Darmstädter Tagblatt 1928


14. November 1928

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Einzelnummer 10 Pfennige

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Nummer 317
Mittwoch, den 14. November 1928. 191. Jahrgang

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ſädter
und Nationalbank.

Kriſe um den Panzerkreuzer.

4Sroener droht mit ſeinem Rücktritt.
Die Folgen des ſozialdemokratiſchen Antrags.
ſozialdemokratiſche Kampf gegen den Panzerkreuzer nicht nur für
den Beſtand der Koalition, ſondern auch für den Beſtand des
Reichstages außerordentlich gefährlich werden kann. Bisher
wollte niemand ſo recht etwas von einer ernſten Lage wiſſen,
weil jeder auch die Sozialdemokraten ſelbſt hofften, daß
ſich ſchon eine Mehrheit gegen ihren Antrag finden würde. In=
zwiſchen
hat aber der Rechenſtift fleißig gearbeitet, und kundige
Leute haben herausdividiert, daß unter Umſtänden doch ſchon
eine Mehrheit gegen den ſozialdemokratiſchen Antrag heraus=
kommen
könnte. Alle diejenigen aber, die bei der letzten Kabi=
nettsbildung
in der Verteilung der Miniſterſeſſel zu kurz gekom=
men
ſind, wittern Morgenluft und machen auch in der Wandel=
halle
des Reichstages eifrig Kombinationen, während die Par=
teiführer
hinter den Kuliſſen die Folgen der ſozialdemokratiſchen
Extratour zu beſeitigen ſuchen.
Dazu hat ihnen der Reichswehrminiſter der end=
lich
aus ſeiner bisherigen Reſerve heraustritt eine bequeme
Handhabe geboten. Er hat ſich mit den Führern der
Koalitionsparteien in Verbindung geſetzt und ihnen
noch einmal mit Nachdruck zu verſtehen gegeben, daß er
mit dem Kreuzer ſtehe und falle, daß auch ſein Rück=
trittsgeſuch
nach Annahme des ſozialdemokratiſchen Antrags keine
Geſte bedeuten würde, daß er vielmehr nur einem Kabi=
nett
angehören könne, das den Bau des Kreu=
zers
durchführt. Wir möchten auch annehmen, daß der
Reichswehrminiſter ſeine Anſchauung dem Reichspräſidenten
ſelbſt mitgeteilt hat. Herr v. Hindenburg iſt durch ſeine ganze
Stellung zu ſtarker Zurückhaltung verpflichtet, wird ſeine eigent=
lichen
Abſichten erſt zu erkennen geben, wenn ſein Entſchluß not=
wendig
iſt. Immerhin wird er dem Reichskanzler, der ihm am
Dienstag zur Beſprechung der politiſchen Lage Vortrag gehalten
hat, nicht verheimlicht haben, daß auch er die Folgen einer Ein=
ſtellung
des Kreuzerbaues mit ſeiner Autorität nicht decken kann.
Zudem hat der Reichswehrminiſter dem Kabirett eine Denkſchrift, ten worden wäre. Es wird auch ſicher aus den Kreiſen der Hörer
vorgelegt, worin er darauf aufmerkſam macht, daß nicht nur der
Kreuzer auf Grund des Beſchluſſes des Reichstages und der Be=
ſtätigung
durch das Kabinett bereits auf die Hellinge gelegt
worden iſt, ſondern daß darüber hinaus auch Beſtellungen in
größerer Höhe vergeben worden ſind, daß daher ſchon einige Mil= und die anderen zu übergehen. Da aber auch die Rechtsparteien
lionen Abſtandsgelder gezahlt werden müſſen, wenn der Kreuzer= von dieſer Möglichkeit Gebrauch machen werden und entſprechend
bau eingeſtellt werden ſollte. Dieſer
Vorſtoß des Reichswehrminiſiers
demokraten können freilich offiziell nichts tun, ſie werden aber
vermutlich unter der Hand abkommandieren, um ihre eigene
Stimmenzahl zu vermindern. Das Zentrum jedoch, deſſen linker
Flügel ſich ſelbſtändig zu machen drohte, um mit den Sozialdemo=
kraten
zu ſtimmen, will die Dinge nicht auf die Spitze treiben,
ſondern jetzt entſchloſſen ſein, geſchloſſen gegen den ſozialdemo=
kratiſchen
Antrag zu ſtimmen. Auch bei den Demokraten ſetzt ſich
die Auffaſſung durch, daß, nachdem einmal mit dem Bau begon=
nen
worden iſt, eine Rückwärtsreviſion keinen Zweck mehr hat.
Auch von dorther haben alſo die Sozialdemokraten keinen großen
neuerdings wieder ihren eigenen Weg zu gehen. Sie wollen ſich
an den Sozialdemokraten, für ihren Reinfall bei dem Volks=
begehren
rächen und ſpielen mit dem Gedanken, gegen den ſozial=
demokratiſchen
Antrag zu ſtimmen, um dadurch die Sozialdemo=
lerſchaft
der Panzerkreuzer tatſächlich gebaut worden iſt. Da auch gaben mit 90 Millionen Mark ab. Davon entfallen 29 Mil=
die
Deutſchnationalen wenn auch ihre Entſcheidung noch nicht
endgültig feſtliegt wahrſcheinlich darauf abkommen werden,
ebenfalls gegen den ſozialdemokratiſchen Antrag zu ſtimmen, iſt
im Augenblick die Gefahr, daß eine Mehrheit für den Antrag
zuſtande kommt, nicht allzu groß. Es könnte alſo ſchon ſein, daß
die Sozialdemokraten, mit ihrer Rechnung recht behalten, daß ihr
ganzer Antrag eine Demonſtration ſein ſoll, die ſie dank der
ſtaatspolitiſchen Geſinnung der übrigen Parteien ſich ohne Gefahr
leiſten können. Allerdings wird ihnen die Rechnung dann ver=
mutlich
nachträglich bei den Verhandlungen über die Koalition
präſentiert werden.
Hand in Hand damit geht der Wunſch, den Streit um den
Panzerkreuzer jetzt möglichſt raſch aus der Welt zu ſchaffen und
tiſche Ausſprache im Reichstag beginnen. Regierung und Par=
herrn
Poincaré mit ſeiner Regierungserklärung den Vortritt zu
laſſen und gleichzeitig auch die Antwort auf Deutſchlands Vor=
Kampf um den Panzerkreuzer am Donnerstag und Freitag aus=
Die Fraktion der Deutſchen Volkspartei hat aber bereits für
und dann die Bahn für Koglitionsverhandlungen frei iſt.
9
Verſchärfung der parlamentariſchen Lage.
* Die parlamentariſche Lage hat ſich am Dienstag abend n
kompliziert. Wie wir aus parlamentariſchen Kreiſen erfahren,
Lann ſein Rücktrittsgeſuch einreichen würde,

falls etwa die ſozialdemokratiſchen Miniſter
für den Antrag der Sozialdemokraten ſtimmten.
Das Zentrum hat daraufhin ſofort ſeine Fraktionsſitzung, die
ſich mit außenpolitiſchen Fragen befaßte, abgebrochen. Es wird
Auch im Reichstag hat man langſam begriffen, daß der legen, ob ſie ihren Miniſtern die Abſtimmung freigeben, womit daß es einen ſcharfen Kampf um jede einzelne Poſition geben
Antrag nicht ernſt geweſen iſt.
Freuzer A‟
Zu den Preſſemeldungen über die Vergebung der Arbeiten
für das Panzerſchiff 4 wird folgendes betanntgegeben: Die
lionen ſind im Augenblick bis zur Höhe von 6 Millionen veraus= Auguſt 1924 bei den Londoner Dawes=Verhandlungen wird für
leitung die Verpflichtung auf, über die Vergebung des Geſamt=
zu
ſie nach 8 24 der Reichshaushaltsordnung ermächtigt und aus
wirtſchaftlichen Gründen verpflichtet war. Die hieraus ſich er=
gebenden
Bindungen belaufen ſich einſchließlich der bereits ver=
ausgabten
6 Millionen auf 32,3 Millionen, die erſt mit Bewilli=
gung
der einzelnen Jahresraten in den folgenden Haushalts=
jahren
fällig werden.
* Berlin, 13. November. (Priv.=Tel.)
Die von den Linksparteien wiederholt geforderte politiſche
Der Reichsinnenminiſter hat bereits im Haushaltungsausſchuß
des Reichstages angekündigt, daß ſie demnächſt in Uebereinſtim=
Ueber die Zweckmäßigkeit dieſer Einrichtung kann man verſchie=
der
deutſche Rundfunk nach wie vor vom Parteihader freigehal=
zahlreicher
Proteſt kommen, doch kann man dieſen Einwendungen
entgegenſetzen, daß es ja im Belieben jedes Hörers liegt, ſich die
politiſchen Vorträge anzuhören, die ſeiner Einſtellung entſprechen
ihrer Anſchauung nicht zögern werden, an der Republik oder
ten ſicherlich ſehr bald zwiſchen ihnen und den Aufſichtsbehörden
Spannungen entſtehen, weil Herr Severing ſchwerlich mit Vor=
iſt
auf die Parteien nicht ohne Einfluß geblieben. Die Sozial= trägen einverſtanden ſein wird, die ſich mit der Staatsform aus= matiſchen Spiel? Hier iſt in eiſter Linie der uns nach dem
einanderſetzen.
Der bayeriſche Etat.
Fehlbeirag von 44 Millionen Mark.
München, 13. November.
In der Eröffnungsſitzung des Bayeriſchen Landtages ver=
trat
Finanzminiſter Dr. Schmelzle den neuen Staatshaushalt
Buzug zu erwarten. Schließlich ſcheinen auch die Kommuniſten 1929 mit einer längeren Rede. Während die Rechnung für das mächten übergeben) werden konnten. Die Transferbeſchränkung
Jahr 1925, ſo führte er u. g. aus, mit einem Ueberſchuß von
29 Millionen Mark abſchloß, weiſen die folgenden Jahre erheb= iſt zweifellos eine Einengung der Nichte der Gläubiger aber
liche Fehlbeträge auf. Die Einnahmen blieben hinter dem Soll=
Betrag beträchtlich zurück. Der neue Haushaltsvoranſchlag
kraten mit der Verantwortung zu belaſten, daß unter deren Kanz= ſchließt im außerordentlichen Etat in Einnahmen und Aus= Darum wäre eine Lockerung des Transferſchutzes für uns ein
lionen auf den im vorliegenden Haushalt rechnungsmäßig
durchzuführenden Fehlbetrag vom ordentlichen Haushalt von Vertrages ein Anrecht darauf, daß uns die Abtragung unſerer
1925. Trotz der größten Sparſamkeit ſchließt der ordentliche
Haushalt in den Einnahmen mit 790, in den Ausgaben mit
834, alſo mit einem Fehlbetrag, von 44 Millionen
höher als im Jahre 1928. Faſt die Hälfte des Zuſchußbedarfs
entfällt auf die ſogenannten Ueberweiſungsſteuern des Reiches, ſchehen können, daß man unſere Jahresleiſtungen unter das Maß
Hierin rächt ſich die ſcharfe finanzielle Abhängigleit des Landes des ſonſt vertraglich zuläſſigen Maximums herabſetzte. Wir
vom Reiche. Die Geſamtſteuer auf den Kopf der Bevölkerung dürfen endlich keinen Zweifel darüber aufkommen laſſen, daß wir
ſtieg in Bayern von 1913 bis 1926 von 41 auf 77 Mark, in
Neiches von 41 auf 91 Mark.
nicht bis zur nächſten Woche zu vertagen. Nach den urſprüng= ſetzung der Ausgaben und betonte, daß an ihrer Spitze das welchem es uns viel Mühe koſten wird, unſere Verhandlungs=
lichen
Dispoſitionen ſollte gegen Ende der Woche die außenpoli= Reſſort für Unterricht und Kultus mit 38 Prozent, ſowie das gegner und die internationale Oeffentlichkeit vom vorübergehen=
tien
haben aber die Neigung, die Ausſprache zu vertagen, um ſtehen. Wenn am 1. Oktober nicht die Beſoldungserhöhung ein= zeugen.
gegriffen wäre, hätte ſich weder im Jahre 1928 noch im Jahre
ſtellungen wegen der Reparationskonferenz abzuwarten, die an= in den anderen Ländern haben ſich die Dinge ähnlich entwickelt, riellen Gründen ſehr unangenehm iſt. Aber wenn unſere Gläu=
fangs
der nächſten Woche einlaufen ſoll. Dafür iſt geplant, den Eines der Mittel, hier Abhilfe zu ſchaffen, wird eine Verein= biger auf ihr vertragliches Kontrollrecht verzichten, ſo iſt das für
zufechten. Die Entſcheidung darüber im Kabinett und im Aelte= Aemtern iſt unerläßlich. Aber auch ein Abbau der Verwaltungs= Koſten der Kontrolle gehen zu ihren Laſten, d. h. ſie würden ent=
ßenrat
des Reichstages wird erſt am Mittwoch vormittag fallen, aufgaben, muß erfolgen, hauptſächlich im Wege einer ſtärteren ſprechend mehr erhalten, wenn ſie ſich keine Abzüge für die Koſten
Freitag ihre Mitglieder telegraphiſch nach Berlin berufen, um nahmen des Staates und eines großen Teiles der Gemeinden laſſen müßten. Auch für die Erfüllung der Verpflichtungen durch
den letzten Mann für die Abſtimmung zur Stelle zu haben. Man ſind heute abſolut unzureichend. Wenn der Reparationsagent Deutſchland ſind die Kommiſſare nicht erforderlich, da das deutſche
kann alſo hoffen, daß dann am Freitag abend endgültig der unſeren Staatshaushalt kennen würde, dann würde er nicht Volk in ſeiner großen Mehrheit entſchloſſen iſt, die übernomme=
Schlußſtrich unter dieſe ganze leidige Angelegenheit geſetzt wird von einer Neigung zu übermäßigen Geldausgaben ſprechen, nen Verpflichtungen ehrlich zu erfüllen. Unſere Gläubiger ſind
Reparationsagenten nachzukommen und bei der Neuregelung meinſamen Gläubiger Amerika in die Erörterungen einzubeziehen
des Finanzausgleiches die Anteile der Länder an Ueberwei= oder doch Höhe und Dauer der deutſchen Leiſtungen, von den
was innerpolitiſch und kultur= und ſozialpolitiſch, aber auch Amerika gegenüber verpflichtet haben oder zu verpflichten im Be=
finanzpolitiſch
und reparationspolitiſch verfehlt iſt. In der Frage
hat der Reichswehrminiſter erklärt, daß er auch des kommenden Finanzausgleichs iſt Leben und Tod der Län=
der
und des Reiches eingeſchloſſen.

*Por den Reparations=
verhandlungen
.
II. Trümpfe im diplomatiſchen Spiel.
München, im November 1928.
Bereits die Vorverhandlungen über Form, Zielſetzung und
nun in erſter Linie Sache der Sozialdemokraten ſein, zu über= Ort der kommenden Reparationsverhandlungen haben gezeigt,
ſie allerdings beweiſen würden, daß es ihnen innerlich mit ihrem wird. Wir haben bereits verſchiedentlich ſpüren können, daß ſich
unſere Verhandlungspartner bemühen, uns auf Formulierungen
feſtzulegen, durch die unſere Stellung geſchwächt wird. Die einzig
Die Vergebung der Arbeiten für den Panzer= mögliche Folgerung aus dieſer Einſicht iſt die, daß unſere Regie=
rung
und alle übrigen, deren Worte in der Welt gehört und
beachtet werden, ſich größter Vorſicht befleißigen. Das bedeutet
durchaus nicht, daß nichts geſagt werden ſoll, oder daß man es
dem Zufall überläßt, welche Anſchauungen ſich über unſere
Wünſche und unſere Möglichkeiten in der öffentlichen Meinung
durch den Haushalt 1928 verfügbaren Etatsmittel von 93 Mils Deutſchlands und der übrigen Welt bilden. Genau ſo wie im
gabt. Die Genehmigung der erſten Baurate legte der Marine= die Entſcheidungen der Regierungen die herrſchende öffentliche
Meinung einer der wichtigſten Faktoren ſein. Darum iſt es wich=
objektes
zu verhandeln und die größeren Teile zu vergeben, wo= tig, daß wir uns frühzeitig und abſolut ehrlich Rechenſchaft von
den Trümpfen ablegen, die den beiden Parteien uns und
unſeren Gläubigern im diplomatiſchen Spiel zur Verfügung
ſtehen werden.
Ein paar Worte über die Art der Löſung, wie ſie wohl von
der großen Mehrheit der Beteiligten erſtrebt wird: In der end=
gültigen
Löſung müſſen die letzten Reſte einer Auffaſſung getilgt
werden, die behauptet, die Deutſchland aufzuerlegenden Repara=
tionslaſten
ſeien eine Strafe für die verbrecheriſche Herauf=
Eine politiſche Stunde im Rundfunk. beſchwörung des Weltkrieges‟. Eine ſolche Behauptung iſt nie
wahr geweſen und iſt jetzt auch von allen Ehrlichen und Wohl=
geſinnten
in der ganzen Welt als unwahr erkannt worden. Ge=
rade
in Süddeutſchland hat man zäh und erfolgreich an der Ent=
Stunde im Rundfunk ſteht unmittelbar vor ihrer Verwirklichung, thronung der Lüge von Deutſchlands Schuld am Weltkriege ge=
arbeitet
. Die Reparation iſt eine Geldleiſtung, zu der wir nicht
auf Grund eines morgliſchen Rechtstitels, ſondern der einfachen
mung mit dem Reichspoſtminiſter zur Einführung gelangen ſoll. Tatſache gezwungen worden ſind, daß wir die unterlegene Partei.
im Kriege geweſen ſind. Weiter dürfen wir nicht daran rütteln
dener Meinung ſein. Wir hätten es entſchieden begrüßt, wenn laſſen, daß nur eine wirtſchaftlich=geſchäftliche, nicht aber eine
machtpolitiſche Löſung der Reparationsfrage in Betracht kommt.
Die Gegenſeite muß klar und unwiderruflich auf machtpolitiſche
Nebenabſichten verzichten. Endlich darf die kommende Endlöſung
nicht wieder ſpekulativen Charakter tragen und die Beziehungen
von Schuldner und Gläubiger dadurch vergiften, daß Klauſeln
ausbeuteriſchen Charakters in das zu treffende Abkommen auf=
genommen
werden. Das bedeutet Beſeitigung aller Beſſerungs=
ſcheine
und anderer Beſtimmungen, die in eine Wucherbude,
ihren Einrichtungen Kritik zu üben, ſoweit ſie berechtigt iſt, dürf= nicht aber in einen modernen, auf Sicherung des Weltfriedens
abzielenden Staatsvertrag gehören.
Welches ſind nun unſere Trümpfe im bevorſtehenden diplo=
Dawes=Programm zuſtehende Transferſchutz zu nennen. Er
beſteht darin, daß Ueberweiſungen von dem auf Reichsmark lau=
tenden
Berliner Konto des Reparationsagenten an die Repara=
tionsmächte
nur ſoweit vorgenommen werden dürfen, wie es mit
der Geſundheit unſerer Währung, unſerer Wirtſchaft und unſerer
öffentlichen Finanzen vereinbar iſt. Der Transferſchutz ſchloß
es bisher aus, daß auch nur Teile der deutſchen Reparations=
ſchuld
(etwa gewiſſe Abſchnitte der Eiſenbahn= und der Induſtrie=
Schuldverſchreibungen) mobiliſiert (das bedeutet, auf dem inter=
nationalen
Geldmarkt verkauft und im Barerlös den Gläubiger=
nicht
weniger ein Schutz für uns. Sie ſichert uns vor einem
Rückfall in Zuſtände, wie wir ſie in der Inflation erlebt haben.
Opfer von außerordentlich großer grundſätzlicher und materieller
Bedeutung. Weiter haben wir nach Art. 233 des Verſailler
Reparationsverpflichtung innerhalb von dreißig Jahren möglich
ſein muß. Daraus ergibt ſich, daß uns eine länger andauernde
Zahlungsverpflichtung von unſeren Gläubigern, gegen unſeren
Mark ab. Die geſamten Ausgaben ſind um faſt 60 Millionen Willen nicht zugemutet werden kann. Wenn wir auf dies Recht
verzichten ſollten, ſo würde das nur unter der Bedingung ge=
der
Aufforderung unſerer Gläubiger, uns an Reparationsver=
Preußen dagegen von 41 auf 96, und im Durchſchnitt des handlungen zu beteiligen, ganz bewußt in einem Augenblick zu=
geſtimmt
haben, in welchem der Schein für eine erhebliche Lei=
Der Miniſter gab ſodann ein Bild über die Zuſammen= ſtungs= und Ueberweiſungsfähigkeit Deutſchlands ſpricht, und in
der inneren Verwaltung mit faſt 24 Prozent aller Ausgaben den Charakter der bisherigen Transfer=Konjunktur zu über=
Und welches ſind die Trümpfe der Gegenſeite? Sie weiß,
1929 ein Fehlbetrag im ordentlichen Haushalt ergeben. Auch daß uns die Reparationskontrolle aus materiellen und immate=
fachung
unſerer Staatsverwaltung ſein müſſen. Ein Abbau von ſie nicht nur kein Opfer, ſondern ſogar ein Gewinn. Denn die
Dezentraliſierung. Die Hauptquelle des Uebels iſt: Die Ein= der Reparationskommiſſare und ihres Angeſtelltenſtabes gefallen
Wenn die Reichsregierung ſich anſchickt, der Aufforderung des beſtrebt, ihre eigenen Schuldverpflichtungen gegenüber ihrem ge=
ſungsſteuern
zugunſten des Reiches beſchneidet, ſo tut ſie etwas, Summen und Friſten, abhängig zu machen, zu denen ſie ſich
* Vergl. den Leitaufſatz
tr. 316 vom Dienstag, den
2. Nabembes.

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Seite 2

Numme: 317

griffe ſind. Da die amerikaniſche Regierung Coolidge eine Ver=
quickung
von Reparations= und Schuldenfrage nach wie vor ab=
lehnt
(die Regierung des neuen Präſidenten Hoover wird auf
dem gleichen Standpunkt ſtehen), haben wir keinen Anlaß, Ver=
knüpfungen
zuzuſtimmen, für die im Verſailler Vertrag auch
nicht der geringſte Anhaltspunkt gegeben iſt. Das wichtigſte Zu=
geſtändnis
, das die Alliierten uns zu gewähren haben, iſt eine
Ermäßigung der im Dawes=Programm vorgeſehenen Jahres=
leiſtungen
und die ausdrückliche Begrenzung unſerer Zahlungs=
pflicht
auf eine beſtimmte Reihe von Jahren.
Aus dem Geſagten geht klar hervor, daß wir im bevorſtehen=
den
diplomatiſchen Spiel durchaus nicht die ſchwächeren Trümpfe
in Händen haben. Es iſt ſelbſtverſtändlich, daß unſere Vertreter
(zunächſt in der Sachverſtändigenberatung und ſpäter in den
Staatsverhandlungen) dieſe Trümpfe zwar nicht provokatoriſch,
aber fachlich entſchieden anwenden. Das iſt aber nur möglich,
wenn das deutſche Volk nationale Diſziplin bewahrt und auf die
zwar liebgewordene, aber politiſch ſo überaus ſchädliche Gewohn=
heit
verzichtet, die eigenen politiſchen Vorteile dialektiſch zu
ſezieren und zu zerpflücken. Wir haben ein dringendes Intereſſe
daran, daß Zugeſtändniſſe, die wir im Laufe der Verhandlungen
machen müſſen und machen werken, von der Gegenſeite und auch
von der internationalen öffentlichen Meinung nicht unterbewertet
werden.

Die Entwicklung in Frankreich.
Poincarés Ausſichten.
Von unſerem A=Korreſpondenten.
Paris, 13. November.
Ein Kabinett ohne die Radikalen, das iſt das erſte, was an
dem neuen Kabinett auffällt. Seit beinahe 30 Jahren wußte man
nicht anders, als daß die Radikalen an jeder Kombination teil=
nahmen
. Um ſo befremdender war die Tatſache, daß Poincaré
trotz der Vorgeſchichte der Kriſe ohne ſie ein Kabinett zu bilden
wagte. Ohne die Radikalen bedeutet aber noch nicht gegen die
Radikalen; ein großer Teil der Partei wird die Regierung bis
auf weiteres von außen unterſtützen.
Poincaré iſt während der Kriſe den Radikalen ſehr weit ent=
gegengekommen
. Viel zu weit, behauptet man rechts. Man ſagt,
er habe den Radikalen die Teilnahme an der Regierung förmlich
aufgedrängt; aber die radikale Partei wollte diesmal ausnahms=
weiſe
wirklich nicht an der Regierung teilnehmen, was man trotz
aller Ausflüchte als eine ſtille Oppoſition gegen die Perſon Poin=
carés
auffaſſen kann. Denn mit ſachlichen Argumenten konnten
die Radikalen ihre Haltung nicht begründen. Trotzdem verlautet,
daß Poincaré die meiſten der Konzeſſionen, die er während der
Kriſe den Radikalen zugeſtand, aufrechterhalten wird. Das ändert
aber nichts an der Tatſache, daß die neue Republika=
niſche
Einigkeit im Verhältnis zu der alten Union natio=
nale
eine Rechtsregierung iſt. Die Rechtswendung kommt
in der Zuſammenſetzung des neuen Kabinetts ſtark zum Aus=
druck
. Die Gruppen Marins und Maginots haben einen ſtarken
Einfluß. Die Perſon Louis Marins wurde während der Kriſe
den Radikalen geopfert, was ſich vielleicht als ein Fehlſchlag er=
weiſen
wird. Die ſtarke Teilnahme der Republikaniſchen Sozia=
liſten
an dem Kabinett ſie haben fünf Portefeuilles und bilden
damit den Kern des Kabinetts ſoll den Weg nach links offen
halten.
Die neue Regierung kann auf eine günſtige Aufnahme rech=
nen
. Man freut ſich überall, daß die Kriſe zu Ende und Poincars
geblieben iſt. Man erblickt darin eine Garantie, daß die Sanie=
rungspolitik
der Union nationale erhalten bleibt.
Man geht nicht fehl mit der Behauptung, daß das neue Kabi=
nett
Poincaré unter dem Druck der öffentlichen Meinung zuſtande
gekommen iſt.
Vom Standpunkte der praktiſchen Politik aus betrachtet, er=
ſcheint
aber die Lage der Regierung weniger roſig. Poincaré hat
während der Kriſe ſeine Intranſigenz aufgegeben und hat nach
allen Seiten weitgehende Konzeſſionen machen müſſen. Dadurch
hat er ſeine Poſition geſchwächt; das wird ſich früher oder ſpäter
auswirken. Denn das Programm der neuen Regierung iſt nicht
ſo unantaſtbar und dogmatiſch, wie es das der Union nationale
war. Es gibt jetzt mehr Raum für Debatten.
Die Hauptaufgabe der neuen Poincaré=Regierung beſteht in
dem Votierenlaſſen des Budgets. Darüber hinaus muß ſich ihr
Schickſal zweifelhaft geſtalten. Die Union nationale wird ſtufen=
weiſe
abgebaut, darin ließe ſich der Sinn der Entwicklung zu=
ſammenfaſſen
.

Mittwoch, den 14. November 1928

Vom Tage.
Der Reichspräſident empfing den Reichskanzler
zu einer Beſprechung über die politiſche Lage.
Präſidenr Bergmann wird Mittwoch vormittag Termin für die
gemeinſamen Verhandlungen im Eiſenkonflikt feſt=
ſetzen
. Eine Einigung der beiden Kontrahenten kann nicht eher erfolgen,
da noch einige Vorfragen von ihnen zu klären ſind.
Der deutſche Botſchafter in Rom, Herr v. Neurath, iſt
am Dienstag in Berlin eingetroffen. Ihm iſt dabei die Botſchaft
in Moskau angeboten worden. Wie wir von vornherein vermuteten,
hat er ober abgelehnt und gebeten, ihn in Rom zu belaſſen. Das Aus=
wärtige
Amt wird alſo ſeine Suche nach einem geeigneten Vertreter fort=
ſetzen
oder eigentlich von neuem beginnen müſſen.
Die Verhandlungen mit Rußland werden aller Voraus=
ſicht
nach am 26. November in Moskau wieder aufgenommen. Die
deutſche Delegation wird von Miniſterigldirektor Dr. Poſſe und Lega=
tionsrat
Dr. Martius geführt.
Am Samstag wird die deutſche Delegation zu den deutſch=
eſtniſhen
Handelsvertragsverhandlungen von Ber=
lin
abreiſen. Die Führung hat Legationsrat v. Schack.
Nach Abſchluß der erſren polizeilichen Unterſuchung wurden von
den bei den Lemberger Unruhen vom 1. November verhafteten
Perſonen vorgeſtern 40 Ukrainer ins Gefängnis einge=
liefert
. Die gegen ſie erhobene Anklage lautet auf Hochverrat.
Auf den Eiſenbahnzug, mit dem der lettländiſche Staats=
präſident
aus Libau nach Riga zurückkehrte, wurde ein An=
ſchlag
durch Blockieren einer Weiche verübt. Glücklicherweiſe ent=
deckte
man das Hindernis noch rechtzeitig, ſo daß der Zug angehalten
werden konnte. Der mutmaßliche Täter, ein Kommuniſt, wurde ver=
haftet
.
In Skutari wurden unter der Anſchuldigung
der Sabotage beim Bau einer Zementfabrik drei deutſche
Ingenieure verhaftet. Die albaniſchen Behörden verlangen
von den Ingenieuren Reisner und Frei einen Schadenerſatz von 270000
Goldfranken. Zur Herbeiſchaffung von Bürgen wurden ſie vorläufig
wieder freigelaſſen. Der dritte Angeklagte, Ingenieur Schutter, iſt auf
einem Dampfer ins Ausland entflohen.
Der amerikaniſche Finanzberater Polens, De=
weh
, reiſte in Begleitung ſeiner Familie zum Studium der
Lage in Rußland nach Moskau.
Der franzöſiſche Außenminiſter Briand hat geſtern den deutſchen
Botſchafter von Hoeſch zu ſich gebeten, um die Fühlung, die durch die
franzöſiſche Miniſterkriſe eine Unterbrechung erfahren hatte, wieder auf=
zunehmen
. In dieſer Unterredung wurde u. a. der gegenwärtige Stand
der Beſprechungen über die Einſetzung des Sachverſtändigenausſchufſes
zur Prüfung der Rearationsfragen erörtert.
Ausſchluß Caillaux aus der Finanzkommiſſion
des franzöſiichen Senats.
Paris, 13. November.
Die verſchiedenen Senatsgruppen beſtimmten heute nach=
mittag
ihre Kandidaten für die Finanzkommiſſion. Hierbei ſchloß
auffälligerweiſe die Republikaniſche Linke, alſo die der Radikalen
Fraktion der Kammer entſprechende Gruppe, Caillaux von ihrer
Liſte aus, der er bisher angehörte. Ein großer Teil der Mit=
glieder
machte Caillaux wegen ſeiner Haltung auf dem Partei=
kongreß
in Angers für die Regierungskriſe verantwortlich. Nach
Schluß der Sitzung verlautete, daß eine Spaltung der Gruppe
möglich ſei. Etwa 40 Senatoren würden unter Leitung von Cail=
laux
eine neue Fraktion bilden.
Die vorläufige Tagesordnung der Oezember=
ſitzung
des Rats.
EP. Genf, 13. November.
Die vorläufige Tagesordnung der 53. Tagung des Völker=
bundsrätes
, die heute vom Genfer Sekretariat bekanntgegeben
wird, umfaßt 28 Punkte, darunter außer den üblichen zahlreichen
verwaltungstechniſchen, humanitären und ökonomiſchen Arbeiten
als politiſche Fragen die Berichte über den Stand des ungariſch=
rumäniſchen
Optantenſtreites und der Verhandlungen zwiſchen
Polen und Litauen. Der Völkerbundsrat hat im Dezember auch
die Vorſitzenden der dier durch die Friedensverträge eingeſetzten
Inveftigations=Komitees für Deutſchland (bisher General Bara=
tier
=Frankreich), Oeſterreich (bisher General Calcagno=Italien),
Ungarn (bisher General Kirwan=England) und Bulgarien ( bis=
her
General Schoormann=Holland) neu zu ernennen oder zu
erſetzen, doch dürfte kaum eine Aenderung eintreten. Es liegen
dem Rat außerdem noch eine Reihe von Petitionen des Deutſchen
Volksbundes in Oberſchleſien vor, die er in ſeiner September=
Tagung nicht erledigt hat.
Vorläufig rechnet man mit einer verhältnismäßig kurzen
Dauer der Dezember=Tagung des Völkerbundsrates, da bis jetzt
noch nicht bekannt iſt, ob die drei Außenminiſter Streſemann,
Briand und Chamberlain im Dezember beſtimmt nach Genf
kommen.

Rheinland=Debatte
im engliſchen Unterhaus.
LiberalerMißtrauensantrag gegendas engliſch=
franzöſiſche
Kompromiß.
Im Unterhaus wurde die Debatte über die Thronrede fort=
geſetzt
, wobei Lloyd George einen Mißtrauensan=
trag
einbrachte, der das engliſch=franzöſiſche
Kompromiß als eine Gefahr für Europa und für
die guten Beziehungen zu den Vereinigten Staaten bezeichnet,
ſowie das Verfahren der Waſhingtoner Konferenz als weiteren
Maßſtab für die Abrüſtung zur See, die engliſche Konzeſſion in
der Frage der ausgebildeten Reſerven als nicht vereinbar mit
dem Frieden von Locarno und als Hindernis für den Fort=
ſchritt
in der Abrüſtung verurteilt.
Im Haus der Lords, wo ebenfalls eine Debatte über das
engliſch=franzöſiſche Kompromiß durch Lord Parmoor einge=
leitet
werden ſollte, iſt durch die Erkrankung von Lord Cüſhen=
dun
eine Aenderung der Tagesordnung eingetreten.
Abgeordneter Kenworthy fragte den Kriegsminiſter im
Unterhaus, welche Beſtimmungen bezüglich Spielens deutſcher
Muſik im allgemeinen und der deutſchen Nationalhymne im be=
ſonderen
im Rheinland von der engliſchen Beſatzungsarmee
auferlegt ſeien. Den erſteren Teil der Frage beantwortete der
Kriegsminiſter dahin, daß deutſche Muſik im allgemeinen in kei=
ner
Weiſe Einſchränkungsbeſtimmungen unterworfen ſei, und
daß die Nationalhymne lediglich in den Fällen verboten ſei, in
denen Verſtöße gegen die öffentliche Ordnung wahrſcheinlich
ſeien.
Darauf lenkte Kenworthy die Aufmerkſamkeit des Kriegs=
miniſters
auf die Feſtnahme des Bürgermeiſters von Wiesbaden
und die gerichtliche Verfolgung des Kapellmeiſters wegen Spie=
lens
der Nationalhymne nach der Ankunft des deutſchen Luft=
ſchiffes
Zeppelin in Amerika. Auf dieſe Frage ging der Mi=
niſter
nicht näher ein.
Die Frage des Abgeordneten Malone, warum die iriſchen
Königs=Huſaren an franzöſiſchen Manövern im Rheinland unter
dem Kommando des Generals Guillaumat teilgenommen hät=
ten
, erwiderte der Kriegsminiſter, daß der engliſche Armeerat
erfreut die Einladung der Franzoſen angenommen habe, da ſo
die engliſche Kavallerie einmal Gelegenheit hatte, mit anderer
Kavallerie in Gefechtsübungen zuſammenzukommen. Malones
weiterer Anfrage, ob ſich dies mit dem Locarnogeiſt vereinbaren
laſſe, ſowie einer Anfrage anderer Abgeordneter über den hier=
durch
angerichteten diplomatiſchen Schaden uſw. wurde damit
ausgewichen, daß dieſe Fragen nicht vorher ſchriftlich eingereicht
worden ſeien und daher nicht beantwortet würden.
Baldwin über die Rheinland=Räumung.
Baldwin verteidigte dann das engliſch=franzöſiſche Flotten=
abkommen
, ohne jedoch endgültig zu erklären, daß das Abkommen
heute gegenſtandslos geworden ſei. Mit Bezug auf die Rhein=
landräumung
ſogte der Premier, die Haltung Englands ſei
immer dieſelbe geweſen. England wünſche die Räu=
mung
des Rheinlandes, könme ſie aber nicht er=
zwingen
. Wenn die Engländer aus dem Rheinland heraus=
gingen
, ſo würde das keinen Schritt vorwärts bedeuten, im Ge=
genteil
könne es neue Schwierigkeiten hervorrufen. Er glaube,
daß jetzt eine wirkliche Hoffnung beſtehe dafür, daß die Ange=
legenheit
in der nächſten Zukunft geregelt werden könne. Die
Frage der Rheinlandräumung ſei nach Anſicht verſchiedener Un=
terzeichner
des Friedensvertrages mit der Frage der Reparatio=
nen
eng verbunden.
Hier unterbrach ihn Lloyd George, man habe niemals in
Betracht gezogen, daß die geſamten Reparationsverpflichtungen
erfüllt ſein müßten, bevor das Rheinland geräumt werde. Die
einzige Frage ſei die, ob Deutſchland ſeine Verpflichtungen ge=
mäß
dem Vertrage erfüllt habe. In dem Augenblick, wo das feſt=
geſtellt
würde, ſei England verpflichtet, das Rheinland zu
räumen.
Darauf antwortete der Premier, die Frage erhebe ſich, ob
dieſe Verpflichtungen von Deutſchland erfüllt würden. Er hoffe,
daß die ganze Angelegenheit durch das Komitee geregelt werde,
das zurzeit eingerichtet werden ſolle, damit auch die letzten ver=
heerenden
Erinnerungen an die Kriegszeit getilgt würden. Dann
ging Baldwin auf die Frage des Kelloggpaktes ein und warf
Lloyd George vor, daß er wenig Verſtändnis für die franzöſiſche
Pſyche entwickelt habe, was ſeinerzeit zu ſeinem Rücktritt geführt
habe. Die gegenwärtige Regierung hätte Schwierigkeiten gehabt,
bevor die freundſchaftlichen Beziehungen mit Frankreich wieder=
hergeſtellt
geweſen ſeien. Es könne in Europa keinen Frieden
geben, ſolange zwiſchen Frankreich und England Gegenſätze be=
ſtünden
.

*Michael Balling.
Mein Leben für Bahreuth
Erinnerungen und Briefe.
Michael Balling, den Darmſtadt nie ver=
geſſen
wird, hat Erinnerungen hinterlaſſen. Es be=
ſteht
die Abſicht, das wertvolle Vermächtnis des gro=
ßen
Künſtlers und Menſchen Balling, mit deſſen Tod
am 1. September 1925 ein reiches Leben endete, als
Subſkriptionswerk herauszugeben. Nachſtehend dür=
fen
wir aus dieſen Erinnerungen einen kleinen Aus=
zug
bringen. Der ſiebzehnjährige Würzburger Muſik=
ſchüler
ſchildert ſeinen erſten Beſuch in Bayreuth.
26. Juni 1883.
. . . Mein ſehnlichſter Wunſch iſt in Erfüllung gegangen.
Nach Bayreuth, um den Parſifal zu hören! Ich bekam ein Bil=
lett
von dem lieben Doktor Kliebert, d. h. eigentlich von unſerem
großen, ſeelenguten, heißgeliebten König Ludwig; denn dieſer
kaufte tauſend Billette an und verteilte ſie an alle Muſikſchulen,
und dieſe mußten ſie unter die unbemittelten Schüler verteilen,
und von den Glücklichen bin ich auch einer. Das Billett habe ich,
aber damit iſt mir leider nicht ganz gedient. Nun heißt es einen
guten Dummen finden. Ich will das Beſte hoffen.
4. Juli 1883.

Gott ſei Dank, es hat ſich einer gefunden, der mir 20 Mark
leiht für nach Bayreuth er hat zwar keinen guten Ruf, ſaß
ſchon einige Male im Zuchthaus und hat viel Geld, ſolche Leute
muß es auch geben. Wie dank’ ich dem Manne dafür; denn er
macht mir eine rieſig große Freude damit und tut ſich auch ein
gutes Werk, indem er an mir eines tut. Denn das fördert meine
muſikaliſche Ausbildung, wenn ich nach Beyreuth fahre und höre
den Parſifal, und er tut ſich ſelbſt eine Wohltat, indem er durch
ſolche gute Werke ſich ſeine Sündenlaſt erleichtert. Alſo am
18. Juli bin ich in Bayreuth.
17. Juli 1883.
Wie mir das Herz vor lauter Freude ſchneller ſchlägt! Wie
alle Pulſe beben! Wie mir alles zu langſam geht! Die Minute
dauert eine Stunde bei dem Gedanken:
Heute nacht um 11 Uhr 35 Minuten Abfahrt nach Bayreuth!
Glück auf!
21. Juli 1883.

Bayreuth! Parſifal! Wagner! Dieſe drei
Worte ſagen ſchon ſo viel oder verſprechen ſchon ſo viel, und nun
erſt, wenn man ſagen kann, ich kenne dieſes Werk, kenne den

Parſifal ich fühle mich glücklich, daß ich es kenne. Wie kann
ein Menſch, in den Jahren, wie Wagner war, als er ſein Krö=
nungswerk
ſchrieb, noch ſolch eine Leidenſchaft, Erfindungsgabe
und ſchöpferiſche Kraſt in ſich haben, wie kann er nur noch die
Ausdauer zum Arbeiten daran haben, wenn ein Menſch ein ſo
erfahrungsreiches Leben hinter ſich hat, wie dies bei ihm eben der
Fall iſt? Nun habe ich geſehen, daß es möglich iſt.
Am 17. Juli nachts ½12 Uhr fuhren wir von Würzburg
nach Nürnberg ab Früh 6 Uhr waren wir in Nürnberg, in
der herrlichen alten Frankenſtadt. Wir gingen eine halbe Stunde
ungefähr in der Stadt ſpazieren, tranken auf dem Bahnhof einen
Kaffee, um dann nach Bayreuth zu fahren . . . Eine para=
dieſiſche
Gegend iſt die fränkiſche Schweiz wundervoll! Um
11 Uhr vormittags kamen wir in Bayreuth an. Ganz ſo, wie ich
mir dieſes liebliche Städtchen dachte, ſo iſt’s auch. Sehr ſtill,
romantiſch, alt, und liebe zuvorkommende Leute wohnen da.
Wir gingen erſt in der Stadt herum, ſahen uns Wagners
Wohnung (ein altes Haus) an, die reizend gelegene Villa Wahn=
fried
, das Grabmal, und was es noch ſonſt für Sehenswürdig=
keiten
in der Stadt gibt. Nach dem Mittagstiſch gingen wir wie=
der
ſpäzieren und bereiteten uns gleichzeitig für die Vorſtellung
vor, welche um 4 Uhr ihren Anfang nehmen ſollte. Um ½3 Uhr
gingen wir nach dem Theater. Es iſt ein herrlicher Spaziergang
hinauf. Das Theater liegt auf einem nicht hohen Berg im Walde.
Bis wir hinauf kamen, war es ungefähr ½4 Uhr. Ein rieſiges
Leben und Treiben auf der Straße war ſchon um dieſe Zeit. Als
wir auf dem Platz angelangt waren, kam gleich darauf die Fami=
lie
Wagner und Liſzt angefahren. Kurz danach kamen auch Wil=
helmy
und Bülow. Hans Richter ſahen wie an den Wagen Liſzts
herantreten. Man kann ſich denken, welches Gedränge auf dieſem
Platze iſt, der ſchon ziemlich groß iſt und doch zu klein ſchien,
wenn ſolche Perſönlichkeiten ankamen . . . Um /4 Uhr kamen der
deutſche Kronprinz und viele deutſche und ausländiſche Fürſtlich=
keiten
angefahren. Gleich darauf erſchallte eine Fanfare von
vier Poſaunen, zum Zeichen, daß man ſich auf ſeinen Platz be=
geben
ſoll. Es iſt herrlich einfach eingerichtet das Theater, ſo daß
man ganz bequem ſofort ſeinen Platz finden kann. In zehn
Minuten waren über 3000 Menſchen auf den Plätzen. Als es
Punkt 4 Uhr war, ertönte eine Klingel. Es war daraufhin
mäuschenſtille. Das Vorſpiel nahm ſeinen Anfang mit dem herr=
lichen
Gralsmotiv. Es klang himmliſch ſchön. Ich habe nie ſo
etwas von Entzückung und Begeiſterung in mir gefühlt wie in
dieſem Moment, als das Vorſpiel geſpielt wurde. Das war ſchon
bei dem Vorſpiel der Fall während dem Drama ſelbſt wußte
ich gar nichts von mir ich war in einer andern Welt in der
Gralsburg war ich. Als ich nach dem erſten Akt aus dem Theater
ging, war es mir, als hätte ich einen herrlichen Traum geträumt.

Es muß den meiſten Leuten ſo gegangen ſein; denn es war auf
dem großen Platz voll Menſchen unheimlich ſtill, der Mond kam
ſo ganz allmählich an, als der zweite Akt begann.
Man ſollte glauben, nach einem ſolch rieſig großartig erſten
Akte müßte der zweite abfallen. Hier iſt das Gegenteil. Es ſtei=
gert
ſich in allen Beziehungen. Kann man ſich etwas Schöneres
denken, als den Blumenmädchenchor? Nein, gewiß nicht, es iſt
das Höchſte, was man ſich auf der Bühne denken kann. Der
dritte Akt ſteht den beiden erſten nicht im geringſten nach. Das
ganze Drama macht einen überwältigenden Eindruck, der jedem
unvergeßlich bleibt, und ſomit kann ich mit dieſen Bayreuther
Feſttagen ſagen, daß ich die erſten ſchönen Stunden als Muſiker
erlebt habe.
Sechs Jahre ſpäter.
Schwerin, 3. Juni 1889, 2 Uhr früh.
Die Welt erſcheint mir faſt wie ein rieſiger Kramladen".
Alles iſt Verſtand, Rechnen und wieder Verſtand. Gefühl, Gefühl,
Herz, mehr Gefühl, mehr Herz, und noch mehr Gefühl, und noch
mehr Herz, das iſt das einzig Wahre.
Sollte die Menſchheit verdammt ſein, nie mehr das zu er=
reichen
, was die Griechen waren, dann wäre es allerdings beſſer,
wir würden alle Nihiliſten werden und uns gegenſeitig bombar=
dieren
. Es muß bald etwas Furchtbares geſchehen, es liegt ſo
etwas Furchtbares in der Welt, ſo eine Weltnihiliſtenbombe, die,
wenn ſie platzt, furchtbar wirken wird, aber ſie wird nützen.
Schwerin, 13. Oktober 1889.
Wieder iſt ein Sommer dahin, und der traurige Winter ſteht
vor der Türe. Ja, es wird ein recht trauriger Winter werden.
Ich war nun zum zweitenmal als Mitwirkender in Bah=
reuth
zu meinem größten Unglück , denn es will, mir gar
nicht gefallen auf der Welt ohne den himmliſch=weltlichen Parſifal
und gar ohne den weltlich=himmliſchen Triſtan. Ach dieſer
Triſtan! Wo bleibt unſere Menſchenſprache, wenn man dieſe
Muſik fühlen kann. Der Triſtan iſt ein Stück Welt, der Triſtan iſt
für mich alles, was Welt heißt, nur paßt er nicht für unſere Zeit,
ebenſo wenig wie Wagner für unſere Zeit paßte. Merkwürdig,
daß kein Volk mehr kommt, und keines ſeit den Griechen da war,
das ſeine großen Männer, die es erzeugt, verſteht. Die Welt iſt
halt ſchon recht gebildet ſeit jener Zeit zu ſehr iſt die Welt
gebildet. Die Welt iſt heute der griechiſchen Welt gegenüber die
reine Rechenmaſchine. Vom reinen Gefühl lehrt kein Menſch, aber
vom und für den Verſtand da wiſſen ſie viel, unheimlich viel
früher fiel es keinem Menſchen ein, über Gefühl zu ſchreiben, weil
es nicht nötig war, die Leute hatten das Herz alle auf dem rech=
ten
Fleck heute ſchreibt alles über das Gefühl, kein Menſch hatz

[ ][  ][ ]

Die Permittlungsaktion im Ruhrkampf.

geſtimmt hätten, wäre der Ruhrarbeiterſchaft unendliches Leid
und bittere Not erſpart geblieben. Man darf ſich wohl der Hoff=
nung
hingeben, daß es nunmehr gelingt, alsbald zu einem poſi=
tiven
Ergebnis zu kommen, ſo daß vielleicht ſogar auf eine wei=
tere
Inanſpruchnahme der Arbeitsgerichte verzichtet werden kann.

* Der Eiſen=Konflikt.
Foriſetzung der Ausſprache im Reichstag.
Drei Tage hat der Reichstag ſich von vornherein zur Aus=
ſprache
über den Eiſenkonflikt reſerviert. Die Wichtigleit des
Gegenſtandes verlangt eine ausgedehnte Ausſprache, damit die
Parteien Gelegenheit haben, alles, was ſie auf dem Herzen haben,
zu ſagen, ſelbſt auf die Gefahr hin, daß dadurch von anderer
Seite eingeleitete Verſtändigungsbemühungen nicht gerade geför=
dert
werden. Dieſes Bedenken gilt namentlich für die Rede des
ſozialdemokratiſchen Gewerkſchaftsführers Brandes, der am
Dienstag als Erſter zu Worte kam und mit kaum mehr zu über=
bietender
Schärfe und Schroffheit den Arbeitnehmerſtandpunkt
vertritt. Er ruft zum Sturm auf gegen die Unternehmer, die
eine Hand voll in der Lage ſeien, Hunderttauſende auf die Straße
zu ſetzen, ruft zum Sturm auf gegen das Duisburger Arbeits=
gericht
und zum Kampf gegen das ganze Syſtem, indem er Ent=
eignung
der Unternehmer und ſtaatliche Zwangswirtſchaft ver=
langt
. Von dieſer Einſeitigkeit ſticht die Art angenehm ab, mit
der die Deutſchnationalen und die Volkspartei ſich bemühen, dem
Hintergrund des ganzen Streites näherzukommen. Für die
Deutſchnationalen ſpricht der Abg. Lindeiner=Wildau, der aner=
kennt
, daß die Eiſeninduſtrie durch den Verſailler Vertrag mit
am ſchwerſten, gelitten habe und noch leide, der aber auch für die
Unternehmer grundſätzlich das gleiche Recht verlangt und die
gleiche Bewegungsfreiheit, wie das die Arbeitnehmer wiederholt
durch Streiks gegen für verbindlich erklärte Schiedsſprüche be=
kundet
haben. Aehnlich ſpricht Dr. Moldenhauer für die Deutſche
Volkspartei, der die Schuld an dem ganzen Kampf dem falſchen
Syſtem aufbürdet, das an der Stelle der Einigungsbeſtrebungen
die amtliche Lohnfeſtſetzung unter politiſchen Geſichtspunkten ge=
ſetzt
habe. Er kündigt denn auch entſprechende Anträge ſeiner
Partei an. Zwiſchendurch nimmt Herr Wiſſell, noch einmal
das Wort, der etwas von ſeiner Antrittsrede abrückt und doch
wenigſtens den Wunſch nach einer Verſtändigung bei den bereits
eingeleiteten Vermittelungsverhandlungen ausſpricht, ohne daß
damit natürlich der Entſcheidung der Rechtsfrage vorgegriffen
werden ſolle. Auch der Demokrat Schneider, der ſelbſt
Gewerkſchaftsführer iſt, unterſcheidet ſich in der Tonart angenehm
von dem Sozialdemokraten, während der Wirtſchaftspar=
teiler
Colofſer auf die Folgen des Streiks für den ge=
werblichen
Mittelſtand aufmerkſam macht, und der Bayer
Schwarzer ſich wieder mehr auf die Seite der Gegner ſtellt.
Die Sozialiſien fordern Enteignung
der Unternehmer.
* Berlin, 13. Nov. (Priv.=Tel.)
Der Reichstag ſetzte heute die Veratung der Anträge und Inter=
pellationen
zum nordweſtdeutſchen Arbeitskonflikt fort.
Abg. Brandes (Soz.) kritiſierte zunächſt die Haltung der Kom=
muniſten
, die den Gewerkſchaften in ihrem ſchveren Kampf gegen die
Unternehmer in den Rücken gefallen ſeien. Dann ſtellte er das brutale
Verhalten der Kapitaliſten, die den Lohnkampf nur zum Zwecke eines
Generalangriffs gegen das ſtaatliche Schlichtungsweſen unternommen
hätten, dem Verhalten der Arbeiter gegenüber, die, obwohl der Schieds=
ſpruch
ihren berechtigten Forderungen nicht entſprach, ihn doch angenom=
men
hätten, um die unheilvolle Wirkung eines ſchweren Lohnkampfes
auf das deutſche Wirtfchaftsleben zu vermeiden. Was das Duisburger
Urteil berreffe, ſo hätten die Arbeitgeber wohl gewußt, warum ſie ſich
nach Duisburg und nach Düſſeldorf gewandt hätten, denn die gewerk=
ſchaftsfeindliche
Haltung des Duisburger Vorſitzenden ſei allgemein be=
kannt
. Dieſer Vorſitzende habe im Termin ſelbſt ſeine Entſcheidung
nicht begründet, aber kurz darauf der Preſſe eine Begründung mit=
geteilt
, die faſt wörtlich die falſchen Angaben der Unternehmer wieder=
holte
. Dadurch verzögere ſich leider die Klärung der Rechtslage, denn
die Gewerkſchaften würden jetzt nicht mehr die Möglichkeit hoben, ſich
durch Ueberſpringung des Landesarbeitsgcrichts direkt an das Reichs=
arbeitsgericht
zu wenden, weil das Landesarbeitsgericht zunächſt die
falſchen Feſtſtellungen des Duisburger Richters richtigſtellen müſſe. Der
Nedner ſchilderte dann die ungünſtige Lage der Arbeitnehmer im Ruhr=
gebiet
und begründete anſchließend den ſozialdemokratiſchen Antrag auf
Eeſährung der Arbeitsloſenunterſtitzung für die ausgeſperrten Ar=
beiter
. Den Zentrumsantrag auf Aenderung des Schlichtungsweſeus
lehnte er ab. An die Regierung richtete er die Aufforderung, bei wei=
terer
Fortführung der Ausſperrung unverzüglich die Eiſenzölle zu
ſuspendieren. Die Sozialdemokratie behalte ſich vor, beim Etat des
Reſchswirtſchaftswiniſteriums die Einrichtung eines Selbſtverwaltungs=
körpers
zur Kontrolle der Eiſenwirtſchaft zu beantragen. Auch die Ver=
faſſungsbeſtimmung
könnte herangezogen werden, daß bei Mißbrauch
eine Enteignung der Betriebe erfolgen kann. Ein größerer Mißbrauch
der Macht der Unternehmer ſei kaum denkbar. Zum Schluß forderte
der Redner Wiedergutmachung der Schäden und Anerkennung der
gewerkſchaftlichen Forderungen.

Weitere Lohnerhöhungen nicht tragbar.
Abg. v. Lindeiner=Wildau (Dn.) wies auf den Ernſt der
wirtſchaftlichem Lage hin, über den hinwegzutäuſchen wohl leichtfertiger
Optimismus ſei. Bei Kohlen und Eiſen ſei die ungünſtige Lage beſon=
ders
darum verhängnisvoll, weil dieſe Induſtrien durch das Ausland be=
ſonders
erſchwert ſeien. Die in dieſen Induſtrien beſonders ſchwer
arbeitenden Menſchen hätten wohl einen Anſpruch auf angemeſſenen
Lohn und ſtaatlichen Schutz ihrer Arbeitskraft. Erkenne man den An=
ſpruch
einer Verbeſſerung der Lebensbedingungen der Arbeiter an, ſo
müſſe andererſeits auch daran erinnert werden, daß die Induſtrie mit
Rüchſicht auf die Arbeitszeitverkürzung weitere Lohnerhöhungen nicht er=
tragen
könne. Gerade die Eiſeninduſtrie habe unter den Folgen des
Verſailler Vertrags am meiſten zu leiden gehabt. Die deutſchnationale
Fraktion halte die Forderungen der Arbeiter auf Lohnerhöhung zwar
für berechtigt, aber in einer Zeit, wo höhere Löhne zu einer Vernichtung
der Wirtſchaft, d. h. der Arbeitsgelegenheit überhaupt, führen müßten,
würde ein ſolcher Kampf bedeuten, daß man in der Gegenwart
auf Koſten der Zukunft lebe. Der Redner äußerte ſich Lann
ausführlich über die Rechtslage, wobei er einen dem Arbeitsminiſter ent=
gegengeſetzten
Standpunkt einnahm.
Auf eine Frage des Abg. v. Lindeiner=Wildau ſtellte der Reichs=
arbeitsminiſter
Wiſſell feſt, daß am 5. Oktober die Induſtrien dem
Reichsverkehrsminiſter und ihm Material unterbreitet hätten, das die
ſchwere Lage in den Induſtrien illuſtrieren ſollte. Die Miniſter erklär=
ten
ſich bereit, das Material zu prüfen. Bei dieſer Prüfung habe ſich
jedenfalls für ihn, den Reichsarbeitsminiſter, ergeben, daß er den Schieds=
ſpruch
für verbindlich erklärte. Der Miniſter wies weiter den Vorwurf
des Verſuchs der Beeinfluſſung der Arbeitsgerichte zurück und kam auf
die Vermittelungsverhandlungen in Düſſeldorf zu ſprechen, über deren
Verlauf er allerdings noch nicht unterrichtet ſei, von denen er aber hoffe,
daß ſie Erfolg haben würden, und daß unbeſchadet der Austragung des
Rechtsſtreits die Arbeiter möglichſt bald wieder eingeſtellt würden.
Das Syſiem iſt ſchuld.
Abg. Moldenhauer (D.V.P.) wies dann die Behauptung des
Reichsarbeitsminiſters zurück, daß andere Induſtrien höhere Löhne als
die nordweſideutſche Gruppe zahlen würden. Man könne nur mit gleich=
gearteten
Betrieben vergleichen, und wenn man auf die Konkurrenz=
unternehmungen
in Frankreich und Belgien hinweiſe, ergebe ſich, daß
überall geringere Löhne gezahlt würden als an der Ruhr. Man miſſe
ſich darüber klar ſein, daß eine Lohnerhöhung in der Eiſeninduſtrie eine
weue allgemeine Lohnwelle nach ſich ziehen würde. Daß der Reichs=
arbeitsminiſter
die Löhne feſtſetzt, ſei grundſätzlich falſch, denn das nötige
die Unternehmer, ſich entweder dem falſch gehaltenen Schiedsſpruch zu
unterwerfen, oder ſich in Gegenſatz zu der falſch geführten öffentlichen
Meinung zu ſetzen. Dem Reichsarbeitsminiſter ſei kein Vorwurf aus
dieſem Gegenſatz zu machen, das Syſtem ſei ſchuld. Der Redner be=
dauerte
, daß die letzte Entſcheidung in einem ſolchen Arbeitskonflikt nicht
beim ganzen Kabinett, ſondern nur beim Reichsarbeitsminiſter liege.
Eine Reform des Schlichtungsweſens hielt der Redner für unbedingt
notwendig.
Abg. Coloſſer (Wirtſchaftspartei) erklärte, ſeine Partei werde
die vorliegenden Anträge des Zentrums und der Sozialdemokratie ab=
lehnen
.
Abg. Schneider (D.) gab zu, daß die Arbeitsbedingungen in
der Eiſeninduſtrie erhehlich verſchlcchtert ſeien, aber dafür ſeien nicht
Lohnerhöhungen verantwor lich zu machen, ſondern neben den Zins=
laſten
die Wirtſchaftspolitik der letzten Jehre, die der Induſtrie die
Produktionsbedingungen vertenert habe. Eim gründlicher Abbau dieſer
Wirtſchaftspolitk ſei notwendig. In jedem Falle ſei aber die Ausſper=
rung
ein ſchwerer Fehler, ſowohl nach der fachlichen wie nach der grund=
ſätzlichen
Seite hin. Die demokratiſche Fraktion wehre ſich gegen eine
Neform des Schlichtungsweſens nicht, wünſche aber die Beibehaltung
und Verbindlichkeitserklärung. Der Redner ſetzt ſich ein für eine ange=
weſſene
Entſchädigung der ausgeſperrden Arbciter.
Zum Schluß ſprach noch der Abg. Schwarzer (B.V.P.), der in
einer kurzen Erklärung auf den Ausſperrungsbeſchluß der Unternehmer
einging und in ihm eine ſcwere Verletzung der ſtaatlichen Autorität er=
blickte
. Den gegenwärtigen Zeitpunkt hielt er für eine Reform der
Schlichtungsordnung für nicht geeignet.
Dann wurde die Weiterberatung auf Mittwoch nachmittag 3 Uhr
vertagt.
Die Parteien zu Verhandlungen bereit.
* Düſſeldorf, 13. November. (Priv.=Tel.)
Die Vermittlungsaktion des Düſſeldorfer Regierungspräſi=
denten
Bergmann hat bereits den einen Erfolg zu verzeichnen,
daß ſowohl die Vertreter der Arbeitgeber wie die der Arbeit=
nehmer
ſich zu Verhandlungen mit dem Ziel einer Beilegung des
Eiſenkonfliktes bereit erklärt haben. Regierungspräſident Berg=
mann
wird alſo die beiden Gruppen zu einer gemeinſchaftlichen
Konferenz einladen und verſuchen, eine Einigung über den Tarif
herbeizuführen. Nach Lage der Dinge gibt es nur den einen Weg,
in direkten Verhandlungen die vorliegenden Schwierigkeiten zu
beſeitigen. Man darf wohl annehmen, daß auch die Gewerkſchaf=
ten
allmählich eingeſehen haben, in welche Situation ſie ſich und
ihre Mitglieder hineinmanövriert haben. Wenn ſie gleich bei den
erſten Anregungen zur Teilnahme an Friedensverhandlungen zu=

Por neuen Arbeitszeitlämpfen. Achtſtunden=
tag
bei den Reichsbehörden?
* Berlin, 13. November. (Priv.=Tel.)
Reichsinnenminiſter Severing trägt ſich mit der Abſicht, im
Verordnungswege für alle Reichsbedienſteten den Achtſtundentag
einzuführen. Das Reichskabinett wird ſich mit dieſer Verord=
nung
in ſeiner nächſten Sitzung befaſſen. Jedoch ſoll ſie dem
Reichstag nur zur Kenntnis zugeleitet werden. Es iſt ſehr wahr=
ſcheinlich
, daß ſich die Verordnung auch auf Reichsbahn und
Reichspoſt auswirkt, ſo daß dann auch hier die Einführung des
ſchematiſchen Achtſtundentages erfolgt. Schließlich werden auch
Länder und Gemeinden nicht zurückſtehen wollen, ſo daß wir
dann binnen kurzem in allen Behörden dort ſtehen, wo wir un=
mittelbar
nach der Revolution waren, als man zu raſcher Ver=
kürzung
der Arbeitszeit ſchritt unter gleichzeitiger Aufblähung
des Beamtenkörpers. Nach Berechnungen, die unter der Hand bei
der Reichspoſt vorgenommen worden ſind, wird man mit gewal=
tigen
Neueinſtellungen und ſelbſtverſtändlich größeren Ausgaben
zu rechnen haben.
Das gleiche gilt auch für die Reichsbahn, während ſich die
Auswirkungen des ſchematiſchen Achtſtundentages bei den übri=
gen
Behörden im Augenblick noch nicht überſehen laſſen. Un=
zweifelhaft
wird aber durch die beabſichtigte Verordnung dem
Reich direkt und indirekt eine erhebliche Neubelaſtung auferlegt,
die abzutragen angeſichts des ſchon vorhandenen 700=Millionen=
Defizites ein Ding der Unmöglichkeit iſt. Es muß aber auch be=
rückſichtigt
werden, daß durch die Verordnung den Gewerkſchaften
neuer Antrieb zur Einführung des Achtſtundentages auch in der
geſamten freien Wirtſchaft gegeben wird. Es ſtehen uns alſo
wahrſcheinlich auch Arbeitszeitkämpfe auf breiteſter Front bevor.
Ein neues Phöbus=Abenteuer?
Der Haushaltsausſchuß des Reichstages, der heute zum erſten
Male nach langer Pauſe wieder zuſammentrat, beſchloß zunächſt
die Einſetzung zweier Unterausſchäſſe: eines ſtändigen Rech=
nungsausſchuſſes
und eines Sparausſchuſſes. In dieſen Unter=
ausſchüſſen
ſollen von jeder Fraktion ein Mitglied und von den
Sozialdemokraten zwei Mitglieder vertreten ſein. Es folgte dann
die Ausſprache über die Kreditaktion des Reiches für die Emelka=
Filmgeſellſchaft. Reichsfinanzminiſter Dr. Hilferding legte dar,
daß es ſich hier nicht um die Subvention eines notleidenden Un=
ternehmens
handele, daß aber die politiſchen Auswirkungen be=
deutend
ſeien, denn man wolle verhindern, daß in der Film=
induſtrie
ſich ein Monopol herausbilde. Gegewüber den deutſch=
nationalen
Angriffen, man wolle das Filmweſen ſozialiſieren,
erinnerte Reichsinnenminiſter Severing daran, daß das Reich
auch in der Kriegszeit ſich bereits an Filmunternehmungen be=
teiligt
habe. Die kulturelle und ſtaatspolitiſche Einwirkung auf
die Filminduſtrie ſei heute noch mindeſtens ſo notwendig, wie
damals, um einen Wall gegen ein Privatmonopol und einen gei=
ſtigen
Schutz zur Sicherung der Republik zu ſchaffen. Die Be=
ſchlußfaſſung
wurde auf Mittwoch vertagt.
* Die Reichsregierung trägt ſich alſo mit der Abſicht, ſich an
der Emelka=Filmgeſellſchaft finanziell zu beteiligen. Dieſer Plan
hat aber bei den Koalitionsparteien recht gemiſchte Gefühle aus=
gelöſt
. Man erinnert an die Erfahrungen mit der Phöbusgeſell=
ſchaft
, und kann ſich für eine neue Beteiligung nicht erwärmen.
Offenſichtlich ſtehen aber diesmal die Sozialdemokraten hinter
der Beteiligung, um ſich auf dem Umwege über den Film ein
Propaganda=Inſtrument für ihre Kulturpolitik zu ſchaffen.
Die deutſch=polniſche Chorzow=Angelegenheit.
Haag, 13. November.
Die erſte Sitzung des vom Ständigen Internationalen Ge=
richtshof
in der deutſch=polniſchen Chorzow=Angelegenheit einge=
ſetzten
internationalen Sachverſtändigenausſchuſſes wurde geſtern
nachmittag abgehalten. Die Sachverſtändigen haben aus ihrer
Mitte den Direktor der norwegiſchen Hafslund Karbidfabrik,
Hoey, zum Vorſitzenden des Ausſchuſſes gewählt. Dem Ausſchuß
wurde vom Generalſekretär des Gerichtshofes ein Beamter des
Sekretariats beigegeben, der als Mittelsperſon zwiſchen Gerichts=
hof
und Ausſchuß auftreten wird. Der Ausſchuß wird nunmehr
zur Prüfung der zahlreichen für die Feſtfetzung der Schaden=
erſatzſumme
maßgebenden Schriftſtücke und Akten übergehen und
nötigenfalls auch eine Ortsbeſichtigung in Chorzow vornehmen.
Mitte Dezember wird der Ausſchuß erneut im Haag zu einer
Sitzung zuſammentreten.

aber Gefühl . . . Ich habe jetzt . . . keinen Menſchen auf der
ganzen weiten Welt, der mich verſteht oder wenigſtens verſtehen
will. Ich bin infolgedeſſen gezwungen, mich mit mir ſelbſt zu
beſchäftigen, und es gefällt mir gut, ſo ein geteilter Menſch zu
ſein. Die Bühnenfeſtſpiele im vorigen Jahr waren für mich ſchon
hochbedeutend, da ich den Parſifal und die Meiſterſinger kennen
lernte, und da ich Bayreuth überhaupt kennen lernte, d. h. die
Bayreuther Kunſt. Das iſt Kunſt, wirkliche, wahre echte deutſche
Kunſt. So träumt’ ich einſt von der Kunſt und ihren Jüngern,
ſo dachte ich mir die Beſtimmung des Muſikers, und ſo denke ich
mir die heitere Kunſt, die Schiller meint, wenn Kunſt ſo ernſt
gepflegt wird, dann iſt ſie heiter . . . Die diesjährigen Feſtſpiele
ſind für mich das geweſen, was für einen Kaufmann die Welt iſt,
nämlich alles, was für mich ſein kann, habe ich dies Jahr in Bay=
reuth
erlebt durch den Triſtan. Ich war und werde nie im Leben
ſo glücklich und zugleich auch unglücklich wie in Bayreuth wäh=
rend
einer Triſtanaufführung. Solche Eindrücke glaubte ich nicht
auf dieſer Welt finden zu können . . . Das waren Feſttage, dieſe
Triſtan=Aufführungen. Wie beruhigend wirkt der Parſifal und die
Meiſterſinger nach dem Triſtan. Man muß da unwillkürlich ſagen:
Es gibt ein Glück, das ohne Reu:."

*Heſſiſches Landestheater.
Kleines Haus. Dienstag, den 13. November.
Der Barbier von Sevilla.
Komiſche Oper von Strebini, Muſik von G. Roſſini.
Die heutige Aufführung war trotz mancher Merkmale der
Improviſation, die ſie trug, aus verſchiedenen Gründen gut. Vor
allem dank der vortrefflichen Beſetzung zweier Hauptrollen. Käthe
Walter iſt für die Roſine, die reizendſte aller Koloraturpartien,
wie geſchaffen. Sie deckt ſich mit ihr in allen Eigenſchaften ihrer
Perſönlichkeit, ihres Temperaments, ihrer ſtimmlichen Begabung
und wird, ſo oft ſie in ihr auftritt, jedesmal beſſer. Leo
Barczinski als Gaſtbarbier in ſeiner glücklichſten Rolle wie=
derzuſehen
, war erfreulich. Seine hohe Kultur und die überlegene
Beherrſchung aller Mittel wirkſam zu ſehen, iſt ein ſeltener Ge=
nuß
. Ausgezeichnet neben dieſen die Herren Heinrich Kuhn und
Theo Herrmann in den unverwüſtlichen Typen Bartolo und
Baſilio. Nicht ganz auf gleicher Höhe der Graf Almaviva, für
den eine jugendlichere Erſcheinung und wärmere Stimme erfor=
dert
iſt, als ſie Adolf Jäger beſitzt. Martha Liebel und
Karl Ebert=Beyex in ihren kleinen Aufgaben gut am Platz.
Die vorjährige Bearbeitung und Neuinſzenierung, die ich
nicht für günſtig halte, hatte gleichwohl einige Abänderungen er=

fahren, die ſie verbeſſerten. Vor allem war das Krampfhafte und
Zappelige herausgeſtrichen. Den Wegfall der Balkonſzene
Roſinens im erſten Akt, auf die ſpäter Bezug genommen wird,
kann ich freilich nicht verſtehen. Die Ouvertüre als Zwiſchenakts=
muſik
ſcheint mir nach wie vor überflüſſig, zudem ſie rhythmiſch
ungenau, vielfach überhaſtet und ohne Humor heruntergeſpielt
wurde. Dieſelben Mängel und eine unbiegſame, trockene, auch
völlig unperſönliche Art hafteten der ganzen muſikaliſchen Lei=
tung
Berthold Goldſchmidts an, der ſich auch heute ſeiner
Aufgabe nicht gewachſen zeigte.
Wenn trotzdem auf der Bühne beſonders viel Zug und
Laune herrſchte, ſo war dies dem von Anfang an ſehr beifalls=
luſtigen
Publikum zu verdanken. Hervorruf folgte auf Hervorruf
bei offener Szene und ließ den zündenden Funken hin= und
zurückfliegen. Es gibt Menſchen, die ſpontanen Applaus vor
Aktſchluß vervönen. Daß jede Vorſtellung ſich aber dadurch ver=
beſſert
und Zuhörer wie Künſtler nur Vorteil davon haben, das
wurde heute bewieſen.
v. H.

Zwei deutſche Nobelpreisträger.
Den Nobelpreis für Chemie für das Jahr 1927 er=
hielt
Heinrich Wieland, Profeſſor in München, und den für
das Jahr 1928 Adolf Windaus, Profeſſor in Göttingen.
Falls der Phyſikpreis für 1928 verteilt werden ſollte, würde
ihn O. W. Richardſohn in London erhalten.
Der Nobelpreis für Literatur.
Die ſchwediſche Akademie der Wiſſenſchaften hat den Nobel=
preis
für Literatur für das Jahr 1927 dem Mitglied der Aca=
demie
Frangaiſe Henri Louis Bergſon und den Literatur=
Nobelpreis für 1928 der norwegiſchen Dichterin Sigrid Undſet
zuerkannt.

Der Datterich in Mannheim.
Ernſt Langheinz hat unſerem Datterich in Mannheim
neuen, ungeahnten Triumphen verholfen. Die Mannheimer Kritik
begeiſtert:
Der Datterich hatte ſeinen Darmſtädter Geſandten, das war Ernſt
ungheinz. Er hat den Datterich ſchon in Darmſtadt geſpielt. Es gibt
enige Schaufpieler, die ihn ſpielen können. Ich kenne nur drei: den
armſtädter Göbel, den Frankfurter Ebelsbacher und Langheinz. Er
die darmſtädtiſche Luft gerochen, er kennt die Farbe der Sprache
er trifft Tun und Gehaben. Sein Datterich hat einen ſchwarzen
inkel an, graue Hoſen, einen Vatermörder dick wie ein Pilz, weiße
uſt, Zylinder und Stock, im Haar einen Stich ins Rote, der ſich auch
die Koteletts fortſetzt. Er hat ein Spritzerchen von einem Kavalier,

Er möchte ſich auch äußerlich von der Zunft abſondern, mit der er ver=
kehrt
und mit der er leben muß. Er betont: ich bin aus anderem
Holz, aus einem beſſeren, ich bin ein kleiner Weltmann, ich habe pari=
ſeriſche
Luft geſchmeckt. Trotzdem iſt die Stirn etwas vergrübelt und
gefurcht; eine Andeutung, auch der Datterich hat ſeine Sorgen und lebt
nicht nur in den Tag hinein. Langheinz ſteigt bis ins Dämoniſche der
Figur hinunter, ohne dadurch den kecken und frechen Schmiß zu ver=
wiſchen
. Er iſt Fleiſch und Blut, Erde, Saft, Dreck, Großmäuligkeit,
Windbeutelei, aber er zeigt auch alle Feinheiten von Melancholie, Witz
und Beſinnlichkeit, die in der Figur liegen. Er iſt richtig. (Neue Bad.
Landeszeitung; gez.: Anton Schnack.)
Das Beſte diesmal zuletzt: Ernſt Langheinz als Datterich. Selbſt
ein Darmſtädter, alſo für die Rolle hinreichend vorbeſtraft. Aber nicht
nur ein Darmſtädter, viel mehr ein großer Schauſpieler, der ſeinen
Datterich zu einer überragenden Figur machte. Wir haben das Stück
auch an Ort und Stelle geſehen; mit einem Original=Datterich; aber
jenem fehlte das Weſentliche von Langheinz, der geniale Zug. War
der Groſchenmonolog nicht geradezu erſchütternd? War nicht das ganze
Haus auf der Seite Datterichs? Tat die Dreſche, die er bekam, nicht uns
allen weh? Aber Langheinz warb nicht für ſeinen Helden; er ließ ihn
nur reden, darmſtädteriſch. Mit einem über alles Lokale erhabenen
Humor, einer wunderbaren Laune. Im Wirtshaus kriegte man förm=
lich
Durſt mit dieſem Datterich, beim Levé erlebte man die goldene
Morgenſtunde des Ausſchlafens mit ihm; die Tiraden, die er an den
lanyen Schmidt hinredete, floſſen über von genialer Frechkeit, und
ſein ſchließlicher Abgang war geradezu tragiſch, die letzten Anſprachen
unvergleichlich. Das Publikum ging mit wie ſelten. Nach Darmſtadt
und mit dem Hauptdarſteller, den es immer wieder feierte. Mannheim
iſt um einen köſtlichen Theaterabend reicher. (Neue Mannheimer Ztg.
gez.: Dr. Kahſer.)
Im Mittelpunkt des Intereſſes ſtand naturgemäß die Geſtalt des
Datterich, der durch Langheinz eine geradezu klaſſiſche Wiedergabe er=
fuhr
. Daß der Darſteller Darmſtädter iſt, kam ihm natürlich beſonders
hinſichtlich des Dialekts und der Vertrautheit mit dem Volkscharakter
ſehr zu ſtatten. Darüber hinaus aber ſchuf Langheinz eine Geſtalt von
ſtarkem, individuellem Leben. Niemals ermangelte ſeiner Komik die
gebotene Dezenz, und im geeigneten Augenblick wurde eine leiſe Tragik
ſpürbar, die hinter der humorvollen Philoſophie des Schnorrers lauerte.
Es war eine höchſt bedeutſame Leiſtung aus einem Guß, deren man ſich
hier erfreuen durfte. (Neues Mannheimer Volksblatt; gez.: Dr. L.
Peterſen.)
Sicher ginge dieſer Datterich über Hunderte von Bühnen, wenn
den Spielleitern überall ein Ernſt Langheinz zur Verfügung ſtände. In
breiter Strichmanier ließ Langheinz den ewig durſtigen Schalk vor dem
animierten Publikum erſtehen, das ſich köſtlich unterhielt und wacker
Beifall zollte. (Mannheimer Tageblatt; gez.: Fritz Droop.)
Im Mittelpunkt der Handlung und des Intereſſes ſtand Ernſt
Langheinz als geradezu prädeſtinierter Vertreter des Datterich. Damit
freilich, daß er ſelbſt Darmſtädter iſt, iſt wenig getan, wenngleich dieſe
Tatſache ſchon für Dialektreinheit garantiert. Wie aber Langheinz dem
originellen Saufgenie bis in die letzte Gemüts= und Geiſtesregung nach=
gegangen
iſt, wie er bei aller Draſtik dezente Komik ſpielen läßt, das zu
beobachten, erfüllt mit ſtets erneutem Vergnügen. (Neue Pfälziſche Lam=
deszeitung
:

[ ][  ][ ]

Mittwoch den 14 November 1928

Nummer 317

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Familiennachrichten

Todes=Anzeige.
Mein lieber Mann, unſer guter Vater, Bruder,
Schwager und Onkel

Die große Teilnahme und die vielen Kranzſpenden
und Blumen, ſowie die warmherzigen Zeichen der Ver=
ehrung
beim Heimgange unſeres lieben Vetters und
Onkels, des
Schriftſtellers und Landtagsabgeordneten

in unserer Passage preiswerte

wurde heute von ſeinem Leiden erlöſt.
Im Namen der Hinterbliebenen:
Anna Lagemann.
Darmſtadt den 13. November 1928.
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Die Beerdigung findet am Freitag, den 16. November,
nachmittags 2 Uhr. vom Portal des alten Friedhofes
an der Nieder=Ramſtädterſtraße aus ſtatt.

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dieſem Wege.
Im Ramen der trauernden Hinterbliebenen:
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Im Namen der trauernden Familie:
Frau Mathilde Sieben, geb. Röder
Lilly Emminghaus, geb. Sieben, Erfurt
Dr. med. Paul Sieben, Schierke i. Harz
Charlotte Sieben, Schierke i. Harz
Cordina Sieben, geb. Burkhardt,
Schierke i. Harz
Dipl. ing. Bernd Emminghaus, Erfurt
und 4 Enkelkinder.
Auerbach i, Heſſen, den 12. November 1928.
Die Beerdigung findet am Donnerstag, den 15. No=
vember
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ſtädterſtraße
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Gott dem Allmächtigen hat es gefallen,
heute morgen 5 Uhr meine liebe, herzensgute
Frau, Tochter, Schwiegertochter, Schwägerin
und Tante, Frau
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Hergessen Sle nicht

geb. Nikolei
im Alter von 42 Jahren zu ſich zu rufen
In tiefer Trauer:
Heinrich Rühl u. Angehörige.
Darmſiadt, den 13. November 1928.
Die Beerdigung findet Donnerstag näch=
mittag
2 Uhr auf dem Waldfriedhof ſiatt.

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Dankſagung.
Von nah und fern ſind uns in den letzien ſchweren
Tagen aus allen Kreiſen der Bevölkerung ſo viele rührende
Beweiſe herzlicher und aufrichtiger Teilnahme an dem
Hinſcheiden unſeres treuen Familienoberhauptes zuge=
gangen
, daß wir uns außer Stande ſehen, jedem einzelnen
per ſönlich zu danken.
Wir ſprechen daher auf dieſem Wege Allen, die unſeres
unvergeßlichen Eniſchlafenen ſo ehrend und anerkennend
gedacht haben, den herzlichſten, innigſien Dank aus. In=
ſonderheit
danken wir Allen, die uns mit treuem Rat,
ſelbſtloſer Tat und ſeelſorgerlichem Bemühen nahe ge=
weſen
ſind, Allen, die die letzte Ehrung ſo erhebend und
ſignig geſtaltet haben.
Wir ſind uns bewußt, daß ſolche Anhänglichkeit und
Liebe über Grab und Tod hinaus mit ihm verbunden
bleibt.
Familie Henkelmann.
Bensheim, den 13. November 1928. ((V 18399

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[ ][  ][ ]

Nummer 312

Mittwoch, den 14 November 1928

Geite 8

Aus der Landeshauptſtadt.

Darmſtadt, 14. November.
Verfetzt wurbe: Am 8. Nobember: der Förſter Jean Löſch zu
Siedelsbrunn in gleicher Dienſteigenſchaft in die Förſterei Sensfelder
Tanne, Forſtamt Mörfelden.
Verſetzung in den Ruheſtand. Am 1. Dezember 1928 tritt der
Miniſterialoberreviſor Johann Viſch zu Darmſtadt auf Grund des
81 des Geſetzes über die Altersgrenze den Staatsbeamten vom 2. Juli
bzw. 19. Dezember 1923 in Verbindung wit Arbkel 2 des Geſetzes über
die Einſtellung des Perſonalabbaues in Heſſen und zur Aenderung des
heſſiſchen Perſonalabbaugeſetzes vom 8. Oktober 1925 in den Ruheſtand.
75, Geburtstag. Luiſe Ball Witwe geb. Finger, Kiesſtr. 97,
begeht morgen, den 15. November, ihren 75. Geburtstag in voller geiſti=
ger
und körperlicher Friſche.
Hefſiſches Landestheater. Heute gelangt der Prozeß Mary
Dugan als Vorſtellung der Miete B um 19½ Uhr zur Wiederholung.
Die Beſetzung iſt die der Erſtaufführung. Die Beſucher, die das Stück
bereits geſehen haben, werden nochmals erſucht, über den Ausgang des
Prozeſſes Stillſchweigen zu bewahren.
Morgen, Donnerstag, werden die Luſtigen Weiber von
Windſor in der Neueinſtudierung und Inſzenierung als Vorſtellung
der Miete C erſtmalig wiederholt. Beginn 19½ Uhr.
Im Kleinen Haus findet morgen die erſte Wiederholung der Ko=
mödien
: Die tote Tante und andere Begebenheiten
von Curt Goetz als Vorſtellung der Zuſatzmiete V ſtatt. Dieſe Vorſtel=
lung
beginnt um 19½ Uhr.
Schubert=Feier des Landestheaters. Montag, den
19. November, findet als Schubert=Feier des Heſſiſchen Landestheaters
das zweite Sinfoniekonzert unter Leitung von Generalmuſik=
direktor
Dr. Böhm ſtatt. Dieſer Abend iſt Franz Schubert gewidmet.
Zur Aufführung gelangt die unvollendete Sinfonie (k=Moll) und die
Sinfonie Nr. 7 C=Dur.
Zweiter Schubert=Abend des Drumm=Quartetts. Das Drumm=
Quartett bringt im Rahmen ſeines zweiten, für Dienstag, den 20. No=
bember
, 2 Uhr, im Kleinen Haus angeſetzten Schubert=Abends die
Streichquartette E=Dur op- 125 Nr 2 und B=Dur ſowie das Streich=
quintett
C=Dur.
Gewerbemuſeum. Die Ausſtellung der Radierungen und Zeich=
nungen
don Hermann Kätelhön bleibt auch während der Ausſtel=
lung
der Hafraba zugänglich. Und zwar iſt ſie an den Tagen vom
15.22. Nodember täglich von 101 Uhr und von 2.304 Uhr geöffnet
Wir machen noch einmal darauf aufmerkſam, daß dieſe Ausſtellung
durch die Porträts des früheren Staatspräſidenten Ulrich und des
Finanzminiſters Henrich ein beſonderes Intereſſe bietet. Bildniſſe,
wie die von Kätelhön ſind mehr als Momentbilder. Es ſind Bio=
graphien
, in denen der aufmerkſame Leſer eine tiefe und liebevolle
Darſtellung der Perſönlichkeit findet.
Gemeinſame Totengedenkfeier. In der gemeinſamen Sitzung der
Vorſtände wurde einſtimmig beſchloſſen, die Totengedenkfeier wieder wie
in den vergangenen Jahren gemeinſam am 25. November, 11,30 Uhr,
auf dem Waldfriedhof zu begehen. Ihre geſchloſſene Beteiligung haben
zugeſagt: Gau Darmſtadt des Heſſiſchen Sängerbundes, Reichsbanner
SchwarzRot=Gold, Reichsbund der Kriegsbeſchädigten, Volkschor Darm=
ſtadt
, Reichsvereinigung ehemaliger Kriegsgefangener, Männerquartett
Weſtend und Reichsbund jüdiſcher Frontſoldaten. Das Stadtorcheſter
hat ſich zu dieſer Feier in ſelbſtloſer Weiſe zur Verfügung geſtellt. Die
geſamte Vebölkerung Darmſtadts wird um Teilnahme an dieſer gemein=
ſamen
Totengedenkfeier gebeten. Für dieſe Veranſtaltung wird der
Gau Darmſtadt des Heſſiſchen Sängerbundes am Dienstag, dem 20. No=
vember
, abends 8 Uhr, in der Turnhalle Runde=Turm=Schule eine Haupt=
probe
abhalten. Die Noten für die Chöre Da unten iſt Frieden und
Schottiſcher Vardenchor ſind mitzubringen. Die Leitung der Chöre
liegt in den Händen von Gauchormeiſter Etzold.
Verein für das Deutſchtum im Ausland. Die Frauenortsgruppe
ruft ihre Mitglieder und Freunde zu einer Veranſtaltung zuſammen,
die der deutſchen Not im Saarland gedenken will. Die Fürſorge für
das Wohl und Wehe der Grenzlanddeutſchen gehört zu den notwendig=
ſten
Aufgaben des V.D.A. in der Gegenwart. Der 1. Dezember wird
deshalb unter den Leitſatz geſtellt: Deutſch iſt die Saar, Frau
Helene von Vopelius, in Wort und Tat gleich anerkannt, wird
aus der Fülle eigenen Erlebens vom Kampf des bedräuten Deutſchtums
im Saarland ſprechen. Sie iſt begleitet von einer ſtattlichen Schar
Saarländerinnen, die uns durch Lied, Wort und Tanz in die Eigenart
ihrer Heimat einführen. Die Darbietungen dieſer weitgereiſten Truppe
haben überall großen Beifall gefunden. Die muſikaliſche Umrahmung
des Saar=Abends hat der Inſtrumentalverein übernommen.
Schubert=Feier der Volkshochſchule. Herr Dr. Max Wauer
ſpricht anläßlich de3 100. Todestages Franz Schuberts an Donnerstag,
dem 22. November, 20 Uhr, inn Saal 138 der Techniſchen Hochſchule über
Leben, Lieben und Schaffen des unſterblichen Tonlächters. Karten für
Mitglieder der Volkshochfchule zu 50 Pf., für Nichtmitglieder zu 1 Mk.
in der Geſchäftsſtelle, Makhildenplatz 17, und am Saaleingang.
Bührenvolksbund. Es iſt uns gelungen, den älteſten Pionier
der chriſtlichen Theaterbewegung, den Pater Dr. Expeditus Schmidt,
gelegentlich einer Vortragsreiſe zu einem Vortragsabend zu ge=
winnen
. Der Vortrag wird am Mittwoch, den 28. November, abends
8.15 Uhr, in der Aula des Realgymnaſiums ſtattfinden. Das Thema
lautet: Die ſoziale Seite der Bühnenkunſt, Publikum und Volk in
ihrer geſchichtlichen Entwicklung. Es wird in Deutſchland kaum je=
mand
zu finden ſein, der als Ergebnis vierzigjähriger Arbeit alle dieſe
Fragen ſo erſchöpfend erörtern kann wie der bekannte Franziskaner=
pater
Schmidt. Da zu dieſem Vortrag der Zudrang ſicher ſehr groß
werden wird, ſo bitten wir, in der Geſchäftsſtelle bei Chriſtian Arnold
ſich jetzt ſchon vormerken zu laſſen. Der Eintritt iſt für unſere Mit=
glieder
frei. (Anzeige erfolgt demnächſt.)
Evangeliſche Martinsgemeinde. Am Sonntag, den 18. November,
abends 6 Uhr, findet in der Martinskirche eine kirchenmuſikaliſche
Abendandacht ſtatt, zu der ſich Herr und Frau Horn, ſowie Herr Hanne=
wald
, freundlichft zur Verfügung geſtellt haben. Werke alter Meiſter
bor und bis zu Joh. Seb. Bach kommen zu Gehör. Der Eintritt
iſt ſrei.
Petrusgemeinde. Die Bibelſtunde für den Oſtbezirk
im Gemeindehaus heute abend muß ausfallen. Die Bibelſtunde in der
Neuen Trainkaſerne wird gehalten.
Orpheum Bettelprinzeßchen. Heute Mittwoch, nachmittags
7 Uhr, wird die entzückende Märchen=Revue für kleine und große
Kinder in 20 Bildern noch einmal wiederholt, und zwar ſind für Schli=
ler
und Kinder die Preiſe ſehr billig angeſetzt, von 30 Pf. an, Erwach=
ſene
von 60 Pf. an. Die Orpheumskaſſe wird ſhon um 2 Uhr geöffnet.
Es iſt ein ganz neues Märchen, bearbeitet von Walter René, der auch
in anſprechender und leichtfaßlicher Weiſe den verbindenden Text ſpricht
und die Bilder den Kindern erklärt. Eine ſchöne Muſik umrahmt die
Handlung. Es gibt viele ſchöne Ueberraſchungen, z. B. der Schokolade=
Negen, die Märchenprinzeſſin, der Kaffeeklatſch im Märchenland, die
Zinnſoldaten und vieles andere. Ein Märchen, das jedes Kinderherz
erfreuen und die Großen wieder jung machen will. Selbſtverſtändlich
wird auch die ganze Koſhümpracht einer großen Redue entwickelt, und
beſonderen Wert legte man auf den Humor. In der Abendvorſtellung
um 8,15 Uhr wird die große moderne Vavietéparade zum letzten Male
aufgeführt. (Siehe Anzeige)
Trockenſkikurſe des Skiklubs Darmſtadt/Odenwald. Hiermit wird
hechmals auf den ſchon bekanntgegebenen Trockenſkikurſus, der am 16.
Nobember, abends 7.30 Uhr, in der Turnhalle Soderſtraße 30 beginnt,
aufmerkſam gemacht. Anmeldungen zu dieſem 7ſtündigen Kurſus wer=
den
im Sporthaus Adelmann, oder anläßlich der erſten
Uebungsſtunde noch entgegengenommen. Der Kurſusbeitrag beträgt
5,00 Mk. Als Ausrüſtung iſt erforderlich: Ski mit Stöcken, Ski= oder
Vergſtiefel, welche auf die Ski zu verpaſſen ſind, und leichter Sport=
oder
Turnanzug mit Turnſchuhen. Die Ausrüſtungsgegenſtände können
in der Turnhalle zur Aufbewahrung abgegeben werden. Der Leiter des
Kurſus, Herr Gießmann, erteilt am Donnerstag, den 15. November,
nachmittags 5 Uhr, im Sporthaus Adelmann weitere Auskunft.
Schloß=Café. Das Schloß=Café=Enſemble unter der bewährten
Seitung von Kapellmeiſter Curt Fiſcher bringt in ſeinen Sonderverau=
ſtältungen
abwehſelungsreiche Programme, die für jeden muſikaliſchen
Geſchmack etwas enthalten. (Näheres ſiehe Anzeige.)
Die Auszahlung der laufenden Zufatzrenten für nicht im Er=
Verbsleben ſtehende Schwerkriegsbeſchädigte, Kriegshinterbliebene, Alt=
kentner
und Altrentnerinnen erſolgt am Donnerstag, dem 15. Novem=
ber
1928, durch die Stadtkaſſe.

Gefallenen=Gedenk=Gottesdienſt
des Verbandes Hefſiſcher Regimentsvereine.
Totenſonntag, den 25. November 1928, 8 Uhr vorm., in der Stadtkirche.
Die Gedenkpredigt hält Herr Stadtpfarrer Lautenſchlä=
ger
.
Der Reichsbund ehem. Militärmuſiker und Herr Stadtorganiſt
Studienrat Borngäfſer haben ihre Mitwirkung zugeſagt.
Wir bitten die Vereinsvorſtände, für weiteſte Verbreitung und rege
Teilnahme zu ſorgen. Die Plätze müſſen 38 Uhr eingenommen
werden, Platzverteilung findet wicht ſtatt, Reihenfolge nach dem Ein=
treffen
.
Die Vereine ſollen außerhalb der Kirche antreten und geſchloſ=
ſen
anrücken
Angehürige der Kameraden und Mitglieder der Stadtgemeinbe
können nur auf der ſüdl. Empore Platz finden. Das ganze Kirchenſchiff
muß für die Vereine frei bleiben; erſt nach Einrücken aller Vereine,
früheſtens ab 7.55 Uhr vorm., können noch freie Plätze im Kirchenſchiff
auderweitig beſetzt werden.
Einen unbedingt ausreichenden und energiſchen Ordnungsdienſt hat
das Regiment Nr. 168 zu ſtellen. Er hat für gleichmäßige Beſetzung des
Kirchenſchiffes zu ſorgen, den Einmarſch der Fahnengruppe in die Kirche
niach der Ankunft S. K.H. des Großherzogs zu leiten und unter allen
Umſtänden ſicher zu ſtellen, daß nach Bcendigung des Gottesdienſtes
der Gang nach der Türe in den Hof der Feuerwache (Südſeite) ſo lange
freigehalten wird, bis die Großherzögliche Familie die Kirche verlaſſen
hat. (Vorherige Rückſprache des Leiters des Ordnungsdienſtes mit Hpt.
a. D. Bickel etwa acht Tage vor der Feier wolle der Vorſitzende von 168
veranlaſſen.)
Der Verein ehem. 168er ſtellt ferner zwei Abordnungen, die ſofort
nach dem Gottesdienſt an der Feuerwoche vom Rechner des Verbandes,
Herrn Spöhrer, 2 Kränze empfangen und dieſe an dem Landeskrieger=
denkmal
und auf dem Waldfriedhof (Ehrenhof) niederlegen.
Die Vereinsfahnen und die befreundeter Vereine ſtehen 7.50 Uhr
vorm. an der Polizeiwache neben der Kirhe. Der Einmarſch erfolgt
nach Ankunft des Großherzogs, und zwar durch den Mittelgang.
(Führung 168.) Beim: Einmarſch der Fahnen erhebt ſich die Verſamm=
lung
.
Die Verbandsfahne führt das Rgt. 168. Nach beendetem Gottes=
dienſt
iſt die Fahne duuch mindeſtens 2 Gruppen bis Eichbergſtraße 8
abzubringen.
Wir bitten nochmals um zahlreichen Brſuch und bitten insbeſondere
die uns befreundeten und naheſtehenden Vereine, ſich mit ihren Fahnen
und Abordnungen zu beteiligen, damit hierdurch die Geſchloffenheit aller
ſoldatiſch und vaterländiſch denkenden Vereine wiederum zum Ausdruck
kommt. Beſondere Einladung ergeht nicht mehr.
Zum Schluß teilen wir mit, daß das Tragen der Uniform zu dieſer
Feier geſtattet iſt und bitten, von dem verliehenen Rechte weitgehendſten
Gebrauch zu machen.

Wur

Mittwoch, Donnerstag, Freitag
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Vorbereitung zum Schneelauf
durch Trockenſkikerſe.
Die Durchführung von Trockenſkikurſen iſt heute in allen größeren
Städten eine ſtändige Einrichtung geworden. Früher noch manchmal
auftauchende Zweifel über den Wert ſolcher Kurſe ſind längſt widerlegt,
denn die Erfahrung hat gezeigt, daß dem Leiter ſolcher Kurſe eine
Fülle von vorbereitenden Ausbildungsmöglichkeiten in die Hände gegeben
ſind, die ermöglichen, ſeine Schüler in einer Turnhalle, geſchützt gegen
Kälte und Wind, in die Grundlagen des Skilaufs mit allem, was dazu
gehört, einzuführen.
Bei ſolchen Vorbereitungskurſen handelt es ſich in erſter Linie da=
rum
, den Anfänger ſoweit wie möglich mit ſeinen Schneeſchuhen ver=
traut
zu machen. Er lernt das richtige Tragen der Schneeſchuhe, das
Hinfallen und Aufſtehen, die Wende= und Steigmöglichkeiten, die
Grundlage der Schneelauftechnik mit ihren verſchiedenen Skiſtellungen,
Körperbewegungen, Gewichtsverlegung uſw. Eine Ausbildung, die
dem Skizögling ſchon ein gewiſſes Ski= und Gleichgewichtsgefühl gibt.
Ferner wird der Schüler unterrichtet über die ſachgemäße Behand=
lung
von Schneeſchuhen und Bindungen; auch über das Wachſen, wel=
ches
ſich heute ja zu einer beſonderen Wiſſenſchaft entwickelt hat. Be=
ſonderer
Wert wird auch auf die gleichzeitige körperliche Ansbildung des
angehenden Schneeläufers gelegt. Das geſamte Muskelſyſtem, Herz
und Lunge, werden durch geeignete gymnaſtiſche Uebungen für die ſtarke
Inanſpruchnahme des Körpers beim Skilauf vorbereitet.
So bedeutet ein neuzeitlich aufgebauter Trockenſkikurſus eine vor=
zügliche
Vorbereitung, welche dem Lehrer ſowie dem Schüler bei Ein=
tritt
des erſten Schneefalles die eigentliche Ausbildung auf dem Schnee
ſehr erleichtern.
Odenwaldklub, Ortsgruppe Darmſtadt. Die letzte programm=
mäßige
Wanderung in dieſem Wanderjahr findet am kommenden Sonn=
tag
nach Ober=Ramſtadt ſtatt. Der Abmarſch am Tierbrunnen erfolgt
um 8,30 Uhr. (Siehe Anzeige.)
Mozart=Vercin. Au=h der Mozartverein wird in ſeinem nächſten
Konzert, das am Ende des Monats im Saalbau ſtattfindet, dem
Genius S huberts huldigen. Unter der Leitung Friedrich Rehbocks
wird der Mozartchor mit einer Blütenloſe der ſchönſten Schubertchöge
aufwarten. Di= Chöre werden von Shubertliedern unterbrochen, die
unſer Heldentenor Haus Grahl vortragen wird. Damit tritt dieſer
gefeierte Buhnenſänger zum erſten Male in Darmſtadt auf das Konzerr=
podium
. Er wird den Beweis erbringen, daß er als Liederſänger ſich
gleichen Ruhmes erfreuen darf wie auf der Bühne. Die zahlreichen
Verehrer des Künſtlers ſehen ſeinem Auftreten im Mozartverein mit
größter Spannung entgegen.
Milchhof. Auf die im Anzeigenteil der heutigen Nummer des
D. T. enthaltene Erklärung des Vorſitzenden des Heſſiſchen Landbundes
für Starkenburg, Landtagsabg. Blaſer, wird hierdurch aufmerkſam
gemacht.

Der neue Gas=Wohnungs=Tarif.
Anläßlich der geſtrigen Monatsverſammlung des Hausfrauenbundes
hielt Herr Dr. Halberſtadt von der Direktion der Städt. Betriebe
einen Vortrag über den neuen Wohnungstarif und die hierdurch ge=
gebene
Wirtſchaftlichkeit der Gasverwendung im Haushalt. Der zahl=
reiche
Beſuch der Hausfrauen hat gezeigt, daß der neue Wohnungstarif
reges Intereſſe gefunden hat. Die Darmſtädter Bevölkerung hat heute
drei Möglichkeiten, das bezogene Gas zu bezahlen, einmal nach dem ſchon
länger beſtehenden Haushaltungstarif mit einer Grundgebühr, die ſich
nach der Meſſergröße richtet, und einer Verbrauchsgebühr von 18 Pfg.,
zum zweiten nach dem Mehrverbrauchstarif, bei dem Gas zum Kochen
und zur Warmwaſſerbereitung mit 18 Pfg., das Gas zum Heizen mit
10 Pfg. berechnet wird, drittens nach dem Wohnungstarif, bei dem für
jeden Hauptraum einſchließlich der Küche eine Grundgebühr von 1,20
Mark zu bezahlen iſt und jeder Kubikmeter Gas mit 7 Pfg. berechnet
wird. Der neue Wohnungstarif bietet ſelbſtverſtändlich nur für die Ver=
braucher
Vorteile, die den gasförmigen Brennſtoff in ihrem Haushalt
in weiteſtem Maße ausnutzen. Bei den Feſtſtellungen zum Wohnungs=
tarif
hat ſich ergeben, daß der größte Teil der Haushaltungen ſchon die
Gasmengen veibraucht, bei denen die gleiche Höhe der Gasrechnung in
einem wie im anderen Falle borliegen. Nimmt man nun an, daß mit
dieſen Gasmengen die Grundgebühr bezahlt wird und alle weiter be=
zogenen
Gasmengen zum Preiſe von 7 Pfg. geliefert werden, ſo darf
wohl geſagt werden, daß mit dieſem Gaspreis die Heizung und dio
Warmwaſſerbereitung wirtſchaftlich durchzuführen ſind. Alſo, ſelbſt wenn
der heutige Gasverbrauch noch unter dieſer Grenze liegt, ſo iſt in ben
meiſten Fällen nur ein geringer Mehrverbrauch erforderlich, um alle
weiteren Gasmengen zum 7 Pfg.=Preis zu erhalten. Ein beſonderes
Feld, das ſich der neue Darmſtädter Wohnungstarif erobern will, iſt die
Beheizung der Küche im Winter. Durch einwandfreie Verſuche von neu=
traler
Seite iſt feſtgeſtellt worden, daß ein Gaspreis von 18 Pfg. als
Kochgas wirtſchaftlich tragbar iſt. Dies haben auch die ſchon öfter abge=
haltenen
Kochvorträge der ſtädtiſchen Betriebe bewieſen. Durch den
neuen Wohnungstarif iſt nun der Bevölkerung Darmſtadts Gelegenheit
gegeben, die Mehrverbrauchsmengen zu einem Preis, zu beziehen, mit
dem die Küche ohne geringe Mehrkoſten im Winter beheizt werden kann.
So kann der ſeither im Winter außer Betrieb geſetzte ſchöne und zweck=
mäßige
Gasherd weiter benutzt werden und die Hausfrau ſich manche
Arbeit und vielen Aerger durch die Entfernung der Kohle aus der Küche
erſparen. Hat ſie alſo erſt einmal die Annehmlichkeit der Gasheizung
kennen gelernt, ſo wird ſie bald dazu übergehen, auch die übrigen Wohn=
räume
mit Gas zu heizen. Nachdem der Vortragende kurz auf die zweck=
mäßige
Verwendung der gasbeheizten Durchſtromautomaten hingewieſen
und ihre beſondere Vorteile gegenüber dem elektriſchen Boiler erläutert
hatte, wurden den Hausfrauen einige praktiſche Winke zur Anſchaffung
von gasbeheizten Oefem gegeben und ihnen die beſonderen Vorteile der
bei den vom Städtiſchen Gaswerk herausgebrachten Gasheizöfen eiklärt.
Eine Reihe von Aufnahmen am Schluß des Vortvags gaben ein anſchau=
liches
Bild über die in Darmſtadt ſchon aufgeſtellten Heizungen ſovie
über die gute Anpaſſungsfähigkeit derſelben an den Rqum. Wir hoffen,
daß der am Schluß des Vortvags ausgeſprochene Wunſch Keine Kohle
berſchwenden, nur Gas verwenden, denn nur mit Gas raſch, ſauber,
Billig, bei den Hausfrauen auf dankbarem Boden gefallen iſt, und daß
der feſte Brennſtoff durch die Verwendung des Wohnungstarifs ver=
drängt
wird.
Monatskalender des Vereins für Aquarien=
und Terrarienkunde Hottonia Darmſiadt.
Der November iſt einer der wenigen, ſowohl für den Aquarien=
wie
den Terrarienliebhaber erfreulichen Monate. Die einheimiſchen
Pflanzen haben die Weiterentwicklung im Freien wie auch im Aquarium
ſo ziemlich eingeſtellt und gehen ſogar mehr oder weniger langſam ein.
Als einjährige Schwimmpflanze, welche hauptſächlich während des Win=
ters
auch in unſeren Aquarien gut gedeiht, iſt die Azolla zu empfehlen.
In vielen freien Gewäſſern iſt ſie z. Zt. zuu finden und iſt ſür die
Ueberwinterung in den Becken daher auch ein kühler Standort zu
wählen. Mit der immer mehr kälteren Jahreszeit hat auch die Freß=
luſt
der Tiere nachgelaſſen, und genügt eine zwei= bis dreimalige Füt=
terung
in der Woche. Nun treten auch wieder die Sorgen der Heizung
an einen heran und muß der Aquarianer beſonders für die trodiſchen
Fiſche für eine gleichmäßige, womöglich nicht unter 20 Grad Celſius
gehende Temperatur beſorgt ſein. Infolge des langſamen Abſterbens
der Pflanzen iſt die Entvicklung des Sauerſtoffes ein ſehr geringer.
Um ſo mehr hat der Liebhaber darauf zu achten, daß der Durch=
lüftungsabparat
kräftiger und ſtändiger arbeitet, damit ſich bei ſeinen
ſtummen Pfleglingen nicht Sauerſtoffmangel einſtellt. Wo keine Heizung
torhanden iſt, ſind exotiſche Tiere in geheizten Räumen unterzubringen,
um eine gleichmäßige Temperatur zu erzielen. So lange ſich noch lebendes
Futter in den Teichen finden läßt, iſt es jedenfalls dem künſtlichen
Trockenfutter dorzuziehen, andernfalls empfehlen wir, ſich für die Win=
termonate
eine Enchhyträenzucht anzulegen. Letzteres ermöglicht dem
Liebhaber, je nach Belieben auch während des Winters mit ſehr nahr=
haftem
lebenden Futter zu füttern. Im Seewaſſer=Aquarium ſieht es
noch reiht lebhaft ans. Nachdem im vergangenen Monat die Tiere
nochmals ergänzt wurden, bieten die Secſaſſer=Aquarien nun einen
recht herrlichen Anblick. Eine ein= bis zweimalige Fütterung pro Woche
mit geſchabtem Fleiſch, Regenwürmern oder Enchyträen genügt auch für
dieſe Tiere. Die Durchlüftung laſſe man vegelmäßig arbeiten, um
etwaiges Eintreten von Sauerſtoffmangel zu verhüten.
Für die Inſaſſen der ungeheizten Terrarien iſt es jetzt Zeit, daß ſie in
bie Ueberwinterungsbehälter überführt werden, wenn dies nicht ſchon
Ende Oktober geſchehen iſt. Einheimiſche Reptilien, beſonders Eidachſen
und Blindſchleichen, ſollte man ſtets ihren Winterſchlaf halten laſſen,
während die meiſten Amphibien, wie Kröten, Unken, Fröſche, Molche
und Erdſalamander, bei geeigneter Pflege und guter Fürterung auch im
geheizten Zimmer den Winter aufs beſte überſtehen. Bei Ueberwinte=
rungskäſten
, in denen exotiſche Tiere untergebracht ſind, kann in nicht
allzu kühlen Nächten die Heizung abgeſtellt werden, da ja auch in der
Seimat der betreffenden Tiere mitunter reiht bedeuitende nächt=
liche
Abkühlung Regel iſt. Grundbedingung für den Terrarienliebhaber
ſei aber die, daß jedes Tier, welches einen Winterſchlaf halten ſoll, vor=
her
gut und veichlich gefüttert iſt. Nur dann iſt es möglich, den Win=
ter
gur zu überſtehen und der Aquarianer iſt im Frühjahr nicht ent=
täuſcht
, daß er ſtatt ſeiner Lieblinge Kadaver zutage befördert.
(Mitgeteilt v om Verein für Aquarien= und Terrarienkunde
Hottonia‟ Darmſtadt. Austauſch von Erfahrungen und Beobachtungen
jeden erſten und dritten Samstag im Monat im Wereinslokal Heſſ. Hof,
abends 8 Uhr. Eigene Freilandanlage und Pachtungen von Teichen
und Bächen. Gäſte ſtets willkommen.)
Lokale Veranſtaltungen.
Der letzte überlebende Offizier S. M.S. Frauenlob ſpricht
heute abend 8 Uhr im Bürgerhof. Es wird nochmals auf den hochinter=
eſfanten
Vortrag hingewieſen.
Marineverein Darmſtadt und Umgebung, ſowie
alle übrigen militäriſchen und vaterländiſchen Vereine und Verhände
werden auf den heute abend 8 Uhr im Burgerhof ſtattfindenden Vortrag
des Oblts z. S. a. D. Walter Stolzmann, dem letzten überlebenden
Offizier S.M.S. Frauenlob, über den Untergang ſeines Schiffes in
der Nachtſchlacht vor dem Skagerak beſonders hingewieſen.
Vortrag Kinkel. Es iſt der Darmſtädter Ortsgruppe
der Deutſchen Friedensgeſellſchaft, der Internationalen Frauenliga für
Frieden und Freiheit und des Friedensbundes deutſcher Katholiken ge=
lungen
, Profeſſor Dr. Kinkel=Gießen zu einem Vortrag zu gewinnen,
der Freitag abend ſtattfindet. Profeſſor Kinkel ſteht im Ruf, ein aus=
gezeichneter
Redner zu ſein, ein Ruf, der auch beſtätigt wurde durch die
Rede, die er im vergangenen Jahre bei der Verfaſſungsfeier in Darm=
ſtadt
hielt.
Vortrag: Wer iſt und was will Kriſhnamurti, von Schrift=
ſteller
Robert Syring heute, Mittwoch abend, 8 Uhr, im großen
Saal der Vereinigten Geſellſchaft, Rheinſtraße 36.
Baſtlerbund Sendung BB.S., e. V., Haus Alexander=
ſtraße
18, Zuſammenkunft. Ausgabe der neuen Satzungen. Bericht über
die Beſprechung mit dem Bundesvorſtand.
Neſtaurant Reichshof. Heute Mittwoch, den 14. Novem=
ber
, konzertiert in üblicher Weiſe Herr Obermuſikmeiſter M. Wober
mit ſeinem Spezialor=heſter. Außerdem findet Schlachtfeſt ſtatt, wobei
die Neihshufplatten eine beſondere Rolle ſpielen ſollen. An Ablzechſe=
lung
fellt e3 alſo nicht, zumal die Kapelle immer beſtrebt iſt, alles auf=
zubieten
, um den Gäſten angenehme Stunden der Erbauung zu berciten.
Siehe auch Anzeigc.)

Belix Graf Luckner: Von 2300 Kisten Champagner sprangen
2, in den Tropen. Uns sind in bitterster Not auf der Insel Mo-
pelia
, der letzten deutschen Kolonie, nach Strandung meines
Seeadlers geblieben die letzten 24 Flaschen Burgeff Grün!
Keine ist gesprungen, sie gaben uns wieder g
deutsche Atmosphäre in die Knochen!"

[ ][  ][ ]

Nummer 312

Seite 6
Der 3. Gautag des Reichsbundes der
Kriegsbeſchädigten, Kriegsteilnehmer
und Kriegerhinterbliebenen,
Gau Heſſen in Offenbach am Main.
Der 1. Vorſitzende Kamerad Seibert=Darmſtadt, hieß alle Dele=
gierten
des Gaues Heſſen ſowie des Kreiſes Wetzlar herzlich willkommen.
An Delegierten waren 66, ſowie 18 Kreisleiter und der Geſamtgauvor=
ſtand
anweſend. Nach Entgegennahme des Geſchäfts= und Kaſſenberichts
nahmen die einzelnen Kommiſſionen ihre Tätigkeit auf und berieten die
einzelnen Anträge in Frage Satzung, Siedlung, ſozialpolitiſche Anträge
und Verſorgung. Wie aus dem Geſchäfts= und Kaſſenbericht zu entneh=
men
iſt, wurde viel Arbeit geleiſtet auf dem Gebiete der Verſorgung,
Fürſorge, Berufungsverfahren ſowie Siedlung. Aus dem Finanzbericht
iſt zu erſehen, daß die Fiuanzierung des Gaues auf geſunder Grund=
lage
ſteht. Die einſetzende Diskuſſion beivegte ſich in ſachlichem Rahmen
und es konnte eine Zufriedenheit mit den Leiſtungen des Geſamtgau=
vorſtandes
ſowie der Gauleitung und der einzelnen Bezirksleitungen
feſtgeſtellt werden. Von einzelnen Delegierten wurde immer wieder auf
den Ernſt der Sache hingewieſen und beſonders betont, daß doch die Ge=
ſetzgeber
und Verwaltungskörperſchaften das noch beſtehende Vertrauen
der Kriegsopfer nicht unnötigen Belaſtungsproben ausſetzen ſollen.
Ganz beſonders wurde auf die große Enttäuſchung in Frage der Er=
siehungsbeihilfen
, Zuſatzrenten ſowie Verſorgung der Kriegsbeſchädig=
ten
, Hinterbliebenen und Eltern hingewieſen. Es wurde gefordert, daß
von Seiten des Reichstags weſentliche Korrekturen der Verſorgung vor=
genommen
werden, um die Not in den Reihen der Kriegsopfer nicht ins
Unerträgliche zu ſteigern.
Um 8 Uhr abends hatte die Ortsgruppe Offenbach zu Ehren der
Delegierten und Gäſte ein Progrannn aufgeſtellt, das den Charakter der
Anti=Kriegswoche beſonders bezeichnete. Die Ortsgruppe Offenbach als
eine der führenden Ortsgruppen innerhalb der Organiſation hat es ver=
ſtanden
, in vorzüglicher Weiſe die Frage der Quartierbeſchaffung und
Versflegung der Delegierten zu löſen.
Am Sonntag, den 11. Nodember, vermittags 9 Uhr, wird weiter
getagt und zwei Referate über Verſorgung und Fürſorge von Kamera=
din
Detzel, Mitglied des Bundesausſchuſſes, ſowie über Spruchver=
fahren
und Rekursverfahren von dem Leiter der Mechtsabteilung, Kame=
rad
Noa=Berlin, gehalten. Nach Anhörung der Referate gelangte fol=
gende
Entſchließung zur einſtimmigen Annahme.
Der 3. Gautag des Freiſtaates Heſſen des Reichsbundes der Kriegs=
beſchädigten
, ehem. Kriegsteilnehmer und Kriegshinterbliebenen fordert
mit aller Entſchiedenheit die Ausdehmung der geſetzlichen Verſorgung auf
alle Perſonen, welche im zeitlichen Zuſammenhang mit dem Heeresdienſt
einen körperlichen und geſundheitlichen Schaden erlitten haben, auch bei
der geringſten Erwerbsminderung des Beſchädigten.
Weiter wird gefordert die weſentliche Verbeſſerung aller Renten
des R.V. G. An erſter Stelle iſt jedoch hienbei die Rentenverſorgung
aller Kriegshinterbliebenen, gemäß ihren Verluſten und gebrachten
Opfern für die Allgemeinheit weitgehendſt und unverzüglich möglichſt
noch vor Weihnachten feſtzuſetzen, aufgebaut auf einer einheitlichen
Grundrente unter Einbeziehung aller Rentenzulagen und der Zuſatz=
rente
, da die Bedürftigkeitsfrage aus dem R. V.G. zu verſchwinden hat,
in Hinſicht auf den geſetzlichen Nechtsanſpruch aller Kriegsopfer auf
Verſorgung.
Geſetzlicher Anſpruch auf Leiſtung einer Heilbehandlung an alle
Kriegsonfer einſchließlich der Hinterbliebenen dunch das Reich.
Weitgehendſte Gewährung der Rentenkapitalabfindung und Wieder=
auflebung
der kapitaliſierten Rententeile nach einer Friſt von 16 Jahren.
Beſſerer ſozialer Auſbau der Elternrenten unter Beſeitigung des Be=
griffs
der Ernährereigenſchaften bei weſentlicher Erhöhung der Einkom=
mensgrenzen
. In der Frage der Erziehungsbeihilfen erhebt der Gautag
ſchäufſten Proteſt gegen die Art der Behandlung dieſer geſtellten Anträge
auf Beihilfen durch die zu viel beauftragten Behörden ſowie gegen die
völlig unzulängliche Verteilung der Beihilfen.
Es wird eine Ausbildungszulage für alle Waiſen und Kinder von
Kriegsbeſchädigten von mindeſtens 20 Mark monatlich mit Erreichung
des 14. Lebensjahres gefordert.
Die Uebernahme der Fürſorgekoſten für alle Kriegsopfer durch das
Reich iſt obenfalls eine dringende Forderung des Gautages.
Nachmittags 18 Uhr war der Gautag beendet.

Nächſte Dampferabfahrten der Hamburg=Amerika=Linie (einſchl.
Deutſch=Auſtral= und Kosmos=Linien). Abgeſchloſſen am 9. November.
Ohne Verbindlichkeit. Aenderungen vorbehalten. Nach New York,
Halifax: D. Deutſchland ab Hamburg am 15. 11., ab Cuxhaven am
16. 11.; D. Cleveland ab Hamburg am 21. 11., ab Cuxhaven am 22. 11.;
D. Weſtphalia (läuft Halifax für Paſſagiere an) ab Hamburg am B. 11.
direkt; D. Hamburg ab Hamburg am 29. 11.; ab Cuxhaven am 30. 11.;
D. Reliance ab Hamburg am 1. 12., ab Cuxhaven am 2. 12.; D. Albert
Ballin ab Hamburg am 6. 12., ab Cuxhaven am 7. 12.; D. New York
ab Hamburg am 13. 12., ab Cuxhaven am 14. 12. Nach Boſton,
New York: D. Ammom am V. 11.: D. Hagen am 11. 12.; D. Amaſis
am 25. 12. Nach Philadelphia, Baltimore, Norfolk:
D. Zenada am 16. 11.; ein Dampfer am 30. 11.; D. Kiel am 14. 12.;
D Harburg am B. 12. Nach der Weſtküſte Nordamerika:
MS. Los Angeles am 24. 11.; MS. Oſiris am 8. 12.; MS. San Fran=
zisko
am 29. 12. Nach Kanada: D. Brant County am 20. 11.;
D. Hada County am 10. 12.; D. Schwarzwald am 22. 12. Nach
Weſtindien, Weſtküſte Zentralamerika: D. Galicia am
17. 11.; MS. Heinz Horn am 24. 11.; MS. Orinoco am 1. 12.; ein
Dampfer am 8. 12.; D. Feodoſia am 15. 12.; MS. Ingrid Horn am
22. 12. Nach Portv Rico, San Domingo, Haiti, San=
tiago
de Cuba und Jamaica: D. Troja am 2. 11.; MS.
Henry Horn am 11. 12. Nach Cuba: D. Lübeck am 24. 11.: D.
Eupatoria am 22. 12.; D. Amaſſia am 26. 1. 1929. NachMexiko:
D. Nord=Friesland am 24. 11.; D. Seſoſtris am 8. 12.; MS. Nio Bravo
am 19. 12.; ein Dampfer am 5. 1. 1929; D. Nord=Schleswig am 16. 1.
Nach der Oſtküſte Südamerika: D. Württemberg am 16. 11.;
D. Weſterwald am 17 .11.; D. General Mitre am 24. 11.: D. Steiger=
wald
am 24. 11.: D. Legie am 28. 11.; D. Uruguay am 5 12.; D. Ky=
phiſſia
am 8. 12. Nach der Weſtküſte Südamerika: D.
Negada am 17. 11.; D. Adolf von Baeher am 21. 11.; D. Wasgenwald
am 28. 11.; D. Carl Legien am 5. 12.; ein Dampfer am 15. 12.; D. Nito=
kris
am 2. 12. Nach Niederländiſch=Indien: MS. Ram=
ſes
am 21. 11.: D. Machaon am 5. 12.; D. Bochum am 19. 12.: ein
Dampfer am 2. 1. 1929; MS. Rendsburg am 16. 1. 1929. Nach.
Südafrika: D. Sebara am 17. 11.; D. Caſſel am 22. 12.; D. Frei=
burg
am 19. 1. 1929. Nach Oſtafien: D. Uarda am 22. 11.; D.
Emil Kirdorf am 24. 11.; MS. Rheinland am 1. 12.: MS. Havelland
am 8. 12.; D. Scheer am 15. 12. Nach Auſtralien: D. Elpenor
am 24. 11.; D. Lahn am 5. 12.: D. Hanau am 15. 12.; ein Dampfer am
26. 12. Nach Afrika: D. Livadia am 21. 11. Hamburg=
Rhein=Linie: D. Karlsruhe am 15. 11.; D. Mannheim am 20.11.;
D. Straßburg am 94. 11.; D. Frankfurt am 29. 11. Hamburg=
London=Linie: wöchentlich drei Abfahrten. Mitgeteilt durch die
hieſige Vertretung Bankgeſchäft Friedrich Zaun, Luiſenplatz 1, Telephon
1308 und 1309.

Mittwoch, den 14. November 1928

*Große Strafkammer.
p. Wegen fahrläſſiger Eiſenbahntransportgefährdeing hat ſich der
Kraftwagenführer Adam Winter 4. von Hauſen zu verantworten, den
das Bezirksſchöffengericht Offenbach freigeſprochen hat. Die Staatsanwalt=
ſchaft
hat Berufung verfolgt. Das von Winter gelenkte, aus Nichtung
Vieber kommende Auto hatte an einem, da es ſich um Nobenbahnbetrieb
handelt, unbewachten Bahmibergang einen Zuſammenſtoß mit einem von
Offenbach nach Heuſenſtamm fahrenden Zuge. Die Lokomotive des Per=
ſonenzugs
ſchleuderte das Auto zur Seite, Winter erhielt einen Nerven=
ſchock
. Die Bahn iſt an der Unfallſtelle zweigleiſig. Winter fuhr, wie
er angibt, bis ans erſte Geleiſe heran, als ein Güterzug von Oberroden
nach Offenbach heranvollte. Kaum war dieſer Zug vorbeigefahren, als
auf dem anderen Geleiſe ein Zug von Offenbach nach Heuſenſtamm
pafſierte. Für den von der rechten Seite kommenden Autofahrer war
die am Bahnübergang angebrachte Warnungstafel nicht gut zu erkennen,
da er die Straße im ſpitzen Winkel ſchneidet. Als der letzte Wagen des
Güterzugs paſſiert war, ſetzte Winter ſein Auto in Bewegung. Der
mitangeklagte Lokomotivführer Knopf von Offenbach iſt in der erſten
Inſtanz mit 100 Mark Geldſtrafe beſtraft worden, weil er nicht gehalten
hat. Dieſes Urteil iſt rechtskräftig. Der Unfall hat ſich am 8. April
1927, abenbs gegen 7 Uhr, ereignet.
Der Staatsanwalt hält nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme
(Abhör zweier Sachverſtändigen) eine Schuld für nachgewieſen. Die
Gefahrzone ſei an der Unfallſtelle eine beſonders eigenartige und deshalb
hier eine geſchärfte Vorſicht am Platze. Die Frage, ob hier an der un=
überſichtlichen
Stelle die Geleiſe zu überfahren ſeien, müſſe von einem
die Bahn paſſierenden Auto mit beſonderer Sorgfalt geprüft werden.
Winter habe nach Paſſieven des Güterzuges den Entſchluß gefaßt, den
Uebergang zu nehmen, aber er habe nur oberfläcklich geprüft, ob er
jetzt durckommen könne; er habe ſich vornüſberbeugen müſſen, um das
Geleiſe in ſeiner ganzen Länge zu überblicken. Art und Höhe der
Strafe wird in das Ermeſſen des Gerichts geſtellt.
Das Urteil verwirft die Berufung der Staatsanwaltſchaft. Von
einer ſchuldhaften Fahrläſſigkeit des Angeklagten konnte ſich das Gericht
nicht überzeugen.
Aus den Parteien.
Deutſche Volkspartei, Outsgruppe Darmſtadt.
Die Ortsgruppe veranſtaltet am kommenden Freitag, dem 16. November,
abends 8, Uhr, im Gelben Sual bei Sitte, Karlſtraße, ihren monat=
lihen
politiſchen Ausſprachcabend, in dem diesmal zwei beſonders
aktnelle kommunalpolitiſche Themen behandelt werden. Der Vorſitzende
der volfksparteilichen Stadtverordneienfraktion, Herr Sanitätsrat
Dr. Nöllner, wird uber das Problem kes ſtädtiſchen Milchhofes ſpre=
chen
, Herr Stadtverordneter Haury über den Wohnungsbau in Darm=
ſtadt
. Zu der Verſammlung haben im allgemeinen nur die eingeſchrie=
benen
Mitglieder Zutritt, Gäſte nur, wenn ſie durch ein Mitglied ein=
geführt
ſind. Es wird um pünktliches Erſcheinen gebeten, damit keine
Sjörung während der Vorträge eintritt.
Jugendgruppe der Deutſchen Volkspartei. Die
Mitglieder treffen ſich heute abend 20 Uhr pünktlich an der Müllerſchule,
Müllerſtraße, zum gemeinſamen Beſuch des Sportabends der Nationalen
Arbeitervereinigung. Um zahlreiche Beteiligung wird gebeten.
Deutſche Volkspartei, Frauengruppe. Heute
Mittwoch, den 14. November, findet nachmittags um 4 Uhr auf dem
Heiligen Kreuz unſere geſellige Zuſammenkunft ſtatt. Wir bitten unſere
Parteifreundinnen um recht zahlreichen Beſuch.
* Die Verſammlung der Volksrecht=Partei fand im Für=
ſtenſaal
ſtatt. Der Vorſitzende der Ortsgruppe Darmſtadt, Herr Prof.
Axt, begrüßte die Erſchienenen und erteilte Herrn Staatsanwalt Dr.
Wolf von Mainz das Wort zu einem Vortrag über Wirtſchaft und
Necht. Anknüpfend an die Differenzen zwiſchen Arbeitgeber= und Arbeit=
nehmerverbänden
, kam der Redner auf die Aufwertungsfrage zu ſpre=
chen
. Sei es auch den Gegnern, die über reiche Mittel verfügten, vor=
erſt
noch gelungen, eine gerechte Aufwertung zu verhindern, ſo leide
doch die Wirtſchaft ſelbſt ſchwer unter dem Kapitalraub, und ſie ſuche
daher den Sparſinn zu wecken und zu fördern, zu dem Zwecke einer
neuen Kapitalbildung, welche Bemühungen aber ſo lange nicht den
gewünſchten Erfolg haben könnten, als Treu und Glauben vernichtet
bleiben und das Vertrauen fehle. Ferner ſei eine weſentliche Beſſerung
in der Reparationsfrage, wie wir ſie alle dringend wünſchen, kaum zu
erhoffen, wenn unſere Gegner immer wieder auf unſere innere Ent=
ſchuldung
hinweiſen können. So dränge unſere Lage geradezu auf eine
Wiederherſtellung des Rechts hin, ohne die ein Wiederaufbau gerade
auch in wirtſchaftlicher Hinſicht undenkbar ſei. Reicher Beifall folgte
dieſen Ausführungen. Herr Profeſſor Axt machte dann noch Mit=
teilungen
über die von der Volksrechtpartei im Reichstag und in der
Heſſiſchen Volkskammer zugunſten der Inflationsgeſchädigten aller Art
geſtellten Anträge und gab weiter bekannt, was in aller Kürze geſchehen
werde, um der Regierung und dem Reichstag zur Kenntnis zu bringen,
daß die Geſchädigten niemals auf ihre wohlerworbenen Rechte verzichten
werden.
Briefkaſten.
Jeder Anfrage iſt die letzte Bezugsquittung beizufügen. Anonsme Anfragen werden
nicht beantwortei. Die Beantwortung erfolgt ohne Rechtsverbindlichkeit.
Gas: a) Verzieht ein Gasabnehmer innerhalb eines Monats von
einer Wohnung in eine andere, ſo wird die Grundgebühr nur einmal
berechnet. Iſt in der neuen Wohnung ein Gasmeſſer nicht vorhanden,
ſo muß der Abnehmer allerdings die Koſten für das Anſchrauben des
Meſſers, gegebenenfalls auch für die erforderlichen Inſtallationen, tra=
gen
. b) Iſt ein Gasmeſſer undicht und entweicht hierdurch nachweisbar
Gas, ſo werden die als unverbraucht durch den Zähler gegangenen Gas=
mengen
dem Abnehmer nicht in Rechnung geſtellt bzw. ihm erſetzt.
J. K. B., hier. Es kommt darauf an, ob Sie ſich verpflichtet haben,
die Ware gegen Poſtnachnahme einzulöſen. Haben Sie ſich dazu nicht
verpflichtet, ſo können Sie vohl die Nachnahme zurüchveiſen, bleiben
aber an den Vertrag gebunden und können die Beſtellung
nicht einſeitig rückgängig machen.
E. W. Das D bedeutet eine Markierung Rund um Darmſtadt.
Rechthut‟. Es iſt nicht zu beanſtanden, daß Sie ſich in einer ſach=
lich
motivierten Eingabe an das Heſſiſche Finanzminiſterium hier
wenden.

G(ISA

Tageskalender für Mittwoch, den 14. November 1928.
Heſſ. Landestheater Großes Haus, Anfang 19.30 Uhr, Ende
22 Uhr, B 6: Der Prozeß Mary Dugan. Kleines Haus: Keine
Vorſtellung. Orpheum, nachm. 15½ Uhr: Kinder Revue Bet=
telprinzeßchen
; abends 20½ Uhr: Freut euch des Lebens.
Konzerte: Schloßkaffee, Kaffee Rheingold, Hotel Schmitz, Spa=
niſche
Bodega, Sportplatzkaffee, Reichshof. Ludwigshöhe,
nachm. 16 Uhr: Konzert. G. d. A.=Heim, Riegerplatz 3, abends
20.15 Uhr: Lichtbildervortrag Aufbau und Aufgaben des Reiches.
Kinovorſtellungen: Helia, Palaſt=Lichtſpiele, Reſidenz=
Theater.

Aus Heſſen.
F. Eberſtadt, 12. Nov. Lichtbilder=Vortrag. Am Freitag
abend hielt Lehrer Dr. Weſp im Phyſikſaale der Eleonorenſchule vor
dem hieſigen Lehrerkollegium einen ſehr intereſſanten Vortrag über das
Thema: Das erwachende Leben auf der Erde‟. Der Redner behandelte
hierbei den geologiſchen Aufbau der Ordnung in dem Werden und der
Entwicklung im Pflanzen= und Tierleben, und verſtand es, den Wert
ſeines Vortrages durch eine Neihe wohlgelungener Lichtbilder zu erhöhen.
Der Vortrag wurde ſehr beifäillig aufgenownen. Im Saale Zur
Harmonie (Kunz) ſprach am Samstag in einer gut beſuchten Verſamm=
lung
der Gauleiter Jaxt=Darmſtadt vom Zentralverband der Apbeits=
invaliden
und Witwen Deutſchlands über das Thema: Unſere For=
derungen
auf Rentenerhöhung und Erhöhung der Richtſätze in der Klein=
und Sozialrentenfürſorge‟. Der Neduer ſtreift einleitend die Entwick=
lung
der Fürſerge=Geſetzgebung, die er noch für auf= und ausbaubedüirf=
tig
hält. Seit 1924 hätten zwar die Invaliden ſelbſt entſcheidenden Ein=
fluß
auf die Geſtaltung der neueren Fürſorgegeſetze ausgebübt, tvotzdem
ſei es nicht gelungen, grundlegende Reformen durchzuführen, die den
Wünſchen der Fürſorgebedürftigen entgegenkommen. Redner gibt zu,
daß es zwar nicht möglich ſein werde, alle Wünſche zu erfüllen und be=
handelt
eingehend die im Wege ſtehenden Schwvierigkeiten. Der Verband
beſchränke ſich daher darauf, vorerſt eine Erhöhung des Renten= Grund=
betrags
und des Reichszuſchuſſes ſowie der Steigerungsbeträge und des
Kinderzuſchuſſes, ferner durch Abänderung des 8 1255 R. V.O. Anerken=
nung
der Erwerbsunfähigkeit bei Verliegen einer Minderung der Er=
werbsfähigkeit
um 50 v. H. zu fordern. Im woiteren behandelt Redner
noih die Unfallfürſorge=Geſetzgebung und ihre Auswirkung. Auch hier
müſſe noch Manches beſſer werden. Sodann weiſt er noch auf die Ver=
ſchiedenartigkeit
der Geſetzesanwendung und =auslegung durch die Be=
girksfürſorgeverbände
und Gemeinden bezüglih der Sozial= und Klein=
reutnerfüirſorge
ſowie die wicht zu billigende Verſchiedenartigkeit in der
Höhe der in den einzelnen Bezirken zur Anwendung kommenden Richt=
ſätze
hin. Hier ſei es das Beſtreben, des Verbandes, ausgleichend zu
wirken, um die berechtigte Unzufriedenheit der Rentenbezieher in dieſer
Richſtung zu beſeitigen. Redner ruft zur tatkräftigen Unterſtützung bei
der Vertretung der Forderungen alle Rentenbezieher auf und ſordert
ihren reſtloſen Zuſammenſchluß im Zentralverband. Die mehr als zwei=
ſtündigen
Ausführungen des Redners wurden mit ſtarkem Beifall auf=
genommen
, worauf der Vorſitzende der hieſigenOrtsgruppe Herr Ludwig
Poth, die Verſamnmlung mit dem Danke an den Nedner und die Er=
ſchienenen
ſchloß. Balladen=Abend. Am Sonntag abend fand
im Saale Zum Bergſträßer Hof (Fiſcher) die diesjähvige Herbſtver=
anſtaltung
des Geſangvereins Frohſinn 1842 ſtatt, die ſich würdig an
frühere Veranſtaltungen anreihte. Man hatte dieſesmal die Form eines
Balladen=Abends gewühlt, nicht im Stile künſtleriſche: Werke,
ſondern im Stile der einfachen ſchlichten Volksballade, die ihren Urſprung
hat in einer wahrheitsgetreuen Berichterſtatung, in dem Erlebenlaſſen
des menſchlichen Schickſals, das die Geſchichte irgend einer Begebenheit
dichtete und unſer Seele, unſer Herz und Gemüt erklingen läßt. Damit
hat man an die Stelle des Ueblichen etwas Nenes geſetzt, deſſen Vor=
läufer
wehl die vorjährige Herbſtveranſtaltung geweſen iſt. Der Verein
hat gut daran getan und bei dem zahlreichen Publikun, das den großen
Saal füllte, wohl auch Anklang gefunden. Die Aufgabe, einen Abend
ganz in das Zeichen des Volksliedergeſangs zu ſtellen, iſt ſo verlockend
dies auch ſcheint nicht gerade leicht, weil dies ein Bruch mit alten
Traditionen bedeutet. Deſto mehr aber iſt die Aufgabe anzuerkennen
im Intereſſe der wahren und wirklichen Geſangspflege. Chor und Diri=
gent
gaben zum guten Gelingen das Letzte hin und dürfen ſich daher
auch deſſen freuen. Es darf dabei auch feſtgeſtellt wverden, daß der Chor
des Vereins unter der tatkräftigen Leitung ſeines neuen Dirigenten,
Lehrer Born=Darmſtadt, ſchöne Fortſchritte gemacht hat und er das
Programm mit dem Chor forgfältig vorbereitet hatte, um die Probe zu
beſtehen. Eingeleitet wurde der Abend mit dem Nibelungenmarſch von
Sonntag und der Pique=Dame=Duvertüre von Suppe, geſpielt von dem
Muſikverein Edelweiß, der das in den Rahmen des Abends gut ein=
gefügte
muſikaliſche Beiprogramm lieferte. Unter dem Dirigenten, Herrn
Frees, ſtellte das Onheſter ſeinen Mann und leiſtete Vorzügliches.
Der Chor ſang folgende Lieder: Im Ruderboot von Rheinberger,
Zwei Königskinder und Großmutter Schlangenkönigin, zwei Sätze
ron Gernsheim, Die Judin von Schmidt, Lachen und Weinen von
Hegar, Donauſtrudel von Riedel, Lob der edlen Muſika von Othe=
graben
und Es hatt’ ein Bauer ein ſchönes Weib, von Plonew. Die
Chöre wurden ſäntlich dankbar und mit Beifall aufgenommen. Eine
beſondere Note erhielt der Abend auch heuer wieder durch die Soliſtin:
Die den Eberſtädtern längſt bekannte und geſchätzte Sängevin. Frau
Suſanne Horn=Stoll=Darmſtadt. Sie ſang mit ihrer liebreizenden
Sopranſtimme Lieder von Lvewe und Mohler mit ſo feinem inneren
Erleben und ſüßem Wohllaut, daß man es beſſer ſich gar nicht winfchen
konnte. Die Sängerin wurde mit Beifall geradezu überſchüttet und
wurde wiederholt zu Zugaben hervorgerufen. Aber auch Herr Georg
Pfeiffer (Bariton), ein geſchätztes Mitglied des Vercins, wußte ſich
Lurch ſeinen Geſang Lieder von Zelter und Brahms ſowie eines
Thüringer Volksliedes: Als ich einmal reiſte, und ganz beſonders
durch das hubſche Wetterauer Volksliedes: Zu Regensburg auf der
Kirchturmsſpitz den Beifall des Publikums zu erringen. Pfeiffer hat,
obgleich zeitweiſe noch etwas zaghaft im Vortrag, unverkennbare geſang=
liche
Anlagen, die Gutes für die Zukunft von ihm erwarten laſſen. So
floß auch dieſer Abend in beſter Weiſe dahin und wird allen, die ihn mit=
erlebten
, in angenehmer Erinnerung bleiben.
Au. Arheilgen, 12. Nov. Die hieſige Orcheſtervereinigung wird am
8. Dez. eine Schubertfeier veranſtalten. Das für dieſen Tag ge=
plante
Konzert findet im Gaſthaus Zum goldenen Löwen ſtatt und
wird der erſte Teil Schuberts Gedächtnis gewidmet ſein. Franz Schu=
bert
, der Großmeiſter des Liedes und geniale Inſtrumentalkomponiſt,
wurde am 31. Januar 1797 in Lichtenthal bei Wien geboren und ver=
ſtarb
am 19. November 1829 in der öſterreichiſchen Hauptſtadt. Zur Er=
innerung
an die hundertjährige Wiederkehr ſeines Todestages wird die
Vereinigung einige ſeiner Inſtrumentalwerke, u. a. die Quvertüre zu
Roſamunde und die H=Moll=Symphonie zu Gehör bringen. Schu=
bert
ſelbſt lebte in den dürftigſten Verhältniſſen. Nur ein einziges Mal
brachte er es zu einem eigenen Kompoſitionskonzert, und doch war er
der klaſſiſche Vollender des Liedes und der Schöpfer des Liederſtils in
der Inſtrumentalmuſik. Der zweite Konzertteil wird Heiteres bieten
und von der Walzerdynaſtie Strauß beſtritten werden. Ein geringes
Eintrittsgeld wird jedermann den Beſuch der Veranſtaltung ermöglichen
und die bekannten Leiſtungen der Orcheſtervereinigung verſprechen einen
in jeder Beziehung genußreichen Abend.
O. Erzhauſen, 9. Nov. Gemeinderatsbericht. Errichtung
eines Abflußkanals für die Straßenrinnen am Ortsausgang in der
Hauptſtraße. Am unteren Ortsausgang ſoll ein Tonrohrkanal gelegt
werden. Derſelbe iſt durch die Wieſe des Joh. Haaß zu leiten nach
einem Abflußgraben. Herr Joh. Haaß wünſcht Beſichtigung an Ort
und Stelle, welche in nächſter Zeit vorgenommen wird. Antrag auf
Uebereignung von Erbbegräbnisplätzen. Für den verſtorbenen Förſter
Köhres und für Pfläſterermeiſter Bender ſind Anträge für je zwei Be=
gräbnisſtätten
geſtellt, welche unter den üblichen Bedingungen vom
Gemeinderat genehmigt werden. Der Zuſchlag für den Lehrmittel=
ſchrank
in das Lehrerkonferenzzimmer wurde dem Schreinermeiſter
G. W. Neuſel erteilt. Am Ausgang der Gräfenhäuſer Straße ſoll
eine Ausbeſſerung vorgenommen werden; hierzu wird ein Waggon
Steinſchotter benötigt wird genehmigt. Anfuhr desſelben nebſt Sand
wird auf dem Submiſſionswege vergeben. Eine Zuſchrift der Reichs=
bahndirektion
bezüglich des Zugangs zu den Zügen und des Mißſtandes
des Warteſaals, Station Erzhauſen, wird bekannt gegeben. Für die
Ausführung von Gemeindearbeiten wurden die vorliegenden Rech=
nungen
genehmigt.

(TV.8781

INTERNAI
AUOMOOTEDOTONRTA
11 U SSE
BLHLIN
AUSSTELLUNGSHALLEN KAIC LIONALE
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SERDAMM. 8. BIS 18. NOVEMBER [ ][  ][ ]

Rummet 312

Mittwoch, den 14. November 1928

Seite 7

Kreistag des Kreiſes Erbach.
Der Kreistag des Kreiſes Erbach beſchloß am Dienstag bei voller
Beſetzung den Kreishaushalt, fär 1928. Eine Anzahl freiwilliger Lei=
ſtungen
wurde abgeſtrichen. Der verbleibende Fehlbetrag von 68 000 RM.
wurde einſtimmig auf Steuern ausgeſchlagen. Der Weiterbeſtand der
Oberrealſchule Michelſtadt iſt geſichert. Die Sondergebäudeſteuer wurde
zugunſten des Kreiſes und zum Nachteil der Gemeinden erhöht. Aus=
führlicher
Bericht folgt.

* Wixhaufen, 12. Nov. Bei der geſtern ſtattgefundenen Stichwahl
eines Beigeordneten wurde der ſeitherige Beigeordnete, Herr Heinrich
Bauer, mit 635 Stimmen wiedergewählt. Der Kandidat der Sozialdemo=
kratiſchem
Partei, Gemeinderat Ludwig Pohl, erhielt 605 Stimmen; 25
ungültige Stimmen. Die Wahlbeteiligung war eine ſehr rege. Der
hieſige Militärverein hielt am Samstag abend einen Familienabend im
Gaſthaus Zur Traube ab, welcher ſehr gut beſucht war.
Aa. Pfungſtadt, 11. Nov. Muſikvereinskonzert. Der Muſik=
verein
Pfungſtadt, der erſt vor zwei Jahren gegründet worden iſt, aber
unter der Leitung von Philipp Lutz ſich beſtens entvickelt hat, hielt am
Spuntag nachmittag im Saale des Rheiniſchen Hofes ein Konzert ab,
das hinſichtlich der Zuſammenſtellung des Programms und der Güte
der Darbietungen auf der Höhe war. Das Orcheſter war ungefähr
20 Mann ſtark und abſolvierte die einzelnen Muſikſtücke (Ouvertüren,
Serenaden, Intermezzos uſw.) mit ſtaunenswerter Exaktheit und
großem Ausdruck im Vortrag. Die Zuſammenſtellung des Orcheſters
war entſprechend gut. Die einzelnen Programmnummern fanden ſtets
den Beifall der Anweſenden. Abends ſpielte das ganze Orcheſter zum
Tanze auf, wobei die Jugend erklärte, daß es ſich bei einem derart
ſtark beſetzten Orcheſter viel beſſer tanzen laſſe. Erntedankfeſt.
Am Sonntag wurde hier das Erntedankfeſt gefeiert. Zur Verſchönerung
des Vormittagsgottesdienſtes wvirkten der Kirchengeſangverein und die
Konfirmanden mit. Die Predigt hielt Pfarrer Zinn. Nachmittags wurde
durch die Konfirmanden eine Hausſammlung für die Ortsarmen ſowie
für die Anſtalten der ineren Miſſion in Heſſen vorgenommen. Auch in
Hahn wurde am Sonntag Erntedankfeſt gefeiert. Den Gottesdienſt
hielt Pfarrer Dr. Dreſcher von Eſchollbrücken. Todesfall. Der
langjährige Kirchendiener der evangeliſchen Kirchengemeinde, Schuh=
machermeiſter
Georg Diehl 4, iſt nach einem arbeitsreichen Leben im
80 Lebensjahr geſtorben. Diehl war noch einer der wenigen am Leben
befindlichen Altveteranen von 1870. (Es gibt hier nur noch 11 Teil=
nehmer
des Krieges 1870.) Diehl war noch ein alter Handwerksmeiſter
von echtem Schrot und Korn. Zuletzt war er von einem ſchweren Leiden
heimgeſucht. Am Sonntag nachmittag wurde Diehl unter großer Teil=
nahme
zur letzten Ruhe beſtattet. Insbeſondere gab ihm der Krieger=
und Militärverein Pfungſtadt in der üblichen Weiſe das letzte Geleit.
G. Ober=Ramſtadt, 13. Nob. Klein= und Sozialrentner=
fürſorge
. Die Bezüge der Klein= und Sozialrentner für Monat Novem=
ber
19B werden am Donnerstag, den 15. November, und zwar nur
vormittags von 812 Uhr, bei der Gemeindekaſſe ausgezahlt.
L. Michelſtadt, 12. Nov. Vom Finanzamt. Mit Wirkung
vom 16. November ab erfahren die Amtstage des Finanzamts eine Aen=
derung
derart, daß ſolche zukünftig Dienstag und Freiatgs ſtattſinden.
Eine Aenderung der Zahltage tritt dagegen nicht ein. Gas=
preiſe
. Die Südweſtdeutſche Gas=Aktien=Geſellſchaft hat für einen
Verbrauch von mehr als 50 Kubikmeter monatlich folgende Preiſe feſt=
gelegt
: Von 51200 Kubikmeter 22 Pfg., von 21300 Kubikmeter 20
Pfg., von 301400 Kubikmeter 18 Pfg., von 401500 Kubikmeter 17
Pfg., über 500 Kubikmeter 15 Pfg. Großabnehmer, die jährlich mehr als
3000 Kubikmeter verbrauchen, haben die Möglichkeit, Sonderverträge mit
der Geſellſchaft abzuſchließen, die eine weitere Verbilligung vorſieht.
Holzabfuhr. Die Bürgermeiſterei weiſt darauf hin, daß das nach
dem 20. November aus Verſteigerungen noch im Walde liegende Holz ab=
gefahren
wird, ohne daß der Steigerer von der Zahlungspflicht entbun=
Len wird.
* Hetzbach, 13. Nov. Geſtern nachmittag endete eine, einer Beerfelder
Firma gehörige neue Opel=Limouſine im Straßengraben unſeres Ortes.
Der in ſchmneller Fahrt geweſene Wagen kam ins Nutſchen, ſo daß der
Lenker die Steuerung verlor. Zwei Inſaſſen kamen mit dem Schrecken
davon, während der dritte durch Glasſplitter eine Kopfwunde erhielt.
HI. Birkenau, 13. Nov. Beigeordnetenwahl. Wie voraus=
zuſehen
war, hat die vorgeſtrige Beigeordneteiwahl ein Ergebnis gezei=
tigr
, daß eine Stichwahl nötig wurde, da keiner der vier Kandidaten die
nötige Stimmenzahl auf ſich vereinigte. Es erhieltem Stimmen: Tritſch
334, Amend 320, Klein 181 und Jakob 134; ungültig waven 13 Stimmen.
Stimmberechtigt waren 1472, abgegeben wurden im ganzen 982 Stim=
men
. Es haben alſo etwa 66 Prozent der Wahlberechtigten von ihrem
Wahlrechte Gebrauch gemacht. Die Stichwahl zwiſchen Tritſch und
Amend findet vorausſichtlich am Sonntag, den 25. ds. Mts., ſtatt.
B5. Bensheim, 12. Nov. Samstag=Nacht verſchied der langjährige
Stadtverordnete Herr Prokuriſt Ludwig Berg. Der Verſtorbene,
Angeſtellter in den Maſchinenpapierfabriken W. Euler A.G., gehörte
der Zentrumsfraktion der Stadtverordneten an; er war Mitglied des
Aufſichtsrats vom Gruppen=Gas= und Elektrizitätswerk Bergſtraße A. G.,
und galt ſein Einfluß und ſein Urteil an den maßgebenden Stellen
viel. Die Stadt verliert in ihm einen ernſt=eifrigen Vertreter ſtädtiſcher
Belange. Der Tod hält zur Herbſtzeit auch bei Bensheims Bevölke=
rung
ſeine Ernte. Vor einigen Tagen wurde erſt der Stadtpfarrer
Herr Geiſtlicher Rat Möller zur letzten Ruhe in der Friedhofskapelle
beigeſetzt, und am 9. d. M. wurde die ſterbliche Hülle des erſt vor kur=
zem
zum Ehrenbürger der Stadt ernannten, faſt 70 Jahre alten Herrn
Proſeſſors Karl Henkelmann beſtattet. Ein großes Trauergefolge
gab ihm das Geleit, und hielten nach den eindrucksvollen Predigtworten
des Geiſtlichen Herrn Dekan Zaubitz der Bürgermeiſter namens der
Stadt und ihrer Verwaltung, ſowie im Namen des Muſeumsvereins,
ferner Vertreter des Philologenvereins, des Hiſtoriſchen Vereins für
Heſſen, des Lehrerkollegiums des Gymnaſiums, des Kriegervereins, der
Ortsgruppe Bensheim des Hiſtoriſchen Vereins für Heſſen und der Her=
ausgeber
des Bergſträßer Anzeigers und der Bergſträßer Geſchichts=
blätter
unter Niederlegung von prachtvollen Kränzen Gedächtnisreden.
Am Donnerstag eröffnete der Geſangverein Liederkranz im
Verein mit dem Muſikverein, die kommenden Winterveranſtaltun=
gen
mit einem ſehr gut beſuchten Herbſtkonzert im Saale des
Deutſchen Haus‟. Die Vortragsfolge wies mancherlei neu einſtudierte
Chöre und Muſikſtücke auf, und waren Leiſtungen und Erfolg durch=
ſchlagend
. Hier wurde die vom Architekten Regierungsbaumeiſter
a. D. Eiſenhardt neu erbaute, durchaus modern und großzügig einge=
richtete
Weilmünſters Theater=Konzerthaus= Lichtſpiel=
bühne
vor einem größeren geladenen Publikum in beſonders weihe=
voller
Weiſe eröffnet und dem Betrieb übergeben.

Autounfall bei Langen.
In der Nacht von Sonntag auf Montag gegen ½1 Uhr ſtießen zwei
Autos bei Langen zuſammen. Das eine Auto, das dem Offenbacher
Ingenieur Siegler gehört, kam von Heidelberg und ſtieß kurz hinter
Langen, auf der Straße nach Sprendlingen, mit dem Auto des Kauf=
wanns
Leo Billinger aus Neuſtadt a. d. Haarkt zuſammen. Das
Neuſtädter Auto befand ſich auf dem Wege von Frankfurt nach Neuſtadt
a. d. H. Das Auto des Ingenieurs Siegler wollte einen vor ihm fah=
renden
Radfahrer links überholen und ſtieß hierbei mit dem entgegen=
kommenden
Auto zuſammen. Der Radfahrer wurde beiſeite geſchleudert
und erlitt mehrere Blutergüſſe; es handelt ſich um den Arbeiter Peter
Kohl aus Sprendlingen. Schwer verletzt wurde der Kaufmann Leo
Billinger; er befindet ſich im Kreiskrankenhaus Langen. Die übrigen
Fahrer wurden leichter verletzt und konnten nach Anlegung von Nor=
verbänden
entlaſſen werden.

W. Heppenheim a. d. B., 13. Nov. Proisverteilung für
den diesjährigen Fenſter= und Valkonſchmuck. Morgen
findet die Prämiierung des Blumenſchmucks an Fenſtern und Balkonen
ſtatt. Alle Intereſſenten, insbeſondere die Mitglieder des Obſt= und
Gartenbauvereins, des Verkehrs= und Verſchönerungsvereins ſind ge=
beten
, hierzu zu erſcheinen. Es iſt dies ein Anſporn für die Bevölkerhng
Heppenheims, daß alle zur Verſchönerung des Stadtbildes beitragen. Die
Stadtverwaltung und die beiden erwähnten Vereine haben die zu der
Auszeichung erforderlichen Mittel bereitgeſtellt. Der erſte Prämiierungs=
gang
fand im Juli und der zweite etwa zwei Monate ſpäter ſtatt. Die
Zahl der Angemeldeten hat ſich gegen das Vorjahr verdoppelt.
Herbſtkonzert. Schubertfeier. Dem Andenken Franz
Schuberts, verſtorben am 19. November 1828, widmer der Männer=
geſangberein
Sängerbund zur Wiederkehr ſeines hundertſter
Todestages ein Schubertkonzert. Das Konzert findet am Sonntag, den
18. Nobember 1928, im Vereinslokal ſtatt. Als Mitwirkende ſind
u. a. verſchiedene Soliſten gewonnen. Die Vortragsfolge weiſt eine
Anzahl von Nummern auf, die in einer Weiſe ausgewählt und zu=
ſammengeſtellt
ſind, daß man mit einer künſtleriſch auf der Höhe ſtehen=
den
Veranſtaltung rechnen kann. Es werden nur Werke don Franz
Schubert zu Gehör gebracht. Das Ganze verſpricht einen genußreichen
Abend im Reiche des großen Meiſters Franz Schubert. Evangel,
Gemeinde. Chriſtofferus, ein Legendenſpiel, wurde am Sonntag
abend zur Aufführung gebracht, das die Geſtalt des heiligen
Chriſtofferus lebendig erſtehen ließ. Dieſe Geſtalt des Chriſtofferus be=
deutet
ein Symbol für die neue Jugend, die bereit iſt, alle Kräfte ein=
zuſetzen
für die letzten Dinge. Die Aufführung darf als eine wohl=
gelungene
bezeichnet werden und ſtellt auch hier eine weitere Entwicklung
und Vertiefung des Laienſpiels auf religiöſer Grundlage dar. Der
erſte Schnee. Hier fiel in den geſtrigen Morgenſtunden der erſte
Schnee.

wird von jedem Geschäftsmann das
Deutsche Reichs-Aciressbuch
Von Rudolf Mosse

wenn er versäumt, rechtzeitig die nächste Ausgabe zu bestellen.
Der Versand der neuen, fünfbändigen Ausgabe ist in vollem
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V 9888

* Ein Perſonenzug fährt im Tunnel
in eine Rotte Bahnarbeiter.
Am Dienstag vormittag fuhr der um 4.12 Uhn am Hauptbahnhof
Mainz abfahrende Perſonenzug nach Frankfurt im Eiſenbahntunnel in
eine Rotte von 40 Bahnarbeitern, die dort in der Nacht mit der Aus=
beſſerung
von Geleiſen beſchäftigt waren, ohne daß vorher der Leiter
der Arbeiten von der Abfahrt des Zuges verſtändigt worden war. In=
folge
ſtarker Rauchanſammlung im Tunnel wurde das Herannahen des
Zuges erſt in ganz kurzer Entfernung beobachtet. Dem größten Teil der
Rottenarbeiter gelang es, noch bei Seite zu ſpringen und ſich zu retten.
Zwei Rottenarbeiter erlitten leichte Verletzungen an den Beinen, wäh=
rend
der 19jährige Bahnarbeiter Phil. Ohl aus Sulzheim von der
Maſchine erfaßt, zur Seite geſchleudert und ſchwer am Kopfe verletzt
wurde. Es wurden ſofort die Bahnärzte verſtändigt, die den Verletzten
Norverbände anlegten und die Ueberführung des O. ſowie des leichter
verletzten 33jährigen Rottenarbeiters Phil. Bohlens aus Waller=
ſtädten
in das Städtiſche Krankenhaus Mainz anordneten. Die Schuld
an dem Unfall ſoll einen Oberingenieur treffen, der vom Stellwerk aus
die Strecke freigab.
Zu dem Unglücksfall teilt uns die Reichsbahndirektion
Mainz mit: Dienstag vormittag 4.17 Uhr fuhr im Tunnel zwiſchen
Mainz=Haupt und Mainz=Süd der Perſonenzug 122 in eine Gruppe
Rottenarbeiter, die ſich nach beendeten Arbeiten im Tunnel auf dem
Wege zum Tunnelausgang befanden. Hierbei wurden verletzt: Der Ar=
beiter
Ph. Ohl aus Sulzheim (Schädel= und Rück atverletzung) und
der Arbeiter Philipp Bohlens aus Wallertheim (Blüterguß am rech=
ten
Oberſchenkel und Wade). Beide Verletzte wurden ins Städtiſche
Krankenhaus verbracht. Einige Züge hatten Verſpätung; weitere Stö=
rungen
ſind nicht entſtanden.

H. Aus dem Weſchnitztal, 13. Nob. Hohes Alter. Heute feierte
die Witwe Eva Kath. Gärtner, geb. Siefert, in Mengelbach bei beſter
Geſundheit ihren 90. Geburtstag. Tueibjagd. Vorgeſtern fand
in der Gemarkung Ellenbach die diesjährige Herbſttreibjagd ſtatt. Trotz=
dem
, daß es an Treibern fehlte, wurden 18 Haſen und ein feiſter Rehbock
erlegt. Der Wildſtand iſt bei uns ein ſehr guter.
Hirſchhorn, 13. Nob. Waſſerſtand des Neckars am
12. November 0,42 Meter, am 13. November 0,58 Meter.

Der Kartoffelkrebs.
Vor 20 Jahren wurde der Kartoffelkrebs zum erſten Mal in Deutſch=
land
in Kleingärten des rheiniſch=weſtfäliſchen Induſtriegebietes und der
Umgebung anderer Großſtädte beobachtet. Von hier hat er ſich weiter
ausgebreitet und trat 1927 auch in Heſſen erſtmalig auf. Da auch in die=
ſem
Jahre leider wieder einge neue Kartoffelkrebsherde feſtgeſtellt wur=
den
, iſt es für jeden Landwirt und Gartenbeſitzer von Wichtigkeit, einiges
über dieſe Pflanzenkrankheit zu wiſſen, um ſich gegen dic ſelbe ſchützen zn
können.
Der Kartoffelkrebs iſt dadurch gekennzeichnet, daß ſich in den Augen
der Knollen mehr oder weniger große korallenförmige oder blumenkohl=
artige
Wucherungen bilden. Dieſe Mißbildungen ſind anfänglich hell=
braun
und feſt, ſpäter werden ſie dunkelbraun bis ſchwarzbraun und
zerfallen beſonders bei feuchter Witterung gegen den Spätherbſt zu. Bei
ſtarker Verſeuchung kommt es vielfach überhaupt zu keiner Knollenbil=
dung
mehr. Aus dem Krankheitsbild läßt ſich ſchon erkennen, welch un=
geheuren
Schaden dieſe Pflanzenkrankheit anrichtet. Ihre Bekämpfung
iſt daher überall durch Polizeiverordnungen vorgeſchrieben und geregelt.
Wird die Krankheit irgendwo in einem Feldſtück oder Garten gemutmaßt,
iſt dies ſofort der Ortspolizeibehörde mitzuteilen, die diefe Meldung an
die zuſtändige Stelle weiterleitet. Die Krankheit iſt deshalb beſonders
gefährlich, weil ihr Erreger, ein mikroſkopiſch kleiner Pilz, außerordent=
lich
widerſtandsfähig iſt. Ein befallener Boden bleibt jahrelang ver=
ſeucht
und mit Rückſtänden erkrankter Pflanzen, ja ſogar mit dem Bodem
kann der Keim weiter verſchleppt werden. Alle Rückſtände müſſen daher
auf dem Felde verbrannt oder mindeſtens einen halben Meter tief ver=
graben
werden. Die auf einem ſolchen Feld geernteten Kartoffeln dürfem
nicht als Pflanzkartoffeln verwendet, nicht ohne polizeiliche Erlaubnis,
auz dem Betrieb, in dem ſie gebaut worden ſind, entfernt und nur in
gekochtem oder gedämpftem Zuſtande verfüttert werden. Für die menſch=
liche
Ernährung im eigenen Haushalt können die Kartoffeln zur Not
ohne Bedenken Verwendung finden, doch iſt ihre Haltbarkeit im Winter=
lager
beinträchtigt und muß man für ſorgfältige Unſchädlichmachung aller
Abfälle ſorgen. Dieſelben dürfen nicht auf den Kehrichthaufen wandern,
ſondern müſſen verbrannt oder gekocht verfüttert werden.
Auch in der Abwehr dieſer Krankheit iſt Vorbeugung der ſicherſte
Schutz. Dieſe Vorbeugung wird dadurch ſehr erleichtert, daß es einige
Sorten gibt, die nicht vom Kartoffelkrebs befallen werden.
Krebsfeſte Sorten ſind u. a. Böhms Ackerſegen und Modrows
Preußen P. S.G. Erdgold drei mittelſpäte gelbfleiſchige Sorten,
Modrols Direktor Johannſen, eine mittelfrühe gelbfleiſchige Sorte,
Paulſens Juli, Ebſtorfer Juliniere und Ebſtorfer Juliperle,
einige frühe Sorten, und Parnaſſia, eine mittelſpäte, weiße Futter=
kartoffel
. Um unter Garantie wirklich die gewünſchte Sorte zu erhal=
ten
, ſollte man aber nuu amtlich anerkanntes Saatgut kaufen, das von
den Saatbauſtellen der Landwirtſchaftskammer geliefert wird. Es kann
deshalb nur empfohlen werden, ſich mit dieſen Stellen in Verbindung zu
ſetzen.

Gernsheim, 13. Nov. Waſſerſtand des Rheins am
12. Nobember 0,00 Meter, am 13. November 0,07 Meter.
Biebeshein, 13. Nov. Bei der in Nr. 278 unſerer Zeitung berich=
teten
Rebiſion der Landes=Bez.= und Abſatzgenoſſenſchaft handelt es ſich
bei dem Rechner und Buchführer Otto Wedel nicht um den Mühlen=
beſitzer
Otto Wedel, ſondern um den Landwirt gleichen Namens.
a. Offenbach, 12. Nov. In der Novemberverſammlung der Deut=
ſchen
(liberalen) Volkspartei ſprach Landesgeſchäftsführer Wel=
kow
über die politiſche Lage. Die Deutſche Republik ſo begann der
Nedner feiere in dieſen Tagen ihr zehnjähriges Beſtehen. Durch
die ſchweren Zeiten des Arbeiter= und Soldatenrats, der Nationalver=
ſammlung
und der Inflation ſei Deutſchland wieder zu einigermaßen
gefeſtigten Verhältniſſen gelangt. Zweimal hätte der neue Staat be=
reits
unmittelbar am Abgrunde geſtanden, und es ſeien gerade Leute
des alten Staates, Hindenburg und Streſemann, heute die ſtärkſten
Stützen des dritten Deutſchen Reichs. Gerade die eifrigſten Verfechter
der neuen Staatsform ſollten das anerkennen. Man ſolle ſich heute an
all das Schwere erinnern, das im letzten Jahrzehnt überwunden wor=
den
ſei, und ſich auch über das bereits Wiedererrungene etwas freuen.
Der wirtſchaftliche Kampf, der neuerdings im Ruhrgebiet aufgeflammt
ſei, ſei eine neue ſchwere Gefahr. Es ſei jedoch unrichtig, daß ihn die
Induſtrie leichtfertig heraufbeſchworen habe. Der Unternehmer müſſe
heute wieder mit dem halben Pfennig rechnen, und der Schiedsſpruch
habe, nachdem die Gewerkſchaften 20 v.H. Lohnerhöhung gefordert hät=
ten
, 6 Pfg. zugeſtanden. Das heutige Schlichtungsweſen wirke ſich übri=
gens
in der Art aus, daß von den Forderungen, die meiſt in ziemlich
kurzen Zeitabſchnitten erhoben würden, immer ein Teil bewilligt würde.
Lepten Endes müßten aber alle Verbraucher die Auswirkungen der
fortgeſetzten Lohnerhöhungen tragen. Die Induſtrie müſſe dem Aus=
lande
gegenüber wettbewerbsfähig bleiben, und darum müfſe man auch
auf dem Gebiete der Löhne einmal zu einigermaßen ftetigen Verhält=
niſſen
kommen. Die Rationaliſierung der Betriebe ſei durchgeführt
ſverden, um bei den bisherigen Löhnen dem Auslande gegenüber be=
ſtehen
zu können. Von einem Kampf der Unternehmer gegen die Staats=
hoheit
, von der die Linkspreſſe erzähle, könne erſt recht keine Rede ſein.
Es ſcheine faſt, als habe ſich das mehrmonatige Fehlen Dr. Streſe=
manns
in der Reichsregierung auch bei der Entwicklung des Lohnkamp=
fes
im Ruhrgebiet unheilvoll bemerkbar gemacht. Sein Werk ſei die
Inſammenſtellung der gegenwärtigen Reichsregierung, und es ſei zu
wünſchen, daß es mit ſeiner Hilfe auch möglich würde, gleichgeartete
Regierungen im Reiche und in Preußen zu bilden, damit die Reichs=
geſetze
in dem größten deutſchen Staate auch ſo ausgeführt würden, wie
ſie im Reichstage beſchloſſen werden. Die Deutſchnationalen hätten ſich
für die nächſte Zeit regierungsunmöglich gemacht; die größte Partei,
die Sozialdemokratie, müſſe die Verantwortung in der Regierung wie=
der
mit übernehmen und in die Regierung einbezogen werden. Wer
hemmungslos alles kritiſieren dürfe, werde groß. Das ſehe man an
Deutſchnationalen und Sozialdemokraten. Für die engere Bindung an
den Regierungswagen wolle das Zentrum in Preußen das Konkordat,
im Reiche das Schulgeſetz einhandeln. Die Deutſche Volkspartei werde
in beiden Fragen auf dem Gebiet der Kirche und der Schule keine wei=
teren
Zugeſtändniſſe an die römiſche Kirche machen. Die letzte Regierung
vor den Wahlen ſei ja an dem Schulgeſetz und der Einſtellung der
Volkspartei dazu geſcheitert. Der Panzerkreuzer ſei eine recht harte
Nuß. Nur um ihre Anhänger zu beruhigen, habe die Sozialdemokratie
eingeſtandenermaßen den Antrag geſtellt, den Bau des Kreuzers einzu=
ſtellen
. Wie ſich immer mehr herausſtelle, ſei Amerika der Sieger im
Weltkriege. Habe auch Genf ein mageres Ergebnis gehabt, ſo läge
doch keine Veranlaſſung vor, Dr. Streſemann Knüppel zwiſchen die
Beine zu werfen. Es müſſe jeder Volksparteiler und die Partei auch
im neuen Staate eifrig mitarbeiten. Die Kraft der Partei gehöre dem
Vaterland, erſt recht in ſchweren Zeiten.

Jeder CONTINENTAL-Reifen hat ein
so großes Plus in sich, daß sein Kilometer-
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[ ][  ][ ]

Geite 8

Im Auto durch Thüringen.
bg. Ich konnte es mir nicht vorſtellen, was es für ein Ver=
gnügen
ſein ſoll, wenn 40 miteinander unbekannte Menſchen in
einem Auto verfrachtet werden und irgend eine Gegend in zwölf
Stunden im Herumfahren kennen lernen ſollen. Der freundliche
Onkel des Reiſebüros (Aufmachung: amerikaniſcher Wander=
prediger
) vermochte mich trotz ſeiner Eindringlichkeit nicht zu
überzeugen; auch wenn er die Deutſche Reichspoſt=Auto= Luxus=
fahrten
, beſonders die Thüringerfahrt ¼ des Landes
für 10. RM.! noch ſo reklamehaft anpries! Da kam ſie: die
Eva! Sie ſei ſelbſt mitgefahren; die Fahrt durchs Silberbachtal,
für jedes andere Auto geſperrt, und durchs Schwarzatal, ſei un=
beſchreiblich
ſchön; es ſeien genügend Ruhepauſen vorgeſehen und
von Rütteln keine Spur; in den modernen offenen dreiachſigen
Büſſingwagen fahre ſichs äußerſt angenehm. Ich will ſie nicht
überreden; aber die Fahrt iſt ganz einzig, das ſag ich aus eigen=
ſter
Ueberzeugung. Wir kauften Karten und baten um gut
Wetter . . .
Anderntags früh um 8 Uhr entwickelte der Führer, der ſich
im übrigen erfreulicherweiſe zurückhielt, kurz den Reiſeplan und
gab die wichtigen Haltepunkte und =zeiten für die Mahlzeiten, die
jeder nach Belieben in Form von mitgenommenen Butterbroten
oder im erſtklaſſigen Hotel abmachen konnte.
Bei bedecktem Himmel gings mit 20 Minuten Verſpätung
ab, nachdem ſich das Schoßhündchen eines ältlichen Paſſagiers
weiblichen Geſchlechts endlich hatte verſtauen laſſen, über Ernſt=
rode
und Schönau nach dem freundlichen Georgenthal, das
von 3 Seiten von Nadelwald=Bergen eingeſchloſſen iſt, um den
Hammerteich herum und vorüber an den Reſten eines im
XII. Jahrhundert erbauten und 1525 zerſtörten Ziſterzienſer=
Kloſters über Gräfenhain am Rande der Berge links liegt
der Truppenübungsplatz von Ohrdruf durchs Tal der Ohra
nach Luiſenthal. Vorbei an Stutzhaus, Schwarzwald und
Zwei Ohren auf langſam anſteigender Straße ins herrliche
Silberbachtal, das ſich zwiſchen hochſtämmigen Nadelwäl=
dern
und wuchtigen Felswänden durchwindet, vorbei an den
beiden Schweizerhütten, nahe den Endpunkten der Rodelbahn
und der Bobbahn, nach Oberhof (800 Meter), dem deutſchen
Winterſportplatz. Stellenweiſe auf und neben dem Rennſteig
gehts mit herrlichen Fern= und Ausblicken aufs Thüringerland
um die Granitkuppe des höchſten Berges, des großen Beer=
bergs
(980 Meter) herum, mit Ausblicken auf die Fichten be=
ſtandene
Porphyrhöhe des Schneekopfs (978 Meter), hinauf
nach Schmücke (910 Meter), dem vielbeſuchten Berggaſthof,
hübſch am Waldrande vor einem großen Wieſenhang gelegen,
wo ordentlich gefrühſtückt wird.
Die erſten Bekanntſchaften werden bekräftigt. Ein junger
Berliner, in meine Frau verſchoſſen und fabelhaft ſtolz, daß ihm
die überhängenden Aeſte der Bäume längs der Landſtraße, die
wir ſtellenweiſe im 70 Kilometer=Tempo nahmen, das Monokel
nicht herunterzufegen vermochten. Es war wirklich allerhand
Leiſtung, da die Aeſte über die ängſtlich und blitzſchnell einge=
zogenen
Köpfe nur ſo wegfegten! Neben uns eine Frau, wie ſich
ſpäter herausſtellte, die Frau eines Arztes, irgendwo aus der
Pfalz, intereſſierten die grauen Wildlederſchuhe meiner Frau; der
Schuſter hatte ſie ihr, die in einer ganz anderen Gegend wohnte,
tagszuvor verſehentlich abliefern wollen! Thema: die okkulte
Macht eines Paars Schuhe. Eine ſehr rundliche ältere Dame ent=
wickelte
einem jüngeren Herrn ganze Stammbäume und Ahnen=

Mittwoch, den 14 November 1928

galerien, angeregt plaudernd, bis im Laufe der nächſten 75 Kilo=
meter
das ganze Frühſtück ſeekrank wurde, und ſie nur durch
ſchnellen Platzwechſel den rettenden Rand des ratternden Wagens
erreichte.
Weiter fuhren wir von Schmücke übern Rennſteig, vorbei
am Mordfleck, der Krückwieſe, ſtändig auf gleicher Höhe bleibend,
bis in die Nähe des Bahnhofs Rennſteig; von hier ſcharf
nördlich durch Stützerbach (Glashütten), durch Manebachtal
nach Ilmenau, der Stadt der Porzellan= und Glasfabriken
und dem Goethefreund vertraut als Lieblingsaufenthalt Goethes
und Karl Auguſts . Man ſpottet ſo gern über den rei=
ſenden
Engländer mit dem Baedeker vor der Naſe; aber wer nicht
nur Kilometer freſſen will, wird gerade beim Berühren von
Orten, deren Name durch die ſchulmäßige Zergliederung von Ge=
dichten
lange einen unſympathiſchen Beiklang hatte, dankbar die
Anmerkungen leſen, die ihnen der verläßliche Führer mit und
ohne Stern widmet. Hier weilte Goethe 1776 zum erſten Mal
und feierte im Gaſthaus Zum Löwen ſeinen letzten Geburts=
tag
. Welten Zeiten! Und bei der raſchen Weiterfahrt durchs
anmutige Tal ſuchte der Blick den Kickelhahn nach Goethes
Blockhäuschen ab und ſtörte ſich nicht dran, daß es abgebrannt
und neu errichtet (1874), von unten garnicht zu ſehen iſt....
Geſpräche um Goethe, mit Knebel, mit Corona Schröter, der
ſchönen Schauſpielerin, wurden lebendig; Werke meldeten ſich,
Fetzen, Bruchſtücke und Kampf und wirklich gelebtes Leben eines
Großen, der 1780 da oben ſein Leid in ein Gebet wandelte und
an die Holzwand ſchrieb:
Ueber allen Wipfeln iſt Ruh‟
In allen Wipfeln ſpüreſt Du
Kaum einen Hauch.
Warte nur, balde
Ruheſt Du auch.
und 51 Jahre ſpäter gerührt die alte Inſchrift
rekognoſzierte!
Aber ſchon hat der Wagen das Tal der Ilm verlaſſen und
über Gehren, Königsfee, Allendorf wird Schwarzburg er=
reicht
am Eingang zum unteren Schwarzatal, dem Prunkſtück
dieſer an Schönheiten überreichen Fahrt. Reizvoll liegt das Schloß
(370 Meter) der Fürſten von Schwarzburg; herrlich iſt der Blick,
wenn man im großen Bogen die Chauſſee von Allendorf herfährt.
Es iſt auf einem Bergvoxſprung erbaut, der 85 Meter hoch über
dem Wieſengrund aufragt, und wird von der Schwarza auf drei
Seiten ſo eng umfloſſen, daß es faſt wie auf einer Inſel zu liegen
ſcheint. Wir raſteten in der Nähe des fürſtlichen Zeughauſes und
machten gehorſam vor dem Hauptportal halt, da eine Beſichtigung
des Schloßinnern nicht geſtattet iſt. Wir haben gern darauf ver=
zichtet
; denn der Blick auf die Berge und Wälder ringsum und
das Schwarzatal zu unſeren Füßen entſchädigte für Feuerbüchſen
und Kaiſerſäle, auch wenn wir uns bequemer Weiſe den Spazier=
gang
durch die Faſanerie zum Trippſtein geſchenkt hatten.
Wie nach Heinrich Heine jeder Ladenſchwengel am 1. Mai
das Recht hat, ſentimental zu ſein, ſo jeder Jenenſer Student,
wann immer er auch ins Schwarzatal fährt. Uim dieſe ſchönſte
Strecke des Schwarzatales zwiſchen Schwarzburg und Blanken=
burg
, wo die Schwarza in ſtarken Windungen das ſchluchtartige
Tal (Werretalwaſſerfälle, Chryſopraswaſſerfälle), durchrauſcht,
und Rieſen=Felswände und Felsſpitzen (wie Chryſopras, Ingo=
klippe
, Kirchfelſen, Hühnerkuppe, Eliſabethfelſen) ſchroff empor=
ragen
, in ihrer Romantik ganz zu genießen, ſollte man es durch=
fahren
, oder auch auf halber Höhe durchwandern.

Nummer 312

Van Blankenburg, wo Friedrich Fröbel ſeinen erſten
Kindergarten gründete, ging es vorbei an der Ruine Greifen=
ſtein
, einer der umfangreichſten Burgenanlagen Thüringens, über
Quiddelsdorf, Ober= und Unter=Rottenbach nach der Kloſter=
ruine
Paulinzella, die mit Recht als eine der ſchönſten
Kirchenruinen Deutſchlands gefeiert wird. An der Stelle des
Kloſters, das einſt von Benediktinermönchen um 1100 gegründet.
im Bauernkriege ausgeplündert wurde und nach der Reformation
allmählich verfiel, ſteht das ehemalige Amtshaus mit Ober=
förſterei
, ein ſchöner Fachwerkbau aus dem 16. Jahrhundert. Hir=
ſauer
Mönche haben die Kirche 111232 im edelſten romani=
ſchen
Stil als kreuzförmige Säulenbaſilika erbaut. An einſtige
Größe erinnert das wuchtige Säulenportal (Weſttor), das in das
Langhaus führt; einprägſam ſind die Seitenwände, die in 8
Bogenſtellungen auf ſchlichten Säulen mit Würfelkapitälen ruhen.
Wo einſt der Chor ſtand, ragen Bäume auf und laden zu be=
ſinnlichem
Verweilen.
Ueber Stadt=Ilm erreichten wir Arnſtadt, wo der
Wagen bei langſam fallendem Regen durch die engen Straßen
auf und ab die Kunſt des Wagenführers ordentlich auf die Probe
ſtellte. Schon bei der Einfahrt begrüßte uns ein beſtimmter Ge=
ruch
, der unzweideutig das Hauptgewerbe der Stadt ankündigt:
Gerberei; Schuh= und Handſchuhfabrikation. Von dem
Wirken Johann Sebaſtian Bachs als Organiſt der Bonifazius=
kirche
nahmen wir durch eine Gedenktafel Kenntnis. Vielleicht
war es der Regen, vielleicht auch Müdigkeit, jedenfalls war kein
Auftrieb da, die intereſſante und lebhafte Stadt, die etwas mehr
als 20000 Einwohner hat, näher kennen zu lernen, obwohl
Baedecker die Liebfrauenkirche mit einem Stern auszeichnet. Von
hier aus nahm die gute Marlitt ihren Flug in die Welt, und
hier lebte Willibald Alexis, der Dichter der Hoſen des Herrn
von Bredow, die letzten Jahre ſeines Lebens. Unvergeßlich aber
zwang ſich am Markt der eigenartige Bismarckbrunnen von
Wrba ein, dieſer bronzene Reichsbaum, der mit ſeinen Aeſten
die Wappen der deutſchen Bundesſtaaten trägt.
In der Regenſtimmung des fallenden Abends wirkte das
nicht endenwollende Jonastal mit dem ausgetrockneten Fluß=
bett
und ſeinen kahlen Hängen bedrückend. Von Ohrdruf, wo
Bonifazius einſt die erſte chriſtliche Kirche Thüringens gründete,
brachte uns der Wagen über Catterfeld und Altenbergen (mit
Blick nach der Winfried=Leuchte) wieder zurück nach Friedrich=
roda
. . . Wenn auch etwas müde, ſo waren wir doch dankbar für
die Schönheiten eines uns bis dahin noch fremden, aber herrlichen
Stück deutſchen Landes.
Und wem dankten wir’s: Eva, der glänzenden Propagan=
diſtin
einer herrlichen Fahrt in wunderſchönem Land.

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Hauptichriftleitung. Rudolf Mauve
Verantwortlich für Polltik und Wirtſchaft: Rudolf Maupe; für Feuiſleion, Reich und
Ausland und Heſſiſche Nachrichten: Max Streeſe; für Sport: Dr. Eugen Buhlmann;
ür den Handel: Dr. C. H. Queiſch; für den Schlußdienſt: Andreas Bauer; für
Die Gegenwart: Dr. Herbert Neite; für den Inſeratentel: Willv Kuhle: Druc
und Verlag: L. C. Wittlch ſämtlich in Darmſtadt
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faßte
ſich am 12. November ds. Js. in einer Sitzung unter anderem auch mit der Milch=
hoffrage
in Darmſtadt.
Der Provinzialvorſtand weiſt auf’s entſchiedenſte die Ausführungen des Herrn Bürger=
meiſters
Mueller=Darmſtadt, die er in der Tagespreſſe in der letzten Zeit veröffentlicht hat,
zurück. Es wurde weiter feſtgeſtellt, daß Vertreter der Landwirtſchaft und der Milchprodu=
zenten
mit Empörung den Film geſehen haben, der einem großen Kreis von Konſumenten
in Darmſiadt vorgeführt wurde, und der in keiner Weiſe die heſſiſchen Verhältniſſe
wiedergibt. Die geſamte Landwirtſchaft muß Verwahrung gegen eine derartige Irreführung
des Verbraucherpublikums einlegen. Die Ausführungen des Herrn Bürgermeiſters Mueller
und die Darſtellungen in dem Film wenden ſich insbeſondere gegen die kleineren und
mittleren Milcherzeuger, die größtenteils die Melk= und Stallarbeiten mit eigenen Familien=
angehörigen
vornehmen und ſich deshalb beſonders angegriffen fühlen.
Weiterhin wenden ſich die Vertreter des Heſſiſchen Landbundes gegen die Aus=
führungen
einzelner angeblich landwirtſchaftlicher Vertreter in der Stadtverordneten=
verſammlung
vom 31. Oktober 1928. Falls die Berichterſtattung der Tagespreſſe zutrifft,
kann die Landwirtſchaft den Ausführungen dieſer Herren in keiner Weiſe zuſkimmen. Sie
muß dieſe Herren als ihre Vertreter ablehnen.
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Zum Schreib wi ſen=
ſchaftl
Arbeiten nach
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des Verbandes Deutſcher
Waren= u. Kaufhäuſere. V., Berlin.
Filialdirektion Frankfurt a. Main,
Hochſtraße 26.
1 dV. 18401

GLASER
Landiagsabgeordneter
Provinzialvorſitzender des Heſſiſchen Landbundes
für die Provinz Starkenburg.

Lautern sinſchließlich Saargrwggebiek

[ ][  ][ ]

Seite 10

Mittwoch den 14 November 1928

Numme: 317

Biemalaſttoggedes Bampfersgsefttin
Der Dampfer in vier Stunden geſunken. Paſſagiere und Mann=
ſchaft
zum größten Teil gerettet. Das Schickſal von 35 Schiff=
brüchigen
noch unbekannt.
worden ſeien. Dieſe Meldung wird hier auch ſtark
angezweifelt, da ſämtliche Schiffe, die an der Un=
Gerettet!
glücksſtelle eingetroffen ſind, gemeldet haben, daß ſie
Ein Reitungsbcot noch vermißt, kein Rettungsboot aufgefunden hätten. Sowohl der
japaniſche Dampfer Ohio Maru, wie die Santa

New York, 13. November.
Nach den letzten Meldungen eines amerikaniſchen
Schiffes ſind die geſamte Bemannung
und die Paſſagiere des untergegangenen
Dampfers Veſtris bis auf 35 Perſonen ge=
rettet
worden. Die vermißten 35 müſſen ſich
in dem überzähligen Rettungsboot befunden haben.
Die Reitungs=Aktion.
Im Laufe der frühen Morgenſtunden haben die
Funkſtationen zahlreiche Funkſprüche von Dampfern
aufgefangen, die zur Bergung der Ueberlebenden
der Veſtris=Kataſtrophe an die Unglücksſtelle ge=
eilt
ſind. Der Inhalt dieſer Meldungen iſt ſo nie=
derſchlagend
, daß man wohl ſchon von einer furcht=
baren
Tragödie ſprechen kann, die ſich etwa drei=
hundert
Meilen von der Küſte entfernt abgeſpielt
hat. Aus der drahtloſen Unterhaltung, die das un=
tergehende
Schiff mit den herbeieilenden Dampfern
geführt hat, geht hervor, daß bereits um 7 Uhr
abends, mit 30 Grad Schlagſeite und überfülltem
Maſchinenraum, die Lage des Schiffes hoffnungslos
war. Der ſtoiſche Funker muß bis zum letzten
Augenblick auf ſeinem Poſten ausgehalten haben. Um
11.40 Uhr wurde ein Funkſpruch aufgefangen, der
lautet: Bei ſolcher Schlagſeite ſoll der Teufel
funken! Um 13.20 Uhr funkte das herbeieilende
amerikaniſche Schlachtſchiff Wyoming, daß es um
2 Uhr eintreffen werde. Der Bordfunker antwortete:
Zu ſpät, können nicht warten. Müſſen das Schiff
verlaſſen. Um 13.25 Uhr wurde noch ein ganz
ſchwacher Funkſpruch gehört: Verlaſſen Schiff, ein=
booten
Rettungsboote. Das war das Letzte, was
man von der Beſtris gehört hat.
Auf der Suche nach den Booten.
Die Liverpooler Schiffsreeder Lansport und
Holt haben in der Spätnacht ein Telegramm erhal=
ten
, nach dem Paſſagiere und Beſatzung des geſun=
kenen
Dampfers Beſtris, insgeſamt 338 Perſonen,
gerettet wurden. Der Bordfunker iſt mit dem ſinken=
den
Schiff in die Tiefe geriſſen worden, da er bis
zum letzten Augenblick auf ſeinem Poſten blieb und
drahtloſe Hilferufe ausſandte. Die Untergangs=
ſtelle
liegt edwa dreihundert Meilen im Atlantik,
zwiſchen der Küſte von Norfolk und New
York. An Bord des Dampfers Veſtris befanden
ſich der amerikaniſche Konſul in Buenos Aires und
ſeine Frau, der New Yorker Korreſpondent der in
Buenos Aires erſcheinenden Zeitung Nacion und
verſchiedene bekannte Autofachleute.
Bis 4.30 Uhr MEZ iſt trotz größter Be=
mühungen
noch keine Beſtätigung der Liverpooler
Meldung eingegangen, daß ſämtliche an Bord der
Veſtris Befindlichen bis auf den Funker gerettet

Barbara und der San Juan, haben berichtet, daß
ſie vergeblich verſucht hätten, die Rettungsboote auf=
zufinden
.
Der San Juan kreuzte in der Nähe der Un=
glücksſtelle
bis zum Einbruch der Dunkelheit, ohne
ein Lebenszeichen feſtſtellen zu können. Das Schiff
meldete, daß die See rauh und die Sicht ſchlecht ſei.
Es wird drauf hingewieſen, daß die Unglücksſtelle
den Seeleuten als beſonders gefährlich bekannt iſt.
Weitere acht Paſſagier= und Kriegsſchiffe befinden
ſich augenblicklich auf dem Wege zur Unglücksſtelle.
Die Bergung der Schiffbrüchigen
Nach Funkmeldungen von den Rettungsſchiffen
ſind bisher insgeſamt 203 Schiffbrü=
chige
des geſunkenen Dampfers Veſtris, ge=
rettet
worden, der bekanntlich 350 Perſonen an
Bord hatte. 21 von ihnen wurden von dem Damp=
fer
Berlin aufgenommen.
Wie aus Bermudas gemeldet wird, hat der
Dampfer Berlin geſtern früh ein leeres Rettungs=
boot
der Veſtris aufgefiſcht. Es iſt noch nicht feſt=
geſtellt
, ob das Rettungsboot beſetzt war und die In=
ſaſſen
ertrunken ſind, oder ob es unbeſetzt durch die
Wellen von der Veſtris weggeſpült wurde.
Der Dampfer Berlin wird, ſobald das Wetter
es geſtattet, die von dem franzöſiſchen Tankdampfer
Miriam aufgenommenen Schiffbrüchigen überneh=
men
und dann nach New York weiterfahren. Der
Frachtdampfer American Shipper, der insgeſamt
123 Ueberlebende aufgenommen hat, wird bis zum
Eintritt der Dunkelheit an der Stelle des Unglücks
bleiben.
Ein Funkſpruch vom Frachtdampfer American
Shipper beſagt, daß dieſer Dampfer 33 Fahrgäſte
und 90 Mann Beſatzung aufgenommen habe. Das
Frachtſchiff Wyoming meldet, daß es die von
Trümmern bedeckte See an der Unglücksſtelle ge=
kreuzt
habe und fünf Perſonen aufgenommen habe.
Die Funkſtation South Dartmouth in Maſſachuſſetts
hat einen Funkſpruch des Dampfers Berlin aufge=
fangen
, wonach die Befatzung dieſes Dampfers einen
mit einem Rettungsgürtel treibenden Mann der
Veſtris rettete. Dieſer erklärte, daß er eine Frau
mit Kind auf dem Meere treibend beobachtet habe.
Das Frachtſchiff Woyming meldet, daß das
Rettungsfloß der Veſtris aufgefiſcht worden iſt.
An Bord des Floßes befand ſich nur noch ein Toter,
der anſcheinend der Kälte erlegen iſt.
Nur noch ein Floß vermißt.
American Shipper hat auch das einzige noch
fehlende Rettungsboot aufgenommen. Man vermißt
immer noch ein Floß. American Shipper hat mit=
geteilt
, daß er ſeine Nachforſchungen einſtellen müſſe,
weil ſeine Kohlen jetzt nur noch zur nächſten Kohlen=
ſtation
ausreichen.

Der Rieſenbrand in Karbach.
Karbach. Wie aus Karbach mitgeteilt wird,
wurde die am Rande des Speſſarts, nahe am Main
gelegene Gemeinde Karbach, die bereits im Frühjahr
durch Hagelſchäden ſchwer heimgeſucht wurde, am
Montag vormittag, kurz nach 6 Uhr, von einem
ſchweren Schadenfeuer betroffen. Insgeſamt wurden
etwa 30 Gebäude durch den Brand vernichtet, wäh=
rend
elf Wohnhäuſer ſchwer beſchädigt wurden. Es
handelt ſich größtenteils um Scheunen und Neben=
gebäude
, die mit ihrem Inhalt, hauptſächlich Ernte=
vorräten
, ein Raub der Flammen wurden. Die
Löſcharbeiten waren außerordentlich erſchwert, da
die Gemeinde Karbach keine Waſſerleitung beſitzt
und die aus dem Dorfbach entnommenen Waſſer=
maſſen
derart unrein waren, daß die Schläuche ver=
ſtopft
wurden. Der Schaden wird auf etwa 150 000
bis 200 000 Reichsmark geſchätzt. Es beſtätigt ſich,
daß das Feuer durch Kurzſchluß entſtanden iſt, und
zwar durch eine Leitung, die durch eine der abge=
brannten
Scheunen führte. Der größte Teil der Ab=
gebrannten
iſt unverſichert. Es ſind bereits Schritte
unternommen worden, eine Kreisſammlung zu er=
möglichen
. In den erſten Morgenſtunden kamen die
Feuerwehren von Birkenfeld, Billingshauſen, Ur=
ſpringen
, Marktheidenfeld, Erlenbach, Hafenlohr,
Zimmern und Rothen zur Hilfeleiſtung herbeigeilt.
Wieder ein Kraftwagen auf dem Eiſenbahngleis
Niederlahnſtein. Montag nachmittag fuhr
ein aus Richtung Niederlahnſtein kommender Kraft=
wagen
einer Firma aus Pfaffendorf an dem Eiſen=
bahnübergang
der Provinzialſtraße Niederlahnſtein
Ehrenbreitſtein in Horchheim gegen die für die
Durchfahrt eines Triebwagens geſchloſſene Schranke,
durchbrach ſie und traf den in dieſem Augenblick den
Uebergang befahrenden Triebwagen in die Seite.
Der Kraftwagen wurde zur Seite geſchleuert Per=
ſonen
wurden nicht verletzt.
Schwere Bluttat.
Köln. In Eil bei Köln überfiel ein ſinnlos
betrunkener Burſche aus Bergiſch=Gladbach einen
Radfahrer, den er beſchuldigte, ſein Fahrrad ge=
ſtohlen
zu haben. Der Betrunkene verſetzte dem Rad=
fahrer
einen Stich, der dieſen tötete. Der Täter ent=
floh
darauf und verletzte auf der Flucht einen wei=
teren
Nadfahrer lebensgefährlich.
Ein Zug fährt in eine Arbeitergruppe.
Halle. In der Nähe von Deuben fuhr ein
Zug in cine Arbeitergruppe. Ein Arbeiter wurde
getötet und einer ſchwer verletzt. Infolge des ſtarken
Nebels hatten die Arbeiter das Heranahen des Zuges
nicht bemerkt.
Vertagung des Phosgen=Prozeſſes.
Hamburg. Der Prozeß der Intereſſengemein=
ſchaft
der durch das Phosgenunglück vom 20. 5. Geſchä=
digten
gegen den Hamburger Staat wurde erneut
vertagt. Der neue Verhandlungstermin wurde auf
den 4. Dezember feſtgeſetzt.

Die Ueberraſchung für den Gepäckträger.
Baden=Baden. Im vergangenen Sommer
unterhielt ſich ein abreiſender Kurgaſt auf dem
Bahnhof Baden=Baden=Weſt mit einem Gepäckträger,
den er fragte, wovon er denn im Winter lebe, wenn
die Kurgäſte abgereiſt ſeien. Der Gefragte meinte,
am ſchwerſten falle die Beſchaffung von Brennmate=
rial
. Nicht zum geringen Erſtaunen kam am Sams=
tag
ein Waggon Briketts aus dem Ruhrgebiet an,
das ſind 20 Zentner, die der Kurgaſt, ein Berg=
werksdirektor
aus dem Ruhrgebiet, dem Gepäckträger
koſtenlos zugeſchickt hatte.
Urteil im Prozeß Bergmann.
Berlin. In dem Lombardhausprozeß vor
einer Sonderabteilung des Großen Schöffengerichts
Berlin=Mitte wurde geſtern mittag das Urteil ge=
ſprochen
. Das Gericht hielt den Angeklagten S. P.
Bergmann des fortgeſetzten, vollendeten und verſuch=
ten
Betrugs ſowie des Konkursvergehens für ſchuldig
und erkannte gegen ihn auf drei Jahre Gefängnis,
fünf Jahre Ehrverluſt und 30 000 Mark Geldſtrafe.
Das Gericht verurteilte weiter den Staatsanwalt=
ſchaftsrat
Dr. Walter Jakoby I wegen Beihilfe zum
Betruge zu neun Monaten Gefängnis und zur Ab=
erkennung
der Fähigkeit, öffentliche Aemter zu be=
kleiden
auf die Dauer von 5 Jahren. Der Ange=
klagte
Kraatz erhielt zwei Monate Gefängnis und
3000 Mark Geldſtrafe, Bruno Wuſtrow ein Jahr
Gefängnis, Charlotte Wuſtrow 9 Monate Gefäng=
nis
, Ludwig Ohnſtein 6 Monate Gefängnis, Felix
Salinger 4 Monate Gefängnis und Willy War=
ſchauer
9 Monate Gefängnis. Sämtlichen Angeklag=
ten
wurde die Unterſuchungshaft in voller Höhe an=
gerechnet
. Die beiden Angeklagden Lederer und
Schmidt wurden auf Koſten der Staatskaſſe frei=
geſprochen
.
Betriebsanwalt Winter aus der Haft
entlaſſen.
Der wegen Betrugs zu 15 Monaten Gefängnis
und 20000 Mark Geldſtrafe verurteilte Betriebs=
anwalt
Guſtav Winter war wegen Verdunkelungs=
gefahr
ſofort verhaftet worden. Auf die Haftbe=
ſchwerde
ſeines Verteidigers kam die erſte Straf=
kammer
des Leipziger Landgerichts zu der Ueber=
zeugung
, daß Verdunkelungsgefahr nicht vorliege.
Winter wurde ſofort aus der Haft entlaſſen.
Piratenüberfall auf einen Dampfer
Hongkong. Der engliſche Zerſtörer Sera=
phis
hat den Dampfer Hſin Chi in der Nähe
von Amoi geſtrandet aufgefunden. Soweit ſich feſt=
ſtellen
läßt, hat ein holländiſcher Dampfer 200 Paſ=
ſagiere
von Bord des Dampfers übernommen. Die
Seeräuber warteten, bis das Schiff verlaſſen war
und gingen dann an Bord zum Plündern. Anſchei=
nend
war die Beute ſehr gering, ſo daß ſie das
Schiff aus Aerger in Brand ſetzten.

Ein Berliner Wohnhaus vom Einſturz bedroht.
Kataſtrophaler Waſſerrohrbruch in der Köpenicker Straße.

Kranzniederlegung am Gefallenen=Denkmal der Berliner Univerſität.
Das Andenken der Freiwilligen=Regimenter, die, hauptſächlich aus Berliner Studenten beſtehend,
in den heldenhaften November=Kämpfen um Langemarck in den Tod gingen, turde von der
Berliner Studentenſchaft durch die feierliche Niederlegung eines Kranzes am Gefallenen=Denkmal
der Berliner Univerſität geehrt.

Schwerer Raubmord in Lodz.
Warſchau. In Lodz ereignete ſich ein
ſchwerer Raubmord, der drei Menſchen das Leben
koſtete. Der Beſitzer einer großen Klovierfabrik
wurde nach Geſchäftsſchluß von zwei unbekannten
Leuten beſucht, die ihn baten, einige Klaviere beſich=
tigen
zu dürfen. Der Beſitzer Tiſcher ging mit ihnen
in das bereits von den Arbeitern verlaſſene Magazin,
wo er von den Beiden plötzlich überfallen und mit
ſchweren Werkzeugen getötet wurde. Die auf ſeine
Hilferufe herbeieilende Gattin wurde ebenfalls er=
mordet
. Am gleichen Tage fand man das Dienſt=
mädchen
des Fabrikbeſitzers außerhalb der Stadt tot
auf. Der Grund zu dem Verbrechen ſcheint darin zu
liegen, daß die Täter die Kaſſe des Fabrikbeſitzers,
in der ſich angeblich 60 000 Zloty befinden ſollten,
berauben wollten. Sie wurden aber im letzten
Augenblick daran gehindert und ergriffen die Flucht.
Die Nachforſchungen der Polizei gehen weiter.
Die Auswirkungen der Ueberſchwemmungs=
Kataſtrophe in Madras.
London. Durch die Ueberſchwemmungen im
öſtlichen Madras ſind nach den nun abgeſchloſſenen
amtlichen Feſtſtellungen 6000 Häuſer, zahlreiche
Straßen und Eiſenbahnbrücken zerſtört worden. Die
Zahl der ums Leben gekommenen Perſonen iſt
gleichfalls ſehr beträchtlich, läßt ſich aber im Augen=
blick
noch nicht genau feſtſtellen. Die Regierung in
Bombay hat umfaſſende Hilfsmaßnahmen eingeleitet
und in den betroffenen Gebieten Nahrungsmittel
und Kleider verteilen laſſen. Die Ernte iſt bis auf
etwa ein Viertel vernichtet.
Ein Schovner geſunken.
London. Der Schooner Jakob. William
Hook iſt etwa 150 Meilen ſüdöſtlich von Kap Hatte=
ras
geſunken. Der Dampfer Huron rettete drei
Matroſen und den Koch. Ueber das Schichſal des Ka=
pitäns
und der reſtlichen Beſatzung noch wahrſchein=
lich
18 Köpfen liegen keine Berichte vor. Sie ſind
anſcheinend ertrunken.
Der Ausbruch des Aetna.
Catania. Die Tätigkeit des Aetna gibt wei=
ter
nach. Der nach Nunziata fließende Lvaſtrom be=
wegt
ſich micht mehr. Der andere Strom rückt mit
einer Geſchwindigkeit von ſieben Metern in der
Stunde nach Carraba vor und bedroht die Straße,
über die der Reiſeverkehr der Eiſenbahn Catania
Meſſing übergeleitet wird.

Verhaftung einer Einbrecherbande in Prag.
Prag. Der Prager Polizei gelang es heute,
ſechs Einbrecher zu verhaften, die ſeit zwei Jahren
in Prag zahlreiche Einbrüche auf äußerſt raffinierte
Weiſe durchgeführt hatten. Die Einbrecher ſtanden
unter der Leitung des 43jährigen Jockeys Wihelm
Urſch aus Wien.
Neue deutſche Höhenweltrekorde.

Harder
hat mit 500 Kilogramm
Laſt einen neuen Höhen=
weltrekord
von 7458 Me=
tern
aufgeſtellt.

Kneer
flog mit 1000 Kilo Be=
laſtung
6389 Meter hoch
und brachte eine neue
Welthöchſtleiſtung zuwege

In kurzer Aufeinanderfolge haben zwei deutſche
Piloten zwei ſeit langem beſtehende Höhenwelt=
rekorde
geſtürzt. Deutſche Flieger und deutſche Fluge
maſchinen in der Welt voran!

Das gefährdete Berliner Wohnhaus.
Ein gefährlicher Waſſerrohrbruch hat den ganzen Bürgerſteig vor dem Hauſe Köpenicker Str. 106
aufgeriſſen und die Kellerfront des Hauſes eingedrückt. Stundenlang hat ſich die Feuerwehr
bemüht, das Haus vor dem Einſturz zu bewahren. Die Bewohner des Vorderhauſes haben gleich,
als der Bürgerſteig unter großem Getöſe platte, ihre Wohnungen geräumt.
Heldengedenkfeier der Berliner Studentenſchaft.

[ ][  ][ ]

1923 Eröffnung des Bahrenfelder Werkes.
1924 Beginn der Umstellung des Betriebes auf Grund
wissenschaftlicher Untersuchungen,
1925 Unabhängigkeit der Werkstätten von klima-
tischen
Schwankungen durch Luftabschluß und
Schaffung einer neuartigen Klima-Anlage,
1926 Vollständige Durchführung der zweijährigen
Versuchsergebnisse für die Mischungswerk-
stätten
durch Schaffung einer mechanischen
Mischanlage, die eine absolute Gleichmäßigkeit
und sorgsamste Behandlung des Tabaks ge-
währleistet
,
1927 gelang die Auflockerung und sichere Reinigung
des Tabaks auf pneumatischem Wege,
Aufnahme der Kartonnagenfabrikation in drei
eigenen Werken. Die Belegschaft des Haupt-
werkes
Bahrenfeld hat sich in 4 Jahren ver-
zehnfacht
.
1928 Eröffnung des Zweigwerkes Hannover, aus-
gerüstet
mit sämtlichen Einrichtungen des
Bahrenfelder Werkes.

717.

Seitdem werden die Reemtsma-Werke
als die vollkommensten Cigarettenher-
stellungsbetriebe
der Welt von Fach-
kommissionen
aus allen Erdteilen zu
Studienzwecken besucht.
REEMTSMA GIGARETEN

[ ][  ][ ]

Mittwoch, den 14. November 1928

Seite 12

Nummer 317

Orutn Shler und Tarnen.

Fußbali.

* Fußball im Kreis Starkenburg.
Ein intereſſanter Sonntag: Punkteteilung in der Spitzengruppe.
Die Tabelle ſchiebt ſich zuſammen.
Viktoria Walldorf-Fußballverein Sprendlingen 1:1 (0:1),
Sportverein 98 DarmſtadtSportverein Münſter 0:0.
Viktoria UrberachUnion Wixhauſen 3:2 (3:1).
Germania PfungſtadtSportverein Mörfelden 3:1 (1:1).
Polizei DarmſtadtGermania Oberroden 4:0 (2:0).
Union DarmſtadtRot=Weiß VfR Darmſtadt 4:2 (1:2).
Der letzte Sonntag hat ſich recht intereſſant angelaſſen. Eine eigent=
liche
Entſcheidung hat es in der Spitzengruppe noch nicht gegeben: dieſe
könnte erſt am nächſten Sonntag fallen, wo Walldorf in Urberach und
Sprendlingen in Mörfelden anzutreten hat. Beide Spiele ſind ſehr
bedentſam. Die Punkteteilung der drei Spitzenreiter zeigt am beſten
die Gleichwertigkeit dieſer Mannſchaften; weiter aber erhärtet gerade
das Darmſtädter Ergebnis erneut die Spielſrärke Münſters. Aber auch
aus den anderen Ergebniſſen gewinnt man den Eindruck, daß manche
Mannſchaft bisher unter ſehr ungünſtigen Verhältniſſen zu kämfen
hatte. Das gilt vielleicht weniger für Wixhauſen, wenn auch der knappe
Sieg Urberachs nachdenklich ſtimmen könnte. Aber beide Gegner kennen
ſich bereits ſeit langem in ihren Eigenarten. Mehr gilt das für Pfung=
ſtadt
, das auch am Sonntag wieder ohne ſo gute Kräfte wie Neinhardt,
Flicker, Marquardt und Crößmann antreten mußte. Der Sieg über
Mörfelden gewinnt dadurch an Bedeutung. Oberroden verlor gegen
die Polizei etwas zu hoch. Die Mannſchaft hatte in der zweiten Halb=
zeit
, wo ſie ſtark im Angriff lag, gut und gern zwei Tore verdient.
Mangelnde Routine brachte die glatte Niederlage. Aehnliche Umſtände
dürften auch im Spiel Union gegen Rot=Weiß VfR. mitgeſpielt haben.
Im übrigen: die Beſſunger ſcheinen endlich in Fahrt zu kommen.
In der Tabelle hat ſich nicht viel geändert, nur in der Mittelgruppe
iſt eine kleine Verſchiebung eingetreten, weiter aber haben eben die Ver=
eine
der Mittelgruppe weiter zur Spitze aufgeſchloſſen.

Der neue Tabellenſtand:

F1 ßballverein Sprendlingen 10 24:15 14 Viktoria Walldorf 26:11 13 Sportverein 98 Darmſtadt . 10 21:16 Viktoria Urberach 26:14 Polizeiſportverein. Darmſtadt 9 18:17 Germania 03 Pfungſtadt . 10 24:24 Sportverein Münſter . . 17:15 Sportderein Mörfelden . 8 3 8:13 Germania Oberroden . . . 9:15 Union Darmſtadt . . .. 10 15:25 Union Wixhauſen 16:25 Rot=Weiß VfR. Darmſtadt . 9 45:29

Kreisliga Südheſſen.
In der ſüdheſſiſchen Kreisliga ſtehen ſich wieder glücklich die alten
Rivalen als Meiſterſchaftsanwärter gegenüber, und die Meiſterſchafts=
frage
iſt ungelöſter denn je. Olympia Worms hat durch ſeine Nieder=
lage
in Biblis viel aus der Hand gegeben und kann höchſtenfalls am
Sonntag noch einmal in der Tabelle vorrücken. Im übrigen ſieht dieſelbe
nun recht intereſſant aus, da die Jagd nach den Punkten oft die größ=
ten
Ueberraſchungen hervorbringt. Die Tabelle:

Spiele gew. untſch. verl. Punkte

Olympia Worms . . . 14 Normannia Pfiffligheim . . * 10 14 Olympia Lampertheim . . . . . 10 14 VfR. Bürſtadt . . . . 9 Olympia Lorſch . . 9 FV. Biblis". 9 Starkenburgia Heppenheim * * Sportverein Hochheim . . * * Sportverein Pfeddersheim 9 Sportverein Horchheim . . . * 10 VfL. Lampertheim".

Das Lokaltreffen in Lampertheim wurde von der etwas beſſer dis=
bonierten
Olympia recht knapp mit 2:1 gewonnen. Olympia hat durch
dieſes letzte Spiel in der Vorrunde erneut gezeigt, daß ſie trotz des
guten Tabellenſtandes kaum für die Meiſterſchaft in Frage kommt, denn
der Sturm eines Meiſters müßte andere Sachen zeigen. Der Tabellen=
letzte
war keineswegs ſchlecht, jedoch fehlt hier immer noch die nötige
Spielerfahrung, vielleicht wird es dort ſchon in der Nachrunde beſſer.
Olympia Worms mußte in Biblis zwei wertvolle Punkte laſſen, denn
die Riedleute drehen immer dann mächtig auf, wenn ſie es mit einem
ſtarken Gegner zu tun haben. Die Einheimiſchen waren in der Geſamt=
leiſtung
beſſer als die Gäſte., und iſt das Reſultat 3:1 gerecht. Auch dieſe
Olympia=Mannſchaft iſt noch lange nicht Meiſter. Die Bürſtädter Raſen=
ſpieler
haben wieder einmal mit einem hohen Siege überraſcht. Die
Gäſte aus Pfeddersheim verloren die Partie 5:1, ſo daß die Einheimi=
ſchen
nun recht gut in der Tabelle ſtehen. Angenehm überraſcht
hat wieder Starkenburgia Heppenheim. Die glatte 3:0=Niederlage der
Horchheimer am Galgen beweiſt erneut, daß die Heppenheimer wieder
mit Macht vorſtreben, man kann hier ſehr geſpannt auf die Nachrunde
ſein.
Germania 03 PfungſtadtSportverein Mörfelden 3:1 (1:1).
Germania Pfungſtadt gewann dieſes Treffen zwar verdient, doch
reichte die Geſamtleiſtung der Elf nicht an die Form der letzten Spiele
heran. Ausſchlaggebend hierfür war die ſchwache Aufſtellung. Neben
dem erkrankten Flicker waren Gg. Hillgärtner und Reinhard erſetzt, die
es vorzogen, ſich das Spiel anzuſehen, anſtatt ſich dem Verein zur Ver=
fügung
zu ſtellen. Petry und Crößmann laborierten an den alten Ver=
letzungen
und waren dadurch an der Entfaltung ihres Könnens behin=
dert
. Während Jans eine anſprechende Leiſtung zeigte, war Weber bei
allem Eifer nicht produktid genng. Die Verteidigung arbeitete wie ge=
wohnt
gut. Sehr gut gefiel der linke Sturmflügel und der Mittelſtür=
mer
, wohingegen der rechte Flügel abfiel. Steinmetz gehört unbedingt
auf den Rechtsaußenpoſten. Mörfelden bot wenig überzeugende Lei=
ſtung
. Die körperlich kräftige Mannſchaft hatte in der Verteidigung
ihre Stütze. Im Spiel ſelbſt war zunächſt Mörfelden erfolgreich.
Nickel II verwandelte vor Halbzeit einen Eckball zum Ausgleich. Halb=
zeit
1: 1. Nach der Pauſe ſtellten dann Nickel II und Nickel I den ver=
dienten
Sieg ſicher. Kurz vor Schluß wurden zwei Spieler jeder Partei
aus wenig motivierten Gründen vom Feld verwieſen. Der Schieds=
richter
Winter von Groß=Auheim leitete zufriedenſtellend.
Germania Pfungſtadt Reſ.SpV. Mörfelden Reſ. 10:1.
Germania Pfungſtadt 1. Jgd.Union Darmſtadt 1. Jgd. 2

Sportverein Weiterſtadt 1. Sportverein Groß=Gerau 1:2 (1:1) abgebr.
Der Verbandsſchiedsrichter blieb gerade bei dieſem Spiel aus. Beide
Mannſchaften einigten ſich, da ein geprüfter Schiedsrichter anweſend war,
auf ein Verbandsſpiel. Gleich nach Anpfiff des Spiels entwickelte ſich
ein ſcharfes, aber faires Spiel. Beide Mannſchaften ſind ſich gleichwer=
tig
, obwohl Weiterſtadt wieder für den Halblinken Erſatz eingeſtellt hatte.
Weiterſtadt drückt nun ſtark, und die Verteidigung Groß=Gevaus kann
manchmal nur mit aller Mühe den Ball abſchlagen. Der eine Verteidiger
Groß=Geraus verwirkt durch ſehr gefährliches Spiel einen Elfmeter, der
auch von Weiterſtadt mit Recht zum erſten Treffer verwandelt wird. Nun
wurde die Spielweiſe etwas härter, und der Schiedsrichter, der nur ein=
wandfrei
leitete, maß oftmals eingreifen. Kurz vor Seitenwechſel er=
zielt
Groß=Gerau durch Eigentor der Einheimiſchen den Ausgleich. Nach
Seitenwechſel ſetzt ſofort ein lebhaftes Spiel ein, das ſo hart wurde,
daß zwei Spieler Groß=Gevaus wegen Tätlichkeit vom Spielfelde geſtellt
wurden. Der zuletzt vom Spielfeld verwieſene Spieler Groß=Geraus
weigerte ſich, das Spielfeld zu verlaſſen, und ſomit war der Schiedsrichter
gezwungen, das Spiel vor beendigter Spieldauer mit dem Stande von
2:1 fär Groß=Gerau auf Verſchulden Groß=Geraus abzupfeifen. Der
Verband wird ſich daher mit der Angelegenheit befaſſen.
Hegein.
Ausſcheidungskegeln.
Am vergangenen Samstag und Sonntag wurde das Ausſcheidungs=
kegeln
fortgeſetzt. Es traten insgeſamt 62 Kegelbrüder und 11 Kegel=
ſchweſtern
zum Starte an. Verſchiedentlich wurden ausgezeichnete Re=
ſultate
erzielt. Die einzelnem Ergebniſſe ſind folgende:
Bahn im Bürgerverein: 1. Thümmel 543; 2. Hübner 531; 3. Becher
526; 4. Pohlmann 515; 5. Schönfeld 508; 6. P. Harres 505; 7. Schüßler
503: 8. Reiſenweber 486; 9. Deuchert 484; 10. Eigenbrodt 484.
Bahn im Konkordiafaal: 1. Schüßler 566: 2. Chriſt 534; 3. Pohl=
mann
531; 4. Mees 521; 5. Preußner 510; 6. Wulff 594; 7. Georgi 501;
8. Gebhardt 491; Rößler 484; 10. Schroth 482.
Bahn bei Krichbaum: 1. Grün 567; 2. Erbes 552; 3. Kramer 548;
4. Mayer 538; 5. Joſt 535; 6. Bach 528; 7. Dahlem 527; 8. Lenz 520;
9. Heldmann 512; 10. Brückbauer 506.
Bahn in der Turnhalle: 1. Reichert 536; 2. Kemmerzahl 523; 3.
Sattler 522; 4. Krämer 501; 5. Wilbert 500; 6. Weber 487; 7. Pfeiffer
480; 8. Schwinn 475; 9. Schmitt 473; 10. Schieferdecker 467. Die
Frauen haben die erſten 50 Kugeln zum Ausſcheidungskegeln im Bür=
gerverein
am Sonntag abgeworfen. Die Ergebniſſe ſind folgende: 1. Frau
Wilbert 262; 2. Frau Pfeiffer 239; 3. Frl. Bangert 237; 4. Frau Rei=
chert
228; 5. Frau Heldmann 226; 6. Frau Glaube 226; 7. Frau Seibert
222; 8. Fräul. Bäumer 220; 9. Frau Schwinn 216; 10. Frau Krämer 197.
Das Kegeln wird nächſten Samstag und Sonntag fortgeſetzt.
Pferdeſport.
Deutſcher Turnierſieg in U.G. A.
Die deutſchen Turnierreiter, die Herren Frhr. v. Nagel, Oblt. v.
Barnekow und Oblt. Schmalz waren nach Amerika eingeladen worden
und beteiligten ſich an einem im New Yorker Madiſon Square Garden
ſtattfindenden internationalen Reitturnier. Die Eignungsprüfung für
Jagdpferde Klaſſe I. ſah Oblt. Schmalz auf Hochmeiſter an dritter

Stelle hinter zwei Amerikanern, die auch im Militär=Jagdſpringen die
beiden erſten Plätze belegten. Das große Hauptſpringen für Offiziere,
das von 40 Pferden und Reitern beſtritten wurde, brachte einen über=
legenen
Sieg des Oblt. v. Barnekow, der auf Derby als einziger Be=
werber
ohne Fehler blieb. Einen weiteren Erfolg buchte dann noch
Oblt. Schmalz mit Hochmeiſter im Jagdſpringen der Klaſſe M, wo er
ohne Fehler blieb, aber eine etwas ſchlechtere Zeit hatte und deshalb
nur an vierter Stelle klaſſiert wurde. Die deutſchen Reiter hinterließen
im allgemeinen einen ſehr guten Eindruck, zumal die Konkurrenzen
mit Einheiiſchen, Holländern, Polen und Belgiern ſehr ſtark beſetzt
waren.
A. S. V. Kreuznach beſtreitet durch ſeinen Endſieg über den A.C.
Zella=Mehlis Ende November den Endkampf um die deutſche Meiſter=
ſchaft
im Mannſchaftsringen gegen den A. C. Pirmaſens.
Der S.C. Rießerſee geſtaltete das erſte Eishockeyſpiel der Saiſon
auf dem Wienex Kunſteis gegen den Wiener E.V. zu einem Siege und
gewann 2:1.

Rundfunk=Programme.

Frankfurt.

Mittwoch, 14. Nov. 6.30: Gymnaſtik. O 12.45: Schulfunk.
Ben Spanier: Heitere Erzählungen. Luſtige Geſchichten von Peter
Hebel. e 13.15: Schallplatten. O 15.05: Jugendſtunde. Rektor
Wehrhan: Freiheitskämpfe deutſcher Stämme. (Die Befreiung der
Schweiz.) O 16.35: Funkorch.: Operettenmuſik. Mitw.: Anita Franz
(Sopran). Straus: Ouv. Rund um die Liebe‟ Lehar: Für=
ſtenkind
=Walzer. Geſang. Ensler: Potp. Der lachende
Ehemann. Nedbal: Ouv. Die Winzerbraut. Ziehrer: In
lauſchiger Nacht, Walzer. Geſang. Kalman: Potp. Gräfin
Mariza‟, e 18.10: Bücherſtunde. 6 18.30: Dr. Kramer: Rentner=
not
, ein Teil der Mittelſtandsnot. o 18.50: Stenographie. o 19.15:
Dr. Haas: Tieriſche Farbſtoffe. o 19.30: Franzöſiſche Literatur,
O 19.45: Franzöſiſch. O 20.15: Stuttgart: Däniſcher Abend. 6 An=
ſchl
.: Däniſche Dichtung. U. a.: H. Chr. Anderſen, Jens Peter
Jacobſen, Johannes v. Jenſen, Martin Anderſen=Nexö,

Stuttgart.
Mittwoch, 14. Nov. 10.30: Schallplatten. O 12.30: Schall=
platten
. O 15: Kinderſtunde. Tante Gretle, E. Stockinger, Funk=
orcheſter
. O 16: Briefmarkenkunde für die Jugend. O 16.35: Frank=
urt
: Operettenmuſik. Leitung: Kapellm. Merten. Mitw.: Anita
Franz. O 18.15: Dr. Schairer: Goethe als Prophet unſerer Zeit,
8 18.45: Konſul Dr. Skarnitzl: Zehn Tage auf Ceylon. e 19.15:
Engliſch. O 20.15: Däniſcher Abend. Mitw.: Philharm. Orcheſter
Stuttgart. Dirigent: W. Hahn. O Anſchl.: Nachrichten.
Berlin.
Mittwoch, 14. Nov. 15.30: Dr. Gertrud Haupt: Frau und
und Kind in der Oeffentlichkeit. o 16: Geh. Rat Prof. Dr. Gluck:
Die experimentelle und kliniſche Erforſchung allgemeiner organiſcher
Erſatzprobleme. 6 16.30: Jugendbühne. JJugend am Mikrophon.
6 17: Unterhaltungsmuſik. Orcheſter Max Roth. O 18.30: Prof.
Pahl: Alfred Krupp, der Pionier der deutſchen Gußſtahl=Induſtrie,
19: Juſtizrat Prof. Dr. Heilfront: Rechtsfragen des Tages.
O 19.30: Prof. Dr. Wegener: Sinn der Polarforſchung. Die An=
fänge
. O 20: Abendunterhaltung. Heitere däniſche Literatur. H.
Chr. Anderſen: Bilderbuch ohne Bilder: Märchen. G. Wied:
Tante Nieke. K. Ewald: Ein Geſchäftsmann: Das Geheimnis;
Was Mutter Natur erzählt. Geſprochen von Joſ. Plaut. O 20.45:
Orcheſterkonzert. Däniſche Komponiſten. Dirigent: Seidler=Winkler,
Berliner Funk=Orcheſter. Gade: Nachklänge aus Oſſian, Ouvertüre,
Nielſen: Konzert für Violine und Orcheſter. (Konzertm. Holſt.)
O 21.30: Schulleiter Dr. Benten, Andernach a. Rh.: Die Heimſchule
am Laacher See als Verſuch einer katholiſchen neuen Schule.
6. Anſchl.: Tagesnachrichten. S Danach: Tanzmuſik. Kapelle Marek
Weber.
Deutſche Welle. Mittwoch, 14. Nov. 10.15: Berlin: Nach=
richten
. O 13.30: Berlin: Nachrichten. o 14.30: M. Vollmberg:
Reiſen und Abenteuer: Chaya, das kluge Maultier. o 15: Gym=
naſialdirektor
Dr. Menge: Julius Cäſar im Unterricht. 15.30:
Wetter und Börſe. 6 15.40: Tony Kueßner: Erzgebirgiſches
Spielzeug für den Advents= und Weihnachtstiſch. O 16: Julius
Cäſar im Unterricht. 16.30: Hamburg: Florentiniſcher Nach=
mittag
des Scarpa=Orcheſters. S 17.3: Reg.=Rat Dr. Borchard:
Rechtsgrundlagen des Seeverkehrs. O 18: Dr. Münnich: Der un=
bekannte
Schubert. O 18.30; Franzöſiſch für Fortgeſchr. O 18.55:
Werkmeiſterlehrgang. Ing. Guttwein: Arbeitslehre. O 19.20: Prof.
Dr. Mersmann: Einführung in das Verſtehen von Muſik. O 21.30:
Dr. Künkel: Die praktiſche Bedeutung der neuzeitlichen Charakter=
lehre
: Im kaufm. Leben. 20: Berlin: Abendunterhaltung. Heitere
däniſche Literatur. Geſprochen von Joſ. Plaut. O 20.45: Orcheſter=
Konzert: Däniſche Komponiſten. Dirigent: Seidler=Winkler. Berliner
Funkorcheſter. Soliſt: Henry Holſt (Violine). 6 21.30: Fortſ. des
Vortrags von Dr. Künkel. O. Anſchl.: Preſſenachrichten. o Danach:
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Wetterbericht.

Gießen, den 13. November.
Das ausgedehnte nördliche Druckfallgebiet, daß ſich bis über Skan=
dinavien
erſtreckt, ließ an ſeiner Südſeite durch weitere Warmluftzufuhr
nach Deutſchland die Temperaturen noch anſteigen. Da allmählich die
aus etwas höheren Breiten zufließenden ozeaniſchen Luftmaſſen nach dem
Kontinent vordringen, ſo werden die Temperaturen wieder langſam
zurückgehen. Niederſchläge, wenn auch ſpäter mehr und mehr vereinzelt,
ſind noch zu erwarten.
Ausſichten für Mittwoch, den 14. November: Wechſelnd wolkiges Wetter,
allmählich etwas friſcher, noch vereinzelte Niederſchläge, füdweſtliche,
ſpäter mehr nach Weſten drehende Winde.
Ausſichten für Donnerstag, den 15. November: Wenig Aenderung der
Wetterlage.

Ort: Wetter: Temp.
in Ce Wind: Nieder=
ſchlag

in mm Schnee=
decke

in cm Gießen: Regen 10 80. U,8 Aachen: Hamburg: Regen 1. W. Berlin: wolkig 11 SW, München: Nebel WSW. 0,1 Königsberg: Regen SW. 0,3 Breslau: Regen SSW, 0,2 Witterungsverhältniſſe der deutſchen Bergſtationen. Feldberg:
Taunus Nebel SW. Waſſerkuppe. Nebel SWV Feldberg:
(Schwarzw.) heiter ſtill Zugſpitze: heiter OSO Kahler Aſten: Nebel OSO, Fichtelberg: Nebel WSW. Schneekoppe: Regen NW.

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Nummer 311

Mittwoch.

den 14

November 1928

Geite 13

Dort aber, wo im Weſten das weite Land mit der kriſtallenen
Kuppel des Firmaments in verſchwommenen Linien zuſammen=
floß
, flammten noch einmal leuchtende, funkelnde Strahlengarben
empor, goſſen einen purpurnen Schein über die unendliche Ebene
und erloſchen dann in orangefarbenen, ſpangrünen, violetten
und roſaroten Tinten, die als breit hingelagerte Streifen den
Horizont ſäumten.
Im Oſten aber tauchte, hinter den ragenden Baumkronen
die runde Scheibe des aufgehenden Mondes empor, ſchwamm
gleich einer ungeheuren filberflüſſigen Kugel, in Dunkel und
Dämmer, und zitternd, taſtend geiſterte das weißblaue Licht des
Nachtgeſtirns um Türme und Zinnen, Erker und Faſſaden des
altersgrauen Gemäuers.
Hanns=Martin war ſtehengeblieben.
Wie in einem Märchen, oder wie in Goethes Lied an den
Mond:
Fülleſt wieder Buſch und Tal
Still mit Nebelglanz,
Löſeſt endlich auch einmal
Meine Seele ganz.
Gräfin Sylvia nickte: Ja, ſo tief und ſchön, wie der Titan
von Weimar, hat keiner vor und nach ihm den Zauber einer
Mondnacht empfunden, und der Alte da droben, mag ihm wohl
ein vertrauter Geſell’ in manch’ ſtillen Stunden geweſen ſein.
Denken Sie nur an Fauſt
Oh ſäh’ſt du, voller Mondenſchein,
Zum letztenmal auf meine Pein!
Den ich in mancher langen Nacht
An meinem Puli herangewacht:
Dann über Bücher und Papier,
Trübſel’ger Freund, erſcheinſt du mir!
Graf Koloman brannte ſich eine Zigarette an, daß von dem
aufflammenden Streichholz das Dunkel jäh erhellt wurde.
Kinder, nun ſeid ihr ſchon wieder mitten in der ſchönſten
literariſchen Debatte! Uebrigens, wenn man ſo herumſteht, wird
es doch ſchon verdammt kühl; ich ſchlage vor, wir gehen ins
Haus.
Barbar! Das junge Mädchen ſchlug ihren Bruder leicht
auf den Arm. Aber, du haſt recht, für Naturſchwärmerei im
Freien iſt die Jahreszeit reichlich vorgerückt, kommen Sie,
Herr von Raſſow!
Hanns=Martin nahm drinnen in der Halle Sylvia das
Tuch ab.
Und das verſprochene Lied, Gräfin?
Ach Gott= und ich hofſte ſchon, Sie hätten es vergeſſen, aber
wenn es unbedingt ſein muß
Ja, es muß ſein! ſagte Koloman lächelnd. Nun zier dich
nur nicht länger, Kleine.
Die Herren waren in das Herrenzimmer getreten, in dem
jetzt die grünbeſchirmte Lampe einen traulichen Schein ver=
breitete
.
Mit leichten, ſchnellen Schritten ging Sylvia in das an=
ſtoßende
Muſikzimmer hinüber.
Darf ich die Noten umwenden, Gräfin? fragte Raſſow.
Danke ſehr, ich ſpiele überhaupt nur nach Gehör und am
liebſten im Dunkeln.
(Fortſetzung folgt.)

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urheberrechtsſchutz durch Verlag Oskar Meiſter, Werdau (Sa.).
17)
Nachdruck verboten.
Am beſten kann ich Ihnen das alles wohl durch
ein Gedicht von Robert Browning erläutern, es betitelt
durch ein (edicht von Nobert Browning erläutern, es betitelt
ſih: Meſmerismus und ich habe einmal in einer müßigen
Stunde verſucht, es aus dem engliſchen in unſer geliebtes
Deutſch zu übertragen. Wollen Sie es hören?
O bitte! Ja! Die Augen des jungen Mädchens leuch=
teten
auf und Hanns=Martin begann:
Was ich geglaubt iſt wahr!
Habe nun die Macht,
Was ich mir gedacht
Auf eine Weiſe, ſo neu, ſo rar,
Mir zu verſchaffen mit Haut und Haar;
Lange nach Tagesſchluß,
Wenn der Holzwurm pickt
Und die Grabuhr tickt,
Auf den Kohlen liegr ſchwarz der Ruß,
An die Fenſter klatſcht Guß auf Guß;
Klagend die Grille geigt,
Uud das Haus erkracht
UInd ein Fuß ſo ſacht
Ein Fuß, der nicht da,
Auf der Schwelle ſchleicht,
Riegel von ſelbſt zurückeweicht!

Und die Spinne wie toll und dumm!
An dem Faden feſt, ſich jetzt fallen läßt,
Arm und Beine geſtreckt und krumm,
Auf den Tiſch Gott weiß warum.
Wenn in der Nacht ſo rauh
Ich daſaß und ſann
Und Gedanken ſpann,
Um die eine, die liebſte Frau,
Bis ich fühlte: mein Haar ward grau.
Fühlte: ich hab’ ſie gebannt,
Auf die Schwelle da, mir zum Greifen nah
Von des golobraunen Haaresband,
Bis zum Fuße im Lichtgewand:
Fühlte, ich hab es gebannt, mein Glück,
Jetzt von Kopf zu Fuß,
Nach des Schickſals Schluß,
Nimmer und nimmer kann ſie zurück,
Vor dem ſtarren, glühenden Blick!
Jetzt! etzt muß es ſein!
Ruf zum dritten mal: Jetzt!
Bei der Lampe Dämmerſchein
Lautlos tritt ſie herein-

Gräfin Sylvia hatte wie gebannt an Raſſows Lippen ge=
hangen
.
Sie ſind ein Dichter! ſagte ſie leiſe.
Ein Dichter? Nein, gewiß nicht, denn die Gabe, das, was
ich empfinde, in Proſa oder Verſen auszudrücken, iſt mir verſagt.
Aber deswegen fühle ich doch die Schönheit eines Kunſtwerks, ſei
es in der Literatur, der Muſik, Malerei oder Plaſtik.
Graf Koloman lächelte.
Dann muß dir mein Schweſterlein nachher einmal etwas
vorſpielen, ſie iſt nämlich eine wirkliche Künſtlerin
Ach, Unſinn, Mani, wie kannſt vu nun Herrn von Raſſow
ſo andlauſchen! Das junge Mäochen war ganz rot geworden
vor Verlegenheit. Bitte, glauben Sie ihm kein Wort, ſie ſind
ſicher ganz andere Kunſtgenüſſe gewöhnt!

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In Hoheneichen vielleicht? Hanns=Martin hatte ſeine
Zigarre wieder in Brand geſetzt. Nein, Gräfin, da überſchätzen
Sie mich! Und wenn ich Sie nun recht herzlich bitte, mir die
große Freude zu machen
Sylvia war aufgeſtanden.
Alſo meinetwegen, aber dann ſchlage ich vor, daß wir jetzt,
ſo lange es noch hell iſt, einmal durch den Park gehen; Herr von
Raſſow hat von Czillary=Hart=Pußta ſo gut wie gar nichts an=
geſehen
.
Schön, ſtimmte Graf Tarouka zu. Hanns=Martin, wir
brauchen uns nur die Hüte aufzuſetzen, Kleine, nimm ein Tuch
um, und nun, mein Junge, ſag’ bloß mal, woher in aller Welt
weißt du all’ den gelehrten Kram: Hypnoſe, Telepathie, Sug=
geſtion
, Meſmerismus, du haſt ja geredet wie ein Uniderſitäts=
profeſſor
!
Raſſow ſchmunzelte.
Ganz einfach, weil ich ein gutes Gedächtnis beſitze und viel
geſehen habe, es genügt nämlich nicht, daß man glücklicher
Eigentümer einer Bibliothek iſt, man muß die Bücher, die gewiſſe
Leute höchſt pietätlos als Schwarten und alte Scharteken be=
zeichnen
, auch hin und wieder zur Hand nehinen!
Gräfin Sylvia klatſchte vor Vergnügen wie ein Kind in die
Hände.
Bravo! Bravo! Das geht auf dich, Mani! Immer ſagen
Sie ihm einmal tüchtig die Wahrheit, Herr von Raſſow!
Nun fang du nur auch noch an. Graf Koloman griff nach
ſeinem Jagdfilz und hackte Freund und Schweſter unter:
Schluß der Debatte, zwei gegen einen, das iſt unfair!
Der Park war wirklich ſehensivert. Im Abendſonnengold
glänzte das okerfarbene Laub der alten Steineichen gleich feuer=
flüſſigem
Metall, dazwiſchen ſtand ernſt und ſchweigend das ſatte
Blaugrün der Douglastannen, von denen ſich die ſchimmernden
Beerendolden der Ebereſchen wie blaßrote Korallen abhoben.
Rieſige, vom Regen feuchte Weißbuchenſtämme reckten ihre wie
nit einem ſilbernen Panzer umgürteten Aeſte, braun und weiß=
geſleckte
Birken ließen einen Regen goldgelber, herzförmiger
Blätter herniederrieſeln, und auf den kurzgeſchorenen, noch
immer hellgrün getönten Raſenflächen ſtanden gleich lodernden
Kerzen unzählige, blaßlilafarbene Herbſtzeitloſe.

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[ ][  ][ ]

Stand der Hackfruchiernte und Winterſagten
im Deutſchen Reiche.
Der günſtige Witterungsverlauf im Oktober hat die Feldarbeiten
gut gefördert. Die Hackfruchternte konnte nahezu beendet werden; nur
ein Teil der Rüben iſt noch auf dem Felde. Die Beſtellung des Winter=
getreides
iſt nur auf den Kartoffel= und Rübenſchlägen im Rückſtande.
Die frühzeitig eingebrachten Saaten haben ſich gut entwickelt und zeigen
einen geſunden und üppigen Stand. Die Spätſaaten laufen raſch und
voll auf.
Soweit ſich eine Beurteilung der jungen Saaten bereits ermöglichen
läßt, ergibt ſich im Reichsdurchſchnitt unter Zugrundelegung der Zahl=
noten
: 2: gut, 3: mittel, 4: gering, folgende Begutachtung: Winter=
weizen
2,5 (im Vorjahre 2,8), Winterſpelz 2,5 (2,6), Winterroggen 2,6
(2,9). Wintergerſte 2,6 (2,7).
Wirtſchaftliche Rundſchau.
Reparationsauftrag für die deutſche Induſtrie. Bei der Vergebung
von großen Ausbauarbeiten im Hafen von Dünkirchen wurden von
neun Angeboten nur folgende deutſch=franzöſiſche Gruppen berückſichtigt,
da dieſe die billigſten Offerten eingeliefert haben: Union des Travang
publies und die deutſche Firma Tublice einerſeits, die franzöſiſche Firma
Hony und die deutſche Firma Heilmann und Lippmanm andererſeits.
Das Objekt hat einen Wert von 45 Mill. Fr. und ſoll über Reparations=
konto
verbucht werden.
Die Aufwertung der heſſiſchen Stadtſchuldverſchreibungen.
In nichtöffentlicher dreitägiger Verhandlung vor dem Heſſiſchen
Verwaltungsgerichtshof wurden die Aufwertungsſätze der Stadt=
ſchuldverſchreibungen
der Städte Mainz, Darmſtadt und Offen=
bach
wie folgt feſtgeſetzt: Darmſtadt 17½ Proz., Mainz 15 Proz.
und Offenbach 12½ Proz. Der heſſiſche Finanzminiſter hatte
bekanntlich eine durchſchnittliche Aufwertung von 22 Prozent an=
geordnet
, während der reichsgeſetzliche Aufwertungsmindeſtſatz
12½ Prozent beträgt. Maßgebend für die obengenannten Sätze
war die jeweilige finanzielle Leiſtungsfähigkeit der drei Städte.
Frankfurter Gasgeſellſchaft A.=G., Frankfurt a. M. In der ange=
kündigten
außerordentlichen Generalverſammlung ſollen auf Vorſchlag
des Magiſtrates die Herren Stadtrat Direktor Mietens, Stadtverord=
neter
Direktor Merton und Stadtverordneter Lang neu in den Auf=
ſichtsrat
gewählt werden. Die Herren Dr. Schnorr und Pfeifer ſchei=
den
ans.
Metallnotierungen.
Die Berliner Metallnotierungen vom 13. November ſtellen ſich für
Elektrolytkupfer, prompt eif Hamburg, Bremen oder Rotterdam ( Notie=
rung
der Vereinigung für die deutſche Elektrolytkupfernotiz 151.75 RM.
Die Notierungen der Kommiſſion des Berliner Metallbörſenvor=
ſtandes
(die Preiſe verſtehen ſich ab Lager in Deutſchland für prompte
Lieferung und Bezahlung) ſtellten ſich für Originalhüttenaluminium,
98= bis 99proz., in Blöcken, Walz= oder Drahtbarren 190 RM., desgl.
in Walz= oder Drahtbarren 99proz. 194 RM.; Reinnickel, 98= bis
99proz. 350 RM., Antimon Regulus 8487, Feinſilber (1 Kilogramm
fein) 79.5081.00 RM.
Die Berliner Metallnotierungen vom 13. November ſtellten ſich für
Kupfer: Januar bis Auguſt 138 (138½), September und Oktober
138½ (138½), Novemker und Dezember 138 (139). Tendenz: ſtetig.
Für Blei: Januar bis März 41¾4 (42½), April bis Juni 42 (42½),
Juli bis Oktober 42½ (42½), November 41¾ (42½), Dezember 41½
(42). Tendenz: ruhig. Für Zink: Januar bis März 47½ (48½4),
April bis Juli 48 (49), Auguſt und September 48½ (49), Oktober 48½
(49), November 47 (48½), Dezember 47 (48½). Tendenz: ruhig. Die
erſten Zahlen bedeuten Geld, die in Klammern Brief.
Die Metallnotierungen an der Londoner Börſe vom 13. November
ſtellten ſich für Kupfer: (Tendenz ſtetig) Standard per Kaſſe 671/u6
bis 68, drei Monate 68¾ bis 68/e, Settl. Preis 68, Elektrolyt 74¾4
bis 75½, beſt ſelected 72½ bis 733/ Elektrowirebars 751 für Zinn;
(Tendenz: ſtetig) Standard per Kaſſe 230230½, drei Monate 225 bis
225½, Settl. Preis 230½; inoff. Not.: Banka und Straits 230½; für
Blei: (Tendenz träge) ausl. prompt 201/ye, entf. Sichten 21½,
Settl. Preis 20¾; für Zink: (Tendenz ruhig) gewöhnl. prompt 24¾,
entf. Sichten 24½, Settl. Preis 2458. Inoffizielle Notie=
rungen
: Queckſilber 2323½, Wolframerz 17. Kupferſulphat 25½
bis 25½.
Viehmärkte.
Mainzer Viehhof=Marktbericht vom 13. November. Der heutige
Schlachtviehmarkt war ſehr reich beſchickt, ſo daß das Angebot bie Nach=
frage
übertraf. Das Geſchäft entwickelte ſich anfangs ſehr lebhaft,
ſchwächte aber bald ab, nachdem die wenig guten Tiere ausverkauft
waren. Trotzdem war der Ueberſtand nicht bedeutend. Auf dem Groß=
viehwarkt
blieben die Preiſe bei ruhigem Geſchäft unverändert, bis auf
Färſen, die 1 Mark nachgaben. Es waren 99 Stück mehr angetriaben
wie in der vorigen Woche. Der Reſtbeſtand war gering. Das Geſchäft
auf dem Kälbermarkt entwickelte ſich ebenfalls ziemlich langſam. Der
Auftrieb war um 40 Stück größer wie auf dem Vormarkt. Die Preiſe
gingen 2 Mark zurück und konnte ausverkauft werden. Der Schweine=
markt
brachte 136 Stück mehr. Mit Rückſicht auf ſeuchenverdächtige
Tiere wurde der Markt zur Sperrmarkt erklärt. Die Preiſe gaben
1 Mark nach. Bei mäßig belebtem Geſchäft verblieb ein kleiner Ueber=
ſtand
. Angetrieben waren 70 Ochſen, 10 Bullen, 732 Kühe oder Färſen,
425 Kälber ud 1274 Schweine. Für 50 Kilo Lebendgewicht wurden je
nach Qualität folgende Preiſe erzielt: Ochſen 4854, 4448, Bullen
3243, Kühe 4245, 3541, 2935, 1824, Färſen 4557 Kälber 61
bis 68, 4860, Schweine 7277, 7577 und 7779 Mark.

Amerikaniſche Kabelnachrichten.
* Chicago, 13. Nov. (Priv.=Tel.)
Weizen: Die Verminderung der ſichtbaren Vorräte, die kleinen An=
künfte
im Innern des Landes, beſſere Exportnachfrage und Deckungs=
käufe
bewirkten ein Anziehen der Preiſe.
Mais: Größere Ankünfte und gutes Wetter bewirkten anfangs ein
Abgleiten der Kurſe. Im Verlaufe kam es dann zu einem Tendenz=
wechſel
auf gute Lokonachfrage und Deckungen des Oſtens.
Roggen: Mäßige Ankünfte, Schlechtwetter=Vorausſagen und Mel=
dungen
vom Knappwerden der ruſſiſchen Vorräte bewirkten Preisſteige=
rungen
, wozu die Kaufluſt örtlicher Häuſer beitrug.
Hafer: Auch hier erfuhren die Preiſe kleinere Steigerungen.

* New York, 13. Nov. (Priv.=Tel.)
Baumwolle: Höhere Liverpooler Kabel bewirkten anfangs eine
Preisbefeſtigung. Dann wurde die Haltung ſchwächer, konnte ſich aber
ſpäter wieder befeſtigen auf Käufe der Spekulation und des Handels.
Kaffee: Anfangs gewannen die Preiſe auf europäiſche Deckungen,
dann drückten Liquidationen und Verkäufe des Handels auf die Tendenz.
Zuckar: Niedrigere ausländiſche Kabel bewirkten Liquidationen und
einen Rückgang der Kurſe. Deckungskäufe der Spekulation boten einer
veiteren Abſchwächung Einhalt.

Es notierten nach Meldungen aus Chicago am 13. Nov.:
Getreide. Weizen: Dez. 115, März 120, Mai 123: Mais:
Dez. 84½, März 87½, Mai 893: Hafer: Dez. 45, März 45½,
Mai 46½; Roggen: Dez. 101, März 108½, Mai
Fette. Schmalz: Nov. 11,72½, Dez. 11,77½, Jan. 1929:
12,17½, März 12,17½.
Fleiſch. Rippen: Dez. 1107½, Jan. 1929 11,30; Speck,
loko 11,50; leichte Schweine 8,409,10, ſchwere Schweine 8,75
bis 9,10; Schweinezufuhren: Chicago 43 000, im Weſten A40 000.
Baumwolle: Dez. 18,98, Januar 1929 19,04.
Es notierten nach Meldungen aus NewYork am 13. Nob.:
Getreide. Weizen: Rotwinter 158, Hartwinter 131: Mais,
neu angek. Ernte 98½; Mehl, ſpring wheat elears 5,756,00;
Fracht: nach England 3,04,0 Schilling, nach dem Kontinent
16 bis 17 Cents.
Schmalz: Prima Weſtern, loko 12,45; Talg, extra, loſe 9½.
Kakav. Tendenz: ſtetig; Umſatz in Lots: 134: Loko: 10.;
November 9,65, Dezember 9,75, Januar 1929 9,95, Februar
10,03, März 10,19, April 10,25, Mai 10,39, Juni , Juli 10,59,
Auguſt , September 10,82.

Frankfurter und Berliner Effektenbörſe.
Frankfurt a. M., 13. November.
Nachdem bereits an der geſtrigen Abendbörſe die Stimmung auf die
beabſichtigte Vermittlungsaktion im Eiſenkonflikt im Anſchluß an die
Nichtigkeitserklärung des Schiedsſpruchs durch das Arbeitsgericht freund=
licher
war, konnte ſich die Haltung zum heutigen offiziellen Beginn wei=
ter
beſſern, da man wieder Hoffnungen auf eine baldige Einigung im
Konflikt hegte. Lebhaft war das Geſchäft aber nur in der A.E. G.=
Aktie, die nach den geſtrigen Abgaben für Schweizer Nechnung heute
in großen Poſten aus dem Markte genommen wurde, wobei es ſich um
Deckungen, ſowie um neue Auslandskäufe gehandelt haben dürfte. Der
erſte Kurs lag mit 188 Prezent 4 Prozent höher. An den übrigen
Märkten war die Umnſatztätigkeit weſentlich geringer, dorh konnten ſich
gegen die geſtrige Abendbörſe überwiegend Kursbeſſerungen von zirka
1 bis 2 Prozent durchſetzen. Angeregt durch die feſte Haltung von
A E. G., beſtand für die anderen Elektvowerte, namentlich im Verlaufe,
ebenfalls etwas regeres Intereſſe. Bergmann, Elektr. Lieferungen,
Felten, Gesfürel, Lahmeyer, Rheag, Schuckert und Siemens gewannen
durchſchnittlich 1 bis 2 Prozent. Feſter eröffneten noh Klöckner (plus
1 Prozent), Deutſche Linoleum (plus 2 Prozent), Junghanns (plus
1½Prozent), Holzmann (plus 2 Prozent) und Karſtadt (plus 1½, Pro=
zent
). Zellſtoffwerte gewannen 2 bis 2½ Prozent. Nachfrage erhielt
ſich ferner für Otevi=Minen. Kaliverte zogen leicht an. Chemiewerte
waren weiter vernachläſſigt, J. G. Farben und Scheideanſtalt gut be=
hauptet
. Schiffahrtswerte und Banken waren überwiegend leicht abge=
ſchwächt
, nur Reichsbank 2 Prozent höher. Autowerte lagen wieder un=
einheitlich
, Adlerwerke angeboten und 2 Prozent ſchwächer, Damler
aber plus 1½ Prozent, NS.U. behauptet. Deutſche Anleihen waren
knapp gehalten, von Auslandsrenten Rumänen wieder etwas geſragt.
Nach den erſten Kurſen zogen Elektvowerte unter Führung von
A. E. G. weitere 1 bis 2 Prozent an. Später aber ſetzten Realiſationen
der Tagesſpekulation ein und die Kurſe bröckelten etwas ab. Schuckert
verloren 1½ Prozent gegen Anfang. Am Geldmarkt machte die Er=
leichterung
Fortſchritte. Tagesgeld 5¾ Prozent. Am Deviſenmarkt
nannte man Mark gegen Dollar 4,1992, gegen Pfunde 20,363, London
Kabel 4,8479, Paris 124,12, Mailand 92,58, Madrid 30,07.
Große Geſchäftsunluſt und Glattſtellungsbedürfnis der Spekulation
führten an der Abendbörſe zu teilweiſe leichten Kursrückgängen. Erſt
im ſpäteren Verlauf ſetzte ſich wieder eine etwas freundlichere Stim=
mung
durch, ausgehend vom Farbenmarkte. Lebhaft blieben A. E. G. und
Blanzſtoff, die mit 596 geſucht waren. Renten ohne Umſatz. Im ein=
zelnen
nnte man: Commerzbank 186½, Danat 289, Dresdner 168½,
Metallb nk 135½, Reichsbank 303½, Gelſenkirchen 124, Ilſe 249, Man=
nesmann
128½, Phönix 9234, Rheinſtahl 134, Hapag 147½, Nordd.
Llotd 143½, Adlerwerke 109, A. E.G. 189, Bergmann 224, Farben=
nduſtrie
249, Gesfürel 271, Lahmayer 168½.
Berlin, 13. November.
Die feſte Tendenz des vorbörslichen Freiberkehrs, die namentlich
eine Bevorzugung der Elektrowerte zeigte, übertrug ſich auch auf den
rffiziellen Börſenbeginn. Die Börſe eröffnete faſt einheitlich befeſtigt
bei durchweg etwas lebhafterem Geſchäft. Nach Feſtſetzung der erſten
Kurſe konnte die Befeſtigung am Elektromarkt weitere Fortſchritte
machen. Auch Montanwerte und Kaliaktien ſowie Mansfeld und Otavi
zogen weiter an. Im Verlauf der Börſe hielt die Feſtigkeit der Spezial=
werte
an, während die übrigen Werte ruhiger lagen und teilweiſe auch
abbröckelten. Gegen Schluß des offiziellen Verkehrs ſchritt die Spekuſa=
tion
teilweiſe zu recht erheblichen Glattſtellungen. Die Börſe ſchloß
durchweg leicht abgeſchwächt.

A. E. G
Augsb.=Nürnb. Maſch.
Baſalt ....."
Bergmann. .
Berl. Karlsruhe Ind.
Berl. Hand.=Geſ..
Braunkohl.=Briketts
Bremer Wolle. . .
Danatbank. . .
Deutſche Bank. .
Diskontogeſ. .
Dresdner Bank. . . . .
Deutſche Maſchinen.
Deutſche Erdöl ....."
Deutſche Petroleum.
Lynamit Nobel .. . . 1115.75
Flektr. Lieferung ..."
J. G. Farben... . . . ."
Gelſenk. Berg. .. ..
G. f. elektr. Untern.
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Kanſa Dampfſch. . . . 1179 75
Hapag.
Harpner.
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283. 283. 1230.25 224.5 Lindes Eismaſch. 168. 169. 288.5 288 75 L. Loewe & Co.
241.5
32. 244.
32. 166.5 167.25 Lingel Schuh .. 161.5 161.25 Mannesmann Röhr 125 625
1158.5 128.125 1167.875 167. Niederlauſitzer Kohl 159. 46.75 45.75 Norod. Lloyd". 144. 142.125 1138.125 138. Orenſtein.. 105. 105.25 191-90.5 9091 Polyphon". 479.625 484. 117.5 Rütgerswerke. 105. 1104.75 167.5 170.75 Sachſenwerke. 1136.25 140. 1248.25 249. Siemens Glas 140.25 143. 1123 25 123.5
271.5 Ver. Glanzſtoff. 595.
93.5 583.
94. 1265. Ver. Stahlwerke. 41.- 40.5 Volkſtedter Porzellan / 63.875 63 875 178.5 Wanderer Werke 130.5 130.5 f1a7. 146.25 Wiſſner Metall. 1154.5 1154.5 133.625
1279. 136.
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Helſingfors ..
Wien ..."
Prag .....
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Sofia ...."
Kolland ..
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Kopenhagen
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London ....."
Buenos Aires
Neu=York
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12. . 13. 11. 12. 11. 13. . Geld Brief Geld/Brief Geld Brief /Beld Brief 10.557/10.57 10.555/10.575 Italien ......." 21.975 22.015/21.975 22.015 58.955 59.07 58.94 59.06 Paris ......... 16.385 6.42. 116.38 16.4 2 12.434 12.454 12.434/12.45 Schweiz .. .. .. . ! 80.74 80.90 30 ,735 80.893 73.11 3.25 73. 125/73. 26! Spanien. .. 67 59 67.7: 67. 59 67.73 3.027 3.03 3.02: 3.033) Danzig ... 81.30/ 81.46 81.30 8146 168.39/168.7. 68.3c 168.73 Fapan. . . . 1.953 1.957 1.917 1.951 111.7 111.9 11.77 11.9 Rio de Janeiro". 3.501 0.59. 0.500 0.502 u11.83/112.0. 11.80 112.04 Jugoflavien .. 7.370 7.384 7.3 68 7.362 112.14 112.3e 12.1. 112 35 Portugal .. 18.91 18.95 18. 88 18.92 20.338 20.378 20.339 0.3: Athen ..." 5.425 5.43. 5.425 5.435 1.768 1.77. 1.769 1.77: Konſtantinopel . 2.10 2.107 2. 1081 2.112 4 1960 4.2040 1.1955 4. 2035 Tanada. . . . . . . . 4.191 1.199 1.191 4. 199 58.28 56.40 58.28 8.40 UTruguay .. 14.235 4.294 4:276 4:284

Börſe und Wirtſchaftslage
im Oktober.
Ein Rückblick auf die Bewegung der Vörſe im Monat Oktober ergibt
das ſchon ſeit Monaten gewohnte gleiche Bild: Ruhe, nach unbe=
deutenden
Schwankungen etwa gleiches Kursnibeau der Wertpapiere,
Auch im verfloſſenen Monat war, wie ſchon vorausgeſehen wurde,
weder ein intenſives Abwärtsgleiten der Kurſe bemerken ſchon aus
dem Grunde, weil Kursrückgänge nach dem Wert der Papiere kaum mehr
gerechtfertigt wären , noch andererſeits ein Anziehen der Kurſe oder
eine Belebung der Börſe. Wenn auch vorübergehende Meinungskäufe
in kleinerem Umfange vorgenommen wurden, und wenn an manchen
Tagen vorgenommene Deckungen kleinere Kursgewinne zur Folge hatten,
die dann die Hoffnung auf ſtärkere Belebung aufkommen leßen, ſo
wurde die Spekulation in ihrer Hoffnung jedesmal enttäuſcht, da dieſe
Crſiheinungen von nur vorübergehender Dauer waren. Die Gefolg=
ſchaft
des Publikums fehlt eben nach wie vor, die Baiſſepartei nutzt
ihrerſeits die Konjunktur aus und ſucht durch geſchickte Vorſtöße Ge=
winne
zu erzielen, obwohl ſie infolge der nun nachgerade chroniſchen
Stabilität und der geſunden Widerſtandsfähigkeit der Börſe nicht er=
heblich
ſein können. Außerdem ſetzten auch kleine Stützungskäufe von
Banken ſolchen Baiſſevorſtößen ein Gegengewicht entgegen, einmal mit
dem Erfolge, daß die rückläufige Bewegung und Kurseinbußen nicht
allzu fühlbar wurden, zum andern aber auch, daß die Spekulation durch
die unausblciblichen Schwankungen wiederum gewiſſe Nerpoſitäts=
erſcheinungen
zeigte, und das Publikum natürlich dadurch von eſner Be=
tätigung
abgeſchreckt wurde. Nach wie vor iſt die gegenſeitige Ab=
hängigkeit
der In= und Auslandsbörſen, die ſeit einigen Monaten ein=
geſetzt
hat, zu beobachten. Bemerkenswert iſt daben, daß das Ausland
im vergangenen Monat mit Kauforders etwas zurückhielt. Die Unter=
nehmungsluſt
an der Börſe iſt zur Zeit zweifellos fühlbar gelähmt und
ſelbſt eine glatte Ultimoüberwindung und ſtärkeres Intereſſe für ein=
zelne
Spezialpapiere, wie z. B. für Werte der Elektrizitätsindyſtrie
(anläßlich der Soſina=Transaktion), für Werte der Hali= oder Kunſt=
ſeideinduſtrie
können eine dauernde Belebung nicht erzielen, und das
Publikum nicht aus ſeiner Reſerve herauslocken. Solange in Anbetracht
der zweifelhaften Wirtſchaftslage in Deutſchland noch Stimmen laut
werden, die eine weitere Senkung des Kursnivcaus noch für durchaus
möglich halten obwohl dies von anderer Seite entſchieden beſtritten
wird, da man, wie bereits oben erwähnt, den Diefpunkt der Kurſe er=
reicht
glaubt wird mit einer Aufwärtsbewegung und einer Belebung
der Börſe nicht zu rechnen ſein.
Allerdings iſt die Vorſicht des Publikums heute verſtändlich und
berechtigt. Wenn auch die deutſche Wirtſchaft infolge ſaiſonbedingter
leichter Belebung einen erheblichen Konjunkturrückgang nicht erkeunen
läßt, ſondern gerade im Oktober eine ſtarke Widerſtandsfähigkeit der
Konjunktur bemerkbar war, ſo iſt die Sorge in Wirtſchaftskreiſen doch
für die Zukunft ſehr groß. Schon ein Ruhezuſtand, der bei einem All=
gemeiwüberblick
unverkennbar iſt, kann für eine Wirtſchaft, wie die
deutſche, die darauf angewieſen iſt, ſchwere Schläge vergangener Jahre
wieder gutzumachen, Rüchſchritt bedeuten. Wenn heute der Konjunktur=
rückgang
noch verſchleiert iſt, ſind doch Depreſſionserſcheinungen vor=
handen
, die einen ſolchen befürchten laſſen. Die Zahl der Arbeitsloſen
und Kurzarbeiter ſtieg im Oktober weiter, infolge der ſchwierigen Ab=
ſatzmöglichkeit
im Inland mußte in vielen Induſtriezweigen die Pro=
duktion
weiter eingeſchränkt werden, und zu allem Unglück wurden be=
dauerlicherweife
alle Warnungen, die von den verſchiedenen maßgeben=
den
Seiten laut wurden, einfach in den Wind geſchlagen und haben ſich
durch die Lohnſtreitigkeiten, insbeſondere in der Eiſeninduſtrie, derar=
tige
Schwierigkeiten ergeben, daß die Folgen unberechenbar ſind. Ob=
wohl
der deutſche Wirtſchaftskörper ſich auch heute noch in einer Rekon=
valeſzenzzeit
nach ſchwerer Krankheit befindet und daher zu pflegen
und vor allen Erſchütterungen zu bewahren wäre, werden in dieſen
Wochen Experimente vorgenommen, die zur Kataſtrophe nicht nur für
die zunächſt Betroffenen, ſondern darüber inaus für die ganze deutſche
Wirtſchaft führen können. Vergebens waren alle Vorſtellungen, die dar=
auf
hinwieſen, daß die Selbſtkoſtenfaktoren der deutſchen Wirtſchaft
immer größer, die Gewinnmöglichkeiten immer geringer würden, daß
eine neue Belaſtung durch Einſparung oder Reduzierung der Gewinn=
rate
unmöglich ſei, vergeblich ſuchte man in ſtundenlangen Einigungs=
verhandlungen
durch klare Zahlen, die die Selbſtkoſtenſteigerung und
Ertragsverminderung, ſowie das ſtete Sinten der Erlöſe nachwieſen, zu
einer gütlichen Einigung zu kommen: die Lohnforderungen in der Eiſen=
induſtrie
wurden aufrecht erhalten, der Schiedsſpruch des Schlichters
forderte eine neuerliche Erhöhung des Lohnkontos und die Verbindlich=
keitserklärung
dieſes vom Schlichter ohne (entgegen der Beſtimmung
der Schlichtungsordnung) Kammermehrheit gefällten Spruches durch den
Reichsarbeitsminiſter ließ den Arbeitskampf zum offenem Ausbruch kom=
men
. Hunderttauſende von Arbeitern ſind ausgeſperrt, Hochöfen ſind
gedämpft und Martinöfen erkaltet, die Ausſperrung im Ruhrgebiet
macht ſich überall bemerkbar. Die Erzgruben des Dillgebiets leiden unter
zunehmendem Arbeitswangel und die aus dem Ruhrgebiet ſtammenden
Aufträge ſind annulliert worden. Die Haldenbeſtände ſollen nicht noch
vermehrt werden, daher mußte die Produktion eingeſchränkt werden.
Infolge mangels der Rohſtoffzufuhr leidet auch die heſſiſche
Induſtrie bereits unter der Metallarbeiterausſperrung. Die Opel=
werke
haben bereits eine tageweiſe Stillegung ihrer Betriebe angekün=
digt
, falls in der Eiſeninduſtrie der Konflikt länger anhält. Die ober=
heſſiſche
Brauneiſenſteingrubengewerkſchaft Luiſe in Weickersheim mußte
ihren Arbeitern die Stillegung des Betriebs nach 14 Tagen bebannt=
geben
, da während der Metallarbeiterausſperrung keine Abnahme von
Brauneiſenſtein mehr erfolgt; die Beſtellungen zahlreicher anderer
Induſtrien vermindern ſich dauernd, die Abrufe ſind mangelhaft.
Die Wirtſchaftsführer erklären ſich außerſtande, eine Steigerung
der Materialpreiſe nochmals vorzunehmen, ſie weiſen wiederholt darauf
hin, daß die Verdienſte der Arbeiterſchaft in Deutſchland, beſonders
die der Arbeiter der nordweſtdeutſchen Eiſewinduſtrie, über dem Frie=
densreabverdienſt
und über dem Verdienſt der Arbeiter im Ausland

Frankfurter Kursbericht vom 13. November 1928.

C2 Dtſche. Reichs=
anleihe
von 1927
6% Baden Frei=
ſtaat
von 1927..
% Bah. Freiſtaat
von 1927 ......"
6% Sachſen Frei=
ſtaat
von 1927..
7% ThüringerFrei=
ſtaat
von 1927.
Dtſche. Anl. Auslo=
1
ſungsſch.
Ablöſungsanleih.
Dtſche. Anl. Ablö.
ſungsſch. (Neub.
Dtſche. Schutzge=
bietsanleihe
...
8% Bad.=Bad. v. 26
6% Berlin v. 24.
80 Darmſtadt v. 26
% Frkf. a. M. v. 26
7%0 Mainz v. 26..
8% Mannh. v. 26.
8% Nürnberg v. 26
8% Berl. Hyp.;Bk.
8% Frkf. Hyp.Bk.
Pfbr.,
8% Heſſ. Landesbk.
A
8% Kom. Landes=
bank
Darmſtadt.
8% Mein. Hyp. B
80 Pfälz. Hyp.Bk.
8% Preuß. Ctr.=
Siedtſchaft. . .

87.25
78.5
79.25
84
51.1
14.3

79
87
93

97.5
97.5
97.5
97.25
88
85
93.8
85
81.5
98

02

8 Rhein.Hhp.=Br
3% Rhein.=Weſtf.=
Bd.=Credit.. . . .
80 Südd. Bod.=
Cred.=Bank ..
8% Württ, Hyp.=B.

Dt. Komm. Sam=
mel
=Ablöſ.=Anl.
+ Ausl. Ser.
* Ser,II

326 Daimler Benz
von 27....."
8% Klöckner=Werke
Berlin v. 26...
70 Mainkrw.v. 26.
7% Ver. Stahlwke
mit Opt. v. 26.
8% VoigtcHäffner
von 26 .. . . ..."

6% Bosn. L. E. B.
v. 1914 ....
4:/,% Oſt. Schatz=
anw
. v. 1914 ..
4½ Oſt. Goldrente
4:/=% Rum. Gold
von 1913 .... .."
4%0 Türk. Admin.
1.Badgad
42
Zollanl.
4¾
4/. % 1913 Ungarn
z%1914
4% Ung. Goldr
Aktien.
Allg. Dt. Creditanſt.
Bk. f. Brauinduſtr.
Berl. Handelsgeſ. .
Comm, u. Privatb.

97.75
ML5

98
94.5

Rn

74

92
84.1

84
93

35

13.17
27I.

136.25
74.5
281
186

Darmſt. u. Nt.=Bk.
Deutſche Bank ...
Eff.=u. Wechſel=
bank
.. . ...."
Vereinsbank
Diskonto=Geſellſch.
Dresdener Bank ..
Frankf. Bank. . . . .
Hyp.=Bk. ... . ."
Pfdbr.=Bk. . .
Gotha. Grundkr. B
Mein. Hyp.=Bank
Metallbank . . . . . . .
Mitteld. Creditbk.
Nürnb. Vereinsbk.
Oſt. Creditanſtalt.
Pfälz. Hyp.=Ban k.
Reichsbank=Ant. ..
Rhein. Creditbk. . .
Hhp.=Bank ...
Südd. Bod.=Cr. Bk.
Wiener Bankverein

A.=G. f. Verkehrstv
Dt. Eiſenb.=Geſ..
7% Dt. Reichsbahn
Vorzge. . ......
Hapag ..........
Nordd. Lloyd ...."
Schantung=Eiſenb.
Südd. Eiſenb.=Geſ

288
166

101
161.25
167.25
118.5
147.25
154
133
140
35.25
207
160
34.5
159
301.25
124.75
215.5
182
15

173

Ainze
144

120

Accum. Berlin. . .
Adlerw. (v. Kleher)
6 AEG. Vorzug
AEG. Stamm.
Baſt Nürnberg
Bergm. El. Werke
BrownBroverickCie
Brüning & Sohn.:

Buderus Eiſen .../ 88, Holzverk.=Induſtriel 91

110
89
85.25
187.5
Ba
152

Cemen Heidelbere
Karlſtadt
Chem. Werke Alber=
Fabrik Milch
Daimler=Benz..
Dt. Atl.=Telegr..
Eiſenh. Berlin
.
Erdöl
Gold=u. Silb.=Anſtalt.
Linoleumwerk
ſichbaum, Brauer.
Elektr. Licht u. Kraft
Liefer.=Geſ.
Eſchw. Bergwerk.
Eßlinger Maſchinen
Ettlinger Spinnerei
Faber, Joh., Bleiſt.
J. G. Farbenindſtr.
Felt. & Guilleaum.
Feinmech. (Jetter).
Frkft. Gas .......
Hof .......!

Geiling & Cie. ..
Gelſenk. Bergwerk
Geſ. f. elektr. Un=
ternehmungen
..
Goldſchmidt Th. ..
Gritzner Maſchinen
Grün & Bülfinger
dafenmühle Frkft.
Hammerſen (Osn.)
Harpener Bergbau
Henninger, Kempf.
Hilpert Armaturfb.
Hindrichs=Aufferm.
Hirſch Kupfer ...
Hochtief Eſſen ....
Holzmann, Phil. . .

136.75
175
75

87.5
146
138
204.5
308
235.5
170.25
202
42
225
38.5
248
80
143
91.25
68
124.5

98
122
169
133

184
87.5
104.

Flſe Bergb. Stamm
Genüſſt
Junghans Stamm
Kali Aſchersleben
Salzdetfurth.
Weſteregeln
Kammgarnſpinn .
Karſtadt, R.. . . .
Klein Schanzl. . .
Klöcknerwerke ..."
Kraftw. Alt=Württ.
Lahmeher & Co...
Lech. Augsburg ...
Löwenbr. Münch.
Lüdenſcheid Metall
Lutz Gebr. Darmſt.
Maintr.=W. Höchſt.
Mainz. Akt.=Br. . .
Mannesm. Röhren/ 127.95
Mansfeld. Bergb..
Mars=Werke ... . . 101
Metallgeſ. Frankft.
Miag. Mühlenbau. 1135
Motorenfb. Darmſt.

Neckarſ. Fahrzeug..
Nicolay, Hofbr.
Oberbedar)
Oſterr. AlpineMon
Otavi Minen".

Peters Union Frkf. 105.25
Phönix Bergbau. . 22
Reiniger, Gebb. 1419
Rh Braunkohlen".
Elektr. Stamm. 159
Stahlwerke 233
Riebeck Montan.
Noeder Gb. Darmſt. /424 )
5

244
114
88
191
288
263
109
108.5
167.5
111.5
320

116.5
263
117
187.5
57
22
133
115
1921.

Schachtleben A. G..
Schöfferhof=Bind..
Schramm Lackfabr.
Schriftg. Stempel".
Schuckert Elektr.. .
Schwarz Storchen.
Siem. Glasinduſtr.
Siemens & Halske.
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Zucker=AG
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nterfr. Krs.= Elek=
tr
.=Verſ. ......

Veithwerte" .
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Berlin=Fränkſ
Laurahütte.
Stahlwerke.
Ultramarin.
Zellſt. Berlin.
Vogtländ. Maſchin.
Voigt & Haeſſner..
Wayß & Freytag..
Wegelin Rußfabr=
Werger Brauerei
Zeliſtoff Aichaffbg.
Memel..

200
340
125
238,75
177
409.8
94
149.1
275
118.5
107.5
153
107.5
28.5
86

Waldho
274.6

Allianz u. Stuttg.
Verſicherung . . . /250
Frkft. Ailig. Verſ.=G/493
Frankona Rück= u.
Mitv. . . . . . .
Mannh. Berſich. 4

68
93.5
159.5
130
75.5
132.5
156
216
a. 5
156

[ ][  ][ ]

Nummer 312

Mittwoch, den 14. November 1928

Geite 15

liegen. Es darf nicht vergeſſen werden, daß der Fehlbetrag der deutſchen
Wirtſchaft jährlich 7000 Mill. Mark ausmacht und nur äußerſt ſchwer
zu decken war, jedenfalls aber nicht noch erhöht werden darf. Es iſt
dringend zu wünſchen, daß der Streit möglichſt ſchnell beigelegt wind,
damit die Millionenberluſte, die durch die Ausſperrungen entſtehen,
nicht ins Rieſenhafte geſteigert werden und ungbſehöare Folgen für
Deutſchlands Wirtſchaft hinterlaſſen.
Die Lohnbewegungen in der Textilinduſtrie, die zur Erhaltung des
Wirtſchaftsfriedens durch Abſchluß neuer Tarifverträge verhältnismäßig
ſchnell zum Stillſtand gekommen ſind, haben zunächſt bemerkbar nach=
teilige
Folgen gehabt. Allerdings wird es dieſer Induſtrie immer
ſchwerer, mit dem Ausland erfolgreich zu konkurrieren, zumal da die
Kriſenjahre noch nicht ganz überwunden und die Geſtehungskoſten
viel zu hoch ſind. Die Statiſtik der Beſchäftigung zeigt einen ſtarken
Nückgang.
Weiter wird aus vielen Wirtſchaftszweigen abflauende Geſchäfts=
tätigkeit
gemeldet. Die Kohleninduſtrie klagt über ſchleppenden Ge=
ſchäftsgang
, auch hat ſie einen ſcharfen Konkurrenzbampf mit England
und Holland zu beſtehen. Die allgemeine Geſchäftslage der Großindu=
ſtrie
iſt geſpannt. Die Bautätigkeit iſt im Oktober weiter ſtark zurück=
gegangen
, auch beſteht für die nächſten Monate wenig Hoffnung auf
eine nennenswerte Belebung im Reich. In der Maſchineninduſtrie, der
chemiſchen und elektrotechniſchen Induſtrie war ebenfalls ein Nachlaſſen
der Beſchäftigung zu beobachten. In den übrigen Induſtriezweigen
war keine Belebung, aber immerhin auch kein unbefriedigender Ge=
ſchäftsgang
feſtzuſtellen.
Ein erfreuliches Moment im vorigen Monat war die, wenn auch
nicht allzu bedeutende Beſſerung der Außenhandelsbilanz für Septem=
ber
. Die Befürchtungen, daß vielleicht zum Vormonat ein erneuter
Rückſchlag eintreten könnte, haben ſich glücklicherweiſe illuſoriſch erwie=
ſen
. Vor allem intereſſiert die Entwicklung der Ausfuhr, da Deutſch=
land
infolge immer mehr abflauender Inlandskonjunktur darauf ange=
wieſen
iſt, neue Abſatzgebiete im Ausland zu finden. Bei näherer Be=
trachtung
dieſer Entwicklung zeigt ſich denn auch, daß die Induſtrie
bemüht bleibt, den Export zu heben und es ihr tatſächlich zu gelingen
ſcheint, eine Steigerung der Fertigwarenausfuhr zu erreichen. Dabei
iſt allerdings ein Ausfuhrrückgang von Textilfertigwaren beſonders zu
bemerken, der wohl auf die oben angeführten Gründe, die Unmög=
lichkeit
, ſich gegenüber der Auslandskonkurrenz zu behaupten zurück=
zuführen
iſt. Infolge der guten Ernte war die Lebensmittelausfuhr,
namentlich die Getreideausfuhr ſtark geſtiegen.
So erfreulich die Beſſerung der Außenhandelsbilanz iſt, ſo bednuerlich
die Gefahr, die Steigerung nicht fortſetzen zu können und ſomüt die

Außenhandelsbilanz und die deutſche Wirtſchaft weiter zu beſſern, weil
die Einſicht im Innern fehlt. Wenn infolge all der bekannten ungüin=
ſtigen
Faktoren, zu denen vielleicht noch weitere Steuerbelaſtungen
kommen, die Produktionskoſten weiter geſteigert würden, würde eine
ſolche Häufung von Schwierigkeiten in der Induſtrie eintreten, daß die
Tragfähigkeit der Wirtſchaft und deren ruhige Weiterentwicklung ernſt=
lich
gefährdet werden könnte.
Dr. 0.

Produktenberichte.

Frankfurter Produktenbericht vom 13. November. Auch heute ver=
kehrte
der Frankfurter Produktenmarkt in flauer Haltung. Infolge des
geſtrigen amerikaniſchen Feiertages fehlten die Anregungen von den
nordamerikawiſchen Märkten, aber einen um ſo größeren Druck auf die
Stimmung übten die erheblich ſchwächer lautenden argentiniſchen Märkte
aus. Das Geſchäft war aus dieſem Grunde ſehr eng begrenzt. Umſätze
kamen nur in den dringendſten Fällen zuſtande, da auch das weitere
große Angebot von Inlandsware bei den Händlern immer noch große
Zurückhaltung auslöſte. Die Preiſe blieben im allgemeinen behauptet,
nur am Mehlmark war Roggenmehl ſtärker verngchläſſigt und ſchwächer.
Die Preiſe wurden wie folgt feſtgeſetzt: Weizen 23,1023,25, Roggen
2222,25, Sommergerſte 2424,25, Hafer 223,25, Mais 22, Weizen=
mehl
33,5034,25, Rogenmehl 29,2530, Weizenkleie 13,5013,60 und
Roggenkleie 13,7514.
Berliner Produktenbericht vom 13. November. Der Produktenmaukt
nahm wiederum einen recht ruhigen Verlauf. Da infolge des geſtrigen
Feiertages Meldungen von den nordamerikaniſchen Märkten fehlten,
hatten die ſchwächeren argentiniſchen Srhlußnotierungen größeren Ein=
fluß
auf die Preisgeſtaltung am hieſigen Weizenmarkt. Obgleich ſich
das inländiſche Angebot von Weizen nicht verſtärkt hat, waren nur
etwa 1 Mark niedrigere Preife als geſtern durchzuholen, da der Export
nur geringe Aufnahmeneig ing zeigt und auch die Mühlen angeſichts
des ſchleckten Mehlabſatzes nur wenig Kaufluſt bekunden. Roggen findet
zu etwa geſtrigen Preiſen für den Export und bei den Mühlen Unter=
kunft
, das Angebot hält ſich gleichfalls in ziemlich mäßigen Grenzen. Am
Lieferungsmarkt lagen die Eröffnungsnotierungen für Weizen 1 Mark
niedriger, während Roggen nus geringfügige Preisveränderungen auf=
wies
. Mehl iſt zu geſtrigen Preiſen offeriert. Für Auszugsmehle zeigt
ſich vereinzelt beſſere Nachfrage, im allgemeinen iſt das Geſchäft jedoch
weiter ſtill. Hafer liegt bei etwvas reichlicherem Angebot ſchwächer, Gerſte
in mittleren Qualitäten über Bedarf offeriert.

Kleine Wirtſchaftsnachrichten.
Die Preiſe für Superphosphat waren bekanntlich für November und
Dezember underändert geblieben. Jetzt gewährt die Deutſche Süper=
phosphat
=Indnſtrie ihren Anehmern woch eine beſondere Frühbezugs=
Prämie.
Das Reichspoſtminiſkerium hat der Siemens u. Halske A.G. den
Bau und die Auslegung eines neuen 3. Oſtpreußen=Seekabels über=
tragen
. Das neue, 186 Kilometer lange Seekabel wird als Pupinſeekabei
ausgeführt und wird 22 Adervierer für 22 gleichzeitige Geſprähe und
ein Rundfunkdgar für die Uebermittlung von Rundfunkdaxbietungen er=
halten
.
Wie wir erfahren, hat die Firma J. Adler jr., Frankfurk a. M.,
die Oberhof=Anſagen der Stettiner Vulkan gekauft. Es handelt ſich um
ausgedehnte Werksanlagen, Maſchinenparks, Krananlagen, Werkſtätten
und Werkzeuge. Das Objekt von einem Gegenwert von über 1 Mill.
Reichsmar iſt eines der größten Verſchrottungsobjekte der letzten Zeit.
Die Ota=Apparate G. m. b. H., Frankfurt a. M., die Andreas Veigel
G. m. b. H., Cannſtatt, und die Deuta=Werke G. m. b. H., Berlin, grüin=
deten
zwecks Zuſammenfaſſung ihrer Fabrikation in Frankfurt a. M.
die V. D. O. Tack=ometer=A. G. vorm. Veigel, Deuta, Ota, mit einem
Katital von 600 000 RM.
Der Reichskalirat hielt in Berlin unten dem Vorſitz von General=
direktor
Bergrat Dr. Zirkler eine Vollſitzung ab. Auf der Tagesord=
nung
ſtanden im weſentlichen laufende Angelegenheiten und Perſonal=
und Organiſationsfragen. Die Jahresrechnung für 1927 wurde abge=
nommen
und die Etats des Reichskalirats und der Kaliſtellen für 1929
feſtgeſtellt.
Die Tuchfabrik Lörrach, die ſchon ſeit einigen Wochen mit ver=
kürzter
Arbeitszeit arbeitet und bereits eine Stillegungsanzeige beim
Demobilmachungskommiſſar eingereicht hat, hat inzwiſchen 20 Arbeitern
und Arbeiterinnen gekündigt.
Die Tonbergbaugeſellſchaft m. b. H. in Kruft hat bei der zuſtän=
digen
Regierungsſtelle die Genehmigung zur Entlaſſung eines großen
Teils ihrer Belegfchft wegen Auftragsmangels nachgeſucht. Die Geſell=
ſchaft
beſchäftigt etwa 220 Arbeiter.
Geſtern fand in Brüſſel eine Sitzung des Internationalen Walz=
drahtkartells
ſtatt. Wie wir erfahren, bildete in der Hauptfache die
Feſtſetzung des Tonnageprogranuns den Gegenſtand der Beſprechng.
Im übrigen ſollen die Verhandlungen vom 26. Oktober ihre Forte
ſetzung finden.

Aus den Amtsverkündigungen des Kreisamts
Darmſtadt und den Bekanntmachungen des
Polizeiamts Darmſtadt.
Gefunden: 1 grauer Militärmantel.
1 Damenhandtaſche mit Inhait. 1 Herren=
ſchirm
. 1 grüner Lodenmantel, 1 grauer
Mantel und 1 Arbe tshoe. 1 ſchwarzer
Herrenhalbſchuh. 1 P ar Kinder andſchuhe.
1 Portemonnaſe mit Inhalt. 1 Ring. Ein
Paket Hemdenſtoff. 3 Spazierſtöcke. Ein
ſeidener Herrenſchal. 1 Kinderpelz. En
Kindermantel. 1 Vereinsnadel ( Turnver=
ein
. 1 ſchwarzer Handſchuh. 1 Roſen=
tranz
. Einige Schlüſſel. Zugelaufen:
1 Katze.
Wir machen wiederholt, darauf auf=
merkſam
, daß auch noch Fundgegenſtände
vorhanden ſind, die in früheren Bekannt=
machungen
verzeichnet waren. Inter=
eſenten
können die Fundgegen ände träh=
rind
den Büroſtunden, auf Zimmer 1 be=
ſichtigen
.

Bekanntmachung.
Das Konkursverfahren über das Ver=
mögen
der offenen Handelsgeſellſchaft
Paul Kaiſer u. Co, ſowie deren per=
ſönlich
haftende Geſellſchafter Georg
Haller und Georg Kramer, alle in
Darmſtadt, wird wegen Unzulänglichkeit
(18434
der Maſſe eingeſtellt.
Darmſtadt, den 6. Nov. 1928.
Heſſiſches Amtsgericht I.

Für ſämtliche z. Zt. auf der Ausſtellung im Fürſtenſaal gezeigten

Eattbaldelent
aus Eßlinger Wolle

84

ſind die Garne nebſt Anleitung jederzeit in reichhaltigſter
Farbenauswahl bei mir erhältlich.
Hachenburger


Herue Serfteig
Am Freitag, den 16. November
1928, vormittags um 11 Uhr, wird
im Hofe der Bereitſchaftspolizei in Ba=
benhauſen
ein überzähliges Pſer d
öffentlich meiſtbietend gegen Barzahlung
(18436
verſteigert.
Bereitſchaftspolizei Babenhauſen.

Am Donnerstag, den 15. Novemb.
1928, nachmittags 3 Uhr, verſteigere
ich in meinem Verſteigerungslokal Lu=
iſenſtraße
32 zwangsweiſe meiſtbietend
(18430
gegen Barzahlung:
1 Fahrrad, 1 Schneidbank, für Korke,
1 Motor, 2 Perſerteppiche, 1 Roman=
bibliothek
, 1 Rapidwage, 1 Bild, eine
Ladentheke, 1 Korbmöbelgarnitur, eine
Schreibmaſchine, 1 Nähmaſchine, eine
Rolle, 1 Kaſtenwagen, 11 Akten= und
Notenmappen, 2 Ausſtellſchränke, ein
Entſtaubungsappargt ſowie Möbel
aller Art.
Darmſtadt, den 14. Nov. 1928.
Weinheimer,
Gerichtsvollzieher:

Freihändiger MöbelVerkauf.
Aus einem Nachlaß und einer Haus=
halt
=Auflöſung ſtehen im Auftrag nach=
folgende
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18410
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25 Kiesſtraße 25
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ſchrank
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matſchreibtiſch
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ſchreibtiſche
, 1 Ausz ehtiſch, 2 ovale Aus=
ziehtiſche
, 1 nußb, Stegt’ſch, Bauerntiſche,
Bauernſtühle 4 Rohrſtühe. 1 Sofa und
5 Polſterſtü ile, 1 Singer=Schnudermaſch.,
1 Flurgarderobe, Kommod., Pfeilerſchränk
chen, 1 Brand iſte, T zweitür lack. Schrank,
Tetten, Wollmatratzen, 1 Roßhaarmatr.
1Teppich 45 Meter, Kleinmöb, verren=
und Damenmäntet, Anzüge und Gehrock=
Anzüge für ſtarke Figur, Glas, Porzellan,
Aufſtellſachen, God= und andere Spiegel.
Fe ner antike Möbel: 1 Zylinder= Schreib=
buit
kirſchb.), 1 Kirſchb=Truhe eingelegt),
* Biedermeier=Kommoden, 2 Spinnrädchen,
Tantikes Eßſervice, kleine Fi uren Meißen
K. P. M.), 2 holzgeſchnitzte Figuren
in. Silbereinlag., Oelgemälde u. viel, ungen
Darmſtadt, den 14. Nob. 1928.
Georg Erößniann jr.
Auktionator und Taxator.

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