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Morgenzeitung der Landeshauptſtadt
Wöchentliche iluſtrierte Beilage: „Die Gegenwart”, Tagesſpiegel in Bild und Wort
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Nummer 118
Montag, den 28. April 1924.
187. Jahrgang
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Rabatt weg. Bankkonio: Deuiſche Bank und Darme
ſtädter 8 Nationalbant.
Eine Rede Dr. Streſemanns
in Gleiwitz.
* Gleiwitz, 27. April. (Priv.=Tel.) Vor einer
tauſend=
köpfigen Menge ſprach am heutigen Sonntag auf Einladung der
Deutſchen Volkspartei Reichsaußenminiſter Dr. Streſemann. Die
Verſammlung erlitt durch Ruheſtörungen eine Verzögerung, und
es gelang Dr. Streſemann erſt nach 20 Minuten Anweſenheit
mit ſeinem Vortrag zu beginnen. Er führte unter anderem aus:
Hier an einer bedrohten Grenze ſpreche aus ihm nicht ſeine
Partei, ſondern der Außenminiſter. Eine Löſung der
Repara=
tionsfrage müſſe vom wirtſchaftlichen Standpunkte aus gefunden
werden, wie ſie Hughes ſchon im Dezember 1922 vorſchlug, durch
eine Entſcheidung internationaler Sachverſtändiger über
Deutſch=
lands Leiſtungsfähigkeit. Den Ruhrkampf haben wir verloren,
weil die Idee ſich gegen die Macht auf die Dauer nicht
durch=
fetzen läßt. Was brutale Machtmittel bedeuten, hat Oberſchleſien
auch zur Genüge kennen gelernt. Der Verkehr mit dem beſetzten
Gebiet muß wiederhergeſtellt werden. Die Regierung weiß ſehr
wohl, daß das Gutachten eine ſchwere Belaſtung darſtellt,
beſon=
ders in der Frage der Reichsbahn und der Währungsbank. Die
wirtſchaftlichen Bedingungen weiſen aber den Weg, wie wir
politiſch wieder unſere Sonveränität herſtellen. In der Frage
der Weiterzahlung der Beſatzungskoſten ſei es Ehrenflicht des
Kabinetts geweſen, ſie nicht allein dem beſetzten Gebiete
aufzu=
bürden. Wenn Oberſchleſien beſetzt wäre, was wäre mehr wert:
wirtſchaftliche Belaſtung oder die Freiheit des Landes? Er hoffe,
daß man gerade hier in Oberſchleſien Verſtändnis für die
Lei=
den der Bevölkerung an Rhein und Ruhr und in der Pfalz
haben werde. Die Regelung der deutſchen Verpflichtungen durch
das Gutachten werde von ſelbſt eine Herabſetzung der Befatzung
und Kontrollkommiſſionen bringen müſſen. Das Gutachten ſieht
für Deutfchland eine Atempauſe vor, ſowie eine Anleihe im erſten
Wirtſchafts zu intereſſieren. Seiner Ueberzeugung nach gingen kehrsminiſter Oeſer über Deutſchlands Schickſalsſtunde. Der
die Intereſſen des Staates denen der Wirtſchaft vor. Das Ent= Miniſter beſchäftigte ſich eingangs mit der Aufſtellung der vielen
ſcheidenſte ſei, daß wir nicht mehr jahrelang von Rhein= und
Ruhr getrennt bleiben und daß die Einheit Deutſchlands
ge=
wahrt wird. Den Worten des Außenminiſter folgte
minuten=
die Verſammlung.
Eine Wahlrede des Reichskanzlers.
Düſſeldorf, 27. April. (Wolff.) In einer von über 5000
Perſonen beſuchten öffentlichen Wählerverſammlung der
Zemtrums=
partei Düſſeldorfs ſprach Reichskanzler Marx. Der Kanzler, bei ſeinem
Erſcheinen lebhaft begrüßt, iſt Spitzenkandidat im Wahlkreis Düſſeldorf= Ende bereitet werden. Dies konnte erſt geſchehen, wenn Ordnung
chenen Ausführungen über die Grundſätze und Forderungen der
Zen=
trumspartei. Er rechtfertigte die vom Zentrum im letzten Reichstage
verfolgte Politik und ſchilderte insbeſondere die Bemühungen der
Zen=
trumsfraktion um das Schulgeſetz und die Reinerhaltung
der Ehe. Er trat erneut nachdrücklich für die Rechtmäßigkeit
der Weimarer Verfaſſung ein. In außenpolitiſcher Hinſicht
betonte der Reichskanzler den Willen Deutſchlands zur Verſtändigung
und legte dar, wie ſich die Zentrumspartei ſtets für die Verſöhnung der
Völker im chriſtlichen Sinne eingeſetzt habe.
Die Stimmberechtigung der Ausgewieſenen
und Verdrängten.
Berlin, 26. April. (Wolff.) Das Reichsminiſterium für
die beſetzten Gebiete teilt mit: Die Stimmberechtigung
der aus dem beſetzten Gebiet Ausgewieſenen und
Ver=
drängten zur Reichstagswahl iſt bekanntlich durch die
Ver=
ordnung des Reichsminiſteriums des Innern vom 17. März ſo
geregelt worden, daß der Ausgewieſene oder Verdrängte auf
Antrag in die Stimmliſte ſeines Aufenthaltsortes einzutragen
iſt, auch wenn er an dieſem Orte keinen Wohnſitz oder
gewöhn=
lichen Aufenthalt hat. Wird der Stimmberechtigte nach Ablauf
der Friſt zur Auslegung der Stimmliſte ausgewieſen oder
ver=
drängt, ſo daß er alſo nicht mehr in die Liſte eingetragen
wer=
den kann, ſo erhält er einen Stimmſchein, der ihn bei der
Ab=
ſtimmung legitimiert. Für die aus dem preußiſchen beſetzten
Ge=
biet Ausgewieſenen iſt es wichtig, daß am 4. Mai mit der
Reichs=
tagswahl auch preußiſche Gemeindewahlen ſtattfinden. Dies hat
eine Rückwirkung auf die Beteiligung der aus dem preußiſchen
beſetzten Gebiet Ausgewieſenen oder Verdrängten an der
Reichs=
tagswahl. Nach dem preußiſchen Gemeindewahlgeſetz nämlich
wird der Ausgewieſene oder Verdrängte in die Stimmliſte ſeines
neuen Aufenthaltsortes nur dann eingetragen, wenn er dort
ſeinen Wohnſitz begründet und ſeit ununterbrochen 6 Monaten
innehat. In allen Fällen bekommt er der Einfachheit halber
einen Wahlſchein, der ihn zur Abſtimmung legitimiert. Um
keine Verwirrung hervorzurufen, iſt nun zwiſchen dem
Reichs=
miniſterium des Innern und dem preußiſchen Miniſterium des
Innern für, die aus dem preußiſchen beſetzten Gebiet
Ausge=
wieſenen und Verdrängten eine einheitliche Regelung dahin
ge=
troffen, daß dieſe Ausgewieſenen und Verdrängten in Preußen
auch für die Reichstagswahl behandelt werden wie für die
Ge=
meindewahlen, d. h. ſie erhalten einen Stimmſchein und werden
in die Stimmliſte nur dann eingetragen, wenn ſie in der
betref=
fenden Gemeinde, in der ſie abſtimmen wollen, ihren Wohnſitz
ſeit ununterbrochen 6 Monaten haben. Wenn dies nicht der Fall
iſt, ſo kommt ſür ſie nur ein Stimmſchein in Betracht. Mit
dieſem können ſie dann zur Wahl ſchreiten. Für die aus dem
bayeriſchen, badiſchen, heſſiſchen oder oldenburgiſchen
beſetz=
ten Staatsgebiet Verdrängten oder Ausgewieſenen gilt die
vor=
ſtehende Senderregelung nicht, ſondern es bleibt bei der oben
wiedergegebenen Regelung der Verordnung des
Reichsmini=
ſteriums des Innern vom 17. März.
Vom Tage.
Nach einer Habasmeldung aus Chicago erklärte General Dawes
in den Vereinigten Staaten, daß er und ſeine Kollegen ſich verpflichtet
hatten, über Reparationsfragen nicht das Wort zu ergreifen und nichts
zu ſchreiben in der Befürchtung, daß ihre mündlichen oder ſchriftlichen
Aeußerungen zu Diskuſſionen Anlaß geben und als Interpretation der
Dawes=Berichte ausgelegt werden könnten.
und der japaniſche Botſchafter geſtern die Ratifikationsurkunde zu den
am 1. Auguſt 1923 getroffenen Abmachungen über die Verlängerung des
Vertrag, wie ihn die Vereinigten Staaten auch mit anderen Nationen verhältniſſe ſo ſchwer und vielfach ſo „ſonderbar” ſind, daß hier
geſchloſſen haben.
Der Ausſchuß des Repräſentantenhauſes für
Haudelsſchiff=
f ahrt hat verlangt, daß die Anwendung von Eiſenbahnvorzugstarifen
für Waren, die auf amerikaniſchen Schiffen befördert werden, bis zum
1. Mai 1925 aufgeſchoben werde.
nahme des Bruders des zurückgetretenen Juſtizminiſters Daugherty
angeordnet, der es abgelehnt hatte, gewiſſe an ihn gerichtete Fragen im
Zuſammenhange mit der Unterſuchung der Petroleumangelegenheit zu zerer Rußlandreiſen, die ſowjetiſtiſche Wirtſchaft in
enthuſiaſti=
beantworten.
mit den amerikaniſchen Banken zwecks Aufnahme einer Anleihe von
fünf Milliarden Dollar, die im Bedarfsfalle zur Stützung der
ſchwe=
diſchen Valuta dienen ſoll:
Nach dem Eclair wurde der franzöſiſche Agitator Paul
Hoct=
quell, der wegen Ueberfalls auf einen Geldtransport der Eiſenbahn
von dem franzöſiſchen Beſetzungsgericht zu langjähriger Gefängnisſtrafe
verurteilt worden, auf Veranlaſſung des Präſidenten der Republit in
Freiheit geſetzt.
Nach einer Havasmeldung aus Bordeaus wird der König von verbunden iſt), verpflichtet zu ſein, dem Deutſchen die
Spanien zu einem privaten Beſuch erwartet.
Reichsverkehrsminiſter Oeſer
über Deutſchlands Schickſalsſtunde.
* Gleiwitz, 27. April. (Priv.=Tel.) In einer vom Wahl=
Jahre. Das ſei für ihn keine internationale Schuldenknechtſchaft, verein der Deutſchdemokratiſchen Partei, Ortsgruppe Gleiwitz,
ſondern ein Mittel; das Ausland am Gedeihen der deutſchen einberufenen, zahlreich beſuchten Verſammlung ſerach Reichsver=
Parteien und geißelte die große Zerſplitterung, die in der letzten
Zeit im ganzen deutſchen Volke Platz gegriffen hat. Wenn ſich
dieſe Zerſplitterung auf den neuen Reichstag überträgt, dürfte
langer Beifall. Mit dem Abſingen des Deutſchlandliedes ſchloß es ſchwer fallen, eine tragfähige Reichstagsmehrheit und
aktions=
fähige Regierung zu bilden. Der verlorene Krieg, ſo führte der
Redner aus, hat ungeheuere Schwierigkeiten hervorgerufen, aus
denen herauszukommen das Beſtreben der jeweiligen
Regierun=
gen war und die bis zum heutigen Tage noch nicht ganz
über=
wunden ſind. Dem Zuſtand, daß nur 1 Prozent aller Ausgaben
gedeckt war, mußte durch Schaffung einer neuen Währung ein
Oſt; er äußerte ſich in eingehenden, von häufigem Beifall unterbro= in den Reichshaushalt gebracht war. Daß der Steuerdruck in
ab=
ſehbarer Zeit ermäßigt würde, bezeichnet der Miniſter als
aus=
geſchloſſen. Hinſichtlich des Beamtenabbaues und der Kürzung
der Gehälter ſagte der Miniſter, es ſei doch beſſer, mit kleinen
Zahlen zu rechnen, dafür aber eine ſichere Rechnung zu haben.
Der Beamtenapparat ſei nach dem Kriege ſtark angewachſen. So
ſeien zum Beiſpiel bei der Eiſenbahn 300 000 Beamte mehr
ge=
weſen als vor dem Krieg. Heute iſt die Eiſenbahn dank der
Er=
ſparnismaßnahmen wieder ein Ueberſchußunternehmen
gewor=
den. Auf dieſem Wege müſſe weitergegangen werden, wenn wir
nicht die vorherigen Zuſtände wieder herbeiführen wollten.
Der Miniſter ging dann auf die Gutachten der
Sachverſtän=
digen ein. Dieſe Gutachten ſeien bereits von der Regierung
Cuno beantragt worden. Sie ſeien für die Regierung eine
unteil=
bares Ganzes. Für die Eiſenbahn, die nach dem Gutachten ja
auch ſchwere Laſten zu tragen habe, ſei es eine unbedingte
Not=
wendigkeit, daß auch die Bahnen an Rhein und Ruhr und in der
Pfalz, die allein 30 Prozent der Reineinnahmen einbrächten,
wie=
der mit dem Reichsbahnnetz vereinigt würden. Das Land an
Ruhr und Rhein muß wieder befreit werden. Hier dürfen keine
Opfer zu groß ein. Ein Volk, das nicht ſein Letztes hergibt, um
ſeine Volksgenoſſen zu befreien, ein ſolches Volk wird aufhören,
Achtung in der Welt zu haben. Hierauf forderte der Redner
nochmals zur Reichseinheit auf und ſchloß mit einem Appell an
die Wähler, am 4. Mai ihre Pflicht zu tun.
Theunis in Paris.
Paris, 27. April. Die belgiſchen Miniſter Theunis und
Hy=
mans trafen heute abend kurz nach 6 Uhr in Paris ein. Die erſte
Unterredung mit Poincaré findet morgen vormittag ſtatt und wird am
Nachmittag fortgeſetzt. Nach der Havas iſt wahrſcheinlich, daß die
Miniſter am Montag abend oder ſpäteſtens Dienstag vormittag wieder
nach Brüſſel abreiſen.
Der Oelegierie der Vereinigten Staaten.
Pcris. 27. April. Nach einer vom Petit Journal veröffentlichten
Meldung aus Neu=York wird in amerikaniſchen Finanzkreiſen beſtätigt,
daß Sitneh Morrow von der Firma Morgan „offiziöſer
De=
legierter” der Vereinigten Staaten in Paris bei den Arbeiten zur
Durchführung des Dawesſchen Planes ſein werde.
Der amerikaniſche Kredit für Deutſchland.
Paris, 27. April. (Wolff.) Nach einer Meldung der Chicago
Tribune aus Neu=York verlautet in Finanzkreiſen, daß der geplante
amerikaniſche Kredit für Deutſchland von 5 Millionen
auf 50 Millionen Dollar ausgedehnt werden ſolle, um bis zur
Inkraft=
ſetzung des Sachverſtändigenplans die deutſche Währung zu ſtabiliſieren.
A
*Deusſchlands Drang nach kußland.
Von
Georges Popoff, Moskau.
Es liegt eine große Verantwortung und eine ernſte Gefahr
darin, dem Deutſchen, der in ſich den Drang nach dem Auslande
Nach Havasberichten aus Waſhington haben Staatsſekretär Hughes verſpürt, dieſes Ausland als ein „Paradies” zu ſchildern und ihn
geradezu zu ermuntern, in oft ſehr verhängnisvolle
Lebens=
ſchwierigkeiten ahnungslos hineinzuſtolpern. Doppelt bezieht ſich
amerikaniſch=japaniſchen, Schiedsgerichtsvertra= das auf Rußland. Denn man ſcheint in Deutſchland noch recht
es auf fünf Jahre ausgetauſcht. Es handelt ſich um einen ähnlichen wenig zu wiſſen, daß gerade im heutigen Rußland die
Lebens=
an das Anpaſſungsvermögen des arbeitſuchenden Auswanderers
viel größere Forderungen geſtellt werden als in anderen Ländern.
Leider iſt aber, was die Information des deutſchen
Publi=
kums über die Lebensmöglichkeiten in Rußland anbelangt, recht
viel geſündigt worden. Eine ganze Reihe deutſcher Publiziſten,
Der Daily Mail aus Waſhington zufolge hat der Senat die Feſt= Wirtſchaftler und Politiker — mitunter Männer, deren Urteil die
denkbar ernſteſte Beachtung verdient — haben, auf Grund
kür=
ſchen Berichten als „glänzend” und „hoffnungsvoll” geſchildert.
Nach dem Svenska Dagbladet veuhandelt die ſchwvediſche Neichsbanr Zieht man aber in Betracht, daß die Mehrzahl dieſer
Perſönlich=
keiten nie vorher in Rußland geweſen iſt, die ruſſiſche Sprache
nicht kennt und ihre Berichte doch nur auf mehr oder weniger
flüchtige Eindrücke begründet, ſo iſt man durchaus berechtigt,
die=
ſen Schilderungen mit einer gewiſſen Skepſis zu begegnen.
Der Verfaſſer dieſes Artikels, der ſein ganzes Leben in
Ruß=
land verbracht hat und auch die letzten zwei Jahre im Lande der
Bolſchewiſten als Zeitungskorreſpondent weilte, glaubt nun (da
er auch durch Bande des Blutes mit dem deutſchen Mutterlande
Dinge ſo zu ſchildern, wie ſie wirklich ſind, das heißt — ohne ihm
im geringſten den Weg nach dem Oſten verſperren zu wollen
ihn dennoch auf diejenigen Schwierigkeiten aufmerkſam zu
machen, die ſeiner in Rußland harren.
Es will mir ſcheinen, daß der Deutſche, welcher ſeine Blicke
nach Rußland richtet, heute noch unwillkürlich an verſchiedene
ſeiner Freunde und Verwandten denkt, die lange vor dem Kriege
nach Rußland gezogen waren und dort, durch Fleiß und
Red=
lichkeit, zu Anſehen und Wohlſtand gelangten. Nun, da der
Krieg beendet iſt, meint er, dürfte es leicht fallen, wieder in
Rußland ſein Glück zu machen. Aber er vergißt nur zu leicht,
daß an eine Wiederaufnahme der Vorkriegsbeſchäftigung in
Nuß=
land nicht im entfernteſten zu denken iſt. Der Deutſche vergißt,
ſich zu ſagen: „Das waren andere Zeiten, das war ein anderes
Rußland.” Rußland gegenüber iſt heute eine völlig neue
Ein=
ſtellung erforderlich; dort beſteht längſt nicht mehr die
Möglich=
keit, als braver und tüchtiger Kaufmann ehrlich zu arbeiten, ſeine
Ware loszuſchlagen und — wie einſt — ſich eine Exiſtenz zu
grün=
den. Denn in Rußland iſt inzwiſchen ein „kleines Ereignis”
ein=
getreten: die bolſchewiſtiſche Revolution hat alles um und um
geworfen und die Ordnung der Dinge ſowie die Gedanken der
Menſchen von oberſt zu unterſt gekehrt. Eine bereits
geſchicht=
liche Tatſache! Trotzdem iſt es erſtaunlich, wie leicht in
Deutſch=
land gerade dieſes eine unumſtößliche Faktum vergeſſen wird,
das heißt, daß in Rußland die Regierung in den Händen der
Bolſchewiſten iſt!
Wohl haben die Bolſchewiſten inzwiſchen — worauf gern
hingewieſen wird — ihre ſogenannte „Neue Wirtſchaftspolitik”
proklaniert. Aber weiß man denn nicht, daß auch dieſe neue
bolſchewiſtiſche „Wirtſchaft” in keiner Weiſe mit den
Wirtſchafts=
reformen der übrigen ziviliſierten Welt zu vergleichen iſt? Ihre
Einführung bedeutet in keiner Hinſicht, daß nun in Rußland
„alles wieder ſo iſt, wie es früher war”. Die Zuftände ſind, trotz
des „N.E.P.”, ganz anders als früher, das heißt verworrener,
unſicherer und aſiatiſcher, als ſie je vor dem Kriege geweſen ſind.
Die ſowjetruſſiſche Wirklichkeit äußert ſich
haupt=
ſächlich in zwei Erſcheinungen, die ein ausſichtsreiches Arbeiten
des Fremden in Rußland unſäglich erſchweren. (Durch keine
Beſchönigung kann ihr Vorhandenſein fortgeleugnet werden.)
Ich meine: 1. das wirtſchaftliche Chaos und 2. die
Willkürherr=
ſchaft der Sowjetbehörden. Die „Neue Wirtſchaftspolitik” hat
hierin ſo gut wie nichts zu ändern vermocht. Die ſogenannte
„Beſſerung” iſt ſo gering und ſo bedingt, daß dieſe beiden
Pro=
bleme für den nach Rußland gehenden ausländiſchen
Unterneh=
mer nichts an aktueller Schärfe eingebüßt haben. Im Rahmen
dieſes kurzen Aufſatzes iſt es nicht möglich, eine erſchöpfende
Schilderung des wirtſchaftlichen Chaos in Rußland und der
törichten Eigenheiten des gegenwärtigen Regierungsſyſtems zu
geben. Nur das Weſen dieſer beiden Fragen kann in Kürze wie
folgt zuſammengeſtellt werden:
1. Der Verfall der Geſamtwirtſchaft iſt noch
immer ſo bedeutend, daß der Außen= und Innenhandel
Ruß=
lands nur einen unbedeutenden Bruchteil des Vorkriegshandels
darſtellt, daß mehr als die Hälfte aller Fabriken und Werke
nicht arbeiten, daß die Kaufkraft des ausgepowerten und
dezimierten Volkes bis zu einem Minimum
zuſammen=
geſchrumpft und ſelbſt der Warenbedarf der
Bevölke=
rung überaus gering geworden iſt. Namentlich auf dem
Lande und in den verarmten ruſſiſchen Provinzſtädten iſt das
Elend unbeſchreiblich und kann von einem weſteuropäiſchen
Be=
griffsvermögen eigentlich überhaupt nicht erfaßt werden. Die
Bevölkerung erzeugt ſo gut wie nichts und lebt noch immer im
Kreiſe einer Verbrauchswirtſchaft, bzw. vom Verbrauch und
Ver=
kauf der von früher her vorhandenen Werte.
Von all dieſen Tatſachen wird der deutſche Kaufmann und
Unternehmer, dem es gelingen ſollte, in nächſter Zeit das
In=
duſtriegebiet von Moskau, die Bergwerke am Donez, die
Naphtha=
quellen bei Bakn uſw. in Augenſchein zu nehmen, ſich leicht ſelbſt
überzeugen können. Das Bild des Verfalls, das er überall ſehen
wird, mag ihn erſchüttern. Doch es kann nichts ſchaden, wenn
er vorher über die ihn erwartenden Dinge objektiv informiert
wird. Erſt dann iſt anzunehmen, daß ſeine erſten
niederſchmet=
ternden „ruſſiſchen Eindrücke” ihn nicht entmutigen werden, das
Werk der Wiedereroberung des ruſſiſchen Abſatzgebietes
beharr=
lich fortzuſetzen.
2. Die Herrſchaft der ſowjetiſtiſchen
Regie=
rungsgewalt iſt noch immer ſo unberechenbar, daß der
aus=
ländiſche Unternehmer in ſeiner perſönlichen Freiheit nie völlig
ungefährdet iſt, daß er bei ſeinem kaufmänniſchen Kalkül ſtets
mit einem plötzlichen und willkürlichen Schwenken des „Kurſes”
zu rechnen hat, daß das eigentliche Ziel der Kommuniſten: die
Seite 2.
Erdroſſelung der bürgerlichen Fdeologie, immer wieder
herbor=
bricht und in allem ſich die klare Tendenz bekundet, die freie
Ausbreitung des ausländiſchen Unternehmertums nach Kräften
zu unterdrücken. Dieſe unberechenbare Mentalität
der Sowjetherren äußert ſich, bildlich geſprochen, darin, daß ſie
heute dem ausländiſchen Unternehmer das nehmen, was ſie ihm
geſtern gegeben haben, das heißt, daß ſie ihn mit einer Hand an
ihren Buſen preſſen, während ſie ihm gleichzeitig mit der
ande=
ren den Dolch in den Rücken zu ſtoßen verſuchen .. .
Man ſollte eben nie vergeſſen, daß die Sowjetregierung
ſei=
derzeit die „Neue Wirtſchaftspolitik” nur infolge ihrer
Zwangs=
lage mit größtem Widerſtreben, ſozuſagen „mit knirſchenden
Zähnen”, proklamiert hatte und heute noch den „N.E.P.” als
„Opportunismus”, als „bedauerliche Schwäche”, als „
ſchmutzi=
gen Fleck auf dem lichten Kleide des Kommunismus” betrachtet.
Darum iſt es begreiflich, daß die Bolſchewiſten dieſe, von ihnen
ſelbſt eingeführte „Neue Wirtſchaftspolitik” nur ſehr ungern zur
tatſächlichen Ausführung bringen. So ergibt ſich daraus, daß die
Sowjetregierung einerſeits den freien Handel und die
kapita=
liſtiſchen Wirtſchaftsreformen einführt, während ſie andererſeits
dieſe neuen Wirtſchaftsformen tunlichſt erdroſſelt und den
Irr=
wahn des militäriſchen Kommunismus weiter züchtet. Mit
au=
deren Worten: die Sowjetregierung verfolgt gleichzeitig
zwei wirtſchaftspolitiſche Richtlinien, die ſich beide konträr
ent=
gegenlaufen. Natürlich iſt ein derartiges Syſtem für die Dauer
des Auslandes zu Rußland in keiner Weiſe fördern!
Trotzdem halten die Sowjetwirtſchaftler an dieſem
eigen=
artigen Syſtem auch weiterhi feſt. Sie wollen den Handel
för=
dern, betrachten aber gleichzeitig die neue Kaufmannſchaft
ge=
wiſſermaßen als Parafiten, deren Ausrottung das
erſtrebens=
werte Ziel des Kreml iſt, Nach der wenig delikaten Moskauer
Ausdrudksweiſe: „Haltet am N.E.P. feſt, packt aber die Nepmany
and der Gurgel”, das heißt: „Es lebe der Handel, nieder mit
den Händlern!‟ Dieſe Abſurdität findet ihre Erklärung nur in
der kommuniſtiſchen Politik: die Bolſchewiſten fürchten den
poli=
tiſchen Einfluß des kaufmänniſchen Unternehmers, den ſie
wirt=
ſchaftlich brauchen, der ihnen aber verhaßt iſt und dem ſie am
liebſten „an die Gurgel” fahren möchten .. ."
So iſt es beiſpielsweiſe die Regel, daß, falls irgendeinem
Unternehmer eine Fabrik „auf Konzeſſion” überlaſſen wird, die
Sowjetregierung ihm gleichzeitig die ſinnloſeſten Betriebsgeſetze
diktiert, ihm eigenmächtig bolſchewiſtiſche Angeſtellte ins Haus
ſetzt, ohne Maß die zur Produktion erforderlichen Rohſtoffe
be=
ſteuert und ſchließlich noch mehr als die Hälfte der Erzeugniſſe
für den Bedarf des Staates” konfisziert. Die Moskauer
Ge=
walthaber ſchaffen derartige Bedingungen, daß es dem
Aus=
länder überhaupt unmöglich ſcheint, mit ihnen einigermaßen
erfolgreich zu arbeiten, und er oft ſich bald gezwungen ſieht, ſein
Beginnen enttäuſcht aufzugeben . . .
Dieſe Tatfachen wurden noch in allerletzter Zeit, vor den
Augen der ganzen Welt draſtiſch demonſtriert, als der deutſche
Konzern Otto Wolf ſich kürzlich genötigt ſah, ſeinen vor
Jahresfriſt mit der Sowjetregierung (voller hochfliegender
Hoff=
nungen) abgeſchloſſenen „Konzeſſions=Vertrag” plötzlich und
brüsk zu löſen, weil die Sowjetbehörden ihre vertraglich
über=
nommenen Verpflichtungen einfach nicht ausführen wollten oder
nicht ausſühren konnten. Dieſer praktiſche Fall ſpricht
Bände und illuſtriert die Sowjetwirtſchaft beſſer, als die
theo=
retiſchen Berichte der beſten Rußland=Experten und aller
Sach=
verſtändigenkommiſſion der Welt ..."
Die Gegenüberſtellung des Verfallzuſtandes der ruſſiſchen
Wirtſchaft und des gegenwärtigen Verwaltungsſyſtems, welche
beide den Aufbau und den Außenhandel unſaglich erſchweren,
gibt einen anſchaunlichen Begriff von jenen
Arbeitsſchwierigkei=
ten, auf die jeder Fremde, der mit Rußland Handel treiben will,
unweigerlich ftoßen muß. Die Schilderungen der meiſten
Ruß=
land=Reiſenden kranken in erſter Linie daran, daß ſie, wohl
in=
folge eines falſch verſtandenen Zartgefühls, die Landsleute
da=
heim über die dornenvolle ruſſiſche Wirklichkeit im Dunkeln laſſen,
erklären ſich aber auch dadurch, daß der deutſche Reiſende nach
bra=
ver deutſcher Art um jeden Preis ein ſachliches Urteil fällen will,
während er nicht zu merken ſcheint, daß er es in Rußland mit
einem völlig „unſachlichen” Problem zu tun hat, an das ein
dementſprechender, beſonderer, „ruſſiſcher” Maßſtab angelegt wer= als in der Reparationskommiſſion. In zweiter Linie wäre es
den muß ..
Natürlich ſoll aus dieſer kritiſchen Beurteilung der faktiſchen
Zuſtände in Rußland nicht der Schluß gezogen werden, daß
man von Rußland „die Hände laſſen” ſollte. Es ſoll nur auf
die Notwendigkeit hingewieſen werden, dem Deutſchen Rußland,
welches zweifellos als „das Land der Zukunft” gelten kann,
zu=
nächſt im Lichte der Gegenwart vorzuführen. An der
Gemein=
ſamkeit der deutſch=ruſſiſchen Intereſſen kann dadurch natürlich
nicht gerüttelt werden, und auch in Rußland gibt es kaum einen
Menſchen, der nicht laut die Anſicht ausſprechen würde, daß nur
Deutſchland der Staat iſt, der in der Lage wäre, Rußland die Regierung zu Regierung bereit erkläre, und im Grunde genom=
Hand zum Wiederaufbau zu bieten.
Heute hat Rußland der deutſchen Wirtſchaft wenig zu bieten.
die Zukunft die größten Entwicklungsmöglichkeiten gibt. Aber
heute muß das bolſchewiſtiſche Rußland durchaus als eine Art vier Antworten geſtern abend, in der Reparationskommiſſion
Kolonialgebiet betrachtet werden. Denn leider kann es doch
kaum geleugnet werden, daß, dank der „glorreichen Revolution”,
ſich die europäiſche Großmacht Rußland in wenigen Jahren über=
Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 28. April 1924.
raſchenderweiſe in einen exotiſchen Kolonialſtaat verwandelt hat,
den es nun zu „erobern” gilt . ..
Den deutſchen Kaufmann und den deutſchen Ingenieur, die
beide an die Ueberwindung von erotiſchen Schwierigkeiten
ge=
wöhnt ſein dürften und deren Stärke ſeit jeher im beharrlichen
Wirtſchaftskampf mit den anderen europäiſchen Rivalen lag,
wird das wohl kaum abſchrecken. Aber nicht mit der Preisliſte
in der Hand und nicht mit Erwartungen, die auf europäiſche
Handelsverhältniſſe eingeſtellt ſind, begebe ſich der Deutſche nach
dem Lande, das er einſt als blühend und reich kannte — er
begebe ſich nach dem heute aſiatiſierten und verelendeten Sowjet= faſſen hätten, führe Macdonald auch „die Maßnahmen an, die
rußland mit dem Wagemut des Unternehmers, der nüchtern die
vor ihm liegenden Schwierigkeiten beurteilt und daher ihre
fehlen.
Muutiſer 118.
Die Pariſer Preſſe
zu den Noten der Alkiierten.
Paris, 27. April. (Wolff.) Der Petit Pariſien glaubt, die
Aufgaben der kommenden Wochen wie folgt auf die
Reparations=
kommiſſion, die deutſche Regierung und die alliierten Regierungen
verteilen zu können: Die Sachverſtändigen hätten weder ſeſtgeſetzt,
unhaltbar und kann die Entwicklung der Handelsbeziehungen unter welchen Bedingungen die Kommiſſare für die verſchiedenen
Organiſationskomitees beſtimmt werden ſollen, noch ihre
Vefug=
niſſe begrenzt, noch dasjenige Organ vorgeſehen, das dafür zu
ſorgen habe, daß eine Kontrolle, ohne vexatoriſchen Charalter
anzunehmen und ohne zweckloſe Einmiſchung in Einzelheiten der
Verwaltung darzuſtellen, doch wirkſam ſei. Das ſei die
Angelegen=
heit der Reparationskommiſſion. Die Reparationskommiſſion
werde auch in die Verhandlungen über die
erſteinternatio=
nale Anleihe von 800 Millionen Goldmark einzugreifen
haben. Die deutſche Regierung ihrerſeits habe ihre Geſetzgebung,
Verwaltungsorganiſation mit den Eutſchließungen der
Sachver=
ſtändigen in Einklang zu bringen. Was die alliierten
Regierun=
gen anbelange, ſo ſtänden ſie vor der ganzen Frage, der
Um=
wandlung des im Ruhrgebiet beſtehenden
Zu=
ſtandes. Die Sachverſtändigen hätten ihnen überlaſſen, eine
etwaige Durchführung neuer Sanktionen zu regeln. Gewiſſe
Sätze des Berichtes ließen auch durchblicken, daß die
Sachverſtän=
digen die Erörterung der Frage, der interalliierten Schulden
vorausſetzen. Die Alliierten würden zu entſcheiden haben, ob es
tatſächlich zweckmäßig ſei, daß alle dieſe Fragen ſchon jetzt zur
Sprache gebracht würden, ob es zur Inangriffnahme des
Sach=
verſtändigenplanes unerläßlich ſei, daß ſie gelöſt würden.
Mac=
donald machte kein Hehl daraus, daß er nicht dieſer Anſicht ſei.
Es ſei nicht ausgeſchloſſen, daß auch andere Regierungen wie er
dächten. Die franzöſiſche Regierung, die, durch Erfahrungen
ge=
witzigt, ihre Sicherheiten haben wolle, werde das Für und Gegen
abwägen müſſen, einerſeits die Möglichkeit des günſtigen
Augen=
blickes zur Durchführung des großen Reparationsplanes,
anderer=
ſeits den Vorteil, den die vorherige mühſelige Aufrichtung des
Syſtems eventueller Sanktionen ihr bieten würde.
Das Echo de Paris ſtellt feſt, daß die Antworten ſehr klar den
Unterſchied zweier Methoden erkennen laſſen. Franzöſiſcherſeits
erkläre man, bevor die Alliierten verhandelten, müßte die
Repa=
rationskommtiſſion ihren Spruch gefällt haben. Belgiſcher= und
engliſcherſeits, ſei man für den ſofortigen Meinungsaustauſch
zwiſchen den Kabinetten. Die Belgier und Engländer würden
ſo=
gar ohne weiteres zunächſt in Paris, dann in Chequers dieſen
Meinungsaustauſch auſnehmen. Es frage ſich, ob das von
Bel=
giern und Engländern vorgeſchlagene Verfähren für Frankreich
ungünſtiger ſei als das franzöſiſche. Die Frage ſei mit ja zu
be=
antworten in dem Sinne, daß Frankreich, bevor es ſich in
ent=
ſcheidende Verhandlungen ſtürzte, wiſſen müſſe, was die
Repa=
rationskommiſſion aus dem Bericht der Sachverſtändigen
heraus=
holen und auch, wie Deutſchland reagieren werde. Indeſſen
träfen in dem von London und von Belgien in diskreterer Form
vorgeſchlagenen Geſchäftsgang zwei Auffaſſungen zuſammen.
Zu=
nächſt ſei unter Regierungen die Majoritätsregel nicht üblich.
Auf dem Gebiet der Verhandlungen von Regierung zu Regierung
ſei alſo Frankreich beſſer in der Lage, ſeine Sache zu vertreten,
gefährlich, wenn die Reparationskommiſſion, ſich ſelbſt überlaſſen,
in die Lage verſetzt würde, nach Belieben den Zahlungsplan ſo
zu ändern, daß in ſeiner neuen Geſtalt eine Herabſetzung der
Zahlungen bedeuten würde; denn das Argument, der
Sachver=
ſtändigenplan bedeute keine neue Feſtſetzung der deutſchen Schuld,
ſei von rein theoretiſchem Wert. Frankreich könne ſich alſo durch
den Bericht des Komitees Dawes nicht endgültig binden laſſen,
ohne vorher eine entſprechende Herabſetzung ſeiner auswärtigen
Schuld zu erreichen. Derartige Erwägungen ſeien dazu angetan,
daß Frankreich ſich zur Aufnahme direkter Verhandlungen von
men hätten diefe Verhandlungen bereits begonnen.
Auch der „Matin” meint, Poincars ſcheine es in ſeiner Ant=
Immerhin iſt es ein Land, deſſen natürliche Reichtümer uner= wort nicht abzulehnen, daß bereits jetzt über die der Kompetenz
meßlich ſind und das ſicher dem deutſchen Unternehmergeiſt für der Regierungen unterliegenden künftigen Maßnahmen
verhan=
delt werde. Nach dem Blatt war der allgemeine Eindruck der
günſtig. Zweifellos ſeien Meinungsverſchiedenheiten vorhanden,
aber ſie bezögen ſich mehr auf die Methoden, als auf die Ziele,
und man beweiſe wohl keinen zu weitgehenden Optimismus,
wenn man annehme, daß die Reparationsfrage ſich günſtig zu
entwickeln beginne. Hervorzuheben iſt die Auffaſſung des Matin,
was die Erklärungen der engliſchen Note in der Sanktionsfrage
anlangt. Das Blatt glaubt hier ein neues Entgegenkommen
feſt=
ſtellen zu können. Macdonald ſei in ſeinen Reden bekanntlich
gegen die vorherige Feſtſetzung der Sanktionen geweſen. In
ſeiner offiziellen Antwort erklärt er zwar, nach Anſicht der
Sach=
verſtändigen müſſe „die deutſche Steuer= und Wirtſchaftshoheit
auf dem geſamten deutſchen Gebiet wieder hergeſtellt werden”,
aber unter den Fragen, mit denen ſich die Regierungen zu
be=
erforderlich ſind, um den neuen Garantien und der neuen
Kon=
trolle zwingende Kraft zu verleihen‟. Darin liege eine Art Um=
Ueberwindung nicht fürchtet. Dann wird ihm der Erfolg nicht ſtimmung zur Erörterung der Pfänder= und Garantiefrage, die
für Frankreich von kapitaler Wichtigkeit ſei.
Das Organ der Partei Jonnarts Le Radical ſagt: Poincars
ſchreibt im Namen der Regierung: „Die Regierungen können
erſt zweckmäßig eingreifen, wenn ſie genau wiſſen, welche
prak=
tiſche Folge die Reparationskommiſſion den Vorſchlägen der
Sachverſtändigen gibt”. Natürlich aber könne darauf nicht die
Reparationskommiſſion, ihrerſeits antworten, daß ſie die
Be=
ſchlüſſe der Regierungen kennen müſſe, bevor ſie die ihrigen faſſe?
Die Wahrheit ſei, daß verhandelt werden müſſe, und das habe
man denu auch begriffen, denn heute abend würden die belgiſchen
Miniſter in Paris eintreffen. Es ſolle nicht vorgegriffen werden.
Aber wenn die Belgier zwiſchen London und Paris vermitteln
wollten und Kompromiſſe vorſchlügen, ſo ſei zu wünſchen, daß ſie
nicht allzuſehr, auf Frankreichs Rücken verhandelten und deſſen
Schwierigkeiten noch vermehrten.
Das Tardieu’ſche Echo National meint, es genüge
feſtzu=
ſtellen, daß zwiſchen den alliierten Regierungen oder, genauer
ge=
ſagt, zwiſchen Frankreich und England, ein Konflikt beſtehe.
Dieſer Meinung iſt auch die Information, die jedoch daran den
Wunſch knüpft, daß die Vermittlung der belgiſchen Miniſter es
ermöglichen möge, die Meinungsverſchiedenheiten einzuſchränken
und, wenn möglich, zum Verſchwinden zu bringen.
Die reaktionäre Lihre Parole findet nur eine einzige von den
Noten befriedigend, diejenige Poincarés. Er habe die Gefahren
des von der Reparationskommiſſion verſuchten Manövers
wun=
derbar ins rechte Licht gerückt.
Neuer Eingriff der franzöſiſchen
Beſatzungsbehörde.
Berlin, 26. April. (Wolff.) Bei der Reichsbankſtelle in
Mainz iſt jetzt ein erneuter Eingriff der franzöſiſchen
Beſatzungs=
behörde erfolgt. Eine militäriſche Kommiſſion in Begleitung
des Polizeichefs hat einen Betrag von insgeſamt 1870 Goldmark
entnommen. Die Beſchlagnahme erfolgte in Ausführung einer
Entſcheidung der Interalliierten Komrmiſſion als Erſatz für
einen Schaden, den angeblich ein Mann namens Herzog in Mainz
erlitten haben ſoll. Die Reichsbankſtelle hat durch Nachfrage
feſt=
geſtellt, daß es ſich um die Firma Eugen Herzog, Buch= und
Steindruckerei, Schießgartenſtr. 9/10, handelt, der nach ihrer
telephoniſchen Ausſage während des paſſiven Widerſtandes eine
Sendung Papier aus dem unbeſetzten Gebiet in Frankfurt
zurückbehalten worden ſein ſoll. Den ihr hierdurch entſtandenen,
von ihr auf 1700 Goldmark veranſchlagten Schaden hat ſie bei
der Section Economique (Wirtſchaftsſtelle der
Beſatzungs=
behörde) aufgegeben. Es iſt bekannt, daß die in der
Separa=
tiſtenbewegung angeſchlagenen Plakate am Fuße den Namen
„Herzog” trugen.
Das Rheinſchiffahrtsabkommen.
Paris, 27. April. (Wolff.) Nach einer Havasmeldung aus
Düſ=
ſeldorf haben die Beſatzungsbehörden mit der Gruppe deutſcher
Nheinreeder ein Abkommen über den Transport von
Reparations=
kohle abgeſchloſſen. Es handelt ſich um die von den Ruhrgruben ſelbſt
als Filiale betriebenen oder früher mit ihnen aſſoziierten
Schiffahrts=
geſellſchaften, die über ein Drittel der deutſchen Rheinflotte darſtellen.
Die deutſchen Unterzeichner haben ſich nach Hadas verpflichtet, bis
120 000 Tonnen nach Straßburg und 350 000 Tonnen nach Rotterdam
und Belgien zu verſchiffen. Das Abkommen ſoll Gültigkeit bis zu dem
Zeitpunkte haben, wo zwiſchen den Regierungen eine umfaſſende
Ver=
ſtändigung über die von Deutſchland zu ſichernden Transportleiſtungen
erzielt iſt. Ein ähnliches Abtommen wurde mit der Genoſſenſchaft
ge=
troffen, die ſich aus Beſitzern von je einem oder zwei Rheinkähnen
zu=
ſammenſetzt.
Die Militärkontrolle..
* Paris 27. April. (Prid=Tel.) Poincaré hat
ſich, wie der Petit Pariſien berichtet, in der
Zuſammen=
kunft mit dem engliſchen Botſchafter in Paris
über die interalliierte Militärkontrolle in Deutſchland
unterhalten. Dazu meldet der Matin beſtätigend aus London,
die engliſche Regierung werde ihren Botſchafter in Paris dahin
inſtruieren, die Botſchafterkonferenz zu erſuchen, daß ſie vor den
Reichstagswahlen keine Schritte mehr in der Frage der
Militär=
kontrolle unternehme, um den deutſchen Nationaliſten nicht Stoff
zu neuer Erregung zu geben.
*Konzert.
O. Ein ſolennes Konzert, das in ſeinem Beginn durch das
ausbrechende Gewitter leider ſtark beeinträchtigt war, dann aber
einen völlig programmäßigen Verlauf nahm, veranſtaltete die
Singmannſchaft der Turngemeinde Beſſungen
1865 und das Orthſche Männerguartett Darmſtadt
am Samstag abend im Städtiſchen Saalbau. Der Saal war
etwa zur Hälfte gefüllt. Der von Herrn Kapellmeiſter Friedel
Fiſcher umſichtig und feinſinnig geleitete Männerchor, der
nicht weniger wie fünf große Nummern ſang, erfreute durch
prächtiges Stimmaterial (das in den Tenören allerdings hätte
etwas moderniert werden dürfen), viel Schwung, gute Diſziplin
und fein abgeſtuften Vortrag, hätte aber in der Textausſprache
etwas deutlicher ſein müſſen. Zur Wiedergabe kamen — meiſt
a capella — der Geiſterchor aus Schuberts „Roſamunde‟,
„Wisby” von E. Hoffmann, Schuberts immer wieder gern
ge=
hörter,Nochtgeſang im Walde”, (mit vortrefflicher Begleitung
eines Waldhornquartetts vom Landestheaterorcheſter) und zwei
friſche, ſehr hübſch harmoniſierte Chöre des Dirigenten: „
Sonnen=
aufgang” und „Kurioſe Geſchichte‟. Durch reichen und
verdien=
ten Beifall der Hörer wurden die ausgezeichneten Leiſtungen des
Chores ausgezeichnet. — Auch mit der Auswahl. der Soliſten
hatte man eine glückliche Wahl getroffen. In der jugendlichen
Geigenvirtuoſin Fräulein J. Jurgenſohn aus Berlin trat
eine begabte Schülerin Profeſſor Havemanns zum erſten Male
in den hieſigen Konzertſälen auf. Im Ton manchmal noch etwas
ſritz und dünn und im Ausdruck noch ziemlich ſeelenlos, feſſelte
die junge Künſtlerin durch ein phänomengles techniſches Können,
das auch größte Schwierigkeiten mühelos bewältigt und für die
Zukunft noch Bedeutendes erwarten läßt. So enthielt oas
A=Moll=Konzert von Alexander Glazounow und das D=Dur=
Konzert von Paganini ganz entzückende Einzelheiten, und die auf
den ſtürmiſchen Beifall hin geſpendete reizende Zugabe zeigte
auch ein ſehr hübſches lyriſches Vermögen. Eine nicht minder
warme Aufnahme fand der begabte Baritoniſt unſeres
Landes=
theaters, Herr Robert Hager, der ſich aufs neue als ein
Liederſänger von Qualitäten erwies und durch ſeine
wunder=
ſchöne, weiche Stimme alles entzückte, ſeinen Vortrag aber noch
mehr beleben und abſchattieren müßte. Die edle Wahl ſeiner
ſieben Lieder von Schubert, Schumann und Brahms verdient
Lob, hätte aber auf weniger oft geſungene Sachen fallen dürfen.
On Bazmen=Elberfeld dürſte Herr Hager wohl einen weiteren
Wirkungskreis erhalten, als er ihm hier in Darmſtadt beſchieden
war. Seine Fähigkeiten verdienen es. Unermüdlich in der
Kla=
vierbegleitung erwies ſich Herr Kapellmeiſter Fiſcher, hätte
ſich jedoch hin und wieder in der Tongebung etwas Mäßigung
auferlegen müſſen.
*Albert Emil Brachvogel.
(Zu des Dichters 100. Geburtstag am 29. April.)
Von Hans Gäfgen.
Ueber den Dichter Brachvogel zu ſprechen, heißt von ſeinen
beiden Werken zu reden, die noch heute allen geläufig ſind, die
ſich überhaupt mit literariſchen Dingen befaſſen: das
Bühnen=
werk „Narziß” und der Roman „Friedemann Bach”. Während
der Roman noch in der Gegenwart zu den meiſtgeleſenen Büchern
zählt, und es ſich daher wohl erübrigt, auf den Inhalt und die
Eigenart des weiteſten Kreiſen bekannten Buches näher
einzu=
gehen, liegt die Beliebtheit des in der zweiten Hälfte des
ver=
gangenen Jahrhunderts in einem kaum jemals zuvor in gleichem
Umfange erlebten Siegeslauf, die meiſten Bühnen erobernden
Trauerſpieles ſchon weiter zurück. Nur vereinzelt kommt das
Werk, das manche Beurteiler früherer Jahrzehnte, da es
zehn=
mal ſo oft wie die Hebbelſchen Schöpfungen geſpielt wurde, weit
über Hebbel ſtellten, heute noch zur Aufführung. Ein
Muſter=
beiſpiel für die raſch ſich überlebende Scheinblüte eines
inner=
lich leeren, durch bedeutſame Darſteller, für Unktitiſche in die
Sphäre großer Dichtung gehobenen Werkes! Die Hauptquellen
für den „Narziß” ſind Diderots Dialog „Le Neveau de Rameau”
und Merciers „Tableau de Paris‟. Der Dialog Diderots bietet
in ſeinen weſentlichen Teilen kaum dramatiſche Konflikte, erſt
ganz am Schluß ſpricht der heruntergekommene Muſikant in dem
Stück von ſeiner jungen, für ihn früh verlorenen Frau, über die
er die frivolen Worte gebraucht: „Früh oder ſpäter hätte ſie
einen Generalpächter gewonnen.” Hier ſetzte Brachvogels
Phan=
taſie ein; er malte ſich aus, das junge Weib ſei wirklich den von
ihrem Gatten in leichtfertiger Weiſe angedeuteten Weg gegangen,
ſei höher, immer höher geſtiegen, und ſei endlich zur Madame
Pompadour geworden. In der Geſtalt dieſer Frau, die im
weſentlichen keine Entwicklung in dem Stück durchmacht, ſondern
von Anfang an als in ſich geſchloſſener Charakter daſteht, hat der
Dichter den Konflikt zwiſchen rückſichtsloſer Energie und einem
kranken Körper, den Kampf zwiſchen Selbſtliebe und der
Sehn=
ſucht ſacht nach liebender Hingabe zu geſtalten geſucht; der nach
Affekten ſuchende und den Geſchmack des Publikums kennende
und ihm Zugeſtäudniſſe machende geſchickte dramatiſche Techniker,
den wir in Brachvogel zu erblicken haben, verleugnet ſich vor
allem nicht bei der Formung dieſer Geſtalt, deren Weſen ein
empfindſamer Zug in gewandter Weiſe beigemiſcht iſt. Der
Titelheld, den Poſſart und andere Berühmtheiten, jahrelang zu
ihren Lieblingsrollen zählten, ſteht im Mittelpunkt des Werkes.
Mit ihm ſteht und fällt der Erfolg des Stückes. Etwas vom
Geiſte Werthers, von jener auf manche Theaterbeſucher ihre
Wir=
kung nie verfehlenden Sentimentalität, welche die Taſchentücher
in Bewegung ſetzt, ſteckt in Narziße, deſſen äußerer und innerer
Niedergaug von Brachvogel aus ſeiner bitter enttäuſchten und
doch die Hoffnung nicht aufgebenden Liebe erklärt wird.
Während tatſächlich Narziß eine in ſich geſchloſſene,
ener=
giſche Perſönlichkeit war, läßt der Dichter ſeinen Helden zwiſchen
Willenloſigkeit und geheimem Drang nach Größe unſtet
ſchwan=
ken und nimmt ihm ſo ſelbſt den Anſpruch auf Bedeutung, den
er ihm doch gern zubilligen möchte. Man hat den Narziß nicht
mit Unrecht, auch oft mit Hamlet verglichen: beiden Geſtalten
eignet die Neigung zur Selbſtzerfleiſchung und zur tatenloſen
Grübelei. Deſſoir ſpielte in der Berliner Erſtaufführung die
Titelrolle und verhalf dem Werke zu einem beiſpielloſen Erfolg.
Es ging dann über alle deutſchſprachigen und zahlreiche
ausläu=
diſche (italieniſche, ruſſiſche, amerikaniſche, engliſche, uſw.)
Büh=
nen. Ludwig II. von Bayern zählte das Stück zu ſeinen
bevor=
zugten Lieblingswerken, und ließ es im Nahmen der
vielgenann=
ten Separatvorſtellungen oft, ſtets mit Poſſart in der Titelrolle,
zur Aufführung bringen. Wir ſtehen dem Trauerſpiel heute
küh=
ler und kritiſcher gegenüber. Aus der Geſchichte des Theaters,
aus der Literaturgeſchichte der zweiten Hälfte des neunzehnten
Jahrhunderts werden wir das ungemein erfolgreiche Werk nicht
wvegdenken können.
Wenige Worte über das Leben des Dichters mögen meine
Ausführungen beſchließen: A. Emil Brachvogel wurde am
29. April 1924 zu Breslau geboren, er war zuerſt Bildhauer und
Medailleur. Durch Selbſtſtudium und Beſuch hiſtoriſcher und
äſthetiſcher Kollegs an der Univerſität ſeiner Vaterſtadt bildete
er ſich fort und zog 1848 nach Berlin. 1854 finden wir ihn als
Sekretär des Krollſchen Theaters wieder in Breslau. Drei
Jahre ſpäter erſchien ſein „Narziß”, 1858 der Roman „
Friede=
mann Bach”. Von ſeinen zahlreichen, heute vergeſſenen, ſonſtigen
Schriften ſeien erwähnt „Lieder und lyriſche Dichtungen”
und
die unvollendet gebliebene „Geſchichte des kgl. Theaters zu
Ber=
lin”. Am 27. November 1878 ſtarb Brachvogel zu Benlin.
Nummer 118.
Darmſtädter Tagblatt. Montag, den 28. Aipril 1924.
3.
Aus der Landeshauptſiadt.
Darmſiadt, 28. April.
Poſtaliſches. Vom 1. Mai ab ſind die Paketfreigebühren wieder
wie früher durch Freimarken auf den Paketkarten zu verrechnen. Den
Auflieferern von Paketen wird dringend empfohlen, die Marken ſchon
vor der Auflieferung auf die Paketkarten zu kleben. Auskunft über die
in Frage kommenden Jonen wird an den Poſtſchaltern erteilt.
— Studien= und Ferienfahrten im D. H. V. im Sommer 1924. Nach
den hinter uns liegenden zehn Kriegs= und Inflationsjahren mit ihren
vielen Entbehrungen iſt es doppelt begrüßenswert, daß in dieſem
Som=
mer der über das ganze Reich verbreitete Deutſchnationale
Handlungs=
gehilfenverband ſeine ir der Vorkriegszeit elljährlich veranſtalteten
Geſellſchaftsreiſen im In= und im Auslande wieder aufnimmt. Dieſe
Studien= und Ferienfahrten ſollen eine wirkliche Erholung von der
All=
tagsarbeit bringen und andererſeits zugſeich den Geſichtskreis der
Teil=
nehmer erweitern. An den Fahrten, die nicht aus Gewinnrückſichten,
ſondern als Wohlfahrtseinrichtung des D.H.V. verauſtaltet werden,
haben ſich in wachſendem Maße auch Nichtmitglieder beteiligt. Die
Neiſe=
koſten können aus dem ſchon erwähnten Grunde bei beſter Verpflegung
in vorzüglichen Hotels mäßig gehalten werden. In dieſem Jahre
fin=
den Reiſen durch den Schwarzwald, an Rhein und Ruhr, durch die
Sächſiſche Schweiz, an die Waſſerkante nach Hamburg, Helgoland,
Bre=
men, Lübeck, Kiel, nach Berlin, nach Dänemark, nach Tirol, ins
Salz=
kammergut und nach Wien, nach Holland, in die Schweiz, nach Italien
und an die Riviera wie nach Oſtpreußen und Maſuren ſtatt.
Adreßbuch 1824. Der alphabetiſche Straßenteil umfaſſend die
Straßen von Kranichſteiner Straße bis einſchl.
Lichten=
bergſtraße, liegt in der Zeit vom 28 bis einſchließl. 20. April im
Zimmer 23 des Stadthauſes während der Dienſtſtunden zur Einſicht auf.
Es wird gebeten, von dieſer Gelegenheit, etwaige Irrtümer berichtigen
laſſen zu können, Gebrauch zu machen.
8. Beim Herannahen der Badezeit, erſcheint es angebracht, die
Keuntnis der am 22. Dezember 1923 erlaſſenen neuen, den Woog
betreffenden Polizeiverordnung den Leſern zu vermitteln:
Die polizeiliche Aufſicht ſteht dem Polizeiamt zu, das dieſe durch ſeine
Organe, insbeſondere auch durch den als Polizeiaufſeher zu beſtellenden
Pächter der ſtädtiſchen Badeanſtalten am Woog ausübt. Nachdem ein
neuer Vertrag mit Gunder nicht beliebt wurde, wird das Amt für
Leibesübungen in dieſe Stellung eintreter müſſen. Unterſagt iſt jeder
Unfug im Waſſer, an den Ufern, in den Badehäuſern und Anlagen. In
letzteren ſind Hunde an der Leine zu führen. Das Mitnehmen
der=
ſelben in die Badehäuſer, an die öffentlichen Badeplätze, ſowie die
un=
mittelbar am Waſſer herführenden Wege an der Weſt= und Südſeite des
Teichs iſt nicht geſtattet. Fahren (auch mit Fahrrädern) und Reiten
auf den über den weſtlichen und ſüdlichen Woogsdamm führenden
Wegen iſt unterſagt. (Ausnahmen für leichte, durch Menſchenkraft
be=
wegte Fahrzeuge, wie Kinderwagen, Krankenbeförderungswagen.)
Wäh=
rend der Badezeit (5 Uhr morgens bis Einbruch der Dunkelheit, wo der
Schluß der Badezeit durch die Glocke angekündigt wird) dürfen
männ=
liche Perſonen — Knaben bis zu 5 Jahren ausgenommen — nicht das
Frauenbad und weibliche nicht die für Männer beſtimmten
Badeanſtal=
ten ſowie die unmittelbar am Teich herführenden Wege der Weſt= und
Südſeite unbefugt betreten. Ausnahme: Veranſtaltungen unter Aufſicht
von Vereinen als deren Trägern. Baden im offenen Waſſer dürfen alle
des Schwimmens kundigen Perſonen. Nichtſchwimmer können nur an
der „Inſel” ſowie an den durch Einfriedigung und Anſchlag kenntlich
gemachten Stellen haden. Männliche Perſonen dürfen über die „
Fäß=
chen” Richtung Frauenbad nicht hinausſchwimmen, auch darf mit Nachen
über dieſe Grenze nicht hinausgefahren werden. Unterſagt iſt Baden
und Fahren mit Nachen in der hinter der Schwimmbahn gelegenen
(nordweſtlichen) Ecke des Teichs bis zur Frauenbadeanſtalt, ſowie das
Fahren mit Nachen innerhalb der Schwimmbahn und in einem
Um=
kreis von 5 Metern um die Sprungbretter. An= und Auskleiden darf
nur unmittelbar am Südufer — nicht auf oder an den Dämmen
geſchehen. Ebenſo iſt Betreten der Dämme und Anlagen in
enttleide=
tem Zuſtande, ſowie Abfpringen von den Landungsbrücken verboten.
Betreten der neuen Schwimmbrücke iſt nur mit Badehoſe ſtatthaft. Die
Badenden — Baden in geſchloſſener Zelle ausgenommen — haben ſich
der Badehoſen oder Bandeanzüge zu bedienen. Benutzung von Seife,
Waſchen von Kleidungsſtücken, ſowie Verunreinigung des Waſſers, der
Badezellen und =hallen, Ufer, Dämme, Einwerfen von Steinen uſw.
ins Waſſer iſt verboten. Hunde oder andere Tiere dürfen im Woog
uicht gehadet (gewaſchen) werden. Benutzung der Badehäuſer ſetzt
Ent=
richtung der Gebjhr und Löfung der Badckarten voraus, welch letztere
Polizeibeamten wie Pächter oder deſſen Organen auf Verlangen
vor=
zuzeigen iſt. Rauchen iſt innerhalb der Badeanſtalten nur im
Kaſſen=
raum erlaubt. Zuwiderhandlungen werden mit Geldſtrafe bis zu 150
Goldmark geahndet. Es wäre wünſchenswert, wenn die
Stadtverwal=
tung bald Mitteilungen an das Publikum hinſichtlich des neugeordneten
Badebetriebs am Woog verlautbaren würde.
— Oeffentliche Wahlverſammlung der Deutſchnationalen
Volks=
partei. Mittſpoch abend ſprechen in der Turnhalle die Kandidaten der
Deutſchationalen Volkspartei über die Ziele, für die ſie ſich im neuen
Neichstag einſetzen werden. Den Vorträgen ſchließt ſich eine freie
Ausſprache an. Zur Deckung der Unkoſten wird am Eingang ein
Saal=
d von 50 Pfennig erhoben. Eine Anzahl numerierter Karten ſind für
2 Mark (für Mitglieder 1 Mark) in der Papierhandlung Leuthner am
Ernſt=Ludwigsplatz zu erhalten.
Die Falſchmünzer noch immer am Werk. Trotz genauer
Beſchrei=
bung der falſchen Geldſcheine und trotz Ausſetzung einer Belohnung
von 5000 Goldmark war es bisher nicht möglich, der Falfchmünzer
hab=
haft zu werden. Noch in den letzten Tagen war es möglich, daß ein
Mann im Alter von 40—50 Jahren, blondes Haar, engl. geſtutzter
Schnurrbart, dunkle Kleidung, ſchwarzer Ueberzieher, ſteifer Hut —
und ein junger Mann in den 20er Jahren mit hellem Ueberzieher
ge=
älſchte Schatzanweiſungen des Deutſchen Reiches in verſchiedenen
Ge=
ſchäften und Lokalen zum Abſatz briugen konnten. Ueber die echten
Scheine, beſonders die Waſſerzeichen, kanu man ſich bei jeder Bank, den 1
Polizeiämtern und Revieren informieren. Es liegt im Inte eſſe der
Allgemeinheit, mitzuhelfen, daß endlich dem Treiben der Falſchmünzer
Einhalt geboten wird.
Feierliche Ueberreichung
der Geſeſſenbriefe.
Geſtern vormittag hatten ſich in der feſtlich geſchmückten Turnhalle
am Woogsplatz die Jung=Geſellinnen und Jung=Geſellen, mit ihren
Angehörigen und Meiſtern eingefunden, um in feierlicher Weiſe die
Uebergabe der Geſellenbriefe zu begehen. Der Saal war reich geſchmückt
mit Tannengrün und um die Galerien waren die Wappen der emzelnen
Innungen angebracht.
Ein feierlicher Marſch von Kretſchmar und Motive aus den
Meiſter=
ſingern, ausgeführt von der Muſikkapelle unter Leitung des Herrn
Obermuſikmeiſters Weber, leiteten den Feſtakt ſtimmungsvoil ein. Es
folgte ein Vorſpruch, vorgetragen von Herrn Ernſt Göbel, der den
Jung=Geſellinnen und Jung=Geſellen gewidwet war und dieſe für ihre
neue Etappe im Lebensweg ermuntern ſoll. Wir geben den erſten Vers
des Vorſpruchs wieder:
„Das Schöne ſchaffen, Häßliches verſchönen,
Natur und Kunſt in ſeinen Dieuſt gewöhnen,
Mit ſtarkem Geiſt den Geiſt der Zeit bezwingen,
Heißt, es auf Erden ſchon zum Höchſten bringen!“
Der Vorſitzende Herr Georg Kraus begrüßte hierauf ſeitens des
Prüfungsausſchuſſes, des Ortsgewerbevereins und der
Handwerkerver=
einigung die Erſchienenen, insbeſondere die Jung=Geſellinnen und die
Jung=Geſellen, denen der Tag gilt. Zu allem gehört Mühe und Fleiß,
das weiß jeder — ſo führte Redner aus —, der im Handwerkerſtand
ſteht, und wenn Ihr Prüflinge nun die Lehrwerkſtätte verlaßt, ſo denkt
mit Dank zurück an die, die Euch geleitet, geführt und gelernt haben.
Ihr dankt es Eueren Eltern, Lehrern, den Lehrmeiſtern und Geſellen,
denn ohne ſie wäret Ihr nichts geworden. Zu Geiſt und Willen gehört
Dankbarkeit, auf daß Ihr das werdet, was Ihr werden ſollt, und wenn
Ihr im Leben ſteht, ſo haltet Augen und Ohren offen für alles, was
nützlich iſt. Der Weg vom Jung=Geſellen zum Meiſter iſt nicht leicht;
was verlangt wird, muß dem Handwewrk zur Ehre gereichen. Ihr
müßte beſtrebt ſein, zu Meiſtern in Euerem Berufe zu werden. Dazu
gehört Schaffen, Arbeiten und Deuken. Auch Euerem Vaterland ſeid
Ihr Dank ſchuldig, das alle Mittel aufwendet, um Euch zu erziehen. Es
iſt eiſerne Notwendigkeit, auf die wir mit Vertrauen ſehen, daß Eure
Väter erſetzt werden, die ihr Blut auf dem Schlachtfelde gelaſſen haben.
Und wenn wir auch den Kampf mit den Waffen nicht gewonnen haben,
ſo gilt es jetzt mit den Waffen des Geiſtes, das Vaterland wieder dehin
zu ſtellen, wohin es gehört. Mit Haus Sachs wollen wir rufen:
Höre deutſcher Mann! Behüte
Treulich deinen Handwerksſtand!
Als das deutſche Handwerk blühte,
Bluhte auch das deutſche Land!
Die Induſtrie, das Handwerk und das Vaterland, es lebe hoch! Die
Muſikkapelſe intonierte das Deutſchlandlied, deſſen erſte Strophe von
den Verſammelten ſtehend geſungen ward. Der Fridericus Rex=Marſch,
zu dem Herr Obermuſikmeiſter Weber das Piſtonſolo übernommen hotte,
brachte aufmunternde friſche Weiſen, die mit lebhaftem Beifall
aufge=
nommen wurden.
Für die Metall= und Holzinduſtrie ſprach ſodann Herr Fabrikant
Schenck. Er erinnerte an die kürzlich ſtattgefundene Kantfeier. Kaut
ſei einer unſerer größten Denker und Philoſophen geweſen, der das
Wort geprägt: „Tue das Vollkommenſte, was durch dich möglich iſt.”
Es klinge zwar das Wort ganz ſelbſtverſtändlich, aber nur wenige
Men=
ſchen würden danach handeln. Es ſoll damit ausgedrückt ſein, daß jeder
das leiſte, was im Verhältnis ſteht zu der Kraft, die er aufbringt, aber
nicht Quautität, ſondern Qualitätsleiſtung, und dazu müſſe ſich jeder
ſelbſt anhalten, auf daß es werde, wie es in dem Vorſpruch heißt: „Es
auf Erden ſchon zum Höchſten bringen‟. Ganz beſonders den Jung=
Geſellen der Metall= und der Holzinduſtrie wvolle er dieſes noch mit auf
den Weg geben und einhämmern. — Seitens der Handwe=kskammer
ſprach Herrn Syndikus Schüttler, und überbrachte die Glückwünſche
des Ortsgewerbevereins und des Handwerkervereins. Sein Dank galt
der Prüfungskommiſſion und den Prüfungsmeiſtern. Für das
Kreis=
amt ſprach Herrn Oberregierungsrat Probſt. Er überbrachte die
Glückwünſche der Regierung, der Probinzialdireklion und des
Kreis=
amtes. — Für die Zentralſtelle für die Gewerbe und die Gewerbeſchule
übermittelte, Herr Landesgewerberat Schueid Glückwünſche. Sein
Dank galt der Prüfungskommiſſion und den Mitgliedern für ihre
Mühe=
waltung. — Es folgte ſodann die
Verteilung von Prämien
an beſonders hervorragende Jung=Geſellen. In der Metallinduſtrie, gab
Herr Fabritaut Scheuck bekauut, haben ſich 124 Prüflinge der
Geſel=
lenprüfung unterzogen. Davon hat einer nicht beſtanden. An 15 Jung=
Geſellen wurden Prämien verteilt. Herr Fabrikant Schenck teilte bei
dieſer Gelegenheit mit, daß die Lehrliunge ſich früher das von ihnen
her=
zuſtellende Geſellenſtüick ſelbſt wählen konnten. Hierbei war die
Beur=
teilung der Arbeiten ſehr ſchwer. Man iſt daher dazur übergegangen,
für jede Abteilung die gleichen Arbeiten anfertigen zu laſſen und in
jedem Jahre kurz vor der Geſellenprüfung die Arbeiten bekannt zu
geben, die ausgeführt werden müſſen. Auch die Namen werden nicht
mehr an den Arbeiten befeſtigt, ſondern nur Nummern, ſo daß d
Prüfungskommiſſion unbeeinflußt vom Prüfling und vom Lehrmeiſte
ihr Urteil fällen kann. Redner weiſt auf die Notwendigkeit der
Ein=
richtung von Lehrwerkſtätten hin, damit der Lehrling ſtufenweiſe das
lerne, was er kenuen muß. Er verſeiſt iusbeſondeve auf einen
Lehr=
gang der Firma Schenck, der in der Ausſtellung gezeigt wird. — Für
die Holzinduſtrie teilte Herr Fabritaut Trier, mit, daß alle 26
Prüf=
linge beſtanden haben, wovon 10 mit Prämien bedacht werden konnten.
Heru Obermeiſter der Schuhmacherinnung Benn gab bekaunt, daß
im Schuhmacherhandwerk die Prüfungsarbeiten und Bedingungen
ſchär=
fer gezogen werden mußten. Von 30 Prüflingen haben ſieben nicht
beſtanden. Ausgezeichnet konnten dier werden, wovon einer als
Künſt=
ler in ſeinem Berufe angeſprochen werden muß. — Herr Kling, für
das Spengler= und Inſtallateurgewerbe, teilte mit, daß von 28
Prüf=
lingen durchſchnittlich die Note 3—2 erreicht worden ſei; 4 Prüflinge
erreichten die Note gut bis ſehr gut, die mit Prämien bedacht wurden.
Für das Buchdruckerhandwzerk teilte. Heur Bartoſſeck mit, daß
11 Setzer und 5 Drucker an der Prüfung teilgeroiz 3ie”, die alle
beſtan=
den haben. Drei Setzer und ein Drucker erhielten Prauien. — Hierauf
erfolgte die allgemeine Verteilung der Geſellenbriefe an etwa 600
Prüf=
linge. Im ganzen hatten etwa 650 Prüflinge an der Geſellenprüfung
teilgenommen.
Der Vorſitzende machte nochmals auf die Ausſtellung auf der
Mathildenhöhe aufuerkſam, die auch am Montag noch geöffnet
iſt und empfahl den Beſuch derſelben. Damit endigte der Feſtakt.
Die Handwerksmeiſter verſammelten ſich hierauf zu einem
Früh=
ſchoppen im Kneipzimmer der Turnhalle.
Am Abend ſchloß ſich eine Familienfeier in der Turnhalle
an. Unter Mitwirkung erſter Kräffe des Landestheaters und ſonſtiger
Künſtlerinnen und Künſtler, Turnermannſchaften und Damenabteilung
der Turngemeinde 1816, der Plattlerabteilung des Bahernvereins
ge=
ſtaltete ſich die Feier harmoniſch und eindrucksvoll. Den muſikaliſchen
Teil hatte Herr Obermuſikmeiſter Weber in bekannter ſchneidiger und
Sch.
temperamentvoller Weiſe übernommen.
— Mißſtände in der Milchbelieferung. Einer an die
Stadtverwal=
tung gerichteten Cingabe enitnehmen wir dieſes: Obgleich die
Milch=
belieferung jetzt frei iſt, halten ſich die Händler doch au eine ganz
be=
ſtimmte Kundſchaft gebunden, und weigern ſich, Kunden, die nicht zu
die=
ſem „Ring” gehören, Milch zu verabfolgen. An ſich wäre gegen ein
ſolches Verfahren ja nicht viel einzuwenden, wenn nämlich die Händler
die Milch ins Haus brächten. Das geſchieht aber ſchon ſeit längerer Zeit
nicht mehr, und man iſt daher genötigt, den halben Morgen hinter dem
Milchmann herzulaufen, der von einer Straße zur anderen zieht, ohn
eine beſtimmte Reihenfolge einzuhalten. Am ärgerlichſten wirkt hierbei
die Tatſache, daß man auf der Suche nach dem „zuſtändigen”
Milch=
händler mindeſtens an einem halben Dutzend anderer Milchwagen
vor=
beikommt, die einem aber keine Milch abgeben wollen, weil ſie einen
anderen „Kundenkreis” haben. Dieſe „Kundenkreiſe” ſind nun ganz
ſonderbar zuſammengeſtellt, denn ſie bilden nicht etwa, wie man
an=
nehmen ſollte, ein geſchloſſenes Ganzes einander benachbarter Straßen,
ſondern ſetzen ſich aus einzelnen, ganz verſtreut und weit auseinauder
wohnenden Kunden in den entlegenſten Straßen zuſammen, derart, daß
auf dieſe Weiſe ungefähr ein halbes Dutzend Milcſhändler ein
entſpre=
ciend wveit ausgedehntes Stadtviertel mit Milch verſorgen, wobei ſie
aber ihre Milch innerhalb dieſes Rayons nur an ganz beſtimmte Kunden
abſetzen, welche auf dieſe Weiſe geziuungen ſind, ſo lauge in dem gauzen
Stadtviertel herumzulaufen, bis ſie „ihren” Milchmann gefunden haben
oder auch nicht! Denn die Händler halten ſich durchaus nicht ſtrenge
an eine planmäßige Fahrſtraße, ſondern lieben die „Improviſationen”,
d. h. ſie fangen einmal an dieſem Ende an, ein andermal an einem
anderen, „damit keine Kundſchaft benachteiligt wird!” Namentlich wenn
die Milch einmal knapp iſt, wird der Kundſchaft gern ein Schnippchen
geſchlagen, indem der Fahr= und Verteilungsplan unvermutet gänzlich
geändert wird. Da auf dieſe Weiſe eine Unmenge koſtbare Zeit verloren
geht, kaun man wohl behaupten, daß dieſe Zuſtäude unerträglich ſind,
zumal gar kein Grund füx die Einbürgerung ſolcher undraktiſcher
Me=
thoden einzuſehen iſt. Ebenſo wie die Milchhändler zuſammen ein ganzes
Stadtviertel verſorgen, können ſie ſich einzeln auf einen geſchloſſenen
Kundenkreis unmittelbar benachbatter Straßen beſchräuken. Aber dieſe
Verteilung könnte natürlich nur durch irgend eine Einwirkung von
un=
beteiligter dritter Seite her veranlaßt werden, ſonſt kann keine Ordnung
in die Sache kommen. Am einfachſten wäre es, wenn die Miichhändler
wieder gezwungen wären, die Milch ins Haus zu bringen; dann würden
ſie bald dazu kommen, ſich unnütze Wege zu ſparen und ſich auf benach=
Earte Straßenzüge zu konzentrieren. Wenn die Stadtzertaltung nicht
in der Lage ſein ſollte, den geſchilderten Unzuträglichkeiten
eutgegenzu=
wirken, dann kann nur ein Streik ſämtlicher
Milchabneh=
uer helfen. Und zu dieſer „Ultimo ratio” wird es unbedingt
kommen, wenn dieſe Mißſtände fortdauenn. Denn niemand iſt heute in
der Lage, ſeine Zeit der nutzloſen „Jagd linter dem Milchmann zu opfern.
Strafgericht II. Inſtanz. Zu dem Verhandlungsherict über die
Strafſachen Zehnbauer II. und Dreißigacker in Bensheim (Nr. 106) legt
die heſſ. chem. Prüfungsſtation ſür das Gewerbe und chem.
Unter=
ſuchzungsamt für die Provin; Starlenburg noch darauf Gewicht, daß von
Prof. Dr. Kreutz die Benutzung der von Seiten der Tierärzte heftig
au=
geiffeuen ſogen. Federſchen Zahl und ihre Berechtigung eingehend
klar=
gelegt und einige der ſchlimmſten Angriffe gegen dieſelbe unter
eingehen=
der Begründung zurückgeivieſen wurden. Nach der Augriffen Dr. Garths
habe Prof. Kreutz ausführlich die Gründe dargelegt, warum die Angriffe
Garths haltlos ſeien, und habe gu den von G. ſelbſt hergeſtellten und jur
Gutachten verwendeten Würſten gezeigt, daß die Schlußfolgerungen. G.s
aus der Analyſe und dem Gutackten des verſtorbenen Prof. Dr. Welſer
falſch ſeien, daß er bei Beurteilung der fogen. Federfchei Zahl ganz
ein=
ſeitig derfahre, indem er nur den Waſſergehalt und nicht auch Fett= und
Afchegehalt berückſichtige, ſeiue Schlußfolgerungen daher falſch ſeien und
ſeine Angriffe gegen die Chemiker in ſich zuſammenfielen. Wir bemerkei
dazu: Es iſt auch dem Laien bekannt, daß in dieſem Streit wegen
Wurſt=
verfälſchung Chemie und Veterinärkunde in der Wiſſenſchaft
entgegen=
geſetzte Standpunkte einneſmen. Der Standpunkt, den die
Nahrungs=
mittelchemie hier einnimmt, iſt aus früheren Gerichtsberichten den Leſern
bekannt, umſomehr mußte uns daran gelegen ſein, auch den
entgegen=
geſetzten Standpuukt wie ihn Dr. Garth auch wiſſenſchaftlich vertritt,
zur Aufflärung des Publikums zuu Keuntuis zu bringen, dies umſomehr,
als wir der Anſicht huldigen, daß in dieſem Streit der Meinungen das
letzte Wort uvch nicht geſprochen ſein dürfte. Wir ſchließen damit die
Erörterung über die beiden Fälle.
Kleine Straffammet. Fritz Freitag von Neu=Iſenburg
hatte wegen Holzentwendung durch Strafbefehl eine Gefänguisſtrafe von
Wochen erhalten. Er verfolgte Einſpruch blieb aber im Texmin vor
dem Schöffengericht Offenbach aus und deshalb erfolgte Abweiſung des
Einſpruchs. F. will durch Fahrraddefekt zum Termin zu ſpät
gekom=
men ſein. Das Geſuch um Wiedereiuſetzung in den vorigen Stand
gegen die Verſäumnis hat das Amtsgericht abgewieſen. Hiergegen
ver=
folgt F. Berufung. Der Vorſitzenbe betont, daß das Gericht nur prüfen
könne, ob der Fall der Verſäumnis vorgelegen habe, materiell könne
das Berufungsgericht in eine Verhandlung nicht eintreten. Freitag
erklärt, er beſtreite jeden Holzfrevel im Staatswalde. Der Vorſitzende
verſveiſt ihn darauf, daß er eine nochrralige Verhandlung der Sache
nur im Wege des Wiederaufnahmeverfahreus erreichen könne. F. nimmt
deshalb die Berufung zurück. — Dei Fall bewveiſt, daß uan bei Wahrung
eines Straftermius immer mit der Tatſache rechluen muß, daß das
Fahrrad im Einzelfalle verſagen kann, welcher Umſtand empfindliche
Naciteile zu verurſachen imſtaude iſt.
Hefſiſches Landestkeater.
Großes Haus. — Sonntag, den 27. April.
Uraufführung:
Saul.
Tragödie von Ludwig Berger.
I.
Jm erſten Buche Samuelis, Kaditel 18, ſteht geſchrieben:
„Es begad ſich aber, da er wiederkommen war von des Philiſters
Schlacht, daß die Weiber aus allen Städten Iſraels waren
ge=
gangen mie Geſang und Reigen, dem Könige Saul entgegen mit
Pauken, mit Freuden und Geigen. Und die Weiber ſangen
gegen=
einander und ſpielten und ſprachen: „Saul hat tauſend
geſchla=
gen, aber David zehutauſend.‟ Da ergrinmte Saul ſehr, und
ge=
fiel ihm das Wort übel und ſprach: „Tie haben David
zehu=
tauſend gegeken und mir tauſend. Das Königreich will noch ſein
werden.” Und Saul ſah David ſauer an von dem Tage und
hinfort.”
II.
In dieſen Worten Samuelis' liegt der Kern der durchaus
undramatiſchen bibliſchen Geſchichte des Königs Saul, die
Lud=
wig Berger zu einem ebenſo undramariſchen Schauſpiel
ge=
ſtaltet hat. Er führt König Saul als ſiegreichen Feldherrn ein.
Doch Saul iſt nicht glücklich; ſein Sohn Jonathan, zart und fein
wie ein Regenbogen, hat nicht die Kraft, daß er auf ihn ſein
Hönissamt abwälzen kann. So läßt er den Hirten Datzid, des
alten Samuel Gefährten, holen, und fühlt in ihm ben
Nachfol=
ger. Im Kampfe gegen die Philiſter tötet David den Goliath
von Gath, der, „ſechs Ellen und ein Handbeit hoch”, den
Phili=
ſtern beiſteht. Im dritten Aufzuge bricht die Eiferſucht Sauls
auf Darid, wie ſie Samuelis ſchildert, aus. Auf Jonathans Rat
flieht David. Das Volk ſteht für David auf. Saul — nach dem
Beſuche bei der Frau von Endor — trifft David in einer
Felſen=
höhle. David will das Schwert Goliaths nicht gegen ihn
er=
heben; denn von den Geſetzloſen kommt Geſetzloſigkeit. Doch
Saul, der ſich von Gott verlaſſen fühlt, erſticht ſich mit demſelben
Schwert: ohne die himmliſche Gnade dürfen Könige nicht leben.
gegen ſeindliche Kräfte, gegen das Schickſal ſich nicht wehrt. Wie
er die Feinde ſeines Volkes nicht ausgerottet hat, ſo nimmt er
auch gegen David den Kampf nicht auf, ſondern gibt jedem
An=
ſturm nach. Eine rein daſſive Pexſönlichkeit, reſigniert er von
Aufang an und erfüllt das Schauſpiel mit Jammern und Klagen.
So wirkt ſein Tod nicht tragiſch, ſondern iſt — in Bergers
Schait=
ſpiel — das erklärliche, nicht erſchütternde Ende eines
ſchwäch=
lichen Menſchen. Hiermiit eutfallen die innere Teilnahwie und
die tragiſche Erſchütterung des Zuſchauers und zugleich der
dramatiſche Wert des Stückes.
Auch ſonſtige künſtleriſche Werte wohnen der Dichtung nicht
inne. Von der ſtarken, ſtrahlenden Erſcheinung des jungen Darid
gibt ſie keinen Widerklaug; ſie bleibt blaß, ſarblos, unlebendig.
Wie viel ſchöner und plaſtiſcher iſt die Schilderung Davids im
Buche Samielis! Auch Tirza, Sauls Geliebte, erwacht nicht zu
eigenem Leben; wie ein matter Schatten umgibt ſie den
jam=
mernden König. Nur der alte Samuel zeigt Anſätze einer
lebens=
volleren Geſtaltung und Größe. Die Sprache Bergers weiſt in
dem „Saul” Spuren dichteriſcher Schönheit und Eigenart, wie ſie
ſich in „Griſeldis” fanden, nur vereinzelt auf.
So iſt leider feſtzuſtellen, daß Ludwig Berger mit der Saul=
Tragödie ſich eine Aufgabe geſtellt hat, an deren Größe er
reſt=
los geſcheitert iſt.
III.
Wenn die Aufführung trotzdem nicht in den Schwächen des
Stückes untergegangen iſt, ſo iſt dies der ausgezeichneten
Dar=
ſtellung des Saul durch Fritz Valk zuzuſchreiben. In dieſer
rhetoriſchen Geſtalt, in der ſich das Ausſtrömen von Gefühlen
mit intellektuellen Erwägungen vereinigt, hatte Valk eine
Auf=
gabe gefunden, die ihm lag. Er drang in das Innere der
Sails=Natur ein, lieh ihren Klagen ſein volles Organ und ſeine
eniwickelte Sprechkunſt, ballte ihre Gefühle und Leidenſchaften
zu ſtarken Ausbrüchen zuſammen und feſſelte durch ſein aus
mit=
ſchaffender Perſönlichkeit geborenes Spiel, unterſtützt durch eine
charakteriſtiſche und geſchickte Maske.
Gillis von Rappard ſpielte den David ſchlicht und
ein=
fach, nanentlich im Ton. Den Glanz einer ſtarken Perſönlichkeit,
den ſchon der Dichter dem Sohne Iſais ſchuldig geblieben iſt,
gab auch der Darſteller ihm nicht. Sympathiſch in ſeiner
Natür=
lichkeit war Paul Schmitz als Sauls Sohn Jonathan.
Anne Kerſten ſprach mit ihrer klangvollen Stimme die
zeigen, wie undramatiſch ihr Ablauf iſt. Kein innerer Konflift, den König umgleitenden Worte der Geliebten. Daß ihr zugleich
Ich habe die Schilderung der Handlung hier gegeben, um zu
bewegr Saul. Er iſt ein Halbling; ſein Atem iſt dünn und nicht die Rolle des „Weibes von Endor” übertragen war, war verfehlt,
mächtig wie ſein gepanzerter Leib. Er iſt eine ſchwache Natur, die da eine ſolche Doppelrolle der Bühnenſuggeſtion Abbruch tut,
und Frau Herſten überdies die unheimlichen Schrecken des
wahrſagenden Weibes nicht erſchöpfend zum Ausdruck brachte.
Daß ſchon König Saul im Buche Samuelis durch eine
Wahr=
ſagerin den Geiſt eines Verſtorbenen zitieren ließ, iſt in der
jetzi=
gen Zeit ſpiritiſtiſcher Verſuche nicht ohne Intereſſe. — Dem
greiſen Samuel gab Walter Kuliſch, dem Hauptmann Joab
Ernſt Langheinz eindringliche Verkörperung.
Die Spielleitung, für die Albrecht Joſeph verantwortlich
zeichnete, hatte die Inſzenierung ſehr einfach geſtaltet. Die
Hand=
lung ſpielte ſich — abgeſehen von dem Neumond=Mahl — ohne
jede Dekoration ab. Die Bühne war in völliges Dunkel gehüllt.
Nur die handelnden Perſonen wurden durch Lichtkegel
erleuch=
tet. Sehr abſvechſlungsreich, ſehr bühnenwirkſam iſt dies nicht.
Doch vielleicht hat man aus der Not (des Dafizits) eine Tugend
machen müſſen. Dann ſei im vorliegenden Falle nichts
hier=
gegen eingewandt.
I.
(.K. Zwei unbekannte Kant=Aneldyten. Zwei unbekaunte
Auekdoten über Kant, die ſeine große Geiſtesgegenwart
bewei=
ſen, werden von Otto Schöndörffer in dem reichhaltigen, dem
Gedächtnis Kants gewidmeten „Philoſophiſchen Almanach” des
Verlages Otto Reichl in Darmſtadt mitgeteilt. Kaut ging
ein=
mal, ſeiner Gewohntheit gemäß, auf dem ſogen.
Philoſophen=
damm am Fregel ſpazieren, ganz in ſeine tiefen Gedanken
ver=
ſunken. Da ſtürzte plötzlich ein Mann auf ihn zu, der ein
großes Schlachtmeſſer in der Hand hatte, und ſchrie: „Ich muß
Dich ſchlachten!” Kaut ſah ſofort, daß er es mit einem
wahn=
ſinnig gewordenen Fleiſchergeſellen zu tun hatte. Er ſagte
da=
her, ſchnell gefaßt, ganz ruhig und beſtimmt zu ihm: „Sie irren,
mein Lieber. Heute iſt nicht Schlachttag. Heute iſt Mittwoch
und Schlachttag iſt erſt am Freitag.‟ Es waren damals
be=
ſtimmte Tage in der Woche für die Fleiſcher zum Schlachten
feſt=
geſetzt. Der Wahnſinnige ſtutzte daraufhin und erwiderte
ver=
wirrt: „Ach ja, Sie haben recht.‟ Er ließ den bereits drohend
Ein
erhobenen Arm ſinken und entfernte ſich langſam.
andermal ging der Philoſodh durch eine enge winklige Gaſſe
des alten Hönigsbera, als plötzlich zwei wildgewordene Pferde,
die ſich irgendwo losgeriſſen hatten, auf ihn zuſtürmten. Kant
hatte nicht mehr die Zeit ihnen auszuweichen; auch war das in
der engen Gaſſe unmöglich. Nun hatte er einmal geleſen, daß
Pferde Menſchen, die auf dem Boden lägen, nie verletzten,
ſon=
dern auch beim ſchnellſten Laufe ſie nie berührten. Er warf
ſich alſo ſchnell zur Erde nieder, und wirklich raſten die beiden
Pferde über ihn hin, ohne ihm auch nur das Geringſte anzutun.
Seite 4.
Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 28. April 1924.
Rummer 118.
* Provinzialausſchuß.
Berufung des Gaſtwirts Peter Horle zu Wahlen i. Odw.
gegen die Entſcheidung des Kreisausſchuſſes Heppenheim vom 22. Jan.
1934 wegen Aufhebung der Bürgermeiſterwahl in Wahlen
vom 23. Dezember 1923. Erſchienen: Juſtizrat Dr. Oſann als Vertreter
des P. Horle, R.=A. Geißner als Vertreter der Reklamanten Emig,
Bock und Schork. Es iſt eine Reihe von Zeugen geladen und erſchienen.
Der Kreisausſchuß Heppenheim hat die Nachwahl in Wahlen für
un=
gültig erklärt. Schon die Wahlen vom 30. September 1923 hat derſelbe
umgeſtoßen. Die Wahl vom 23. Dezember 1923 ergab je 71 Stimmen
für beide Kandidaten, das Los entſchied für Horle. Die Einſprüche
ſtützen ſich fowohl darauf, daß wahlmündige Perſonen nicht in der
Wahlliſte geſtanden, daß Beſtechung geübt worden, daß der
Abſonde=
rungsraum nicht vorſchriftsmäßig abgeſchloſſen geweſen und Kontrolle
möglich geweſen ſei. Lehrer Müller als Mitglied der Kommiſſion und
Protokollführer habe ſich vorzeitig entfernt und Wahlagitation
zugun=
ſten von Horle in unzuläſſiger Weiſe ſei von ihm und dem
proteſtanti=
ſchen Kirchendiener betrieben worden. Das Verwaltungsgericht erſter
Juſtanz hat die nicht ordnungsmäßige Abſchließung des Wahlverſchlags
und ſo ermöglichte Wahlkontrolle als bewieſen erachtet, und aus dieſem
Grunde angeſichts der zutage getretenen Stimmengleichheit die Wahl
umgeſtoßen. Bei der erſten Wahl war Horle mit 8 Stimmen
Mehr=
heit gegen ihn unterlegen. — Zeuge Förſter Speyer ſchildert des
Näheren die Art des Wahlverſchlags, die nach ſeiner Anſicht eine
Stimmkontrolle ermöglichte, und zwar gerade ſeitens der Wähler, alſo
z. B. der Hauseigentümer gegenüber Mietern. Die Stimmzettel für
den Kandidaten Noth ſeien geſchrieben, die für Horle gedruckt geweſen;
auch dieſer Umſtand hätte die Möglichkeit der Kontrolle gewährt. (Die
Wahlen in Wahlen ſtanden unter dem Einfluß des konfeſſionellen
Gegenſatzes von Proteſtanten und Katholiken.) Der katholiſche Beig.
Franz Fiſcher war Vorſtand der Wahlkommiſſion und zum zweiten
Male in ſolcher Stellung, deshalb noch nicht ſo orientiert in der Frage
der Herſtellung des Wahlvorſchlags. Es waren Tafeln aufgeſtellt und
der Raum mit einem Teppich verhängt, der öfter herunterfiel. Man
konnte in den Raum hineiſehen, und es war auch möglich, daß mehrere
Perſonen zuſammen ſich darin befanden, und dies kam auch vor; auch
ſprachen dieſe Perſonen da miteinander. Das Los zwiſchen den beiden
Kandidaten mit gleicher Stimmenzahl iſt erſt einige Tage nach der Wahl
auf kreisamtliche Anordnung gezogen worden. — Lehrer Müller
erläutert an Händen von ihm gelieferter Zeichnung den Verſchlagsraum;
er verneint jede Möglichkeit, daß eine Abſtimmungskontrolle geübt
wor=
den. Val. Bohn, Mitglied der Wahlkommiſſion, hält den
Verſchlags=
raum für mangelhaft abgeſchloſſen, es ſeien verſchiedene Perſonen
zu=
gleich darin geweſen, auch Kontrolle von außen möglich geweſen. Der
Kanzleigehilfe Karl Kilian beim Amtsgerichte Waldmichelhach
be=
ſtätigt, daß er mit Mehreren zuſammen im Verſchlagsraum geweſen
ſei! Gleiches berichtet Hilfsſchaffner Hch. Sattler. Vor dem
Wahl=
lokal, fo erklärt der Zeuge, habe man ſich über dieſe Zuſtände
aufge=
halten. Auch Polizeidiener Sattler hat einmal die Anweſenheit
einer Anzahl Wahlberechtigter im Raum feſtgeſtellt. Den Zeugen
Kon=
rad Sattler hat der Beigeordnete Fiſcher eigens darauf
hingewie=
fen, nicht mit anderen zuſammen den Raum zu betreten. — Es wird
Beweiserhebung wegen Wahlbeeinfluſſung durch Vernehmung von
Zeugen beſchloſſen.
2. Beſchwerde der Karl Freudenberg G. m. b. H. zu
Wein=
heim gegen den Beſchluß des Kreisausſchuſſes Heppenheim vom 17./20.
Juli 1923 wegen Heranziehung Privater zu den
Kreisſtraßenunterhal=
tungskoſten. Zu den Koſten der Kreisſtraßen Neckarſteinach-
Neckar=
gemünd und Neckarſteinach—Schönau iſt die Firma herangezogen
wor=
den; ſie ſoll den Geldwert von 30 Kuhikmeter Hartſteinſchotter zahlen,
darf aber auch den Schotter in Natur liefern: die Heranziehung erfolgt
für zwei Jahle. Die Klage gegen den Beſchluß des Kreisausſchuſſes
iſt erſt am 13./16. Oktober 1923 beim Gericht eingelangt; die Firma
hat deshalb wegen der Friſtverſäumnis um Wiedereinſetzung in den
vorigen Stand nachgeſucht und um Entſcheidung gemäß Art. 37
Ver=
waltungsrechtspflegegeſetzes gebeten. Erſchienen ſind R.=A. Dr. Pfälzer
(Weinheim) für die G.m.b.H. Freudenberg und Regierungsrat Sann
für den Kreis Heppenheim. Rechtsanwalt Dr. Pfälzer folgert, daß das
neue Reichsſteuerrecht das Kunſtſtraßengeſetz Heſſens von 1896 beſeitigt
oder weſentlich eingeſchränkt habe, das Kraftfahrzeugſteuergeſetz und die
Novelle zum Landesſteuergeſetze hätten hier neues Recht geſchaffen. Auch
ſei unzuläſſig, im Jahre 1923 nach Ablauf des Jahres 1922 für die
vergaugene, Zeit jemanden zu ſolcher Steuer heranzuziehen. Zudem
nütze die Firma Freudenberg dieſe Kreisſtraßen nicht außergewöhnlich
ab, was unter Beweis geſtellt werde. — Das Gericht gibt dem Antrag
auf Wiedereinſetzung in den vorigen Stand ſtatt und beſchließt
Be=
weiserhebung.
3. Geſuch des Friedrich Kiefer zu Offenbach=Bürgel um
Ertei=
lung der Erlaubnis zum Betriebe einer Schantwirtſchaft mit
Brannt=
weinausſchank im Hauſe Kurfürſtenſtraße 26. Gegen den Geſuchſteller
liegt nichts vor, die Rechtsdeputation der Stadtverordnetenverſammlung
verbleibt aus Gründen der Wohnungsnot bei dem prinzipiellen
Stand=
punkt, der ein Bedürfnis verneint. Es handelt ſich um eine ſeit vierzig
Jahren beſtehende Wirtſchaft und Uebertragung der Konzeſſion der
Schwiegereltern auf den Schwviegerſohn. Kiefer hat die vorläufige
Konzeſſion erhalten. — Urteil: Dem Geſuch wird ſtattgegeben.
4. Klage des Julius Magenwirth in Bürſtadt gegen den
Beſchluß des Kreisamts Bensheim vom 24. Januar 1924 wegen
Ver=
ſagung des Wandergewerbeſcheins. Anweſend: der Geſuchſteller. Das
Kreisamt hat den Schein verſagt, weil Magenwirth vom Wuchergericht
Mannheim wegen Preistreiberei 1923 zu einer Geldſtrafe von 10 Mill.
Mark verurteilt iſt. M. ſchildert die Tat als eine kleine Verfehlung,
andere Handelsleute hätten trotz Geldſtrafen die Großhandelserlaubnis.
M. iſt Kriegsinvalide und will eine Kriegswaiſe ernähren müſſen; den
Geflügelhandel betreibt er ſeit 1902, kauft Waren bei den Landwirten
auf und verkauft ſolche auf Wochenmärkten.
Der Klage wird
ſtatt=
gegeben und der Wandergewerbeſchein erteilt.
8 Zur Frage der Hhpothekenaufwertung. Nachdem die 3.
Steuer=
notverordnung nach überwiegender Anſicht breiter Volksteile der
Auf=
wertungsfrage in ungenügender Weiſe Rechnung getragen hat, erſcheint
die Frage wohl berechtigt, ob und inwieweit die Behauptung, in der
Inflationszeit ſeien wohl die meiſten Hypothekſchulden durch
Papier=
markzahlung abgeſtoßen und ſo das Grundbuch auf der Schuldenſeite
bereinigt worden, richtig iſt oder nicht. Eine Unterlage für die
Rich=
tigkeit der einen oder anderen Anſicht könnte nur eine auf den
Grund=
bucheinträgen aufgebaute Statiſtik liefern, die aber auch Aufſchlüſſe
darüber geben müßte, welche Löſchungen ſtädtiſchen und welche
land=
wirtſchaftlich und induſtriell genutzten Grundbeſitz betreffen und
inwie=
weit an den Löſchungen bei den verſchiedenen Gruppen des
Grund=
beſitzes Private und juriſtiſche Perſonen (insbeſondere auch öffentliche
Sparkaſſen und ähnliche Körperſchaften) beteiligt ſind. Dieſe
Aufſtel=
lung zu liefern, wäre Sache der Grundbuchämter. Da die
Angelegen=
heit der Aufwertung eine Frage von allgemeinwirtſchaftlichem Intereſſe
iſt, die alle Volkskreiſe einſchneidend berührt, wird das
Geſamtminiſte=
rium nicht umhin können, in der angedeuteten Nichtung baldigſt
Er=
hebungen zu veranſtalten.
RDV. Zugverkehr durch das Ruhrgebiet. Für den durchgehenden
Schnellzugverkehr Köln—Ruhrgebiet—Berlin oder Hamburg wird
noch=
mals darauf aufmerkſam gemacht, daß Fahrkarten in beiden
Fahrrichtun=
gen bis Dortmund (Strecke Köln-Berlin) und bis Recklingshauſen
(Strecke Köln—Hamburg) ausgegeben werden. Es bedarf auf
dieſen Bahnhöfen in allen Fällen der Nachlöſung. Mit
wahl=
weiſe über mehrere Wege gültigen durchgehenden Fahrkarten (z. B.
Berlin—Köln über Elberfeld oder Duisburg) kann die Regieſtrecke
nicht befahren werden. Jeder Reiſende möge, um Verdruß und
Geldverluſt zu erſparen, hierauf achten und etwaige Irrtümer an den
Fahrkartenſchaltern richtigſtellen.
Aus Heſſen.
Griesheim b. Dſt., 24. April. Schwerverletzt wurde beim
Ab=
ſtadt ins Krankenhaus.
— Münſter, 25. April. Der hieſige Athletenklub „
Teu=
tonia” blickt in dieſem Jahre auf ſein 25jähriges Beſtehen zurück.
Der Kreistag des Kreiſes 14 vom Arbeiter=Athletenbund hat dieſem
tragen. Die Vorarbeiten ſind nun in vollem Gange, daß man ſagen
kann, daß an Pfingſten, wo dieſe Feſte gefeiert werden, etwas
Groß=
zügiges ſtattfindet. Sollte mit dem beſetzten Gebiet nichts dazwiſchen
kommen, daß alle Kreisvereine am Feſte teilnehmen können, ſo ſteht
ſicher, daß an den Konkurrenzen bei den Wettkämpfen mindeſtens 1000
Sportsgenoſſen aktiv teilnehmen. Alle Vereine der Umgebung werden
erſucht, Pfingſten freizuhalten im Intereſſe dieſer großen Feier. Alles
Nähere ſpäter durch Anzeige und Plakate.
r. Wixhaufen, 25. April. Gemeinderatsbericht. Zu der
Reichstagswahl wurden in den Wahlvorſtand beſtimmt Bürge meiſter
Jung als Wahlvorſtand, Beigeordneter Bauer deſſen Stellvertreter,
Ph. Dietz, Michael Schmidt, Fr. Fautz und Gemeinderat Henſel als
Bei=
ſitzer und als Schriftführer Gemeinderat Knobloch. Das Wahllokal
befindet ſich im unteren Nathausſaal, und gewäylt wird von vorm.
8 Uhr bis 5 Uhr nachmittags. — Der Anſchluß an die Kommunal= und
Landesbank wird auf die nächſte Sitzung vertagt, um genaue
Erkundi=
gungen einzuholen. — Die gemeinnützige Baugenoſſenſchaft erſucht die
Gemeinde um Beitritt in die Genoſſenſchaft und der Gemeinde at
be=
ſchließt einſtimmig den Beitritt, um die Wohnungsnot ſteuern zu helfen.
Dem Heſſiſchen Fürſorgeverein für Krüppel werden als Beitrag
25 Mark überwieſen. — Für die Kochſchule ſollen zwei gußeiſerne Herde
beſchafft werden; die Lieferung wird an den Wenigſtnehmenden
der=
geben.
— Reichenbach, 25. April. Die Verſammlung der Deutſchen
Volkspartei in Reichenbach war ſehr zahlreich beſucht; ſie ſtand
unter dem Vorſitz des Herrn Fabrikanten Nömer. Neferent war
Landtagsabgeordneter Dr. Oſann, welcher in eingehender Darlegung
die politiſche Lage beſprach, und hier neben den außeupolitiſchen
Ver=
hältniſſen auch die innneren Fragen behandelte. Redner nahm
Gelegen=
heit, dem verſtorbenen Staatsminiſter Dr. Helfferich Worte ehrenden
Angedenkens zu widmen, die einem derartig hervorragenden politiſchen
Gegner gebühren. Dieſe Ausführungen und die weiteren
Darlegun=
gen fanden lebhaften Anklang in der Verſammlung. Als
Diskuſſions=
redner trat ein Mehrheitsſozialdemokrat auf, den der Referent in feinem
Schlußwort widerlegte.
Bensheim, 24. April. Der Wahlkampf. Am Dienstag abend
hat ſich hier laut. Weinheimer Anzeiger ein aufregender Vorgang in
einer öffentlichen Wählerverſammlung abgeſpielt. Ein Redner namens
Simons aus Frankfurt a. M. hatte den anweſenden Führer der
Deutſch=
völkiſchen Partei angegriffen, worauf die Arbeiterſchaft gegen die
Deutſchvölkiſchen Stellung nahm. Es kam zu einer Schlägerel zwiſchen
den Parteiangehörigen des Simons und den Deitſchvölkiſchen, wobei
verſchiedene Perſonen, darunter auch Simons, durch Schläge mit
Gummi=
knüppeln uſw. erheblich verletzt wurden. Die Polizei, die alsbald
ein=
griff, ſtellte ſchließlich die Ruhe wieder her und ſchloß die Verſammlung.
* Heppenheim, 22. April. Die hieſige Bäckerinnung ſetzt
die Einwohnerſchaft im Kenntnis, daß ſie nicht mehr gewillt iſt ihrer
Kundſchaft Kuchenbleche zu leihen. Sie haben kleine und große
Kuchen=
bleche zum Selbſtkoſtenpreis ſtets auf Lager und können dieſe käuflich
erworben werden.
Mörlenbach, 23. April. Amtstag. Das Kreisamt Heppenheim
wird am Mittwoch, den 30. ds. Mts., nachmittags 2 Uhr, auf der hieſigen
Bürgermeiſterei einen Amtstag abhalten.
Lampertheim, 25. April. Verhafteter Durchbrenſter.
Hier wurde der 15jährige Lehrling verhaftet, der mit 500 Mark ſeinem
Meiſter durchgebrannt iſt und von Bremen nach Süddeutſchland reiſen
wollte. Das geſtohlenen Geld war bereits verjubelt.
Offubach a. M., 24. April. Ein dreiſter Diebſtahl wurde
hier verübt. Während eine Violinkünſtlerin konzertierte, nahm ein
Dieb aus deren Schlafzimmer einen Koffer und den größten Teil der
Garderobe und ſpazierte damit nach dem Bahnhof. Er entkam
uner=
kannt.
Mainz, 26. April. Ein Erpreſſer. In letzter Zeit erhielt
eine Familie aus Weiſenau fortgeſetzt Drohbriefe des Inhalts, daß,
wenn nicht umgehend ein beſtimmter Geldbetrag an eine näher beſtimmte
Stelle abgeliefert würde, für den Sohn der Familie Schlimmes zu
er=
watren ſei. Die Familie war über den dunklen Sinn dieſer
Erpreſſer=
briefe in der größten Angſt. Um den Abſender der Briefe ausfindig
zu machen, gab die Familie poſtlagernd Antwort. Als nach einigen
Tagen ein junger Menſch am Poſtſchalter erſchien, um Poſtſendungen
abzuholen, wurde er von der Polizei verhaftet. Es ſtellte ſich heraus, Mittelbehörden eine fachliche Aufſicht zuweiſt und wirtſchaftliche
Funk=
daß der feſtgenommene im Auſtrag ſeines älteren Bruders, der Hand= tionen, deren Erfüllung beſſer von andenen Stellen bewirkt wird. Es
Aſshefm, 24. April. Der wegen Mordverdacht verhaftete
Ge=
müſehändler Landmann von Worms wurde mangels Beweiſes aus
der Unterſuchungshaft entlaſſen.
Frühling am Rhein.
Selten iſt wohl der ſchöne Lenz ſehnlicher herbeigewünſcht worden,
als nach dieſem endloſen Winter, der ſich in einer Folge von
Neuauf=
lagen in konſequenter und boshafter Vernichtung aufkeimender
ſehüichter=
ner Frühlingshoffnungen gefiel. Unzählige Wintermüde, der Erfriſchung
an Leib und Seele Bedürftige, werden deshalb auch ungeduldig
Aus=
ſchau halten nach dem erſten geſchloſſenen Reiche, das ſich der holde
Frühling auf deutſchem Boden aufrichtet, um dorthin für kürzeren oder
längeren Aufenthalt zu flüchten und dieſe grauen oder ſchneeweiſen
Monate zu vergeſſen und aus winterlicher Melancholie aufzuerſtehen
zu einem neuen, frohen Leben in milder Luft, in Sonne und unter
Blütenbäumen.
Auch in dieſem Jahre wird der Lenz am erſten und am ſchünſten
ſeinen Einzug im rheiniſchen Lande halten, in jenen begnadeten Auen,
die Deutſchlands Strom durchzieht und zu dem hin ſich noch ſo viele
Tal= und Frühlingsreiche öffnen. Wer einmal nur einen rheiniſchen
Lenz erlebte, wird deshalb nicht lange Umſchau zu halten brauchen nach
der Stätte, an der er auch in dieſem Jahre ſeine blütengeſchmückte
Frühlingshütte bauen will. Ihm werden wunderbare
Landſchafts=
bilder vor Augen treten, Städte und Dörfer, verborgen unter weißem
Blütenſchnee, alte Stadtmauern, an die ſich der vor zarten Roſablüten
bedeckte Pfirſichbaum lehnt, ſmaragdfarbiges, blumenbetupftes Uferland,
zwiſchen denen der Strom oder einer ſeiner Nebenflüſſe die blitzenden
fluten treibt, Burgfelſen, die der Lenz mit zartem Baumgrün und
Farbenbunt erobert, während die fernen Höhen der Gebirge noch im
interlichen Braun und von des Lenzes Finger unberührt erſcheinen.
Dazu feierlicher Klang der Glocken, der Hauch alter Sagen, der überall
durch Frühlingslüfte zieht und das Herz füllt mit der Romantik des
deutſcheſten der deutſchen Gaue heitere, hoffnungsfreudig geſtimmte
Menſchen in Dorf und Stadt — ſo war immer der Frühling am Rhein
und ſo wird er auch wieder in dieſem Jahre ſein.
Trotz dieſer Gewißheit mag vielleicht einer oder der andere der
un=
zähligen Freunde und Kenner des unvergleichlichen rheiniſchen Frühlings
in dieſem Jahre etwas zögern, an den Rhein z.
au Feifce Eeif eiſchel. g 5 i Eic En ne in
erſcheinungen ſind auch bei uns verſchwunden, die geſunde Natürlichkeit
iſt auch auf dem Gebiete der Preiſe, Gottlob, wieder bei uns
einge=
kehrt! Folge unbeſorgt und in ſicherer Erwartung vergangener
Glückes=
ſtunden wieder dem Frühlingstrieb Deines Herzens an den Rhein!
A
Tor
T
Moos Mertiat deg
Vereinfachte Arbeil”mittlugen.
Die Erfahrungen, die man mit der gegenwärtigen öffentlichen
Ar=
beitsvermittlung gemacht hat haben den Deutſchen Städtetag veranlaßt,
laden von Baumſtämmen ein Fuhrunternehmer. Er kam nach Darm= an den Reichsrat und die Miniſterien eine Eingabe zu richten, in der
gewiſſe Vereinfachungen der Organiſation befürwortet werden. Es hat
ſich herausgeſtellt, daß die Beſtimmungen des Arbeitsnachweisgeſetzes in
Bezug auf die Landesämter für Arbeitsvermittlung und ihren
Aufgaben=
kreis nichnt der Forderung ſtreng rationeller Arbeitsweiſe entſprechen, die
Verein anläßlich des Jubiläums ſein diesjähriges Kreisfeſt mit über= mit dem geringſten Perſonal= und Koſtenaufwande den größten Nutzen
erzielen will.
Der Aufgabenkreis der Landesämter für Arbeitsvermittlung ſoll
nach dem Arbeitsnachwweisgeſetz einmal die Funktionen als „fachliche
Auf=
ſichts= und Beſchwerdeſtelle” gegenüber den örtlichen Arbeitsnachweiſen
und zum zueiten wirtſchaftliche Aufgaben umfaſſen, wie insbeſondere
den Ausgle
h von Angebot und Nachfrage zwviſchen den einzelnen
Ar=
beitsnachweiſen, die Beobachtung des Arbeitsmarktes, gegebenenfalls die
Fachvermittlung in einem weiteren Bereich ſowie Berufsberatung und
Lehrſtellenvermittlung. Als Förderer des Arbeitsnachweisgedaukens
er=
wartet man von den Landesarbeitsämtern, daß ſie ſich tatkräftig des
Ausbaues einer lückenloſen und leiſtungsfähigen
Arbeitsnachweisorgani=
ſation örtlicher Inſtanz annehmen und gleicherweiſe der Heranbildung
fachlich geſchulter Kräfte.
Die Aufſicht betreffend, hat der Städtetag ſchon von Anfang an
nach=
drücklich den Standpunkt vertreten, daß neben der allgemeinen
ſtaats=
behördlichen Kommunglaufſicht es keiner beſonderen „fachlichen Aufſicht
über den von der Gemeinde verwalteten Arbeitsnachweis bedürfe. Die
Prax”, zeigt immer mehr, wie richtig dieſer Standpunkt war.
Ein einzelner Verwaltungszweig, der ſo wie der Arbeitsnachweis
in engſter Wechſelbeziehung mit zahlreichen anderen Aufgaben der
Ge=
meindeſelbſtverwaltung ſteht, darf nicht aus dem regelmäßigen
Verhält=
nis der Staatsaufſicht zu den Gemeinden losgelöſt und einer gerrennten
ſonderbehördlichen Fachrufſicht unterſtellt werden. Oberſter Grundſatz
vernünftiger Verwaltu gsreform iſt Einfachheit und Ueberſichtlichkeit
des Behördenaufbaues und Vermeidung von Sonderbehörden, weil ſie
unwirtſchaftlich ſind.
Die wirtſchaftlichen Funktionen der Landesämter für
Arbeitsver=
mittlung laſſen ſich mindeſtens ebenſo gut erfüllen von gut ausgebauten
örtlichen Arbeitsnachweiſen, die als Zeutralen eines umfaſſenderen
Wirt=
ſchaftsgebietes eine anerkannt führende Stellung einnehmen, oder aber
auch von den Verbänden der örtlichen Arbeitsnachweiſe in einem
be=
ſtimmten Bezirk.
Insbeſondere der überörtliche und überberufliche Ausgleich und die
zwviſchenörtliche Fachvermittlung für größere Wirtſchaftsbezirke werden
ſich mit größerer Sachkunde und gleichem Erfolge von den in der
prak=
tiſchen Vermittlungsarbeit ſtehenden hochentwickelten Arbeitsnachweiſen
der größeren Städte wahrnehmen laſſen. Auch die gegenwärtig beſonders
bedeutſame Vermittlung der auf den ſtädtiſchen Arbeitsmärlten
über=
ſchüſſigen Arbeitskräfte in ländliche Arbeitsſtellen wird, ſei es in dieſer
Weiſe oder etwa auf der Grundlage eines Verbandes der
Arbeitsnach=
weisträger, der ſich an einen großſtädtiſchen, zentralen Arbeitsnachweis
wird anlehnen können, gut löſen laſſen.
Die Aufgabe der Beobachtung des Arbeitsmarktes, der Aufſtellung
von Statiſtiken und der Erſtattung von Berichten über die Entwicklung
des Arbeitsmarktes, Stellengeſuche und =angebote, Zahl der E=
werbs=
loſen uſw. können von den ſtatiſtiſchen Aemtern der Städte und vom
den höheren V.xwaltungsbehörden mit erledigt werden.
Auch die Verufsberatung und Lehrſtellenvermittlung, deren Werk
für die Geſundung unſerer wirtſchaftlichen Verhältniſſe nicht unterſchätzt
werden ſoll, werden beſſer dem Organismus großſtädtiſcher
Arbeitsnach=
weiſe anzugliedern ſein.
Die Ueberwachung der gewerbsmäßigen Arbeitsnachweiſe wird
ziueifellos beſſer von dem Träger des örtlichen öffentlichen
Arbeitsnach=
weiſes ſelbſt in die Hand genommen. In der Ueberwachungstätigkeit
kann, ohnehin nur durch die Vermittlung der örtlichen
Arbeitsnachweis=
organe etwas ausgerichtet werden. Durch die Befaſſung der von den
Verhältniſſen entfernteren Landesämter werden nur Schreibwverk und
Verwaltungsarbeit unnötig vermehrt.
Das Arbeitsnachweisgeſetz ſtellt es zwar den oberſten
Landesbehör=
den frei, ob ſie die Landesämter als ſelbſtändige Behörden errichten
oder ſie einer ſtaatlichen oder kommunalen Verwaltungsbehörde
anſchlie=
ßen wollen, es ſteht aber der Wahl der zweckmäßigſten und am
weuig=
ſten koſtſpieligen Verwaltungsform, die ſich nur aufbauen kann in
organiſcher Angliederung an den vorhandenen ſtaatlichen und
gemeind=
lichen Behördenorganismus dadurch im Wege, daß es von Reichswegen
ein ſtarres Schema fachlicher, bezirklicher Mittelbehörden mit einent feſt
umriſenen obligatoriſchen Aufgabenkreis vorſchreibt, insbeſondere dieſen
iſt daher notwendig, zu einer anderen geſetzlichen Regelung der
Arbeits=
nachweisfunktionen zu kommen. Dies kann aber nur geſchehen, weun
die Grundlagen der Organiſation im Arbeitsnachweisgeſetz elaſtiſcher
geſtaltet werden, ſo daß je nach den örtlichen und ſtaatsrechtlichen
Be=
ſonderheiten die Ausführung ſich den Verhältniſſen anzupaſſen vermag.
Wenn mit einem organiſchen Verwaltungsabbau durch
Zuſammen=
legung der von verſchiedenen Behörden ausgeübten Funktionen Ernſt
ge=
macht werden ſoll, ſo meinen wir, ſchreibt der Deutſche Städtetag in
ſeinen „Mitteilungen”, daß die gegenwärtige Ordnung der
Arbeitsnach=
weisinſtanzen beſonders dringliche Veranlaſſung zu einer derartigen
Maßnahme bietet. Gerade weil wir großen Wert legen, auf die
Er=
haltung einer leiſtungsfähigen öffentlichen Arbeitsvermittlung, der große
volkswirtſchaftliche und ſoziale Bedeutung zukommt, halten wir es für
notwendig, auf dieſem Gebiet den Weg der Reform unverzüglich zu
be=
ſchreiten. Die Städte haben ein dringliches und berechtigtes Intereſſe
an einer zweckmäßig aufgezogenen Organiſation des Arbeitsnachweiſes,
die gut und reibungslos, aber auch mit dem geringſten Koſtenaufwande
arbeitet.
Stimmen aus dem Leſerkreiſe.
(Für die Veröffentlichungen unter dieſer Ueberſchrift übernimmt die Redalfion keinerlet Ver=
Brund des 4 21 Abf. 2
ſir ſie bleibt auf C
geſſegeſehzes in vollem Umfange
der Ein
der vere
— Einſendungen, die
orſich.
prwendet werden, können nſcht
zurücgeſandt, die Abſebnung nicht bemründet werden.
Der Straßenlärm bei der Stadtkirche
iſt durch die Kraftfahrer ſo ſchlimm geworden, daß irgendwie
einge=
ſchritten werden muß. An den letzten Feiertagen erlebten es in dieſem
ungünſtig gelegenen Gotteshauſe viele Tauſende, wie ſtörend das
unauf=
hörliche Schellen und Pfeifen und Knattern und Tuten iſt. Vor Jahren
verbot die Polizei den Fuhrleuten, ſich unnötig bemerkbar zu machen.
Wie geringfügig iſt aber das Peitſchenknallen gegenüber dem Rattern
und Dröhnen, dem man jetzt in der Stadtkirche ſchutzlos ausgeliefert iſt!
In jeder anderen Verſammlung wird man weniger beläſtigt. Am
widerwärtigſten iſt der Lärm, wenn er den Genuß einer Aufführung
hindert wie am Abend des Palmſonntags bei Schütz Matthäus=Paſſion.
1500 Gemeindeglieder hatten ſich eingefunden, um das Meiſterwerk auf
ſich wirken zu laſſen; aber alle paar Takte brach unverſchämt der Lärm
eines Kraftwagens oder Knatterrades herein und überſchrie alles
Schöne, was da geſpielt und geſungen ward. Es wäre doch wohl
mög=
lich, für ſolche Stunden den Durchgangsverkehr abzulenken, oder den
Fahrzeugen das greuliche Jagen abzugewöhnen! Wenn ſie die kurze
Strecke an der Stadtkirche langſam führen, dann hätten ſie das
nerven=
zerrüttende und ohrenbetäubende Kreiſchen nicht nötig.
Rummer 118.
Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 28. April 1924.
Seite 5.
Sport, Spiel und Turnen.
* Targa und Coppa Florio.
fahrt im Rennwagen.
Von unſerem Sonderberichterſtatter Siegfried Doerſchlag.
Termini/Palermo, 24. April.
den, werden Targa und Coppa Florio, des Kontinents, ja,
wahr=
ſcheinlich der Welt bedeutendſte Autowettbewerbe, ſchon der
Ver=
gangenheit angehören. Noch nie waren ſeit Kriegsbeginn ſo
hochqualifizierte Fahrer der automobilprodnzierenden
euro=
päiſchen Länder auf ſo erleſenem Maſchinenmaterial irgendwo bei. Nun wilde, verwegene Jagd. Der Franzoſe kann mit
zuſammengetroffen. Deshalb iſt dieſe Targa und Coppa Florio
das Reunen der Meiſter vom Lenkrade und das Rennen der
er=
brobteſten europäiſchen Marken. Aus Deutſchland und Franr= Reißt ihn um die Kurven, daß die Pneus die Strecke zerreißen
keich, aus Italien und Oeſterreich ſind Wagen und Fahrer ge= und aufgewühlte Steine jählings um ſich ſpritzen. Die
Conti=
kommen, und unter denen, die täglich ihre ſchnellen Nennwagen
über die Strecke jagen, iſt noch nicht einer, der nicht ſchon irgend
einen großen Erfolg errungen hätte. Von deutſchen Teilnehmern bereits fünfmal die Rundſtrecke um das ſchneegekrönte Madonie=
Klaſſenſieger der vorjährigen Allruſſiſchen Zuverläſſigkeitsfahrt,
mit dem ſieggewohnten Willy Scholl, der mit der Madonie=
Rundſtrecke ſchon vom vorjährigen Start her vertraut iſt, dem
altbewährten Oberingenieur Philipp (der zum Unterſchied ferne Staubwolke hinten hinter ein paar Dutzend, im. Fluge
von allen anderen deutſchen Fahrern infolge Nachnennung nur
die Targa Florio beſtreiten w
chlager, Werner, Sailer und dem Oeſtereicher
Neu=
bauer, und ſchließlich das Steiger=Team mit Maier=
Burgrieden, mit dem Klaſſenſieger vom Internationalen
Klauſenrennen, Walter Kaufmann, dem im Vorjahre
mehrfach preisgekrönten „kommenden Mann”, unter den
inter=
nationalen Autogrößen, und mit Kolb=München, der erſt
jüngſt die Garmiſch=Partenkirchener Winterweitbewerbe als
Schnellſter aller Teilnehmer verließ. Ihnen ſtehen die
gefürch=
tetſten Größen des Auslandes gegenüber: Rützler, der
ſieg=
gewohnte Steiermärker, auf Stehr, Graf Maſetti, der 1921
den Florio=Schild auf Mercedes gewann und der diesmal einen
Alfa=Romeo=Spezialwagen ins Rennen bringt, der waghalſige
Franzoſe Goux auf Ballot, die temperamentvollen Fiat=Fahrer
Bordino und Salamano, (die in ihrer Klaſſe die
Haupt=
gegner von Aga ſind, Sandonino auf Itala, Lucena
auf Ceirano, die Franzoſen Boillot und Foreſti auf
Peu=
geot, Graf Antonelli auf jenem Mercedes=Wagen, auf dem
Graf Maſetti 1921 Targa=Florio=Sieger wurde, Minoja auf
Stehr u. a. m. — Sieger der Tarda Florio iſt ohne Unterſchied
der Motorſtärke derjenige, der am ſchnellſten fährt. Die Coppa
Florio kennt Klafſenſieger. Die Fahrzeuge ſind je nach
Motor=
ſtärke in 6 Klaſſen eingeteilt. Aga hat Fiat gegen ſich,
Mer=
cedes die italieniſche Marke Bianchi und den franzöſiſchen
Vallot=Wagen Haimowiczis. Steiger hat gegen drei
Itala=Wagen, einen Ceirano, einen Diatto, zwei
Alfa Romeo, den Gouxſchen Ballot und drei italieniſche
Faſt=Wagen einen ſchweren Stand, um ſo ſchwerer, als die
Steiger=Wagen die einzigen ſind, die ohne Vierradbremſe in
die=
ſes Rennen gehen, das mit ſeinen 1562 Kurven auf jeder
Rund=
ſtrecke (jede Runde 108 Km.) vor allem eine Gewaltprobe
der Bremſen iſt, wie ſie anſtrengender nirgendwo in der
Welt geboten wird.
Bunt dies Leben im kleinen ſizilianiſchen Städtchen
Ter=
mini, eine Autoſtunde von Palermo entfernt, vom blauen Meer
umſpült und an trutzig aufſtarrendes Bergreich angeſchmiegt.
In weiten, kahlen, fenſterloſen Schuppen die Garagen der
teil=
nehmenden Wagen. Hier wird gebaſtelt, geprobt, den ganzen
lieben Tag. Hier werden Fabrikgeheimniſſe ängſtlich vor den
Augen Unberufener behütet — hier wird verbeſſert und geſchafft
in fieberhaftem Eifer, Und dann ſchießen die weißen, roten,
blauen, grauen Rennwagen plötzlich aus dieſen Schuppen hervor
und durchknattern das altertümliche orientaliſche Städtchen, daß
hochtouriges Motorengebrumm weithin hörbar iſt über Berg
und Meer. Die Deutſchen weiß (mit Ausnahme der drei
Mer=
cedes=Fabrikwagen, die rotlgckiert ins Rennen gehen), die
fran=
zöſiſchen Wagen blau, die öſterreichiſchen Steyr=Wagen grau mit
rot, die Italiener feuerrot, — ſo ſind die Nationalitäten ſchon
rein äußerlich zu erkennen. 12 Kilometer ab von dieſem
Städt=
chen mit einer armfeligen, bedürfnisloſen Bevölkerung, liegen
dann Start und Ziel der Madonie=Rundſtrecke. Nur, wer ſie
kennen gelernt hat mit ihren unbeſchreiblichen, ſchier
phantaſti=
ſchen Schwierigkeiten, — nur der wird ermeſſen können, welche
Leiſtungsprobe hier Fahrer und Fahrzeuge zu beſtehen haben;
Gigantiſche!
*
Trginingsfahrt im „Steiger=Wagen. Walter
Kauf=
mann=Stuttgart am Steuer. Wolkenlos blauer Himmel über
dem tiefblauen Meer und über den ſizilianiſchen Bergen.
Drun=
ten am Meere blühende Zitronenwälder, Oliven, üppiges,
tropi=
ſches Grün. Hoch oben auf den ſteilaufragenden Berggipfeln
weißglitzernder, tiefer Schnee. Die Landſtraße eingefaßt von
übermannshohen Kakteen, verkrüppelt, bizarr. Wenige Minuten
von Termini ſind wir am Start und Ziel, an den Tribünen.
Und dann geht es los! Wildaufichreiender Motor und
ſtaub=
aufquirlenden Wagen. Keine 100 Meter Gerabſtrecke, Kurve auf
Kurve. Vorbei in raſender Fahrt an Kakteen und Agaven,
bremsknirſchend hinein in zerfahrene Spitzkurven, heraus mit
Vollgas im zweiten, dritten Gang. Der Wagen bäumt ſich, zuckt
zuſammen, ſchleudert — die Vorderräder ſtehen in Scharfkehren
faſt quer — jeder Teil am Wagen wird aufs äußerſte beanſprucht.
Löcher in der Straße, über die der Steiger hinwegſpringt in
tollen, undändigen Sätzen. Bei denen ich mich auf dem
ſchma=
len Beifahrerſitz feſtklammern muß an Griff und Karoſſeriekante,
um nicht hinausgeſchleudert zu werden. Bei denen die Federn
ächzen und das ganze Fahrzeug ſchmerzhaft zuſammenzuckt und
dain doch wieder aufgeriſſen wird durch einen Druck auf den
Beſchleuniger zu noch rafenderer, ſieghafter Fahrt.
In ſteilen Serpentinen geht es hoch, Kurve um Kurve. Nie
überſichtliche Straße, nie auch nur ein paar hundert Meter weit
die Möglichkeit, einmal die Zügel ſchießen und dem Steiger freie
Fahrt zu laſſen. Kaum raſt der Motor mit 3000, 4000 Touren,
da heißts ſchon wieder Hand an die Bremſe, den Wagen
herum=
ſchleudern laſſen um die Kehre, daß die Steine gegen die
Fels=
wände praſſeln, und dann wieder Bremſen los und Vollgas,
was der Motor zu leiſten vermag. Aus grüner, ſüdländiſcher
Flora im Nu herauf in kahlfelſiges Hochgebirge. Wo nicht weit
über uns Schneefirne lachen. Wo kalte Winde ſtreichen. Wo
Ge=
röll auf den Straßen liegt und kilometerweit, Schotterſteine.
Knapp ein halb Meter hohe Wände trennen die Straße von
ſtei=
len, furchtbaren Gründen. Nie an ſie denken . . . vorwärts
preſchen laſſen den Wagen und die Rechte rechtzeitig am
Brems=
hebelt Den Gefahren trotzen, die jede der zahlloſen, ſich
ununter=
brochen gneinanderreihenden Kehren bietet. Nicht achten der
jäh abfallenden Steilſchluchten, nicht achten der wild
aufragen=
den Felswände, nichr der von Kakteen und ſtachligem Geſtrüpp
eingefaßten Kurven! Wen der Mut verläßt, das Selbſtvertrauen,
das Vertrauen in die Güte der Bremſen — auch nur den
Bruch=
teil einer Sekunde einmal —, der gerät aus der Bahn. Wird
zerſchellen, ſich und ſein Fahrzeug.
Das müſſen Männer ſein, die dieſes Nennen beſtreiten,
Männer don ſtahlhartem Willen und nie verſagender
Geiſtes=
gegenwart. Heroen des Sports. Und das muß ein Material
ſein, das hier ins Treffen geſchickt wird, das erprobt iſt und
das Beſte vom Beſten! Ein Achsſchenkelbruch, ein Federbruch,
ein Radbruch oder Lagerſchaden kann nicht nur die
Renn=
chancen, kann auch das Leben koſten. Vertrauen, abſolutes
Ver=
trauen zum Material, bedingungsloſes Vertrauen zum Konſtruk=
Eurdpas bedeutendſtes Landſtraßen=Autorennen — Trainings= teur des Wagens, Vertrauen auf die Bereifung — das iſts, was
jeder Fahrer haben muß. Und auch jeder Beifahrer.
wird dichter, die Straße unüberſichtlicher. Wildzerklüftetes Fels=
Went dieſe Zeilen in der deutſchen Heimat erſcheinen wer= gebirge, durch das ſich unſer Wagen toſend und ſpringend den
Weg bahnt. Steil herauf beſchotterte Bergkehren. Dann liegt
er vor uns, der Verfolgte. Ein blauer Wagen, ein Franzoſe.
Eine Geradſtrecke von knapp 50 Metern. . . Unſer hochrafſiger
Steiger macht einen Satz und iſt im Nu an dem Franzoſen
vor=
meiſtert ſeinen Steiger=Wagen auch ohne die Vierradbremſen. Rote Polizeinummer iſt zuläſſig. Start und Ziel ſind unterhalb
Cord=Reifen (und alle deutſchen Wagen ſind mit Continental=
Cord bereift) halten der Ueberanſpruchung ſtand, trotzdem ſie
finden wir die vielerprobte Aga=Maunſchaſt mit Stahl, dem Felsmaſſiv abſolviert und vorher die Fahrt Württemberg—
Sizi=
lien ausgehalten haben. Eine Hochleiftung der Reifentechnik!
Meter um Meter gewinnen wir Vorſprung vor dem ſich
hart=
näckig wehrenden Franzoſen. Dann erſcheint er nur noch als
haarſcharf durchmeſſener Kurven. Mich ſchmerzen die Hände
vom Feſthalten. . . Schuhe, Strümpfe ſind durchtränkt, vom
Hinterrad aufgewirbeltes Geſtein hat mir die Hand verletzt.
Gleichgültige Sachen! Nur vorwärts, vorwärts iſt die Parole.
Noch 20 Kilometer — dann iſt die Madonie=Rundſtrecke
be=
zwungen.
Weit, blau, unendlich blau liegt das Meer vor uns.
Win=
zige weiße Segel an der Kimm. Hinter uns iſt Felsgebirge.
Wir jagen durch üppige, tropiſche Flora. Palmen, Apfelſinen,
Kakteen, Agapen, fremde, buntwuchernde Gewächſe. Und nun —
nun weitet ſich plötzlich der Blick — gibt Sicht über eine 7
Kilo=
meter lange Geradſtrecke. Längs des Strandes. Vierter Gang
hinein und mit Vollgas geradeaus! Aber welche Straße! Loch
an Loch. Waſſerraſten querdurch hervorſtehende Steinklicke —
die Räder raſen, der Motor ſingt in höchſten Touren, der Wagen
ſpringt in unwilligen, zornigen Sätzen. Muß mit brutalem
Griff wieder aufgefangen werden und dann wieder aufgepeitſcht
zur höchſten Leiſtung. Feſtgeklammert und doch nicht feſt genug,
ſo hockt man in der Karoſſerie. Steinkrümel ſchlagen ins Geſicht.
Hände, Füße, alles ſchmerzt. Aber weiter geht’s, der Motor
heult und ſchnauft, und dann wieder kakteenumfaßte Kurven.
Und dann plötzlich auftauchend die Steintribüne das Ziel ...."
1:50 ſind wir die 108 Kilometer lange Strecke gefahren, trotz
noch nicht geſperrter Rundſtrecke nur wenig länger, als der
Rundenrekord. Durchſchnittstempo 63 Kilometer — eine
Lei=
ſtung, auf die Walter Kaufmann ſtolz ſein kann. Und Steiger.
Und Continental. Eine Leiſtung, die hervorragend iſt für eine
Trainingsfahrt im Wagen ohne Vierradbremſung. Wohl ſind
die Bremſen heiß. Die Pneus glühen. Bis zum Großkampftag
wird beides ergänzt. Und dann — dann ſoll’s noch heißer
her=
gehen als heute!
Wie die deutſchen Wagen auch abſchneiden mögen, ob
ſieg=
reich oder im geſchlagenen Felde: wenn ſie die Madonie=
Rund=
ſtrecke fünfmal im Rennen durchmeſſen haben werden, ſo haben
ſie ſchon damit eine Großleiſtung vollbracht. Mercerdes hat die
Erfahrungen für ſich; ſchon einmal wurde der Florio=Schild auf
Mercedes gewonnen. Für Aga und Steiger iſt dies Rennen
auf unwegſamen ſizilianiſchen Gebirgspfaden neu. Steiger iſt
von vornherein durch das Fehlen der Vorderradbremſen auf
dieſer Strecke benachteiligt. Die Trainingsleiſtungen beider
Mannſchaſten, der von Aga ſowohl wie der von Steiger, laſſen
ein ehrenvolles Abſchneiden erwarten. Der Kampf wird hart.
Und es geht hier nicht nu; um Fahrer und Fabrikate, es geht
auch um nationale Ehre, um deutſchen Ruf. Seine Verteidigung
ruht in guten Händen.
Werner gewinnt auf Mercedes Targa Florio
und Coppa Florio.
Im großen internationalen Rennen auf der ſizilianiſchen
Rundſtraße der Madonie (108 Kflometer) iſt der deutſche
Renn=
fahrer Werner auf Mercedes ſowohl im Targa Florio=Preis
(4 Runden gleich 432 Km.), als auch im Coppa Florio=Preis
(5 Runden gleich 540 Km.) als Erſter angekommen und hat
ſo=
mit einen dopelten Sieg errungen.
Im 540=Nilometer=Rennen um den Becher folgten ihm als
Zweiter Maſetti auf Alfa Romeo, als Dritter Campari auf Alfa
Romeo und als Vierter Boillet auf Peugeot.
In dem Targa Florio=Preis wurde Zweiter Maſetti auf
Alfa Romeo, Dritter Bordino auf Fiat, Vierter Campari auf
Alfa Romeo.
Das Rennen verlief infolge der ſtarken internationalen
Be=
teiligung ſehr ſpannend. In der Targa Florio hatte bis kurz vor
dem Ziel Ascari auf Alfa Romeo geführt. Er ſchied dann durch
Gleiten des Wagens aus. Der Becher=Florio=Preis wird jetzt
noch einmal unter den 7 Automobilmarken ausgetragen werden
müſſen, die ſeit ſeinem ſiebenjährigen Beſtehen je einmal den
Preis gewonnen haben. Es werden ſich dann vor allem Fiat,
Itala, Ballot, Peugeot und Meredes beteiligen, die ſich auch
geſtern den Preis ſtreitig machten.
Siege der Darmſtädter Putomobilinduſtrie
in Kiſſingen.
* Bei dem geſtrigen Automobilrennen in Bad. Kiſſingen
waren die beiden gemeldeten Darmſtädter Fafagwagen ſiegreich.
Graf Hagenburg errang in der Induſtrieklaſſe auf ſeinem
4=PS=Fafagwagen den erſten Preis und fuhr dabei die ſchnellſte
Zeit des Tages und wurde „Bergmeiſter der Rhön”. Graf
Hagenburg fuhr in dieſem Rennen die gleiche Zeit, die im
Vor=
jahre Jörns auf 200=PS=Opel fuhr.
Herr Stumpf=Lekiſch errang in der Privatklaſſe auf 4=PS=
Fafag den zweiten Preis und Graf Hagenburg ferner in der
Nennklaſſe der Stärke ſeines Wagens den erſten Preis.
Ausführ=
licher Bericht folgt.
Welt=Automobilkongreß in Detroit.
ihren Sitz haben, wird vom 21. bis 24. Mai durch die National; von wirklicher Turnarbeit beſtehen und daß gerade die Schüler und
Automobile Chamber of Commerce ein Welt=Automobilkongreß Schülerinnen, wenn ſie der Fahne treu bleiben, gute Vertreter der
Turn=
folgendermaßen angegeben: „Durch gegenſeitige Mitwirkung der am 3. Mai zeigen will, iſt ganz ungewöhnlich viel, denn neben der Fülle
Nationen eine beſſere Würdigung der Bedeutung des
Kraft=
nis über die Bedingunen, von denen die weiteſte Verbreitung des
Kraftfahrzeuges als Beförderungsmittel in der ganzen Welt ab= übungen, Turnen am Barren und Reck, Einzeltänze und
Pyramiden=
hängt, und von den Vorteilen, die allen Menſchen dadurch geboten, ſtellen ſind in dem reichhaltigen Programm vorgeſehen. Nur noch einige
werden, herbeizuführen.” Auch Deutſchland iſt zu dieſem Kon= Tage trennen uns von dem Schauturnen und reichliche Arbeit iſt noch
mobil=Händlerverbandes hat am Donnerstag in Hamburg mit zahlreiches Erſcheinen. Auf die demnächſtigen Bekanntmachungen in den
dem Dampfer „Albert Ballin” die Ueberfahrt angetreten. In Zeitungen wird noch beſonders hingewieſen. Karten ſind ab heute
den Wochen bis zum Kongreßbeginn wird die deutſche Abordnung Montag, 28. April, beim Hausmeiſter für Mitglieder zu 50 Pf. und
die amerikaniſche Kraftverkehrswirtſchaft eingehend ſtudieren,
Hermann Sternfels Erinnerungs=Rennen
„Rund um die Ludwigshöhe‟.
Der Heſſiſche Motorradklub e. V., Darmſtadt, erläßt jetzt die
Hinter der Felſenſtadt Polizzi vor uns eine Staubwolke. Ausſchreibung für das am Sonntag, den 18. Mai ds. Js., ſtatt=
Ihr nach, was Fahrzeug und Fahrer zu leiſten vermögen. Sie findende Hermann Sternfels Erinnerungs=Rennen „Rund um
die Ludwigshöhe‟.
Das Rennen iſt danach offen für alle A. D.A. C.=Mitglieder.
Ueber die Annahme der Meldungen behält ſich jedoch der
Sport=
ausſchuß des H.M.C. die endgültige Entſcheidung ohne Angabe
von Gründen vor. Die Motorräder müſſen tonrenmäßig
ausge=
ſtattet ſein, d. h. mit Schutzblech, Auspuffrohr, vorſchriftsmäßigen
Bremsvorrichtungen und Hupe. Die Fahrer müſſen im Beſitz
Vierradbremſe toller in die Kurven gehen. Doch Kaufmann der vorgeſchriebenen Papiere für ſich und ihre Maſchinen ſein.
Böllenfalltor. Die Abnahme der Maſchinen erfolgt am Samstag,
den 17. Mai, nachmittags zwiſchen 5—7 Uhr im Garten des
Für=
ſtenſaales, Grafenſtraße 20. Die Maſchinen werden plombiert
und unter Aufſicht aufbewahrt. Für auswärtige Fahrer ſind
Quartiere bereitgeſtellt. Der Start beginnt pünktlich vormittags
6 Uhr in Gruppen mit einer halben Minute Abſtand. Die
Ma=
ſchinen können angeſchoben oder angetreten werden. Die
Renn=
ſtrecke beträgt 16,4 Kilometer (Rundſtrecke): Böllenfalltor,
Kur=
haus Trautheim, Nieder=Ramſtadt, Mühltal, Eberſtadt, Darmſtadt,
Landskron=Goetheſtraße, Böllenfalltor. Gewertet wird nur die
reine Geſchwindigkeit. Für jede Klaſſe ſind wertvoller
Ehren=
preis, außerdem Kranz und Schleife ſowie für die übrig plazierten
Fahrer Plakette vorgeſehen.
Es fahren in Klaſſe 1: Maſchinen bis 150 Kubikzentimeter
2 Runden. Klaſſe 2: Maſchinen bis 250 Kubikzentimeter
2 Runden. Klaſſe 3: Maſchinen bis 350 Kubikzentimeter 2
Run=
den. Klaſſe 4: Maſchinen bis 500 Kubikzentimeter 3 Runden.
Klaſſe 5: Maſchinen über 500 Kubikzentimeter 3 Runden.
Klaſſe 6: Maſchinen mit Beiwagen 3 Nunden.
Es iſt nicht geſtattet, mit ein= und derſelben Maſchine in
mehreren Klaſſen zu ſtarten. Beginn und Ende der Rennſtrecke
ſind durch Start= und Zielband gekennzeichnet.
Die Rennſtrecke iſt mit Winkerpoſten beſetzt, die mit Flaggen
verſehen ſind.
Schwenken der blauen Flagge bedeutet langſam fahren (
ge=
fährliche Kurve), Schwenken der gelben Flagge Gefahr, ſofort
halten, weitere Weiſung abwarten.
Das Renngeld beträgt 10 Mark und iſt zahlbar ſofort bei der
Meldung, iſt jedoch ganz Reugeld und wird bei Nichtſtarten nicht
zurückvergütet. Meldungen mit Nenngeld, Namen,
Mitglieds=
nummer des A. D.A. C., Klubzugehörigkeit, Namien der Maſchine,
PS=Zahl, Hub und Bohrung ſind his zum 12. Mai, abends 6 Uhr,
an den Sportleiter, Fahrradhaus Georg Hahn, Darmſtadt, Große
Ochſengaſſe 12, Telephon 1590, zu richten. Nächmeldungen bis
zum 16. Mai, abends 6 Uhr, bei doppeltem Nenngeld. Proteſte
müſſen ſoſort bei der Rennleitung ſchriftlich unter gleichzeitiger
Zahlung einer Proteſtgebühr von 50 Mark eingereicht werden.
Eine Rückvergütung erfolgt nur, wenn der Proteſt als berechtigt
anerkannt wird. Der Erfolg des Schiedsſpruchs iſt unantaſtbar.
Sämtliche Fahrer fahren auf eigene Rechnung und Gefahr und
haben die polizeilichen Vorſchriften genau zu beachten. Für
ent=
ſtehende Unfälle, insbeſondere auch für entſtehende Sachſchäden
lehnen die Veranſtalter jede Verantwortung ab. Die Teilnehmer
ſind allein und voll verantwortlich. Das Nennen findet bei jeder
Witterung ſtatt.
Durch die Meldung erkennen die Fahrer dieſe Beſtimmungen
an und ſind eventl. Anſprüche gegen die Bedingungen der
Aus=
ſchreibung völlig zwecklos.
Die Preisverteilung, verbunden mit Stiftungsfeſt, erfolgt am
Samstag, den 31. Mai, 8 Uhr abends, im „Fürſtenſaal‟,
Grafen=
ſtraße 20.
Hocken.
Vorrunde um den Silberſchild.
Süddeutſchland — Mitteldeutſchland 5:1 (1:0).
Die Vorrunde um den Silberſchild fand am Sonntag, 27.
April, um 11 Uhr, auf dem Platze des Sportklubs 1880 an der
Adickes=Allee ſtatt.
Mitteldeutſchland hatte folgende Mannſchaft entſandt: Heſſe
(A. S. C. Leipzig); Dr. Gaſt (Leipziger S. C.), Klopfer (
Sport=
freunde Leipzig); „Freiburg, Buſſe, Proft (ſämtlich L.S.C.);
Marczynſki (S.C. Marathon=Leipzig), Böſch, Flicek (L.S.C.),
Wilm (A. S. C. Leipzig), Wilm (A. S. V. Dresden).
Süddeutſchland ließ ſich vertreten durch: Ringler (Nürnberger
H. T. C.); Lieglein (Wacker=München), Fiſcher (Jahn=München);
Linſe, Richter (Nürnberger H. T. C.), Hormuth (H.C. Heidelberg);
Mohr, Ueberle (H. C. Heidelberg), Ell, Meier (Nürnberger H. T. C.),
Schlemmer (Jahn=München).
Die Tore fielen: 15. Min. Elle, 21. Min. Flicek, 30. Min.
Schlemmer, 31. Min. Meier, 33. Min. Ell, 38. Min. Meier.
Das Spiel war ſehr ſchnell und ſchön.
Darmſtädter Hockeyklub I — Alemannia=Worms I 6:0 (1:0).
In der erſten Spielhälfte verteiltes Spiel. D.H.C. iſt techniſch
beſſer, doch verderben die Stürmer viele Chancen durch
Abſeits=
ſtehen. Nach der Pauſe ſpielt Darmſtadt vollſtändig überlegen
und erzielt in ſchönem Zuſammenſpiel 5 weitere Tore.
Turnen.
Schauturnen der Turngemeinde Beffungen 1865 e. V.
Frühlingserwachen in der Natur an allen Orten und auch bei der
Turngemeinde Beſſungen auf dem Turnboden. Regſame Arbeit, guter
Turnſtundenbeſuch ermöglichen es, am Samstag, 3. Mai, mit
einem groß angelegten Schauturnen vor die Oeffentlichkeit zu
treten. Wochenlange ſchwere Arbeit liegt hinter der Vorturnerſchaft,
den Turnern und Turnerinnen, um das zu leiſten, was von dem erſten
Turnwart verlangt wird. Es iſt immer ſchon ein großer Erfolg, wenn
man Unterordnung unter einen ſtarken Willen feſtſtellen kann, denn
ohne dieſe Vorbedingung iſt keine ernſtliche fördernde Arbeit möglich.
Sieht man den Turnbetrieb bei der Turngemeinde einmai näher an,
In Detroit, der amerikaniſchen Stadt, in der die Ford=Werke, muß man unumwunden anerkennen, daß bei den Kleinſten gute Anſätze
veranſtaltet. Der Zweck des Kongreſſes wird in der Einladung gemeinde werden. Hoffen wir das Beſte. Was nun die Vorturnerſchaft
ſtehl die Schwierigkeit der einzelnen Uebungen. — Alle Abteilungen
wagens für den wirtſchaftlichen Fortſchritt und ein Einverſtänd= treten an, um zu zeigen — je nach dem Fortſchritt ihrer Turnausbildung
—, was ſie leiſten können. Freiübungen, Geſellſchaftsübungen,
Stab=
greß eingeladen. Eine ſtarke Delegation des Deutſchen Auto= zu leiſten, deshalb Turner und Turnerinnen, lohnt dieſe Arbeit durch
Hi.
Nichtmitglieder zu 1 Mk. zu haben,
Seite 6.
Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 28. April 1924.
Nummer 118.
Fußball.
F.=C. Eintracht 1. — Spgg. Union Liga 4:1 (1:1).
Nch. Das nachträglich noch auf den Eintracht=Platz verlegte
Spiel der obigen Mannſchaften brachte inſofern eine
Ueber=
raſchung, als es einen glatten Sieg der Eintrachtler erbrachte
Union ſtellte heute eine beſſere Elf ins Feld als am Samstag
gegen V. f. R., u. a. wirkten heute Roller, Gimbel und Pockrandt
im Tore mit. Dagegen erſchien der Platzverein mit zwei
Erſatz=
leuten, die ſich aber gut einpaßten. Der Anſtoß von Union
en=
dete im Aus. Heftige Angriffe beiderſeits unterbinden die
Ver=
teidigungen. Mitte der erſten Halbzeit kann Roller eine Flanke
des Linksaußen einſchieben. 1:0 für Union. Eintracht gibt ſich
nicht geſchlagen. Einige Alleingänger von Mühlbach I.
unter=
bindet der in guter Form befindliche Gimbel ſchön. Eintracht
drückt und kommt in ſchnem Paßſpiel vor das Union=Tor und
ſchon kann Mühlbach II. einſchieben. 1:1. Eintracht will ſiegen
und ſpielt wunderſchön „aber Gimbel und Gerſtenmeyer ſowie
Pockrandt, der u. a. einige ſcharfe Schüſſe in die äußerſte Ecke
glänzend hält, laſſen keine Erfolge zu. Roller ſcheidet infolge
ſeiner alten Verletzung aus und wird nach einigen Minuten durch
Jakob erſetzt. Bei Halbzeit ſtand das Spiel 1:1.
Nach Wiederantritt iſt Eintracht nicht mehr zu erkennen.
Sie iſt Herr aller Situationen. Beſonders Verteidigung und
Läuferreihe laſſen den Gegner nicht zu Erfolgen kommen. Als
Mühlbach I. den Ball wieder einmal zugeſpielt bekommt, ſtoppt
und ſchießt, hatte Pockrandt abermals das Nachſehen. 2: 1 für
Eintracht. Jetzt greift der Union=Sturm energiſcher an, hat aber
mit ſeinen Schüſſen kein Glück. Ein von Mühlbach II. erzieltes
Tor wird auf Reklamation von Union nicht gegeben. Als Neeb
das dritte und bald darauf das vierte Tor für ſeine Farben
erzielt, war das Spiel entſchieden. Der Schlußpfiff ſah die
Ein=
trächtigen als überlegenen Sieger den Platz verlaſſen. Die
Ein=
tracht ſpielte heute wieder einmal und war ihrem Gegner in allem
überlegen. Ihr gebührt ein Geſamtlob. Bei Union Torhüter
und Verteidigung gut. Läuferreihe mehr Platz halten. In
Sturm fehlte der Erfolge bringende Schuß. Eine
Unſportlich=
keit war es, daß ſie den Sportruf unterließ. Man muß auch eine
Niederlage vertragen können, auch wenn ſie von einer eine Klaſſe
tiefer ſpielenden Mannſchaft herbeigeführt wird. Dem
Unpar=
teiiſchen wurde in der zweiten Hälfte ſein Amt ſchwer gemacht.
Zu Ehren der Spieler muß geſagt werden, daß nicht ſie es waren,
ſondern die an eine Niederlage ihrer Mannſchaft nicht glauben
wollenden Union=Anhänger.
Es ſei heute ſchon auf das am Donnerstag ſtattfindende Spiel
Eintracht 1. gegen Sportverein 98 Liga komb. hingewieſen. —
Näheres folgt.
Eintracht 2. — Erbach 1. 1:5.
Eintracht 1. Jgd. — Eberſtadt ausgefallen.
Eintracht
Jgd. — Arheilgen 2:0.
Eintracht 1. Schüler — Arheilgen 0:3.
Spiel um die B=Meiſterſchaft.
Eppertshauſen — Lengfeld 3: 2.
Um die ſüddeutſche Meiſierſchaft.
Spielvereinigung Fürth — 1. J.Tl. Nürnberg 1:1 (1:0).
Stuttgarter Kickers — Fußballſportverein Frankfurt 3: 1.
Das Tor ſchoß Franz. Für Nürnbesg glich kurz nach der
Pauſe Hochgeſang aus.
Dritte Pokalrunde im Mainbezirk.
Sp.=C. Bürgel — V.f. L. Neu=Iſenburg 2:1.
Dieſes Spiel bedarf beſonderer Erwähnung, da es durch
den Schiedsrichter entſchieden wurde. Dieſer ließ nach Ablauf der
üblichen Spielzeit zweimal 15 Minuten nachſpielen und hätte
daun abbrechen müſſen. Dies tat er jedoch nicht, ſondern lief
aßungswidrig nochmals 15 Minuten ſpielen. In dieſer Zeit fiel
für Bürgel das zweite Tor. Schiedsrichter war Knab=Stuttgart.
Jubiläums=Turnier der Sportfreunde Frankfurt.
Zum 20 jährigen Jubiläum hatten die Sportfreunde
Frank=
furt drei Gegner verpflichtet, die ſich in einem Fußballturnier
trafen. Am Samstag trat an T.= u. Sp.=Gemeinde Höchſt gegen
Helvetia Frankfurt. Das Spiel endete unentſchieden 1:1. —
Sportfreunde Frankfurt ſiegten über Olympia Frankfurt 2:0. —
Durchs Los wurde Helvetia als Sieger erklärt und ſpielte am
Sonntag mit Sportfreunden. Letztere gewannen verdient mit
3:1. — Um den 3. und 4. Platz ſpielten ſodann Olympia
Frankfurt und Höchſt. Olympia blieb Sieger mit 4:2. Das
End=
ergebnis iſt: 1. SportfreundeFrankfurt, 2. Olympia, 3. Helvetia,
4. T.= u. Sp.=Gemeinde Höchſt.
Weitere Ergebniſſe:
Viktoria Aſchaffenburg — Germania Frankfurt 1:3.
Sp.=Vgg. Leipzig Wacker Halle 2:1 (0:0).
Sportfreunde Breslau — Sp.=Cl. Jauer 2:0.
Sp.=V. Sagan — Vorwärts Gleiwitz 6:2.
F.=C. Zürich — Young Fellows Zürich 1:0.
Komet Bremen — Holſtein Kiel 4:3.
Viktoria Hamburg — Slavia Prag 2: 2.
Eimsbüttel 93 — Altona 6:
Berlin — Budapeſt 1:4 (0:
Sparta Prag — Hamburger Sp.=V. 1:0 (1:0).
Holland — Belgien 1:1.
Rugby.
Um die deutſche Meiſterſchaft.
F.-Cl. Heidelberg=Neuenhain gegen Viktoria Linden in
Han=
nover. Heidelberg gewann mit 8: 3.
Frühjahrswettſpiele in Fauſtball des Main=Rhein=Gaues
der Deutſchen Turnerſchaft.
Geſtern fand auf dem Platze der Turngemeinde Beſſungen
ein Teil der diesjährigen Frühjahrswettſpieie ſtatt. Vom
Mor=
gen bis zum ſpäten Nachmittag tummelte ſich hier die Jugend
bei friſch=fröhlichem Spiel. Waren es doch nicht weniger wie
6 A=,8 B=, 6 Jugend= und 7 Schülermannſchaften, die eine rege
Tätigkeit entfalteten. Leider ließ die Zuſchauerzahl zu wünſchen
übrig. Schuld hieran mag das Unbekanntſein dieſes Spiels bei
der Oeffentlichkeit ſein. Auch das Fauſtballſpiel iſt ein
Kampf=
piel, welches große Anſtrengungen an Körper und Geiſt ſtellt
und auch den Anforderungen der Zuſchauer vollauf gerecht
wer=
den dürfte. Die Sieger: A=Klaſſe: Tgmde. Beſſungen, Tgmde.
Darmſtadt, Büttelborn; B=Klaſſe: Tv. Arheilgen, Tv. Büttelborn,
Tgſ. Walldorf; Jugend: Tv. Arheilgen, Tgmde. Darmſtadt;
Schüler: Tv. Pfungſtadt, Arheilgen I.
Turngemeinde Darmſtadt 1846.
Die letzte Wanderung des laufenden Wanderjahres wird die
Wanderabteilung der Woogsplatz=Turngemeinde am nächſten
Sonntag, den 4. Mai, unternehmen. Dieſe Wanderung führt in
die in herrlicher Blütenpracht prangende Bergſtraße. Die
Marſch=
zeit beträgt etwa fünf Stunden. Die Verpflegung geſchieht aus
dem Ruckſack. Der Reichstagswahlen wegen iſt der Abmarſch
erſt um 9,30 Uhr vom Tierbrunnen an der Nieder=Ramſtädter
Straße. Bis um dieſe Zeit können die in Betracht kommenden
Turnbrüder und Turnſchweſtern ihr Wahlrecht ausgeübt haben;
die Wahlräume ſind ab 8 Uhr geöffnet. Zu vorſtehender
Wande=
rung, die an die Marſchleiſtung der Teilnehmer nur geringe
An=
forderungen ſtellt, ſei hiermit herzlichſt eingeladen; Gäſte ſind
freundlichſt willkommen.
H. M.
Quer durch Berſin.
Pferdeſport.
Letzter Tag der Frankfurter Frühjahrsrennen.
Nach ungeheurer, noch nie dageſeſener Preſſe= und
Propaganda=
vorbereitung brachte der Berliner Athletik=Klub unter dem
Protektorat des Oberbürgermeiſters Böß zum 4. Male ſein
internatio=
nales 25=Kilometer=Laufen und =Gehen zum Austrag. 23 Ausländer der
internationalen Extraklaſſe und 450 hervorragende Leichtathleten aller
deutſchen Provinzen und Gaue waren am Start. Im Laufen ſtarteten
u. a.: Scholtes= Luxemburg, (Hochmann=Prag, Hptm. Ebner=
Linz, Cimmermann=Riga,der Japaner Miura, Kühnel Franz,
Jakobi, Blaſcheck, Kucharik (ſämtlich Wien). Deutſchland ſtellte hiergegen
ſeine geſamte Elite auf mit Hempel Ruppert, Albrecht, Vietz,
Pürſten, Thiele, Tornow, Voß, Thiedtke, Ohle, Axel, Reichner,
Grunwald, Kibbert, Schmiedel, Burckhardt, Tummoszeit, Horlemann,
Wils, Krüger (ſämtl. Berlin), Dreckmann, Tesmer, Ahrens,
Sprin=
er (Hamburg), Blankenburg, Ball (Brandenburg), Reinhold=Trebbin,
Windhagen=Duisburg, Wanderer=Potsdam, Kräglinger=Wilhelmshaven,
Brandt=Chemnitz, Gaßmuß=Meißen, Trautmann=Wittenberg, Dr.
Laza=
rus=Oldesloe, Welz=Bielefeld, Graße=Herne, Reichmann=Langendreer
Grob=Dresden, Peters, Schulze=Magdeburg, Bunk und der 60jährige
Körber und Müller=Bayreuth, Zeller=Zeitz, Setje=Eilers aus Oldenburg,
Naſſau, Jaſchfe, Kurt, Haack (Schönebeck), Jenſen und Klodt=Bremen,
Hure=Altona, Häffner=Karlsruhe uſw. Im Wettgehen war das
Aus=
land eßenfalls ganz hervorragend vertreten, und zwar durch Slehofer
Ciza, Huſee, Boucek (Prag), Ruks=Riga, Schwab, Birlauf, Zumſtein,
Müri, Lindner (Schweiz). Deutſchland war im Gehen mit ſeinen
ſtärk=
ſten Waffen zur Stelle. Wir nennen Hähnel=Erfurt, Ertl und Eder
(München), H. Müller Köhler, Sievert, Haupt, Blechſtein
R. Schötz, Nachtigall, Duder, Born, Staar, Wanzlik (Berlin), Püſchel,
Thieme, Sprung, Kemnitz (Magdeburg), Bonnmann, Kleinſtoll (
Duis=
burg), Peitzſch=Chemnitz, Jenſen=Kiel, Brandt=Brandenburg, Kuberski,
Kandler (Wanne), Dennewitz, Weinen (Leipzig), Gerbeck=Falkenſtein,
Breitbach, Servais (Herne), Enhus=Soltau uſw. Hervorragend waren
die Mannſchaftswettbewerbe und die Sonderklaſſen für Fußballer,
Schwimmer, Radfahrer, Schwerathleten, Wanderer, Boxer, Turner uſw.
beſetzt. — Der Start erfolgte um 10 Uhr vorm. am Sportplatz Moabit.
die Strecke führte durch die Rathenower=, Invaliden=, Garten=,
Ebersſvalder= Danziger=, Elbinger= Petersburger=, Warſchauer Straße,
Oberbaumbrücke, Skalitzer Straße bis zum Lauſitzer Platz und den
glei=
chen Weg zum Sportplatz Moabit zurück, wo noch eine Schlußrunde
zu laufen war. In der Zwiſchenzeit wurden auf dem Sportplatz dauernd
die Zwiſchenreſultate des Reunens verkündet und ſpannende
Jugend=
rennen ausgetragen. Als Auftakt für die große Werbeveranſtaltung
hielt der Berliner Athletikklub am Mittwoch abend im Nordweſthotel
einen großen öffentlichen Werbevortrag über „Langſtreckenlaufen und
Wettgehen” ab. — Die Siegerfeier, an der über 150 Vereine mit
Tiſchbannern teilnahmen, fand im Beiſein der Behörden und vieler
Sportverbände und der Sportpreſſe um 4 Uhr nachm. in den
Rjeſen=
ſälen der Brauerei Friedrichshain ſtatt. Konzert, Variete, eine überaus
feierliche Preisverteilung und ein glänzender Feſtball ſtempelten die
Abendfeier zur größten geſellſchaftlichen Veranſtaltung der Deutſchen
Leichtathletik.
Die Sieger:
Im Laufen ſiegte Scholz=Breslau. Ihm folgten Pürſten
(Komet) und Burkhart (Schupo).
Im Gehen führte durchweg Siewert=Neukölln, gefolgt von
dem Altmeiſter Hermann Müller und Köhler, die auch in dieſer
Reihenfolge das Rennen beendeten.
Staffellauf „Rund um Frankfurt am Main”.
Für den Staffellauf „Rund um Fraukfurt am Main” der
am 25. Mai d. J. ſtattfindet, ſind die Vorbereitungen im vollen
Gang. Die Ausſchreibungen, die in den nächſten Tagen
heraus=
kommen, ſind in Gemeinſchaft mit den örtlichen Fußballbehörden
ausgearbeitet und bringen außer den Athletikklaſſen den
Fuß=
ballern der beiden Ligaklaſſen, den A=, B= und C=Vereinen ſowie
den Jugendfußballern Sonderwettbewerbe.
Leichtathletiſche Langſtreckenläufe.
Ein internationales 20 Km.=Laufen auf einer zirta 400 Meter
langen Aſchenbahn ſchreibt der Hannoverſche Sportklub für den
4. Mai aus. Das Rennen verſpricht hochintereſſant zu werden,
da außer einigen namhaften Ausländern die geſamte Klaſſe der
deutſchen Langſtreckenläufer wie Wils Hempel, Ruppert, Pürſten
(Berlin), Dreckmann und Teßmer (Hamburg) ihre Meldungen
bereits abgegeben haben. Acht Tage ſpäter, am 11. Mai,
veran=
ſtaltet der V.F.B.=Chemnitz ein nationales Straßenlaufen und
gehen über 25 Km. „Rund um Chemnitz”, das als Einzel= und
Mannſchaftswettbewerb in ſechs verſchiedenen Klaſſen
ausgetra=
gen wird. Hier haben u. a. Wils, Pürſten, Ruppert ihre
Mel=
dungen ebenfalls abgegeben, während der deutſche Meiſter Köhler
für das Gehen genannt hat.
Weltmeiſter Dundee geſchlagen.
Ju Buffalo (11.S.A.) erhielt der Weltmeiſter im
Feder=
gewichtsboxen Johnny Dundee, einer Meldung von Reuter
zu=
folge, von dem Amerikaner Rocky Kanſas über zehn Runden
„eine außerordentliche Tracht Prügel‟. Dundee mußte in der
ſiebenten Runde zweimal zu Boden und verlor glatt nach
Punk=
ten, doch ging der Kampf nicht um den Titel.
Fechten.
Die Meiſterſchaften von Oeſterreich.
D. F. C. Die Meiſterſchaften von Oeſterreich in Florett und Säbel
für 1924 werden am 3. und 4. Mai in Wien in den Sälen des
Indu=
triehauſes ausgetragen. Verauſtalterin iſt die Akademie der Fechtkunſt
in Wien, an welche die Meldungen zu richten und von der die
Be=
ſtimmungen erhältlich ſind. Einſatzgeld je Waffe 50 000 Kronen.
Teil=
nahmeberechtigt ſind auch die reichsdeutſchen Herrenfechter.
Die deutſchen Meiſterſchaften.
Die deutſchen Meiſterſchaften für 1924 in Florett, Säbel und Degen,
ſowie die Damenmeiſterſchaft in Florett und Degen finden in Mannheim
am 10. und 11. Mai ſtatt. Zugelaſſen ſind die Mitglieder der dem
Deutſchen Fechterbund angeſchloſſenen Fecht=Klubs, ſowie die Sonder
klaſſe des Fechterverbands der Deutſchen Turnerſchaft. Veranſtalter iſt
der Deutſche Fechterbund: Meldungen an deſſen Geſchäftsſtelle Offenbach
a. M., Kaiſerſtraße 13. Die Bundesverſammlung des Deutſchen
Fechter=
bundes iſt am Vorabend des Turniers im Parkhotel in Mannheim.
Der Flug um die Erde.
Wie aus Neſ York gemeldet wird, wurden die auerikaniſchen
Flie=
ger bei ihrem Fluge um die Erde auf den Aleuten Inſeln, die die
Ver=
bindung zwiſchen Amerika und Aſien bilden, von einem Chclon, der eine
Kälte von Minus 200 mit ſich brachte, an der Fortſetzung ihrer Reiſe
gehindert. — Bedeutend günſtiger lauten die Berichte über die
eng=
liſche Expedition, die bei ihrem Flug um die Erde die 850 Kilometer
ange Strecke von Ziza (Paläſtina) nach Bagdad ohne Zwiſchenfal
zuruckgelegt und die Weiterreiſe nach Buſhir am Golf von Perſien
an=
getreten haben.
Internationale Lawn=Tennis=Turniere.
Die deutſche Tennisſaiſon wird mit dem Turnier des
Ber=
liner Schlittſchuhklubs, das vom 23. bis 29. Mai
ſtatt=
findet, eingeleitet. Vom 30. Mai bis 3. Juni folgt dann der
Ber=
liner Lawn=Tennis=Klub „Blau=Weiß”, dem ſich vom 4. bis
10. Juni das Frühjahrsturnier des Berliner Lawn=Tennis=
Turnier=Klub „Rot=Weiß” anſchließt. Sämtliche Vereine
war=
ten mit internationaler Beteiligung auf. Am bedeuungsvollſten
ſind jedoch die Kämpfe des Rot=Weiß=Klubs auf den Plätzen am
Hundekehlenſee. Schon jetzt iſt mit ſicherer Teilnahme von
Spie=
lern aus Spanien, Italien, Holland, Ungarn, Oeſterreich und der
Tſchechoflowakei zu rechnen. — Die deutſch=italieniſchen
Tenniswettkämpfe in Nom werden ſich lediglich auf den
Klubkampf zwiſchen dem Berliner Rot=Weiß=Klub und dem
Lawn=Tennis=Kluh Varioli beſchränken, der Anfang Mai
be=
ginnt. Die deutſchen Teilnehmer Rahe, H. Kleinſchroth, Bölliug,
Rahn, Uhl und Frau Neppach haben Berlin bereits verlaſſen.
Der letzte Tag der diesjährigen Frühjahrsrennen war durch
gutes Wetter begünſtigt und hatte ein zahlreiches Publikum
an=
gelockt. Die Rennen verliefen im allgemeinen formgemäß. Die
Ergebniſſe: Preis von Goldſtein. 1400 Meter. 1. F. Sachs
„Südwind”, 2. „Favorita”, 3. „Eſtino”. Tot.: 35:10; 13, 14, 13.
Preis von St. Georgen. 1200 Meter. 1. E. S. Fürſtenbergs
„Blücher”, 2. „Sidelia”, 3. „Strumen”. Tot.: 14:10; 11, 12, 11.
Reinheimer Jagdrennen. 3500 Meter. 1. v. Moßners „
Kunſt=
wart”, 2. „Contrahent”, 3. „Salute‟. Tot. 22:10. Preis von
Waldfried. 200 Meter. 1. H. v. Opels „Kairos”, 2. „
Raſtel=
binder”, 3. „Taugenichts”. Tot.: 13:10; 14, 22. Buchenrode=
Jagdrennen. 3600 Meter. 1. H. Feilers „Pippin”, 2. „Sambur”,
v. „Fliegender Aar”. Tot.: 24:10; 13, 12. Preis von Mariahall,
1400 Meter. 1. H. v. Opels „Frivora”, 2. „Teddy=Bär”
3. „Glockenſtahl”.
Großer Preis von Mailand.
Im Großen Preis von Mailand im Werte von 500 000 Lire
über 3000 Meter, der am 2. Juni gelaufen wird, blieben nach der
kürzlich erfolgten Reugelderklärung noch 89 Pferde ſtehen,
da=
runter 13 aus Deutſchland, und zwar: Augias, Ganelon,
Wolf=
ram III., Perikles, König Midas, Habicht, Eigilbert, Williger,
Hannar, Thrain, Moloch, Licht Alberich und Oder.
Ankauf franzöſifcher Vollblüter.
Drei franzöſiſche Vollblüter ſind von Herrn
Heinz Stahl angekauft worden. Es handelt ſich um die
bei=
den Fünfjährigen Sanballat von Overſight=Sandfly und Ma
Berthe von Ramrod=Cornelia, ſowie den Vierjährigen Alleluia
von Prince William=Annebault, die ſämtlich im Hindernisſport
Verwendung finden ſollen.
Rudern.
Kanu=Regatta in Mainz.
Die Kreisregatta des Oberrhein= und Mainkreiſes
findet am 28. und 29. Juni 1924 auf dem Rheinſtrom bei Mainz
ſtatt. Das Ortskartell =Mainz=Weiſenau=Biebrich=Wiesbaden,
dem die Durchführung der Regatta übertragen iſt, hat ſchon mit
den Vorarbeiten begonnen und gibt bekannt, daß der
Wettfahrt=
veranſtaltung auch eine Kanuſport=Ausſtellung angegliedert
wird. Es wird verſichert, daß der Abhaltung der Regatta, die
bereits im vergangenen Jahre in Mainz ſtattfinden ſollte, ſeitens
der Befatzungsbehörden keinerlei Schwierigkeiten entgegengeſtellt
werden. Somit ſteht zu hoffen, daß auch zahlreiche Vereine aus
dem unbeſetzten Gebiet Meldungen zu den gut klaſſifizierten
Renuen abgeben werden.
Regatta=Ausſchreibungen für Hamburg und Dresden.
Allgemeiner Alſter=Kſub und Norddeutſcher Regatta=Verein bringen
für den 11., 12. und 13. Juli gemeinſam auf der Alſter in Hamburg
bedingt international ihre alljährliche Regatta zur Ausſchreibung. Am
Freitag werden 11, am Samstag 12 und am Schlußtage ſogar 13 Renneu
zur Entſcheidung gebracht. Von größter ſportlicher Bedeutung ſind der
Einer um die Meiſterſchaft von Hamburg (Verteidiger: H.
Kipphof), vom R.=C. Favorite=Hammonia), der zweite Vierer v. St.
(Sportboruſſia=Be=lin), der Jungmann=Vierer (der Hamburger R.=C.),
der Erſte Jugend=Gigvierer (I. Kieler R.=C.), am 12. Juli der Vierer v.
St. (Sport=Boruſſia=Berlin), der Juniox=Achter (R.=C. Favorite
Ham=
monia), der Zweite Achter (Bremer R.=V. 1882) und am 13. Juli in erſter
Linie der Einer um den Alſterpokal (Vert. Dr. Reinhold von
Ger=
mania=Tegel), der Achter um den Preisder Frcien und
Hauſe=
ſtadt Hamburg, der Vierer um den Hammonia=Preis und der
Aſſtervierer. — Der Sächſiſche Regatta=Verein ladet die Vereine für den
14. und 15. Juni zu ſeiner Regatta auf der Elbe i Dresden. Hieu
ind am erſten Tage des Verbands Vierer (Vert. Germania=Leitmeritz)
und am Sonntag der Ziseite Vierer für Senioren (R.=C. Wittenberg),
der Erſte Junior=Vierer (R.=C. Neptun=Meißen), der Erſte Vierer=für=
Jungmaunen (Dresdner R.=V.), der Doppelzweier v. St. (Dresdner
R.=V.) und der Erſte Achter (Germania=Leitmeritz) die wichtigſten
Ereigniſſe.
Sport im Kanu
Es iſt noch gar nicht ſolange her, da ſprach man in Deutſchland
nicht gerade in einem auerkennenden Sinne vom Kanuſport und
wvar die Zahl der Vorurteile, die man gegen ihn ius Feld führte. Dies
hat ſich nun nach dem unvergleichlichen Aufſchwung, den der Kanuſport
ſeit dem Kriege genommen hat, mit einer Wendung zum Beſſeren
ge=
ändert. Heute, da ſich im zunehmenden Maße das Intereſſe der
ſport=
treibenden Bevölkerung der „Paddelei” zuwendet, und große
kanuſport=
liche Organiſationen im In= und Auslande geſchaffen worden ſind, hat
ſich die ehedem große Zahl der Widerſacher ſtark vermindert. Der
end=
liche Sieg des kannſportlichen Gedaukens iſt teuer erkauft und die alte
Paddlergilde weiß von mauch hartem Strauß zu berichten,
Aufklärungs=
arbeit in Wort, Schrift und Bild hat mit geholfen, den Weg zu ebnen,
der zu dem ſtolzen Standort führt, den das Kanuweſen im deutſchen
Sportleben heute einnimmt. Aber all das wäre vergebliche Liebesmüh
gelveſen, hätte nichſt hoher, reiner Idealismus für das einmal geſteckte
Ziel die Triebfeder des Handelns jener bahnbrechenden Mämer
ge=
bildet.
Die Hauptgrundlage des Kanuſports iſt und bleibr die
Waſſer=
touriſtik, und hiermit iſt auch die Scheidungslinie dem Ruderſpork
gegen=
über gezogen, deſſen hauptſächlichſtes Betätigungsfeld der Rennſport
iſt. Paddeln iſt gleichbedeutend mit Schauen und Wandern. In dieſen
beiden Begriffen liegt ſeine Eigenart, entwickeln ſich ſeine Vorzüge.
er wollte leugnen, daß ſie eine ſtarke Anziehungskraft auf den ſtets
wander= und abenteuerluſtigen Deutſchen ausüben? Dieſe
kanuſport=
lichen Tendenzen nd auch heute noch vielen nicht bekannt, und noch
oft werden Zweifel an der Ernſthaftigkeit dieſes Sports laut.
Viel=
fach wird die Behauptung aufgeſtellt, das Kanufahren ſei Tändelei und
verdiene deshalb keine wohlwollende Beurteilung. Von den Vertretern
dieſer naiden Anſchauung geſtatte ich mir anzunehmen, daß ſie
ſport=
lichen Geiſtes kaum je einen Hauch verſpürt haben. Von Einzelfällen
abgeſehen (wer nennt mir eine Regel ohne Ausnahme?), wird im Kanu
rnſthaft und mit ganzer Hingabe Sport in des Wortes wahrſter
Be=
deutung getrieben. Zwar ſäumen nicht Tauſende von Zuſchauern den
Kampfplatz, denn das Redier des Kanufahrers liegt nicht im
Häuſer=
meer der Städte, ſondern dort, wo einſame Ufer den Fluß begleiten,
kein Aültagslärm den Frieden der Natur ſtört. Wohl wird auch im
Kanuſport der Rennſpört gepflegt, denn dem kampfluſtigen Geiſte der
Jugend, die ihre Kräfte meſſen will, muß Rechnung getragen werden,
und ſo nimmt jetzt auch das Rennpaddeln nach langjähriger Vorarbeit
und Erfahrung einen beachtlichen Platz im Kanuſport ein, der
übri=
gens, obwohl er der jüngſte Waſſerſport iſt, als erſter den Weg zur
internationalen Verſtändigung gefunden hat und zwar durch die
Grün=
dung der Internationalen Repräſentantenſchaft für Kanuſport (J. R. K.)
im Januar dieſes Jahres in Kopenhagen. Internationale Regatten
werd
in dieſem Jahre bereits in Hamburg abgehalten werden.
wiſſen will, was Kanufahren heißt, der ſchaue ſich einmal die
Arbeit einer gut durchtrainierten Kanadiermannſchaft an oder er ſtatte
den norddeutſchen Kameraden einen Beſuch ab und beobachte ihre hohe
Kunſt in der Führung eines Segelkajaks, wohl des feinnervigſten
Segel=
vootes überhaupt, das zu lenken eine große Geſchicklichkeit vorausſetzt,
aber großen ſportlichen Genuß bietet.
Wer wiſſen will, was Kanufahren heißt, der möge in ſchönen
Som=
mertagen einmal in unſere baheriſchen Voralpen wandern und an dem
Ufer eines der vielen Wildflüſſe feſtſtellen, daß es Leute gibt, die mit
hren Booten Schwall und Wirbel dieſer Gebirgsflüſſe trotzen und
wird ihm weiter die Erkenntnis werden, daß der Faltbootſport — nur
dieſer kommt für das Wildwaſſer in Frage — wohl ein Spiel, aber
ein Spiel mit Strudel und Fels und den tauſend Heimtücken des
Wild=
fluſſes iſt.
Und wer einmal nichts mehr wiſſen will von dem, was daheim die
Seele beengt und den Geiſt feſſelt und wer einmal Verlangen nach dem
köſtlichen Gefühl der Freiheit hat, der unternehme einmal in einem
Boote der beſchriebenen Art eine Reiſe auf dem Waſſer und koſte die
ganze Seligkeit einer ſolchen Wanderfahrt aus. Nie wird es ihn
ge=
reuen.
Wer aber Wert legt auf das Urteil von Leuten mit Rang und
Klang, der möge in des bekannten Polarforſchers Nanſen Eskimobuch
über Grönland die folgenden Sätze leſen und im Geiſte miterleben:
„Das Kajakfahren iſt ein herrlicher Sport und ein ſpielender Kampf
mit dem Meer und mit dem Tod. Man kann nichts Stolzeres ſehen,
als dieſen Kampf gegen die Wellen, die den Ruderer begraben und
immer wieder auferſtehen laſſen. Oder wenn die Schar der Boote zum
Lande eilt, gleich ſchwarzen Sturmvögeln, vor dem Winde herſauſend,
jefolgt von den rollenden Bergen der See. Dann wirbeln die Ruder
Paddelſtangen) durch Waſſer und Fluß und alles iſt Leben und Mut,
wenn auch das Meer ringsum einem ſchwarzen ſchäumenden Schlunde
gleicht.
. Fillenhurg
Rummer 118.
Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 28. April 1924.
Reich und Ausland.
Ein Veteran der deutſch=amerikaniſchen Preſſe geſtorben.
Mainz. Aus Saginaw in Nordamerika kommt die Nachricht:
Herr Valentin Beb. Boſch, der Begründer und Verleger des deutſchen
„Saginaw Journal”, iſt von einem Straßenbahnwagen getötet worden.
Der Verſtotbene iſt in Mainz geboren und erreichte ein Alter von
64 Jahren. Er erlernte die Buchdruckerkunſt in Mainz. Im Alter von
21 Jahren wanderte er nach Amerika aus, und war zuerſt in New
Haben Conn) an der dortigen deutſchen Zeitung tätig. Später kam er
nach Datroit und wurde. Mit zäher Energie hielt er in der kritiſchen
Zeit des amerikaniſch=deutſchen Krieges die Ehre des Deutſchtums hoch.
Gefängnis und Ehrverluſt für Kohlenſchieber.
Ein Kohlenſchiebungsprozeß, in welchem auch der Verein gegen
das Beſtechungsunweſen, Berlin, Strafantrag geſtellt hat, wurde vor der
Strafkammer zu Gleiwitz verhandelt. Durch die Abtrennnug
Ober=
ſchleſiens wurde die Kohlenverſorgung der Irduſtrie ſtark gefährdet.
Die verbleibende oberſchleſiſche Erzeugung mußte rationiert werden.
Dieſe Lage benutzte der Rechnungsführer Konrad Urbainezyk, der im
Handelsbüro der Bergwerksdirektion in Hindenburg angeſtellt war, um
mit Hilfe des Kohlenhändlers Wilhelm Dezko und des Ingenieur Kurt
Waldbrunn in Hindenburg eine bevorzugte Belieferung ſolcher
Ab=
nehmer zu organiſieren, die „Proviſionen” zahlten. Das Urteil lautete
gegen Urbainezyk auf 9 Monate Gefängnis und 5.
Jahre Chrverluſt,
gegen Oezko auf 7 Monate Gefängnis und gegen Waldbrunn auf 3
Monate Gefängnis.
Jubiläum des Kloſters Reichenau.
Die Feierlichkeiten aus Anlaß der 1200jährigen Wiederkehr der
Gründung des Kloſters ſind für Auguſt in Ausſicht genommen. Die
Feier ſoll in eine kirchliche, wiſſenſchaftliche und Volksfeier zerfallen.
Ein merkwürdiges Rauchſchwalbenneſt.
Kreuznach. In dem Stalle des Landwirtes Frick in
Rüdes=
heim bei Kreuznach befindet ſich laut Oeffentlichen Anzeiger ſeit drei
Jahren ein Rauchſchwalbenneſt von merkwürdiger Bauart. Der Stall
hat eine Decke aus Eiſenträgern mit Ziegelſteinen ausgewölbt; zum
beſſeren Halt geht eine eiſerne runde Stange von ſtarker Daumendicke
in Querrichtungen durch die Träger. Auf dieſe runde Stange, zwiſchen
zwei Trägern hat ein Nauchſchwalbenpaar vor drei Jahren ſein Neſt
gebaut, freiſtehend, halbkugelförmig, oben offen, ähnlich wie ein
Diſtel=
finkenneſt. Als Fundament iſt etwas Lehm aufgeſetzt, auf dieſem ſteht
das Neſt. In demſelben Stall ſind noch zwei Rauchſchwalbenneſter
in üblicher Form gebaut, dieſe werden aber ſchon ſeit zwei Jahren
nicht mehr benutzt.
Zwei Kükenmütter.
Bonn. Ein ſeltenes Bild vom Hühnerhofe wird dem Bonner
Gen.=Anz. mitgeteilt: Im Hühnerhofe eines hieſigen Schreinermeiſters
erbrütete eine heißblütige Italienerin gemeinſam mit einem geſperbten
Plymuth Schulter an Schulter in einem Neſt 22 Rheinländer=Küken.
Nun führen beide in friedlicher Eintracht, die doch ſonſt unter Glucken
fremd iſt, gemeinſam die Küken. Jede Kükenmutter iſt zufrieden, wenn
ſich etwa die Hälfte unter ihre Flügel ſammelt, wobei es nichts
aus=
macht, wenn die jungen Tierchen bald bei dieſer bald bei jener Wärme
ſuchen.
Trachtenfeſt in Appenzell.
Der Kur= und Verkehrsverein Appenzell will im Juli 1924 nach dem
Vorbilde früherer Jahre ein Trachtenfeſt veranſtalten, bei welchem die
kulturgeſchichtliche Entwickelung der Innerrhoder Landestracht in
Ver=
bindung mit dem Werdegang des Appenzeller Volksliedes zur
Darſtel=
lung gelangen ſoll.
Gefährlicher Erpreſſer.
Landau. Vor einigen Tagen abends wurde „An 44” ein gewiſſer
Johann Baptiſt Stern aus Godramſtein wegen Erpreſſung feſtgenommen
und am folgenden Tage ins Gefängis eingeliefert. Stern verfolgte ein
Dienſ
mädchen und bedrohte es fortwährend mit Totſchießen, indem er
ihm in der Hand etwas vorhielt, und verlangte hierbei Geld von ihm.
Das Dienſtmädchen hatte aber keines bei ſich. Stern ließ es jedoch erſt
gehen, als es ihm Geld verſprochen hatte. Am darauffolgenden Tag
er=
hielt das Dienſtmädchen einen Brief von Stern, worin er ihm ſchrieb,
am Abend „An 44‟ Geld zu bringen oder das Haus fliege in die Luſt.
Das Dienſtmädchen verſtändigte hiervon die Polizei, der es denn auch
gelang, den Erpreſſer feſtzunehmen.
Seit 3.
Eine Erbſchaft, die kein Ende nimmt.
Eine Erbſchaft auf lange Zeit hat der Ort Chux de Vou in der
Schweiz gemacht. Dieſer Gemeinde hat einer ihrer Bürger eine
Erb=
ſchaft von 1000 Franken hinterlaſſen, mit der Beſtimmung, daß das
Geld auf einer Bank angelegt werden und 150 Jahre unberührt liegen
bleiben ſoll. Im Jahre 2074 iſt die Gemeinde berechtigt, neun Zehntel
der Summe für humanitäre Zwecke auszugeben. Der dann wieder
blei=
bende Reſt ſoll unter denſelben Bedingungen wie die erſte Summe
75 Jahre auf der Bank bleiben. Immer nach 75 Jahren dürfen neun
Zehntel abgehoben werden, während der Reſt auf weitere 75 Jahre
un=
berührt bleiben muß. Eine ſpätere Generation wird dem
erfindungs=
reichen Erblaſſer einmal dankbar ſein können.
Eine Naſengeſchichte.
Dahn. Letzthin trug ſich laut Landauer Anzeiger folgende nette
aber wahre Geſchichte in der Bahn zwiſchen Landſtuhl und Kaiſerslautemn
zu. Auf einer Station in der Weſtpfalz ſtieg ein junger Mann ein und
mit ihm zwei junge Damen. Der junge Mann ſetzte ſich ruhig in eine
Ecke des Abteils und ſchaute zum Fenſter hinaus. Die jungen
Da=
die wie es ſchien, den Jüngling kannten, wollten ihn abſolut in ein
Ge=
ſpräch verwickeln, was ihnen aber nicht gelang; als ſchließlich nichts mehr
nützte, fingen ſie an, ſich über ſeine Naſe luſtig zu machen, und behaupteten
laut, daß jeder Anweſende es hören mußte, er habe eine
Himmelfahrts=
naſe. Der junge Mann (er iſt 21 Jahre alt) ſchaute zuerſt groß auf;
plötzlich ſagte er zu der Dame, die am meiſten geuzt hatte: „
Entſchul=
digen Sie, gnädiges Fräulein, Sie haben ſich über meine Naſe amüſiert,
dürfte ich Ihnen jetzt auch den Grund erzählen, warum ich eine ſolche
beſitze. Als unſer Herrgott die Naſen austeilte, waren wir zwei die
letzten, die noch keine hatten, und noch zwei Naſen waren da zum
aus=
teilen, die Ihrige und die meine. Ich wollte mir die Ihrige nehmen, da
ſagte der liebe Got
: „Nein, mein Lieber, laß die liegen, das iſt ine
Rotz=
naſe und ſo nahm ich die, die ich jetzt beſitze.” Und dann ſchaute er zum
Fenſter hinaus, als ob ihn die Sache nichts anginge. Die Mitreifenden
wußten ſich vor Lachen kaum mehr zu helfen, die junge Dame aber weinte
bittere Tränen.
Einen Monat durch das ſchöne Deutſchöſterreich!
Der Oeſterreichiſch=Deutſche Volksbund veranſtaltet in der Zeit vom
29. Mai bis 27. Juni d. J. eine Geſellſchaftsreiſe nach Deutſchöſterreich.
Die Reiſe führt über Vorarlberg, Tirol, Kärnten, die Steiermark und
das Salzkammergut nach Wien und endet in Salzburg. Sie ſchließt die
herrliche Donaufahrt Linz—Wien ein und wird die Teilnehmer unter
berufener Führung mit den landſchaftlich ſchönſten und kulturell
wich=
tigſten Teilen des deutſchen Bruderſtaates bekannt machen. Koſten der
ganzen Reiſe (Bahn 2. Klaſſe, Schiff 1. Klaſſe) einſchließlich Unterkunft
und Verpflegung in den erſten Hotels der Aufenthaltsorte, ſämtlicher
Auto= und Wagenfahrten Eintritts= und Führungsgebühren ſowie aller
Trinkgelder 885 Goldmark. — Anmeldungen bis 15. Mai an das
Oeſter=
reichiſch=Deutſche Reiſe= und Verkehrsbüro, Berlin NW.
Dorotheen=
ſtraße 19. Ausführliche Proſpekte durch dieſes Büro. — Leider iſt es
nicht gelungen, eine allgemeine Befreiung der Reiſeteilnehmer von der
Ausreiſegebühr von 500 Goldmark durchzuſetzen. Es iſt aber zu
erwar=
ten, daß die Finanzämter im gegebenen Falle das größtmögliche
Ent=
gegenkommen beweiſen werden.
* Ein Kreuzzug gegen Schönheits=Konkurrenz.
Die Vereine der Vereinigten Staaten, die ſich den Schutz und die
Wohlfahrt der jungen Mädchen zur Aufgabe gemacht haben, eröffnen jetz
einen „Kreuzzug” gegen die immer mehr überhand nehmende Manie der
Schönheitsbewerbe. Atlantie City, der elegante Badeort, hat ſoeben ein
großes Preisausſchreiben für „badende Schönheiten” erlaſſen. Die
Preis=
krönungen finden hier unter großen Feſtlichkeiten ſtatt, und bei dem erſten
dieſ
Feſte waren 1000 Schönheiten aus 75 Städten der Vereinigten
Staaten anweſend, die alle Preiſe erhielten und in ihren Badekoſtümen
vor einer Zuſchauermenge von mehr als 200 000 Köpfen vorbeizogen.
Daraufhin haben die Vereine erklärt: „Ein Studium der
Schönheitskon=
kurpenzen zeigt, daß das Schickſal der preisgekrönten Mädchen dadurch in
unheilvoller Weiſe beeinflußt wird. Es gibt zahlreiche Beiſpiele von
Mädchen die vor der Preiskrönung ganz unſchuldig und anſtändig waren
und die dann infolge der laſterhaften Gedanken, die ihnen bei d
m
Kon=
kur
mzen eingeflößt wurden, auf die abſchüſige Bahn gerieten.”
Durch
die Schönheitswettbewerbe, die immer mehr junge Mädchen anlockten,
ſei die Moral der amerikaniſchen Weiblichkeit gefährdet, und man werde
daher mit allen Mitteln dahin ſtreben, daß dieſe „ſchamloſen
Zurſchau=
ſtellungen” verboten werden.
Das Ende des Fez.
Der rote Fez, dieſe merkwürdige Kopfbedeckung, iſt durch
Jahrhun=
derte das Zeichen des vornehmen Türken geweſen, und jeder der
den
Titel eines Effendi”, eines Herren beanſpruchen durfte, und beſonders
jeder türkiſche Beamte, trug ſtolz dieſe runde hohe Mütze. Nachdem
be=
reits ſo viele alte Wahrzeichen des Islam dem Anſturm der
abend=
ländiſchen Ziviliſation erlegen ſind, hat man im Irak auch dem Fez
ein Ende bereitet. Ein Miniſterialerlaß befiehlt, wie aus Bagdad
be=
richtet wird, daß alle Beamten des Frak=Reiches von jetzt ab die Sidara
tragen, eine gefaltete Tuchmütze, die an die Mütze der ſchottiſchen
Hoch=
länder erinnert. Dieſe einfache Mütze kann billig im Lande ſelbſt
her=
geſtellt werden, während der Fez vom Ausland eingeführt werden
mußte, ſehr teuer und ſehr unpraktiſch war. Die Sidara wird auch in
der Irak=Armee und Frak=Polizei eingeführt und ſoll die Keffifeh, die
traditionelle arabiſche Kopfbedeckung, verdrängen. Bekanntlich hat die
Regierung von Angora ebenfalls den Fez verbannt und in der türkiſchen
Armee die hohe ruſſiſche Mütze, den Kalpak, eingeführt. So dürfte der
Fez bald völlig aus dem Orient verſchwunden ſein.
Eiſenbahnen im Kampf mit Heuſchrecken.
Die rieſigen Heuſchreckenſchwärme, die ſchon nach den Schilderungen
des alten Teſtaments die „Sonne verdunkeln”, bilden noch heute in den
tropiſchen Ländern Afrikas eine ſtete Sorge für die Landwirtſchaft.
Aber auch als Verkehrshindernis erweiſen ſich dieſe Heuſchreckenſchwärme,
und die Eiſenbahnverwaltungen ſind daher gezwungen, ſich gegen ſie
zur Wehr zu ſetzen. Wie in der „Umſchau” mitgeteilt wird, kommt es
in Afrika immer wieder vor, daß ſich rieſige Heuſchreckenmaſſen an den
Rädern der Lokomotiven und Wagen feſtſetzen und den Zug zum Stehen
bringen. Bei einem Zuſammenſtoß in der Nähe von Cradock in der
Kab=Provinz lag die Urſache im Verſagen der Bremſen, da die
Brems=
klötze infolge der dazwiſchen ſitzenden Heuſchrecken nicht faſſen konnten
und die Räder auf den Schienen glitten. Die Verwaltung der
ſüd=
afrikaniſchen Bahnen iſt dazu geſchritten, beſondere Lokomotiven für den
Kampf gegen die Heuſchrecken einzuſtellen. Einige Dieſellokomotiven von
der Form eines Motorſchienenwagens wurden mit einem Luftkompreſſor
ausgerüſtet, und die erzeugte Druckluft ſpritzt dann einen Strahl von
gelöſten Arſenſalzen vorn und ſeitlich über den Bahndamm. Auf dieſe
Weiſe werden die Heuſchrecken fortgeblaſen und gleichzeitig auch Brut
und Eier vernichtet. Dieſe Wagen zur Heuſchreckenbekämpfung ſind mit
Telephonanlagen verſehen, ſodaß ſie mit der Endſtation in dauernder
Verbindung ſtehen und ſofort dorthin beordert werden können, wo ſich
ein neuer Heuſchreckenſchwarm niedergelaſſen hat. Mit dem Erfolg
dieſer Kriegführung iſt man ſehr zufrieden und hofft, auf dieſe Weiſe
des Uebels Herr zu werden.
Unſerer heutigen Geſamtauflage liegt ein Wahlaufruf der
Deutſchen Volkspartei bei, auf den wir an dieſer Stelle unſere
Leſer beſonders aufmerkſam machen möchten.
(5446
e
Veranlagte:
Bei Gliederſchmerzen, Reißen, Hexenſchuß, Neuralgien,
Nervenſchmerzen ſeit Jahrzehnten bewährt. (TI.Dn.4099
In allen Apotheken. — Tube 1M., Flaſchen 1,20 M. u. 2M.
Tageskalender.
Landestheater Großes Haus, Anfang 8 Uhr Ende 10 Uhr:
Kon=
zert des Mozartvereins. — Kleines Haus, Anfang 7½= Uhr, Ende
9½s Uhr: „Der Liebestrant”.
Orpheum, 734 Uhr ab: „Mädi”.
Union=, Reſidenz=, Central=Theater, Palaſt=Lichtſpiele:
Kinovor=
ſtellungen. — Zentrumspartei, abends 8 Uhr. im
Konkordia=
ſaal ſpricht Dr. Deſſauer=Frankfurt und Dr. Bockius=Mainz. —
Bür=
gerverein Darmſtadt e. V., Ortzgewerbeverein und
Hand=
werkervereinigung, abends 8½4 Uhr, im Vereinshauſe, Saalbauſtr. 67,
Vortrag des Herrn Rechtsanwalt Dr. Löb über Steuern 1994 und
Steuererklärungen. — Fürſtenſaal, 8 Uhr: Bellachini.
Haupticrtitleltung: Audolt Mauve
Derantwortlie
Beramwortlich für den Inſe
nrell: Willy Audie
Druck und Verlag: 2. E. Wittich — ſämtlich in darmſtadt.
Veranwortilik für Polſtik und Mtetſchaft: Audolf Mauve
Derenwartlich für Feutlleton und Heſiſche Nachrichten: Mar
Streel=
für Sport: Dr. Eugen Buhlmann
Verantwortlich für Schlußdier
Andreas Bauer
Die heuige Nummer hat 8 Seiten
UNSERE BEDEUTEND VERGROSSERTEN GESCHAFTSRAUME BEEINDEN SICH UETZTI
PPNDDDBNOLMOMGSe
7
HESSISCHE PAPIER-INDUSTRIE
FERNSPRECHER Nr. 1962 u. 1966
NICKLAS& Co.
DARMSTADT
Familiennachrichten
Todes=Anzeige.
(Statt jeder beſonderenNachricht.)
Teilnehmenden Freunden und
Bekannten die ſchmerzliche
Nach=
richt, daß unſere gute Mutter,
Großmutter, Urgroßmutter und
Schwiegermutter
Frau
(
Eind eie Biw.
geb. Hitzfeld
heute morgen 934 Uhr in ihrem
84. Lebensjahre, wohlverſehen mit
den hl. Sterbeſakramenten, nach
kurzem ſchweren Leiden ſanft
ver=
ſchieden iſt.
Ein arbeitsreiches Leben hat
ſein Ende gefunden.
Darmſtadt, 27. April 1924.
Im Namen der Hinterbliebenen:
Franz Sitte.
Die Beerdigung findet Dienstag,
den 29. April, nachm. 4 Uhr, auf
dem alten Friedhof ſtatt. (5451
ſeuan
treichfertige Farben, per Pfd 50 %.
G. Krauth, Eſchollbrückerſtraße 3.
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Donnerstag, den 1. Mai, und
Freitag, den 2. Mai ds. Js.,
je=
weils vormittags: 10 Uhr und
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mittags 1.3 Uhr beginnend,
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ſteigere ich auf Antrag in meinem Lokale
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5 Kommoden, 1 Wickelkommode, eine
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Ruhe=
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Korbſeſſel, 1 Waſchkommode m.
Spiegel=
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morplatte, 1 Toilettentiſch, 1
Nacht=
ſchrank mit Marmorplatte, 3
Nacht=
ſchränke;
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Barock=
ſchrank;
2 Ausziehtiſche, 1 Ovaltiſch, 3 —
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1 Küchenſchrank, 1 Küchentiſch,
2 Eisſchränke, 1 Eismaſchine,
Eis=
eſſenzen, 1 Badeofen für
Kohlenfeue=
rung und 1 Badewanne, 1
Gasbade=
pfen, 1 Gasherd mit Backofen, 1
Grude=
herd, 1 Zimmerofen;
1 blein. Kaſſenſchrank, 2
Platten=
koffer, 3 Handkoffer, 1 Schließkorb, eine
Partie Tiſch= und Leibwäſche, Herren=
(5413
kleider uſw.;
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Darmſtadt, den 28. April 1924.
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(5452
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Ri=2
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9 Uhr vormittags, in der ehemaligen
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(5388ol.
Polizei=Wachtabteilung Darmſtadt.
Seite 8.
Darmſtädter Dagblatt, Montag, den 28. April 1924.
Mutther 118.
Hal Heeff Hute
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entzäckenden Operettenschlager:
„Wenn ein Mädel jung und schön” — „O ges my.
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im Bund mit Frau Luna‟ — „Das sind die Dollar-
Ladys, sie bringen uns das Glück”.
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namhafter Bühnen.
(5331sg0
Die Tragödie einer Intrisantin
Tragödie in 6 Akten. In der Hauptrolle:
Johannes Riemann, Grele Weinler
Anfang täglich
72/4 Uhr
Dooeoege
R
Ofphea
Sooooeoesoeesoooeoeoooonooneoosseoco
* Heute, folgende Tage 8
Der neueſte Berliner
9
O
Operettenſchlager
O
8. =Erſtaufführungens
W
Im Schlafwagen
des Riviera=Expreß
* Muſik von Robert Stolz 4 4
Karten:
de Waal, Rheinſiraße 14
Verkehrsbüro, Ernft=Ludwigsplatz
ang
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Rheinſtr. 19. Tel. 2613
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größte n.
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Flächendurch eunergo
Din Geltenſdau ni
Jubel aufgenommen.
Näh. Rummelbr., Allee 61
und Hawo, Bensbeim.
Der noug Undlwagen
enorm verhilligt durch Serienfahrikation
Bund der Geuſen.
(Hypothekengläubiger= und Sparer=Schutzverband.)
Sahlelsberfammiang
Dienstag, den 29. April, abends 8 Uhr, in der
PMnhäne unndsogsnit
Redner:
5412
Oberlandesgerichtspräſident Dr. Beſt
Frl. Anna Walz, Vorſteherin d. Mittelſtandsfürſorge (Glockenturm)
Profeſſor Friedrich Axt, Darmſtadt.
Zu dieſer Verſammlung ſind alle durch die dritte Steuernot=Verordnung Entrechteten und
Beraubten und die durch das ſonſtige Vorgehen der Reichsregierung in ihrer Exiſtenz
Bedrohten eingeladen.
Beſitzer von Obligationen und Pfandbriefen, öffentliche Anleihen, Lebensverſicherungen,
insbeſondere kleine Sparer, erſcheint in Maſſen zur Wahrung Eurer Intereſſen!
Eintritt frei!
Für eine kleine Anzahl reſervierter Plätze zu Mk. 2.— ſind Karten zu haben ab
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tag vormittag: Verkehrsbüro, Zigarrenhaus Keutel, Heidelbergerſtr. 102, Buchdruckerei
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Nachdruck ſämtlicher mit X verſehenen Original=Aufſätze und eigenen Nachrichten nur mit Quellenangabe „Darmſt. Tagbl.* geſfattet.
Nummer 149
Dienstaa, den 29. April 1924.
187. Jahrgang
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Om Wahlkampfe wird viel von Bismarckſcher Politik geſprochen, am lauteſten vielfach von
Leuten, die ihn kaum richtig verſtanden haben. Es iſt ja ſehr leicht, die heutige Zeit in
(einen grellen Kontraſt zu den Tagen des großen Reichsgründers zu ſtellen. Man überſieht
gefliſſentlich, daß das Reich Bismarcks eine imponierende militäriſche und politiſche Macht
dar=
ſtellte, während heute die Außenpolitik eines waffenloſen Volkes zu treiben iſt.
Der Staatsmann Bismarck hat immer eine Politik getrieben, die den Machtverhältniſſen
Rechnung trug. Er verteidigte (faſt allein) die Kapitulation Preußens bei dem Vertrage von
Olmütz (1850), der größten Niederlage Preußens ſeit Tilſit. Auch in den Tagen höchſter
Macht=
entfaltung lehnte er eine Politik der großen Worte als politiſche Dummheit ab.
Oen Realpolitiker Bismarck
zeigen uns ſeine folgenden Ausſprüche:
„Es iſt möglich, daß ich das, was ich heute vertrete, in einem
Jahre oder in einigen Jahren für einen überwundenen
Stand=
punkt anſehe und mich wundere, wie ich je ſolcher Anſicht habe
ſei können.”
R
„Ich danke dem Widerſpruch zu überwundenen
Einſtellun=
meie beſten Erfolge.”
Man muß oft auf Dige verzichten, die man wünſcht, und
der Verzicht kann bitter ſein. Aber es gibt nun einmal Dinge,
die man gegen Wunſch und Gefühl durchſetzen muß.”
„Es iſt ein Jammer, zu ſehen, wie die ſich befehden, die
ſchließlich doch beide nur das Beſte des Reiches wollen, dabei
aber überſehen, wie nur der an ihrem Streit gewint: der
ge=
meimſame, der wirkliche Feind.”
„Es war von jeher ein Fehler der Deutſchen, alles erreichen
zu wollen oder nichts, und ſich eigenſinnig auf eine beſtimmte
Methode zu verſteifen. Ich war dagegen ſtets erfreut, wenn ich
meinem Ziel, auf welchem Wege immer, auch nur drei Schritte
näher kan.”
Der Kampf der Konſervativen gegen Bismarck.
Als Bismarck das Reich zuſammenfügte, fußte er bewußt
auf liberalen Gedanken. Die Konſervativen, obwohl anfangs
ſeine politiſchen Freunde, ließen ihn bald im Stich. Mit der
Nationalliberalen Partei, „der Partei der Reichsgründung”
deren Nachfolgerin heute die Deutſche Volkspartei iſt, gelang
ihm die Schaffung der Reichseinheit und der Ausbau des
neuen Hauſes.
Bismarcks deutſche Politik hatte den Unwillen ſeiner ehe
maligen Freunde erregt, die ihm aus Sorge um ihre politiſche
Machtſtellung in Preußen auf dieſem Wege nicht folgen
wollten. Im Jahre 1870 drückt Moritz von Blankenburg in
einem Briefe an Roon die Stimmung in den konſervativen
Parteikreiſen aus:
„Die Oppoſition der Konſervativen gegen Bismarck nimmt
reißend zu — man kann es ſchon Erbitterung nennen.”
Die Konſervativen, heutigen Deutſchnationalen,
ent=
wickelten eine immer ſchärfere Feindſchaft gegen den großen
Staatsmann.
In der antiſemitiſchen (heute ſagt man: „völkiſchen”
Zeitſchrift „Freideutſchland” vom 15. April 1897 ſchreibt Adolf
Braumann:
„Die ganze kurzſichtige Reichsgründung mit ihren nicht
vorhergeſehenen und auch heute unbegreiflicherweiſe immer
noch nicht verſtandenen verhängnisvollen Folgen und
die unglaublich fehlerhafte Politik des Reiches ſeit ſeiner
Gründung, dieſe Politik vom verkehrten Ende, das iſt ja
Bismarcks ganze Leiſtung; dazu Verjudung, Züchtung von
iſch=belgiſches Komplott.
Kabinettschef Macdonald hat den belgiſchen
Theunis und den Außenminiſter Hymans
uing geladen. Die beiden Männer machten ſich
fuhren — nach Paris. So ſtellt ſich dem
Zei=
ſuch der beiden belgiſchen Staatsmänner bei
e Pariſer „Information” hat ſich dieſe
eigen=
ng von einer hervorragenden belgiſchen
Per=
laſſen und ſtellt feſt, daß die beiden Miniſter
ſch London den Drang in ſich ſpürten, Herrn
fflichkeitsbeſuch zu machen. Von einer Konfe=
Rede ſein. Höchſtens handele es ſich bei der
g um einen Meinungsaustauſch.
darüber zu diskutieren, welcher Fachausdruck
ngen der belgiſchen und franzöſiſchen Miniſter
Jaris der treffendſte iſt; dagegen liegt viel
jahme vor, daß Poincaré den Verſuch machte,
reichs Seite zu ziehen. Dem Vernehmen nach
reter in der Reparationskommiſſion Delgeroix
beigewohnt, und auch der franzöſiſche
Haupt=
rſitzende der Reparatidnskommiſſion Barthon
ide geweſen ſein. Wenn es zutrifft, was
be=
auch viel Wahrſcheinlichkeit für ſich hat, daß
ind zum Vermittler bei Frankreich gewonnen
dird man ſagen müſſen, daß der Empfang der
durch Poincaré ein franzöſiſch=belgiſches
Kom=
itte.
hren Inhalt der Pariſer Beſprechungen vom
breite Oeffentlichkeit ſchwerlich mehr erfahren,
alt anderer franzöſiſch=belgiſcher Konferenzen.
Vergangenheit Theunis” iſt nicht daran zu
Mann auch in der dritten unter ſeinem
Vor=
erung im franzöſifchen Fahrwaſſer zu
ſchwim=
eunis und Poincaré waren die Eroberer an
ilen auch jetzt wieder einmütig ſein. Es iſt
ſeis dafür, daß zwiſchen den beiden
Haupt=
r Reparationsfrage ernſtliche
Meinungsver=
hen, wenn von einem der belgiſchen Gäſte
te Abänderung des Reparationsplanes ſei
uge gefaßt worden. Es wird Poincaré gewiß
urſachen, das Sachverſtändigengutachten ohne
ne materielle Aenderungen anzunehmen, weun
keit erhält, ſeine Sonderwünſche in einer
poli=
des Berichtes anzubringen. Hierfür iſt die
ſion, alſo ein Organ zuſtändig, in welchem
eten und Frankreich ausſchlaggebend iſt.
Wenn=
der Reparationskommiſſion nicht unter allen
te Entſcheidung zu ſein braucht, d. h. wenn
I an den Oberſten Rat ergeht, ſo wird die
onskommiſſion empfohlene politiſche
Ergän=
ändigenvorſchläge doch zweifellos ein ſtarkes
endgültige Urteil der Staatsmänner werden.
ſche Theunis und Hymans nach Paris und
unternehmen, gilt alſo der Frage, welche
ſelgiſchen Mitglieder der
Reparationskommiſ=
erhalten werden. Gelingt es Poincare, ein
Komplott zuſtande zu bringen, ſo kann es
5tandpunkt keine Gefahr mehr bringen, wenn
Theunis zu einer Vermittlerrolle zu gewinnen
klar zutage, welches die wichtigſten Punkte
giſchen Zuſammenwirkens ſein würden. Der
ion” interviewte Belgier hat bereits geſchickt
g für eine der Grundbeſtimmungen des
Sach=
nms vorbereitet. Er hält es für
ſelbſtver=
fortſchreitende Wiederherſtellung der
wirt=
waltungstechniſchen Souveränität des
Deut=
ft. Das iſt dieſelbe Theſe, die Poincaré mit
illmählich die ſpeziellen Pfänder durch
allge=
rſetzen, aufgeſtellt hat. Es iſt weiter nicht daran
ſoincaré bei ſeinem belgiſchen Kollegen
Ver=
äriſche Sicherungen finden wird. In zwei
ſcheint alſo ſchon jetzt volles Einvernehmen
Brüſſel zu beſtehen. Ein dritter Punkt, um
tun zu ſein ſcheint, iſt die Feſtſetzung
der=
ſelche „ſelbſttätig” Deutſchland gegenüber in
wenn das abzuſchließende
Reparations=
ſeits nicht in allen Einzelheiten erfüllt wer=
ſeien lediglich zu einem Meinungsaustauſch
allge=
meiner Art gekommen, bei dem Beſchlüſſe nicht zu erwarten
ſeien. Eine Meinungsverſchiedenheit zwiſchen
den beiden Regierungen beſtehe nicht. Belgien
ſei ebenfalls der Anſicht, daß die
Reparations=
kommiſſion handeln ſolle. Es denke in keiner
Weiſe daran, das Ruhrgebiet zu räumen. Sicher
bedürfe es zur Durchführung des Sachverſtändigenplans der
Wiederherſtellung der deutſchen Wirtſchafts= und
Verwaltungs=
freiheit. Sie ſolle allmählich erfolgen. Dieſes und die 800=
Millionen=Anleihe ſeien die Hauptvorteile, die von vornherein
Deutſchland geboten würden. Aber ſie müßten auch für Frank=
Dvee eweiVer eiwereir Ditvwlw Weiseev gwitt Grwrwewen.
München; 28. April. Der Vorſtand des bayeriſchen
Induſtriellen=Verbands hatte, ſich auf Grund eines
Be=
richts des Geheimrats Dr. Büchner vom Reichsverband der deutſchen
Induſtrie mit dem Sachverſtändigengutachten befaßt und hat, bei den
größten Bedenken gegen die ſchweren Eingriffe in die Hoheitsrechte des
Deutſchen Reiches, das Gutachten der Sachverſtändigen=
Kommiſſion als eine Grundlage zu
Verhandlun=
gen über die Löfung des Reparationsproblems
an=
erkannt. Der Vorſtand der baheriſchen Induſtrie billigt daher die
Abſicht der Reichsregierung, auf Grund dieſes Gutachtens in
Verhand=
lungen einzutreten
unkt hat Macdonald beſonderen Widerſtand
weiß genau wie wir, daß der Taſchenſpieler
ff anzuwenden verſteht, der ihm geboten wird.
n Verſailler Vertrag ausgeſchloſſen war,
an=
gebliche geringe Ruckſtändigkeiten Deutſchlands bei der Erfüllung
übernommener Neparationsverpflichtungen mit der Beſetzung
neuen deutſchen Landes zu ahnden, haben Poincars und
Theu=
nis ſich eine ſolche Befugnis zurechtkonſtruiert und bei der
Ruhr=
beſetzung danach gehandelt. Wieviel mehr werden ſie ſich zu
Beſetzungen deutſchen Bodens und anderen Sanktionen verſucht
fühlen, wenn ſie in einem internationalen Abkommen eine
aus=
drückliche Befugnis dazu erhalten. Die franzöſiſch=belgiſche
Kon=
ferenz vom 28. April iſt geeignet, die Erwartungen auf eine
bal=
dige friedliche Regelung des Reparationsproblems
herabzu=
mindern,
Seite 8.
Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 28. April 1924.
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Sozialdemokratie und Zentrum, eine auf jüdiſche Anweifung
zurückzuführende zehnjährige wirtſchaftliche Geſetzgebung von
zerſtörender Wirkung. Sieht man genauer zu, ſo erkennt man
an dem ganzen Bismarck nichts Beſonderes, keinen einzigen
ſchöpferiſchen Gedanken. Seine ganze „Genialität” iſt ein
Zu=
ſammenſchweißen von rechts und links, von
zuſammen=
ſtaffierten vorgefundenen Irrtümern, von den kurzſichtigſten
und niedrigſten Geſichtspunkten aus. Das unaufhörliche
Ge=
ſchrei, der Mann ſei „groß” beweiſt dies daher nicht im
mindeſten, es beweiſt nur, wie klein ſie ſind, die ihn für „groß”
ausſchreien.”
Am 3. September 1897 (alſo noch zu Lebzeiten des
Für=
ſten, welcher die nachſtehenden Außerungen nicht dementiert hat!)
wurde m der Preſſe über neue Außerungen des Alt=
Reichs=
kanzlers berichtet. Auf die Konſervativen beziehen ſich folgende
Bemerkungen:
„Es liegt nun einmal in der Natur dieſer konſervativen
Partei, daß ſie von der auch ſonſt leider landesüblichen
Fraktionsſtreberei beſonders leicht verſeucht wird. Da ſitzen
Beamte, die eigentlich gar nicht ins Parlament gehören; Leute,
die Söhne, Töchter und Enkel zu verſorgen haben und deshalb
Rückſichten nehmen müſſen. Da möchte mancher im Staat eine
höhere Stufe erklettern, und nützliche Verwandtſchaften,
geſell=
ſchaftliche und militäriſche Beziehungen ſpielen auch eine
Nolle. Dazu kommt, daß meine Standesgenoſſen vielfach recht
bequem ſind, nicht gern übermäßig arbeiten oder auch durch
ihre landwirtſchaftliche Tätigkeit ſtark in Anſpruch genommen
werden; dann reißen die ſtrebſamſten, die ſich auf die
Sitzun=
gen vorbereiten und in den Druckſachen Beſcheid wiſſen, die
Herrſchaft an ſich, und die Fraktion merkt dann vielleicht zu
ſpät, daß ſie auf der ſchiefen Ebene angelangt iſt. Mir haben
die Herren von der „Kreuzzeitungs”=Farbe das miniſterielle
Leben recht ſauer gemacht; war nie ihr Mann, und die
ſchlimmſten Verdächtigungen ſind immer von dieſer Seite
ge=
kommen. Sie ließen mich im Stich, als es darauf ankam,
zunächſt einmal das Deutſche Reich vor der Welt auf die
Beine zu ſtellen; manches wäre anders geworden, wenn ich
damals konſervative Hilfe gefunden hätte; aber ich hätte viel
eher noch mit Herrn Richter paktiert als mit den Freunden
Narhuſius=Ludom und Konſorten. Es war viel Neid dabei,
weil ich es weitergebracht hatte, als andere Junker, aber auch
doktrmäre Beſchränktheit und proteſtantiſch=jeſuitiſcher Eifer.
Als ich dann weggeſchickt wurde, hatten wieder dieſelben
Leute ihre Hand im Spiel: ſiehe Scheiterhaufenbrief und
ähnliche Sachen.”
Bismarck ſpricht zu den Deutſchen:
„Jede Partei glaubt, daß ſie die Alleinherrſchaft erringen kann im Deutſchen Reich und lehnt es deshalb
ab, irgendeine Konzeſſion zu machen. Und doch wiederhole ich den Satz: das ganze Berfaſſungsleben
iſt eine Reihe von Konzeſſionen, die man ſich gegenſeitig zu machen hat.
Sie LLtleient Purteien in Brurſchlaue ſias nihe Legrerängsfühlg.
Zu einer ruhigen dauer der Regierung führt uns der Berzicht auf extreme Meinungen; die Jagd nach
Stimmen bei den Wahlen iſt bedauerlicherweiſe ſtärker als die Erwägung deſſen, was zu tun iſt. das
iſt unſer Unglück.”
(Bismarck am 24. 7. 92 in Friedrichsruh, beim Empfang der Badener, Heſſen und Thäringer.)
Haben alſo die Deutſchnationalen ein Recht, ſich auf Bismarck zu berufen?
Rein! Die Partei, aus deren Stamm ſie hervorgingen, hat den Reichsgründer bei ſeinem größten
Werke im Stiche gelaſſen. Sie haben ihn aufs ſchärfſte bekämpft und an ſeinem Sturze mitgewirkt.
Sie beſitzen keinen Funken Bismarck’ſcher Realpolitik, ſondern treiben eine Agitation der Schlagworte
und Verſprechungen, eine Außzenpolitik, von der ſie ſelber wiſſen, daß ſie bei den jetzigen
Machtver=
hältniſſen gar nicht tragbar iſt, ohne das größte Unglück für Volk und Vaterland anzurichten.
Die Partei, getragen von dem Bismarckſchen Geiſte der Vaterlandsliebe und der nationalen
Verantwortung, die Partei, die den Ruhmestitel der Reichsgründungspartei in der Geſchichte trägt,
die Partei, die auch um den Preis von Opfern der Reichserhaltung bewußt dient — das iſt die
Deutſche Volkspartei.
Nationale Männer und Frauen, gebt ibr Eure Stimmen! Für Paterland und Freibeit.
Wählt die Liſte: Or. Becker — Schott — Dingeldey — Birnbaum
Wählt Oeutſche Volkspartei!
„Die Politik iſt die Kunſt des Erreichbaren und Möglichen.” (Bismarck.)
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