Bezugspreis:
Bei wöchentlich 2maligem Erſcheinen vom 1. Ma
bis 31. Mal 2.18 Goldmart und 22 Pfennig
Abtragegebühr, abgeholt 225 Goldmarkl, durch die
Agenturen 2.40 Goldmark frei Haus.
Poſtbezugs=
preis ohne Beſfellgeld monatlich 2.30 Goldmart.
Verantwortlichkeit für Aufnahme von Anzeigen an
beſimmten Tagen wird nicht übernommen.
Nicht=
erſcheinen einzelner Nummern infolge höherer Gewalt
berechigt den Bezſeher nicht zur Kürzung des
Bezugspreiſes. Beſiellungen und Abbeſiellungen durch
Fernruf ohne Verbindlichkeit für uns. Poſiſcheckonto
Franffurt a. M. 4301.
Heſſiſche Neueſte Nachrichten
Morgenzeitung der Landeshauptſtadt
Wöchentliche illuſtrierte Beilage: „Die Gegenwart”, Tagesſpiegel in Bild und Wort
Nachdruck ſämtlicher mit X verſehenen Original=Aufſätze und eigenen Nachrichten nur mit Quellenangabe „Darmſt. Tagbl.” geſtattet.
Nummer 146
Montag, den 26. Mai 1924.
187. Jahrgang
Einzelnummer 10 Goldpfennige
Anzeigenpreis:
27 mm breite Zeile im Kreiſe Darmſtadt 20 Goldpfg.
Finanz=Anzeigen 30 Goldpfg., Reklanezelle (92 mm
breit)/ 4 Goldmark. Anzeigen von auswärts 30 Goldpfg.
Finanz=Anzeigen 45 Goldpfg., 92 mm breite
Reklame=
zelle 1.50 Goldmark. Alle preiſe in Goldmart
(1 Dolſar — 4.20 Maril. — Im Falle höherer
Gewalt, wie Krieg, Aufruhr Streik uſw., erliſcht
ſede Verpſichtung auf Erfüſlung der
Anzeigen=
aufträge und Leiſtung von Schadenerſatz. Beil
Konkurs oder gerſchlicher Beitreibung fällt jeder
Rabatt weg. Bankkonto: Deutſche Banl und
Darm=
ſtädter 8 Nationalbank.
Die Hamburger Tagung des Hanſabundes.
Dr. Schacht über die Währungspolitik.
Hamburg, 24. Mai. (Wolff.) Anläßlich der Hamburger
Tagung des Hanſabundes fand heute nachmittag im
Rathauſe ein Empfang beim Senat ſtatt. Bürgermeiſter Dr.
Peterſen hieß die Gäſte, unter denen ſich
Reichswirtſchafts=
miniſter Hamm ſowie Vertreter ſonſtiger Reichs= und
Landes=
behörden befanden, in einer Anſprache willkommen, in der er
u. a. ausführte: Die freie Auswirkung der deutſchen
Wirtſchafts=
kräfte iſt nur dann möglich, wenn das große Ziel der politiſchen
Befreiung Deutſchland errungen iſt. Das aber wird nie der
Fall ſein, wenn wir uns nicht vorher zu einer Volkseinheit
zu=
ſammengefunden haben, in der ſich das ganze deutſche Volk als
einen Leib und eine Seele fühlt. Der Redner forderte in gleicher
Weiſe von Arbeitgebern und Arbeitnehmern
Verantwortungs=
gefühl gegenüber der Allgemeinheit und Anerkennung der
ſozia=
len Verpflichtungen und wies des weiteren auf die Führermiſſion
des Hanſabundes hin.
Der Präſident des Hanſabundes, Dr. Fiſcher, erwiderte, für
den Hanſabund gelte es, den alten zielſicheren Geiſt der deutſchen
Hanſa lebendig zu machen, um die Kräfte des deutſchen
Unter=
nehmertums einheitlich und geſchloſſen im Rahmen des
Durch=
ſetzbaren zu erfolgreicher Wirkung zu bringen. Wenn tatſächlich
das Gutachten der Sachverſtändigen der Beginn einer Periode
wirtſchaftlicher Verſtändigung zwiſchen den Nationen ſei, würden
wir zwar auf abſehbare Zeit gewaltige wirtſchaftliche Laſten auf
uns nehmen müſſen, aber dabei die Gewißheit haben, daß wir
durch dieſe Opfer unſerem Volke ſeine Wirtſchaftsfreiheit
er=
ringen. Angeſichts des geringen volkswirtſchaftlichen Eigennutzes
der deutſchen Arbeit in den nächſten Jahren gelte es, die deutſche
Wirtſchaft mit einem idealiſtiſchen Geiſte zu durchdringen.
Hamburg, 25. Mai. (Wolff.) Die heutige Tagung des
Hanſabundes für Gewerbe, Handel und Induſtrie war aus allen
Teilen des Reiches außerordentlich beſchickt.
Reichstagsabgeord=
neter Rieſſer, der als Ehrenpräſident des Hanſabundes die
Ta=
gung mit einer Begrüßung der Gäſte und Teilnehmer eröffnete,
erklärte in einer Rede über die Aufgaben und Ziele des
Hanſa=
bundes, als deſſen weſentlichſtes Ziel er den kategoriſchen
Impe=
rativ der Pflicht gegen das Vaterland bezeichnete, der
Wiederauf=
bau Deutſchlands könne nur erfolgen im engſten Anſchluß an die
Stein=Harlenbergſchen Grundgedanken, d. h. durch Entbindung
aller ehrlichen produktiven Kräfte und durch Beſeitigung der
Zwangswirtſchaft auf allen Gebieten. Mit der
Wiederherſtel=
lung der freien Wirtſchaft müſſe aber auch die Wiederherſtellung
der Autorität des Staates Hand in Hand gehen. Dahin könne
man jedoch auf dem Wege parteipolitiſcher Eigenbrödelei nicht
kommen, ſondern nur dadurch, zunächſt Arbeitgeber und
Arbeit=
nehmer zu einer Arbeitsgemeinſchaft zuſammenzuführen. Dieſe
müſſe verſuchen, an die Stelle des Herrenſtandpunktes und des
Klaſſenkampfes Verſöhnung und Ausgleich der Intereſſen zu
ſetzen. Der Redner ſchloß namens des Hanſabundes mit dem
Appell, angeſichts der Gefahr für Staat und Wirtſchaft, alles
Parteipolitiſche beiſeite zu laſſen. — Sodann erhielt
Reichswirtſchaftsminiſter Hamm
das Wort, der auf die ſchwere Kriſe der deutſchen Wirtſchaft
hin=
wies und mit einer Mahnung zur Einſicht ſchloß, daß
Deutſch=
land arm geworden ſei und ſeine Ausgaben beſchränken müſſe.
Dann nahm, von der Verſammlung lebhaft begrüßt,
Dr. Schacht
das Wort zu einem Vortrag über die deutſche Währungspolitik.
Ausgehend von der Stabiliſierung der Währung, verbreitete ſich
der Redner hauptſächlich über die heutige Politik der Reichsbank
und erklärte, das Mittel der Inflation ſchwäche die Erkenntnis
der Lage, während das Mittel der Kreditdroſſelung jeden
Ein=
zelnen dazu bringe, die letzten Reſerven materiell und geiſtig aus
ſich und ſeinen Hilfskräften herauszuholen. Mehr als je gelte
heute das Wort: Beſitz iſt nichts, Erwerb iſt alles. Was nun die
Forderungen an die Reichsbank um Kreditgewährung anbelange,
ſo könne die Reichsbank einerſeits keine Rentenmark mehr
ausge=
ben und müſſe die beſtehende Reſerve von 300 Millionen ſich
er=
halten, ſo ſei andererſeits aber auch, mit Rückſicht auf die
vorhan=
dene Golddeckung von ungefähr 450 Millionen Goldmark, von
de=
nen die Hälfte für die Einlöſung der Dollarſchatzanweiſungen
re=
ſerviert bleiben müſſe, das Maximum in der Papiergeldausgabe
rreicht.
Ebenſo unmöglich ſei aber auch eine Diskonterhöhung und
ticht minder unausführbar der Vorſchlag, den Einheitskurs für
den Dollar in Berlin nicht ſo ſtarr feſtzuhalten. Was nun die
luslandskredite anlange, ſo ſei zur Beruhigung des Auslandes
ind des ausländiſchen Kreditkapitals feſtgeſtellt, daß der deutſche
Kaufmann keine Kredite in Anſpruch nehmen werde, die er nicht
urückzuzahlen in der Lage ſei. Im übrigen ſeien kurzfriſtige
Aus=
undskredite genug vorhanden, langfriſtige werde Deutſchland
rſt erhalten, wenn es auf Grund des Sachverſtändigengutachtens
Stabilität in ſeiner Wirtſchaſt erzielt haben werde. Auch der
Landwirtſchaft müßten wieder langfriſtige Anleihen zur
Ver=
igung geſtellt werden. Es gelte, die Notverordnung vom Juli
823 ſo umzugeſtalten, daß ein großer Teil der neu
anwachſen=
en Sparkapitalien in erſter Linie der Landwirtſchaft zur
Ver=
ügung geſtellt werde. Er hoffe, daß die bevorſtehenden
Er=
ſebungen die Löſung bringen werden, die den unfruchtbaren,
urzfriſtigen Agrarkredit zu einem langfriſtigen mit ermäßigten
Zinsſätzen verwandele.
Wir werden, ſo führte Dr. Schacht weiter aus, zu neuem
Gedeihen unſerer Wirtſchaft nicht kommen, wenn wir nicht einen
riedlichen Ausgleich mit den Wirtſchaften anderer Völker
fin=
den. Ich hoffe, daß die Einſicht dieſes internationalen
Zuſam=
nenhangs auf der anderen Seite ſtark genug iſt, um uns einen
Schritt in unſeren Schwierigkeiten entgegenzukommen.
„Ich ſehe einen ſolchen erreichbaren Schritt auf dem Gebiete
er Kolonialpolitik. Deutſchland darf nicht auf ewig von der
Kolonialwirtſchaft ausgeſchloſſen werden. Es würde eine
Ent=
aſtung der internationalen Lage ſein, wenn man Deutſchland.
Kolonien gibt. Ich glaube, daß der Kampf, den wir geführt
haben, auch dem Ausland die Augen geöffnet hat. Wir ſehen
ie Stimmung in der Welt, beherrſcht von dem Gedanken: Los
om internationalen Haß und zurück zur friedlichen
internatio=
nalen Arbeit. (Lebhafter, langanhalter Beifall.)
Auf die Rede Dr. Schachts folgte ein Vortrag des
Präſiden=
ten der Oeſterreichiſchen Bank, Reich, über die öſterreichiſche
Sa=
nierung, und ein Referat des Präſidenten des Hanſabundes,
Reichstagsabg. Dr. Fiſcher, über das Thema „Wirtſchaft und
Sachverſtändigengutachten”. Wir geben unſer Ja zu dem
Gut=
achten, ſo ſchloß der Redner, weil wir in ihm zum erſten Male
den Verſuch einer wirtſchaftlichen Löſung des
Reparations=
problems erblicken, der trotz aller Bedenken ein Schritt auf dem
Wege zur Vernunft iſt. Die Tagung fand damit ihr Ende.
Südweſtdeutſcher Induſtrie= und Handelstag.
TU. Baſel, 25. Mai. Die Deutſche Handelskammer in der
Schweiz hatte für heute Samstag nach Baſel den Süddeutſchen kaniſchen Außenhandels mit den europäiſchen Ländern, der im
Handelstag einberufen, der der Beſichtigung der Basler
Muſter=
der Verbeſſerung der deutſch=ſchweizeriſchen
Wirtſchaftsbeziehungen galt. An der Tagung nahmen
teil Vertreter der Handelskammern von Zürich, Baſel,
Mann=
heim, Stuttgart, ſowie Delegierte der Frankfurter
Handelskam=
mer, Eſſener Vertreter, der deutſche Geſandte in Bern, Dr.
Mül=
ler, der deutſche Konſul in Zürich, Miniſter a. D. von Rheinbold,
der Basler Konſul von Weidäcker und Unterrichtsminiſter Dr.
Hellbach, ſowie ſchließlich Vertreter der Basler Regierung und der
Stadt Baſel. Die Stadt Baſel ſelbſt hatte gegenüber der Tagung
die größte Gaſtfreundſchaft geübt. Auf der Tagung ſelbſt wurde
dargelegt, wie nötig es iſt, die ſtarken Hemmungen, die ſowohl
auf deutſcher, wie auf ſchweizeriſcher Seite einem wirklich
ge=
regelten Güteraustauſch und freiem Verkehr noch entgegenſtehen,
zu beſeitigen.
Abg. Imbuſch über das Rechtsgutachten.
Eſſen, 25. Mai. Der Reichstagsabgeordnete
Heinrich Imbuſch, Vorſitzender des Gewerkvereins
chriſt=
licher Bergarbeiter Deutſchlands, führt in der „Eſſener
Volks=
zeitung” zu dem Rechtsgutachten im Ruhrbergbauſtreik
aus: Wir nehmen nicht an, daß die Juriſten ein
Gefälligkeits=
gutachten im Intereſſe der Unternehmer oder der Regierung
ab=
geben wollten. Es bleibt dann nur die Annahme übrig, daß ihnen
die wirkliche Rechtslage nicht klar geworden iſt. Rechtlich
unhalt=
bar iſt die Ziffer 2 des Gutachtens. Die Begründung des
Gut=
achtens beſagt, es ſei „dieſe Regelung der Ueberarbeit ein
rück=
wirkender tariflicher Zuſatz zum Manteltarif geworden, der nicht
nur vorübergehende Bedeutung haben ſoll‟. Das iſt ein grober
Irrtum. Das Gegenteil iſt richtig. Imbuſch begründete dann
dieſe ſeine Behauptung ausführlich und ſchließt: „Glaubt man,
den Intereſſen des deutſchen Volkes und der deutſchen
Volks=
wirtſchaft zu dienen, wenn man die Bergarbeiter zwingt, in den
Unternehmern und den Regierungsvertretern hinterhältige und
geſchäftlich unehrliche Menſchen zu ſehen? Ich warne!”
Hierzu verlautet halbamtlich: Die Sachverſtändigen ſind
nicht vom Reichsarbeitsminiſterium, ſondern auf deſſen Bitte
vom Vorſtand des Reichswirtſchaftsrates ausgewählt worden.
Die Parteien hatten Gelegenheit, die Gutachter über die nach
ihrer Auffaſſung beſtehende Rechtslage zu unterrichten. Sie
haben von dieſer Gelegenheit auch Gebrauch gemacht. Das
Reichs=
arbeitsminiſterium war bei dieſen Verhandlungen nicht vertreten.
Es hat ſich auch, wie das ſelbſtverſtändlich iſt, jeder Einflußnahme
auf den Spruch enthalten.
Vorerſt kein Kohlenmangel.
Berlin, 25. Mai. Wie von unterrichteter Seite verlautet,
iſt wegen des Kampfes im Ruhrbergbau für die deutſche
Wirt=
ſchaft vorerſt ein Kohlenmangel nicht zu befürchten.
Die Einführung engliſcher bzw. tſchechoſlowakiſcher Kohle komme
nicht in Frage. Auch die Gasanſtalten ſeien vorläufig mit
Brenn=
ſtoffen gut verſehen. Die Stillegung gewiſſer Werke im
Ruhr=
gebiet infolge Kohlenmangels habe ſeine Urſache in der
Aus=
wirkung der Micumverträge. Sollte ſich bei längerem Andauern
des Kampfes Kohlenmangel bemerkbar machen, ſo könnte ſofort
auf die deutſchen Händlern im Ausland, namentlich in Holland,
gehörenden Kohlenlager zurückgegriffen werden.
Aus Sachſen.
Dresden, 25. Mai. Wie die Staatskanzlei mitteilt, hat
das Geſamtminiſterium in der geſtrigen Sitzung u. a. das
Wohl=
fahrtspflegegeſetz verabſchiedet. Das Geſetz umfaßt die Fürſorge
Februar 1924, ferner wurde das Geſetz über die Aenderung des
Staatsbankgeſetzes verabſchiedet. Der Entwurf ſieht eine Er=
Mark vor. Beſprochen wurde weiter die Erhöhung der Gehälter
der Beamten nach den Vereinbarungen, die das Reich mit den
Spitzenorganiſationen getroffen hat.
Kommuniſiiſche Kampfesweiſe.
durch die Kommuniſten geſprengt. Der Senat hatte am 5. Mai
die Arbeitszeit der Beamten auf wöchentlich 48 Stunden in
ge=
eingeführt. Die Kommuniſten und Sozialdemokraten verlangten
dagegen die Beibehaltung der durchgehenden Arbeitszeit. Ein
entſprechender Antrag der Sozialdemokraten, der bereits von
der Bürgerſchaft angenommen, aber vom Senat nicht ausgeführt
worden war, war von der bürgerlichen Mehrheit abgelehnt
wor=
den. Darauf brachten die Kommuniſten ein Mißtrauensantrag
gegen den Senat ein, der aber erſt in 14 Tagen verhandelt
wer=
den kann. Die Kommuniſten gaben ſich damit nicht zufrieden und
ges keine ſachlichen Verhandlungen zulaſſen. Als der Präſident
in der Tagesordnung fortſahren wollte, machten die Kommu= War bisher der Austauſch der Waren über die Grenzen hin in
niſten einen ohrenbetänbenden Lärm durch Klappen mit den
Pultdeckeln, Pfeifen und Singen der Internationale. Da der
genötigt, die Sitzung zu ſthließen.
Veränderungen
im amerikaniſchen Außenhandel
und die Einwanderungsfrage.
Von Francis H. Siſſon, Vizepräſident der
Guaranty Truſt Company New York.
Die auffälligſte und vielleicht bezeichnendſte Erſcheinung im
amerikaniſchen Außenhandel des letzten Jahres war der geringe
Ausfuhrüberſchuß im Warenhandel. Seit 1897 iſt nur dreimal
der Ueberſchuß der Ausfuhr über die Einfuhr ſo gering oder
geringer wie der 1923 geweſen und dabei war jedesmal der
Geſamtumfang des Außenhandels weſentlich geringer und das
Preisniveau weſentlich niedriger als letztes Jahr. Faſt gleich
auffällig iſt der Rückgang der relativen Wichtigkeit des
ameri=
meſſe und ganz beſonders einem perſönlichen Meinungsaustauſch letzten Jahre ſich auf nur 41 Prozent des Geſamtaußenhandels
belief gegen 44 Prozent im Jahre 1922 und 55 Prozent im Jahre
1913; die gleichzeitige Zunahme des Außenhandels mit den
übri=
gen Weltteilen verteilt ſich auf dieſe in annähernd gleicher Weiſe.
Es muß jedoch darauf hingewieſen werden, daß ein Rückgang des
europäiſchen Handels nur relativ, nicht abſolut ſtattgefunden
hat. Sein Wert ſowie ſein Umfang haben zugenommen, aber
gleichzeitig hat infolge des Bevölkerungszuwachſes in den neuen
Ländern und des wirtſchaftlichen Aufſchwunges in den
Repu=
bliken des amerikaniſchen Kontinents und dem Fernen Oſten
der amerikaniſche Außenhandel noch mehr zugenommen. Dazu
kommt die raſche Entwicklung des Prozeſſes der Induſtrialiſierung
in den Vereinigten Staaten, die die Möglichkeiten eine
vorteil=
haften Warenaustauſches mit den Hauptinduſtrieländern
Euro=
pas bedeutend verringert und die gleichzeitig dahin gewirkt hat,
daß die Vereinigten Staaten mehr und mehr Abſatz für ihre
Induſtrieerzeugniſſe in den Ackerbauſtaaten der weſtlichen
Hemi=
ſphäre und der fernöſtlichen Länder ſuchen.
In der Mehrzahl der Länder der neuen Welt iſt die
Indu=
ſtriealiſierung noch nicht ſehr weit vorgeſchritten, wohl aber hat
auf der Grundlage ihrer ſtändig wachſenden Bevölkerung das
Wirtſchaftsſyſtem einen ungeheuren Aufſchwung genommen mit
den Folgen einer verſtärkten Produktion und einer Zunahme des
Außenhandels. Kaum weniger bemerkenswert iſt die wachſende
wirtſchaftliche Bedeutung des Fernen Oſtens, wo bereits ſogar
eine weitgehend ſpezialiſierte Induſtrialiſierung zu beobachten
iſt. In dieſen Veränderungen der Handelswege macht ſich ein
Ausgleich der Induſtrialiſierung geltend, die jetzt von ihren
alten — mehr zufällig und nur zeitlich bedingten — Standorten
anfängt, ſich nach überall dorthin auszubreiten, wo geographiſch
und klimatiſch natürliche ſtandortsmäßige Gegebenheiten
vorhan=
den ſind. Der Bevölkerungszuwachs in den jungen Staaten
bringt demgegenüber eine verſtärkte Aufſchließung der reichen
natürlichen Hilfsquellen mit ſich.
Die wirtſchaftlichen Veränderungen, welche von ſich aus
neue Handelswege bedingen, ſind in nicht geringem Umfange
auf die Verſchiebungen in den Bevölkerungszentren
zurückzu=
führen, und die Bevölkerungsbewegung während der nächſten
Jahre wird ſich im Welthandel noch bedeutend geltend machen.
Wenn, wie nunmehr wohl als endgültig entſchieden gelten darf,
die Vereinigten Staaten die Zuwanderung in ſtreng zahlenmäßig
geregelten Grenzen halten wollen, ſo wird in den nächſten Jahren
eben anderswohin eine ſtarke Abwanderung des
Bevölkerungs=
überſchuſſes der europäiſchen Länder erfolgen müſſen, die einen
guten Teil des Welthandels nach ſich ziehen wird. Der
Ueber=
druck des Bevölkerungsüberſchuſſes in den europäiſchen Ländern
wird verſtärkt durch die als Folge des Kriegs dort eingetretene
teilweiſe Lahmlegung der Induſtrie und Wirtſchaft, und es darf
wohl geſagt werden, daß, wenn die Einwanderung nach den
Vereinigten Staaten in unbeſchränktem Umfange freigegeben
worden wäre, ſie beiſpielloſen Umfang angenommen haben
würde. Beſonders in Großbritannien und Italien iſt die Nok
der Arbeitsloſigkeit ſo groß und dauernd und dringlich
gewor=
nach 8 1 der Reichsverordnung über die Fürſorgepflicht vom 13. den, daß von vielen eine Auswanderung großen Stiles als die
einzig mögliche Löſung des Problems erachtet wird.
Demgegenüber macht ſich in den meiſten Ländern der neuen
höhung des Betriebskapitals der Staatsbank auf 10 Millionen. / Welt ein ſtarker Bedarf nach mehr Menſchenkräften geltend. Kanada
verſucht auf die verſchiedenſte Weiſe Einwanderer an ſich zu
zie=
hen und auch die ſüdamerikaniſchen Länder verfolgen in Bezug
auf die Zuwanderung eine ſehr liberale Politik. In mancherlei
Beziehung iſt Südamerika für die Aufnahme und Abſorbierung
des europäiſchen Bevölkerungsüberſchuſſes, beſonders des ſüd=
Bremen, 25. Mai. Die letzte Bürgerſchaftsſitzung wurde europäiſchen, auch weit beſſer geeignet als die Union; von ihrem
ausgeſprochenen Menſchenmangel abgeſehen, beſtehen zwiſchen
den ſüdamerikaniſchen und den ſüdeuropäiſchen Ländern weit
teilter Arbeitszeit feſtgeſetzt, dabei aber zwei freie Nachmittage größere Aehnlichkeiten inbezug auf Volkstum, Religion, Klima,
Lebenshaltung, politiſche und ſoziale Inſtitutionen als zwiſchen
letzteren und den Vereinigten Staaten. Nach weiterer
landwirt=
ſchaftlicher und induſtrieller Erſchließung der ſüdamerikaniſchen
Länder werden ſich dort die Möglichkeiten für den europiäſchen
Einwanderer ſehr weſentlich vermehren.
Dieſe große Bevölkerungsverſchiebung wird. zu einem neuen
Stimulans für den Welthandel und nicht zum wenigſten für den
erklärten, ſie würden bis zur Erledigung des Mißtrauensantra= Außenhandel der europäiſchen Staaten und der Union werden.
der Hauptſache auf die Verſchiedenheiten in der wirtſchaftlichen
Entwicklung der einzelnen Staaten begründet, ſo werden in Zu=
Präſident gegen den Lämn nicht ankommen konnte, ſah er ſich kunft die Handelswege mehr durch die natürlichen wirtſchaftlichen
Begünſtigungen beſtimmt ſein.
Seite 2.
Rummer 146.
Schlageter=Gedächtnisfeiern.
Der Hochſchulring deutſcher Art veranſtaltete geſtern morgen
in der Woogsturnhalle, unter Beteiligung der vaterländiſchen
Verbände und der hieſigen Kriegervereine eine Gedächtnisfeier
zu Ehren des am 26. Mai 1923 von den Franzoſen erſchoſſenen
(deutſchen Helden) Albert Leo Schlageter. Der bis zum
letz=
ten Platz gefüllte Saal beweis die große Anteilnahme an dem
tragiſchen Geſchick dieſes deutſchen Helden.
In den einleitenden Worten betonte der Vorſitzer des
Hoch=
ſchulrings, daß das Gedenken auch allen anderen deutſchen
Volks=
genoſſen gelte, die in ſtiller Abwehr feindlicher Uebergriffe ihr
Leben einſetzten und ihr Höchſtes, ihr Leben hingaben, um des
Vaterlandes und ſeiner Freiheit willen. Nach einem
Trauer=
marſch, geſpielt vom philharmoniſchen Orcheſter, und einem
Ge=
dichtvortrag „Albert Leo Schlageter”, vorgetragen von Herrn
stud. Laue, ergriff Herr Prof. Berger das Wort zu einer
Gedächtnisrede. Er entwarf ein Bild des Lebens und Wirkens
unſere: Helden, der aus tiefſtem Empfinden heraus ſich in den
Dienſt des Vaterlandes ſtellte. Ergreifend waren die aus
Schla=
geters letzten Briefen vorgeleſenen Stellen, die aufs deutlichſte
ſeinen hohen ſittlichen Charakter erkennen laſſen und ſeine, von
eigennützigen Plänen freie, ſelbſtloſe Opferbereitſchaft untrüglich
bewieſen und damit allen häßlichen Angriffen unſerer Feinde und,
was erfreulicher iſt, denen eigener vaterlandsloſer Geſellen, die
Spitze abbrechen. Herr Prof. Berger ſchloß mit dem „
Altnieder=
ländiſchen Dankgebet”, das von den Anweſenden gemeinſam
ge=
ſungen wurde.
Zwei Gedichte „Treue” und „Deutſchland” wurden von Herrn
Dr. Grohmann mit tiefem Gefühl vorgetragen. Nach dem
erſten, „Treue”, ſpielte das Orcheſter den erſten Vers des Liedes
„Ich hatt einen Kameraden‟. Das zweite, „Deutſchland”, ein
Meiſterwerk eines deutſch=öſterreichiſchen Dichters, ergreifend
vor=
von Preuſchen das Wort und erinnerte in markigen Worten an
das, was Deutſchland verloren und vergeſſen. Daran, was
Schlageter für ſein Vaterland getan und welche Aufgaben er
hinterlaſſen. Er mahnte zur Einigkeit und wies, auch paſſend für
die Vorgeſchichte der Gedächtnisfeier, darauf hin, daß der Feind
nicht rechts, nicht links, ſondern draußen ſtehe. Herr General v.
Preuſchen ſchloß mit einem „Hoch” auf das Vaterland, woran
an=
ſchließend gemeinſam das „Deutſchlandlied” geſungen wurde,
wo=
mit die Feier, die im übrigen ungeſtört verlief, ihr Ende fanb.
Schönau im Wieſental, 25. Mai. (Wolff.) Zur
Er=
innerung an die vor Jahresfriſt in Düſſeldorf erfolgte ſtandrecht= daß ſie ſich bemühe, die Beziehungen Frankreichs zu den
verſchie=
liche Erſchießung Schlageters fand heute vormittag am Grabe
Schlageters auf dem hieſigen Friedhof in Gegenwart der
Fami=
lienangehörigen eine Gedächtnisfeier ſtatt, die von den
vater=
ländiſchen Verbänden, insbeſondere dem Jungdeutſchen Orden
veranſtaltet worden war. Zahlreiche Abordnungen dieſer
Ver=
bände aus Thüringen, Weſtfalen, Rheinland, Heſſen,
Württem=
berg, Baden uſw. waren erſchienen und legten, ebenſo wie
Ver=
tretungen der ſtudentiſchen Körperſchaften der Hochſchulen
Frei=
burg und Karlsruhe, mit kurzen Widmungen Kränze am Grabe
nieder. Auch viele Regiments= und Kriegervereine waren durch Männern er auch zu tun haben werde und welchem ſie auch
Deputationen vertreten. Freiherr v. Medem feierte Schlageter als
hat in der Hoffnung, daß ſein Opfer nicht vergeblich gebracht
wor=
den ſei. In treuer Pflichterfüllung habe Schlageter ſtets geglaubt,
ſeinem Vaterland dienen zu müſſen. Aus tiefſter Religioſität
heraus habe er die Kraft geſchöpft, aufrecht in den Tod zu gehen.
Für ſeine Heimatgemeinde widmete der Bürgermeiſter von prientierte Regierung die Verhandlungen um die Wiederherſtel=
Schönau dem Gefallenen einen warm empfundenen Nachruf und
letge im Namen der Gemeinde einen Kranz am Grabe nieder.
Mit dem Treueſchwur, wie Schlageter dem Vaterlande in ſchwerer
Zeit unentwegt beizuſtehen, fand die Feier ihren Abſchluß. Der das ruſſiſche Volk oder auch nur die ruſſiſche Regierung mit der
An= und Abmarſch der Abordnungen vollzog ſich in vollkommener Internationale von Moskau. Bei ſeinem Verſuch. neue Abmach=
Ruhe.
Der Oeutſche Tag im Film verboten.
* Halle, 25. Mai. (Priv.=Tel.) Seit acht Tagen wird der
Film des Deutſchen Tages in Halle einſchließlich der Weihe des dem 5. Juni gebildet ſein. Was ihn anlange, ſo gedenke er das
Moltkedenkmals in einem hieſigen Lichtſpielhaus mit dem
größ=
ten Erfolg ohne jede Störung gezeigt. Plötzlich bekam die hieſige
Polizei von Berlin aus die Anweiſung, der Direktion des Kinos
mitzuteilen, daß die Vorführung des Films verboten ſei. Der
Film wurde beſchlagnahmt. Er war vom hieſigen
Polizeipräſi=
dium genehmigt worden. Eine nähere Begründung des Verbots
iſt nicht erfolgt.
Heſſiſches Landestheater.
Kleines Haus. — Sonntag, 25. Mai.
Was Ihr wollt.
Luſtſpiel von Shakeſpeare.
Die Folgen der Verzögerung der Löſung der
Intendanten=
frage, auf die wir wiederholt und rechtzeitig hingewieſen haben,
treten immer ſtärker zutage. Wie wir hören, beabſichtigt auch
Fräulein Eliſabeth Lennartz, Darmſtadt zu verlaſſen.
An ihrer Stelle gaſtierte geſtern Fräulein Charlotte Saſſe
von den Städtiſchen Theatern Elberfeld=Barmen als „Viola” in
Shakeſpeares „Was Ihr wollt”, Frl. Saſſe iſt eine offenbar noch
junge Künſtlerin, die am Beginn ihrer Bühnenlaufbahn ſteht.
Sie beſitzt eine wohlklingende, gut ausgebildete Stimme und eine
ſympathiſche Erſcheinung. Es war für ſie nicht leicht, ſich in der
hieſigen originellen Aufführung ſtets zurecht zu finden. Doch ihr
Spiel war verſtändig und ausdrucksvoll, und für die
Gefühls=
momente ließ ſie warme Töne durchklingen. Frl. Saſſe iſt eine
Begabung, die ſchöne Hoffnungen erweckt.
An Stelle des Herrn Gielen, der in Dresden gaſtiert, ſpielte
Herr Walter Kuliſch ſehr ſympathiſch den „Narren”.
Z.
*Kunſt und Keramik.
Sonderausſtellung Hamann=Bensheim.
Am Samstag nachmittag wurde in den oberen Räumen der
„Kunſt und Keramik” (Luiſenplatz 4) eine Sonderausſtellung des
Malers Hamann=Bensheim eröffnet. Herr Dr. Schäfer hielt bei
dieſer Gelegenheit einen einführenden Vortrag. Der Redner
be=
merkte, daß er nicht ein fachliches Urteil abgeben wolle, ſondern
die Perſönlichkeit, die aus den Bildern ſpricht, gelte es, dem
Be=
trachter nahe zu bringen. In der Ausſtellung auf der
Mathilden=
höhe, wo Hamann ebenfalls mit Bildern vertreten iſt, ſei es viel
ſchwerer, die richtige Einſtellung zu dieſem Künſtler zu gewinnen
als in dieſen Räumen. Nicht vom Standpunkt einer Schule, nicht
als Landsmann, ſondern das Werk an ſich ſei zu betrachten.
Die=
ſes weiſe auf ein ſtarkes inneres Erleben hin. Charakteriſtiſch für
die Kunſt Hamanns ſei die Ruhe. In der Ruhe ſollen ſich Bild
und Beſucher einander meſſen. Wenn der Künſtler z. B. einen
Bergkegel, einen Vogel oder eine Wolke darſtellt, ſo rücke er ſie
in kosmiſche Nähe. Hamanns Werk ſei religiös zu nennen, wegen
der Aufnahme des Einzelnen in das Allgemeine. Hamanns
gra=
phiſche Blätter ſind Sinnreichen des Ewigen; er ſteht abſeits und
gibt nur eine Welt. Das Seeliſche ſteht bei ihm voran und das
Techniſche kommt bei Beurteilung ſeiner Leiſtungen erſt in zweiter
Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 26. Maf 1924.
Vom Tage.
Der bisherige deutſche Geſandte in Stockholm Nadolny, der als
Bot=
ſchafter nach Konſtantinopel geht, verließ am Samstag Stockholm. Auf
dem Bahnhof fanden ſich u. a. Miniſterpräſident Trygger, der ſchwediſche
Außenminiſter und Branting ein.
Dem Intranſigeant wird aus London berichtet, Ramfah Macdonald
habe Poinearé einen neuen Brief zuſtellen laſſen, in dem der Wunſch
ausgeſprochen werde, die zwiſchen den beiden Miniſterpräſidenten in der
letzten Zeit gepflogene Korreſpondenz zu veröffentlichen.
Poincaré, der, wie gemeldet, in Bar=le=Duc die Tagung des
General=
rats eröffnen wird, wird bei dieſer Gelegenheit eine politiſche Rede
halten.
Der ſozialiſtiſche Abgeordnete Moutet, der mit Herriot auf der
Liſte des Blocks der Linken in Lych gewählt wurde und mit dem
künfti=
gen Miniſterpräſidenten vor zwei Tagen in Paris eine längere
Unter=
redung hatte, tritt im Populgire für eine Teilnahme der ſozialiſtiſchen
Partei an der Regierung ein.
Der Independence Belge zufolge ſoll die Rede davon geweſen ſein,
die bevorſtehende Konferenz der interalliierten Premierminiſter nach
Brüſſel zu berufen. Von zuſtändiger Seite wird jedoch nach dem gleichen
Blatt erklärt, daß der Plan aufgegeben ſei.
Die Vereinigten Staaten haben mit Norwegen einen Vertrag über
Regelung des Verkehrs mit Alkohol unterzeichnet, der dem mit England
entſpricht.
Offizielle Nachrichten aus Wladiwoſtok beſagen, daß die ruſſiſch=
japa=
niſchen Verhandlungen einen befriedigenden Verlauf nähmen. Die
japa=
niſchen Gefangenen ſeien bereits am 23. Mai freigelaſſen worden. Die
Verhandlungen würden vorausſichtlich bis zum Juni dauern.
Das Programm der
neuen franzöſiſchen Regierung.
Paris, 25. Mai. (Wolff.) Der Abgeordnete Herriot hat
getragen, fand ſtürmiſchen Beifall. Darauf nahm Herr General in Lyon geſtern dem Vertreter des „Petit Journal” eine
Unter=
redung gewährt, in der er u. a. erklärte:
In der Außenpolitik werde die neue franzöſiſche
Regie=
rung ſich von zwei Grundſätzen leiten laſſen, der Welt den wahren
Frieden und Gerechtigkeit, und Frankreich die Sicherheit und die
Reparationen zu gewährleiſten, auf die es Anſpruch habe. Nach
außen wie im Innern gedenke er ſich auf die demokratiſchen
Par=
teien zu ſtützen, er habe von den Demokraten aller Länder bereits
ermutigende Verſprechungen erhalten. Zuerſt müſſe die neue
Re=
gierung danach trachten, die Schwierigkeiten zu regeln, die der
Sachverſtändigenbericht mit ſich bringe, dann habe ſie
die Modalitäten der Räumung des Ruhrgebiets
zu prüfen. Aber ihr Ziel werde ſie vor allem dadurch erreichen,
denen Völkern freundſchaftlicher zu geſtalten. Das Interview,
das der „Vorwärts” veröffentlicht habe, gebe ſeine Abſichten
in=
bezug auf Deutſchland einigermaßen getreu (assen fidelement)
wieder. Es hätten ſich jedoch gewiſſe ſachliche Irrtümer (erreurs
materielles) eingeſchlichen, die zu berichtigen notwendig wären.
Er habe geſagt, er würde jedes Zuſammenarbeiten mit den
deut=
ſchen Nationaliſten ablehnen, er habe nicht geſagt „mit deutſchen
Kommuniſten‟. Ebenſo habe er auch nicht erklärt, daß er von
der Gegenſeite „Vertrauen” fordern werde. Er habe vielmehr
geſagt, daß er „bona fides” (bonne koi) verlange, mit welchen
angehören möchten. Er werde von ihnen eine bona fides
ver=
deutſchen Mann, der ſein Leben für ſein Vaterland hergegeben langen, die derjenigen gleichkomme, auf die ſie ſeinerſeits zählen
könnten. Schließlich fehle in der Wiedergabe ſeiner Erklärung
im „Vorwärts” die Mitteilung, daß es ſeine entſchiedene Abſicht
ſei, die Rechte ſeines Landes zu verteidigen, und daß man vor
allem jenſeits des Rheins bedenken ſollte, daß eine nationaliſtiſch
lung des Friedens erſchweren werde, obwohl er ſehnlichſten
Wunſch habe, ſie zum Ziele zu führen. Er wolle jede Demokratie
unterſtützen und gegen jeden Imperialismus ankämpfen. Seine
Stellung gegenüber Rußland ſei bekannt, er verwechſele nicht
ungen mit der Sowjetrepublik zu treffen, werde er ſich nicht von ein
paar aufgeregten Leuten beeinfluſſen laſſen und ſich hüten zu
ver=
geſſen, daß kleine franzöſiſche Sparer in Rußland noch zahlreiche
Intereſſen haben.
Die neue franzöſiſche Regierung könne nicht vor
Mandat auszuführen, das er von der Wählerſchaft erhalten habe.
Gleich zu Beginn der neuen Legislaturperiode, würden gewiſſe
leicht durchzuführende Maßnahmen ſich als notwendig erweiſen,
ſo die Aufhebung des Ermächtigungsgeſetzes und eine umfaſſende
Amneſtie, die ſich auf die entlaſſenen Eiſenbahner erſtrecken werde.
Er ſei mehr denn je entſchloſſen, von den Sozialiſten nicht nur
wohlwollende Unterſtützung, ſondern auch eine aktive Mitarbeit
zu verlangen. In ſeiner Eigenſchaft als Vorſitzender der
Radi=
kalen und der Sozialiſtiſch=radikalen Partei werde er an den
ſozialiſtiſchen Parteitag, der am 1. Juni zuſammentrete, ſchriftlich
ſein Angebot richten. Von dieſer Antwort werde ſein künftiges
Verhalten abhängen. Wie dieſe aber auch ausfalle, die
Regie=
rung, an die er denke, werde ſich nur auf Männer, der Linken
ſtützen und nur ihre Mitarbeit werde er annehmen. Bei ſeinen
Beſprechungen mit Poincaré, habe ausſchließlich das Intereſſe
Frankreichs im Mittelpunkt geſtanden. Es ſei ausgeſchloſſen, die
Durchführung der ſozialen Maßnahmen, die er beabſichtige, zu
decken, wenn die Finanzen nicht völlig in Ordnung ſeien. Wenn
er die Regierung übernehme, werde er für „Währungs=
Defai=
tiſten”, ſo hoch ſie auch geſtellt ſein möchten, kein Erbarmen haben.
Er werde ihnen gegenüber mit aller Strenge das Geſetz
anwen=
den. Die erſte Aufgabe der neuen Regierung werde es ſein,
un=
bedingt eine ſichere Finanzpolitik in die Wege zu leiten und das
Gleichgewicht des Budgets herzuſtellen, nicht durch eine
Verſchär=
fung der Verbrauchsſteuern, ſondern durch eine Erfaſſung
der=
jenigen Steuerzahler, die ſich bis jetzt ihrer Pflicht entzogen
hätten.
Die Abſichten Poincarés.
London, 25. Mai. (Wolff.) Die Evening News
ver=
öffentlicht einen eingehenden Artikel Huddleſtons aus Paris über
die Abſichten Poincarés, der nach Anſicht Huddleſtons
das politiſche Leben noch jahrelang beherrſchen werde.
Huddle=
ſton, der in den letzten Tagen eine lange Unterredung mit
Poin=
caré hatte, ſchreibt, Poincaré ſei keineswegs niedergeſchlagen.
Er wiſſe, daß ſeine Politik von ſeinem Nachfolger ohne große
Veränderungen fortgeſetzt werden würde. Wenn Deutſchland
den Bericht der Sachverſtändigen nicht vorbehaltlos und
auf=
richtig annehme, werde die franzöſiſche Politik in den Augen
der Welt gerechtfertigt daſtehen. In dem Artikel heißt es dann
weiter, Poincaré werde auch nötigenfalls eingreifen um
Re=
vanchevorbereitungen Deutſchlands zu verhindern. Alle
offiziel=
len und inoffiziellen Meldungen beſagten, daß die Gefahr
nie=
mals größer geweſen ſei. Deutſchland werde nicht ſo naiv ſein,
Frankreich direkt anzugreifen. Es werde vielmehr Mißgriffe des
Friedensvertrages, wie den polniſchen Korridor oder die
Dan=
ziger Frage, dazu benutzen. Wenn der Kampf einmal begonnen
habe, könne er nicht mehr lokaliſiert werden, ſondern werde
all=
gemein werden.
Paris, 25. Mai. (Wolff.) Poincaré gab dem Mitarbeiter der
Brüſſeler Etoile Belge Erklärungen über ſeine Auffaſſung von der
Pol=
tik des kommenden Kabinetts. Jede franzöſiſche Regierung, ſo ſagte er,
werde es ſich in erſter Linie angelegen ſein laſſen müſſen, die engen
Be=
ziehungen zwiſchen Belgien und Frankreich aufrecht zu erhalten und die
gemeinſamen Intereſſen beider Länder, namentlich was die Ausführung
bes Verſailler Vertrages anlange, zu verteidigen. Was den
Sachverſtän=
digenbericht anlange, ſo ſei es erfreulich, daß er eine
Verhandlungs=
grundlage für beide Länder abgebe, aber man müſſe vorſichtig ſein und
dürfe ſich nicht durch Verſprechungen Deutſchlands ködern laſſen.
Dar=
über werden beide Länder wachen. Jede franzöſiſche Regierung werde
im übrigen notgedrungen eine internationale Politik treiben müſſen, die
er unaufhörlich betrieben habe. Die Beſetzung des Ruhrgebietes werde
ſich nur nach Maßgabe der deutſchen Zahlungen ändern, wie es in dem
bekannten Communiqué über die franzöſiſch=belgiſche Miniſterkonferenz
in Brüſſel feſtgelegt ſei. Nach ſeiner Anſicht werde auch die
parlamenta=
riſche Mehrheit in Zukunft genau dieſelbe ſein, wie bisher, und dann, ſo
ſchloß Poincaré, iſt nicht auch noch der Senat vorhanden, der ſeinerſeits
immer einſtimmig ſeine internationale Politik unterſtützt habe?
Renaudels Angriffe auf Millerand.
Paris, 25. Mai. (Wolff.) Der ſozialiſtiſche Abgeordnete
Renau=
del hat, wie Havas aus Heheres meldet, dort geſtern in einer Sitzung des
Komitees des Blocks der Linken eine Rede gehalten, in der er ſcharfe
An=
griffe gegen den Präſidenten der Republik richtete. Nach ſeiner Anſicht,
ſo erklärte Renaudel, müſſe die ſozialiſtiſche Partei eine
Konzentrations=
regierung, gleich viel welcher Art ſie ſei, bekämpfen; dagegen einem
Ka=
binett der Linken, das ſich im Einklang mit dem Ergebnis der Wahlen
vom 11. Mai zuſammenſetze, ihre Unterſtützung gewähren. Wenn die
ſozialiſtiſche Partei auch aus der Kriſe, die ſie durchgemacht habe, ſtärker
hervorgegangen ſei, ſo werde ſie doch nur mit Mühe des Kommunismus
Herr, und wenn ſie ſich jetzt auf eine Beteiligung an der Regierung
ein=
laſſe, ſo werde infolge der zu erwartenden Schwierigkeiten die Aktion
geſchwächt werden.
Das Urteil im Pariſer Preſſeprozeß.
Paris, 25. Mai. (Wolff.) In dem Prozeß des Matin
ge=
gen die Humanité aus Anlaß der Enthüllungen des letzteren
Blattes über die finanziellen Beziehungen der franzöſiſchen Preſſe
zu gewiſſen ruſſiſchen Regierungsſtellen, ſind geſtern der
Abge=
ordnete Marcel Cachin, als verantwortlicher Herausgeber, und
Boris Suwerin, als Redakteur der Humanité, ſolidariſch zu 200
Franken Geldſtrafe und 10 000 Franken Schadenerſatz verurteilt
worden. Der Matin hatte 500 000 Franken Schadenerſatz
ver=
langt.
Linie. — Dem Vortrage ſchloß ſich ein Rundgang an. Hamanns
Bilder laſſen ſich am eheſten noch mit japaniſchen Holzſchnitten
vergleichen. Weglaſſen des Unweſentlichen, ſparſame
Verwen=
dung der Linie, dafür dieſe aber umſo charakteriſtiſcher. So ſieht
man auf einem Bilde, eine in ſanften Linien, ſich hinziehende
Hügelkette, einen Strauch und den Mond; das Ganze vereinigt
ſich aber zu einem Bild von kosmiſcher Weite. Eine breite
Waſ=
ſerfläche und Waſſervögel; gewiß ſparſame Mittel, der Darſtellung
aber mit ihnen vermag der Künſtler ſtarke Wirkungen auf den
Be=
trachter auszuüben. Neben Landſchaftsbildern, die der Phantaſie
ihre Entſtehung zu verdanken ſcheinen, findet man auch ganz
ſachliche Darſtellungen, wie z. B. ein Bild der Ruine Starkenburg
bei Heppenheim.4 Hamann hatte erſt kürzlich Bilder im
Gewerbe=
muſeum ausgeſtellt, auch auf der Mathildenhöhe iſt er jetzt
ver=
treten, aber weſentlich für das Verſtändnis ſeiner Kunſt iſt die
gegenwärtige Ausſtellung in der „Kunſt und Keramik”
Zum Bibliophilentag hat dort die Wittichſche Hofbuchdruckerei
eine ſehr ſehenswerte Sonderausſtellung veranſtaltet; außerdem
ſind noch zahlreiche andere Erzeugniſſe des Kunſtdrucks dort
aus=
geſtellt.
* Wanderungen durch das Stadimuſeum.
24. Heinrich Hofmann=Ausſtellung.
Am 19. März d. J. war der 100. Geburtstag dieſes
Jugend=
freundes und Studiengenoſſen von Karl Stahl. Damals war uns
zu wenig, außer kurzen Lebensſkizzen u. a., bekannt, jetzt aber
fließt die Quelle reichlich. Vor allem liegen uns die Briefe
Stahls an ihn vor, die einen wichtigen Beſtandteil ſeiner im
Landesmuſeum ausliegenden Briefe bilden, ſowie die Briefe
Heinrich H’s. nach Hauſe, die im Stadtmuſeum ausgeſtellt ſind.
J. M. Heinrich Hofmann wurde am 19. März 1924
in Darmſtadt als Sohn des Hofgerichts=Advokaten H. K.
Hof=
mann und ſeiner Mutter Sophie, einer geb. Vollhard, geboren.
Schon früh, ſobald er nur „den Bleiſtift halten konnte”, zeigte ſich
bei ihm das Zeichentalent. „Ich war auch zu nichts anderem
mehr zu gebrauchen‟. Die erſte Ausbildung erhielt er, wie ſchon
bei Stahl bemerkt iſt, zuſammen mit dieſem von dem
Hofkupfer=
ſtecher E. Rauch, der ihn auch mit dieſem nach Düſſeldorf brachte.
Doch gefiel es ihm hier nicht beſonders. Infolge des plötzlichen
Todes ſeines Vaters blieb er einige Zeit bei ſeiner Mutter und
malte eifrig Bildniſſe. Endlich konnte er Sommer 1847 nach
München gehen, hier entſteht die „Abſchiedsſzene aus
Romeo und Julia”. Wegen der politiſchen Wirren des
Jahres 1848 in München (Lola Montez) geht er wieder in die
Hei=
mat (1848—1855). Hier malte er zweimal Heinrich v. Gagern,
Juſtus v. Liebig u. a. Im November 1848 verliert er ſeinen
geliebten Jugendfreund K. Stahl, „der unzweifelhaft bei ſeiner
bedeutenden, recht deutſchen künſtleriſchen Schöpfungskraft einer
unſerer größten Geſchichtsmaler geworden wäre”, 1851 geht er
nach Dresden, dann wieder nach Darmſtadt, wo durch den Tod ſeiner
Mutter veranlaßt, er ſich ganz auf die religiöſe Malerei wirft. Nach
einem Aufenthalt in Rom, wo er in lebhaftem Verkehr mit
Cor=
nelius trat und das im Landesmuſeum (Saal 82) hängende große
Bild „Gefangennahme Chriſti” malte, war er wieder von
1858—62 hier in Darmſtadt. Seit 1863 nahm er dauernden
Aufeut=
halt in Dresden, an deren Kunſtakademie er ſeit 1875 als
Profeſſor tätig war. Raſtlos ſchaffend, geſchätzt und geehrt von
Aka=
demien und Kunſtgenoſſenſchaften, iſt er hochgetagt am 13. Juni
1911 hinübergegangen.
Nun zur H. Hofmann=Ausſtellung im
Stadt=
muſeum. Oelbilder ſind verhältnismäßig nur wenig zu ſehen.
Ein Jugendſelbſtbildnis, ferner das Bilnis ſeines Freundes,
des Darmſtädter Malers L. Minnigerode, der 12jährige
Jeſus im Tempel nebſt Skizzen dazu. Ein Hauptteil der
Ausſtellung iſt eine Reihe von Originalzeichnungen, Skizzen u. a.*),
Schöpfung, Szenen zu Fauſt, Berglandſchaft, Odyſſeus u. a. m.
Beſonders lehrreich ſind die entzückenden Heinrich Hofmannn=
Handzeichnungen und Skizzen, 100 Abbildungen auf 47 Blatt, die
Frz. Hanfſtängl in vollendeter Wiedergabe in einer Mappe
herausgab. Man lernt hier Hofmann von ganz neuen Seitenkennen.
Er tritt uns hier, neben religiöſen Entwürfen, beſonders als
Hi=
ſtorienmaler entgegen. Namentlich die Entwürfe aus dem Leben
ſeines Vaters und ſeiner Familie: Erquickung
Verwun=
deter, ſein Vater im Gefängnis, ſeine Trauung
1859, Abſchied von der Mutter, Familienbild,
Vaterfreuden, Unſer Haus in Darmſtadt u. a.
werden gewiß die Darmſtädter Allgemeinheit anziehen. Die
Güte eines Verwandten hat ſie uns zur Verfügung geſtellt. Die
Verklärung und das Schönheitsgefühl in ihnen iſt auf einer
ſel=
tenen Höhe, ebenſo die wunderbare Linienführung. Ganz
pracht=
voll iſt es, wie er das Landſchaftliche, einen einzelnen Baum z. B.
bei der heiligen Genopefa, in das Ganze eingliedert. Hier
er=
weiſt er ſich als großer Könner. Das Stadtmuſeum beſitzt ſchon
ſeit einigen Jahren zwei große Entwürfe zur Hochzeit zu
Kana und Jeſus bei Martha und Maria deren
Aus=
führungen in ſächſiſchen Kirchen hängen; es ſind Geſchenke des
Herrn Profeſſor Kröh. Da ihre Größe das Unterbringen im
Stadtmuſeum verbietet, hängen ſie ſchon ſeit langem im
Treppen=
haus des Stadthauſes.
Dieſe heute im Stadtmuſeum für kurze Zeit eröffnete
H. Hofmann=Ausſtellung bildet eine Ergänzung zur
Karl Stahl=Ausſtellung im Landesmuſeum. Bei
ge=
nügender Anmeldung (in der Städt. Bücherhalle) wird auch
Mittwochs um 5 Uhr mit Führung geöffnet werden. Noack.
*) Die Kunſthandlung von Sonnthal hatte die
Liebenswürdig=
keit, ſie uns zur Verfügung zu ſtellen. Sie ſind ſämtlich, mit Ausnahme
der zu Jeſus im Tempel, verkäuflich.
Rummer 146.
Darmſtädter Tagblatt, Moutag, den 2G. Mai 1924.
Seite 3.
Aus der Landeshauptſtadt.
Darmſtadt, 26. Mai.
Die Bibliophilen in Darmſtadt.
Als die Mitteilung an die Oeffentlichkeit gelangte, daß die Weimarer
Bibliophilen=Geſellſchaft ihr 25jähriges Jubiläum in Darmſtadt abhalten
werde, fragte man in weiten Kreiſen nach dem Zweck der Bibliophilen.
Es iſt leider eine Tatſache, daß man darunter vielfach dasſelbe verſteht,
wie Bibliomanie, d. h. eine Sucht, Bücher zu ſammeln ohne Rückſicht auf
ihren geiſtigen Inhalt, wenn ſie nur durch Alter, Schickſale oder
Aus=
ſtattung einen gewiſſen Seltenheitswert haben. Dieſe Charakteriſierung
trifft aber keineswegs auf die Weimarer Bibliophilen=Geſellſchaft zu,
ebenſowenig auf ihre Tochtergründung, die Geſellſchaft heſſiſcher
Bücher=
freunde. Hier haben wir es mit einem ganz neuartigen Typus der
„Bücherſucht” zu tun, der von größter volkswirtſchaftlicher Bedeutung
geworden iſt. Das Buchgewerbe hat von der Bibliophilie viele
Anregun=
gen empfangen, viele Veröffentlichungen in vorbildlicher Form und mit
wertvollem Inhalt ſind durch ſie veranlaßt worden. Profeſſor Georg
Witkowsky=Leipzig hat einmal in einer Rede nachdrücklich auf die große
volkswirtſchaftliche Bedeutung und die Leiſtungen der Bibliophilie
hinge=
wieſen und dabei bemerkt: Mit einer Schnelligkeit und in einer Fülle,
die niemand hätte ahnen können, erſtanden neue Buch=Typen, die den
Forderungen eines geläuterten Geſchmacks und der Echtheit des
Mate=
rials zu genügen ſuchten. Die alten großen Dichter deutſcher und
frem=
der Zunge wurden endlich in würdige Gewänder gekleidet, auch den
Le=
benden gewährte wenigſtens hier und da der Nährvater ihrer
Geiſtes=
kinder edlere Geſtalt und ſogar die wiſſenſchaftliche Literatur begann ein
harmoniſches Aeußere zu zeigen. Geſteigert wurde die Herſtellung neuer
Schriftgattungen, das Entſtehen von kü ſtleriſch beratenen
Schriftgieße=
reien, ferner die Erzeugung hochwertiger Pruckpapiere und koſtbarer
Ein=
bände. Es erwachte die Freude am Beſitz des Buches um ſeiner Form
und ſeines Inhalts Willen in ſehr breiten Schichten. Nun erſt begann
der Durchſchnitts=Deutſche den Wert einer eigenen Bibliothek zu ſchätzen
und für dieſe nicht nur gute, ſondern auch ſchön gedruckte, dauerhaft
ge=
bundene Bücher zu verlangen. Unmittelbar aus der Bibliophilie als
Sammelſport entſprang bei uns die Bibliophilie als allgemeines
Be=
dürfnis, nicht nur der Wohlhabenden, bis in die Schicht der mäßig
be=
ſoldeten Lehrer und Beamten hinein. Für jeden, der mit offenen Augen
die Entwicklung der letzten 25 Jahre auf dieſem Gebiete verfolgt hat,
liegt die Reihenfolge der Faktoren klar zu Tage: Streben Einzelner nach
Begründung einer deutſchen, bibliophilen Anſprüchen genügende Buch=
Herſtellung, unmittelbar darauf folgend Eingehen des Verlags auf dieſe
Wünſche, Erwachen des Verſtändniſſes für buchtechniſche Unterſchiede und
erhöhte Luſt am Beſitz eigener, durch Inhalt und Ausſtattung wertvoller
Bücher.
Die Weimarer Bibliophilen=Geſellſchaft, die jetzt in Darmſtadt ihr
25jähriges Beſtehen feiert, kann ſich das größte Verdienſt an dieſen
Er=
rungenſchaften zuſchreiben. Auch die Geſellſchaft heſſiſcher Bücherfreunde,
die jetzt 7 Jahre beſteht, hat ſich unter der Leitung des Grafen
Har=
denberg zu einem Kulturfaktor für Heſſen entwickelt. Sie zählt jetzt
rund 900 Mitglieder und die Zahl ihrer Veröffentlichungen beläuft ſich
bereits auf 30 Nummern. Die Jubiläumstagung hat viele Gäſte nach
Darmſtadt geführt, ſo daß ſich deren Zahl im Stadtbild bemerkbar macht.
Graf Hardenberg und der ihm zur Seite ſtehende Feſtausſchuß haben ein
ſehr gediegenes Programm für die Tagung aufgeſtellt, das den
aus=
wärtigen Beſuchern unſerer Stadt viele geiſtige Anregungen bieten
dürfte. Die Tagung hatte am Samstag mit einem Begrüßungsabend im
Hotel zur Traube begonnen.
Die Hauptverſammlung.
Um 9½ Uhr begann im großen Saal des Hotels zur Traube, bei
ſehr zahlreicher Beteiligung die Hauptverſammlung der Weimarer
Bibliophilen Geſellſchaft. Sie galt zugleich der Feier des 25jährigen
Beſtehens dieſer Vereinigung. Fedor von Zobeltitz, der Vorſitzende
des Geſamtvereins, entbot in humoriſtiſch gefärbter Rede den
Anweſen=
den einen Willkommengruß und friſchte Erinnerungen an die
Grün=
dungszeit wieder auf und erzählte dabei manches von ſeinen perſönlichen
Erfahrungen. Im Plauderton ſprach er feſſelnd, wie er ſchon in jungen
Jahren ſich der Bibliographie ergeben hatte, als kaum Sammler auf dem
Plan waren. Er habe damals drei Erſtdrucke von Schillers „Räubern”
noch für den Geſamtpreis von 200 Mark kaufen können. Nach ſeinem
Abſchied aus dem Soldatenſtand, oder, wie der Redner humoriſtiſch
be=
merkte, nachdem er das Schwert mit der Feder vertauſcht habe, ſei er
mit Freunden auf die Suche nach einem Verleger gegangen, um eine
genliebe, bis ſchließlich im Jahre 1896 ſich der Verlag Velhagen und
Klaſing in Bielefeld bereit erklärte, den Verlag zu übernehmen und
Klaſing in Bielefeld ſich bereit erklärte, den Verlag zu übernehmen und
ihn während 12 Jahren innehatte. Dann kamen ſchlimme Zeiten für
das Unternehmen, ein Verlagwechſel und die Geldentwertung, jetzt aber,
ſo bemerkte der Redner, ſind die Schwierigkeiten überwunden und die
Zeitſchrift kann jedem Mitglied unentgeltlich zugeſtellt werden. In den
erſten Jahren des Beſtehens der Zeitſchrift gelang es einen Kreis von
Freunden der Zeitſchrift zu bilden; es entſtand dann der Plan, die
Geſell=
ſchaft der Bibliophilen auf ganz Deutſchland auszudehnen. Die erſte
Generalverſammlung war eigentlich nur eine Vorſtandsſitzung in
Leip=
zig. Profeſſor Schuddekopf hoffte auf etwa 100 Mitglieder, aber nach
einem Vierteljahr waren es bereits mehr als 300. Es kamen nicht nur
Einzelmitglieder, ſondern auch die großen Bibliotheken und die
Gelehr=
ten. Von vornherein ſtand bei uns feſt, daß wir nicht in den Typus der
franzöſiſchen Bibliophilie verfallen dürften, die ſportmäßig betrieben wird.
Wir ſind kein rein wiſſenſchaftlicher Verein, aber wir dienen der
wiſſen=
ſchaftlichen Forfchung und der Buchkunſt. Der Niederſchlag unſerer
Be=
mühungen iſt in unſeren ſatzungsmäßigen Veröffentlichungen und
Son=
derdrucken zu finden. Daß wir das Rechte getroffen haben, zeigt das
ſtarke Anwachſen der Geſellſchaft. Krieg und Inflation hatten ihr zwar
fehr geſchadet, aber jetzt lebt ſie wieder von neuem auf. Manches
Mit=
glied hat leider in der Zeit der Not ſeine Bibliothek aufgeben müſſen.
In den Gärungsprozeß des modernen Buchgewerbes haben wir fördernd
eingegriffen, das Antiquariat iſt wieder neu aufgelebt und der Einfluß
der Bibliophilie auf das Bibliothekweſen iſt von der Wiſſenſchaft
aner=
kannt. Der 25. Geburtstag unſerer Vereinigung bedeutet keinen
Wende=
punkt, iſt aber ein Abſchnitt, in ihrer Geſchichte.
Graf Hardenberg ergriff ſodann das Wort im Namen der
Ge=
ſellſchaft Heſſiſcher Bücherfreunde und bemerkte, daß ſich dieſe wie eine
Tochter fühle, die der ſilbernen Hochzeit der Eltern beiwohnen könne.
Die Geſellſchaft Heſſiſcher Bücherfreunde habe von einer gedruckten Gabe
abgeſehen, dafür aber ein Gäſtebuch zum Geſchenk auserſehen.
Hoffent=
lich werde dies einmal eine ſchöne Autographenſammlung werden.
(Lebhafte Bravorufe!)
Prof. Höfer, der Schatzmeiſter der Bibliophilen=Geſellſchaft, ſprach
den herzlichſten Dank für dieſe Gabe aus und erſtattete dann den
Jah=
resbericht für 1923. Er nannte dieſen Zeitraum ein Jahr des
Ueber=
ganges. Nach dem Tode von Prof. Schüddekopf habe deſſen Gattin eine
Zeitlang die Geſchäfte geführt, ſeit 1. Juli habe er, der Redner, ſie dann
in die Hand genommen. Der Kaſſenbericht, der nichtsſagende Zahlen aus
der Zeit der Geldentwertung brachte, wurde genehmigt. Unter dem
Zwang der Verhältniſſe mußte die Herausgabe von Publikationen
un=
terbleiben. Der Plan, eine Biographie Grimmelshauſens herauszugeben,
mußte unterbleiben, ebenſo eine Nachbildung des Liederbuches der
Grä=
fin zur Lippe. Ein Almanach aus dem Gotſchedkreiſe und ein Tagebuch
des Großherzogs Karl Alexander von Weimar wird dagegen noch als
Gabe für 1923 erſcheinen. Die Zeitſchrift des Vereins ſoll im
kommen=
den Jahr in ſechs Heften erſcheinen. Die Biographie Grimmelshauſens
wird vom Inſelverlag veröffentlicht. Geplant iſt ferner eine Ausgabe
von Wertheriaden, denn 1924 ſind 150 Jahre ſeit dem Erſcheinen des
„Werther” verſtrichen. Von dem Anonymen=Lexikon, das die
Geſell=
ſchaft herausgibt, ſollen zwei Ergänzungsbände erſcheinen, jedoch nicht
mehr in dieſem Jahr; auch ſoll noch ein Generalregiſter zur Zeitſchrift
der Bücherfreunde erſcheinen. Als Sonderpublikationen werden
erſchei=
nen der „Goldene Topf” von E. Th. A. Hoffmann und als Fakſimile=
Ausgabe das Liederbuch der Gräfin zur Lippe. Im Laufe des Jahres
wird ein Verzeichnis der Spenden erſcheinen, die der Verein während
der 25 Jahre ſeines Beſtehens erhalten hat.
Nach einigen geſchäftlichen Mitteilungen, gab Prof. Dr. Haupt be‟
kannt, daß im Gewerbe=Muſeum eine Ausſtellung heſſiſcher Preſſen zu
fehen ſei und gab eine kurze Schilderung des dort Gebotenen.
Hierauf wurde der bisherige Vorſtand einſtimmig durch Zuruf
wiedergewählt. Als Ort der nächſten Hauptverſammlung wurde
Mün=
chen beſtimmt.
Die Ausſtellung heſſiſcher Preſſen.
Um 11½ Uhr begaben ſich die Teilnehmer an der Tagung der
Bib=
liophilen=Geſellſchaft zum Gewerbe=Muſeum an der Neckarſtraße, um
die Ausſtellung heſſiſcher Preſſen zu beſichtigen. Ein ſehr intereſſantes
Erzeugnis des Buchdrucks bietet die Firma Wittich dar, eine Erſtausgabe
von Goethes Goetz, die hier in Darmſtadt, von der Vorgängerin dieſes
Verlages gedruckt worden iſt. Die fakſimilierte Wiedergabe fand bei den
Beſuchern der Ausſtellung viel Beachtung und Beifall. Ebenſo wurde
Den Erzeugniſſen der Ratio=Preſſe viel Aufmerkſamkeit geſchenkt; als
ſehr ſaubere Drucke ſtellten ſich insbeſondere die Probeſchnitte für einen
Bilderzyklus: „Die 15 Freuden der Ehe” dar. Von der Ernſt=Ludwig=
Preſſe wäre die geſchmackvolle Schrift einer Fauſt=Ausgabe zu nennen.
Won charakteriſtiſcher Schriftform iſt eine Verdeutſchung der Jabeln
Aeſops von Luther; von der Kleukens=Preſſe in Nieder=Namſtadt ſind
ebenfalls mehrere Proben ihrer Kunſt ausgeſtellt. Es ſei hier auf die
„Fünf Märlein” von Rückert beſonders hingewieſen. Es handelt ſich
bei allen hier gezeigten Ausſtellungsgegenſtänden um Proben
künſt=
leriſcher Drucke, die, wie die Bibliophilen anerkannten, von
hervorragen=
der Leiſtungsfähigkeit Zeugnis ablegen. Neben den Darmſtädter Preſſen
haben auch einige Offenbacher die Ausſtellung beſchickt.
Um 1 Uhr vereinigten ſich die Teilnehmer an der Tagung zu einem
gemeinſamen Frühſtück im Hotel zur Trauhe.
Beſichtigung des Schloßmuſeums.
Um 3 Uhr fand eine Beſichtigung des Schloßmuſeums ſtatt, der
wie=
der eine große Zahl von Beſuchern beiwohnte. Es war ein glücklicher
Gedanke, die Schätze, die dieſes Muſeum birgt, einem größeren Kreiſe
von Auswärtigen zu erſchließen und ihnen ſo einen Einblick in die
Ver=
gangenheit Heſſens zu gewähren, wie er in kurzer Zeit und ſo
eindring=
lich in anderer Weiſe nicht möglich iſt. Die Fülle des Gebotenen an
Bil=
dern, Möbeln uſw., wurde noch vermehrt oder, richtiger geſagt, geſteigert,
durch eine Sonderausſtellung von Koſtbarkeiten der Landesbibiliothek,
die im Kaiſerſaal aufgebaut war. Die Bibliophilen konnten ſich nicht
ge=
nug tun in der Bewunderung dieſer Bücherſchätze. Die heſſiſche
Landes=
bibliothek zählt bekanntlich in dieſer Beziehung mit zu den reichſten
Sammlungen in Deutſchland.
Feſteſſen.
Gegen 8 Uhr begann im Hotel zur Traube das Feſteſſen, zu dem ſich
mehrere hundert Perſonen eingefunden hatten. Der Ehrenvorſitzende
der Geſellſchaft heſſiſcher Bücherfreunde, der Großherzog, war anweſend,
ebenſo viele Vorſtände von bibliophilen Vereinen. Im Verlaufe der
Tafel feierte der Vorſitzende der Weimarer Geſellſchaft, Fedor von
Zobeltitz, Darmſtadt als Stadt der Bibliophilen. Er wies u. a. auf
die Ernſt=Ludwig=Preſſe hin und ſchloß mit einem von der Verſammlung
lebhaft aufgenommenen. Hoch auf den Großherzog als Förderer der
Kunſt und der Beſtrebungen der Bibliophilen.
Großherzog Ernſt Ludwig dankte in markigen Worten für
dieſe Anerkennung und ſchloß mit einem begeiſtert aufgenommenen Hoch
auf das Vaterland.
Später ſprach Graf Kuno von Hardenberg. Er erklärte in
humoriſtiſchen Wendungen, er habe die Damenrede halten wollen, ſei
aber in großer Verlegenheit geweſen; er habe daher einen Freund um
Material gebeten, dieſer habe ihm ein — Literaturverzeichnis geſchickt;
darin habe aber nichts, von Damen geſtanden. Man habe ihm nun
ge=
ſagt, er müſſe über die Weimarer Geſellſchaft der Bibliophilen reden.
Graf Hardenberg tat dies dann in der Form, daß er für die Wahl von
Darmſtadt als Tagungsort dankte. Die Weimarer Geſellſchaft ſei vor 25
Jahren gegründet worden, als noch niemand an Bibliophilie dachte und
Heſſiſches Landestheater + Großes Haus
Montag, den 2. Juni, abends 7½ Uhr
Einmaliges Gaſiſpiel
Großruffiſchen Balalaika=Orchefters
Dirigent: Georg Waſſilieff
mit den Tänzern: Jwan Orlik, Ellen Bojarskaſa,Sergei Omitriewski
Neues Programm
Vorverkauf ab Freitag, den 30. Mai, an der Tageskaſſe des
Großen Hauſes. Preiſe: 1 bis 7 Mark (6908
es außer dem Konfirmationsgeſang noch kein bibliophiles „Kunſtwerk”
gab. Es ſei durch die Geſellſchaft etwas ganz Eigenartiges geſchaffen
worden. Die 25 Jahre ſeien eine Zeit geiſtiger Hochſpannung geweſen
und von großer Kulturbedeutung. Der Redner ſchloß mit dem Wunſche,
daß die Weimarer Bibliophilen=Geſellſchaft noch die goldene Hochzeit
feiern möge und brachte ein Hoch auf die Weimarer Geſellſchaft der
Bib=
liophilen aus.
Herr Paul Hirſch, der Vorſitzende der Frankfurter Geſellſchaft
der Bibliophilen, hielt eine Rede auf den Vorſitzenden der Weimarer
Bib=
liophilen=Geſellſchaft ſowie auf die Vorſtandsmitgleder und den Grafen
Hardenberg.
Prof. Witkowski kritiſierte in einer Rede die verſchiedenen
bibliophi=
len Vereine und ſchloß mit einem Hoch auf die Geſellſchaft heſſiſcher
Bücherfreunde.
Es folgten noch mehrere Reden. Gegen 10½ Uhr war dann der
offi=
zielle Teil der Feſttafel beendet.
Am heutigen Montag vormittag um 10,30 Uhr vom Hotel Traube
aus iſt eine Beſichtigung der Altſtadt unter Führung von Herrn Prof.
Dr. jur. et phil. Eſſelborn. Es wird bei dieſer Gelegenheit die
Künſtlerkolonie und das Porzellanmuſeum beſucht. Nachmittags findet
ein Ausflug nach Schloß Kranichſtein ſtatt, wo der Großherzog als
Ehrenvorſitzender der Geſellſchaft heſſiſcher Bücherfreunde die Gäſte
emp=
fängt. Straßenbahnwagen nach den Hirſchköpfen ſtehen am Schloß von
3 Uhr ab bereit. Ahends werden die Beſucher der Tagung das Konzert
des Muſikvereins im Großen Haus des Heſſiſchen Landestheaters
be=
ſuchen.
— Rechtswiffenſchaftliche Vorträge am Oberlandesgericht. In einem
äußerſt intereſſanten, zuſammenfaſſenden Vortrag gab Geh. Juſtizrat
Profeſſor Dr. Aron einen Ueberblick über die Entwicklung des
Arbeitsrechts. Davon ausgehend, daß der ganze Stoff des
Ar=
beitsrechts bisher weder in anderen Kulturſtaaten, noch bei uns in
Deutſchland durch einen grundlegenden Akt der Geſetzgebung geregelt
ſei, bemängelte er beſonders, daß der Begriff des „Arbeitsvertrags” trotz
ſeiner großen Bedeutung nicht geſetzgeberiſch feſtgelegt ſei, wie der
Rich=
ter mit den wenigen im Bürgerlichen Geſetzbuch vorhandenen
Beſtim=
mungen ſich abfinden müſſe. Er erläuterte ſodann in kurzen, aber
über=
ſichtlichen Darlegungen die in einer Reihe von Einzelgeſetzen
vorhan=
denen Beſtimmungen, insbeſondere über Arbeitsbeſchaffung,
Arbeiter=
fürſorge, Arbeiterſchutz, Intereſſenvertretung, Arbeitszeit und
Tarifver=
träge. In der Frage der Organiſation der Arbeitsgerichte wies der
Vor=
tragende in überzeugender Weiſe darauf hin, daß unter allen Umſtänden
eine organiſche Verbindung der neuzubildenden Arbeitsgerichte mit den
ordentlichen Gerichten als die beſte Löſung anzuſtreben ſei, der der
rechts=
gelehrte Richter trotz aller, von den Vertretern des
Sondergerichtsgedan=
kens, vorgebrachten Einwendungen kraft ſeiner Vorbildung und
Erfah=
rung in erſter Linie zur Rechtſprechung und im Zuſammenhang damit
zur Weiterbildung des Arbeitsrechts beruhen und befähigt ſei. — Mit
den Worten aufrichtigen Dankes an den Redner für ſeine feſſelnden und
belehrenden Darlegungen verband Oberlandesgerichtspräſident Lang
die Aufforderung an die Zuhörer, ſich eingehend mit dem Studium
die=
ſes wichtigen Rechtsſtoffes zu befaſſen.
— Zentriale für Mutter= und Säuglingsfürſorge in Hefſen. Wie
uns mitgeteilt wird, findet unentgeltliche Beratungsſtunde für Mutter=
und Säuglingsfürſorge des Weſtbezirks nicht mehr in der
Eleonoren=
ſchule Dienstags nachmittags, ſondern Mittwochs nachmittags von ½6
bis ½7 Uhr in den Räumen (Zimmer 8 und 9) des alten
Ludwigsbahn=
hof, Ecke Landgraf=Philippanlage und Mornewegſtraße, ſtatt. (Eingang
Mornewegſtraße, große Treppe.) Bei der durch die Hitze häufig
ein=
tretenden Ernährungsſtörungen wird den Müttern dringend empfohlen,
die Beratungsſtunde regelmäßig und zahlreich zu beſuchen. Für die
heiße Zeit ſind ſechs wichitige Regeln zu beachten: 1. Das Zimmer kühl
halten! Fleißig lüften! Fußboden feucht halten! Bei Tag Vorhänge (und
Läden) zu! Bei Nacht Fenſter offen! Das Kind muß das kühlſte Plätzchen
haben. Ein über das Bett ausgebreiteter leichter Schleier verhütet, daß
Fliegen Krankheiten auf das Kind übertragen, und daß es Schnaken
ſtechen. 2. Das Kind kühl halten! Leichte Kleidung und leichtes
Bett=
zeug (auch im Freien). Nur kein Federbett! Bei großer Hitze kann das
Kind auch nackt liegen! Täglich, wenn irgend möglich, lauwarm baden
oder wenigſtens lauwarm abwaſchen! 3. Bruſtkinder widerſtehen der
Hitze am beſten. Unter keinen Umſtänden darf jetzt abgeſtillt werden.
4. Größere Vorſicht in der Ernährung! Ja nicht überfüttern! Gegen den
Durſt gebe man nach Bedarf löffelweiſe dünnen, lauwarmen Tee (
Fen=
cheltee). 5. Kuh= oder Ziegenmilch muß friſch ſein, beim Bezug ſofort
3—5 Minuten gekocht und gleich wieder gut gekühlt werden. Die Milch
muß immer kalt ſtehen! (Kühltopf oder Kühlkiſte.) 6. Jedes mit der
Flaſche ernährte Kind muß ärztlich überwacht werden. In den
Be=
ratungsſtellen für Mutter= und Säuglingsfürſorge erhält jede Mutter
und Pflegemutter unentgeltlich ärztlichen Rat und Auskunft. Bei der
geringſten Geſundheitsſtörung muß das Kind ſo raſch als möglich zum
Arzt.
Auszahlung von Militär=Verſorgungs=Gebührnifſen beim hieſigen
Poſtamt 1. Die Auszahlung der Militär=Verſorgungsgebührniſſe für
den Monat Juni erfolgt am 28. d. M. an 8 Zahlſtellen in der Paket
ausgabe von 7½ bis 12 Uhr vorm. und 2 bis 5 Uhr nachm. Die an
dieſem Tage nicht abgehobenen Beträge werden noch bis einſchließlich
3. Juni zum Abheben in der Rentenſtelle während der Zahlſtunden von
3½ Uhr vorm. bis 12½ Uhr nachm. bereitgehalten. Nach dieſem Tage
findet eine Zahlung von Militär=Verſorgungs=Gebührniſſen nicht mehr
ſtatt. Die Beträge werden vielmehr dem Verſorgungsamt
zurücküber=
wvieſen.
8 Provinzialausſchuß. 1. Berufung des Gaſtwirts P. Horle zu
Wahlen i. O. gegen die Entſcheidung des Kreisausſchuſſes Heppenheim
vom 22. Januar 1924 wegen Aufhebung der Bürgermeiſterwahl in
Wahlen vom 23. Dezember 1923. Die Sache, die bereits am 26. April
das Gericht beſchäftigte, wurde nochmals verhandelt. Das Gericht
ver=
nahm noch einige Zeugen, die wegen einer zu Gunſten der Kandidatur
Horle vorgenommenen Wahlbeeinfluſſung vorgeführt wurden. Das
Reſultat war in dieſer Beziehung negativ. Urteil: Verwerfung
der Berufung des Gaſtwirts P. Horle. — 2. Beſchwerde des Joh. Jak.
Ihrig II. in Hetzbach gegen den Beſchluß des
Bezirkswohnungs=
kommiſſars des Kreiſes Erbach wegen Enteignung von Baugelände.
Den Joh. Jak. Ihrig II. Eheleuten iſt Gelände zu Gunſten des
Eiſen=
bahners Wilh. Hofmann in Hetzbach enteignet worden. Der Beſcheid
wird angefochten, weil in unrichtiger Auslegung der Verordnung ein
Fall zur Behebung der dringendſten Wohnungsnot angenommen
ſei, der hier keineswegs vorliege. Schließlich wird der zugeſprochene
Wert des enteigneten Geländes beanſtandet. Die Gemeinde habe bei
Ueberlaſſung von Gelände an die Bahnverwaltung einen höheren Preis
(4 Mk. pro Quadratmeter) gefordert. Mit dem Bau hat Wilh.
Hof=
mann bereits begonnen. Der Bürgermeiſter bezeichnet einen Preis
von 2 Mk. für den Quadratmeter als entſprechend. Der Vertreter des
p. Ihrig begründet die Beſchwerde damit, daß Hofmann ein eigenes
Wohnhaus ja beſitze, und eine vorhandene Wohnungsnot leicht durch
Aufbauen eines Stockwerkes behoben werden könne. Ein Grund zur
Enteignung liege nicht vor. Die Enteignung ſei auch formell nicht
recht=
mäßig durchgeführt, denn Ihrig ſei nicht ordnungsmäßig vor der
Ent=
eignung gehört worden. Schließlich ſei auch das betr. Gelände für die
Enteignung durchaus ungeeignet. Das Gelände, das zur
Wieſenbewäſ=
ſerung gerade diene und von den Berechtigten auch zu ſolcher benutzt
werde, werde enteignet, die Möglichkeit, an den Bach zu kommen, ihn
auszuräumen oder richtig zu benutzen, ſei den Berechtigten durch dieſe
Enteignung genommen. Der Bezirkswohnungskommiſſar hätte ſich an
Ort und Stelle von dieſen Dingen Gewißheit verſchaffen müſſen, das
habe er nicht getan, vielmehr vom grünen Tiſch aus die Entſcheidung
getroffen. Eine Beſchwerde an das Miniſterium des Innern wurde an
das für Arbeit und Wirtſchaft abgegeben, wie der Vertreter des Ihrig
erklärt; bei letzterem Miniſterium ſei ihm zugeſagt worden, die
Ange=
legenheit nochmals nachzuprüfen und das Kulturbauamt gutachtlich zu
hören. Es wird deshalb gebeten, die Entſcheidung auszuſetzen, bis das
Miniſterium Stellung genommen habe. Beſchluß: Die Sache wird
ausgeſetzt und gütliche Einigung empfohlen. — 3. Beſchwerde der
Margaretha Maus geb. Heiſt in Darmſtadt, Lauteſchlägerſtraße 15,
gegen den Beſchluß des Kreisamts Darmſtadt vom 14. November 1923
wegen Verſagung der Erlaubnis zm Handel mit unedlen Metallen.
Das Kreisamt hat die Erlaubnis verſagt, weil Frau Maus die nötige
Sachkenntnis nicht beſitze. Auch hat die Handelskammer ſich gegen das
Geſuch erklärt. Die Beſchwerde ging verſpätet ein und wurde als
un=
zuläſſig verworfen. Darauf wurde Antrag auf mündliche
Verhand=
lung geſtellt und die Friſtverſäumnis mit ſchwerer Krankheit infolge
Fehlgeburt begründet. Das Kreisamt bittet, das Geſuch mangels
Be=
dürfniſſes abzulehnen. Das Geſchäft mit unedlen Metallen ſei das
einzige, das kein großes Kapital bedinge, der Ehemann Maus erklärt,
er ſei gelernter Schloſſer, aus Mainz ausgewieſen, habe die nötige
Sach=
kenntnis, die Frau habe ſchon, früher ein Geſchäft betrieben und
des=
halb auch dieſen Handel in eigenem Namen angemeldet. Die
Be=
ſchwerde wird verworfen.
Poſtſendungen mit ungenügender Anſchrift. Mängel in der
Auf=
ſchrift von Poſtſendungen, namentlich das Fehlen von Straße und
Haus=
nummer, ſowie Nummer der Zuſtell=Poſtanſtalt bei Sendungen nach
Großſtädten, wie Berlin, Breslau, Dresden, Hamburg, München, wirken
für Poſt und Publikum außerordentlich nachteilig. Briefſendungen nach
großen Orten, die keine Straße und Hausnummer tragen, zählen bei
jeder größeren Zuſtellpoſtanſtalt täglich nach Tauſenden. Man ſtelle ſich
vor, welche ungeheure Mühe und welchen Aufwand an Zeit und Koſten
es bei der Poſt erfordert, täglich ſolche Maſſen von Sendungen durch
Benutzen von Nachſchlagwerken aller Art unterzubringen. In der Regel.
tritt dadurch noch eine Verzögerung in der Zuſtellung ſolcher
Sendun=
gen ein. Abhilfe kann der Abſender ſchaffen, wenn er bei
Poſtſendun=
gen, namentlich nach großen Orten, ſtets die genaue Wohnungsangabe
des Empfängers hinzufügt. Zur Erzielung vollſtändiger Aufſchriften
kann jedermann viel beitragen, wenn er bei den von ihm ausgehenden
Poſtſendungen auf den Briefbogen, Briefumſchlägen, Rechnungen uſw.
ſtets der Ortsangabe ſeine Straße und Hausnummer hinzufügt. Werden
dieſe oft wiederholten Hinweiſe von den Poſtbenutzern nicht beherzigt,
ſo wird man es der Reichspoſt nicht verübeln können, wenn ſie die ihr
meiſt durch Gedankenloſigkeit und Gleichgültigkeit entſtehenden, die
All=
gemeinheit belaſtenden Koſten durch Erhebung einer beſonderen Gebühr
auf die Schultern derjenigen abbürdet, die jene unnötige Arbeit
verur=
ſachen.
Deutſch=däniſche Handelseinigungsſtelle. Man ſchreibt uns: Der
Schiedsgerichtsgedanke breitet ſich immer mehr im internationalen
Ver=
kehr aus. Gerade hier iſt der Grundgedanke maßgebend, etwaige
Strei=
tigkeiten nach Möglichkeit im Entſtehen und durch Erweckung
gegenſei=
tigen Verſtändniſſes für die beſonderen Verhältniſſe beizulegen. Hierzu
iſt der außergerichtliche Weg der ſchnellſte und einfachſte, ganz abgeſehen
davon, daß er auch ſelten zu einer Schädigung der Geſchäftsberbindungen
führt. Der deutſche Induſtrie= und Handelstag (die Spitzenorganiſation
ſämtlicher deutſchen Handelskammern) hat daher mit dem däniſchen
In=
duſtrierat einen Vertrag zur Gründung einer Deutſch=däniſchen
Handels=
einigungsſtelle abgeſchloſſen. Dieſe ſoll beim Mißlingen eines
Vergleichs=
verſuchs ſofort als Schiedsgericht tätig ſein können. Es empfiehlt ſich
da=
her, durch eine entſprechende Schiedsklauſel in allen Verträgen mit
däni=
ſchen Firmen dieſes Schiedsgerichts zu vereinbaren. Der Wortlaut einer
ſolchen Schiedsklauſel iſt etwa folgender: „Die Schlichtung etwaiger
Strei=
tigkeiten aus obigen Verträgen iſt durch Anruf der im Deutſch=däniſchen
Schiedsgerichtsabkommen vom 1. Mai 1924 vorgeſehenen, zwiſchen dem
Deutſchen Induſtrie= und Handelstag und dem däniſchen Induſtrierat
ver=
einbarten Handelseinigungsſtelle als Schiedsgericht anzuerkennen, falls
ein Einigungsverſuch mißlingt.” Nähere Auskunft, vor allen Dingen
über die Richtlinien, betreffend des Verfahrens vor der Deutſch=däniſchen
Handelseinigungsſtelle, erteilt die Handelskammer Darmſtadt.
— Reichsſteuerbukett für Juni. 5. Juni: Abführung der vom 21.
bis 31. Mai einbehaltenen Lohnbeträge; keine Schonfriſt; 10. Juni
(mit Schonfriſt bis 17. Juni) Vorauszahlung auf die Einkommenſteuer
der Gewerbetreibenden bei monatlicher Vorauszahlung für Mai.
Vor=
auszahlung auf die Umſatzſteuer bei monatlicher Vorauszahlung für
Mai. 15. Juni (keine Schonfriſt): Abführung der vom 1. bis 10. Juni
einbehaltenen Lohnbeträge, 25. Juni (keine Schonfriſt): Abführung
der vom 10. bis 20. Juni einbehaltenen Lohnbeträge.
+ Arheilgen, 25. Mai. Da Herr Gemeinderat Philipp Strauch,
Vorarbeiter in Kranichſtein, ſein Mandat niedergelegt hat, ſo käme als
neues Mitglied des Gemeindevorſtandes Herr Joh. Wilh. Stark,
Schloſ=
ſer, in Betracht. Die vom Kreisamte vorgeſchlagene Einführung einer
Hundemarke wurde vom Gemeinderat abgelehnt. Da die Bureauräume
des Rathauſes nicht mehr den heutigen Verhältniſſen entſprechen, iſt ein
Umbau der Räumlichkeiten in Ausſicht genommen. Nach neueſter
Be=
ſtimmung der Befatzungsbehörde müſſen die Perſonalausweiſe aller im
beſetzten Gebiete Wohnenden einen beſonderen Stempelaufdruck „Beſetzte
Gebiete Teritoires oreupés” tragen.
Erbach i. O., 23. Mai. Reiche Heidelbeerernte.
Aehn=
lich wie im Speſſart iſt heuer auch im größten Teile des Odenwaldes
eine geſegnete Heidelbeerernte zu erwarten. Die Sträucher zeigen einen
außergewöhnlich ſtarken Blütenanſatz und die gegenwärtige günſtige
Witterung begründet die feſte Ueberzeugung eines ausgezeichneten
Heidelbeerjahres.
* Birkenau, 22. Mai. Steuerproteſt. Der hieſige
Bürger=
verein berief auf geſtern abend eine Verſammlung ein, um Stellung
zu nehmen gegen die ungerechte Verteilung der Kirchenſteuern.
Die Verſammlung fand im Gaſthauſe „Zum Deutſchen Kaiſer” ſtatt und
war ungemein ſtark beſucht; auch Herr Bürgermeiſter Brehm und Herr
Pfarrer Müller nahmen an der Verſammlung teil. Der Vorſitzende,
Herr Hans Oelſchläger, eröffnete unter einleitenden Worten die
Ver=
ſammlung, und wies mit beſonderem Nachdrucke daraufhin, daß eine
Einſchätzung der Kirchenſteuer nach dem Einkommen von 1922 eine
ſchreiende Ungerechtigkeit enthalte und daß eine Kirchenſteuer von 60,
80, ja ſogar, wie in Nieder=Liebersbach, von 150 Prozent für jede
an=
gefangenen 1000 Mk. Einkommen unerträglich ſei und von den
Steuer=
zahlern nicht geleiſtet werden könnten. In Baden und Preußen ſei das
Jahr 1924 bei der Veranlagung zu Grunde gelegt. Nachdem noch einige
andere Redner ihre Entrüſtung über die hohen Kirchenſteuern zum
Aus=
drucke gebracht, wurde eine Reſolution gefaßt, die durch eine Deputation
dem Finanzamt Fürth überbracht werden ſoll, und zwar dahingehend,
daß vorläufig keine Kirchenſteuer bezahlt werden, bis eine vernünftige
und gerechte Grundlage für die Berechnung dieſer Steuer geſchaffen iſt.
Von einem Teilnehmer wurde noch erwähnt, daß einige Gemeinden der
Bergſtraße nur 15 Prozent Kirchenſteuer bezahlen müßten. Ueber den
Erfolg der Reſolution iſt man allgemein geſpannt.
Mainz, 23. Mai. Die
Stadtverordnetenverſamm=
lung beſchloß, mit Wirkung vom 22. Mai ab die Erhebung einer
Abgabe von Wein, Schaumwein und dieſen ähnlichen Getränken ſowie
von Bier und Trinkbranntwein, je nach der Menge. Für den Bau
eines neuen Verwaltungsgebäudes in der Schloßſtraße, in welchem auch
die Stadtkaſſe untergebracht werden ſoll, wurden 560 000 Goldmark
bewilligt.
Bingen, 24. Mai. Eine mutige Tat. Am Mittwoch
nach=
nittag gegen 5 Uhr geriet der ſechsjährige Sohn des Gaſtwirts Karſter,
Bingerbrück, in der Nähe der Badeanſtalt in Bingen in den Hochwaſſer
führenden Rhein. Der zufällig mit dem Rade vorbeikommende
Ober=
ſekretär Frauenrieder vom Reichsvermögensamt Kreuznach ſprang mit
den Kleidern in die hochgehenden Fluten und rettete unter eigem
Lebensgefahr das Kind vom ſicheren Tode des Ertrinkens.
Das
Radiomädel
Operette in 3 Akten
(6893
Kart.: Verkehrsbüro, de Waal, Rheinstr. 14.
Betteiottgvertitet Auet All
Wäſche und Stoffe
taufen Sie geg.bequeme Teilzahlung nur bei
METER & STERN
Darmſtadt, Eaalbauſtr. 2-6. (6094a
(6316a
Ständige
Ankaufsstelle
von Brillanten, Gold= u.
Silber=
waren, Perſerteppichen,
Kunſt=
gegenſtänden :: :: :: befindet ſich
Dädagogſtraße 2, Tel. 1202.
Landestheater.
Großes Haus.
Montag, 26. Mai
Außerordentliches
Konzert
des Muſikvereins
Leitung: Mich. Balling.
Anf. 7½, Ende 9½ Uhr.
Fleines Saus. (V0
abends 8 Uhr
Vortrag
mit Lichtbildern
vom neuen
Lebensſtil
v. E. Niebergall.
Preiſe: 0,75 und 1 Mk.
Residenz-Theater
(Die Liebe des Torero)
Wildwest-Sensationsfilm
in 6 Akten (*15327
Er, im Parndies
3 komische Akte mit
Harold Loyd
Nur dieſe Woche!!!
1 Kilo 1.50 Mh. G. Krauth,
Bohnerwachs Eſchonbrächerſtr. 3. (*153e0
Gebrauchte Wöbe
aller Art
(6522a
Möbelhalle
Philipp Kling
OErnst-Ludwigstrasse O
Hinterhaus
Verkauf von 2 bis 6 Uhr.
Leim — Pinſel — Lache — Farben
(15319
G. Krauth, Eſchollbrückerſtr. 3.
„Auffallende Erfolge”, „glänzende Erfolge‟
„eklatante Erfolge” erzielten zahlreiche Arzte bei
Haarausfall mit
Paßbilder für die Reiſe
Außer Miete.
in nur beſter Ausführung
bei billigſter Berechnung.
Abends 10 Uhr
Datterich
.E. Niebergal. Photogr.=Atelier Cartharius
Ludwigsplatz6 (6279a) Telephon 1703.
Ende 12 Uhr.
preiſe: 1—6 Mark.
Pfd. 50 Pf. G. Krauth,
Continental, Etkeichſferk. Farben Eicowbricheritr. 3. 6
beſte deutſche
Koſtüme
Schreibmaſchine,
zu
ſofort lieferbar
Donges e Wieſt Shewter verleihen
Grafenſtr. 43. (5880a/H & F Schlegel, Loniſenſtraße 10. (5900a
Ate prüfen Sie
Ihre Zimmer-Ausstattungen, Garderobe ete. Der
eine oder andere Gegenstand läßt sich durch chem. Reinigen
oder Färben sicher wieder wie neu herstellen
Färbereidebr. Röver
Rheinstraße 23.
(5806a
Uhr=
Nevoratuen
von den einfachſten
bis zu den
komplizier=
teſten werden prompt
Für jede bei mir
reparierte Uhr leiſte
Bo treffen wir uns heute nachmittag? / ich 1 Jahr Garantie
Beim Eiskappes IH. Sixt
Holzſtraße 22. (5399a Uhrmacher
Saalbauſtr. 16, 1. St.
Treffpunkt der Feinſchmecker.
Fluge
Bei uns arbeiten laſſen
Heipt spalen!
Schuhmacherer Gebr. Büdner und billig aus=
Mathildenplatz 10, II. (5133a geführt. (*14711ifo
Verſteigerungs=Anzeige.
Dienstag, den 27. Mai, vormittags 11 Uhr,
verſteigere ich Obergaſſe 44 dahier, ein
ge=
brauchtes Fahrrad öffentlich gegen ſofortige
(6881
Zahlung.
Darmſtadt, den 26. Mai 1924,
Lein, Gerichtsvollzieher.
Rich. Paul. Waldfriedhof
empfiehltſ.
genehmigt. Grabdenkmäler
zu äuß. niedr. Preiſ. (zollfr.). (*15324
Paßzbilde
in einer Stunde (65
billig und gut.
EriKA
Thiele Nachf.
nur Bleichſtraße g. 1Schreibmaſch ine
Bäufeg
N. S. 11. v. Wanderer
z. kaufen geſ. (*go
Angeb. N 50 Gſchſt.
Ein gebrauchter
Eis=
ſchrank zu kaufen ge
ſucht. Feldbergſtr. 69
(*15279
(Stoll).
Gr. helles Büro
m. Tel.=Anl. z. verm.
Lage hausſtraße 16, I.
(*1525‟
Zentrum.
Zumieten geſucht!
Nft
möbl. Zimmer
ſucht Carl Gick jr.,
Schloßgaiſe 2.
für Büro und Rei
ſofort lieferbar
Carl. Winkel
Büro=Einrichtungen
Darmſtadt
Rheinſtr. 28. (5888a
Telephon 1435.
Fabrikneues, H.=Rad
mit Freilauf preisw
zu verkaufen (*15315
Mühlſtr. 24, III.
Guterhalt, Kind.=Sitz=
Liegewag zu verkauf
Nhönring 39, I. (uus
Kinder=Sitz= u.
Liege=
wagen, weiß, f. neu
bill. z. verk.
Heidel=
bergerſtr. 75 II.
Hausfrauen
ufen
Ia Kern=Seifen
Seifenpufver
alle Waſchmittel zu
den billigſten
Tages=
preiſen nur
Seifen=Zentrale
Waldſtraße 11.
Wiederverk. höchſte
(5668a
Rabatte.
Brennholz
Buchen, ofenfertig, p.
Ztr. 1.30, 1.60, 2.00 ℳ.
Briketts
ert frei Haus
Ph. Heleine,
Wienerſtr. 65.
Teleph. 1234 (65202
Brennholz
Buche und Eiche
geſchnitten per Ztr.
1,40 Mk., ofenfertig
1,50 Mk. liefert frei
Haus
(4499a
Hch. Kämmerer 4. Bw.
Pfungſtadte 46
Eberſtädterſtraß
Eilige
Paßbilder
Photogr. Werkſtätte
Schuchardſtr. 14, part.
Offenv. 9-7Uhr (eng
Michätung.
Einrichten. Beitragen,
Bilanzarbeiten uſw.
prompt u. diskret.
Nikolaus Bauer
Aliceſtr. 32,
1. Stock. (6179a
düngt man
beſonders vorteilhaft
mit
Harnstoff B. A. S.F.
Erhältlich in Gärtnereien, Blumen= u.
Samenhandlungen, ſowie Drogerien.
Wonicht zu haben, wende man ſich an die
Düngemittel=Abteilung
der
Badiſchen Anilin= u. Soda=Fabrik
Ludwigshafen a. Rh.
II.Mh 6511
Gammiſtenger
Stempel=Schulz a
Rheinſtr. 19. Tel. 2613
IM RUENR MINUTEA
scbmieren lie mabelo abren
Wagen mit der
FTRIUMPH
Hochpauck
zCHMIERUNS
FALLgEARBETONGDERR.
ERIEDAcR SchlENR-GFLBA3
FBANKEURT Likä.
We
Ia, Kilo 1,80 Mk. (.
Gußbodenlaud, 6 Krouch. Eſcholdrocßerſer.3
Schriftl. Heimarbeiten
überall hin durch
Vitalis Verlag München W18. (J.Mn 5834
Vornehn, möbl
Zimm., ſof beziehbar
Fremdenheim. Hügel
ſtr. 15, Laden. (52079
Tücht. Kaufmann
mit abſolv.
Realſchul=
bildg. , 24 J., m. leicht.
Auffaſſungsg., bilanzſ.
Kto.=Korr. ;
Buchhal=
ter, gew. Korreſp.,
flott. Maſch.=Schreib.,
vertraut m. ſämtlich.
Büroarb., ſehr
ge=
wiſſenh., energ.,
zu=
verläſſ., auch bekannt
im Spark.= u.
Bank=
weſen, ſucht, geſtützt
auf gute Zeugn. u.
Ref., ſof. od. ſpäter
Stellung. Angeb. u.
N 40 Gſchſt. (*WBoms
Junger Mann
ſucht Lehrſtelle
in
Manufakturwaren=
geſchäft oder
Lebens=
mittelbranche, Ang. u.
N78 a. d. Geſchſt. (*
Mene Steile
Weiblich
Tüchtige
Weißzeng=
näherin, die auch gut
Herrenhemden näht,
ins Haus geſ. (15303
Näheres Geſchäftsſt.
Aelteres
Mädchen
od. alleinſt. Frau zur
ſelbſtänd. Führung d.
daushalts geſ.
Ein=
tritt 1. Juni. (*gC
Angebote m.
Lohn=
anſprüchen an Frau
Lehrer Löwenhaupt,
Jugenheim a. d. B.
Lauffrau
v. Mädchen Dienstag
u. Freitag vorin. 8½
10½ geſ. Näh
Pallas=
wieſenſtr 14, I. Blksie
Mernag
Sür das in der Zeit
0 vom 5. bis 9. Juni
ſtattfindende Klub=
Wettſpieldes
Tennis=
u. Eisklubs wird eine
größere Anzahl von
Balljungen
geſucht. Vergüt, pro
Stunde 30 Pfg.
An=
meld. bei Herrn Berz
im Klubhauſe d.
Ten=
nis= u. Eis lubs am
Böllenfalltor, (ecom
Von einer der bedeutendſten Glas=
Ver=
ſicherungs=Aktien=Geſellſchaften, die einem
der größten Verſicherungs=Konzerne
ange=
hört, wird zur Bearbeitung des Platzes
Darmstadt
bei gleichzeitiger Verwendung für die
grö=
ßeren Orte des Bezirks tüchtiger in der
Glasverſicherungsbranche beſtens verſierter
Beamter geſucht.
Betätigung in allen übrigen
Ver=
ſicherungszweigen iſt möglich.
Pensionsberechtigung.
Angebote von Fachleuten mit
Zeugnisab=
ſchriften und Angabe von Referenzen werden
unter F. A. 5. 973 an Rudolf Moſſe,
Frankfurt a. M., erbeten.
Generalvertreterbeihohen Proviſionen
an allen grötzeren Plätzen geſucht.
(1,6517
Wir ſuchen
zur Vervollſtändigung unſerer Organiſation baldigſt
tüchtige Werbebeamte
für einige noch freie, größere Bezirke. Neben
Fixum und Speſen werden zeitgemäße Proviſionen
vergütet. Tätigkeit in allen Verſ.=Zweigen mög
lich. Auch Angebote von Nichtfachleuten, die
ein=
gearbeitet werden, angenehm. (6907
Rentenanſtalt und Lebensverſicherungsbank
Darmſtadt, Eliſabethenſtr. 60
(zum Konzern der Frankfurter Allgemeinen)
Garantiemittel des Frankfurter Konzerns rd.
900 Millionen Goldmark.
Sist eine Wohltat für den Körper! Dies sagen uns täglich viele unserer Kundinnen.
Der Arzt empfiehlt unser Gesundheits-Bindenkorsett „Eviana” ganz besonders bei
Schwangerschaft, Korpulenz, Senkungen, Knickungen, Bruch-„Magen-u. Darmleiden,
desgl. nach Operationen — Besichtigung u. Anprobe ohne Kaufzwang. BilligerPreis.
Korsetthaus Sauerborn Nachf., Obere Wilhelminenstr. 4 . Tel. 1393
Nummer 146.
Darmſtädter Tagblatt. Montag, den 26. Mai 921.
Seite 5.
Opoth,Obtel and Tarnen.
NONC.=Klein=Auto=Rennen
im Taunus.
Kein Zweifel, für die deutſche Automobil=Induſtrie ſowohl
wie für die große Mehrzahl der deutſchen Autofahrer bzw.
inter=
eſſenten iſt — in erſter Linie aus wirtſchaftlichen Gründen —
die Vervollkommnung des Klein=Autos von allergrößtem
Wert. Zunächſt bis zum Kriege vernachläſſigt, weil wohl der
Bedarf nicht ſo
Beuſchland nch die enſcechende Zole von hele. In der
techniſchen Weiterbildung und Vervollkommnung des
Motor=
rades blieb die deutſche Induſtrie ebenfalls aus gleichen und
anderen Gründen zurück und überließ notgedrungen dem
Aus=
lande, beſonders England, den Vorrang. In den letzten Jahren
iſt das anders geworden die Motorradinduſtrie Deutſchlands
hat einen ungeahnten Aufſchwung genommen und allein daraus
ergab ſich naturnotwendig auch die Aufgabe der
Weiterentwicke=
lung des Kleinautos. Gerade dieſes Kleinauto aber muß
höchſten Anforderungen genügen, ſo paradox das klingen mag,
höheren als große und ſchwere Wagen, in deren
Durchkonſtruk=
tion die führenden deutſchen Marken dem Auslande ſeit langem
gleichwert und überlegen ſind. Das Kleinauto muß
höchſtmög=
liche Wirtſchaftlichkeit mit Leiſtungsfähigkeit, Betriebsſicherheit
und möglichſter Unkompliziertheit verbinden.
Ständige Entwickelung zur Vervollkommnung aber kann nur
erreicht werden durch möglichſt oft wiederkehrende Konkurrenzen,
die alle Anforderungen an die Wagen prüfen. Damit allein iſt
ſchon die Berechtigung, ja die Notwendigkeit des Taunusrennens
ür Kleinautos begründet. Wir haben in Deutſchland eine ganze
Reibe von Kleinautofabriken neu erſtehen ſehen, beſonders auch
in Tarmſtadt; ſie müſſen ihre Leiſtungsfähigkeit und damit ihre
Exiſtenzberechtigung beweiſen, im eigenen, wie im Intereſſe der
Verbraucher. Das Taunusrennen ſtellt nach dem Ausſchreiben
und nach der Wahl der Rennſtrecke eine rigoroſe Probe, aufs
Exempel dar.
Das Kleinauto=Taunusrennen des A. D. A. C. war ein
Ge=
ſſchwindigkeitsrennen auf offener Landſtraße für
ldeutſche Automobilfabriken. Die einzelnen Klaſſen hatten je
nach ihrer Stärke die zirka 65 Kilometer lange Rundenſtrecke
ver=
ſchieden oft zu durchfahren, und zwar die rote Klaſſe (zirka
6 PS) 8mal — 502 Km., die blaue Klaſſe (zirka 5 PS) 7mal
— 433,5 Km., die gelbe Klaſſe (4 PS) 6mal — 377 Km.
Die Rennleitung unterſtand dem Hauptvorſtand des
(A. D. A. C. — Ludwig Bruckmayer, Sportpräſident,
Mün=
ſchen — und dem Kraftwagenſportausſchuß des A. D. A. C. —
hen Ewald Kroth, Frankfurt.
Am Start erſchienen von 45 Wagen 26, darunter von der
Darmſtädter Automobilinduſtrie die Klein=Rennwagen der
Fafag (Graf Hagenburg, Stumpf=Lekiſch), Hag (Klemann,
Ganß, Haagner) und Falcon (Kofka, Hartlieb, Retzbach), die
Fafag in der gelben (4 PS), die beiden anderen Firmen in der
blauen (5 PS) Klaſſe.
Die Rennſtrecke iſt die durch das Gordon=Bennet= und
1Kaiſerpreisrennen vor 17 Jahren bekannte
Saal=
ſöurgſtrecke, die vielfache Verbeſſerung und — durch
Abſchnei=
den von allzuſcharfen Kurven, durch Ueberbrückungen uſw. —
bedeutende Verbeſſerungen erfahren hat. Start iſt an der
„Karlsbrücke”, 3 Kilometer nördlich Homburg. Von hier gehts
zur Saalburg, 3 Kilometer in ziemlich ſtarker Steigung, die das
Feld der paarweiſe ſtartenden Fahrzeuge ſehr bald
auseinander=
zieht. Dann gehts nordweſtlich über Anſpach, Rod, Langenbach,
Weilmünſter bis Einhaus, hier nach der Spitzkurve zurück über
Grävenwiesbach, Uſingen, Wehrheim zum Ziel bei Kloſter
Thron auf der Saalburg. Hier iſt die Tribüne aufgebaut, von
ſder viele Tauſende dem Rennen beiwohnten.
Die „Teilnahme” der Bevölkerung iſt trotz des zweifelhaften
Wetters enorm. Schon auf der Fahrt von Darmſtadt nach
Hom=
burg, die in einen flinken kleinen 4=PS=Fafag ſchnell und ſicher
trotz des ſchlechten Zuſtandes der Zufahrtſtraßen von ſtatten geht,
füberholen wir Ungezählte, die zur Rennſtrecke fahren, zu Fuß,
auf dem Rad, Motorrad und im Auto. Homburg ſelbſt hat
Feſt=
kleidung angelegt. Viele Häuſer prangen im Flaggenſchmuck,
die Hotels ſind überfüllt. Alle intereſſanten Kurven der
Renn=
ſtrecke, die Senſation erwarten laſſen, und alle Stellen, die gute
Ueberſicht geſtatten, ſind mit Schauluſtigen beſetzt und — beſtellt.
Manchmal dünkts beängſtigend. Aber die Strecke iſt — dank der
Einſicht und ſtraffen Diſiziplin der preußiſchen Polizei —
aus=
gezeichnet abgeſperrt.
Ueberhaupt iſt die Organiſation ſowohl des Rennens ſelbſt
wie der Sicherheit ſowohl der Fahrer und des Publikums
durch=
aus lobenswert. 9 Telephonſtationen ſind auf der
Strecke verteilt, die mit der Zentrale und mit den Zielrichtern
verbunden und mit Kontroll=, Sicherheits= und Sanitätsperſonal
beſetzt ſind. In eingehender Beſprechung wurden am Vorabend
die Fahrer mit dem Signalweſen und den ſonſtigen
Anordnun=
gen der Rennleitung bekannt gemacht.
In der Nacht zum Sonntag fällt beängſtigend Regen. Um
2 Uhr noch gießt es in Strömen. Um 4 Uhr endlich klärt ſichs
auf und zur Startzeit iſt ſchönes Wetter, trocken, ſtaubfrei, nicht
zu heiß, die Sonne ſchmollt hinter der Wolkenwand, wir ſind
ihr nicht böfe.
Die Fahrt zum Start und der Start ſelbſt bieten das
be=
lannte, aber immer wieder in Bann ſchlagende Bild. Tauſende
von Menſchen, geſpannt von Erwartungen, von
Senſations=
dunger, die Damen bemüht, vornehme Sportkoſtüme möglichſt
dorteilhaft zu zeigen, unzählige Preſſevertreter, Herren mit
Arm=
binden in allen möglichen Farben und Abzeichen, die alle mehr
oder weniger Wichtiges „zu ſagen” haben. Die Luft
geſchwän=
gert mit Oel= und Benzinabdämpfen und angefüllt mit dem
Fauchen und Knattern der verſchiedenſten Motoren in allen
Ton=
arten und Stärken die Sinfonie der Kraftmaſchine.
Jener kleinen Maſchine, die Berge verſetzt und Meere überbrückt,
deren Seele aber immer die Nervenkraft des Menſchen bleibt,
der ſich damit zum ſchnellſten Geſchöpf der Welt gemacht hat,
der den Fiſchen im Waſſer, den Vögeln in der Luft ſieghaft ihre
bis dahin unbeſtrittene Alleinherrſchaft ſtreitig macht, den
Vier=
füßlern, die auf Erden wandeln, hat er dies längſt.
Ein Zwiſchenfall tragikomiſcher Art. Vor dem Einbiegen
in die Rennſtrecke bei Dornholzhauſen werden wir zwangsweiſe
angehalten. Wir und der — Renneröffnungswagen.
Ein preußiſcher Gendarm der alten Schule bewacht die ſtrenge
Albſperrung. Keine Legitimation, kein Hinweis auf die Tatſache,
daß das ganze Rennen in Frage geſtellt wird, wenn der Er=
öffnungswagen nicht vorfährt. „Ich habe meine Inſtruktion vom
Landrat, alles andere iſt mir gleich, Sie hätten früher kommen
mnüſſen.” Einer Viertelſtunde Verhandlungen bedarf es, bis der
Gewaltige widerwillig kapituliert.
Am Start.
Das übliche Bild eines großen Sportereigniſſes. Tauſende
von Menſchen (die übrigens die ganze Rennſtrecke umſäumen),
ein ſcheinbares, in Wirklichkeit aber durchaus geordnetes Durch=
Sinander von Wagen aller Größen und der verſchiedenſten
Kon=
truktionen, Räder, Motorräder, Wagen. Um 348 Uhr ſtehen die
Konlurrenten wohlgeordnet paarweiſe neben= und hinterein=
Ander, den Blick auf den Starter. Ueberall iſt noch eine letzte
und eine allerletzte Hand anzulegen. Auch das iſt wie immer:
Wagen, die ohne jeden Defekt viele hundert Kilometer
zurück=
gelegt haben, ſetzen kurz vor dem Start aus. Man ſieht mehrere
geöffnete Motorhauben, Zündkerzen werden ausgewechſelt, Oel,
Benzin nachgefüllt und Waſſer. Hin und wieder liegt der
Mon=
teur lang ausgeſtreckt unter dem Wagen und hantiert mit
Ham=
mer und Schraubenſchlüſſel von unten am Motor. Die
Er=
regung, die Nervenſpannung wächſt und wird von den Fahrern
mit der unvermeidlichen Zigarette niedergekämpft.
Zehn Minuten vor 8 Uhr ein Hornſignal, der Motor darf
angelaſſen werden. Nun ſetzt die Sinfonie der Kraftmaſchinen
mit vollen Akkorden ein. Das Rattern, Brummen, Donnern
wird in eine blaugraue Dunſtwolke gehüllt. Die
Nervenanſpan=
nung der letzten Sekunden teilt ſich auch dem Zuſchauer mit. Der
Contiballon geht hoch, der Starter hat die weiße Fahne erhoben,
die Uhr in der Hand. Die Fahne ſenkt ſich, der Kampf beginnt.
Wie Raubvögel ſchießen die Maſchinen in die gelbe Paralelle
der Chauſſee.
Der Maſſenſtart iſt hochintereſſant, nervenpeitſchend. Faſt
3 Km. kann man die Strecke überſehen, ſie ſetzt gleich mit der
ſtarken Steigung zur Saalburg hinauf ein. Sehr bald iſt das
Feld der roten Klaſſe auseinandergezogen. Die blaue bleibt
länger zuſammen, ebenſo die gelbe, allerdings nur kurze Zeit.
Der Verlauf des Rennens.
Um 8,6 Uhr iſt die rote Klaſſe als erſte vom Start, in
Ab=
ſtänden von je 2 Minuten folgen die anderen. Wir folgen
lang=
ſam zum Ziel. 1½ Km. vom Start liegt Rau (Omi Kron).
Irgend etwas am Vergaſer ſcheint zu ſein. Nach einem weiteren
Km. ſchießt er an uns vorbei, eine halbe Runde hat er verloren.
bleibt aber nicht lange im Rennen. Nach der erſten Runde
mel=
det der Fernſprecher ſein Pech. An irgend einer Kurve der
Weſt=
ſeite zweimal überſchlagen, aber nichts paſſiert, nur —
ausge=
ſchieden. — Kismet. — Ebenſo Frau Wirckenhäuſer
(N. S.U.), die mit Vorgelegebruch bei Grävenwiesbach liegt.
Nach Abſolrierung der erſten Runde halten Ingolfinger
(Falcon), der für Direktor Hartlieb fährt, und Garbaty an
an ihren Fabrikſtänden und reparieren, fahren aber bald weiter.
1. Runde, nach der Fahrzeit klaſſifiziert. 1. Momberger
(N. S.u.), 55,112½s Min., 2. Stumpf (Fafag), 55,152½, 3. Graf
Hagenburg (Fafag), 55,22: 4. Wochner (N.S.1.), 55,28,3;
5. Birk (Rabag), 57,55,4, 6. Schuch (Freia), 58,04,2, 7. Köllner
(Diſi), 5322,1, 8. Kafta (Falcon), 59283, 9. Ganß (Hag), erfolgte die Preisverteilung im Kurhaus zu Homburg,
1:21,3: 10. Slevogt (Apollo), 1:34,1; 11. Retzbach (Falcon),
1:36,4: 12. Holzer (B.A.W.), 1:01,41,4: 13. Kleemann (Hag),
1:022/; 14. Wilhelm (Alan), 1:02,32: 15. Lutz (Alan),
1:02,35,1: 16. Seidenbuſch (Apollo) 1:08,292; 17. Pingel (Omi
Kron), 1:09,10,3; 18. Link (Falcon), 1:20,32,2; 19. Garbaty
1:25,59,2.
Reihenfolge ein. Slevogt auf Apollo liegt reparierend bei
Weilmünſter. Graf Hagenburg hält nach der 2. Runde am
Fabrikſtand, um Oel und Benzin aufzufüllen, liegt aber bald
wieder im Rennen. Kleiſt auf Freia hat bei der Straßenab= Kurz vor 9 Uhr iſt der Flugplatz erreicht. Eine Junker=Limuſine
zweigung nach Schmitten die Bahn verlaſſen. — Motordefekt.
Nach der Zeit: 1. Momberger 1:48,21: 2. Wochner 1:50,55”; zeug in die Lüfte.
3. Birk 1:50,57; 4. Stumpf 1:51,20; 5. Köllner 1:53,081; 6. Schuh
1:53,26; 7. Ganß 1:55,38; 8. Kofka 1:55,39: 9. Retzbach 1:5709; der Horizont. Erſt auf der Hälfte des Weges nach Homburg die
10. Hölzer 2:01,177: 11. Seidenbuſch 2:07,19: 12. Wilhelm 2:1127; Konturen des Taunus ſchwach erkennbar. Tief unter uns der
13. Pingel 2:15,23‟; 14. Graf Hagenburg 2:15,27,; 15. Link
2:23,26: 16. Lutz 2:26,21,; 17. Garbaty 2:41,25: 18. Kleemann
2:54,57.
Beſte Zeiten.
In der erſten Runde fuhr die beſte Zeit in der roten
Klaſſe Birk auf Rabag, in der blauen Klaſſe Momberger Tribünen und dann mit Vollgas ab auf die Rundſtrecke, hinweg
auf N.S.U., in der gelben Klaſſe Stumpf auf Fafag, die
abſolut beſte Zeit Momberger, die zweitbeſte Zeit Stumpf.
3. Runde. Das Feld iſt nunmehr ſchon ſo
auseinander=
gezogen, daß die Fahrer in den Runden durcheinanderliegen.
Die erſten drei Fahrer treffen wiederum in der gleichen Reihen=
Hagenburg hat in dieſer einen Runde ſtark aufgeholt, ſeinen Sache, weil fortwährende Nebelſchwaden bei der Streckenführung
Zeitverluſt faſt ausgeglichen. Kleemann (Hag) hat die
Zu=
leitung zum Vergaſer zweimal gebrochen und liegt reparierend
in Anſpach.
Nach den Fahrzeiten liegt das Feld der 3. Runde
2:43,15”; Wachner 2:46,074 5. Stumpf 2:46,39; 6. Schuh 2:47,52;
7. Retzbach 2:52,13‟; 8. Kofka 2:55,009,; 9. Ganß 2:55,20; 10.
Sei=
denbuſch 3:04,29,; 11. Graf Hagenburg 3:07,29”; 12. Pingel
3:25,22,7; 13. Link 3:26,04 14. Wilhelm 3:27,57; 15. Garbatp umſäumt die „Renſtrecke unter uns auftaucht. Ihr entlang geht
3:49,52.
Die 4. Runde ſieht wiederum die drei erſten Fahrer in
gleicher Reihenfolge im Feld. Dann aber eine weite Spanne, ein paar Wagen um Erfolg und Sieg. Köllner wirft ſeinen
das Publikum überraſchend die Rennſtrecke geſperrt. Gezwungen,
zu ſtark zu bremſen, hat er Vorderradbruch erlitten. Wochner
hält kurze Zeit am Fabrikſtand, um Betriebsſtoff nachzufüllen. Strecke ein Perſonenzug heute muß er bei geſperrter Schranke
Lutz auf Alan hat bei Uſingen das Steuerrad gebrochen und iſt,
leicht verletzt ausgeſchieden. Kofka (Falkon) hat hinter Rod die Tribüne, und dann geradeswegs über Homburg nach Frank=
Böſchung hinunter. Der Fahrer erlitt leichte innere
Quetſchun=
gen und ſcheidet aus.
Stand des Rennens mittags 12 Uhr.
Von 22 geſtarteten Fahrern haben vollendet die 1. Runde 19,
die 2. Runde 18, die 3. Runde 14, die 4. Runde 6. Die beſte
Zeit fuhren bisher in der roten Klaſſe Birk auf Rabag mit
3:30,36 Stunden, in der blauen Klaſſe Momberger mit die große Welt —, die ſchmale enge Straße ſehen ſie nicht. An=
3:29,08 Stunden, in der gelben Klaſſe Stumpf=Lekiſch mit ders mag es ſein auf Bahnen, auf der Avus im Grunewald oder
Nach den Fahrzeiten der vierten Runde: 1.
Mom=
berger 3:29,08; 2. Birk 3:30,36; 3. Köllner 3:32,57; 4. Schuh
3:39,542; 5. Stumpf 3:42,15?: 6. Wochner 3:44,157; 7. Retzbach
3:50,30; 8. Seidenbuſch 4:07,28: 9. Link 4:27,10; 10. Pingel
4:32,30‟.
Feldes. Alle drei werden nun ſchon mit zunehmender Begeiſte= funden. Es wurde u. a. beſchloſſen, daß der Deutſche Luftfahrerverband
rung am Ziel begrüßt. Kleemann und Lutz ſind nach in den neugegründeten Luftrat eintritt, in dem nunmehr Vertreter
ſämt=
endgültig aus.
Um 1 Uhr
haben in der vierten Nunde 10, in der fünften Runde 6 Fahrer, bereits die enge Fühlungnahme mit den Reichsbehörden gewährleiſtet iſt,
das Ziel paſſiert. Beſte Zeit in der roten Klaſſe Birk mit
4:21 Stunden, in der blauen Momberger mit 4:19,56
Stun=
den, in der gelben Stumpf=Lekiſch mit 4:39,09 Stunden.
In der fünften Runde fuhr Momberger die
Strecke in 50.47” Minuten, Birk die vierte
Runde in 48,302 Minuten.
1. Momberger 4:19,56; 2. Birk 4:211/; 3. Köllner 4:21,22; den Dänen Morbielle 6:0, 6:0. Moldenhauer war gegen Dema=
4. Schuh 4:32,54; 5. Wochner 4:38,45”; 6. Stumpf=Lekiſch 4:39; ſius 6:3 und 6:2 erfolgreich. Hannemann behielt gegen Falbe
Retzbach 4:47,53; 8. Seidenbuſch 5:05,33”; 9. Link 5:25,18; mit 6:2 und 6:1 die Oberhand. Im Damenſpiel glänzte die
0 Pingel 5:39,07.
ebenfalls noch die drei Favoriten in Front. Um 72 Uhr Frl. Noack 6:1, 6:1 in die Vorſchlußrunde,
paſſiert Stumpf=Lekiſch auf Fafag, als erſter
Sieger der gelben Klaſſe, von den Tauſenden
von Zuſchauern ſtürmiſch bejubelt, das Ziel
und wird kurze Zeit danach auf den Schultern mit einem
Rieſen=
lorbeerkranz geſchmückt an den Tribünen vorbeigetragen. Er
hat ſeine Konkurrenten weit hinter ſich gelaſſen. Der Zweite
ſeiner Klaſſe folgt 25 Minuten ſpäter (Pingel).
Graf Hagenburg ſcheidet nach der vierten Runde aus,
ebenſo Ingelfinger auf Falcon.
Die Zeiten der ſechſten Runde: 1. Momberger 5:08,421:
2. Birk 5:09,10; 3. Köllner 5:12,24; 4. Schuh 5:26½/s; 5. Stumpf
5:33,39”; 6. Wochner 5:34,23; 7. Retzbach 5:45,24; 8. Seidenbuſch
5:58,41.
Die ſiebente Runde ſieht, wie vorauszuſehen
Mom=
berger auf N.S.U. als Sieger der blauen Klaſſe
ebenfalls lebhaft begrüßt, durchs Ziel fahren. Auch er wird mit
dem wohlverdienten Lorbeerkranz geſchmückt.
Das Feld iſt ſehr zuſammengeſchmolzen.
Um 2,50 Uhr paſſiert als Sieger der roten Klaſſe
Birk auf Nabag ebenfalls unter toſendem Beifall das Ziel.
Die ſiebente Runde. 1. Birk 5:57,40: 2. Momberger
5:57,52: 3. Köllner 6:03,49; 4. Schuh 6:18,31; 5. Wochner 6:29,/43;
6. Retzbach 6:46 49.
Die achte Runde. 1. Birk 6:46,03½½s; 2. Köllner 6:52,517/5
Das amtliche Endergebnis.
Rote Klaſſe
(bis 1,57 Liter Zylinderinhalt, entſpricht ca. 6 PS) über 502 km:
1. Birk auf Rabag in 6 Std. 46 Min. 3½ Sek.; 2. Köllner
auf Dixi in 6 Std. 52 Min. 512 Sek.
Blaue Klaſſe
(bis 1,31 Liter Zylinderinhalt, entſpricht ca. 5 PS) über 433,5 Hm:
1. Momberger auf Neckarſulm in 5 Std. 52 Min. 52 S.;
2. Schuh auf Freia in 6 Std. 18 Min. 31 S.; 3. Wochner auf
Neckarſulm in 6 Std. 29 Min. 43½/ S.; 4. Retzbach auf Falcon
in 6 Std. 46 Min. 49½s S.
Gelbe Klaſſe
(bis 1.1 Liter Zylinderinhalt, entſpricht ca. 4 PS) über 377 km:
1. Stumpf=Lekiſch auf Fafag in 5 Std. 33 Min. 392/ S.;
2. Seidenbuſch auf Apollo in 5 Std. 58 Min. 41½ S. Am Abend
* Beobachtung des Rennens im Flugzeug.
Von unſerem Sonderberichterſtatter.
Kaum ſind die letzten Wagen um die Saalburgkurve ver=
2. Runde. Die erſten 5 Fahrer treffen in der gleichen ſchwunden, gehts im Preſſewagen des Agrippina=Konzerns in
raſcher Fahrt dem Flugplatz Frankfurt entgegen. In
unabſeh=
barer Folge Radfahrer auf Radfahrer, die alle der Taunusſtrecke
zuſtreben. In Frankfurt leichtathletiſcher Betrieb: Staffellauf.
ſteht zum Preſſeflug bereit. Um 9,10 Uhr erhebt ſich das Flug=
Homburg entgegen. Nebelgefetz am Himmel. Grau in grau
Kontinental=Feſſelballon, der am Fuß der Saalburgſteigung den
Start bezeichnet. Naßkalter Nebel klatſcht ins Geſicht, als wir
die Höhen des Taunus paſſieren. Durcheinander quirlendes
Menſchengewoge auf der ganzen Strecke. Aufſtarrend gen
Him=
mel, aufſehend zu unſerem Flugzeug. In einer Kurve zu den
über winzig klein erſcheinende, auf der Straße dahinfliegende
Rennwagen, deren Ueberholen immerhin nicht ganz leicht iſt,
fahren ſie doch mit 70 bis 80 Kilometer und mehr auf den
ge=
raden Strecken ihres Weges. Winkende Hände, wirbelnde Hüte
und Mützen in jedem Ort, allüberall, wo unſer Flugzeug ſich in
luftiger Höhe zeigt. Es iſt nicht leicht, das Flugzeug der Strecke
entlang zu dirigieren. Ich habe die Aufgabe, die Karte zu leſen
folge ein. Hölzer liegt reparierend bei der Saalburg. Graſ und den Flugzeugführern den Weg zu zeigen. Eine ſchwierige
durch dichten Wald den Blick von oben verſchließen. In
Weil=
münſter in ſcharfer Kurve ab und wieder den Saalburgtribünen
entgegen, im 200=Kilometer=Tempo durch die Lüfte. Wir
über=
ſehen beim Kartenleſen eine Eiſenbahnlinie. In wenigen
Mi=
wie folgt: 1. Momberger 2:39,29: 2. Birk 2:42,041; 3. Köllner, nuten grüßen Häuſer, Dächer und Türme von Bad=Nauheim, ein
Zeichen, daß wir die Richtung verfehlt haben. Der Motor
wiehert auf und bäumt ſich gegen den Willen. Im Kurs gen
Weſten überfliegen wir die Taunushöhen, bis plötzlich
menſchen=
es über Bahnübergänge und Straßenüberführungen, die zum
Taunusrennen beſonders errichtet wurden. Drunten kämpfen
Ganß (Hag) telephoniert, in der S=Kurve bei Obernheim habe / Dixi in ſchneidiger Fahrt um ſcharfe Kehren. Einer der blauen
Wagen folgt ihm auf dem Fuße. Wer es iſt, iſt aus 900 Meter
Höhe nicht erkennbar. Dicht hinter Wehrheim hält auf freier
auf das Paſſieren der Wagen warten. Im Schleifenflug über
an der Weil Hinderradpneudefekt und rutſcht dadurch die furt. Nach fünf Viertelſtunden ſchweben wir über Frankfurts
Großſtadt Unendlichkeit, nehmen Kurs auf Bockenheim und
lan=
den glatt in kühnem Spiralflug.
Der praktiſche Wert der Flugzeugbegleitung eines Rennens?
Meiner Anſicht nach kein übermäßig großer, entſchieden kleiner,
wenn es ſich um Waldſtrecken handelt, durch Taunusberge und
Taunuswälder. Dann verſchwindet das ſchmale Straßenband
den Blicken der Flugzeuginſaſſen — ſie ſehen die Weite, ſehen
3:42,15 Stunden. Die effektive beſte Zeit bisher Momberger, auf der Monzabahn in Mailand. Da mag ſolcher Kampf der
Wagen und Fahrer ſich vom Flugzeug aus verfolgen laſſen.
Flugſport.
18. Deutſcher Luftfahrertag.
Geſtern hat in Breslau die Haupttagung des 18. Deutſchen Luft=
In der fünften Runde fährt Momberger zuerſt ein, fahrertages unter dem Vorſitz des Präſidenten des Deutſchen
Luftfahrer=
muß aber ganz kurz halten, um Betriebsſtoff einzunehmen. Er Verbandes, Bürgermeiſter Borff (Bremen) im Beiſein von Vertretern
liegt mit Birk und Köllner noch immer an der Spitze des des Reichsverkehrsminiſteriums und des Reichswehrminiſteriums
ſtattge=
vollendeter Reparatur wieder im Rennen. Kleemann ſcheidet licher am Flugweſen intereſſierten deutſchen Verbände vereinigt ſind.
Ferner wurde beſchloſſen, den 19. Deutſchen Luftfahrertag in Würzburg
abzuhalten. Die Leitung des Deutſchen Luftfahrerverbandes bleibt nach
wie vor in Bremen, da durch den Luſtrat, der in Berlin ſeinen Sitz hat,
Tennis.
Internationales Tennisturnier in Berlin.
Das internationale Tennisturnier des Berliner
Schlittſchuh=
klubs konnte ſchon recht weit gefördert werden. Sehr gut fügte
ſich der junge Däne Peterſen ein, der v. Gersberg 6:4, 6:2 und
Die fünfte Runde nach den Fahrzeiten: Dr. Cocken 6:1 und 6:4 abfertigte. Kleinſchroth gewann gegen
däniſche Meiſterin Frl. Brehm durch ſchnelles und durchdachtes
Die ſechſte Runde, für die gelbe Klaſſe die letzte, ſieht Spiel. Sie gelangte über Frau Schulz=Jena 6:1 und 6:0 ſowie
Seite 6.
Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 26. Maf 1924.
Rummer 146.
Fußball.
Deutſche Meiſterſchaftszwiſchenrunde.
1. F.C. Nürnberg — Sp. Vgg. Duisburg 3:1 (1:0).
Hamburger Sportverein — Sp. Vgg. Leipzig 1:0 (1:0).
Im Endkampf um die deutſche Fußballmeiſterſchaft am 8.
Juni im Deutſchen Stadion zu Berlin ſtehen ſich, wie vor zwei
Jahren, Hamburger Sportverein und 1. F.C. Nürnberg
gegen=
über.
Phönix Mannheim— Sp.=Pgg. Fürth 3:2.
In dem Pokalſpiel Phönix Mannheim gegen
Spielvereini=
gung Fürth, das in Mannheim ſtattfand, wurde Fürth von
Mannheim 3:2 geſchlagen. Es muß aber berückſichtigt werden,
daß Fürth mit Erſatz für Franz, Seiderer, Hagen und Wellhöfer
antrat. Bei Halbzeit ſtand das Spiel 0:0. Nach der Halbzeit
ſchoß Fürth zunächſt zwei Tore und danach Mannheim drei.
Süddeutſchland-Zentralſchweiz 1:3.
Das Spiel Süddeutſchland gegen Zentralſchweiz, das in
Biel zum Austrag gelangte, wurde von den Schweizern 3:1
ge=
wonnen. Halbzeit ſtand das Spiel 1:0 für die Schweiz. Das
einzige Tor für Süddeutſchland ſchoß der Freiburger Bantle.
Gaumeiſterſchaften in Klaſſe AI und AII.
e Anläßlich des Spielplatzwerbetages in
Verbin=
dung mit dem Gautag des Gaues Bergſtraße vom Verband
Süd=
deutſcher Fußballvereine fanden am geſtrigen Sonntag die
Ent=
ſcheidungsſpiele um die Gaumeiſterſchaften in der Klaſſe AI
und AII in Darmſtadt ſtatt. Ueberraſchend gut war derBeſuch
und das Intereſſe beim Hauptſpiel auf dem in beſter Verfaſſung
befindlichen Sportplatz des Sportvereins Darmſtadt am
Böllen=
falltor, woſelbſt ſich Sportklub Viktoria=Griesheim
und Fußballverein Germania zum Entſcheidungsſpiel
dem Herrn Lauer aus Plankſtadt ſtellten. Griesheim, das mehr
Spielerfahrung beſitzt, fertigte ſeinen Gegner mit 4:1 Toren ſicher
ab. Damit rückt Griesheim als Meiſter der A=Klaſſe
im kommenden Jahre in die Odenwaldkreisliga auf. — Etwas
hartnäckiger war das andere Spiel am Vormittag, in dem ſich
Sportverein Münſter 2. Mannſchaft die
Meiſter=
ſchaft der Klaſſe AII gegen Germania=Eberſtadt 2.
Mann=
ſchaft mit 2:1 Toren erkämpfen mußte.
Schwimmen.
S. S. Möwe=Darmſtadt E. V.
Der S. S. Möwe=Darmſtadt war geſtern Gaſt der
Sportver=
einigung „Eintracht”=Mannheim zur Austragung eines
Klub=
dreikampfes im Schwimmen, Springen und Waſſerballſpiel. Als
dritter Verein war Schwimm=Sporwerein Heſſen”=Worms
ge=
laden. Der S. S. Möwe konnte dieſen Kampf im
Geſamt=
ergebnis mit 35 Punkten gegen 26 Punkte für Worms und 24
Punkte für Mannheim für ſich entſcheiden.
Turnen.
Frankenſteinbergfeſi.
Der Main=Rodgau des Südweſtdeutſchen Turnerbundes
ver=
anſtaltete am Samstag und Sonntag ſein 4.
Frankenſteinberg=
feſt. Am Samstag abend fanden die Stafettenläufe auf dem
Griesheimer Weg bei Eberſtadt ſtatt. Die Organiſation glich
der der übrigen turneriſchen Bergfeſte. Beſchaffenheit der
Lauf=
ſtrecken und Einteilung ließen aber etwas zu wünſchen übrig,
jedoch darf angenommen werden, daß unter der rührigen Obhut
der wackeren Turngeſellſchaft Eberſtadt die Anſtände beim
näch=
ſten Bergfeſt behoben werden. So wurde z. B. ſtatt der
ausge=
ſchriebenen Schwedenſtaffel am Start die Austragung einer
olympiſchen Staffel verkündet.
In den Staffeln waren Turn= und Sportverein Mörfelden
mit ſeiner bekannten Leichtathletikabteilung und „Heſſen,
V. f. L.‟ Darmſtadt, vorherrſchend. Heſſen war inſofern
benach=
teiligt, als es nur mit Kurzſtrecklern zur ausgeſchriebenen
Schwe=
denſtaffel antrat und umſtellen mußte. So war es erklärlich, daß
der 800=Meter=Mann Heſſens etwa 50 Meter zurücklag. Die
bei=
den 200=Meter= und 400=Meter=Leute holten aber gewaltig auf
und konnten ſehr knapp hinter Turn= und Sportverein
Mör=
felden einlaufen.
Die 4X100=Meter=Staffel wurde ſchon in der Dämmerung
ausgetragen. Im Vorlauf ſiegte „Heſſen” mit etwa 10 Meter
Vorſprung vor „Mörfelden”. Mangels geeigneter Vorkehrungen
drängte ſich das Publikum im Endlauf ſo dicht an die Laufbahn,
daß die beiden letzten Läufer von „Mörfelden” und „Heſſen”
nicht mehr nebeneinander laufen konnten, ſondern hintereinander
laufen mußten und ſo „Heſſens” letzter Mann, der vordrängte,
nicht mehr an dem Schlußmann von Mörfelden vorbei konnte
und beide Schulter hinter Schulter einliefen.
Der Kommers am Samstag abend lag in bewährten
Hän=
den der Turngeſellſchaft Eberſtadt. Die Darbietungen zeugten
von großer Rührigkeit in dieſem Verein. Beſonders gefallen
konnte auch „Heſſen”, der mit ſeinen Schülerinnen am Barren,
Stabwindübungen der Turnerinnen, Freiübungen von Schülern
und Keulenſchwingen die Uebungsfolge verſchönern half. Alles
in allem war der Kommers ein wohlgelungener Abend, der der
Turngeſellſchaft Eberſtadt zur vollen Ehre gereicht.
Beſonders erfreulich war die große Beteiligung am
Sonn=
tag früh beim Fünfkampf auf dem Frankenſtein. Etwa 400
Tur=
ner traten dabei an. Auch hier konnte der Turn= und
Sport=
verein Mörfelden mit ſeiner guten Mannſchaft die erſten Siege
erringen. Feſtbälle im „Darmſtädter Hof” und „Schwanen” in
Eberſtadt bildeten den Schluß des Feſtes.
Wie wir hören, haben „Heſſen”, V. f. L., Darmſtadt, und
Turn= und Sportverein Mörfelden einen Vereinswettkampf, der
in den nächſten Wochen in Darmſtadt ſtattfinden ſoll, vereinbart.
Athletik.
Kraftſportvereinigung 1895, Darmſtadt.
Am Sonntag beteiligte ſich die Kraftſportvereinigung 1895
an dem nationalen Wettſtreit in Fürth i. Odw. Veranſtalter
Kraftſportverein 1909, Fürth i. Odw., 4. Kreis, Baden—
Weſchnitz=
gau. Unter ungeheuer ſtarker Konkurrenz von mehreren hundert
Bewerbern erzielte der Verein:
Den 1. Preis im Ringen, Altersriege, Mittelgewicht;
den 3. Preis im Ringen, Altersriege, Schwergewicht;
den 3. Preis im Stemmen (Dreikampf) Bandamgewicht;
den 3. Preis im Stemmen (Dreikampf) Federgewicht;
den 7. Preis im Ringen, Federgewicht;
den 10. Preis im Ringen, Bandamgewicht;
den 6. Preis im Stemmen, Federgewicht.
Der Dreikampf im Stemmen beſtand aus folgenden
Uebun=
gen: Ein= und zweiarmige Uebung ſowie Steinſtoßen oder
Schleuderballwerfen, Weitſprung mit Anlauf. Ganz beſonders
hervorzuheben ſind die Siege unſerer Mannſchaft, da es meiſtens
Mitglieder ſind, die in dieſem Jahre zum erſten Male in der
Se=
niorklaſſe mitwirken und aus der Jugend hervorgegangen ſind.
Ein ausführlicher Bericht folgt.
Leichtathletik.
Staffellauf rund um Frankfurt.
Die Beteiligung an dem Staffellauf rund um Frankfurt war
geſtern ſtärker als in früheren Jahren.
Zeitweiſe hatten die Mannſchaften unter heftigem
Gegen=
wird zu leiden. Trotzdem ſtellte Eintracht in der Hauptſtaffel
einen neuen Rekord auf und gewann den Wanderpreis zum
drit=
tenmal und damit endgültig.
Die Ergebniſſe:
Abteilung 1: Leichtathletik.
Klaſſe A, 16,8 km, 40 Läufer:
1. Eintracht Frankfurt 38:57,3;
2. Sportklub 80 39:44,1;
3. Boruſſia Frankſurt 40:04,3;
4. Sportverein Offenbach 42:40.
Klaſſe B, 8 km, 20 Läufer.
1. Polizeiſportverein 18:51,1:
2. Deutſche Jugendkraft Frankfurt 18:56;
3. Ehemalige alte Domſchüler Frankfurt 19:03;
4. Turn= und Sportverein Nieder=Erlenbach 19:21;
5. Kickers Offenbach 20:28.
Klaſſe C, 6 km, 15 Läufer.
Deutſche Jugendkraft Frankfurt lief allein über die Strecke.
Klaſſe 1), 8 km, 20 Läufer (erſtmals teilnehmende Vereine).
1. Turn= und Sportgemeinde Rödelheim 19:58,2.
2. Germania=Schwanheim 20:46,3.
3. Sportverein Hetternheim 21:17.
Klaſſe E, 6 Kilometer, 15 Läufer.
(Für Vereine, die den Raſenſport als Nebenſport betreiben.
1. Frankfurter Schwimmklub.
2. Marbacher Schwimmverein.
Klaſſe P, 4 Kilometer, 20 Läufer, Jugend.
1. Eintracht.
2. Deutſche Jugendkraft.
Abt. 2 Fußballvereine.
Kl. 1, 8 Kilometer, 20 Läufer, Bezirks= und Kreisli=
1. Sportverein Frankfurt
2. Eintracht=Frankfurt.
3. Sportfreunde=Frankfurt.
4. Verein für Raſenſport, Frankfurt.
Kl. 2, 6 Kilometer, 15 Läufer.
A=, B= und C=Klaſſe.
1. Sportverein 20, Frankfurt 15:30.
2. Jpria=Frankfurt 15:49.
3. Ballſpielklub=Oberrad 15:51.
4. Vereinigung=Frankfurt.
Kl. 3, 4 Kilometer, 15 Läufer, Jugend.
1. Boruſſia=Frankfurt 6:31,6.
2. Eintracht.
3. Fußballſportverein.
Hocken.
Deutſchland—Schweiz 4:2 (3:1).
Der erſte Hockeykampf einer deutſchen Ländermannſchaft, der
am Sonntag in Zürich gegen die Schweiz ausgetragen wurde,
ergab einen Sieg der deutſchen Farben mit 4:2 und erbrachte
damit den Beweis, daß der deutſche Hockehſport auch in
inter=
nationaler Beziehung nicht zu unterſchätzen iſt.
Reich und Ausland.
Zwei Nennfahrer verunglückt.
Bei dem Rennen im Teutoburger Wald ſind die Fahrer
Leh=
mann und Biſchof tödlich verunglückt.
Verhafteter Hochſtapler.
Berlin. Wie ein Berliner Mittagsblatt aus Graz meldet, iſt
dort der angebliche Baron Alex Bieberſtein als Betrüger und
Hoch=
ſtapler verhaftet worden. Dieſer angebliche Baron heißt in
Wirklich=
keit Alexander Müller und iſt im Jahre 1869 in Saarbrücken geboren.
Müller hat eine ziemlich abenteuerliche Vergangenheit hinter ſich.
We=
gen ſeiner Schwindeleien und Hochſtapeleien hat er in Deutſchland
ver=
ſchiedentlich Strafen erlitten. Er gab an, im Jahre 1916 bei dem
damaligen K. und K. Konſulat in Dresden eine Einberufung für die
öſterreichiſch=ungariſche Armee erhalten zu haben und im Felde Leutnant
geworden zu ſein. Im Sommer 1917 tauchte er unter dem Namen
Freiherr von Kaminſki in Graz auf und erklärte, aus Südafrika zu
ſtammen. Wie er bei ſeiner Vernehmung jetzt angibt, iſt er bereits
zweimal verheiratet geweſen. Seine beiden Frauen lebten in
Deutſch=
land.
Ein neues Naturſchutzgebiet in der Pfalz.
Neuſtadt. Hier ſind Beſtrebungen im Gange, die darauf
hin=
zielen, in der Haardt ein neues Naturſchutzgebiet abzugrenzen. Die
betreffende Stelle iſt geologiſch von großem Intereſſe. Im vergangenen
Sommer iſt es drei Neuſtadter Herren gelungen, auf dem 663 Meter
hohen Keſſelberg, der ſich 6 Kilometer von Edenkoben erhebt. 21
ſoge=
nannte Rieſentöpfe zu entdecken. Dieſe Erſcheinung iſt durch die
Ein=
wirkung vorgeſchichtlicher Gletſcher zu erklären; die Rieſentöpfe werden
auch Strudellöcher genannt. In der Schweiz und im Schwarzwald ſind
ähnliche Gebilde gefunden worden.
Ein Zeitbild.
Köln. In die furchtbare Nor gebildeter Leute aus dem
Mittel=
ſtand während der Inflationszeit leuchtet eine Gerichtsverhandlung in
Köln, auf der ſich ein Muſiklehrer zu verantworten hatte, weil er
ver=
ſucht hatte, durch eine gefälſchte Sammelliſte für „arme Schüler des
Konſervatoriums” ſich in den Beſitz von Geld zu ſetzen. Auf einem
Briefbogen mit dem Kopfdruck des Konſervatoriums erteilte er ſich
ſelbſt die Erlaubnis zu dieſer Sammlung und verſtärkte den Eindruck der
Rechtmäßigkeit des Unternehmens noch, indem er die gefälſchte
Unter=
ſchrift eines Kommiſſars darunterſetzte. Mit ihm hatte ſich ſeine
Schweſter zu verantworten, für die er wie auch für ſeine alte Mutter, zu
ſorgen hatte. Der erbärmliche Aufzug der Angeklagten, denen die Not
und das Elend auf der Stirne geſchrieben ſtand, veranlaßte das Gericht
im Einverſtändnis mit dem Staatsanwalt, zu einer möglichſt milden
Be=
urteilung des Falles. Der Bruder erhfelt 14, die Schweſter wegen
Beteiligung an dem Sammeln 8 Tage Haft, für die bei Strafzufſchub
50 und 25 Mark gezahlt werden müſſen.
Untergrundbahnunglück in Paris.
Ein furchtbares Verkehrsunglück hat ſich auf der Pariſer
Unter=
grundbahn, der ſogenannten Metro zugetragen, und zwar auf der
* 44. Außerordentliche Generalverſammlung
des Verbondes Deuſcher Hausfkauenbereine
in Frankfurt a. M.
Sonderbericht unſeres Korreſpondenten.
we. Frankfurt a. M., 24. Mai.
Zweiter Verhandlungstag.
Der zweite Verhandlungstag wurde durch ein kurzes Referat von
Frau Krohmer vom Reichswirtſchaftsrat eingeleitet, die ſich mit der
Weiterbildung der entlafſenen weiblichen Schuldjugend
beſchäftigte und bemerkte, daß 97 Prozent der aus der Volksſchule
ent=
laſſenen Mädchen höchſrens eine weitere Ausbildung von einem Jahr
er=
halten. Sie wies dabei auf die in Bremen getroffene Regelung hin, die
man als Vorbild für andere Städte betrachten könne.
Sodann erhielt Frau Franziska Wiemann=Osnabrück das Wort, die
ſich über Organ ſationsfragen in der Hausfrauenvereinsarbeit
verbrei=
tete, praktiſche Winke für die Vereinsführung, Buchhaltung uſw. gab,
die beſonders für kleinere Ortsgruppen erwünſcht ſein dürften.
Beſondere Aufmerkſamkeit fand das ſich anſchließende Referat von
Frau Elie Pechmann=Dresden über: Die vermietende Hausfrau, das
ſeines Allgemeinintereſſes wegen hier etwas ausführlicher wiedergegeben
ſein mag.
Das Herumdoktern an unſerer Wirtſchaft durch unzählige Gefetze
und Verordnungen, ſo führte Frau Pechman etwa aus, iſt der beſte
Be=
weis dafür, wie krank unſer Wirtſchaftsorganismus iſt. Früher
genüg=
ten vollkommen die einſchlägigen Beſtimmungen des B.G.B., heute haben
wir für die Mietfrage, außer dem Reichsmietengeſetz, um nur die
wich=
tigſten Geſetze herauszugreifen, die Notv rordnungen zum Schutze der
Mieter, das ſogenannte Wohnungsmangelgeſetz, das Geſetz über
Mieter=
ſchutz und Mieteinigungsämter, hierzu treten noch zahlloſe
Verordnun=
gen der Länder und Gemeinden. Auch die dritte Steuernotverordnung
laßt das Mietweſen nicht unbehelligt. Die Geſetze ſind ſogenannte
Rah=
mengeſetze, die für das Reichsgebiet gelten, aber durch die
Ausführungs=
beſtimmungen der Länder, die Spluchpraxis der Gerichte mit ihren
Laien=
beiſitzern in den verſchiedenen Landesteilen ſich verſchieden auswirken.
Im Rahmen dieſer Geſetze werden von den Wohnungsämtern die
jeweils geltenden Mietbeſtimmungen feſtgeſetzt, genauer geſagt unter dem
Vorſitz des örtlichen Wohnungsamtes werden in paritätiſchen
Verhand=
lungen zwiſchen den Parteien dieſe Beſtimmungen hervorgebracht. Es
iſt daher allen Hausfrauenvereinen anzuraten, Sitz und Stimme in dieſen
Körperſchaften anzufordern. Nur auf dieſe Weiſe iſt es möglich, Einfluß
zu gewinnen auf die Regelung des Mietweſens.
Die Abſicht all dieſer Geſetze iſt, Wohnungen zu ſchaffen. Und dieſes
Beſtreben, ſollten auch die Hausfrauenorganiſationen unterſtützen. Aber
ebenſo ſtrikt müſſen wir auch volle Entſchädigung für leere und möblierte
Zimmer, eine angemeſſene Verzinſung und Amortiſation verlangen,
da=
mit eine Inſtandhaltung der Sachen möglich iſt. Sonſt bekommen wir
Zimmer, die wie die Häuſer heruntergewirtſchaftet ſind. Niemand iſt
ge=
zwungen, ſeine Zimmer zur ſogenannten geſetzlichen Miete abzugeben im
Gegenſatz zu Lebensmittelhöchſtpreiſen.
Mindeſtens ſo wichtig, wie die Forderung nach angemeſſenem Entgelt,
iſt das Verlangen der
Aufhebung der Mieterſchutzgeſetze
in ihrer jetzigen Form. Auf Grund des Mieterſchutzgeſetzes vom Oktober
1923 gibt es kein Kündigungsrecht. Das führt bei dem engen
Zuſammen=
leben mit dem Untermieter in der gleichen Wohnung zu Spannungen,
die oft unerträglich werden. Bei dem beſtehenden Wohnungsmangel iſt
ſelbſtverſtändlich eine Aufhebung der Geſetze vno heute auf morgen nicht
möglich, wohl aber eine Milderung der doktrinären Beſtimmungen, die
unbedingt für das Vermieten von Zimmern fallen müſſen. (Lebhaſter
Beifall.)
Die Referentin macht im weiteren die beachtenswerte Feſtſtellung,
daß die Zimmerpreiſe ihre Friedenshöhe bereits erreicht haben, während
die Mieten noch weiter ſteigen werden, ſodaß alſo die vermietende
Haus=
frau kaum mit einer Erhöhung, ſondern eher mit einer Verminderung
ihrer Einnahmen zu rechnen hat. Im übrigen glaubt die Rednerin, daß
unſer Volk und unſere Wirtſchaft nicht durch Geſetze, ſondern nur von
innen heraus geſunden kann. Sie ſchließt unter lebhaftem Beifall mit
dem Wunſche, daß es bald wieder aufwärts gehe im Deutſchen Reich.
Frau Helene Skutſch=Leipzig beleuchtete zum Schluß den Stand
der Hausgehilfenfrage und betonte die Notwendigkeit des geſchloſſenen
Auftretens in der Wahrung der Hausfrauenintereſſen.
Als nächſtjähriger Tagungsort iſt Breslau vorgeſehen.
Die blutige Statiſtik Rußlands.
Die „Prawda” entnimmt einem Bericht Stutſchkas über die
Tätig=
keit des Oberſten Gerichtshofes der ruſſiſchen Sowjetrepublik einige
bedeutſame Daten. Danach gelangten vor das Kaſſationskollegium des
Oberſten Gerichtshofes während der erſten elf Monate ſeines Beſtehens
716 Prozeſſe mit 1339 Todesurteilen. Bei 663 Perſonen wurde das
Todesurteil beſtätigt. In 225 Fällen lag Auflehnung gegen die
be=
ſtehende Staatsordnung vor, in 23 Fällen handelte es ſich um
Amts=
vergehen, die gleiche Anzahl weiſen die Defraudationen auf, während auf
militäriſche Vergehen nur 21 Todesurteile entfallen. Der weitaus
größte Prozentſatz bezieht ſich auf Räuberunweſen und Bandenunweſen
721 Fälle. Alle die ungezählten Morde die man direkt als „
Haus=
mittel der Tſcheka” bezeichnen darf, ſind hier natürlich nicht mitgezählt.
Bei der Durchſicht der Sowjetpreſſe zeigt es ſich übrigens, daß die Zahl
der Todesurteile in letzter Zeit in ſtarker Zunahme begriffen iſt.
Rettung einer eingemauerten Nonne.
Moskauer Blätter berichten, daß die Sowjetpolizei im
Nonnen=
kloſter in Beswodnoje bei Niſhni=Nowgorod ein ſchweres Verbrechen
ent=
deckt hätte. In einem in die Mauer eingebauten Wandſchrank wäre eine
Nonne eingeſperrt geweſen, die mit einer Kette an die Wand gefeſſelt
war; ſie hätte dort vier Monate geſeſſen und ſei infolge der
ausgeſtan=
denen Leiden wahnſinnig geworden. Die anderen Nonnen hätten ſie
dort eingeſperrt, da ſie ſich dem ſittenloſen Lebenswandel im Kloſter
energiſch widerſetzt und mit Anzeige gedroht hätte. Die Angelegenheit
iſt dem Unterſuchungsrichter übergeben und dürſte ſich zu einem großen
Senſationsprozeß auswachſen.
Ausbau der Verkehrswege in Afrika.
kw. Nach einer Meldung aus Khaxtum iſt die Eiſenbahn nach dem
etwa 400 Kilometer von Khartum öſtlich gelegenen Kaſſala feierlich
er=
öffnet und Anfang dieſes Monats dem Paſſagier= und Güterverkehr
über=
geben worden. Die Bahn bringt das Kaſſalagebiet mit dem nach dem
wichtigen Hafenplatz Port Sudan am Roten Meer führenden
Schienen=
weg in Verbindung. Sie erſchließt eine Gegend, die für den
Baumwoll=
bau ſehr geeignet iſt. Da der Hafen Port Sudan für den
Umſchlagsver=
kehr gut ausgerüſtet iſt, werden insbeſondere auch Rindvieh und Schafe
ausgeführt werden können, und man hofft, mit dem beträchtlichen
abeſſi=
niſchen Viehhandel nach Aegypten in Wettbewerb treten zu können.
Strecke nach Saint Cloud, die erſt kürzlich mit den neueſten techniſchen”
Errungenſchaften ausgeſtattet worden iſt. Bei der Station Alma unweit
des Trocadero fuhr ein vollbeſetzter Zug in voller Fahrt auf einen
im Bahnhof haltenden Zug auf. Es entſtand unter den Fahrgäſten
der beiden Züge eine entſetzliche Panik. Schmerzensſchreie erfüllten die Landestheater Großes Haus, Anfang 7½ Uhr, Ende 9½ Uhr,
Luft. Die Anzahl der Verletzten ſteht noch nicht genau feſt, doch ſpricht Außerordentliches Konzert des Muſikvereins. — Kleines Haus, abends
man von 50 Perſonen, darunter ſollen ſich mehrere Schwerverletzte be= 8 Uhr, Vortrag mit Lichtbildern: „Vom neuen Lebensſtil”. Abends
finden.. Die Polizei hat ſofort eine Hilfsaktion eingeleitet.
Der Neandertaler von Manila.
Bei Ausſchachtungen im Bette des Paſigfluſſes bei Maniln fand ſtellungen.
man, wie Sanchez in den Berichten der Kal. Spaniſchen Geſellſchaft der
Naturwiſſenſchaften einen Schädel, der in dem vorſpringenden Kinn,
der fliehenden Stirne, den hohen Augenwülſten alle Meukmale der
be=
kannten Neandertalraſſe zeigte. Andererſeits deuten gewiſſe
Eigentüm=
lichkeiten der Knochenbildung auf eine Verwandtſchaft mit den heute noch
auf einigen aſiatiſchen Inſeln wohnenden Negritos hin. Welche
Zeit=
räume der Entwickelung dieſe von ihren neu entdeckten Vorfahren
tren=
nen, dafür fehlt leider jeder Anhalt, da man den Schädel im Flußgeröll
ohne jede andere Beigabe fand. Man gab ihm den Namen homo
manilensie.
Rheinst.50 Hotel Schmitz Teleph. 122
Erstklassige preiswerte Küche! (6653a
Münchener Löwenbräu (Märzenbier) Rummelbräu
Garten in der Rheintor-Anlage
Eis —
— Eiskaffee — Eisschokolade
Tageskalender. Montag, den 26. Mai 1924.
10 Uhr: „Datterich”. — Orpheum, 734 Uhr: „Das Radiomädel”.
— Union=, Reſidenz=, Zentral=Theater, Palaſt=Lichtſpiele: Kinovor=
Hauptſchriftleitung: Rudolf Mauve
Verantwortl für Politik und Wiriſchaft: Rudolf Mauve
Verantwortlich für Teuill ton und Heſſiſche Tadrckten: Max Streele
Verantwortlich für Sport: Dr. Eugen Buhlmann
Verantwortlich für Solußd en:: Andreas Bauer
Verantwerilich für den Inſeratenteil: Willy Kuhle
Truch und Verlag: L. C. Wittich — ſäntlich in Darmſtadt.
Se heutige Mummer lat 6 Seiten
Schwächezustände, Verlust von Kraft und Energie
beruhen auf einem mangelhaft genährten Körper, da in dem Körper die
roten Blutkörperchen fehlen ärzte verordnen mit Vorliebe das
ver-
trauenswürdige Leciferrin, ein Nähr- und Blutauffrischungsmittel für
Erwachsene und Kinder. Erhältlich in allen Apotheten und Drogerien.
Preis Mk. 3.—
(1 4619.
Galenus Chemische industrie, G. m. b. H., Frankfurt a. M.