1927 ab beträgt die jährliche Hafenpacht RM. 2500 . Des weiteren
wird die für jede über 150 000 Tonnen hinaus umgeſchlagene Tonne mit
einer Abgabe von 1½ Pfennig belaſtet. Bis zum 1. Januar 1940 ver=
zichtet
die Stadt Gernsheim auf das ih. zuſtehende Recht, die vorher er=
wähnte
Abgabe jeweils alle fünf Jahre neu feſtzuſetzen. Der Eingabe
der Schulleitung der hieſigen katholiſchen Volksſchule, auch in dieſem
Winter die Kinderſpeiſung durchzuführen, wurde ſtattgegeben und ein
beſtimmter Betrag genehmigt. Dem Geſuch des Landwirts Johann
Becker 2., dahier, um Abgabe von 10 bis 12 Meter Kies vom Himſchling=
gelände
, wurde zugeſtimmt unter Einhaltung der üblichen Bedingungen.
Ueber die Unterbringung des anzufahrenden Grundes entſcheidet jedoch
die Bürgermeiſterei. Die hieſigen Holzhauer waren wegen Einſtufung
in eine höhere Stücklohngruppe vorſtellig geworden. Nachdem das Forſt=
amt
Gernsheim in begründeter Weiſe dieſe nachgeſuchte Höhereinſtufung
befürwortete, erklärte ſich auch die Gemeindevertretung mit der Einſtu=
fung
der Geſuchſteller in die Stücklohngruppe 4 einverſtanden. Nachdem
die Gemeinnützige Aktiengeſellſchaft für Kleinwohnungsbau, Darmſtadt,
hierorts beabſichtigt, ein Doppelwohnhaus und ein weiteres Haus zu
errichte,, übernahm der Gemeinderat nach vörausgegangener eingehen=
der
Aufklärung und Ausſprache des Herm Regierungsbaumeiſters
Malz9, Darmſtadt die von der genannten Geſellſchaft erbetene Ge=
meindebürgſchaft
. Den von der Holzkommiſſion in ihrer Sitzung vom
31. Oktober 1928 feſtgelegten Zahlungsbedingungen für die Nutz= und
Brennholzverſteigerung am 19. November Ifds Js. und derjenigen für die
Verſteigerungen im Wirtſchaftsjahr 1929 wurde zugeſtimmt. Dem Ver=
kauf
eines Gemeindegrundſtückes zu einem beſtimmten Preis pro
Quadratmeter wurde die Zuſtimmung erteilt. In den Genuß des Allmend=
rechtes
rückten ein bzw. auf die Ortsbürger Nikolaus Joſef Adler, Phil.
Lichtel 2., Ludwig Wieſel Wwe., Karl Bender, Ludwig Huth 2., Fried=
rich
Wenz. Johannes Dullmaier, Franz Karl Johann Kiſſel und Jakob
Grüll 3. Wwe. Den erbetenen Ackerüberſchreibungen ſtanden keine Be=
denken
gegenüber und wurden deshalb genehmigt. Int der geheimen
Sitzung wurden Geſuche über Vorrangseinräumungen, Bürgſchafts=
übernahme
, Steuerſtundungen und Unterſtützungsgewährungen behan=
delt
und denſelben ſtattgegeben. Nachdem noch über Geldbeſchaffungs=
fragen
und die Waſſerverſorgung geſprochen, konnte der Vorſitzende in
vorgerliclter Stunde die tagesordnungsreiche Sitzung ſchließen. Wie
verlautet, verlegt die Gernsheimer Holzinduſtrie ihr derzeitiges Lager
und den Betrieb auf ein ganz in der Nähe der Giſenbahn erworbeues
Grundſtück. Die Gemeinde könnte ein Verkehrshindernis beſeitigen,
lvenn ſie von dem derzeitigen Gelände der genannten Firma ſolches
erwerben würde und dann eine gerade Verbindung mit der Wormſer
und Biebesheimer Straße herſtellt.
Gernsheim, 14. Nob. Waſſerſtand des Rheins am
13. November 0,07 Meter, am 14. November 0,11 Meter.
* Rüſſelsheim, 13. Nov. Opelbahnhof. Da die Beſatzungs=
behörde
ihren Einſpruch gegen den Anſchluß des neuen, nun fertig=
geſtellten
Opelgüterbahnhofs an die Bahnlinie Rüſſelsheim=Biſchofsheim
zurückgezogen hat, iſt mit den Anſchlußarbeiten jetzt begonnen worden.
Nach Fertigſtellung des Anſchluſſes wird der geſamte Güterverkehr der
Opelwerke in den neuen Werkbahnhof verlegt, der eine eigene bahn=
amtliche
Güterabfertigungsſtelle und ein eigenes Stellwerk erhält.
4c. Worms, 14. Nov. Schwere Körperverletzung oder
Totſchlagsverſuch? In einem Hauſe der Hammelsgaſſe entſtand
geſtern abend eine ſchwere Schlägerei zwiſchen einem auf Wartegeld ge=
ſetzten
Bahnbeamten, und einem Servierfräulein, mit der er ſeit länge=
ter
Zeit ein Verhältnis unterhielt. Beide ſind dabei ſchwer verletzt
worden. Die bevorſtehende Verbringung des Mädchens in die Nerven=
heilanſtalt
Gießen ſcheint die Urſache der Schlägerei geweſen zu ſein.
Selbſtmordverſuch. Eine hieſige 22jährige Frau, die von
ihrem Manne getrennt lebt, unternahm geſtern abend im Pfrimmpark
einen Selbſtmordverſuch, indem ſie Kleeſalzlöſung trank. Die Lebensmüde,
die bald darauf von Spaziergängern entdeckt wurde, mußte mit dem
Krankenwagem in das ſtädtiſche Krankenhaus verbracht werden, wo der
Magen ausgepumpt wurde. Lebensgefahr beſteht daraufhin nicht mehr.

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Dr. August Oetker, Bie

[ ][  ][ ]

Seite 8

Donnerstag den 15 November 1928

Nummer 318

Heute Donnerstag, den 15. November
wegen Vorbereitung geschlossen!

8Freitag, den 16. Hovember 8
erstmals abends 8!/. Uhr
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Leitung: Dir. Bodo-Bronsky
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[ ][  ][ ]

Donnerstag, den 15. November 1928

Seite’9

Fert:

14.

DerFrankfurter Kinoeinſturz=Prozeß,
ſeine Bedeutung und ſeine Lehren.
Am 21. Februar 1927 iſt in Frankfurt a. M. ein im Bau
befindliches Kino eingeſtürzt. Dem Unglück fielen 4 Tote und
12 Verletzte zum Opfer. Es wurde Anklage wegen fahrläſſiger
Körperverletzung bzw. Tötung unter Außerachtlaſſung beſonderer
Berufspflichten (8§ 222 II, 230 II R. St. G.B.) erhoben, und zwar
gegen den Architekten und den Ingenieur. Beide wurden kürz=
lich
in zweiter Inſtanz von der Großen Strafkammer zu je einem
Jahr Gefängnis verurteilt. Das letzte Wort wird vorausſichtlich
das Reichsgericht als Reviſionsinſtanz zu ſprechen haben. In=
deſſen
gibt dieſer Prozeß, der einer der erſten ſeiner Art in
Deutſchland iſt, ſehr wohl die Möglichkeit, ſich ein Bild des
Typiſchen dieſer Art von Prozeſſen zu machen.
Anklage und Verurteilung lauteten auf fahrläſſige Körper=
verletzung
bzw. Tötung. Der Grad des Verſchuldens iſt ſomit
Fahrläſſigkeit. Daraus ergibt ſich, daß die Angeklagten dieſer
Prozeſſe nicht zu den Verbrechern im techniſchen Sinne zu zählen
ſind. Bei ihnen wird im allgemeinen ein näheres Eingehen auf
ihre Perſönlichkeit, etwa durch das Gutachten des Pſychiaters,
ſich erübrigen. Auch der Erlaß eines Haftbefehls wird ſelten zur
Diskuſſion ſtehen.
Der erwähnte Geſetzestenor findet im allgemeinen in der
Praxis Anwendung gegen Chauffeure, Radfahrer, Trambahn=
führer
, durch deren Fahrläſſigkeit ein Menſch zu Schaden gekom=
men
iſt. Auch Strafverfahren gegen Aerzte, die fahrläſſigerweiſe
gegen anerkannte Regeln der mediziniſchen Kunſt verſtoßen haben
in Frankfurt a. M. iſt vor Jahren ein derartiger Prozeß ge=
führt
worden , gehören hierher. Allen dieſen Berufen, deren
beſondere Pflichten von dem Beſchuldigten außer acht gelaſſen
wurden, iſt gemeinſam, daß für deren Handhabung beſondere
techniſche Kenntniſſe von Wichtigkeit ſind. Daraus folgt, daß
der Richter ſich über die techniſchen Dinge ein Urteil bilden muß.
Bei Autounfällen wird das nicht allzu ſchwer ſein. Immerhin
läßt die Tatſache, daß die Frankfurter Richter und Staatsanwälte
von Amts wegen Kurſe im Autofahren mitmachen, den Schluß
zu, daß auch hier die Kenntnis des Techniſchen von Bedeutung
iſt. Doch wird man im allgemeinen bei Autounfällen ohne Sach=
verſtändige
auskommen können. Anders iſt es in techniſch ſchwie=
rigen
Prozeſſen wie bei dem Kinoeinſturzprozeß. Hier iſt der
Richter ſchlechterdings auf die Sachverſtändigen angewieſen. Er
iſt vor die ſchwere Aufgabe geſtellt, komplizierte techniſche Fragen
zu verſtehen und vor allem die verſchiedenen Gutachten es wird
ſich immer um mehreré handeln ihrem Werte nach zu beur=
teilen
. Die techniſchen Prozeſſe werden ſich häufen; es mag die
Zeit kommen, wo ein Richter ſich von den Berufspflichten des
Konſtrukteurs und des Führers eines Zeppelinluftſchiffes ein
Bild machen muß. Hauseinſtürze ſind in der letzten Zeit in er=
ſchreckender
Zahl eingetreten. Die Gründe hierfür ſind, jedenfalls
nach dem Frankfurter Prozeß allein, ſchwer anzugeben. Aber ſie
können doch wohl aus dem Weſen unſerer Zeit wenigſtens zum
Teil erklärt werden. Das Charaktcriſtikum unſerer Zeit iſt das
einer primär techniſchen, und zwar in jeder Beziehung, auch auf
dem Gebiete der Kunſt. Es iſt weiterhin die Zeit des Suchens
und Weiterarbeitens auf bautechniſchem Gebiete, z. B. über die
Bindungen und Auswirkungen des Betons. Aus der Struktur
unſerer techniſchen Zeit folgt ihre Einſtellung auf das Materielle,
auf das Geldverdienen, und zwar in einem der Schnelligkeit der
Zeit entſprechenden Tempo. Und daraus entſteht allzu leicht die
Gefahr der Haſt und der Oberflächlichkeit in der Ausführung, die
in einer Zeit der Ruhe unnötig und unmöglich wäre. Dies das
Typiſche derartiger Prozeſſe.

Und nun die Lehren, die aus dem Prozeß zu ziehen ſind.
Die Perſönlichkeiten der Angeklagten, denen ein gewiſſes Mitleid
nicht verſagt werden kann, und die Feſtſtellungen des Urteils im
einzelnen haben hierbei auszuſcheiden. Es iſt aber und das
ſcheint dieſer Prozeß doch ergeben zu haben eine peinliche
Beachtung der ſtatiſchen Geſetze und der Vorſchriften der Bau=
polizei
, die doch alle zum Schutze der Allgemeinheit erlaſſen ſind,
anzuſtreben. Die an einem Bau Beteiligten Architekt, Inge=
nieur
, Bauunternehmer müſſen zuſammenwirken dergeſtalt,
daß ein jeder von den Arbeiten des anderen und deren Stand
inſoweit Kenntnis hat, als dieſe Kenntnis für ſeine eigenen
Arbeiten von Bedeutung iſt. Es wäre in der Beziehung zu wün=
ſchen
, daß die in Frage kommenden Berufsvereinigungen Richt=
linien
aufſtellten, aus denen ſich dieſe Geſichtspunkte eindeutig
ergeben. Die feſte Umgrenzung der Berufspflichten müßte in
dieſen Richtlinein ihren Niederſchlag finden. Denn die Begren=
zung
der zivilrechtlichen Pflichten des Architekten und des Inge=
nieurs
braucht ſich nicht notwendig mit der der ſtrafrechtlichen zu
decken. Dazu müßte allerdings behördlicherſeits eine ſtrenge
Durchführung des Bauverbots kommen, das, wie die Sachver=
ſtändigen
aus den verſchiedenſten Gegenden Deutſchlands bekun=
det
haben, mehr oder weniger auf die leichte Achſel genommen
wird. Der Betroffene muß wieder das Gefühl haben, daß es ſich
um ein behördliches, ernſt zu nehmendes Verbot handelt, deſſen
Uebertretung eine Uebernahme jeglicher Konſequenzen zivilrecht=
licher
und ſtrafrechtlicher Art bedeutet.
Es iſt Pflicht eines jeden, insbeſondere der in Frage kom=
menden
Berufsorganiſationen, aus dieſem Prozeß zu lernen. Das
iſt eine Pflicht der Allgemeinheit gegenüber, die nicht ernſt genug
genommen werden kann. Dieſelbe Pflicht haben die Behörden,
die mit dem Bauen zu tun haben videant consules!
Staatsanwaltſchaftsrat Dr. Knögel.

Verantwortlichkeit des Fahrlehrers
für den Fahrſchüler auf der Uebungsfahrt.
(Nachdruck verboten.)
is. Die Frau des Gießener Arztes St. unternahm am 2.
Auguſt 1926, morgens 8 Uhr, in Begleitung des Autofahrlehrers Aßmann
eine abſchließende Probefahrt durch die ſchwieriger zu befahrenden
Straßen von Gießen. Als ſie die Wilhelmſtraße durchfuhr, kam es bei
der Einmündung einer Querſtraße infolge eines Mißverſtändniſſes zu
einem Zuſammenſtoß mit einem Radfahrer, der vom Vorderrad des
Autos erfaßt und verletzt wurde. Durch dieſes Vorkommnis irritiert,
ſteuerte Frau St. dem Wagen dem Bürrgerſteig hinauf; der neben Frau
St. ſitzende Fahrlehrer verſuchte gerade noch, das Steuer rechts in die
Fahrtrichtung zu reißen, als der Wagen plötzlich noch einmal vorſchoß
und einem Arbeiter an der Hausmauer erdrückte. Wahrſcheinlich hatte
Frau St. in der Aufregung verſehentlich den Gashebel ſtatt der Fuß=
bremſe
getreten. Das Landgericht Gießen ſprach am 28. Februar
1928 ſowohl Frau St., als auch den Fahrlehrer Aßmann von der An=
klage
fahrläſſiger Tötung frei, indem es ausführt, daß Frau St. durch
das unvorſchriftsmäßige Fahren eines Radfahrers dazu veranlaßt wurde,
zunächſt einmal zu weit nach links zu ſteuern, und daß der nachfolgende
Unglücksfall ſich aus der Verkettung unglücklicher Umſtände ergeben habe.
Dieſes Urteil wurde jetzt auf die Reviſion der Staatsanwaltſchaft
vom 1. Strafſenat des Reichsgerichts aufgehoben und mit folgender Be=
gründung
zur anderweiten Verhandlung und Entſcheidung an die Vor=
inſtanz
zurückverwieſen. In erſter Linie bleibt zu prüſen, ob nach
Lage des Falles nicht darin eine Fahrläſſigkeit liegt, daß die Angeklagte
St. nicht rechtzeitig angehalten hat. Weiterhin iſt das Verhältnis zwiſchen
beiden Angeklagten zu klären, da die Fahrläſſigkeit des einew die des
andern nicht ausſchließt. Es iſt nicht ausgeſchloſſen, daß Frau St. noch
nicht vollſtändig ausgebildet war, und daß es ſich um eine ausgeſprochene
Uebungsfahrt handelte, bei der Aßwann als verantwortlicher Fahrlehrer
einzugreifen hatte. (Aus den Reichsgerichtsbriefen. Herausgeber: K.
Mißlack, Leipzig S. 3.)

Herbſihauptausſchußtagung
des Vereins für das Deutſchtum im Ausland.
Unter ſehr zahlreicher Beteiligung der Vertreter des Hauptvor=
ſtandes
, der Landesverbände und verſchiedener Grenz= und Auslands=,
gebiete fand in Kaſſel die Hauptausſchußſitzung des V. D.A. ſtatt.
Auch die ſtaatlichen und ſtädtiſchen Behörden hatten ihr großes Inter=
eſſe
an der Tagung durch ihr Erſcheinen bekundet. So waren zugegen:
Herr Oberpräſident Dr. Schwander, Herr Regierungspräſident Frie=
densburg
, Herr Oberbürgermeiſter Stadler.
Die Sitzungen begannen am Samstag, den 27. Oktober, im Hotel
Schirmer mit einer Verſammlung der Frauengruppenvertre=
terinnen
. Fräulein Heſſenauer=Kaſſel begrüßte die in großer
Zahl erſchienenen Teilnehmerinnen. Frau Landtagsabgeordnete Dr.
Spohr gab in längeren Ausführungen ein feſſelndes Bild der Ver=
hältniſſe
in den grenzdeutſchen Oſtgebieten. Es folgte das Referat
einer Vertreterin aus der Tſchechoſlowakei über bevölkerungspolitiſche
und ſoziale Probleme. Zwei Berichte über die Arbeit des Frauendien=
ſtes
im V. D.A. ſchloſſen ſich an den von Frau Kunckel=Berlin und
Fräulein Dr. Reichelt.
Der Nachmittag war ausgefüllt durch Einzelſitzungen. Am Abend
fand eine Wiederholung des Vogel Rock, einer deutſchen Schau,
ſtatt.
Im Anſchluß an die Vorſtellung hatte der Magiſtrat der Stadt
Kaſſel die Tagungsteilnehmer zu einem Glaſe Wein in den Natskeller
geladen. Oberbürgermeiſter Stadler, der die Erſchienenen begrüßte,
und Oberpräſident Dr. Schwander unterſtrichen in ihren Reden
die große Bedeutung der V.D.A.=Arbeit in unſerer Zeit. Dr. Schwan=
der
führte unter anderem aus, daß der V.D.A. das Gewiſſen im deut=
ſchen
Volke ſei, das an die Volksgemeinſchaft aller Deutſchen in der
Welt mahne. Mit neuen Kräften müſſe ſich das deutſche Volk in die
große Menſchheitsbewegung zur Erringung der nationalen Minder=
heitenrechte
eingliedern. Beſonders die Preſſe möge bis zur Verwirk=
lichung
dieſer Ideale dem V.D.A. helfen. Dr. Schwander forderte zur
Mitarbeit an der neuen Volksgeſinnung im neuen Staate auf und ſchloß
mit einem begeiſtert aufgenommenen Hoch auf die deutſche Republik.
Die Hauptausſchußſitzung ſelbſt begann unter Leitung des Vor=
ſitzenden
v. d. Busſche mit Berichten über die Lage in den neupolniſchen
Gebieten und in Eupen=Malmedy. Oberbürgermeiſter Dr. Lukaſchek
(Hindenburg) gab ein äußerſt intereſſantes, den Ernſt der Lage kenn=
zeichnendes
Bild der Entwicklung in Oberſchleſien diesſeits und jenſeits
der Grenze Ueber die Verhältniſſe in den weſtpolniſchen Gebieten
wurde ebenfalls ein eingehender Bericht erſtattet. Als Damoklesſchwert
hängt beſonders ſeit Abſchaffung der Unabſetzbarkeit der Richter durch
Pilſudſki die völlige Rechtloſigkeit und juriſtiſche Willkür über den
Deutſchen. Immer unhaltbarer werden die Verhältniſſe im Schulweſen.
Dreißig Prozent aller deutſchen Kinder in Poſen, 46 Prozent in Pom=
mcrellen
genießen keinen deutſchen Unterricht. Mit Dank verfolgt man
unter den Deutſchen Polens die Arbeit des V. D.A., beſonders die der
Schulgruppen. Senator Strun k=Danzig ergänzte die Ausführungen
und wies auf die Bedrohung der Wirtſchaftsſtellung Danzigs hin: trotz=
dem
könne das Polentum keine kulturwerbende Kraft entfalten. Dr.
Rohrbach, der die Grüße der Deutſchen Akademie überbrachte,
griff ebenfalls in die angeregte Anſprache ein, an der ſich auch Vertreter
anderer Außengebiete beteiligten.
Es folgte ein Bericht über Eupen=Malmedy.
Der geſchäftsführende Vorſitzende, Admiral a. D. Seebohm, er=
ſtattete
den Geſchäftsbericht. Die Werbewochen bewähren ſich als ſtändige
Einrichtung, auch bei den jüngeren Landesverbänden in Weſtdeutſchland
und an der Oſtſee. Das finanzielle Ziel des Voranſchlags wird erreicht
werden. Die allerwichtigſte Frage iſt die Gewinnung des ſchulentlaſſenen
Nachwuchſes. Der Redner wies ferner hin auf den Jugendaustauſch,
Wanderfahrten in die Betreuungsgebiete, Preſſereiſen in öſterreichiſche
Grenzgebiete, Ausbau der akademiſchen Ortsgruppen, auch an päda=
gogiſchen
Akademien, Stipendienverleihung, Lehrmittelverband an aus=
landdeutſche
Schulen. Die Frage der Ausbildung und Verſorgung der
Auslandslehrer iſt in Zuſammenarbeit mit allen berufenen ſtaatlichen
und privaten Stellen in allgemein gebilligten Richtlinien geklärt worden.
Der Buchverſand iſt ſachgemäß ausgeſtaltet, etwa 35 000 Bücher ſind
allein von der Haudtſtelle verſchickt. Das auslanddeutſche Turn= und
Sportweſen wird allmählich durch den Verein und ſeine Fachberater
geſchult und einheitlich zuſammengefaßt. Ueber die Turn= und Sport=
vereine
führt der Weg zu einem beträchtlichen Teile der auslanddeutſchen
ſchulentlaſſenen Jugend. Eine längere ſehr lebhafte Ausſprache ſchloß
ſich an.

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[ ][  ][ ]

Seite 10

Donnerstag, den 15 November 1928

Nummer 318

Reich und Ausland.
Gefährdung des Rheingold=Expreßzuges.
Mannheim. Gerade als man die Schranken
ſchließen wollte, weil der Rheingold=Expreß heran=
nahte
, ſtürzte dieſer Tage auf der Wegeüberfahrt in
Neckarau ein Heuwagen um. Der Zug konnte noch
einige Meter vor dem Hindernis halten.
Großfeuer in einer Mübelfabrik.
Karlsruhe. Im benachbarten Durmersheim
brach in der Nacht zum Mittwoch, zwiſchen 12 und
1 Uhr, ein Großfeuer in der Möbelfabrik Moſer u.
Co. aus, das die ganze Fabrik bis auf die Grund=
mauern
einäſcherte. Bis 6 Uhr morgens war der
Brand, an deſſen Bekämpfung auch die Karlsruher
Feuerwehr teilnahm, gelöſcht. Der Schaden iſt ſehr
bedeutend. Die Urſache des Brandes konnte noch nicht
aufgeklärt werden.
Meſſerſtecherei mit blutigem Ausgang.
Wertheim. Einen blutigen Abſchluß fand ein
Kirchweihfeſt. Auf der Landſtraße zwiſchen Beſten=
heid
und Grünenwört ſtießen junge Burſchen aus
dem Dorfe Mondfeld mit Wertheimer jungen Leuten
zuſammen. Es kam nach einigen Hänſeleien zu einer
ſchweren Schlägerei, in deren Verlauf auch das Meſ=
ſer
eine Rolle ſpielte. Ein Mondfelder namens Grein
wurde durch einen Meſſerſtich in die Lunge ſchwer
verletzt. Er liegt hoffnungslos darnieder. Der
Täter, ein Kreuzwertheimer namens Hörl wurde ver=
haftet
. Er gibt an, in Notwehr gehandelt zu haben.
Schwerer Autounfall.
Augsburg. Dienstag abend fuhr an der
Kreuzung der Staatsſtraße AugsburgUlm mit
einer Nebenbahn ein mit fünf Perſonen beſetzter
Kraftwagen in die Lokomotive eines Zuges, wurde
von ihr erfaßt, beiſeite geworfen und ſtark beſchä=
digt
. Die fünf Inſaſſen, ein Reiſender aus Stutt=
gart
, drei Herren und eine Dame aus Günzburg,
wurden mehr oder weniger ſchwer verletzt. Einer
von ihnen, der Friſeur Joſef Schneider, ſchwebt in
Lebensgefahr. Die Lokomotive des Zuges wurde nur
gering beſchädigt und konnte die Fahrt fortſetzen.
Raubmord.
Donaueſchingen. Am Montag nachmittag
wurde in einer Waldhütte bei Breunlingen der
53 Jahre alte Waldhüter Welte, in einer Blutlache
liegend, tot aufgefunden. Die gerichtliche Unter=
ſuchung
ergab, daß Welte, der als Sonderling in der
Waldhütte gehauſt hatte, mit ſeiner eigenen Axt er=
ſchlagen
und übel zugerichtet worden war. Der
erbrochene und durchwühlte Schrank läßt einen Raub=
mord
vermuten. Der Mord muß von jemanden aus=
geführt
worden ſein, der über die Oertlichkeit und
die Gepflogenheiten des Ermordeten genau Beſcheid
wußte.
Raubüberfall?
Kaſſel. Aus Burghaun, Kreis Hünfeld, wird
gemeldet: Ein merkwürdiger Raubüberfall wurde
in Odenſachſen verübt. Der 21jährige Sohn des
Gaſtwirts Göbel aus Neukirchen, der geſchäftlich dort
zu tun hatte, wurde von einer weiblichen Perſon um
Hilfeleiſtung bei einem angeblich verunglückten Auto
angegangen. Die Frau führte ihn zu dem angeblich
defekten Auto an die Landſtraße, wo der Chauffeur
ſchon mit der Reparatur beſchäftigt war. Als Göbel
ſich um den Schaden bemühte, wurde er plötzlich
überfallen. Man packte ihn und warf ihm eine
Decke über den Kopf, die wahrſcheinlich mit eine
Betäubungsmittel getränkt war, denn Göbel verlor
ſofort die Beſinnung. Er kam erſt am anderen Mor=
gen
wieder zu ſich, als er ſich in einem Wald, halb
ausgezogen, befand. Seine Hände hatte man mit
Schuhriemen gebunden und in den Mund ſeine
Mütze als Knebel geſteckt; die Barmittel waren ge=
raubt
. Göbel ſchleppte ſich mit Mühe in das nächſte
Dorf, von wo aus er heimbefördert wurde. Die
Gendarmerie hat die Unterſuchung ſofort in die Wege
geleitet.
Der Königſtuhl bei Rhens wechſelt ſeinen Platz.
Rhens a. Rh. Die Rheinbeſucher, die bis=
her
gewohnt waren, den berühmten hiſtoriſchen
Königſtuhl bei Rhens in der Nähe des Mineralbrun=
nens
vorzufinden, werden ihn im nächſten Jahre nicht
mehr dort finden. Der Königſtuhl wechſelt ſeinen
Platz und wird auf die Höhe an der Straße von
Rhens nach Waldeſch verlegt. An dieſem neuen Platz
iſt bereits mit den Ausſchachtungen begonnen worden.
Im nächſten Frühjahr wird der Umzug des alten
Denkmals erfolgen.
Der dritte Calcumer Stationskaſſenräuber
feftgenommen.
Düſſeldorf. Die hieſige Kriminalpolizei hat
nunmehr auch den dritten an dem Naubüberfall auff
die Stationskaſſe in Calcum Beteiligten, den Arbei=
ter
Heußner, feſtgenommen. Er hatte, wie jetzt be=
kannt
wird, ſeine beiden Genoſſen, die ſeinerzeit zu
12 Jahren Zuchthaus und 6 Jahren Gefängnis der=
urteilt
worden ſind unter Bedrohung mit einem
Revolver zur Mithilfe bei der Tat gezwungen.
Raubüberfall auf einen Poſtbeamten.
Gelſenkirchen=Buer. Dienstag abend
wurde ein Poſtbeamter, der im Begriff war, mit der
Straßenbahn die Poſt vom Bahnhof Buer=Reſſe nach
dem Bahnhof Herten zu bringen, von zwei maskier=
ten
Männern überfallen. Ein Räuber bedrohte ihn
mit der Piſtole, der andere entriß ihm den Poſtſack.
Die ſofort alarmierte Polizei konnte die Täter nicht
mehr faſſen. In dem Poſtſack befand ſich, wie mit=
geteilt
wird, ſehr wertvolle Poſt, da in Reſſe Lohn=
tag
war und im Poſtamt viele und ziemlich hohe
Beträge eingezahlt worden ſind.
Schwerer Bauunfall.
Rheine. Im benachbarten Neuenkirchen ereig=
nete
ſich bei Reparaturarbeiten am Dach der vor
mehreren Wochen durch Brand geſchädigten Pfarr=
kirche
ein ſchwerer Unfall. Ein Dachdeckergeſelle war
mit dem Transport einer ſchweren Rolle Dachpappe
beſchäftigt. Als er auf dem Dach des Chors die letzte
Sproſſe der Leiter beſtieg, brach dieſe, und der Ge=
ſelle
fiel auf das Dach des Seitenſchiffes, wo er
ſchwer verletzt liegen blieb. Bei dem Sturz riß er
einen Kollegen und einen 15jährigen Dachdeckerlehr=
ling
mit. Während erſterer ſich im letzten Augenblick
noch retten konnte, ſtürzte der Lehrling in die Tiefe
und blieb mit ſchweren, lebensgefährlichen Ver=
letzungen
liegen. Sein Zuſtand iſt hoffnungslos.
Bei einer Exploſion getötet.
Berlin. Bei einer Filmgeſellſchaft in der Fried=
richſtraße
iſt geſtern vormittag im Vorführraum ein
Feuerſchutzapparat aus noch unbekannter Urſache
explodiert. Dabei wurde ein im Raum anweſender
Vorführer getötet.

Die Tagodie i Ananitt.
222 Perſonen gerettet, 116 noch vermißt. Keine Hoffnung auf
Rettung der Vermißten. Der Käpitän mit ſeinem Schiff geſunken.

Die Kataſirophe
der Peſtris,
Schreckliche Erlebniſſe der Ueber=
lebenden
.
New York, 14. November.
Die letzten Berichte über die Rettung der Schiff=
brüchigen
der Veſtris laſſen kaum einen Zweifel
daran, daß die Zahl der ums Leben gekommenen
Perſonen beträchtlich iſt. Die Zahl der geborgenen
Ueberlebenden der Kataſtrophe der Veſtris beträgt
222, während 116 Perſonen noch vermißt werden.
Von den Geretteten befinden ſich 128 an Bord des
Dampfers American Shipper, 63 auf der Mary=
land
, 23 auf der Berlin, der es gelungen iſt, noch
in letzter Stunde einen gewiſſen Karl Schmidt aus
Chicago zu bergen, der 22 Stunden im Waſſer um=
hergetrieben
war, 8 auf der Wyoming. Unter
den 206 bisher Geretteten befinden ſich angeblich
152 Mann, die zur Beſatzung gehörten. Sämtliche
Geretteten ſind Erwachſene. Das Schickſal von 20 Kin=
dern
iſt unbekannt. Außerdem fehlen von 37 Frauen
27. Insgeſamt haben 8 Rettungsboote und ein pro=
viſoriſches
Rettungsfloß die Veſtris, verlaſſen,
während die Beſitzer des untergegangenen Schiffes
erklären, daß das Schiff 13 Rettungsboote an Bord
gehabt habe. Von den Rettungsbooten kippte eines
um. Von den ins Waſſer gefallenen Inſaſſen wur=
den
einige aufgefiſcht. Inzwiſchen wurde eine An=
zahl
herumſchwimmender Leichen geſichtet, wodurch
die Befürchtung beſtätigt wird, daß viele Perſonen
umgekommen ſind. Das Rettungsfloß brach offenbar
infolge der ſchweren See auseinander. Angeſichts

Waſſer aus dem Laderaum zu pumpen verſucht. Die
in Plymouth eingetroffene Mauretania beſtätigt,
daß am Samstag ein Sturm von geradezu unge=
heurer
Gewalt über dem Atlantik wütete, der zeit=
weilig
eine Stärke von 100 Stundenmeilen erreichte.
Der Kanzler des argentiniſchen Konſulats in New
York, der ſich auf der Veſtris befand und von dem
Lloyddampfer Berlin aufgenommen wurde, ſchil=
dert
die Kataſtrophe folgendermaßen: Von Sams=
tag
an gerieten wir in einen ſchweren Sturm, der
eine Steuerbordſchlagſeite herbeiführte, die ſich all=
mählich
bis zu 30 Grad erweiterte. Die Haltung der
Mannſchaft der Veſtris war ausgezeichnet. Der
Kapitän habe ſeine Befehle bis zum letzten Augen=
blick
in größter Nuhe erteilt. Jeder hatte den Ein=
druck
, daß die einzige Störung durch die mangelhafte
Vertrautheit mit der Handhabung der Rettungsboote
entſtand. Einige wurden zu ſtark beſetzt, ſo daß die
darin befindlichen Männer und Frauen ins Waſſer
ſpringen mußten, während die Mannſchaft die Boote
nicht losmachen konnte. Der Schiffsingenieur legte
am Montag frühzeitig die Maſchinen, mit Ausnahme
der Dynamomotoren, ſtill und vermied dadurch eine
Keſſelexploſion, bei der kaum jemand mit dem Leben
davongekommen wäre. Die Paſſagiere der Veſtris,
bewahrten die Faſſung, weil ſie den Ernſt der Lage
erſt erkannten, als ſie ausgebootet waren. Dann
fingen die Frauen zu weinen an und zeigten Angſt
und Schrecken wegen des Schickſals derjenigen, die
ſich von ihnen getrennt hatten.
122 Opfer?
Nachdem nun über die Zahl der von den ein=
zelnen
Schiffen aufgenommenen Schiffbrüchigen der
Veſtris genaue Angaben vorliegen, ergab ſich, daß
noch 116 Paſſagiere oder Matroſen fehlen. Von ſechs
Paſſagieren weiß man beſtimmt, daß ſie ertrunken

Der untergegangene Dampfer Veſtris.

der Meldungen über das in der Gegend der Un=
glücksſtelle
herrſchende rauhe Wetter beginnt die Hoff=
nung
auf Rettung der Vermißten zu ſchwinden.
Ueber die ſchrecklichen Erlebniſſe der Ueberlebenden,
die einen Tag und eine Nacht lang in den Rettungs=
booten
verbringen mußten, oder ſich an Holzſtücke
klammernd, von der bewegten See umhergetrieben
wurden, ſind bisher nur kurze Berichte durchge=
drungen
, da die Funkeinrichtungen ausſchließlich dem
Rettungswerk dienten. Der in der Paſſagierliſte des
geſunkenen Schiffes erwähnte Reichsdeutſche Her=
mann
Rückert iſt gerettet worden. Er befindet ſich
an Bord des American Shipper. Es handelt ſich
um einen Vertreter der Leipziger Papierfirma Karl
Kraus. Ueber das Schickſai des Kapitäns der
Veſtris herrſcht Ungewißheit. Einigen Nachrichten
zufolge wurde er gerettet, während ein Mitglied des
argentiniſchen Konſulats in New York, der ſelbſt als
einer der litzten von dem raſch ſinkenden Dampfer
abſprang, ihn noch auf dem Wrack geſehen haben will.
Der Befehlshaber des Schlachtſchiffes Wyo=
ming
, Vizeadmiral Taylor, hat nur noch geringe
Hoffnung, daß ſich von den vermißten Perſonen noch
welche am Leben befinden, da die Rettungsboote
gegen ſchweren Seegang zu kämpfen hatten. Das
Schlachtſchiff hat vom Marineminiſterium die Anwei=
ſung
erhalten, die Suche nach Lebenden und Toten
fortzuſetzen und bis zur reſtloſen Aufklärung der
Kataſtrophe an Ort und Stelle zu bleiben.
Der erſie Augenzeugen=Bericht.
Den Berichten der Ueberlebenden zufolge wurde
das Schiff am Samstag von einem ſtarken Sturm
erfaßt, der große Unordnung an Bord anrichtete.
Alles ſei durcheinander geworfen worden. Bis zum
Montag habe die Mannſchaft, um das Schiff wieder
geradezulegen, ununterbrochen, aber erfolglos, das

Die Karte der Unglücksſtelle (X).

ſind, ſo daß die Zahl der Opfer, wenn keiner der
Vermißten mehr aufgefunden werden ſollte, ſich auf
122 belaufen würde. Nach Angaben des Büros von
Lamport und Holt ſind von der 199 Köpfe ſtarken
Mannſchaft 152 gerettet worden. Unter den vom
Dampfer American Shipper geretteten 83 Mann=
ſchaften
befinden ſich auch der erſte und der dritte
Offizier fowie 21 Stewards. Der japaniſche Damp=
fer
Ohio Maru, der als letzter eine drahtloſe Mel=
dung
ausſandte, teilte mit, daß er keine Rettungs=
boote
habe finden können und daher ſeine Reiſe nach
Italien fortſetzen werde. Die Hoffnung, daß ein
Teil der Vermißten von einem kleinen Dampfer ohne
drahtloſe Ausrüſtung aufgenommen worden ſei, ver=
liert
immer mehr an Wahrſcheinlichkeit.
Die verſpäteten Notſignale
der Veſtris.
Der Vertreter des W.T.B. hatte Gelegenheit,
verſchiedene der Ueberlebenden der Veſtris, die
geſtern vormittag 9 Uhr von Bord des Lloyddampfers
Berlin nach ihrer Ankunft in New York an Land
gingen, über ihre Eindrücke zu befragen. Von den
25 Perſonen an Bord der Berlin waren fünf Paſ=
ſagiere
der Veſtris‟. Der Reſt gehörte der Be=
ſatzung
an. Sie beſtätigten übereinſtimmend, daß in
der Zeit vor dem Untergang des Schiffes an Bord
keinerlei Panik oder Aufregung herrſchte. Alles
wickelte ſich zunächſt in beſter Ruhe und Ordnung ab.
Eine Panik entſtand erſt, als es ſich, infolge des
Uebergewichtes des Schiffes nach einer Seite, als un=
möglich
erwies, einige der Rettungsboote zu Waſſer
zu laſſen und die erſten Boote, die zu Waſſer ge=
bracht
wurden, kenterten, wobei die darin befindlichen
Frauen und Kinder ins Waſſer geſchleudert wurden.
Die letzten an Bord verbliebenen Paſſagiere und
Mannſchaften ſprangen im letzten Augenblick vor
dem Sinken des Schiffes in die See. Zwei der
Paſſagiere erklären, die Schiffsleitung der Veſtris,
habe ihren Hilferuf mindeſtens fünf Stunden früher
ergehen laſſen müſſen, da ſchon ſeit Sonntag nacht
die Kielräume des Schiffes voll Waſſer gelaufen
waren und die Pumpenanlagen verſagten, ſo daß die
Mannſchaft den zum Mißlingen verurteilten Verſuch
machen mußte, das eingedrungene Waſſer mit Eimern
auszuſchöpfen. Mit beſonderer Schärfe wird die ver=
zögerte
Abſendung des S.O.S.=Rufes von dem In=
genieur
Mack aus Wyoming verurteilt, der ſich eben=
falls
unter den Paſſagieren befand. Er bezeichnet
das Zögern der Schiffsleitung als eine verbreche=
riſche
Nachläſſigkeit, ja geradezu als Mord. Hätte,
ſo führte er aus, Kapitän Carey den S.O.S.=Ruf
bereits um 5 Uhr morgens, ſtatt um 10 Uhr ergehen
laſſen, ſo wären ſämtliche Paſſagiere der Veſtris
gerettet worden! Es beſtätigt ſich, daß der Kapi=
tän
der Veſtris mit ſeinem Schiff untergegangen
iſt. Er hatte es abgelehnt, einen Rettungsverſuch zu
unternehmen.

Am Tage der Goldenen Hochzeit geſtorben.
Wetzlar. Einen tragiſchen Ausgang nahm
eine goldene Hochzeitsfeier in Oberbiel. Dort wollte
ein hochbetagtes Mitglied der Gemeinde und Veteran
der Einigungskriege mit ſeiner Gemahlin im Kreiſe
von Kindern, Enkeln und Urenkeln das Feſt der
Goldenen Hochzeit begehen, als den Gatten mitten
in den letzten Vorbereitungen ein Herzſchlag traf,
der den ſofortigen Tod herbeiführte.

Wirbelſturmkataſtrophe in Argentinien.
Buenos Aires. Die Gegend von Villa
Maria wurde vorgeſtern von einem Wirbelſturm
heimgeſucht, der großen Schaden anrichtete und auch
zahlreiche Opfer an Menſchenleben forderte. Die
erſten Meldungen ſprechen von 41 Toten und 150
Verletzten. Der Zyklon, der die Stadt Villa Ma=
ria
heimſuchte, dauerte eine Stunde. Unter den
Trümmern wurden bisher 18 Leichen geborgen.

Langſames Abflauen der Tätigkeit
des Aeina.
160 Millionen Lire vorläufige Schadensſchätzung
Die letzten Meldungen aus dem Ausbruchsgebiet
des Aetna deuten darauf hin, daß der Ausfluß der
Lava langſam, aber ſtändig, an Heftigkeit abnimmt.
Man hofft, daß der Vulkan früher als nach der vor=
geſtrigen
Zunahme des Ausfluſſes zu befürchten war,
ſeine Tätigkeit einſtellen wird. Die Lava dringt noch
langſam vorwärts, doch machen ſich Anzeichen bemerk=
bar
, als ob ſie langſam erkalten würde. Sie hat
ſtellenweiſe eine Höhe von 36 Metern erreicht.
In Catania veröffentlicht der fasciſtiſche Pro=
vinzialſekretär
eine vorläufige Schätzung des durch
den Ausbruch des Aetna entſtandenen Schadens. Da=
nach
beträgt der Wert der vernichteten Wein= und
Fruchternte etwa 7 Millionen Lire, der von der
Lava bedeckten Fläche etwa 50 Millionen Lire. Auf
etwa 22 Millionen Lire beläuft ſich der Wert der in
Mascali zerſtörten Häuſer, wozu noch 5 Millionen
Lire der ſonſt zerſtörten Gebäude kommen. Der an
Eiſenbahnen und Brücken angerichtete Schaden be=
trägt
17 Millionen Lire. Unter Berückſichtigung wei=
terer
Schäden, entſtanden durch die Zerſtörung der
Telegraphenlinien und der Waſſerleitungen ſowie der
Unterbrechung des Verkehrs und des Handels,
kommt dieſe vorſichtige Schätzung auf eine Geſamt=
ſchadenſumme
von 160 Millionen Lire.
Die Fahrſtraße von der Lava erreicht.
Nom. Auch die Fahrſtraße, auf der ſich ſeit
Unterbrechung der Fahrlinie der Umſteigeverkehr ver=
mittels
Autobus vollzog, iſt nun von der Lave er=
reicht
worden, ſo daß der Verkehr nur noch an der
Küſte entlang möglich iſt. Im übrigen aber hatz die
Spannung in dem Kataſtrophengebiet merklich nach=
gelaſſen
, nachdem nun auf ein baldiges Ende der
Aetna=Eruptionen zu hoffen iſt. Man beginnt bereits
mit den Aufräumungsarbeiten.
Vandalismus eines Rabiaten.
Schwerin. Der frühere Polizeiwachtmeiſter
und jetzige Kaufmann Hugo Schwarz wollte im meck=
lenburgiſchen
Miniſterium des Innern den Chef der
Landespolizei ſprechen, weil ihm eine Forderung auf
Gewährung von Verſorgungsgebühren vom Miniſte=
rium
abgelehnt worden, war. Er drang in das
Zimmer des abweſenden Polizeichefs ein, nahm einen
an der Wand hängenden Degen und warf ihn durch
die Fenſterſcheiben auf die Straße. Dann teilte er
ſeine Tat telephoniſch dem Miniſterialdirektor Dr.
Schleſinger und dem Miniſterpräſidenten Schröder
mit und erklärte, er wäre noch zu anderem fähig,
wenn ihm nicht Gerechtigkeit widerfahren würde.
Trotz der beruhigenden Worte des Miniſterpräſiden=
ten
, ſetzte Schwarz ſeine Drohung ſofort in die Tat
um. Er begab ſich ins Landesmuſeum und zerſtörte
dort mit einem dolchartigen Meſſer ein Gemälde im
Werte von über 15 000 Mark. Schwarz wurde ver=
haftet
und in das Schweriner Gerichtsgefängnis ein=
geliefert
.
Schrotſchüſſe auf ſpielende Kinder.
Kattowitz. Auf einem Schulhof in Bismarck=
hütte
gab ein Mann auf eine Gruppe ſpielender
Kinder zwei Schrotſchüſſe ab. Fünf Kinder wurden
dabei mehr oder weniger ſchwer verletzt. Daraufhin
gerieten die Eltern der Kinder in ſo große Erregung,
daß die Polizei den Täter vor der Lynchjuſtiz
ſchützen mußte.
Exploſion in einer bulgariſchen Feuerwerks=
Fabrik.
Sofia. In einer Feuerwerkskörperfabrik in
Nabrowo ereignete ſich aus bislang noch nicht feſtge=
ſtellter
Urſache eine heftige Exploſion. Soweit Einzel=
heiten
bisher vorliegen, ſind drei Perſonen getötet
worden.
Großfeuer in Calais.
Paris. Aus Calais wird gemeldet, daß durch
ein Großfeuer in der vorvergangenen Nacht ein
Handelshaus eingcäſchert wurde, das ſich mit dem
Handel von Spitzen und leichten Geweben befaßte.
Der Schaden wird auf ſechs Millionen Franken ge=
ſchätzt
.
Feuersbrunſt in La Coruna.
La Coruna. In einer Möbelfabrik iſt eine
heftige Feuersbrunſt ausgebrochen, die auf ein Kin=
der
= und Altersheim, in dem etwa 200 Kinder und
100 Greiſe untergebracht ſind, übergegriffen hat.
Einzelheiten fehlen noch.

Der erſie Leuchtturm für den
Nachtflugverkehr.

Der Kopenhagener Leuchtturm für Nachtflieger
iſt 62 Meter hoch, 75 Meter über dem Meeresſpiegel
und wurde als erſter Leuchtturm in Europa in den
Signaldienſt für den Nachtflugverkehr geſtellt. Er
wurde auf dem Dache einer Brauerei errichtet.

[ ][  ][ ]

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[ ][  ][ ]

Seite 12

Donnerstag, den 15. November 1928

Nummer 318

Spull, Shlet und Tarnen.

Handball.
Sportv. Darmſiadt 1898 V. f. R. Schwanheim.
Nachdem die Handballverbandsſpiele durch das Vorbereitungsſpiel
zum Pokaltreffen und durch die Pokalvorrunde ſelbſt eine Unterbrechung
erfahren haben, ſetzt die Handball=Ligamannſchaft am kommenden Sonn=
tag
die Serie ihrer Verbandsſpiele mit dem Spiele gegen den V. f. R.
Schwanheim fort. Mag auch die Bedeutung dieſes Spieles dadurch
herabgemindert ſein, daß den Einheimiſchen durch die in den beiden
letzten Spielen erlittenen Niederlagen wohl kaum mehr die Gelegenheit
erſtehen wird, den 4 Jahre lang innegehabten Meiſtertitel mit Erfolg
zu verteidigen, ſo werden die Anhänger, die ſich die Mannſchaft in den
langen Jahren ihres Erfolges erworben hat, aus dem kommenden Spiel
erſehen wollen, ob tatſächlich das ſpieleriſche Können der 98er eine Ein=
buße
erlitten hat. Die beiden unerwarteten Punktverluſte brauchen kei=
neswegs
ein Zeichen dafür zu ſein, daß tatſächlich der Stern der Sport=
vereinshandballer
im Sinken begriffen iſt. Auf keinem Gebiete des
Sportes iſt der Erfolgreiche vor Rückſchlägen ſicher. Vornehmlich in den
Zeitſpannen, die auf den Rückſchlag folgen, zeigt es ſich, ob eine Mann=
ſchaft
nur durch die vorangegangenen Erfolge hochgehalten worden iſt
oder aber wie es richtiger ſportlicher Geſinnung entſpricht durch
ſportlichem Willen und ſportliche Energie zu ihren Taten gedrängt wurde.
Wir haben auf jeden Fall das Zutrauen zu der Darmſtädter Mann=
ſchaft
, daß ſie wieder zu altem Können zurückkehrt, ſich alſo nicht durch
den eventuellen Verluſt einer Meiſterſchaft niederdrücken läßt. Die kom=
menden
Spiele werden zeigen, daß die Mannſchaft dieſes Vertrauens
würdig iſt. Eine kleine Aenderung in der Mannſchaftsaufſtellung der
nächſten Wochem wird ſich daraus ergeben, daß Werner und Allwohn,
die zurzeit an der hieſigen Hochſchule ihr Examen abſolvieren, für die
Dauer dieſes Examens nicht zur Verfügung ſtehen. Für Allwohn wird
daher Hennemann, der deſſem Poſten ja etatsmäßig inne hat, ſpielen,
während Werner durch einen Spieler der 1. Jugendmannſchaft erſetzt
wird. Zu dem Spiel gegen V. f. R. Schwanheim treten daher die 98er
mit folgender Mannſchaft an:
Heuß
Rothenburger
Reuter
Spiegel
Delbp
Jäger
Hennemann
Weber
Fuchs
Freund.
Fiedler
Ueber den Gegner der 98er, den früheren deutſchen Turnermeiſter,
bedarf es wohl nicht vieler Worte. Die Mannſchaft mit dem repräſen=
tativen
Torwächter Bender hat ſich im vergangenen Jahre nicht allzu
rühmlich in Darmſtadt eingeführt. Die daraus reſultierenden Konflikte
ſind erledigt. Die Schwanheimer Raſenſpieler haben ſich übrigens in
den beiden Spielen der diesjährigen Saiſon gegen die beiden anderen
Darmſtädter Handball=Ligamannſchaften infofern rehabilitiert, als ſie
durchaus fair und einwandfrei kämpften. Wir hoffen, daß ſie im kom=
mendem
Kampf dem beſchrittenen Weg nicht verlaſſen.
Das Spiel, das für den zweiten Tabellenplatz von Bedeutung iſt,
findet nachmittags 3 Uhr auf dem Platze am Böllenfalltor ſtatt. Gegen=
über
den 6 Verluſtpunkten der 98er hat Schwanheim aus den beiden,
allerdings ſehr empfindlichen Niederlagen gegem Polizei Darmſtadt und
aus dem Unentſchieden gegen Fußballſportverein Frankfurt a. M. nur
5 Verluſtpunkte aufzuweiſen. Bei einem eventuellen Sieg der Einhei=
miſchen
würden dieſe mit 1 Punkt in der Tabelle vor Schwanheim rücken.
P. Sp. P. Darmſiadt=Babenhauſen Fußball=
ſportverein
Frankfurt a. M.
Wir berweiſen ſchon heute auf das am kommenden Sonntag auf
dem Polizeiſportplatz ſtattfindende Treffen des P.Sp.V. mit dem Fuß=
ballſportverein
Frankfurt. Dieſe Begegnung iſt für die geſamte Darm=
ſtädter
Handballgemeinde von beſonderem Intereſſe, iſt doch Fußball=
ſportverein
diefenige Mannſchaft, die den Poliziſten den einzigem Punkt=
verluſt
beibrachte und den Süddeutſchen Meiſter ſogar ſchlug.
Ende dieſer Woche werden wir an dieſer Stelle nochmals eingehend
auf dieſes ſportliche Ereignis zurückkommen.
Handball in der Deutſchen Turnerſchaft.
Odenwaldgau.
Meiſterklafſe: Zum letztem Spiel der Vorrunde traten ſich Erbach
und Michelſtadt gegenüber. Nach zähem Widerſtand der Gäſte während
der erſten Halbzeit wird Erbach überlegen und ſiegt mit 5:1. ( Halb=
zeit
1:1.)
B=Klaſſe: Kirch=Brombach Habitzheim 12:0. Beide Mannſchaften
liefern ein ruhiges, anſtändiges Spiel, das den Platzverein weitaus
überlegen ſieht.
Klein=Umſtadt Richen 5:4 Klein=Umſtadt liefert den Gäſten als
Anfänger in der erſten Hälfte ein überlegenes Spiel und führt ſicher.
Dann kommt Richen auf und zieht gleich. Gegen Schluß erzielt der
Platzverein den ſiegbringenden Treffer.
König 2. Groß=Umſtadt Jgd. 2:2. Die verſtärkte Königer Elf iſt
zwar etwas im Vorteil, kann aber trotzdem nur obiges Ergebnis erzielen.
Erbach Michelſtadt Jgd. 3:0.
Am Schluſſe der Vorrunde ergibt ſich folgender Tabellenſtand:

Meiſterklaſſe:
Spiele gew. untſch. verl. Torb. Punkte Erbach 17:5 Nieder=Klingen 20:14 Groß=Umſtadt II. 5:6 Groß=Zimmern 10:20 Michelſtadt 0. 10:17 König A=Klafſe: 24:5 Hergershauſen 13:9 Lützel=Wiebelsbach 11:14 Erbach II. 10:8 Höchſt 2 13:19 Wald=Amorbach 0 4:22 Kirch=Brombach B=Klaſſe: B:4 König II. 9:6 Habitzheim 4:16 Richen 11:17 Momart 7:16 Die Rückſpiele beginnen am kommenden Sonntag.

Main=Rheingau Deuiſche Turnerſchaft.
Zwei turneriſche Veranſtaltungen am 18. November krönen die Jah=
resarbeit
zweier rührigem Gauvereine. Dem am 4. November im Heſſ.
Landestheater aufgeführten Bühnenfeſtſpiele der Turngemeinde Darm=
ſtadt
1846 Ein Spiel aus dem Leben der Völker muß die zweite Auf=
führung
folgen, ein Zeichen, daß mit dieſem Spiel die hieſige Turn=
gemeinde
einen großen Intereſſentenkreis, nicht nur aus der Stadt, ſondern
auch innerhalb des Gaues, ja weit über deſſen Grenzen hinaus, auf ſich
gezögen hat, und dies verbürgt allein ſchon der Wiederholung einen
ebenſo großen Erfolg, wie ihn die Erſtaufführung verzeichnen konnte.
Das Große Haus des Landestheaters dürfte auch am 18. November
wieder ſich füllen von dankbaren Zuſchauern, und das wolle der Lohn
für die Arbeit der Mitwirkenden und der Führerſchaft der Turngemeinde
Darmſtadt, die ſich mit der Aufführung in ganz hervorragender Weiſe
in den Dienſt der deutſchen Turnſache ſtellten, ſein. Der Turnverein
Arheilgen hat ſich zu einem Frauenturnabend zum 18. No=
vember
vorbereitet, und die Vorarbeiten hierzu laſſen erkennen, daß den
rührigen Vorſtädtern auch mit dieſer Veranſtaltung ein volles Gelingen
geſichert iſt, zumal die Leiſtungen kleinerer Landvereine nicht derer von
größeren Stadtbereinen zurückzuſtellen ſind. Zu Werbeveranſtaltungen
ſind die Vorführungen des Films vom 14. Deutſchen Turnfeſt in Köln
im geſamten Reiche geworden. Wo nur der Film gezeigt wurde, ge=
ſtaltete
ſich dies zu einem glänzenden Ereignis. Er bringt denjenigen,
die die Kölner Tage miterlebt haben, das Deutſche Turnfeſt noch einmal
und denen, die nicht in Köln warem, bringt der Film in geradezu frap=
pierender
Echtheit alles, was ſie im Bilde auch nicht anders erleben kön=
nem
, als wenn ſie ſelbſt dabei geweſen wären, ja die Bildwirkung iſt faſt
noch ſtärker als die perſönliche Beobachtung. Den Genuß, dieſen Turn=
feſtfilm
ſchauen zu können, an dem nicht nur die Turnerſchaft, ſondern
auch die breite Oeffentlichkeit intereſſiert ſein dürfte, wollen uns zwei
Gauvereine bringen. Es ſind dies die Turngeſellſchaft Darm=
ſtadt
, die in ihrem Turnhauſe (Dieburger Straße 26) am 24. November
und die Turngemeinde Stockſtadt, welche im dortigen Lichtſpielhaus
am 8. und 9. Dezember den Film zur Vorführung bringen laſſen. Für
Darmſtadt und Umgegend dürfte erſtere Vorführung die alleinige, einzige
Aufführung bleiben und deren Beſuch beſonders zu empfehlen ſein.
Pferdeſport.
Neuer deutſcher Turnierſieg in USA.
Die Internationale Militärtrophäe fällt an Deutſchland.
Die deutſche Reiterexpedition nach den Vereinigten Staaten hat die
Erlvartungen bei reitem übertroffen. Als die amerikaniſche Heeres=
leitung
die deutſche Reichswehr einlud und dann drei Offiziere und ein
Führer von der Kavallerieſchule Hannover mit der Vertretung der
deutſchen Intereſſen in den Staaten beauftragt wurden, ſtand die Expe=
dition
vor keiner leichten Aufgabe. Die Auswahl der Reiter und des
Materials bereitete ſchon Kopfzerbrechen, zumal mehrere Wettbewerbe
auf einmal zu beſtreiten waren. Die deutſche Mannſchaft hielt ſich aber
beſſer, als erwartet, und am Dienstag abend gewann ſie vor rund 20000
Zuſchauern im New Yorker Madſſon Squaze Garden das Mannſchafts=
ſpringen
um die internationale Trophäe. In der Diplomatenloge be=
merkte
man u. a. den deutſchen Botſchafter von Prittwitz und den Ge=
neralkonſul
von Lewinſky. Aus den Staaten ſelbſt, Kanada, Polen (als
Verteidiger) und Holland marſchierte das beſte Material auf. Allgemein
erwartete man einen dritten Sieg der Polen und U. S.A. auf dem zwei=
ten
Platz. Jedoch der Reichswehroffizier Oblt. v. Barnekow, der ſchon
tor einigen Tagen einen Sieg geſeiert hatte, warf dieſe Berechnungen
über den Haufen. Mit ſeinem Pferd Derby einem erſtklaſſigen
Springpferd, das auch auf dem Gelände ſchon ſeine Tüchtigkeit bewieſen
hatte, machte er nur einen halben Fehler und wurde damit Sieger. Oblt.
b. Nagel mit Wotan warf nur eine Latte ab und machte einen Fehler,
Oblt. Schmalz auf Hochmeiſterin hatte 2½ Fehler. Damit konnte
Deutſchland den Mannſchaftsſieg vor U. S.A. erringen. Am Vormittay
hatte ſich Oblt. v. Barnekow mit Semper abanti, ſchon im Jagd=
ſpringen
den erſten Preis gehelt, ſo daß alſo das Abſchneiden der deut=
ſchen
Reiter in jeder Weiſe ein voller Erfolg war.

Erich Rademacher hat nach einem Aufenthalt in China von Schanghai
aus die Heimreiſe am Mittwoch angetreten.
Der Deutſche Fußball=Bund hat das für den 21. Nobember geplante
Fußball=Städteſpiel BerlinWien genehmigt.
Der Internationale Heidkamp, früher Fortung Düſſeldorf, der zu
den Münchener Bayern übergetreten iſt, wird am Sonntag ſein erſtes
Wettſpiel für Bayern in Karlsruhe beim Privatſpiel BayernK. F.V.
beſtreiten.
Die Vorbereitungen zu dem klaſſiſchen Univerſitäts=Achterrudern
OxfordCambridge ſind bereits aufgenommen worden.
Ausländiſche Amateurboxer in Berlin. Am 22. November veran=
ſtalten
die beiden Berliner Vereine Weißenſee 1900 und Voxing Club 1913
indernationale Amateurboxkämpſe, die eine ausgezeichnete Beſetzung auf=
weiſen
werden. Bisher wurden Ungams Fliegengewichts=Weltmeiſter
Koſties, der ſich in Amſterdam die Goldmedaille holte, deſſen Landsmann
Sparring, ſowie die beiden Tſchechen Nekolny und Hermawek, von
denen letzterer nur durch Fehlentſcheidung um den Olympiſchen Sieg
kam, verpflichtet. Mit zwei guten Holländern, dem Federgewichts= Welt=
meiſter
van Klaveren und dem Halbſchwergewichtler Milfon, ſind die
Verhandlungen noch nicht abgeſchloſſen.
Das Hauptgeſtüt Altefeld, als die Stätte der ſtaatlichem Vollblut=
zucht
, ſoll aufgelöſt werden, während die ſtaatliche Zucht wieder nach
Graditz zurückverlegt wird, wo ſie ſchon früher war.

Geſchäftliches.
Nächſte Ziehung. Garantiert nächſten Donnerstag, 22. Nob.,
findet die Ziehung der Flieger=Geldlotterie ſtatt. 3037 Geldgewinne
und 1 Prämie mit 15000 Mark kommen zur Ausſpielung. Der Ge=
winnplan
iſt ſehr günſtig eingeteilt und ſofortiger Kauf von Loſen
zu 1. Mark in den bekannten Verkaufsſtellen zu empfehlen.

Rundfunk=Programme.
Frankfurt.

Donnerstag, 15. Nov. 6.30: Gymnaſtik. o 13: Funkorch.,
Konzert. O 15.05: Jugendſtunde. Berufsberaterin Loewe: Soziale
und pflegeriſche Berufe. o 16.35: Stuttgart: Konzert des Funk=
orcheſters
. O 18.10: Leſeſtunde. Zwiſchen Himmel und Erde von
O. Ludwig. O 18.30: Kaſſel: Garteningenieur Hinze: Ratſchläge
für den Gartenfreund. o 18.45: Kaſſel: Dr. Dippel: Vorgänge
am Himmel im Jahre 1929. O 19.15: Südweſtdeutſcher Radioklub.
20.15: Das Grabmal des unbekannten Soldaten. Drama von
Paul Raynal.
Stuttgart.

Donnerstag, 15. Nov. 10.30: Schallplatten. O 11: Nachrichten,
O 12.30: Schallplatten. O 16.15: Funkorch.: Nachmittagskonzert,
Mitw.: M. v. Wiſtinghauſen. O 18.15: P. Weſtheim: Das Porträt.
O 18.45: Aerztevortrag: Die Erziehung des Klinkindes. o 19.15:
Berufskundlicher Vortrag. Berufsberater Digel: Die Entſtehung
des Berufswunſches. O 20: Oscar=Ludwig=Brandt=Abend. Sinfonie
der Maſchine. Mitw.: Philharm. Orcheſter Stuttgart, Dirig.: Kahn,
Krenek: Aus Zwingburg. Sprechchor I. ONeill: Aus Der
haarige Affe‟ Lerſch: Mein Tagewerk. Didring: Hölle im
Schnee. Zech: Das Grubenpferd. Krenek: Aus Zwingburg,
Barthel: Lobgeſang trotz alledem. Kaiſer: Aus Gas, Schau=
ſpiel
. Rundt: Henrys letzte Kette. Radiozuruf. Beethoven:
Der freie Mann. Heym: Der Gott der Stadt. Voß:
Die Brücke. Brecht: Kohlen für Mike (handſchriftlich). Der
Flug Neuyork-Berlin, geſchildert von dem Ozeanflieger Chamberlin,
(Schallplatte.) Keſſel: Radrennbahn! Hymne auf den Verkehr,
Honegger: Pacific 231. O Anſchl.: Schlagerſtunde. Leitung:
C. Struve. Mitw.; Hilde Binder, H. Hanus, C. Struve, Funkorch,
Berlin.

Donnerstag, 15. Nov. 12.30: Für den Landwirt. 15.30:
Herbert Roſen: Die diesjährigen Wohlfahrtsbriefmarken Europas,
16: Lothar Brieger: Meiſterwerke als Spiegel der Volkskultur.
Dürer und Deutſchland.) o 16.30: Kammermuſik. Prof. Barmas
1. Violine) K. Knaak (2. Violine), O. Kluſt (Viola), Fr. Dechert
(Cello). e 17.30: Jugendjahre im Dſchungel. Von D. G. Mukerd=
Cſchi. Geleſen von W. Leyhauſen. o 18.30: Stadtarzt Dr. Drucker:
Iſt Trunkſucht heilbar? 19: Dipl.=Ing. Kreide: Die techniſche
Einrichtung der Automobil=Reparaturwerkſtatt. o 19.30: Prof.
Tarachand Roy: Einführung zu dem nachfolgenden Sendeſpiel. O 20:
Sendeſpiel: Bimala. Heiteres Spiel in drei Teilen nach Halevy=
ſcher
Muſik frei bearbeitet von Benno Bardi. Leitung: C. Brons=
geeſt
. Dirigent: B. Bardi. Perſ.: Savitri, Fürſt von Manipur;
Rangwang, Haushofmeiſter; Ramanutſcha Prinzeſſin von Bitſcha=
pur
; Rahu, Bürger in Delhi; Bimala, Rahus Sklavin. Hofſtaat,
Muſikanten, Volk. Ort: 1. Teil: Delhi. 2. und 3. Teil: Manipur.
O 21.30: Der Journaliſt ſpricht . . . Am Mikrophon: Dr. Schultze=
Pfaelzer. 6 Anſchl: Tagesnachrichten. O Danach: Tanzmuſik. Artur
Guttmanns Jazz=Sinfoniker.

Deutſche Welle. Donnerstag, 15. Nov. 10.15: Berlin: Nach=
richten
. O 12: Schriftſteller Eipper: Freundſchaft mit Katzen. 0 12.30:
Mitteilungen des Reichsſtädtebundes. 6 13.3D: Berlin: Nachrichten,
O 14.45: Kindertheater: Aſchenbrödel. O 15.30: Wetter und Börſe.
O 15.40: Dr. Charlotte Dietrich: Frauenbewegung und Frauen=
fragen
. O 16: Oberin von Thomizius: Berufsberatung: Die
Krankenpflegerin. S 16.30: Berlin: Kammermuſik. e 17.30: M.
Müller=Jabuſch: Weltpolitiſche Stunde. O 18: Dr. Günther: Ein=
führung
in das Verſtändnis des Dramas. e 18.30: Spaniſch für
Fortgeſchrittene. O 18.55: Verwaltungsdir. Beinzger: Genoſſen=
ſchaftliche
Tierverſicherung. e 19.20: Dipl. Hdl. Dr. Wieg: Die
Kartothek und Statiſtik im Dienſt der kaufm. Unternehmung.
O 20: Berlin: Sende=Spiel: Bimala. Heiteres Spiel in drei
Teilen nach Halecyſcher Muſik frei bearbeitet von Benno Bardi.
O 21.30: Der Journaliſt ſpricht . . . Am Mikrophon: Dr. Schultze=
Pfaelzer. O Anſchl.: Preſſe=Umſchau des Drahtloſen Dienſtes.
0. Anſchl.: Preſſenachrichten. O Danach: Tanzmuſik. A. Guttmanns
Jazz=Sinfoniker.

Wetterbericht.
Die Druckverteilung zeigt hinſichtlich ihrer Lage nur wenig Aende=
rung
, wenn auch das nördlihe Druchfallgebiet ſich weiter auffüllt und
zu Barometeranſtieg führt. Immer noch gelangen ozeaniſche Luftmaſſen
nach dem Kontinent, die Beſvölkung mit ſich führen und gelegentlich, aber
nur vereinzelt, zu leichten Niederſchlägen Anlaß geben.
Ausſichten für Donnerstag, den 15. November: Wechſelnd wolkiges
Wetter mit vorübergehender Aufheiterung, wenig Aenderung der Tem=
peraturen
, nur vereinzelt geringe Nieberſchläge.
Ausſichten für Freitag, den 16. November: Fortdauer des herrſchen=
den
Witterungscharakters.

Ort: Wetter: Temp.
in Ge Wind: Mie
ſchlag
in mm Kfe
decke
in cm Gießen: bedeckt S. 01- Aachen: Regen 10 SSW. gef. Hamburg: Nebel 10 WSN. 0,1 Berlin: Regen 11 SW. gef. München: Nebel 6 SSW, Königsberg: Nebel 12 SW. Breslau: heiter 6. SO, Witterungsverhältniſſe der deutſchen Bergſtationen. Feldberg: Nebel SW. Taunus
Waſſerkuppe Nebel Feldberg: heiter WSW. (Schwarzw.)
Zugſpitze: heiter Kahler Aſten: Nebel SW. Fichtelberg: Nebel WSW. Schneekoppe: heiter SW.

Hauptſchriftlettunig: Rudolf Maupe
Verantwortich für Polltik und Wirtſchaft: Rudolf Maupe; für Feutilleton, Reich und
Ausland und Heſſiſche Nachrichten: Max Streeſe; für Sport: Dr. Eugen Buhlmann;
für den Handel: Dr. C. H. Queiſch; für den Schlußdſenſt: Andreas Bauer; für
Die Gegenwart: Dr. Herbert Nette; für den Inſeratentell: Willp Kuble: Druck
und Verlag: L. C. Wittich ſämtlich in Darmſtadt
Für unverlangte Manuſkripte wird Garantie der Rückſendung nicht Übernommen.

Die heutige Nummer hat 16 Seiten.

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Nummer 318

Donnerstag, den 15. November 1928

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Bruchband tragen. Durch sölche Bänder verschlimmert sich
das Leiden und kann zur Todesursache werden. (Es entsteht
Brucheinklemmung, die operiert werden muß und den Tod zur
Folge haben kannf, Fragen Sie Ihren Arzt Hat dieser eine
Bandage verördnet, dann muß es in Ihrem Interesse liegen,
sich meine äußeret bequeme, unverwüstiiche Speziäl-Bandage
antertigen zit lassen. Durch Tag- und Nachttragen meiner
Bandagen haben sich nachweislich Bruchleidende selbst geheilt.
Werkmstr. A B. schreibt u. a. mein schwerer Leistenbruck
ist geheilt. lch bin wieder in meinem 66ten Lebensjahre ein
Landwiri Fr. St.
ganzer und glücklicher Meusch‟!
schreibt u. a: lch sche mieh genötigt, Ihnen nach 2 Jahren
meinen innigen Dank auszusprechen . . . wurde ich gaßz be-
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von meinem Leiden.
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Nummer 318

Donnerstag, den 15. Novbr.

Wirtſchaftliche Rundſchau.
Getreide=, Butter= und Käſe=Einfuhr im Oktober. Nach den Ermit=
telungen
des Statiſtiſchen Reichsamtes hat die Einfuhr von Getreide,
Butter und Käſe in das deutſche Zollgebiet (Spezialhandel) im Oktober
und in dem Zeitraum Januar bis Oktober 1928 betragen:

Warenbezeichnung Oktober 1928 Jan. Okt. 1928 Menge Wert Menge Wert Röggen. Dz. 1000 RM. Dz. 1000 RM. 115 726 2 346 3 193 434 70 617 Weizen". 2 468 752 55 624 21060 018 494 231 Roggenmehl . . 5 665 101 Weizenmehl 40 677 1944 325 913 10 124 Gerſte zur Viehfütterung 1 733 807 31 200 13 647 890 265 782 Andere Gerſte. 175 232 3 863 1918 166 43 879 Hafer 76 319 1 283 1480 835 29 292 Milchbutter, Butterſchmalz 127 662 44 199 1055 149 357 808 Käſe (Hart= u. Weichkäſe) 58 433 9 222 521 272 87 569

40. v. H. V. der Ludwia Weſſel A.=G. für Porzellan= und Steingut=
fabrikation
, Bonn a. Rh. Der Geſchäftsbericht ergibt, daß die Bilanz
mit einem Verluſt von 110 289 Mark abſchließt. Hierzu kommt noch ein
Verluſtvortrag aus dem Jahre 1926 in Höhe von 89 521 Mark, ſo daß
ſich der Geſamtverluſt auf 199 810 Mark ſtellt. Die Erklärung des vor=
jährigen
Geſchäftsberichtes, daß die unmodernen Anlagen der Fabrik bei
den ſtark erhöhtem Löhnen und ſozialen Laſten und den niedrigen Ver=
kaufspreiſen
die Rentabilität des Unternehmens außerordentlich erſchwer=
ten
, trifft auch für das abgelaufene Geſchäftsjahr zu. Für die Produk=
tionsverbilligung
und =Steigerung ſtehen die erforderlichen Kapitalien
einſtweilen nicht zur Verfügung. Die oben angeführten Verluſte werden
auf neue Rechnung vorgetvagen. Dem Vorſtand und dem Aufſichtsrat
wurde Entlaſtung erteilt. Der Vorſitzende des Aufſichtsrates gab noch
folgende Erklärung ab: Das ſeit mehr als zweieinhalb Jahren ange=
ſtrebte
Ziel, im Intereſſe der Aktionäre hauptſächlich die Verwertung
des Grundſtückes ins Auge zu faſſen, wird leider bis zur Stunde von
der Verſchiedenheit der Abſichten der beteiligten Behörden beeinflußt.
Auch die Beſprechungen in den letzten Tagen haben, wenn ſie auch eine
weitere Geneigtheit zum Erwerb ſeitens der genannten Stellen haben
erkennem laſſen, doch zu keinem poſitiven Ergebnis geführt, das der
Verſammlung unterbreitet werden könnte. Ein definitiver Beſcheid iſt
allerdings für in abſehbarer Zeit in Ausſicht geſtellt worden. Da bei
dem Verkauf der Grundſtücke die Wiederaufbauklauſel eine Rolle ſpielt,
hängt hiervon das Schickſal der Geſellſchaft ab. In allerkürzeſter Zeit
ſoll eine neue Hauptverſammlung zu dieſen Fragen Stellung nehmen.
Lederwerke Martin Zimmer A.=G., Offenbach a. M. Alpina
A.=G., Bern. Wie wir erfahren, hat die Lederwerke Martin Zimmer
A.=G. im Anſchluß an die letzte Kapitalstransaktion nunmehr mit der
Alpina A.=G. bei Bern (Reptilienleder) auch eine Intereſſengemeinſchaft
abgeſchloſſen. Dieſe betrifft die gemeinſame Verkaufsorganiſation der
von der Zimmer A.=G. neben ihrer Gold= und Silberlederproduktion
neu aufgenommenen Chevreauxlederartikel. Die finanzielle Selbſtändig=
keit
beider Geſellſchaften bleibt beſtehen. Bei der durchgeführten Kapi=
talsverdoppelung
auf 1,2 Mill. Mk. der Zimmer A.=G. haben die
Alpina A.=G. 250 000 RM. nom., die F. Hecht u. Co., New York, welche
die amerikaniſche Generalvertretung für Zimmerfabrikate hat, gleichfalls
250 000 RM. und Generaldirektor Zimmer die reſtlichen 100 000 RM.
zu pari übernommen. Die infolge der Betriebserweiterung notwendige
und im Prinzip ſchon genehmigte weitere Kapitalserhöhung um 0,3 auf
1,5 Mill. RM. ſoll im Frühjahr 1929 durchgeführt werden.
Wayß u. Freytag, A.=G., Frankfurt a. M. Das am 31. Juli 1928
abgelaufene erſte Semeſter des Geſchäftsjahres 1928 hat nach dem Bericht
der Aufſichtsratsſitzung gegenüber der gleichen Zeit des Vorjahres eine
weitere Erhöhung des Umſatzes im In= und Auslande gebracht. Die
vorliegenden Aufträge ſichern der Geſellſchaft auch über das zweite
Semeſter hinaus, insbeſondere im Ausland, eine befriedigende Beſchäf=
tigung
. So hat die Geſellſchaft ihr Arbeitsgebiet durch Errichtung
einer Niederlaſſung in Coſtarica neuerdings auf Zentralamerika aus=
gedehnt
, wo ſich bereits ein umfangreicher Straßenbau=Auftrag in Aus=
führung
befindet.
Fleſchwerke A. G. für Herbſtſtoffabrikation und Chemiſche Produkte,
Frankfurt a. M. Die Generalverſammlung beſchloß, den 1927/28 er=
zielten
Reingewinn von 7783 RM. zur teilweiſen Deckung des Verluſt=
vortrags
(12 104 RM.) zu verwenden. Es gelang der Geſellſchaft, den
Umſatz ihrer Spezialerzeugniſſe für die Leder= und Textilinduſtrie zu
ſteigern. Die Fabrikation der neuen patentierten Produkte iſt im Gange.
Im laufenden Jahre iſt die Beſchäftigung wieder beſſer geworden, ſo
wird von einer Umſatzſteigerung in einzelnen Abteilungen von 5060
Prozent berichtet.
Metallnotierungen.
Die Berliner Metallnotierungen vom 14. November ſtellten ſich für
Elektrolytkupfer, prompt eif Hamburg, Bremen oder Rotterdam ( Notie=
rung
der Vereinigung für die deutſche Elektrolytkupfernotiz) 151.75 RM.
Die Notierungen der Kommiſſion des Berliner Metallbörſenvorſtan=
des
(die Preiſe verſtehen ſich ab Lager in Deutſchland für prompte
Lieferung und Bezahlung) ſtellten ſich für Originalhüttenaluminium,
98= bis 99proz., in Blöcken, Walz= oder Drahtbarren 190 RM., desgl.
in Walz= oder Drahtbarren 99proz. 194 RM.; Reinnickel, 98= bis 99proz.
350 RM.; Antimon Regulus 8487 RM.; Feinſilber (1 Kilogr, fein)
79,5081,00 RM.
Die Berliner Metallnotierungen vom 14. November ſtellten ſich für
Kupfer: Januar bis April 138.25 (138.75), Mai 138.25 (138.50),
Jumi und Juli 13825 (138.75), Auguſt bis Oktober 138.50 (138.75),
November 138.00 (139.00), Dezember 138.25 (138.75). Tendenz: feſter.
Für Blei: Januar und Februar 42.25 (42.75), März 42.50 (42.75),
April und Mai 42.50 (43.00), Juni 42.50 (42.75), Juli 42.50 (43.00),
Auguſt und September 42.75 (43.00), Oktober und November 42.50
(43.00), Dezember 42.25 (42.50). Tendenz: feſter. Für Zink: Jan.
48.00 (49.00), Februar 48.50 (49.00), März 48.50 (49.50), April 48.50
(49.75), Mai bis Oktober 48,75 (49.75), November und Dezember 48.00
(49.00). Tendenz: feſt. Die erſten Zahlen bedeuten Geld, die in
Klammern Brief.
Die Metallnotierungen an der Londoner Börſe vom 14. November
ſtellten ſich für Kupfer: (Tendenz: feſt) Standard per Kaſſe 682/4g
bis 68½, drei Mongte 68/½e6811/, Settl. Preis 68½, Elektrolyt
74½75½, beſt ſelected 72½73½, Elektrowirebars 75½; für Zinn:
(Tendenz: willig) Standard per Kaſſe 229229½, drei Monate 223½
bis 22334, Settl. Preis 229, inoff. Not.: Banka und Straits 229½,
Produktenberichte.
Frankfurter Produktenbericht vom 14. November. Der Frankfur=
ter
Produktenmarkt verkehrte in ruhiger Haltung. Die Grundſtimmung
war eher etwas freundlicher, da die erhöhten Auslandsnotierungen einen
günſtigen Eindruck machten. Auch das wieder geringer gewordene An=
gebot
in Inlandgetreide blieb nicht ohne Einfluß, ſo daß in verſchiedenen
Getreideſorten regere Umſätze zuſtande kamen, wovon auch Preis=
erhöhungen
profitiert wurden, was hauptſächlich am Futtermittelmarkt
für Mais für Futterzwecke auf Deckungen der Landwirtſchaft zum Aus=
druck
kam. Auch beſtand einige Nachfrage nach Weizen und im Ein=
klang
hiermit nach Weizenmehl bei gut behaupteten Preiſen. Im
Gegenſatz hierzu war Roggen ſtark angeboten und vernachläſſigt, ſo daß
derſelbe nur bei einem Verluſt von 0.25 Mark abgeſetzt werden konnte.
Die Preiſe wurden wie folgt feſtgeſetzt: Weizen 23.1023.25, Roggen
22, Sommergerſte 2424.25, Hafer 22.7523.25, Mais 22.2522.50,
Weizenmehl 33.5034.25, Roggenmehl 29.2530, Weizenkleie 13.50 bis
13.60 und Roggenkleie 13.7514.
Berliner Produktenbericht vom 14. November. Der Produkten=
markt
zeigte heute entſchieden feſtere Veranlagung, wenn auch das Ge=
ſchäft
noch keineswegs lebhaft zu nennen war. Die feſteren Schlußmel=
dungen
von Ueberſee, namentlich die beträchtlich niedriger lautende
kanadiſche Ernteſchätzung, boten einige Anregung, das erwartete ſtärkere
Inlandsangebot von Brotgetreide fehlt vorläufig immer noch, dagegen
bekundet der Export wieder lebhaftere Nachfrage auch für Weizen. Die
Mühlen, die im allgemeinen ziemlich ſchwach verſorgt ſind, ſehen ſich
trotz des anhaltend ſchlechten Mehlgeſchäftes auch genötigt, höhere
Preiſe zu bewilligen. Im allgemeinen hat ſich das Preisniveau für
Weizen und Roggen um etwa 2 Mark gehoben. Am Lieferungsmarkt
war Weizen verhältnismäßig feſter veranlagt als Roggen. Der Mehl=
markt
blieb bisher von der Feſtigkeit des Getreidemarktes ziemlich un=
beeinflußt
. Weiter iſt nur vereinzelt von geringen Umſätzen in Aus=
zugsmehlen
zu hören. Hafer liegt bei geringerem Angebot ſtetig, an
der Küſte ſind verſchiedentlich auch etwas höhere Preiſe durchzuholen.
Berſte, auch in guten Qualitäten, matt=

Frankfurter und Berliner Effektenbörſe.
Frankfurt a. M., 14. Nov.
Im Zuſammenhang mit der unklaren innerpolitiſchen Lage machte
ſich zu Beginn der heutigen Börſe zunächſt eine Unſicherheit bemerkbar,
wobei die Umſatztätigkeit im allgemeinen wieder gering war. Von der
plötzlich lebhaft einſetzenden Nachfrage nach Spezialwerten, namentlich
tach der Farbenaktie, ausgehend, wurde die Haltung jedoch bald über=
wiegend
feſter. Nach den geſtrigen ſtarken Abgaben wurden in J. G.
Farben heute größere Rückkäufe vorgenommen, doch ſollen auch ver=
ſchiedentlich
Neuengagements eingegangen ſein, angeregt durch die Hoff=
nungen
auf Erfüllung der Freigabeforderungen des Farbenkonzerns.
J. G. Farben eröffneten daraufhin 2½ Prozent höher und zogen im
Verlauf bei lebhaften Umſätzen erneut 1 Prozent an. Auf Grund der
heute beginnenden Einigungsverhandlungen im Eiſenkonflikt lagen
Montanwerte etwas feſter; Gelſenkirchen, Mannesmann, Rheiniſche
Braunkohle und Rheinſtahl gewannen 1 bis 1½ Prozent. Später
blieben Mannesmann bevorzugt bei weiter anziehendem Kurs. Im
übrigen war die Kursentwicklung uneinheitlich. Elektrowerte waren zu
den erſten Notierungen eher angeboten; Bergmann, Felten, Siemens
und Schuckert gaben bis 1 Prozent nach, Chadeaktien minus 21 Pro=
zent
. Etwas gefragt waren dagegen Reichsbank mit plus 1½ Prozent
und Daimler, die erneut 2 Prozent gewannen, Kleyer und N. S.U. da=
gegen
weiter etwas gedrückt. Nennenswerte Kursveränderungen waren
ſonſt nicht zu verzeichnen Deutſche Anleihen zogen geringfügig an,
ausländiſche Renten ſtill.
Im Verlaufe wandte ſich das Hauptintereſſe den Elektrowerten zu,
die die anfänglichen Einbußen ausgleichen und weiter anziehen konnten.
Im Vordergrunde ſtanden Gesfürel, die auf angebliche Auslandskäufe
4½ Prozent gewannen. Licht u. Kraft und Schuckert lagen 1 bis 2
Prozent höher. In J. G. Farben ließ das Geſchäft dagegen ſtark nach.
Tagesgeld war zum leicht erhöhten Satz von 6 Prozent etwas gefragter.
Am Deviſenmarkt zog die Mark leicht an. Mark gegen Dollar 4.1987
gegen Pfunde 20.359. London=Kabel 4.8482, Mailand 92.57, Madrid
30.08, Holland 12.08½/e.
Die Abendbörſe war ſehr abwartend, wohl wegen der noch
ausſtehenden Einigung im Eiſenkonflikte und vor allem angeſichts der
morgigen Ausſprache über den Panzerkreuzer. Beſondere Anregung
lag nicht vor, ſo daß das Geſchäft ſich in kleinſtem Rahmen abſpielte
und das Kursbild bei Veränderungen von ½ Prozent nach oben bzw.
unten uneinheitlich war. Sonderbewegungen waren nicht feſtzuſtellen.
Lediglich Neubeſitzanleihe auf Anregung über Abſchaffung von Mängeln
im Anleihen=Ablöſungsgeſetz lebhaft und bis 14.85 erholt. Im weiteren
Verlaufe blieb die Grundſtimmung widerſtandsfähig, das Geſchäft jedoch
gering. Im einzelnen nannte man: Commerzbank 187¾, Danatbank
290½, Dresdner Bank 168½, Reichsbank 309½, Gelſenkirchen 126¼,
Mannesmann 130, Phönix 93, Rheinbraun 275, Rheinſtahl 135, Hapag
149¾, Nordd. Lloyd 147, Adlerwerke 109, A. E.G. 189½, Scheideanſtalt
203, Farbeninduſtrie 251½, Gesfürel 275.
Berlin, 14. Nov.
Die Börſe eröffnete angeſichts der ungeklärten innerpolitiſchen
Situation zurückhaltend und unſicher, doch war die Tendenz im allge=
meinen
behauptet und die Grundſtimmung nicht unfreundlich. Im
weiteren Verlauf der Börſe machte die Befeſtigung weitere Fortſchritte.
Das Geſchäft konzentrierte ſich hauptſächlich wieder auf den Elektro=
markt
, an dem Licht u. Kraft, Gesfürel und Bergmann die Führung
hatten, auf den Montanmarkt und auf den Markt der Kaliwerte. Gegen
Börſenſchluß entwickelte ſich noch reges Geſchäft in Reichsbankanteilen
und nach Bekanntwerden der Genehmigung der Kapitalserhöhung durch
die Hauptverſammlung des Lloyd in Schiffahrtswerten. Die Börſe
ſchloß etwas ruhiger, aber feſt. Nachbörslich konnten die Kurſe am
Elektromarkt und Montanmarkt teilweiſe wieder anziehen.

A. E. G
Augsb.=Nürnb. Maſſ
Baſalt
Bergmann.
Berl. Karlsruhe It
Berl. Hand.=Geſ.
Braunkohl.=Brik
Bremer Wolle.
Danatbank. . ."
Deutſche Bank.
Diskontogeſ.
Tresdner Bank.
Deutſche Maſcht
Deutſche Erdöl
Deutſche Petroler
Lynamit Nobel
Elektr. Lieferung
J. G. Farben.
Gelſenk. Berg.
G. f. elektr. Untern.
Han. Maſch.=Egeſt.
Hanſa Dampfſch.
Hapag".
Harpner..
Hemoor Zement. . . .

113 11. 14. 11. 189.25 188 87: Hirſch Kupfer .. 132. 91. 90.75 Höſch Eiſen ....." 133. 66. 66.25 Hohenlohe Werke 6175 63. 223.125 222.12* Fahla Porzellan .. .. 121 67. 66.12: Kali Aſchersleben 280.75 284. 281. Salzdetfurth 437. 166. 166. Weſteregeln 233. 1224.5 228. Lindes Eismaſch. 169. f288 75 288.5
167. 2. Loewe & Co.. 1244.
32. 167.25 Lingel Schuh .. 161.25 161 25 Mannesmann Röhren 123.125 167. 167. Niederlauſitzer Kohle 159. 45.75 47.5 Nordd. Lloyd 142.125/145. 138. 137.62: Orenſtein. . 105.25 9091 90. Polyphon 434. 117.5 118 Rütgerswerke 170.75 172.75 sachſenwerke 140. 249. 250,5 Siemens Gla 143. 123.5 125 25 Zer. Glanzſte 1533. 1591.5 271.5 273.5 er. Stahlt 94. 40.5 41.5 Volkſtedter P= 63.875 178.5 181 Wanderer Wei 146.25 148.25 Biſſner Metall. 154.5 138.
1284. 138.5
279.75 Vittener Gußſtahl

Deviſenmarkt.

134.
135.25
122.
283.75
499
286.
172.
45.5
33.
130
159.
193.5
434.5
194.75 1104.25
141.
14).
95.25
63.875
130.5 130.5
158.
49.

13. 1. 14. 11. Geld Brief Geld Brief Helſingfors .. 10.555 0.575 10.554 10.574, Wien ..." 958.94 59.00 58.92 19.04 Prag ...." 12.43 12.454 12.43 Budapeſt. 73.125 73. 265 73 11 Sofia". 3.027 3.033 3.031 3.03 olland. 168.3. 168.7 168.31 68.65 Lslo ...... 111.77 111.9 111.77 11.994 Kopenhagen r1.80 12.0 111.77 112.9 Stockholm. 12.1: 112 35 112.10 London. 20.339 20.37 20.333 0.373 Buenos Aires 1.769 1.77. 1.76 1.7734 Neu=York g. 1955 4. 203: 4 1950 4.2030 Belgien". 8.28 18.40 58.27 5o.39 13. 11. 14. 11. Geld Brie Geld Brief Italien. 121.975/22.015 21.965 22.005 Paris. 16.38 6.42 16.37: 16.4 15 12.45 Schweiz 30 73 80.8931 0.72 80.88 13.25 Spanien 67. 59 67.73 37 57 67.71 Danzig 31.30 81 46 81. 29 81.45 Japan. 1.947 1.951 1 947 1.951 Rio de Janeiro. 0.500 0.502 1.500 0.502 Zugoſlavien. 7.368 7.382 1.368 7.382 112.32/ Portugal 18.88 18.92 18.88 8.92 Athen. 5.425 5.435 5.425 5.435 konſtantinopel 1 2.10 2.114 2.10e 2. 118 Fanada. 4. 191 4.199 4.190 1.198 Truguay 1.276 4.284 4.285 4.294

Amerikaniſche Kabelnachrichten.

* Chicago, 14. Nov. (Priv.=Tel.)
Weizen: Die Stimmung war anfangs recht feſt auf die kleineren Ab=
ladungen
, die feſten Frachtraten nach Europa und ungünſtige Berichte
aus dem Winterweizengebiet. Später wurden jedoch Gewinnſicherungen
vorgenommen, ſo daß ſich die höchſten Kurſe nicht halten konnten.
Mais: Auch hier war die Haltung zunächſt recht feſt auf Meldun=
gen
von ſtarkem Regen in Kanſas, Miſſouri, Oklahoma und Yowa und
kleine Anlieferungen bei beſſerer Lokonachfrage. Später bewirkten Ab=
gaben
eine teilweiſe Abſchwächung.
Roggen: Die geſtiegenen Winnipeger Preiſe bewirkten gute Käufe.
hauptſächlich in Dezember-März=Ware. Auch hier ſtellte ſich aber
gegen Schluß eine Abſchwächung ein.
Hafer: Der Markt ſchloß ſich der anfangs feſten Haltung der übri=
gen
Getreidemärkte an, doch konnten ſich die höchſten Tagesnotierungen
auch hier nicht durchſetzen.
* New York, 14. Nov. (Priv.=Tel.)
Baumwolle: Der gute heimiſche Verkaufsbericht bewirkte Käufe deg
Handels und der Kommiſſionäre. Im Verlaufe wurde dann die Haltung
ruhig und es trat eine rückläufige Tendenz ein auf Liquidationen in
Dezember=Termin.
Kaffee: Bei ziemlich lebhafter Umſatztätigkeit konnten alle Termine
Gewinne erzielen auf Deckungen für europäiſche und braſilianiſche
Rechnung.
Zucker: Die ſtetigere Grundſtimmung bewirkte Käufe des Publikums
und die feſten Londoner Kabel bewirkten Deckungen der Spekulation.
Gegen Schluß kam es bei Glattſtellungen zu einem teilweiſen Preis=
rückgang
.

Es notierten nach Meldungen aus Chicago vom 14. Nov.;
Getreide. Weizen: Dez. 115½, März 120½, Mai 123½;
Mais: Dez. 85½, März 88, Mai 905; Hafer: Dez. 45½, März
45½, Mai 46½: Roggen: Dez. 10238, März 105½, Mai 107½,
Schmalz: Nov. 11,67½, Dez. 11,77½, Jan. 1929: 12,2½,
März 12,37½.
Fleiſch. Rippen: Dez. 11,15, Jan. 11,55; Speck, loko 11,50;
leichte Schweine 8,358,95, ſchtbere Schweine 88,65900;
Schweinezufuhren: Chicago 27 000, im Weſten 120000.
Baumwolle: Dezember 19,05, Januar 19,07.
Es notierten nach Meldungen aus NewYork am 11. Nov.:
Getreide. Weizen: Rodwinter 159½, Hartwinter 131½;
Mais, neu angek. Ernte 99½; Mehl, ſpring wheat clears 5,75
bis 6,00; Fracht: nach England 3,04,0 Schilling, nach dem
Kontinent 1617 Cents.
Schmalz: Prima Weſtern, locko 12,40; Talg, extra, loſe 9½,
Kakav. Tendenz: willig; Umſatz in Lots: 357: Loko: 97;
November 9,50, Dezember 9,60, Januar 1929 9,80, Februar 9,88,
März 10,21, April 10,17, Mai 10,28, Juni , Juli 19/48,
Auguſt , September 10,71.

Kleine Wirtſchaftsnachrichten.
Nachdem jetzt bereits die Hälfte der für die Berliner internationale
Automobil= und Motorrad=Ausſtellung vorgeſehenen Ausſtellungszeit
abgelaufen iſt, läßt ſich ein gewiſſer Ueberblick über die vorausſichtlichen
Ergebniſſe der Schau gewinnen. Sowohl aus Kreiſen der Automobil=
induſtrie
als auch der Motorradfabriken hört man überwiegend außer=
ordentlich
befriedigende Aeußerungen.
Der Arbeitgeberverband der rheiniſchen Seideninduſtrie hat die
laufenden Textilarbeiter=Tarifverträge für die Krefelder Seideninduſtrie
gekündigt, und zwar die Lohntarifverträge zum 15. Dezember und ein=
zelne
Spezialbeſtimmungen zum 31. Dezember ds. Js. Die Krefelder
Seideninduſt=ie beſchäftigt rund 10 000 Arbeiter.
Die Beratungsſtelle für Auslandsanleihen hat laut Voſſ. Ztg.
geſtern die Bedingungen der zweiten Tranche der amerikaniſchen Sam=
melanleihe
der Girozentrale nicht genehmigt. Die Beſchlußfaſſung
wurde vertagt, um einen für die Auflegung günſtigeren Zeitpunkt ab=
zuwarten
.
Der Direktor der Deutſchen Bank, Filiale Bremen, Mar Uhlenhaut
iſt plötzlich geſtorben. Direktor Uhlenhaut, der erſt 57 Jahre alt war,
kam nach längerer Tätigkeit im Auslande 1897 zur Londoner Filiale
der Deutſchen Bank. Nach Kriegsausbruch konnte er fliehen und trat
in die Leitung der Brüſſeler Filiale der Deutſchen Bank ein. Im
Oktober 1919 wurde er Direktor der Filiale Bremen.
Von den im bayeriſchen Haushaltsetat für die Bayeriſchen Groß=
fraftwerke
und die Deutſche Spinnerei=Maſchinenbau A.=G., Ingolſtadt,
neu eingeſetzten Forderungen von 28,26 Millionen RM. ſind, wie die
Münch. Ztg. hört, 28 Millionen RM. für den weiteren Ausbau der
Bayeriſchen Großkraftwerke beſtimmt. Die mittlere Jſar erhöht ihr
Kapital von 9 auf 27 Mill. RM.
Die elſäſſiſche Produktion in Kaliſalzen betrug im September
112 233 Tonnen gegen 108807 Tonnen im Vormonat. Die Produktion
in Reinkali ſtieg auf 36 183 Tonnen gegen 34 298 Tonnen.
In der Woche vom 21. bis 27. Oktober betrugen die Einnahmen
der Elſaß=Lothringiſchen Eiſenbahnen 22.303 Mill. Fr. gegen 20.145
Mill. Fr. in derſelben Zeit des Vorjahres.
Die Banque Frangaiſe et Italienne pour EAmérique du Sud geneh=
migte
endgültig die Erhöhung des Aktienkapitals von 50 auf 100 Mill.
Franken.
Die Verwaltung der Sofina einigte ſich nunmehr mit den Beſitzern
von Gründeranteilen dahingehend, daß die Anteile zu einem höheren
Preiſe als der Börſennotierung, die am 7. November 145 000 Fr. be=
trug
, zurückgekauft werden.

6% Dtſche. Reichs=
anleihe
von 1927
6% Baden Frei=
ſtaat
von 1927.
6% Bay. Freiſtaat
von 1927 ......"
6% Sachſen Frei=
ſtaat
von 1927..
7% ThüringerFrei=
ſtaat
von 1927.
Dtſche. Anl. Auslo=
ſungsſch
. +
Ablöſungsanleih.
Dtſche. Anl. Ablö=
ſungsſch
. (Neub.
Dtſche. Schutzge=
bietsanleihe
. . . .

8% Bad.=Bad. v. 26
6% Berlin v. 24...
8% Darmſtadt v. 26
7% Frkf. a. M. v. 26
7% Mainz v. 26...
8% Mannh. v. 26.
8% Nürnberg v. 26
8% Berl. Hyp.;Bk.
8% Frkf. Hyp.Bk.
8% Pfbr.,
8% Heſſ. Landesbk.
8% Kom. Landes=
bank
Darmſtadt.
A
Mein.Hyv. Bk.
Pfälz. Hyp. Bk.
8% Preuß. Ctr.=
Stadtſchaft.

Au
78.5
79.25
83.75
51.1
14.4

79
87
93

97.5
97.5
97.5
97.25
88
85
93.8
85
81.5
98
98
97

O Rhein. Hyp.=Bk
8% Rhein.=Weſtf=
Bd.=Credit ... ..
0 Südd. Bod.,
Cred.=Bank ...
8% Württ. Hyp.=B.
Dt. Komm. Sam=
mel
=Ablöſ.=Anl.
+ Ausl. Ser. I
Ser. I.
+

6% Daimler Benz
von 27........"
8% Klöckner=Werke
Berlin v. 26. . .
70 Mainkrw.v. 26.
7% Ver. Stahlwke
mit Opt. v. 26.
8% VoigtcHäffner
von 26 .. . . . .."

6% Bosn. L. E. B.
v. 1914 ......"
4:/.% Oſt. Schatz=
anw
. v. 1914 ...
420 Oſt. Goldrente
4:/.% Rum. Gold
von 1913 ....."
4%0 Türk. Admin.
4%0
1.Badgad
42.
Zollanl.
41/,% 1913 Ungarn
4.% 1914
42 Ung. Goldr
Aktien.

Allg. Dt. Creditanſt.
Bk. f. Brauinduſtr.
Berl. Handelsgeſ.
Tomm. u. Privatb.

50.45
66

73.75
92.5
84.2
84.25

45
35.25
21.75

13.25
25
27.5
46.4

36.25
174
85.75

Darmſt. u. Nt.=Bk.
Deutſche Bank ...
Eff.=u. Wechſel=
bank
.. . . .. . .."
Vereinsbank ..
Diskonto=Geſellſch. 1
Dresdener Bank ...
Frankf. Bank.
Hhp.=Bk.
Pfdbr.=Bk.. ...
Gotha. Grundkr. B.
Mein. Hyp.=Bank.
Metallbank.
Mitteld. Creditbk.
Nürnb. Vereinsbk.
Oſt. Creditanſtalt. .
Pfälz. Hyp.=Ban 1.
Reichsbank=Ant.
Rhein. Creditbk. . .
Hyp.=Bank..."
Südd. Bod.=Cr. Bk.
Wiener Bankverein

A.=G. f. Verkehrsw
Dt. Eiſenb.=Geſ...
7% Dt. Reichsbahn
Vorzge. .......
Hapag....."
Nordd. Lloyd .....
Schantung=Eiſenb.
Südd. Eiſenb.=Gef./=

Accum. Berlin.
Adlerw. (v. Kleher)
6% AEG. Vorz
AEG. Stamm. .
Baſt Nürnbe
Bergm. El. Werke
BrownBroverickCie
Brüning & Sohn..

237
223
152
125.5

Buderus Eiſen

Cemen Heidelberg
Karlſtadt
Chem. Werke Albert
Fabrik Milch
Daimler=Benz
Dt. Atl.=Telegr. . . .
Eiſenh Berlin.
Erdöl
..
Gold= u. Silb.=Anſtalt
Linoleumwerk.
Eichbaum, Brauer.
Elektr. Licht u. Kraft
Liefer.=Geſ.
Eſchw. Bergwerk.
Eßlinger Maſchinen
Ettlinger Spinnerei
Faber, Joh., Bleiſt.
F. G. Farbenindſtr.
Felt. & Guilleaum.
Feinmech. (Jetter).
Frkft. Gas.
.I
Hof

Geiling & Cie...
Gelſenk. Bergwer
Geſ. f. elektr. Un=
ternehmungen
..
Goldſchmidt Th.
Gritzner Maſchinen
Grün & Bülfinger.
Hafenmühle Frkft.
Hammerſen (Osn.)
Harpener Bergbau
Henninger, Kempf
Hilpert Armaturfb.
Hindrichs=Aufferm.
Hirſch Kupfer .
Hochtief Eſſen ..
Holzmann, Phil. . .

88.5

136 25
177
75

89.5
146
137.25
203
308
236
170.75
202
225
39
251
43
91.25
25.5
3
97
121.25
168
38
135.75
184
87.5
104

133

Holzverk.=Induſtri
Flſe Bergb. Stamn
Genüſſe
Junghans Stamm
Kali Aſchersleben.
Salzdetfurth
Weſteregeln".
Kammgarnſpinn .
Karſtadt, R.. .
Klein Schanzl. . . .
Klöcknerwerke .. ..
Kraftw. Alt=Württ.
Lahmeher & Co...
Lech. Augsburg ...
Löwenbr. Münch..
Lüdenſcheid Metall
Lutz Gebr. Darmſt.
Maintr.=W. Höchſt.
Mainz. Akt.=Br.. . .
Mannesm. Röhrer
Mansfeld. Bergb..
Mars=Werke
Metallgeſ. Frankft
Miag. Mühlenbau
Motoren fb. Darmſt.

Reckarf. Fahrzeug..
Nicolay. Hofbr.
berbedar;
Oſterr. AlpineMon.
Otavi Minen.

Beters Union Frkf.
Phönix Bergbau.
Reiniger, Gebb...
Rh. Braunkohlen".
Elektr. Stamm
Stahlwerke ..
Riebeck Montan.
Roeder Gb. Darmſt.
Rütgerswerke ....

88=

241
113.75
88
284.75
491
289
262
240
109
109.5
168
320

1161
260
129.5
118.75
161
187.25
136
21.05
157
14‟/.
59.75
105.5
92.5
116
150
134.5
123
Ne

Schachtleben A. G..
Schöfferhof=Bind.
Schramm Lackfabr.
Schriftg. Stempel".
Schuckert Elektr.. .
Schwarz Storchen.
Siem. Glasinduſtr.
Siemens & Halske.
Südd. Immobilien/ 94
Zucker=AG
Strohſtoff. Ver.
Tellus Bergbau..
Thür. Lief.=Geſ.
Tucher=Brauerei
Unterfr. Krs.= Elek=
tr
.=Verſ.
Beithwerke
Ver. f. Chem. Ind.
Gummifabrit
Berlin=Frankf
Laurahütte.
Stahlwerfe
Ultramarin ..
Zellſt. Berlin.
Vogtländ. Maſchin.
Voigt & Haeſfner.
Wayß & Freytag..
Wegelin Rußfabrit
Werger Brauerei..
Zellſtoff. Aſchaffbg. 1204.75
Memel. . . . . . 137
Waldho

2u3
240
124.5
115
238.25
177

149.25
275
118.5
154
107.5
86.5
80
67.75
159.5
128
71.5

135
156
136

Allianz u. Stuttg.
Verſicherung .
Frkft. Allg. Verſ.=G/194
Frankona Rück= u.
221.5

[ ][  ][ ]

Donnerstag, den 15 November 1928

Seite 15

Uguo ven

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Nachdruck verboten.
18)
Das iſt auch ſo eine eigentürnliche Liebhaberei von ihr.
Graf Tarouka hatte ſeinem Freund einen Seſſel hingeſchoben.
So, mein Junge, und nun bin ich geſpannt auf dein Urteil!
Sekundenlang war es ſtill; dann flog irgendwo ein flirren=
der
, ſchwirrender Ton auf, das ſüße, ſehnſüchtige Singen und
Klingen einer Violine, traumzart wie Aeolsharfen, anſchwellend
zu raſenden Läufen, Kadenzen und Doppelgriffen, ein Ton?
Nein, eine Fülle von meiſterhaft gelöſten Diſſonanzen, und nun
ging das Spiel über in einen prickelnden, feurigen Czardas, der
wie ein Rauſch hinflutete über Körper und Nerven, bis plötzlich
eine andere Melodie aufklang, erſt nebenher laufend, dann immer
deutlicher hervortretend, ein weicher, wiegender Walzertakt
die Barcarole aus Hoffmanns Erzählungen.
Mit einem leiſe verzitternden Bogenſtrich brach das junge
Mädchen ab.
Hanns=Martin ſaß regungslos, mit geſchloſſenen Augen.
Nun habe ich zuviel geſagt? fragte Graf Koloman.
Wie aus einem Traum ſchreckte Raſſow empor.
Gräfin Sylvia ſtand auf der Schwelle.
Ich danke Ihnen! Ganz leiſe ſagte es Hanns=Martin,
aber in ſeiner Siimme lag ein Klang, der dem Mädchen das
Blut in die Wangen trieb: Ich danke Ihnen! ſagte er noch
einmal, und für eines Herzſchlags Dauer lagen die Hände der
beiden jungen Menſchenkinder feſt ineinander.
Koloman war enttäuſcht.
Herrſchaften, ihr ſeid doch ſonderbare Leutchen, lieber
Himmel, wenn man die Kunſt ſo ernſt nehmen will

Aber diesmal kam keine Antwort, und es war wohl gut, daß
der Diener meldete, im Speiſezimmer ſei ſerviert.
Alſo halien wir uns an das Materielle! meinte Graf
Tarouka. Und nachher kloppen wir mal einen richtigen Männer=
ſkat
, dazu habe ich nämlich mein Schweſterlein angebändigt, das
heißt, ſie ſchneidet prinzipiell gegen, ihren Mitſpieler und mit
dem Bedienen iſt es auch nur ſo ſo, na ſolche kleinen Schön=
heitsfehler
geben ſich mit der Zeit.
Doch Graf Koloman ſollte ſich umſonſt gefreut haben, denn
nicht nur Sylvia patzte, ſondern auch Hanns=Martin hatte in
ſeinem Leben noch nicht ſo ſchlecht geſpielt. Und vielleicht lag
das daran, weil ſeine Blicke, wie durch einen Magneten von
einem großen, tiefblauen Augenpaar angezogen wurden, das mit
einem ſeltſam weichen, träumeriſchen Ausdruck auf ihm ruhie.
8. Kapitel.
Und nun ſtand Raſſow in ſeinem Zimmer. Hell flutete der
grelle Schein der ſechzehnkerzigen Glühbirne, durch den Raum
und beleuchtete wie am Abend zuvor eine taufriſche, rote Etoile
de France=Roſe, die auf dem Nachttiſch ſtand. Daneben aber lag
ein Buch in einem Einband von Maroquinleder, Hanns=
Martin ſchlug es auf Goethes Fauſt!
Mit einer faſt zärtlichen, ſcheuen Beſegung ſtrich er über
das weiche dunkle Leder hin, richtig, hier ſtand ja eine Wid=
mung
: Seiner lieben, kleinen Sylvia zu Weihnachten 1919 von
ihrem allzeit getreuen Bruder Koloman.
Raſſow knipſte die mit einem roten Seidenſchirm verhängte
Schreibtiſchlampe an und ſchaltete das Licht des Geweihkronen=
leuchters
aus; dann ſchob er ſich einen Seſſel zurecht. Fauſt,
dies Werk des Mannes, deſſen Name noch in Aeonen fortleben
würde in Millionen Herzen, ſtand ihm nächſt der Bibel am höch=
ſten
, denn alles, was je ein überragender Menſchengeiſt gedacht
und empfunden, hatte hier Form und Geſtalt angenommen,
ſang und klang heute wie einſt vor hundert Jahren, als der Alte
von Weimar noch mit Rieſenſchritten den Kreis des Wollens und
Vollbringens maß.
Und jetzt, während draußen im Efeu der Nachtwind ſeine ge=
heimnisvollen
Melodien raunte und irgendwo in der Verſcha=
lung
des Kamins ein Heimchen zirpte, floſſen für Hanns=Martin

Naum und Zeit zuſammen, las er andächtig, wie ein Gebet, die
unſterblichen, in ihrer herben plaſtiſchen Schönheit alles Deuken
und Empfinden bannende Werte des Prologs:
Die Sonne tönt, nach alter Weiſe,
In Bruderſphären Wettgeſang,
Und ihre vorgeſchriebene Reiſe
Beendet ſie mit Donnergang.
Ihr Anblick gibt den Engeln Stärke,
Wenn keiner dich ergründen mag,
Die unbeſchreiblich hohen Werke.
Sind herrlich, wie am erſten Tag!
Die Gegenwart verſank in der rauſchenden Flut der llingen=
den
Worte. Raſſow ſah den weiland Mogiſter Heinrich Fauſt
in ſeiner ſtillen Studierſtube, ſah Tiergeripp und Totenbein, die
ſchweinsledergebundenen, bis zu der verräucherten Decke hinauf=
reichenden
Folianten und hörte den Lobgeſang der himmliſchen
Heerſcharen:
Freude dem Sterblichen,
Den die verderblichen,
Schleichenden, erblichen
Mängel umwanden.
Chriſt iſt erſtanden
Aus der Verweſung Schoß.
Löſet aus Banden
Freudig euch los.
Iſt er in Werdeluſt
Schaffender Freude nah?
Ach an der Erde Bruſt
Sind wir zum Leide da!
Und weiter, von Seite zu Seite, bis zu der in all ihrer
Schlichtheit ſo erhabenen Szene, wie Fauſt Gretchen g!znüber
ſein Glaubensbekenntnis zuſammenfaßt in die Worte:
Wer darf ihn nennen?
Wer ihn bekennen
Und ſagen: Ich glaube ihn
Oder ich glaube ihn nicht.
(Fortſetzung folgt.)

Flügel
gebraucht, ſehr gut
erhalten, umſtände=
halber
abzugeben.
eres kurch Haug,
Groß=Umſtadt, Real=
ſchulſtr
. 18484b

WohnungstauſchK
Wohnungs=
tauſch
!
Geboten: Gute 5Z=
Wohng, Soderſtr.
Fr M 700
Geſucht: Größere
5 Zim. Wohnung
mit 2 Manſarden
(18471
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