Darmstädter Tagblatt 1928


08. November 1928

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Inuer

Einzelnummer 10 Pfennige

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Nummer 311
Donnerstag, den 8. November 1928. 191. Jahrgang

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Die Wahlen in den Pereinigten Staaten. Der Hondelsdolier mt 30 Oeliarhiten.

* Hoober, Amerikas neuer Präſident.

Sieg der Republikaner.
Hoover mit überwältigender Mehrheit ge=
wählt
. Smith beglückwünſcht Hoover.
EP. New York, 7. November.
In den Vereinigten Staaten iſt geſtern nicht nur der Präſi=
dent
der Republik gewählt worden, ſondern auch das Repräſen=
tantenhaus
und ein Drittel des Senates iſt erneuert worden,
im ganzen 34 Senatoren. Außerdem iſt der Vizepräſident und
eine Reihe hoher Beamter gewählt worden. Bis zur Stunde
liegen lediglich Reſultate über die Präſidentenwahl vor. Der
Präſident iſt aber nicht geſtern gewählt worden, da der ameri=
kaniſche
Präſident bekanntlich indirekt gewählt wird. Geſtern
iſt in Wirklichkeit nur das Wahlkollegium gewählt worden, das
im Januar nächſten Jahres den Präſidenten beſtimmen wird.
Die Mitglieder dieſes Wahlkollegiums bekommen aber ein impe=
ratives
Mandat, ſo daß der geſtrige Wahlausfall den Präſidenten
ſchon genau bezeichnet. Nach den letzten Ergebniſſen ſind von
den 531 Mitgliedern des Wahlkollegiums 467 Summen auf
Hoover gefallen. Hoover wird ſomit Präſident der Vereinigten
Staaten.
Aus dem Verlauf der Präſidentſchaftswahl, die ſich diesmal
durch einen Rekord der Wahlbeteiligung auszeichnete, iſt als be=
merkenswert
hervorzuheben, daß dem demotratiſchen Kandidaten
Smith, dem Gouverneur des Staates New York, die Wahl=
männerſtimmen
dieſes Staates verloren gegangen ſind, obwohl
die Stadt New York ſelbſt überwiegend demokratiſch geſtimmt
hat. Weiter ſind dem demokratiſchen Kandidaten verſchievene
Staaten des Südens verloren gegangen, die in früheren Wahlen
ausnahmslos demokratiſch geſtimmt haben. Auch die Farmer
des mittleren Weſtens haben anſcheinend ihre Stimmen für
Hoover abgegeben, obwohl ma im demokratiſchen Lager gerade
aus Farmerkreiſen eine ſtarke Unterſtützung der Kandidatur
Smiths erwartet hatte. Um 10 Uhr war Hoovers Sieg bereits
geſichert. Die in den folgenden Stunden eintreffenden Ergeb=
niſſe
aus den abgelegeneren Diſtrikten, die die Stimmen für
Hoover lawinenartig anſchwellen ließen, gaben dieſem Sieg
dann tatſächlich den Charakter deſſen, was im amerikaniſchen
politiſe en Jargon als landslide: (Erdrutſch) bezeichnet wird.
Gouverneur Smith, der die Wahlreſultate im New
Yorker Hauptquartier der Demokraten entgegennahm, ohne ſich
zunächſt dazu zu äußern, ſandte gegen Mitternacht, als ſich das
Ergebnis der Wahlen überblicken ließ, folgendes Telegramm
an Hoover: Ich beglückwünſche Sie herzlichſt zu Ihrem Sieg
und bitte Sie, meine beſten und aufrichtigſten Wünſche für Ihr
Ihrer Regierung entgegen zu nehmen. Die erſte Ehrung als
künftiger Präſident wurde Hoover in ſeinem Heim in Palo Alto
von den Studenten der Stanford=Univerſität dargebracht, denen dieſe Perſönlichkeiten ſtets betonten, daß an eine Streichung der
Hoover in einer kurzen Anſprache dankte. Währenddeſſen warf von Amerika gewährten Kriegsanleihen an die im Weltkrieg alli=
ein
Flugzeug 21 Sternraketen ab. Aus der Flut der aus dem
ganzer, and einlaufenden telegraphiſchen Glückwünſche iſt ein ſogar in ſeinem Wahlkampf noch hinausgegangen, indem er er=
Telegramm des Vorſitzenden des republikaniſchen Wahlkomitees
von New York hervorzuheben, in dem es heißt: Sie verdienten ſchulden auf irrtümlichen Vorausſetzungen beruhten. Weiter iſt
dieſen wundervollen Sieg, da Sie in einem Wahljahr, in dem die
Oppoſition, um den Ausgang des Wahlkampfes zu beeinfluſſen,
andere Probleme in die Debatte zu werfen verſuchte, darauf be=
ſtanden
haben, daß die wirtſchaftlichen Momente er=
örtert
werden. Marineſekretär Wilbur beglückwünſchte das
amerikaniſche Volk zu dem Wahlergebnis, wobei er u. a. aus=
führte
, die Wahl Hoovers werde dem Lande die Fortſetzung der
Weiter, twicklung einer Politik ſichern, die unter Coolidge auf
wirtſchaftlichem Gebiet einen ſo großen Erfolg gehabt habe.
Amerika am Wahltag.
Während vom frühen Morgen bis in die ſpäte Nacht jeder
noch ſo kleine Flecken in den Vereinigten Staaten vom Fieber
des Wahltages erfüllt iſt, und während in allen Städten und
Wartenden belebt waren, herrſchte in Amerikas über eine halbe
Million Einwohner zählenden Bundeshauptſtadt Grabesſtille.
In Waſhington darf verfaſſungsgemäß nicht gewählt werden, den Wahlkollegium zugefallen, alſo eine noch grö=
und die hieſigen Bürgervereinigungen hatten daher gemeinſam
mit den Zeitungen den 6. November zum Tag der Erniedrigung
erklärt. Trotz der ungeheuren Wahlbeteiligung in ganz Amerika
blieben ſtörende Zwiſchenfälle verhältnismäßig gering. Wo ſie
vorkamen, erklärten ſie ſich vielfach daraus, daß in vielen Städ=
ten
, wo keine Stimmaſchine zur Verfügung ſtand und mit
Stimmzetteln gewählt werden mußte, die Wahllokale derart mit
Stimmzetteln überflutet wurden, daß Fäſſer zu ihrer Aufbewah=
rung
herbeigeſchafft werden mußten. New York, ebenſo wie die
kleinſte Stadt des Landes, bot ein Bild geſpannteſter Erwar=
tung
. Auf den Straßen, in denen ſich Kopf an Kopf drängte,
in den Reſtaurants und anderen öffentlichen Lokalen, ja ſelbſt
im Zuchthaus Sing=Sing wurden die Wahlergebniſſe, durch
Rundfunk und Lautſprecher bekannt gegeben. In den großen
und eleganten Hotels, in deren Geſellſchaftsräumen ſich unge= mengerechnet. Bei der letzten Präſidentenwahl erhielt der repu=
zählte
Gäſte für die Wahlnacht eingefunden hatten, hielt man
mit der Begeiſterung über den Sieg Hoovers nicht zurück. Die
New Yorker Geſellſchaft hatte die erſte Hälfte des Wahlabends
in der Metropolitain Opera verbracht, wo Nichard Strauß' nur 9 demokratiſche Gouverneure gewählt worden. Vier Wahl=
Aegyptiſche Helena mit Laubentbal und der Jeritza in deu ergebniſſe ſind noch nicht bekannt. Die Wahl Franklin Rooſevelts e
Hauptrollen in einer glänzenden Aufführung zum erſten Male
m Szene ging. Als hier die erſten Nayhrichten über den Sieg

Hoovers eintrafen, äußerten die bekannten Vertreter der Finanz=
welt
, die wegen der Auswirkung der Präſidentſchaftswahl auf
die Börſe Beſorgnis gehegt hatten, bereits größte Befriedigung,

Hopver, der neue amerikaniſche Präſident.

Der Sieg Hoovers über ſeinen Gegenkandidaten Smith iſt
ein ſo überwältigender, wie ihn ſelbſt die optimiſtiſchſten unter
ſeinen Freunden nicht erwartet hatten. 467 Stimmen von dem
531 Mitglieder zählenden Wahlkollegium ſind ihm zugefallen.
Der neue Präſident, der einunddreißigſte der Vereinigten Staa=
ten
ſeit Waſhington, wird im März nächſten Jahres ſein neues
Amt antreten.
Vom deutſchen Standpunkt aus und in dieſem Zuſammen=
hang
vom europäiſchen Geſichtswinkel aus intereſſiert natürlich
der kommende Präſident vor allen Dingen hinſichtlich der poli=
tiſchen
Nichtlinien, die man innen= und außenpolitiſch von ihm zu
erwarten hat. In dieſer Hinſicht iſt feſtzuſtellen, daß er durchaus
die bisherige Außenpolitik der Vereinigten Staaten im gleichen
Sinne wie Coolidge, wahrſcheinlich ſogar noch reſervierter fort=
führen
wird. Ganz beſonders dürfte dies zutreffen hinſichtlich
körperliches und ſeeliſches Wohlergehen und für den Erfolg des Grundſatzes der Nichteinmiſchung in europäiſche Angelegen=
heiten
. Bekanntlich gehören dem Kreiſe um Hoover auch General
Dawes und Schatzkanzler Mellon an. Man weiß, daß gerade
ierten europäiſchen Mächte nicht zu denken ſei. Hoover iſt darüber
klärte, daß ſämtliche Argumente für eine Streichung der Kriegs=
Hoover ein Anhänger ſtrengſter Schutzollpolitik. Unter Hoover
werden die Vereinigten Staaten ſelbſtverſtändlich noch weniger
an einen Eintritt in den Völkerbund denken. Die Rüſtungspolitik
zur See wird nach den bisherigen Plänen fortgeſetzt werden. Die
wirtſchaftliche und finanzielle Politik wird Hoover ebenfalls nach
den bisherigen Methoden fortſetzen. In dieſer Hinſicht iſt er
ebenſo wie Coolidge Deutſchland gegenüber genau ſo neutral
geweſen, wie gegenüber den anderen Staaten. Alles in allem,
Hoover wird nur ein Motiv kennen: eine hundertprozentige Ver=
tretung
der Intereſſen ſeines Landes.
Die Niederlage der Prohibitionsgegner. Die
Frauen gaben den Ausſchlag.
Nach den letzten Meldungen nimmt der Wahlſieg Hoovers
Dörfern die Straßen von Wählern oder auf Wahlergebniſſe die Form eines wahren Triumphes an, der nicht zuletzt der
Stimmabgabe der weiblichen Wählerſchaft zuzuſchreiben iſt.
Hoover ſind 467 von dem 531 Mitglieder zählen=
ßere
Mehrheit, als ſie ſeinerzeit Coolidge hatte. Der Sieg der
Republikaner iſt vor allem in den demokratiſchen Staaten über=
raſchend
, die ſeit 50 Jahren als der ſolide Süden gelten.
Smith hat nur in ſechs Südſtaaten die Mehrheit erlangt. Die
Hoffnung, die die Demokraten auf die von ihnen ausgegebene
Parole gegen die Prohibition geſetzt hatten, ſcheint ſich nicht er=
füllt
zu haben, denn Smith hat bisher in keinem naſſen Staat
geſiegt, abgeſehen vielleicht von Maſſachuſetts, wo aber das Er=
gebnis
noch unſicher iſt. Infolgedeſſen erklärt man bereits im
republikaniſchen Hauptquartier in New York, daß der Sieg Hoo=
vers
gleichzeitig eine überwältigende Niederlage der Prohibitions=
gegner
bedeute. Das Endergebnis der Wahlen iſt immer noch
nicht bekannt. Gegen 1320 Uhr Ortszeit waren für Hoover
12 447 179 Stimmen und für Smith 9 472559 Stimmen zuſam=
blikaniſche
Kandidat 15 749 130 und der demokratiſche Kandidat
8760 537 Stimmen. Wie Pariſer Ausgaben amerikaniſcher Blät=
ter
melden, ſind bei den geſtrigen Wahlen 21 republikaniſche und
zum Gouverneur des Staates New York ſcheint geſichert zu ſein. 7
dagegen dürſte der Londoner Botſchafter Houghton durchfallen.

Von
Fr. K. A. Roſe, Mülheim (Ruhr).
Wenn es nach der Zahl der Doktortitel ginge, die Mr. Her=
bert
C. Hoover auf ſich vereinigt hat, dann wäre er das größte
Lumen, das je dieſe Welt erleichtet hat. Jedenfalls hat
die Welt noch nie ein ſolch wiſſenſchaftliches
Doktorwunder geſehen, wie Herbert Hoover
mit ſeinen dreißig Doktorhüten. Ein ſolches Ueber=
maß
gkademiſcher Auszeichnungen iſt nicht einem Manne der
exakten Wiſſenſchaft geworden, ſondern einem Wirtſchafts=
mann
, der Staatsbeamter wurde. Hier haben wir die
typiſch amerikaniſche Einſtellung, daß der Handel eine
ausgemachte Wiſſenſchaft iſt. Und Hoover bedeutet ein
Programm ſelten gefundener Aktivität von verblüffender Viel=
ſeitigkeit
.
Hoover iſt der große Prediger gegen waste‟,
die unwirtſchaftliche Verſchwendung in allerlei
Geſtalt und auf allen Gebieten. Er iſt der Anwalt der
Rationaliſierung, der Mann der Standardiſierung. Hoo=
ver
mit ſeinem Bureau of ſtandards und dem Kampf gegen die
Vergeudung hat allein in der amerikaniſchen Holzinduſtrie Ein=
ſparungen
von 200 Millionen Dollar jährlich ermöglicht! Hoover
ſelbſt behauptet: Noch liegt in allen Induſtrien vor uns ein
großes, unberührtes Gebiet, auf dem uns Maßnahmen zur Aus=
merzung
der Vergeudung nicht Millionen, ſondern Milliar=
den
Dollar ſparen laſſen werden! In natürlicher Logik
kam Hoover ſo zur hohen Einſchätzung der Bedeutung des
Patentamtes, das auf ſeine Veranlaſſung im März 1925
auf ſein Handelsminiſterium übertragen wurde.
All dieſe Intereſſen Hoovers ſind nur die Vorwerke zu ſeiner
eigentlichen. Domäne, dem amerikaniſchen Handel, bil=
den
nur die Grundlage für das gewaltige Handelsgebäude, in
dem ein Exporthandel aufgebaut wurde, der 1927 quantitativ
heute den des letzten Vorkriegsjahres um 40 v. H. übertrifft.
Hoover iſt der Rekordmann des Buſineß. Unver=
kennbar
liegt auch in dem Hooverſchen Optimismus
ein förderndes Moment, ein belebender Anſporn von
nicht zu unterſchätzender Bedeutung. Nach ſeinem Quäker=
urſprung
müßte Hoover eigentlich Freihändler ſein, doch Hoover
iſt,. Schutzöllner: Ohne Zollſchutz wird Amerika bald
ſeinen Wohlſtand verlieren, der es ihm ermöglicht,
ſein Rohmaterial von anderen Ländern zu beziehen, die auf der
anderen Seite große Mengen an Fertigwaren aus Europa be=
ziehen
. Aller Handel iſt auch eine Verkehrsfrage, und Hoover
müßte nicht der Handelsdoktor ſein, wenn er nicht gerade den
vielſeitigen Verkehrsfragen zu Lande, zu Waſſer
und in der Luft ſein ganz beſonderes Augenmerk ſchenken würde.
Stärkung des amerikaniſchen Außenhandels iſt für Hoover natür=
lich
gleichbedeutend mit Stärkung der amerikaniſchen Schiffahrt.
Den Hauptgrund für den bisherigen glatten Verſager, eine
ſtarke amerikaniſche Handelsflotte zu ſchaffen,
ſieht Hoover in der Exiſtenz der Shipping Board. Er iſt Feind
aller ſtaatlichen Subſidien für induſtrielle Zwecke
überhaupt und gegen gewerbliche Staatsbetriebe. Eine Re=
gierung
kann nicht wohlfeil operieren, kann
politiſchem Druck ſich nicht entziehen, und ein
Regierungswettbewerb ſchläfert die Privat=
initiative
ein. Hingegen befürwortet Hoover eine poſta=
liſche
Subvention für den Aufbau einer national=amerikaniſchen
Handelsflotte in Privathand. Hoovers ganze Arbeit gilt der
Stärkung der amerikaniſchen Handelspoſition. Als Mann des
Handels und Handelns hat Hoover die großen Zukunfts=
ausſichten
der Luftfahrt erkannt und ſchafft ſeit Jahren
an der Einrichtung eines Syſtems der Handelsluftfahrt mit zwei
Hauptadern, von der Atlantik= zur Pazifikküſte und von den
großen Seen im Norden zum mexikaniſchen Golf. Auch dies
Gebiet will Hoover durchaus der Privatinitiative überlaſſen, die
von der Regierung geſtützt werden ſoll. Wir werden, erklärte
Hoover einmal, dadurch eine große militäriſche Luft=
reſerve
ſchaffen! Die jüngſten Erfolge in der Luft, die
Ozegnüberquerungen im Flugzeug und Zeppelinluftſchiff, haben
den Plänen einen ſolchen Antrieb gegeben, daß zurzeit in
nahezu tauſend Städten Amerikas Flughäfen
geplant ſind! Die Flüge der Bremen und des Graf
Zeppelin haben Hoover in mehr als konventionellem Stil von
Amerikas deutſchen Freunden ſprechen laſſen.
Hoovers Vorfahren ſtammten aus Deutſch=
land
; an Hand von Dokumenten im Beſitz ſeiner Verwandten
läßt ſich nachweiſen, daß Hoovers Stammpater ein Andreas
Huber aus dem Badiſchen geweſen iſt, der um 1740 nach
Amerika ausgewandert ſein muß. Hoovers Vater war
ein Schmied und Agent für landwirtſchaftliche Maſchinen im
Staate Jowa. Früh verwaiſt der Vater wurde von einem Baum
erſchlagen, als Herbert ſechs Jahre alt war, die Mutter, eine Quä=
kerin
, wurde ihm entriſſen, als er zehn Jahre alt war kam er zu
ſeinem Onkel im Staate Oregon. Als Student der Leland=
Stanford=Univerſität hat Hoover ſeine Frau Lou Henry kennen
gelernt, die wie er Geologie ſtudierte und die ihm in China über
die Gattin hinaus zur treuen Mitaubeiterin wurde. In gemein=
ſamer
Arbeit wurde ven den Hoovers in China in fünf Jah=
ren
das älteſte Bergbaubuch, Agricolas De rg
metalliga, aus dem Lateiniſchen ins Engliſche
übertragen; das waren ihre Mußeſtunden.
Bei vielen Talenten geht Hoover eines ab, er iſt kein
Redner. Er ſpricht vom Manuſkript, tonlos und ohne Höhen
und Tiefen ſeiner Gedanken lautlich herauszuholen; er ſpricht leiſe
und kann nicht packen oder fortreißen, dafür iſt er zu nüchtern.
Er bekämpft ſeine Nervoſität beim Reden, indem er mit Ceut=
ſtücken
in der Hoſentaſche klimpert, und er ſpricht ſeelenlos wie
eine Maſchine. Aber was er ſagt, ſitzt wie gehauen, und ſeige
Frau wird als eifrigſte Leſerin ſeiner Manuſkripte und Korrek=
torin
nach Interpunktion geſchildert.

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Seite 2

Nummer 311

Dr. (ckeners
Berliner Beſprechungen.
Die weitere Entwicklung der Luftſchiffahrt.
Berlin, 7. November.
Wie wir erfahren, hat Dr. Eckener bei ſeinem heutigen Beſuch
dem Reichsverkehrsminiſter v. Guérard ausführlich über ſeine
Pläne für die weitere Entwicklung des Luftſchiffbaues und der
Luftſchiffahrt berichtet. Es iſt anzunehmen, daß nun Beſprechun=
gen
mit privaten Stellen folgen, um die Gründung einer
Luftverkehrsgeſellſchaft vorzubereiten, über die wir
bereits vor einigen Tagen berichtet haben. Sie ſoll auf wirtſchaft=
licher
und kaufmänniſcher Grundlage aufgebaut werden.
Dr. Eckener übergab der Preſſe folgende intereſſante Erklä=
rung
: Meine auf einem Bankett gemachte gelegentliche Aeuße=
rung
über die Geſchwindigkeit und Sicherheit des Graf Zeppe=
lin
und mein Entſchluß, dieſes Luftſchiff nicht für einen regel=
mäßigen
Verkehr über den Atlantik einzuſetzen, iſt offenbar viel=
fach
mißverſtanden worden, und ich möchte deshalb folgende Er=
läuterung
dazu geben: Die Erfahrungen, insbeſondere auf der
Rückfahrt von Amerika, haben mir in der Tat die Erkenntnis
gebracht, daß es notwendig iſt, die Geſchwindigkeit
des Schiffes zuerhöhen, wenn man auch bei ungewöhn=
licher
Wetterlage, wie ſie damals herrſchte, einen genügend ſchnel=
len
und einigermaßen fahrplanmäßigen Luftverkehr über den
Ozean durchführen will. Wir hatten ſchon beim Bau des Graf
Zeppelin in Erwägung gezogen, mehr Maſchinenkräfte
einzubauen. Wir ſahen davon ab, weil die Ausmaße unſerer
Bauhalle uns zu einer Schiffsform nötigten, die ein verhältnis=
mäßig
großes Totgewicht der Konſtruktion ergab und zu einer
gewiſſen Beſchränkung bezüglich der Motoren führte.
Ein neues Schiff wird mehr Maſchinenkräfte
aufweiſen müſſen.
Was die Feſtigkeit des Schiffes angeht, ſo glaube
ich, daß die ungeheuerliche Beanſpruchung, der das
Schiff über Neufundland unterworfen wurde und die es ohne
jeglichen Bruch ertrug, ein ſchlagender Beweis für die
Zuverläſſigkeit der Konſtruktion ſein müßte. Aber
ich bin mir klar darüber geworden, daß man auf transatlanti=
ſchen
Fahrten unter Umſtänden mit ganz außerordentlichen Be=
anſpruchungen
rechnen muß und daß man in ſeinen Anforde=
rungen
an die Feſtigkeit der Konſtruktion des Guten nie zuviel
tun kann. Nun haben die erwähnten beſchränkten Verhältniſſe
unſerer Bauhalle uns gezwungen, ein Verhältnis von Durch=
meſſer
zu Länge zu wählen, das ſtatiſch nicht günſtig iſt.
Wir werden künftig kürzere und dickere
Schiffe bauen,
die ſelbſtverſtändlich unter ſonſt gleichen Verhältniſſen eine grö=
ßere
Bruchfeſtigkeit haben, und es iſt nach der ſchon außerordent=
lich
günſtigen Erfahrung, die wir in ſchwerſtem Wetter mi dem
Graf Zebpelin machen konnten, ganz klar, daß ſolche noch beſ=
ſeren
Schiffe allen Stürmen gewachſen ſein werden. Ich möchte
ausdrücklich betonen, daß ich den Graf Zeppelin zwar nicht
für geeignet halte, nach einem regelmäßigen Verkehrsplan über
den Ozean zu fahren, daß das Schiff aber noch wiederholt den
Atlantiſchen Ozean überqueren ſoll, ſobald wir die Brenngas=
beſchaffungsfrage
, die uns bekanntlich einige Schwierigkeiten
machte und noch macht, zur Zufriedenheit gelöſt haben.
Vorbereitungen zu einem Atlantik=Flugver kehr
* Berlin, 7. November. (Priv.=Tel.)
Obwohl durch die Fahrten des Graf Zeppelin ſtimmungs=
mäßig
ſich das Publikum dem Luftſchiff zuwendet, wird auch im
Lager der Flieger gerüſtet, um noch vor der Einrichtung eines
regelmäßigen Transatlantikverkehrs mit Luftſchiffen, wie das zu
erwarten iſt, die Berechtigung des Flugzeuges für den Atlantik=
flug
zu erweiſen. Dieſe Beſtrebungen gehen nicht allein von
Deutſchland aus. Sondern Frankreich tritt als ernſthafter Kon=
kurrent
für den Südamerikaſlugverkehr auf den Plan. Dieſe
franzöſiſchen Pläne verdienen aus den verſchiedenſten Gründen
beſondere Aufmerbſamkeit in Deutſchland. Der neue franzöſiſche
Luftetat ſieht ganz gewaltige Beträge vor für die Geſellſchaft
Aerau Poſtale, die auf Grund eines Vertrages für zehn Jahre
die Beförderung der Luftpoſt von Europa nach Südamerika
durchführt. Die Poſt wird von Europa durch Flugzeug über
Dakkar an der Nordweſtküſte Afrikas nach den Kapverdiſchen In=

*Vom Sinn der Träume.
Von Karl Röttger.
Wenn ich darüber ein paar Worte ſage, ſo will ich weder aufs
Okkulte hinaus noch aufs Pſychoanalytiſche.
Ich will vielmehr nur etwas Symbolhaftes wieder hinſtellen
und vor Augen ſtellen, das alltäglich, gewöhnlich geworden iſt
und darum den Menſchen nicht mehr genug bedeutet.
Immer, wenn ein Dichter oder ſonſt ein ſchöpferiſcher Menſch
etwas findet, dann iſt es doch nur etwas Daſeiendes, etwas
Vorhandenes nur daß er es als Symbci hinſtellt (das es ja
auch iſt), und daß dadurch ſeine Bedeutung in die Augen
ſpringt‟. Sei es nun, daß er vom Meer ausſagt oder vom Ge=
birge
, oder vom Geſang eines Vogels oder vom Herzen ſeiner
Geliebten. Es war und beſtand immer ſchon, aber er hat es als
Symbol erfühlt und er hat es anderen als Symbol gezeigt.
Der Menſch lebt die Wahrheit und den Irrtum, den Sommer
und den Winter, den Tag und die Nacht; aber alles kann ihm ſo
alltäglich werden, daß er darin nichts findet; und dann, in der
Tat, bleibt es ihm leer. Oder anders geſagt: er lebt dann das
und lebt es doch dann nicht ganz. Er lebt teils daran vorbei.
Weil es ihm kein Grund mehr zum Aufhorchen und zum
Staunen iſt.
Der Menſch lebt den Tag und die Nacht ...
Das iſt etwas. Und iſt etwas Merkwürdiges.
Der Menſch kann Tag und Nacht nur deswegen leben, weil
er Tag und Nacht iſt. Der Menſch iſt Tag und Nacht, das heißt,
er hat zwei Seiten ſeiner ſelbſt. Das zu ſagen kann etwas Bana=
les
ſein, kann aber auch etwas Wirkliches ſein. Der Menſch hat
ſolange er noch nicht ganz bei ſich iſt, auch dieſes Zweiſein in ſich:
Wirkliches und Unwitkliches, Traum und Tat, Sehnſucht und
Gegenwart . . . Das alles hat Aehnlichkeit oder Verwandtſchaft
mit dem, was ich ſein Tag= und ſein Nachtdaſein nenne. Der
Menſch hat weiter in ſich ein ruhendes Sein und ein Wachſen
oder Tun . Damit meine ich hier nicht, daß und was er tut in
ſeinem Beruf und ſeiner Arbeit, ſondern ich meine damit ſeinen
geiſtigen und ſeeliſchen Fortſchritt. Der wächſt und kommt aus
ſeinem Sein. . Die Wiſſenſchaft hat geſagt, der Menſch habe
in ſich einen bewußt und einen unbewußt lebenden Teil ſeiner
Selbſt. Und da es nun unzweifelhaft iſt, daß der unbewußt
lebende Teil des Menſchen beſtimmend iſt für den bewußt leben=
den
Teil, hat man den unbewußt lebenden Teil mehr als bisher
erforſchen wollen, um daraus Schlüſſe zu ziehen, Lehren zu zie=
hen
, überhaupt den Menſchen (insgeſamt, wie den Einzel=
menſchen
) beſſer kennen zu lernen; auch, um erkrankte Individuen

Donnerstag den 8 November 1928

Vom Tage.
Reichspräſident v. Hindenburg empfing am Mittwoch Reichs=
außenminiſter
Dr. Streſemann zum Vortrag. Der Reichspräſident
nahm dabei die Gelegenheit wahr, um dem wiedergeneſenen Miniſter
die beſten Wünſche für ſein ferneres perſönliches Wohlergehen auszu=
ſprechen
.
Die angekündigte Erhöhung der öſterreichiſchen
Tarife für den Perſonenverkehr wird im März, für den
Güterverkehr im April in Kraft treten. Die Erhöhung der
Perſonentarife wird 14, die der Güitertarife 10 Prozent betragen. Für
Sand, Holz und Kohle ſoll ſogar eine Erhöhung bis zu 25 Proz. ein=
treten
.
Im Polniſchen Seim wurde an der Politik der Re=
gierung
durch die Sozialiſten ſcharfe Kritik geübt.
Der Finanzausſchuß der ſüdſlawiſchen Skupſchtina hat geſtern mit
allen gegen zwei Stimmen die Regierungsvorlage, betreffend den Ab=
ſchluß
einer Anleihe von 22 Millionen Dollar mit
dem ſchwediſchen Zündholztruſt angenommen, die zur
Tilgung der ſchwebenden Staatsſchuld von 780 Mil=
lionen
Dinar verwendet werden wird.
Die ſchweizeriſche Bundesregierung hat die zweite italieniſche
Antwortnote in der Roſſi=Affäre zugeſtellt erhalten.
Die zur Prüfung der Wahlmandate von Ricklin und Roſſé eingeſetzte
franzöſiſche Kommiffion nahm, nachdem ſie die beiden Abgeordneten an=
gehört
hatte, einſtinmig den Bericht des Berichterſtatters Perrot an, der
ſich für die Ungültigkeit der beiden Mandate ausſpricht.
Im engliſchen Unterhaus wurde unter ſtarkem
Proteſt der Antrag des Pvemieuminiſters Baldwin
mit 174 gegen 136 Stimmen angenommen, bis zu den Oſterferien
den von der Regierung als bringlich erachteten Angelegenheiten vor jeder
anderen Debatte den Vorzug zu geben.

ſeln gebracht, von dort mit ſchnellfahrenden Aviſos über 2300
Kilometer nach der der ſüdamerikaniſchen Küſte vorgelagerten
Inſel Fernando Noronha und von dort mit Flugzeug nach Per=
nambuko
transportiert. Anſtelle dieſes proviſoriſchen Zuſammen=
arbeitens
von Flugzeug und Schnelldampfern will Frankreich im
kommenden Jahre den durchgehenden Flugverkehr nach Süd=
afrika
treten laſſen, und zwar ſicherem Vernehmen nach, auch mit
deutſchen Flugzeugtypen. Dieſe Beſtrebungen werden unterſtützt
von dem franzöſiſchen Verlangen, auch Flugzeuge über Repara=
tionskonto
geliefert zu erhalten.
In dieſer Richtung ſind auch bereits Verhandlungen mit den
Junkerswerken und der deutſchen Regierung angebahnt. Be=
kanntlich
haben die Junkerswerke mit dem Typ W 33 eine Spezial=
langſtreckenmaſchine
konſtruiert, die durch den Amerikaflug Köhls
und den Oſtaſienflug v. Hünefelds ihre Leiſtungsfähigkeit be=
wieſen
hat. Weniger Glauben verdient die Mitteilung, daß auch
deutſche Piloten, unter ihnen Hauptmann Köhl, Verwendung
finden ſollen. Auf jeden Fall aber wird es Aufgabe der deutſchen
Lufvverkehrspolitik ſein, dieſe Anſtrengungen Frankreichs auf=
merkſam
zu verfolgen. Es müſſen Vorkehrungen getroffen wer=
den
, daß Deutſchland bei dieſen wichtigen Weltluftverkehrsfragen
nicht ins Hintertreffen gerät. Die deutſchen Vorbereitungen in
dieſer Richtung baſieren auf dem Einſatz der zurzeit mit ihren
Probeflügen beſchäftigten und kurz vor der Abnahme ſtehenden
Großflugboote, die von vornherein für den Ozeanverkehr kon=
ſtruiert
ſind. Die deutſche Lufthanſa will, ſobald ſie die neue
Rohrbach=Romar=Maſchine übernommen hat, einen Südamerika=
flug
als Auftakt ihres neuen Programms durchführen. Da=
neben
plant die Firma Rohrbach ſelbſt, wahrſcheinlich in Zu=
ſammenarbeit
mit der neuen Rohrbach=Roſtra ein Spezialflug=
boot
mit zwei Motoren zu je 450 PS einen Nordamerikaflug.
Die Roſtra hat vor einigen Tagen in Travemünde die Probe=
flüge
begonnen.
Genfer Völkerbundskreiſe zur Wahl Hoovers.
EP. Genf, 7. November.
Die Wahl Hoobers zum amerikaniſchen Präſidenten wird in
Genfer Völkerbundskreiſen als eine Beſtätigung dafür aufge=
faßt
, daß die Vereinigten Staaten ihre Mitarbeit an den Völker=
bundsarbeiten
fortſetzen werden. Die Entſendung der verſchie=
denen
amerikaniſchen Delegationen zu Wirtſchaftsverhandlun=
gen
, wie z. B. der Weltwirtſchaftskonferenz und zum Wirtſchafts=
rat
des Völkerbundes, zur Vorbereitenden Abrüſtungskonferenz
und zu einer Reihe von humanitären Aufgaben des Völkerbun=
des
iſt zum größten Teile auf den Einfluß Hoovers zurückzu=
führen
, und meiſt ſind die Delegierten auch Perſonen aus der
Umgebung Hoovers geweſen. Man nimmt allerdings nicht an,
daß die Haltung der Vereinigten Staaten zu der prinzipiellen
Frage des Eintritts Amerikas in den Völkerbund ſich nach der
Wahl Hoovers ändern wird, da Hoover ſelbſt noch kürzlich für
das Fernbleiben Amerikas aus dem Völkerbund eingetreten iſt
Doch dürfte ſich die Mitarbeit der Vereinigten Staaten auf Teil=
fragen
des Völkerbundes eher verſtärken, zumal Hoover die euro=
päiſchen
Verhältniſſe und die ſich daraus ergebenden Wirkungs=
möglichkeiten
des Völkerbundes aus eigener Anſchauung kennt.
zu heilen durch Erkenntnis. Solcher Forſchung haben ſich an=
genommen
: einmal der Okkultismus, andermal die Pſychoanalyſe,
die man vielleicht den Verſuch einer geiſtigen Heilweiſe nennen
darf und die das vielleicht auch ſein könnte, wenn ihr ein größe=
rer
Schwung und eine größere Intuition innewohnte. Da ich
beides, Okkultismus und Pſychoanalyſe, praktiſch kennen gelernt
habe, darf ich hier in Bezug auf die Träume darüber etwas ſagen.
Das Schlimmſte, das Verantwortungsloſeſte, beinahe Verbreche=
riſcheſte
begeht der Okkultismus, indem er die Grenzen zwiſchen
den beiden Menſchen im Menſchen zu verwiſchen unternimmt: in=
dem
er das Bewußtſein tiefer hinab gelangen laſſen will, als es
hinabgelangen darf. Dies Dürfen regelt ſich im geſunden
Menſchen von ſelber; es geht genau ſo weit und ſo tief, als es
möglich und gut iſt . . . Indem der Okkultismus (um hier bei
einem Teilgebiet ſeiner Wirkſamkeit zu bleiben) den Menſchen
anleiten will, ſein Traumleben zu beobachten, es zu kontrollieren,
zu ſteigern, ihn anleiten will, daraus ſeinen geiſtigen Zuſtand,
ſeine Gradualität zu erkennen, ihm dieſe Welt des Unbewußten
als Weg andeutet, höhere Welten kennen zu lernen, ihn ſüch=
tig
macht, ſein eigenes Darüberhinaus kennen zu lernen, in
all dieſem beginnt das ſchlechthin Verbrecheriſche des Okkultismus.
An all dem iſt nur die eine kleine Tatſache richtig, daß das
Bewußte beim Menſchen nur ein ungeheuer kleines Teilchen
ſeines Weſens und Lebens ausmacht. Das aber iſt banal, ob=
wohl
es irgendwann mal den jungen Menſchen, wenn er es er=
kennt
, überwältigend anmutet. Aber es iſt ja ſchon viel wich=
tiger
, zu erkennen, daß das ſo ſein ſoll, und daß es ſo blei=
ben
ſoll, damit der Menſch nicht krank werde, ſich nicht verliere.
Man kann auch ſagen: der Menſch iſt teils Rätſel, teils Klarheit.
Teils erkannte, teils unerkannte Tatſache. Jedenfalls iſt es rich=
tig
, daß der Menſch ſo viel als möglich aus ſeinem Unterbewuß=
ten
wie Unbewußten heraus leben ſoll . . . Und daß er daraus
richtig leben wird; der grauenhafte Inſtinktverluſt, von dem
die moderne Kultur= oder Ziviliſationsmenſchheit befallen iſt (im
Vergleich zum Tier und zum primitiven Menſchen) iſt nur darauf
zurückzuführen, die grauenhaften Irrtümer, Wahne der geiſtigen
Menſchen, die Irrwege im ſeeliſchen Daſein, die vielen Zweifel
und das Nichtwiſſen, was wahr und falſch iſt, ſind nur darauf
zurückzuführen, daß die Menſchen, jeder für ſich, nicht mehr genug
jeder ausſich leben.
Bei alledem iſt der Wunſch und das Beſtreben, klar zu wer=
den
, nicht blind zu ſein, immer bewußter zu werden, etwas durch=
aus
Richtiges. Der Menſch ſoll immer wieder ſich und ſein Leben
in die Bewußtheit bringen, aber nur, um danach immer wieder
in die Unbewußtheit einzutauchen. Im praktiſchen Leben, im
künſtleriſchen, im geiſtigen, im philoſophiſchen, überall iſt ja das

*

Im Reich der Panzerkreuzer. In Preußen
das Konfordat. In beiden der Eiſenkonflikt.

Die parlamentariſche Seſſion iſt durch den kurzen Tagungs=
abſchnitt
des preußiſchen Landtages offiziell eröffnet und am
nächſten Montag tritt auch ſchon der Reichstag zuſammen. Die
Erwartungen, die auf eine Regelung der Regierungsverhältniſſe
vor Beginn der Parlamente geſetzt wurden, traten nicht ein. Man
hat nicht einmal den Verſuch gemacht, eine Verſtändigung herbei=
zuführen
. Dabei ſind nach wie vor die Verhältniſſe in Reich
und Preußen von einander bedingt; ſie bleiben auch weiterhin
miteinander verkoppelt. Im Reich hat der Kanzler eingeſehen,
daß er nichts erreichen kann, ſolange der Streit um den Panzer=
kreuzer
nicht erledigt iſt, worüber noch weitere acht Tage ver=
gehen
werden. In Preußen hat Miniſterpräſident Braun vor
einigen Wochen einen leiſen Verſuch gemacht, hat ſich aber feſt=
gefahren
und läßt nun auch die Dinge laufen. Dabei iſt es
merkwürdig, daß Herr Braun, der im Sommer noch gegen den
Eintritt der Volkspartei in das Kabinett war, plötzlich ein=
ſchwenkte
, weil er jetzt gerne eine Verſtärkung des Widerſtandes
gegen die Konkordatswünſche des Zentrums in ſeinem Kabinett
gehabt hätte. Aber nun will das Zentrum nicht, das zunächſt
ſein Konkordat in Sicherheit haben möchte, oder wenn das niche
möglich iſt, dafür das Schulgeſetz im Reich verlangt, was bei der
Stimmung der Sozialdemokraten kaum zu machen iſt, ſo daß alſo
in Preußen wieder alles beim Konkordat hängt. Der Kultus=
miniſter
Dr. Becker arbeitet zurzeit eine Denkſchrift aus, worin er
den Regierungsparteien und vor allem der Deutſchen Volkspartei
die Gedanken ſchmackhaft machen will, die er in ſeinen Verhand=
lungen
mit dem Vatikan vertreten hat. Soweit uns ſcheinen will,
iſt das ein ausſichtsloſes Bemühen; denn je mehr von dem Kon=
kordat
bekannt wird, deſto mehr müſſen ſich die Widerſtände
außerhalb des Zentrums verſchärfen. Herr Becker hat entſchieden
dementiert, daß jemals von einem Bistum in Cammin die Rede
geweſen iſt mag ſein, dann war es eben Schneidemühl. Die
Tatſache aber, daß dem Vatikan drei neue Bistümer in Preußen
zugeſtanden werden ſollten, läßt ſich nicht ableugnen, ebenſo=
wenig
, daß der Kultusminiſter bereit war, dem Vatikan faſt das
ausſchließliche Beſtimmungsrecht bei den Biſchofswahlen nicht
nur auf Koſten des Domkapitels, ſondern auch auf Koſten der
preußiſchen Regierung einzuräumen, daß er weiter bereit war,
die Erziehung der katholiſchen Geiſtlichkeit faſt ganz aus der
Hand zu geben bis zur Zulaſſung eigener Ordenshochſchulen,
wozu dann noch die Behandlung der Schulfragen kommt. Hier
hat der Nuntius eine Formulierung vorgeſchlagen, die, wenn
man ſie nicht genau lieſt, ganz harmlos ausſieht, indem ſie
lediglich davon ſpricht, daß der päpſtliche Stuhl Kenntnis davon
nehme, daß die preußiſche Regierung ſich verpflichte, gemäß der
Reichsverfaſſung für Erhaltung der katholiſchen Schule und Er=
teilung
des katholiſchen Schulunterrichtes Sorge zu tragen.
Herr Becker ſcheint ſich der gefährlichen Koſequenzen, die darin
enthalten ſind, gar nicht recht bewußt geworden zu ſein. Er
müßte ſonſt erkannt haben, daß, eben weil es ſich bei einem Kon=
kordat
um einen völkerrechtlichen Vertrag handelt, der Papſt
damit ein dauerndes Eingriffsrecht unter Umſtänden ſogar
über den Haager Schiedsgerichtshof in die preußiſch=deutſchen
Schulangelegenheiten erhält. Dagegen haben auch die Demo=
kraten
rebelliert, un dder entſprechende Satz ſollde shalb in eine.
Präambel hineingebaut werden, womit freilich ſo gut wie nichts
geändert würde. Jedenfalls kann kein Zweifel darüber beſtehen,
daß das Konkordat in ſeiner gegenwärtigen Form für die Volks=
partei
unannehmbar iſt, zumal ja auch vorläufig noch jeder Aus=
gleich
nach der evangeliſchen Seite hin fehlt.
Wie man über alle dieſe Schwierigkeiten hinwegkommen
will, iſt gar nicht zu überſehen. Im Reich der Panzerkreuzer, in
Preußen das Konkordat, bei beiden der Lohnkampf in der Eiſen=
induſtrie
: das iſt das Bild, wie es ſich dem unbefangenen Auge
abzeichnet, und darüber hinaus lauern nach mehr als einer Rich=
tung
Gefahren, die faſt zwangsläufig in eine Kriſe hineinführen
müſſen.

Die öſierreichiſch=deutſchen Handelsvertrags.
verhandlungen.
Nach der Unterbrechung der in Berlin geführten Verhand=
lungen
dürften im Dezember Intereſſentenbeſprechungen der
Wäſche=, Maſchinen= und Lederwareninduſtrie vorausſichtlich in
Wien ſtattfinden. Die öſterreichiſchen Wirtſchaftskreiſe haben die
Auffaſſung, welche die öſterreichiſche Regierung bei den bisherigen
Verhandlungen bekundete, gebilligt und betont, daß ſich die Er=
höhung
gewiſſer öſterreichiſcher Zölle im Verkehr mit Deutſchland
zum Schutze verſchiedener Induſtriezweige als notwendig erweiſe.

am Werk, das Streben zu hellſter Erkenntnis, und doch, kein
Schaffender hat je etwas Weſentliches zuwege gebracht, wenn er
nicht mit wachem Verſtand die Intuition paarte.
Aber wir müſſen zu den Träumen kommen. So einfach wie
in der Bibel, bei dem Traumdeuter Joſef, iſt die Sache ja nicht.
Das ſtimmt dort alles ſo beglückend märchenhaft und kindlich.
Die moderne Pſychoanalyſe wandelt wieder auf den Wegen der
Traumdeuterei, wenn auch weniger der Wahrſagerei: das Beſtre=
ben
, zu einer Grammatik der Traumelemente zu kommen und
danach und damit dann die Träume mehr oder minder gut
leſen zu können, iſt verſtändlich; wenn freilich hernach es
immer noch Könner und Pfuſcher geben wird, Leute, die nun das
Leſen gelernt haben oder auch nicht .. Aber einſtweilen ſind
wir noch gar nicht ſo weit. Und ob wir überhaupt ſo weit kom=
men
werden, iſt mir nach den Proben, die ich kennen gelernt habe,
zweifelhaft. Vom Okkultismus hat die Pſychoanalyſe den er=
frenlichen
Unterſchied, daß ſie, die die Traumleſeübungen nur
mit Einzelnen, Kranken, anſtellt, das nur als Mittel anwendet,
um den Kranken auf beſtimmte Eigenheiten und Anlagen ſeinec
Selbſt hinzuführen. Im Ganzen bleibt das meiſt im Spiele=
riſchen
ſtecken, ſoweit das zwiſchen Arzt und Kranken in der
Sprechſtunde ſpielt. Daß mancher Arzt da manches für ſich
ſammelt und erkennt, was der Patient nicht weiß und wiſſen
braucht, iſt klar. Jedenfalls wird hierdurch kein nennenswerter
Schaden angerichtet oder doch nur in ſeltenen Fällen; aber
andererſeits hat dieſe ganze Sache auch keinen nennenswerten
Zweck. Einfach deswegen, weil wir noch gar nicht ſo weit ſind,
aus den Träumen etwas zu leſen und vielleicht überhaupt nie
ſo weit ſein werden.
An der Pſychoanalyſe iſt nur das eine wahr, daß der Arzt
dem Kranken helfen ſoll, ſich über ſich ſelber klar zu werden, über
ſein Wahres und ſein Falſches, über ſein Selbſt und ſein Un=
ſelbſt
, über ſein Echtes und Unechtes. Und es iſt klar, daß er
damit ſehr wohltätig auf den Kranken wirken wird. Die Träume
ſind dazu, vermute ich, kaum nötig. Wie geſagt, ob geniale
Wiſſenſchaftler zu einer Grammatik und Leſung der Träume
komimen werden, das ſteht hier nicht zur Erörterung. Mag ſein.
Mag nicht ſein. Für den einzelnen Menſchen ſcheint mir notig
zu ſein, dies zu erkennen: nämlich, daß Träume weder wahr
noch falſch, weder gut noch ſchlecht, höchſtens quälend oder nicht
quälend ſind. Daraus wahrſagen zu wollen, Zukunft deuten zu
tvollen, Wahrträume aufſpüren zu wollen, das iſt verbreche=
riſch
. Ich habe einzelne Träume gehabt, die in Erfüllung gingen,
und ſehr biele oder die meiſten, die nicht in Erfüllung gingen.
a, ich glaube, den grammatiſchen Brocken für die Leſung meiner
Träume gefunden zu haben, daß im allgemeinen etwas nicht
in Erfüllung geht, wenn ich es träume. Viel wichtiger iſt es un=

[ ][  ][ ]

Nummer 311

Donnerstag den 8. November 1928

Seite 3

Die Regierungskriſe in Frankreich.

Akute Kriſe des Schlichtungsweſens,
Neuosiennerung der 4dynpolttn.

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Doumergue verhandelt.
Noch keine Klärung der Lage.
Paris, 7. November.
Der Präſident der Republik hat heute eine ganze Anzahl von
Abgeordneten und Senatoren empfangen. Mit nur wenigen Aus=
nahmen
gehören ſämtliche von dem Präſidenten empfangenen
parlamentariſchen Parteien der Linken an, doch wäre es verfehlt,
daraus eilige Schlüſſe auf die von Doumergue beabſichtigte
Löſung der Kriſe zu ziehen. In der Situation iſt ſeit geſtern keine
nennenswerte Aenderung eingetreten. Die heilloſe Verwirrung,
die der ſo unerwartet gekommene Rücktritt des Miniſteriums in
allen politiſchen Lagern angerichtet hat, hat heute einer etwas
nüchterneren Beurteilung der Lage Platz gemacht. Trotzdem ſieht
man auch heute ſelbſt in den Reihen der Linken keine andere
Löſungsmöglichkeit als die eines neuen Kabinetts Poincaré.
Poincaré ſelbſt hat ſich bisher jeder Aeußerung enthalten, und
es iſt immer noch nicht entſchieden, ob er einen Auftrag zur Neu=
bildung
der Regierung übernehmen wird. Ein um Mittag aus=
gegebenes
offizielles Communizué teilt mit, daß Präſident Dou=
merqgue
die politiſchen Beratungen heute nachmittag und morgen
früh weiterführen wird. Es ſei möglich, daß bei der großen Zahl
der zu beſragenden Perſönlichkeiten die Beſprechungen bis Frei=
tag
dauern könnten.
Die franzöſiſchen Parieien zur Lage.
Die radikale Kammergruppe beſchäftigte ſich heute
mit der politiſchen Lage. Es wurde beſchloſſen, während der
Regierungskriſe täglich zuſammenzutreten, um die Entwicklung
zu verfolgen und die Haltung der Partei jeweils zu beſtimmen.
Im Verlaufe der Auseinanderſetzungen kam es zu einer inter=
eſſanten
Intervention der Abgeordneten Borelund
Heſſe. Borel brachte eine Entſchließung ein, in der erklärt wird,
daß im parlamentariſchen Regime allein die Abgeordneten der
Partei berechtigt ſeien, einer Regierung ihr Vertrauen zu ge=
währen
oder zu entziehen. Dieſe Entſchließung, die einer Des=
avouierung
der auf dem Parteikongreß von Angers eingeſchlage=
nen
Taktik gleichgekommen wäre, verſchwand jedoch ohne
weitere Ausſprache in der Verſenkung. Darauf
ergriff der frühere Miniſter Heſſe das Wort. Da jedermann den
Rücktritt Poincarés zu bedauern ſcheine, führte er aus, müſſe
man ſich die Frage ſtellen, wie ſich die radikale Partei gegenüber
einem neuen Kabinett Poincaré verhalten ſolle, d. h., ob man
ihre Mitglieder ermächtigen würde, als Miniſter in das neue
Kabinet einzutreten oder ob man ihnen das auf Grund der Be=
ſchlüſſe
von Angers unterſagen werde. Falls das Programm
von Angers beibehalten werde, ſtelle ſich die Frage, auf welche
Mehrheit die Radikalen in der Kammer zur Durchführung ihres
Ptogramms rechnen. Dieſe Interpellation erlitt das gleiche
Schickſal wie der Antrag Borel.
Die Gruppe der republikaniſch=demokratiſchen
Union nahm eine Tagesordnung an, in der die Aufrechter=
haltung
der Politik der nationalen Union ge=
fordert
wird. Auffallenderweiſe wird in der Entſchließung
Poincaré mit keinem Wort erwähnt.
Die demokratiſche Volkspartei, der die meiſten
elſäſſiſchen Abgeordneten angehören, proteſtierte in einer
Entſchließung gegen die Haltung der Radikalen,
bedauert, daß Poincaré ſein Werk nicht zu Ende führen konnte
und erklärt, daß er durch ſeine Autorität in der Kammer neuer=
dings
eine Regierungsmehrheit finden werde.
Die beiden Flügel der republikaniſchen Sozialiſten
nahmen Entſchließungen an, in denen eine Verſtändigung
mit den übrigen Linksparteien und die Bildung
einer ausſchließlich aus Republikanern zuſam=
mengeſetzten
Regierung gefordert wird.
Der Ruf nach Poincaré.
Im gegenwärtigen Stadium der Regierungskriſe iſt feſtzu=
ſtellen
, daß die öffentliche Meinung, ſoweit ſie ſich aus
der Preſſe und aus den Aeußerungen der vom Präſidenten Dou=
merque
befragten Perſönlichkeiten definieren läßt, einſtimmig
für die neuerliche Berufung Poincarés eintritt.
Man verkennt dabei keineswegs welche Schwierigkeiten Poin=
caré
auf dem Wege zur Neubildung der Regierung antreffen
wird, denn, nachdem die Formel der nationalen
Union ſich überlebt hat, ſieht man noch nicht, welche neue
Mehrheit im Parlament möglich wäre. Die meiſtgeforderte
republikaniſche Konzentration, die ſich auf die Radikalen ſtützt

und bis zu den gemäßigten Elementen der Gruppe Marin
reicht, wäre nicht ohne die Mitwirkung wenigſtens eines Teiles
der Radikalen möglich. Noch weniger kann von einer Kartell=
mehrheit
die Rede ſein, denn die Linke würde, abgeſehen davon,
daß die Unterſtützung der hundert Sozialiſten nicht unbedingt
zuverläſſig iſt, nur über knapp 300 Stimmen in der Kammer
verfügen. Die Möglichkeit einer Wiederkehr Poincarés dürfte
alſo in hohem Maße davon abhängen, ob die Radikalen ihren
Beſchluß von Angers aufrechterhalten. Man hat eine Ent=
ſcheidung
über dieſen Punkt von einer heute nachmittag ſtattge=
fundenen
Sitzung der radikalen Kammergruppe erwartet. Dieſe
Zuſammenkunft endete jedoch lediglich mit der einſtimmigen
Annahme einer Tagesordnung, der zufolge die Gruppe ſich wäh=
rend
der Kriſe täglich verſammeln wird, um die Entwicklung der
Dinge zu verfolgen und danach ihre Haltung zu beſtimmen.
Kombinationen.
Die Ungewißheit dauert alſo fort. Die Stimmen,
die ſich für ein neues Kabinett Poincaré einſetzen, überſehen
ferner nicht, daß der Miniſterpräſident ſtets erklärt
hat, er werde im Falle des Zuſammenbruches der Nationalen
Union jede Umgruppierung ſeines Kabinetts ab=
lehnen
und daß ſomit mit der Möglichkeit gerechnet werden
muß, daß Poincaré trotz der von allen Seiten an ihn ergehenden
Aufforderung einen Antrag zur Kabinettsbildung nicht an=
nimmt
. Für dieſen Fall nennt man Briand, daneben ſpricht
man auch von Tardieu, und ſchließlich erwägt man für den Fall,
daß die Mehrheitsverhältniſſe ſich nicht genügend klären laſſen
ſollten, ein Geſchäftskabinett Steeg mit Clémentel als Finanz=
miniſter
. In dieſem Zuſammenhang wird auch der römiſche
Botſchafter Besnard genannt. Die Hauptaufgabe dieſes Kabi=
netts
würde ſein, das Budget gleichzeitig in der Kammer und
im Senat zur Annahme zu bringen.

* Der neue Reichsetat.
600 Millionen Oefizit bleiben zu decken. Auf
der Suche nach neuen Steuern.
Der neue Reichshaushaltsplan für 1929 iſt im Reichsfinanz=
miniſterium
fertiggeſtellt und von Reichsfinanzminiſter Dr. Hil=
ferding
am Mittwoch dem Reichskabinett vorgelegt worden. Er
hat zunächſt einen längeren Vortrag über den Aufbau des Etats
und die neuen finanziellen Anſprüche gehalten, und iſt dann auf
den wichtigſten Teil, auf die Deckung des Defizits von
600 Millionen Reichsmark zu ſprechen gekommen. Bis=
her
ſind alle Verſuche des Reichsfinanzminiſteriums, neue
Steuerquellen anzubohren oder alte zu beſſerem Fließen zu
bringen, geſcheitert. Man hatte vorübergehend den Gedanken,
die Umſatzſteuer zu erhöhen, iſt davon aber wieder abgekommen,
weil die Sozialdemokraten ihre ablehnende Stellung ſofort zu
erkennen gegeben haben. Der Verſuch, die Erbſchaftsſteuer er=
giebiger
zu geſtalten, iſt auf Einſpruch des Zentrums zunächſt
zurückgeſtellt worden. Der Reichsfinanzminiſter dachte dann an
eine Reform des Branntweinmonopols, um hier erhöhte Be=
träge
herauszuwirtſchaften. Auch hier iſt es bei Erwägungen ge=
blieben
. Wahrſcheinlich wird man zunächſt nur mit einer kleinen
Vorlage zu rechnen haben. Dagegen ſcheint eine Erhöhung der
Brauſteuern bereits feſtere Form angenommen zu haben. Hier
wird aber ſtarker Widerſtand aus Süddeutſchland und beſonders
aus Bayern gegen die Heraufſetzung der Bierſteuer
kommen. Es iſt alſo recht ſchwer, wie Herr Dr. Hilferding ſei=
nen
Etat ausbalanzieren will. Vermutlich wird dann kein an=
derer
Ausweg übrigbleiben, als auf der Ausgabenſeite ener=
giſche
Abſtriche vorzunehmen. Irgendwelche Beſchlüſſe ſind im
Kabinett am Mittwoch noch nicht gefaßt worden.
Tſchechoſlowakiſche Vertragsverhandlungen
mit Deutſchland.
EP. Prag, 7. November.
Miniſter Dr. Krofta, der gegenwärtig in Berlin über die
tſchechoſlowakiſche Freihafenzone in Hamburg verhandelt, wird,
wie dem Prager Tagblatt verſichert wird, mit den deutſchen
Regierungsſtellen auch bezüglich der Fortſetzung der Handels=
vertragsverhandlungen
Fühlung nehmen. Die Prager Stellen
erwarten, daß es Dr. Krofta gelingen werde, einen Termin für
die Aufnahme der Verhandlungen zu vereinbaren.

Gegenwärtig ſind in Rheinland=Weſtfalen trotz eines ſei=
tens
des Reichsarbeitsminiſteriums für verbindlich erklärten
Schiedsſpruches rund 213000 Arbeiter ausgeſperrt. Der Verſuch,
die Neuregelung der Lohnverhältniſſe in der Nordweſtlichen
Gruppe Deutſcher Eiſen= und Stahlinduſtrieller durch freie Ver=
einbarungen
herbeizuführen, iſt leider mißlungen, und der Staat
hat von den ihm geſetzlich zuſtehenden Möglichkeiten des Ein=
griffes
vollen Gebrauch gemacht. Die Praxis des Eiſenkonfliktes
hat, obgleich man ſowohl auf ſeiten der Arbeitnehmer als auch
der Arbeitgeber die Fehler des Schlichtungsverfahrens kennt,
einen neuen Weg zur Wiederherſtellung der eigenen Verantwor=
tung
der Parteien und der Vertrauensatmoſphäre zwiſchen den
beiden ſozialen Gegenſpielern führend nicht gebracht. Im Gegen=
teil
, man iſt auf beiden Seiten, erfüllt mit den gegenſätzlichen
bſychologiſchen Anſchauungen gegenüber dem Schlichtungsweſen,
die ſich aus den gemachten Erſahrungen ergeben, in den Forde=
rungen
weit über das Ziel hinausgegangen und hat damit die
Gegenſätze zu einer Spitze getrieben, die von vornherein den
Spruch des Schlichters bei der herrſchenden Unmöglichkeit einer
Vereinbarung zwiſchen dieſen Gegenſätzen zu einem Fehlurteil
werden laſſen mußte. Gewiß kann der Schlichter und der Reichs=
arbeitsminiſter
der Anſicht ſein, daß die für verbindlich erklärte
Lohnerhöhung für die Induſtrie tragbar iſt; ob aber generelle
Lohnerhöhungen im Ausmaße von 4 bis 5 Prozent bzw. im
Betrage von rund 30 Millionen Reichsmark für eine volkswirt=
ſchaftlich
ausſchlaggebende große Induſtriegruppe in einer Zeit
rückgängiger Konjunktur zu rechtfertigen ſind, iſt eine zweite
Frage, die man nicht ohne weiteres bejahen kann.
Die Arbeitgeber haben bekanntlich ihre juriſtiſchen Einwände
materiellen und formellen Inhaltes gegen den Schiedsſpruch
und ſeine Verbindlichkeit vor dem Arbeitsgericht geltend gemacht,
und dieſes wird mit Rückſicht auf die ſchädigende Ausſperrung
in Rheinland=Weſtfalen eine beſchleunigte Prüfung durchführen.
Auf Grund dieſer Prüfung ergeben ſich zwei Möglichkeiten.
Wenn die Arbeitgeberſeite mit ihrem Standpunkt durchdringt, ſo
würde der Schlichtungsweg, der augenblicklich infolge der aus=
geſprochenen
Verbindlichkeitserklärung verſchloſſen iſt, wieder be=
ſchritten
werden können. Damit würde an der Ausſperrung nichts
geändert ſein. Im anderen Falle müßte ſich die Nordweſtliche
Gruppe dem Schiedsſpruch fügen, d. h. ſie müßte die Kündigung
zurücknehmen und den Betrieb in ihren Werken wieder aufneh=
men
. Wenn man berückſichtigt, daß auf der Arbeitgeberſeite die
Unzufriedenheit mit den Ergebniſſen der bisherigen Schlichtungs=
praxis
dazu geführt hat, ſchon vor Beginn des Schlichtungsver=
fahrens
die Kündigung auszuſprechen, um einen Konflikt von
ungeheuerer wirtſchaftlicher Tragweite zum Austrag kommen zu
laſſen, ſo würde die Tatſache der Abweiſung der Arbeitgeber=
feſtſtellungsklage
eine Löſung des Eiſenkonfliktes darſtellen, die,
ſo erwünſcht ſie an ſich bei der gegenwärtigen Situation iſt, nur
vorläufigen Charakter tragen würde; es würde mit anderen
Worten wieder ein Fall eintreten, der ſich an die der Vergangen=
heit
einreiht und deſſen Löſung grundſätzlich Neues und Erfor=
derliches
für die Schlichtungspraxis nicht bringt.
An dem gleichen Tage, an welchem die Ausſperrung durch=
geführt
wurde, hat die Vereinigung der Deutſchen Arbeitgeber=
verbände
dem Reichsarbeitsminiſterium ihre Vorſchläge zur
Reform des Schlichtungsweſens überreicht. Dies iſt zu einem
Zeitpunkt erfolgt, der uns nicht nur die ganze Schwere der
Arbeitskriſe in Rheinland=Weſtfalen, ſondern auch, weil ſie über=
haupt
trotz Schlichtungsordnung eingetreten iſt, die akute Kriſe
des Schlichtungsweſens beſonders klar und eindeutig fühlen läßt.
Es iſt bezeichnend, daß durch den Eiſenkampf im Weſten trotz der
Inanſpruchnahme aller in der Schlichtungsordnung liegenden
Möglichkeiten, trotz Eingreifens der Staatsautorität die oft be=
ſprochene
und damit zugegebene Kriſe des Schlichtungsgedankens
in ein akutes Stadium getreten, und daß gleichzeitig durch die
Bekanntgabe der Denkſchrift ſeitens der Vereinigung der Deut=
ſchen
Arbeitgeberverbände der erſte poſitive Vorſchlag zu einer
Reform des Schlichtungsweſens, aufgebaut auf der Grundlage
einer grundlegenden Neuorientierung der Lohnpolitik, gemacht
worden iſt.
Die Vereinigung der Deutſchen Arbeitgeberverbände ſieht in
der von ihr erſtrebten Form des Schlichtungsweſens keine ein=
ſeitige
Intereſſenfrage des Unternehmertums, ſondern eine Frage,
von deren Löſung die geſunde Weiterentwicklung unſeres ſozialen
Lebens, vor allem aber die Schaffung des ſozialen Friedens
abhängt. Allerdings verlangt die Arbeitgebervereinigung eine
Schlichtungsreform auf geſetzgeberiſchem Wege, und ſie ſetzt ſich
damit bewußt in Gegenſatz zu der Auffaſſung des Reichsarbeits=
miniſters
, der eine Aenderung der Geſetzgebung als nicht notwen=
dig
erachtet und glaubt, daß ſich Aenderungen, die ſich auf Grund

zweifelhaft, daß der einzelne Menſch ſeine Träume überhaupt
möglichſt nicht beachtet. Wenn er ſchläft, iſt er eins mit der Welt
und dem Kosmos, in der Nacht, da iſt auch der Menſch Nacht
und ſoll es ſein. Da ſoll in ihm das ſich ganz haben, was den
größten Teil von ihm ausmacht das ungeheuer große Reſer=
voir
, aus dem ſeine geiſtige Welt ſich ſpeiſt. Es iſt ein großes
Gefühl, ſich deſſen bewußt zu werden, daß wir einzelnen Men=
ſchen
, mit unſerem Tag= und Bewußtſeinsleben wie lauter ein=
zelne
Blumen und Pflanzen auf einem ungeheuer großen Waſſer
ſind, von deſſen ſchweigender Urtiefe wir gar nichts wiſſen. Die
Träume ſind ein Zeichen für die ungeheure Menge der Möglich=
keiten
, die der Menſch in ſich hat. Aus ihnen ſelber kann er kein
Requlativ für ſich holen, in dieſen Möglichkeiten zu wählen. Das
iſt ganz und ſchlechterdings unmöglich. Er ſoll dieſe große Welt
der Möglichkeiten, das ungeheuer große flutende Reſervoir in ſich
wiſſen und ſoll wiſſen, daß er daraus lebt und wird; das genügt.
Sein immer mehr zunehmendes Bewußtſein ſoll ſich vollziehen
in dem Bereich ſeines praktiſchen und tätigen Daſeins, in all den
Bezirken, in denen er am Tage lebt Aber er ſoll darin
nicht das mitnehmen, was ſeine Traumwelt der Nacht und des
Schlafes ausmacht. Er ſoll am beſten es am Morgen vergeſſen,
eventuell ſich zwingen, es bewußt zu vergeſſen eine bei einigem
Training nicht zu ſchwer zu erlernende Kunſt.
Die Träume aber haben nur einen Sinn, dem Menſchen
ſeine Unerſchöpflichkeit ins beglückende Gefühl zu bringen. Mehr
nicht. Je mehr der Menſch ſein enges und bewußtes Leben in
Ordnung hält, rein hält, um ſo weniger quälend ſind ſeine
Träume. Sie ins Wachen zu zerren und dort zu begrübeln, das
gibt ihnen keinen Sinn . . . Es genügt ja auch der eine Urſinn,
daß ſie bunte Fülle eines Unerſchöpflichen ſind; aus ihnen Furcht
oder Hoffnung zu nehmen, iſt beides falſch. Sie ſind wie
ſo vieles Unerklärbare. Der Sinn alles Unerklär=
baren
aber iſt, immer nur, daß es iſt. . . .

*Schwalbenflug.
Rom, Ende Oktober 1928.
Seid ihr es wieder, Schwalben, die ihr vor Monden vor
meinem Fenſter euren Reigen flogt? Kamt ihr zurück vom herben
Norden, Zugvögel ihr, wo meine Heimat jetzt im erſten Frühreif
liegt? Die Sonne ſucht ihr wieder, dieſe Sonne, die mild und
wärmend nach den Tagen der dichten Herbſtregen über der ewigen
Stadt ruht, ehe ihr weiterzieht hinunter über das ſpiegelnde
Mittelmeer zu den winterwarmen Geſtaden am Nil.
Wieder übt ihr euch für den weiten Flug über die Waſſer,
ſo wie ihr euch im Frühjahr hier vor meinen Fenſtern mühtet,

ehe ihr die lange Reiſe über die Alpen antratet, hinüber in das
graue Land der Barbaren. Der Frühling Roms gab ſchon ſein
Zepter an den herrſchſüchtigen Sommer Italiens ab, als ihr bei
eurer Raſt am Tiber die Jungmannſchaft zum langen Dauerflug
ſchultet.
Kurz vor Sonnenuntergang. Eine Tramontana, der kühle
Wind aus dem Norden, hatte den Himmel über der ewigen
Stadt rein gefegt. Die Schwüle des heißen Tages war verweht.
Die Sonne ſank dem Horizonte entgegen. Blaßblau war der
Himmel, ockerfarben und gelbrot der flammende Horizont, in den
die Zacken des römiſchen Häuſermeeres hineinragten und die
weithinweiſende Kuppel von Sankt Peter. Und während die ſin=
kende
Sonne an Kraft verlor, erglänzte immer ſilberner die
ſchmale Sichel des zunehmenden Mondes hoch oben am lichten
Himmel. Hellſilbern, ſchier durchſichtig auf blaßblauem Firmament.
Dieſer Himmel aber war geſprenkelt von ſchwarzen Punkten,
die durcheinander wirbelten. Hunderttauſende von dunklen
Schwalben ſegelten in lockeren Schwärmen in höchſten Höhen
über die weite Stadt, und dichte Rudel der zierlichen, ſchmalen
Vögel ſchoſſen haarſcharf über die Dachfirſte und längs der
Häuſerfronten der oberſten Stockwerke. Richtige Geſchwaderflüge
ſchwenkten und ſteuerten um die Gruppe von Zedern und Euka=
lyptus
, die vor meinem Fenſter im Nachbargarten hoch, hoch hin=
auf
in die Abendſonne ihre Zweige ſtreckten.
Immer wieder und immer wieder jagtet Ihr an meinem
Zimmer vorbei, erſt geradeaus, dann in ſchärfem Bogen nach
links hinter die deckenden Bäume, um die Zedern herum und
hinter den Eukalyptusbäumen dann wieder hervor in neuer
Schwenkung gerade auf mein Fenſter zu. Schon meinte ich euch
erhaſchen zu können, da lenkte der Führer wieder, zur ſcharfen
Kurve, und weiter ging die Jagd, hundertmal im Bogen, im
weiten Kreiſe am Hauſe vorbei und um die Zedern herum.
Immer wieder und immer wieder. War es ſtets der gleiche
Schwarm, dasſelbe Geſchwader? Wer weiß. Vielleicht löſte ein
Rudel das andere ab, denn der Himmel über der Stadt wim=
melte
von Schwalben. Wie Mückenſchwärme im Abendlicht tan=
zen
, Myriaden nach warmem Tage, ſo tummeltet Ihr euch über
Rom und in ſeinen Straßen um die Zinnen der Dächer.
Dann ſank die Sonne, plötzlich wie es dem Süden eigen.
Eben noch hatte das Girren und durchdringend klare Zirpen der
Schwalben, die im wirbelnden Fluge zwitſcherten, als Eigenklang
über dem dumpfen Lärm der großen Stadt gelegen und das
Tuten und Rattern der Autos übertönt, da verſchwand mit einem
Schlag zuſammen mit der Sonne dieſer Laut. Ihr wart wie hin=
weggewiſcht
aus dem blauen Himmel und aus ſeiner Glut am

Horizont verſchwunden. Nur wenige verlorene Nachzügler ſuch=
ten
noch ihr Neſt.
Drüben aber in der dichten Zeder hub ſanft und hingegeben
ein leiſes Singen an. Süß und ſchmelzend, erſt zag und ver=
ſuchend
, dann ſieghaft und herrlich ſchlug die Nachtigall an, der
treue Nachbar ſeit Wochen vor meinem Fenſter. Und mit ihrer
Sehnſucht im Liede ſchwang auch das Sehnen des Menſchen=
herzens
von neuem heimwärts, dorthin, wohin die Schwalben
morgen ziehen würden.
Nun ſeit Ihr wieder da, Ihr Schwalben. Ihr kommt von
den Quellen des Heimwehs. Seid mir gegrüßt, Heimatsboten!
Den Herbſt habt Ihr mitgebracht, dieſen Herbſt des Begnügens=
und der Milde.
Verſonnter Herbſt, Zeit der Ruhe, Aufgang und Tor zur
Ewigkeit, hoch über allem Schwalbenflug aus blauem Himmel.

*Heſſiſches Landestheater.
Großes Haus. Mittwoch den 7. November.
Tosca.
Muſikdrama nach Sardou, Muſik von Puccini.
Georg Baklanoff als Gaſt, gleichviel in welcher Rolle,
iſt ein Feſt für die Bühne, ein Erlebnis für den Zuſchauer. Noch
ſteht er vom Vorjahre her als Boris bei uns in beglückender Er=
innerung
. Heute gelang der Zauberkraft dieſes Künſtlers von
Gottes Gnaden das Wunderbare, ein als Kunſtwerk niedrig=
ſtehendes
Stück durch die unvergleichliche Ausdeutung einer
Hauptperſon auf eine kaum für möglich gehaltene höhere Stufe
zu heben. Dieſer Scarpia, der unglaubhafte Theaterböſewicht in
jeder anderen Hand, gewinnt durch ihn Blut und Leben, wird
Menſch, wiewohl auch nur menſchliches Scheufal. Eine Rolle, die
eigentlich nur zwei Szenen zu ſpielen hat, wird durch die Kraft
perſönlicher Geſtaltung die Seele des ganzen Stückes. Dazu der
Sänger Baklanoff, der die ſchönſte, größte, gepflegteſte Bariton=
ſtimme
mit unerreichter Meiſterſchaft führt. Der Schauſpieler
Baklanoff, der in der Oekonomie des Spiels, in dem Nuancen=
reichtum
der Mittel in den Ausbrüchen elementarſter Leidenſchaft
nur etwa der Duſe vergleichbar erſcheint. Schließlich und über
allem der Menſch, der Mann von ſeiner vollendeten Geſamtkultur.
Die Kritik verſtummt. Was bleibt, iſt höchſte Bewunderung,
tiefſter Dank. Begeiſterter Beifall belohnte den berühmten Künſt=
ler
, an deſſen Seite ſich ſeine vortrefflichen Mitſpieler Roſe
Landwehr und Hans Grahl in Ehren zeigen durften.
v. H.

[ ][  ][ ]

Seite 4

der Erfahrungen der Schlichtungspraxis als notwendig heraus=
geſtellt
haben, im Rahmen der beſtehenden Geſetzgebung, alſo
ohne eine Aenderung ihrer Praxis, durchführen laſſen. Der
Reichsarbeitsminiſter hält alſo an der zwangsweiſen Beſtimmung
der Löhne durch den Staat im allgemeinen feſt, wenngleich auch
er für ein weſentliches Zurücktreten des Staates eintritt. Dieſe
zwangsweiſe Beſtimmung der Löhne durch den Staat wider=
bricht
jedoch den natürlichen Erforderniſſen einer geſunden Wirt=
ſchaftsführung
, und es ſei hierbei an ein Wort Brentanos erin=
nert
, der einmal geſagt hat: Alle Einwirkungen auf das Geſell=
ſchaftsleben
können nur inſoweit erfolgreich als auch gerecht ſein,
als ſie der Natur der Dinge, von der die natürliche Entwicklung
ein Teil iſt, nicht widerſtreben. Die Verordnungen über das
Schlichtungsweſen beruhen bekanntlich auf einem Ermächtigungs=
geſetz
der Nachkriegszeit, das aus der Not des Augenblicks gebo=
ren
und beſtimmt war, in der damaligen Zeit drohenden wirt=
ſchaftlichen
Chaos einen begrenzten Aufgabenkreis zu ziehen, der
ſich von ſelbſt zuſammenziehen mußte, je mehr die zugrunde
liegenden Bedingtheiten derartiger Sonderbeſtimmungen durch
das Wachſen normaler wirtſchaftlicher Verhältniſſe und Erfolgs=
berechnungen
in Fortfall kamen. Das hierin ausgeſprochene
Syſtem hat ſich jedoch bis heute mehr und mehr ſtabiliſieren
können, und je normaler die wirtſchaftlichen Verhältniſſe wurden,
um ſo ſtärker haben ſich die Folgen dieſes Syſtems mit ſeiner
weitgehenden Möglichkeit, ſich bei Arbeitsſtreitigkeiten unter Hint=
anſetzung
des eigenen Verantwortungsbewußtſeins hinter den
Kadi zu flüchten, bemerkbar gemacht. Die beiden ſozialen Grup=
pen
ſind immer mehr auseinander gekommen, weil alle Im=
pulſe
der Notwendigkeit des Zuſammenarbeitens (menſchliche
Schätzung, wirtſchaftlich vertretbare Forderungen) weggefallen
ſind, ſo daß eine eigene Verantwortung gar nicht mehr vorhan=
den
iſt und das Gegenteil der Befriedung eines ſtärkeren Zu=
ſammenlebens
der ſozialen Gruppen eingetreten iſt. Es wird
oftmals in der Oeffentlichkeit verſucht, bei Ausſprachen über
Volkswirtſchaft und Privatwirtſchaft einen Gegenſatz zwiſchen
privatwirtſchaftlichem Nutzungsſtreben und volkswirtſchaftlichem
Intereſſe zu konſtruieren. Jedoch wird dabei überſehen, daß pri=
vatwirtſchaftliche
und allgemein=volkswirtſchaftliche Ziele, wenn
ſie geſund ſind, ſich nur durchſetzen laſſen, wenn ſie miteinander
übereinſtimmen. Es dürfen nur nicht ungeſunde, aus einer Ueber=
treibung
der Einzelintereſſen oder Ueberſchätzung der wirtſchaft=
lichen
Macht hergeleiteten Ziele ins Auge gefaßt werden. Das
gilt natürlich nicht nur für die Arbeitgeberſeite, ſondern auch für
die Arbeitnehmer, wenn ſie ihre an ſich berechtigten Anſprüche bei
der Verteilung der Sozialprodukte übertreiben und zum Aus=
gangspunkt
ihrer Lohnpolitik machen. Es kommt nicht darauf an,
bei Verhandlungen über Löhne ſoviel als möglich herauszuholen
für die Beſchäftigten, ſondern die Forderungen, auch des Unter=
nehmers
in Geſtalt von Ertrag oder Kredit, dürfen nur ſoweit
gehen, als ſie die geſamte Volkswirtſchaft aktions= bzw. arbeits=
fähig
erhalten. Wenn man von volkswirtſchaftlichen Schädigun=
gen
durch rückſichtsloſe, nur das Einzelintereſſe erkennende und
vertretende Unternehmermonopole ſpricht, kann man auch von
Gewerkſchaftsmonopolen ſprechen, die genau ſo ungünſtig die
geſamte Volkswirtſchaft beeinfluſſen. Daß die Praxis des Schlich=
tungsverfahrens
und einer gewerkſchaftlichen Lohnpolitik, die die
Löhne dauernd nominell geſteigert hat, an dieſer Entwicklung in
erſter Linie ſchuld iſt, dieſer Erkenntnis kann ſich wohl heute, mag
er ſozialpolitiſch eingeſtellt ſein wie er will, kaum jemand ver=
ſchließen
. Die Lohnregelung muß wieder dem
Leiſtungsprinzip angepaßt werden, und Tarifver=
träge
, die dieſer Forderung nicht entſprechen, dürfen durch
Staatseingriff keine Verbindlichkeit erhalten, weil Lohnerhöhun=
gen
, die mit den tatſächlichen Ertragsmöglichkeiten der Wirtſchaft
nicht zu vereinbaren ſind, volks= und ſozialwirtſchaftlich nicht zu
rechtfertigen ſind.

Donnerstag, den 8. November 1928
Auf die Einzelvorſchläge der Denkſchrift der Vereinigung
Deutſcher Arbeitgeberverbände des Näheren einzugehen, iſt wohl
von größerem Wert, nachdem der Reichsarbeitsminiſter dazu
Stellung genommen hat, der, wie bereits geſagt, eine Geſetzes=
änderung
nicht wünſcht und daher von vornherein die geſetzes=
ändernden
Vorſchläge ablehnen muß. Man darf jedoch geſpannt
ſein, welche ſachlichen Gründe gegen die geforderte Einſchrän=
kung
des Umfanges der künftigen Verbindlichkeitserklärung auf
Arbeitsſtreitigkeiten in den ſogenannten lebenswichtigen Betrieben
und auf Streitigkeiten, welche die deutſche Volkswirtſchaft ſo
ſtark treffen, daß die Lebensmöglichkeiten der Geſamtbevölkerung
bedroht ſind, angeführt werden. Daß bei der gegenwärtigen
politiſchen Konſtellation die Einrichtung der von Arbeitgeberſeite
beantragten zentralen Reichsſchiedsſtelle, die nicht nur über die
Zuſtändigkeit für eine etwaige Verbindlichkeitserklärung, ſondern
auch materiell über die Richtigkeit eines Schiedsſpruches entſcheiden
ſoll, abgelehnt werden wird, liegt auf der Hand; denn die Regie=
rung
bzw. der Reichstag wird niemals zugeben, daß ihre Stellung
und ihr Einfluß in Schlichtungsfragen von einer ſolchen Reichs=
ſchiedsſtelle
abhängig gemacht wird. Es wird im einzelnen auch
ſchwer zu entſcheiden ſein, bzw. langwieriger Prüfungen bedür=
fen
, wann Streitigkeiten vorliegen, welche die deutſche Volkswirt=
ſchaft
ſo ſtark treffen, daß die Lebensmöglichkeiten der Geſamt=
bevölkerung
bedroht ſind. Dadurch würde ein Arbeitskonflikt
lange anhalten, es ſei denn, daß durch eine beſondere Verord=
nung
für die Zeit des ſchwebenden Verfahrens vor der Reichs=
ſchiedsſtelle
Streiks und Ausſperrungen verboten würden, was
praktiſch für die Gewerkſchaften auf ein Streikverbot hinaus=
laufen
würde, zu dem ſie ſich niemals hergeben würden. Mithin
ſind die Ausſichten für die Vorſchläge der Vereinigung Deutſcher
Arbeitgeberverbände trotz ihrer poſitiven Einſtellung zum Grund=
ſatz
der Schlichtung und der Anerkennung auch der Notwendigkeit
allerdings ſtark eingeſchränkter ſtaatlicher Schlichtungstätigkeit als
nicht günſtig anzuſehen.
Die Stellungnahme des Zentrums.
* Berlin, 7. November. (Priv.=Tel.)
Die wegen der nordweſtdeutſchen Ausſperrungen vorzeitig
einberufene Sitzung der Reichstagsfraktion des Zentrums hat
ſich am Mittwoch bis in die ſpäten Abendſtunden mit der Ge=
ſamtlage
beſchäftigt, aber auch keinen Ausweg zur Beilegung des
Konfliktes gefunden, wie ja auch die preußiſche Regierung im
Landtag am Mittwoch durch Staatsſekretär Weismann nur er=
klären
ließ, daß ſie nicht im der Lage ſei, einzugreifen, wohl aber
auf die Reichsregierung wegen Einleitung aller geeigneten
Schritte einwirkem werde. Das Zentrum in ſchließlich auf die
Annahme einer Interpellation abgekommen, in der die Aufmerk=
ſamkeit
der Reichsregierung auf den Lohnbampf gelenkt und ge=
fragt
wird, was die Reichsregierung zur Wiederherſtellung der
erſchütterten Autorität des ſtaatlichen Schlichtungsweſens zu tun
gedenke. Darüber hinaus wurde aber noch eine Reihe von An=
trägen
formuliert, die eine Abänderung beſtehender Geſetze und
Verordnungen bezwecken. So ſoll u. a. § 94 des Arbeitsloſen=
verſicherungsgeſetzes
dahin ergänzt werden, daß auch dann
Unterſtützungen für die Ausgeſperrten zu zahlen ſind, wenn die
Ausſperrung bei in Geltung befindlichem Tarifvertrag erfolgt.
Ein anderer Antrag will die unbedingte Rechtsmäßigkeit der
Verbindlichkeitserklärung eines Schiedsſpruches ſicherſtellen.
Schließlich ſollen Ausſperrungen und Streiks nur dann zuläſſig
ſein, wenn es ſich um Streitigkeiten handelt, die im Taxifverträ=

gen nicht geregelt ſind.

Nummer 311.

* Der Arbeitskampf im Ruhrgebiet.
Vermittlungsverſuche im Eiſenkonflikt.
Das Intereſſe ader direkt und indirekt Beteiligten am nord=
weſtdeutſchen
Eiſenkonflikt wendet ſich in ſteigendem Maße den
Verſuchen zu, die Parteien aw den Verhand=
lungstiſch
zu bringen und den Arbeitsfrieden wieder
herzuſtellen. Anſätze für das Gelingen einer Vermittlungsaktion
ſind auch vorhanden. Von ſeiten der Arbeitgeber wird nach wie
vor die Bereitſchaft zu Einigungsverhandlungen betont. Man
darf annehmen, daß auch die Mehrheit der Arbeitnehmer nichts
mehr als eine Beilegung des Kronfliktes wünſcht, zumal viele
von ihnen nicht organiſiert ſind, alſo von den Gewerkſchaften
keine Unterſtützung erhalten, während die organiſierte Arbeiter=
ſchaft
durchſchnittlich 1020 Reichsmark die Woche erhält. Auf=
fällig
iſt allerdings eine Erklärung des Deutſchen Metallarbeiter=
verbandes
, der vermittelndes Eingreifen zur Beilegung des
Konfliktes nach der Entwicklung der letzten Tage als ausſichts=
los
anſieht. Seiner Anſicht nach beſteht die Regierung auf An=
erkennung
des für verbindlich erblärten Schiedsſpruches, der
einen vertraglichen Zuſtand geſchaffen habe. Nach unſerer Kennt=
nis
der Dinge kann von einer geſchloſſenen Haltung der Reichs=
regierung
gar keine Rede ſein. Verantwortlich iſt einzig und
allein der Arbeitsminiſter, der den Schiedsſpruch für verbindlich
erklärt hat. Das Kabinett hat von ſeiner Verbindlichkeitserklä=
rung
lediglich Kenntnis genommen.
Was die Vermittlungsaktion angeht, ſo beſteht kein Grund
zu Peſſimismus. Wahrſcheinlich wird das Zentrum verſuchen,
ſich in irgendeiner Form einzuſchalten, um die Parteien an den
Verhandlungstiſch zu bringen. Selbſt wenn ſich die Gerüchte
von einer bevorſtehenden Zentrumsvermittlung nicht beſtätigen
ſollten, wird man wohl ſehr raſch zu einer Klärung der Situg=
tion
in rechtlicher Beziehung kommen, von der es nicht zuletzt
abhängt, ob die Ausſperrung zurückgenommen wird oder auf=
recht
erhalten bleibt. Das Duisburger Arbeitsgericht wird nach
Anſicht maßgebender Stellen bereits früher als vereinbart zu=
ſammentreten
. Auch wird das Reichsarbeitsgericht gegebenen=
falls
als letzte Inſtanz ſofort ſich mit der Sache befaſſen. Bis
dahin werden allerdings noch einige Tage ins Land gehen.
Die preußiſche Regierung zum Arbeitskonflikt.
Im Preußiſchen Landtag gab am Mittwoch vormittag
namens der preußiſchen Regierung Staatsſekretär Weißmann
folgende Erklärung ab:
Die Schlichtung von Arbeitsſchwierigkeiten gehört mate=
riell
zur Zuſtändigkeit des Reiches. Eine unmittelbare
Einwirkung der Länder iſt nicht gegeben. Die
Staatsregierung iſt daher nicht in der Lage, zu den verſchiede=
nen
Anträgen ſelbſt Stellung zu nehmen. Sie bedauert aber,
daß die Arbeitgeberſeite trotz der Verbindlichkeitserklärung des
Schiedsſpruches und ohne die gerichtliche Entſcheidung der von
ihr aufgeworfenen Rechtsfrage abzuwarten, die Ausſperrung
durchgeführt und damit das deutſche Wirtſchaftsleben einer ern=
ſten
Erſchütterung ausgeſetzt hat. Die Staatsregierung hat ſich
mit der Reichsregierung in Verbindung geſetzt, um alle zur Ent=
ſpannung
der Lage geeigneten Schritte zu unternehmen.
Hilfsmaßnahmen in Dortmund.
Die Verwaltung der Stadt Dortmund hat beſchloſſen, den
ausgeſperrten Metallarbeitern Unterſtützung zu gewähren. Die
Stadt will ſich in dem Arbeitskampf neutral verhalten, aber mit
der rheiniſch=weſtfäliſchen Induſtrie Verhandlungen aufnehmen.

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[ ][  ][ ]

Nummer 311

Donnerstag, den 8. November 1928

Seite 5

fonfit
mnunf


74

Aus der Landeshauptſtadt.
Darmſtadt, 8. November.
Dr. E. Schenck, 60 Jahre. Der Vorſitzende der Induſtrie= und
Haudelskammer Darmſtadt Dr. E. Schenck kann am heutigen Tage auf
die Vollendung ſeines 60. Lebensjahres zurückblicken. Im Jahre 1911
erſtmals zum Mitglied der Kammer gewählt, übernahm er im Jahre
1920, alſo zu einer Zeit beſonders verwickelter wirtſchaftlicher Verhält=
niſſe
, das verantwortungsvolle Amt des Vorſitzenden. Wenn es der Ju=
duſtrie
= und Handelskammer Darmſtadt vergönnt war, gerade in der
ſchwierigen Nachkriegszeit eine beſonders rege und fruchtbringende =
tigkeit
zu entfalten, ſo iſt dies nicht zuletzt darauf zurückzuführen, daß die
Kammer in ihrem Vorſitzenden einen Führer ihr eigen nennen darf, der
neben tiefem Wiſſen eine außerordentliche Tatkraft und ein ſeltenes Maß
von Sachlichkeit beſitzt. Gerade dieſe Eigenſchaften waren 4s, die es dem
Jubilar ermöglichten, auch das wichtige Amt eines Handelsrichters beim
Landgericht Daumſtadt ſeit 1913 erfolgreich zu bekleiden. In Anerken=
nung
ſeiner hohen Verdienſte im Dienſte der Wirtſchaft und auf ſeinem
engeren Berufsgebiet der Ingenieurwiſſenſchaften hat die Techniſche
Hochſchule Darmſtadt Herrn Schenck im vergangenen Jahre die hohe Aus=
zeichnung
eines Doktor=Ing. e. h. verliehen. Möchten Dr. Schenck noch
recht viele Jahre erſprießlichen Wirkens als Führer der Wirtſchaft
unſerer Heimat und damit im Dienſte der deutſchen Volkswirtſchaft
beſchieden ſein!
70. Geburtstag. Die vielen Darmſtädtern bekannte frühere In=
haberin
der Gaſtwirtſchaft Zur Spitz, Frau Karl Seipel Witwe,
Pankratiusſtraße 2, feiert am 8. November in körperlicher und geiſtiger
Friſche ihren 70. Geburtstag.
Heſſiſches Landestheater. Heute Donnerstag findet im Großen
Haus eine Wiederholung von Gerhard Menzels Schauſpiel Tobog=
gan
in der Inſzenierung Günter Haenels und Wilhelm Reinkings
ſtatt. Die Hauptrolle ſpielt Fritz Valk. Die Vorſtellung iſt der Miete C
zugeteilt und beginnt um 20 Uhr.
Im Kleinen Haus gelangen heute als Vorſtellung der Miete F
(Darmſtädter Volksbühne, Gruppe III und IN) die beiden Singſpiele
von Franz Schubert Der treue Soldat und Die Weiber=
verſchwörung
in der Beſetzung der Erſtaufführung zur Wieder=
holung
.
Der Prozeß Mary Dugan wird morgen Freitag als
Vorſtellung der Miete D um 20 Uhr im Großen Haus zum erſtenmal
wiederholt.
Die luſtigen Weiber von Windſor gelangen Sams=
tag
, den 10. Nov., neu einſtudiert zur Aufführung. Die Inſzenierung
beſorgte Renato Mordo, das Bühnenbild Lothar Schenck von Trapp.
Nuſikaliſche Leitung: Kapellmeiſter Rudolf. In den Hauptrollen ſind
beſchäftigt die Damen Harre, Jacobs, Walter, und die Herren Grohm,
Ebert=Beyer, Komregg, Kuhn, Overlack. Die Vorſtellung iſt der Miete l
ſowie den Gruppen 15 (Nr. 1250) der Miete T zugeteilt und be=
ginnt
um 19.30 Uhr.
Der Verein der ehemaligen Schüler und der Freunde des Real=
gymnaſiums
zu Darmſtadt hielt dieſer Tage im Reſtaurant Sitte ſeine
Hauptverſammlung ab. Der Vorſitzende des Vereins, Herr
Zahuarzt Dr. W. Nepp, erſtattete den Tätigkeitsbericht des Vorſtan=
des
und legte die abgeſchloſſene Rechnung vor. Beide wurden genehmigt
und die beantragte Entlaſtung erteilt. Der anläßlich der Hundertjahr=
feier
im Jahre 1926 von ehemaligen Schülern und Freunden geſtiftete.
aufehnliche Betrag iſt als erſter Bauſtein eines Landheims für die Schküi=
ler
des Realgymnaſiums zinstragend feſt angelegt. Außerdem iſt noch
ein größerer Barbetrag vorhanden. Die Neuwahl des Vorſtandes, der
burch Zuziehung mchrerer jüngerer Mitglieder ergänzt wurde, ergab.
die einſtimmige Wahl der Herren: Dr. med. W. Repp, Prof.
Kabel, Oberrechnungsral Enders, Buchhändler L. Säng jr.,
Stud. Rodemer, Hauptmann a. D. Oſtertag und Studienreferen=
dar
Becker. Den wichtigſten Punkt der Beratungen des Abends bil=
dete
die Miete eines Landheims. Unentwegt werden Schule
wie Verein auch künftig an dem geſteckten Ziele der Erweubung eines
eigenen Heims feſthalten, da aber in unſerer geldknappen Zeit an eine
baldige Erreichung dieſer Abſicht vorerſt nicht gedacht werden kann, die
Beſchaffung eines Landheims dagegen bereits jetzt ſchon im Intereſſe
der heranwachſenden Jugend dringend erwünſcht iſt, wurde von der
Schule, nachdem ſie ſich der Unterſtützung des Vereins im voraus ver=
ſichert
hatte, vorerſt an die Miete einer geeigneten Hofreite gedacht.
Herr Oberſchulrat Ritſert berichtete über die in dieſer Richtung ge=
ſchehenen
Schritte. Als am geeignetſten wurde unter einer großen An=
zahl
von Angeboten dasjewige auf einem Teil des im Pacht der Heſſiſchen
Landwirtſchaftskammer ſtehenden Gräflich Erbach=Fürſtenauiſchen. Hof=
gutes
Etzean bei Beerfelden i. O. bafmden. Lage ſowie innere und
äuſere Vorzüge des Objekts, das etwa 40 Jungen in jeweils Suäg eur
Turnus unter Begleitung und Aufſicht eines Lehrers angenehien und
geſundheitlich fördernden Aufenthalt hieten ſoll, wurden von den Red=
nern
eingehend gewürdigt und als nächſie Aufgabe aller Beteiligten die
baldige und ergiebige Beſchaffung weiterer Mittel zur Ausgeſtaltung
und Unterhaltung des Haius empfohlen. Im Laufe der ſich anſchließen=
den
eifrigen D=batte, an der ſich ſowohl die anweſenden Angehörigen
des Lehrkörpers als auh die übrigen Verginsmitglieder in bunter Folge
zahlreich beteiligten, gaß noch Herr Profeſſor Zimmer in beredten
Worten ein anſchauliches Bild von den künftigen Zielen und Aufgaben
des Landheims. Keine Gelegenheit zum Nichtstun ſoll damit den Schüi=
lern
geboten werden, nein, ſie ſollen zur Kameradſchaftlichkoit und Ord=
nung
angeregt, ſoziale Verhältniſſe ſollen überbrückt werden (auch für
minderbemittelte Schüiler ſollen die Koſten des Aufenthalts im Heim
aufgebrachr werden), Beobachtung der Natur (Wolbſbau und Wald=
benutzung
, Wild und Wildfährten, Steinbrüche und Erdformationen),
ſowie die Tätigkeit der ländlichen Handwerker und der Bauern und der=
gleichen
mehr an Ort und Stelle durch längere und kürzere Wanderun=
gen
unſerer den Wundern und Vorzügen des Landlebens zumoit völlig
entfremdeten Stadtjugend vermittelt werden. Auch im Heim ſelbſt
ſollen die Stunden, die den Aufenthalt im Freſien nicht geſtatten, dunch
ernſte Tätigkeit angenehm und nützlich ausgefüllt werden. Schließlich
ſollen die Schiler in längerem und näherem Zuſammenſein lernen, in
ihren Lehrern nicht ihren geſtrengen Zuchtmeiſter, ſondern ihren wohl= ſtags um halb 4 Uhr, eine große neue Kinder=Revue, betitelt Bettel=
geſinnten
und beſten Freund zu erkennen. SSchließlich genehmigte die
Verſammlung, daß der Verein die Zahlung des grüßeren Teils der
Miete aus den ihm zur Verfügung ſtehenden Zinſen übernimmt, und Muſik von Emil Palm. Die Titelrolle ſpielt Hertha Loewe, außerdem
daß er ſich an einer in aller Kürze gemeinſam mit der Schule zu ver=
anſtaltenden
Sammlung werbend für ben ſchönen Gedanken einſetzt.
Der Ertrag der Samur ung des Vereins ſoll zum Teil zunächſt für den
Ausbau des Landheims, für deſſen innere Einrichtung uſw. verwendet
werden, zum anderen Teil aber als weiterer Bauſtein dem Fonds zuu
Errichtung eines eigenen Landheims zugeführt werden. Außerdem
wurde die Erhebung eines feſten, im einzelnen gering bemeſſenen Jahres=
beitrags
beſchloſſen, doch hefft man, daß freiwillige Spenden im Hin=
blick
auf den guten Zweck auch fernerhin reichlich fließen mögen. Mit
dem Wunſche, daß der demnächſt zu erlaſſende Aufruf auf fruchtbaren deutet in jeder Stadt ein beſonderes Ereigmis. Es erübrigt ſich, über die
Boden fällt, ſchloß der Herr Vorſitzeude die agut beſuchte Verſammlung.
Möge es dem Verein vergönnt ſein, erfolgreich an ſeinen ſchönen Zielen, hervorragenden Künſtlerqualitäten dieſer Quartett=Vereinigung iſt aber
weiter zu arbeiten und ihm die tätige Anteilnahme ſeiner zahlreichen auch das für den am Montag, den 12. ds. Mts., 20 Uhr, im Städt.
Mitglieder auch weiter erhalten bleiben, gilt die Vereinswirkſamkeit
letzten Endes doch zu ihrem Teil mit dem Größten und Beſten, was von beſonderem Intereſſe. Die Künſtler werden folgende Werke zum
unſerem Volke geboten werden kann, der Geſunderhaltung, Erſtarkung
und Ertüchtigung unſerer lieben deutſchen Jugend, denn in unſerer
Jugend liegt unſere Zukunft für und für!
B.
Volkshochſchule. Der Kurſus über Auvomobilwveſen des Herrn
Dipl.=Ing. Ganz muß am Donnerstag, den 8. Nov., ausfallen, da Herr
Ganz dunch eine Reiſe verhindert iſt. Es werden aber noch Meldun=
gen
für dieſen Kupſus entgegen genommen, weil er für Fachleute und mals darauf hin, daß heute 8½ Uhr der zweite Vortragsabend des
Laien, die ſich mit dem Autourobil beſchäftigen, gleichermaßen intereſſaut
ſſt. Die Anmeldungen erfolgen in der Geſchäftsſtelle der Volkshochſchule.
Petrusgemeinde. Wir möchten an dieſer Stelle nochmals auf das
am kommenden Sonntag, dem 11. November 1928, abends 8 uhr, im Schubert:s Leben, Lieben und Schaffen anläßlich ſeines
Gemeindehaus der Petrusgemeinde, Eichwieſenſtraße 8, zur Aufführung
gelangende Spiel Von der heiligen Eliſabeth hinweiſen. Es ſei hierzu
beuerkt, daß das Spiel zu den feinſten zählt, die uns in den letzten
Jahren uberliefert worden ſind. Die einzelnen Aufzüge, von denen
jeder beſondere Gedanken enthält, wirken im Rahmen des Ganzeu
wunderbar. Man denke nur daran, daß die Fürſtin Eliſabeth auch in
den ärmſten Kreiſen verkehrte. Das Spiel dürfte auch hier ſicherlich in den eigenen Unterrichtsräumen, Ecke Wieſen= und Schleiermacher=
ſeine
Anziehungskraft ausüben. Es iſt daher empfehlenswert, ſich die
Eintrittskarten, die bei dan Mi=gliedern der Jugendbünde, in der Buch=
druckerei
K. F. Bender, Beſſunger Straße 47, und bei Herrn Kirchen=
diener
Kropp, Eichwiefenſtraße 8, zum Preiſe von 50 Pf. zu haben ſind,
Uc tzeitig zu beſlaffen.

Zur (rrichtung

eines Städtiſchen Milchhofes

erhalten wir noch folgende Zuſchrift:
Als Leſer Ihrer Zeitung und als langjähriger Milch= und Mol=
kereifachmann
intereſſieren mich ganz beſonders die verſchiedenen die
Milchhoffrage betreffenden Ausführungen in Ihrem Blatt. Ich erlaube
mir, auch einiges in dieſer Angelegenheit zu ſagen. Meine Ausführun=
gen
ſind vollſtändig unparteiiſch.
Zunächſt: Wer hat Intereſſe an der Errichtung einer Milchzentrale?
Die Milcherzeuger? Ich behaupte, daß die Landwirtſchaft kein Inter=
eſſe
an der Errichtung haben kann, höchſtens einzelne, der Landwirt=
ſchaft
naheſtehende Perſonen. Die Landwirte, welche ſeither an der
Milchverſorgung in Darmſtadt beteiligt waren, werden vor allen Dingen
von einer Milchzentrale keine höheren Milchpreiſe zu erwarten haben,
im Gegenteil. Auch iſt es ein Irrtum, zu glauben, die Milchzentrale
werde dem Landwirt reſtlos alle Milch abnehmen und ſie gut bezahlen.
Die Milchzentrale kann wohl die Milch abnehmen, ſie kann aber nicht
alle abgenommene Milch zu einem guten Preife verkaufen, ſondern muß
damit rechnen, den nicht als Milch verkäuflichen Ueberſchuß der An=
lieferung
verarbeiten zu müſſen. Nehmen wir nun an, es werden täg=
lich
40 000 Liter Milch angeliefert und nur 30 000 Liter verkauft, ſo
müſſen die reſtlichen 10 000 Liter, wie das meiſt bei den Milchzentralen
üblich iſt, zu Butter und Käſe verarbeitet werden. Bei den Preiſen für
dieſe Produkte, wie ſie in den letzten Jahren waren, iſt die Bruttover=
wertung
pro Liter Milch kaum höher als durchſchnittlich 18 Pfg. Die
auf dieſe Weiſe verarbeitete Milch bringt alſo der Zentrale eine ganz
erhebliche Einbuße. Man hat auch die Verarbeitung vielfach ſchon auf
das ganz Unumgängliche eingeſchränkt und hilft ſich gegen eine Ueber=
belieferung
dadurch, daß man an gewiſſen Tagen aus gewiſſen Lieferungs=
orten
oder ganzen Zezirken die Milch einfach nicht abnimmt. Der
Landwirt darf alſo, mit anderen Worten, je nach dem Bedürfnis der
Zentrale, an fünf oder ſechs Tagen der Woche ſeine Milch abliefern,
muß ſie aber an den übrigen ein oder zwei Tagen der Woche behalten.
Es iſt daher ein Trugbild, wenn der Landwirt glaubt, die Zentrale
könne ihm ſämtliche in ſeinem Betriebe erzeugte Milch zu einem guten
Preiſe abnehmen.
Hat nun der Milchverbraucher, ein Intereſſe an der Er=
richtung
einer Milchzentrale? Hierher gehört die Erörterung der
Frage, ob paſteuriſierte oder nichtpaſteuriſierte Milch das Beſte ſei.
Dieſe Frage beantwortet uns doch die Natur ſo klar und einwandfrei,
daß der Meinungsſtreit hierüber unverſtändlich erſcheint. Bekommt
etwa das Kalb von der Kuh paſteuriſierte Milch oder das Kind von
der Mutter? Gewiß nicht, ſondern die kuhwarme friſche Milch gilt
doch direkt als Heilmittel. Nur, das eine iſt unter allen Umſtänden
notwendig, und hier iſt ganz gewiß auch ein Teil der nach Darmſtadt
kommenden Milch genau unter die Lupe zu nehmen: Alle Milch muß
ſofort nach dem Melken gereinigt und gekühlt werden; ſie darf nur in
ſauberen, gut verzinnten oder emaillierten Gefäßen oder auch in Fla=
ſchen
transportiert und in der Stadt nur von geſunden Perſonen aus=
getragen
werden. Geſund müſſen ſelbſtverſtändlich auch die Melker ſein.
Die Reinigung der Milch erfolgt am wirkſamſten mittelſt Wattefilter.
Mit einer Watteſcheibe, welche 3 Pfg. koſtet, kann man 30 Liter Milch
von allem Schmutz reinigen. Zum Kühlen der Milch iſt ein Kühler
erforderlich, welcher für eine Milchproduktion von 50 Litern täglich
etwa 80 Mark koſtet. Ein ſolcher Kühler hält jahrzehntelang. Ein Fil=
ter
koſtet 12 Mark. Die Unkoſten, welche bei Anſchaffung dieſer Geräte
den einzelnen Liter Milch belaſten, betragen noch nicht ¼ Pfg. Eine
ſo behandelte Milch wird auch bei größter Sommerhitze mindeſtens

einen Tag lang nicht ſauer; wird ſie beim Milchhändler nochmals nach=
gekühlt
oder tiefgekühlt, verlängert ſich die Dauer der Haltbarkeit. An
der Produktionsſtätte iſt alſo bei der Verbeſſerung der Milchverſorgung
der Hebel anzuſetzen. Der milchliefernde Landwirt muß ſich mit Filter
und Kühler ausrüſten. Es wird ſein Nutzen ſein. Ich bin überzeugt,
daß heute noch ein großer Teil der nach Darmſtadt kommenden Milch
verſchmutzte, ungekühlte Sammelmilch iſt. Einer ſolchen Milch iſt die
paſteuriſierte Milch unbedingt vorzuziehen. Dieſelbe wird in den Mol=
kereien
gereinigt und eine halbe Stunde lang auf zirka 62 Grad erhitzt,
Dies hat zum Zweck, in der Milch befindliche Krankheitskeime abzutöten.
Die Furcht vor den angeblichen Krankheitskeimen iſt aber m. E. über=
trieben
und wird von gewiſſen Intereſſenten noch unberechtigterweiſe
genährt. Es wird ſchwer nachzuweiſen ſein, daß der Genuß von roher
friſcher Milch ſchon viel Unheil angerichtet hat. Will man ganz neu=
zeitlich
handeln, ſo kann man noch die Ställe der milchliefernden Land=
wirte
unter tierärztliche Kontrolle ſtellen und die Milch kranker Tiere
von der Ablieferung in die Städte ausſchließen. Es wurde behauptet,
daß man die 2100 landwirtſchaftlichen Betriebe nicht unter Kontrolle
ſtellen könne. Die Paſteuriſierung ſoll pro Liter 3 Pfg. koſten, nach
einer anderen Angabe 5 Pfg.; ſagen wir 4 Pfg. das ſind für 30 000
Liter täglich 1200 Mark, jährlich 430 000 Mark. Für die Hälfte dieſes
Geldes kann man ſchon eine ganze Anzahl Tierärzte anſtellen, welche
die Milcherzeugung überwachen könnten, ſowohl was den Geſundheits=
zuſtand
der Kühe betrifft als auch den Zuſtand der Ställe und der
Milchgeräte. Zu dieſen Kontrollen wären Vertrauensleute der Land=
wirte
hinzuzuziehen.
Eine Milchzentrale könnte man gutheißen, wenn ſie in freiem
Wettbewerb an der Milchverſorgung und =Verbeſſerung teilneh=
men
würde. Von jedem Zwang aber follte abgeſehen werden. Es muß
den Hausfrauen überlaſſen bleiben, ob ſie paſteuriſierte oder rohe Milch
beziehen wollen. Ein Vergleich mit dem Schlachthofzwang iſt unange=
bracht
, denn dort gibt man ja auch kein gekochtes Fleiſch aus, ſondern
friſches und rohes. Warum alſo der breiten Maſſe der Verbraucher
eine erhitzte Milch aufzwingen? Die paſteuriſierte Milch iſt natürlich
auch nicht ſo ſchlecht, wie ſie von verſchiedenen Seiten dargeſtellt wird.
Zu widerſprechen iſt der Behauptung, daß ſie einen ſchlechten Geſchmack
habe. In meinem Betriebe habe ich ſchon ſehr oft hören dürfen, daß
Beſucher, welche paſteuriſierte Milch getrunken haben, gerade den guten,
ſüßen Geſchmack derſelben anerkannten. Infolge der übertriebenen
Bazillenfurcht haben die Maſchinenfabriken in den letzten Jahren ſog.
Röhrenerhitzer konſtruiert, in welchen die Milch erhitzt wird. Hierbei
und auch bei der nachfolgenden Abkühlung wird ſie von der Luft mög=
lichſt
abgeſchloſſen, damit ja kein Bazillus hineingelangen kann. Eine
ſolche Milch kann nicht auslüften, und wird allerdings auch der Ge=
ſchmack
darunter leiden. Die Milch iſt möglichſt wenig zu drangſalie=
ren
. Es genügt, wie ich ſchon oben ſagte, wenn ſie reinlich gewonnen,
filtriert, gut gekühlt und in ſauberen Gefäßen auf kürzeſtem Wege an
die Verbraucher kommt. Solche Milch noch mal zu paſteuriſieren, wäre
nicht als eine Verbeſſerung anzuſehen. Die namhafteſten Milchhygie=
niker
, welche der Paſteuriſierung das Wort reden, erklären gleichzeitig
als das erſtrebenswerteſte Ziel in der Milchverſorgung immer die Ge=
winnung
einer in jeder Beziehung einwandfreien Rohmilch, und
dieſes Ziel zu erſtreben, kann ich auch nur den für die Darmſtädter
Milchverſorgung maßgebenden Faktoren empfehlen. Iſt es erreicht,
dann wird ſich auch Darmſtadt bezüglich der Milchverſorgung im beſten
Licht zeigen.

Der Film über die Milchverſorgung durch einen Milchhof, der
bereits heute vor acht Tagen in einer öffentlichen Verſammlung im
Rathaus gezeigt wurde, rollte geſtern abend nochmals im Städtiſchen
Saalbau bei freiem Eintritt ab. Einen einleitenden Vortrag hielt Herr
Direktor Pickel von der Gemeinnützigen Milchverſorgungsgeſellfchaft
der Stadt Nürnberg. Im Anſchluß an Vortrag und Film=Vorführung
wurden Koſtproben von paſteuriſierter Milch verteilt.
Freut Euch des Lebens iſt heute mehr denn je zu beherzigen,
beſonders wenn man nach harter Arbeit und Tagesmühen die Berech=
tigung
hat, ſich zu beſinnen, daß man Menſch iſt und ſich des Lebens
freuen darf. Manchmal fällt es ſchwer, den richtigen Weg zur alten
Lebensfreude zu finden, nicht aber, wenn man in der Gondel der
Liebe mit der farbenprächtigen Randow=Weiniger=Revue von Walter
René im Orpheum eine Fahrt durch die Freuden des Lebens unter=
nimmt
und die überaus wirkſamen Revuebilder an ſich vorüberziehen
läßt. Das Revue=Enſemble beabſichtigt, abgeſehen von dieſem ſelten
rauſchend=ſchönen Bilderſpiel eine Märchen=Revue für große und kleine
Kinder, Die Bettelprinzeſſin, aufzuführen.

SchutzgegenGrippe

Das Orpheum bringt am Sonntag, dem 11. November, nachmit=
prinzeßchen‟
. Es iſt ein ganz neues Märchem für große und kleine
Kinder in drei Teilen und zwanzig Bildern von Walter René, mit der
wirkt das ganze Enſemble ſowie das große Ballett mit. Regie führt
Fritz Randow. Es gibt viele ſchöne Ueberraſchungen, z. B. der Schoko=
laden
=Regen die Märchenprinzeſſinnen, der Kaffeklatſch, im Märchen=
land
, die Spieldoſe, die Ziunſoldaten und vieles andere mit einer
wirklichem Moral am Schluß. Ein Märchen, das jedes Kinderherz er=
freuen
und die Großen wieder jung machen will. Selbſtverſtändlich wird
auch die ganze Koſtümpracht einer großen Revue entwickelt und beſon=
deren
Wert legte man auf Humor.
3. Akademie=Konzert. Das Auftreten des Buſeh=Quartetts be=
hervorragende
Künſtler=Vereinigung näheres zu berichten. Neben den
Saalbau ſtattfindenden Kammermuſik=Abend aufgeſtellte Programm
Vortrag bringen. L. v. Beethoven: Streichquartett 4=Moll, Op. 132,
Adolf Buſch: 5 Präludien und Fugen, Op. 36, für Streichquartett,
Joſeph Haydn: Streihquartett, G=Dur Op. 76 Nr. 1. Kartenverkauf
im Sekretariat der Städt. Akademie, Gliſabethenſtraße 36.
Schubert=Vortrag bei Müller u. Rühle. Wir weiſen hiermit noch=
Herrn Dr. Max Wauer in den Räumen der Buchhandlung Müller
u. Rühle, Eliſabethenſtraße 5, ſtattfindet. Wie bereits mitgeteilt,
ſpricht auf vielſeitigen Wunſch Dr. W. nicht über Dürer, ſondern über
100. Todestages in dieſem Monat. Es empfiehlt ſich, die noch vorhan=
denen
wenigen Karten zum Preiſe von je 2 Mark ſich umgehend zu
ſichern, da an der Abendkaſſe wahrſcheinlich keine Karten mehr zu haben
ſein werden.
Neue Kurſe. Die kaufmänniſche Stenographen=Geſellſchaft E. V.
weiſt nochmals auf ihre am Freitag, den 9. ds. Mts., abends 8½ Uhr,
ſtraße 26, beginnenden Kurſe in Reichskurzſchrift und Maſchinenſchreiben
hin. Um Verwechſlungen vorzubeugen, ſei mitgeteilt, daß der Unterricht
in den eigenen Räumen der genannten Geſellſchaft, Ecke Wieſen= und
Schleiermacherſtraße 26 (hinter dem Amtsgericht) und nicht in einem
Schulhauſe ſtattfindet.

Zur Darmſtädier Naturſchutzausſieltung.
Was iſt bei uns in Heſſen bis jetzt zum Schutze der heimiſchen Ratur
geſchehen?
Die heſſiſche Forſtbehörde hat bereits in den 90er Jahren
des vergangenen Jahrhunderts den Naturſchutzgedanken in die Tat um=
geſetzt
. Sie beauftragte alle Oberförſtereien, von ſämtlichen Bäumen,
die durch Alter, geſchichtliche Erinnerung und Schönheit hervorragten,
Verzeichniſſe aufzuſtellen, und ordnete daraufhin an, daß dieſe Bäume
dauernd in jeder Weiſe gehegt und gepflegt wurden. Es iſt wenig be=
kannt
, daß die heſſiſchen Verordnungen das Muſter für die preußiſchen
Baumſchutzbeſtimmungen abgegeben haben. Im Jahre 1902 bekauen
wir dann das Denkmalſchutzgeſetz, das auch den Schutz der
Naturdenkmäler ſowohl bemerkenswerter Bäume wie intereſſanter Fels=
partien
ausdrücklich mit einbezog. Ein glücklicher Gedanke der Forſt=
behörde
war es, daß ſie die prächtigſten Bäume unſerer Heimar in
einem beſonderen Buche in anziehenden Schilderungen und ausgezeich=
neten
Naturaufnahmen vorführte. Da das Buch längſt vergriffen iſt,
wird es inteveſſieren, daß auf der Naturſchutzausſtellung eine Reihe
von aus ihm entnommenen Lichtdrucktafeln zu ſehen ſein werden. In
den folgenden drei Jahren hat unſere Forſtbehörde eine Reihe weiterer
Bäume unter Denkmalſchutz geſtellt; beſonders wollen wir es nicht ver=
geſſen
, daß ſie ſich nach dem Kriege des Schutzes unſerer ſchönen Alleen
tatkräftig angenommen hat. Von größeren Naturſchutzgebieten, die als
Ganzes unter Denkmalſchutz ſtehen, beſitzen wir in Heſſen nur ein ein=
ziges
, den Hengſter bei Offenbach. Im letzten Jahre hat der
Vogelsberger Höhen=Club beantragt, auch den geſamten höheren
Vogelsberg zu ſchützen. Ferner iſt in der Preſſe ſchon öfters der
Vorſchlag gemacht worden, den Altrhein bei Stockſtadt ſowie
das Salzpflanzengebiet bei Bad=Nauheim unter Denk=
malſchutz
zu ſtellen; Vorſchläge, die aus juriſtiſchen Gründen nicht ohne
weiteres durchzuführen ſind.
Eine beſonders ſchlimme Gefahr für die heimiſche Pflanzenwelt
ſtellt der Handel dar, der ſich einer Reihe wildwachſender Pflanzen,
meiſt ſolcher mit beſonders ſchönen Blüten, bemächtigt hat. Dieſe wer=
den
in Wald und Flur in großen Mengen abgepflückt und ausgeriſſen
um dann in größeren Städten in Geſchäften, im Hauſierhandel und auf
dem Markt verkauft zu werden. Die Ausſtellung wird ein klares Bild
davon geben, wie ſehr hierdurch die heimiſche Natur verwüſtet wird.
Die Negierung bereitet ein Geſetz vor, um auch dieſen Gewächſen,
die zu den ſchönſten Zierden unſerer Pflanzenwelt zählen, einen aus=
reichenden
Schutz angedeihen zu laſſen. Alle äußeren Maßnahmen
können aber nie zum Ziele führen, wenn nicht jeder Einzelne von einem
Gefühl der Ehrfurcht und der frommen Achtung vor der Natur
und allen ihren Geſchöpfen erfüllt iſt, das ſo innig und kraftvoll ſein
muß, daß jeder ſich mit verantwortlich fühlt für jede
Wandlung, die durch Eingriffe der Menſchen in das naturgewollte Bild
der Heimat hervorgerufen wird. Wir dürfen nie vergeſſen, daß Natur=
ſchutz
nicht etwas iſt, was lediglich für kleine äſthetiſch oder naturwiſſen=
ſchaftlich
intereſſierte Kreiſe von Bedeutung iſt, ſondern daß ſowohl die
Kultur der Perſönlichkeit wie die des ganzen Volkes nur auf der mög=
lichſt
reichen und unberührten Heimatnatur begründet werden kann.

Sektion Starkenburg des Deutſchen und Oeſterreichiſchen Alpen=
vereins
. Es ſei nochmals auf den heute abend 8 Uhr ſtattfindenden
Lichtbildervortrag des Herrn Dipl. Ing. Fritz Schenck, Aſſiſtent an der
Techniſchen Hochſchule, hingewieſen. Das Thema des Vortrages lautet:
Berg= und Wanderfahrten durch Südtirol‟. Die Mitglieder der Sek=
tionen
Starkenburg und Darmſtadt ſind freundlichſt eingeladen; Gäſte
ſind willkommen.
Trockenſkikurſus. Der erſte der alljährlich zur Durchführung
kommenden Trockenſkikurſe beginnt am Freitag, den 16. November,
abends 7.30 Uhr, in der Turnhalle Soderſtraße 30. Eine Vorbefpre=
chung
hierzu mit näherer Aufklärung findet am Freitag, 9. November,
abends 8.15 Uhr, am gleichen Orte ſtatt. Die Leitung dieſes Kurſes
übernimmt Herr Gießmann. Der Kurſusbeitrag beträgt 5 RM.
Anmeldung zu beiden Kurſen übernimmt auch das Sporthaus Adel=

ann, Rheinſtraße.
Vortrag Dr. Heidenreich, Pfarrer in der Chriſtengemeinſchaft,
Freitag, 9. November, 20½ Uhr, in der Städt. Akademie für
onkunſt, Eliſabethenſtr. über Die Wiederkunft Chriſti nach der Lehre
8 Apoſtels Paulus. Aus dem Inhalt: Die Wolken des Himmels
Die Engel der Kraft Zeit und Stunde Der Antichriſt
die Scheidung der Geiſter Die Auferſtehung der Toten, die Erlöſung.
z wird auch über Kriſhnamurti geſprochen. Als Grundlage des Vor=
rages
dient ein Uebertragungsverſuch der Teſſalonicher=Briefe in die
prache der Gegenwart. Daraus wird vorgeleſen an einem zweiten
bend: Samstag, den 10. November, 20.15 Uhrh, in der Städt. Aka=

Swallow rasend hinter Greyhound! Kurz vor Hoheitslinie!
Ballenabwurf vom Schmuggler. Dam! entwischt! Stop!
Ballen an Bord! An 4 Rettungsringen Kiste: Burgeſſ ! Kapitän:
Das ist kein Alkohol! das ist Burgeff Grün! der beste
deutsche Sekt! 3 Mann 2 Pullen, Rest meine Kabine! Gesang
auf Vorder- und Hinterdeck. Auf nächster Ausfahrt jeder Ma-
trose
: Beldstecher.

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Seite 6

Donnerstag den 8 November 1928

Nummer 311

Luther der Lebendige.
Reformationsfeier des Evangeliſchen Bundes.
Es ſind 22 Jahre her, daß Guſtaf Hildebrant, der frühere Schau=
ſpielev
, mit einer ganz neuen dramatiſchen Miſſion hervortrat. Damals
war er noch mehr wie ein Prophet, von wenigen nur verſtanden und
gewürdigt. Nach dem Kriege erſt iſt das Ringen und Suchen nach einer
neuen geiſtigen Kultunr ganz verſtanden worden. Zu innerem Nach=
erleben
großer dramatiſcher Geſtalten wird uns der Weg gezeigt, indem
auf alle ſzeniſche Veränderung auf der Bühne verzichtet iſt. Die
Schauſtellung, zu dia das Theater, verführt durch das Kino, mehr
und mehr geworden iſt, findet ſein Schwergewicht im Sinnfälligen. So
will Hildebrant nur aiss dem eigene Mitſchwingen ſeiner Seele her=
aus
den Geiſtesgehalt der Dichtung vermitteln nach dem Goethe=
wort
: Wer der Dichtungg Stimme nicht vernimmt, iſt ein Barbar, er
gei auch, wer er ſei.
So hat er uns am Süynntag abend bei der Reformationsfeier des
Sbangeliſchen Bundes Müler=Eberhards Drama Luther, der Leben=
dige
nahegebrackt. In fein abgetönter Stimmung und Farbe zeigte
die halbgeöffnete Bühne nidus als die großen fünfarmigen Leuchter, die
die große, härtige Geſtalt hes Rezitators im ſchlichten Luthergewand
am altertümlichen Tiſch wirkſam umrahmten. Vielleicht, daß bei der
erſten Szene die Stimme deß Vortragenden noch nicht ſo recht einge=
ſpielt
war, oder das Neuartigee noch nicht recht miterleben ließ. Dieſer
Kampf Luthers mit den Teufeln war jedenfalls noch nicht ganz befrie=
digend
zur Darſtellung gekomnen. Dann aber ſteigerte ſich das Drama
ſo, daß man nicht wußte, was viehr an die Seele griff, die einzigartige
Charakterzeichnung und Sprachigteiſterſchaft des Dichters oder die gott=
geſchenkte
Kraft, das Ringen der gewaltigen Perſönlichkeit Luthers und
ſeiner Umgebung ſo völlig nadzuempfinden und darzuſtellen. Weit
mehr als alle Inſtrumente iſt doch die lebendige Stimme des Menſchen
der Schlüſſel zu unſerem Innerßten. Dieſe Meiſterſchaft auf ihr zu
ſpielen und mit ihr alle Töne der Seele zum Mitſchwingen zu bringen!
Der Künſtler vermochte in einer Perſon gleichzeitig, fünf verſchiedene
Nollen darzuſtellen, durch nichts ußterſchieden als die Anpaſſungsfähig=
keit
ſeiner Stimme! Und ſo lebenißg war das, daß man glaubte, etwa
die prachtvolle Szene des Wormſer Reichstages wirklich mitzuerleben.
Die deutſch=biedere Ehrlichkeit Frundsbergs, des römiſchem Höflings
Verſchlagenheit, Luthers fromme Tiefe, der Wirtin Kleinbürgerlichkeit,
der Kriegsleute Derbheit ſtanden nur durch der Sprache Gewalt in un=
mittelbarſter
Lebendigkeit vor uns. Und wegen dieſer ans Innerſte
gehenden Eindringlichkeit wirkten aueß die Mahnungen vor römiſcher
Falſchheit ſo unmittelbar, daß man ſie als provhetiſche Mahnungen an
die Gegenwart empfand. In feiner Beherrſchung des Flügels und
prachtvoller Anpaſſung an das Wort ve ſtand es Rechtsanwalt Dr. Karl
Dingeldey ganz aus der Stimmung heraus die muſikaliſche Beglei=
tung
zu geben. Das ganze Vollgefühſl eines Weiheabends wurde
durch die Muſik unterſtrichen. Ergriffen harrte das Publikum über zwei
Stunden in einzigartiger Stille bis zum letzten Wort und brach dann
ſpontan in den Geſang von Ein feſte Burg aus. Hunderte konnten
keinen Zutritt zum Saal mehr finden, da er bis zum letzten Stehplatz
gefüllt war. Die volle Schönheit der Otty=Berndt=Halle und ihre glän=
zende
Akuſtik trat gerade bei dieſem Weiheabend im Erſcheinung. Ein
kurzes Begrüßungswort ſprach der Vorſitzende des Zweigvereins Darm=
ſtadt
des Evangeliſchen Bundes, Pfarrer Bergér. Vielleicht, daß uns
Guſtaf Hildebrant ſpäter einmal mit einem anderen Weihegbend dient.

Stenograßhie. Die Stenographenvereinigung Gabelsber=
ger
Handwerkerſchule, Ecke Karl= und Pieder=Ramſtädter Straße,
eröffnet am Freitag, den 9. November, abends 8 Uhr, neue Kurſe
in Reichskurzſchrift. Die unter Leitung ſtaatlich geprüfter Lehrer der
Stenographie ſtehenden Kurſe geben die ſicherſte Gewähr für gründliche
und gewiſſenhafte Ausbildung. Das Unterrihtsgeld iſt ſehr gering
und kann in Raten bezahlt werden. (S. heutige Anzeige.)
Nachtrag zur Tagesorbnung für die Sätzung der Stadtverorb=
uetenverſammlung
am 8. November: 8a. Bewillägung eines Zuſchuſſes
für die Sozialiſtiſche Kulturtagung (Berichterſtarter: Stadtv. Aßmuth).
8b. Bewilligung eines Zuſchuſſes zur Dreihundertjahrfeier des Lud=
wig
=Georgs=Gymnaſiums. (Berichterſtatter: Stadtv. Haury). 8c. Er=
richtung
eines Sportplatzes der Freien Turngemeinde auf dem Gelände
der ehem. Müllerſchen Aktienziegelei an der Kranichſteiner Straße,
(Berichterſtatter: Stadtv. Wieſenecker). 8d. Zuſchuß zu den Koſten einer
Ausſtellung der Hafraba. (Berichterſtatter: Stadty, Krug.)

Altersfürſorge für weibliche Angeſtellte.
Für die alten Angeſtellten iſt an ſich durch die Angeſtelltenverſiche=
rung
geſorgt, die im Volksmunde als Reichsverſicherung betrachtet wird.
Auf Grund der nach Gehaltsklaſſen abgeſtuften Beiträge, zu denen der
Arbeitgeber die Hälfte beizutragen hat, wird nach Erfüllung der Warte=
zeit
, die für weibliche Angeſtellte 60 Beitragsmonate beträgt, bei Ein=
tritt
des 65. Lebensjahres oder vorher bei dauernder Arbeitsunfähigkeit
eine Nente gewährt, die ſich zuſammenſetzt aus einem Grundbetrag von
jährlich 480 RM. und 15 v. H. der Beträge, die ſeit dem 1. Januar 1924
geleiſtet ſind. Liegt Krankheit vor, ſo wird die Rente vom Ablauf der
26. Woche nach Beginn der Krankheit ab bis zur Wiedererlangung der
Arbeitsfähigkeit gezahlt. Bei der bedauerlichen Abneigung der Be=
triebsinhaber
, ältere Angeſtellte anzunehmen, obwohl ſie noch arbeits=
fähig
und arbeitswillig ſind, kommen viele Fälle vor, daß Perſonen
vor dem 65. Lebensjahr ſtellungslos werden und in Not geraten. Hier
verſucht die Selbſthilfe der Beteiligten durch die zuſammenfaſſende
Kraft der Organifation Milderung der Not herbeizuführen. Der Ver=
band
der weiblichen Handels= und Büroangeſtellten, die älteſte und
größte Organiſation berufstätiger Frauen (Sitz Berlin=Wilmersdorf,
78 Gaugeſchäftsſtellen und etwa 300 Ortsgruppen) hat eine Altershilfe
eingerichtet, die ſtellungslos gewordenen Mitgliedern in der Zeit vom
55. bis 65. Lebensjahr während der Stellenloſigkeit eine Rente zu=
billigt
, ſofern wenigſtens 20jährige Mitgliedſchaft nachgewieſen werden
kann. Beſondere Beiträge werden hierfür nicht erhoben. Vom 65. Le=
bensjahre
oder ſchon früher bei eintretender Berufsunfähigkeit ſpringt
ja die Reichsverſicherung ein. Deren Renten können natürlich nicht ſo
hoch ſein, ſie betragen etwa heute 5070 Mk. monatlich und dürften in
der Zukunft nur ſelten 100. Mk. überſchreiten. Um die Möglichkeit
zu geben, dieſen Betrag zu erhöhen, hat der Verband bereits vor Jah=
ren
eine freiwillige, dem Reichsaufſichtsamt für Privatverſicherung un=
terſtehende
beſondere Rentenverſicherung geſchaffen, die auf dem Anteil=
ſyſtem
aufgebaut, bei mäßigen, in jungen Jahren ſehr niedrigen Bei=
trägen
mit dem Tage, wo die Zahlungen der Reichsverſicherung begin=
nen
, für jeden Anteil 20. Mk. monatlich gibt. Es iſt möglich, bis zu
5 Anteilen zu erwerben. Iſt jemand nicht in der Lage, ſämtliche An=
teile
durchzuhalten, ſo kann er ſie verringern, und es wird ihm das bis=
her
geleiſtete Mehr auf die verringerten Anteile angerechnet. Heiratet
ein Mitglied nach Erwerbung der Anwartſchaft (120 Beitragsmonate),
ſo wird ihm auf Antrag die bisher eingezahlte Summe mit 5 v. H. Zin=
ſen
auf die Geſamtſumme zurückerſtattet, ſo daß die Rentenverſicherungs=
kaſſe
in dieſem Sinne als Ausſteuerkaſſe wirkt. Zurzeit zählt die im
gemeinnützigen Sinne ohne Gewinnabſicht verwaltete Verſicherungskaſſe
4800 Mitglieder mit 12 500 Anteilen.

Gymnaſtikkurſus des Skiklubs Darmſtadt=Odenwald. Der Gym=
naſtikkurſus
, den der obige Klub zur körperlichen Vorbereitung ſeiner
Mitglieder für den kommenden Winterſport augenblicklich durchführt,
hat am 2. November unter zahlreicher Teilnahme von Damen und Her=
ren
begonnen. Der Leiter des Kurſus, Herr Sportlehrer Barg=
mann
=Mannheim, verſteht es vorzüglich, den Kurſus abwechflungs=
reich
und körperlich wirkſam zu geſtalten, ſo daß anzunehmen iſt, daß
der Kurſus ſeinen Zweck voll erfüllt. Weitere Anmeldungen werden
anläßlich der zweiten Uebungsſtunde, am Freitag, den 9. November,
abends 8.45 Uhr, in der Turnhalle Soderſtraße 30 noch entgegengenom=
men
. Kurſusbeitrag für Mitglieder 5 Mk., für Nichtmitglieder 8 Mk.
Gymnaſtikanzug iſt mitzubringen.
*p Große Strafkammer. Wegen ſchwerer Urkundenfälſchung und
Steuerhinterziehung hat ſich ein Kaufmann zu verantworten. Die vor=
genommene
Fälſchung in den Büchern bezweckte eine Täuſchung der
nachforſchenden Steuerbehörden bei der Beſtandsaufnahme. Das Be=
zirksſchöffengericht
hat ihn zu einer Gefängnisſtrafe von ſechs Monaten
und einer Geldſtrafe von zuſammen 5121 Mark verurteilt. Nur wegen
des Strafmaßes iſt vom Angeklagten Berufung verfolgt. Die ergangenen
Steuerbeſcheide ſind rechtskräftig. Die Berufung wird zurückgenommen.
Lokale Veranſtaltungen.
Verein der Hundefreunde. Freitag, den 9. Novem=
ber
, abends 8 Uhr, Mitgliederverſammlung im Vereinslokal Brauerei
Zum goldenen Anker, Große Ochſengaſſe.
Deutſchorden. Heute Donnerstag, 8. November, Knopp=
ſchaftsabend
in Treuenau. Fortſetzung des Referates über den Urtext
des Vertrags von Verſailles.

*Bezirksſchöffengericht.
Tp. 1. Unter der Anklage der fahrläſſigen Tötung ſtehen: Andreas
Dees, Kraftwagenführer in Reichenbach i. Odw., und Bremſer Math.
Heigl in Jugenheim a. d. B. Dees, der den Führerſchein ſeit
1924 beſitzt, fuhr in Dienſten einer Aſchaffenburger Firma am 21. Aug.
1928 nachmittags, während es regnete, mit einem Laſtauto nebſt An=
hänger
von Heppenheim weg Richtung Hambach. Die Straße wird als
ſchwierig zu befahren bezeichnet. Aus Richtung Hambach kam ein land=
wirtſchaftliches
Fuhrwerk entgegen. Der Eigentümer desſelben, Chriſt
von Hambach, konnte nicht gut vorbeikommen. Die Straße von Hepven=
heim
ſteigt an. Das Auto kam rückwärts ins Rutſchen; Chriſt wurde
wider die Böſchung gedrückt und ſtarb am 24. Auguſt. Eine völlige
Klärung darüber wie ſich der Unfall zugetragen hat, kann nur ein
Augenſchein an Ort und Stelle bringen. Das Gericht beſtimmt hierzu
Termin auf 10. November.
2. Ein Auto= und Motorradzuſammenſtoß liegt der zweiten zur
Verhandlung ſtehenden Sache zugrunde. Wegen fahrläſſiger Tötung
ſtehen unter Anklage: Kaufmann Siegfried Enzenſperger in
Köln und ſeitheriger Betriebsleiter Julius Becker in Worms. Ars
25, Mai 1925 fuhr Enzenſperger mit ſeinem Motorrad von Lampert=
heim
Richtung Worms. Der Unfall ereignete ſich an der Straßenkreu=
zung
Worms-Bürſtadt und Worms-Lampertheim. Die Kreuzungs=
ſtelle
(Gaſthaus Kohl) wird als unüberſichtlich bezeichnet, ſo daß Lang
ſamfahren geboten iſt. Von Worms her kam das von Becker gelenkte
Auto. Enzenſperger wurde verletzt und kam unter die Maſchine zu
liegen. Becker will in der Mitte der Fahrbahn gefahren ſein; er will
erſt ganz ſpät das Motorrad geſichtet haben. Auf dem Motorrad ſaß
als Beifahrer des Enzenſperger deſſen guter Freund Rudolf Puff von
Darmſtadt, der tödlich ſtürzte. Die Anklage geht davon aus, daß En=
zenſperger
mit ſeinem Motorrad in übermäßig ſchneller Fahrt und auf
der linken ſtatt der rechten Straßenſeite fahrend aus der Lampertheim
Wormſer Straße in die Worms-Bürſtädter Straße einbiegen wollte.
Becker ſei mit ſeinem Auto in übermäßiger Geſchwindigkeit und nicht
die rechte Straßenſeite einhaltend auf dieſe unüberſichtliche Straßen=
kreuzung
zugefahren. In Betracht kommt, daß Enzenſperger die ein=
ſchlägigen
Straßenverhältniſſe gar nicht kannte, während ſie Becker ver=
traut
waren.
Ein Zeuge (Autofahrer) bezeichnet die Kreuzungsſtelle als ſehr
gefährlich: er pflege bier immer ſehr langſam zu fahren. Ein im von
Worms kommenden. Auto ſitzender Fahrgaſt bekundet, Enzenſperger
habe die Kurve geſchnitten. Der Sachverſtändige ſtellt feſt, daß der von
rechts kommende Fahrer das Vorfahrtsrecht hatte,
Der Staatsanwalt hält die beiden Angeklagten im Sinne der An=
klage
für überführt; er ſtellt keinen beſtimmten Strafantrag, erklärt
aber, eine Geldſtrafe könne nicht, in Frage kommen. Der Verteidi=
ger
des Enzenſperger betont, die Straße Worms-Lampertheim befinde
ſich in einem geradezu troſtloſen Zuſtande; nach Bekundung von Zeugen
ſei der Motorradfahrer vor der Kreuzung ſehr langſam gefahren und
ſei rechts gefahren. Den unglücklichen Erfolg habe er nicht voraus=
ſehen
können; mit einer vorſchriftswidrigen Geſchwindigkeit des Autos
habe er nicht rechnen können.
Das Urteil erkennt gegen Becker als Berufsfahrer auf drei
Monate Gefängnis, gegen Enzenſperger anſtelle einer
an ſich verwirkten Gefängnisſtrafe von einem Monat auf 200 Mark
Geldſtrafe. Das Gericht hat angenommen, daß beide Fahrer mit
zu großer Geſchwindigkeit gefahren ſind.

Straßenſperre. Durch Polizeiverordnung vom 24. Oktober 1928
iſt die Dieburger Straße von der Heinheimer= bis zu der Taunusſtraße,
die Stiftsſtraße vom Nikolaiweg bis zur Dieburger Straße, die Lichten=
bergſtraße
von der Gutenberg= bis zur. Dieburger Straße für den Ver=
kehr
mit Motorrädern geſperrt.

Tageskalender für Donnerstag, den 8. November 1928.
Kandestheater Großes Haus, Anfang 20 Uhr Ende 22 Uhr
C 4: Toboggan. Kleines Haus, Anfang 20. Uhr, Ende nach
22 Uhr, F 2: Der treue Soldat hierauf: Die Weibevverſchwörung,
Orpheum abends 20,15 Uhr: Freut euch des Lebens
Konzerte: Schloßkaffee Kaffee Rheingold, Hotel Schmitz, Spa=
niſche
Bodega, Weinhaus Maxim, Sportplatzkaffee Kolpingshaus.
Städt Saalbau 17 und 20 Uhr, 1. Veranſtaltung des Volks=
verbands
für Filmkunſt. Buchhandlung Müller u. Rühle,
abends 20½ Uhr: Vortrag Dr. Max Wauer. Kinovorſtel=
lungen
: Helig, Palaſt=Lichtſpiele, Reſidenz=Theater.

Familiennachrichten

Statt beſonderer Anzeige.
Heute vormittag ½12 Uhr verſchied mein innigſt=
geliebter
Mann, unſer treuſorgender Vater, Schwie=
gervater
, Großvater, Bruder und Schwager
Herr Profeſſor

Ehrenbürger der Stadt Bensheim
nach längerem ſchweren Leiden in ſeinem 70. Lebens=

jahre.

In tiefer Trauer

und im Namen der trauernden Hinterbliebenen:
Lina Henkelmann, geb. Balz.
Bensheim, den 6. November 1928. (TV. 18071
Die Beerdigung findet am Freitag, den 9 November,
nachmittags 3 Uhr, vom Trauerhauſe, Kirchbergſtr. 24
aus ſtatt.
Es wird gebeten, von Trauerbeſuchen abzuſehen.

Danksagung.

Wer an

Ich habe Dich fe und je geliebt, darum habe
ich Dich zu mir gezogen aus lauter Güte.
Jer, 31, V. 3.
Nach Gottes unerforſchlichem Ratſchluß entſchlief heute
Abend nach langer, ſchwerer, mit großer Geduld ertragener
Krankheit mein treubeſorgter Gatte, unſer herzensguter Vater,
Großvater, Schwiegervater, Bruder und Onkel
Herr (rnſt Geher
Werkführer i. R.
in faſt vollendetem 65. Lebensjahre.
Um ſtille Teilnahme bitten
Witwe Marie Geher, geb. Keller
Familie Karl Geyer
Familie Fr. Gütting
Familie Ernſt Geher
Familie Adam Kaffenberger.
Waſchenbach, Leeheim, Darmſtadt, Nieder=Ramſtadt,
den 6. Nopember 1928.
Die Beerdigung findet am Freitag, den 9. November 1928, nach=
mittags
3 Uhr, vom Sterbehauſe aus ſtatt. 18081

Für die vielen wohltuenden Beweise
der Teilnahme, im besonderen für die herr-
lichen
Kranz- und Blumenspenden, für die
dem Entschlafenen in so reichem Maße
zuteil gewordenen Zeichen der aufrichtigen
Freundschaft, Anerkennung und Anhäng-
lichkeit
sagen wir an dieser Stelle unseren
herzlichen, tiefempfundenen Dank.
Luise Habicht, geb. Merck
Marie, Viktor, Carl Habicht.
Darmstadt, im Nouember 1928.
(18079

TV.18073

Siatt Karien.
Für alle die vielen liebevollen Be=
weiſe
aufrichtiger Teilnahme bei dem
Heimgang unſerer lieben Mutter ſagen
auf dieſem Wege herzlichſten Dank
Geſchwiſter Eichler
Fannh Mühl.
Bensheim, Darmſtadt, 6. Nov. 1928.
(IV. 18 22)

le det, dem teile ich völlig koſtenlos mit, wodurch ich
von einem mehrjährigen Leiden gänzlich befreit wurde
Fritz Kleine, Kaufmann, Bonn 180, Ellerſtr. 67.

Nasenröte
entternt (176886
Peter-Orth, Martinstraße 78.

u

Kraut wird ein=
g
ſchnitt. Anton Gorr,
Gervinusſtraße 39
(29327d=)


Rimt
10,
Er itte Beſcheid auf
Potlagerbrief F. v.
S R.,Weinheim. (*29359

Nettet, in eilig Frl.
Ende 30er, m ſchön
Au=ſteuer, wünſcht
mit Heirn in ſcherer
T eilung zw. Heira
bek z w. Zuſchr. u
R 187 Gſchſt. *29304

Kraut wird eingeſchn.
Frau Fink, Kiesſ.r 12,
1I Stock (16599a
Herren= Anzüge
gebügelt 1 k.
Stärke=Kragen 10Pf.
J. Neumann,
Forſtme ſterſttaße 3.
29316,
Schildchen
für Schaufenſter uſt.
werd. bill, anegfert,
Ang. u. R 201 Gſchſt.
*29336

Dankſagung.
Für die überaus vielen Beweiſe
herzlicher Teilnahme an unſerm tiefen
Schmerz anläßlich des jähen Hin=
ſcheidens
unſers lieben Sohnes, Bru=
ders
und Schwagers
Andreas
ſowie für die vielen Blumen u. Kranz=
ſpenden
, beſonders Herrn Pfarrer
Berger für die troſtreiche Grabrede,
ferner dem Geſangvere n Liederkran;
und dem Geſangschor der Heilsarmee
für die tröſtenden Lieder ſprechen wir
auf dieſem Wege unſern herzlichſten
Dank aus. Die ti=ftrauernden
Eltern und Geſchwiſter
A. Leichtlein.
18108

(15343a)

Schirme
größte Auswall zu
billigſten Preiſen.
überziehen u. reparieren.
Johanna Techel
Schillerpl. 3, Uhren=
haus
. Kein Laden.
(12102a)
fertigt alle
Damhe Arten ma=
ſch
nenſchriftliche Ar=
beiten
, Vervielfälti=
gun
en uſw. ſchnell
u. billigſt Angeb. u.
R 194 an d. Gechſt.
(*29328dm
6l2S BS.
Adler
vierſ, hochmodern u.
neuwertig. (18009b
Müller & Ober
Rheinſtr 39.
Wer liefert (*. 9344
Kartoffeln
oder Kohlen
gegeu ein verſtellbar.
Chaiſelongues neuſ?
Näh. Kranichſteiner=
ſtr
. 34, Stb., Werkſtatt.

Was eilst Du so, Du goldne Süße?
lch hab doch Hühnerangenlüße!
Verzeih? lch will mir ja gleich morgen
Ine Schachtel Lebewohl* besorgen!
* Gemeint ist natürlich das berühmte, von vielen Aerzten
empfohlene Hühneraugen-Lebewohl mit druckmilderndem
Eilzring für die Zehen und Lebewohl-Ballensche ben für die
Fußsohle. Blechdose (8 Pflaster 75 Pf., Lebewohl-Eußbad
gegen empfindüche Füße und Fußschweiß Schschte 2 Bäder)
50 Pf., erhältlich in Apotheken und Drogerien. Sicher zu haben beit
Drog G. Hübner Karlstr. 56, L. Petri. Nfl Inh. W. Preußer,
Roßdörferstr 5 Chr Schwinn, inh. W. Reich Drog., Rhein-
Straße 3 Schwanen-Drogerie O. Walter. Gardistenstraße 17,
Falais-Drog P Pohl, Ecke Saa bau- und Elisabe thenstraße,
Fr. Schaefer, Ludwigplat 7. Engel-Drog, H. Schaub Karl-
Str 28 Germania-Drog. K Ste nhäuser Nieder-Ramstädter-
Straße, Gebr. Vierheller, Drog., Schustergasse 14. A. Zach-
mann
. Merkur-Drog Bleichstr 46.
In Roßdorf: Drogerie A. Löffler.

[ ][  ][ ]

Nummer 311

Donnerstag, den 8 November 1928

Seite 7

Aus Heſſen.
Starkenburg.
An. Arheilgen, 7. Nov. Kirchweihfeſt. Vom Wetter begünſtigt,
fand am Sonntag und Montag das hieſige Kirchweihfeſt ſtatt. Am erſten
Tage war der Zuſtrom von auswärtigen Gäſten, namentlich aus Darm=
ſtadt
, ungeheuer. Die Heag hatte ihren normalen Zugverkehr durch
Viertelſtundenbetrieb erhöht und bis nachts 1 Uhr verlängert, um den
Anforderungen, die an ſie geſtellt wurden, gerecht zu werden. In der
Dieburger Straße heryſchte ein derartiger Verkehr, daß man ſich nur
mit Mühe durch das Gedränge durchwinden konnte. Vekaufsſtände in
erheblicher Zahl prieſen ihre Sochen an. Karuſſell und Schießbude
boten der Jugend ausreichend Gelegenheit, die für die Kerb in monate=
langer
Spartätigkeit erworbenen Mittel los zu werden. Die Lokale,
beſonders die Tanzſäle, waren überfüllt. Ueberall herrſchte fröhliche
Stimmung, und viele Teilnehmer wurden erſt durch das tiefe, dumpfe
Grollen der Motoren des mit voller Kraft über unſeren Ort dahin=
ziehenden
Graf Zeppelin dapan erinnert, einmal nach der Uhr zu
ſehen und an das Nachhauſegehen gemahnt. Die Geſchäftsleute, nament=
lich
die Gaſtwirte, hatten für die leiblichen Bedürfniſſe vorzüglich ge=
ſorgt
, ſo daß alle Gäſte voll und ganz befriedigt waren. Auch am
zweiten Tage herrſchte wieder buntes Treiben in den Straßen; doch
waven es diesmal die Einheimiſchen, die ſich in froher Kirchweihſtim=
mung
den Freuden des Lokalfeſtes hingaben. Kommenden Sonntag
folgt noch die Nachkirchweih, und werden dann für unſeren Ort wieder
ruhigere Zeiten eintreten.
An. Arheilgen, 7. Nov. Der Obſt= und Gartenbauver=
ein
veranſtaltet dieſen Freitag im kleinen Saal des Gaſthauſes Zur
Sonne einen Lichtbildervortvag über Die Roſe‟. Derſelbe beginnt
um 8½ Uhr und wird die Entwicklung, ſyſtematiſche Einteilung und
ihre glanzvolle Schönheit in zahlreichen Bildern zeigen und ſeien alle
Freunde dieſer Königin unter den Blumen auf dieſe Veranſtaltung
hingewieſen. Wenn du noch eine Mutter hoſt, ein Lebensbild,
wird am kommenden Sonntag dunch Mitglieder des Jungmädchens=
und Jünglingsvereins unter Mitwirkung des Poſaunenchors im Ge=
meindehauſe
zur Aufführung gebracht. Von der Bürger=
meiſterei
. Herr Bürgermeiſtereioberſekretär Laroche, der ſeit neun
Jahren auf der hieſigen Bürgermeiſterei tätig war, wurde mit großer
Stimmenmehrheit zum Bezirksbürgermeiſter in Wadern bei Trier ge=
wählt
und wird darum unſeven Ort in Kürze verlaſſen,
O. Erzhauſen, 6. Nov. Nächſten Sonntag, den 11. November, be=
abſichtigt
der Geſangverein Germania im Saale Zur Krone ſeinen
diesjährigen Theaterabend abzuhalten. Zur Aufführung ge=
langt
: Es war in Heidelberg, Volksſtück in fünf Akten. Am ver=
floſſenen
Sonntag führte die Freie Sportvereinigung zugunſten des
Denkmalfonds im großen Saale Zur Linde das Drama Die Waf=
fen
nieder auf. Der Saal war übervoll beſetzt; größten Beifall
ernteten die Spieler; Frau Dilfer, Herr Deuſer und Gaußmann.
J. Griesheim, 7. Nov. Der letzte Jahrmarkt=Sonntag war ein an=
genehmer
Herbſttag, der unſerem Jahrmarkt ſehr zuſtatten kam. Der
Verkehr war ein recht lebhafter, die Verkaufsbuden waren von Kauf=
luſtigen
immer gut umſtanden und auch die übrigen Marktbeſucher, wie
Karuſſell= und Schießbudenbeſitzer dürften auf ihre Rechnung gekommen
ſſein. Die Tanzlokale waren am Abend ebenfalls gut beſucht, ſo daß
auch unſere Wirte mit dem diesjährigen Marktgeſchäft zufrieden ſein
werden. Am Donnerstag abend 8 Uhr wird Miſſionar Jürgens im
evang. Gemeindeheim einen Lichtbildervortrag halten über Die Flucht
vor dem Leben. Eine Rotte junger Burſchen, die ſeit einiger Zeit
Gefallen daran findet, nächtlicherweile allerlei Unfug zu treiben, hat in
der Nacht zum Sonntag wieder an einigen Hofreiten in der Pfung=
ſtädter
Straße, Hintergaſſe und an ſonſtigen Plätzen allerhand Sach=
ſchaden
verurſacht. Am Donnerstag, den 8November d. J., abends
8 Uhr, findet auf dem Rathaus eine Gemeinderatsſitzung ſtatt.
4a. Gberſtadt, 4. Nov. Turnererfolg. Bei dem am Sonntag
in Weiterſtadt zur Austragung gelangten Herbſtwaldlauf des Main=
Rodgaues errang die 1. Mannſchaft der Turngeſellſchaft, e. V., Eber=
ſtadt
mit 21 Punktem in der B=Klaſſe den erſtem Platz. Die zweite
Mannſchaft konnte dagegen in der C=Klaſſe nur den 5. Platz erringen.
Im Einzellauf ſiegte A. Hartmann an erſter Stelle. Außerdem wurden
im Einzellauf noch drei Preiſe errungen. Die Freie Turnerſchaft
Eberſtadt hielt am Samstag abend im gut beſetzten Schwanenſaal ihr
diesjähriges Schauturnen Modernes Turnen im Bühnenbild ab. Die
einzelnen Darbietungen fanden großen Beifall.
P. Eberſtadt, 7. Nob. Balladen=Abend. Beſtrebt, immer
Neues zu bieten, hat der Geſangverein Frohſinn (1842) für ſeine dies=
jährige
Herbſtveranſtaltung einen Balladen=Abend in Ausſicht genommen,
der am nächſten Sonntag den 11. November, im Saale Zum Berg=
ſträßer
Hof (Fiſcher) ſtattfindet. Als Mitwirkende ſind gewonnen: Frau
Suſanne Stoll=Darmſtadt (Sopran) und Herr Georg Pfeifer, ein Mit=
glied
des Vereins (Bariton). Der muſikaliſche Teil wird von dem
Muſikverein Edelweiß ausgeführt. Die Vortragsfolge weiſt 16 Num=
mern
auf, die in einer Weiſe ausgewählt und zuſammengeſtellt ſind, daß
man auch diesmal mit einer künſtleriſch auf der Höhe ſtehenden Veran=
ſtaltung
rechnen kann. Der unter der Leitung des Lehrers Born= Darm=
ſtadt
ſtehende Chor des Vereins wird Werke von Rheinberger, Gerns=
heim
, Schmidt, Hegar, Riedel, Othegraven und Planer zu Gehör bringen.
Wer einen genußreichen Abend bei dem dafür Gewähr bietenden Verein
Frohſinn verbringen will, verſäume nicht, die Veranſtaltung zu be=
ſuchen
. Der Eintritt koſtet an der Kaſſe 1 Mark, im Vorverkauf bei den
Mitgliedern des Vereins 80 Pfennige.
Aa. Pfungſtadt, 7. Nov. Holzhauerei. Die Holzhauerei foll
demnächſt aufgenommen werden. Zunächſt müſſen jedoch die Lohnver=
hältniſſe
geklärt ſein. Ueber den Stundenlohn bei den Riolarbeiten hat
es bekanntlich eine Meinungsverſchiedenheit zwiſchen Gemeinderat und
Forſtamt gegeben. Der Gemeinderat iſt nämlich über den von der Forſt=
behörde
feſtgeſetzten Betrag von 8 Pfg. für den Quadratmeter um 1 Pfg.
hinausgegangen. Die Nachzahlung des Differenzbetnages von 1 Pfen=
nig
für den Quadratmeter ergibt 736 RM. Der Gemeinderat ſteht nach
wvie vor auf dem Standpunkt des feſtgeſetzten Betrages. Die Angelegen=
heit
ſoll beim Kreisamt und Miniſterium durch perſönliche Fühlung=
nahme
mittels einer Kommiſſion durchgeführt werden. Das Kulturbau=
amt
Darmſtadt hat die in dieſem Sommer aufgenommenen Arbeiten an
den Wieſengräben inzwiſchen genau berechnet. Nach dieſer Berechnung
ſind bei dem ſogen. Wellberggraben 393,59 Kubikmeter und bei den
ſonſtigen Grabenarbeiten etwas mehr als 5330 Kubikmeter Erde bewegt
wvorden. Dieſes engibt bei der Berechnung von je 150 RMM. für den
Kubikmeter, entgegen dem bereits gezahlten Stundenlohn eine Nachzah=
lung
von 13.38 RM. bei den Wellbergarbeiten und von 65,73 RM. bei
den ſonſtigen Wieſengrabenarbeiten. Bei einer Umfrage über die Zah=
lung
von Stundenlöhnen an Gemeindearbeiter hat die Gemeindeverwal=
tung
feſtgeſtellt, daß der Stundenlohn von 80 Pfg., bzw. 90 Pfg., für
Gemeindearbeiten beibehalten werden kann. Ueber das Anweſen von
Neff. Ecke Mainſtraße und Eberſtädter Straße, iſt noch keine Entſchei=
dung
gefallen. Es handelt ſich darum, ob das Anweſen demnächſt mit
der Abſicht eines Abbruches zur Verbreiterung der Eberſtädter Straße
zur Verſteigerung gelangen ſoll oder nicht Der Gemeinderat hat in
ſeiner letzten Sitzung die Apbeiten an mehreren Gemeindehäuſern, auch
Reparaturarbeiten uſw. vergeben.
4a. Pfungſtadt, 7. Nov. Straßenherſtellung. Die Linden=
ſtraße
ſoll nach dem neuen Colgs=Kaltaſphaltverfahren von der Heſſi=
ſchen
Wegebau=G.m.b. H. hergeſtellt werden. Es ſollen jedoch möglichſt
hieſige Arbeiter Verwendung finden. Die Floßrinnen werden mit
Pflaſter verſehen. Die Fußſteige ſollen mit Kies belegt werden. Schwere
Fuhrwerke dürfen die Straße nicht paſſieren. Wie verlautet, ſoll das
neue Verfohren um die Hälfte billiger als die Pflaſterung ſein.
Kirche contra Gemeinde. Bei den Aufwvertungsverhandlungen
Kirche gegen die Gemeinde ſoll die Gemeinde durch einen Rechtsanwalt
vertreten werden.
Nieder=Beerbach, 7. Nov. Sonntag und Montag fand in der
Gaſtwirtſchaft Lautenſchläger dahier eine Kunſtausſtellung von über hun=
dert
Original=Graphiken ſtatt. Holzſchnitte, Radierungen und Stein=
drucke
, einfarbig und mehrfarbig, waren in reicher Menge und in fein=
ſer
Ausführung zu ſehen. Namhafte Künſtler zeigten zum Teil ganz
känzende Proben ihrer Kunſt. Lovis Corinth war mit einem wunder=
vollen
Rückenakt in ſeiner Suſanna im Bade vertreten. Kampf ſtellte
einen prächtigen Kämpen in ſeinem Fichte aus. Karl Bauer kam mit
einem Napoleonbild zur Geltung. Käthe Kollwitz war mit einem Bild:
Arbeiterin in Blau zu ſehen. Bilder von Bock, Zador, Erler, Sepp
Frank, Quante, Sieck, Ingwer Paulſen, Goldſchmitt und andere waren
ausgeſtellt. Am Sonntag abend führte ein Lichtbildervortrag von Herrn
Pfarrer Hofmaan in die Technik der Arbeit ein und machte die Zuhörer
mit dem Weſen der einzelnen Druchverfahren bekannt. Die Ausſtellung
war veranſtaltet von der evangeliſchen Kirchengemeinde, das Material
zur Ausſtellung war in freundlicher Weiſe durch die Geſellſchaft für
Volkshildung in Berlin zur Verfügung geſtellt worden. Der Beſuch der
Veranſtaltung war zufriedenſtellend. Ständige Führungen ſuchten das
rechte Verſtändnis der Bilder zu vermitteln.
G. Ober=Ramſtadt, 7. Nob. Theaterabend. Die Turngeſell=
ſchaft
e. V. Ober=Ramſtadt hielt am Sonntag, den 4. ds. Mts., im
Schützenhofſaale einen Theaterabend ab, bei dem die Operette in drei
Akten: Der Goldfiſch vom Königsſee über die Bretter ging. Der
große Saal war bis zum letzten Platz beſetzt. Flott, ungezwungen und
humorvoll entledigten ſich alle Mitwirkenden ihren Aufgabene und

ernteten für die geſchickte Darſtellung brauſenden Beifall. Die muſika=
liſche
Leitung lag in Händen des Herrn Hauptlehrers i. R. Württem=
Gerger. Auf den ſchönen Verlauf dieſer erſten ſeiner diesjährigen Win=
terveranſtaltung
kann der Verein ſtolz ſein. Am kommenden Samstag, heiten und Reize au Platze wäre. Mit einem dreifachen Töffe=Heil auf
den 10. November, abends 8 Uhr, hält der Odenwaldklub, Ortsgruppe
Ober=Ramſtadt, im Saale Zum Löwen ſein diesjähriges Wanderer=
ehrungsfeſt
ab.
Lichtenberg f. O., 7. Nov. Lichtenberg hält am Sonntag, den
11. Nobember, ſeine Nachkirchweihe ab. Man darf hoffen, daß ſie den der ſtädtiſche Sport= und Erholungspark allen an ihn zu ſtellenden An=
vorhergehenden
an Gemütlichkeit nicht nachſtehen wird. Die Feldarbeiten
ſind ziemlich beendet, und wer vor vier Wochen nicht auf ſeine Rechnung
gekommen iſt, dem iſt jetzt Gelegenheit geboten, das Veyſäumte nachzu=
holen
. Jeder weiß, daß es in Lichtenberg immer fidel zugeht und daß
Küche und Keller des Hauſes Schellhaas nur das Beſte liefern.
Le Groß=Umſtadt, 6. Nov. Kirchliche Wahlen. Die kirch=
lichen
Wahlen in unſerer Stadt ſind nunmehr beendet. Bei der Wahl
zur Kirchengemeindevertretung lag nur ein Wahlvorſchlag vor, und
damit erübrigte ſich eine eigentliche Wahlhandlung. Neu wurden zu
den ſeitherigen Mitgliedern gewählt: Oberſtudiendirektor Pfersdorff.
Frau Bernhardt Ganß und Studienrat Dr. Völzing. Zur Wahl des
Kirchenvorſtandes waren 25 Wähler erſchienen. Die Herren Bernhard
Hehl und Martin Hax 5, wurden zu Ehrenkirchenvorſtehern ernannt.
In den lutheriſchen Kirchenvorſtand wurden acht Herren gewählt. Es
ſind dies: Albert Arzt, Oberreallehrer Bernbeck, Martin Dittel, Stadt=
rechner
Holzapfel, Heinrich Schohe, Ratsſchreiber Gebhardt, Juſtiz=
inſpektor
Joſt und Rektor Maſer. Die drei letztgenannten Herren
wurden neugewählt. Da die Wahlen bereits vom Dekanatsausſchuß
genehmigt worden ſind, ſo wird die Einführung der Neugewählten
alsbald erfolgen. Von dem ſchönſten Wetter begünſtigt, wurde am
Sonntag und Montag die hieſige Kirchweihe abgehalten. Der Beſuch
von hier und den benachbarten Orten war ein äußerſt reger, ſo daß die
intereſſierte Geſchäftswelt in jeder Weiſe auf ihre Rechnung kam.
Groß=Zimmern, 7. Nov. Familienabend. Der Turnverein
1863 hielt in den Räumen des Vereinslokals ſeinen Familienabend, der
einen über alle Erwartungen glänzenden Verlauf nahm. Die altbewährte
ſchneidige Hauskapelle eröffnete, anſchließend folgte die Anſprache des
erſtem Vorſitzenden. In herzlicher Weiſe begrüßte er alle Güſte, Freunde
und Gönner des Vereins und dankte für den überaus guten Beſuch.
Die Schüler mit ihren Freiübungen, ſowie die allerliebſt ausgeführten
Reigen der Schülerinnen zeigten unter ihrem rührigen Abteilungsleiter
Vorzügliches. Auch die Marmorgruppen in Form von Pyramiden unter
effektvoller Beleuchtung löſten großen Beifall aus. In vollendetſter
Form brachten Schüler, Turnerinnen, erſte und zweite Turnerriege das
deutſche Geräteturnem am Barren. Ein Turnſpiel, ſowie gkrobatiſche
Uebungen der Schüler gehörten ohne Zweiſel zu den beſten Darbietun=
gen
des Abends. Gbenſo verdient das elektriſche Keulenſchwimmen der
Turnerinnen beſondere Erwähnung. Meiſterhaft verſtand es ein Tur=
ner
, den turneriſchen Teil des Programms auf dem Klavier zu begleiten,
Anſchließend folgte die Siegerverkündigung vom Vereinswetturnen. Der
nach der Siegerehrung von einer Turnerin kernig geſprockene Prolog
gab der Feier des Abends ein weihevolles Gepräge. Die Pauſe wurde
durch Muſikſtücke und den Vertrieb von Tombolaloſen ausgefüllt. Der
zweite Teil bot eine Reihe humoriſtiſche Vorträge, zu denen Turnerin=
nem
und Turner ihr beſtes gaben, um Freunden und Gönnern noch recht
vergnügte Stunden zu bereiten.

Omdt

gegen Schnupfen
Wirkung frappank

O. Dieburg, 7. Nov. Gruppenwaſſerwerk Dieburg. Der
Kreisausſchuß des Kreiſes Dieburg hat ſoeben die erſten Arbeiten für
das Gruppenwaſſerwerk des Kreiſes Dieburg vergeben. Es handelt ſich
um die Vergebung von vier Loſen an nur heſſiſche Firmen. In Betracht
kommen zunächſt die Arbeiten für die ſüdliche Fernleitung Groß= Zim=
mern
-DieburgHergershauſen, ſowie für die Ortsnetze von Groß= Zim=
mern
, Dieburg und Münſter. Wie verlautet, ſollen in Kürze auch die
Arbeiten für das im Wald von Hergershauſen zu erſtellende Pumpen=
wärterhaus
zur Vergebung gelangen. Man rechnet damit, daß der erſte
Teil des Dieburger Gruppenwaſſewwenkes bis zum Herbſt kommenden
Jahres fertig ſein wird.
r. Babenhaufen 4. Nov. Das Handballſpiel, das unſer
Sportverein Germania am Sonntag vormittag gegen Polizei=
Sportverein Darmſtadt 4. auf dem Exerzierplatze austrug, endete nach
überlegenem, ſtets offen geführtem Kanwpfe mit einem Siege der Hieſigen,
die in beſter Form waren, 7:3 (Halbzeit 4:2). Die Gäſte, die nur mit
9 Mann angetreten waren, ſpielten wohl aufopfernd, waren aber den
erfahrenen Platziuhabern nicht gewachſen. Schiedsrichter Eſchen=
felder
von Rot=Waiß Darmſtadt war dem auf beiden Seiten vor=
nehm
durchgeführten Spiel ein gerochter, einwandfreier Leiter. Ver=
kauf
des Poſtgehäudes. Das Poſtgebäude, das ſeit 1927 im
Beſitze der hieſigen Volksbank war, iſt zu einem Kaufpreis von 26 000
Reichsmark mit dem 1. November 1928 an die Reichspoſt übergegangen.
Durch die beſtehenden Mieterſchutzgeſetze hatte die Volksbank trotz des
günſtigen Urteils im Näumungsprozeß keine Ausſicht, in abſehbarer Zeit
das Gebäude zu beziehen.
L. Michelſtadt, 6. Nov. Geſellſchaft der Muſikfreunde
im Odenwald. Im ſtilvollen Saale des hiſtoriſchen Schloſſes
Fürſtenau veranſtaltet am kommenden Sonntag dem 11. November
ds. Js., nachmittags 5 Uhr, die Geſellſchaft der Muſikfreunde im Oden=
wald
ihr 111 Konzert. Ein auserleſenes, den Bedürfniſſen eines wahren
Kunſtfreundes gerecht weudendes Programm wird von namhaften
Größen auf muſikaliſchem Gebiet, wie Frl. Ilſe Bernatz=Frankfurt a. M.
(Cello), Frl. Julie du Ménil=Darmſtadt (Mezzoſopran) und Frau Ober=
forſtmeiſter
Heyer=Michelſtadt (Klavier) beſtritten. Vom Oden=
waldklub
. Die 13. Wanderung der Ortsgruppe Michelſtadt des Oden=
waldklubs
wird am Sonntag, dem 11. Nov=mber, durchgeführt und
bringt die Teilnehmer über Weitengeſäß nach Eulbach. Die Führung
dieſer Wanderung iſt von den Herren Keitzer und Monſchein über=
nommen
Religiöſe Volksvorträge. Die in der Stadt=
kirche
ſtattfindenden religiöſen Vollsvorträge dauern noch bis zum
11. November. Volksmiſſionar Adelhelm, der aus den Vorträgen im
vergangenen Herbſt noch in aller Exinnerung ſein dürfte, ſpricht über
Glaubens= und Lebensfragen. Von der Freiw, Sanitätö=
kolonne
. Unter Leitung des Kolonnenarztes, Herrn Dr. med. Narl
Puth, hat die Freiwillige Sanitätskolonne vom Roten Kreuz einen
neuen Ausbildungskurſus in der Stadtſchule begonnen. Die Ausbildung
bezieht ſich in erſter Linie auf die Hilfeleiſtung bei eingetretenen Un=
fällen
jeder Art bis zum Eintreffen des Arztes. Lehraang an
der Landw. Schule zu Michelſtadt. Am geſtrigen Tage nahm
der diesjährige ordentliche Lehrgang an der Landw. Schule Michelſtadt
ſeinen Anfang. Der für ſämtliche heſſiſchen Lmndwirtſchaftsſchulen gel=
tende
Lehrtlan liegt auch dieſem Lehrplan zugrunde. Zur Aufnahme
werden alle ſpäteſtens an Oſtern 1927 aus der Schule Entlaſſene bzw.
Konfirmierte zugelaſſen.
b. Erbach i. O., 5. Nov. Vierländerfahrt. Die angekün=
digte
Vierländorfahrt des Motorrad=Clubs e. V. Worms fand geſtern,
begünſtigt von herrlichem Herbſtwetter, ſtatt. Der Führungswagen des
Verkehrsvereins empfing die Nennleitung und die Spitze der Rennfahrer
in der Maxbach und geleitete das Feld, das von zurka 20 Fahrern ge=
bildet
war, nach dem Gelände des ſtädtiſchen Sport= und Erholungs=
parkes
. In der Feſthalle Unter den Linden fand anſchließend die
Kontrolle der Fahrer bzw. deren Ausweiſe durch Herven des Verkehrs=
vereins
ſtatt. Allen Fahrtteilnehmern wurde durch die Stadtverwal=
tung
eine Erfriſchung in Geſtalt eines aus der bekannt guten Küche des
Hauſes Eckerlin ſtammenden Tellers Fleiſchbrühe gereicht, was von den
Gäſten dankbar anerkannt wurde. Den erſten Fahrern wurde die Zeit
9,49 in die Ausweiskarten eingetragen. In kurzen Abſtänden tra=
fen
weitere geſchloſſene Felder ein, ſo daß nach Schluß der Kontrolle
(10,45 Uhr) 56 von 70 geſtarteten Fahrern die erſte Kontrollſtavion Er=
bach
erreicht hatten. Namens der Stadtverwaltung hieß Herr Bürger=
meiſter
Dengler die Gäſte herzlich willkommen. Er betonte, daß ſeitens
der Stadtverwaltung alles daran geſetzt werde, um den herrlichen Oden=
wald
weiteſten Kreiſſen unſerer Wanderer und Motor=Fahrer und
Sportler zu erſchließen, und bat, auch bei ſpäteren Fahrten, die nicht
in geſchloſſenem Verband ſtattfinden, unſer aufblühendes Städtchen mit
Beſuchen zu beehren. Herzlichen Willkommensgruß entbot der Präſi=
dent
des Heſſiſchen Automobilklubs, Seine Erlaucht der Erbaraf Alexan=
der
, im Auftrag des Klubs und A.v.D, den Sportkameraben. Auch er
gab ſeiner Genugtung darüber Ausdruck, daß der Klub den Weg in den
ſchönen Odenwald gefunden habe. Er hofft in der kommenden Zeit auf
eine Beſſerung der nicht ganz zeitgemäßen Straßenverhältniſſe und er=
wartet
ſo eine Hebung des Autoverkehrs, die unſerem herrlichen Ge=
birge
neue Freunde und Kurfremde zuführen. Auch ſein Wunſch galt
einer haldigen Wiederkehr des M.C. Worms. Namens des Verkehrs=
vereins
Erbach begrüßte deſſen Vorſitzender, Herr Rechnungsrat Fehr,
die Gäſte. Sein Hoch galt dem Klub und ſeinen Fahrern, mit dem herz=
lichen
Wunſche für eine glückliche Beendigung der Veranſtaltung, die an
Fahrer und Maſchinen erhebliche Anſorderungen ſtellt. Der Sportleiter
des M. C. Worms, Herr Zuther, dankte, ſichtlich erfrent von dem freund=
lichen
Empfang, in bewegten Worten für die dem Klub bewieſene Auf=
merkſamkeit
. Er gab die Verſicherung, daß der Tag efne Kette ſpäterer
Beſuche durch die Mitglieder und Freunde des Klubs zur Folge habe.

Er wies auch ſeinerſeits darauf hin, daß es vielleiht an dem Straßei=
verhältniſſen
liege, wenn der Odenwald und ſeine gaſtlichen Stätten nicht
ſo von Motorſportlein beſucht wären, wie dies angeſichts ſeiner Schön=
die
Stadt Erbach ſchloß er ſeine Ausführungen. In impoſantem Maſſen=
ſtart
verließen die Rennfahrer punkt 11 Uhr unſer Stäbtchen, eſine an=
genehme
Crinnerung an dasſelbe mit auf den Weg nehmend. Die
geſtrige Veranſtaltung hat wieherum bewieſen, wie praktiſch und gelegen
forderungen entſpricht. Sogar für autoſportliche Veranſtaltungen, wie
Geſchicklichkeitsfahren u. a., iſt die Anlage wie geſchaffen, wie die Motor=
ſportler
ausdrücklich hevvorhoben. Außerdem wurde die günſtige Lage
direkt an der Lurchgangsverkehrsſtraße mit Genugtuung bemerkt.
Handball. Eine ungewohnt große Zahl von Beſuchern brachte das
geſtrige Handballſpiel Erbach-Groß=Zimmern auf die Beine. Mit
Spannung wurde das Spiel zwiſchen den beiden ſtärkſten Mannſchaften
des Gaues verfolgt. Am Anfang gewinnt man den Eindruck, daß ſich
gleichvertige Gegner gegenüberſtehen. Erbach erlangt das Führungs=
tor
, doch bald holt Bimmern auf. Mit 2:1 für Erbach gehts in die
Halbzoit. In der zweiten Hälfte bekommt das Spiel eine ganz andere
Note. Erbach findet ſich in tadelloſem Spiel zuſammen. Immer und
immer wieder iſt das gegneriſche Tor bedroht. Wieder und wieder ge=
lingt
der Durchbruch und führt zum Erfolg. Gvoß=Zimmern kämpft
mit aller Kraft und mit größter Energie. Doch ſeine Angriffe zer=
ſchellen
an der Erbacher Verteidigung, und vor allem an der ſtaunens=
werten
Kunſt des Erbacher Tormannes. Es bleibt für Zimmern bei
dem Ehrentor. Reſultar 5:1 für Erbach. Mit den Schiedsrichter,
Herrn Klotz=Lengfeld, konnten beide Parteien zuſrieden ſein. Er=
bach
hat mit dieſem Spiel alle Spiele der Vorrunde gewonnen und führt
die Tabelle. Hoffentlich iſr ihm auch in den kommenden Rückſpielen das
Glick hold.
m. Beerfelden, 6. Nov. Allerlei. Geſtern war der letzte Vieh=
maukt
für dieſes Jahr; aufgetrieben waren 207 Stück Läuferſchwveine
und Ferkel und 7 Stück Großvieh. Bei mäßiger Kaufluſt und mittlerem
Geſchäftsgang erzielten die Läufer pro Pgar je nach Qualität 40 bis
70 RM., die Ferkel 2035 RRN. Der Sonntag brahte unſerer
1. Jugend des V.f.R. einen ſchönen Erfolg im Freundſchaftsſpiel, mit
der verſtärkten 1. Jugend des V.f.R. Erbach. Nach Halbzeit ſtand das
Spiel 1:1 und konnte mit 3:1 füe die h ſige Mannſchaft beendet wer=
den
. Nachdem vor einiger Zeit Herr Gendarmeriemeiſter Köhler
als Kommiſſar nach Gießen verſetzt wurds, ſiodelte dieſer Tage Herr
Gendarmeriemeiſter Müller aus Hainſtadt i. O. hierher über und
wurde Führer der Gendarmerieſtation Beerfelden, die im ganzen drei
Herren zählt. Er bezog die Wohnung ſeines Vorgängers in der dem
Ortsgewerbeverein gehörigen Gewerbeſcmle.
Hirſchhorn, 7. Nov. Waſſerſtand des Neckars am
6. November: 0,56 Meter; am 7. November: 0,51 Meter.
H. Aus dem Neckartal, 6. Nov. Abänderung der Fried=
hofsordnung
. Nach Beſchluß des Gemeinderats der Gemeinde
Wimpfen ſowie des Kreisausſchuſſes und mit Genehmigung des Mini=
ſteriums
des Innern wird die Friedhofsordnung der Gemeinde Wimpfen
wie folgt geändert: Die Erbbegräbnisplätze werden nur auf 60 Jahre
überlaſſen und fallen nach dieſer Zeit wieder an die Gemeinde zurück,
können aber wieder neu erworben werden. Straßenſperre.
Die Straße Hirſchhorn-LandesgrenzeGberbach iſt nun mit Walz=
arbeiten
fertiggeſtellt. Nun wird die Straße HirſchhornNeckarhauſen
in Angriff genommen und dürften die Arbeiten ſich bis Ende November
hinausziehen. Für dieſe Zeit bleibt die Straße weiter geſperrt.
A. Fürth i. Odw., 7. Nov. Zum Rektor ernannt wurde der
ſeither nur proviſoriſch verwendete Rektor Henrich an der hieſigen
Volksſchule.
H. Von der Bergſtraße, 7. Nov. Zeppelinpoſt aus Ame=
wika
. Auch für einige Bewohner in Lützelſachſen brachte diesmal der
Luftrieſe aus dem Dollarlande Briefpoſt mit von in Amerika lebenden
Lützelſachſenern. Die Briefe waren mit Briefmarken von 110 Cents
frankiert. Von der Auflieferung bis zum Ankunftstage waren ſechs
Tage verfloſſen.
o Gernsheim, 6. Nov. Anläßlich der Betriebsſtillegung des hieſi=
gen
Werkes der Chemiſchen Fabrik Buckau fand auf dem Stadthaus
dahier ein Sitzung ſtatt, an der als Vertreter des Kreisamts Groß=
Gerau Regierungsaſſeſſor Dr. Fauſt, als Vertreter des Gewerbeaufſichts=
amts
Darmſtadt Gewerberat Dr. Müller, als Vertreter der Fabrik
Herr Dipl.=Ing. Karl Oberndorf und der Vorſitzende des Betriebs=
rates
, Fabrikarbeiter Heinrich Greb, teilnahmen. Dipl.=Ing. Obern=
dorf
legte in eingehender Weiſe die Gründe dar, die für die Betriebs=
einſtellung
maßgebend waren. Der Betriebsratsvorſitzende Greb. gab
dem Wunſche Ausdruck, daß ſeitens der Firma eine Unterſtützung den
älteren und langjährigen Arbeitern zuteil werden folle. Seitens der
Werkleitung konnte jedoch eine bindende Erklärung nicht abgegeben
werden, jedoch ſoll verſucht werden, bei der Generaldirektion hinſichtlich
dieſes Punktes vorſtellig zu werden. Hoffentlich geht der Wunſch des
Betriebsrates in Erfüllung. Aus Anlaß der 10jährigen Beendigung
des Krieges hatte der Reichsbund der Kriegsbeſchädigten und Hinter=
bliebenen
zu einer Gefallenenehrung auf dem Ehrenfriedhof
am vergangenen Sonntag vormittag um 11 Uhr eingeladen. Deu Be=
ſuch
der Feier war ein überaus guter. Die Muſikkapelle Wilhelm lei=
tete
den tiefernſten Moment durch den Choral Auferſtehen ein. Wür=
dig
reihte ſich der Chor Nun ſchläft der Held, vorgetragen von dem
Männergeſangverein Sängerluſt, an. Herr Hausmeiſter Wolf, Vor=
ſitzender
der hieſigen Ortsgruppe, hielt die Gedenkrede mit anſchließen=
der
Kranzniederlegung. Ergreifend wirkte auch der Chor des Geſang=
vereins
Liederkranz An des Freundes Grab von Leßke. Namens der
Gemeinde ſprach Herr Bürgermeiſter Hoffmann ehrende Worte zum
Gedächtnis der gefallenen Gernsheimer Krieger. Mit dem Marſch
Ich hatt’ einen Kameraden, geſpielt von der eingangs erwähnten
Kaxzelle, nahm die in allen Teilen rührend verlaufene Veranſtaltung ihr
Ende. Die Bürgermeiſterei macht in einer Bekanntmachung darauf
aufmerkſam, daß das Betreten der Waſſerleitungsbauſtel=
len
polizeilich verboten iſt. Des weiteren iſt in den Straßen, in denen
das Rohrnetz gelegt wird, der Fuhrwerksverkehr geſperrt.
Gernsheim, 7. Nov. Waſſerſtand des Rheins am
6. November: 0.B Meter; am 7. November: 0,19 Meter.
z. Groß=Gerau, 6. Nov. Um den neuen Kreisſchulrat.
Am 1. November ſollte Kreisſchulrat Backes, in den wohlverdienten
Ruheſtand treten. Da jedoch die Frage des Nachfolgers noch nicht gelöſt
iſt, wird Schulrat Backes vorläufig da3 Amt noch weiter vervalten,
Bekanntlich hatten zwei Lehrer des Kreislehrervereins beim Kultus=
miniſterium
den Vorſchlag gemacht, den partoipolitiſch neutralen Rektor
Dr. Claß=Darmſtadt zum Kreisſchulrat des Kreiſes Groß=Gerau zu
arnennen. Hiergegen wurde in eimer Verſammlung des Bezirksverban=
des
des heſſiſchen Landeslehrervereins Pvoteſt erhoben.
z. Rüffelsheim, 6. Nov. Sein 40jähriges Arbeitsjubi=
läum
beging der Werkmeiſter Jakob Reitz in der Blechemballage=
fabrik
Volk. In eine Aktiengeſellſchaft wid, die Firma
Opel demnächſt umgewandelt. Das Kapital betvägt 60 und die Reſer=
ben
10 Millionen Mark. Vorſtands= und Aufſichtsratsſitze bleiben ſämt=
lich
in Familienhänben.
z. Raunheim, 6 Nov. Die Zulaſſung eines zweiten Kaſſenavztes
wurde infolge der Verhältniſſe genehmigt.
Rheinheſſen.
Ah. Bingen (Rhein), 6. Nov. Beſatzungswechſel in Bin=
gen
und Schierſtein. Die Ablöſung der bisher in Bingen und
Schierſtein ſtationierten Beſatzungstruppen des engliſchen Worcheſterſhire=
Negimentes erfolgt im Laufe der Woche. Die Beſatzungstruppen kom=
men
zu der engliſchen Garniſon Plymouth. Die Ablöſung beſteht aus
etwa 500 Mann einſchließlich einer Muſikkapelle des aus Plymouth au=
komenden
Hamſhirre=Regiments unter dem Kommando des Oberſtleut=
nants
Perkins. In Bingen bleibt bie Stärke der Beſatzung wie bisher,
während Schierſtein 300 Mann erhält.
* Heidesheim, 7. Nob. Nach einer Bekanntmachung des Reichsver=
mögensamtes
in Mainz weuden die Sprengungsarbeiten an
den ehemaligen Befeſtigungen der Gemarkung Anfang November wieder
aufgenommen.
Oberheſſen.
Bg. Vilbel, 7. Nov. Vorgeſtern ſpät nachmittags wurde von Groß=
Karben nach allen Richtungen Großfeuer gemeldet. In einer Matratzen=
fabrik
in Groß=Karben, die ſich in einer fünfſtöckigen Mühle befindet,
war Feuer ausgebrochen, das ſich raſch verbreitete. Die einheimiſche
Wehr konnte des Feuers nicht Herr werden. So eilten von allen Nach=
bargemeinden
, von Vilbel bis Friedberg, von wo eine Motorſpritze er=
ſchien
, die Wehren herbei. Stundenlang arbeiteten die Wehren, Trotz=
dem
blieb nur eine Mauerwand von dem mächtigen Gebäude ſtehen.
Die gewaltige Feuerſäule war von den Höhen der Wetterau ringsum
zu ſehen geweſen.
h. Vom Vogelsberg, 4. Nob. In Sachen des General= Kultur=
planes
für den Vogelsberg fanden in dieſen Tagen vorbereitende
Maßnahmen und Beſprechungen der Vertrauensleute ſtatt. In den ein=
zelnen
Orten unſeres Gebirges will man die Leute ſammeln, damit mit
deven praktiſchen Erfahrungen zunächſt die lokalen Fragen durch=
gearbeitet
werden. In den beginnenden Wintermonaten ſollen Ver=
ſammlungen
und Vortväge über die Fragen des General=Kulturplanes
Aufklärung ſchaffen und den allmählichen Uebergang zuv Grünlandwirt=
ſchaft
vorbereiten,

[ ][  ][ ]

SGeite 8

Donrerstag den 8 Nov mber 1928

Nummer 311

Das neue Haus der J. G. Farben.

Der Entwurf für das neue Verwaltungsgebäude der J. G. Farben.
Die Intereſſengemeinſchaft Farben, der weltberühmte deutſche chemiſche Konzern, hat die Pläne
Profeſſor Poelzigs zur Errichtung eines neuen großartigen Verwaltungshauſes in Frankfurt
am Main angenommen. Die Grundſteinlegung des repräſentativen Nenbaus ſoll ſchon in den
nächſten Monaten erfolgen.
Die erſte fliegende Baumwollfracht AmerikaEuropa.

Das feſtlich geſchmückte Laſtauto mit der Graf Zeppelin=Baumwollfracht in Bremen.
Das Luftſchiff Graf Zeppelin hatte als Frachtgut einen Ballen Baumwolle mitgebracht. Dieſer
Baumwollballen, den das Luftſchiff als Zeichen der engen Handelsbeziehungen zwiſchen den
Vereinigten Staaten und Europa nach Deutſchland brachte, wurde in Bremen auf einem feſtlich
bekränzten Auto nach einer Rundfahrt durch die Hauptſtraßen zur Baumwollbörſe gebracht.

Hünefeld hat ſeine Europa den Japanern geſchenkt.

Das Junkers=Flugzeug Europa‟ D 1198

wurde von ſeinem Beſitzer, dem Ozeanflieger Freiherrn v. Hünefeld, dem Kaiſerlich Japaniſchen
Aero=Club geſchenkt. Bekanntlich hat Hünefeld an Bord der Europa einen vielbeachteten Lang=
ſtreckenflug
von Deutſchland über die Türkei, Indien und China nach Japan ausgeführt, mußte
aber vor Tokio eine Notlandung vornehmen, wobei das Flugzeug erheblich beſchädigt wurde.
Unſer Bild zeigt die notgelandete Europa auf freiem Felde in der Nähe des Fluſſes Tama, um=
ringt
und bewundert von Jung=Japan.

Reich und Ausland.
Das Urteil im Prozeß Müller=
Wieland.
Der Strafantrag des Staatsanwaltſchaftsrats.
Frankfurt a. M. In etwa 1½ſündiger Rede
begründete Staatsanwaltſchaftsrat Dr. Berndt ſeinen
Strafantrag wie folgt. Er kam zu der Feſt=
ſtellung
, daß man es mit einem vollkommen all=
mächtigen‟
Direktor zu tun habe, der wußte, daß er
nie kontrolliert wurde. Dem Angeklagten waren die
Sommergaſtſpiele nicht in eigener Regie übertragen
worden, er zog ſie nach außen aber ſo auf und han=
delte
damit rechtswidrig. Es lag hier handelsrecht=
liche
Untreue vor. In der Flügel=Affäre habe er Be=
trug
und ebenfalls Untreue begangen, bezüglich der
50 500 Mark ſeien Unterſchlagung und handelsrecht=
liche
Untreue anzunehmen. Schließlich ſei der Ange=
klagte
wegen dem Betrage für die Doppelſpielgelder
zu beſtrafen. In allen übrigen Punkten beantragte
er den Angeklagten freizuſprechen.
Der Strafantrag lautete auf neun Monate Ge=
fängnis
und 1000 Mark Geldſtrafe.
Der Vorſitzende verkündete um 6,15 Uhr folgendes
Urteil: Der Angeklagte Otto Müller=Wielond wird
wegen Vergehens gegen § 312 des H.G.B, in drei
Fällen zu einer Geſamgefängnisſtrafe von ſieben Mo=
naten
und 800 Mark Geldſtrafe verurteilt.
40 Jahre Nervbergbahn.
Ba. Wiesbaden. Im Jahre 1888 wurde die
Drahtſeilbahn auf den Neroberg eröffnet. Während
der verfloſſenen vier Jahrzehnte hat ſich der Betrieb,
der ſeit 1923 durchweg unter ſtädtiſcher Verwaltung
iſt, von Jahr zu Jahr verbeſſert. 1925 wurde die
Nerobergbohn anfangs März eröffnet und anfangs
Kovember geſchloſſen. Während dieſer Zeit wurden
insgeſamt 8212 Berg= und Talfahrten gemacht, wobei
176 659 Perſonen befördert wurden. Dabei ſind
86 852,50 RM. Einnahmen erzielt worden. Im Jahre
1926 wurden in der Zeit von März bis November
210 695 Perſonen befördert bei 47 459,50 RM. Ein=
nahmen
. 1927 wurden an insgeſamt 241 Betriebs=
tagen
9808 Fahrten gemacht. Für die Betriebszeit
1928, die vom März bis Dezember vorgeſehen iſt, iſt
das Ergebnis noch weſentlich günſtiger als in den
Vorjahren. Denn von anfangs März bis anfangs
November ſind bereits 271109 Perſonen auf der
Nerobergbahn befördert und 60 406 RM. Einnahmen
erzielt worden. Auch hierin zeigt ſich der wirtſchaft=
liche
Aufſchwung und der erfreulicherweiſe wieder be=
ſtändig
zunehmende Beſuch der Weltkurſtadt. In
den erſten Wochen, nachdem die Nerobergbohn 1888
eröffnet worden war, wurde ein Attentat auf die
Drahtſeilbahn unternommen. Der ſchwachſinnige,
etwa 35 Jahre alte Sohn des damaligen Beſitzers der
Beauſite (heute Café Nerotal) Chedell, verſuchte in
der Nacht das Drahtſeil durchzuſägen. Er wollte durch
die Zerſtörung des Bahnbetriebes die unliebſame Kon=
kurrenz
des Neroberg=Reſtaurants ſchädigen. Der
Attentäter, dem es gelang, das Drahtſeil faſt zur
Hälfte zu durchſchneiden, blieb ſtraflos, weil er un=
zurechnungsfähig
war. Er wurde in der Landesirren=
anſtalt
Eichberg untergebracht. Glücklicherweiſe blieb
dieſer ruchloſe Anſchlag der einzige, der auf die nun
40 Jahre beſtehende Nerobergbahn verübt worden iſt.
Das verhängnisvolle Fahren ohne Laterne.
Wetzlar. Auf der Provinzialſtraße Wetzlar
Großrechtenbach überrannte ein ohne Laterne fahren=
der
Radfahrer in ſchnellem Tempo von hinten eine
Frau, eine Hebamme aus Oberkleen, die heftig zu
Boden geſchleudert wurde und ſchwere Verletzungen
an Kopf und Armen erlitt. Der Radler beteiligte ſich
zunächſt an den Hilfeleiſtungen und gab an, einen
Arzt holen zu wollen. Auf dem Wege dorthin riß er
aus und konnte unerkannt entkommen. Andere Paſ=
ſanten
veranlaßten dann die Ueberführung der Ver=
unglückten
in ihre Wohnung.
Ein Selbſtmordverſuch und ſeine ſchweren
Folgen.
Mannheim. Dienstag verſuchte ein 52jähriger
Tagner, ſich in der Küche ſeiner Hauswirtin mit Gas
zu vergiften und hatte zu dieſem Zweck den Gashahn
geöffnet. Ein in der Nähe wohnender 22jähriger
Tagner verſtändigte die Polizei von dem Vorfall.
Nachdem nun zwei Polizeibeamte, der 22=Jährige und
eine Schwägerin der Hauswirtin die Küche betreten
hatten, entzündete der junge Taglöhner unüberlegter
Weiſe ein Streichholz, um ſich von der Dichtigkeit der
Gasleitung zu überzeugen. In dieſem Augenblick ex=
plodierte
das in der Küche angeſammelte Gas und die
vier genannten Perſonen erlitten ſchwere Verbren=
nungen
, hauptſächlich im Geſicht. Sie alle und der
Lebensmüde, der eine Gasvergiftung erlitten hatte,
mußten ins Krankenhaus gebracht werden.
Gefährlicher Kellerbrand am Halleſchen Tor.
Berlin. Ein Großfeuer, bei dem etwa 30 Per=
ſonen
in großer Lebensgefahr ſchwebten, kam am
Dienstag abend in einem Keller Lankwitzſtraße 10 zum
Ausbruch. Als die Feuerwehr nach mehrfachem
Alarm die Brandſtelle erreichte, hatten die Flammen
ſchon eine ſolche Ausdehnung erlangt, daß die Feuer=
wehr
mit zehn Schlauchleitungen angreifen mußte.
Die Kellerräume wurden unter Waſſer geſetzt. Die
Verqualmung erſchwerte jede Ueberſicht. Aus allen
Fenſtern ſchrien die Hausbewohner um Hilfe, weil
überall Rauchvergiftungsgefahr beſtand. Die Feuer=
wehr
holte insgeſamt 25 Männer, Frauen und Kin=
der
aus den Räumen heraus. Mehrere Perſonen
mußten, da ſie bewußtlos waren, mit Sauerſtoff be=
handelt
werden. Sie erholten ſich ſchließlich unter den
Händen der Aerzte. Die Entſtehungsurſache konnte
bisher nicht ermittelt werden.
Das Urteil im Mordprozeß Schäfer.
Frau Schäfer zum Tode verurteilt.
Oldenburg. Kurz vor Mitternacht wurde im
Mordprozeß Schäfer folgendes Urteil verkündet: Die
Angeklagte Anna Schäfer iſt des Mordes und der
Anſtiftung zur ſchweren Urkundenfälſchung, der An=
geklagte
Johannſen der gefährlichen Körperverletzung,
die Angeklagte Maria Fleiſchhauer der ſchweren Ur=
kundenfälſchung
für ſchuldig befunden. Die An=
geklagte
Frau Schäfer wird zur Strafe des Todes,
einem Jahr Zuchthaus und den Verluſt der bürger=
lichen
Ehrenrechte auf Lebenszeit, Johannſen zu einer
Gefängnisſtrafe von vier Jahren und Maria Fleiſch=
hauer
zu einer Gefängnisſtrafe von drei Monaten
verurteilt. Der Angeklagten Maria Fleiſchhauer wird
eine Bewährungsfriſt bis zum 1. Dezember 1931 zu=
gebilligt
. Die Unterſuchungshaft wird allen Ange=
klagten
angerechnet.

Sprengunglück bei Augsburg.
In einem Steinbruch oberhalb des Waſſerwerkes
Obereichſtätt ereignete ſich ein furchtbares Spreng=
unglück
. Durch einen vorzeitig losgegangenen Schuß
erlitt der Bjährige Arbeiter Leonhard Bötſch eine
ſchwere Kopfverletzung, ſo daß er kurz darauf ſtarb.
Drei weitere Arbeiter, die in unmittelbarer Nähe ar=
beiteten
, wurden ebenfalls tödlich verletzt. Außerdem
mußten noch zwei Arbeiter an Armen und Beinen
erheblich verletzt ins Krankenhaus nach Eichſtätt ge=
bracht
werden.
Großes Schadenfeuer.
Münchberg. In der Färberei Münchberg brach
Mittwoch morgen Feuer aus, durch das das drei=
ſtöckige
, 80 Meter lange Gebäude der Beizerei und
Trocknerei vollſtändig vernichtet wurde. Etwa 700
Zentner Garn und fünf Trockenmaſchinen mit je etwa
60 Zentner Garn ſind mitverbrannt. Das Feuer
dürfte durch Selbſtentzündung entſtanden ſein. Der
Schaden wird auf über 250 000 Mark geſchätzt. Die in
der Fahrik beſchäftigten 400 Arbeiter werden vorläufig
mit Aufräumungsarbeiten beſchäftigt.

Doppelmord.
Saalburg. Der Forſtmeiſter Grimm und ſeine
Gattin, die nach einer Meldung anſcheinend bei einem
Zimmerbrand den Tod durch Erſticken gefunden haben
ſollten, ſind nach den Ermittlungen der Landeskrimi=
nalpolizei
Weimar einem Verbrechen zum Opfer ge=
fallen
. Die Mordkommiſſion des Landeskriminalamtes
hat einwandfrei feſtgeſtellt, daß Raubmord vorliegt.
Beide Leichen wieſen ſchwere Kopfverletzungen auf.
Außerdem fehlen amtliche Gelder in beträchtlicher
Höhe und Schmuckgegenſtände. Der Täter hat, um die
Spuren des Verbrechens zu verwiſchen, die Betten in
Brand geſteckt. Auf die Ergreifung des Täters iſt
eine Belohnung von 1000 Mark ausgeſetzt worden.
Eine Pulverfabrik in Konſtantinopel
in die Luft geflogen.
Konſtantinopel. In Konſtantinopel iſt eine
Pulverfabrik in die Luft geflogen. Bisher wurden
drei Leichen aus den Trümmern gezogen. Weitere
Tote befinden ſich noch unter den Trümmern des ein=
geſtürzten
Fabrikgebäudes. Die Urſache der Exploſion
iſt noch nicht feſtgeſtellt.

Der Ausbruch des Aeina.
Die vernichtende Wirkung
des glühenden Stromes.
Nom. Die Dörfer Mascali und Nunziata
ſind von der Lava des Aetna=Ausbruches faſt
vollſtändig zerſtört worden. Mittwoch morgen
erreichte die glühende Lava die Kirche und das
Gemeindehaus von Mascali, die unter gewal=
tigem
Getöſe zuſammenſtürzten. Man iſt be=
ſorgt
um das Los der Eiſenbahnlinie Meſſina
Catania, die der Lavaſtrom bald erreichen
wird, da er unaufhaltſam gegen das Meer vor=
rückt
. Unweit Mascali hat die Lava auch die
große Waſſerleitung zerſtört, ſodaß die am Meer
gelegene Stadt Ripoſto ohne Trinkwaſſer iſt.
Einige Gebäude der umliegenden Ortſchaften
wurden ebenfalls zerſtört. Das Tal des Pietra=
fuzile
iſt vollſtändig von der Lava ausgefüllt,
die ihren verheerenden Weg jetzt in anderen
Richtungen nimmt. Große Weinberge, Zitronen=
und Orangenwälder ſind bereits vernichtet
worden.
Weiter wird gemeldet: Der Hauptſtrom der vom
Aetna ſich ergießenden Lavamaſſen iſt, dem Bett des
Gießbaches Vallonaccio folgend, bereits ungefähr
100 Meter über das geräumte Mascali hinaus vor=
gedrungen
. Eine Anzahl Häuſer wurde durch den
Lavaſtrom erfaßt. Ein zweiter ſchwächerer Strom
iſt in weiterem Vordringen auf Nunziata begriffen.
Der Miniſter für öffentliche Arbeiten, Giuriati,
traf im Flugzeug in Catania ein, um ſich über den
Ausbruch des Aetna zu unterrichten. Nach den letzten
Meldungen hat der Ausbruch weiter an Heftigkeit zu=
genommen
. Die Lada dringt mit einer Geſchwindigkeit
von 40 Klm. in der Stunde in einer Front von
600 Metern Breite vor. Im Laufe des Dienstag
abend haben ſich zwei Nebenflüſſe mit dem Haupt=
ſtrom
der Lava vereinigt, die nun eine rieſige Lava=
maſſe
bilden. Mascali mit rund 10 000 Einwohnern,
das am Dienstag geräumt wurde, iſt von der Laa
erreicht und vernichtet worden. Man rechnet damit,
daß die Lava in den Vormittagsſtunden des Mittwoch
die Eiſenbahnlinie Catania=Meſſina erreichen und
von dort gegen das Meer vordringen wird.
Die Ausbrüche des Aetna dauern an. Dienstag
morgen riß der Lavaſtrom einen Teil der Brücke der
Aetnaeiſenbahn in einer Länge von 60 Metern mit
öhren maſſiven Pfeilern ein. Ein Teil der Eiſenbahn=
brücke
ſchmolz in der glühenden Lava, während das
Gefüge der Brücke krachend in die Tiefe ſtürzte. Der
Verkehr auf der Eiſenbahnſtrecke iſt unterbrochen.
Auch eine kleinere im Bau befindliche Brücke wurde
durch die Lava zerſtört, wodurch der Verkehr auf den
Straßen im Aetnagebiet unmöglich gemacht wurde.
Es kann damit gerechnet werden, daß die bereits ge=
räumte
Ortſchaft Mascali in wenigen Stunden von
der Lava begraben werden wird.
Weitere einſiweilige Verfügung
gegen die Sowjetauktion.
Der Kampf um die Ruſſenauktion iſt, der B. Z.
zufolge, in ein neues Stadium getreten. Nachdem das
Kammergericht den Anträgen des Fürſten Dabriſcha=
Kotromanicz auf Sicherſtellung angeblich ihm gehören=
der
Kunſtgegenſtände ſtattgegeben hatte, hat das Land=
gericht
II Berlin 14 weitere einſtweilige Verfügungen
erlaſſen. Das Landgericht II hat dem Antrage aus
folgenden Gründen ſtattgegeben. Das Vorbringen der
Antragſteller läßt zwar erkennen, daß die dupch Ge=
walt
ihnen abhandengekommenen Gegenſtände ſich
zurzeit im Beſitz des ruſſiſchen Staates befinden, nicht
aber, daß die Sowjetunion den Beſitz im Wege der
Enteignung nach dem damals vorgeſchriebenen Ent=
eignungsverfahren
erworben hat. Die Zahl der
Gegenſtände, deren Verſteigerung verboten iſt, beträgt
etwa 100. Von beſonderer Bedeutung iſt, daß ein
Teil der Gegenſtände, die nicht berſteigert werden
dürfen, bereits vor Zuſtellung der Verfügung ver=
ſteigert
war. Da dieſe Stücke nicht mehr wie die bis=
her
unverſteigerten vom Gerichtsvollzieher ſichergeſtellt
werden können, wird ihr Erlös hinterlegt werden
müſſen.
Fünf Millionen Ertrag der Ruſſenauktion.
Berlin. Bei der geſtrigen Lepke=Verſteigerung
von Plaſtiken und Gemälden alter Meiſter aus Le=
ningrader
Muſeen und Schlöſſern wurden insgeſamt
rund drei Millionen Mark erzielt. Da der Vortag
bereits zwei Millionen brachte, beziffert ſich der Ge=
ſamtertrag
auf fünf Millionen Mark.
Eine ägyptiſche Prinzeſſin
im Wiener Konzerthauſe ermordet

Der Mörder: Felix Gartner,
ein ehemaliger öſterreichiſcher Rittmeiſter und Sohn
eines Generals, hat die ägyptiſche Prinzeſſin Mouleb,
die Tochter eines früheren ägyptiſchen Miniſters,
während eines Konzerts des Geigers Prihoda mit
fünf Rebolverſchüſſen getötet. Der Mörder gibt an,
aus Verzweiflung über die angekündigte Rückreiſe der
Prinzeſſin nach Aeghwten zur Waffe gegeriffen zu
Haben.

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löffel
(für Wirte geeignet).
Ferner:
69 Paar Damenſchnürſtiefel (3642),
6 Knabenhalbſchuhe, braun
(36 41),
20 Damenſpangenſchuhe(3640)
außerdem ca. 300 qm Vogelaugenfvur=
nier
(Ahorn).
Finanzamt Darmſtadt=Stadt.
(Vollſtreckungſtelle.)

Am Freitag, den 3. Novemb. 1928,
vorm. 10 Uhr, ſollen in meinem Ver=
ſteigerungslokal
Bleichſtr. 40 folgende
Pfänder zwangsweiſe gegen Barzahlung
verſteigert werden, insbeſondere: (1810/
1 Staubſauger, 2 Badeöfen, 1 Bohner,
2 Waſchtiſche, el. Heizofen, 1 Hänge=
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mit 4 Birnen, 1 Bücherſchrank,
1 Büfett, 1 Kredenz. 1 Karton mt 65
Couleur=Knöpfen, 30 Sektzipfel, 25 Wein=
zipfel
, 20 Bierzipfel (Silber), 3 gold.
Weinzipfel, 2 Warenſchränke, 1 Mig=
non
=Schreibmaſchine, 1 Schreibtiſch,
1 Standuhr, 1 Ausziehtiſch, 1 Orga=
Schreibmaſchine, 1 Wanduhr, 2 Kiſten
Quenetty (4 72 Stück), 1 Gasofen,
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Ferner hieran im Anſchluß auf
reiwikliges Anſtehen:
1 ſchwanzer Maria=Antoinettetiſch ( po=
liert
, ausgeſtochen), 1 kl. rd. Tiſchchen,
Eisſchrank. 1 ſchw. Säule, 1 Wein=
regal
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Böcken), 1. großer grauer Küchentiſch,
1 eiſ. braunes Bettgeſtell, 1 kleines
Fächer=Regal, 1 Geſtell für Jagdge=
we
)re, Stühle, 2 Plättbretter, 1 große
und 1 kleine Gaskrone, 1 große eiſerne
Gas)rone.
Daymſtadt, den 7. Nov. 1928.
Jungermann
Gericht svollzieher in Darmſtadt.
Gliſabethenſtraße 23.

Am Freſtag, 9. November, nach=
mittags
3 Uhr, verſteigere ich in meinem
Verſteigerungg lokale, hier, Hügelſtr. 27,
verſchiedene Gel fenſtände öffentl. zwangs=
weiſe
gegen Barzahlung:
Vorausſichtlieh beſtimmt verſteigert
wird:
2 Fahrräder, verſchied. Warenſchränke,
1Kaſſenſchrank 10 Faltbovte, 1 Schreib=
maſchine
, 3 S4)reibtiſche, 1 Bücher=
ſchrank
.
(18109
Darmſtadt, 8. Movember 1928.
Poriiner
Gerichtsvo llzieher.

[ ][  ][ ]

Seite 10

Donnerstag, den 8 November 1928

Nummer 341

Stoth Ohll and Tar nen,

Fußbalt.
* Fußball im Kreis Starkenburg.
Sprendlingen erneut geſchlagen. Punkteteilung in Walldorf.
Viktoria WalldorfSportverein 98 Darmſtadt 1:1 (1:0).
Fußballverein Sprendlingen-Viktoria Urberach 1:3 (1:2).
Union DarmſtadtSportverein Münſter 1:3 (0:2).
Union WixhauſenPolizei Darmſtaldt 1:2 (0:0).
Germania OberrodenGermania 03 Pfungſtadt 3:2 (0:1).
Rot=Weiß VfR. DarmſtadtSportv. Mörſelden 2:0 (1:0) abgebr.
Die Ergebniſſe des letzten Sonntags in der Starkenburger Kreisliga
ſeigen mit ziemlicher Deutlichkeit, daß man es ſich bald abgewöhnen muß,
von Ueberraſchungen zu ſprechen. Die Reſultate und die immer mehr
zutage tretende Zuſanmnenballung in der Tabelle ſprechen eine deutliche
Sprache dafür, daß die Spielſtärke im Kreis ziemlich ausgeglichen iſt
und daß oft nur eigenartige Umſtände underſtändlich erſcheinende Nieder=
lagen
zuwege brachten. Die Tatſache, daß es erſt am Sonntag wieder
drei Gaſtvereine ſertig brachten, auswärts zu geſinnen, beſagt ſchließlich
allerlei. Das Haupttreffen in Walldorf brachte den erwarteten harten
Kampf, der mit einer Punkteteilung endete. Beide Beteiligren hatten
dabei das Glück, daß ihnen die Urberncher Viktoria mit einem 3:1=Sieg
über den Spitzenreite: Sprendlingen Schrittnacherdienſte leiſtete. Es
zeigte ſich erneut, daß Sprendlingen ausgerechnet daheim die ſchwächſten
Spiele biefert, weiter aber auch die große Kampfkraft der Urberacher.
Die eigentliche Ueberraſchung bes Tages war aber die glatte Niederlage
der Darmſtädter Union auf eigenem Platz. Man wird jetzt wohl überall
die Münſterer richrig einſchätzen. Für die Union heißt es, jetzt ſich ran=
halten
. Tore müſſen fallen, ſonſt hat alle Feldüberlegenheit keinen
Zweck. Wixhauſen lieferte ein noch ſchvächeres Spiel als gegen
Pfungſtadt und verlor verdient, allerdings konnte auch die Leiſtung des
Siegers nicht gerade begeiſtern. In Oberroden hielten ſich die Pfung=
ſtädter
, die mit reichlich Erſatz antraten, beſſer als erwartet. Das Ergeb=
nis
wird ben Germanen gezeigt haben, daß abſolut kein Grund vor=
handen
iſt, vorzeitig das Nennen als ausſichtslos anzuſehen. Wenn wie=
der
alles bei der Fahne iſt, dürfte man noch manches von da hören.
Wenig erfreulich endete das Treffen auf dem Rot=Weiß=Platz. Hier gab
es einen Spielabbruch, da ſich einige Mörfelder Spieler gegen die Ent=
ſcheidungen
des Schiedsrichters (Platzverweis) auflehnten. Das Spiel
dürfte für Mörfelden verloren und auch einige Spielerſperren fälbig ſein.
In der nachfolgenden Tabelle iſt das Ergebnis ſchon für den VfR.
gewertet.
Die Lage nach dem 4. November:

Spiele, gelv. untſch. verl. Tore Punkte Fußballverein Sprendlingen 23:14 13 Viktoria Walldorf 25:10 12 Sportverein 98 Darmſtadt 21:16 Viktoria Urberach 23:19 10 Sportberein Mörfelden 7:10 Sportverein Münſter 17:15 Polizeiſportverei 14:17 Germania Pfungſtadt 21:23 Germania Ober=Roden 9:11 Union Wixhauſen 14:22 Rot=Weiß, V.f.R. Darmſtadt 8 13:25 Union Darmſtadt 11:23

Sportverein Darmſtadt 1898Sportverein Münſter.
Die Vorrunde der Verbandsſpiele im Kreis Starkenburg nähert ſich
ihrem Ende. Die 98er haben nur noch zwei Verbandsſpiele in der Vor=
runde
zu abſolvieren, und zwar am kommenden Sonntag auf eigeuem
Platz gegen Münſter und am darauffolgenden Sonntag in Wixhafiſen
gegen die dortige Union. Durch dieſe Spiele wird der Sportverein 98
zu erreichen verſuchen, ſeine derzeitige nicht ungünſtige Stellung, im
oberen Teil der Tabelle weiter zu feſtigen, damit in der Rück unde
weiterer Boden gewonnen und eventuell doch noch die Meiſterſchaft er=
reicht
werden kann. Gerade nach dem vergangenen Sonntag Uſt die
Meiſterſchaftsfrage noch vollkommen ungeklärt. FV. Sprendlingen hat
durch die beiden Niederlagen gegen die 98er und gegen Urberach ſeinen
Vorſprung faſt vollkommen eingebüßt. Zur Zeit ſcheinen neben ( Sprend=
lingen
Walldorf und Sportverein 1898 gleich gute Meiſterſchaftsausſich=
tei
zu haben. Aber auch Urberach, Münſter und Polizei armſtadt
haben den Anſchluß an die Tabellenſpitze noch nicht ganz ve=loren, ſo
daß ſich, falls die Ueberraſchungen der letzten Wochen ſich fonſetzen, das
Bild ſchnell verſchieben kann.
In dem Sportverein Münſter werden die 98er auf einen Gegner
trefſen, der es verſtehen wird, ſich hartnäckig zur Wehr zu ſetzen. Die
Gäſte des kommenden Sonntags hatten in den Verbandsſfvielen einen
ſchlechten Start. Nach dem kampfloſen Gewinn der Punkto gegen Ober=
Roden trat jedoch ein Umſchwung ein; Siege gegen Wishauſen, Ur=
berach
und Union=Darmſtadt letzterer Punktgewinn ſoffar in Darm=
ſtadt
! laſſen erkennen, daß Münſter ein gediegenes ¼önnen beſitzt.
Der Ehrgeiz der Landvereine unſerer näheren Umgebung drängt ſie
ja immer dazu, dieſes ihr Können gegen die 98er beſoylyers zu zeigen.
Will der Sportverein 1898 ſeine Poſition halten, dayn darf er keine
Punkte mehr abgeben, am allerwenigſten auf eigenem (Platze. Es muß
daher beſonderer Ernſt gerade im bevorſtehenden Splel verlangt wer=
den
, um jede neue unangenehme Ueberraſchung für ldie Einheimiſchen
zu verhindern. Das Spiel findet nachmittags 3 Uhy: ſtatt. Vor dem
Spiel treffen ſich wie üblich die beiderſeitigen Ligg/ rſatzmannſchaften.
Die dritte Mannſchaft abſolviert ihr Verbandsſpiel ſchon am Vormit=
tag
, und zwar auf dem Platze am Finanzamt gegen die 2. Mannſchaft
vom FC. Eintracht=Darmſtadt.
Schubert ſchwimmt deutſchen Rekord. Bei cinen internen Schwimm=
feſt
des S. C. Boruſſia/Sileſia Breslau gelang es dem Breslauer Karl
Schubert, die 100 Meter Freiſtil in der hervorrag enden Zeit von 1:00,6
Minuten zurückzulegen und damit einen neuen deutſchen Rekord für
die Halle aufzuſtellen, der auch anerkannt werden, dürfte. Die Minuten=
grenze
uähert ſich alſo inmer mehr; Eurodg beſitzt in Arne Borg
und Barany übrigens nur zwei Schonmmer, di dieſe Grenze erreichen.
514 Stundenkilometer erreichte der engliſſ he Leutnant Greig mit
einem Rennhydroplan, was aber nicht genügte,, um den boſtehenden Ge=
ſchwindigkeits
=Weltrekord des Italieners Mcjor de Bernardi zu brechen.

Schwimmen.
Darmſiadt Frankfurt Offenbach.
Die Gauvergleichsſtaffeln am Freitag abend 8 Uhr.
Wie wir am Dienstag kurz berichteten, finden am Freitag abend
8 Uhr im ſtädtiſchen Hallenbad die vom Gau 1 des Kreiſes 2 eingeführ=
ten
Vergleichsſtaffelut ſtatt, die den Zweck haben, das ſportliche Schwim=
men
in den Gauvereinen zu fördern. Es ſoll hierbei hauptſächlich auch
Leuten die Möglichkeit gegeben werden, an Wettkämpfen teilzunehmen,
die ſonſt nicht befſihigt ſind, auf größeren Feſten zu ſtarten. Der Ge=
danke
dieſer Vergleichsſchwimmen iſt nicht ſchlecht, zeigt es ſich doch erſt
bei Wettkämpfen init dielen Teilnehmern, welcher Verein in der Lage iſt,
eine gut durchgeſſildete Mannſchaft zu ſtellen und welcher Verein tatſäch=
lich
als der beſte des Gaues anzuſprechen iſt. So entſcheidet hierbei
nicht das Könnien einer einzelnen Kanone, ſondern ein guter Durch=
ſchnitt
. Bei der ungleichen Stärke der einzelnen Gauvereine mußte
natürlich eine Klaſſeneinteilung vorgenommen werden, um auch ſport=
lich
ſchwächeren Vereinen die Möglichkeit an der Teilnahme zu geben.
In die erſte /Klaſſe kamen vier Vereine, und zwar: Jung=Deutſchland
Daumſtadt. Exſter Frankfurter Schwimmklub und die beiden Offenbacher
Vereine Mognus und 36. In die Kämpfe, die ſchon am Ende der
Sommerzeit ihren Anfang nahmen, da jeder Verein gegen jeden anzu=
treten
hat, konnten die Darmſtädter noch nicht eingreifen. Man iſt da=
her
ſehr geſpannt, wie ſich Jung=Deutſchland am Freitag gegen die an=
deren
ſchlagen wird. Der erfolgreichſte Verein iſt bis jetzt der Erſte
Frankfurtsy Schwimmklub, der über ein gutes Material verfügt und
deſſen Lagenſtaffel nur ſehr ſchwer zu ſchlagen ſein wird. Es wird da=
her
am Freitag in den beiden großen Staffeln, 20mal 100 Meter Frei=
ſtil
und /Lagenſtaffel 12mal 100 Meter, zu intereſfanten Kämpfen kom=
men
, da nach einer Punktwertung der erfolgreichſte Verein den Titel
GaunmIſter erhält. Auf der einen Seite werden die Frankfurter ihren
Vorſprung halten wollen, während auf der awderen Seite Jung= Deutſch=
land
ſtark aufholen will. Jedem Schwimmſportanhänger kann daher
ein Beſuch des Abends bei niedrigen Eintrittspreiſen nur empfohlen
werdet, da in der nächſten Zeit eine ſchwimmſportliche Veranſtaltung
kaum in Darmſtadt ſtattfinden dürfte.
Handball in der Deutſchen Turnerſchaft.
Odenwaldgau.
Meiſterklaſſe: Erbach Groß=Zimmern 5:1. In der erſten
Halbzeit liefern ſich beide Mannſchaften ein ausgeglichenes Spiel. Ob=
wohl
Erbach in der Pauſe mit 2:1 Toren führt, ſteht der Sieger noch
nicht feſt. Nach Wiederbeainn läuft Erbach zu guter Form auf und
wird überlegen. Trotz Schußpech iſt es noch dreimal erfolgreich und
ſtellt ſomit den Sieg ſicher. Nach den bisherigen Leiſtungen dürfte der
Mannſchaft die Meiſterſchaft nicht mehr zu nehmen ſein.
A=Klaſſe: Höchſt W.=Amorbach 4:1. Höchſt iſt dem Neuling
trotz tapferer Gegenwehr meiſt überlegen und ſiegt verdient. Hergers=
hauſen
König 1:1. Bei ausgeglichenem Feldſpiel geht der Platzver=
ein
erſt nach der Pauſe in Führung. Doch bald gleichen die Gäſte aus
und können in den letzten Minuten das Ergebnis nur noch halten.
B=Klaſſe: König 2. Kirch=Brombach 1. 0:2. Die Gäſte liefemn
das beſſere Spiel und bleiben verdienter Sieger. Richen 2. Groß=
Umſtadt Jugend 1:11.
Franzöſiſche Fechter werden am 15. Dezqmber imn Frankfurt einen
Degenkampf gegen Hermannia Frankfurt beſtreiten.
Die amtliche rheiniſche Tennis=Rangliſte ſieht bei den Herren Kuhl=
mann
und Nourney gemeinſam, bei den Damen Cilly Außem vor Irm=
gard
Roſt an der Spitze.
Um den Europa=Pokal ſpielen am 11. Nopember in Rom Oeſterreich
und Italien.
Um die Rad=Weltmeiſterſchaften 1929 bewirbt ſich neben Holland,
Italien und der Schweiz jetzt auch Belgien.
Karl Sahm=Hamburg boxt erſt am 14. November, ſtatt am 7., in
Lyon gegen den Neger Alf Roß.
Rundfunk=Programme.
Frankfurt.
Donnerstag, 8. Nov. 6.30: Gymnaſtik. 13: Funkorcheſter:
Konzert. O 15.05: Jugendſtunde. Direktor Menne: Deutſche Jungen
wollen zur See! (Die Laufbahnen bei der Reichs= und Handels=
marine
.) o 16.35: Stuttgart: Konzert des Funkorcheſters. O 18.10:
Leſeſtunde. Zwiſchen Himmel und Erde von O. Ludwig. O 18.30:
Kaſſel: Vortrag. 6 20.30: Stuttgart: Militär=Märſche. 0 21.30:
Die neue Zeit. Straße, Pacific Honegger. Gedichte von
Mehring und Ringelnatz. Zwei Lieder aus Mahagonny.
Stadtbaurat May: Wenn ich Stadtbaumeiſter mit unbeſchränktem
Etat wäre. Jazzband. Ein Dialog. Drei luſtige Märſche.
O Anſchl.: Urteilsverkündigung im Fall Pannicke,

Stuttgart.

Donnerstag, 8. Nov. 10.30: Schallplatten. O 12.30: Schall=
platten
. O 15.45: Plauderei über Blumenpflege. O 16.15: Operetten=
Nachmittag. Mitw.: Käte Mann, H. Hanus, Funkorch. O 18:
Freiburg: Prof. Dr. Guenther: Der Kampf um die Schwarz=
waldſeen
. O 19: Freiburg: Aerztevortrag: Die Anwendung und
Wirkung der Röntgenſtrahlen bei inneren Erkrankungen. O 19.30:
Kon ertſaal der Liederhalle, Stuttgart: Violinkonzert Andreas
Weißgerber. Flügel: O. A. Graef. Tartini: Sonate in G=moll.
Bach: Chaconne (für Violine allein). Mozart: Violinkonzert
in D=dur. 20.30: Militärkonzert. Leitung: Obermuſikmeiſter
Müller. S 21.30: Frankfurt: Die neue Zeit. O 22.30: Unter=
haltungskonzert
der Kapelle Willi Wende.

Berlin.
Donnerstag, 8. Nov. 11: Eröffnung der Internationalen Auto=
mobil
= und Motorrad=Ausſtellung 1928 (Autohalle am Kaiſerdamm).
Wagner: Fanfaren der Heertrompeter und Triumphmarſch aus
Rienzi. Leitung: Obermuſikmeiſter a. D. Adolf Becker. An=
ſprachen
: Geheimrat Dr. Allmers, Graf Arnim=Muskau. Be=
grüßung
: Oberbürgermeiſter Böß. Eröffnungsanſprache: Reichsver=
kehrsminiſter
von Guerard. R. Wagner: Aufzug der Zünfte und
Chor Wacht auf aus Die Meiſterſinger. O. Anſchl.: Ing. Fritz
Wittekind: Schilderung eines Rundganges durch die Ausſtellung,
6 12.30: Für den Landwirt. 6 15.30: Dr. Lebede: Der unbekannte‟
Schiller. O 16: H. G. Albrecht: Das alte deutſche Handwerk der
Glasbläſer. O 16.30: Konzert. Mitw.: Gutia Caſini (Cello), Eliy
Sendler (Alt), Theo Mackeben (Flügel). O 17.30: Wilhelm Buſch,
geleſen von Puggi Muck. O 18.30: Prof. Dr. Ing. H. Hanemann:
Die Leichtmetalle, eine Erfindung unſerer Zeit. O. 19: Geh. Reg.=
Rat Prof. Dr. Delbrück: Bilder aus der deutſchen Vergangenheit,
O 19.30: C. Z. Klötzel: Orientaliſche Hauptſtädte. (Kabul). O 20=
Sendeſpiele. Eine Ballnacht Operekte in 3 Teilen von Leopold
Jacobſon und Robert Bodanzky. Muſik von Oskar Strauß. Dirigent:
B. Seidler=Winkler. Perſonen: Fürſt Gregor Gerolsheim, ſenior;
Fürſt Harry Gerolsheim, ſein Sohn; Komteſſe Edith Ortendorff;
Riki Schöngruber; Willi Höfer, Kommis; Graf Klemens Ortendorff;
Gäſte; Johann, ein Lakai; Diener; Kammerzofen; Probiermamſellen.
Ort: Eine Großſtadt. Zeit: Gegenwart. O. Anſchl.: Nachrichten,
O. Danach: Tanzmuſik. Kapelle Gerhard, Hoffmann.
Stettin. Donnerstag, 8. Nov. 19.30: Intendank Otto Ockert:
Einführung zu der nachfolgenden Uebertragung. 0 20: Uebertragung
aus dem Stadttheater Stettin. Don Pasquale, Komiſche Oper in
3 Akten von Gaetano Donizetti. Anſchl.: Nachricten.

Katzen. O 12.30: Mitteilungen des Reichsſtädtebundes. o 13.30:
Berlin: Nachrichten. O 14.45: Kindertheater. Otto. Wollmann:
Rübezahl‟, . 15.30: Wetter und Börſe. 0 15.40: Dr. Charl.
Dietrich: Frauenfragen und Frauenbewegung. O 16: Rektor Spiel=
hagen
und F. Weſtermann: Aus der Praxis des Geſamtunterrichts
auf der Oberſtufe. Allgemeine Fragen über die Durchführbarkeit des
Geſamtunterrichts. O 16.30: Berlin: Nachmittagskonzert. O 17.30:
Jacob Boedewadt: Die Kulturlandſchaft der Nordmark. o 18:
Alois Melichar: Einführung in die moderne Muſik: Windsperger.
O 18.30: Spaniſch für Fortgeſchrittene. O 18.55: Prof. Dr. Lichten=
berger
: Das Molkereibau= und Maſchinenweſen in ſeinem Einfluß
auf die wirtſchaftliche Geſtaltung des Molkereibetriebes. O 19.20:
Dipl.=Hdl. Dr. Wieg: Die Kartothek und Statiſtik im Dienſt der
kaufmänniſchen Unternehmung. S 20: Berlin: Sendeſpiel. Eine
Ballnacht, Operette in drei Teilen von Oskar Strauß. Anſchl.:
Nachrichten. O. Danach: Tanzmuſik. Kapelle Gerhard, Hoffmann.
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ſehr viel Geld.
Wetterbericht.
Die Atlantik=Störung, die ſich geſtern über das Meer von Biskaha
und der Weſtküſte Frankreichs erſtreckte, iſt bereits mehr ſüdoſtwärts ab=
gewandert
. Ihr Kerngebiet lag heute morgen über Südfvankreich und
den Pyrenäen. Kontinentale Luftmaſſen an der Nordſeite der Störung
überfluten infolgedeſſen den größten Teil Deutſchlands. Sie dürften in
unſerem Gebiet zunächſt zu trockenem und nach ſtellenweiſe Frühnebel=
bildungen
ſtärker aufheiterndem Wetter führen. Die Temperaturen wer=
den
weiter zurückgehen und beſonders nachts beſteht die Gefahr verbrei=
teter
leichter Fröſte, die ſich auch über das nördliche Deutſchland erſtrek=
ken
dürften.
Ausſichten für Donnerstag, den 8. November: Stellenweiſe Frühnebel,
tagsüber vielfach aufheiterndes Wetter, leichte Nachtfroſtgefahr,
trocken.
Ausſichten für Freitag, den 9. November: Zunächſt wenig Aenderung
der Wetterlage.

Ort: Wetter. Temp.
in Ce Wind: Nieder=
ſchlag

in mm Schnee=
decke

in em Menee Nebel Aachen: heiter 2 OSO, Hamburg: Nebel NNO. Berlin: wolkig WSW. 03 München: Nebel O. Königsberg: Regen SWs gef. Breslau: Nebel.
Witterungsverhältniſſe der SO,
deutſchen Bergſtationen. Feldberg:
Taunus molkig S9. Waſſerkuppe heiter SO, Feldberg:
(Schwarzw.) wolkig OSO, Zugſpitze: wolkig Kahler Aſten: heiter SO, Fichtelberg: wolkenlos SW. Schneekoppe: wolkenlos SSWV.

Saupfſchriftleiung. Rudolf Maupe
Veranwornich für Poltil und Wirtſchaft: Rudolf Mauve; für Feuilleion, Reich und
Ausland und Heſſiſche Nachrichten: Max Streeſe; für Sport: Dr. Eugen Buhlmann;
für den Handel: Dr. C. H. Quetſch; für den Schlußdienſt: Andreas Bauer; für
Die Gegenwart: Dr. Herbert Neite; für den Inſeratentell: Willp Kuhle: Druck
und Verlag: L. C. Wittſch ſämtlich in Darmſtadt
Für unverlengte Manuſkrivte wird Garantie der Rückſendung nicht übernommen.
Die heutige Nummer hat 14 Geiten

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Nummer 314

Donnerstag den 8 November 1928

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Vortrag
des Gouv.=Sekretärs a. D. Dietz über
Heiteres und Ernſtes
aus Deutſch=Oſtafrika
mit neuen Lichtbildern an Stelle des an=
gezeigten
Vortrags des Major Krauſe d’Avis.
Zahl eiches Erſcheinen mit Damen, auch
der übrigen hieſigen Kriegervereinen, ſehr

erwünſcht.

18078)

Der Vorſtand.

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Turnhalle, ſond.
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Real=
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[ ][  ][ ]

Donnerstag, den 8. November

Nummer 341

Wirtſchaftliche Rundſcau.
p. Genußrechte aufgewerteter Induſtrieobligationen und verwandter
Schuldverſchreibungen. Am 16. d. M. tritt eine Reichsverordnnug in
Kraft, der das Nachſtehende entnommen iſt: Der Geſautbetrag der im
Umlaufe befindlichen Genußrechte der in Rede ſtehenden Obligationen
(Aitbeſitz) iſt vom Schuldner alljährlich für den Schluß des Geſchäfts=
jahres
öffentlich bekannt zu machen. Die Bekanntmachung hat gleih=
geitig
mit der Bekanntmachung der Bilanz in den Geſellſchaftsblättern
und, falls eine Bekanntmachung der Bilanz nicht ſtattfindet, ſpäteſtens
6 Monate nach Abſchluß des Geſchäftsjahres im Reichsanzeiger zu er=
folgen
. Unter gewiſſen Vorausſetzungen gewährt § 40 Aufw.=Geſ. den
Beſitzern von Genußreihtsurkunden eine Beteiligung am Reingewinn.
Ein Vertreter für die Genußberechtigten iſt auf Antrag von
Genußberechtigten, deren Genußrechte zuſammen
2. v. H. des Geſamtbetrages der im Umlaufe befind=
lichen
Eenußrechte errcichen von der Spruchſtelle für ein
von ihr einzuleitendes oder anhängiges Verfahren zu beſtellen. Ein ſol=
cher
Vertreter kann die Spruchſtelle zur Entſcheidung darüber anrufen,
ob eine der Vorſchrift des § 40 Auſw.=Geſ. widerſprechende Verwen=
dung
des Reingewinns ſtattgefunden hat, mag ſie auf eine unrichtige
Berechnung des gewinnberechtigten Geſamtkapitals oder auf andere
Grüinde zurückgeführt werden. (Art. 2.) Zur Entſcheidung in dem Fällen
des 8 41 Auſto.=Geſ. und des Art. 2 dieſer Verordnung kann die Spruc, auch vom Schuldner angerufen werden.
Die NSU.=Sanierung (italieniſch= Beteiligung). Die Aufſichtsrats=
Sitzung am Dienstag brachte die ſcharfe Zuſammenlegung des NSU.=
Kapitals im Verhältnis 5:1 auf 2,5 Millionen RM. und die folgende
Wiedererhöhung auf insgeſamt 10 Mill. RM., wobei den alten Aktio=
nären
ein Bezugsrecht 1:1 zu 100 Prozent angeboten wird. Die reſt=
lichen
5 Mill. RM. werden von der Dresdner Bank und deren Freunden
ſowie von der italieniſchen Automobilfabrik Fiat gleichfalls zu 100 Pro=
zent
übernommen. Die ſcharfe Sanierung war notwendig, da der erſt
jetzt vorgelegte Abſchluß für 1927 einen Verluſt von 7,8 Mill. RM.
zeigt, der ſich nach Herausnahme der Schapiroſchen Berliner Obfekte auf
14,8 Mill. RM. erhöht und ſich insgeſamt durch eine Sonderabſchrei=
bung
von 1,48 Mill. RM. mit 16,28 Mill. RM. ergibt. Dem gegen=
über
ſteht ein Aktienkapital von 12 Mill. RM. und eine Reſerve von
18,8 Mill. RM. In einer Preſſebeſprechung wurde betont, daß die
Banken, wohl auf Druck der Frankfurter Aktionär=Schutzvereinigung,
welcher übrigens um ihr Bemühen um eine relativ noch erträgliche,
wenn auch bedauerliche Sanierung Dank gebührt einen Millionen=
betrag
ihrer Forderungen nachwieſen, wodurch ſich der Verluſt wenig=
ſtens
nicht noch höher ſtellte. Der ſo gewonnene Buchgewinn würde
zu notwendigen Abſchreibungen und zur Reſervebildung verwandt wer=
den
. Da einmal die in ihrem Automobil= und Motorradzweige geſunde
NSU.=Geſellſchaft von den Schapiroſchen Berliner Droſchkenbeteiligun=
gen
entlaſtet iſt, andererſeits durch den Zugang neuer Mittel nach der
Sanierung gekräftigt wird, hofft die Verwaltung, daß künftig die
Grundlage einer Rentabilität gegeben iſt. Bedauerlich bleibt nur, daß
die Sanierung mit Hilfe von einer ausländiſchen Automobilfabrik, den
Fiat=Weiken, ermöglicht wurde. Im übrigen hat es den Anſchein, daß
wir nach der Berliner Automobilausſtellung auch mit einer Konſolidie=
rung
anderer deutſcher Automobilfabriken rechnen können. Auch dabei
dürfte das Ausland eine beach liche Rolle ſpielen.
Ludwigshafener Walzmühle A. G., Ludwigshafen. Wie wir erfahren,
ſcheint der auffallende Kursanſtieg in der inneren Lage des Unter=
nehmens
zu liegen, da keinerlei Kapitalerhöhungspläne ſchweben und
auch nicht begründet ſeien. Die Selbſtändigkeit und Iſoliertheit im
Gegenſatz zu anderen Mühlen käme zuſtatten. In einer ſoeben abge=
haltenen
Aufſichtsratsſitzung wurde der bisherige Geſchäftsverlauf 1928
aks recht befriedigend bezeichnet. Trotzdem ſcheint wenig Neigung zu
einer Dividendenänderung (i. V. 10 Prozent) zu beſtehen. Die Aktien=
mehrheit
(A.K. 4 Mill. RM.) iſt in Händen der Aufſichtsratsmitglieder
gepoolt.
Produktenberichte.
Frankfurter Produktenbericht vom 7. November. Am Frankfurter
Produktenmarkt war die Haltung matt. Die ſchwächeren Auslands=
meldungen
verſtimmten, ſo daß die Händler wieder größere Zurückhal=
tung
zeigten und die in größeren Poſten an den Markt kommende
Ware konnte aus dieſem Grunde meiſtens nur mit Verluſt untergebracht
werden. Auf der anderen Seite beſtand jedoch nach Roggen, Hafer und
Weizen ſowie Roggenkleie einige Nachfrage. Die Preiſe wurden wie
folgt feſtgeſetzt: Weizen B,40; Roggen 22,2522,50; Sommergerſte 24
bis 24,25; Hafer inl. 2B,B; Mais für Futterzwecke 22; Weizenmehl
33,7534,50; Roggenmehl 29,7530,50; Weizenkleie 13,75; Roggen=
kleie
14,25.
Berliner Produktenbericht vom 7. November. Am Produktenmarkt
machte die Abwärtsbewegung der Preiſe heute weitere Fortſchritte. Aus
den Vereinigten Staaten lagen infolge des geſtrigen Wahltages keine
Marktmeldungen vor, Winnipeg war gut gehalten. Von dort vorlie=
gende
Nachrichten über ungünſtiges Wetter in Argentinien, die hauſſe=
günſtigen
Einfluß gehabt haben ſollen, wurden mit ſtärkſtem Mißtrauen
aufgenommen, da die argentiniſchen Märkte ſchwächeren Verlauf zeigten.
Hier hat ſich das inländiſche Angebot von Brotgetreide weiter verſtärkt;
es liegt reichlich Material von Kahn= und Waggonware vor. Da aber
ſowohl die Exportnaefrage beträchtlich nachgelaſſen hat und auch die
Mühlen nur ſehr zögernd Ware aufnehmen, konnte das vorhandene
Angebot ſelbſt bei ein bis anderthalb Mark niedrigeren Preiſen nicht
voll untergebracht werden. Gebote liegen zumeiſt 2 Maik unter geſtri=
gem
Nibeau. Am Lieferungsmarkt waren namentlich die vorderen
Sichten ſtärker gedrückt. Weizen= und Roggenmehl ſind in den Forderun=
gen
zumeiſt erneut ermäßigt, das Geſchäft vermag ſich abſolut nicht zu=
beleben
. Der Konſum kauft weiter nur für den dringendſten Bedarf.
Hafer iſt etwas reichlicher offeriert. Bei nominell unveränderten Prei=
ſen
geſtaltet ſich das Geſchäft recht ſchwierig. Gerſten ruhig.

Kleine Wirtſchaftsnachrichten.
Die Großhandelsrichtzahl iſt im Oktober gegenüber dem Vormonat
um einen Punkt auf 150 gefallen und iſt nunmehr um 50 v.H. höher
als vor dem Kriege. Im einzelnen ſind Rohſtoffe und Halbfabrikate
von 128 auf 130 geſtiegen. Fertigwaren dagegen von 175 auf 171 ge=
fallen
.
Der Verein deutſcher Eiſenhüttenleute hat ſeine diesjährige Haupt=
verſammlung
, die auf den 8. und 9. Dezember nach Düſſeldorf einbe=
rufen
war, wegen der augenblicklich ungeklärten Lage in der Eiſen=
induſtrie
abgeſagt.
Wie wir von der J.G. Farbeninduſtrie erfahren, trifft es nicht zu,
daß die J.G. Farbeninduſtrie A. G. die ſtillgelegten Eiſenbahnwerk=
ſtätten
Eſchwege bei Kaſſel als zentralen Umſchlagplatz ihrer Erzeug=
niſſe
für ganz Mitteldeutſchland pachtweiſe übernommen habe.
Die Meldung des offiziellen engliſchen Funkdienſtes, wonach eine
neue Geſellſchaft mit einem Kapital von 1,25 Mill. Pfund Sterling er=
richtet
wird, die eine Verkettung der Emelka mit anderen Film= Geſell=
ſchaften
darſtellen ſoll, wird als Kombination bezeichnet. E3 ſtehen ſich
alſo hier eine Erklärung engliſcher Kreiſe und die vorſtehe de Mittei=
lung
von Münchener Seite gegenüber.
Nach einer Aufſtellung des däniſchen Statiſtiſchen Amtes gab es
am 30. September in Dänemark an Motorfahrzeugen rund 90 000 Auto=
mobile
und 19 000 Motorräder. In Umrechnung auf Dänemarks Be=
völkerung
ergibt ſich nunmehr, daß jeder ſechſte Einwohner über ein
Motorfahrzeug verfügt.
Wie aus Amſterdam gedrahtet wird, wurde die am Dienstag in
Amſterdam aufgelegte holländiſche Tranche der 6½prozentigen Ruhr=
verbandsanleihe
kurz nach Oeffnung der Liſten überzeichnet. Ein Teil=
betrag
dieſer Emiſſion war bekanntlich von vorherein feſt übernommen
worden.
In der Sitzung des Brüſſeler Binnenſchiffahrtskongreſſes wurden
verſchiedene Anträge angenommen, die ſich u. a. für den Ausbau eines
direkten Kanals AntwerpenRhein und für die Ermäßigung der Zoll=
gebühren
für den belgiſch=rheiniſchen Durchgangsverkehr von und nach
niederländiſchen Häfen ausſprechen.
Von der Bank von England wurde geſtern Barrengold im Werte
von 147000 Pfund Sterling verkauft.
Wie aus Bukareſter eingeweihten Kreiſen verlautet, beabſichtigt
Maniu, falls er die rumäniſche Regierung übernimmt, das Berliner
Abkommen ſofort zu unterzeichnen. Dagegen will er die bis jetzt ge=
führten
Anleiheverhandlungen abbrechen und neue Verhandlungen mit
dem Bankhaus Schröder u. Co. und der Diskontogeſellſchaft auf Grund
einer Völkerbundsanleihe beginnen.

Frankfurter und Berliner Effektenbörſe.
Frankfurt a. M., 7. November.
Trotz der Fortdauer des Konfliktes in der Eiſeninduſtrie und der
plötzlich eingetretenen Regierungskriſe in Frankreich eröffnete die Börſe
in überwiegend feſterer Haltung, angeregt durch die ziemlich lebhafte
Nachfrage nach Spezialwerten, vor allem wieder nach Elektrizitätsaktien.
Die Umſatztätigkeit war im allgemeinen weiterhin nicht groß, da das
private Publikum in ſeiner Intereſſenloſigkeit verharrte. Die hohen
vorbörslichen Kurſe konnten ſich daher meiſt nicht behaupten, doch waren
gegen die geſtrige Abendbörſe auf den meiſten Marktgebieten noch 1 bis
2prozentige Kursgewinne zu verzeichnen. Am Elektromarkt waren die
Kursbeſſerungen etwas größer. Siemens mit plus 3 Prozent und
Schuckert mit plus 2,75 Prozent waren bevorzugt. AEG., Bergbau und
Geffürel gewannen 1 bis 2 Prozent. J. G. Farben eröffneten 1 Proz.
höher, Scheideanſtalt wenig verändert, Holzverkohlung weitere 1,5 Pro=
zent
anziehend. Dt. Linoleum konnten 2 Prozent gewinnen. Von den
Bauunternehmungen lagen Holzmann 1½s Prozent höher. Zellſtoff=
werte
waren eher angeboten und zirka 1,5 Prozent ſchwächer, da das
Bezugsrecht bei Waldhof (10:1 zu 200 Prozent) enttäuſchte. Montan=
werte
lagen ſtill und meiſt behauptet, nur Buderus 1’s Prozent feſter.
Auch Banken und Schiffahrtswerte waren vernachläſſigt bei wenig ver=
änderten
Kurſen. Kaliaktien konnten weiter etwas anziehen, ferner
Autowerte leicht erhöht, nur NSU. auf dem niedrigen Kursſtand be=
hauptet
. Deutſche Anleihen waren kaum verändert, von Auslandsrenten
Türken weiter abbröckelnd.
Im Verlaufe wurde das Geſchäft noch ſtiller. Verſchiedentlich brök=
kelten
die Kurſe auf Realiſationen leicht ab. Siemens waren weiter ge=
fragt
und erneut 1 Prozent feſter. Tagesgeld war zu 6 Prozent weiter
ziemlich flüſſig. Am Deviſenmarkt nannte man Mark gegen Dollar
41978; gegen Pfunde 20,353; London-Kabel 4,8484; Paris 124,15;
Holland 120834
An der Abendbörſe beſtand großes Intereſſe für Kaliwerte,
ſpeziell für Kaliinduſtrie. Der Bankenmarkt lag völlig unverändert.
Am Elektromarkt zeigte ſich ein Kursrückgang auf größere Schweizer
Abgaben. Die Farbenaktie hielt ihren Mittagskurs. Im weiteren Ver=
lauf
blieb die Börſe widerſtandsfähig, da man auf Grund der feſten
Auslandsbörſen mit weiteren Aufträgen des Auslandes rechnet.
Berlin, 7. November.
Nach den zunächſt ſchwächeren Kurſen des vorbörslichen Freiverkehrs
war bereits vor dem offiziellen Börſenbeginn eine kräftige Erholung
eingetreten. Die Börſe eröffnete durchweg befeſtigt und in freundlicher

N. E. G
Augsb.=Nürnb. Maſch.
Baſalt".
Bergmann. .
Berl. Karlsruhe Ind.
Berl. Hand.=Geſ.
Braunkohl. Briketts
Bremer Wolle.
Danatbank.
Deutſche Bank..
Dislontogeſ.
Tresdner Bank. . . . .
Deutſche Maſchinen.
Deutſche Erdöl ..
Deutſche Petroleum
Tynamit Nobel ...."
Elektr. Lieferung
J. G. Farben..
Gelſenk. Berg..
G. f. elektr. Untern. . .
Han. Maſch.=Egeſt. . .
Hanſa Dampfſch. .
Hapaa ...........
Harpner. . . . . . . ."
Semoor Zement. . . .

8 11.
184.
92.
66.25
2185
68.75
285.
188.
233.
290.
163.
160 75
166.75
47.525
134.5
83.5
118.75
164 75
252.5
123.
270.625
41.75

149.

268.

7. 11. 6. 11 131 875 Hirſch Kupfer 133. 91.- Höſch Eiſen 132. 1129.875 68. Hohenlohe Werke. 625 215. Kahla Porzellan . 126 1125. 67.75 Kali Aſhersleben 23y. 1285. 235.5 Salzdetfurth 483.5 154. Weſteregeln 233. 1283. 233. Lindes Eismaſch. 1167.5 1167.25 290.5 V. Loewe & Co. 244. 1244. 167. Lingel S huh. 32. 1615 Nannesmann Röhren 125.5 125 167. Niederlauſitzer Kohle 157.125. 47.87 Nordd. Lloyd 1144.875 135.5 Orenſtein.. 1470.25 83 8 Bolyphon 117.25 Rütgerswerke 194.625 154.125 Sachſenwerke 252. Siemens Glas 143. 1141. 122 Ver. Glanzſto 565. 259.25 Ver. Stahlwerke. 42. Volkſtedter Porzellan 63.75 1805 Vanderer Werke.. 119. 1120. 143.5 Wiſſner Metall. . 157. 150. 13.5.5
265. Wittener Gußſtahl 53.

7. 11.
134.,75
62.75
491 5
32.
157.125
43.
105.5 105.125
463.5
105.
137. 1135.5
559.5
92. 1 91.25
63 875
54.

Deviſenmarkt.

s. 1f. 7. 11. geld Brie Geld Brief Helſingfors .. 10.552 0.57. 10.553 10.57. Aien ... 58.98 9.10 58.975 59.095) Paris ..... Prag ......." 12.427 12. 447 Budapeſt .. .. 73.105/73.24: Sofia . 3.034 8.038 3.029/ 3.03 Kolland 168.23 68.5 168.23 168 5 Cslo .. Ai1.76 111.98 Kopenhagen ./1f.71 112.0 111.79 112.0 Stockholm". 12.00 112 30 112.09 112.3 London .. . . . /0.33 20,3731 20.336 20.376 Buenos Aires 1.764 1.774 1.7681 1.772 Neu=York . 1945/4. 202: 4 1950 4.2030 Belgien". 18.27 58.39 58.27 50.39

Ftalien ...
12.431 12.451/ Schweiz.. . . ."
73 10/73.24 Spanien. ..
Danzig .
Japan. .
111.76 111.981 Rio ve Janeiro
Jugoſlavien ..
Portugal ...
Athen ......"
Fonſtantinopel
Fanada.
Truquay.

z. u. 7 11. Geld Brie Geld rief 21.96 22.00 21.96 22.00 15.38 6.42 16.38 6-42 80.69 30.85 30.70 80.86 67. 60 6 7.74/ 37 60 67.74 81. 31 81 47 81 3 81.49 1.95 1.955 1 948 1.952 0.500 0.502 0.50 0.502 1.3 70 7.384 1.373 7.384 18. 88 18.94 18.86 18.92 5.425 5.435 5.425 5.435 2.110 2.114 2.107 2 111 4. 191 4.199 1.191 4.199 4.266 4.274 4.25 4.274

Tendenz. Nach Feſtſetzung der eiſten Kurſe wurde die Tendenz, aus=
gehend
vom Kalimarkt und Elektromarkt, eher noch etwas feſter. Im
weiteren Verlaufe der Börſe verloren ACG. 2 Prozent, Bergmann 1,12:
Geſfürel 1,25; Transradio 1; Schuckert 1 Prozent. Auch Glanzſtoff ver=
loren
2 Prozent, Salzdetfurth waren 2 Prozent, Dt. Erdöl 1 Prozent
und Rütgers 0,5 Prozent gebeſſert. Nordd. Wolle konnten bei einigen
Umſätzen 2 Prozent anziehen. Die Börſe ſchloß nicht ganz einheitlich
und überwiegend leicht abgeſchwächt. Feſt lagen Kaliwerte unter Füh=
rung
von Salzdetfurth, und am unnotierten Markt unter Führung
der Kaliinduſtrie=Aktien; auch Deutſche Bank war feſter. Montanwerte
blieben gut gehalten. Nachbörslich waren die Kurſe behauptet, teilweiſe
auf Deckungen etwas erholt.
Metallnotierungen.
Die Berliner Metallnotierungen vom 7. November ſtellten ſich für
Kupfer: Januar 137,50 (137,75), Februar, März, April, Mai, Juni,
Juli 137,50 (137,50), Auguſt 137,50 (137,75), September 137,75 (138),
Oktober 137,50 (138), November 137 (138), Dezember 137,75 (138). Ten=
denz
: feſter. Für Blei: Januar 42,75 (43), Februar 43 (43), März,
April. Mai 42,75 (43), Juni, Juli 43 (43), Auguſt, September. Oktober
43 (43,25), November, Dezember 42,50 (42,75). Tendenz: ſtetig. Für
Zink: Januar, Februar 47,50 (48,25), März 48 (48,50), April 48
(48,75), Mai 48 (48,50), Juni 48 (49), Juli, Auguſt 48 (48,75), Septem=
ber
, Oktober 48,50 (49), November 47 (47,50), Dezember 47,25 (47,75.
Tendenz: ſtetig. Die erſten Zahlen bedeuten Geld, die in Klammern
beigefügten Brief.
Die Berliner Metallnotierungen vom 7. November ſtellten ſich für
Elektrolytkupfer promt eif Hamburg, Bremen oder Rotterdam ( No=
tierung
der Vereinigung für die D. Elektrolytkupfernotiz) 151,75 RM.
Die Notierungen der Kommiſſion des Berliner Metallbörſenvor=
ſtandes
(die Preiſe verſtehen ſich ab Lager in Deutſchland für prompte
Lieferung und Bezahlung) ſtellten ſich für Original Hüittenaluminium,
98 bis 99 Prozent, in Blöcken, Walz= oder Drahtbarren 190 RM., des=
gleichen
in Walz= oder Drahtbarren, 99 Prozent, 194 RM., Reinnickel,
98 bis 99 Prozent, 350 RM., Antimon Regulus 8487 RM., Feinſilber
(1 Kg. fein) 79,2580,75 RM.
Die Metallnotierungen der Londoner Börſe vom 7. November ſtell=
ten
ſich für Kupfer (Tendenz: ruhig): Standard p. Kaſſe 67½
3 Monate 68/1s, Settl. Preis 67½, Elektrolyt 74375 beſt ſelected
7273½ Elektrowirebars 75; Zinn (Tendenz: feſt): Standard p.
Kaſſe B31½5, 3 Monate 224½½, Settl. Preis 231½, Banka,
Straits (inoff. Not.) 231½4;
Amerikaniſche Kabelnachrichten.
* Chikago, 7. Nov. (PrFb.=Tel.)
Weizen: Nach ziemlich ſtetiger Eröffnung verflaute der Markt auf
einen verſrimmenden Bericht aus Kanſas, größere Zufuhren und geringe
Exportnachfrage.
Roggen: Hier gaben die Preiſe heute bis zu 1½ Cts. nach auf die
verſtimmende Exportnachfrage und ſchwächere Berichte von den nord=
weſtlichen
Märkten.
Hafer: Die Preiſe lagen überwiegend unter den letzten Notierungen.
* New York, 7. Nov. (Prib.=Tel.)
Kaffee: Liquidatonen und Verkäufe für europäiſche und braſili=
aniſche
Rechnung ließen die Preiſe heute zurückgehen.
Zucker: Auf D=ckungsbeſdürfnis des Handels kam es zu einer Be=
feſtigung
der Preiſe. Auch kubaniſche Firmen tätigten auf die ſtetigen
Notierungen der Lokomärkte Käufe.
Es notierten nach Meldungen aus Chicago am 7. Nov.:
Getreide: Weizen, Dez. 113½, März 118½, Mai 121½: Mais,
Dez. 82½, März 85½, Mai 87½; Hafer, Dez. 43½, März 44, Mai
44½; Roggen, Dez. 99½, März 102½, Mai 105½.
Fette: Schmalz Nov. 11,40, Dez. 11,55, Jan. 1929 11,67,
März 12,175; Rippen, Dez. 11075. Jan. 1929 11,30; Speck loco
12: leichte Schweine 8,89,60, ſchwere Schweine 9,109,80;
Schweinezufuhr Chicago 19000, im Weſten 110 000.
Baumwolle: Dez. 28,3228,34, Jan. 1929 18,5218,36.
Es notierten nach Meldungen aus NewYork am 7. Nov.:
Getreide: Weizen, Rotwinter 152½, Harmister 127½; Mais
neu angek. Ernte 96½: Meh: pr. brat eſ= 5,:56; Fracht
nach England 2,93,3, nach deir Soniinent -,C.
Schmalz: Prima Weſtern Ioco 17,15; Taig einz loſe 9½.
Kakav: Tendenz willig, Umſatz in lsts D, loco 1038, No=
vember
10,02, Deezmber 10,20, Januar 1929 10,10, Februar 10,45,
März 10,58, April 10,60, Mai 10,74, Juli 10,81, Sept. 11,01.

Mnaloan, Koinmanditgeferfcaftuu
Frankfurter Kursbericht vom T. November 1928.

*.

6% Dtſche. Reichs=
anleihe
v. 1927
6% Baden Frei=
ſtaat
von 1927.
6% Bay. Freiſtaat
von 1927
6% Sachſen Frei=
ſtaat
von 1927.
7½Thüringer Frei=
ſtaat
von 1927.
Dtſche. Anl. Auslo=
ſungsſch
. + *
Ablöſungsanleih.
Dtſche. Anl. Ablö=
ſungsſch
. (Neub.
Dtſche. Schutzge=
bietsanleihe

8% Bad.=Bad. v. 26
30 Berlin v. 24.
8O Darmſtdt v. 26.
7% Frkf. a.M.v 26
8% Mainz v. 26..
8% Mannh. v. 26
8% Nürnberg v. 26
3% Berl. Hyp.=Bk.
8% Frkf. Hhp. Bk.
% Pfbrbank,
8 Heſſ. Landesbk.
6
8% Kom. Landes=
bank
Darmſtadt
8% Mein. Hyp.Bk.
3% Pfälz. Hyp. Bk.
8% Preuß. Ctr.=
Stadtſchaft.
8%Rhein. Hyp.=Bk.
8% Rhein.=Weſtf.,
Bd. Credit ...
8% Südd. Bod.
Cred.=Bank.
8% Württ. Hyp.=B.

Dt. Komm. Sam.=Ablöſ.=Anl.
+ Ausl. Ser, I.
Dt. Komm. Sam=
mel
=Ablöſ.=Anl.
Ausloſ. Ser. II

6% Daimler Benz
von 27.......
8% Klöckner=Werke
Berlin v. 26..
7%0 Mainkrw. v. 20
7% Ver. Stahlw
mit Opt. v. 26
8% Voigt & Häffner
v. 26....

5. 10. 7. 11. 87.3 87.25 77.5 771. 79.5 79.25) 84.5 84
50.9 16.4 141. Raße 92.25 93.75 79 93 87.5 87 93.25 93 98 98 97.5 97.5 97.5 97.5 97.5 89 89 88 88 937/, 93.8 86 85 81.5 81.5 97.5 98 98 98 97.75 37.75 97.75 97.5 98 98 95 94.5 52.2: 50.5 68 6s
75 73 92.5 92.5 86 83.5 92.5

5% Bosn. L. E. B.v.
1914.....
4½% Oſt. Schatz=
anw
. v. 1914
40 Oſt. Goldrente
4½% Rum. Gold
von 1913..
4% Türk. Admin..
1. Bagd.
4%0
Zollanl.
4%
4½¾ 1213 Ungarn
1914
4% Ungar. Goldr.
Aßtien
Allg. Dt. Creditanſt.
Bk. f. Brauinduſtr.
Berl. Handelsgeſ.
Comm. u. Privatb.
Darmſt. u. Nt.=Bk.
Deutſche Bank ...
Dt. Eff.= u. Wechſel=
bank

Vereinsbank.
Diskont.=Geſellſch..
Dresdener Bank ..
Frankf. Bk.
Hyp.=Bk..
Pfdbr.=Bk.
Gotha. Grundkr. B.
97.25 Mein. Hyp.=Bank
Metallbank.
Mitteld. Creditbk.,
Nürnb. Vereinsbk.
Oſt. Creditanſtalt. .
Pfälz. Hyp.=Bank
Reichsbank=Ant.
Rhein. Creditbank
Hyp.=Bank
Südd. Bod.=Cr. Bk.
Wiener Bankverein

A=G. f. Verkehrsw).
Dt. Eiſenbahn=Geſ.
7% Dt. Reichsbahn=
Vorzge. ....
Hapag .......
Nordd. Lloyd. . .
Schantung=Eiſenb.
Südd. Eiſenb.=Geſ

Accum. Berlin
Adlerw. (v. Kleher)
6L AEG. Vorzug
AEG. Stamm..
Baſt Nürnberg
Bergm. El. Werke.
BrownBoverickCie
Brüning & Sohn.
Buderus Eiſen ..
Cement Heidelberg
Karlſtadt

5.10. 7.11. 24 23.5 11.75 1311. 27.3 10 138 136 11 181 172 11 190.25 187.75 12 293.5 10 168.75 166.5 127 126.5 101 101 163.75 161.75 10 171 167.5 114 118.5 150 148.25 156 153.5 138 132.5 141.25 138.75 135 205 (204 160 160 35 34.5 10 160 159 12 300.75 304 128 124.75 199.5 212 15.25 15:, 182.5 175 164 166.5 91.9 91.75 148 144 123 120
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[ ][  ][ ]

Nummer 314

Donnerstag, den 8 November 1928

urhebetrechtsſchutz durch Verlag Oskar Meiſter, Werdau (Sa.).
Nachdruck verboten.
12)
Und nun berichtete Hanns=Martin alles, was er erlebt und
gehört hatte, dann ſchloß er:
Ich ſtehe hier vor einem Rätſel, einem ungelöſten und viel=
leicht
unlösbaren Rätſel. Die letzten zwölf Stunden haben mein
ganzes Denken und Empfinden gewiſſermaßen umgekrempelt, auf
den Kopf geſtellt, ich weiß nicht mehr, was ich für wahr halten,
was ich glauben ſoll. Und doch habe ich das Gefühl, als walte
hier unſichtbar eine geheimnisvolle Macht, deren willenloſe Werk=
zeuge
wir ſind, als ſeien all: dieſe Erlebniſſe, auch das Auffinden
der Urkunde, nur Glieder in der Kette von Geſchehniſſen, dir
irgendwann zu einer Entſcheidung drängen. Koloman, ich traue
der Urkunde, nur Glieder in der Kette von Geſchehniſſen, die
kann, führen muß, wenn ſich nicht eine Erklärung finden läßt, zu ketten, obwohl
und nun frage ich dich als Mann zu Mann: Was hälſt du von
dieſen Dingen? Was iſt hier Wahrheit oder Sinnestäuſchung?
Der junge Schloßherr war ſehr ernſt geworden.
Mein lieber Junge, zunächſt muß ich dich um Entſchuldi=
gung
bitten, daß ich dir nicht ſchon früher, ehe ich dich nach Czil=
lary
=Hart=Pußta einlud, von dem Verhängnis, das über die=
ſem
Haus und unſerer Familie laſtet, Mitteilung machte. Aber
wie dir ſchon Sylvia ſagte bisher hat ſich die Erſcheinung
noch niemals einem Fremden gezeigt, und ich konnte unmöglich
annehmen, daß du eine Ausnahme machen würdeſt.
Und nun will ich dir etwas ſagen, was kein lebender Menſch ſonniges, liebes Geſchöpfchen, ein aufrechter, ſtarker Menſch, ganz
außer mir weiß, nur muß ich dich bitten, meiner Schweſter gegen=
über
zu ſchweigen, denn ich trage die Verantwortung dafür, daß den Namen der Frau, die all dies Unheil über uns gebracht hat.
kein Schatten auf ihr junges Leben fällt. Alſo, willſt du mir das
verſprechen?
Mein Wort darauf!
Gut; ich danke dir! Die Hände der beiden Männer lagen
feſt ineinander, dann nach einer kurzen Pauſe, fuhr Graf Tarouka
fort: Als mein Vater vor zehn Jahren ſtarb, ließ er mich kurz
vor ſeinem Ende noch einmal rufen. Und hier erfuhr ich, daß
meine Mutter in geiſtiger Umnachtung geſtorben ſei, weil ſie das
Zuſammenleben mit einer Toten, einer Erſcheinung, die aus
einer anderen Welt ſtammte, nicht ertragen konnte. Jahrelang
hatte ſie ſich gegen das Uebernatürliche, Grauenvolle gewehrt,
umſonſt, ſie brach zuſammen unter der Laſt des Geheimnisvollen,

Unbegreiflichen. Mein Vater war robuſter veranlagt, Shlvia
und ich haben ſein Temperament geerbt , doch auch er war mit
den Jahren ein ſtiller, verſonnener, grübleriſcher Mann gewor=
den
, der tagelang kaum und trank, in theoſophiſchen und
myſtiſchen Werken ſtudierte, keine Lebensfreude mehr kannte,
keinen Mut und Willen zum Leben beſaß, und hätte ihn nicht eine
akute Lungenentzündung in wenigen Tagen dahingerafft wer
weiß, vielleicht würde er das Schickſal meiner armen Mutter
geteilt haben."
Graf Koloman fuhr ſich mit der Hand über die Augen, als
wollte er da etwas Unſichtbares wegwiſchen.

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Als ich im Vorjahre bei dir in Hoheneichen war, fragteſt
du mich einmal, wie es eigentlich käme, daß ich mit meinen fünf=
unddreißig
Jahren noch immer unvermählt ſei. Damals ſagte ich
dir: Man kann ja zwei Portionen auch allein eſſen, aber heute
weißt du den wahren Grund. Ich bin nicht gewiſſenlos genug,
in einen ſeeliſchen Zwieſpalt geraten, der zum Irrſinn führen das Leben und Schickſal eines geliebten Weſens an mein Daſein
Hanns=Martin hatte den Arm um ſeinen Freund gelegt:
Armer Kerl!
Laß nur! Graf Koloman machte eine müde, abwehrende
Bewegung und verſuchte ein Lächeln, das ihm aber nicht gelin=
gen
wollte.
Ich bin der letzte unſeres Namens, ſei es drum, und
wenn ſie mich einmal in die Gruft gebettet haben, dann mag der
uralte Wappenſchild zerbrochen werden: Tarouka heute noch und
nimmermehr! Aber einen Wunſch habe ich, daß Sylvia
das Glück finden möge, welches mir verſagt bleibt! Sie iſt ſo ein
geſchaffen, um einen Mann glücklich zu machen. Und ſie trägt
Meine Mutter wünſchte das damals, ſie ſah darin eine Ent=
ſühnung
, gewiſſermaßen ein Zugeſtändnis an die Tote.
Unſagbares Leid hat die die Erſcheinung über unſer
Geſchlecht gebracht. Meine Schweſter erzählte dir wohl ſchon, daß
einer unſerer Vorfahren als hilfloſer, gelähmter Krüppel dahin=
ſiechte
, ein anderer erblindete, und ſchließlich meine Mutter,
ſie war das letzte Opfer des Fluches, der auf uns laſtete, wer
wird das nächſte ſein?!
Koloman! Um Gotteswillen!
Graf Tarouka lächelte trübe.
Ja, mein Kerlchen, mit dem Unabänderlichen muß man ſich
wohl oder übel abzufinden ſuchen. Du kennſt mich nur als lebens=

Seite 13

luſtigen, leichtlebigen Offizier, den reichen Magnaten, liebens=
würdigen
Geſellſchafter und paſſionierten Jäger. In meinen vier
Pfählen bin ich ein anderer, und wenn ich manchmal tolle, über=
mütige
Streiche begehe, wenn ich auf dem beſten Wege bin, um
im Alkohol wenigſtens ein Vergeſſen für Stunden zu ſuchen,
dann klage das Schickſal an nicht mich!"
Raſſow fühlte ein heißes, inniges Erbarmen mit ſeinem
Freunde, das hatte er nicht gewußt, nicht geahnt!
Und deine Schweſter?!
Sylvia, ja, ſie iſt in ihrer Art eine glückliche Natur, denn
ihr felſenfeſter, kindlich reiner Glaube an Gott iſt ſtärker als alles
Erdenleid. Gottes Wille hat kein Warum! das iſt für ſie ein
Evangelium, an dem ſie nicht deuteln und rütteln läßt, das gibt
ihr Halt und Kraft auch da, wo die modernen Verſtandes=
menſchen
mit all’ ihrer Weisheit und Wiſſenſchaft kläglichen
Schiffbruch leiden."
Aber du?! Du, Koloman?! fragte Hanns=Martin leiſe.
Ich
Graf Tarouka zuckte gleichgültig die Achſeln.
Was liegt an mir? Ich lebe in den Tag und für den Tag, tue,
ſo gut ich es verſtehe, meine Pflicht, bewirtſchafte meine Güter
und habe es mir längſt abgewöhnt, über Probleme nachzugrübeln,
die ich doch nicht ergründen kann.
Hm , immerhin, bitte, nimm mir die Frage nicht übel,
alſo ich meine, du wirſt dir natürlich auch eine beſtimmte An=
ſicht
über die Erſcheinung gebildet haben?"
Ja, das heißt, du mußt bedenken, daß mir die Dame in
Grün ſchon von meinen Kinderjahren, her vertraut iſt. In
unſerer Familie wird von ihr geſprochen wie von einem lebeu=
den
Weſen. Erſt ſpäter kommen dann einem allerhand Zweifel,
man vergleicht, nimmt Verſtand und Kritik zu Hilfe und findet,
daß es im Grunde genommen gar, nichts ſo Unerhörtes iſt.
Haben nicht auch zum Beiſpiel die Hohenzollern ihre hiſtoriſch
gewordene weiße Frau, die ſchuldbeladene Gräfin von Orla=
münde
? Und beſitzen wir nicht in der Literatur, ſelbſt in der
ernſt zu nehmenden Wiſſenſchaft, Zeugniſſe unverdächtiger, au=
erkannter
Autoritäten, die eine Wiederkehr der Toten mit allem
Nachdruck als möglich, ſogar wahrſcheinlich, vertreten? Aber,
was mich im Augenblick am meiſten intereſſiert, iſt die Frage, wo
eigentlich die Urkunde ſo lange verborgen war, vorausgeſetzt,
daß es ſich wirklich um das Original handelt.
Daran kann man kaum zweifeln. Raſſow nahm das
Pergament in die Hand: Denn ſchon der erſte flüchtige Blick
zeigt, daß Material, Schriftzeichen und Stil unbedingt aus dem
Anfang des ſiebzehnten Jahrhunderts ſtammen müſſen, und die
Unterſchrift Sylvia, Gräfin Tarouka, ſowie das fehr guter=
haltene
Siegel und die Jahreszahl 1604 bürgen wohl, für die
Echtheit.
(Fortſetzung folgt.)

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Donnerstag den 8 November 1928

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