Einzelnummer 10 Goldpfennige
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Morgenzeitang der Landeshauptſtadt
Wöchentliche illuſtrierte Beilage: „Die Gegenwart”, Tagesſpiegel in Bild und Wort
Nachdruck ſämtlicher mit X verſehenen Original=Aufſätze und eigenen Nachrichten nur mit Quellenangabe „Darmſit. Tagbl.” geſtattet.
Nummer 201
187. Jahrgang
Montag, den 21. Juli 1924.
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(1 Dollar — 420 Marſl. — Im Falle höherer
Gewalt, wie Krieg, Aufruhr, Streik uſw erliſcht
jede Verpſichtung” auf Erfüllung der
Anzelgen=
aufträge und Teiſſung von Schadenerſatz. Bei
Konfurs oder gerſchtlicher Beitreibung fäſlt jeder
Rabatt weg. Bankkonto: Deutſche Bank und
Darm=
ſtädter 8 Nationaibank.
Das &choder Londoner Konferenz.
avas=Kritik an den Kommiſſionsbeſchlüſſen. — Verlangen nach Senktionen und Garantien.
in ihrer urſprünglichen Form. Der franzöſiſch=belgiſche Vor=
N8t
ſchlag, betr. die wirtſchaftliche und fiskaliſche Einheit
Deutſch=
ine veeinſtagn Havas=Darſtenung.
lands, iſt in ſo weitherzigem Geiſte gehalten, daß er jede
Ver=
mutung, als hätte Frankreich irgend einen Hintergedanken, be=
Sanktionen und Spezialpfänder.
ſeitigt. Was einen möglichen Verzug durch Deutſchland be=
Paris, 20. Juli. Ueber die geſtrigen Beſchlüſſe der erſten
mmiſſion der Londoner Konferenz ſagt der
Sonderbericht=
atter der Havasagentur in einer offiziell beeinflußten
Dar=
lung:
Die Konferenz hat geſtern einen bedeutenden Fortſchritt
ge=
cht. Der erſten Kommiſſion iſt es gelungen, einſtimmige
Ent=
ießungen zu formulieren hinſichtlich der Regelung der
Ver=
lungs= und Sanktionsfragen. Zunächſt gibt die Beiordnung
amerikaniſchen Delegierten zur Reparationskommiſſion für
Feſtſtellung von künftigen Verfehlungen Deutſchlands zu kei=
Kritik Anlaß, da der Verſailler Vertrag einen ſtändigen
erikaniſchen Sitz in der Reparationskommiſſion
normaler=
ſe vorſieht. Da ferner die amerikaniſchen Finanzleute ein
onderes Intereſſe an dem Erfolg der 800=Millionen=
Gold=
rkanleihe und der Unterbringung der deutſchen Induſtrie=
Eiſenbahnobligationen haben, iſt es natürlich geweſen, eine
glichkeit zu ſchaffen, daß die Vereinigten Staaten in der
Repa=
onskommiſſion ihren Standpunkt geltend machen.
Was die Sanktionen anlangt, ſo iſt eine Formel des
Sach=
ſtändigenberichts ſelber zur Anwendung gekommen, an die
ſtliche Regierungen gebunden ſind, die nach dem
Bericht=
atter folgenden Wortlaut hat: „Im Falle einer deutſchen
Ver=
ung wird es von Wichtigkeit ſein, die Art der anzuwenden=
Sanktionen zu beſtimmen und ſie ſo zu organiſieren, daß
erompt und wirkſam ſind. Dabei werden die
Gläubigerregie=
gen im Bewußtſein ihrer gemeinſamen Verantwortlichkeit
enüber ihren eigenen Intereſſen und gegenüber den
Inter=
n derjenigen Privatperſonen handeln, die zwecks Ausführung
Sachverſtändigenplans Kapital vorgeſchoſſen haben.‟ Es
t natürlich auf der Hand, fährt der Berichterſtatter fort, daß
iin dem Augenblick, in dem man, um die Reparationen zu
inzieren, einen internationalen Kredit in Anſpruch nimmt,
Geldgebern zuberläſſige Garantien gewähren muß, die ſie
Leiſtung der gewünſchten Vorſchüſſe anreizen. Es wird alſo
Zinſen= und Tilgungsdienft der Anleihe mit einer ſicheren
orität auf alle Eiſenbahnquellen Deutſchlands ausgeſtattet
den; auf dieſe Weiſe iſt das Necht der Sanktionen nicht
auf=
oben, es iſt vielmehr in aller Form vorgeſehen. Die
Sank=
en, die Anwendung finden werden, dürfen nicht die
Spezial=
ader beeinträchtigen, die durch den Abſchluß der 800=Millio=
=Goldmarkanleihe belaſtet werden und die die Garantie für
Zinszahlungen darſtellen. Diefe Verpflichtung, die völlig in
nung iſt, beläßt Frankreich ſeine Händlungsfreiheit. Frank=
9 kann auch in Zukunft für ſich allein Sanktionen durchführen,
daß es Spezialpfänder für den Zinſen= und Tilgungsdienſt
Anleihe reſpektieren muß. Der geſtern angenommene
ſtokollentwurf behält den alliierten Mächten übrigens
aus=
cklich ſämtliche Rechte aus dem Verſailler Vertrag ſowie aus
Sachverſtändigenbericht vor.
eneralGodletzfür reſtloſe Wiederanwendung
der Rheinlandakte.
Ueber die Arbeiten der zweiten Kommiſſion (Freigabe der
inder) meldet der Berichterſtatter, dieſe Arbeiten bilden jetzt
wichtigſte Aufgabe. Geſtern hat zunächſt der franzöſiſche
hverſtändige Seydoux einen franzöſiſch=belgiſchen Plan
ent=
kelt, gegen den die engliſchen Sachverſtändigen mehrere
Ein=
idungen erhoben haben. Hierbei hat es ſich in der Hauptſache
den Zeitpunkt gehandelt, an dem das
Sachverſtändigenpro=
mm in Kraft treten ſoll. Engliſcherſeits wünſcht man immer
h, dieſe Inkraftſetzung an ein beſtimmtes Datum zu binden,
)ſteht auf dem Standpunkt, daß der Sachverſtändigenplan erſt
ktionieren kann, nachdem die deutſche Wirtſchaftseinheit völlig
derhergeſtellt würde. Zur Durcharbeitung der einzelnen
er=
genen Maßnahmen wird heute ein aus franzöſiſchen,
belgi=
n, engliſchen und italieniſchen Sachverſtändigen
zuſammen=
tzter Unterausſchuß zuſammentreten.
Eine weitere Schwierigkeit iſt in der zweiten Kommiſſion
Zuſammenhang mit der Rückerſtattung der rheiniſchen
Eiſen=
men an Deutſchland aufgetreten. Der Oberbefehlshaber der
liſchen Beſatzungstruppen im Rheinland, General Godley,
ſich gegen das franzöſiſch=belgiſche Syſtem ausgeſprochen, das
Beibehaltung von 3000 franzöſiſchen und 1000 belgiſchen
enbahnern im Dienſte der Reichseiſenbahngeſellſchaft für die
i ſtrategiſchen Strecken Aachen-Krefeld, Trier—Koblenz und
ſer—Mainz vorſieht. General Godleh tritt für die reſtloſe
ederanwendung der Rheinlandakte ein. Es werden alſo neue
khandlungen zwiſchen den franzöſiſchen und engliſchen
Sach=
ſtändigen nötig ſein.
Die franzöſiſche Auffgſſung.
London 20. Juli. Wie Reuter erfährt, dürfte die
Auf=
ung der maßgebenden franzöſiſchen Kreiſe in London über die
Etichritte der Konferenz die folgende ſein:
Frankreich iſt vornehmlich an dem Erfolge der Konferenz
ereſſiert, der nach ſeiner Anſicht für Frankreich wie für
Eng=
d durchaus nötig iſt. Ihr beiderſeitiges
Zuſam=
narbeiten iſt weſentlich, um die Unterſtützung
Ameri=
zu ſichern. Dies iſt die einzige Politik, die zum
Wiederauf=
t führen wird. Frankreich iſt durchaus Willens, Deutſch=
O hilfreiche Hand anzubieten. Was tatſächlich zu erſtreben
iſt die Aufrechterhaltung der Entente mit Großbritannien
2 eine Entſpannung im Verhältnis zu Deutſchland. Das eine
B indeſſen betont werden, daß die öffentliche franzöſiſche Mei=
T9 darauf beſteht, den Verſailler Vertrag ſo genau wie
mög=
durchzuführen.
Der Dawesbericht iſt das Reſultat der Reparaiionsloni=
Nion. Frankreich wünſcht keine Einmiſchung in ihr Werk. Der
Logan vorgeſchlagene Plan der Hinzuziehung eines
ameri=
liſchen Mitgliedes zur Neparationskommiſſion befriedigt den
N3öſiſchen Standpunkt und erhält gleichzeitig die Kommiſſion
trifft, ſo beſteht darüber die einmütige Auffaſſung, daß dieſer
von der Neparationskommiſſion und den Regierungen ſelbſt
feſt=
geſtellt wird.
Was jetzt notwendig ift, ſind finanzielle Garantien. Dabei
weiſt Frankreich auf den Vorteil eines gemeinſamen Handelns
hin, auf das bringende Bedürfnis, einer einheitlichen Front.
Gleichzeitig iſt es unmöglich, die Rechte aufzugeben, die im
Ver=
trage feſtgelegt ſind. Die Schwierigkeit kann durch die Leiſtung
finanzieller Garantien überwunden werden. Die Priorität muß
dem Zinſendienſt für die für Deutſchland vorgeſchlagene
An=
leihe und für die zu dieſem Zwecke notwendigen Garantien
zu=
geſprochen werden. Der Zinſendienſt für die Anleihe würde im
Verhältnis zu den Mitteln des Reiches ſehr gering ſein, und
nach der Anſicht Frankreichs iſt es durchaus nötig, daß die
Geld=
geber jede finanzielle Sicherheit erhalten. Der Kernpunkt des
Dawesplanes iſt die Anleihe. Frankreich iſt der Anſicht, daß der
Dawesplan in dem Augenblick, in dem die Bankiers die Anleihe
unterzeichnen, wirkſam wird. Der Plan Seydoux ſchlägt ſogar
die vorherige Räumung vor, er beſeitigt zu dieſem Zeitpunkt
die Schranke zwiſchen dem unbeſetzten und dem beſetzten
Deutſchland.
Frankreich iſt der Anſicht ,daß die Konferenz die einzige
günſtige Gelegenheit zu einer Zuſammenarbeit zwiſchen
Frank=
reich und England darſtellt, als eng verbundene Alliierte, und
zwar nicht für den Krieg, ſondern für die weiteren Gebiete des
Friedens und der Wiederherſtellung. Jetzt iſt der große
Augen=
blick gekommen, etwas zu tun, um den Frieden in der Welt zu
erhalten. Es beſteht das Gefühl, daß der Dawesplan angewandt
werden muß, und dies wird den Erfolg der Konferenz ſichern.
Geſtern nachmittag erklärte Herriot, daß er durchaus
zu=
friedengeſtellt ſei über den Fortſchritt, der durch den einſtimmigen
Beſchluß des erſten Komitees im einzelnen erzielt worden ſei.
Das zweite Komitee, das die franzöſiſchen und belgiſchen Berichte
prüfte, kam im Laufe des Nachmittags zu der Anſicht, daß noch
einige techniſche Einzelheiten der Aufklärung bedürften, es wurde
beſchloſſen, ſie dem Unterausſchuß zu unterbreiten, der morgen
den ganzen Tag über tagen und Montag dem Hauptausſchuß
be=
richten wird.
Theunis über die Konferenz.
Paris, 20. Juli. (Wolff.) Der belgiſche Miniſterpräſident
Theunis hat dem Sonderberichterſtatter des
Intranſi=
geant eine Unterredung gewährt. Er ſagte, die
Ent=
ſcheidung der erſten Kommiſſion betrachte er als
einen wirklichen Erfolg. Sie laſſe einen guten
Ver=
lauf der Konferenz vorausſehen. Es ſcheine, daß man
jetzt zum Ziele gelangen werde und daß das Reparationsproblem
endlich die Löfung finden werde, die man ſeit langem geſucht
habe. Er glaube nicht, daß man 1921 die eichen Hoffnungen
habe hegen können. Nach Anſicht von Theunis hat der
Sachver=
ſtändigenplan nur ausgearbeitet werden können, weil die
Ruhr=
beſetzung viele Realitäten aufgezeigt habe. Der
geſtrige Tag werde in den Analen des Friedens verzeichnet
wer=
den. Eine neue Atmoſphäre ſei geſchaffen und man nehme
an, daß ſich auch die Deutſchen beugen werden. Ohne die
Durch=
führung des Dawesplanes ſei es mit der Rentenmark zu Ende
und in Berlin wiſſe man ſehr gut, daß man ſich nicht zweimal
wiederauftichten könne. Wenn Deutſchland guten Willens bleibe,
werde man ihm Vertrauen ſchenken, beſonders weil die
Ameri=
kaner an den Beratungen und Entſcheidungen ſowie an den
Operationen teilnehmen.
Am Dienstag Vollkonferenz.
* London, 21. Juli. (Priv.=Tel.) In engliſchen
Konfe=
renzkreiſen verlautet, daß mit ziemlicher Sicherheit eine
Voll=
konferenz für kommenden Dienstag bevorſteht. In ihr ſollen
die drei Kommiſſionen ihre Berichte erſtatten und der
Vollkon=
ferenz Entwürfe zu Beſchlüſſen über die einzelnen Punkte des
Pariſer Programms vorlegen. Die Konferenz wird dieſe
Ent=
würfe zur endgültigen Faſſung in einem Protokoll einem
Son=
derausſchuß der juriſtiſchen Sachverſtändigen der Konferenz
über=
weiſen. Dieſes Protokoll ſoll dann wahrſcheinlich von den
Alli=
ierten und den Deutſchen unterzeichnet werden. Die
Vollkonfe=
renz wird ſich auch mit der Frage der Einladung an
Deutſch=
land zu befaſſen haben, wobei jedoch noch offen ſteht, ob das
Ein=
verſtändnis Deutſchlands nicht in anderer Form herbeigeführt
werden kann.
Am 1. Auguſi eine neue Konferenz?
* London, 21. Juli. (Priv.=Tel.) Es verlautet, daß
ein=
zelne Sachverſtändige ſich bereits mit deutſchen Vertretern in
London in Verbindung geſetzt haben, um in den wichtigſten
Fra=
gen den deutſchen Standpunkt kennen zu lernen. Um aber die
Londoner Konferenz erfolgreich abzuſchließen, habe man ſich
unter den Alliierten darüber verſtändigt, daß die Frage der
mili=
täriſchen Räumung des Ruhrgebiets zurückgeſtellt werden ſoll
bis auf eine Konferenz, die auf den 1. Auguſt nach Paris
ein=
berufen werde. Auf dieſer ſoll eine Löſung der Sicherheitsfrage
gefunden werden, die dann automatiſch einen Abbau der
Ruhr=
beſetzung zur Folge haben müßte.
Annäherung an den engliſchen Standpunkt.
Paris, 20. Juli. Wie der Sonderberichterſtatter von
Havas aus London meldet, hat der geſtern eingeſetzte
Unter=
ausſchuß der zweiten Kommiſſion, die ſich mit der Frage der
Wie=
derherſtellung der wirtſchaftlichen Freiheit
Deutſch=
lands beſchäftigt, am Vormittag und Nachmittag Sitzungen
ab=
gehalten. Der Berichterſtatter will wiſſen, daß ſich eine
Annähe=
rung des franzöſiſch=belgiſchen Standpunktes an den engliſchen
Standpunkt in der Frage der wirtſchaftlichen Räumung
bemerk=
bar mache.
* Die Lage der Ausländer in Moskau.
Von
Georges Popoff.
Ein öſterreichiſcher Diplomat kam einſt nach Sowjetrußland,
trieb ſich drei Monate in Moskau herum, unterzeichnete mit der
Sowjetregierung einen Vertrag und ſtellte dennoch kurz vor
ſei=
ner Heimreiſe an einen Freund folgende, im reinſten Wieneriſch
vorgebrachte Frage: „Sagen Sie, bitte, Herr Kollege, wo ſind
denn eigentlich die Bolſchewiki?‟ — Der Gute hatte geglaubt,
die „Bolſchewiki” müßten, wie Indianerhäuptlinge oder
Mars=
bewohner, durch irgend einen phantaſtiſchen Federſchmuck oder
ſonſt ein augenfälliges Symbol zu erkennen ſein. Da er aber
nichts dergleichen ſah — ſo zweifelte er ernſtlich daran, ob er
auch wirklich im bolſchewiſtiſchen „roten” Moskau ſei. . . ."
Dieſe Anekdote iſt, trotz ihrer operettenhaften Komik, für die
meiſten Ausländer, welche heute Sowjetrußland beſuchen,
charak=
teriſtiſch. Pochenden Herzens treten ſie die Reiſe an, auf tauſend
Schikanen und Willkürakte ſind ſie gefaßt und glauben faſt, daß
nach Ueberſchreiten der Grenze für ſie ein Leben „unter wilden
Tieren” beginnen wird.
In Wirklichkeit geht dann aber alles ganz anders vor ſich:
die Reiſe wickelt ſich glatt ab; die „Bolſchewiki” ſind in der
Ge=
ſtalt, wie ſie ſich die Fremden vorſtellen, nirgends zu ſehen;
da=
gegen bezaubert der Kreml durch ſeinen byzantiniſchen Reiz;
der Kaviar mundet vortrefflich, und in zahlreichen, Reſtaurants
iſt es „ganz wie in Europa”. Nun wandelt ſich ſchnell die
Be=
klommenheit des Fremdlings in das Gegenteil. Am zweiten
Tage ſeines Moskauer Aufenthaltes iſt er ſchon „von allem
be=
geiſtert‟. Nach Hauſe ſendet er überſchwengliche Berichte, ſtets
mit dem Refrain: „Alles iſt Lüge, es gibt keinen Kommunismus
mehr, das Leben hier iſt herrlich‟. Dieſe Entwickelung machen
heute faſt alle Ausländer in Rußland durch. Ich wurde es nicht
berichten, wenn ich es nicht ſelbſt an tauſend Beiſpielen
beob=
achtet hätte. Eine Aufklärung dieſer Verwirrung ſcheint aber
dringend erforderlich zu ſein.
Die meiſten Ausländer kommen überhaupt erſtmalig in
ihrem Leben nach Rußland. Ihnen iſt weder das bolſchewiſtiſche
noch das zariſtiſche Rußland bekannt. Die Sprache des Landes
verſtehen ſie nicht. Ueber die ruſſiſche Geſchichte und ſogar über
die politiſchen Ereigniſſfe der letzten Jahre ſind ſie erſchreckend
mangekhaft informiert. Was Wunder, daß ſich auf Schritt und
Tritt ihre Jgnoranz offenbart, die natürlich nicht ſelten das
Nationalgefühl der Ruſſen verletzt und empört.
Im allgemeinen machen die Ausländer daher im heutigen
Rußland keine gute Figur. Leider muß das offen zugegeben
werden. Man muß ſich aber auch die Situation möglichſt
ver=
gegenwärtigen. Rußland hat mehr als alle anderen Länder
während der letzten Jahre gelitten. Die Bevölkerung der
größe=
ren Städte, die ſogenannte Intelligenz, iſt vollkommien
ausge=
powert und der ziviliſierten Welt entfremdet. Tiefes Leid und
ſchwere Sorgen laſten auf dieſen Menſchen.
Lebensbequemlich=
keiten, die überall in der Welt als ſelbſtverſtändlich gelten, ſind.
ihnen heute unbekannt. Die Widerwärtigkeiten des
Sowjet=
alltags zehren an ihnen. In dieſe Welt dringen nun, als
un=
gebetene und unerwartete Gäſte, die „Ausländer” ein. Wie vom
Himmel gefallen ſind ſie plötzlich da. Gut gekleidet, geſund,
be=
häbig, ſorgenlos und oberflächlich treten ſie unter ſchlecht
geklei=
dete, unterernährte, nervöſe, ſorgenvolle und faſt tiefſinnige
Menſchen, in deren Geſellſchaſt ſie durchaus deplaciert wirken.
Für die ſeit Jahren erlittenen Leiden desjenigen Teils der
ruſſi=
ſchen Bevölkerung, der nicht gerade zur bevorzugten Sowjetſchicht
gehört, könnten die Ausländer auch beim beſten Willen kein
Verſtändnis aufbringen: es iſt ihnen eine zu fremde Welt. Doch
auch die Mentalität der Sowjetführer und ihrer Mitläufer, das
„Nebolutionär=Heroiſche” dieſer Leute iſt dem Fremden kaum
faßlich, wie ihm überhaupt das ganze Land ein Buch mit ſieben
Siegeln iſt, heute mehr denn je. ..."
Höchſtens, daß ſich in den Köpfen dieſer Herren aus
Eng=
land, Amerika, Deutſchland uſw. noch etwas von den
Vorkriegs=
begriffen über Rußland erhalten hat. (Bekanntlich malten viele
ſich einſt Rußland wie ein Ragout aus betrunkenen Großfürſten,
anarchiſtiſchen Studenten und fanatiſchen Wundermönchen aus.)
Heute ſtellen ſie ſich dieſen Staat als ein gottverlaſſenes Land
vor, wo jeder zweite Menſch ein blutdürſtiger Bolſchewiſt, ein
Näuber iſt. Angeſichts dieſer phantaſtiſchen Vorſtellungen ſind
dann diejenigen Ausländer, welche ſchließlich wirklich Rußland
erblicken und ſich überzeugen, daß ihre Befürchtungen
unbegrün=
det waren, nun vom Geſchauten entzückt: ſehen ſie doch, daß
Nußland ein Land wie alle anderen iſt, aber viel eigenartiger,
bunter, ſchöner, überwältigender. . . . Sie ſehen Rußlands
un=
ermeßliche verſchneite Steppen, ſie ſehen Moskau, das tartariſche
Nom, den hunderttürmigen Kreml, das orientaliſch=ſlawiſche
Treiben auf den Straßen; ſie kommen mit gaſtfreundlichen,
groß=
zügigen Menſchen zuſammen: mit einem Wort, ſie lernen heute
jenes Land kennen, von dem bereits ſeit Jahrhunderten alle
Reiſenden geſchwärmt haben, das Land der lebensfreudigen
Moskowiter, das Land Doſtojewskis, Tolſtois und Tſchechows.. .
Sie ſind bezaubert und ſagen — „Sowjetrußland iſt
wunder=
ſchön”! Aber ſie vergeſſen, daß die Betonung, Gott behüte, nicht
auf der Silhe „Sowjet”, ſondern auf dem Begriff „Rußland”
liegt, das ſtets zauberhaft war und noch immer ſchön iſt — trotz
der dort hauſenden Bolſchewiſten.
„Es gibt in Rußland keinen Kommunismus mehr!” — das
iſt auch eine jener ſakramentalen Phraſen, welche die meiſten
Fremden nach einigen Tagen ihres Moskauer Aufenthalts vom
Stapel laſſen und nach Hauſe melden. Ein kompletter Unſinn
und überdies eine gefährliche Irreführung der europäiſchen
Oeffentlichkeit! Es hat in Rußland nie einen Kommunismus
(das heißt eine Verwirklichung des Karl=Marx=Staates) gegeben:
der Zuſtand, welcher 1918 bis 1920 in Rußland beſtand, war eine
Terrorwirtſchaft, welche nur in ihrem Urſprung von
kommuni=
ſtiſchen Experimenten ausging, die aber bekanntlich alle kläglich
mißglückt waren. Das, was ſich dann wie ein böſer Alpdruck
über Rußland legte, nannte ſich ſelbſt treffend „Bolſchewismus”,
eine „praktiſche Erſcheinung”, die vom abſtrakt gebliebenen
Be=
griff „Kommunismus”, grundverſchieden iſt. Dieſer Alpdruck
„Bolſchewismus” hat Rußland aber durchaus nicht freigegeben,
er denkt nicht daran, tot zu ſein. Wenn man alſo ſagt, es gebe
keinen Kommunismus mehr, ſo iſt dieſe Behauptung noch
inſo=
fern gefährlich, weil ſie den Anſchein erweckt, als gäbe es in Ruß=
inz”
vürde,
ttſche
Seite 2.
Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 21. Juli 19241
Rummer 201.
land überhaupt keine Bolſchewiſtenherrſchaft mehr. Das wäre
ein großer Irrtum. Die Bolſchewiſten verfügen über genau die
gleiche Machtfülle wie vor fünf oder ſechs Jahren. Daß ſie ſeit
der „neuen Wirtſchaftspolitik” etwas „milder” geworden ſind,
ändert nichts an dieſer Tatſache. Außerdem iſt dieſe „
Milde=
rung” mehr als problematiſch. Und jeder, der ſelbſt in Rußland
geweſen iſt und die Zuſtände kennt, kann es bezeugen, daß der
ſpezifiſche Druck des Bolſchewismus in keiner Weiſe von dieſem
unglücklichen Lande gewichen iſt.
Wie wenig viele Ausländer heute noch über Rußland und
den wahren Sachverhalt im bolſchewiſtiſchen Staate orientiert
ſind, beweiſt unter anderem folgende Schilderung: Der Direktor
einer großen Dampfſchiffahrtsgeſellſchaft, ein typiſcher,
ver=
knöcherter Geheimrat, kommt eines Tages nach Moskau, um mit
der Sowjetregierung einen Vertrag abzuſchließen. Vor den
Bolſchewiſten hat er ſo große Angſt, daß er buchſtäblich zittert.
Der Grund ſtellt ſich erſt heraus, als er, während eines
Empfan=
ges auf der deutſchen Botſchaft, einige Fragen aufwirft, auf die
ihm ein witziger Kollege von der Feder bereitwillig Antwort
erteilt. Dieſes Zwiegeſpräch, deſſen Zeuge ich war, verdient, als
überaus beluſtigend, wiedergegeben zu werden: Der Direktor
fragt, ſich ängſtlich umſehend: „Wird denn eigentlich hier noch
viel erſchoſſen?” und erhält folgende Antwort: „Na, danke, es
geht.‟ Dann, nach einigem Nachdenken: „Hat man nun
wirk=
lich alles aufgeteilt?” — „Noch nicht, man hat es vorläufig
ver=
ſchoben.” Eine nochmalige Pauſe, darauf: „Und wer regierk denn
hier nun eigentlich?” — „Noch immer dieſelben.” „Und zum
Schluß: „Na, und was iſt denn eigentlich ein Bourſhui?”
„Zum Beiſpiel — Sie ſelbſt, verehrter Herr!” Schallendes
Ge=
lächter begleitete dieſe Unterhaltung und namentlich die
Schluß=
antwort, denn für Leute, die den revolutionären Sowjettatſachen
ſo weltfremd gegenüberſtehen wie der gute Geheimrat, hat der
Ruſſe keinen beſſeren Ausdruck als „Bourſhui” — eine
Ruſſifi=
zierung des franzöſiſchen „Bourgeois”.
Aber zur Ehre dieſes Geſchäftsmannes muß geſagt werden,
daß ſeine ſo augenfällig demonſtrierte Jgnoranz in
ſowjetruſſi=
ſchen Dingen ihn nicht gehindert hat, dennoch einen Vertrag mit
der Sowjetregierung glücklich abzuſchließen. Im allgemeinen
braucht jedoch ein ausländiſcher Kaufmann in Rußland weniger
berufliche Geſchicklichkeit an den Tag zu legen, als mit den
Sit=
ten und Gebräuchen der aſiatiſchen Völker vertraut zu ſein. Und
die „Wſiatka” — das Schmiergeld — iſt in dieſem Lande immer
noch die beliebteſte Sitte und der ehrwürdigſte Brauch. . .."
Man ſagt, der Deutſche verſtehe die „Mentalität” des Ruſſen
am beſten, weil er in ſeiner nächſten Nachbarſchaft lebt. Davon
merkt man in Rußland wenig. Höchſtens, daß unter den in
Mos=
kau anſäſſigen Ausländern die Deutſchen ſtark in der Mehrzahl
ſind. Dagegen haben ſie aber durch allerhand Ungeſchicklichkeiten
leider einen Teil ihrer anfänglichen Sympathien bereits wieder
eingebüßt. Geſchäftlich ſcheinen die Engländer und Amerikaner
am eheſten zu proſperieren. Angenehm fallen ſie indeſſen nicht
auf. Es liegt etwas unausſprechlich Hochmütiges und
Selbſt=
zufriedenes in ihrem ganzen Auftreten, als wollten ſie ſagen:
„Wir ſind ſo wahnſinnig reich; wir können uns alles erlauben!“
Schon durch ihr „ausländiſches Aeußere” machen ſie ſich im
orientaliſch=ſlawiſchen Moskau beſonders bemerkbar. Denn,
trotz der dreijährigen Dauer des „Neuen Kurſes”, fällt jeder
Ausländer auch heute allein durch ſeine Kleidung inmitten des
grauen und ärmlich gekleideten Sowjetpublikums überall auf.
Und die Straßenbengel rufen dem Fremden nach „Inaſtraßez”
d. h. Ausländer, oder auch „Bourſhui” was ebenfalls kein
Koſe=
name iſt.
Alle Ausländer, die nach Rußland kommen, namentlich aber
die Engländer und Amerikaner, werden von einer wilden
Kauf=
gier erfaßt. Sie irren täglich durch die Straßen und Märkte und
kaufen die unglaublichſten Dinge. Dieſe Kauſſucht erweckt den
Eindruck, als hätten ſie in Rußland für nichts anderes
Inter=
eſſe, als für den „Ausverkauf Rußlands” und Kaviar.
Ge=
wahren ſie es denn nicht, daß ſie in einem Lande ſind, wo
täg=
lich Hunderte von Menſchen Hungers ſterben? Auf den
Märk=
ten kaufen ſie Schniuckſachen und Pelze. Denken ſie denn nicht
daran, daß es die letzte Habe der verarmten Bourgeoiſie ift, die,
nur durch größte Not gezwungen, ihre liebſten Familienandenken
auf den Markt trägt? Auf der „Schwarzen Börſe” erſtehen ſie
billig ausländiſche Effekten und exotiſche Wertpapiere. Stoßen
ſie ſich denn nicht daran, daß alles, was da feilgeboten wird,
Diebesgut iſt und aus den Safes ermordeter Bürger ſtammt?
„Mit Vorliebe beſuchen die Ausländer die neu eröffneten
Reſtaurants und freuen ſich darüber, daß dort „alles ſo wie im
Frieden” iſt. Der feinfühligere Fremde ſollte überhaupt dieſe
Lokale meiden. Sie ſind doch nur zur Befriedigung der
Protz=
ſucht der Sowjetſchieber geſchaffen, für die Gelage von
zweifel=
haften Exiſtenzen, an deren Fingern Blut und Schmutz klebt.
In dieſer Geſellſchaft zu ſpeiſen iſt nicht ehrenvoll. Auch kann es
nicht behagen, in einem Lande öffentlich zu zechen, wo das
ganze Volk bittere Not leidet. Um es richtig zu ſchildern — es
herrſcht in Rußland heute derſelbe Zuſtand (ſchwerſtes Elend
und üppigſter Ueberfluß — eng nebeneinander), wie in
Deutſch=
land und Oeſterreich, aber alles ins Uebermeßliche, ins
Gigan=
tiſche, ins „Ruſſiſche” geſteigert.
Es iſt eine Tatſache, die nicht vergeſſen werden ſollte, daß
es im heutigen Rußland, außer prunkvollen Paraden der Roten
Armee, der „Schwarzen Börſe” dem hunderttürmigen Kreml
und dem Maloſſol=Kaviar, noch andere Dinge gibt, die dem
Fremden oft verborgen bleiben, die aber trotzdem wert ſind,
be=
achtet zu werden. . .
*Paſtor von Bodelſchwings Fürſorge
für die Handwerksburſchen.
Paſtor von Bodelſchwingh, der bekannte Gründer der
Arbeiter=
kolonien, war eine originelle Perſönlichkeit, und von manchem
heiteren Stücklein aus ſeinem bewegten, von der Liebe zur
Menſchheit erfüllten Leben wird erzählt. So wollte er die erſte
Fürſorgeſtelle für die Handwerksburſchen begründen. Der
Kreistag ſollte die Mittel dazu bewilligen. Bodelſchwingh war
aber nicht ſicher, ob ſein dahingehender Antrag angenommen
würde. Kurz entſchloſſen, machte er ſich eines Tages nach der
Stadt auf, in der der Kreistag zuſammentreten ſollte. Es war
noch ſehr früh am Morgen, als er ankam und nach einigem
Suchen auch das Hotel auffand, in dem der Herr Landrat
logierte. Das Hotelperſonal lag noch in tiefem Schlummer,
nur der Hausknecht war an der Arbeit und putzte die Stieſel,
Bodelſchiingh fragte ihn, welches Zimmer der Herr Landrat
bewohne und welches ſeine Stiefel ſeien. Der Hausknecht nannte
ihm die Nummer, zeigte ihm auch die landrätliche Fußbekleidung.
Seelenruhig nahm Bodelſchwingh die Stiefel und wollte
fort=
gehen. Da aber ſchrie der Hausknecht auf: „Aber, Herr Paſtor
was woilen Sie machen?” — „Mein Sohn, ich muß unbeding:
den Landrat ſprechen, noch ehe er mit den anderen Herren
zu=
ſammentrifft. Und da will ich ihm die Stiefel bringen.” — „Um
Gottes willen, Herr Paſtor, machen Sie mich nicht unglücklich;
Sie bringen mich um meine Stellung. Der Landrat will vor
acht Uhr nicht geſtört ſein.” — „Laß mich nur die Sache machen
mein Sohn, ich nehme die Verantwortung auf mich.” — So
gin=
er ins Zimmer des Kreisgewaltigen, der noch in ſüßem
Schlum=
mer lag. Der fuhr nicht ſchlecht in die Höhe, als er eine
gemüt=
liche Stimme hörte: „Guten Morgen, Herr Landrat!” —
Schlaf=
trunken ſtarrte er den ſtämmigen Frühbeſucher an. „Was wollen
Sie?” — „Ich bringe Ihnen Ihre Stiefel, Herr Landrat.”
„Ja, um des Himmels willen, wer ſind Sie denn?” — „Ich
bin Paſtor von Bodelſchwingh.” — Das Geſicht des Landrats
nahm einen ganz verdutzten Ausdruck an. Raſch wollte er aus
dem Bett fahren und ſich ankleiden. Aber Bodelſchwingh ſetzte
ſich vor ihm auf den Bettrand, ergriff ſeine Hand und redete zu
Vom Tage.
Auf dem Bundestag der bayeriſchen Beamten wurde
gegen das Beamtenbeſoldungsgeſetz proteſtiert, mit der
Forderung, daß ſowohl das Ermächtigungsgeſetz, wie auch das
Reichs=
ſperrgeſetz beſeitigt und bis zur Regelung des neuen
Beſoldungsge=
ſetzes eine Notſtandshilfe für die unteren Beamten gegeben, ſowie eine
Gehaltsordnung geſchaffen werde.
In Hannover iſt auf Antrag der Staatsanwaltſchaft die
Vor=
unterſuchung gegen Haarmann und Granz eröffnet
worden.
Zum Rektor der Univerſität München wurde mit
gro=
ßer Mehrheit Geheimrat Profeſſor Wagner gewählt, der
der juriſtiſchen Fakultät angehört.
Nach einer Meldung aus Thorn hat die dortige Polizei bei
einer Hausſuchung in einem Privatgebäude eine geheime
Bom=
benfabrik und ein Lager von Sprengſtoffen entdeckt.
Die Polizei hat im Zufammenhange damit zahlreiche
Verhaf=
tungen vorgenommen.
Das griechiſche Kabinett Papanaſtaſius wurde
ge=
ſtürzt. Die Regierung erhielt bei der Abſtimmung nur 131 von 309
Stimmen.
Der belgiſche Großinduſtrielle Baron Coppee
der angeklagt war, während des Krieges den Deutſchen zur
Herſtel=
lung von Exploſivſtoffen die notwendigen chemiſchen Produkte
gelie=
fert zu haben, iſt freigeſprochen worden.
Die Londoner Sonderberichterſtatter der Pariſer Morgenpreſſe
nehmen an, daß am nächſten Mittwoch die Deutſchen zur
Londoner Konferenz eingeladen würden. Der
Bericht=
erſtatter des Matin glaubt, daß in dieſem Falle ſchon in dieſer Woche
das Schlußprotokoll der Konferenz zuſtande kommen werde.
Der amerikaniſche Senator Wheeler hat, erklärt, daß er die
Kandidatur als Vizepräſident auf der Liſte
La=
follette annehmen wolle.
Die Beratungen am Sonntag.
Vor dem Abſchluß der Konzmiſſionsarbeiten.
SD. London, 20. Juli. Da unter allen
Konferenzteilneh=
mern der Wunſch vorherrſchte, die Londoner Konferenz ohne
jeden Verzug ſo bald wie möglich zu Ende zu führen, ſind heute
von der zweiten Kommiſſion, die ſich bekanntlich mit dem
Räu=
mungsplan des Franzoſen Seydoux beſchäftigt, die Arbeiten in
einer Sonntagsſitzung fortgeſetzt worden. Dieſe ſind, nach
eng=
liſchen Verlautbarungen, ſo gut wie beendet worden, ſo daß einer
eventuell am Dienstag abzuhaltenden Vollſitzung der
Konferenz der Bericht auch dieſer Kommiſſion vorliegen
werde.
44
Der „anerikanſche Jurger".
Von unſerem Korreſpondenten.
London, 19. Juli. (Durch Flugpoſt.)
Man iſt hier ſelber überraſcht, wie ſchnell die Dinge vor ſich
gehen. Es wird eben mit außerordentlicher Energie gearbeitet,
die kluge und taktvolle Weiſe, in welcher Sir Robert Kindersley
die Arbeiten der dritten Kommiſſion bereits ihrem Ende nahe
geführt hat, findet beſonders allſeitige Anerkennung. Aber
trotz=
dem man den hohen Berg ein gut Stück hinaufgekommen iſt,
bleibt doch noch der ſchlimmere Teil trotz allen guten Willens,
vor allem auf engliſcher und amerikaniſcher Seite, in geduldiger
Arbeit zu überwinden.
Auf britiſcher Seite wird der Nominierung eines
amerika=
niſchen Bürgers als Sondermitglied der Repko zur Beurteilung
angeſchuldigter Verfehlungen der Deutſchen ein größtes Gewicht
beigelegt. Ob er offiziell ernannt iſt oder nicht, das ganze
Ge=
wicht der öffentlichen Meinung in den Staaten wird ſtets
hinter ihm ſtehen und ebenſo die in Frage kommende
Finanz=
gruppe. Der „amerikaniſche Bürger” hat gewiß nur
eine Stimme, aber eine ſehr gewichtige, und ſeine Nominierung
wird daher ein großes neues Maß von Unparteilichkeiten in die
Repko bei der Beurteilung von Verfehlungen Deutſchlands
hinein=
tragen. Auf der anderen Seite wird ſie fraglos das Zutrauen
zu der Sicherheit der anzulegenden Kapitalien bei den
ameri=
kaniſchen wie engliſchen möglichen Anleihezeichnern ſtärken.
Aber es zeigt ſich jetzt ſo recht, daß doch noch einige
Diffe=
renzen zwiſchen den franzöſiſch=belgiſchen und
den engliſchen Anſchauungen zu begleichen ſind.
Wir führen nur einige Beiſpiele an: Der engliſche Vorſchlag
über die Behandlung der Verfehlungen hat einen Zuſatz, in dem
vorgeſchlagen wird, am Ende des § 18 des Annexes zum
Teil VIII des Verſailler Vertrages die Beſtimmung einzufügen,
daß keine Maßnahmen, die eine Einmiſchung in unſere
wirt=
ſchaftliche oder fiskaliſche Einheit oder eine Beſetzung deutſchen
Gebietes einſchließen, ergriffen werden dürfen, wenn nicht der
Generalagent für die Reparationszahlungen und der
Treuhän=
der für die fremden Bonsinnehaber gemeinſam" berichtet haben,
daß eine flagrante Verfehlung Deutſchlands vorliegt, und ſolche
Verfehlung für die Repko überzeugend feſtgeſtellt iſt. Die
Fran=
zoſen erklären, daß dies eine Verleihung eines Vetorechts an den
Generalagenten und den Treuhänder bedeute. — Auf engliſcher
Seite möchte man ein Datum für das Inkrafttreten des
Dawes=
planes feſtſetzen, wenn möglich, den 15. Auguſt. Die Franzoſen
wollen etappenweiſe nach ſpezifierten Ereigniſſen und nicht nach
Daten zur Inkraftſetzung kommen. Die Franzoſen möchten den
Deutſchen wenig mehr als das Recht der Unterzeichnung
zuge=
ſtehen, vielleicht mit einer Regiſtrierung ihrer Bemerkungen über
einzelne Punkte für künftige Verhandlungen. Das iſt weder der
engliſche noch der amerikaniſche Standpunkt.
ihm ſo herzbeweglich von der Not der „lieben Brüder von der
Landſtraße”, die auf freiem Felde kampieren müßten, kein
ſchönes Bett hätten wie der Herr Landrat, daß dieſem ganz
angſt und bange wurde. — Und der Landrat mochte ſich noch
ſo ſehr weigern, der Paſtor ließ mit Bitten nicht nach, bis jener
ihm verſprochen hatte, daß er nichts einwenden wolle, wenn der
Antrag zur Beratung käme.
In demſelben Hotel logierten noch einige
Kreistagsabge=
ordnete. Als ſich die Herren bei der Kaffeetafel einfanden, hub
der Landrat mit betrübter Miene an: „Ich muß Ihnen nur
ge=
ſtehen, meine Herren, daß ich heute morgen ſchon Geld bewilligt
habe.” — „So?” meinte der Nachbar zur Linken, „ich habe
das=
ſelbe getan.” — „Ich auch, ich auch!” erſcholl es rings im Chor,
Da kam es heraus, daß Bodelſchwingh allen den Herren die
Stiefel gebracht und ſie ſo lange bearbeitet hatte, bis ſie ihr
Jawort gaben.
Ein andermal handelte es ſich darum, daß für die
katho=
liſchen Wanderarmen etwas getan würde. Dazu brauchte
Bodel=
ſchwingh die moraliſche und pekunjäre Unterſtützung des Biſchofs
von Paderbern. So fuhr er eines Tages dorthin und ging ins
Biſchofspalais. Der Portier kannte ihn. „Ach, Herr Paſtor,”
ſagte er treuherzig, „gehen Sie heute nur nicht hinein, der Herr
Biſchof iſt zu ſehr in Anſpruch genommen, und da hat er
ge=
wöhnlich ſchlechte Laune.” — „Schön, mein Sohn,” war die
Ant=
wort, „dann komme ich ſpäter mal wieder.” — Bodelſchwingh
nahm ſeinen Hut, den er auf einen Garderobenſtänder gehängt
hatte, und ging zum Bahnhof. Unterwegs fiel ihm auf, daß
er von allen, die ihm begegneten, ſo reſpektvoll begrüßt wurde.
Auf dem Bahnhof traf er mit einem Freund zuſammen, der
ſchaute ihn an, als traute er ſeinen Augen nicht. „
Menſchen=
kind, ſeit wann biſt du denn Biſchof?” — „Ich — Biſchof? Wie
meinſt du denn das?” — „Na, du haſt doch einen Biſchofshut
auf.” — Richtig! Bodelſchwingh hatte ſich vergriffen und war
in dem Hut mit der violetten Biſchofsſchnur weggegangen. Ja,
was nun? So konnte er doch unmöglich abfahren. Er kehrte
alſo wieder um, ließ ſich beim Biſchof melden und erzählte dieſem
die Hutgeſchichte mit ſo originellen Worten, daß der Biſchof
Tränen lachte und — auf Bodelſchwinghs Wunſch einging.
Aus dieſen beiden Epiſoden, die aus dem Leben
Bodel=
ſchwinghs berichtet werden, erſehen wir, daß Bodelſchwingh nicht
Oberſi Houſe über die Londoner Konferenz.
SD. London, 21. Juli. Oberſt Houſe, Mitglied der
amerikaniſchen Friedensdelegation in Paris im Jahre 1919 und
einer der Hauptmitarbeiter am Friedensvertrag von Verſailles.
gewährte einem Vertreter der New=York Tribune eine
Unterredung, in der er der Hoffnung Ausdruck gab, daß es der
gegenwärtigen Londoner Konferenz gelingen möge, praktiſche
Mittel zur wirkſamen Ausführung des Dawesplanes und damit
eine endgültige Löſung des ſo ſchwierigen Reparationsproblems
zu finden. Die Löſung ſei durch das Wiederaufleben des
ame=
rikaniſchen Intereſſes an europäiſchen Angelegenheiten und durch
die kommende Teilnahme Amerikas in der
Reparationskommiſ=
ſion in greifbare Nähe gerückt. Die ungeheuerlichen
Schwierigkeiten der letzten fünf Jahre ſeit dem Waffenſtillſtand /b
hätten vermieden werden können, wenn die Vereinigten Staaten
den Friedensvertrag von Verſailles ratifiziert und ein
amerika=
niſches Mitglied für die Reparationskommiſſion ernannt hätten,
wie es ja auch eigentlich geplant geweſen ſei.
Die Abweſenheit eines Amerikaners mit Stimmberechtigung
in der Repko habe deren Arbeiten bisher zur Unfruchtbarkeit
ver=
dammt, da der franzöſiſche Einfluß in dieſer Kommiſſion danl
der Beſtimmung, daß die Stimme des Präſidenten, der immer
Franzoſe geweſen ſei, bei Meinungsverſchiedenheiten den
Aus=
ſchlag gebe, vollkommen überwogen habe. Deutſchland würde ſich
zweifellos viel entgegenkommender gezeigt und auch größere
An=
ſtrengungen gemacht haben, die Direktiven der
Reparationskom=
miſſion auszuführen, wenn die Repko ein amerikaniſches Mitglied
beſeſſen hätte. Das neue Intereſſe an all dieſen Fragen ſei durch
die Bereitwilligkeit des Weißen Hauſes in Waſhington und des
amerikaniſchen Staatsdepartements bezeichnet worden, die Herren
Dawes, Young und Robinſon in die Sachverſtändigenausſchüſſe
der Reparationskommiſſion zu entſenden, ſowie auch die
gegen=
wärtige Vertretung Amerikas auf der Londoner Konferenz durch
Kellog und Logan und die gleichzeitige Anweſenheit von Hughes
und Young in London.
Sowohl der engliſche Miniſterpräſident Macdonald und ſei
franzöſiſcher Kollege Herriot hätten den aufrichtigen Wunſch,
end=
lich einmal Klarheit in die verzwickte Reparationsfrage zu
brin=
gen, und das Dawesgutachten ſei ihnen dabei das beſte und ge
eignetſte Mittel. Dabei befinde ſich der engliſche
Mini=
ſterpräſident in der günſtigen Poſition, daß auck
die engliſchen Oppoſitionsparteien mit bezug auf die Repara
tionsfrage dasſelbe Ziel wie er verfolgten und ſie ihn in ſeinen
Beſtrebungen, mit Frankreich wie auch mit Deutſchland zu einen
Uebereinkonmen zu gelangen, aufrichtig unterſtützen würden
Herriot habe eine weit ſchwierigere Aufgab
vor ſich, da die Stärke der Poincariſten. im Senat es für ihn un
gemein ſchwierig mache, der öffentlichen Meinung klar zu machen
daß die berechtigten Anſprüche Frankreichs immerhin auf den
Boden der realen Tatſachen geregelt werden müßten. Alle ſeien
ſich über die Berechtigung des franzöſiſchen Anſpruches einig, ein
vollſtändige Entſchädigung für die Frankreich zugefügten Schä ß
den zu verlangen. Aber da dies gegenwärtig unmöglich ſei, müßt
die franzöſiſche Politik darauf hinauslaufen, zum wenigſten das
höchſtmögliche Maximum an Reparationen zu erreichen. Er habe
mit außerordentlicher Befriedigung vernommen, daß Youn/
höchſtwahrſcheinlich den Poſten als Generalagent der Repara
tionen annehmen werde.
Die Errichtung der neuen Goldnotenbank werde zwei
fellos dazu dienen, das Vertrauen der verbündeten Mächt
Deutſchland gegenüber weſentlich zu ſtärken. Die deutſche Regie
rung werde jedoch den Sachverſtändigenplan nicht freiwillig aus
führen können, wenn ſie nicht die Unterſtützung der öffentlichet
deutſchen Meinung hinter ſich haben werde, und er glaube des
halb, daß man aus dieſem Grunde dem deutſchen Volke ganz be e
ſtimmte Daten nennen und die baldige Räumung des
Ruhr=
gebietes für den Fall in Ausſicht ſtellen müſſe, daß Deutſchland
guten Willen zeige und alle Anſtrengungen mache, ſich ſeiner
Reparationsverpflichtungen ehrenhaft zu entledigen.
Nach Erledigung des Reparationsproblems ſei dann noch die
Frage der Sicherheit zu löſen, und er unterſtütze dabei ſeh
den PlanAſquiths, der den Abſchlußgegenſeitige
Garantiepakte unter den Auſpizien des Völker
bundes auch für Deutſchland vorſehe. Deutſch
land müſſe unbedingt in den Völkerbund auf
genommen werden. Ebenſo müſſe es einen ſtändigen Sit
im Völkerbund erhalten, denn man dürfe nicht leugnen, daß e
auch heute noch eine der größten Weltmächte ſei. Deutſchlan!
werde durch die Aufnahme in den Völkerbund im Zaume ge
halten und deshalb beſſer zur Erfüllung der Verpflichtungen an
gehalten werden. Dies ſei eine Sicherheit, die es Frankreich er
möglichen werde, ſeine großen Ausgaben für Heeresleiſtunget
abzubauen und ſeiner Wirtſchaft zugute kommen zu laſſen.
Nach der Regelung dieſer Frage bleibe noch die die Ver
bands=Kriegsſchulden übrig. Dieſe Frage ſei aber nich
ſo dringlich. Er ſehe der Löſung all dieſer Fragen mit größten
Optimismus entgegen und bedauere nur, daß die letzten fün
Jahre ſo durchaus ergebnislos und unfruchtbar verlaufen ſeien
und durch dieſe ſtändige Ergebnisloſigkeit alle alliierten Be
mühungen um eine Einigung in der Reparationsfrage wie ein
ſtändige Friedensbedrohung über Europa geſchwebt habe. Er /
der feſten Zuverſicht, daß nunmehr eine Einigung zwiſchen der
verbündeten Mächten und Deutſchland auf vernünftiger Grund
lage zuſtandekommen werde. Das wäre aber ſchon längſt möglie
geweſen, wenn die Vereinigten Staaten von Anfang an ſich ſol
dariſch mit den Verbündeten erklärt hätten.
nur eine höchſt originelle Perſönlichkeit, ſondern auch ein Menſe
von ſelbſtloſer Nächſtenliebe geweſen iſt.
Römheld.
Kunſt, Wiſſenſchaft und Leben.
„Der Hellweg”, die bekannte, in Eſſen erſcheinend
„Wochenſchrift für deutſche Kunſt”, hat ihre neueſte Nummer al
Sonderheft „Die Kunſt Südweſtdeutſchlands”, herausgegebe
und erſcheint auf dem Titelblatt mit einem Bilde von Olbrick.
Hochzeitsturm und den Ausſtellungshallen auf der Mathilden
höhe geſchmückt. Es bringt eine Reihe von Bildern der dies
jährigen Darmſtädter Kunſtausſtellung, eine Notenbeilage de
Darmſtädters Wilhelm Peterſen (aus „Kleine Stücke” für Vick
line und Klavier), Aufſätze über „Die Kunſt Südweſtdeutſch.
lands”, „Darmſtädter Tonkunſt” (worin u. a. das Tonkünſtlerſe.
vom 16. Juni beſprochen wird) u. v. a. Der Monatsbezugsbrel
der leſenswerten Zeitſchrift beträgt zurzeit nur 1.— Mk.
Zur 50. Hauptverſammlung des Deutſch
und Oeſterreichiſchen Alpenvereins hat die in
Ber=
ſteigerkreiſen beſtbekannte Wochenſchrift „Der Bergſteiger” me
der Nr. 29 vom 18. Juli eine Feſtausgabe herausgegeben, au
deren reichem, bildgeſchmücktem Inhalte wir hier nur anführe
können: Zur 50. Jahres=Hauptverſammlung des Deutſchen un
Oeſterreichiſchen Alpenvereins. — Ernſt Zettler, Ziele des Deu!
ſchen und Oeſterreichiſchen Alpenvereins. — Emil Gretſchman”
Die Totenkiichl=Oſtwand. — Karl Krall, Kalkberge im Stuba
— Anton Schmid, Gletſcherfahrten. — A. Dreyer, Das deutich
Bergſteigerſchrifttum der letzten, fünf Jahre. — Karl Muue!
Oeſterreichs Berge im Relief. — Alpine Nachrichten. Dieſe her
vorragenden Vertreter des deutſchen Alpinismus geben diele
Feſtfolge eine ganz beſondere Bedeutung und dem großen Kreil
deutſcher Bergſteiger, ein äußerſt wertvolles Erinnerungs9e
deſſen Anſchaffung, Einzelpreis 3000 Kr., ſtaunend billig zu be
zeichnen iſt. Dieſe Ausgabe enthält auch drei prächtige Gede‟
zeichnungen von Hermann Handl und wird dem „Bergſteig.”
viele neue Freunde zuführen. Beſtellungen ſind unmittelbar."
die Verwaltung des „Bergſteiger”, Wien VII, Kandlgaſſe 19/*
zu richten. (Vierteljahrsbezug 15 000 Kr. bezw. 1 Goldmark.4
Rummer 201.
Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 21. Juli 1924,
Seite 3.
b
Jahrhundertfeier des Eulbacher Marktes
in Erbach i. O.
(Von unſerem Sonderberichterſtatter.)
„Erbacher Feſttage” — im Grunde reicht dieſes Signum der Feſt=
Sanſtaltungen aus Anlaß der Zentenarfeier des Eulbacher Marktes
weitem nicht aus. Wohl hat Erbach die Initiative gehabt zu dem
zzügigen Feſt, das unendlich mehr iſt als etwa der Rummel einer
ksbeluſtigung, das in ſeinem Aufbau und Verlauf eine
hiſtoriſch=
skundliche Tat bedeutet; wohl iſt Erbach, das aufblühende Oden=
* ſtädtchen (mit weitgehender tatkräftiger Unterſtützung des hier
reſi=
enden Fürſtenhauſes zu Erbach=Erbach) Veranſtalterin und
Gaſt=
rin — aber das Feſt umfaßt den ganzen Odenwald und weite
e der heſſiſchen Heimat, ja darüber hinaus auch der angrenzenden
aten. Nicht nur, daß ungezählte Tauſende geſtern, am erſten
Sonn=
des Eulbacher Marktes, nach Erbach pilgerten — ſicher waren
25000 Menſchen
verſammelt — auch die kulturelle und wirtſchaftliche Auswirkung
ßt den ganzen Odenwald und zieht weite Kreiſe darüber hinaus.
hiß, das wunderſchöne Sommerwetter mag dieſen Maſſenbeſuch ſtark
inſtigt haben, aber das ſchmälert nicht das Verdienſt Erbachs und
3 Männer, die in wochen= und monatelanger Arbeit dieſe Jahrhun=
1 feier vorbereitet haben und mit ſo ganz ungewöhnlich gutem
Er=
großzügig zur Durchführung bringen. Allen voran Erbgraf
exander zu Erbach=Erbach und Bürgermeiſter
Deng=
denen ſich eine große Anzahl von Mitarbeitern aus allen
Krei=
der Bevölkerung zur Verfügung geſtellt hatten. Aus allen
iſen! Das iſt das Schöne und Bedeutſame dieſer Jahrhundertfeier.
3 in keiner Gegend des lieben deutſchen Vaterlandes in der Neuzeit
lich war, Erbach und die Odenwälder haben es geſchafft. Die
be zur Heimat, zur Scholle und die Anhänglichkeit an die
gangenheit, an die Bräuche der Väter und Urväter hat hier er=
3ſt, daß alle politiſchen und ſozialen Gegenſätze vergeſſen,
ausge=
en waren in dem einen Gedanken, dem einen Wunſche:
Heimat zu dienen, der Väter Ueberlieferungen zu pflegen. Das iſt
Schönſte, ſchier Erhebende an dieſem Volksfeſte, das dadurch
turm=
ſteht über viele, leider allzu viele Feſte, die man heute feiern zu
ſen glaubt. Und Erbach und die Odenwälder dürfen und ſollen
ſein auf dieſen einzigartigen Erfolg. —
Ueber die Geſchichte und Bedeutung des „Eulbacher
Mark=
haben wir bereits mehrfach in Vorartikeln berichtet, ſo daß wir
heute und die folgenden Tage auf die Schilderungen der einzelnen
Stage beſchränken können. Der erſte Tag, Samstag, wurde eingeleitet
einer
Tagung des Odenwaldverkehrsbundes,
in der ſchönen neuen Feſthalle „Unter den Linden” ſtattfand. Dieſer
htvolle Bau, der ſo ſchön in die Landſchaft der Umgebung hinein=
It wurde (in der unglaublich kurzen Zeit von acht Wochen!)
ver=
t ſeine Verwirklichung im Weſentlichen der Opferfreudigkeit des
grafen zu Erbach=Erbach. Auch hierüber wurde bereits berichtet.
Zu der Tagung des Odenwald=Verkehrsbundes waren u. A.
erſchie=
der Vorſitzende des Bundes, Regierungsrat Dr. Rösner=Würz=
, der die Verhandlungen auch leitete, der Vorſitzende des Verban=
Heſſiſcher Verkehrsvereine, Herr Stemmer=Darmſtadt, Bürger=
Zter Angermeier=Bensheim, Vertreter von Amorbach, Eberbach uſw.,
2 zahlreiche Mitglieder des Bundes und des Verkehrsvereins Erbach.
„K= Regierungsrat Dr. Rösner begrüßte die Erſchienenen herzlichſt
21 entwickelte dann den Plan einer Automobilverbindung von Mil=
*erg über Amorbach, Michelſtadt, Erbach, in Richtung Bensheim
3 Unterſtützung und Ergänzung der hier bekanntlich ſehr mangelhaf=
*Bahnverbindungen. Er führte aus, daß die früheren
Verhandlun=
g ſich infolge der Inflation zerſchlagen hätten und daß die Arbeit
mehr intenſiv von Neuem beginnen müßte. Die proviſoriſche
Ver=
ung während des Jahrhundertfeſtes von Miltenberg nach Erbach
ein guter Anfang. — In der Ausſprache legte Herr Stemmer
Verſammlung einen großzügigen Plan zum Zuſammenſchluß ſämt=
Verkehrsverbände Heſſens zu gemeinſamer Arbeit vor, wodurch
flüſſige und unproduktive Parallel=Arbeit vermieden werden könnte.
Weiter wurde die Eilzugverbindung Frankfurt=Darmſtadt durch den
awald nach Eberbach, Stuttgart und München eingehend beſprochen
die propagandiſtiſche Arbeit in dieſer Richtung beſchloſſen. Die
führungen des Herrn Dr. Rösner über dieſe und weitere Ver=
Sprojekte wurden mit allgemeinem Beifall aufgenommen.
Die Verhandlungen wurden dann auf Sonntag vertagt. Ein
ge=
iſames Feſtmahl vereinigte die Teilnehmer in der Feſthalle.
rend des Mahles richtete Erbgraf Alexander zu
Erbach=
bach im Namen des Feſtausſchuſſes herzliche Worte der Begrüßung
die Erſchienenen und wies im weiteren auf die Bedeutung des
Eul=
er Marktes für den ganzen Odenwald hin, daran erinnernd, daß
er Markt eine Schöpfung ſeines Ur=Ur=Großvaters, des Grafen
nz zu Erbach=Erbach ſei, dem Erbach überhaupt viel zu verdanken
2. — Bürgermeiſter Dengler=Erbach begrüßte die Feſtgäſte im
nen der Stadt und daukte dem Erbgrafen Alexander auh vor dieſem
mium ſchon für die tatkräftige Hilfe und fördernde Unterſtützung
der Vorbereitung des Feſtes und beſonders der Errichtung der ſchö=
Feſthalle. — Erbgraf Alexander begrüßte dann von den
aus=
tigen Gäſten beſonders Geheimrat Profeſſor, Dr. von Duhn, dem
nnten „Altertumsforſcher der Univerſität Heidelberg, der mit ſeinen
denten alljährlich die Sammlungen im Erbacher Schloſſe aufſucht
hier manche wertvollen Anregungen und Forſcherreſultate ſeinen
üilern vermittle. — Geheimrat Dr. von Duhn dankte namens der
te für die herzlichen Begrüßungsworte und hob im weiteren
rüh=
id die Bedeutung des Gräflichen Hauſes Erbach für die Stadt und
ganzen Odenwald hervor.
Eie Einweihung der Feſthalle.
Abends 8 Uhr verſammelte ſich ganz Erbach in ſeiner neuen ſtolzen
halle „Unter den Linden” zur Einweihungsfeier. Ein reichhaltiges
programm war für das Weihefeſt aufgeſtellt. Der muſikaliſche Teil
in den Händen der Orcheſtervereinigung Erbach, die
un=
der Leitung des Herrn Kapellmeiſters Löllgen ganz vorzügliches
ete. Nach einleitender Orcheſtermuſik und einem von Herrn Glenz
orochenen Prolog auf den Grafen Franz, einer Dichtung des Herrn
tors Schulz, ſowie Geſangsvorträgen, erfolgte die Uebernahme
Feſthalle durch Herrn Bürgermeiſter Dengler, der in ſeiner
iherede u. A. ausführte, daß Erbach mit Recht ſtolz und dankbar das
e Bauwerk in teure Obhut übernehme. Dieſe ſchöne Halle ſoll in
er Linie mit dazu beſtimmt ſein, der körperlichen und ideellen
Ertüch=
ung der Jugend zu dienen. Jugend bedeutet Frohſinn und Lebens=
1de, Dinge, die in der heutigen Zeit ſchwerer Nöte beſonders hoch zu
anſchlagen ſind. Der Jugend aber gehört auch die Zukunft unſeres
lkes. Auf ſie bauen wir, ſie iſt unſere Hoffnung. Niemand kann
um mehr Anſpruch darauf erheben, den Schlüſſel des neuen Baues
rgeben zu dürfen, als die Jugend, und aus ihren Händen nimmt die
idtverwaltung ihn mit keſonders freudigen Gefühlen entgegen.
ißer Dank erfüllt die Herzen der Bürger und ihrer Vertreter für die
jaffung des Bauwerkes. Dank beſonders für den Baumeiſter, Dank
* vor allem für den Grafen zu Erbach=Erbach, deſſen großherzige
iftung des Baumaterials den Bau der ſtolzen Halle ermöglichte.
ige der Geiſt der Einmütigkeit, der dieſes Feſt beherrſchte, alle Zeiten
er den Veranſtaltungen in dieſer Feſthalle erſtrahlen. Nach herzlicher
grüßung der erſchienenen Gäſte warf Redner dann einen kurzen
Eblick auf die Geſchichte des Baues und die Vorbereitungen des
tes. Ein unendlich großes Stück Arbeit ſei im Intereſſe Erbachs und
Bewohner des ganzen Odenwaldes geleiſtet worden. Gewiß,
Mieß=
cher waren auch hier am Werk, aber frohe Zuverſicht und ſtolzerfüll=
Mitarbeiten aller Kreiſe der Bevölkerung hat alle Bedenken ſieghaft
erwunden. Man arbeitete für eine gute Sache, die der Heimat
ge=
dmet iſt und ihr allein dienen ſoll, darum mußte ſie Beſtand haben.
te Saat wurde auf guten Boden geſät, und wenn ſie, wie bisher,
ter Pflege ſich auch in Zukunft zu erfreuen hat, wird die Ernte im=
* reich ſein. Das hiſtoriſche Feſt und die neue Feſthalle ſind der
olz des Stadtvorſtandes, der ſich ſtets bewußt bleiben wird, welch
kbares Gut ihm anvertraut iſt. Redner warf dann einen Nückblick
die hiſtoriſche Vergangenheit und Bedeutung des Eulbacher
Mark=
ſeit der Gründung durch den Grafen Franz und legt dar, wie
dieſe Gründung der Förderung der Wirtſchaft in ſchwerer Zeit dienen
ſollte und gedient hat. Es war eine gute Sache, darum hatte ſie
Be=
ſtand! Und dieſen Beſtand muß ſie behalten in alle Zukunft. Die
maßgebenden Männer der Stadt werden ſich ſtets deſſen bewußt ſein
und der Tatſache, daß es die Heimatliebe iſt, die allein die
Ge=
währ bietet, daß der guten Sache ſtets gute Pflege zuteil werde. Mit
dem Wunſche, daß die gute Sache Beſtand haben möge ſolange die alten
Eichen auf den geliebten Odenwaldhöhen rauſchen, ſchloß der Nedner
unter ſtürmiſchem Beifall.
Das weitere Feſtprogramm, in dem die drei Erbacher
Geſangver=
eine, der Turnverein von 1860, die Freien Turnerinnen, zahlreiche
ſon=
ſtige Erbacherinnen und Erbacher hervorragend mitwirkten, wickelte ſich
flott ab und wurde mit rauſchendem Beifall quittiert.
Der Hauptfeſttag
war der geſtrige Sonntag, der den großen hiſtoriſchen Feſtzug brachte,
deſſen Zuſtandekommen und vorbildliche Ausſtattung in erſter Linie der
unermüdlichen monatelangen Arbeit des Herrn Müller=Hickler
zu danken iſt. Er bildete die Zugkraft für die ſicher 25 000 Beſucher die
aus dem Odenwald, der Bergſtraße, Frankfurt, aus Baden und
Würt=
temberg und Bayern nach Erbach kamen zu Fuß, auf Nad und Wagen,
im Auto, in der Eiſenbahn und im — Flugzeug. Ja, auch das
modernſte Verkehrsmittel kam nach Erbach und bildete eine ſtarke
An=
ziehungskraft für die Feſtbeſucher. Die Heſſenflieger
veranſtal=
teten Rundflüge, Schauflüge und Paſſagierflüge über dem Odenwald.
Von 5 Uhr früh an ſchon began der Flugbetrieb, und während der
Dop=
peldecker hoch droben ſeine ſtolzen Kreiſe in der ſtrahlenden Sonne zog,
die das Feſt ſo herrlich vergoldete, ſtrömten bis zum Mittag immer neue
Scharen zum Feſtort und Feſtplatz, ſodaß gegen mittag das Gedränge
ſchier lebensgefährlich wurde. Trotzdem verlief alles, das ſei vorweg
bemerkt, glatt und ſchön, von einer Anzahl unvermeidlicher leichter
Un=
fälle durch Gedränge und Hitze abgeſehen.
Während des Vormittags wurden die Flugzeuge beſichtigt, fand
Frühſchoppen im Ratskeller und ſpäter gemeinſames Mittageſſen in der
Feſthalle ſtatt, auf dem Feſtplatze aber herrſchte ein Leben und Treiben,
wie es emſiger, vielgeſtalteter und buntfarbener kaum gedacht werden
kann. Es war einfach alles da!
Um 1½ Uhr, faſt zur Minute pünktlich, war
der hiſtoriſche Feſtzug
geordnet und zog dann bald darauf unter den Klängen der
verſchieden=
ſten Muſikkapellen durch die Straßen des Städtchens, überall ſtürmiſch
bejubelt. Dieſer Feſtzug war, wie geſagt, eine kulturhiſtoriſche Tat.
Da war nirgends Kitſch, nirgends Stilwidrigkeit. Peinlich genau waren
die hiſtoriſchen Koſtüme, Gewänder und Uniformen, Gruppen und Zünfte
ſtudiert, kein Stück, kein Gewand, das nicht im Odenwald
herge=
ſtellt war. Das Ganze ein unendlich reizvolles, farbenprächtiges,
heiteres und lebendig bewegtes Bild. Wir müſſen uns aus Raummangel
leider eine eingehende Würdigung der einzelnen Gruppen verſagen und
geben in Nachſtehendem im weſentlichen an Hand des Programms eine
Aufzählung der vielen Einzelgruppen:
Der Grundgedanke war, in 4 Abteilungen darzuſtellen, den
Oden=
wald, was durch Erbach zieht, Induſtrie und Kunſt in Erbach, und der
hiſtoriſche Teil aus dem Leben des Grafenhauſes. Der Zug wurde
er=
öffnet durch die Gruppe „Willkumme” der Odenwälder Bauern
vorausritten, als Eröffner des Zuges; ein ſtarkes Muſikkorps folgt ihnen.
Um einen „Maien” haben ſich die Odenwälder Mädchen und „Vorſch”
verſammelt, bändergeſchmückt mit Laub umkränzt, eine gute Auswahl,
ſie umtanzen den Baum mit alten Odenwälder Tänzen. Sie tragen die
Tracht ihrer Heimat, die dieſesmal frei von aller fremder Zutat erſcheint,
echt und richtig, zwar ernſt, aber voll feierlicher Farbenfreudigkeit und
von einem feinen Geſchmack, wie ihn nur die Voreltern haben konnten.
Es folgte der Erntewagen. Es iſt „Aehrn” gehalten — der
Er=
trag war gut — der letzte Wagen fährt heimwärts, der Erntebaum
ſchmückt ihn; bald wird er am Scheuertor befeſtigt. — Abends klingt die
Ziehharmonika durch’s Gehöft, es tanzt der Bauer und das „Geſinn”
und der Krug geht um. — Bauernhochzeit. Die nächſte Gruppe
echt und luſtig. Es fehlt nicht der Rosmarinſtrauß der Braut, das
Sack=
tuch des Bräutigams nicht der reiche Anhang der „Freundſchaft”. Vor
20 Jahren war die Bauernhochzeit ſchon einmal in einem Feſtzug
ver=
treten — heute iſt der damalige Bräutigam — der Schwiegervater. —
Ein reich ausgeſtatteter Hochzeitswagen folgt — das Bett mit der hohen
Kiſſenſchicht prangt, — die Wiege — daneben Körbe, Kaſten und die
ganze Ausſtattung der Bäuerin. — Die 4. Gruppe zeigte uns den
Eul=
bacher Markt vor 100 Jahren — damals, als ihn der Graf
Franz ſchuf — es ſind dieſelben Charaktere, die auftreten, denn der
Markt hat ja ſeinen eigentlichen Zweck, zu nützen und zu erfreuen, nicht
abgelegt, — aber die Menſchen haben etwas anders ausgeſehen — es
iſt die Zeit der Biedermeierei, die uns entgegenlacht mit dem
ausgebog=
ten Zylinder, dem hohen Damenhut, dem Spitzenhöschen der Kinder.
Daß auch vor 100 Jahren der Kinderwagen mit auf den Markt durfte,
zeigt uns eine alte echte Ueberlieferung.
Was durch Erbach zieht. Poeſie und Proſa iſt es, die über
das Erbacher Pflaſter ſchreitet. Viele Tauſende kommen, die wertvollen
Sammlungen im Grafenſchloß zu beſichtigen. Viele treiben Handel, der
Zigeuner zieht durch mit ſeinen wackeligen Wohnwagen, der alte
Poſt=
wagen fährt in gemütlichem Trab dahin. Radfahrer ſchnurren vorbei,
ſie wollen zu einem Feſt und haben ihre Maſchinen fein aufgeputzt, dann
der Handwerksburſche der alten Zeit. Anno dazumal war der Turnvater
Jahn in Eulbach und hat dort in eine Fenſterſcheibe — ein damals
be=
liebtes Stammbuchblatt — ſeinen Namen eingekritzt — jetzt ſchreitet der
alte Herr inmitten ſeiner Turner im Feſtzug und ſeine einſtigen
Waffen=
gefährten Lützower — zu denen auch der Odenwald Mannſchaften ſtellte,
ſind um ihn in ihren dunklen Uniformen. Ein zweig= und
fahnen=
geſchmückter Wagen birgt Kinder, die einen Ausflug ins nächſte Tal
machen.
Elfenbein. Die Induſtrie und die Kunſt in Erbach rücken an
mit ihren Wagen. Es ſoll Wahrheit gezeigt werden — darum gehen
dem Wagen der Elfenbeinſchnitzer auch diefenigen voraus, die jene
wertvollen Zähne aus dem Innern Afrikas an die Küſte ſchleppten —
Negerſklaven, die von Beduinen getrieben, ihre ſchwere Laſt tragen.
Der Wagen zeigt die Erzeugnifſe der Kunſt — Figuren, Büſten, Vaſen,
umringt ſind ſie von Erzeugniſſen der Kleinkunſt, wie Broſchen,
Elefan=
ten, Billardkugeln uſw. —, Geſtalten, wie ſie aus Erbach zu Tauſenden
jährlich hinauswandern. Ekfenbeinſchnitzer in ihrer Arbeitstracht
zie=
hen mit — Diamanten. Wilde Kerle — Diamantgräber — mit
ihrem Planwagen mit Flinte, Pickel und Schippe ziehen vor den
Dia=
mantſchleifern her — dieſe führen einen mächtigen Ring mit fich, in dem
ein Diamant blitzt, und die mit Schmuck reich gezierte Büſte einer
ſchö=
nen Frau. Die Diamantſchleifer haben ihre Arbeitskleider angelegt
und ſo ſind Kunſt und Wahrheit vereint. — Wollſpinner. Wie
ſoll man die Spinnerei anders zeigen, als mit ihrer Urmutter — der
Spinne, die am Netz arbeitet — als mit dem lieben Spinnrad, das
heute noch im Odenwald ſchnurrt, und ſo ſehen wir die beiden als die
Vertreter der Spinnerei, umgeben von Spulen, Wollerzeugniſſen und
langen Wollfäden auf hochragenden Stäben. — Tuchweberei.
Bis zum Faden marſchieren Spinnerei und Tuchmacherei zuſammen —
da trennen ſie ſich, und bei dieſer erſcheint der Webſtuhl, der auf dem
Wagen arbeitet. Er wird überragt von Wolfsköpfen, denn der „Wolf”
iſt ein wichtiger Maſchinenteil, der mit ſeinen ſcharfen Zähnen die
ver=
worrene Wolle zerreißt. Der Webervogel, der durch die Maſchen fliegt,
ſitzt da oben und ſtreckt die Flügel. Mächtige Spulen, wie Granaten
anzuſehen, umſtehen als Baluſter den Wagen. Das Weberſchiffchen,
das rührige Fahrzeug, der wichtigſte Teil der Tuchmacherei, wird
beſon=
ders geehrt, blumengeſchmückt wird es im Feſtzug getragen. — Die
Töpferei iſt uralte Erbacher Kunſt, darum ſollen die Häfner auch
in altem Gewand erſcheinen, ſie führen das Kunſtwappen, das
Lehr=
linge tragen, dann folgen die Meiſter in der Schaube und dann
hoch=
ragend auf dem Wagen der Töpfer. — Das Kunſtgewerbe.
Mächtige Holzfiguren trägt der Wagen — Heiligenfiguren in den feinen
Linien der Gothik, in der ſo Hervorragendes in der Bildhauereikunſt
entſtand. Die Vergrößerung eines Elfenbeinaltars mit ſigürlichen
Darſtellungen ſchließt den Wagen ab.
Das Grafenhaus. Unter Fanfarenklängen berittener
Trom=
peter beginnt der hiſtoriſche Feſtzug des Grafenhauſes. Der erſte
nach=
weisbare Erbauer des Erbacher Schloſſes, alſo auch des Turmes, iſt der
Schenk Gerhard I. zu Erbach, ein reiſiger Herr, der ſeine Rechte oft mit
bewaffneter Hand gegen ſeine Lehensherren, die Pfalzarafen,
verteidi=
gen mußte. Der Bau iſt kaum aus der Erde, Baumeiſter und Hand=
werksmeiſter beraten am Plan, Arbeiter fördern das Werk der Graf
aber mit Lehensleuten, Reiſigen und Fußvolk bewachen das Entſtehende.
— Der Kroatenüberfall. Graf Ludwig, der Ritter, folgt
nunz er iſt dargeſtellt an einem der ſchwerſten Tage ſeines Lebens, als
Erbach und ſein Schloß 1622 von ſtreifenden Kroatenhorden Tillys, der
mit ſeinem Hauptquartier zu Darmſtadt lag, ſchwer berannt, bedroht
und auch teilweiſe geplündert wurde. Graf Ludwig rief ſeine treuen
Erbacher auf, die beſetzten das Schloß — die Citadelle von Erbach —
und Tags darauf ereignete ſich das Unerhörte in der Kriegsgeſchichte,
daß Berittene das feſte Schloß berannten und daß ſie von
der treuen Beſatzung mit Musketenfeuer und Handgranaten am
ſchönen Tor alſo abgeſchmiert wurden, daß ſie hinter ſich
zogen und über die weſtliche Höhe ritten. — Mansfelder Dragoner, die
zu der Affaire kamen, jagten dem Lumpenpack die Beute ab. Die Gruppe
zeigt die Krogten, die wilde Reiterei mit Mädels und Feldküche,
Lud=
wig den Ritter mit ſeinen Kyriſſern, die ihn bei jenem Bittgang
be=
gleiteten, aber auch die Erbacher Bürger — ſie erſcheinen, wie ſie die
Sturmglocke zuſammenrief und wie ſie die Werkſtatt verließen, zur
Ab=
wehr, — zum Sieg! — Graf Franz. Weit freundlicher iſt der
Jagd=
zug des Grafen Franz, wie er von der Hirſchfagd zurückkehrt.
Jäger und Treiber, Piqueure folgen den Waldhornbläſern, die ihren
Jäger aus Kurpfakz ſchmettern. — Hundegekläff, dazwiſchen Ruf und
Pfiff — ein fideles Jägerbild. Auf dem Wagen liegt auf der Decke der
gefällte Hirſch tannenbekränzt — dann folgt der Graf Franz, gefolgt von
Herrn von Plönnies und dem bekannten Forſtmeiſter Louis — berittene
Büchſenſpanner tragen die Leibgewehre. Die Gräfin hat ihren Gatten
nach der Jagd abgeholt, in leichtem Wagen folgt ſie ihm — nach der
Sitte der Zeit eilt ihrem Gefährt ein Läufer vorauf, das vom
reichge=
kleideten Kutſcher aus dem Sattel gefahren wird. Die Gräfin iſt
be=
gleitet von einer Hofdame, auf dem Rückbrett ſteht der Kutſchenhalter. —
Zum Schluß das Erbacher Kontingent. Trommelſchlag und
Pfeifentöne: „Das alte Erbacher Kontingent” marſchiert auf, alte, doch
kriegstüchtige Grenadiere, die noch ihren Mann im Reichskontingent
ſtel=
len. Der Kapitän zu Pferd führt die Gruppe. Noch raſſelt in der Hand
eines großen Spielmanns die ſchwere alte Erbachſche
Kontingentstrom=
mel, wie ſie vor 150 Jahren raſſelte, der Sappeur mit der
abenteuer=
lichen Mütze und dem blitzenden Beil marſchiert vor den Leutnants, es
blitzen die Ringkragen mit den gräflichen Wappen, flott ziehen ſie,
ſalu=
tierend den Dreiſpitz, eine luſtige Martetenderin iſt dabei im roten,
ver=
ſchnürten Jäckchen — und dann die Grenadiere! Wie in alter Zeit ſind’s
Erbacher, deren Name noch in der alten Stammrolle ſchon zu finden iſt.
Berittene Odenwälder beſchließen den Zug.
*
Zu ſchnell faſt, kaleidoſkopartig zieht das buntbewegte Bild an den
Tauſenden vorüber bald verklingen in der Ferne die letzten Klänge,
die letzten wilden Schreie der Kroaten, die letzten Juchzer der Jugend.
— Eine ſchöne Stunde iſt für Erbach vorübergerauſcht, hat eine große
und ſchöne, eine ſchwere und Freude erfüllte Vergangenheit aufleben
laſſen. Sie wird lange in der Erinnerung haſten.
Feſttrubel füllt Nachmittag, Abend und Nacht aus.
M. Streeſe.
— Arheilgen, 19. Juli. Ein lang gehegter Wunſch der Arheilger
Bevölkerung iſt Wirklichkeit geworden. Schon ſeit Jahren trug man
ſich mit dem Gedanken der Errichtung eines Volksbades. Durch
das höchſt dankenswerte Entgegenkommen der Mühlenbeſitzer Gg.
Appel und Bernhard Appel gelang es, den ſogenannten Mühlchesteich
(am Arheilger Mühlchen, 5 Minuten vom Bahnhof Kranichſtein,
neu=
trales Gebiet) für die Errichtung des Bades nutzbar zu machen. Die
im Frühjahr begonnenen Arbeiten wurden inzwiſchen derart gefördert,
daß die für den Waſſerſport nötigen Anlagen kürzlich vollendet wurden.
Der Teich wird geſpeiſt durch das Waſſer des Rutzenbaches, und bietet
der ſtetige Zu= und Abfluß eine Gewähr für klares, reines und zum
Baden einwandfreies Waſſer. Der Teich, in ſeiner heutigen Anlage,
umſäumt von ſchattenſpendenden Bäumen und Sträuchern, bildet ein
wirkliches Jdyll. Eine Gelegenheit zum Gondeln iſt auch vorhanden.
Eine ſich im Südoſten anſchließende Wieſe iſt für ein Licht=, Luft= und
Sonnenbad auserſehen, deſſen Anlage für nächſtes Jahr geplant iſt.
Das ſeit kurzem in Betrieb genommene Bad erfreut ſich heute ſchon
eines ſehr regen Zuſpruchs. Nicht allein die Arheilger Bevölkerung,
ſondern auch viele Darmſtädter und Einwohner der in der Umgebung
gelegenen Orte ſuchen täglich das Bad auf, um ſich in der klaren Flut
zu erquicken. Wenn auch gegenwärtig die Einrichtung und beſonders
die Ankleideräume, infolge der beſchränkten Mittel und der kurzen Zeit,
noch einen etwas behelfsmäßigen Eindruck machen, ſo wird dieſer
Zu=
ſtand doch nur ein vorübergehender ſein, da der endgültige Ausbau,
wenn irgend möglich, noch in dieſem Jahre erfolgen ſoll. Die offizielle
Einweihung des Bades iſt für Sonntag, den 27. Juli, geplant. Sie
wird ſich zu einer waſſerſportlichken Veranſtaltung erſten Ranges
ge=
ſtalten. Eine ganze Reihe auswärtigr Waſſerſport= und Turnvereine
haben ihr Erſcheinen zugeſagt. Das bereits fertiggeſtellte Programm
bietet jetzt ſchon die Gewähr, daß es an erſtklaſſigen waſſerſportlichen
Darbietungen nicht fehlen wird. Die Vereine des Ortes ſelbſt ſtellen
ihre Mitwirkung ausnahmslos zur Verfügung, ſo daß, günſtiges
Wet=
ter vorausgeſetzt, die Veranſtaltung äußerſt intereſſant und vielſeitig
zu werden verſpricht.
— Eberſtadt, 19. Juli. Flüchtig. In kurzer Zeit
hintereinan=
der wurden hier zwei Marokkaner geſehen. Der eine, der ſich in
vol=
ler=Ausrüſtung befand, konnte aufgegriffen werden, der andere trug
Zivilkleidung und wurde im Mühltal geſehen. — Unfal. Ein hieſiger
Volksſchüler hat beim Spielen einen Armbruch erlitten. — Das
Ge=
meinde=Schwimmbad hatte an den letzten heißen Tagen einen
Rekordbeſuch aufzuweiſen. Der Beſuch ſeitens der Sportvereineiſt
ebenfalls ſehr rege. — Einige unliebſame Vorkommniſſe haben ſich in
der letzten Zeit dadurch zugetragen, daß bei Beerdigungen die
Pferde des Leichenwagens ſcheuten, mit den Vorderbeinen in die Höhe
ſtiegen und hierdurch den Pfarrer und die Leidtragenden in nicht
ge=
ringe Aufregung verſetzten. Oft fehlte nicht viel daran, daß der an
und für ſich ſehr leichte Leichenwagen umgeworfen worden wäre. Die
Einwohnerſchaft hat ein Anrecht darauf, daß die zuſtändige Stelle
die=
ſem Uebelſtand abhilft.
r Babenhauſen, 18. Juli. Die Sommerferien der hieſigen
Volksſchule beginnen morgen und dauern 14 Tage, die der höheren
Bürgerſchule begannen ſchon am 12. d. M. und dauern 4 Wochen. —
Kommende Woche wird die Kornernte hier in vollem Gange ſein, ſie
verſpricht recht gut zu werden.
K. Aus dem Kreiſe Gießen, 16. Juli. Ein ſchweres Gewitter
ging am Sonntag im ſüdlichen Teil nieder und richtete an Scaten
und Obſtbäumen erheblichen Schaden an. Stellenweiſe fielen
Hagel=
körner, ſo groß wie Taubeneier. Beſonders betroffen wurden die
Ge=
markungen Lang=Göns, Holzheim, Lich, Queckborn.
* Alsfeld, 17. Juli. Die katholiſche Enklave
Ruhlkir=
chen hat zwei ſchwere Verluſte zu beklagen. Der Lehrer Nicolai
wurde nach 45jähriger Dienſtzeit abgebaut und der Pfarrer
Heinrich Kolombara iſt im Alter von 56 Jahren geſtorben.
Lehrer Nicolai hat ſeine geſamte Tätigkeit in dem Dorfe zugebracht,
ſodaß nahezu alle Einwohner ſeine Schüler geweſen ſind.
ſchützt Kleider, Pelze ete. mit Dr. Weinreichs Mottenäther. (I.9054
Wetterbericht der Gießener Wetterwarte.
Wettervorherſage für Dienstag, den 22. Juli:
Vorwiegend wolkig, mit Niederſchlägen, warme Winde aus
ſüd=
licher Richtung.
Tageskalender. — Montag, den 21. Juli 1924.
Landestheater, Kleines Haus, Sommerſpielzeit Bruno Harprecht,
abends halb 8 Uhr: „Agnes Jordan”. — Union=, Reſidenz=Theater,
Palaſtlichtſpiele: Kinovorſtellung.
Hauptſchriftleitung: Rudolf Mauve
Verantwortlic für Politik und Wirtſchaft: Rudolf Mauve
Verantwortlich für Feuilleton und Heſſiſche Nachrichten: Max Streeſt
Verantwortlich für Sport: Dr. Eugen Buhlmann
Verantwortlich für Schlußdienſt: Andreas Bauer
Verantwortlich für den Inſeratenteil: Willy Kuhle
Druck und Verlag: L. C. Wittich — ſämtlich in Darmſtade.
Die hentige Nummer hat 6 Seiten
* r eine Wohltat für den Körperl Dies sagen uns täglich viele unserer Kundinnen.
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lautet
utſchen
einzöll
te,
vürde
itſchen
tbaues
Eeite 4.
Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 21. Juli 1924.
Rumer 201.
Das deutſche Herz.
33)
Roman von Adolf Schmitthenner.
(Rachdruck verboten.)
Nikolaus ſchüttelte den Kopf. Er vollendete ſeinen Trunk,
ſtellte den Becher auf eine Treppenſtufe und antwortete: „Bei den
Pferden verlernt man das Schweigen. Man fängt mit
Schnal=
zen und Pfeifen an, dann wird ein Singen daraus, zuletzt
plau=
dert man in einem fort. Bei den Toten vergeht einem zuerſt das
Plaudern, denn es wärmt einen nichts an, dann das Singen,
denn aus dem Raſen klingt kein Ton, zuletzt auch noch das
Pfei=
fen, denn niemand ſpitzt die Ohren. So wird man ein ſtummer,
beſinnlicher Menſch.”
„Du biſt ja ganz aufgetaut” ſagte Urſula lächelnd. „So viel
wie heute auf einmal haſt du in drei Jahren nicht geredet.”
„Wer weiß, wer weiß?” dachte ſie und ſah ihm nach.
Niko=
laus ging in den Stall. Die Türe ließ er hinter ſich offen.
Da kam Hannes in großer Eilfertigkeit und Wichtigkeit zum
Tor herein. Man ſah es ſeiner entrüſteten Miene an, daß er
etwas Empörendes erlebt hatte.
„Herrin,” ſagte er, „ich, wenn ich der Junker wär’, ich ließe
alles, was nicht hieſig iſt, kurzweg aufhenken.”
Urſula mußte lachen. „Was haben dir denn die Nichthieſigen
zuleide getan?”
„Da konmt ein fremder Landſtreicher den Schloßberg herauf.
Ich denke, er will was haben, und hole ein großes Stück Brot.
Er aber kommt nicht bis zur Brücke. Er ſtellt ſich unter die
Schloß=
linde und ruft, recht ausländiſch, ſo ganz grob odenwälderiſch:
„Torwärtel! Torwärtel! Heda!” Ich gehe hinaus und rufe: „So
komm doch her, du Simpel, und hol dein Brot!” — „Friß dein
Brot ſelber!” ruft er. „Geh hinauf und ſag dem Junker, er ſolle
zu mir herunterkommen!“ — Ich mein’, mich rührt der Schlag.
Aber ich ſag” zu mir: du bleibſt höflich, bis du ihn am Kragen
haſt. „Du Schindaas!” ruft ich zurück. „Meinſt du, der Junker
käme zu einem ſolchen Dreckſpatz wie du biſt? Wenn du was von
dem Junker haben willſt, ſo komm herein. Vielleicht iſt er ſo
freundlich und wäſcht dich mit dem Stallbeſen und lauſt dir mit
Kolben und klopft dir die Kleider aus mit Dreſchflegeln, du
grin=
diger Schafskopf, du!"
„Aber Hannes,” ſagte Urſula unwillig. „Wenn du ſo grob
gegen die Fremden biſt, kann man dich nicht zum Pförtner
ge=
brauchen.”
„Ich war doch nicht grob?” ſagte Hannes und ſah ſeine
Her=
rin mit unſchuldigen Augen an. „Mit ſolcherhand Leuten muß
man ſo reden; die ſind’s nicht anders gewöhnt.”
„Wie ſah er denn aus?”
„Halb wie ein Spitalbruder, halb wie ein Bärentreiber.
Wollt Ihr wiſſen, wie er ausſieht? Wie einer, der jeden Tag ſei=
nen Herrn und Heiland verkauft; heute für einen Kreuzerweck
morgen zum Spaß.”
„Du haſt einen Zorn über ihn, Hannes, darum urteilſt di
ungerecht. Wo iſt denn jetzt der Menſch?”
„Unterwvegs nach Heidelberg. Er will den Junker aufſuchen.
Urſula erſchrak.
„Hat er nichts weiter geſagt, wer er ſei und was er wolle?
„Doch, er hat dummes Zeug geſchwätzt, das Hornvieh! E
hat ſich eine Jahreszahl genannt. Als ob er ein Kalender wäre
Ich habe von einem Kalender nichts an ihm geſehen als der
Vollmond auf ſeinem Schädel!”
„Hör doch mit dem Geſchimpfe auf! Erzähle in der Ordnung
Was hat der Fremde erwidert, nachdem du ihn ſo höflich einge
laden haſt, er ſolle in die Burg kommen?”
„Daß ich ein Narr wäre!” hat er gerufen. „Der Junker ſo
zu mir heraus.” — Und dann hat er ſich eine Jahreszahl genann
als ob er eine Senſe hätte und Flügel, der einfältige Eſel. „Sa
das deinem Herrn!” hat er gerufen, „dann läßt er den beſte
Fiſchſalat ſtehen und kommt zu mir heraus.”
„Das verſteh’ ich nicht”, ſagte Urſula. Die Sache fing an, ih
langweilig zu werden.
„Ich auch nicht. Aber jetzt hab’ ich’s ihm geſagt — ſo reck
deutſch! „Daß dich der Teufel lotweiſe hole! Was weißt denn d.
von Fiſchſalat? Sei du froh, wenn du ſtinkigen Käſe haſt, d
eingeweichter Schmierjockel!”
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Die Beerdigung von
Frau Marie Kretſchmar
findet nicht, wie berichtet, auf dem
Waldfriedhof, ſondern heute
nach=
mittag ½4 Uhr auf dem alten
Friedhof (Nieder=Ramſtädterſtr.)
ſtatt.
(9358
Todes=Anzeige.
Geſtern früh 9‟ Uhr verſchied
nach ſchwerem Leiden,
wohlver=
ſehen mit den heiligen
Sterbe=
ſakramenten, unſer lieber Bruder
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in 24 Std. Ein= und
Ausfuhrbewilligung
in kürzeſter Zeit.
Reis, Zigar.,
Land=
wehrſtr. 31. (*20651s1
U
Handwäſcherei
Darmſtraße 12, 1. St.,
Müller. Wäſche zum
Waſchen, Bleichen u
Bügeln wird
ange=
nommen. Gute Be.
handlung (*20865gr
im Alter von 82 Jahren.
Im Namen dertrauernd. Hinterbliebenen.
Familien Dechert u. Daab.
Darmſtadt (Ludwigshöhſtr. 46)
Neu=Bamberg, Waldalgesheim
und Schaafheim.
Die Beerdigung findet Dienstag
nachmittag um 4 Uhr auf dem
Waldfriedhof ſtatt.
(B9357
Ans Fradenherg
appelliert der Name „Lavendel=Uralt”, die gute Melliand=
Badeſeife. Mit ihr ſich zu waſchen, heißt ein Stück Jugend
wieder zurückgewinnen. Man erhält eine roſige Haut,
die ſeidenzart geworden iſt.
Melliand’s Seifen tragen das aufgeprägte Dreieck
als Schutzmarke, das untrügliche Kennzeichen, das die
Gewähr gibt, daß keine ſchädlichen Hilfsſtoffe, ſondern
nur ausgeſucht edle Rohſtoffe zur Herſtellung verwendet
wurden; es ſchützt gleichzeitig vor Nachahmung.
Zu haben in allen einſchlägigen Geſchäften, wo
nicht erhältlich, weiſt das Verkaufsbüro Darmstadt,
Hoffmannsſtr. 19, Tel, 2414, die nächſtliegende Bezugs=
(F. 8030
quelle nach.
Herst.: Melliand-Seifen-
Mannheim.
industrie A.-G.
Gesch.
Ges.
ORlGIRAL
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74
Rummer 201.
Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 21. Juli 1924.
Seite 5.
Sport, Spiel und Zurnen.
3. Heſſiſches Polizei=Sportfeſt.
Em herrlicher Sommerſonntag auf dem Hochſchulſportplatz
dem Böllenfalltor, auf dieſem überall von Wald umgebenen
itz, den die Gäſte als den ſchönſtgelegenen bezeichneten, den ſie
tals geſehen hätten. Die Schutzpolizeien von Frankfurt,
nau und Kaſſel, von Karlsruhe und Mannheim,
Babenhauſen, Friedberg und Darmſtadt
ran=
i heißen Wettkämpfen um die Siegespalme. Heiß im wahr=
Sinne des Wortes, denn über dem munteren, von
verſchieden=
bigen Sportkoſtümen, dem Bunt der Uniformen und den luf=
Sommerkleidern der Damenwelt belebten Treiben ſpannte
ein richtiger Theaterhimmel, alles vorſchrifts= und gleichmäßig
u in blau, nur am Rande ab und zu ein kleines weißes Wölk=
:, die ſich aber nicht recht hervortrauten und den
Sonnen=
hlen, die es am Nachmittag gar zu gut meinten, freie Bahn
rließen. Recht viele Zuſchauer waren erſchienen, auch außer
zahlreichen Zaungäſten wohl über 1500 Perſonen,
verſchie=
e Behörden hatten Vertreter entſandt, auch der Innenminiſter
r v. Brentano war anweſend. Aus Preußen war
erſtwachtmeiſter Weſſig, Kommandeur der
Polizeiſport=
ile Preußens in Spandau, gekommen, zugleich als Vertreter
preußiſchen Innenminiſters, aus Baden Oberſt
Blan=
nhorn, der Kommandeur der badiſchen Landespolizei, aus
ürttemberg Polizeiſportlehrer Kreuzer=Stuttgart.
I bemerkt wurden die neuen Uniformen der heſſiſchen
Landes=
izei, ſchwarze Hoſe mit roter Bieſe, dunkelgrüner Waffenrock
Bruſt= und ſchrägen Seitentaſchen, dunkelgrüne Mütze, Litzen,
erzeug und Vorſtoß wie bisher. Die neue Uniform macht
in recht ſchmucken Eindruck, vor allem der Waffenrock mit
ſei=
r ſatten dunklen Grün aus gutem, glattem Stoff.
Die geſemte Oberleitung lag in den bewährten Händen von
jor Freyer=Darmſtadt, der auf das wirkſamſte unterſtützt
rde von dem unermüdlichen Zugwachtmeiſter
Gollaſch=
mmſtadt, dem bekannten Leichtathleten. Die techniſche Leitung
1e Oberleutnant Adamheit, wie Major Freyer von der
Bolizeiabteilung Darmftadt, die reiterlichen Prüfungen und
führungen Oberleutnant Spatz von der Heſſiſchen
Landes=
zeiſchule in Darmſtadt unter ſich.
Die Oberleitung hatte die ganze Veranſtaltung, ſportlich
techniſch, glänzend organiſiert, ſo daß die einzelnen
Wett=
pfe und Vorführungen ſich reibungslos abwickelten. Für
rtige Bekanntgabe der Reſultate durch mehrere Megaphone
1 geſorgt, die Preiſe, ſchöne, geſchmackvolle und praktiſche
ge aus Kriſtall, Silber und Bronze neben mehreren
wert=
en Gemälden, die in einem ſchattigen Zelt aufgeſtellt waren,
den flott verteilt, die Diplome erhielten die Sieger fix und
ig, gerahmt und unter Glas, für die Information der
Sport=
ſe war vorbildlich geſorgt. Alles rollte pünktlich ab, ohne
n Unfall. Doch halt! Bei einem Staffellauf kollidierte der
dem Sportplatz tätige Photograph, der mitten auf der
Aſchen=
n eine beſonders gute Aufnahme machen wollte, heftig mit
Sieger, dieſem Gottſeidank nur auf die Hand prellend, nicht
die hier viel wichtigeren Beine, während auf der anderen
te die Naſe etwas in Mitleidenſchaft gezogen wurde.
Darmſtadt hatte gegenüber den Gäſten einen ſchweren Stand,
Enden ſich unter ihnen doch mehrere „Kanonen”, von denen
chtmeiſter Paul=Kaſſel, 1923 preußiſcher Polizeimeiſter über
Meter, Oberleutnant Brenner von der Polizeiſchule
lsruhe, mehrjähriger Langſtreckenmeiſter, und der Badenſer
izig, 1923 Meiſter über 1500 Meter, genannt ſein mögen.
den Staffelläufen hatte Darmſtadt zum Teil Pech, einmal
glückte ein Start und bei der Chargen=Staffel erlitt
Haupt=
in Jans=Darmſtadt (der mehrjährige 400=Meter=Meiſter)
Sehnenzerrung. Dafür holte ſich die Schutzpolizei
Darm=
t die 3 mal 1000 Meter=Staffel in glänzender Form.
Gerade kurz nach 9 Uhr, als Major Freyer die
Kampfteil=
mer mit einer kurzen, herzlichen Anſprache begrüßte, ſurrte es
den Lüften und wie zum Gruß aus der Sportwelt in den
ken Regionen überflog ein Doppeldecker in mäßiger Höhe den
rtplatz. Am Vormittag fanden nur leichtathletiſche Kämpfe,
Vor= und Zwiſchenläufe ſtatt, das Hauptintereſſe, wenigſtens
den Zuſchauern, richtete ſich auf den Nachmittag mit ſeinen
ſechſlungsreichen Vorführungen. Den Reigen eröffnete die
despolizeiſchule mit Freiübungen, die von ungefähr hundert
nn gut und exakt durchgeführt wurden. Am beſten faſt gefiel
der den Abſchluß bildende Dauerlauf mit ſeinem ſtraffen
ythmus und in ſeiner verhaltenen Kraft. Bei dem leichten
ſchweren Jagdſpringen zeigte die heſſiſche Schutzpolizei ein
prächtiges Pferdematerial und ſo treffliche Leiſtungen der
ter, wie man ſie auf Springkonkurrenzen größerer Turniere
beſſerer Form nicht ſehen konnte. Außer Konkurrenz ritt
jor Freyer in glänzender Form. Einen Beweis für die
Rittigkeit derſelben Pferde erbrachte die Reiter=Quadrille
hiſtoriſchen Koſtüm der Schillſchen Offiziere. Vier Bläſer und
If Reiter in der ſchlichten und doch ſo kleidſamen Tracht,
chweg tadelloſer Sitz der Reiter und dann die Haltung der
rde! Vorher, in den Springkonkurrenzen, teilweiſe noch ſo
oös, und jetzt: im Trab und Galopp, nach den Klängen alter,
rrauter Weiſen, ſo ruhig und ſicher, mit einer guten Portion
ſikaliſchen Gefühls. in den Beinen, beſonders ein Apfelſchim=
und ein Dunkelbrauner. Daß die Quadrille, die Oberleutnant
atz mit knappen Handbewegungen leitete und bei der alles
klich muſtergültig klappte, bei den Zuſchauern lebhaften
An=
ig fand, bedarf keiner weiteren Hervorhebung. Vom
polizei=
niſchen Standpunkte aus wäre zu ſagen, daß die Pferde
be=
ſen haben, daß ſie nicht nur ſpringen können und ſo zum Bei=
I auf der Verfolgung eines Verbrechers nicht vor Hinderniſſen
ückſchrecken, ſondern ſich auch, unbehindert und unabgelenkt
ch Lärm und fremde Geräuſche, ſich ruhig und ſicher führen
en. Gleich wertvoll vom polizeilichen Standpunkt war das
chicklichkeitsfahren, wo es galt, mit den gewöhnlichen ſchweren
leichten Zugpferden und den üblichen Gebrauchswagen
zwi=
n engen Pfählen, ohne dieſe umzuſtoßen, in beſtimmter
Rei=
folge, auch in Form einer „Acht” und rückwärts,
durchzu=
ren. Hier wie bei dem Jagdſpringen zeichneten ſich
Darm=
ſter und Friedberger in gleicher Weiſe aus. Eine wertvolle
ſule für das Fahren in engen Straßen der Altſtadtteile.
Die Preisverteilung nahm Oberſt Klippſtein vor. Preiſe
Reichspräſidenten, des heſſiſchen Innenminiſteriums, des
inkfurter Polizeipräſidenten kamen unter anderem zur
Ver=
ung. Das zum Schluß vorgeſehene Fußballwettſpiel zwiſchen
er Mannſchaft der Vereinigten Banken Darmſtadts und der
ſutzpolizei Darmſtadt mußte ausfallen, da der Süddeutſche
Bballverband infolge der beſtehenden Spielpauſe ein Antreten
Bankenmannſchaft nicht geſtatten konnte. An Stelle deſſen
d ein Handballwettſpiel zwiſchen dem Polizeiſportverein
ankfurt a. M. (ſüddeutſcher Meiſter) und der Mannſchaft der
rmſtädter Schutzpolizei ſtatt. Hier ſiegte die Frankfurter
innſchaft.
Wegen der einzelnen Reſultgte ſei auf die nachſtehende
Zu=
tmenſtellung verwieſen.
Der Verlauf des ganzen Tages bedeutet einen vollen Erfolg
die heſſiſche und im beſonderen für die Darmſtädter
Schutz=
izei und manche Bande der Kameradſchaft mit den
auswär=
en Polizeien wurden noch enger geknüpft. Mit berechtigtem
213 kann, um es noch einmal zu betonen, die Sportleitung auf
Durchführung ihres Programms zurücblitea. B. W.W.
Ergebniſſe der einzelnen Wettkämpfe.
100 Meter=Lauf: 1. Wachtmeiſter Paul Caſſel 11,3 Sek.;
2. Polizeimann Tröller=Karlsruhe 12 Sek.; 3. Unterwachtmeiſter
Poh=
ling=Hanau, 123 Sek.
400 Meter=Lauf: 1. Haag=Karlsruhe, 2. Schmidt=Frankfurt;
3. Nickel; 4. Ausberger=Darmſtadt; 5. Hainbach=Darmſtadt.
800 Meter=Lauf: 1. Wachtmeiſter Schinſig=Karlsruhe 2,97;
2. Hösle=Mannheim 2,14; 3. Streifenm. Frey=Karlsruhe; 4.
Wacht=
meiſter Michel; 4. Bereitſch. Darmſtadt.
3000 Meter=Lauf: 1. Polizeioberleutnant Bremer=
Karls=
ruhe; 2. Unterwachtmeiſter König=Frankfurt a. M.; 3.
Unterwachtmei=
ſter Laumann=Babenhauſen.
Hochſprung: 1. Unterwachtmeiſter Weingärtner=Kaſſel 1,57
Meter; 2. Wachtmeiſter Kleinmann=Karlsruhe 1,55 Meter; 3.
Streifen=
mann Ludwig=Karlsruhe 1,50 Meter.
Weitſprung: 1. Polizeileutnant Heller=Karlsruhe 6,32 Mtr.,
2. Wachtmeiſter Pohling=Hanau 6,05 Mtr.; 3. Unterwachtmeiſter
Weingärtner=Kaſſel 5,88 Mtr.
Kugelſtoßen: 1. Unterwachtmeiſter Pohling=Hanau 10,62
Meter: 2. Maug=Mannheim 2,93 Mtr; 3. Hauptmann Jans=Darmſtadt
9,63 Mtr.
Handgranatenwerfen: 1. Rottenm. Ludwig=Karlsruhe
64,28 Mtr.; 2. Hauptmann Jans=Darmſtadt 58,58 Mtr.; 3. Streifenm.
Wagner=Karlsruhe 52,90 Mtr.
Speerwerfen: 1. Rottenm. Fenske=Karlsruhe 43,45 Mtr.; 2.
Hauptmann Jans=Darmſtadt 43,15 Mtr.; 3. Wachtmeiſter Stern, 5.
Bereitſch. Darmſtadt 38,60 Mtr.
Dreikampf (200 Meter=Lauf, Kugelſtoßen, Weitſprung): I.
Wachtmeiſter Pohling=Hanau 135,5 Punkte (266 Sek., 10,62 Mtr., 6,05
Mtr.); 2. Rottenm. Fenske=Karlsruhe 123,5 Punkte, 3. Rottenm. Jung=
Karlsruhe 103,5 Punkte.
Chargenſtaffel (5X100 Meter) um den Wanderpreis des
Heſſiſchen Miniſteriums des Innern. Sieger: Schupo=Kaſſel 58 7 Sek.;
2. Polizeiſchule=Karlsruhe 60 Sek.; (Schupo=Darmſtadt, die in Führung
war, ſcheidet durch eine Sehnenzerrung, die Hauptmamn Jans erlitten
hat, 60 Meter vor dem Ziel aus).
Okympiſche Staffel (800, 200, 200, 400 Meter) um den
Wanderpreis des Polizeipräſidenten Ehrley=Frankfurt a. M.). Sieger:
Polizeiſchule=Karlsruhe 3,51,5 Min.; 2. Polizei=Sportverein=Frankfurt
a. M.; 3. Schupo=Darmſtadt.
4X100 Meter=Staffel: Sieger: Schutzpolizei Kaſſel, 1.
Mannſchaft 45,8 Sek.; 2. Preis Polizeiſchule Karlsruhe, a=Mannſchaft
46,/4 Sek.; 3. Preis Polizeiſchule Karlsruhe, b=Mannſchaft 47,8 Sek.
3X1000 Meter=Staffel: Sieger: Schutzpolizei Darmſtadt
8,368/vo Min.; 2. Preis Polizeiſchule Karlsruhe 8,37 z0 Min.; 3. Pr.
Schutzpolizei Hanau 9 Min.
Tauziehen: Sieger: 4. Bereitſchaft Polizeiwachtabteilung
Darmſtadt; 2. Preis 3. Ausbildungsgruppe Landespolizeiſchule
Darm=
ſtadt.
25X½9 Bahnrundenſtaffel: Sieger: 1. Bereitſchaft
Poli=
zei=Wachtabteilung Darmſtadt, 10 Min. 46,4 Sek.; 2. Preis 3.
Bereit=
ſchaft Polizeiwachtabteilung Darmſtadt, 11 Min. 15,2 Sek.; 3. Preis
2. Bereitſchaft Polizeiwachtabteilung Darmſtadt.
Leichtes Jagdſpringen: Sieger: Wachtmeiſter Hild=
Darmſtadt, 5 Fehler: 2. Preis Polizeioberleutnant Spatz=Darmſtadt, 10
Fehler; 3. Preis Wachtmeiſter Göbel=Darmſtadt, 11 Fehler; 4. Preis
Wachtmeiſter Wallhäuſer=Darmſtadt, 12 Fehler; 5. Preis Wachtmeiſter
Vorwerk=Friedberg, 12 Fehler; 6. Preis Wachtmeiſter Hanſtein=
Fried=
berg, 13 Fehler.
Schweres Jagdſpringen: Sieger: Zugw. Schloſſer=
Darmſtadt, 8 Fehler; 2. Preis Zugw. Runkel=Darmſtadt, 12 Fehler; 3.
Preis Wachtmeiſter Uhl=Darmſtadt, 17 Fehler.
Geſchicklichkeitsfahren (in 2 Klaſſen): a) mit ſchweren
Pferden: 1. Preis Unterwachtmeiſter Bernſtorff=Friedberg; 2. Preis
Unterwachtmeiſter „Backfiſch=Darmſtadt; b) mit leichten Pferden: 1.
Preis Unterwachtmeiſter Göbel=Daxmſtadt; 2. Preis Unterwachtmeiſter
Brandt=Friedberg.
5 Bahnrundenſtaffel: Sieger: 1. Bereitſchaft Darmſtadt
4/44 Min.; 2. Preis 3. Bereitſchaft Darmſtadt, 4,481yo Min.; 3. Preis
4. Bereitſchaft Darmſtadt 4,482 / zo Min.
Handballwettſpiel: Polizeiſportverein Frankfurt—
Schutz=
polizei Darmſtadt: 2:1. Sieger: Frankfurt.
* Das Deutſche Akademiſche Olhmpig
in Marburg.
Drahtbericht unſeres Korreſpondenten.
Fußball: Hannover—Darmſtadt 3:1 (3:0).
Die Spielſtärke der beiden um die Hochſchulmeiſterſchaft kämpfenden
Mannſchaften darf man nicht an dieſem Entſcheidungsſpiel meſſen. Beide
Mannſchaften gaben in den Vorſpielen weitaus beſſere Leiſtungen. Der
Sieg Hannovers war verdient. Einzelheiten über den Spielverlauf
ver=
lohnen ſich kaum. Die Spielweiſe war fair. Die Leitung des Spieles
durch Dr. Bauwens=Köln war einwandfrei. Er leitete das Spiel
groß=
zügig und ſicher.
Schwimmen: Die Schwimmwettkämpfe, die den Samstag
aus=
füllten, ſtanden auf beachtenswerter Höhe. Die 4X100 Meter=Staffel
ſicherte ſich Freiburg durch ſchönes, gleichmäßiges Rennen der
Schluß=
läufer Vierlinger und Hohlfelder vor Darmſtadt, deſſen Schlußmann
Cordes ſich für 100 Meter beliebig Schwimmen ſchonte, das er auch in
der guten Zeit von 1,07/ vor Hohlfelder gewann. Der bekannte
Schwimmer Cramer=Breslau war im 100 Meter=Schwimmen mit 1,186
Erſter, mußte ſich jedoch im 300 Meter beliehig Schwimmen geſchlagen
bekennen. Im Springen der Damen gefiel Frl. Schöppe=Halle. Das
Endſpiel um die Waſſerballmeiſterſchaft krönte die Kämpfe und brachte
Darmſtadt den verdienten Erfolg.
Wafferballſpiel: Darmſtadt—Leipzig 3:2 (1:1).
4X100 Meter=Staffel: 1. Freiburg 5:08; 2. Darmſtadt 5:13;
3. Köln 5:16,8.
100 Meter beliebig für Studenten: 1. Cordus=
Darmſtadt 1:07,3; 2. Hohlfelder=Freiburg 1:0,9; 3. Berlingen=
Freiburg 1:14,2.
Springen für Studentinnen: 1. Schöppe=Halle 60
Punkte; 2. Raiſer=Gießen 47 Punkte; 3. Dülon=Göttingen 41 Punkte.
Springen für Studenten: 1. Koſag=Berlin 46 Punkte;
2. Schrammel=München 45½ Punkte; 3. Küſter=Göttingen 42 Punkte.
100 Meter=Seiteſchwimmen: 1. Kremer=Breslau 1:18,6;
2. Wiedemann=Karlsruhe 1:23,2; 3. Mende=Breslau 1:23,3; 4. Götſch=
Dresden 1:23,3.
300 Meter beliebig: 1. Miesbach=Leipzig 4:30,3; 2. Cramer=
Breslau 4:34,6; 3. Nebe=Dresden 5:01.
100 Meter=Rücken für Studenten: 1. Strator=Köln
1:26; 2. Martz=Leipzig 1:26,2; 3. Mende=Breslau T. H. 1:27,8.
100 Meter=Bruſt für Studentinnen: 1. Pfeiffer=
Ber=
lin 1:57,2; 2. Keiſer=Gießen 1:59; 3. Doktor=Göttingen 2:12.
100 Meter Bruſt für Studenten: 1. Götſch=Dresden
1:25,3; 2. Krüger=Leipzig 1:25,6; 3. Kalbfleiſch=Gießen 1:26,2; 4. Knop=
Jena 1:29,2.
4X50 Meter=Staffel für Studentinnen: 1. Gießen
3:49; 2. Göttingen 3:50.
1000 Meter beliebig für Studenten: 1. Höhlfelder=
Freiburg 13:50; Rüder=Freiburg 15:11,3; 3. Nebe=Dresden 15:28; 4.
Rieſch=München 15:54.
Schwimmehrkampf endgültige Entſcheidung:
Sieger: Stuhr=Hannover 71 Punkte; 2. Wieners=Marburg 68 Punkte;
3. Eck=Gießen 67 Punkte.
Mehrkampf für alte Herren über 50 Jahre
endgül=
tige Entſcheidung. Sieger: Riſſon=Heidelberg mit 85 Punkte; 2. Trapp=
Friedberg 73 Punkte.
Gerätezehnkampf für Studenten, endgültige Entſchei
dungen. Sieger: Dieza=Leipzig 188 Punkte; 2. Raccola=München 182
Punkte; 3. Dienenthal=Breslau 179 Punkte; 4. Hofmann=
Darm=
ſtadt 178 Punkte; 4. Vidsmayer=München 178 Punkte; 5.
Witlat=
ſchil=Prag 175 Punkte.
Reck: Akademiſche Einzelmeiſter 1924. Sieger: Dietze=Leipzig 60
Punkte; 2. Hofmann=Darmſtadt 56 Punkte; 3. Vilsmayer
München 55 Punkte.
Florettfechten: a) Für Akademiker: 1. Thomae=Gießen,
Hochſchulmeiſterſchaft 1924; 2. Stroh=Frankfurt; 3. Grabbe=Berlin.
b) Für Altakademiker: 1. Prauſe=Leipzig, Altgkademiker=Meiſter;
4 Krauſe Hannover.
* Die Frankfurter Internationale.
Ein neuer Weltrekord. — Ein neuer deutſcher Rekord.
Paulen (Holland) drückt den Weltrekord über 500 Meter um
v Sekunden (alte Zeit 64,5; — neue Zeit 64). — Der deutſche
Meiſter Troßbach=Frankfurt a. M. ſtellt im 200 Meter
Hürden=
laufen mit 27,5 Sekunden einen neuen deutſchen Rekord auf.
Die internationalen olympiſchen Spiele der „Eintracht” und
des „Sportklub 1880” in Frankfurt a. M. waren wohl das beſte,
was in Deutſchland ſeit langem geboten wurde. Das bleibs
immer ihr Verdienſt. Aber wie viel beſſer wäre ein
Länder=
kampf, wie England und Amerika. Oder die acht großen
Ver=
eine Stockholms. Alſo mehr Konzentration und weniger
Ver=
anſtaltungen! Die Athletik muß vor der Fuſtballſphäre
be=
wahrt bleiben. Ausgefallene Rekorde machen keine
Veranſtal=
tung. Erſtklaſſige Beſetzungen, ſo die komplette Länderelf von
Italien, ein großer Teil der Holländer, der Deutſchruſſe Ulpe,
ferner die bekannten Ungarn, ſowie Finnland und Eſtland
tra=
ten in Wettbewerb mit beſter deutſcher Klaſſe. Bereits am
Samstag abend wurde, trotz ungünſtiger Witterung ein
Weltrekord geſchlagen. Es gelang, dem
Hollän=
der Paulen den Weltrekord über 500 Meter um
uo Sekunden zu drücken. Paulen lief die Strecke
in der ausgezeichneten Zeit von 64 Sek., während die alte
Zeit 64,5 betrug. Ein weiterer deutſcher Rekord büßte ſein
Leben ein, und zwar 200 Meter Hürdenlaufen. Hier
ge=
lang es dem deutſchen Meiſter Troßbach=Frankfurt a. M. in
27,5 Sek. einen neuen Rekord aufzuſtellen. Der alte
wurde von Lehninger=Charlottenburg mit 28,3
gehal=
ten. Auch der zweite Tag brachte ſpannende
Kämpfe, wie aus obigen Reſultaten hervorgeht. Wenn auch
die Wurfübungen z. T. mehr verſprachen, ſo war doch die
Ver=
anſtaltung ein großer Erfolg, zu dem man wohl auch im
Aus=
land achtunggebietend aufblickt. Die zahlreichen Behörden, ſowie
das Publikum ſpendeten ihren Dank durch zahlreiche laute
Bei=
fallskundgebungen.
Gerö (Ungarn) über die kurze Strecke, Paulen (
Hol=
land) über 400 und 800 Meter, Klumberg, der Mehrkämpfer,
boten die beſten Leiſtungen.
Klotz, Böcher=Köln (3 X 1000 Meter) und Reeg=
Frankfurt im Stabhochſprung waren die beſten Deutſchen.
Die Reſultate.
100 Meter offen: 1. Gerö=Ungarn 11 Sek., 2. Bonarcina=
Italien 11,2 Sek., 3. Gillmann=Berlin 11,3 Sek., 4. Zukka=Italien
11,5 Sek.
200 Meter Einladung: 1. Gerö=Ungarn 21,1 Sek. 2.
Won=
traſcheck 1 Meter zurück, 3. Franz 3,5 Meter zurück.
400 Meter: 1. Paulen=Holland 49,9 Sek., 2. Kurungh=
Un=
garn 50,5 Sek.
2 Mann am Start. Ein Genuß für den Fachmann iſt Paulen.
Dieſe ſichtklare Kraftrationierung. Die Stärke des Holländers liegt
über der 400=Meter=Strecke, während der Ungar unterhalb dieſer Strecke
zu Hauſe. Das Rennen ohne Deutſche.
300 Meter: 1. Paulen=Holland 1:58,8; 2. Gieſecke=Köln
2 Min. zur.; 3. Simon=Charlottenburg 2,06 Min.
Gieſeckes Taktik iſt falſch; er will ſchon 200 Meter vor dem Ziel
gewinnen. Paulſen geht, als es Zeit iſt, vor, und im Vorgbeigehen
wirft er dem Deutſchen zwei Blicke zu, als wollte er ihm ſeine ganze
Ueberlegenheit vor verſammelter Tribüne wiſſen laſſen. Paulen iſt
ſonſt ganz ſympatiſch. Ferrario=Italien hat nichts zu melden.
1500 Meter: 1. Name unbekannt 150 Meter vor. 2. Simon=
Charlottenburg (Mal.).
5000 Meter: 1. Bedarff=Düſſeldorf 16:14,9; 2. Hedderich,
Dom=
ſchüler, Frankfurt a. M. 130 Meter zur., 3. Stumpe=Frankfurt a. M.
230 Meter zur.
Bedarff hat nichts zu ſchlagen. Die Frankfurter Sportgemeinde
zeigt ſich recht dankbar für ſein Erſcheinen.
Die Staffeln.
4 X 100 Meter: 1. Ungarn 43 Sek. 2. Deutſcher Sportklub,
Berlin, Bruſtbreite zurück, 3. Kölner Sportklub 1,5 Meter zurück.
Italien und Eintracht=Frankfurt a. M. unplaziert.
3 X 1000 Meter: 1. Kölner Ballſpielklub 8:1,1. 2. Italien
8:14.
Böcher und Klotz vom K.B.C. zeigen, wie man ſich heute eine
3 X 1000 Meter vorzuſtellen hat. Eintracht=Frankfurt macht ſich bald
unſichtbar.
4 X 400 Meter: 1. Italien 3:30,5. 2. Kölner Sportklub 3:34.
Diskuswerfen: 1. Pighi=Italien 41,32; 2. Thorpe=
Finn=
land, 39,46; 3. Steinbrenner=Frankfurt a. M. 39,27. Endlich für
Steinbrecher die richtige Geſellſchaft! Aber mehr Leiſtung und weniger
Aufregung bei ſolcher Gelegenheit, Herr Steinbrenner!
Kugelſtoßen: 1. Thorpe=Finnland 13,72; 2. Wenninger=
Pir=
maſens 12,79; 3. Pighi=Italien 11,91.
Speerwerfen (beide Arme): 1. Peltonen=Eſtland 101,25
Me=
ter: 2. Klumberg=Eſtland 92,5 Meter; 3. Lüdecke=Berlin 89,70 Meter;
4. Clemente=Italien 87,50 Meter.
Hochſprung, offen: 1. Eder=Eſtland 1,82½, 2. Klumberg=
Eſtland. 1,72; 3. Pölle 1,67 Meter.
Stabhochſprung: 1. Reeg=Eintracht=Frankfurt 3,50 Meter,
2. Eder=Eſtland 3,40 Meter 3. van Kayſer=Holland 3,40 Meter.
Weitſprung: 1. Klumberg=Eſtland 7,10 Meter, 2. Thomaſi=
Italien 6,87 Meter, 3. Eder=Eſtland 6,85 Meter.
Die große Staffel 20 X 200 Meter.
4 Mannſchaften am Start, Kölner Sportklub 1899, Eintracht=
Frankfurt, Sportklub 1880=Frankfurt, Sportverein Darmſtadt.
Dieſe Reihenfolge iſt auch das Reſultat. Eine Stadtſtaffel im kleinen,
mit den üblichen kleinen Deſſins. Große Aufregung. Alle Vereine mit
großer Erfahrung in dieſeen Staffeln, bis auf die Darmſtädter denen
in vielen Fällen, außer der Erfahrung, die nötige Rückſichtsloſigkeit
fehlt. Zuerſt fünf Jugendliche. Darmſtadts ſtärkſte Waffe.
Darm=
ſtadt wechſelt zuerſt. Dann fallen ſie zurück auf den zweiten und
drit=
ten Platz bis einen letzten Wechſel der Jugend Darmſtadt wieder als
erſter abgibt. Die Sieger Köln liegen an 4. Stelle. Bei den
Jungmannen ſchied Darmſtadt aus der Spitzengruppe aus. Köln
ar=
beitet ſich vor. Darmſtadt liegt an dritter Stelle, rückt auf und fällt
zurück.
Die Alten Herren: Auf der Bahn hat ſich keiner gewälzt,
wie im Vorjahr! Manche alte Größe aus dem vorigen Jahrhundert!
Aufregung und Spannung läßt die Ordnung am Wechſel ſchwinden.
Darmſtadt verliert durch Zuſammenſtoß mit dem Bahnrichter
koſt=
bare Meter. Mänler als Alter Herr, geht von 4. auf 3. Stelle
und Darmſtadts alte Herren halten an 4. Stelle gut bei. Die Aktiven
haben ſchwer zu kämpfen, gegen die Kölner und Frankfurter. Köln
ſpielt ſeine letzten Trümpfe und gewinnt 15 Meter. Eintracht folgt
an zweiter Stelle mit 10 Meter Vorſprung vor 1880 Frankfurt als
dritter, denen Darmſtadt, mit 20 Meter Verluſt, als 4. folgen. Der
Tumult iſt zu Ende. (Proteſt!!, „junge” alte Herren, „alte‟
Jung=
mannen!) Darmſtadt hat wenigſtens die Gewißheit der Ehrlichkeit mit
nach Hauſe genommen.
1. Köln 1899 8:15,5; 2. Eintracht=Frankfurt 8:20; 3.
Sport=
klub 1880, 30 Meter zurück.
Handball.
Heſſen — V.f. L. Langen 1862: 3:2 (3:0).
Eine rege Betätigung brachten die letzten Sonntage den
Handballſpielern der „Heſſen”, So weilte die 1. Mannſchaft
geſtern in Langen, um das Rückſpiel gegen die 1. Mannſchaft des
T.V. Langen 1862 auszutragen. Die Heſſen, in guter Form
be=
findlich, lieferten ein vollkommen überlegenes Spiel, wie auch
das Halbzeitsergebnis 3:0 für Darmſtadt zeigt. Nach Halbzeit
zeigt ſich wieder das gleiche Bild wie bei allen Spielen: Heſſen
belagert das feindliche Tor, der Sturm, im Kombinieren
hervor=
ragend, erſchießt ſämtliche Bälle. Langen kann aber durch zwei
Tore, deren Richtigkeit ſehr wohl angezweifelt werden konnte,
das Ergebnis noch auf 3:2 bringen. — Ihrem Ziele getreu,
ſämt=
liche Leibesübungen in dem Verein zu pflegen, iſt jetzt eine
Damenhandball=Abteilung gebildet worden. Das Training
fin=
det Dienstags und Freitags auf unſerem neuen Platz an der
Rhemallp katt.
vür
ttſche
Aat
Seite 6.
Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 31. Inli 1924,
Rummer 201.
* Das Frauen=Wett=Turnen
in Babenhauſen.
Veranſialtet von der Deutſchen Turnerſchaft
des Main=Rheingaus.
Zu ernſter Arbeit hatte geſtern, am 20. Juli, der Main=
Rhein=
gerufen zum 5. Gaufrauen=Wetturnen. Dur Turnverein
Baben=
hauſen hatte es freudig übernommen, es zu einem Feſte
aus=
zugeſtalten, wie es im Sinne Jahns und der D. T. liegt, und
es ſei anerkannt, er legte Ehre mit ſeiner Arbeit ein. Die Vor= Wimpel. Geborſtene Reklamefiguren,
bereitungen waren gut getroffen, ein vorbildlich ſchöner
Feſt=
platz mitten in der Stadt auf den idylliſchen Wieſen vor dem
alten Schloß harrte der Feſtgäſte, und auch die Bewohnerſchaft
gab ſich die erdenklichſte Mühe, alle die zahlreichen Teilnehmer,
die dem Rufe gefolgt waren, in gaſtfreundlicher Weiſe
unterzu=
bringen.
Schon am Samstag früh trafen die meiſten der Wett=
Tur=
nerinnen ein, ſo daß ſich bald ein fröhliches Treiben in allen
Straßen entwickelte, die widerhallten von Pfeifenſpiel und
Trommelklang. Ueberall waren inzwiſchen fleißige Hände am
Werk, das Städtchen in ſein Feſtgewand zu kleiden. Und wo
ſo viel jugendlicher Frohſinn ſich in ſchönſter Weiſe offenbarte,
da konnte auch ein griesgrämiger Himmel nicht widerſtehen, er
zog den Vorhang hoch und hüllte das ganze Feſt in lachenden
Sonnenſchein.
Der Samstag abend galt der Begrüßung der auswärtigen
Teilnehmer. Pünktlich traf der Feſtzug, der dieſelben
geſam=
melt hatte, auf dem Feſtplatze ein. Jux= und Feſtplatz erfüllte
bald buntbewegtes Leben, während ſich Turner und
Turnerin=
nen um die Tribine ſammelten, wo Bürgermeiſter Rühl
kraft=
volle Worte der Legrüßung fand. Turnbruder Mahla, 1. Vor= Rittergutsbeſitzers Kappes, wurde von Bohlen und Balken
ſitzender des feſtgebenden Vereins, übergab ſodann das Feſt an
den 2. Gauvertreter Klenck, der in wuchtiger Rede auf die
Be=
ſein, ſondern ein Tag einſier Arbeit, denn heute ſollen die
Tur=
ernſtem Streben unter bewährter Leitung gelernt haben, ſie das Sturmgehraus ..
ſollen beweiſen, daß ſie den Wert körperlicher Ertüchtigung
er=
kannt haben, und an der Vervolkommnung des eigenen Kör= bisher keinen gab. Energieleiſtungen aller der Fahrer ohne=
Menſchen zu werden, die wir gerade heute ſo nötig brauchen. Windſchutzſcheibe. Auch ohne Brillen. Kniffen die Augen zu=
Mädchen und Jungfrauen, die noch nichts oder nur wenig für
ihre Körperertüchtigung tun, und an alle die Eltern, die zumeiſt
aus Vorurteil oder falſcher Rückſichtnahme ihre Tochter vom
Turnen fernhalten.
Und die Vorführungen, die nun von verſchiedenſten Ver=
Freude und Luſt körperlich zu betätigen vermag, wie gleichmäßig
Muſik erfaßt, die Freude am körperlichen Regen und Bewegen
miterleben und Gefallen daran finden, weil es nicht nur nütz= miſſion verweigert ſeinen Start. (Weshalb er es morgen in der
lich und zweckmäßig, ſondern vor allem ſchön iſt. — Zwei
Scheinwerfer, günſtig aufgeſtellt, hoben die Bühne aus dem
Dunkel der Nacht vor und machten ſomit die ſchmucken
Vorfüh=
gen. Dieſe Vorführungen fanden ihre Fortſetzung am Mittag von Ludewig=Eſſen geſteuerte Bugatti=Achtzylinder. Nach ihm
des Feſtſonntags auf dem Feſtplatz an Stelle des ſonſt üblichen
Muſterriegenturnens; ſie haben ihren Zweck erfüllt, wenn ſie
überall bei den Zuſchauern durch ihre gezeigte Schönheit und
Anmut neue Luſt zum Frauenturnen geweckt haben.
des Sonntag erwecken, wo die Sieben= und Neunkämpfe der
friſchen Wettkämpferinnen anſah, der merkte, hier iſt Freude am
jugendlicher Freude, Arbeit für Glück und Geſundheit unſerer
Siegerfeier mit dem Liede „Ich hab mich ergeben”, ihren Ab= im Graben, und hatte die Schaltung lädiert.
ſchluß fand.
lichkeit redet, der hat unſere deutſche Jugend und ihr Sehnen
nie verſtanden und nie zu verſtehen geſucht.
Immer mehr Kräfte arbeiten begeiſtert mit an der fruchtbrin= Carracciola hat aufgegeben. Ebenſo der Wanderer. Famos
iſt, aufblühend und machtvoll zu werden, wie es das
Männer=
des Feſtes hat dies gezeigt, aus den Feſtreden des Gauvertreters
und des Ortsgeiſtlichen, Herrn Pfarrers Weiß, ging es hervor, bisher unbekannten coming=man am Steuer) vergrößert ſeinen
nach Hauſe genonimen.
So wickelten ſich alle Wettkämpfe, die übrigen
Veranſtaltun=
in vorgeſehener Weiſe ab, und die Siegerverkündigung beendigte
neriſcher Gefelligkeit. Darum ſei auch hier der Dank aller
Teil=
nehmer ausgedrückt, ſowohl dem Turnverein Babenhauſen für
die mühevolle Vorbereitung des Feſtes, wie auch der geſamten
Bevölkerung für ihre Gaſtfreundlichkeit, iſt doch ohne ſolch tätigen
Gemeinſinn die Veranſtaltung eines Turnfeſtes ſchlechthin un= Beide fahren, was ſie können und was die Wagen zu laufen
ver=
möglich. Turnfeſte aber, wie dieſes in Babenhauſen, ſind Dienſt
am Volke, denn ſie leiſten Aufbauarbeit.
T. HI.
Fußball.
Verein für Raſenſpiele, Jugendabteilung.
Das Spieljahr 1923/24 darf, was die Jugend= und
Schülerſpiele anbetrifft, wohl das erfolgreichſte ſeit dem
Beſtehen des V. f. N. genannt werden. Nicht weniger als dier
Jugend= und zwei Schülermannſchaften kämpften
für die Farben des V. f. R. Wenn auch die 1b Jugend= und 1a
Schülermannſchaft in den Verbandsſpielen die Meiſterſchaft nicht
errungen haben, ſo haben ſie trotzdem bewieſen, daß ſie fähig
ſind, ein gutes, einwandfreies Spiel vorzuführen, und konnten
beide Mannſchaften den 2. Platz belegen. Die 1a Jugend aber iſt
noch in der Lage, die Meiſterſchaft ihres Bezirks zu erringen. Von
großen Erfolgen begleitet war die Privatſpielſaiſon. Zum erſten
Male unternahmen unſere Mannſchaften größere Fahrten. So
weilte die 1a Jugend in Nürnberg, Fürth, Frankfurt,
Pforzheim und Sandhofen, während die übrigen
Mann=
ſchaften gegen Eintracht und Germania Frankfurt, gegen
Vik=
toria Aſchaffenburg, Sp.=V. 05 Mainz, V.f.B. Heidelberg uſw.
kämpften. Ueberall ſah man meiſtens unſere Jugend=
Mannſchaf=
ten in Front. Die 1a, 15 und 2a Jugend= und die 1a
Schüler=
mannſchaft haben die meiſten ihrer Spiele gewonnen, während
die 2b und 2. Schülerelf nach anfänglichen Mißerfolgen jetzt auch
an Spielſtärke gewinnen. Hoffen wir, daß auch im neuen
Spiel=
jahr unſere Jugend ihrer Pflicht eingedenk iſt, den V.f. R. auf
dem Spielfeld ſowohl, als auch in geſellſchaftlicher Beziehung
B. W.
aufs beſte zu veitreten.
Die (eifelrundfahrt.
Sturmkataſtrophe und Tourenwagenrennen.
Von unſerem Sonderberichterſtatter.
Nideggen (Eifel), 18. Juli.
Es war, als ob alle Gewalten der Natur ſich gegen dies
Eifelrennen verſchworen hätten. Wild pfiff der Sturm über
die Eifelberge. Raſte und tobte, daß die Bäume ſich bogen und
gau der Deutſchen Turnerſchaft ſeine Turnerinnen zuſammen= Sträucher entwurzelt wurden. Dazu klatſchender Regen. Nund
um die Tribünen ein troſtloſes Bild. Die Tribünen verwaiſt.
„Unheimliches Toſen in den Zeltbahnen, in den Leinwandfetzen,
die als Dächer geſpannt waren. Windzerfetzte Fahnen und
Was nützte es da, daß wacker die Muſikkapelle ihre Weiſen
ſpielte. Man wollte das Häuflein unentwegter Zuſchauer, das
noch irgendwo an geſchützter Ecke verblieben war, bei Laune
halten. Vergebens. Kein Kognak, kein warmes Getränk —
nichts half gegen den eiſigen Wind. Der doppelt ſcharf war
nach den Gluttagen der letzten Woche. Hoch droben auf
ragen=
dem Felſen eine Tribüne. Als einziger Gaſt ein franzöſiſcher
Soldat. Das Gebälk wackelt und krächzt. Auch der Poilu räumt
ſeinen Platz. Und toller raſt der Orkan. Schon ſind die
Lein=
wanddächer der Tribünen und Reklameſtände zerfetzt. Sind die
Buden und Verkaufsſtände mit Stricken und Pflöcken ſtabiliſiert
worden (und Runde um Runde dröhnen währenddes die
Mo=
tore, ziehen die Eifelfahrer, mutig allen Elementen trotzend,
ihren Weg) —, da, unweit der Zieltribüne, ein vielſtimmiger
Aufſchrei. Und dann wieder Pfeifen des Orkans. Und dann
Balken, nägelbeſpickte Bretter, Leinwandfetzen, dicke zerſplitterte
Bohlen in ſchneidendem Flug durch die Luft . .. hineinkrachend
in zerſtiebende Telegraphendrähte, niederpraſſelnd auf die
Renn=
ſtrecke und wieder fortgepeitſcht vom Sturm der Hocheifel.
Das Dach der großen Tribüne iſt abgedeckt. Wurde
meter=
hoch auf= und fortgeſchleudert. Ein junger Mann, Sohn des
erſchlagen. Albin Hoffman kommt auf ſeinem Dürkopp im
60=Kilometer=Tempo daher und muß den Wagen ſcharf
ab=
deutung dieſes Feſtes hinwies. Es ſoll kein Vergnügungsfeſt bremſen, um nicht hineinzupraſſeln in das furchtbare Chaos.."
im Nu iſt dann wieder die Strecke frei. Und die Motoren
nerinnen unſeres Gaues Zeugnis ablegen von dem, was ſie in dröhnen Nunde um Runde und übertönen in hohen Touren noch
Wetterkataſtrophentag, wie es wohl im deutſchen Autoſport
vers arbeiten mit dem Ziele, auch kräftige und willensſtarke gleichen, die dabei durchgohalten haben. Faſt alle fuhren ohne
Andererſeits aber ſoll es ein Werbetag ſein, ein Ruf an alle die ſammen beim ſtechenden Schmerz der gepeitſchten Regentropfen
und landeten naß bis auf die Haut. Sportsprüfung,
Induſtrie=
prüfung!
25 Wagen gingen von 6½ Uhr vormittags ab auf die Eifel=
Rundreiſe. Mit einer halben Minute Abſtand. Die Kleinen
einen gezeigt wurden, zeigten, wie auch das Mädchen ſich voll voran, die ſtärkſten zuletzt. Als Erſter ein Wanderer, danach
der Mercedes=Kompreſſor mit Rudolf Carracciola am Steuer.
Zuſchauer und Ausübende von dem zwingenden Rhythmus der Nachdem alles unterwegs iſt, kommt Jacobs, der heute, am
Steuer eines Fafnir ſitzt, ans Startband. Zu ſpät. Die Kom=
Rennwagenklaſſe verſuchen will.) Alles ſtrömt zu den
Tribünen=
anlagen, auf die Felſen, die weite, maleriſche Ausſicht bieten auf
das ſtille, tiefe Rurtal. Nach 25 Minuten wird der erſte
erwar=
rungen der Turnerinnen um ſo wirkungsvoller. Neu war die tet. Alles hält mit Ferngläſern Ausſchau nach dem Carraccio=
Anordnung, daß ſämtliche turneriſchen Vorführungen des Be= laſchen Kompreſſor. Aber erſt nach 30 Minuten taucht der erſte
grüßungsabends bereits vom Kampfgerichte gewertet wurden, Wagen droben am Waldesrand zwiſchen Schmidt und Brueck
weshalb die Turnerinnen beſtrebt waren, nur das Beſte zu zei= auf. Nicht der Mercedes, auch nicht der Wanderer, ſondern der
der Peugeot des jungen Prinz. Dann in dichter Folge die
an=
deren. Sehr weit nach vorn hat ſich der Privatfahrer
Jung=
bluth aus Rheydt auf Fafnir vorgearbeitet. Auch der rote
Anſaldo liegt gut. Schneidig geht der Dürkopp=Hoffmann durch
Rechte Freude mußte das Bild des Turnplatzes am Morgen die Kurben. Aus der großen Klaſſe haben ſich die beiden
öſter=
reichiſchen Auſtro=Daimler, Sportzweiſitzer, mit den Wiener
Unter= und Oberſtufe ausgetragen wurden. Das geſamte Tur= Fabrikfahrern Wetzka und Haiden, nach vorn gearbeitet. Hinter
nen wickelte ſich ohne Unfall ab. Und wer ſich all die jugend= ihnen kämpft der blaue Stoewer mit Reedl=Stettin gegen den
grauen Steiger Brückerhoffs. 12 Minuten nach dem letzten Fah=
Handeln die Triebfeder, hier iſt das Turnen Arbeit im Gewande rer paſſiert Doberenz auf Auſtro=Daimler=Sportzweiſitzer in
großer Fahrt die Steilkehren nach Niddeggen. Er hat
unter=
deutſchen Mädchen, die auch ein Stück deutſcher Zukunft ſind, wegs bauen müſſen und verſucht nun ſein Aeußerſtes, wieder
nach vorn zu kommen. Endlich erſcheint auch der Mercedes
Das war auch der Gedanke, den Gauvertreter Klenck bei Carracciolgs. Jagt ohne Kompreſſor den Berg empor. War
der Siegerverkündigung betonte und aus welchem heraus die unterwegs aus einer Kurve herausgeſchleudert worden, landete
Kaum iſt er in Nideggens ſchmaler Durchfahrtsſtraße ver=
Und welch erhebendes Bild boten die Turnerinnen im Feſt= ſchwunden, da taucht droben, jenſeits des Rur, ſchon wieder der
zug, wohlgeordnet in Reih und Glied, ſtramm in ihrer ſchmucken, Bugatti auf. Die Reihenfolge iſt faſt noch dieſelbe. Brückerhoff
leichten Turnkleidung. Wem das Herz nicht aufging über dieſe auf Steiger und Reedl auf Stoewer haben ſich weiter nach vorn
tatenfrohe Jugend, ſtolz auf eigenes Können und leuchtenden geſchoben. Beide ſind ob der kurvenreichen Strecke — und was
Auges über den errungenen Sieg, wer da gar von Ungeſchick= für Kurven! — durch die Länge ihrer Wagen gehandikapt.
Regelmäßig und äußerſt flott fährt Bittner=Berlin (mit ſeiner
Frau als Beifahrerin) auf ſeinem windſchnittigen Sportfiat.
Die Turnerinnen aber kennen ihre Ziele und ſtreben voran. Nach der dritten Runde iſt Prinz auf Citroén infolge Kuppe=
und ſie werden verſtanden und mehr und mehr unterſtützt, lungsſchadens zeitweilig von der Strecke verſchwunden. Auch
genden Ausgeſtaltung des Frauenturnens, das auf dem Wege aufgeholt in tollkühner Fahrt hat O=erenz auf Auſtro=Daimler.
Er hat nicht nur wieder Anſchluß an das Feld gewonnen, ſon=
und Jugendturnen ſchon längſt geworden. Der ganze Verlauf dern ſogar die Letzten überholt. Stetig kommt er weiter nach
vorn. Der an der Spitze liegende Bugatti mit Ludewig (einem
und wer beim Feſte dabei war, hat die Gewißheit deſſen mit Vorſprung. Jungbluth, der ſeinen Fafnir ausgezeichnet nach
vorn gebracht hatte, repariert und verliert koſtbare Zeit. Die
Auſtro=Daimler führen in ihrer Klaſſe überlegen. In allen drei
Klaſſen ſind Auslandsfabrikate in Front. Man wird
nachdenk=
gen, wie Sondervorführungen, Feſtzug, allgemeine Freiübungen lich, und bedauert, daß die deutſche Induſtrie dieſes Rennen in
ein Feſt, das wohl jedem Befriedigung bot, der Wettkämpferin ſo überaus wichtigen Gebiete nicht ſtärker beſchickt hat. Hier
in ernſter Arbeit und dem Feſtbummler in frohen Stunden tur= hätten Kanonen wie Werner, Berthold, Riecken, Merz, an den
Start gehört. Hier, wo der deutſche Kraftwagen ſchon zur
Sel=
tenheit wird.
Tatenhorſt hat ſeinen Stallgenoſſen Hoffmann überholt.
mögen. Dicht bleiben ſie dem ſehr tourenmäßig aufgemachten,
aber glänzend durchhaltenden Bianchi Franz Nottons auf den
Wetzkas erheblichen Vorſprung vor ſeinem Landsmann Haiden,
ſo holt Haiden in den letzten Runden wunderbar auf. Die
ſchnellſte Runde des Tages fährt Ludewig mit ſeinem Bugatti= Siegeschance der Offenbacher ging durch Bootdefekt dem Junik
Achtzylinder, durchmißt die 33=Kilometer=Runde in 29 Minuten renvierer verloren. Der Frankfurter Ruderverein ſiegte über
(gegen 24:94 des BMW=Motorradfahrers Bieber im Vortage), legen im zweiten Achter, nachdem Meiſter Flinſch im allgemeine
Ausgezeichnet regelmäßig abſolviert Reedls Stoewer ſein Pen= ſein Rennen gewonnen hatte. Der Frankfurter Ruderklub ſiegt
fum. Wenn nur die ſpitzwinkligen Kurven nicht ſo arg im Miß= im Ermunterungsrennen. Ruderklub Griesheim konnte ſich nae
verhältnis zur Länge ſeines Wagens ſtünden! Erlöſung für alle
(ob des Unwetters), als nach 5 Stunden 15,59 Minuten Lude= Vierer heimbringen. Naſſovia Höchſt gewann den Gäſtevierer in
das Ziel paſſiert. Zweitſchnellſter und Sieger ſeiner Klaſſe iſt ren Sieg ſeinem Juniorenachter, Wolf Ruges=Worms ſeinen
mit 5:19:11 Joſ. Wetzka=Wien auf Auſtro=Daimler, kurze 3
Se=
kunden ſchneller als ſein Verfolger, Haiden=Wien, gleichfalls auf gen. Faſt alle Rennen wurden bis ans Ziel hart abgekämpft un
Auſtro=Daimler. Die viertſchnellſte Zeit hat dann der ſchwächſte
der durchs Ziel gegangenen Wagen, der Fiat Bittners.
Nach=
dem die Sieger die Strecke paſſiert haben, drängt alles, was an
der Strecke war, zum Aufbruch, was zur Folge hat, daß der
Faf=
nir Oberingenieurs Rauh von einer Limouſine angefahren,
gegen einen Baum gedrückt, ſchwer beſchädigt und Rauhs
Bei=
fahrer im Geſicht und an den Beinen verwundet wird.
*
Techniſch war das Eifelrennen in Sturm und Wetter kein
Ehrentag für deutſche Wagen. Alle Klaſſenſiege wurden auf Aus= Hoffmann=Köln, Stöckmann=Duisburg; 4mal 100 Meter=Staffel: Houben
landswagen errungen — ein für das erſte wirklich internatio= Dreibholz, Dr. Zörner, Neuhaus=Köln; Diskus: Hofmeiſter=Münſter
nale Rennen auf deutſchem Boden ungünſtiges Ergebnis. Der
leichtes Gewicht, das ihm Vorteile brachte. Die beiden Auft
Daimler wären ausgeſprochene Sportstypen, die mit ihrer ku
zen, gedrungenen Bauart für die 2550 Kurven geradezu prät
ſtiniert waren. Das Gegenteil traf, wie ſchon erwähnt, bei
Steiger und Stoewer zu, die rein tourenmäßig mit normale
langen Chaſſis erſchienen und deren Effektivleiſtung gerade
Anbetracht dieſes Umſtandes um ſo höher zu bewerten iſt. V.
der Fafnir=Mannſchaft, die viel mit Rennpech zu kämpfen hat
hielt ſich der Fafnir Th. Wagner=Köln am Steuer am beſte
obgleich er der tourenmäßigſte war. — Nachſtehend die Ergebniſ
Wagen bis 6 PS: 1. E. Bittner, Berlin, Fiat, 330 Km.
5:25:4. — Wagen bis 8 PS: 1. J. Ludewig, Eſſen, Bugat
5:15:59 (Tagesrekord), 2. Franz Notton, Köln, Bianchi, 5:42:4
3. Tatenhorſt, Bielefeld, Dürkopp, 5:43:27, 4. W. Strobel, Lei
zig, Dürkopp, 5:44:29, 5. Alwin Hoffmann, Leipzig, Dürkob
5:47:01. — Wagen bis 10 PS: 1. Joſ. Wetzka, Wien, Auſtr
Daimler, 5:19:11, 2. Fr. Haiden, Wien, Auſtro=Daimler, 5:19:)
3. O. Brückerhoff, Köln, Steiger, 5:52:39, 4. Karl Reedl, Stetti
Stoewer, 5:52:46.
S. Doerſchlag.
Bergprüfungsfahrt auf dem Königsſtuhl.
Bei dem Königsſtuhl=Automobilrennen, dem eine 72 Kil
meter lange Prüfungsfahrt durch den Odenwald vorausgi
und das von dem Rheiniſchen Automobilklub veranſtaltet we
wurden Sieger:
Klaſſe 4 (über 16 PS.): 1. Fr. Rallinger jun.=Mannhei
auf 27/75 Benz 4:45,1.2. Frau Ada Otto=München auf Otto 27/
4:49,1
Klaſſe 3 (12 bis einſchl. 16 PS.): 1. Wilh. Merck auf Be
16/50 5:36,3. 2. Hans Ludwig 14/48 Opel 5:38,4.
Klaſſe 2 (über 8 bis 12 PS.): 1. Karl Clemm 10/40 Me
cedes 4:43,2.2. Schwengers 10/40 Mercedes 5:00,3.
Klaſſe 1 (bis 8 PS.): 1. Willi Walb 8/50 Benz 4:29,4. 2. R
ſenberg 6/40 Mercedes 4:41,2. 3. Schultze Stepprad 6/40 Me
cedes 4:57,3. 4. Frau Merck=Darmſtadt 6/40 Merced
5:18,3.
Mannheimer Juli=Pferderennen.
Lazarus gewinnt den Badenpreis.
Der Schlager des Sommer=Meetings brachte als Haut
ereignis der heutigen Flachrennen den Badenpreis, der über d
Derby=Diſtanz ging und ganz hervorragende Pferde aus No
und Süd auf dem grünen Raſen zuſammenführte. Auch d
letzte Tag zeigte wieder vorzüglichen Sport, der dem der beide
erſten Tage in nichts nachſtand. Doch war auch geſtern d
Beſuch des Publikums nicht ſo, wie er hätte ſein ſollen, wer
er auch gegenüber dem der beiden vorigen Tage etwas beſſ
war. Das Feld war geſtern im Durchſchnitt gut befetzt und d
einzelnen Rennen verliefen, abgeſehen von zwei Fällen, in den
die Reiter abgeworfen wurden, und einem Ausbruch, reibung
los und programmäßig.
1. Rennen: Jugendpreis.
Ehrenpreis 3000, 1000, 600 und 400 Mk., 1200 Meter: 1. Maj.
G. Krauſes La Paluviere (Göbel), 2. L. Lewins Trumſche
(Schmidt), 3. L. Lewins Kornelius (Oleinik). Ferner liefe,
Sagitta, Münchener Kindl, Hoboe.: Tot. 26:10, Pl. 14, 20, 14:1
2. Feldberg=Hürdenrennen.
Ehrenpreis, 2500, 800, 600, 400 Mk., 2400 Meter: 1. Ltn. M. Ge
teis Coeur d’Almee (Braun), 2. Bachmüllers Sedalia (Schuld=
3. A. Pfiſters Kätherl 3. (Wehn). Ferner liefen: Roſenfe
China, Morgengabe, Strumen. Tot. 17:10, Pl. 14, 35, 16:10.
3. Rennen: Bodenſee=Ausgleich.
2500, 800, 600, 400 Mk., 1600 Meter: 1. Heinrich v. Opel
Kairos (H. Schmidt), 2. R. Metzgers Mime (Hecker), 3. L. L
wins Teufelsbraut (Krüger). Ferner liefen: Südwind,
Roſcht=
belle, Modedame, Fromm, Sedalia, Miette. Tot, 36:10, Pl.
13, 21:10.
4. Rennen: Preis von Heidelberg.
Ehrenpreis, 4000, 1000, 500 und 400 Mk., 4000 Meter: 1.
Lewins Hiltrud (Bismarck), 2. Perzkes Marotte (Unterholzuer
3. Edm. Schmidts Anitra (Grohbauer). Ferner liefen: Mozar
Naufbold, Rathgeber, Thuja. Tot. 20:10, Pl. 16,, 18, 12:10.
5. Rennen: Badenyreis.
Ehrenpreis und 8000, 1700, 1900, 800, 500 Mk., 2400 Meter
1. A. Karaus Lazarus (H. Schmidt), 2. M. Gerteis Tähri
(Oleinik), 3. Dr. Lindenberas Gildenmeiſter (Ludwig). Ferne
liefen: Balmug, Segieht, Miramare, Jahn, Waldo. Tot. 15:1
Pl. 11, 14, 13:10.
6. Rennen: Schwarzwald=Jagdrennen.
2500, 800, 600 und 400 Mk., 3400 Meter: 1. Indens un
Gebr. Wipperfürths Arion (Fritzſche), 2. Dr. Mercks Tang
(Unterholzner), 3. K. J. Schwarzhoffs Marga (Klapper). Fe
ner liefen: Spree, Meerweibchen, Glorioſo. Tot. 26:10, Pl. 1
16:10.
7. Rennen: Dreiſam=Rennen.
2500, 800, 600, 400 Mk., 1450 Meter: 1. Dr. Lindenberg
Logenbruder (Ludwig), 2. Schwarzhoffs Anika (Möller), 3.
Weber=Nonnenhoffs Aida (Göbel). Ferner liefen: Otavi, Pfal
mädel, Lehndorff, Wahrſagerin. Tot. 14:10, Pl. 10, 11, 11:1
Rennen von Hoppegarten.
Preisder Fianen: 27000 Mk., 2000 Meter. 1. A. u.
Weinbergs Oſtria (O. Schmidt); 2. Pikdame; 3. Sternſchnupp
Ferner liefen: Marquis, What a Girl, Lefe, Rheintochter,
Pek=
nie. Tot. 12 tot., 12, 22, 38.
Sierſtorpff=Rennen= 13500 Mk., 1000 Meter. 1. 0
dem wegen der unaufhörlich vordringenden Auslandskonkurrenz ſtüt Wais: Hermoter (Karrer); 2. Olympier; 3. Marcellus. Fe
ner liefen: Blocksberg, Spaniola. Tot. 23, Pl. 10, 10.
Rudern.
Offenbacher Regatta.
Der geſtrige Sonntag verlief bei herrlichem Wetter und ſpie
gelglattem Waſſer zur allgemeinen Zufriedenheit. Die Man:
ſchaften der Offenbacher Rudergeſellſchaft Undine waren wiede
Ferſen. Als der Bianchi Kerzen und Pneus wechſeln muß, überaus erfolgreich. Die erſten Senioren ſiegten im Vierer m.
kommen die beiden Dürkopps in bedrohliche Nähe. Da:ki aber Steuermann über Naſſovia Höchſt a. M. und gewannen de
zieht Notton wieder davon. Hatte erſt der weiße Auſtro=Daimler erſten Achten im Alleingang. Die zweite Seniorenmannſchaft g‟
wann den zweiten Vierer und die Jungmannen vervollſtändigte
die Siegesſerie mit dem überlegenen Sieg im Vierer. Eine zweil
vielen Mißerfolgen gut durchſetzen und zwei ſchöne Siege it
wig auf Bugatti als Sieger ſeiner Klaſſe und als Geſamtſieger Alleingang. Der Ludwigshafener Ruderverein ließ einen weite
Sieg vom Samstag im Jungmannenrennen einen weiteren fol
mit knappem Vorſrrung entſchieden.
Leichtathletik.
Leichtathletikkampf Holland—Weſtdeutfchland.
Für den Leichtathletikkampf Holland gegen Weſtdeutſchland an
3. Auguſt in Duisburg hat der weſtdeutſche Spielverband ſeine Ver
treter beſtimmt. Es ſind dies: 100 Meter: Houben=Krefeld und Dreib
holz=Eſſen; 400 Meter: Mattonet=Düren und Gertz=Koblenz; 800 Mete
Klotz=Köln, Ufer=Bonn; 5000 Meter: Bedatff=Düſſeldorf, Cornelius
Bochum; 1500 Meter: Böcher=Köln, Ufek=Bonn; 110 Meter Hürden
Junghenn=Caſſel; Speer: Hofmeiſter, Hauer=Düſſeldorf: Hochſtrung
Bugatti des Siegers Ludewig zeichnete ſich aus durch ein ſehr PottmeierMünſter; Stabhochſprung: Adams=Caſſel. Baltes=Dortmun