Einzeſnummer 10 Goldpfennige
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Heſſiſche Neueſte Nachrichten
Morgenzeitang der Landeshaupiſtadt
Wöchentliche illuſkrierte Beilage: „Die Gegenwart”, Tagesſpiegel in Pild und Wort
Nachdruck ſämtlicher mit X verſehenen Original=Aufſätze und eigenen Nachrichten nur mit Quellenangabe „Darmſi. Tagbl.” geſfattet.
Nummer 278
Montag, den 6. Oftober 1924.
187. Jahrgang
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Gewalt, wie Krieg, Aufruhr, Streik uſw., erliſcht
ſede Verpſichtung auf Erfüllung der
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aufträge und Leiſiung von Schadenerſatz. Bei
Konkurs oder gerichtlicher Beitreibung fällt ſeder
Rabatt weg. Bankkonto: Deutſche Bank und
Darm=
ſtädter 8 Nationaibant.
Eine Rede
Ehrung Muſſolinis.
Muſſolini über Faſchismus, Patriotismus
und die internetionale Stellung Italiens.
Mailand, 5. Okt. (Wolff.) Die Konſtitutionelle
Vereini=
gung veranſtaltete heute einen Empfang zu Ehren Muſſolinis.
enator Greppi rühmte in einer Rede, die äußere und die
Zänanzpolitik der nationalen Regierung, die von Muſſolini
er=
neuert worden ſei. Er ſprach ihr das uneingeſchränkte
Ver=
t.auen aus.
Muſſolini, der lebhaft begrüßt wurde, erinnerte zunächſt
an die ſorgenvolle Zeit, in der es unmöglich geweſen ſei, eine feſte
Regierung zu bilden. Er betonte, der Faſchismus habe, die
Aitarbeit in einem Kabinett unter dem Vorſitz Giolittis oder
ſe ies anderen Premierminiſters nicht annehmen können; man
itzüre ſonſt aus der Sackgaſſe, in der man ſich befunden habe, nicht
b rausgekommen. Gegenüber denen, die davon phantaſiert
hät=
timi, daß er Herrſchaftsträume hege, betonte Muſſolini, daß
nie=
nrnd ein ergebenerer und treuerer Diener der Dynaſtie ſei als
e—— Wenn ich, ſagte Muſſolini, an ſolchen Träumen gelitten hätte,
nüirde ich auch die Kraft gehabt haben, ſie zu verwirklichen. Aber
iie habe niemals einen derartigen Ehrgeiz beſeſſen. Wenn ich
o.n Staatsſtreich begangen habe, ſo iſt die Monarchie reſpektiert
norden. Die Armee blieb außerhalb der Umwälzung. Ich habe
auch die Kirche und die VerfaJung reſpektiert und habe in
Wahr=
it eine Koalitionsregierung geſchaffen.
Während der Periode, in der die Regierung die Vollmacht
hatte, iſ Großes geſchaffen worden.
Tre Geſetze betreffend die Staatsbeamten, die vor Beginn der
7tionalen Regierung vor dem Streik geſtanden haben, ſind
voll=
ſinnmen reformiert worden, ebenſo wie die Unterrichts= und die
rihterlichen Geſetze. Was die ſoziale Geſetzgebung betrifft, ſo
hat die nationale Regierung das Waſhingtoner Abkommen vor
8roßbritannien und Frankreich ratifiziert. Die äußere Politik iſt
on allen Seiten ſo gerühmt worden, daß ich nicht nötig habe,
neine perſönlichen Bemerkungen hinzuzufügen. Ich möchte nur
ſſisen, daß, als ich das Miniſterium des Aeußern übernahm,
die Außenpolitik vor dem Bankerott
4rnd. Muſſolini wies in dieſem Zuſammenhang auf die Erfolge
dar italieniſchen Politik auf Fiume und Jubaland und den
Twdokanes hin. Wichtige territoriale Errungenſchaften ſeien
er=
zielt worden. Darüber hinaus ſeien ein Handesvertrag mit
Jgoflawien und ein Abkommen mit der Tſchechoſlowakei
ge=
ic=loſſen worden. Das italieniſche Preſtige im Stromgebiet der
Tonau ſei wie im Mittelmeer vermehrt worden. Sodann wies
Y uſſolini auf die Anerkennung Rußlands durch Italien hin. Die
Reſultate der Finanzpolitik der Regierung ſeien glänzend. Es
gmüge, darauf aufmerkſam zu machen, daß der Hafen von Trieſt
de Ziffern des Vorkriegshandels erreicht habe. Im weiteren
Verlauf ſeiner Rede hob Muſſolini
die Haltung der faſchiſtiſchen Partei
hervor, die ſich niemals erlaubt habe, ihm Bedingungen zu
ſtel=
ſeri. Hätte ſie es getan, ſo würde er ſie zurückgewieſen haben.
7r ſei der Meinung, erklärte er weiter, daß es beſſer für eine
Nation ſei, eine Regierung von mittelmäßigen Köpfen zu haben,
ſifern dieſe Regierung eine beſtändige ſei, als eine Regierung
van Gelehrten, wenn ſie nicht ſtetig und allen Launen der
parla=
nentariſchen Körperſchaften ausgeſetzt ſei. Der Faſchismus aber
zabe das Problem unter einem anderen Geſichtspunkt betrachtet.
Ter Faſchismus ſei nicht infolge einer Tagesordnung an die
Macht gekommen, ſondern durch große Opfer, wobei Tauſende
auf den Wegen und Plätzen Italiens verblieben ſeien.
Der Faſchismus ſei nicht wie die anderen Parteien.
In=
folgedeſſen könne er das Parlament nicht als den einzigen
Ort betrachten, wo alle politiſchen Situationen ihre
regel=
mäßige Löſung zu finden hätten.
2er Begriff der abſoluten Freiheit erſcheine ihm vollſtändig
will=
eümlich. Es ſei abgeſchmackt, die Abſchaffung der Miliz zu
ver=
drigen, die nützliche Dienſte geleiſtet habe und noch leiſten werde.
2ce Miliz habe dem König mit großer Loyalität den Eid
gelei=
ſitet. Das Parlament werde am 10. November eröffnet und über
urſchiedene Geſetzesdekrete, internationale Verträge, ein neues
heglement für die Armee und endlich über das Budget beraten.
2er Faſchismus wünſche aufrichtig eine Befriedung. Aber
wäh=
nrid er ſeinen Oelzweig darbiete, erhöben ſich auf der anderen
=Site Spottrufe. Seine Haltung werde nicht nur als Schwäche
au.Sgelegt, ſondern man verlange von ihm die Entwaffnung. Wir
ſind für eine Befriedung, aber unter der Bedingung, daß man die
ngebenen Tatſachen anerkennt. Der Faſchismus iſt übrigens ein
nkereſſantes Phänomen. Er iſt ganz urſprünglich eine italieniſche
höpfung. Seit zwei Jahren ſpricht alle Welt vom Faſchismus.
Verſchiedene Perſönlichkeiten aus Japan, China und Auſtralien
ird nach Italien gekommen, um den Faſchismus zu ſtudieren.
fenbar gibt es auch in dieſen Ländern eine Kriſis der
Autori=
är, wie ſie in Italien vor dem Oktober 1922 vorhanden war.
Muſſolini hob ſodann hervor, die Negierung ſtehe in Treue
zu ihren Verpflichtungen, die ſie im Juni und September
übernommen habe.
Ten ſchuldigen Bürgern werde ſie nicht das Gefängnis öffnen.
Sie müßten ihre Strafe abbüßen. In bezug auf die Zukunſt
rerde Italien, um der beſtändigen Vermehrung ſeiner
Bevölke=
unig gerecht zu werden, alle Mittel ergreifen, um den Yoden
rachtbar zu machen und den Ackerbau zu induſtrigliſieren.
Muſ=
olini ſchloß mit der Erklärung, daß der Faſchismus keinerlei
Mätarbeit zurücklweiſe, und daß er nicht beabſichtige, das Grund=
Lſetz des Staates abzuändern. Er wolle lediglich für ein neues
2yſtem im Innern ſorgen, das abſolut notwendig ſei, weil das
gegenwürtige Italien nicht das Italien von 1830 ſei.
Rachsem der Vorſitzende des Verfaſſungsvereins aufs neue
Anhänglichkeit der Liberalen Partei an die faſchiſtiſche
Re=
ſierung beſtätigt hatte, beaab ſich Muſſolini in das Nathaus.
Infolge andauernder beifälliger Kundgebungen erſchien er
ſo=
dafin auf dem Balkon und ſprach in kurzer Nede über den Pa=
triotismus, die Diſziplin und den Faſchismus. Stürmiſcher
Bei=
fall begrüßte ſeine Worte.
Die Aeußerungen Muſſolinis über
die internationale Stellung Italiens
lauten folgendermaßen: Der weſentlichſte Punkt unſerer Aufgabe
iſt die Entwickelung unſerer Bevölkerung. Italien iſt ein
gebur=
tenreiches Land. Ich bin darüber ſehr glücklich. Ich werde
nie=
mals eine maltuſianiſche oder neomaltuſianiſche Propaganda
machen. Wir haben einen jährlichen Geburtenüberſchuß von
440 000 Perſonen. Wir haben 40 Millonen Bewohner auf dieſer
kleinen Halbinſel. Wir müſſen unſer Gebiet bis zum äußerſten
ausnutzen, unſere Häfen entwickeln, die techniſche Ausbildung
unſerer Fabriken auf das höchſte Maß bringen, den Ackerbau
in=
duſtrialiſieren, kurz uns organiſieren; der von einigen Teilen
glien in einer ſtark
Oberitaliens abgeſehen, iſt das ganze übt
zurückgebliebenen Lage. Wenn ein Volk in m ſolchen Maße
wächſt, hat es nur drei Wege vor ſich: entwede, ſich der
Unfrucht=
barkeit zu ergeben, und dazu ſind die Italiener zu intelligent, oder
Krieg zu führen oder Märkte für den Abfluß ſeines Ueberſchuſſes
an menſchlichen Armen zu ſichern.
Ein neuer Stern erhebt ſich über dem Horizont: der Stern
Deutſchland. Deutſchland, da wir vernichtet glaubten,
iſt ſchon wieder bereit. Es bereitet ſich furchtbar auf ſeine
ökonomiſche Wiedervergeltung vor. 1925 wird es den Kampf
beginnen, um die Märkte zu erobern.
Glaubt man denn bei uns wirklich, daß man mit internen
Kin=
dereien ſich zu dieſem Kampfe rüſtet, der uns vielleicht ſchon
mor=
gen vor die Frage ſtellt, ob wir eine Kolonie werden oder eine
Großmacht bleiben wollen?
Dieſes Erwachen der deutſchen wirtſchaftlichen Wiedergeburt
als gedanklicher Ausfluß der Rede Muſſolinis hat in römiſchen
diplomatiſchen Kreiſen einiges Erſtaunen hervorgerufen. Man
bringt ihn mit den bevorſtehenden deutſch=italieniſchen
Handels=
vertragsverhandlungen in Verbindung, wenn er auch zum Teil
auf das Konto einer captatio benevolentia der oberitalieniſchen
Induſtrie zu ſetzen ſein dürfte, die der Regierung etwas
entfrem=
det worden iſt und in deren Kreiſen die Furcht vor dem deutſchen
wirtſchaftlichen Wiederaufſtieg immer wieder wachgerufen wird.
Die italieniſche Großinduſirie gegen eine
Meiſibegünſtigung Deutſchlands.
Rom 4. Okt. (Wolff.) Der Generalſekretär des Verbandes
der italieniſchen Großinduſtriellen, Olivetti, erklärte einem
Ver=
treter der „Stampa”, die italieniſche Großinduſtrie habe die
Ver=
längerung des Zollregimes von Verſailles verlangt, die
Regie=
rung habe aber dieſem Verlangen nicht nachgegeben, weil der
Völkerbund dafür nicht zu haben geweſen wäre. Olivetti wies
auf das Fehlen eines feſten deutſchen Zolltarifs hin und wandte
ſich gegen die Gewährung der Meiſtbegünſtigungsklauſel an
Deutſchland, weil Deutſchland viel zu große Vorteile davon haben
würde, ohne dafür eine gleichwertige Gegenleiſtung bieten zu
können. Ferner müſſe Italien wiſſen, ob infolge der
Meiſtbegün=
ſtigungsklauſel die italieniſchen Ausfuhrartikel dieſelben Vorteile
genießen würden wie diejenigen aus dem Saargebiet und Elſaß=
Lothringen. um Schluß ſagte Olivetti, die italieniſche
Land=
wirtſchaft könne kleinen Konflilt mit der italieniſchen Induſtrie
heraufbeſchwören, weil das nur zum Vorteile Deutſchlands ſein
würde.
Liberaler Parteikongreß in Italien.
TU. Mailand, 5. Okt. Geſtern hat in Livorno der
Partei=
kongreß der Liberalen Partei begonnen, der über die Stellung der
Partei zum Faſchismus Beſchluß faſſen ſoll. In der
Eröffnungs=
rede kam der Gegenſatz zwiſchen Liberalismus und Faſchismus
grundſätzlich zum Ausdruck.
Die griechiſche Kabineitskriſe.
Athen, 5. Okt. (Wolff.) Nach einer Konferenz der Führer
der Rechtsparteien, die geſtern nachmittag unter dem Vorſitz des
Präſidenten der Nepublik ſtattfand, wurde ein Communigué
aus=
gegeben, in dem erklärt wird, die Antwort des Führers der
Ne=
publikaniſchen Partei, Papanaſtaſiu, über die Bildung des
Koali=
tionskabinetts werde als eine glatte Ablehnung betrachtet, da
Papanaſtaſiu auf die vorausgehende Annahme ſeiner
Bedingun=
gen beſtehe und die Erörterung derſelben ablehne. Es wird,
heißt es in dem Communiqué weiter, nunmehr eine Löſung der
Kriſe durch die Wiederherſtellung des gegenwärtigen Kabinetts
mit oder ohne Teilnahme der Parteiführer, die zur Mitarbeit
bereit ſind, ins Auge gefaßt, um ſobald wie möglich die Annahme
der Verfaſſungsurkunde ſicherzuſtellen.
Der mexikaniſche Präſident Calles in Paris.
Paris, 5. Okt. (Wolff.) Der neugewählte Präſident von
Mexiko, Präſident Calles, verbleibt bis 27. Oktober in Paris und
tritt am 28. Oktober die Rückreiſe in die Heimat an. Auf die Frage
des Berichterſtatters des „Petit Pariſien”, ob er als Präſident
eine andere Politik gegenüber dem Völkerbund verſolgen werde,
dem Mexiko noch nicht beigetreten iſt, antwortete er: Ich werde
die Politik des Präſidenten Obregon fortſetzen. Hinſichtlich der
Handelsbeziehungen Mexikos zum Ausland erklärte der
zukünf=
tige Präſident: Wir werden den fremden Ländern dieſelben
Ver=
günſtigungen gewähren, die ſie uns zu gewähren bereit ſind.
Belgiens Anteil an der Reparations=Anleihe.
Paris, 5. Okt. (Wolff.) Einige Zeitungsberichterſtatter
melden aus Brüſſel, der Gouverneur und der Direktor der
Bel=
giſchen Nationalbank hielten ſich gegenwärtig in London auf, um
feſtzuſtellen, mit welchem Betrage ſich Belgien an der 800
Mil=
lionen=Anleihe beteiligen ſolle. Nach dem Berichterſtatter des
„Matin” werde jedenfalls der auf Belgien und Fraukreich
entfal=
lende Anteil auf 4½ Millionen Pfund feſtgeſetzt werden, davon
anderthalb Millionen für Belgien.
Zum deutſch=italieniſchen
Dr. Z. Rom, den 4. Oktober.
Die Spannung und das Intereſſe, mit dem in den Kreiſen
der Politik und der Preſſe der Beginn der Verhandlungen über
den zukünftigen deutſch=italieniſchen Handelsvertrag erwartet
wird — eine Spannung, die ſich ſchon da und dort in vorzeitigen
und unvollftändigen angeblichen Informationen und
Preſſeäuße=
tungen Luft gemacht hat — veranlaßte unſeren römiſchen
Korre=
ſpondenten, eine maßgebende Perſönlichkeit der italieniſchen
Wirtſchaft, den Abgeordneten Eino Alivetti, Generalſerretär des
Verbandes der italieniſchen Induſtriellen, um ſeine Meinung zu
befragen.
Das Geſpräch hatte folgenden Wortlaut:
Ueberall bemerkt man, daß der kommende Handelsvertrag
mit Deutſchland die öffentliche Meinung lebhaft beſchäftigt. Was
können Sie uns darüber mitteilen und vor allem, auf welchem
Punkt ſtehen gegenwärtig die Dinge?
Der gegenwärtige Zuſtand iſt noch das Ergebnis des
Ver=
trages von Verſailles, wobei ſich die Alliierten von dem
Beſtre=
ben leiten ließen, auch die wirtſchaftlichen Beziehungen
Deutſch=
lands mit den Alliierten in der Nachkriegszeit zu regeln und zu
überwachen. Inbezug auf die Zolltarife war der Gedanke
maß=
gebend, Deutſchlands Wirtſchaftspolitik durch Beſtimmungen
ein=
zuſchränken und zu regeln, ohne dagegen ſelbſt Verpflichtungen
zu übernehmen und außerdem unter den Alliierten eine
gleich=
mäßige Stellungnahme herbeizuführen. So waren z. B. alle
alliierten Mächte berechtigt, von Deutſchland für ſich das Recht
der Meiſtbegünſtigung zu fordern, während es ihnen freiſtand,
Deutſchland gegenüber die allgemeinen Zolltarife zur Anwendung
zu bringen.
Und wie lange ſollte dieſer Zuſtand dauern?
Natärlich war das alles für eine begrenzte Zeit berechnet.
Der Artikel 280 des Vertrages von Verſailles beſtimmt, daß die
Verpflichtungen und Laſten, die Deutſchland inbezug auf Zölle
aufgebürdet werden, fünf Jahre nach Inkrafttreten des Vertrages
aufhören ſollten, d. h. am 10. Januar 1925. Es war allerdings
die Möglichkeit einer Verlängerung jener Beſtimmungen
vorge=
ſehen. Jedoch wurde die Verlängerung nicht erlangt, obgleich wir
nicht verſäumt hatten, die Aufmerkſamkeit der Regierung auf
die=
ſen Punkt zu lenken.
Warum wurde ſie nicht erlangt?
Der offizielle Grund iſt der, daß die Alliierten es nicht für
angezeigt hielten, darum nachzuſuchen. Der Grund hierfür dürfte
der Umſtand ſein, daß die Entſcheidung darüber dem Völkerbund
zuſtand und daß auf Grund von Informationen, die eine der
alliierten Regierungen zu erlangen gewußt hatte, es nicht
wahr=
ſcheinlich war, dieſe Verlängerung zu erlangen. Das geht
wenig=
ſtens aus jüngſten Erklärungen des Herrn Dior, des früheren
franzöſiſchen Handelsminiſters, hervor. So muß alſo am
näch=
ſten 10. Januar von dem gegenwärtig herrſchenden Regime zu
einem anderen übergegangen werden, und zwar zu dem der
Zoll=
tarife, wenn es nicht vorher gelingt, Handelsverträge
zuſtandezu=
bringen.
Gelten dieſelben Verhältniſſe auch für unſere Alliierten?
Gewiß; und Sie werden ja geleſen haben, daß bereits
Ver=
handlungen geführt werden zwiſchen Deutſchland und England
— dieſe ſind allerdings zunächſt abgebrochen worden — ferner
mit Belgien und auch mit Frankreich. Was natürlich dabei
her=
auskommt, muß die Zukunft lehren.
Warum iſt es ſo ſchwer, das vorauszuſehen?
Vor allem deshalb, weil in Deutſchland gar keine definitiven
Zolltarife exiſtieren.
Der gegenwärtige Tarif war beſtimmt durch ein Geſetz, das
der deutſchen Regierung Vollmacht in Zollfragen erteilte: die
Regierung wurde ermächtigt, die Zölle des Tarifes zu erhöhen
nach Anhören des Reichswirtſchaftsrates. Dieſe Vollmacht iſt
verfallen, aber die Regierung hat nun dem Parlament einen
Ge=
ſetzentwurf vorgelegt, um bis zum 10. Januar ermächtigt zu
werden, die Zölle zu erhöhen und die Freiheiten und
Ermäßi=
gungen für landwirtſchaftliche Produkte aufzuheben. Es iſt
ſchwer, etwas über einen Vertrag vorauszuſagen, ſolange die
Verhandlungsbaſis noch nicht feſtſteht, um ſo mehr, als dieſe
Re=
viſion der Zolltarife in Deutſchland nur proviſoriſchen Charakter
trägt und auch bereits ein vollſtändig neues Tarifſchema
ausge=
arbeitet ſein ſoll auf autonomer Grundlage und ſehr ſpezialiſiert,
das dann die endgültigen Tarife liefern ſoll. All das deutet auf
gewiſſe Neigungen Deutſchlands zur Schutzzollpolitik hin, von
denen man übrigens noch mehr neuerliche Beweiſe hat.
Was für Beweiſe wären das?
Gelegentlich der Abmachungen, die kürzlich Deutſchland mit
Spanien geſchloſſen hat, hat man eine offene und zielbewußte
Oppoſition gewiſſer deutſcher Agrarkreiſe erlebt, die ſogar die
Natifizierung des Vertrages durch den Reichstag in Zweifel
zogen und für den Fall der Ratifizierung ſeine alsbaldige
Kün=
digung vorausſagten. Man will ſogar wiſſen, daß das
Abkom=
men mit Spanien hauptſächlich im Hinblick auf die
bevorſtehen=
den Verhandlungen mit Italien geſchloſſen wurde zu dem Zweck,
gegen Italien ein Druckmittel in der Hand zu haben. Ob dies
wahr iſt, wird die Zukunft lehren.
Uind was denken Sie in Bezug auf Italien?
Unſere Lage iſt offenbar nicht leicht. Es wurde mir bei
meinem letzten Beſuch in Frankfurt geſagt, Deutſchland wünſche
von uns das Meiſtbegünſtigungsrecht. Das gibt zu denken: für
uns bedeutet die Gewährung der Meiſtbegünſtigung an
Deutſch=
land die autonomiſche Teilnahme dieſes Landes an allen
Erleich=
terungen, die wir andern Staaten im Austauſch gegen andere
Vorteile gewährten. Aber was will uns Deutſchland als
Gegen=
leiſtung bieten, wenn eine ſolche Begünſtigung mit den Jutereſſen
unſerer Wirtſchaft zu vereinen wäre? Die Meiſtbegünſtigung
auch für uns? Bis jetzt würde das ſehr wenig bedeuten, denn
während Deutſchland in den Genuß all der Erleichterungen käme,
ie wir in zahlreichen Verträgen gewährt haben, hat Deutſchland
bis jetzt nur zwei ſolcher Verträge abgeſchloſſen, den oben
er=
wähnten mit Spanien und den mit Oeſterreich, der jedoch in
ten noch nicht bekannt iſt. Beſonders intereſſiert
ein
es uns, zu wiſſen, ob die Meiſtbegünſtigung es uns ermöglichen
Seite 2.
wird, unſere Produkte unter den gleichen Bedingungen nach
Deutſchland einzuführen wie dies eventuell für das Saargebiet
und für Elſaß und Lothringen feſtgeſetzt würde.
Zweifeln Sie, daß ein Vertrag überhaupt zuſtande kommen
wird?
Verſtehen wir uns reiht: ich glaube, daß der Inhalt eines
Handelsvertrages mit Deutſchland für die italieniſche Wirtſchaft
von ungeheurer Tragiveite iſt und deshalb mit größter
Genauig=
keit ſtudiert werden muß. Im Prinzip kann man nicht gegen
irgendwelche Erniedrigung der Zollſchranken und
Erleichterun=
gen für den internationalen Verkehr und Warenaustauſch ſein.
Aber man muß die Berührungspunkte der Intereſſen aufſuchen,
d. h. die Punkte, wo jeder der beiden Kontrahenten den
größt=
möglichen Vorteil genießt, ohne ſeine eigene innere Wirtſchaft
zu ſchädigen. Und dazu iſt es nötig, daß in Italien vor allen
Dingen die Punkte aufgeſucht werden, wo die italieniſchen
Pro=
duzenten gemeinſame Intereſſen haben, ſodaß man die
Verhand=
kungen auf einer klaren, genau bezeichneten Linie beginnen kann.
Es wäre mir z. B. nicht lieb, wenn einige Notizen in deutſchen
Zeitungen über mir zugeſchriebene Auslaſſungen den Zweck
ver=
folgten, einen Konflikt zwiſchen den Induſtriellen und
Land=
wirten in Italien heraufzubeſchwören, ein Konflikt, aus dem
Deutſchland Vorteil zöge. Bekanntlich freut ſich der Dritte, wenn
zwei ſich ſtreiten. Und das wäre für uns das Schlimmſte. Haben
wir Meinungsverſchiedenheiten bei uns, ſo wollen wir ſie
unter=
ſuchen und womöglich ausſchalten. Wenn es den Intereſſenten
aicht gelingt, ſie unter ſich auszuſchalten, ſo iſt noch die Regierung
da, deren Aufgabe es iſt, das Wohl des Ganzen gegenüber den
einzelnen Intereſſenten im Auge zu behalten. Dem Ausland
gegenüber muß jedenfalls eine einheitliche Front hergeſtellt
wer=
den, und die erſten, die das einſehen, ſind die Induſtriellen, um
ſo mehr, als der Vertrag mit Deutſchland, über das Schickſal
manches italieniſchen Induſtriezweiges entſcheiden wird.
Anm. der Schriftleitung. Die letzten Auslaſſungen des
italieniſchen Induſtriellen möchten wir manchen Kreiſen in
Deutſchland zur beſonderen Beachtung empfehlen.
Reichsbahn und Dawesplan.
Eine Rede des Reichsverkehrsminiſter Oeſer.
Hamburg, 5. Okt. Reichsverkehrsminiſter Oeſer ſprach
geſtern abend auf Einladung des Ueberſee=Klubs zu Hamburg
über das Thema: „Die Reichsbahn und der Dawesplan”. Nach
einem einleitenden Hinweis auf die jüngſt vergangene Epoche,
die zu dem Zuſtandekommen des Dawesplanes geführt hat,
er=
innerte der Redner daran, daß bereits in dem Vorſchlag des
Ka=
binetts Cuno die Reichsbahn mit einer Summe von 600
Millio=
nen Mark jährlicher Leiſtung genannt wurde. Wir hatten daher
wenig Ausſicht, billiger wegzukommen, als wir damals
vorge=
ſchlagen hatten. Der Miniſter erwähnte im Anſchluß hieran noch
die Schritte, die durchgeführt werden mußten, um eine
Geſun=
dung der Reichsbahn herbeizuführen. Heute ſteht die
Reichs=
bahn ſchuldenlos da. Wir haben heute 170 Millionen Mark
Schulden, denen ein Vermögen von 880 Millionen an Vorräten,
Kohlen uſw. gegenüberſteht, ſo daß die neue
Reichsbahngeſell=
ſchaft an Bareinnahmen ungefähr 700 Millionen Mark einbringt.
Wir können alſo die uns aus dem Dawesbericht zugedachten
ſchweren Laſten übernehmen, vorausgeſetzt natürlich, daß die
Vorbedingungen, die für den Dawesplan im allgemeinen gelten,
in Erfüllung gehen. Im weiteren Verlaufe ſeiner Rede ging
dann der Miniſter ausführlich auf die einzelnen Laſten ein, die
der Reichsbahn durch den Dawesbericht erwachſen. Beſonders
erwähnte der Miniſter die Tatſache, daß die Reichsbahr weder
in ausländiſchen Beſitz übergehe, noch eine Aktiengeſellſchaft
werde, ſondern daß ſie eine Geſellſchaft aus öffentlichem Recht
ſei und dem Deutſchen Reich die Majorität geſichert bleibe. Wir
haben dieſe Zwangsleiſtungen auf uns nehmen müſſen, um
end=
lich wieder einmal geordnete Zuſtände zu bekommen.
Hoeſch bei Herriot.
Paris, 4. Okt. Botſchafter von Hoeſch hatte heute abend
eine Unterredung mit dem Miniſterpräſidenten Herriot, in deren
Verlauf einige Fragen beſprochen wurden, die mit der
Ausfüh=
rung des Dawesplanes in Verbindung ſtehen.
An halbamtlicher franzöſiſcher Stelle erklärt man hierzu, daß
die Rede Trendelenburgs, des Führers der deutſchen Delegation,
gewiſſe Beſorgniſſe hervorgerufen habe über den Gang, den die
Wirtſchaftsverhandlungen nehmen könnten. Zu dieſem Zwecke
habe ſich der deutſchke Botſchafter perſönlich zu Herriot begeben,
um alle Mißverſtändiſſe zu beſeitigen. Er habe Herriot
mitge=
teilt, daß die deutſche Regierung die Wirtſkaftsverhandlungen
im Geiſte des größten Entgegenkommens zu führen
entſchloſ=
ſen ſei.
* Konzert.
Wohltätigkeitskonzert des Männergeſangvereins „Konkordia”.
Das ziemlich gut beſuchte Konzert des Männergeſangvereins
„Konkordia” wurde eingeleitet durch Mozarts „Weihe des
Ge=
ſanges”. Anfangs in der Reinheit der Intonation etwas
un=
ſicher, wurde dieſer Chor in ſeinem weiteren Verlauf klangſchön
zu Gehör gebracht und hinterließ eine weihevolle Stimmung,
wo=
bei beſonders das Herausarbeiten des piano durch den
Dirigen=
ten Herrn Oskar Scheidhauer lobend erwähnt ſei. Als zweite
Nummer der Vortragsfolge kam Haydns Reiterquartett in
G=Moll, durch das Drumm=Quartett meiſterhaft geſpielt,
zum Vortrag. Beſonders der Adagioſatz dieſes herrlichen
Wer=
kes wurde mit größter Wärme und Innigkeit vorgetragen und
fand ebenſo wie die teilweiſe lieblich und gemächlich, teilweiſe
luſtig und ſprudelnd dahinfließenden Menuett= und Allegroſätze
reichen Beifall der Zuhörer. Auch der harmoniſch modern und
trotzdem ſehr melodiös gehaltene „Phantaſtiſche Reigen” für
Streichquartett von Julius Weismann, der an manchen Stellen
des Komponiſten „Schwanenweiß”=Stimmung atmet, fand das
Drumm=Quartett auf ſeiner gewohnten künſtleriſchen Höhe. Frl.
Paula Kapper vom Heſſiſchen Landestheater, die als 3.
Num=
mer der Vortragsfolge die Roſen=Arie aus „Figaros Hochzeit”
und im weiteren Verlauf des Konzerts drei Lieder von Wolf:
a) „In dem Schatten meiner Locken” b) „Wenn du mich mit den
Augen ſtreifſt” und c) „Ich hab' in Penna einen Liebſten
woh=
nen” ſang, verfügt über einen warmen, nach der Tiefe und nach
der Höhe zu gleichmäßig gut ausgeglichenen Sopran und es
ſchei=
nen ihr als „Konzertſängerin” hauptſächlich Lieder heiteren
In=
halts zu liegen, wie ſich dies auch in einer allerliebſten Zugabe
„Mein Schatz iſt ein Poſtillon” zeigte. Die Klavierbegleitung lag
in Händen des jugendlichen, ſehr begabten Sekles=Schülers Herrn
Kapellmeiſters Ephraim, der ſich in der Begleitung äußerſt
dezent und zurückhaltend dem Geſange ſeiner Partnerin
an=
ſchmiegte. Was die übrigen Chorvorträge des
Männergeſang=
vereins „Konkordia” anbetrifft, ſo ſcheint uns der techniſch wohl
am ſchwerſten zu bewältigende Chor „Waldbilder” nicht ganz
ge=
lungen zu ſein, während die übrigen Chorwerke: „
Sonnenauf=
gang” von Fiſcher, „Ganz im Geheimen” von Werth, „
Minne=
lied” von de la Hale, „In der Ferne” von Silcher, „Im Tale‟
von Kalliwoda und ſchließlich „Das Lieben bringt groß” Freud‟”
von Silcher=Werth unter Herrn Oskar Scheidhauers
vortreff=
licher Leitung unſere muſikaliſchen Anſprüche vollauf befriedigten.
Ueberhaupt hatte man beim Anhören dieſer Werke den Eindruck,
als ob der Männergeſangverein „Konkordia” ſich im Laufe des
Konzertes von einer gewiſſen ſtimmlichen Befangenheit, die bei
den beiden erſten Chören noch vorhanden ſchien, freigeſungen
hätte. Jedenfalls wurden dieſe Werke mit großer Klangreinheit
und in allen Regiſtern gleichmäßig gut ausgeglichen vorgetragen
und fanden bei einem dankbaren Publikum uneingeſchränkten
Beifall, ſo daß Dirigent wie Sänger mit Befriedigung auf
die=
ſen Abend zurückblicken können,
Montag, den 6. Oktuber 1924,
Nummer 228.
Vom Tage.
Die franzöſiſche Beſatzungsbehörde in Neuſtadt a. b. H.
verhaftete 11 junge Leute wegen Zugehörigkeit zu einer im
beſetzten Gebiet verbotenen Vereinigung.Die jungen Leute trugen
Haken=
kreuze und Stahlhelmak zeichen.
Das ehemalige öſterreichiſche Botſchaftsgebäude in
Paris, das von der franzöſiſchen Regierung beſchlagnahmt worden
war, ſoll der Sitz des zu ſchaffenden internationalen Inſtituts für
geiſtige Zuſammenarbeit werden.
Der britiſche Luftſchiffahrtsſachverſtändige, Parlamentsmitglied
Burney, iſt nach Friedrichshafen geflogen, um den „Z.R. 3‟
vor ſeiner Abfahrt nach Amerika zu beſichtigen.
Herriot empfing außer dem deutſchen Botſchafter Hoeſch auch
den tſchechiſchen Außenminiſter Beneſch und den polniſchen
Außen=
miniſter Skrzynſki. Beneſch wird bis Dienstag in Paris bleiben
und an dieſem Tage die Rückreiſe nach Prag antreten.
„Exzelſior” glaubt zu wiſſen, daß die von der franzöſiſchen
Regie=
rung mit dem Studium der Frage der Wiederaufnahme der
Bezieh=
ungen zwiſchen Frankreich und Rußland beauftragte
Kommiſſion die Anerkennung der Sowjetregierung vorſchlagen
werde.
Nach Erhebungen über die Einwanderung von Deutſchen in
den portugieſiſchen Kolonien erklären die Behörden, es
ſeien zwar einige Deutſche eingewandert, doch liege kein Anlaß vor, die
Einwanderung zu behindern.
Das Protokoll über die Schiedsgerichtsklauſel, das
kürzlich vom Wirtſchaftsausſchuß des Völkerbundes aufgeſtellt wurde, iſt
von der engliſchen Negierung ratifiziert worden.
Der engliſche Botſchafter in Paris hat mit dem Quai
d’Orſay über die Frage des Eintritts Deutſchlands in den Völkerbund
verhandelt. Der engliſche Botſchafter ſoll hierbei die Verſicherung
ge=
geben haben, daß die engliſche Regierung ohne Zuſtimmung Frankreichs
keine Entſchlüſſe faſſen werde.
Eine aus chineſiſchen und ruſſiſchen Beamten zuſammengeſetzte
Kom=
miſſion hat am 3. Oktober die Verwaltung der
oſtchineſi=
ſchen Eiſenbahnen übernommen.
Einer Pekinger Meldung zufolge hat der franzöſiſche
Damp=
fer „Chantilly” die für Tſchangtſolin beſtimmten Flugzeuge
in Dairen gelandet, wo Tſchangtſolins Vertreter ſie erwarteten.
Bei der Enthüllung eines Denkmals für die im Weltkriege
gefal=
lenen Amerikaner erklärte Coolidge, in den auswärtigen
Angelegen=
heiten müſſe der Schiedsgedanke zur Geltung gebracht werden. Amerika
beabſichtigte aber nicht, eine andere Macht oder eine Gruppe von
Mächten mit der Vollmacht auszuſtatten, für Amerika Beſchlüſſe zu
faſſen.
Nach einer Habasmeldung aus Konſtantinopel ſind im Bezirke
Erzerum während des letzten Erdbebens 200 Perſonen getötet
worden. Ferner ſind 500 Stück Vieh umgekommen. 3872 Wohnungen
wurden vollſtändig zerſtört und 2500 beſchädigt.
Macdonald vor der Entſcheidung.
Vollſitzung des Kabinetts am Montag.
TU. London, 5. Okt. Der Miniſter des Innern,
Hender=
ſon, der geſtern von Genf zurückgekehrt iſt, begab ſich vom
Bahn=
hof direkt in das Hauptquartier der Arbeiterpartei. Ben Spoor,
der erſte Einpeitſcher der Regierung, reiſte nach Chequers, um
mit Macdonald zu verhandeln. Man erwartet, daß Macdonald
heute nach London zurückkehren werde, um in einer
Voll=
ſitzung des Kabinetts am Montag eine
Entſchei=
dung herbeizuführen, welche Haltung die Regierung in der
Kriſe einnehmen ſoll.
Das franzöſiſche Wiederaufbau=Budget.
Paris, 5. Okt. (Wolff.) Der Miniſter für die befreiten
Ge=
biete, Dalbiez, hielt heute in Niort eine Rede, in deren Verlauf
er darauf hinwies, daß das Budget, das die Regierung jetzt dem
Finanzausſchuß unterbreitet habe, ein aufrichtiges Budget ſei.
Zum erſten Male ſeien in die Einnahmen die Zahlungen
Deutſch=
lands eingeſtellt, die auf Grund des Dawesplanes erfolgen
wür=
den. Beim Kapitel der Ausgaben finde man einen Poſten für die
Verbeſſerung der Lage der Beamten ſowie ferner alle Ausgaben,
die für den Wiederaufbau nötig ſeien. 1925 wolle die Regierung
den Wiederaufbauarbeiten einen größeren Umfang ſichern. Sie
werde deshalb im Laufe des Jahres, eine Anleihe des Credit
Nationale auflegen, um die erforderlichen Ausgaben von 200
Mil=
lionen pro Monat zu decken. Er werde zuerſt an die Solidarität
der Nation appellieren und er ſei gewiß, daß dieſer Ruf gehört
werde. Die jetzige Regierung werde nicht nur den großen,
ſon=
dern auch den kleinen Geſchädigten Hilfe bringen, damit in Stadt
und Land die Baracken verſchwinden und beſcheidenen, ſauberen
Wohnungen Platz machen.
Der Brief der franzöſiſchen Kardinäle
Eine Enqueie des Innenminiſters über die
Tätigkeit der Kongregationen.
Paris, 5. Okt. (Wolff.) In Tours hat heute der Miniſter des
Innern, Chawtemps, auf einem Bankett der Republikaner eine politiſche
Rede, offenbar im Auftrag des Kabinetts gehalten. Er erinnerte an
den Wahlſieg vom 11. Mai und an die berechtigten Hoffnungen, die die
Republikaner von der Tätigkeit der neuen Regierung hätten erwarten
können. Er ging dann ausführlich auf die durch den Brief der ſechs
franzöſiſchen Biſchöfe aufgeworfenen religiöſen Fragen ein. Man habe
nicht nur Kritik geübt, ſondern man habe eine wahrhafte Aufforderung
zur Nebellion gegen die Geſetze und zum Bürgerkrieg erleben müſſen=
Der Miniſter zitierte Zeitungsartikel, Rede nund ſonſtige Kundgebungen
der letzten Tage, um das zu beweiſen. Gewiß dürfe man die Bedeutung
derartiger Manifeſtationen nicht überſchätzen, aber die Regierung trage
die Verantſvortung für den ſozialen Frieden und ihre Pflicht ſei es, die
Agitatoren zur Beſinnung zu mahnen und ſie feiexlich daran zu
erin=
nern, daß, ſo hochgeſtellt ſie auch ſein mögen, es ihnen nicht erlaubt
werden dürfe, ungeſtraft die öffentliche Ordnung zu gefährden. Was
ſei der Zweck dieſer Agitatoren? Der Brief enthalte das Zugeſtändnis,
daß, ſo gemäßigt er in der Form auch ſei, er doch zum Ziele habe, von
der Regierung der Linksparteien die Aufhebung der Geſetze zu fordern,
die ſelbſt der nationale Block für unantaſtbar erklärt habe. „Wir ſind
alſo, ſo fuhr der Miniſter fort, zu doktrinären Auseinanderſetzungen
ge=
kommen, die die Republikaner längſt für erledigt gehalten haben.
Wel=
ches iſt die ſo einfache, klare und gerechte Theſe, gegen die die Kirche ſich
von neuem erhebt? Um die Mäßigung der jetzigen Regierung zu zeigen,
ſei es nötig, an die Aeußerung Waldeck Rouſſeaus zu erinnern, die dieſer
vor 25 Jahren getan habe. Der Miniſter zitierte derartige
Kundgebun=
gen und fuhr dann fort, der Augenblick ſei ſchlechte gewählt, um eine
Kontrolle des Staates zu lockern und es ſcheine, daß der Wille zum
Burgfrieden und die Langmut der Regierungen es den Kongregationen
geſtattet habe, trotz der formellen Verſicherung des Heiligen Stuhles, die
er dem franzöſiſchen Geſandten gegeben habe, ſich wieder zu konſtituieren.
Um die Nation in dieſer Frage aufzuklären, habe er als Miniſter des
Innern eine Enquete über die Tätigkeit der Kongregationen angeſtellt.
Auf dieſe Weiſe würden die Akten vor dem ganzen Volke aufgelegt und
die Aufmerkſamkeit aller Republikaner geweckt werden. Wenn die
Re=
gierung dann ihren Willen kundgebe, die Geſetze ohne Gewalt, aber
auch ohne Schwäche zur Anwendung zu bringen, dann werde ſie, deſſen
ſei er ſicher, der Zuſtimmung aller Staatsbürger ſicher ſein, die die
Leidenſchaft nicht verblendet habe. Diejenigen, ſo ſchloß der Miniſter,
die den Streit auf die Straße getragen haben, und die Auflehnung
gegen die Geſetze predigen, tragen eine ſchwere Verantwortung und
wer=
den dem Vaterland Schaden zufügen. Gegen ſie muß die Regierung
mit Entſchloſſenheit handeln, wenn ſie nicht ihre Pflicht gegenüber der
Republik verraten will.
Caillaux über die elſaß=lothringiſche Frage.
Paris, 5. Okt. (Wolff.) In Le Mans hielt Caillaux
eine politiſche Rede, in deren Verlauf er auch auf den ihm
ge=
machten Hochverratsprozeß zu ſprechen kam. Weil er 1917 die
Anſicht vertreten habe, daß die Stimmung in der Welt
Friedens=
ausſichten biete, habe man ihn ins Gefängnis geworfen. Nach
dem „Journal des Debats” ging Caillaux dann auch auf die
elſaß=lothringiſche Frage ein. Ein nationaliſtiſcher
Schriftſteller habe geſchrieben, es wäre beſſer geweſen, Frankreich
hätte Elſaß=Lothringen nicht wieder gewonnen und den Krieg
nicht geführt. Dieſen Ausſpruch nehme er vollkommen in der
Form, in dem er erfolgt ſei, an, aber er müſſe hinzufügen, als
der Nationalismus die Regierungsgewalt in Händen gehabt habe,
habe er es nicht verſtanden, die Opfer an Menſchen und Geld in
Einklang zu bringen mit dem erlangten Siege. Von der
Erinne=
rung an die Vergangenheit beſeſſen, habe der Nationalismus
Realitäten außer acht gelaſſen. Caillaux ſagte ſchließlich, er billige
Herriots Außenpolitik und Clementels Budgetentwurf für 1925.
Dieſes Budget ſei ein Budget der Vorbereitungen und der
Auf=
richtigkeit.
Neuwahlen in England unvermeidlich?
London, 5. Okt. (Wolff.) Lord Beyverbrook tritt in
der „Sunday Expreß” für die Regierungsübernahme durch die
Konſervativen ein, und zwar ohne Neuwahlen, denen ſich das
Land widerſetze und die keine grundlegende Aenderung in der
augenblicklichen parlamentariſchen Lage hervorbringen würden.
Die „Sunday Times”, die ebenfalls erklärt, daß das Publikum
gegen die Neuwahlen ſei, da es von ihnen nur die Beſtätigung
des augenblicklichen Parteiverhältniſſes erwarte, hält jedoch die
Neuwahlen für unvermeidlich.
*Die Pilgrime von Mekka.
Komiſche Oper von Gluck.
Le Laudi de San Francesco dAsaigi.
Von Hermann Suter.
Von Friedrich Noack.
Einer alten Oper gegenüber gibt es zwei Betrachtungsweiſen,
die ihrem Urſprung nach vollkommen entgegengeſetzt ſind, ſich
aber unter Umſtänden einigermaßen decken können. Die
hiſto=
riſche, die aus dem Stil der Zeit aus der Einreihung in die
Ent=
wicklung mehr objektive Urteile zu fällen ſucht, und die aus dem
heutigen Geſchmack geborene, die von modernen Geſichtspunkten
aus darüber zu entſcheiden ſucht, ob ein altes Werk bei der
Wie=
derbelebung auch dem heutigen Publikum genügend zu geben
vermag. Daher kommt es, daß bei Beſprechungen hiſtoriſcher
Werke die Urteile der Betrachter oft ſo weſentlich
auseinander=
gehen. Bei Glucks „Pilgrimen von Mekka”, die während des
muſikwiſſenſchaftlichen Kongreſſes in Baſel zur Aufführung
ge=
langten, ſcheinen mir beide Einſtellungen zu verſchiedenem
Reſul=
tat zu führen. Dieſe komiſche Oper, zwei Jahre nach dem
Or=
pheus entſtanden, ſtammt aus Glucks reifſter Zeit und darf als
eines der beſten franzöſiſchen Singſpiele der alten Zeit bezeichnet
werden. Der ausgezeichnete Dramatiker, der alle Wendungen
der Handlung muſikaliſch gerecht wird, zeigt ſich auch hier im
günſtigſten Licht. Scharfe Charakteriſierung der Typen, denn
Charaktere erſcheinen erſt in ſpäterer Zeit, hervorragende
Miſch=
ung von lyriſchen und komiſchen Elementen ſowie eine fein
abge=
wogene Inſtrumentierung verleihen der Partitur hohen Wert.
Auch die melodiſche Erfindung zeigt Gluck auf der Höhe, ſind
doch mehrere Lieder, wie „Unſer dummer Pöbel meint” und
„Einen Bach, der fließt”, wirklich populär geworden. Wenn man
dazu die ſtets fließende, zwar recht harmloſe und an Mozarts
Entführung erinnernde, aber doch ſtets ſpannende Handlung dazu
nimmt, ſo ſcheint ein für die moderne Praxis durchaus
brauch=
bares Werk gefunden zu ſein, wenn nicht ein Umſtand den Genuß
etwas zu beeinträchtigen imſtande wäre. Die vielen kleinen
Formen zeigen bei Gluck eine allzu überſichtliche und einfache
Harmonik, die damals beſonders geſchätzt wurde, weil ſie der
Rouſſeauſchen Natürlichkeit und der klaſſiſchen Klarheitsforderung
in gleicher Weiſe entſprach. Für unſer Ohr aber iſt die Armut
an harmoniſchen Spannungen, worin Gluck z. B. weit hinter
Händel zurückbleibt, ein Mangel, der nur durch beſonders feine
Schattierungen bei der Aufführung ausgeglichen werden kann.
Und hieran mangelte es in Baſel.
Es iſt dies ein Problem, das ſich der Pflege älterer Muſik
ſowohl in der Oper als auch im Oratorium ſo häufig hindernd
in den Weg ſtellt. Unſere modernen Orcheſter, an größte
Schwie=
rigkeiten gewöhnt, betrachten Händel, Bach, Gluck, ja oft auch
noch Mozart als etwas, wobei man ſich ausruhen kann, was man
vom Blatt abſpielt und was in ſeiner Ausarbeitung gar nicht
beſonders ausgefeilt werden muß. Wenn man dagegen bedenkt,
daß jene Zeit zwar Vortragszeichen faſt nie notierte, aber um
ſo ſtärker das ſelbſtändige Empfinden und Geſtalten von jedem
einzelnen mitwirkenden Muſiker verlangte, daß ſie eine
Aus=
druckslehre geſchaffen hat, an die wir jetzt erſt allmählich durch
geſteigertes äſthetiſches Intereſſe hinanreichen, ſo wird man
un=
ſchwer verſtehen, daß an dieſer Gleichgültigkeit der
Orcheſter=
ſpieler und an ihrem Widerſtand gegen einen bis ins kleinſte
Detail hinein verfeinerten und durchgearbeiteten Ausdruck die
Wiederbelebung gerade des Geiſtigen, was in der älteren Muſik
ſchlummert, ſcheitern muß.
So war es auch in Baſel. Gute geſangliche Leiſtungen —
die früher in Darmſtadt wirkende Künſtlerin Hede Weimann
zeichnete ſich ſtark aus —, ſchöne Inſzenierung und flotte
Spiel=
leitung, aber ein verhältnismäßig ausdrucksloſes Drauflosholzen
des an ſich recht guten Orcheſters. Dadurch ſtand der
Geſamt=
eindruck weit hinter dem, den wir in Göttingen bei der
Auffüh=
rung des Händelſchen Xerxes hatten, da dort die überaus fleißige
und liebevolle Wiedergabe durch ein gutes Dilettantenorcheſter
ſich dem alten Stil weit beſſer anpaßte.
Solche Hemmungen gab es naturgemäß bei der Aufführung
von Suters großem Chorwerk Le Laudi di San Francesco
d’Aſſiſi in dem herrlichen Münſter nicht. Das Werk beſteht aus
einer Folge von Hymnen, die bald dem Chor, bald Soloſtimmen
oder beiden im Zuſammenwirken zufallen und in prachtvoller
Größe und Weihe ſich mächtig und tief ergreifend ſteigern.
Ob=
wvohl die Tonſprache nicht eigentlich neu anmutet, ſondern im
weſentlichen mit den Mitteln neuerer romantiſcher Kunſt arbeitet,
entſpricht der Ausdruck der Erhabenheit des Textes und es gibt
nur wenige Stellen, wo die Phantaſie des Komponiſten nicht die
gleiche Gedankenhöhe zeigt. Der Komponiſt dirigierte ſelbſt und
beherrſchte die Klangmaſſen ſo hervorragend, daß das anderthalb
Stunden dauernde Werk wie aus einem Guß wirkte. Auf einem
mächtigen Aufbau, der die Orgelempore in das Hauptſchiff der
Kirche hinein verlängerte, hatte vornen in ſehr breiter Aufſtellung
das Orcheſter Platz gefunden, der Chor wirkte dadurch äußerſt
einheitlich, daß rechts und links Sopran und Alt verhältnismäßig
breit ſtanden und die Tenöre und Bäſſe in etwas ſchmälerer
Auf=
ſtellung ebenſo weit nach vorn zwiſchen den Frauenſtimmen
auf=
geſtellt waren. An der Orgel ſtand der ausgezeichnete
Knaben=
chor, von einem beſonderen Hilfsdirigenten geleitet. Selten haben
wir eine ſo ſchöne Chorwirkung gehört, Tonreinheit,
Klangſchön=
heit und geſanglicher Ausdruck waren nahezu vollkommen. Dazu
hervorragende Soliſten, von denen der herrliche Sopran von
Amalie Merz=Tunner (München) und die wundervolle Kunſt von
Maria Philippi (Baſel) beſonders hervorgehoben ſeien. Das
vornehme und wirkungsvolle Werk verdient es, in weiteſten
Krei=
ſen bekannt zu werden.
— Die antike Philoſophie der Zahlen. Zu dem bei
H. L. Schlapp in Darmſtadt 1922 herausgegebenen Primzahlengeſetz
von Johann Heil iſt in dem gleichen Verlag ein kurzer Nachtrag
erſchienen, in welchem eine ſehr intereſſante Analogie zwiſchen dieſem
Geſetz und dem kosmiſchen Gravitationsgeſetz nachgewieſen wird. it
Yummer 228.
Montag, den 6. Oktober 1924.
Seite 3.
Aus der Landeshauptſtadt.
Darmſtadt, 6. Oktober.
Vom großen Woog.
Man ſchreibt uns: Kühl weht der Wind über das Waſſer, welke
Tlätter tanzen auf den Wellen, und gar ſehnſüchtig ſchauen
Kaſſen=
bzamte und Badewärter nach den wenigen Wetterfeſten aus, die auch
j tzt noch einen Sprung in die friſchen Fluten wagen. Ja, der boshafte
Tetrus hat dem Stadtamt für Leibesübung, das dieſen Sommer zum
—ften Male unſeren guten alten Woog betreut hat, ſeine Tüchtigkeit
nrcht leicht gemacht. Nur zu oft konnte man die Zahl der Beſucher an
dan Fingern abzählen, und manchmal brauchte man nicht einmal beide
Hände dazu. Doch wir wollen dem tüchtigen Petrus nicht Unrecht tun.
(— brachte uns auch ſchöne Tage, an denen es eine Luſt war, ſich in den
trahlen der Sonne ſtundenlang braten zu laſſen, und ich glaube, Herr
Ihhrmacher Karp, der dem Damenbad koſtenlos eine elektriſche Uhr zur
Aerfügung ſtellte, hat ſicher nicht daran gedacht, mit welchem Ingrimm
ran an einem heiteren Sommertag ſolch eine liebenswürdige Gabe
ſtrachten kann, wenn einen der unerbittliche Zeiger aus füßem
Nichts=
n zur Arbeit zurückruft. Da waren manchmal nicht 5, ſandern weit
über 5000 Beſucher zu verzeichnen, und namentlich auf dem
neuangeleg=
tar Licht= und Luftkad der grünen Inſel war das Gewimmel
ſonnen=
fwher Männlein und Weiblein bisweilen wirklich beängſtigend. Schade,
tnß man erſt jetzt darangeht, das Licht= und Luftbad hinte: dem Woog
i ſtandzuſetzen und Auskleidehallen zu errichten. Als viel zu beſchränkt
ewvieſen ſich natürlich auch wieder die Auskleideräume der weißen Häus=
4—n. Oft waren nur nach längerem Warten Kabinen zu erhalten. Ließe
ſich denn nicht maihen, daß die großen Auskleidehallen der Vereine,
2e doch in der Hauptſache nur während der feſtgeſetzten
Schwimmſtun=
d— benutzt werden, ſonſt aber vielfach wenig benutzt oder gar leerſtehen,
iar während dieſer Uebungszeiten der Allgemeinheit verſchloſſen
blei=
h—, ihr aber im übrigen zur Verfügung ſtehen?
Froh und munter tummelte ſich wie immer die Jugend im Waſſer,
I genzen Scharen kommen ſie unter Führung ihrer Lehrer zum Ba=
2ai; 14 Klaſſen höherer und Volksſchulen hielten regelmäßig Schwimm=
1 rngen ab, und ganz unbegreiflich ſchienen einem die Zeiten, in denen
Schulen das Schwimmen und Baden mit Rutenſtreichen beſtrafte.
Groß war auch dieſes Jahr die Zahl, der Anfänger in der ſchönen
inſt des Schwimmens, hatte doch, das Stadtamt allein nahezu 250
2—hwimmſchüler. Wie immer rutſchte mancher Tropfen köſtlichen
Woogs=
taſſers die Kehlen allzu eifriger Jünger des Waſſerſports hinab, an=
1tt den vorgeſchriebenen Weg den Darm hinab zum Rhein zu nehmen.
er Anfang iſt halt ſchwer, aber ich habe noch von keinem gehört,
ß er darob Magenſchmerzene bekommen hätte.
Selbſt hohe und höchſte Herrſchaften beehrten den braven Woog mit
em Beſuch. Ließ es ſich doch der Gebieter aller Meere, Seen, Flüſſe
a—d Bäche, der Dreizackſchwinger Poſeidon, nicht nehmen, beim
wohl=
lungenen Sommernachtsfeſt des Stadtamts am 15. Juli, von Fackeln
lodert und von zahlreichem Gefolge geleitet, aus den Tiefen
empor=
iſteigen und ſeine ſtaunenden Verehrer in waſchechtem Heinerdeutſch
ruh, aber herzlich zu begrüßen.
Daß bei all dieſem Maſſenbeſuch der ſchönen Tage kein
Menſchen=
iwen verloren ging, iſt hoch erfreulich, und vor allem der Tüchtigkeit
s Badeperſonals zu verdanken. 23 Perſonen wurden durch das
Bade=
xſonal, eine durch Mitglieder des Schſvimmklubs Jungdeutſchland,
ei durch Polizeibeamte vom Tode des Ertrinkens gerettet. Fünfmal
rig man dem tückiſchen Feinde auch des beſten Schwimmers, dem
2khlingkraut, mit langen Bandfängen erfolgreich zu Leibe; — auch dies
ir wichtiger Teil des Rettungsdienſtes. Bei zahlreichen kleineren
Ver=
ezungen brachte der Bademeiſter die erſte Hilfe. Man bedauert dabei
mmer wieder die Abſchaffung der Prügelſtrafe, wenn man hört, daß
nunch dieſer Verletzungen durch Glas und Scherben verurſacht wurde,
von gedankenloſen oder böswilligen Menſchen ins Waſſer geworfen
rein
Die Sommerbadezeit iſt zu Ende. Die Unglückspropheten und
Pro=
kStinnen, die bei der Uebernahme des Woogs durch die Stadt alles er=
Nmikbare Unheil vorausſagten, haben nicht recht behalten, obwohl ſie
ganz offenbar die Gunſt des ſonſt ſo wackeren Petrus zu verſchaffen
rßten. Wie man hört, kann die Stadtverwaltung ſelbſt mit dem
anziellen Ergebnis dieſer Badezeit ganz zufrieden ſein. So hoffe
beſtimmt, daß der große Wett; macher den Kampf gegen das Unab=
Serliche aufgibt, dem Beiſpiel ſeines Kollegen Poſeidon, des Herrn
Waſſer, folgt und in Zukunft unſerem lieben Woog und dem
Stadt=
t für Leibesübung ein wohlwollendes Auge zuwendet. Eine ſchöne
Ltte Eisbahn zur frohen Weihnachtszeit ſei das erſte Zeichen ſeiner
R. 4.
—nſt.
— Apothekerkammer. Zu Mitgliedern ſind gewählt: 1. als
Eigen=
ner heſſiſcher Apotheken: Seriba=Reinheim, Heß=Darmſtadt,
eumhe;=Oppenheim, Thurn=Mainz, Dornberger=Gießen,
unß=Rodheim v. d. H.; als Stellvertreter: Matthias=Offenbach,
Tas=Höchſt i. Odw., Spohn=Wöllſtein, Schwarz= Worms,
Niöller=Alsfeld, Veeſenmeyer=Gedern. 2. Als Pächter und
walter: König=Sprendlingen bei Offenbach,
Hennemann=
jad=Nauheim, Gruſchwitz=Darmſtadt; in Stellvertretung:
Fiſch=
ch=Darmſtadt, Dr. Werner=Gonſenheim, Welker=Lollar.
EAls angeſtellte approbierte Apotheker: Hotz=Gießen,
Hippauf=
einz, Adolph=Gießen; in Stellvertretung: Berberich=Mainz,
Ulippe=Darmſtadt, Klug=Offenbach.
— Sädtiſche Akademie für Tonkunſt. Um vielfachen Nachfragen
ſecht zu werden, hat die Leitung der Städtiſchen Akademie mit
Be=
an des Winterſemeſters (13 Oktober) Kurſe für „Rhythmiſche Gym=
Xik” eingerichtet. Es ſind Kurſe für Erwachſene (getrennt für Damen
no Herren) und Kurſe für Kinder geplant. Als Lehrkraft wurde die
e Ballettmeiſterin des Heſſiſchen Landestheaters, Fräulein Lizzie
udrik gewonnen. Die jugendliche Künſtlerin, die ſeither als
ma Ballerina am Stadttheater in Wiesbaden wirkte, entſtammt der
ſſſiſchen Schule von Fokin (Paris), ſetzte ihre Studien bei Saracco
rala, Mailand) fort und beendete ſie in Genf bei Jaques=Dalcroze.
— Studiengang und ihre gründliche Ausbildung bieten demnach eine
drvähr für einen guten Unterricht und die für jeden ſo notwendige
Sperkultur. Näheres im Sekretariat der Städtiſchen Akademie, Eliſa=
Senſtraße 3
— Gartenbauverein Darmſtadt. In der am Donnerstag abend im
—ſtenſaal ſtattgefundenen Generalverſammlung erſtattete der erſte
ſitzende zunächſt einen ausführlichen Bericht über den Beſuch der
Stenbauausſtellung in Stuttgart. Sodann fand die Prämierung der
Mitgliedern ausgeſtellten Topfpflanzen ſtatt wobei allen
Aus=
ern ein Preis zuerkannt werden konnte. Hoffentlich beteiligt ſich
durch angeregt im nächſten Jahre eine weit größere Anzahl von
Egliedern an der ſchönen Veranſtaltung. Hierauf fand eine eingehende
legung und Erorterung über die aus Anlaß des 90jährigen
Jubi=
urns des Vereins für 1925 geplante Heſſiſche
Gartenbau=
usſtellung ſtatt, wobei ſowohl der Plan als auch die finanzielle
anſchlagung des Unternehmens den Mitgliedern kundgegeben und
ihnen im allgemeinen gebilligt wurden. Die von zwei Mitgliedern
Vorſtandes, den Herren Lehrer Herbſt und Jung vorgetragenen
enken in finanzieller Hinſicht veranlaßten zwar, obwohl die
Einwen=
en von den beiden Vorſitzenden ſachlich widerlegt wurden, einige
fſtliche Gemüter (16 Mitglieder)) bei der Abſtimmung ſich gegen den
lan auszuſprechen, dafür ſtimmte aber die Mehrheit der Anweſenden
ſo freudiger den Vorſchlägen zu. Beſonders den Ausführungen
s Mitgliedes, des Herrn Profeſſor Kalbfleiſch, der die
Aus=
uing als ein Unternehmen bezeichnete, das ſowohl dem allgemeinen
Swirtſchaftlichen als auch dem ſtädtiſchen Intereſſe diene und dem
enein nur zur Ehre gereichen könne, wurde lebhaft zugeſtimmt.
Dar=
ein nur zur Ehre gereichen könne, wurde lebhaft zugeſtimmt. Da=
Fhin wurde dann der vorgeſehene Beitrag des Vereins zu dem
Aus=
aingsfonds einſtimmig genehmigt. Es dürfte keinem Zweifel unter=
—n, daß auch die Mehrzahl der nicht anweſenden Mitglieder mit der
anten Ausſtellung einverſtanden iſt, ja ſie aufrichtig begrüßt. Da
in der Hauptverſammlung der Handelsgärtnerverbindung am
vor=
ehenden Abend, die Mitglieder, obwohl jeder für ſeine Perſon die
Sten Opfer für dies Unternehmen an Pflanzenmaterial und Arbeit
ne Vergütung zu bringen haben wird, ſich einſtimmig für die
Be=
iligung an der Ausſtellung ausgeſprochen, ſo dürfte die „Heſſiſche
tenbauausſtellung 1925” damit geſichert erſcheinen. Hoffentlich löſen
auch demnächſt Staat und Stadt ihr vorläufig gegebenes
Ver=
ſchen ein und unterſtützen ebenſo wie alle ſonſt intereſſierten Kreiſe
Unternehmen finanzielle ſo, daß es dem Rufe unſerer Vaterſtadt
Ehre durchgeführt werden kann.
— Volkshochſchule Darmſtadt. Man ſchreibt uns: Der 10.
Arbeits=
der Volkshochſchule iſt erſchienen. Er zeigt 60 Kurſe an, die auf
verſchiedenſten Gebieten unterrichten ſollen. Ein jeder wird etwas
den, das ſeinen Neigungen entſpricht. Die Vorkurſe ſollen das
Ver=
nonis für die eigentlichen Volkshochſchulkurſe erleichtern, während
ſich= und Fortbildungskurſe ſich mehr auf den Beruf einſtellen.
Be=
dere Veranſtaltungen werden unſere Arbeit ergänzen. Als nächſte
den wir am 8. Oktober im Mathildenhöhſaal, Dieburgerſtraße 26,
Geri Vortragsabend mit Vorführungen über „Körperkultur, Pflicht
res Volkes” haben. Fräulein Nelli Knappe wird mit ihren
Schüle=
nnen einen Ueberblick geben über das in ihrer Schule für
Körper=
dring durchgeführte Syſtem. Karten hierzu ſind in der
Geſchäfts=
der Volkshochſchule zu 1,50, 1.— Mark und 50 Pfg. zu haben. Der
Sitsplan der Volkshochſchule liegt in den Geſchäftsräumen aller
ſchloſſenen Organiſationen auf und iſt für Nichtmitglieder zum
ſe von 20 Pfg. in der Geſchäftsſtelle, Wilhelminenſtraße 3 (Baracke),
C.N. 0. Senff=Georgi. Senff=Georgi hat auch am Freitag abend
wieder bewieſen, daß er ein Künſtler von ganz außergewöhnlicher
Be=
deutung, von ſeltener Begabung iſt. Schon in ſeinem Auftreten lag
etwas, was das im Saale des Saalbaues zahlreich erſchienene Publikum
in ſeinen Bann zwvingen mußte — ein Lachen und Leuchten ging über
alle Geſichter. Senff=Georgi hatte noch vor Beginn ſeines eigentlichen
Vortrags durch ſein Weſen und ſeine witzigen Bemerkungen alle
Zu=
hörer auf ſeiner Seite. Jedem Einzelnen ſchien er eingeflößt zu haben:
„Vergiß Deine Alltagsſorgen, gib Dich der reinen Freude des
Augen=
blicks hin und hab Sonne im Herzen”. — So oft wir Senff=Georgi
gehört haben — auch diesmal wieder — brachte er Neues, noch nicht
gehörte Humoresken, für Jeden etwas. Lachſalven auf Lachſalven
folgten den mit der urkomiſchſten, drolligſten Miene vorgetragenen
Vers= und Proſadichtungen. Es war eine ausgewählt ſchöne
Samm=
lung von Epiſoden der beſten nord= und ſüddeutſchen humoriſtiſchen
Schriftſteller, wobei die eigenen Epiſoden des Vortragenden beſonders
reizvoll waren. Die glänzende Mimik machte das geſprochene Wort
lebendig und bewirkte dadurch eine durchſchlagend humorvolle
Stim=
mung. Es würde zu weit führen, all die luſtigen, ſchalkhaften Vorträge
auch nur auszugstreiſe wiederzugeben, die mit einer ganz kurzen Pauſe
zirka 2½ Stunden bis halb 11 Uhr eine Freude für alle Zuhörer waren.
Wohl keiner der Anwefenden konnte ſich dem Banne dieſes Künſtlers
entziehen, und über manch kummervolle Stunde wird die Erinnerung
an eine der Epiſoden hinweghelfen können. Dieſer ſonnige,
lebens=
frohe Humoriſt wird aber auch manchem eine Lehre gegeben haben,
nämlich die, ſich vom Lebensſchickſal und von Widerwärtigkeiten nicht
unterkriegen zu laſſen, trotz allem den Kopf hoch zu halten und froh in
die Zukunft zu ſchauen.
— Die verſorgungsberechtigten Witwen der Offiziere des
Beurlaub=
tenſtandes ſind vielfach noch nicht über eine neue Beſtimmung
unter=
richtet, die geſtattet, daß ihnen auf Antrag die nach dem R.V. G.
zu=
geſprochene Rente nebſt Zulagen derart erhöht werden kann, daß die
Hälfte der Beträge erreicht wird, die ihnen nach dem O.P. G. von 1906
eigentlich zuſtehen. Das bedeutet eine immerhin ſehr ins Gewicht
fal=
lende Beſſerſtellung. Da die Erhöhung nur auf Antrag bewilligt
wer=
den kann und erſt von dem Monat an in Kraft tritt, in welchem das
Geſuch geſtellt wird, iſt nur dringend zu raten, ſich umgehend an das
Verſorgungsamt (Magdalenenſtraße) zu wenden. Die in Frage
kom=
mende Beſtimmung kann auch Vorteile für Hinterbliebene aktiver
Offi=
ziere vom Leutnant bis zum Hauptmann mit ſich bringen, ſo daß
Aus=
kunftseinholung an gleicher Stelle nur empfohlen werden kann. (
Mit=
geteilt vom D.D.B., Ortsgruppe Darmſtadt.)
— Der Frauenverein der Paulusgemeinde kann in dieſem Jahre
auf ſein 20jähriges Beſtehen zurückſchauen. Zum Gedächtnis
an dieſe Tatſache ſoll am Donnerstag, den 9. Oktober, abends um 8 Uhr,
im Gemeindeſaal der Pauluskirche eine ſchlichte Gedenkfeier in
der Form eines Teeabends veranſtaltet werden. Pfarrer Rückert
wird aus der Geſchichte des Vereins erzählen und der Kirchenchor wird
einige ganz alte Volkslieder vortragen. Die Gemeindeglieder, vor
allem die Mitglieder des Frauenvereins ſelbſt, ſind herzlich eingeladen
und Gäſte willkommen.
— Männervereinigung der Evgl. Petrusgemeinde. In ihren
bei=
den letzten Monatsverſammlungen beſchäftigte ſich die
Männervereini=
gung der Evgl. Petrusgemeinde mit den Beziehungen zwiſchen der
frei=
willigen Liebestätigkeit der edangeliſchen Kirche und der öffentlichen
Wohlfahrtspflege durch den Staat nach der neuen Regelung. Lieferte
in der vorigen Monatsverſammlung ein erſchöpfender Vortrag des
Herrn Pfarraſſiſtenten Clotz den Stoff zu dem erwähnten Thema, ſo
gab in der Verſammlung am 1. Oktober der Bericht des Schriftführers
über die letzte Monatsverſammlung und eine ſich daran anſchließende
Mitteilung über den am 25. und 26. September in Bad=Homburg
ſtatt=
gehabten Lehrgang über die neue Wohlfahrtspflege und die aus ihr der
evangeliſchen Kirche erwachſenden Aufgaben — Veranlaſſung, die ganze
Angelegenheit noch einmal in den Kreis der Betrachtung zu ziehen.
Be=
ſonders dankbar wurde es begrüßt, daß Herr Pfarrer Wagner über
den oben genannten Lehrgang in Homburg, dem er perfönlich in ſeiner
Eigenſchaft als Vorſitzender des ſüdweſtdeutſchen Verbandes für Innere
Miſſion beigewohnt hat, noch nähere Mitteilungen über wichtige Dinge
der Verhandlungen machen konnte. Vom Vorſitzenden, Herrn Inſpektor
Noth wurde darauf aufmerkſam gemacht, daß man von der
Gepflo=
genheit, die Monatsverſammlungen regelmäßig am erſten Mittwoch des
Monats, abends 8 Uhr beginnend, ſtattfinden zu laſſen, nicht ohne
zwin=
genden Grund abweichen wolle, und daß, wenn auch nicht immer ein
Vortrag, ſo doch ein beſtimmtes, womöglich vorher bekannt zu
geben=
des Thema in den Mittelpunkt der Monatsverſammlung geſtellt
wer=
den ſolle. Man iſt im Vorſtaud der Meinung, daß dies auch ein
geeig=
netes Mittel ſein müſſe, um den Eifer für den fleißigen Beſuch der
Monatsverſammlungen zu beleben. Die nächſte Monatsverſammlung
findet am Mittwoch, den 5. November, im Gemeindehaus am
Eich=
wieſenweg (früher Hofgartenſtraße) ſtatt.
— Die Näh=, Koch= und Vügelkurſe der Städtiſchen
Haus=
haltungsſchule für das Winterhalbjahr beginnen am 13. Oktober
An dieſem Tage werden noch Anmeldungen für die Tages= und
Abend=
kurſe zwiſchen 9—12 Uhr vormittags und 7—8 Uhr abends
Alexander=
ſtraße 27 entgegengenommen.
* Möblierte Zimmer. Die Auskunftsſtunde in der alten
Artilleriekaſerne (Heidelberger Straße) fällt heute Montag, 6. Okt., aus.
— Darmſtädter Wochenwarktpreiſe am, 4. Oktober. Die Preiſe ſind
pro Pfund bzw. Stück angegeben. Kartoffeln und Gemüſe:
Speiſekartoffeln 5 Pfg., Salatkartofein 4, Buſchbohnen 25,
Stangen=
bohnen 35, Gelbe Bohnen 40, Blumenkohl (Stück) 50—150, Römiſchkohl
10, Noſenkohl 40, Wirſing 8, Weißkraut 5, Rotkraut 10, Kohlrabi,
ober=
irdiſche (Stück) 5, Spinat 20—25, Tomaten 25, Zwiebeln 15 Pfg.; gelbe
Ein Dampfer zirka 7. 10. — Nach der Weſtküſte—
Nordame=
vrika: „Kermit” zirka 11. 10.; „Heſſen” zirka am 25. 10.: „Alrich” zirka
8. 11.; M.S. „Oſiris” zirka 22. 11. — Nach Südamerika: „Würt=
29. 10.; „Toledo” am 18. 11. — Nach Weſtindien: „Nugia” am
18. 10. — Nach Oſtaſien: M.S. „Vogtland” am 4. 10.; engl. D.
„City of Karachi” am 11. 10.: „Pfalz” am 18. 10.; engl. D. „Pyrrhus”
am 25. 10.; M. S. „Ermland” am 1. 11. — Mitgeteilt durch den Vertreter
Adolph Nady in Darmſtadt, Zimmerſtraße 1.
Kunſinotizen.
Ueder Werke, Künſtler und Hnſkleriſche Veranſtaltungen, deren im Nachſtehenden Erwddnung
geſchleht, bebäſt ſich die Nedattion ihr Urteil vor.
— Vecſey=Konzert, ein muſikaliſches Ereignis. Am Freitag,
den 17. Oktober abends 8 Uhr wird Veeſey nach längerer Pauſe in
Darmſtadt im Städtiſchen Saalbau ein Konzert geben. Der berühmte
Violinvirtuoſe, der im März d. J. 31 Jahre alt geworden iſt, ſteht
im Zenith ſeines Könnens, und hat bereits eine 20jährige Laufbahn
hinter ſich mit Erfolgen, auf die andere Künſtler erſt an ihrem
Lebens=
abend zurückblicken können. Sein erſtes öffentliches Auftreten war in
Berlin am 17. Oktober 1903 wo er unglaubliche Senſation hervorrief
Dieſe Senſation war ohne Beiſpiel und iſt niemals wieder überboten
worden. In Berlin folgte Konzert auf Konzert. Die größten Säle
er=
wieſen ſich als zu klein, um die Menge der Bewunderer zu faſſen. Die
bedeutendſten Konzertvereine aller Länder bewarben ſich um ſein
Auf=
treten, und Honorare, die nur ſonſt große Geſangsſterne erhalten,
wurden ihm gezahlt. Von Berlin drang ſein Nuhm in alle Länder.
Tourneen in England. Nordamerika, Südamerika, Rußland, Holland,
Skandinavien, Oeſterreich folgten einander im Laufe der Jahre, und
überall wiederholte ſich die gleiche begeiſterte Anerkennung. Monarchen
zogen den kkeinen Wundermann an ihren Hof und überhäuften ihn mit
Geſchenken und Ehrenbezeugungen. Eine italieniſche Tournee braihte
ihm Triumphe, wie ſie einem Geiger außer Paganini vorher noch nie in
dieſem Lande zuteil wurden. Unmerklich überwand dieſes Genie den
gefährlichen Uebergang zum reiferen Alter und ſteht nun als Meiſter
vor uns. Nicht weniger wie 15 Konzerte mußte er in Mailand geben,
und der Enkel des großen Nicolo Paganini kam aus Parma herüber,
umarmte Vecſey und verehrte ihm aus Anerkennung eine Neliquie
ſeines großen Vorfahren mit der Widmung: „Dem würdigen
Nach=
folger des magiſchen Künſtlers””. — Kurze Zeit darauf ſchrieb das
Berliner Tagblatt nach dem Vortrag des Beethoven=Konzerts: Von
allen Geigern der Gegenwart kommt Vecſey dem Vorbilde Joachim in
ſeinen reifen Jahren am nächſten. Jüngling und Mann haben gehalten,
was der Knabe einſt verſprochen. Karten bei Konzert=Arnold,
Wil=
helminenſtraße 9, Telephon 2
* Verwaltungsgerichtshof.
1. Vorentſcheidung gegen den Polizeiwachtmeiſter Wilhelm
Ger=
bens in Mainz wegen Körperverletzung. Erſchienen iſt der Genannte
und der Anzeiger Schneidermeiſter Wilh. Staubach von Mainz.
Am 18. Februar 1924 erhob Gerbens gegen Staubach Anzeige wegen
Widerſtands. Am 19. Februar 1924 erhob Staubach ſeinerſeits gegen
Gerbens bei der Staatsanwaltſchaft Mainz Anzeige, weil er ſich gegen
ihn (St.) einer Körperverletzung im Amt ſchuldig gemacht habe. Das
Miniſterium des Innern hat am 31. Juli die Vorentſcheidung des
Ver=
waltungsgerichtshofs beantragt.
Staubach erklärt, er ſei gegen den Wachtmeiſter gar nicht tätlich
geworden; ohne jede Veranlaſſung habe ihm Gerbens mit dem Säbel
über den Kopf gehauen derart, daß er ſechs Wochen lang krank geweſen
ſei. Am 18. Februar habe Kreisarzt Dr. Schäffer ihn ärztlich
unter=
ſucht. (Ein ärztliches Zeugnis befindet ſich nicht bei den Akten.)
Ger=
bens iſt 1897 in Mainz geboren, ledig und als Polizeibeamter ſeit dem
16. Juli 1323 angeſtellt. Ein Zeuge beſtätigt, daß Gerbens noch auf
Staubach losgeſchlagen habe, als dieſer bereits am Boden lag. — Der
Gerichtshof verneint eine Ueberſchreitung der Amtsbefugniſſe.
2. Vorentſcheidung gegen Bürgermeiſter Fendt in Büdingen
wegen Beleidigung. Erſchienen ſind Bürgermeiſter Fendt und mit ihm
Rechtsanwalt Sandmann hier, ſowie der Privatkläger Juſtizinſpektor
Walter.
Juſtizinſpektor Walter in Büdingen hatte im Dezember 1923 gegen
den Bürgermeiſter wegen Wuchers Anzeige bei der Staatsanwaltſchaft
erhoben, der dieſe indes keine Folge gab und das Verfahren einſtellte.
Bürgermeiſter Fendt nahm in der Folge am 14. Februar 1924
Veran=
laſſung, gegenüber der Anzeige des Juſtizinſpektors und
Gemeinderats=
mitgliedes Walter im Gemeinderat eine Erklärung zu verleſen, in der
er Walter einen Denunzianten nannte, deſſen Eingabe (Anzeige) von
Unwahrheiten ſtrotze. Wegen dieſer Erklärung erhob Walter, vertreten
durch Rechtsanwalt Dr. Sondheimer in Gelnhauſen, gegen Fendt
Pri=
vatklage wegen Beleidigung. Bürgermeiſter Fendt erklärte, ſich keiner
Beleidigung ſchuldig gemacht, vielmehr in Wahrung berechter Intereſſen
und in Ausübung ſeines Amtes gehandelt zu haben. Das
Miniſte=
rium des Innern hat Vorentſcheidung des Verwaltungsgerichtshofes
beantragt. Bürgermeiſter Fendt hat zum Termin das
Gemeinderats=
mitglied Schultz als Zeugen ſiſtiert. Juſtizinſpektor Walter proteſtiert
gegen deſſen Vernehmung, da er auch gegen Schultz Strafantrag geſtellt
habe und dieſer deshalb an der Sache beteiligt erſcheine. Der Vertreter
des Staatsintereſſes betont, daß, da die erhobene Privatklage ſich nicht
mit gegen Schultz richte, ſeine Vernehmung als Zeuge zur Aufklärung
des Sachverhalts wohl ſtatthaft ſei. Der Gerichtshof entſchied, daß
rechtlich der Vernehmung des Zeugen nichts entgegenſtehe, daß aber
verſucht werden ſolle, zunächſt auf Grund des Aktenmaterials zum
Ne=
ſultat zu kommen. Die Vernehmung des Zeugen bleibt deshalb zunächſt
ausgefetzt.
Privatkläger erklärt, nur wirtſchaftliche Gründe hätten ihn
veran=
laßt gehabt, die Anzeige bei der Staatsanwaltſchaft zu erheben;
tatſäch=
lich habe damals Gefahr beſtanden, daß die Brotverſorgung ins Stocken
gerate. Er verbreitet ſich eingehend über die Mehlpreiſe und die
Schie=
bungen, die an der Frankfurter Mehlbörſe bewirkt wurden. Es habe
ihm ferngelegen, den Bürgermeiſter in der Anzeige perſönlich
anzu=
greifen; die Anzeige habe er nicht als Gemeinderatsmitglied, ſondern
als Menſch erhoben. Bürgermeiſter Fendt habe die Erklärung verleſen,
die auf einem Gemeinderatsbeſchluß beruhe; als Beamter habe er die
Erklärung verleſen und dadurch ſeine Amtsbefugniſſe überſchritt n. Er
hätte, den Gemeinderatsbeſchluß, weil er gegen das Geſetz (die
Land=
gemeindeordnung) verſtieß, beanſtanden und das
Verwaltungsſtreitver=
fahren veranlaſſen müſſen. Bürgermeiſter Fendt habe ſich alſo der
Unterlaſſung einer Amtshandlung ſchuldig gemacht, weshalb gebeten
werde, in dieſem Sine Vorentſcheidung zu erlaſſen. — Bürgermeiſter
Fendt erläutert in längeren Ausführungen ſein Verhalten und die
aus Anlaß der befürchteten Stockung der Brotverſorgung getroffenen
Maßnahmen, nachdem zwei Bäckermeiſter von Büdingen ihm am 23. 11.
1923 die Gefahr der Lage geſchildert hatten. Durch die im
Gemeinde=
rat verleſene Erklärung habe er nur die Abſicht gehabt, jede in der
Be=
völkerung der Stadt Büdingen hinſichtlich der Brotverſorgung
aufkom=
mende Aufregung niederzuhalten. — Rechtsanwalt Sandmann führt
aus, daß Bürgermeiſter Fendt in der Abwehrſtellung ſich befunden und
in der Erklärung ſich im Rahmen des § 193 St.G.B. gegen die in der
Strafanzeige erhobenenen Anſchuldigungen („Verdunkelungs= und
Be=
ſtechungsgefahr” waren als Dringlichkeitsmomente angeführt) gehalten
habe, die ſich gegen ſeine Amtsehre und ſeine Verwaltungstätigkeit
rich=
teten. Die zur Vorentſcheidung geſtellte Frage möge verneint werden.
Der Vertreter des Staatsintereſſes findet, daß ſowohl Anzeige wie
Er=
klärung von allgemeinem Intereſſe diktiert waren und daß
des=
halb eine vergleichsweiſe Regelung zu empfehlen geweſen, was
aller=
dings ſchwierig geweſen ſei, nachdem eine ſtark perſönliche Note in die
Verhandlung hereingetragen worden. Ein Gemeinderatsbeſchluß könne
nur beanſtandet werden, wenn er rechts= oder ordnungswidrig ſei.
Hier handele es ſich um eine Privatklage, das Mehlgeſchäft ſcheide
völlig aus. Wer die Strafanzeige leſe, der müſſe den Vorwurf eines
Schiebergeſchäfts herausleſen, den Vorwurf der Begünſtigung eines
ſolchen als auf die Stadtverwaltung gemünzt, darin erhoben finden.
Das habe den Bürgermeiſter in ſtarke Erregung verſetzt. Der Beſchluß
des Gemeinderats ſei nicht zweckmäßig in der Faſſung geweſen; die
Aus=
drücke, die gewählt ſeien, ſeien wohl in einer Volksverſammlung am
Platze, aber die Grenze des Zuläſſigen ſei doch hier nicht überſchritten
worden. Fendts Ehre ſei ſtark angegriffen geſeſen, und auf einen
groben Klotz gehöre ein grober Keil. Sei ein Vergleich, der dringend
zu empfehlen ſei, nicht möglich, ſo ſei die zur Vorentſcheidung geſtellte
Frage zu verneinen.
Das Urteil verneint ein Verſchulden des
Bürger=
meiſters.
Lokale Veranſialtungen.
Die blerunter erſcheinenden Notizen ſind ausſchließlich als Hinweiſe auf Anzeigen zu betrachten,
in keinem Falle irgendwie als Beſprechung oder Kritik.
— Körperkultur in der Volkshochſchule. In der
Erkenntnis, daß eine wahre und harmoniſche Bildung nicht einſeitig
geiſtig betrieben werden darf, hat die Volkshochſchule drei Kurſe
feſt=
gelegt, die durch Gymnaſtik, Rhythmik und Atemtechnik bei den Hörern
das Verſtändnis für einen geſunden und wohl durchgebildeten Körper
wecken ſollen. Denn nur in einem geſunden Körper wohnt ein
geſun=
der Geiſt. Wenn der Körper ein würdiges Gefäß der Scele ſein ſoll,
gebührt ihm auch Beachtung und Pflege. Zur Einführung in das
Weſen und die Ziele der Körperkultur hält Frl. Nelli Knappe am
Mittwoch abend im Mathildenhöhſaal einen Vortrag mit
Darſtel=
lungen der geſundheitlich=künſrleriſchen Körperſchulung. Sie beſpricht
und zeigt geſundheitliche, rhythmiſche und künſtleriſche Gymnaſtik, ſowie
künſtleriſche Tänze. Wer die Ausführungen Frl. Knappes gehört hat,
wird von der hohen geſundheitlichen und erzieheriſchen Wirkung der
Gymnaſtik auf Körper, Geiſt und Willen überzeugt ſein und der
Volks=
hochſchule Dank wiſſen, daß ſie dieſer wichtigen Seite univerſaler
Bil=
dung weitgehend Rechnung trägt
„Heſſen” Verein für Leibesübungen. Unſeren
Mitgliedern diene zur Kenutnis, daß der für September angeſagte
künſt=
leriſche Abend nun am 11. Oktober abends im großen Saale des
Rum=
melbräu ſtattfindet. Eine abwechſlungsreiche Vortragsfolge bietet
Ge=
währ eines ſchönen Abends. Herr Schauſpieler Ausfelder trägt Gedichte
von Hans Werner Langer vor, Herr Winzelberg wird mit ſeiner Kunſt
auf dem Cello uns erfreuen, geſanglich werden Frl. Jäger und Herr
Euler den Abend verſchönen, dazwiſchen werden Gedichtvorträge unſerer
Jungens, Mundartgedichte von Herrn Baumgarten mit ſportlichen und
turneriſchen Gruppen und Uebungen abwechſeln. Während der Pauſen
wird die Jugend Bauſteine zum Bau unſerer Sportplatzanlage
an=
bieten. Wir hoffen, daß jeder, dem es gefällt, ein Scherflein zur guten
Sache beiſteuert. Wir verweiſen gleichzeitig auf eine Einladung der
Volkshoſtſchule zu dem Vortragsabend am Mittwoch, den 8. Oktober,
im Mathlidenhöhſaal. Frl. Nelli Knappe Leiterin der Schule für
Körperkuſtur in Offenbach ſpricht über das Thema „Körperkultur, Pflicht
unſeres Volkes‟. Desgleichen ſind die Mitglieder zu der Verkaufswoche
für Bücher und Wanderausrüſtung im „Haus der Jugend”, Stiftſtr. 45,
eingeladen.
— Gewerbetreibende! Wir machen die
Gewerbetreiben=
den auf die Annonce aufmerkſam, wonach der Darmſtädter Mieter= und
Wohnungsſüchender Verein E. V. in einer öffentlichen Verſammlung
Stellung nimmt gegen den Antrag der Deutſchnationalen Volkspartei:
„Freie Wirtſchaft für gewerbliche Räume”. Referent: Rechtsanwalt
Carnier. Gleichzeitig teilen wir den Mietern mit, daß ſich die
Ge=
aße 8, II, befindet und täglich von 10—12
ſchäftsſtelle, je
und von 3—6 Uhr geöffnet iſt.
Aus den Parteien.
— Mitgliederverſammſung der
Deutſchnatio=
nalen Volkspartei, Ortsgruppe Darmſtadt. Allſeitigem
In=
tereſſe unſerer Mitglieder entſprechend, wird Dienstag, den 7. Oktober,
im Fürſtenſaal (Grafenſtraße) eine Mitgliederverſammlung ſtattfinden,
in welcher der Vorſitzende der Ortsgruppe, Herr Abg. Kindt, über die
Parteivertretertagung in Berlin am 30. Sept. berichten wird. Herr
Kindt hat an der Tagung perſönlich teilgenommen und iſt daher in der
n Verlauf der Sitzung zu
ſpre=
ung
chen, die für die weitere Politik der D.N.V.P. von ausſchlaggebender
Bedeutung war. Zutritt nur gegen Vorzeigen der Mitgliedskarte.
Seite 4.
Nachklänge zur Frankfurter Herbſimeſſe.
Von unſerem S.=Mitarbeiter.
Es iſt kein Geheimnis, daß die diesjährige Frankfurter Herbſtmeſſe
mit einem ſehr ungünſtigen Ergebnis für die Ausſteller geendet hat, wenn
es von der Frankufrter Preſſe in einem gewiſſen Lokalpatriotismus
auch nicht ſo offen zugegeben wird. Tatſache iſt aber, daß nur einige
Spezialfirmen und zuletzt noch die Beſchicker des Hauſes der Technik auf
ihre Koſten gekommen ſind. Wertvoll waren bei dieſer Meſſe nur
die zahlreichen Beziehungen, die zum Ausland angeknüpft werden
konnten und das iſt in der heutigen Zeit, um ein Wort Heinrichs des
Vierten zu variieren, ſchon eine Meſſe wert. — Beſonders eng waren
die Beziehungen zu Italien, das in Herrn Olivetti den
Ge=
neralſekretär der italieniſchen Induſtrie geſandt hatte, mit dem in
Frank=
furt auf Einladung der deutſch=italieniſchen Handelskammer wichtige
Konferenzen über den deutſch=italieniſchen Handelsvertrag abgehalten
wurden. — Auch der türkiſchen Regierung wurde durch den
Ober=
bürgermeiſter der Dank der Stadt Frankfurt für ihre rege Beteiligung
ausgeſprochen. Als beſonders wertvoll begrüßt es der Oberbürgermeiſter
in ſeinem Schreiben an den türkiſchen Handelsminiſter, daß die
türkiſch=
deutſche Handelskammer ihren Hauptſitz nach Frankfurt a. M.
ver=
legt hat.
Kleine Frankfurter Chronik.
Am 14. Oktober wird in Frankfurt eine außerordentliche Synode der
evangeliſch=lutheriſchen und der evangeliſch=reformierten Stadtſynode
ab=
gehalten, in der über eine Erhohung der Kirchenſteuern
Beſchluß gefaßt wird. — Auf dem Kirchentag des Kirchenkreiſes
Bocken=
heim wurden in den Vorſtand gewählt: Pfarrer Herchenröder, Rektor
Klarmann, Rektor Jaſpert, Studienrat Lohmann und Kaufmann Eife.
Nach verſchiedenen Vorträgen wurde eine Reihe von Arbeitsausſchüſſen
gebildet. — Am 9. Oktober ſpricht im Zoo Graf von Luckner, der
frühere Kommandant des Seeadler.
Verkehrsausſtellung München 1925.
München. Der Preſſeausſchuß der Deutſchen Verkehrsausſtellung
in München 1925 hielt geſtern nachmittag in München eine Sitzung ab,
zu der erſtmals auch die Mitglieder des Ausſchufſes aus dem Reiche
geladen waren. Im Namen der bayeriſchen Staatsregierung hieß der
Handelsminſter v. Meinel die Mitarbeiter an der Ausſtellung aus dem
Kreiſe der deutſchen Preſſe dankend willkommen. Die ganze Zukunft der
deutſchen Wirtſchaft hänge davon ab, daß ſie wieder in den Weltverkehr
als volles gleichberechtigtes Mitglied einbezogen werde. Der Miniſter
wies auf die Bedeutung Bayerns als den Schnittpunkt großer
Verkehrs=
wege hin und betonte, daß die bayeriſchen Eiſenbahnwünſche keieswegs
auf dem Gebiete der Eigenbrödelei oder der verkehrsfeindlichen
Ge=
ſinnung lägen; ſie entſtammten vielmehr der feſten Ueberzeugung, daß
eine allzu große Zentraliſation vom Uebel ſein müßte, und es im
In=
tereſſe des Reichs wie der Länder ſei, wenn auch auf dieſem Gebiete,
isbeſondere in der Konſtruktion und der Beſchaffung des
Verkehrs=
materials, aber auch im Wetteifer um die rationellſte, ſparſamſte
Be=
triebsführung eine geſunde Konkurrenz beſtehe. Als Präſident des
Aus=
ſtellungsdirektoriums ſchloß ſich Staatsſekretäu von Frank dieſen
Wor=
ten an, wobei er auf die enge Verbundenheit der Preſſe und des
Ver=
kehrs und die Bedeutung der Arbeit der Preſſe für das Gelingen der
Ausſtellung beſonders hinwies. Oberbürgermeiſter Schmid vermittelte
die Grüße der Stadt München an die deutfche Preſſe.
Exploſionskataſtrophe in Warſchau.
Danzig. Am Freſtag explodierte auf dem Warſchauer
Haupt=
bahnhof der Zentralheizungskeſſel. Das Keſſelhaus flog in die Luft.
Durch die Exploſion wurden vier Hauptlinien des Bahnhofs vollſtändig
zerſtört. Auch Todesotfer ſind zu beklagen. Bei den in der Nähe
liegenden Gebäuden wurden die ſämtlichen Fenſterſcheiben zertrümmert.
Eine Unterſuchung iſt darüber im Gange, wie es möglich war, daß ein
ungelernter Hilfsheizer mit der Probeanheizung des Keſſels betraut
wurde. Der Heizer fand ſelbſt den Tod. Das Unglück läßt ſich bisher
noch nicht in vollem Umfange überſehen.
Ein gemeinnütziges Unternehmen in Gefahr.
Die Deutſche Geſellſchaft zur Rettung
Schiff=
brüchiger iſt, wie uns der Vorſitzende des Berliner Bezirksvereins
mitteilt, durch den Krieg und die folgende Inflation und Geldentwertung
in eine traurige finanzielle Lage geraten. Sie teilt das Schickſal anderer
gemeinnütziger Unternehmungen, die nahezu ihr geſamtes Vermögen und
ihre finanzielle Reſerven verloren haben. Wie bekannt, hat die im Jahre
1865 gegründete Geſellſchaft die ganze Nord= und Oſtſeeküſte mit
Ret=
tungsſtationen, Rettungsbooten und Raketenapparaten ausgerüſtet, die
bei Strandungen an unſeren Küſten die gefährdeten Beſatzungen unſerer
Schiffe dem ſicheren Tod der Wellen entriſſen. Seit Begründung der
Ge=
ſellſchaft haben die braven Rettungsmannſchaften unter Einſetzung ihres
eigenen Lebens faſt 5000 Perſonen gerettet. Die Mittel zur Errichtung
der Rettungsſtationen, zu ihrer Inſtandhaltung und Verwaltung werden
lediglich durch freie Liebestätigkeit der über ganz Deutſchland
verbrei=
teten Mitglieder und durch einmalige Spenden, aufgebracht. Staatliche
Unterſtützung hat ſich die Geſellſchaft noch nie erbeten und erhalten.
Obgleich ſich die Einnahmen der Geſellſchaft während des Krieges und der
Nachkriegszeit bedeutend verringert haben, konnte der Betrieb bisher
einigermaßen aufrecht erhalten werden. Aber es fehlten die Mittel zum
Bau dringend gebrauchter Rettungsboote, beſonders von
Motorrettungs=
booten, zur ordnungsmäßigen Inſtandhaltung der Rettungsapparate und
zu einer einigermaßen angemeſſenen Vergütung für das Perſonal. Die
Anzahl der Mitglieder der Geſellſchaft iſt von über 53 600 in der
Vor=
kriegszeit auf etwa 28 000, die des Bezirksvereins Berlin allein auf rund
2500 herabgegangen. Die damit verbundenen großen Ausfälle konnten
bisher durch hochherzige Spenden der Reedereien, der Großbanken und
Unfallverſicherungsgeſellſchaften einigermaßen ausgeglichen werden. Wenn
die Geſellſchaft aber ihren Aufgaben voll wieder gerecht werden ſoll,
dann bedarf ſie, da der Staat unter den heutigen Verhältniſſen nicht
eingreifen kann, der tatkräftigen Hilfe des geſamten deutſchen Volkes.
Eine ſolche wahrhaft gemeinnützige, menſchenfreundliche Unternehmung,
die auf hervorragende Leiſtungen zurückblicken kann, darf nicht
unter=
gehen. An alle Volksgenoſſen wird daher die dringend herzliche Bitte
gerichtet: Tretet der Deutſchen Geſellſchaft zur Rettung Schiffbrüchiger
als Mitglieder bei, unterſtützet ſie durch einmalige Spenden! Beiträge
werden entgegengenommen bei der Geſchäftsſtelle in Berlin W 8,
Bohren=
ſtraße 8, I.
Ein ſturmbewährtes deutſches Schiff.
Wenn auch der moderne Ozeandampfer dank den Erfolgen einer
raſt=
los fortſchreitenden Technik bis zu einem hohen Grade gegen die
Gefah=
ren ſchweren Wetters gefeit iſt, bei einem richtigen Orkan zeigt ſich auch
heute noch am beſten, was Schiffe und Mannſchaften zu leiſten vermögen.
An die Stabilität des Schiffes, an die Feſtigkeit ſeiner Verbände, an die
Betriebsſicherheit der Maſchinen= und Nuderanlagen und an die Nerven
und Fähigkeiten der Schiffsleitung und Befatzung werden bei ſchwerem
Wetter und hoher See ſo außergewöhnliche Anforderungen geſtellt, daß
das Paſſieren eines Zyklongebietes ohne jede Beſchädigung am
Inven=
tar des Schiffes immer ein Beweis für die Seetüchtigkeit von Schiff und
Mannſchaft bleiben wird. Einen ſolchen Beweis erbrachte vor kurzem
ein deutſches Schiff, der Hapagdampfer „Weſtphalia”, in den
ſchweren Stürmen, die Ende Auguſt an der atlantiſchen Küſte
Nord=
amerikas herrſchten und von denen über ein Dutzend große
Paſſagier=
dampfer betroffen wurden. Schwer heimgeſucht wurde insbeſondere ein
engliſcher Dampfer, auf dem, wie die Neu=Yorker Zeitungen berichteten
über 80 Paſſagiere und Mannſchaften während des Sturmes
Verletzun=
gen erlitten.
Auch der Dampfer „Weſtphalia” der Hamburg=Amerika Linie geriet
in den Orkan. Am 26. Auguſt, nachmittags 4 Uhr, erhielt das
Hapag=
ſchiff von einem italieniſchen Dampfer durch Funkſpruch die Mitteilung,
Montag, den 6. Oklober 1924,
daß er ſich mitten in einem Zyklon befände. Die Schiffsleitung der
„Weſtphalia”, die bereits an dem rapiden Fallen des Barometers, der
eigenartigen Bewölkung und dem bleigrauen, ſich über das Meer
legen=
den Dunſt des Herannahens des Sturmes bemerkt hatte, traf ſofort die
nötigen Vorſichtsmaßnahmen und drehte das Schiff gegen die
Windrich=
tung. Der anfangs aus Südoſt wehende Wind, der eine ſchwere
Dü=
nung vor ſich herſchob, entwickelte ſich ſchnell zum tobenden Orkan.
Sieben Stunden lang hielt der Sturm mit ungeminderter Wucht an und
begann erſt gegen Mitternacht langſam abzuflauen. Die angeſtrengten
Bemühungen der Schiffsleitung, den Dampfer und ſeine Fahrgäſte
ohne Unfall durch den Orkan zu bringen, waren von vollem Erfolg
gekrönt. Das Schiff erlitt weder an ſeinen Maſchinen noch an ſeinem
Inventar irgendwelche Beſchädigung und vor allem wurde weder von
den Paſſagieren noch von der Mannſchaft irgend jemand verletzt.
Nachdem das Wetter wieder ruhiger geworden war, ſetzte der
Dambfer ſeine Reiſe fort. Als er in der Nähe des vor der Einfahrt in
den Hafen von New York liegenden Feuerſchiffs „Nantucket” kam, ſtellte
ſich heraus, daß das Feuerſchiff vom Orkan losgeriſſen und abgetrieben
worden war. Die guten nautiſchen Inſtrumente der „Weſtphalia”,
ins=
beſondere der Kreiſelkompaß, ermöglichten es der Schiffsleitung jedoch,
den Kurs ſo genau zu beſtimmen, daß man die in der Nähe des
ab=
getriebenen Feuerſchiffs verankerte Heulboje dicht längsſeits paſſierte
und nach kurzer Fahrt wohlbehalten am Pier in New York feſtmachen.
konnte. Dem Kapitän wurde von den Paſſagieren, die während des
Sturmes durchweg die Nuhe bewahrt hatten, eine Adreſſe überreicht,
in der ihm und ſeiner Mannſchaft Anerkennung und Dankbarkeit dafür
ausgeſprochen wurde, daß ſie mit „ihrer geſchickten Seemannskunſt, ihren
zweckmäßigen Anordnungen und ihrem großen Pflichteifer” das Schiff
ſicher durch den Orkan geführt hätten.
Holländiſche Rheinſchiffahrtsfragen.
Die abgelaufene Woche gibt Anlaß, die Aufmerklamkeit auf einige
holländiſche Schiffahrtsfragen zu lenken. Zunächſt fand am Anfang der
Woche auf Einladung des „Bewachungsdienſtes auf den
großen Strömen” unter Beteiligung von Vertreteun des
hollän=
diſchen Reichsjuſtizminiſterims, des Polizewriſidenten von
Rotter=
dam, des Vertreters der Reichspolizei, der Rheinſtrombauverwaltung
in Koblenz und des Vereins zur Wahrung der
Rheinſchiffahrtsinte=
reſſen eine Bereiſung eines Teils der holländiſchen Wafferſtraßen
zwecks Inſpektion des in den letzten Jahren eingerichteten
Bewachungs=
dienſtes ſtatt. Infolge des auf den holländiſchen Waſſerſtraßen in der
Binnenſchiffahrt herrſchenden Diebſtahlsunweſens wurde vor einigen
Jahren auf Anregung des Herrn G. D. van Beuningen unter
Zuſam=
menwirken der Reedereien und Behörden ein beſonderer
Bewachungs=
dienſt eingerichtet, der, über zuverläſſiges Perſonal verfügend und mit
einer entſprechenden Anzahl von Motorbooten ausgerüſtet, in
verhält=
nismäßig kurzer Zeit die notwendige Sicherheit für die Ladung auf
den Strömen herſt=llte und damit wiederum die zu fördernde nocmale
Ordnung auch im Rheinverkehr ſchuf. Die Fahrt durch den Hafen von
Rotterdam zeigte das Bild guter Beſchäftigung, wie auch der ſonſtige
holländiſche Binnenſchiffsverkehr recht rege war. Weſentlich beteiligt
iſt daran der alljährlich ſtärker einſetzende Herbſtvertehr. Während der
Bereiſung wurde von holländiſcher Seite aus holländiſchen Fachkreiſen
auf die noch verbeſſerungsbedürftige Rheipolizei hingewieſen. Bei
Erörterung der Frage teilte das geſchäftsführende Vorſtandsmitglied
des Vereins zur Wahrung der Nheinſchiffahrtsintereſſen, Heru Dr.
Schmitz=Duisburg, die Arbeiten mit, die auf dieſem Gebiete namentlich
zur Verbeſſerung der Sicherheit in den Häfen im letzten halben Jahre
durchgeführt worden ſind und legte die Möglichkeiten einer weiteren
Verbeſſerung der Verhältniſſe in näherer Weife dar.
Um die Mitte der Woche fand in Utrecht der 5. holländiſche
Binnenſchöffahrtskongreß ſtatt) auf dem in auffallend
enger Zuſammenarbeit zwiſchen den Vertretern der Behörden und der
Rechtspraxis einerſeits den praktiſchen Schiffahrtsvertretern
anderer=
ſeits insbeſondere die Frage der Erhebung der Abgaben von Gebühren
auf den Strömen und Kanälen Hollands erörtert wurde. Die
Aus=
ſprache ließ eine erhebliche Mißſtimmung in den holländiſchen
Schiff=
fahrtskreiſen über die Abgabenregelung ihres Landes erkennen, die zum
Teil in recht draſtiſchen und energiſchen Ausführungen ihren Ausdruck
fand. Auf dem Kongreß äußerte ſich Herr Dr. Schmitz=Duisburg als
Vertreter ſeiner Körperſchaft und des Zentralvereins für deutſche
Binnenſchiffahrt auf die aufmerkſamen Begrüßungsworte des
Vor=
ſitzenden auch über die Frage der Internationalifierung des
Binnen=
ſchiffahrtsrechts, wobei er insbeſondere auf die neueſte Anregung des
Präſidenten des Oberlandesgerichts in Hamburg, Herrn Prof. Dr. Mag
Mittelſtein, hinwies, das Problem nicht unter dem Geſichtspunkt des
Rheinſtromgebietes, ſondern der Schaffung eines europäiſchen
Binnen=
ſchiffahrtsrechts zu betrachten und hinſichtlich der Arbeitsmethoden
unter Heranziehung angeſehener privater Fachkörperſchaften Wege
einzuſchlagen, wie ſie auf dem Gebiete des Seeſchiffahrtsrechtes mit
anerkanntem Erfolg in den letzten Jahren beſchritten worden ſind.
Studienreiſe amerikaniſcher Eiſenbahn= und Verkehrsbeamtin nach
Europa.
In New York iſt vor einiger Zeit in einer Verſammlung von
Ver=
tretern der großen amerikaniſchen Eiſenbahngeſellſchaften und der am
Ueberſeeverkehr beteiligten Schiffahrtsgeſellſchaften ein
bemerkenswer=
ter Beſchluß gefaßt worden, der die Vorbereitung einer großzügigen
Verkehrspropaganda zur Belebung des amerikaniſchen Reiſeverkehrs
nach Europa zum Gegenſtand hat. Seit einiger Zeit ſchon haben die
amerikaniſchen Eiſenbahngeſellſchaften die Werbetätigkeit auf dieſem
Gebiete eröffnet, indem ſie auf einer großen Anzahl ihrer Bahnhöfe
in großen und kleinen Städten Nordamerikas Poopaganda=Druckſachen
zum Aushang bringen oder verteilen, in denen auf die wichtigſten
Sehenswürdigkeiten der europäiſchen Länder hingewieſen wird. Jetzt
will man einen Schritt weitergehen und durch die Entfendung einer
größeren Anzahl amerikaniſcher Verkehrsheamten nach Europa die
Grundlagen ſchaffen, die für eine ſachgemäße Auskunfterteilung über
Reiſeverhältniſſe uſw. in Europa notwendig ſind.
Die Teilnehmer an der geplanten Studienreiſe ſollen Gelegenheit
erhalten, ſich ſelbſt davon zu überzeugen, wie die Beförderungsmittel
nach und in Europa zu Lande und zu Waſſer befchaffen find, welche
kulturellen Vorteile der Beſuch europäiſcher Länder in ſich ſelbſt birgt
und wie ſich die Reiſeverhältniſſe und Unterkunftsmöglichkeiten
geſtal=
ten. Gerade hierüber, und insbeſondere auch über die wirtſchaftlichen
Verhältniſſe in Deutſchland ſind im überfeeiſchen Auslande Anſichten
verbreitet, die in vielen Fällen nicht mit der Wirklichkeit im Einklang
ſtehen und die dem transatlantiſchen Reiſeverkehr nach dem Kriege
zeit=
weiſe recht erheblichen Abbruch getan haben. Der jetzt in Ausſicht
ſtehende Beſuch der im amerikaniſchen Verkehrsleben ſtehenden Beamten
iſt daher auch für Deutſchland von beſonderem Intereſſe und verdient
ſowohl von wirtſchaftlichem Standpunkt aus als auch in ſozialer
Hin=
ſicht beſondere Beachtung.
Die hauptſächlich aus höheren Beamten amerikaniſcher
Eiſenbahn=
geſellſchaften und amerikaniſcher Reiſebüros gebildete Reiſegeſellfchaft
wird in einer Stärke von 165 Perſonen, einſchließlich Damen, Anfang
Oktober auf verſchiedenen Dampfern New York verlaſſen und ſich
zu=
nächſt nach England begeben, wo ſämtliche Teilnehmer ſich Mitte
Okto=
ber in London vereinigen werden, um dort neben den
Hauptſehens=
würdigkeiten der Stadt die Ausſtellung in Wembley zu beſichtigen und
alsdann eine zehntägige Reiſe über Holland, Belgien, Deurſchland, die
Schweiz und Frankreich anzutreten. Die Teilnehmer vertreten mehr als
75 amerikaniſche und kanadiſche Eiſenbahn= und Schiffahrtsgefellſchaften
deren Linien ſich auf den geſamten amerikaniſchen Kontinent verteilen.
Es wäre zu wünſchen, daß die Vorbereitung einer großangelegten
amerikaniſch=europäiſchen Verkehrspropaganda, für welche durch dieſe
Studienreiſe die theoretiſchen Grundlagen geſchaffen werden ſollen,
überall weitreichende Unterſtützung findet, und daß gleichzeitig auch den
Teilnehmern ihr freilich nur kurzbemeſſener Aufenthalt in Deutſchland
ſo angenehm wie möglich geſtaltet wird. Das deutſche Volk hat ein
Intereſſe daran, alle Vorurteile, die heute noch im Auslande
Deutſch=
land gegenüber beſtehen, und die dem Reiſeverkehr nach Deutſchland
noch vielfach abträglich ſind, nach Möglichkeit zu beſeitigen. Hier bietet
ſich eine Gelegenheit, die nicht verſäumt werden darf!
Stimmen aus dem Leſerkreiſe.
(Für die Veröffentlichungen unter dieſer Ueberſchrift übernimmt die Redaktſon keinerſel
Ver=
antwortung; für ſie bleibt auf Grund des § 21 Abſ. 2 des Preſſegeſetzes in vollem Umfange
der Einſender verantwortiſch.) — Einſendungen, die nicht verwendet werden, können nicht
zurückgeſandt, die Ablebnung nicht bearündet werden.
— Zu dem Eingeſandt, betr. die ſtädtiſchen Beamten, ging uns eine
Zuſchrift der Gewerkſchaft heſſiſcher Gemeindebeamten,
Ortsgruppe Darmſtadt, zu, die ſich inhaltlich mit der Erwiderung der
Stadtverwaltung deckt. Im Einverſtändnis mit dem Gewerkſchaftsvor=
D. Red.
ſtand ſehen wir darum von der Veröffentlichung ab.
— Die Begründung des Reichsfinanzminiſters für ſeine ablehnende
Haltung gegenüber der Forderung der Beamten, die eingetretene Teu=
erung geldlich auszugleichen, iſt inſofern nicht zu verſtehen, als — wie
doch jeder zugeben muß — ſeit einigen Wochen auf allen Gebieten eine
ſteigende Teuerung feſtzuſtellen iſt. Fleiſch, Brot, Mehl ſind nicht
un=
weſentlich im Preis geſtiegen, auch Textil= und andere Waren ſind
teuerer geworden. Dem Beamten wird alſo zugemutet, dieſe
Mehr=
ausgaben aus dem an ſich ſchon kärglich feſtgeſetzten Betrag, der noch
nicht einmal 80 Prozent der Friedensſätze beträgt, zu beſtreiten. Es
iſt ihm nicht möglich, „aufzuſchlagen”, im Gegenteil, es wird ihm geſagt,
die Preiſe ſind im Abbau begriffen! Welche Jronie, die hoffentlich
die Geſchäftswelt auch einſieht, und zwar umſomehr, als doch feſtſteht,
daß, wenn die Beamten kein Geld haben, das Geſchäftsleben ſtockt. Die
Beamten wollen keine Beſſerſtellung, um Geſchäfte machen zu können,
ſondern ſie wollen lediglich einen Erſatz für ihre Mehrausgaben, die
tatſächlich beſtehen. Hoffentlich treten die Organiſationen in Berlin
tatkräftig ein, bis das Unrecht an maßgebender Stelle eingeſehen
A. Sch.
wird.
Briefkaſten.
M. J., hier. Die auf 2 Prozent ermäßigte Umſatzſteuer tritt erſt
am 1. Oktober 1294 in Kraft; ſie erfaßt daher nur die im 4. Quartal
1924 vereinnahmten Entgelte. Es ſind deshalb für die im 3. Quartal.
1924 vereinnahmten Entgelte des Quartals, das mit 30. September
ab=
ſchließt, noch 2½ Prozent Steuer zu entrichten. — Die von Ihnen
auf=
geführten Beiträge ſind nur bei der
Einkommenſteuerdeklara=
tion in Abzug zu bringen.
Rund=Funk=Programm.
Dienstag, den 7. Oktober 1924.
Frankfurt a. M. (467 m). 11.10 Uhr: Wirtſchaftsmeldungen: Berliner und Hamburger
Produkten (Vorbörſe), amerikaniſche Produkten, Anfangskurſe. — 11.55 Uhr: Zeit
angabe. — 12 Uhr: Nachrichtendienſt. — 4.10 Uhr: Wirtſchaftsmeldungen, amtliche
Produktenbörſe Hamburg, Berlin, Köln, Magedburger Zucker und Nürnberger Hopfen,
Deviſenkirſe. — 4.30—6 Uhr: Rundfunk=Nachmittag in Muſik und Wort. — 6—6.30
Uhr: Die Leſeſtunde. Romane der Weltliteratur. „Soll und Haben” von Guſtav
Freykag. 7.30 Uhr: Vortragszhklus des Stadtgeſundheitsamtes: 11. Vortrag: Herr
Prof. Tillmanns: Die Hygiene der Frankfurter Milchverſorgung in ihrer Entwicklung
von den Vorkriegszeiten bis heute, und die in Zukunft anzuſtrebenden Verhältniſſe.
— 8 Uhr: Der Briefkaſten. — 8.30 Uhr: Heinrich Heine. 1. Der Lyriker Heine.
Ein=
führende Worte von Ernſt Schoen. 2. Rezitation: a) Prolog (aus der Harzreiſe), b)
Mein Kind, wir waren Kinder, c) Im wunderſchönen Monat Mai, d) An meine
Mutter; Frau Gläſer=Urban. 3. Lieder von R. Schumann: a) Ich wandelte unter den
Bäumen, b) Morgens ſteh ich auf und frage, c) Es treibt mich hin, es treibt mich her;
Herr John Gläſer von der Frankfurter Oper. 4. Drei Briefe, 5. Lieder (L.
Rotten=
berg): a) Werdet nur nicht ungeduldig, b) Andere beten zur Madonna, c) Das iſt ein
ſchlechtes Wetter: Herr John Gläſer von der Frankfurter Oper. 6. „Edith
Schwanen=
hals”, Melodram=Ballade von Heine, Muſik von Eugenio Pirani, Frau Gläſer=Urban
Am Grotian=Steinweg=Flügel Herr Dr. Ludwig Rottenberg. — 9.30 Uhr:
Nachrichten=
dienſt, Wettermeldung, Sportbericht. — 9.55 Uhr: Zeitvorbereitung. — 9.54 Uhr:
3 Minuten der Hansfrau. — 10 Khr: Zeitangabe.
Berlin (430, bzw. 500 m). 10 Uhr: Bericht über die Kleinhandelspreiſe der wichtigſten
Lebensmittel in der Zentralmarkthalle. — 10.15 Uhr: Erſte Bekanntgabe der neueſten
Tagesnachrichten. — 11.35 Uhr: Funkbörſe (die Notierungen der Berliner und
Ham=
burger Produktenvorbörſe. — 12.15 Uhr: Kurzer Tendenzbericht der Berliner
Vor=
börfe. — 12.56 Uhr: Obermittlung des Zeitzeichens. — 1.05 Uhr: Bweite
Bekannt=
gabe der neueſten Tagesnachrichten, Wetterdienſt. — 2.15 Uhr: Kurzer Tendenzbericht
der Berliner Börſe. — 3 Uhr: Funkbörſe (die amtlichen Notierungen der Berliner
und Hamburger Probukten= und Viehbörſe; amtliche Deviſen). — 4 Uhr: Funkbörſe
(Getreide eif. Hamburg; Berliner Kolonialwaren=Großhandelspreiſe). — 4.30 bis
6.30 Uhr: Unterhaltungsmuſik (Berliner Funkkapelle): 1. Au village, Villet; 2.
Duver=
ture zur Oper „Das eherne Pferd”, Auber; 3. Freut euch des Lebens, Walzer, Joh.
Strauß; 4. Reverie, Vieuxtemps; 5. Slaviſcher Tanz Nr. 7, Dvorak; 6. III.
Rubin=
ſtein=Suite (Perfiſche), Morena; 7. Tdvlle passionelle, Razigade; 8. Schön iſt die
Jugend, Rode; 9. Allzeit bereit, Marſch, Fr. v. Blon. Während der Pauſen: „
Rat=
ſchläge fürs Haus”. — 7.30 Uhr: Vortrag des Herrn Dr. Wegner: „
Wettervoraus=
ſage‟. — „Auf beſondere Veranlaſſung der pädagogiſchen Abteilung des
Zentral=
inſtituts für Erziehung und Unterricht: 8 Uhr: Märkiſcher Abend: 1. Vortrag des Herrn
Profeſſor Dr. Lampe, Direktors der pädagogiſchen Abteilung des Zentralinſtituts
für Erziehung und Unterricht: „Mark und Märker”. — 8.30 Nhr: 2. Huldigung für
Königin Sophie Charlotte Beſſer, Alfreb Braun vom Schillertheater Charlottenburg.
3. Flötenkonzert C=Dur, Friedrich der Große, Prof. Emil Prill (Flöte), Kapellmeiſter
Otto Urack (Klavier), 4a) Anekdote aus dem letzten preußiſchen Kriege, Heinrich von
Kleiſt, b). Das Ordensband” aus Klein Zaches, E. T. A. Hoffmann, Alfred Braun,
vom Schillertheater, Charlottenburg. ba) Auf Flügeln des Geſanges, d)
Frühlings=
lieb, Mendelsſohn=Bartholdg; c) Zarenlied aus der Oper „Zar und Zimmermann”
Lortzing, Kammerſänger Cornelius Bronsgeeſt, Am Flügel: Kapellmeiſter Otto
Urack. 6. Aus der Chronik der Sperlingsgaſſe, Raabe, Alfred Braun vom
Schiller=
theater, Charlottenburg. 7. Aus „Joſt Seyfried” von Cäſar Flaiſchlen, komp. von
Hugo Kaun. a) Und du biſt’s, du; b) Gute Nacht; c) Sei’s Sturm: d) Der Mond,
gack doch, der Mond. Kammerſänger Cornelis Bronsgeeſt. Am Flügel: Der
Kom=
poniſt. — 8a) Veränderungen in der Mark, b) 1. Bataillon Garde, Fontane. Alfred
Braun vom Schillertheater, Charlottenburg. 9. Märkiſche Idyllen für Klavier op. 62
K. Kämpf: a) Stürmiſcher Abend; b) Seeroſen im Mondſchein; c) Träumerei im
Park von Sanfſouci, Der Komponiſt. — Anſchließend: Dritte Bekanntgabe der neueſten
Tagesnachrichten, Zeitanſage, Wetterdienſt, Sportnachrichten, Theaterdienſt.
England (MEZ). Tondon (365), 7.30 Uhr: Militärkapelle. — Dirmingham (475)
7.30 Uhr: Symphoniekonzert. — Bornemouth (385), 7.30 Uhr: „Die Grille” (Audran,
— Mancheſter (375), 7.30 Uhr: Geheimnisvolle Geſchichten. — Newcaſtle (400),
7.30 Uhr: Lavendel und alte Spitzen. — Aberdeen (495), 7.30 Uhr: Edward Mc=
Dowell=Abend. — Glasgow (420), 7.30 Uhr: Literariſcher Abend. — Belfaſt (7. Uhr:
Volkstümlicher Abend.
Tageskalender.
Landestheater Großes Haus, keine Vorſtellung. Kleines Haus,
keine Vorſtellung. Orpheum, abends 8 Uhr: S. M. der Herr
Bürger=
meiſter. Union=, Reſidenz=Theater, Palaſtlichtſpiele: Kinovorſtellungen.
Zum goldenen Löwen, Roßdorf: Kirchweihe. Darmſtädter Hof,
Roß=
dorf: Kirchweihe. Zur Sonne, Roßdorf: Kirchweihe. Kleingärtner
Darmſtadt und Umgebung, abends 8 Uhr, im Hanauer Hof: Vortrag.
Verein der Württemberger, bei Englert, Ballonplatz 4:
Monats=
verſammlung.
Verſteigerungskalender, Dienstag, den 7. Oktober 1924.
Srädtiſches Leihamt, Kirchſtraße 9 vormittags 8½ Uhr:
Ver=
ſteigerung von verfallenen Pfändern. Große Mobiliarverſteigerung,
nachmittags 2 Uhr, in der Morbach, gegenüber dem Kurhauſe in
Erbach.
Wetterbericht der Gießener Wetterwarfe.
Wettervorherſage für Dienstag, 7. Oktober:
Wechſelnd bewölkt, zeitweiſe aufklärend, Temperatur wenig
ver=
ändert; ſtrichweiſe muß mit Regenfällen gerechnet werden.”
Bad Homburger Halz — ein Geſchenk guter Elfen,
half, hilft und wird Dir immer helfen.
Beachte aber die Originalfirma: „Bad Homburger Heilquellen”, G. m.b.H. (I.,,
Hauptſchriftleitung: Rudolf Mauve
Verantwortlich für Politik und Wirtſchaft: Rudolf Mauv=
Verantwortlich für Feuilleton und Heſſiſche Nachrichten: Max Streeſ-
Verantwortlich für Sport: Dr. Eugen Buhlmann
Verantwortlich für Schlußdlenſt: Andreas Bauer
Verantwortlich für den Inſeratenteil: Willy Kuhle
Druck und Verlag: L. C Wittich — ſämtlich in Darmſtadt.
Die heutige Nummer hat 8 Seiten
dieſer koſtbare Stoff, welcher in der weltberühmten Ray=Seife enthalten iſt,
hat eine doppelte Wirkung. Erſtens erzeugt Ei, wie ſeit Jahrhunderten bekannt,
eine zarte, reine und jugendfriſche Haut, und zweitens einen prächtigen Schaum
von wunderbarer Weichheit und ganz eigenartiger Konſiſtenz. Auf Grund
dieſer beiden Vorzüge wird Nay=Seife ſeit 23 Jahren als die beſte und im
Gebrauche mildeſte Toilette.Seife angeſehen. Verlangen Sie klar und deutlich:
Feldberg=Prüfungsfahrt 1924
des Gau Ma des A. O.A. C.
Von unſerem Sont
„Der Feldberg iſt wieder unſer! Der von Sage und Ge=
=hichte umwitterte Taunusrieſe gehört wieder ſeinen Freunden,
reigt ſich uns gerade am heutigen Tage, dem Renntage des
Baues IIIa im Allgemeinen Deutſchen Automobilklub, in ſeinem
rbenprächtigen erſten Herbſtkleid, in dem noch der Sommer das
Vorrecht behauptet. Noch iſt die Beſetzung nicht völlig aufgehoben,
aber ungehindert kann er wieder ſeine Freunde empfangen. Der
Feldberg iſt wieder unſer!“
So jubelt der Gau IIIa und ſein Jubel lieh dem
Ausſchrei=
en ſtärkſten Widerhall:
178 Nennungen!
ahrlich eine ſtattliche Zahl. Und wenn auch nicht alle am Start
rſchienen, weit über hundert Fahrzeuge aller Größen und
Syſteme waren es doch, die ſich dem Starter ſtellten und den
Be=
weis erneuerten, daß alle ernſten Kraftſportler dieſe
Feldberg=
rüfung als eine von klaſſiſcher Bedeutung anſehen. Namen von
veſtem Klange wies die Startliſte auf, und dementſprechend
wurde das Reſultat des Ringens mit Spannung erwartet, ſein
Verlauf aufmerkſamſt von Tauſenden verfolgt. Die Leitung des
Baues IIIa hatte gute Arbeit geleiſtet in der Organiſation und
Durchführung dieſer großen Sportprüfung, und wenn wir in
Dieſem Zuſammenhange einen Namen beſonders hervorheben,
nämlich Ewald Kroth, ſo geſchieht das nicht, weil dieſer
Name an der Spitze (Oberleitung) des Programms prangte,
ſon=
gern weil Herr Kroth tatſächlich Vorbildliches geleiſtet hatte und
Ihn auch in keinem Augenblick die Nerven verließen. Auch Herr
Max Goldſchmidt, der den Preſſedienſt verſah, tat
anerken=
ienswert ſeine Schuldigkeit, gleichwie auch der Sanitäts= und
Sicherheitsdienſt unter Herrn O. Hammeran ſehr gut
funktio=
nierte.
Soweit klappte alſo alles recht gut, wenn auch — was die
Schwierigkeit der Organiſation entſchuldigt — nicht reſtlos. Eins
aber darf geſagt werden: Es hat ſich wieder einmal gezeigt, daß
inan wohl den Wert der eigenen Arbeit richtig einſchätzt, daß
rnan aber für die verantwortungsvolle, opferreiche und gleich
auf=
eibende Tätigkeit der gewiſſenhaften Preſſevertreter immer noch
riicht das rechte Verſtändnis aufbringt. Die Preſſe unterrich=
Ten, ſoweit ſie ſelbſt dazu nicht in der Lage ſein kann, iſt
Feineswegs eine Gnade, ſondern verdammte Pflicht und
Schul=
vie vorher zu Zwecken der Propaganda die Preſſe ſtets und
ergiebig zu finden wiſſen. Vielleicht merkt Herr Dr. Arthur Dietz
ſich das, wenn ihn das Schickſal wieder einmal auf
verantwort=
ichen Poſten berufen ſollte.
Die Nennſtrecke
Felbſt war, was Bodenbeſchaffenheit anbelangt, ausgezeichnet.
Mur ſo konnte erreicht werden, daß trotz des ſtundenlang
nieder=
gehenden Regens die glänzenden Zeiten erzielt werden konnten,
whne daß ſich ein nennenswerter Unfall ereignete. Erſchwerend kam
Für die Fahrer hinzu das oft leichtfertige Verhalten des
Publi=
kums, das die ganze Rennſtrecke, beſonders die intereſſanten
Rurven, beſetzt hielt, immer wieder in die Fahrſtrecke drängte und
ſie überquerte. Die Abſperrungsmannſchaften — Polizei und
Frankfurter Sanitäter — hatten einen recht ſchweren Stand.
Die Strecke der Bergführung iſt bekannt. Start war wie
Früher am Hotel „Hohemark” Kilometerſtein 13,0 (320 Meter
zber N.N.), und Ziel der Sandplacken bei Kilometerſtein
5,0 (669 Meter über N.N.). Es mußten alſo 8 Kilometer mit
er=
weblicher faſt ſtändiger Steigung durchfahren werden. Dabei
Bwingen ſcharfe S= und Haarnadel=Kurven zu höchſter Aufmerk=
Famkeit und ſind ein ſtarker Prüfſtein für Fahrer und Maſchine.
Als gegen Mittag nach dem Regen und vorübergehenden
dich=
tren und ſchweren Nebeln die Sonne durchbrach, zeigte die
Tau=
rnuslandſchaft ſich beſonders von den Höhen in dem ganzen herr=
Ulichen Schmuck der überreichen herbſtlichen Farbenſchönheit und
jentſchädigte vollauf für das Ausharren im ſtrömenden Regen.
Lange vor der feſtgeſetzten Startzeit mußte die Rennſtrecke
abgeſperrt werden, und noch immer ſtrömten ſportbegeiſterte
Zu=
ſchauer zu Fuß, Rad, Motorrad und Wagen zur Rennſtrecke.
Man darf dieſe Sportbegeiſterung ehrlich bewundern, denn
ſchließlich ſieht der Laie gerade bei Nennen dieſer Art (
Einzel=
ſtart mit ausſchließlicher Zeitentſcheidung) nichts anderes, als
was er täglich und ſtündlich in den Straßen jeder Stadt ſehen
kann, ein oder zwei Motorräder oder Wagen vorbeifahren. Wer
aber ſich einmal unter die Laienzuſchauer miſcht, kann ſtaunen
über das ſtarke Intereſſe am Sport, der an Hand des
Pro=
gramms verfolgt wird, welche Fahrer bekannt ſind und welche
Maſchinen, und auf welche „getippt”, wohl auch gewettet wird.
Am Start
ſelbſt das übliche Bild: das leichte oder ſchwere Summen der
Leichtmotoren, das Knattern der ſchweren Maſchinen und das
Donnern der großen Kanonen ſingt ein hohes Lied der Arbeit,
des techniſchen Könnens in die gas= und rauchgeſchwängerte Luft,
das immer wieder erneut gefangen nimmt und in Bann ſchlägt.
Der Start verzögerte ſich — auch das iſt man gewohnt — um
eine halbe Stunde, dann aber gingen Start und Nennen flott
und hemmungslos vonſtatten. Wie üblich ſtarteten zuerſt die
Kleinmotorräder, die übrigens vermöge ihrer größeren
Wendig=
keit überraſchend gut durchkamen, dann die ſchweren, die Touren=
und Rennwagen in einem jeweiligen Abſtande von 2 bzw. 3
Mi=
nuten. Der ſtrömende Regen unterbrach das Rennen nicht einen
Augenblick. — Zwar nicht alle kamen ans Ziel, auch Altmeiſter
Joerns blieb mit einem ſeiner beiden Wagen auf der Strecke, und
manch anderer, auf den ſtarke Hoffnungen geſetzt waren, mit
ihm, aber es wurde auch, wie geſagt, guter Sport geboten, und
bei der Abends erfolgten Bekanntgabe der Sieger im Hotel
„Hohemark” wurden viele Namen ſtürmiſch bejubelt.
Die Einteilung der Klaſſen, die kompliziert war, aber die
Siegesmöglichkeiten und damit den Reiz zur Teilnahme ſtark
er=
höhten, iſt aus der nachſtehenden Liſte zu erſehen:
Die Sieger=Liſte.
Motorräder Klaſſe I bis 150 cbm. Klaſſe 4: 1. Adolf
Mahr auf Cockerell in 13,40½/; 2. G. Klever auf Cockerell. — Klaſſe B:
1. Joſef Klein auf Allright 8,50; 2. Michael Link auf D.K.W.; 3. Franz
Bücker auf F.B.O.
Motorräder Klaſſe II bis 250 ocm: Klaſſe 4: 1. Willi
Stork auf Horex, 9,36; 2. Georg Wünſche auf Horex. — Klaſſe B: 1. Ph.
Karrer auf Horex, 7,07; 2. Walter Götting auf Horex; 3. Paul Koch auf
Horex; 4. Emil Rückert auf Ariell.
Motorräder Klaſſe III bis 350 ccm. Klaſſe B: 1. Joſef
Klein auf Allright, 7.182/s; 2. D. Gehl auf Sunbeam; 3. H. Hörich auf
New Imperial. — Klaſſe 4: 1. Georg Mai auf F.N. in 7,272/: 2. Fritz
Seickel auf Rudge.
Motorräder Klaſſe IV bis 500 com. Klaſſe 4: 1. W.
Eckartsberg auf Sunbeam in 7.167/; 2. Fritz Kappel K.M.B.; 8. Ph.
Kellner auf Norton. — Klaſſe B: 1. Mettenheimer auf Sunbeam, 6.09;
2. Fritz Kleemann auf Horex; 3. Theo Schwartz auf Sarolea; 4. Fritz
Buruker auf Ariel.
Motorräder Klaſſe Vüber 500 ccm. Klaſſe B: 1.
Debo=
wiak auf Derad in 7.10. — Klaſſe 4: 1. Gerh. Becker auf Indian, 8,072/6;
2. Herm. Weichel auf Henderſon.
erberichterſtatter.
Motorräder Klaſſe II mit Seitenwagen, bis 500
ccm. Klaſſe B: 1. Heinz Kruck auf Sarolea in 9,127/; 2. E. Hofmann
auf Engl. Triumpf.
Motorräder Klaſſe VI mit Seitenwagen, über
500 ccm. Klaſſe B: 1. Ludwig Schweitzer auf Harley=Davidſon in 8,552/s.
Wagen. Tourenwagen Klaſſel bis4 St. PS. Klaſſe 4:
1. Paul Schäfer auf Amilkar in 8,222/; 2. Theo Oſterkampf auf Pluto.
Tourenwagen Klaſſe II bis 5 St. PS. Klaſſe B: 1.
Bau=
meiſter auf Wanderer in 6,46½/; 2. Mettenheimer auf Rabag=Bugatti;
3. Eiſenhauer auf Salmſon. — 4: 1. Max Link auf N. S.U., 9,26½/5=
Tourenwagen Klaſſe III bis 6 PS. Klaſſe B: 1. v. Ganz
auf Chiribiri in 6,292/s; 2. Jakob Brendel auf Adler; 3. Arthur Schiel
auf Ley. — Klaſſe 4: 1. Hans Schaede, 6,46½/s; 2. Ludwig Fiſcher auf
Bugatti.
Tourenwagen KlaſſeIVbis 8 St. PS. Klaſſe B: 1.
Klee=
mann auf Bugatti in 6,40; 2. Feldmann auf Dürkopp; 3. Kaeppel auf
Hanſa. — Klaſſe 4: 1. Fiſcher auf Bugatti, 6,41½/; 2. Wucher auf N. S. U.
Tourenwagen Klaſſe Vbis 10 St. PS. Klaſſe B: 1. Huth
auf Preſto in 7,134/s. — Klaſſe 4: 1. Adler auf Benz, 7.,492/s (Albert);
2. Stern Engelhard auf Lanzia; 3. Julius Kauffmann auf Steiger.
Tourenwagen Klaſſe UI bis 16 St. PS. Klaſſe B: 1.
Maier auf Steiger in 6,207/s. — Klaſſe 4: 1. Hans Ludwig auf Opel,
6,30/; 2. Franz Wirichs auf Oakland; 3. Wendel auf N. S.U.
Tourenwagen Klaſſe VII bis 16 PS. Klaſſe B: 1. Jrion
auf Adler in 6,094/; 2. Jörns auf Opel. — Klaſſe 4: 1. Frey auf
Mar=
mon in 7,547/s.
Rennwagen Klaſſe Ibis 1,57 Liter. Klaſſe B: 1. Birk
auf Rabag Buggati in 5,56½/ (ſchnellſte Zeit des Tages); 2. Volz auf
Adler. — Klaſſe 4: 1. Wendel auf N. S.H., 7.094/s.
Nennwagen Klaſſe IIbis 2,62 Liter. Klaſſe B: 1. Cleer
auf Stoewer in 8,022/s.
Wagen mit Compreſſormotoren: 1. Roſenberger auf
Mercedes in 6,262/; 2. Buchholz auf Mercedes.
Erläuterungen der Klaſſeneinteilung: Klaſſe 4:
Fahrer ohne induſtrielles Intereſſe; Klaſſe B: Fahrer mit induſtriellem
Intereſſe.
Die beſte Zeit des Tages, fuhr Birk auf Rabag
Bug=
gati, 5,56½/s (goldene A. D. A. C.=Plakette).
Beſte Zeit für Motorräder: Mettenheimer auf Sunbeam
in 6,09 (Gewinner des Wanderpreiſes der Hupfeld Diele), (Verteidiger
Otto Glöckler.)
Beſte Zeit der Tourenwagen: Irion auf Adler, 6,094/,
(Wanderpreis der Chem. Fabrik M. Jacobi A.=G., (Jkolin), Verteidiger
Fritz Kleemann).
Beſter Privatwagenfahrer: Hans Ludwig auf Opel in
6,30/s (Wanderpreis, geſtiftet von Gaumitgliedern), (Verteidiger: Ewald
Kroth.)
Schließlich ſei bemerkt, daß alle Sieger, mit einer Ausnahme,
M. St.
„Jkolin” verwendeten.
* Mannhrimer Motorradfahren.
sch. Der Mannheimer Motorradfahrerklub hielt am Sonntag
nachmittag auf dem Dreieck Käferthal—Waldhof ſein 4. Motorrad=
Dreieckrennen ab. Die Veranſtaltung, die bei prächtigem Wetter
vor ſich ging, war von zahlreichen ſportlich Intereſſierten beſucht.
Die einzelnen Fahrer bewieſen bei der über 15 Runden zu je
5 Kilometer gehenden Strecke große Fahrtechnik, beſonders der
Mannheimer Fahrer Islinger. Dieſer zeigte ſich von ſeiner beſten
Seite, konnte aber nicht als Sieger aus einem der beiden
Wett=
kämpfe hervorgehen, da er trotz eines gewaltigen Vorſprunges
kurz vor Abſolvierung der letzten Runde durch Motordefekt aus
dem Rennen ausſcheiden mußte. Das erſte Rennen mußte wegen
zu zahlreicher Beteiligung in zwei Abteilungen gefahren werden.
Ergebniſſe. 1. bis 350 ccm, 15 Nunden — 75 Kilometer:
1. Rudolf Reich=München (B.M.W.) 52,05. 2. G. Winter=
Lichten=
ſtein (Wanderer) 54,10. 3. Scherer (N. S.11.) 59,35. — 2. bis
350 ccm mit Seitenwagen, 10 Nunden — 50 Km.: 1. A.
Korn=
mann=Karlsruhe (Wanderer) 42,28. 2. E. Göhler=Karlsruhe
(Mars) 47,25. 3. Rübin=Düſſeldorf (Harley=Davidſon) 52,14.
Motorradrennen in Düſſeldorf.
Preis der Stadt Düſſeldorf: 30 Kilometer, bis 350 ccm:
1. Schuhmacher=Hagen (Imperia) 17,25. 2. Beckes=Hagen (Aif)
3500 Meter zurück.
Herbſtpreis: 25 Kilometer, bis 350 ccm: 1. Müller=Düſſeldorf
(O.K.) 15,57.
Preis der Nationen: Endlauf über 4 Kilometer: 1. Müller=
Düſſeldorf (N. S.U.) 2,18. 2. Buſſard=Paris (Motoſacoche) 130
Meter zurück.
Leichtathletik.
Siebert=Verlin deutſcher Meiſter im Gehen.
Die deutſche Meiſterſchaft im Gehen über 50 Kilometer
ge=
langte am Sonntag in München zum Austrag. Elf Teilnehmer
ſtellten ſich zum Start, darunter der vorjährige Meiſter Köhler=
Berlin, der aber bei 19 Kilometer aufgab. Als Sieger ging der
Neuköllner Siebert in 4:36:55 hervor; dabei iſt zu berückſichtigen,
daß die Strecke etwas länger als 50 Kilometer iſt. Die bei genau
50 Kilometer abgeſtoppte Zeit iſt 4:34:03. Sie ſtellt einen neuen
Weltrekord dar. Zweiter wurde Born=Berlin, Dritter Groiß=
Landshut.
Hockey.
Frankfurter Turnverein von 1860 1.—Darmſtädter Hockeyklub
Hockcy=Abtlg. des Schwimmklubs Jung=Deutſchland) 1. 2:2 (1:0).
Als weiteren Gegner hatte ſich der D. H. C. ſeinen alten
Frankfurter Rivalen verpflichtet. Turnverein hat, wie
Darm=
ſtadt, mehrere neue Spieler in der 1. Mannſchaft. D. H. C. mußte
wegen Abſage des Mittelläufers eine Umſtellung vornehmen
und Erſatz einſtellen. Das Treffen ſtand nicht auf der ſportlichen
Höhe der früheren heißen Kämpfe, die ſich die alten Gegner ſtets
geliefert haben. Turnverein, deſſen Läuferreihe hervorragend
ar=
beitet, kann das Spiel leicht überlegen geſtalten. Doch der Sturm
kommt gegen die in guter Form ſpielende Darmſtädter
Hinter=
mannſchaſt nicht auf. Nach wechſelnden Angriffen erzielt
Turn=
verein kurz vor der Pauſe aus einem Gedränge ein Tor. Dann
muß der rechte Verteidiger Darmſtadts wegen Verletzung
aus=
ſcheiden und D. H. C. geht mit 10 Mann in die zweite
Spiel=
hälfte. Vorerſt noch das alte Lied. D. H. C. mit nur 4
Stür=
mern geht wiederholt zum Angriff vor, doch hält die
Hintermann=
ſchaft des Gegners gut auf. Aus einer Ecke erzielt Frankfurt
Nr. 2. Die letzten 10 Minuten ſehen Darmſtadt in prachtvollem
Endſpurt. Die gegneriſchen Läufer fallen dem Tempo zum
Opfer. In raſendem Lauf zieht der Sturm in den Frankfurter
Schußkreis. Kiſſel, des D. H. C. Rechtsaußen, gibt prächtige
Flanken. Bald ſitzt das erſte Tor und 2 Minuten vor Schluß
das zweite im Frankfurter Kaſten. Beidemal iſt Kemmer der
glückliche Schütze.
Frankfurter T. V. 60 — Darmſtädter Hockeyklub 2:2.
T. V. 60 Frankfurt 1b — S.V. Homburg 4:0.
T. V. 60 Frankf. Jg.=Mannſch. — T. Geſ. Sachſenhauſ. 8:0.
T. V. 60 Frankf. Damen — Union Niederrad Damen 1:5.
Fußball.
Sportverein 98 Darmſtadt — V.f.R. Neckarau, 0:2 (0:0.)
Entgegen unſerer Vorausſage konnte Sportverein den Vorteil des.
eigenen Platzes nicht ausmtzen, und verlor ſein erſtes Verbandsſpiel.
Ein ſchlechter Auftakt der nunmehr begonnenen Spielſerie. Um es
vor=
weg zu ſagen, Sportverein verlor unverdient, d. h. gemeſſen an den
ge=
zeigten Leiſtungen im Felde und an den beiderſeits herausgearbeiteten
Torgelegenheiten. Denn dieſen nach hätte Sportverein überlegen
ge=
winnen müſſen. Der Sturm verlor das Spiel, nachdem die geſamte
Hintermannſchaft, mit Ausnahme von Ellenbeck, ſeit Wochen wieder mal
voll auf ter Höhe war. Was dieſer in der erſten Halbzeit an
Torgelegen=
heiten ungenutzt vorübergehen ließ, iſt geradezu unglaublich. Darmſtadt
hätte das Spiel bis zur Pauſe unbedingt ſchon zu ſeinen Gunſten
ent=
ſchieden haben müſſen. Von dem Geiſt und dem einheitlichen Willen vom
vergangenen Sonntag war geſtern verflucht wenig zu ſehen. Die beſten
Leute bei Sportverein dürften wohl Laumann und Jakoby geweſen ſein.
Warum wurde letzterer von Bärenz ſo wenig mit Bällen verſehen? Die
Läufer konnten vollauf genügen, jeder einzelne ſchaffte unmenſchlich,
nur war die Ueberſicht und das Zuſpiel des Mittelläufers nicht auf
glei=
cher, ſonſt gezeigter Höhe. Der Sturm ſpielte größtenteils zerfahren
und hing dadurch, daß er ſich nicht bequemte, auch mal zurückzugehen
und den oftmals überlaſteten Läufern ihr Handwerk zu erleichtern, in
der Luft. Wie geſagt, Jakoby ſehr gut, die übrigen reichten an ihre
letzt=
ſonntäglichen Leiſtungen nicht im Entfernteſten heran. Der Torwart ein
Kapitel für ſich. Man ſollte nicht glauben, daß ein Menſch mit ſolcher
Spielerfahrung derart aufgeregt und unſicher ſein könnte. In dieſem
Punkte konnte er von ſeinem Gegenüber viel lernen, tenn das war die
Ruhe ſelber. Im übrigen ſtellte Neckarau eine gleichmäßig durchgebildete
Mannſchaft, wobei keiner gerade Ueberragendes, zeigte, ſich aber gut in
das Mannſchaftsganze einfügte.
Wenige Minuten nach halb 4 Uhr pfeift der Unparteiiſche, Herr
Sauer von Saarbrücken, der ſehr gut gefallen konnte, das Spiel an.
Sportverein wählt Wind und Sonne im Rücken, Neckarau hat Anſtoß.
Dieſer wird abgefangen und ſofort wandert der Ball ausſichtsvoll vors
gegneriſche Tor, doch Takaſch verdirbt die ſchöne Gelegenheit durch
Ab=
ſeits. Angriff auf Angriff wird eingeleitet, in der 7. Minute gibt Takaſch
an Müllmerſtadt, dieſer wieder an Jakoby, deſſen ſcharfer Schuß zur
Ecke geleitet wird, die nichts einbringt. Kurz darauf wehrt der
Ver=
teidiger zur zweiten Ecke für Darmſtadt, der Ball wird nach kurzem
Geplänkel weit ins Feld befördert. Neckarau iſt auch nicht müßig und
zieht wiederholt ſchön vor. Ellenbeck wehrt aus kritiſcher Situation ſehr
ſchön, kurz darauf kann Fiſcher nur noch zur Ecke lenken, die, gut
her=
eingegeben, nebengeſchoſſen wird. Auf und ab wandert der Ball, aber
immer iſt Darmſtadt die mehr im Angriff liegende Partei. In der 24.
Minute verſiebt Becker eine ſelten günſtige Gelegenheit, frei vorm Tor
ſchießt er daneben. Kurz darauf rettet Ruppel auf der entgegengeſetzten
Seite wunderbar. In der 27. Minute erzwingt Takaſch die dritte Ecke, die
mit Lattenſtreifſchuß von Jakoby erledigt iſt. Blitzſchnell ändern ſich die
Bilder. Eben noch ſetzt Neckarau einen von Ellenbeck ſchlecht
abgewehr=
ten toten Ball daneben, als auch ſchon Müllmerſtadt eine nie
wiederkeh=
rende totſichere Sache ausläßt. Kurz vor der Pauſe verpaßt Neckarau
noch eine Gelegenheit, die ſie hier ſchon in Führung hätte bringen
kön=
nen. — Gleich nach Wiederanſtoß verhilft Laumann den Gäſten zur
zweiten Ecke, die hinterm Tor endet. Neckarau greift mächtig an und
nimmt nun ſeinerſeits das Heft in die Hand. Angriff auf Angriff rollt
gegen das einheimiſche Heiligtum. Ellenbeck läßt einen Ball durch die
Hände zur dritten Ecke im Aus, dieſe wird abgelöſt durch die vierte, die
Ellenbeck klärt. In der Folge verderben ſich beide Mannſchaften durch
Abſeits vieles. In der 15. Minute verhilft Ellenbeck den Gäſten zur
fünften Ecke, er ſcheint hierbei geſchlafen zu haben. Auf der anderen
Seite erzwingt Takaſch die vierte Ecke, dieſe wird abgewehrt, der
Nach=
ſchuß von Jakoby geht hinter das Tor. Wiederum ſchafft Takaſch den
Ball vor; ſeine Flanke wird von Müllmerſtadt mit Kopf abgefaßt, doch
Brücker hält ſicher. In der 28. Minute kommt Neckarau zum erſten
Erfolg, den Ellenbeck unbedingt hätte verhindern müſſen. Auch Stephan
war nicht ohne Schuld. Neckarau erzielt noch ſeine ſechſte und ſiebente
Ecke. Darmſtadt ſeine fünfte und letzte, die alle drei reſultatlos
verlau=
fen. Kurz vor Schſuß erhöht Neckarau die Torzahl durch raffinierten
Schuß auf 2 und ſtellt ſomit ſeinen Sieg ſicher. Ein kurzes Aufflackern
der Sportvereinler, doch nicht mal der Ehrentreffer iſt ihnen vergönnt.
Weitere Reſultate:
Junioren—1. Michelſtadt, 4:1.
3. Mannſchaft—3. Union, 3:3.
Fußballklub Union e. V., Darmſtadt.
1. F.C. Union—1. F.C. Germania=Eberſtadt 5:2,
Halbzeit 2:1, Eckenverhältnis 8:3.
Unter der Anweſenheit einer ſehr anſehnlichen
Zuſchauer=
menge entledigte ſich Union ſeiner beſtehenden Rückſp
elderpflich=
tung in Eberſtadt. Das Vorſpiel konnte Union nur mit 3:2 für
ſich entſcheiden. Das Rückſpiel jedoch erwies klar, daß die Union=
Elf die techniſch beſſere Mannſchaft war. Obwohl Germania=
Eberſtadt ihr Glück auch in der Mannſchaftsumſtellung verſuchte,
ſtand beſonders die 2. Halbzeit ganz unter dem Zeichen einer
ſicht=
lichen Ueberlegenheit Unions, inſofern, als Eberſtadt zumciſt in
ſeine eigene Hälfte zurückgedrängt war. Das Spiel nahm unter
der ausgezeichneten Leitung des Herrn Schuchmann von
Weiter=
ſtadt einen ſchönen und einwandfreien Verlauf und kennzeichnet
die Spielſtärke beider Mannſchaften. Bei Germania=Eberſtadt
fehlte jedes Zuſammenſpiel, was wohl darauf zurückzuführen ſein
dürfte, daß die ſicher arbeitende Verteidigung als auch das
Zu=
ſammenſpiel der Geſamtmannſchaft Unions deprimierend auf ſie
wirkte. Bei den erdenklichſten Anſtrengungen war es Eberſtadt
unmöglich, gegen die Spielweiſe Unions aufzukommen. Union
bewies heute ſehr gutes Können, und nur dem iſt der
einwand=
freie Sieg zuzuſchreiben. Es zeigte ſich wieder klar, daß die Union=
Mannſchaft ſehr guten Fußball ſpielen kann. Den Einzelnen
her=
vorzuheben, wäre verfehlt, der Mannſchaft muß ein Geſamtlob
ausgeſprochen werden. Sie ließ heute die erforderliche
Durch=
ſchlagskraft im Sturme nicht vermiſſen. Möge der Mannſchaft
dieſes Treffen ein Anſporn ſein für die Verbandsſpiele, dann
wird das zu erſtrebende Ziel ſicher erreicht werden.
1b.=Mannſchaft Union—2. Germania 5:1.
Hier darf geſagt werden, daß die 2. Mannſchaft von
Ger=
mania=Eberſtadt gut tut, wenn ſie ihr Augenmerk etwas mehr
auf ihre ſportliche Diſziplin und ihre Spielweiſe legt, als gerade
auf die Entſcheidungen des amtierenden Schiedsrichters. Es iſt
nicht gerade rühmlich, daß man die gerechten Entſcheidungen eines
Schiedsrichters zu bekritiſieren ſucht, wenn man dadurch ſich als
Sportsmann und ſeinen Verein ſchädigt. Die betreffende =
Mann=
ſchaft darf ſich alsdann nicht wundern, wenn der Schiedsrichter
Unſportlichkeiten durch Herausſtellen von Spielern unterbindet.
Auch in dieſem Treffen erwies ſich bei der Union=Mannſchaft das
beſſere Zuſammenſpiel als ausſchlaggebend. Der Sieg war
ver=
dient und entſpricht dem Spielverlauf.
2. Mannſchaft Union—3. Mannſchaft
Sport=
verein Darmſtadt 3: 3.
Die Spielſtärke beider Mannſchaften war ziemlich
ausgegli=
chen und wurden beiderſeits ſehr anſprechende Leiſtungen gezeigt.
Alles in allem kann Union mit den Erfolgen des geſtrigen
Sonntags zufrieden ſein, und den Verbandsſpielen mit ruhiger
Erwartung entgegenſehen.
Seite G.
Montag, den 6. Oktaber 1924.
Rutiner 278.
B. . N. Durmſachk-Anſelit 0a Biernhein 234 4.1.
V. f. R. zeigte nicht die von ihm erwartete Leiſtung, ſondern
ſpielte ohne Eifer und Ehrgeiz, ſodaß Amieitia 09, durch ihre
Energie und Siegeswillen den techniſch reiferen Geguer ſchlagen
konnte. Nachdem V. f. R. durch einen Prachtſchuß von Müller in
Schluß der 1. Halbzeit im Anſchluß an einen Eckbaul aus. Ein
Durchbruch bringt in der 2. Halbzeit die Führung für Viernheim;
2:2. Durch Elfmeter und einen ſchönen Schuß des Rechtsaußen
entſcheidet Viernheim das Spiel zu ſeinen Gunſten. Bei V. f. R. Schwimmfeſtes, das am Samstag abend und am Sonntag nach=
Schlußpfiff kämpfte, es aber allein, nicht ſchaffen konnte. Der len, wohlverdienten Erfolg für den Schwimmklub
Jungdeutſch=
über der andauernd reklamierenden Viernheimer Mannſchaft deutſchland ſelbſt konnte, von Berges ganz abgeſehen, eine
ſtatt=
hätte bedeutend beſtimmter und energiſcher ſein müſſen.
Toren Sieger.
Bezirksliga.
V. f. R. 01 — Kickers Offenbach 0:2.
Hanau 93 — Union Niederrad 5:1.
S.C. Bürgel — Helvetia Bürgel 2:0.
S.V. Frankfurt — Eintracht Frankfurt 3:0.
Kreisliga.
Nordmainkreis: Germania 94 — F. C. Oberurſel 4:1.
Sp.=Fr. Frankfurt — Olympia Frankfurt 1:0.
Heddernheim — S.V. Bergen 1:0.
F.C. Homburg — F.C. Rödelheim 1:5.
Fechenheim — Eckenheim 0:2.
Oſtmainkreis: Viktoria Aſchaffenburg — Sp.=Gem. Damm 8:0. daß wohlmeinende Zuſchauer ihm ſchon einen Nettungsring an=
S.V. Damm — Kickers Aſchaffenburg 4:0.
Hauau 20 — Viktoria Hanau 1:1.
Niederrodenheim — Großauheim 0:1.
Viktoria Kahl — Sp. 60 Hanau 0:1.
Klein=Steinheim — Rühla 0:1.
Südmainkreis: Germanja Bieber — T.V. Iſenburg 4:0.
Wirhauſen — Kickers Mühlheim 4:3.
Odenwald: Feudenheim — 03 Ludwigshafen 2:0.
Vorwärts Mannheim — Phönix Mannheim 0:2.
V.f.B. Heidelberg — Germania Friedrichsfeld 3:3.
Mannheim 07 — Hertha Mannheim 5:2.
Schwetzingen — V.f.B. Waldhof 4:3.
Viktoria Neckarhauſen — Plankſtadt 1:1.
Ludwigshafen 04 — V.f.R. Frieſenheim 1:0.
Bahern: Nürnberger F.C. — Sp.=Vag. Fürth 3:0.
60 München — Teutonia München 4:0.
Bayern München — Wacker München 1:6.
Schwaben Ulm — Nürnberger F.V. 0:1.
F.C. Fürth — Bahern Nürnberg 3:1.
Bamberg — F.V. Würzburg 1:1.
Bayern Kitzingen — Kickers Würzburg 2:1.
Regensburg — F.C. Bayreuth 2:2.
Jahn Regensburg — Bayern Hof 1:0.
Württemberg=Baden: F.C. Pforzheim — Kickers Stuttgart 2:2, beliebig. Beim Seniorſpringen (Fußhechtſprung, Kopfhechtſprung
V.f. B. Stuttgart — S.C. Freiburg 2:2.
V.C. Mühlburg — V.C. Freiburg 1:0 (1)
Vf.B. Feuerbach — V.fB. Ludwigsburg 2:1.
S.V. Baden=Baden — F.C. Bühl 2:1.
V.C. Offenburg — S.=Vgg. Freiburg 2:0.
Rheinheſſen=Saar: V. f. R. Mannheim — Waldhof 5:1.
Phönir Ludwigshafen — Pirmaſens 7:2.
Stier 05 — S.V. Wiesbaden 3,0.
Wormatia Worms — F.V. Saarbrücken 1:1.
Pferdeſport.
* Rennen zu Frankfurt a. M.
(Eigener Bericht.)
rung der Dietrich=Gobiet=Flugzeuge eröffnet, die an dem ſchönen ſeien, da könne die Arbeit recht geleiſtet werden. Er ſchloß mit
Herbſttag einen guten Eindruck durch ihre bekannten vorzüglichen einem dreifachen „Gut Naß” auf den Deutſchen Schwimmver=
Leiſtungen machten. Der Beſuch war zahlreich, der Sport inter= band. — Bei der Damen=beliebig 3 mal 50 Meter=Staffel gelang
eſſant und ſpannend.
Die beiden Ereigniſſe, die klaſſiſchen Rennen der Oktober= derpreis im harten Endkampf endgültig in ihren Beſitz zu
brin=
tage, fielen, wie gewohnt, an den Stall Weinberg. Im Wäld= gen. Der Preis, urſprünglich von der Gattin des Statthalters
ches=Rennen, der großen Steherprüfung, ſtellten ſich Palamedes Fürſten Wedel für den Straßburger Schwimmperein
Ar=
vier nicht allzu ſtarke Gegner. Den größten Teil, des Weges gentoratum geſtiftet, kam nach deſſen Auflöſung in den Beſitz von
hinten lag. Taugenichts war in der Geraden erledigt und Pala= heute endgültig gewonnen. Unter atemloſer Spannung gelang
medes zog als leichter Sieger vor Le Gerfaut nach Hauſe.
Im Oktober=Rennen für Zweijährige blieb Grabitas noch verſuch erfolgreich zu beenden und den ebenfalls von
Heinrich=
viel leichter Siegerin. Zuerſt führte Opels Orma, dann ging Leipzig mit 26,8 für 200 Meter beliebig gehaltenen deutſchen Re=
Otto Schmidt an die Spitze und ſiegte mit großer Ueberlegen= kord auf 26,/4 herunterzudrücken. Bei dieſem 102. Sieg von
heit. Ebenſo ſicher hielt Orma den zweiten Platz gegen den Reſt. Berges kannte der Beifall und die Freude keine Grenzen.
Hoffent=
der weiter keine Nolle ſpielte.
Die übrigen Rennen brachten, nichts Aufregendes. Das
Herbſt=Jagdrennen bot mit ſeinen 10 Startern ein ſchönes Bild, dieſem Jahre, wie er mir ſagte, wahrſcheinlich nur noch im
No=
doch ſcheiterten unterwegs 4 Pferde durch Stürze oder Ausbruch, vember in Saarbrücken ſtarten. Das 100 Meter=Bruſtſchwimmen
Kontrahent gewann ſchließlich mit kaum zu beſchreibender
Ueber=
legenheit. Die wie meiſt etwas zu ſpät kommende Ehrentraut über 50 Meter. Im II. beliebig 50 Meter lieferten ſich
Gün=
konnte es nur zu einem mäßigen zweiten Platz bringen.
Die beiden letzten Nennen klangen in ſcharfen Endkampf
velem nach hartem Kampfe mit einem kurzen Kopf, während im letzten Schwimmen, Nr. 18, traten Jungdeutſchland und
Abſchiedsausgleich Aida den Schlußangriff der Opelſchen Fonta= Noenus=Offenbach in der 10 mal 50 Meter=Staffel mit je
mora nur mit einem kurzen Hals gewinnen konnte. Beide Siege 10 guten Kräften an. Schien der Ausgang zuerſt zweifelhaft, ſo
bedeuteten eine Ueberraſchung und brachten die höchſten Quoten
des Tages.
Ergebniſſe:
(Ehrenpr. u. 2000, 400, 200 100). Für 2jährige inländiſche Pferde,
die kein Nennen von 3000 Mk. gewonnen haben. 1200 Meter; und ſportlich ſo ergiebigen Tag, dem im Perkeo noch die Preis=
1. Lt. M. Gerteis Champagner (M. Seiffert), 2. Edelreis, 3.
Am=
neris. Ferner liefen: Münchener Kindl, Joceta, Libuſſa. Tot.:; mitten einer begeiſterten Sportgemeinde ſo intereſſante und ge=
35: 11, 11.
(Ehrenpr. u. 2000, 400, 200, 100). Für 4jährige und ältere Pferde, einen Markſtein ſich ſetzen konnte, nur mit einem leiſen Bedauern,
aller Länder, die 1924 kein Rennen, von 5000 Mk. gewonnen, daß nun im Schwimmſport die Winterpauſe allmählich eintritt.
haben. 3600 Meter: 1. E. S. Fürſtenbergs Kontrahent (Lüders), und noch etwas, einen oder vielmehr eine habe ich heute nach=
2. Ehrentraut, 3. Orakel. Ferner liefen: Gianutri, Donna,
Main=
berg Diego, Chere cherie, Malaviſta, Silberthaler. Tot.: 23;
14, 13, 23.
1000). Für Zjährige und ältere Pferde aller Länder. 3000 Meter:
1. N. u. C. v. Weinbergs Palamedes (O. Schmidt), 2. Le
Ger=
faut, 3. Taugenichts. Ferner liefen: Araucaria, Kirchbach. Tot.:
16: 10, 10.
4. Oktoberpreis. Ehrenpreis und 10000 Mk. (
Ehren=
preis-u. 7000, 2000, 1000). Für 2jährige Hengſte und Stuten aller land 1:32,6, 2. Düſſeldorf 09 1.:34,2.
Länder. 1400 Meter: 1. A. u. C. v. Weinbergs Gravitas (O.
Schmidt), 2. Orma, 3. Canio. Ferner liefen: Vignette, Allotrig, land, geht allein über die Bahn in Hilnt. Neuer deutſcher
Mardonius, La Pgludiere. Tot.: 12: 12, 13, 17.
5. Grüneburg=Jagdrennen. Ehrenpreis und 3200
Pferde aller Länder, 4500 Meter: 1. H. Wertheimers Snob 1:31,6, 3. N. Häußler (Mainz 01) 1:34.
(CEichhorn), 2. Gyere velem, 3. Trapper. Ferner lief: Tippel.
t.: 94: 34, 23.
(Ehrenpr. u. 2000, 400, 200, 100). Für Zjährige und ältere Pferde 1:38.7, 2. S. Müller (EF.S. C.) 1:42.
aller Länder, die 1924 kein Nennen, von 5000 Mk. gewonnen
Schwimmfeſt
Tührung gegangen war, gleicht Viernheim eine halbe Minute vor 0eg Paſmſtadier Scwimmtidos Jungdeutſcniand.
8. Damenjugendbruſt 100 Meter: 1. E. Backhof (
Moe=
der V. f. R.=Mittelläufer erzielt durch Strafſtoß den Ausgleich, Berges ſiellt zwei neue deutſche Rekorde auf. nus=Offenbach) 1:37, 2. S. Großmann (Rheingold=Köln) 1:41,6, 3. M.
belle, Dagobert.
Um es vorwegzunehmen, der Verlauf des verbandsoffenen
konnten nur gefallen in der Läuferreihe Mayer und Weicker und, mittag im Hallenſchwimmbad vor ſich ging, bildet in jeder Be= 1:141, 2. A. Woltersdorf (Frankfurter S.V.) 1:15, 3. WV. Seib (
Frank=
im Sturm, der Halbrechte Müller, der unermüdlich bis züt ziehung, in organiſatoriſcher wie in ſportlicher Hinſicht, einen vol= furter SV.) und G. Watrin (Mainz 01) beide 1.152.
Schiedsrichter zeigte eine ſchwache Leiſtung, ſein Auftreten gegen= land. Es gab höchſt ſpannende Wettkämpfe zu ſehen und Jung= deutſchland Darmſtadt) 1:35,3, 2. T. Arndt (S.V. Gießen) 1:41.
liche Reihe neuer, ſchöner Siege erzielen. Der Umſtand, daß ſeit Darmſtadt) 1:06.1, 2. E. Gropper (S.V. Augsburg) 1:068.
Vor dem Spiel der Ligamannſchaften trafen ſich die 1. Jus dem letzten großen Schwimmfeſt im Woog, amn 12,/13. Juli, nun
gendmannſchaften, von Bayern=Kitzingen und V. f. N.= ſchon eine länger Zeitſpanne verfloſſen iſt und daß, wenn man 2. W. Janſen (üſſeldorf 00) 1:104, 3. H. Lieret GBahern=Nürnberg)
Darmſtadt. Trotz mäßiger Leiſtungen, blieb L. f. N. mit 3,0 das vollstümliche Schwimmfeſt, das zum Beſten des Noten Kreu= in 1 Min. 108 Sek.
L.W. zes am 11. Oktober vor ſich gehen ſoll, außer Betracht läßt, eine
Schwimmbad am Samstag voll beſetzt war. Am Sonntag
nach=
hatten bei dem prächtigen Ausflugswetter doch manche Sports= (Sanitas=Abeydt) 17859.
freunde den Weg ins Freie vorgezogen. Die Vielen aber, die trotz
gekommen waren, hatten dies wahrlich nicht zu bereuen. Ein 2. D. S. C. Jungdeutſchland, 1. Mannſchaft, 3:01.2. (Erſter
durchweg fairer, intereſſanter und hochwertiger Sport wurde ge= Frankfurter S.C. ging vorher wegen früherer Abfahrt in 3:10 allein
boten. Nur in einem Falle hatte ſich bei einem Jugendſchwimmen über die Bahn)
ein junger Sportfreund in die Bahn gewagt, der beſſer noch
draußen geblieben wäre; er ſchwamm jedenfalls ſo eigenartig, Köln nicht erſcheinen konnte).
boten. Faſt alle 33 angekündigten Vereine waren erſchienen, und
ſo gab es auf der wohlbeſetzten Startliſte verhältnismäßig wenig
Ausfälle. Für das nötige Naß außerhalb des Baſſins war auch deutſchland 3:37.9 (Mannſchaft: Schmuck, Orlemann, Gils), 2.
reichlich geſorgt, wenigſtens am Start und in der Berichterſtatter= Moenus=Offenbach 3:43,6.
ecke gab es einige ordentliche Taufen, wenn die Schwimmer im
hohen Bogen in die Flut tauchten, daß der Schaum nur ſo auf= Gießen) 1:36.9, 2. F. Heinrich (Rheingold=Köln) 1:41.6.
ſpritzte. Die Senſation des erſten Tages, an dem, wie auch am
zweiten Tage die vor einigen Tagen in der Preſſe erſchienenen SV. 1. Mannſchaft 3:45, 2. Erſter Frankfurter SG. 3:59,4.
Vorausſagen über die Sieger ſich als im allgemeinen zutreffend
War auch Vierkötter=Köln, aus beruflichen Gründen leider am
Kommen verhindert, ſo gelang es Berges, wie im Stillen erhofft,
5:17,4, alſo beinahe um 10 Sekunden, zu drücken. War ſchon der
Beifall und das anfeuernde Toben, als das Gelingen des
Ne=
kordverſuchs bereits ſicher erſchien, gewaltig, ſo wollte, als das
erſehnte Reſultat ſofort verkündigt wurde, der Jubel ſich gar nicht
legen. In der II. Lagenſtaffel mußte leider außer Nickar auch land 1:58,8. (Nickar war beim Wenden hängen geblieben und ging
Jungdeutſchland, das in Front lag, wegen Formfehler
beim Wenden diſtanziert werden. Hatte Berges beim
Aufſtel=
len des 400 Meter=Rekords ſeinen 100. Sieg verzeichnen können,
ſo folgte ſchnell der 101. Sieg gegen Gropper im 100 Meter
in zwei Ausführung und Salto), dem ſich ein ausgedehntes
Kür=
ſpringen anſchloß, zeichnete ſich durch ſchöne, ſichere Sprünge
Laun von Jungdeutſchland aus. Bei der Damenlagenſtaffel,
bei der es gilt, einen Ehrenwanderpreis dreimal zu gewinnen,
gab es einen harten Kampf zwiſchen Rheingold=Köln und deutſchlaud 2:23, 2. Moenus=Offenbach 2:28,2.
Jungdeutſchland. Knapp konnte Köln, das auch 1923
Sieger war, gewinnen. Nr. 16 des Programms mußte ausfallen
— Bel. Staffel 100, 200, 300 Meter —, da Poſeidon=Köln nicht (Waſſerfreunde München=Gladbach( 1:98.1.
kommen konnte. Beim Damenbruſtſchwimmen über 100 Meter
Bezirksliga: Doruſſia Neunkirchen — Sp.=Geſ. Höchſt 5:0. konnte Fräulein Arndt=Gießen, deren Können ſich in letzter
Zeit ſehr entwickelt hat und die bekanntlich in der deutſchen
Bruſt=
meiſterſchaft Zweite wurde, einen glatten Sieg davontragen.
Am Sonntag nachmittag begrüßte Dr. Friedrich der 1. Vor= 30:3, 3. L, Weiß (Bahern=Nürnberg) 30:6.
ſitzenge von Jungdeutſchland, die Gäſte. Als die Hauptaufgabe
von Jungdeutſchland bezeichnete er das Beſtreben, die Jugend zu
tüchtigen, echten deutſchen Männern in vornehmer Ritterlichkeit
und Kameradſchaft zu erziehen, und bat um Beitritt und Werbe=
Der letzte Frankfurter Renntag wurde durch eine Vorfüh= tätigkeit für den Schwimmſportgedanken. Wo viele Hände tätig 1:14, 2. 9. Orlemann (Gungderutſchland) 1:14,6.
es der Mannſchaft von Jungdeutſchland, den
Ehrenwan=
führte Taugenichts vor Palamedes, während Le Gerfaut meiſt Jungdeutſchland, und wurde von dieſem 1922, dann 1923 und mer, Kalbfleiſch, Sack, Orlemann, Ihrig, Gils und Berges), 2.
Moenus=
es Berges, im Kampf gegen Gropper, auch den zweiten
Rekord=
lich wird man Berges, der ſich zurzeit in glänzender Form
be=
findet, nicht durch viele Starts überanſtrengen; er wird ja in
wurde eine ſichere Beute von Fauſt, dem deutſchen Rekordmann
ther=Gelſenkirchen und Fanſen=Düſſeldorf einen harten,
aus. Im Grüneburgsſagdrennen ſchlug Snob den alten Gyere ſpannenden Lampf, der dann auch unentſchieber endete. Iiu dem übung und einer jelbſtgewählten Neulen= oder Stabibung, ſtat.
holten die Darmſtädter langſam, aber ſicher und unaufhaftſam
immer mehr Terrgin auf, und Berges als Darmſtädter Schluß=
Offenbach an der Zielſtange. Ein Waſſerballſpiel einer Mann=
1. Jugend=Ausgleich. Ehrenpreis und 2700 Mk. ſchaft von Jungdeutſchland, unter der auch Berges ſrielte,
gegen eine zuſammengeſtellte Mannſchaft beſchloß den ſchönen
verteilung folgte. Wir ſchieden von der Stätte, an der wir
in=
nußreiche Stunden verlebt hatten, mit herzlichem Dank für Jung=
2. Herbſt=Jagdrennen. Ehrenpreis und 2700 Mk. deutſchland, das in der Epoche eines ſtolzen Aufſtiegs wieder 1. Vorſitzenden, Turner Lehmann wechſelten in unter Reihe
Vor=
mittag vermißt: unſer Bienche, die am Schluß ihres geſtrigen
Poſtſchkribbdumm doch angekündigt hatte, daß ſie mit ihrem
Neh=
zWäldches=Nennen. Preiſe 10 000 Mk. (7000, 2000, beidel Wache im Schwimmhad ſtehen wolte! Sie war nirgends übungen, Vollsreigen und stänze ſowie Stabwindübungen. Die
es ging alles glatte wie am Schnürchen und nicht der kleinſte
Un=
fall iſt paſſiert. — Nachſtehend die genauen Ergebniſſe:
Die Ergebniſſe des Samstags:
Rekord.)
Mark (Ehrenpr. u. 2500, 400, 200, 100). Für 4jährige und ältere Karlsruhe) 1:29, 2. F. Tegethoff (Waſſerfreunde, München=Gladbach) Kundgebung ſtehend, ſprach er über deutſchen Geiſt, „Turnergeiſt”
4. I. Seite 100 Meter: 1. 6. Kinzius=Eſſen 06 in 1:17.2.
6. Abſchieds=Ausgleich. Ehrenpreis und 2700 Mk. 6. I. Damen=Bruſt 100 Meter: 1. T. Arndt (S.V. Gießen)
lahen, 2000 Meter: 1. A. Weber=Nonnenhofs Aida (M. Seiffert), 2:23, 2. Moenus Offenbach 2:26.2; (Nickar=Heidelberg und D. S. C. anſtaltung, auf die die Turngeſellſchaft Darmſtadt mit berechtig=
2 Jontamora, 3. Südwind. Ferner liefen: Nain Nain, Noche= Jungdeutſchland, letzterer beſte Zeit, beide diſtanziert wegen tem Stolz zurückblicken kann.
Formfehler).
Heinzelmann (Schvaben=Stuttgart) 1:42,5.
9. Jugendbel. 100 Meter: 1. H. Bühler (Frankfurt S.V.)
10. I. Damen bel. 100 Meter: 1. L. Keller (Jung=
11. I. bel. 100 Meter: 1. F. Berges (Jungdeutſchland
12. II. bel. 100 Meter: 1. H. Fauſt (SV. Göppingen) 1:10,
13. II. Seniorſpringen: 1. W. Sailer, Amateur,
Stutt=
größere ſchwimmſportliche Veranſtaltung dieſes Jahr in Darm= gart, 39 Punkte; 2. G. Laun, Jungdeutſchland Darmſtadt, 381, P.;
ſtadt nicht mehr, ſtattfinden wird, hat wohl bewirkt, daß das 3. W. Herbert, Mainz 01, und H. Blicker, Poſeidon=Köln, je 362/9 P.
14. II. Bruſt 100 Meter: 1. L. Weiß Bayern=Nürnberg)
mittag, an dem auch die Großherzogliche Familie erſchienen war, 1:242, 2. K. Wochele (Schwaben=Frankfurt) 1:25.1, 3. N. Dorfmüller
15. I. Damen=Lagenſtaffel, 4850 Meter,
Ehrenwander=
der Ueberſättigung mit ſportlichen und anderen Veranſtaltungen, preis, dreimal ohne Reihenfolge zu gewinnen: 1. Nheingold=Köln 2:38,6,
16. I. Bel. Staffel, 100, 200, 300 Meter (fiel aus, da Poſeidon=
Die Ergebniſſe des Sonntags.
1. II. Bel. Staffel, 3X100 Meter: 1. D. S. C. Jung=
2. I. Damen=Rücken 100 Meter: 1. T. Arndt (S.C.
3. Jugend bel. Staffel, 3X100 Meter: 1. Frankfurter
4. Damenjugend, bel. 50 Meter: 1. L. Hahnenberger
erwieſen, war der Start von Berges über 400 Meter beliebig. (Heſſen=Worms) 37:6, 2. H. Heeb (Jungdeutſchland Darmſtadt) 39:4,
3. A. Müller (Jungdeutſchland Darmſtadt) 41:4.
5. I. Damen bel. Staffel, 3X50 Meter,
Ehrenwander=
doch, den vor zwei Jahren hier vom deutſchen Meiſter Heinrich preis, dreimal ohne Reihenfolge zu gewinnen (Sieger 1922 und 1923
(Poſeidon Leipzig) aufgeſtellten deutſchen Rekord von 5:26,6 auf D.S.C. Junadeutſchland): 1. D. S. C. Jungdeutſchland 2:01,1.
(Mannſchaft: Bopſ, Cramer, Keller). Der Preis geht ſomit in den
Be=
ſitz von Jungdeutſchland über, 2. Rheingold=Köln 2:08.
6. II. Bruſtſtaffel 3850 Meter: 1. Nickar= Heidelberg
1:56.1, 2. Schwaben=Stuttgart 1:57.1, 3. D.S.C.
Jungdeutſch=
ſpäter noch einmal, hier in der beſten Zeit und als Sieger, über die
Bahn).
7. I. Seniorſpringen: 1. G. Pfordte (Moewe=Darmſtadt)
mit 52 Punkten, 2. W. Schuſter (Schwaben=Stuttgart) mit 507o P.
8. Jugendbruſtſtaffel, 38100 Meter: 1. Neptun=
Karls=
ruhe 4:313, 2. Frankfurter S.V. 4:382.
9. I. Bel. 200 Meter: 1. J. Berge3 (Jungdeutſchland
Darm=
ſtadt) 2:26,4 (neuer deutſcher Nekord), 2. E. Gropper (S. V. Augsburg).
10. Jugendbruſtſtaffel, 3,830 Meter: 1. D.S.C. Jung=
11. Jugendbruſt 100 Meter: 1. E. Köpf (Neptun=
Karls=
ruhe) 1:97,.2, 2. R. Becker, (Heſſen=Worms) 1:27,8, 3. F. Tegethoff
12. I. Rücken 100 Meter: J. Hülſer=Krefeld 93 ging allein
über die Bahn in 1:24.
13. II. Bel. 50 Meter: 1. E. Günther=Gelſenkirchen 04 und W.
Janſen=Düſſeldorf 09. beide in 28:8, 2. H. Lieret (Bayern=Nürnberg)
14. I, Bruſt 100 Meter: 1. H. Fauſt (S.V. Göppingen) 1:20,2,
2. R. Dorfmüller (Sanits=Rhehöt) 1:26,2. (Weiß gibt auf, war in
Nr. 13 vorher beteiligt, dort Dritter.)
15. II. Bel. 100 Meter: 1. L. Jünger (Moenus=Offenbach)
16. I. Bel. Staffel 3X100 Meter; ohne Kampf
Jung=
deutſchland=Darmſtadt zugeſprochen, da Poſeidon=Köln nicht
erſcheinen konnte.
17. II. Rücken 100 Meter: 1. R. Frank (Nickau=Heidelberg)
1:22,2, 2. E. Günther (Gelſenkirchen 04) 1:23,8.
18. Große Staffel, 10850 Meter: 1. D. S. C.
Jung=
deutſchland 5:18,3 (Mannſchaft: Walter, Schmuck, Cramer, Kem=
Offenbach 5:26,8.
Waſſerball: 1. Mannſchaft D.S.C. Jungdeutſchland (mit
Berges), 2. Mannſchaft kombiniert aus Jungdeutſchland und
Auswär=
tigen. 1.—2. Mannſchaft 4:1.
*Halſen=Frauenwetturnen der Turngeſellſchaft
Darmſtſadt 4875.
Am geſtrigen Sonntag fand in der Turnhalle der
Turngeſell=
ſchaft Darmſtadt 1875 (Dieburger Straße 25) ein Gerätewettkampf
für Turnerinnen beſtehend aus je einer Pflichtübung am Reck,
Barren und Pferd, einer Kürübung am Barren, einer Pflichtfrei=
Geturnt wurde in 2 Stufen. In der Oberſtufe traten 30
Tur=
nerinnen an, von denen 28 die vorgeſchriebene Punktzahl
erreich=
ten, und ſomit Sieger wurden. In der Unterſtufe ſtellten ſich 90
Turnerinnen den Kampfrichtern, von denen es 76 gelang, die
nötige Punktzahl und damit einen Sieg zu erringen. Offen war
mann landete mit prachtvollem Schwung über 8 Sekunden vor der Wettbewerb für alle Turnerinnen des Main=
Rheingaues der Deutſchen Turnerſchaft. Die
Lei=
tung lag in den Händen des Frauenturnwarts Schwarz, die
Auf=
ſicht ſeitens des Gaues übte Frauenturnwart Biſchoff (Tgde.
1846 D.) aus. Am Nachmittag fanden als Vorfeier zu der im
Jahre 1925 ſtattfindenden 50jährigen Jubelfeier der Darmſtädter
Turngeſellſchaft Vorführungen der Gauvereine ſtatt. Nach einem
Begrüßungschor der Singmannſchaft und einer Anſprache des
führungen der Turngeſellſchaft Darmſtadt, der Turnvereine
Ar=
heilgen, Babenhauſen, Bensheim, Pfungſtadt. Nieder=Ramſtadt,
Nieder=Beerbach, Tade. Egelsbach, Tgde, Beſſungen und Tgse.
Darmſtadt. Gezeigt wurden durch ſie ſtraffe und zügige
Frei=
übungen, Schritt= und Hüpfübungen, Anmutsübungen,
Keulen=
zu finden! Aber ſie hätte auch nirgends einzugreifen brauchen. Turner der Turngeſelſchaft Darmſtadt 1875 führten Reck= und
Barrenübungen in höchſter Vollendung als deutſche Turnkunſt
vor. Erwähnenswert beſonders noch war das Turnen der beſten
Turnerinnen aller am Wettkampf beteiligten Vereine am Barren.
1. II. Bel. Staffel 3850 Meter: 1. D. S. C. Jungdeutſch= Den Schluß der turneriſchen Vorführungen bildeten plaſtige
Gruppen, des veranſtaltenden Vereins, der in hervorragender
2. I. Bel. 400 Meter: Friedel Berges, D.SC. Jungdeutſch= Weiſe Lauf, Sprung, Wurf, und ähnliches darſtellte. Hierauf
nahm der Gauvertreter des Main=Rheingaues. Turner Roth, der
ſoeben erſt vom Deutſchen Turntag in Würzburg zurückgekehrt
3. Jugend=Rücken 100 Meter: 1. O. Wunſch (Neptun, war, das Wort. Noch ganz unter dem Bann dieſer gewaltigen
Zuſammengehörigkeitsgeführ und Einigkeit. Ein von ihm
ver=
leſener Auszug aus der auf dem Deutſchen Turntag gehaltenen
5. I. Bruſt 400 Meter: 1. H. Fauſt, S.V. Göppingen, 6:362. Rede Neuendorffs, des Jugendwartes der D. T., vermittelte
der Verſammlung einen Begriff, auf welcher Höhe der
diesjäh=
rige Deutſche Turntag ſtand. „Deines Geiſtes hab’ ich einen
7. II. Lagenſtaffel 4850 Meter: 1. S. C. Düſſeldorf 09 Hauch verſpürt.‟ Die Siegerinnenverkündigung beſchloß die Ver=
Siegerliſte folgt morgen.
Nummer 228.
Moutag, den 6. Oktober 1924.
Seite 2.
Sandwirtſchaft, Sartenbau, Kleintierzucht und Siedlungsweſen
* Die Ueberwinterung der
Topfpflanzen.
Gegen Ende des Sommers tritt bei faſt allen Gewächſen ein
1Stilſtand im Wachstum ein, d. h. ſie bilden keine neuen Triebe
nehr. Manche Pflanzen werfen dann ihre Blätter ab, während
ſ i ſolchen mit ausdauernden Wurzelſtöcken, Knollen oder
Zwie=
din alle oberirdiſchen, krautartigen Teile abſterben — ſie ziehen
dier, wie man zu ſagen pflegt. Bei dieſen Arten kündigt ſich der
Auzſtand der Nuhe alſo ziemlich augenfällig an, während er bei
rderen oft weniger leicht zu erkennen iſt; gerade viele Zimmer=
Tanzen zeigen zu Anfang oder während ihrer Ruhezeit keinerlei
iaßerlichs Veränderungen. Wenn aber Zimmerpflanzen und
Iche, die während des Sommers als Topf= oder Kübelpflanzen
m Freien ſtehen, ſachgemäß überwintert werden ſollen, dann
z nügt es nicht, daß man ſie nur vor der Einwirkung des Froſtes
ſpützt, ſondern man muß, nachdem man den Anfang der
Ruhe=
nriode richtig erkannt hat, ſeine Pfleglinge vor allem auch
zweck=
eſt tſprechend vorbereiten und behandeln.
Mit den Vorbereitungen zum Einwintern beginnt man bereits
in September, indem man die einzelnen Pflanzen wäſcht, ſauber
ursputzt und die oberſte Erdſchicht vorſichtig etwas auflockert bzw.
meuert. An einem beigeſteckten Stab bindet man den
Haupt=
häeb an und zieht auch alle Nebenzweige locker an dieſen heran.
Ferner überzeuge man ſich davon, daß ein guter Abzug für das
füverſchüſſige Waſſer vorhanden iſt. Alle im Freien aufgeſtellten
PFlanzen laſſe man möglichſt ſolange an ihrem Standorte, als
7 die Witterung geſtattet; nur ſehr empfindliche Arten nehme
nan ſchon im September ins Zimmer. Das Gießen wird
all=
nählich immer mehr eingeſtellt und nur am Morgen
vorgenom=
nen. Zu viel Feuchtigkeit kann ſehr leicht Nachteile für unſere
A fleglinge bringen, aber wiederum darf man es auch nicht ſo
meit kommen laſſen, daß die Pflanzen ballentrocken werden.
Als Ueberwinterungsräume kommen für kleinere
Verhält=
m ſſe eigentlich nur froſtfreie oder mäßig warme, helle Zimmer
Frage. Im Zimmer wird man hauptſächlich diejenigen
Ifflanzenarten unterbringen, die während der Ruhezeit ihr
Aeuße=
u s nicht verändern, die alſo weder einziehen noch ihre Blätter
a5ſtoßen; man ſtelle ſie am Tage an ein Fenſter, ohne ſie dabei
Lanlzu ſtrenger Sonnenbeſtrahlung auszuſetzen. Meiſtens ſind
dee Pflanzen im Wohnzimmer während der kalten Jahreszeit
größeren Temperaturunterſchieden ausgeſetzt, denn tags über
n ird der Raum gewöhnlich geheizt und nachts kühlt er dann
n ieder ab. Es iſt ſelbſtverſtändlich, daß ſolche, oſt recht beträcht=
-he Wärmeunterſchiede nachteilig auf das Gedeihen der Pflanzen
ernwirken; man ſollte daher wenigſtens während der Nacht die
2 flanzen vom Fenſterbrett wegnehmen und mehr nach der Mitte
9—s Zimmers zu aufſtellen. Das ganze Beſtreben muß darauf
gerichtet ſein, den Unterſchied zwiſchen Tages= und
Nachttempe=
xrtur möglichſt gering zu geſtalten. Sind Rolläden vor den
Zenſtern, ſo laſſe man dieſe am Abend möglichſt zeitig herunter.
Gegoſſen wird ganz nach Bedarf. Zur Ueberwinterung
vorge=
f hene Keller müſſen natürlich vollkommen froſtſicher ſein, und
es muß möglich gemacht werden, daß ſie bequem gelüftet werden
kennen, damit die eingeſtellten Pflanzen nicht modern und
ver=
focken; man ſehe deshalb auch die einzelnen Pflanzen daraufhin
rach und entferne alle abgeſtorbenen Teile. Empfehlenswert iſt
es, die härteren Topfpflanzen vor dem Einbringen in den Keller
ar einem luftigen, trockenen Ort aufzuſtellen und ihnen
allmäh=
lrch das Waſſer zu entziehen; im Keller werden ſie dann faſt gar
richt mehr gegoſſen. Man hüte ſich aber davor, die Pflanzen ſo
zritig ins Winterquartier zu bringen. Auf keinen Fall dürfen ſie
im Keller anfangen, zu treiben, was bei falſchem Gießen oder
kei ungenügender Lüftung leicht eintritt, denn die gebildeten
riebe ſind vergeilt, entziehen der Pflanze unnötige Kräfte und
hen unſchön aus; ſpäter müſſen ſie doch entfernt werden. Bei
milder Witterung ſoll man die kleine Mühe nicht ſcheuen, ſeine
Sflanzen tagsüber ins Freie zu bringen. Uebrigens iſt das helle,
froſtfreie Zimmer dem Keller, der immer nur Notbehelf ſein wird,
ets vorzuziehen.
Allgemeine gültige Regeln für die Pflanzenpflege im
Win=
ter laſſen ſich natürlich nicht aufſtellen; die Behandlung wird den
Berhältniſſen entſprechend von Fall zu Fall verſchieden ſein.
Ver ſich aber nur einigermaßen mit den Lebensbedingungen der
flanzen vertraut macht, wird ſehr bald herausfinden, was
ſei=
u en Pfleglingen zuſagt, und ſie dementſprechend behandeln.
* Oas herbſtliche Ab= und Burüſten im
Geſſigeſſal.
Geht auch die Natur mit ihrem Triebleben im Herbſte zur
Kaſt, ſo darf die Arbeit auf dem Geflügelhofe doch nicht ſtille
Eehen. Der Herbſt bringt für die Hühnerzüchter und den Hühner= mit Sorgfalt ein. Dann wird der Fruchtſegen ſich dereinſt
ein=
balter Arbeiten, deren Unterlaſſung eine große Schädigung für
in bedeuten würde.
Abgerüſtet muß werden unter dem Geflügelſtande. In keinem
Stall ſoll ein Tier mehr überwintert werden, als notwendig iſt.
Sinmal bedenke man, daß das Geflüigel im Herbſt und Winter
den meiſten Futterzuſchuß aus der Taſche des Beſitzers haben
muß, und je mehr Freſſer, deſto mehr Ausgaben ſind es. Dann
beachte man die Raumverhältniſſe. In der kalten Zeit können
ſich die Tiere weniger als ſonſt in den Ausläufen bewegen und
ſind mehr auf den Stall und den Scharraum angewieſen. Eine
Heberfüllung derſelben iſt aber immer der Anfang von Schmutz,
tchlechter Luſt und anſteckenden Krankheiten. Ausgemerzt müſſen
vor allem alle ſchlechten Leger werden, ferner alle Tiere, die nicht
wen Anſprüchen an Vererbung genügen, und alle vierjährigen
Sennen, falls man nicht die eine oder andere aus beſtimmten
(Bründen dulden will. Die Ausmerzungsarbeiten macht man
am beſten immer vor der Mauſer.
Iſt im Hühnerhof in dieſer Weiſe abgerüſtet, ſo beginne man
Sie Zurüſtung. In erſter Linie richte man ſein Augenmerk auf
geſunde Ställe und entſprechende Scharräume, damit die Tiere,
wvenn ſie nicht ins Freie können, ſich hiureichend zu bewegen
wermögen. Sicherlich läßt ſich auf der Tenne oder in irgend einem
Schuppen ein genügend großer Naum dafür finden und
ein=
richten.
Nicht umgangen ſoll die gründliche Herbſtreinigung der Ställe
werden. Man ſchaffe alle loſen Teile aus den Ställen heraus,
fege Decken, Wände und Fußböden mit ſcharfen Bürſten ab und
ſtreiche dann alles mit Kalkmilch. Die Ecken und Nitzen vergeſſe
man aber nicht. Hat man getüncht und alles ſauber gewaſchen,
ſo ſchwefelt man den Stall aus, ſofern dies möglich iſt.
Sitz=
ſtangen und Legeneſter behandelt man ebenfalls mit Lyſol und
Kalkmilch. In der gleichen Weiſe bearbeite man auch die
Tau=
immer zu verwerfen. Kalte Luft ſchadet nicht, nur Zugluft iſt
Lüftungseinrichtungen im Herbſt einer gründlichen Reparatur.
laſſen werden; ſelbſt Froſt und Schnee ſchaden ihm dann nichts.
Auch Futter=, Trink= und Aufzuchtgeräte müſſen durchgeſehen,
gereinigt und, wenn es nötig iſt, repariert werden.
Alle Maßnahmen und Arbeiten, die man jetzt nach der Zucht= wenn das Wetter naßkalt iſt und das Thermometer unter fünf
und Ordnung im Stall und auf abgehärtetes, widerſtandsfähiges fen dementſprechneder Pflege. Die Schläge ſind jetzt noch ein=
Buchtmaterial hinzielen.
Obſt= und Gemüſegarten im Oktober.
Wer ſeinen Garten bis zum Eintritt des Winters in
Ord=
nung hält, erleichtert ſich die Arbeit im Frühjahr. Viel zu wenig
noch nehmen ſich die Gartenbeſitzer den Landwirt zum Vorbild,
der ja im Herbſt ſchon beſtellt, was irgend tunlich iſt. Nun
kom=
men zwar Herbſtſagten im Garten kaum in Frage, aber auch
durch Pflege des Gartenbodens kann man ſich für die nächſte
Be=
ſtellung einen Vorſprung gewinnen. Sie beſteht im Graben
und Düngen und Entfernen aller Erntereſte und
Unkrautſied=
lungen. Die Bohnenſtangen und Tomatenpfähle und ſonſtige
überflüſſig gewordene Stützen werden abgeräumt und unter Dach
aufbewahrt. Sobald ein Beet frei iſt wird es umgegraben. Je
nach der Frucht, die es im nächſten Jahre tragen ſoll, wird es
gedüngt oder nur in groben Schollen umgeſtürzt. Je zerklüfteter
und unebener der Boden iſt, deſto beſſer kann ihn der Froſt
zer=
mürben und aufſchließen. Geräte, die nicht mehr gebraucht
wer=
den, reinigt man und ſtellt ſie beiſeite.
Bewäſſerungsvorrichtun=
gen ſind einzupacken, Behälter zu entleeren. Für den Schutz von
überwinternden Setzlingen und anderen im Lande bleibenden
Gemüſepflanzen legt man Laub, Reiſig und ſtrohigen Dünger
zum Decken zurecht.
Bei der letzten Ernte der Wintergemüſe empfiehlt ſich
Ueber=
eile nicht. Durch einige leichte Fröſte werden die Pflanzen
wider=
ſtandsfähiger gegen Fäulnis. Möhren und Sellerie wachſen jetzt
noch. Nach den erſten Froſtnächten nehmen wir, Roterüben,
Knollenſellerie und Weißkohl heraus, bei trockenem Wetter auch
Bleichſellerie, Endivien und Teltower Rüben. Die Gruben, in
denen die Wurzel= und Kohlgemuſe eingegraben werden ſollen,
wirft man ſchon vorher aus. Beim Ausgraben der Wurzelgemüſe
iſt darauf zu achten, daß die Rüben nicht verletzt werden. Vor
dem Einbringen in den Ueberwinterungsraum ſollen ſie gut
ab=
trocknen. Die Kohlkopfarten können mit dem Strunk nach oben
aufgehängt oder mit Wurzeln im Keller in Sand eingeſchlagen
werden. Für größere Vorräte legt man richtige Mieten von
1 Meter Breite und 30 bis 40 Zentimeter Tiefe an, in denen
man die Kohlköpfe entweder mit den Wurzeln flach eingräbt
oder mit den Strünken nach oben in mehreren Schichten
pyra=
midenförmig aufbaut. Bei ſchönem Wetter bleibt die Miete
zu=
nächſt offen, tritt Regen oder Froſt ein, dann wird ſie mit
Bret=
tern oder Stangen und darauf mit Laub, Reiſig uſw. bedeckt.
Grünkohl und Roſenkohl bleiben den Winter über an Ort und
Stelle, ſie müſſen aber vor Haſen und wilden Kaninchen ſicher
ſtehen. Gurken, Tomaten und Kürbiſſe dürfen keinem Froſt
aus=
geſetzt ſein.
Iſt für das Frühjahr eine neue Spargelanlage beabſichtigt,
dann iſt es gut, das Land dafür ſchon jetzt zu rigolen und zu
düngen. Die alten Spargelanlagen ſind abzuräumen, mit
Dün=
ger zu bedecken und umzugraben. Auch die Rhabarberpflanzen
ſind jetzt tüchtig zu düngen, möglichſt auch mit Jauche. Für
Neupflanzungen iſt die Zeit da.
Für das Winterobſt iſt der Oktober der Erntemonat. Als
Grundſatz gilt hier wie beim Wintergemüſe: erſt ausreifen laſſen
und trocken ernten. Die Gelegenheit, mit der Erntearbeit
gleich=
zeitig den Baum auszulichten, ſollte man ſich nicht entgehen laſſen.
Es empfiehlt ſich dies namentlich für Anfänger, weil jetzt die
dürren und überflüſſigen Aeſte leichter zu erkennen ſind. Die
Obſtmadenfallen werden abgenommen und durch Leimringe
er=
ſetzt, mit denen wir den ungeflügelten Weibchen des
Froſtſpan=
ners den Weg zur Krone abſchneiden. Nach der Ernte beginnt
man mit dem Reinigen und Kalken der Bäume, dem Umgraben
und Düngen der Baumſcheiben und nach beendetem Laubfall
auch mit dem Beſchneiden. Auch die Beerenobſtpflanzungen
werden jetzt gegraben, gedüngt und beſchnitten.
Für die meiſten Boden= und Obſtarten iſt der Oktober auch
der Hauptpflanzmongt. Ausnahmsweiſe verſetzt, man junge
Obſtbäume vor dem Laubfall, muß aber dann ſämtliche Blätter
abſchneiden; beſſer iſt es, wenn man mit dem Herausnehmen
wartet, bis das Holz völlig ausgereift und die
Wachstums=
periode ganz abgeſchloſſen iſt. Beim Pflanzen ſchneide man die
verletzten Wurzeln glatt und die Aeſte gehörig zurück. Was jetzt
an Holz verloren geht, erſetzt der leicht anwachſende Baum
ſchnell, während er ſeine Kraft zerſplittert und um ſein Daſein
kämpfen muß, wenn wir ihm zuviel Knoſpen zum Austreiben
laſſen. Man pflanze nicht Sorten, die man für gut hält, denen
man aber nicht zuſagende Boden= und Klimaverhältniſſe bieten
kann, auch nicht ſolche, die der Gärtner anbietet, weil ſie ihm
ſonſt zu alt werden, ſondern laſſe ſich unparteiſch über die
an=
bauwürdigſten Sorten ſeiner Gegend beraten. Es gibt
Obſtſor=
ten für Sandboden und ſolche für ſchweren Boden, ſolche für
feuchte und ſolche für trockene Luft, mit froſtempfindlicher und
mit widerſtandsfähiger Blüte, mit Neigung zu Pilzkrankheiten
und von Ungeziefer bevorzugte und weniger heimgeſuchte, und
dieſe Eigenſchaften wechſeln wieder auf verſchiedenen
Stand=
orten. Darum können in Kürze keine Natſchläge darüber
er=
teilt werden. Hat man das Paſſende herausgefunden, dann
be=
ſorge man ſich nun kräftige, gut gewachſene Bäume und ſetze ſie
ſtellen.
Geflügel und Kleintiere im Oktober.
In Erwartung der winterlichen Witterung tut man gut, jetzt
die Stallungen nachzuſehen und alle ſchadhaften Stellen ſofort
auszubeſſern, damit weder Regen, noch Schnee, noch Zugluft
die Tiere beläſtigen kann. Wer die große Herbſtreinigung noch
nicht vorgenommen hat, ſäume nun nicht länger damit. Man
ſpare dabei nicht mit Sodglauge und Kalkmilch, namentlich im
Geflügelſtall.
Die Mauſer der Hühner iſt jetzt größtenteils beendet.
Nach=
zügler hält man am beſten abgeſondert bei reichlichem, guten
Futter. Gute Dienſte tun wöchentlich zwei= bis dreimalige
Ga=
ben von Lebertran, jeweils einen halben Teelöffel auf das Huhn.
Daneben gebe man ſoviel Grünes, als nur aufgezehrt wird. Die
Zahl der durchzuwinternden Tiere richtet ſich nach dem
vorhan=
denen Futtervorrat. Die beſten ein= und zweijährigen Tiere ſind
natürlich bei der Auswahl die Erſten. Junge Hähne werden
zur Maſt beſtimmt. Wir bringen ſie in einen halbdunklen, nicht
zu großen Stall und reichen ihnen vorwiegend Buchweizen,
Mais= und Gerſtenſchrot mit Magermilch zu einem Teig
ange=
mengt, und erreichen auf dieſe Weiſe eine gute Fleiſchmaſt.
Wün=
ſchen wvir Fettmaſt, ſo iſt noch eine 14tägige Einſperrung in
Einzelkäfige nötig. Puten mäſten wir mit Brot, feingeſtampften
Möhren, zerkleinerten gekochten Kartoffeln, Mais= oder
Gerſten=
ſchrot und verſchiedenem Grünzeug. Sie dürfen während der
Maſt nicht eingeſperrt werden. Gänſe weiden auf abgeernteten
Rübenfeldern. Abends erhalten ſie noch Körner. Finden ſie
auf der Weide nichts mehr, dann beginnt die Stallfütterung.
Wir können ſie noch mit gutem Erfolge auch in kleinen
Abſchlä=
gen (Buchten) auf dem Hofe halten. Sie bekommen
Kohlblät=
ter und anderes Grünzeug, feingeſtampfte Mohrrüben,
Weich=
ben=, Cänſe= und Entenſtälle uſtp. vor der Einwinterung. Weni= ſutter, beſtehend aus gekochten Nartoffeln und Aleie oder Schrot
ger ängſtlich ſei man mit der Abſchließung des Schlafraumes und abends Hafer und Mais. Waſſer in reichlicher Menge darf
dabei nicht fehlen. Mit dieſer Fütterung erreichen wir in vier
gegen die zunehmende kältere Außenluft. Warme Ställe ſind Wochen eine genügende Fleiſchmaſt (Bratgänſe). Wünſchen wir
mehr Fett und große Lebern, ſo werden die Tiere nach dieſer
nicht zuträglich, und man unterziehe die Türen, Fenſter und die Zeit in enger Einzelhaft gehalten. Enten mäſtet man wie Gänſe.
Nutztauben mauſern, brüten auch noch teilweiſe beſonders
Aus kalten Ställen kann das Geflügel jederzeit ins Freie ges wenn ſie die Mauſer ſchon beendet haben und ihnen große
Stop=
pelfelder zur Verfügung ſtehen. In der Mauſer ſind die Tauben
empfindlich und gehen erſt gegen Mittag aufs Feld. Sie ſollen
deshalb eine knappe Frühmahlzeit erhalten, die größer ſein muß,
zeit vor den Winter vornimmt, müſſen auf peinlichſte Reinlichkeit Grad Celſius geht. Raſſetauben mauſern auch noch und
bedür=
mal gründlich zu reinigen.
Die Zucht der Kaninchen ruht jetzt. Zuchttiere, die im
näch=
ſten Frühjahr nicht weiter verwendet werden, ſollen, erhalten
einige Wochen Maſtfutter und werden dann geſchlachtet. Damit
die im März geborenen Häſinnen über Winter nicht zu viel Fett
anſetzen und dadurch zur Zucht untauglich werden, läßt man ſie
belegen. Man läßt ſolchen jungen Muttertieren aber nur einige
Jungtiere zur Aufzucht, damit ſie nicht zu ſehr geſchwächt und in
ihrer weiteren Entwicklung nicht beinträchtigt werden und hat
an ihnen dann für das Frühjahr erprobte und zuverläſſige
Zuchttiere.
Für die Ziegen beginnt jetzt die Hauptbrunſtzeit. Macht ſich
der Eintritt der Brunſt durch Unruhigwerden der Ziege,
verän=
dert klingendes Meckern und ander deutliche Anzeichen
bemerl=
bar, ſo warte man einen halben bis einen Tag und führe das
Tier dann dem Bocke zu. Iſt der Sprung erfolglos geblieben, ſo
wiederholt ſich die Brunſt nach etwa zwei Wochen, andernfalls
kann die Ziege als tragend gelten. Wer mehrere Ziegen hat,
tut gut, eine davon nicht im Herbſt, ſondern im Frühjahr decken
zu laſſen, damit die Abmelkezeit in den Herbſt und Winter fällt.
Oft ermöglicht ein ſonniger Oltober noch lange den Austrieb der
Ziegen ins Freie. Morgens laſſe man aber erſt den Tau
ver=
ſchwinden und hole abends die Tiere nicht zu ſpät herein,
jeden=
falls immer, bevor die Herbſtnebel aufſteigen. Je länger man
den Ziegen den Aufenthalt im Freien verſchaffen, kann, deſto
günſtiger wird ſich der Geſundheitszuſtand der Tiere bei, der
ausſchließlichen Stallhaltung geſtalten. Setzt die rauhe,
un=
freundliche und naßkalte Witterung früh ein, ſo ſind die Tiere
jetzt ſchon auf den Stall angewieſen. Bevor jedoch die
Winter=
quartiere bezogen werden, erfolgt nochmals ein gründliches
Rei=
nigen der Stallungen und der Tiere ſelbſt, vor allem werden die
Klauen wieder nachgeſehen und beſchnitten. Damit die Wärme
im Stall nicht zu groß wird, ſorge man für Luſterneuerung
durch zeitweiliges Oeffnen der Fenſter oder der Tür, jedoch
un=
ter Vermeidung von Zugluft. Stellen ſich jetzt ſchon kalte
Froſt=
nächte ein, ſo ſorge man ganz beſonders für gute Einſtreu und
Warmhaltung. Beim Einernten des Gemüſes fällt reichlich
Grünfutter ab, das mit gewiſſer Vorſicht unter
Zwiſchenfütte=
rung von Heu zu geben iſt, damit die Tiere nicht an Durchfall
erkrankex. Naſſes, bereiftes und gefrorenes Futter iſt für
Zie=
gen drrchaus ungeeignet und ſchädlich.
Schädlingsbekämpfung durch Baumieer.
Von Dr. Hans Walter Schmidt.
Auch dem Laien iſt Karbolineum wohlbekannt, und gerade
deswegen hält es der Unkundige für ein zu einfaches und darum
wenig wirkſames Schädlingsbekämpfungsmittel. Ein einfaches
Mittel iſt es wohl, aber ſeine Wirkung wird gewöhnlich
unter=
ſchätzt. Unſere wirtſchaftliche Not hat dem deutſchen
Pflanzen=
bauer die Augen geöffnet für die rationelle
Schädlingsbekämp=
fung. Daher hört auch der alte Praktiker gerne von Karbolineum
und der Anfänger wird ſich mit Eifer die Anwendung dieſes
Mit=
tels zu Herzen nehmen.
Obſtbaumkarbolineum kommt in konzentriertem Zuſtande in
den Handel. Es läßt ſich mit Waſſer — man verwendet am beſten
Regenwaſſer — in jedem Verhältniſſe miſchen, hält ſich jahrelang
und bleibt in unverdünntem Zuſtande bei froſtſicherer
Aufbewah=
rung unverändert. Nach längerem Lagern iſt es vor dem
Ge=
brauch zu ſchütteln. Sollte es Froſt ausgeſetzt geweſen ſein, ſo iſt
es mit heißem Waſſer zu miſchen. Es findet im Obſtgarten, im
Weinberg und im Forſt nützliche Verwendung.
In der Obſtkultur heilt man mit Karbolineum Krebs,
Brand und Gummifluß durch wiederholtes gründliches
Einpin=
ſeln der kranken Stellen. Krebswunden werden ausgekratzt (nicht
ausgeſchnitten), während man bei Gummifluß den Gummi vor
dem Anſtrich abbricht oder abſchneidet. Blutlaus, Schildlaus und
andere Paraſiten tieriſcher wie pflanzlicher Natur am Stamm
und Aſt werden vernichtet. Kränkliche Bäume mit gelben
Blät=
tern werden durch Beſtreichen mit Obſtkarbolineum geſund, wenn
nicht mangelhafte Boden= und Düngungsverhältniſſe ſchuld ſind
an ihrem kranken Ausſehen. Durch wiederholten Anſtrich der
Stämme und ſtarken Aeſte mit Obſtbaumkarbolineum werden
dieſe von alten, abgeſtorbenen Rindenpartien befreit, und es
bil=
det ſich eine neue, glatte Rinde, die dem Ungeziefer und ſeiner
Brut keinen Unterſchlupf gewährt. Zum Anſtriche der Bäume
und Aeſte im Spätherbſt und Winter miſcht man bei Kernobſt
ſieben Teile Waſſer mit drei Teilen Obſtbaumkarbolineum zu
einer dreißigprozentigen Löſung, bei Steinobſt acht Teile Waſſer
mit zwei Teilen Karbolineum zu einer zwanzigprozentigen
Löſung, beim Pſirſich neun Teile Waſſer mit einem Teil
Karbo=
lineum zu einer zehnprozentigen Löſung. Zum Beſpritzen der
Bäume und Sträucher mit der Verſtäuberſpritze zu dieſer
Jahres=
zeit bedient man ſich bei Kernobſt einer zwanzigprozentigen, bei
Steinobſt und Beerenobſt einer zehnprozentigen. beim Pfirſich
einer fünfprozentigen (9½ Teile Waſſer mit ½ Teil
Obſtbaum=
karbolineum) Löſung. Ferner verwendet man
Obſtbaumkarbo=
lineum gegen Wildverbiß, indem man zwei Teile Karbolineum
und zwei Teile Waſſer mit Lehm oder Kuhdung zu einem leicht
ſtreichbaren Brei verrührt und auf die vom Wilde erreichbaren
Stellen ſtreicht. Im zeitigen Frühjahr (Februar und März)
wer=
den alle Obſtbäume, Formobſt, Buſchobſt und Beerenobſt mit der
Verſtäubungsſpritze behandelt, und zwar Kernobſt mit einer
zehn=
prozentigen, Steinobſt und Beerenobſt mit einer fünfprozentigen,
Pfirſich mit einer zweiprozentigen Karbolineumlöſung. Wer ganz
ſicher gehen will, daß der Fruchtanſatz von keinem Schädiger
beeinträchtigt wird, der ſpritze kurz vor und nach der Blüte je
einmal mit fünfprozentigem Obſtbaumkarbolineum. Im
Som=
mer kommt nur ein Anſtrich der Stämme und Aeſte in Betracht,
und zwar in derſelben Weiſe wie im Winter gegen Blut=,
Kom=
ma= und Schildläuſe, Gummifluß, Krebs= und Brandwunden,
Flechten, Mooſe und borkige, dem Stamm anhaſtende
Ninden=
partien uſw.
Der Weinbauer ſpritzt zwiſchen November und Februar
ſeine Rebſtöcke zur Bekämpfung des Heu= und Sauerwurms
ſo=
wie der Neblaus mit einer zehn= bis fünfzehnprozentigen
Obſt=
baumkarbolineumlöſung ein= bis zweimal ein. Acht bis vierzehn
Tage nach der zweiten Spritzung können die Stöcke mit
Stahl=
bürſten von alter Ninde und Moos gereinigt werden.
Der Forſtwirt ſchützt ſeine Kulturen gegen Wildverbiß
durch Karbolineum. Im erſten Falle werden die Kulturen je nach
Alter und Holzart mit ein= bis fünfprozentiger Löſung von
Obſt=
baumkarbolineum beſpritzt, und zwar je nach Bedarf öfters, am
beſten während des Septembers, Oktobers, Novembers und dann
wieder im Januar und Februgr. Ebenſo wirkſam erweiſt ſich
eine Streichung der bedrohten Stammpartien mit einem Brei aus
einer zwanzig= bis dreißigprozentigen Löſung mit Lehm vermiſcht
und etwas Kuhdung verſetzt. Im Kampfe gegen tieriſche
Schäd=
linge kommt gegen die Buchenwollaus ein wiederholtes Streichen
oder Beſpritzen der Stämme mit fünfzehn= bis
zwanzigprozenti=
gen Löſungen in Betracht. Den Fichtenrüßler bekämpft der
Forſt=
wirt durch Spritzen mit drei= bis fünfprozentigen Löſungen je
nach Holzart zweimal im Winter und einmal im Frühjahre. Im
April und Mai werden die zuſammenſitzenden Räupchen der
Nonne mit einer zwanzig= bis dreißigprozentigen
Obſtbaumkar=
bolineumlöſung beſtrichen. Ende Mai und im Juni die befallenen
Beſtände mit fünfzehnprozentiger Löſung beſpritzt.
Bei Regenwetter, ſtärkerem Froſt oder in Sonnenglut darf
mit Karbolineum nicht gearbeitet werden. Junge zwei= bis
drei=
jährige Bäume werden nur ſtreng lokal auf Wunden und
Schäid=
lingsanfall behandelt. Blätter und krautartige Stenael dürfen
vom Karbolineum nicht berührt werden. Alle Maßnahmen mit
umkarbolineum ſind gewiſſenhaft und gründlich vorzuneh=
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