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Wöchentliche illuſtrierte Beilage: „Die Gegenwart”, Tagesſpiegel in Bild und Wort
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Nummer 117
Sonntag, den 2T. April 1924.
187. Jahrgeng
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Gewalt, wie Krieg, Aufruhr Streik uſw., erliſcht
ſede Verpſichtung auf Eifüllung der
Anzeigen=
aufträge und Leiſſung von Schadenerſatz. Bei
Konkurs oder gerichtlicher Beſtrelbung fällt ſeder
Rabatt weg. Bankkonto: Deutſche Bank und
Darm=
ſtädter 8 Nationaſbanf.
Die Verhandlungsbereitſchaft der Alläierten
Der Bericht für Poincaré nur ein Ausgangspunkt, kein Endziel. — Belgien und Italien nehmen
den Bericht als ein unteilbares Ganze an. — Die Frage der Zuſtändigkeit der Alliierten.
Paris, 26. April. Nachdem heute auch das italieniſche
Ant=
wortſchreiben der Reparationskommiſſion zugegangen iſt,
ver=
öffentlicht dieſe die Antworten der vier beteiligten Regierungen
auf ihren Beſchluß vom 17. April 1924, betreffend die Vorſchläge
der Sachverſtändigen.
Die belgiſche Note.
Belgien drängt zur Eiſe.
Paris, 26. April. Die Antwort Poincarés an den
Präſidenten der Reparationskommiſſion hat
In dem gleichzeitig veröffentlichten Schreiben der
Repara=
tionskommiſſion, mit dem dieſe ihren Beſchluß vom 17. April den
Regierungen zur Kenntnis brachte, erklärt die Kommiſſion nach
Anführung dieſes Beſchluſſes: „Die Reparationskommiſſion
würde es begrüßen, ſobald wie möglich zu erfahren, ob
die . . . . Regierung geneigt iſt, der obenſtehenden Empfehlung
Wirkſamkeit zu verleihen und bejahendenfalls um Mitteilung von
den Maßnahmen zu erhalten, die die . . . . Regierung zu treffen
beabſichtigt.
gez. Barthou, Bradbury.
Die franzöſiſche Antwort.
Poincarés Richtlinien für die Reparationskommiſſion.
folgenden Wortlaut:
Ich habe die Ehre, den Empfang Ihres Briefes vom 17. ds.
Mts. zu beſtätigen, in dem Sie der franzöſiſchen Regierung das
Gutachten der Sachverſtändigen ſowie die verſchiedenen Anhänge.
unterbreiten. Dann führt Poincaré die verſchiedenen Punkte auf,
die in dem Rundſchreiben Barthous erwähnt ſind und
die bereits in der geſamten Preſſe veröffentlicht worden ſind.
Da=
rauf fährt Poincars fort: Ich habe mit dem größten Intereſſe von
den Berichten der Sachverſtändigen Kenntnis genommen. Sie
entſprechen durchaus dem, womit die Sachverſtändigen beauftragt
worden waren, nämlich mit dem Suchen nach den Mitteln, das
deutſche Budget ins Gleichgewicht zu bringen und die
Maßnah=
men feſtzuſtellen, die nötig ſind, um die deutſche Währung zu
ſtabiliſieren, ferner mit dem Suchen nach den Mitteln, deutſche
Kapitalien im Auslande nach dem Reich zurückzuführen. Dieſe
Dokumente werden der Reparationskommiſſion erlauben, nach den
ihr vorgeſchriebenen Dispoſitionen auf Grund des Artikels 234
des Verſailler Vertrages die Mittel zu ſuchen, um die
Zah=
lungsfähigkeit Deutſchlands feſtzuſtellen. Die
Berichte der Sachverſtändigen bilden ein
kon=
kretes Ganze und ich kann mich beglückwünſchen, die
Ini=
tiative bei der Neparationskommiſſion dazu ergriffen zu haben,
zur Gründung dieſer Sachverſtändigenausſchüſſe zu ſchreiten. Ich
bin glücklich, dieſe Gelegenheit wahrzunehmen, um die
Sachver=
ſtändigen zu der hohen Kompetenz der Unparteilichkeit und dem
praktiſchen Sinn, den ſie an den Tag gelegt haben, zu
beglückwün=
ſchen. Ausgerechnet mit dieſen detaillierten und wertvollen
Do=
kumenten kann jetzt die Reparationskommiſſion ein endgültiges
Urteil fällen, die Regierungen erwarten ein endgültiges Urteil
von der Reparationskommiſſion und eine endgültige
Ausarbei=
tung des Reparationsvorſchlages auf Grund der
Sachverſtän=
digen, indem die Reparationskommiſſion den Berichten eine
prak=
tiſche ausführbare Form gibt. Da, wo die Berichte nicht von
aus=
führlicher Form ſind, werden die Sachverſtändigen es der
Repa=
rationskommiſſion ſelbſt überlaſſen haben, ſich über verſchiedene
Punkte auszuſprechen. Erſt, nachdem die Reparationskommiſſion
dieſe Arbeiten geleiſtet haben wird und ſich über alle Punkte, die
ihre Kompetenzen angehen, geäußert haben wird, wird ſie in der
Lage ſein, dieſelben den intereſſierten Regierungen mitzuteilen.
Die Regierungen, werden überhaupt erſt dann
nützliche Arbeit leiſten können, wenn die
Repa=
rationskommiſſion die Expertengutachten auf
eine praktiſch ausführbare Baſis geſtellt haben
wird. Es muß vor allen Dingen feſtgeſtellt werden, ob die
deutſche Regierung ihrerſeits alle möglichen Dispoſitionen
ergrif=
fen hat, um die Beſchlüſſe der Reparationskommiſſion
durchzu=
führen. Es liegt auf der Hand, daß keine Entſcheidung getroffen
werden kann, bevor die Neparationskommiſſion nicht den
Geſetz=
entwurf und die Geſetzesdekrete ausgearbeitet hat, welche ſie der
deutſchen Rgierung zu unterbreiten hat. Es iſt ſelbſiverſtändlich,
daß erſt nach Annahme dieſes Geſetzes ſeitens Deutſchland die
Alliierten in der Lage ſein werden, die Entſcheidungen zu treffen,
welche in ihre eigene Kompetenz fallen, damit die Expertenberichte
ſoviel als möglich in die Tat umgeſetzt werden können. Die
deutſche Regierungdarfindieſer Sache nicht mit
den alliierten Regierungen auf gleichen Fuß
gefetzt werden. Die Reparationskommiſſion,
welche auf Grund des Verſailler Friedensvertrages vorgeht, kann
natürlich die Wünſche der deutſchen Regierung
an=
hören, wird aber nachher ihre Entſcheidung mit der ihr vom
Verſailler Vertrage anerkannten Autorität treffen. Die Experten
haben übrigens an anderer Stelle erklärt, daß die wirtſchaftliche
und finanzielle Unabhängigkeit des Deutſchen Reiches
wiederher=
geſtellt werden müſſe, ſobald der anempfohlene Plan zur
Ausfüh=
rung gelangte
Die franzöſiſche Regierung freut ſich, in dieſen Beſchlüſſen
der Sachverſtändigen keinen Gegenſatz zu ihrer eigenen
Auffaſ=
ſung zu ſehen, ſo daß ſie in keinem Punkte ihre Anſicht zu
än=
dern nötig hat. Die verbündeten Regierungen werden
unter ſich die Frage zu prüfen haben, wie die von Frankreich und
Belgien zurzeit verwalteten Pfänder mit den Garantien
ver=
tauſcht und vereinigt werden können, die die Verbündeten
ins=
geſamt gemäß den Sachverſtändigenbeſchlüſſen erhalten werden,
und es liegt in der Hand der Regierungen, durch ein
ge=
meinſames Uebereinkommen die Garantien, die
zur Ausführung notwendig ſind feſtzuſtellen. Es iſt
ſelbſt=
verſtändlich, daß die franzöſiſche Regierung die
Ar=
beit der Sachverſtändigenkommiſſion wie die
übrigen Regierungen anerkennt und, vom Geiſt der Einigkeit
und Verſöhnlichkeit beſeelt, ihrerſeits Verhandlungen
an=
knüpfen wird, wenn der Augenblick gekommen ſein wird, um
alle Anſtrengungen zu machen, die geeignet ſind, die
Durchfüh=
rung der Beſchlüſſe der Reparationskommiſſion zu beſchleunigen.
digenbericht mit großem Intereſſe geprüft worden ſei. Die
un=
beſtreitbare Sachkunde der Experten und die Mitwirkung
Ame=
rikas habe ihren einſtimmigen Beſchlüſſen eine hohe moraliſche
Bedeutung verſchafft. Die belgiſche Regierung ſei bereit,
die Entſchließungen der Sachverſtändigen als
Ganzes anzunehmen zum Zwecke einer praktiſchen und
gerechten Regelung der Reparationsfrage. Sie hoffe, daß die
Reparationskommiſſion die Geſetzentwürfe der deutſchen
Regie=
rung, welche für die vollkommene Ausführung des
Sachverſtän=
digenplanes notwendig ſeien, ſorgfältig prüfen werde. Die
bel=
giſche Regierung hoffe ferner, daß die
Reparationskom=
miſſion keine Zeit verlieren und beſchleunigt die
Maß=
nahmen durchführen werde, deren Feſtſetzung das
Gut=
achten ihr überlaſſen habe, damit, wenn die Arbeiten fertiggeſtellt
ſeien, der anempfohlene Plan mit gegenſeitiger Zuſtimmung der
alliierten Regierungen ſchnell zur Durchführung gebracht werden
könne. Die belgiſche Regierung trete ſchon jetzt mit
ihren Alliierten in Fühlung.
Engliſche Zuſtimmung.
Keine Herabſetzung der Reparationsſchuld.
Die engliſche Note iſt in 9 Punkte gegliedert:
davon Kenntnis, daß die Reparationskommiſſion die
Ent=
ſchließung der Sachverſtändigen einſtimmig angenommen
hat, ſowie davon, daß ſie die notwendigen Schritte ergreife, um
die Konkluſionen, ſoweit ſie unter die Zuſtändigkeit der
Repara=
tionskomiſſion fallen, zur Ausführung bringen.
2. Die engliſche Regierung nimmt. die Empfehlung
der Reparationskommiſſion, die unter die
Zuſtändig=
keit der alliierten Regierungen fallenden Entſchließungen zu
bil=
ligen, an und wird alles in ihrer Macht ſtehende
tun, um ihnen praktiſchen Erfolg zu verſchaffen.
3. Die Empfehlungen der Sachverſtändigen
ſtellen nach Anſicht der engliſchen Regierung keine
Herab=
ſetzung der Geſamtreparationsſchuld
Deutſch=
lands dar und die notwendigen Modifikationen des Londoner
tenz einer einſtimmigen Entſchließung der
Reparationskommiſ=
ſion, erfordern jedoch keine beſonderen Vollmachten
4. Wenn jedoch in dieſem Punkte irgendwelche Zweifel
be=
machten zu erteilen.
5. Die einzigen Anempfehlungen der Sachterſtändigen, die
unter die Zuſtändigkeit, der alliierten
Regierun=
rung über die geſamten deutſchen Gebiete.
b) die notwendigen Schritte zu unternehmen, um die
c) die Zuſammenfaſſung aller
finanziel=
einer Annuität.
gierung bereit, den Empfehlungen der Sachverſtändigen ihre
volle Zuſtimmung zu geben, und in Beratungen mit den vermag. Es ift leider charakteriſtiſch, daß auch heute noch ſehr
um in kürzeſter Friſt ihre volle Wiederherſtellung zu erreichen.
übrig, den zu treffenden Maßnahmen volle Zuſtimmung zu er= licher Bitterkeit zu überwinden.
teilen. Die engliſche Regierung iſt bereit, in dieſer Beziehung
alles zu tun, was als das angenehmſte und wirkungsvollſte zu
dieſem Zwecke erſcheint.
gierung die Empfehlung der Sachverſtändigen an und iſt bereit,
ihrerſeits der Reparationskommiſſion einen Plan
vor=
zuſchlagen für die Durchführung dieſes Punktes.
9. Sollten irgendwelche weitere Punkte des
Sachverſtän=
digengutachtens nach Anſicht der Reparationskommiſſion die
Zu=
ſtimmung oder ein ſelbſtändiges Vorgehen der alliierten
Regie=
rungen erfordern, ſo iſt die engliſche Regierungg ihrerſeits
bereit, alle erforderlichen Schritte zu tun.
Die Antwort Muſſolinis.
Die Sachverſtändigenberichte, eine gerechte Grundlage.
den anderen übereinſtimmt, daß der Inhalt der beiden Sach= nen, dem Gutachten formell zuzuſtimmen, aber man ſtellt eine
verſtändigenberichte von der italieniſchen Regierung als
ein unteilbares Ganze betrachtet werde, und daß ſie mit Gutachtens gerabezu widerſprechen, ſondern ſeine Durchführung
in ihrer Geſamtheit angenommen habe und ſie ſei ſicher, daß die
Reparationskommiſſion jetzt raſch ihr. Werk weiter betreiben
könne. Die italieniſche Regierung ſei für ihren Teil ſierung der Währung ſowie die Wiederherſtellung des inneren
ſtändigen ſowie die Grundſätze, die für ſie maßgebend ge= fetzung möglich iſt. Es müſſen deshalb auch alle Sanktionen,
weſen ſeien, in vollem Umfange anzunehmen, denn
ſie ſei überzeugt, daß dieſe Entſchließungen und Grundſätze eine entſprechend abgeändert werden.” Zur Sicherheit des
franzöſi=
gerechte Grundlage für die Regelung der Reparations= ſchen Volkes, ſo fordert man in Paris, ſolle die militäriſche
Be=
frage und der damit im Zuſammenhang ſtehenden Probleme.
Die Woche.
Herrn Lippert, deutſcher Konſul, Kapſtadt.
Nach Mitteilung des Herrn Lüderitz zweifeln
die kolonialen Behörden, ob ſeine
Erwerbun=
gen nördlich vom Oranjefluß auf deutſchen
Schutz Anſpruch haben. Sie wollen amtlich
erklären, daß er und ſeine Niederlaſſungen
unter dem Schutz des Deutſchen Reiches ſtehen.
v. Bismarck.
Am 24. April waren es 40 Jahre, daß der eiſerne Kanzler
durch dieſes Telegramm an den deutſchen Vertreter in der
ſüd=
afrikaniſchen Hauptſtadt die deutſche Kolonialpolitik und damit
Die belgiſche Antwort beginnt damit, daß der Sachverſtän= eine neue Epoche der deutſchen Geſchichte einleitete. Nur mit
tief=
ſter Wehmut konnte dieſes Ereigniſſes gedacht werden. Vor
40 Jahren das Deutſche Reich auf der Höhe ſeiner Macht, unter
Führung ſeines größten Staatsmannes den entſcheidenden
Schritt tuend von der europäiſchen zur Weltpolitik, heute das
Deutſche Reich in ſeinen Grundfeſten erſchüttert, einen
verzweifel=
ten Kampf kämpfend um ſein Daſein. Schwer laſtet die Fauſt
des Schickſals auf dem deutſchen Volk, furchtbar ſchwer, jedoch
nicht unverdient. Man hat es ſich ſtellenweiſe recht leicht gemacht,
und hat die Urſachen des deutſchen Unglücks lediglich in Fehlern
der Führung geſucht. Fehler ſind zu allen Zeiten und in allen
Ländern gemacht worden. Fehler haben auch die größten
Staats=
männer begangen. Fehler kkönnen ſchwerſte Folgen nach ſich
ziehen; noch niemals aber in der Geſchichte der Völker, ſind es
lediglich Fehler in der Führung geweſen, welche ein Volk
end=
gültig vernichteten. Es iſt ein altes Wort: Die Weltgeſchichte iſt
das Weltgericht. Nur das Volk geht zu Grunde und muß zu
Grunde gehen, welches ſeine innere Lebenskraft, und damit ſeine
Daſeinsberechtigung verloren hat. Nur die Völler ſind zu
Grunde gegangen, welche die Pflichten gegen ſich ſelbſt, die
Pflicht gegen den eigenen Staat, vergeſſen hatten. Zugrunde
ge=
gangen ſind nur die Völker, welche den innern Zuſammenhang der
Nation verloren haben. Es iſt eine unſelige Eigenſchaft gerade
des Deutſchen, daß ſein ſtark ausgeprägter Sinn für individuelle
Eigenart, ihn in ganz beſonderem Maße der Gefahr ausſetzt,
dieſen inneren Zuſammenhang mit der Volksgeſamtheit und
1. Die engliſche Regierung nimmt mit Genugtuung ihren Bedürfniſſen zu verlieren. Deutſche Zwietracht iſt
ſprich=
wörtlich geweſen ſeit undenklichen Zeiten. Die deutſche
Zwie=
tracht iſt es geweſen, auf welche die Feinde des deutſchen Volkes
ſtets und leider nur zu oft mit Recht gebaut haben. Deutſche
Zwietracht, deutſche Unvernunft iſt es auch jetzt wieder, auf
welche der Feind ſeine Hoffnung ſetzt. Das einzige Gewicht, das
ein waffenloſes Volk in die Wagſchale der Geſchichte zu werfen
hat, iſt ſeine innere Geſchloſſenheit.
Klare zielbewußte politiſche Führung hat die außenpolitiſche
Lage des deutſchen Volkes in letzter Zeit ſtark verbeſſert. Mit
feſter Hand hat unmittelbar vor der Kataſtrophe der derzeitige
Außenminiſter des Deutſchen Reiches die Zügel in die Hand
ge=
nommen. Ganz unverkennbar ſind die Erfolge, die er erzielt hat.
Zielbewußt iſt er den Weg gegangen, der unter den
gegenwärti=
gen Verhältniſſen allein Deutſchland vor dem Sturz in den Ab=
Zahlungsplanes liegen nach ihrer Anſicht innerhalb der Kompe= grund retten konnte. Wer hat denn bisher einen anderen Weg
zu zeigen vermocht? Nur dem ſollte man doch die Berechtigung
zur Kritik zuerkennen, der beſſeres zu leiſten vermag. Gewiß,
der in der Reparationskommiſſion vertretenen Regierungen. es iſt ein unendlich ſchweres Spiel, welches Dr. Streſemann ſpielt
und trotz aller Anfangserfolge iſt der Enderfolg noch keineswegs
ſtehen, iſt die engliſche Regierung bereit, ſolche beſonderen Voll= geſichert. Wenn aber heute ſeine erbitterten Gegner immer
wie=
der den deutſchen Volke einzuhämmern verſuchen, daß dieſer
Mann das Verderben des deutſchen Volkes ſein werde, ſo müßte
man doch von dieſen ſeinen Gegnern unter allen Umſtänden
zu=
gen fallen, ſind nach Anſicht der engliſchen Regierung folgende: nächſt verlangen, daß ſie nun auch endlich einmal erklären, wie
a) Die Wiederherſtellung der wirtſchaftlichen und ſie es an ſeiner Stelle anders machen würden. Vergeblich aber
fiskaliſchen Oberhoheit der deutſchen Regie= ſucht man auch nur nach Andeutungen in dieſer Richtung, und es
wäre wahrlich kein Zeichen von politiſcher Reife, wenn ſich das
deutſche Volk durch die ſchmetternden Fanfarentöne
wahlredneri=
neuen Garantien und Kontrollmaßnahmen ſcher Demagogie betäuben laſſen würde. Die kommenden
außen=
wirkſam zu machen, ſoweit ſie nicht durch die beſtehenden Be= politiſchen Entſcheidungen ſind die Entſcheidungen über
Deutſch=
ſtimmungen des Verſailler Vertrages ſchon eingeſetzt ſind, lands Schickſal. Um deutſches Schickſal handelt es ſich und nicht
um Fragen doktrinärer Parteipolitik. Das iſt es, was das
ler Laſten Deutſchlands aus dem Friedensvertrag in deutſche Volk verftehen muß, wenn es nicht untergehen will.
Klare Antwort muß es verlangen von ſeinen Führern, welche
6. Hinſichtlich des erſten Punktes iſt die engliſche Re= Wege ſie in den entſcheidenden Fragen zu gehen gedenken und
dem Gefolgſchaft leiſten, welcher klare Wege und Ziele zu zeigen
anderen alliierten Regierungen alle nötigen Schritte zu ergreifen, viele Deutſche in dieſen Dingen keineswegs klar zu ſein ſcheinen,
und ſo geht denn das deutſche Volk in dieſen Wahlkampf, der
7. Hinſichtlich des zweiten Punktes bleibt, nachdem die über ſein Schickſal entſcheidet, mit 23 Parteien! Difficile est
deutſche Regierung bereits ihre Zuſtimmung gegeben hat, nur satiram non seribere und ſchwer iſt es auch, ein Gefühl unſäg=
In Paris ſind bei der Reparationskommiſſion die Noten
eingegangen, welche die Antwort der alliierten Mächte enthalten
auf die offizielle Mitteilung vom Gütachten der Sachverſtändigen.
8. Hinſichtlich des dritten Punktes nimmt die engliſche Re= Es war eine Tatſache von beſonderer Bedeutung, daß der
Präſi=
dent der Vereinigten Staaten gelegentlich des Jahresfrühftücks
der Aſſociated Preß in einer hochpolitiſchen Anſprache das
Gut=
achten des Dawes=Komitees als unübertrefflich bezeichnete und
die feſte Erwartung ausſprach, daß der Bericht auch von den
in=
tereſſierten europäiſchen Regierungen als eine geeignete Methode
zur Regelung des Reparationsproblems angeſehen werde, und
daß er dann weiterhin für dieſen Fall auch eine weitgehende
Be=
teiligung des privaten amerikaniſchen Kapitals an der Anleihe
in Ausſicht ſtellte, welche in den Sachverſtändigenvorſchlägen für
Deutſchland vorgeſehen iſt. Der Ring derjenigen alliierten
Re=
gierungen, die bereit ſind, ohne Hintergedanken an die endgültige
und ſchleunige Löſung des Reparationsproblems auf Grund des
Sachverſtändigengutachtens heranzugehen, ſchließt ſich. Nicht
leicht wird es den Franzoſen fallen, ihr Spiel den gegenüber
Die italieniſche Antwort erklärt nach der Einleitung, die mit durchzuſetzen. Auch an der Seine wird mau kaum umhin kön=
Reihe von Forderungen auf, welche nicht nur dem Geiſt des
Genugtuung feſtgeſiellt habe, daß die Neparationskommiſſion ſie völlig unmöglich machen würden. „Der Plan hat vor allem die
Wiederherſtellung der deutſchen Wirtſchaftshoheit zur
unbeding=
ten Vorausſetzung, da ein Ausgleich des Budgets, die
Stabili=
ſchon jetzt geneigt, die Entſchließungen der Sachver= und äußeren Kredits Deutſchlands nur unter dieſer
Voraus=
die die wirtſchaftliche Produktion hindern, zurückgezogen oder
ſetzung des Ruhrgebietes aufrecht erhalten werden, und das bis=
Seite 2.
Darmſtädter Dagblatt, Sonntag, den 27. Hpru 1924
Rummer 117.
herige Netz der Regie eine militäriſche Kontrolldirektion im
Reichsnetz der deutſchen Eiſenbahnen bilden. Die wirtſchaftliche
Freigabe des Ruhrgebietes ſoll erſt dann beginnen, wenn das
Deutſche Reich Zahlungen geleiſtet hat. Zahlen aber kann das
Deutſche Reich nach dem Gutachten der Sachverſtändigen erſt
dann, wenn es die freie Verfügung über ſeine Produktionsmittel
hat, d. h., wenn an Rhein und Ruhr nicht mehr Frankreichs
Sklavenvögte ſtehen. Eine weitere gefährliche Klippe iſt die
Verkuppelung der Reparationsfrage mit der Frage der
inter=
allierten Schulden, wie ſie von Frankreich angeſtrebt wird, um
ſo gefährlicher, weil in dieſer Beziehung, allerdings auch nur in
dieſer Beziehung, Herr Muſſolini dem franzöſiſchen Standpunkt
nicht allzu fern ſtehen dürfte.
Von einem Silberſtreif am politiſchen Horizont ſprach vor
einiger Zeit der Außenminiſter des Deutſchen Reiches. Noch aber
hat die Sonne des Friedens die politiſchen Gewitterwolken nicht
durchbrochen. In Paris hofft man auf den Ausgang der
deut=
ſchen Wahlen, hofft man, daß er der deutſchen Außenpolitik die
parlamentariſche Baſis entzieht, welche am eheſten die
Möglich=
keit bietet, Deutſchland der würgenden Fauſt Poincarés zu
ent=
ziehen.
Wir aber hoffen, daß man in Deutſchland weiß, daß
natio=
nale Politik nicht die iſt, welche lediglich die nationale
Geſin=
nung in tönenden Werten feiert, ſondern die Politik, welche die
Lebensintereſſen der Nation dem Ausland gegenüber zu wahren
MI.
vermag.
Die Aufnahme der Noien in der Pariſer Preſſe.
Paris 26. April. (Wolff.) Die Abendpreſſe beſpricht
ein=
gehend die Antworten der Verbündeten an die
Reparationskom=
miſſion. Der Temps faßt den geſamten Eindruck als günſtig
zuſammen. Aus der franzöſiſchen Antwortnote hebt das Blatt
die Erklärung Poincarés hervor, wonach von einer Aufgabe der
Ruhrpfänder oder von ihrem Austauſch erſt nach der
Ausfüh=
rung des Sachverſtändigengutachtens durch Deutſchland die Rede
ſein könne. Was die belgiſche Antwort anbetreffe, ſo ſei ſie kurz
und bündig. Die britiſche wäre trotz ihrer Kürze die beſte von
allen. Sie ſtelle feſt, daß die Sachverſtändigenempfehlungen keine
Herabſetzung der deutſchen Geſamtſchuldziffern mit ſich brachten.
Damit wäre einer zweckloſen Debatte vorgebeugt. Wertvoll ſei
die engliſche Antwort weiter, weil ſie ausführe, daß vor der
Ab=
änderung des Londoner Zahlungsabkommens vom Mai 1921
ein einſtimmiger Beſchluß der Reparationskommiſſion notwendig
ſei. Die italieniſche Antwort verdiene durch ihre verſchleierte
An=
ſpielung auf das Problem der interalliierten Schulden alle
Be=
achtung. Zum Schluß ſeiner Antwort vertrete Muſſolini
be=
kanntlich den Standpunkt, daß die Sachverſtändigenempfehlungen
die Löſung des allgemeinen Problems durch eine Regelung der
Fragen erleichtern würden, für die die verbündeten Regierungen
zuſtändig ſeien. Der Temps fragt, ob damit nicht gemeint ſei,
daß die italieniſche Regierung einer allgemeinen Regelung
wider=
ſtrebe, wenn ihr in beſonderen Punkten keine Genugtuung zuteil
werde.
Der Intranſigeant weiſt auf den Unterſchied in den
Antworten hin.
Der Paris Soir unterſtreicht nachdrücklich, der Eindruck
ſei kein optimiftiſcher. Man müſſe feſtſtellen, daß von ſämtlichen
Regierungen nur Poincaré Einwände gegen das
Sachverſtän=
digengutachten geltend mache. Poincaré laſſe es nicht dabei
be=
wenden, den Arbeiten der Sachverſtändigen ſeine Anerkennung
zu zollen, ohne ihren Empfehlungen ohne weiteres beizutreten.
Das Blatt wendet ſich gegen die Verſchleppungspolitik des
fran=
zöſiſchen Miniſterpräſiſidenten, der den Standpunkt vertrete, daß
die Regierungen ihrerſeits eine Entſcheidung erſt nach
Beſchluß=
faſſung der Reparationskommiſſion über die Verwirklichung des
Sachverſtändigengutachtens und ſeiner Ausführung ſeitens
Deutſchlands treffen könnten.
Auch im Leitartikel des Journal des Debats wird
vor einer unnötigen Verzögerung gewarnt. Wir ſehen nicht ein,
ſo ſchreibt das Blatt, welche Vorteile man aus
Verſchleppungs=
methoden ziehen könnte. Wenn der Sachverſtändigenplan
an=
nehmbar ſei, ſo wäre es am beſten, ihn ſo ſchnell wie möglich in
die Tat umzuſetzen.
Der engliſche Botſchafter am Quai d'Orſag.
UU. Paris, 26. April. Der engliſche Botſchafter
hat am Quai d’Orſay geſtern Abend einen Beſuch abgeſtattet.
Man glaubt, daß die ſtattgefundene Unterredung ſich auf
lau=
fende Geſchäfte, insbeſondere aber auf die franco=
engli=
ſchen Meinungsverſchiedeiheiten in der
Inter=
pretierung der Sachverſtändigenberichte bezogen
hat. Dem diplomatiſchen Mitarbeiter der Daily Mail zufolge
beziehen ſich dieſe Meinungsverſchiedenheiten auf die Feſtlegung
der Strafmaßnahmen für den Fall deutſcher Verfehlungen wie
auf Abänderungsvorſchläge, die Frankreich zu dem Syſtem der
Uebertragung deutſcher Zahlungen auf die Verbündeten zu
machen gedenkt. Nach dem Petit Pariſien war auch von der
in=
teralliierten Militärkontrolle in Deutſchland die Rede.
Vom Tage.
Wie uns von zuſtändiger Stelle mitgeteilt wird, hat die deutſche
Golddiskontbank mit einer großen Gruppe amerikaniſcher
Banken unter Führung der Internationalen Acceptance=Bank in Neu=
York einen Rediskont=Vertrag zu günſtigen Bedingungen
ab=
geſchloſſen. Ueber die Einzelheiten wird in den nächſten Tagen
Näheres veröffentlicht werden.
Der Baheriſche Kurier veröffentlicht zwei Drohbriefe, die an
zwei Miniſter in Bayern ergangen ſind. Die Miniſter werden
darin als katholiſche und volksparteiliche Schweine und Sauhunde
be=
ſchimpft und es wird ihnen angedroht, daß die anonymen Schreiber dieſer
Briefe Mittel und Wege finden würden, ſie zu beſeitigen.
In Warſchau wurde von den Bevollmächtigten der polniſchen
Regierung und der Sowjetföderation, die zwiſchen den beiden
Staaten abgeſchloſſene Eiſenbahnkonvention
unter=
zeichnet.
Das ruſſiſche Verkehrskommiſſariat hat den Vorſchlag Deutſchlands
angenommen, zum 1 1. Mai nach Moskau eine ruſſiſchdeutſche
Eiſenbahnkonferenz einzuberufen, die die Frage der Errichtung
eines direkten Eiſenbahnverkehus zwiſchen der Sowjetunion und
Deutſch=
land ſowie eine Reihe anderer Verkehrsfragen in den Einzelheiten
aus=
arbeiten ſoll.
Wie halbamtlich gemeldet wird, hat man im polniſchen Oſten
ein bolſchewiſtiſches Komplott aufgedeckt, nach dem die
Eiſenbahnknotenpunkte an den Grenzſtrecken zerſtört werden ſollten. Bis
jetzt hat man ſchon 50 Perſonen verhaftet, die mit dem
geplan=
ten Attentat in Verbindung ſtehen ſollen.
Der Telegraaf erfährt zu den gegenwärtig in Berlin ſtattfindenden
holländiſch=ruſſiſchen Verhandlungen, daß man auf
beiden Seiten bisher nicht unzufrieden über den Verlauf ſei.
Der ſerbiſche König empfing nach ſeiner Rückkehr den Führer
der ſerbiſchen Agrarier, Laſitſch, und den Vorſitzenden des Parteiklubs
der ſelbſtändigen Demokraten, Lukinitſch. Die Löſung der Miniſterkriſe
wird aber erſt gegen Ende des Monats erwartet.
Die türkiſche Regierung hat das Konſtantinöpeler Amt,
welches die Salz=, Fiſcherei=, Briefmarken=, Alkohol= und Seideabgaben
verſvaltet und bisher der Verwaltung der öffentlichen Schuld unterſtand,
angewieſen, alle ſeine Mitteilungen nach Angora zu richten, von wo es
zukünftig allein ſeine Weiſungen erhalten werde.
Der Finanzminiſter des iriſchen Freiſtaates teilte bei der
Einbring=
ung des Budgets mit, daß auf eingeführte Waren wie Schuhe,
Zucker=
waren und Motorengeſtelle ein Schutzzoll gelegt werden ſoll, um die
ent=
ſprechenden Induſtrien in Irland vor der Vernichtung zu bewahren.
Anläßlich der Anweſenheit portugieſiſcher und italieni
ſcher Studenten veranſtalteten die Kadetten in Toledo ein
Feſteſſen, bei dem Verbrüderungsreden gehalten wurden.
Pariſer Anleiheverhandlungen.
Pahlaufruf der Heichsregierung.
An das deutſche Volk.
Berlin, 26. April. Die Reichsregierung
veröffent=
licht folgenden Aufruf:
Der Wahltag am 4. Mai iſt der Schickſalstag des deutſchen
Volkes. Der neue Reichstag wird über Gedeih und Verderb
unſe=
res Reiches die Entſcheidung fällen müſſen. Als Reichsregierung
iſt es unſere Pflicht, allen Volksgenoſſen die Bedeutung gerade
dieſer Reichstagswahlen eindringlich vor Augen zu führen. Wir
vergeſſen zu ſchnell. Denkt zurück an die Zeit der wahnwitzigen
Geldentwertung! Erinnert euch an die Tage des vergangenen
Jahres, wo aus den Tauſenden die Millionen, aus den
Millio=
nen die Milliarden und aus den Milliarden die Billionen
wur=
den! Da war das Ende nahe. Da ſtanden wir wirklich vor dem
Verderben. Wehe, wenn der damals drohende Umſturz von
rechts und links die Oberhand gewonnen hätte! Wir ſind nicht
in den Abgrund geſtürzt.
Wir ſind nicht der Verzweiflung zum Opfer gefallen.
Die Staatsgewalt hat ſich behauptet.
Das Reich iſt nicht zerbrochen, aber alles haben wir daranſetzen,
haben bitter=grauſame Maßnahmen ergreifen müſſen, um im
letzten Augenblick mit äußerſter, faft ſchon verſagender Kraft den
Zuſammenbruch aufzuhalten. Große Opfer hat die Rettung vor
dem Untergang gefordert. Wir werden noch weiter ſchwere
La=
ſten auf uns nehmen müſſen, ehe wir wieder ganz geſicherten
Boden unter den Füßen haben. Aber wir haben doch wieder die
Feſtmark.
Die entſetzliche Arbeitsloſigkeit iſt im Schwinden.
In Staat und Wirtſchaft, in den Gemeinden und im
Einzelhaus=
halt können wir wieder mit Soll und Haben, mit feſten
Ein=
nahmen und Ausgaben rechnen. Ernſt und eindringlich aber
muß geſagt werden:
Jedes Abirren von dem von uns beſchrittenen Wege der
Ordnung und Vernunft wird das Verderben des Reiches
und des Volkes ſein.
Nur durch Arbeit und durch Opfer werden wir den Weg aus
dem Elend in die Freiheit finden. Durch das von den
auslän=
diſchen Sachverſtändigen am Auftrage ihrer Regierungen
erſtat=
tete Gutachten wollen wir zu einer Löſung der
Reparations=
frage und zur Befreiung unſerer Brüder an Rhein und Ruhr
gelangen.
Auch die Vorſchläge der Sachverſtändigen fordern von uns
die allergzößten Opfer. Aber ſie wollen die uns bedrückende
militäriſche Gewalt erſetzen durch Grundſätze und
Forde=
rungen wirtſchaftlicher Vernunft. „Das bedeutet für uns
als wehrloſes Volk einen Fortſchritt.
Morgan für bedingungsloſe Annahme des
Expertengutachtens.
Paris 26. April. Pierpont Morgan hat geſtern einer
Einladung Barthous Folge geleiſtet. Morgan wird ſeine
Be=
ſPrechungen mit Barthon und Bradbury heute fortſetzen, um
morgen nach London abzufahren. Homme Libre meldet, daß
Morgan vor ſeiner Abreiſe noch von Poincaré empfangen wird.
Chicago Tribune glaubt zu wiſſen, daß Morgan in ſeinen
Be=
ſprechungen mit Barthou und Bradbury auf die abſolute
Annahme des Sachverſtändigenberichtes drängte
und die Delegierten der Reparationskommiſſion verſichert habe,
daß die Hälfte der deutſchen Anleihe, ungefähr 100 Millionen
Dollar, in den Vereinigten Staaten aufgebracht werden könne,
wenn die Sachverſtändigenempfehlungen nicht gehindert und
keine politiſchen Bedingungen daran geknüpft werden,
Nach dem Echo de Paris finden heute Verhandlungen
mit dem engliſchen Finanzmann Montagu
Nor=
man ſtatt, und nach einer Meldung des Matin kann
angenoni=
men werden, daß Verhandlungen mit Finanzleuten
anderer Staaten folgen werden, um Aufklärung zu
er=
halten über die Möglichkeit der Plazierung der in dem
Sach=
verſtändigenbericht vorgeſehenen erſten Anleihe von 800
Millio=
nen Goldmark.
Piertont Morgan und ſein Teilhaber haben heute
vor=
mittag eine neue Unterredung mit Barthou und Bradbury über
die verſchiedenen Finanzprobleme gehabt. Unter anderem wurde
auch über die geplante deutſche Anleihe von 800 Millionen
Gold=
mark verhandelt. Der Temps ſtellt feſt, daß man in Deutſchland
dieſe Beſprechungen mit großem Jutereſſe verfolge. Das Blatt
findet dieſes Jutereſſe angeſichts der Kreditſchwierigkeiten, die
die deutſche Induſtrie zurzeit durchmache, durchaus verſtändlich.
Es ſei zu hoffen, daß die deutſchen Wahlen eine genügende
Mehr=
heit zur Ausführung der Sachverſtändigengutachten ergeben.
Das wäre für die durch den bevorſtehenden Abſchluß der
An=
leihe in Deutſchland hervorzurufende Wirkung erfreulich.
Zeigen die Gegner dieſer Politik einen anderen
Ausweg aus unſerer Bedrängnis? Nein, ſie beſchräuken ſich
darauf, die Arbeit der Reichsregierung herabzuſetzen und gegen
die Gutachten der Sachverſtändigen die Volksleidenſchaften
auf=
zupeitſchen. Was wäre die Folge, wenn ihnen die Möglichkeit
geboten würde, ihre Worte wahr zu machen und nach ihren
Me=
thoden das deutſche Volk zu regieren? Die Folge könnte nur
ſein: bedingungsloſe Unterwerfung mit Hinnahme neuer
ſchwe=
rer Demütigungen, oder der Krieg gegen die ganze
Welt. Wer unſer deutſches Volk wirklich liebt, der wird alles
daran ſetzen, um es vor dieſem Schickſal zu bewahren. Nur das
iſt wahrhaft nationale Politik!
Darum, deutſche Männer und Frauen. gebt nicht den
Leu=
ten euere Stimme, die unter den 23 verſchiedenen Parteien euch
die größten Verſprechungen machen und euch in der Stunde der
Gefahr im Stiche laſſen! Prüft ſorgſam, ob Ihr eure Stimme
einem Bewerber gebt, der von Verantwortungsgefühl
durchdrungen, die Gewähr für die Erhaltung des Friedens
bie=
tet. Nur dann wird die Währung vor neuem Verfall und die
Wirtſchaft vor endgültigem Zuſammenbruch geſichert ſein. Nur
dann werdet Ihr einen Reichstag bekommen, der den
Frie=
den bewahrt und Arbeit ſchafft, der Freiheit
er=
ringt und das Reich erhält.
Ein harter Kampf wird am 4. Mai ausgefochten werden. Zu
dieſem ruft das Vaterland auch den letzten Mann auf. Deutſche
Männer und Frauen! Erfüllt alle eure Ehrenpflicht! Es gilt
Deutſchland, es gilt den Frieden, es gilt die Freiheit, es gilt das
Glück unſerer Kinder!
Die Reichsregierung.
Ein interalliierter Schritt in Berlin.
Berlin, 26. April. Der in der Preſſe bereits erwähnte
ge=
meinſame Schritt der an der Beſetzung der Rheinlande
beteilig=
ten Regierungen bei der deutſchen Reichsregierung wegen der
Tätigkeit von Geheimorganiſationen im beſetzten Gebiet iſt
er=
folgt, und zwar durch Uebergabe einer gleichlautenden Note
ſei=
tens des engliſchen, franzöſiſchen und belgiſchen Geſandten. Die
Note unterliegt gegenwärtig der Prüfung und wird, wie amtlich
mitgeteilt wird, vorausſichtlich in den nächſten Tagen
beant=
wvortet werden.
* Die Tragödie
des Darmſtädter Theaters.
Die Darmſtädter Bühne, auf der ſo manche Tragödie
ſich abgeſpielt hat, iſt nun ſelbſt zur Trägerin einer
Tra=
gödie geworden, deren Ausgang mit ſchwerſter Sorge
er=
füllen muß.
Als Guſtav Hartung ſeit Jahresfrſt das Intereſſe an der
hieſigen Bühne mehr und mehr verlor, als ſeine künſtleriſche
Einſtellung immer ſpezialiſtiſcher wurde und als alle Ratſchläge
von kunſtverſtändiger Seite ohne ſtärteren Einfluß blieben,
mußte man mit einem Wechſel in dem Intendantenpoſten
rech=
nen. Die Frage wurde akut, als Hartung ſich Ende Dezember
vor. Js. um das Schauſpielertheater in Berlin bemühte. Das
Ausſcheiden Hartungs wurde anitlich angekündigt, und es war
zunächſt nur zweifelhaft, ob ſein Ausſcheiden ſchon im Januar
oder erſt am Ende der Spielzeit erfolge. Als letzteres feſtſtand,
wurde Ende Januar die Stelle des Intendantenpoſtens
ausge=
ſchrieben und eine Friſt zur Einreichung der Bewerbungen bis
15. Februar geſetzt.
Die Löſung der Nachfolge=Frage ſchien zunächſt den beſten
Verlauf zu nehmen. Die Leitung des Theaters und die
Ernen=
nung des Nachfolgers ſteht der
Verwaltungskommiſ=
ſion zu, die auf Grund des zwiſchen Staat und Stadt
beſtehen=
den Vertrags aus drei Vertretern des Stagtes (den drei
Mini=
ſtern) und zwei Vertretern der Stadt (dem Oberbürgermeiſter
und einem Stadtverordneten) gebildet wird.
Unabhängig hiervon beſteht der T heater=Fachrat, der
ſeinerzeit aus dem Heſſiſchen Arbeitsrat für Kunſt erwachſen iſt
und aus kunſtkritiſchen Sachverſtändigen aller Richtungen und
Mitgliedern der einzelnen Theatergruppen zuſammengeſetzt iſt,
eine rein fachmänniſch gebildete, unparteiiſche Inſtanz.
Seit dem vorigen Jahr hat ſich ferner im Landtag ein aus
je einem Vertreter der fünf Parteien beſtehender
parlamen=
tariſcher Ausſchuß gebildet, der ſich mit den Fragen des
Landestheaters beſchäftigt.
Im Laufe des Februar wurde zwiſchen den einzelnen
Aus=
ſchüſſen Fühlung genommen; insbeſondere wurden Vertreter des
Theater=Fachrats, die über Sachkunde und Erfahrung auf dem
Gebiet des deutſchen Theaters verfügen, von der Regierung zur
Ausſprache und Beratung zugezogen. Man beſchränkte den
Kreis der Erkundigungen nicht nur auf die ſich meldenden
Be=
werber, ſondern ſondierte auch bei anderen geeigneten
Perſön=
lichkeiten in Deutſchland, ob bei ihnen ein Jutereſſe für den
Darmſtädter Poſten beſtehe.
In wiederholten Sitzungen wurden die vorliegenden
Be=
werbungen — über 80 an der Zahl — beſprochen, und die
Ver=
waltungskommiſſion ſtellte demnächſt drei Perſönlichkeiten in die
engere Wahl: den Regiſſeur an der Berliner Staatsoper Prof
Hörth, den Intendanten der Vereinigten Stadttheater
Bar=
men=Elberfeld Dr. Legband und den Intendanten Dr.
Neu=
beck in Roſtock. Für den Kenner der Verhältniſſe war es von
vornherein unwahrſcheinlich, daß Prof. Hörth ſeine Berliner
Stellung aufgeben werde, ganz abgeſehen davon, daß er wohl
ein tüchtiger Opernregiſſeur war, aber noch keine Erfahrungen
als Theaterleiter geſammelt hatte. Dr. Neubeck war gleichfalls
in erſter Linie muſikaliſch orientiert und durch ſtarke
Beziehun=
gen mit Roſtock verbunden. Intendant Dr. Legband hatte vor
dem Kriege das neu eröfſnete Freiburger Stadttheater mit
ſtar=
kem künſtleriſchen Erfolge geführt und war jetzt ſeit drei Jahren
erfolgreich als Jutendant der Stadttheater Barmen=Elberfeld
tätig; wenn er auch einſtimimig für das nächſte Jahr dort wieder
gewählt war, ſo war er doch bereit, die ſchwierigen Verhältniſſe
an den beiden Theatern der ſtets auseinanderſtrebenden Städte
Barmen und Elberfeld mit Darmſtadt und ſeiner künſtleriſchen
Atmoſphäre zu vertauſchen. Von vielen Seiten wurde er als
eine zielbewußte, tatkräftige und vorwärtsſtrebende
Perſönlich=
keit gerühmt. Der Theater=Fachrat, von der Regierung um ſeine
gutachtliche Anſicht gebeten, ſprach ſich in ſeiner Sitzung vom
7. März mit überwiegender Mehrheit für Dr. Legband aus
und wies zugleich auf die Notwendigkeit einer baldigen
Ent=
ſcheidung hin.
Die Verwaltungskommiſſion lud die genannten
drei Bewerber zur perſönlichen Vorſtellung ein. Die Zeit war
inzwiſchen vorgerückt. Die hieſigen Künſtler drängten mit Recht
auf baldige Entſcheidung, und am 11. März wurde an dieſer
Stelle betont:
„Im Intereſſe der weiteren Entwicklung des Landestheaters
wie im Intereſſe der hieſigen Künſtler iſt es dringend
wünſchens=
wert, daß die Entſcheidung über die Intendantenfrage nunmehr
baldigſt getroffen wird. Seit Januar ſchweben die Beratungen.
Am 15. Februar war die Friſt für die Einreichung der
Bewer=
bungen bereits abgelaufen. Verſchiedene hieſige Künſtler
verlaſ=
ſen — unabhängig von der Intendantenfrage — mit Ende der
Spielzeit Darmſtadt. Für ſie muß Erſatz gewonnen werden,
tvorüber die Entſchließung und Verantwortung felbſtverſtändlich
dem neuen Intendanten vorbehalten bleibt. Die beſte Zeit für
Engagements iſt Februar und die erſte Hälfte März. Je länger
ſich die Angelegenheit verzögert, um ſo ſchwieriger iſt die
Gewin=
nung geeigneter neuer Kräfte, da die beſten freien Kräfte dann
auderweit abgeſchloſſen haben. Jeder Tag der
Ver=
zögerung kann erheblichen Nachteil bringen
und iſt ſchwer zuverantworten. Andere hieſige
Künſt=
ler haben ihre Verträge noch nicht verlängert, weil ſie zunächſt
die Entſcheidung über die Intendantenfrage abwarten wollen,
Alle beteiligten Kreiſe haben daher ein
drin=
gendes Intereſſe daran, daß die nunmehr
ein=
gehend geprüfte Frage baldigſt entſchieden
wird, zumal, da unſeres Erachtens ein Grund
zu einer weiteren Verzögerung nicht vorliegt.”
Dr. Legband und Dr. Neubeck ſtellten ſich alsbald der
Verwaltungskommiſſion vor. Prof. Hörth ließ auf ſich
war=
ten. Obwohl die Zeit drängte, wartete man auf ihn, wartete
zwei Wochen lang. Nachdem er dann erſchienen war und ſich
vorgeſtellt hatte, ließ er ſich wiederum eine weitere Woche Zeit,
bis er der Regierung mitteilte, daß er den Darmſtädter Poſten
doch nicht annehmen könne. So vergingen allein drei koſtbare
Wochen, bis die Regierung diejenige Erkenntnis hinſichtlich des
Herrn Hörth erreicht hatte, die die Kenner der Verhältniſſe und
der Perſönlichkeiten vorausgeſehen hatten.
Nun trat die Verwaltungskommiſſion in Verhandlungen
mit Dr. Neubeck, die aber gleichfalls ergebnislos verliefen, da
Dr. Nenbeck ſich letzten Endes nicht entſchloß, von Noſtock
wegzu=
gehen, wie von Anfang an zu vermuten war.
Nur mit Dr. Legband, demjenigen Kandidaten, den der
Theater=Fachrat in erſter Linie empfohlen hatte, und zugleich
dem einzigen der drei Kandidaten, auf deſſen Kommren man mit
Sicherheit rechnen konnte, iſt die Regierung bis jetzt in weitere
Verhandlungen nicht getreten. Wir wollen für heute davon
ab=
ſehen, die Gründe zu erörtern.
Inzwiſchen ſind die Folgen, die dieſe
außerordent=
liche Verzögerung der Löſung der Intendantenfrage
brin=
gen mußte, auf die wir bereits am 11. März mit größter
Ent=
ſchiedenheit hingevieſen haben, und auf die der Miniſterial=
Re=
ferent dringend aufmerkſam gemacht war, in der ſchwerſten
Weiſe eingetreten. Die Künſtler des Landestheaters ſind
in größter Sorge, weil ſie nicht wiſſen, wie ſich ihre Zukunft
ge=
ſtaltet. Sie ſehen ſich nach anderen Engagements um, die beſten
Kräfte gehen uns verloren.
Daß Herr Fritz Valk an das Stadttheater Berlin geht,
ſteht feſt.
Wir fragen die Regierung:
Iſt es richtig, daß Herr Oberregiſſeur Eugen Keller
in=
zwiſchen einen Ruf nach München angenommen hat?
Iſt es richtig, daß Fräulein Eliſabeth Stieler gleichfalls
ein glänzendes Angebot an eine größere deutſche Bühne
er=
halten hat?
Iſt es richtig, daß Herr Gerhard Ritter an die Volksbühng
in Berlin verpflichtet iſt?
Rummer 117
Scite 3.
Der kleine Hitſerprozeß.
Die Plädoyers.
Von unſerem Münchener Korreſpondenten.
g. München, 26. April.
Nachdem die Beweisaufnahme in dem Prozeß gegen den
Stoßtrupp Hitler am Freitag mit der Vernehmung der letzten
Zeugen über die Geiſelverhaftungen und die Entwaffnung der
Landespolizei beendet war, mußte ſie am Samstag vormittag
nochmals aufgenommen werden, da der in Salzburg
feſtgenom=
mene Angeklagte Schaub ſchon heute dem Gericht vorgeführt
wurde. Auch gegen ihn, der die Zahl der Angeklagten auf 37
er=
hoht, erhob der Staatsanwalt Anklage wegen Beihilfe zum
Hoch=
verrat.
Im übrigen ſtand dieſer letzte Verhandlungstag des
Pro=
zeſſes im Zeichen der Plädoyers. Staatsanwalt Dr.
Winters=
berger wies in ſeiner Begründung der Strafanträge darauf hin,
daß die der Aburteilung unterſtehenden Handlungen zeigten, in
welch geſetzloſe Zuſtände Bayern gekommen wäre, wenn das
Hit=
lerunternehmen nicht ein raſches Ende gefunden hätte. Sie
zeig=
ten aber auch, auf welch moraliſchem Tiefſtand ein Teil der
deut=
ſchen Jugend angekommen ſei. Auch die Angeklagten ſelbſt
dürf=
ten heute zu der Ueberzeugung gekommen ſein, daß ſie nicht nur
dem Vaterland, ſondern auch ihrer eigenen Sache mit ihren
Handlungen den denkbar ſchlechteſten Dienſt erwieſen. Der
Staatsanwalt rekapitulierte kurz die Tatbeſtände der einzelnen
Handlungen, die der Stoßtrupp ausführte, geißelte beſonders
ſcharf die Verwüſtungen in der „Münchener Poſt” und das
Ver=
halten gegenüber der wehrloſen alten Frau des Abgeordneten
Auer und gegenüber den als Geiſeln feſtgenommenen
Stadt=
räten. Er brandmarkte weiter, daß ſich der Angeklagte
Feiſt=
mayr durch die Wegnahme der ihm perſönlich geeignet
erſchei=
nenden Sachen mit einem beſonderen Makel beflealte. Den
flüch=
tigen Hauptmann Göring nannte der Staatsanwalt den „böſen
Geiſt” der Hitlerregierung, der den Stoßtrupp zu Gewaltakten
und Plünderungen mißbraucht habe. Die Handlungen des
Stoß=
trupps gingen ſelbſt über das hinaus, was in der Rätezeit in
München geſchehen ſei. Der Staatsanwalt beantragte dann,
ſämtlich= Angeklagte der Beihilfe zum Hochverrat, den
Angeklag=
ten Feiſtmayr außerdem des Verbrechens des ſchweren Diebſtahls
ſchuldig zu ſprechen und zu verurteilen: die Hauptbelaſteten
Maurice, Schneider, Fröſchel und v. Knobloch, der ſich nicht
ge=
weigert habe, den ſchamloſen Befehl zur Erſchießung und
Nie=
derſchlagung der Geiſeln weiterzugeben, zu je 2 Jahren
Feſtungs=
haft, die am wenigſten belaſteten Angeklagten Schmid, Stollwerk,
Steinbinder und Gerum zur Mindeſtſtrafe von 1 Jahr 3
Mona=
ten Feſtung, alle übrigen Angeklagten zu je 1 Jahr 6 Monaten
Feſtung. Sämtlichen Angeklagten ſei eine Geldſtrafe
aufzuer=
legen, deren Höhe dem Ermeſſen des Gerichtes überlaſſen bleibt.
Gegen Feiſtmayr beantragt der Staatsanwalt außerdem 5
Mo=
nate Gefängnis wegen ſchweren Diebſtahls. Die den
Angeklag=
ten Feiſtmayr und Strauß für früher begangene Straftaten
be=
willigte Bewährungsfriſt ſei zu widerrufen, die erlittene
Unter=
ſuchungshaft den betroffenen Angeklagten, mit Ausnahme des
Maurice, anzurechnen.
Der Staatsanwalt ſchloß ſeinen Strafantrag mit einer
Pa=
rallele zwiſchen dem Handeln des Grafen Arco und dem der
heute Angeklagten. Graf Arco, der unter Einſatz ſeines Lebens
aus reiner Vaterlandsliebe Eisner erſchoſſen habe, habe ſich vor
ſeinen Richtern nicht auf ſeine Vaterlandsliebe berufen, ſondern
erklärt: „Ich weiß, daß Sie mich verurteilen müſſen. Mein
Ge=
wiſſen ſpricht mich frei.‟ Das Gericht möge die Angeklagten
ver=
urteilen, da Recht Recht bleiben müſſe.
Dann begannen die Plädoyers der Verteidigung, in denen
der Standpunkt vertreten wurde, daß ſich die Angeklagten nach
der Haltung der Behörden als legale Truppe betrachten mußten.
Jeder von ihnen habe nur as Soldat ſeine Pflicht gegenüber der
tatſächlich bereits gebildeten neuen Regierung getan. Die
Ent=
waffnung der Polizei ſtelle einen Akt der Notwehr des friedlichen
Zuges dar, der ein Recht gehabt habe, ſich gegen eine feuerbereite
Truppe zu wehren. Wenn das Gericht nicht zu einem Freiſpruch
komme, ſei das Verfahren auf Grund des Amneſtiegeſetzes von
1920 einzuſtellen. Zur pſychologiſchen Seite wurde von der
Ver=
teidigung ausgeführt, daß die Handlungen des Stoßtrupps im
weſentlichen als Affekthandlungen zu werten und aus der
Er=
regung der Novembertage zu erklären ſeien. Die wirkliche
Bru=
talität dieſer Tage liege in dem Vorgehen der Landespolizei an
der Feldherrnhalle. Keiner der wahrhaft Schuldigen der
No=
vembertage ſtehe bis heute unter Anklage. Der Vorſitzende ſtellte
hierzu feſt, daß das Ermittlungsverfahren gegen die drei Herren,
die mit Namen nicht genannt wurden, noch ſchwebt.
Die Anträge der Verteidiger gipfelten in der Forderung des
Freiſpruchs, mindeſtens aber ſolle das Gericht die geſetzliche
Min=
deſtſtrafe verhängen und volle Bewährungsfriſt zubilligen. Wenn
die Angeklagten den Kampf gegen den Marxismus in die Tat
umſetzten, hätten ſie nur das verwirklicht, was berufene Stellen
immer wieder predigten.
Die letzten Plädoyers des Tages begannen um 3 Uhr
nach=
mittags. Einer der Verteidiger bedauerte lebhaft, daß er durch
die Abweſenheit Loſſows nicht in der Lage ſei, ein Geſpräch
Loſ=
ſows mit einem Reichswehroffiizer unter Beweis zu ſtellen, wel=
Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 27. Aprfl 1924,
ches ſtarke Zweifel aufkommen laſſe, ob Loſſow nicht zuerſt bereit
war, mitzutun. Der Schaden, den die „Münchener Poſt” die
der Verteidiger als gemeines Hetzblatt bezeichnete, politiſch
tag=
täglich anrichte, ſei hundertmal größer als die Zerſtörungen, die
dort verübt wurden. Auch er beantragte Freiſpruch oder
Ver=
hängung der Mindeſtſtrafe mit voller Bewährungsfriſt.
Die formell beleidigenden Ausführungen gegen die „
Mün=
chener Poſt” wurden von dem Vorſitzenden gerügt.
Letzter der Verteidiger war der aus dem Hauptprozeß
be=
kannte Juſtizrat Kohl, der ſeinen Antrag auf Freiſpruch aller
Beteiligten an die Spritze ſeiner Ausführungen ſtellte. Keinem
der Staatsanwälte ſei es eingefallen, wegen der von Hitler
zu=
gegebenen Beſchlagnahmungen von Geldbeträgen in Münchener
Druckereien gegen Hitler etwa Anklage wegen Diebſtahls zu
er=
heben. Es gehe nicht an, Feiſtmaur wegen Diebſtahls zu
verur=
teilen, dem ein Diebſtahl nicht nachgewieſen ſei. Juſtizrat Kohl
zog dann eine Parallele zwiſchen Muſſolini und Hitler, in der
er erklärte, der Politiker Hitler habe ſich um ſein Land weit
grö=
ßere Verdienſte erworben, als der Politiker Muſſolini.
Muſſo=
lini habe man das Ehrenbürgerrecht von Rom verliehen, Hitler
gab man das Ehrenbürgerrecht in der Feſtung Landsberg. Die
Urteilsgründe, die zu Ludendorffs Freiſpruch führten, ſeien für
die jetzigen Angeklagten vielleicht in noch höherem Maße
anzu=
wenden. Sie ſeien als Soldaten dem militäriſchen Führer
Lu=
dendorff, nicht den politiſchen Führern unterſtellt geweſen. Wenn
ſie wollten, was Ludendorff wollte, wenn ſie die Patentlöſungen
Ludendorffs anſtrebten, was ihnen nicht widerlegt werden könne,
ſo ſeien ſie ebenſo freizuſprechen, wie Ludendorff ſelbſt. Man
könne nicht den Feldherrn Ludendorff freiſprechen, wenn man
die Soldaten Ludendorffs verurteilen wolle. Er ſpreche dabei
im Sinne Ludendorffs, der ſeinen Freiſpruch als eine Schande
ſchon vor Gericht bezeichnet habe.
Dann erhielten die Angeklagten, nachdem der Vorſitzende
Bravorufe im Zuhörerraum gerügt hatte, das letzte Wort. Sie
erklärten, daß ſie bereit ſeien, ſich dem Spruch des Gerichts zu
unterſtellen und für das, was ſie taten, voll einzutreten. Sie
ver=
wahrten ſich dagegen, daß ſie der Staatsanwalt mit den
Räte=
helden von 1919 gleichſtellte und von einem moraliſchen Tiefſtand
eines Teiles der deutſchen Jugend ſprach. Sie erklärten, daß ſie
mit einem Gefühl innerer Befreiung das Gericht verlaſſen
wür=
den, wenn das Gericht durch einen Freiſpruch dem lebendigen
Rechtsgefühl zum Sieg über den toten Buchſtaben verhelfe. Daß
ſie aber auch eine Verurteilung, die ſie in den Kerker ſchicke, mit
Anſtand und Würde tragen würden.
Die Verhandlung war damit geſchloſſen. Der Vorſitzende
be=
raumte Termin zur Verkündung des Urteils auf Montag
nach=
mittag 3 Uhr an. Juſtizrat Kohl und den übrigen Verteidigern
wurden beim Verlaſſen des Gerichts von den Angeklagten und
einem Teil der Zuhörer Ovationen dargebracht.
v. Loſſow, Inſtruktionsofffzier der türkiſchen Armee.
*g. München, 26. April. (Priv.=Tel.) Unſere
ſeinerzei=
tige Meldung, daß General v. Loſſow in türkiſche Dienſte
über=
treten werde, erhält jetzt eine Beſtätigung in den Times. Das
Blatt meldet, daß General a. D. Loſſow als Inſtruktionsoffizier
für die türkiſche Armee verpflichtet ſei und ſeine neue Stellung
in der Türkei bereits am 1. Mai antreten werde.
Der 1. Mai in Bayern.
München, 26. April. Das Staatsminiſterium des Innern
macht anläßlich der bevorſtehenden Maifeier auf die noch in
Gel=
tung befindlichen Anordnungen des Generalſtaatskommiſſars
aufmerkſam, die ſchwere Strafen gegen die Terroriſierung von
Beamten, Angeſtellten oder Arbeitern oder ihrer Angehörigen
wegen ihres Arbeitswillens oder wegen der Zugehörigkeit oder
Nichtzugehörigkeit zu einer Vereinigung vorſehen. Gleichzeitig
wird darauf hingewieſen, daß der erſte Mai in Bayern kein
ge=
ſetzlicher Feiertag iſt und daß Maifeiern unter freiem Himmel
nicht ſtattfinden dürfen. Die Polizeibehörden ſind zu ſtrengem
Vorgehen angewieſen.
Berlin, 26. April. Wie mitgeteilt wird, beabſichtigten die
Kommuniſten trotz des entgegenſtehenden Verbotes am 1. Mai
unter freiem Himmel zu demonſtrieren. Es iſt Vormittags eine
große öffentliche Verſammlung im Luſtgarten geplant mit
voran=
gehenden und nachfolgenden Demonſtrationszügen durch die
Stadt; für den Nachmittag ſind gleichfalls auf verſchiedenen
Plätzen der Stadt Demonſtrationsverſammlungen vorgeſehen.
Die politiſche und die Schutzpolizei haben umfaſſende
Maßnah=
men getroffen, um, wenn nötig, mit Waffengewalt dem
Demon=
ſtrationsverbot Geltung zu verſchaffen.
Der Ueberfall in Buckow.
Die polizeilichen Ermittlungen wegen des blutigen
Zu=
ſammenſtoßes bei Buckow ergaben, daß eine Horde von etwa 60
jugendlichen Kommuniſten ohne jeden Grund und ohne irgendwie
provoziert worden zu ſein, vier Mitglieder eines politiſch völlig
neutralen Pfadfinderbundes, die ſich auf einer Oſterwanderung
befanden, überfallen haben. Von den kommuniſtiſchen
Teilneh=
mern an dem Ueberfall ſind fünf ermittelt und dem Richter
zu=
geführt worden.
Deutſcher Landwirtſchaftsrat
in Bremen.
Dr. Luther und die Forderungen der Landwirtſchaft.
Bremen, 26. April. Der Deutſche Landwirtſchaftsrat ſetzte
heute ſeine Beratungen fort. Der zweite Verhandlungstag wurde
eingeleitet mit einem Referat des Geh. Regierungsrats Dr.
Kiß=
ler, Vorſtandsmitglied der Deutſchen Rentenbank, über das
Thema „Währung und Kredite‟. In der heutigen Sitzung des
Landwirtſchaftsrates legte der Hauptgeſchäftsführer,
Regierungs=
präſident z. D. Dr. Kutſcher=Berlin einen Antrag zur
Steuer=
geſetzgebung vor, in dem es unter präziſer Begründung der
ein=
zelnen Punkte heißt, die gegenwärtige Beſteuerung der
Land=
wirtſchaft ſei untragbar, produktionsſchädlich und ungerecht. Die
deutſche Landwirtſchaft richtet deshalb an die Reichsregierung
das Erſuchen, baldigſt mit Vertretern der Landwirtſchaft wegen
einer endgültigen Geſtaltung der Steuergeſetzgebung ins
Be=
nehmen zu treten.
Anſchließend daran wurden zwei Anträge zur Währungs=
und Kreditfrage und zur Handels= und Zollpolitik vorgelegt. In
dem einen wird erklärt, es ſei in der gegenwärtigen Agrarkriſe
unumgänglich notwendig, der Landwirtſchaft durch beſondere
Zuweiſungen von den durch die Krediteinſchränkungen und die
Gründung der Golddiskontbank freigewordenen Mitteln des
Geld= und Kreditmarktes Unterſtützungen zukommen, zu laſſen.
Der gewieſene Weg ſei die weitere Gewährung der
Wirtſchafts=
tredite der Rentenbank an die deutſche Landwirtſchaft unter
entſprechender Umgeſtaltung der rechtlichen Möglichkeit. Der
an=
dere Antrag fordert ſofortige Abhilfemaßnahmen, um die unſere
Wirtſchafts=, Handels= und Zollbilanz kataſtrophal ſchädigende
Auslandseinfuhr an Fertigerzeugniſſen hintanzuhalten. Unter
allen Umſtänden müſſe vermieden werden, daß durch den
Ab=
ſchluß von Handelsverträgen Präzedenzfälle gegenüber anderen
Staaten geſchaffen werden, die in ihren Folgen, die heimiſche
Wirtſchaft auf viele Jahre hinaus ſchwer ſchädigen würden. Alle
noch beſtehenden Zwangsmaßnahmen ſind zu beſeitigen.
In der ausführlichen Beſprechung dieſer Anträge ergriff auch
Reichsfinanzminiſter Dr. Luther das Wort. Er betonte, er
habe niemals einen Zweifel darüber gelaſſen, daß die
ſteuer=
lichen Eingriffe wirtſchaftlich vielfach ungerecht ſind. Die Not
habe aber dazu gezwungen. Dr. Luther behandelte dann
Fra=
gen zur 3. Steuernotverordnung und betonte dabei, daß die
Landwirtſchaft im Verhältnis zur Induſtrie und anderen
Wirt=
ſchaftsgruppen noch gut gefahren ſei. Irgendeine Quelle, aus
der wir Kredite bekommen könnten, hätten wir nicht. Das
Er=
gebnis ſei alſo, daß wir alle Ausgaben, die zu decken ſind, durch
Einnahmen beſtreiten. Weiter als bisher könnten wir unſere
Ausgaben nicht mehr herabſetzen. Die Zahlungen des beſetzten
Gebietes ſeien nicht nur hoch, ſondern auch völlig unzweckmäßig.
Wir müßten aber dieſe Zahlungen leiſten, denn fonſt würde im
beſetzten Gebiet eine Not ausbrechen, die einfach furchtbar wäre.
Wenn wir uns aber in einer Lage wie der jetzigen befinden, in
einem Zuſtand unſerer kranken Wirtſchaft, mit dem Beſtreben,
unſere Währung aufrecht zu erhalten, dann müßten wir
zwangs=
läufig in der Uebergangszeit mit Steuern rechnen, an die man
in normalen Zeiten niemals gedacht hätte. Wir müßten
ver=
ſuchen, einheitlich auf der ganzen Linie zu einem Wiederaufbau
unſerer Wirtſchaft zu gelangen. Vor allem müßten wir wieder
die politiſchen Herren in unſerem Lande ſein.
Zum Schluß wurde das Ergebnis der Tagung in einer
Stel=
lungnahme zu dem geſamten Inhalt der Beratungen
zuſammen=
gefaßt. Es heißt darin:
1. Das geſamte Reparationsproblem muß endgültig
ge=
löſt werden.
2. Das anzubietende Pfand muß für vollwertig anerkannt
und auf andere Pfänder verzichtet werden.
3. Die volle Souveränität des Deutſchen Reiches iſt
ſicher=
zuſtellen.
4. Deutſchland muß die Freiheit in der Geſtaltung ſeiner
Handelsbeziehungen wiedererhalten. Die Geſtaltung der Zölle
und der Eiſenbahntarife darf nicht in die Hand des Auslandes
gegeben werden.
Die Kommuniſienverhaftungen in Stuttgart.
Berlin, 26. April. Ueber die Verhaftungen der
Mit=
glieder der kommuniſtiſchen Tſcheka, die den Zweck hatte,
Ver=
räter in der Partei und beſonders gefährliche Gegner der Partei
durch Mord zu erledigen, werden aus Stuttgart weitere
Einzel=
heiten gemeldet. Die Tſcheka unterſtand einem Kommuniſten mit
dem Spitznamen Helmuth, der inzwiſchen in der Perſon eines
Ruſſen, der angeblich Goreff heißt, und vermutlich der
mili=
täriſche Leiter der Reichszentrale der KPD. in Berlin war,
ver=
haftet wurde. Die Mitglieder der Tſcheka waren gegen feſtes
Gehalt angeſtellt, und durch Handſchlag verpflichtet. Jedes
Mit=
glied erhielt zur Erledigung ſeiner Aufgaben zwei Piſtolen,
eine erhebliche Menge Sprengſtoff und angeblich auch Kulturen
von Seuchenerregern, die Perſonen, die auf unauffällige Weiſe
erledigt werden ſollten, im Eſſen beigebracht werden ſollten. Die
bei den verhafteten Mitgliedern beſchlagnahmten Waffen waren
ſcharf geladen und zwar zur Hälfte mit Dumdum=Geſchoſſen.
Wir fragen ferner die Regierung:
Welche Schritte hat ſie getan, umdieſe
wert=
ollen Kräfte des Schauſpiels für Darmſtadt
zu erhalten?
Welche Schritte beabſichtigt ſie, in dieſer
Richtung zu tun
Konnte ſich die Verwaltungskommiſſion nicht zur baldigen
Vahl eines Intendanten entſchließen, ſo hätte ſie unbedingt die
Verpflichtung gehabt, wenigſtens die
wert=
vollſten Kräfte der hieſigen Bühne für, die
ommende Spielzeit zu ſichern!
Was hilft es uns, wenn wir nach Wochen und Monaten
einen noch ſo bedeutenden (22) Intendanten gefunden haben,
ind es fehlt ihm ein Enſemble? Was ſoll ein General ohne
Truppe?
Auch in der Oper fehlen Kräfte, und wir fragen ferner:
Iſt Sicherheit dafür getroffen, daß wenigſtens Herr
General=
nuſikdirektor Balling, der ausgezeichnete Leiter der Oper,
die prominenteſte Kraft der hieſigen Bühne, dem Heſſiſchen
Landestheater erhalten bleibt?
Seit März hat die Regierung die Fühlung mit dem
Theater=
fachrat und die Fühlung mit den kunſtkritiſchen
Sachverſtändi=
gen vollſtändig aufgegeben. Die Regierung hüllt ſich in die
Wolke amtlichen Schweigens.
Mitglieder der Verwaltungskommiſſion reiſen jetzt nach
zraz und Wien und Leipzig und ſuchen einen
Intendan=
ten! Glaubt man, auf ſolche Weiſe und ohne Mitwirkung der in
en hieſigen Verhältniſſen, wie im deutſchen Theaterweſen
er=
fahrenen Sachverſtändigen eine glückliche und für die Zukunft
ausſichtsvolle Wahl treffen zu können?
Die hieſige Preſſe hat die Löſung der Intendantenfrage, ſo
lange es irgend anging, mit der größten Zurückhaltung
behan=
delt, und wir ſtellen feſt, daß die Verantwortung für dieſe
über=
us unglückliche Entwicklung nicht die Preſſe, nicht die hieſigen
Sachverſtändigen, nicht den Theater=Fachrat treffen kann und
rifft. Wohl aber drängt dieſe Entwicklung den Gedanken einer
Aenderung in der Leitung des Heſſiſchen Landestheaters
ge=
bieteriſch auf.
Nehmen die Dinge weiterhin den Lauf, den ſie in den letzten
Wochen eingeſchlagen haben, ſo ſehen wir der Zukunft des
Heſſi=
ſchen Landestheaters mit der größten Beſorgnis entgegen.
Die Darmſtädter Bevölkerungliebt die Kunſt,
iebt ihr Theater. Blutenden Herzens ſieht ſie
ihr Theater einer Gefahr entgegentreiben, die
nicht ernſt genug genommen werden kann.
*Konzert.
O. Wenn man den kaum zur Hälfte beſetzten Saal des
Muſik=
vereins am Freitag und das infolgedeſſen unvermeidliche
finan=
zielle Defizit des Konzertes in Vergleich ſtellt mit den von den
Geſchwiſtern Nies an dieſem Abende gebotenen
vortreff=
lichen Kunſtleiſtungen, ſo kam einem ſo recht zu Bewußtſein, auf
welchem Tiefſtand die öffentliche Muſikpflege zur Zeit angelangt
iſt. Alle Künſtler — hieſige wie auswärtige — können in ihrem
eigenen Intereſſe nur imner wieder aufs eindringlichſte davor
gewarnt werden, hier Konzerte auf eigene Rechnung zu
veran=
ſtalten. War das früher ſchon in Darmſtadt eine gewagte Sache,
ſo bedeutet es in dieſer Zeit der größten Geldknappheit von
vornherein pekunjär eine verlorene. Mit Recht aber erwieſen
ſich die erſchienenen Hörer um ſo dankbarer für die gebotenen
großen Kunſtgenüſſe. Eine Labung an ſich ſchon war die herbe,
ſtreng ſtilvolle Abfaſſung des Programms, das in Geſang und
Violine von Bach über die Altitaliener zu Max Reger führte,
ohne dem Alltagsgeſchmack auch nur die kleinſte Konzeſſion zu
machen. Die Stimme des Fräulein Grete Nies von hier, die
von ihrem einſtigen Auftreten im Richard Wagner=Verein hier
in gutem Andenken geblieben, iſt gegen früher noch voller,
paſtoſer und tragfähiger geworden. Es iſt jetzt ein wirklich
ge=
waltiger Alt, der mit trefflicher Schulung, warmer Empfindung
und viel Stilgefühl verwendet wird, hin und wieder durch
leb=
hafteres Temperament aber noch größere Wirkungen erzielen
könnte. Die Künſtlerin ſang — mit reichſtem Beifall und
Blumenſpenden bedacht — die Bachſche Arie für Alt mit
obli=
gater Violine und Kantate Nr. 11: „Ach, bleibe doch mein
lieb=
ſtes Leben”, dann drei altitalieniſche Arien im Urtext von
Hän=
del, Caldara und Lotti und ſchließlich fünf Geſänge von Max
Reger, von denen namentlich die beiden gewaltigen
Schlußnum=
mern: Hebbels „Gebet” und aus Hölderlins „Eichbäume”, tiefen
Eindruck machten. Einen ganz vorzüglichen Geiger lernte das
Darmſtädter Publikum in ihrem Bruder, Herrn Ottfried
Nies aus Freiburg, kennen, der Begabung mit natürlicher
Wärme in glücklicher Weiſe vereint, durch Reinheit, Weichheit
und Schönheit des Tones beſticht und neben trefflicher Diſziplin
durch gute Erfaſſung des muſikaliſchen Gehaltes erfreut. Er
bot außer der bereits genannten Begleitung der Bachſchen
Kan=
tate noch die E=Dur=Partita für Violine allein von Bach, die
Tartiniſche g=moll=Sonate und zum Schluß Max Regers F=Dur=
Suite im alten Stil — in jeder Nummer immer aufs neue zu
Anerkemnung und Bewunderung hinreißend, die ſich in ſtets
er=
neuten Hervorrufen bekundeten. Am Flügel begleitete. Herr
Kapellmeiſter Joſef Roſenſtock in bekannter muſterhafter
Weiſe.
Kunſi, Wiſſenſchaft und Leben.
— Die Preisentwicklung auf dem Kunſtmarkt.
Bei Rudolf Bangel=Frankfurt a. M. fand am 15. April die
Ver=
ſteigerung der Sammlung des verſtorbenen Herrn v. Baviez ſtatt,
die Gemälde aus drei Jahrhunderten, 17. bis 19., vorwiegend
jedoch Arbeiten der deutſchen und franzöſiſchen Schule des
19. Jahrhunderts umfaßte. Die Gemäldeſammlung war ergänzt
durch einige intereſſante Tapiſſerien des 18. Jahrhunderts aus
der Manufaktur Beauvais. Trotz der angeſpannten Geldlage
verſammelte die Verſteigerung einen großen Intereſſentenkreis
deutſcher und ausländiſcher Sammler; auch viele Vertreter des
deutſchen Kunſthandels waren anweſend. Die auffallendſte
Er=
ſcheinung war die Tatſache, daß für Gemälde guter Qualität,
ſo=
wohl deutſcher wie franzöſiſcher Kunſt, die Vorkriegspreiſe weit
überboten wurden, während die Nachfrage nach Bildern
mitt=
lerer Qualität und von Künſtlern untergeordneten Ranges, die
während der Inflationszeit ebenfalls ſehr hoch bezahlt wurden,
erheblich zurückgegangen iſt; aber auch dieſe überſtiegen, die
Preiſe der Vorkriegszeit ganz bedeutend. Die Sammlung
ent=
hielt einige beſonders beachtenswerte Stücke, die heiß umſtritten
waren. Die Verſteigerung dürfte dazu beitragen, für die
Beur=
teilung des Kunſtmarktes greifbare Unterlagen zu ſchaffen.
Ins=
geſamt erbrachte die Sammlung den Betrag von über 300 000 Mk.
Ein Geſamtfilm der Inneren Miſſion in
Vorbereitung. Der Bethel=Film hat ſeinen Weg durch
Deutſchland gemacht. Viele neue Freunde hat er dem
Bodel=
ſchwingh’ſchen Werk geworben. Dieſer Film bietet jedoch nur
einen, allerdings beſonders bemerkenswerten, Ausſchnitt aus
der von der evangeliſchen Kirche geleiſteten Liebesarbeit. Vieles
andere, beiſpielsweiſe der Dienſt der Diakoniſſen, die
Seemanns=
miſſion, Jugendarbeit, Kinderpflege uſw. verdient es gewiß
nicht weniger, in das breite Licht der Oeffentlichkeit geſtellt zu
werden. So hat der Plan Geſtalt angenommen, alle die
viel=
geſtaltigen Arbeiten in einem umfaſſenden Geſamtfilm der
Inneren Miſſion zur Darſtellung zu bringen. Verhandlungen
mit einer führenden Film=Geſellſchaft ſind zu günſtigem Abſchluß
gekommen, ſo daß mit den Aufnahmen bereits in dieſem Sommer
begonnen werden kann. Die Vorarbeiten hat die Evang.
Bild=
kammer beim Evang. Preßverband für Deutſchland, Berlin=
Steglitz, übernommen.
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Die ſämtlichen politiſchenParteien werden in
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Stellung zu den Beamte frageu nehmen,
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Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 27. April 1924.
Setie 5.
Aus der Landeshauptſtadt.
Darmſtadi, 27. April.
— Heſſiſches Landestheater. Ludwig Berger, der Dichter des
„Saul”, iſt zu den letzten Proben ſeines Werkes in Darmſtadt
ein=
getroffen und wird der heutigen Uraufführung beiwohnen.
Die Inhaber der Sondermieten, werden darauf
auf=
merkſam gemacht, daß die letzte Rate (11. und 12. Vorſtellung) fällig iſt.
Die Zahlung kann in der Zeit von 9—12.30 Uhr vormittags und von
3.30—5 Uhr nachmittags an der Hauptkaſſe erfolgen. Dies gilt
beſon=
ders für die Sondermieten 12, 15, 19, die in dieſer Woche ihre elfte, und
für die Sondermiete 20, die ihre 12. Vorſtellung hat.
Die Darmſtädter Sezeſſion eröffnete am Mittwoch, den
23. d. Mts., in der Kunſthalle am Rheintor ihre diesjährige
Frühjahrsausſtellung in Anweſenheit mehrerer Vertreter der
Stadt und des heſſiſchen Staates, ſowie zahlreicher, in der
Haupt=
ſache auswärtiger Künſtler und Intereſſenten. Nach der im Laufe
des vergangenen Jahres erfolgten Erweiterung der Darmſtädter
Sezeſſion iſt es ihr gelungen, in dieſer Ausſtellung, die nahezu
200 Werke der Malerei, Graphik, Plaſtik und Architektur
um=
faßt, ein beinahe vollſtändiges Bild des Schaffens der
ſüdweſt=
deutſchen fortſchrittlichen Künſtler zu zeigen. Die rege
Beteili=
gung läßt erkennen, welch bedeutendes Intereſſe eine derartige
Veranſtaltung trotz der Ungunſt der Zeiten findet.
Beim Verſorgungsamt findet die Zahlung der Penſionen (nicht
Kriegsbeſchädigtenrenten) am Mittwoch, den 30. April, ſtatt. Die
Zahlung findet auf denſelben Stuben ſtatt wie beim letztenmal, am
Mittwoch, 30. April, und Donnerstag, 1. Mai, von 10.30—1 Uhr
vor=
mittags und von 3—5 Uhr nachmittags. Nicht abgeholte Penſionen
werden am Freitag koſtenpflichtig zugeſandt. Gezahlt wird der ganze
Monatsbetrag für Mai; eine Erhöhung iſt leider nicht eingetreten.
* Reichstagswahlen und Rundfunk. Vor einiger Zeit konnten wir
berichten, daß zwiſchen den führenden großen Parteien im Reichstage
und der Reichs=Telegraphenverwaltung eine Vereinbarung dahingehend
getroffen worden war, daß man von einer großen Wahlpropaganda
auf dem Wege des Rundfunks Abſtand nehmen wollte und nur je ein
Sprecher der einzelnen Parteien einmal drahtlos zu Worte kommen
ſollte. Um nun nach jeder Richtung hin dieſes Abkommen peinlich inne
zu halten und um ferner eine gewviſſe Rivalität unter den einzelnen
Rednern dahingehend auszuſchalten, wer zuerſt zu Worte kommen
ſollte, hat man ſich dazu bereitgefunden, die einzelnen Tage, die für die
Anſprachen vorgeſehen ſind, auszuloſen. Hier das Reſultat: Am 29.
April Neichskanzler, Dr. Mavx (Zentrum), am 30. Graf Weſtarp
(Deutſchnationale Volkspartei), am 1. Mai Dr. Breitſcheid (Soz.),
am 2. Reichsminiſter des Auswärtigen Dr. Streſemann (Deutſche
Volkspartei), und am 3. Mai Reichsminiſter a. D. Dr. Koch (Demokrat)
Die Redner werden an den genannten Tagen jeweils um 7.30 Uhr vor
die Zuhörer treten. — Was den Wahltag ſelbſt aubetrifft, ſo werden
ſowohl in der Nacht vom 4. zum 5. wie auch vom 5. zum 6. die
Wahl=
reſultate über den Sender im Berliner Vox=Hauſe verbreitet werden,
und zwar iſt ein Dienſt bis 1 Uhr nachts vorgeſehen.
— Orpheum. Der Kartenvorverkauf findet ſtatt:
Verkehrs=
bureau von 10 bis 12 Uhr, Orpheumskaſſe ab 3 Uhr. (Näheres
ſiehe Anzeige.)
— „Des Burſchen Heimkehr” oder „Der tolle Hund”, Luſtſpiel in
4 Aufzügen von E. E. Niebergall, wird am Mittwoch, den 7. Mai, in
der Woogsplatzturnhalle wiederholt. Talentierte Mitglieder der T.G.
D. 46 haben mit ſeltener Hingabe, unter der ſtraffen Leitung des Herrn
Schauſpielers E. Göbel, dieſes humorvolle Dialektſtück einſtudiert und
bei der Aufführung gelegentlich eines Familienabends der Turngemeinde
einen durchſchlagenden Erfolg erzielt. Um nun auch weiteren Kreiſen
Gelegenheit zu geben, dieſe Perle heimatlichen Humors in ſich
aufzu=
nehmen, haben ſich die Mitwirkenden entſchloſſen, eine Wiederholung
für die Allgemeinheit zu geben. Herr Schauſpieler E. Göbel, der
be=
kannte Künſtler für echte „Heinerdialektſachen” wird auch dieſe
Vor=
ſtellung leiten. Die Zwiſchenakte werden durch angepaßte Muſikſtücke
A
eines größeren Orcheſters ausgefüllt.
— Bund der Geuſen. Man ſchreibt uns: Es ſind Beſtrebungen im
Gange, die Tätigkeit des Hypothekengläubiger= und Sparer=
Schutzver=
bandes als von der Verbandsleitung in Berlin nicht ſanktioniert zu
be=
zeichnen. Demgegenüber ſei feſtgeſtellt, daß der Hypothekengläubiger=
und Sparer=Schutzverband in Berlin beſchloſſen hat, mit Rückſicht darauf,
daß ſich die politiſchen Parteien ſeine Forderungen nicht zu eigen
mach=
ten, eigene Kandidaten aufzuſtellen und als Spitzenkandidat für faſt ganz
Deutſchland und ebenſo für die Reichsliſte Oberlandesgerichtspräſident
Dr. Beſt rechtsgültig kandidiert.
Warnung. In den letzten Monaten iſt wiederholt die
Wahr=
nehmung gemacht worden, daß manche Bevölkerungskreiſe den Lockungen
und Werbungen von Agenten und Vereinen zur Auswanderung nur
zu leicht Gehör ſchenken. Daß Leute Haus und Hof verkauften, um
möglichſt ſchnell in das Ausland zu gelangen, gehört nicht zu den
Selten=
heiten. Kürzlich traf in Hamburg eine große Anzahl von Perſonen aus
dem Ruhrgebiet ein, um nach Braſilien auszuwandern; die Leute hatten
alle Brücken hinter ſich abgebrochen, ſie waren ohne Mittel für die
Ueberfahrt und für den Unterhalt in der Hafenſtadt, hatten ſich einem
anderen Transporte angeſchloſſen und glaubten nun auf leichte Art ins
Ausland gelangen zu können. Dieſe geradezu unverſtändliche
Hand=
lungsweiſe haben ſie ſchwer büßen müſſen, ſie mußten nach einiger
Zeit, da weder für ſie hier Verdienſtmöglichkeit noch Obdach vorhanden
war, zwangswveiſe in ihre frühere Heimat zurückbefördert werden, dort
ſind ſie nun, von allem entblößt und obdachlos, der Fürſorge der
Ge=
meinden anheimgefallen. Es kann nicht dringend genug gewarnt
wer=
den nach den Hafenſtädten zu reiſen bevor die Abfahrt mit den
be=
treffenden Stellen bis in das kleinſte geregelt iſt. Jeder, der
aus=
zuwandern beabſichtigt, ſollte ſich dieſen Schritt zunächſt ſchon im
Inter=
eſſe ſeiner Familienmitglieder reiflich überlegen, beſonders aber ſich
Kenntnis über die klimatiſchen und wirtſchaftlichen Verhältniſſe der
Ein=
wanderungsländer verſchaffen.
* Ein ſchweres Unglück hat ſich auf der Heidelberger Straße
ereig=
net. Ein hieſiger Ingenieur fuhr auf ſeinem Motorrad um einen
Möbelwagen. Hinter dem Wagen ging ein Dienſtmädchen über die
Straße, das von dem Motorrad erfaßt und überfahren wurde. Das
Mädchen erlitt eine Gehirnerſchütterung und mußte in das Städt.
Krankenhaus gebracht werden. Der Motorradfahrer erlitt einen
dop=
pelten Schädelbruch und wurde in das Hoſpital der Barmh. Brüder
ein=
geliefert.
— Ausprägung von Reichsſilbermünzen im Nennbetrage von 1 und
3 Mark. Beide Münzen haben ein Miſchungsverhältnis von 500 Teilen
Silber und 500 Teilen Kupfer. Bei der Ausprägung werden aus 1
Kilo=
gramm feinen Silbers 400 Einmarkſtücke und 133½/ Dreimarkſtücke
aus=
gebracht; danach hat das Einmarkſtück ein Gewicht von 5 Gramm und
das Dreimarkſtück ein Gewicht von 15 Gramm.
— Mai=Fahrplan des Norddeutſchen Lloyd Bremen. (Ohne
Ge=
währ.) 1. Bremen—New York. D. „Stuttgart” ab
Bremer=
haven 1. Mai; D. „Preſident Rooſevelt” ab Bremerhaven 2. Mai;
D. „Bremen” ab Bremerhaven 8. Mai; D. „Preſident Harding” ab
Bremerhaven 12. Mai; D. „München” ab Bremerhaven 16. Mai;
D. „Republie” ab Bremerhaven 16. Mai; D. Sehdlitz” ab Bremer=
et enehe e eilie deſle Dee
phigBaltimore.Norfolk. D. „Porta” ab Bremen 7. Mai,
3. Bremen-Cuba. D. „Riol” ab Bremen 3. Mai. 4. Bremen
—Braſilien. D. „Hameln” ab Bremen 24. Mai. 5. Bremen-,
La Plata. D. „Köln” ab Hamburg 2. Mai, Paſſagiereinſchiffung
in Bremerhaven 3. Mai. D. „Sierra Nevada” ab Bremen 11. Mai,
ab Hamburg 16. Mai, Paſſagiereinſchiffung in Bremerhaven 17. Mai.
D. „Crefeld” ab Bremen 18. Mai, ab Hamburg 23. Mai,
Paſſagier=
einſchiffung in Bremerhaven 24. Mai, 6. Bremen—Oſtaſien. D. „
Pyrr=
hus” ab Bremen 3. Mai; M. S. „Münſterland” ab Bremen 10. Mai=
D. „City of Edinbourgh” ab Bremen 17. Mai; D. „Schleſien” ab
Bremen 24. Mai; D. „Eurhpylus” ab Hamburg (fährt nicht ab. Bremen)
6. Juni. 7. Bremen—Auſtralien. D. „Weſtfalen” ab Bremen
14. Mai.
Sünden der Väter und eigene
ſtehen auf wider jeden und vernichten ihn, wenn er ſich nicht zu
wehren weiß! Das Geſpenſt des völligen geiſtigen und körperlichen
Ruins ſteht hinter jedem Nervenleidenden! Nervenleiden haben
hren Urſprung im Gehirn und Rückenmark, ſind eigentlich
Gehirn=
eiden, und ihre letzten Konſequenzen ſind langſames Siechtum
und Tod. In leichteren Fällen ſind Nervenleiden gekennzeichnet
durch leichte Erregharkeit, Zittern der Hände,
Ge=
dächtnisſchwäche Verſtimmung, Gliederzittern,
Herzbeſchwerden, Kopf=
oder Hautſtellen, Ueberempfindlichkeit gegen
Geräuſche und Gerüche, Melancholie, Neigung
*Das Oekorierungsfeſt des
Odenwaldklubs.
„Vom Eiſe befreit ſind
die Frühlingsſtürme erneuend und verjüngend über Wald und Feld, Frei haben unſere Väter ihn uns vererbt, und wir fühlen uns dafür
durch Berg und Tal brauſen, dann beginnt für die Wanderfrohen, die
im Odenwaldklub vereint ſind, ein neues Wanderjahr. Und dieſes neuen
Wanderjahrs Beginn wird gefeiert nach altem Brauch mit der Ehrung heit unſeres Vaterlandes ſind wir gewillt, jedes Opfer zu bringen.
der im abgelaufenen Jahr treu und eifrig geweſenen Mitglieder, die
keine Wanderung ausgelaſſen, mit dem Dekorierungsfeſt.
Nach mehrjähriger, durch die Nachkriegsverhältniſſe gebotenen
Be=
ſchränkung, wurde geſtern abend in der Turnhalle am Woogsplatz das
Dekorierungsfeſt wieder in großem Stil begangen. Der Feſtſaal war
durch Herrn Klumps Künſtlerhand köſtlich und duftend geſchmückt,
Tannenbäume ringsum an den Wänden und Girlanden in üppiger
Fülle, von der Decke herab einen duftend grünenden Baldachin bildend
über den ganzen Saal. Und an den Galerien, von Tanuen umrahmt,
ſchönen Ausſichts= und Zielpunkte manch ſchöner Wanderfahrt.
Muſikvorträgen des Orcheſters unter Leitung Obermuſikmeiſters
Weber folgte die offizielle Begrüßungs= und Feſtrede des 1.
Vorſitzen=
den Bürgermeiſter Mueller. Er führte u. a. aus: Es iſt eine Freude,
den Blick ſchweifen zu laſſen in dieſen Saal, auf die Hunderte farbig
gekleideter und fröhlich geſtimmter Menſchen, auf die grünen Girlanden
und Tannen, auf den Wald, den geſchickte und fleißige Hände in dieſen
Aaum gezaubert haben. Den Wald, der ja der ſchönſte Schmuck für
einen Verein iſt, der ſeinen. Namen nach dem Walde benannt. Wie die Buchen im Walde. Iu ſchneeigem Glanze leuchten die Blüten der
herrlich fügt ſich in dieſen waldigen Rahmen ein anderer — noch viel
ſchönerer Schmuck: unſer eigenes beſſeres Teil, unſere Mädchen und
Frauen! Was wären wir Männer ohne ſie?. Was wären wir ohne ihre
ſorgende Haud, ohne ihre Anmut, ohne den wärmenden Blick
ſtrahlen=
der Angen, ohne den Wohlklang ihrer Stimme?, Kurz, ohne ihre ganze mitten in den Frühling hinein: „Friſch auf!”
beglückende Nähe, ohne das, was man mit zwei kurzen Silben Liebe
nennt? Welches Meer von Glück und Not, von Tränen und Freuden
liegt in dieſem kleinen Wort beſchloſſen. Den Frauen und Mädchen in
dieſem Saale gilt mein erſter Gruß! Mein zweiter gilt den Vertretern
der Behörden und der befreundeten Organiſationen. Den
Repräſen=
tanten der Eiſenbahndirektion, der Stadt in Verwaltung und
Stadt=
verordnetenverſammlung, beſonders der Schulbehörde. Er gilt den
beiden Sektionen des Deutſchen und Oeſterreichiſchen Alpervereins, dem
Vogelsberger Höhenklub den Rodenſteinern und dem Verkehrsverein.
Er gilt ſchließlich allen den vielen anderen Ehrengäſten und Freunden,
die uns durch ihr Erſcheinen auszeichnen und erfreuen, namentlich auch
den Vertretern der Preſſe. Und mein letzter, doch nicht minder
herz=
licher Brudergruß gilt dem Klub ſelber, dem Hauptausſchuß, den
Schwe=
ſterſektionen und all den Wanderern, deren Ehrentag wir ja heute
feiern.
Unſer Klub iſt wieder ein Jahr älter gew=rden. Ein Jahr, das
verlaufen iſt wie andere vorher: ohne beſondere Erfolge und ohne
be=
ſondere Erſchütterungen. Schmerzlich beklagen wir den Verluſt manches
Klubangehörigen. Mit beſonderer Wehmut gedenken wir des Herrn
Gutkäſe ſenior, der einer unferer treueſten Mitwanderer und eine
Perſönlichkeit geweſen iſt, die durch ihre vortrefflichen, allgemein
menſch=
lichen Eigenſchaften ſich unſer aller herzlichſte Sympathie erworben hat.
Natürlich hat unſer Klub mit allen Volks= und Schickſalsgenoſſen
auch im letztverfloſſenen Jahr die deutſche Not geteilt, und ſchwer an
ihr getragen. Aber wir laſſen uns nicht niederdrücken und mutlos
machen. Mit ſeinen 42 Jah—rn ſteht der Klub im kräftigſten
Mannes=
alter; rund eineinhalb Tauſend Mitglieder ſtehen hinter ihm. Er iſt
bereit, den Kampf mit dem Schickſal aufzunehmen. Kriſen hat es zu
allen Zeiten gegeben, wenn auch gewiß nicht oft ſo ungeheuerliche wie
heute. Aber Schwierigkeiten ſind dazu da, um überwunden zu werden.
Andere werden uns nicht helfen. Wer ſich auf ſie verläßt, der iſt
ver=
laſſen. Selbſthilfe iſt die Parole. Machen wir uns ſtark im Kleinen —
und wir nützen unſerem Volk im Großen. Wir appellieren an die
Mitarbeiten aller, die guten Willens ſind. 1500 Mitglieder iſt gewiß
eine ſtolze Zahl. Sie bedeutet aber wenig, wenn ich ſage, daß ſie ſchon
lange ſo hoch war. Mit anderen Worten: Die Mitgliederzahl iſt ſeit
Jahren ſtehen geblieben. Und Stillſtand bedeutet Rückſchritt. Zu
denken gibt, daß die Zahl der erſtmalig zu Dekorierenden nicht
un=
in unſerer prächtigen Jugendgruppe geſichert: ein Wanderklub „Falke‟,
der ſich der ſchönſten Blüte erfreut. Auch das Jugendwandern
über=
haupt ſteht in Blüte! Sein außerordentlicher Wert als Quelle der
Ge=
ſundheit und Kraft und als wichtiges Mittel für die Charakter= und
Herzensbildung muß aber immer wieder betont werden. Das gilt
namentlich auch für die reifere Fortbildungſchuljugend, die ihre freie
Zeit gar nicht beſſer verbringen kann, als in Gottes freier Natur. Zu
wünſchen übrig aber laſſen die Erwachſenen, die ältere Generation, die Georg Salmon, Wilhelm Schmidt.
ganz anders mit ihrem guten Beiſpiel vorangehen müßte, als es heute
der Fall iſt: Sei es durch eigenes Wandern, ſei es durch tatkräftige
Unterſtützung unſerer Beſtrebungen. Die ganze Stadt müßte unſer
Klubzeichen am Hute tragen. Jeder, der ſich durch unſere Farbzeichen
die ſchönſten Wege führen läßt, ſollte ſich darüber klar werden, wem
er das verdankt. Er ſollte die moraliſche Verpflichtung in ſich fühlen,
den Klub durch ſeinen Beitritt in dieſer ſeiner gemeinnützigen Tätigkeit
zu fördern. Darüber hinaus aber müßte die Macht des Gedankens, von
dem unſer Klub getragen iſt, jeden Bewohner unſerer Stadt anziehen
und gewinnen.” Alles, was wir tun und treiben, iſt doch nicht irgend
eine Vereinsſpezialität, es iſt die Sache des ganzen Volkes. Jeder Deutſche
kann und muß billigen, was wir wollen: Die Erſchließung der Natur
bietet Jedem eine Quelle der Kraft und der Verjüngung. Die reine
Luft ſtählt die Lungen und das Herz, der Märſch ins Freie die Glieder,
der Blick auf die Berge und Täler, auf das weite deutſche Land,
be=
lohnt uns reichlich für die kleine Mühe. Und das grüne Laubdach
ſpen=
det uns den kühlenden Schatten, nachdem die Strahlen der
lebenſpenden=
den Sonne uns erfriſcht und gebräunt haben. Wir Wanderer ſind es
auch, die draußen dem Landmann die ſchwieligen Arbeitshände drücken,
die eingehen auf ſeine Sorgen und Freuden, die mit ihm empfinden,
was ihn bewegt, die Verſtändnis haben für ſeine Sitten und
Ge=
bräuche und an ihrer Erhaltung mitarbeiten und ſo die Brücke ſchlagen
zwiſchen Stadt und Land.
Da draußen vor den Toren weitet ſich der Blick. Wer die Dinge
und die Menſchen nur nach dem Eindruck beurteilt, den er beim
Stu=
dium von Akten und Geſchäftspapieren gewinnt, der kommt zu ſchiefen
Ergebniſſen. Die Stubenluft macht mürriſch und engherzig und kleinlich.
Sie verführt dazu, die Verhältniſſe wie auf dem Schachbrett anzuſehen,
wo man mit den Figuren nach Gutdünken verfährt. In der
Studier=
ſtube und im Büro ſpürt man nicht die realen Hemmungen und
Schwie=
rigkeiten. Erſt im Freien bekommt man das richtige Gefühl dafür.
Hier ſteht man den Menſchen Auge um Auge gegenüber. Hier ſieht
man, daß es auch noch ander Leute gibt, die ein Lebensrecht, einen
Willen und eine Meinung haben. Hier leuchtet uns die Sonne grell
ius Geſicht. Hier pfeift uns der Wind um die Ohren, hier ſchlägt uns
der Negen und der Schnee entgegen. Hier lernt man, ſich mit
Wider=
ſtänden auseinanderzuſetzen, das Für und Wider abzuwägen. Und die
Widerſtände erſt rufen die Kräfte wach, ſie zu meiſtern.
Draußen im Freien wird auch der Sinn für das Schöne geweckt.
Die ewige Harmonie der Natur ſchärft das Urteil für das Aeſthetiſche.
Hier gibt es keinen Kitſch und keine Geſchmackloſigkeiten, keine
Mode=
torheiten und Extravaganzen.
Größe und Wahrheit und Vernunft beherrſcht alles, was nicht von
Menſchenhänden gemacht iſt. An der Natur und ihren Geſetzen lernen
wir am beſten, zur Kunſt Stellung zu nehmen.
Es folgt dann eine Lobpreiſung der gemeinſamen Wanderungen
und eine Begründung des Standpunktes, der die Weiblichkeit bei aller
Liebe von den Wanderungen ausſchließt. Es kann nicht garantiert wer= Konzert und Tanz bildeten den Schluß des ſchön verlaufenen Feſt=s,
den, daß der weibliche Teil der Wanderer durchweg und den ganzen
Tag über diejenige Rückſicht und Ehrerbietung erfährt, auf die er nun
einmal Anſpruch hat. Wir vertreten eben den Standpunkt, daß dieſer
Anſpruch fortbeſteht, auch nachdem die politiſche und ſoziale
Gleich=
berechtigung in Wirkſamkeit getreten iſt. Mit der ſchönſten Politik kann
man doch der Natur keine Gewalt antun. Das Weib iſt die natürliche
Schutzbefohlene des Mannes. Wehe dem Volke, das ſich über dieſe
naturgegebene ſittliche Forderung freventlich hinwegfetzen würde. Wir
glauben alſo, daß Liebe, Pflicht und Ritterlichkeit ge=
zuſtarken Getränken, Sehſtörungen und viele andere
Symptome, die einzeln oder zu mehreren vereint auftreten
können.
Wo iſt Hilfe? Nervenleiden ſind Erſchöpfungszuſtände,
ver=
anlaßt durch Ueberanſtrengung der Nerven, z. B. durch
Ueber=
arbeitung, Ausſchweifungen, Aufregungen, Kummer uſw., und
können nur durch eine wirkſame Kräftigungskur beſeitigt
wer=
den. Jede Arbeit verbraucht Nährſtoffe, die Arbeit der Nerven
vor allem. Dieſe müſſen ihnen in ausreichender Menge zugeführt
werden. Es iſt nun der mediziniſchen und der chemiſchen
Wiſſen=
ſchaft gelungen, dieſe Stoffe in höchſter Konzentration zu iſolieren
und ſie zu einem äußerſt wirkſamen Präparate zu verarbeiten,
dem bekannten Nerven=Nährmittel „Nerviſan” von Dr. med.
Robert Hahn. Dieſes ausgezeichnete Mittel hat vielen geholfen,
ſelbſt in ganz verzweifelten Fällen, und es wird noch Tauſenden
helfen, Täglich gehen Dank= und Anerkenmungsſchreiben ein.
bieten, die Frauen bei den großen gemeinſamen
Wanderungen zu Hauſe zu laſſen.
Unſerer Heimat und dem Vaterlande dienen wir mit unſerer gauzen
unverbrüchlichen Liebe, mit offenen Augen und heißem Herzen — ohne
Neben= und Hintergedanken. Die enge Verbindung mit der Natur macht
frei und leicht; häßliche Gedanken haben keine Stätte in uns. Und die
Kraft, die wir mit jedem Schritt aus dem Boden ſaugen, läßt ein Ge=
Strom und Bäche.” —— fühl für unſere deutſche Freiheit mächtig werden, das jehen Pulsſchlag
Wenn der Winter ſein rauhes Szedter aus der Hand legt und unſeres Herzens erfüllt. Heilig iſt der Boden, den unſere Füße berühreif.
verantwortlich, daß er frei und deutſch bleibe und wieder werde, wie
er geweſen iſt, als wir 1914 auszogen, ihn zu verteidigen. Für die Frei=
Schwerſtes fordert gerade die Gegenwart von uns, nämlich: ſtille zu
halten. Verzicht, Eutſagung und Schweigen werden uns auferlegt bis
an die Grenze des Erträglichen. Aber wir werden auch das hinnehmen
in dem ſchmerzlichen Bewußtſein, daß audere Opfer augeſichts unſerer
politiſchen und militäriſchen Ohnmacht heute nutzlos wären und unſer
Volk nur noch tiefer ins Elend ſtürzen müßten.
Warten und ſich beherrſchen iſt nicht leicht. Doch es iſt uotwvendig,
wenn anders wir überhaupt unſere alte Freiheit, unſere alte
Macht=
ſtellung wieder erlaugen wollen. Warten, ſtill und klug ſein und Kräfte
die herrlichen Bilder aus dem Wandergebiet des Klubs, die vertrauten, ſammeln, bis unſere Zeit gekommen iſt! Und ſie wird kommen. Welches
wird dann der Weg ſein?. Ein friedlicher? Um ſo beſſer, wenn auch er
zum Ziele führt. Oder ein anderer? — Dann wird der Rhythmus des
Hohenfriedberger Marſchs auch aus unſerem Wanderſchritt erkliugen.
Juzwiſchen wollen wir unſere Pflicht tun im Großen als Deutſche und
Bürger des Staates, wie im kleinen: jeder an der Stelle, an die er geſetzt
iſt. Und wir wvollen auch im Odenwaldklub unſere Pflicht tun: „Nach
langen Wintermonden iſt es endlich Frühling geworden. Mit einem
Male grünen alle Hecken und Sträucher — grünen die Kaſtanien und
Kirſchen und der Aprikoſen. Ihre ganze wunderbare Schönheit ſchüttet
die Natur in märchenhafter Fülle aus. Ein neues Wanderjahr iſt
aunge=
brochen! Schreiten wir hinein! Packen wir das Leben an, recken wir
die Glieder und ſchmettern wir den alten, ewig jungen Wandergruß
Mit dem „Friſch auf!”=Ruf miſchte ſich der dankbare Beifall
beſon=
ders der ſo freundlich bedachten und geehrten Damen. Dann ſang man
gemeinſam das Lied „Im Odenwald bin ich daheim”, eine Dichrung und
Kompoſition von Haus Werner Langer. In ſchuellem Flug wickelte
ſich dann das umfangreiche Programm ab, das den Abend zu einem
ebenſo genußreichen wie erhebenden geſtaltete. Herr Fritz Kugler
fang mit ſeiner klaugvollen, gutgeſchulten Stimme Hugo Wolff=Lieder,
von Herrn H. Arnold, am Klavier feinempfindend begleitet. Dann
erfreuten Heimatklänge die Herzen, beſonders der Heiner. Robert
Schneider, der unverwüſtliche, immer neue Seiten anſchlagende
Lokalpoet und Säuger der Schönheit des Heinerdialekts, brachte den
Wanderbericht des letzten Jahres in Form einer fröhlich=humorvollen
Dialektdichtung, in der er alle Ereigniſſe und Erlebniſſe der
Wander=
fahrten Revue paſſieren ließ und Führer und ſonſt auerkaunte
Perſön=
lichkeiten des Klubs treffend gloſſierte. — Die Herren Fritz Kugler,
Alfred Gruß und Emil Deckart ſangen Terzette von Keßler (am
Klavier Herr Sulzmann). Dann folgte die Aufführung eines neuen
Luſtſpiels von Prof. Eugen Köſer: „Induſtrie”, in dem in fein
humoriſtiſcher und ſatiriſcher Weiſe die modernen Zeitverhältniſſe mit
ihren Schlagworten gloſſiert werden: Theater, Kunſt, Juduſtrie,
Oden=
waldklub, Liebe und Ehe u. a. m. Das Stück erntete rauſchenden
Bei=
fall und trug ſeinem Dichter einen dicken Lorbeerkranz ein. Die
Auf=
führung durch die Herren Sulzmann, Kugler und Ernſt Göbel
und die Damen Tilly Bender und Lora Wünzer war ausgezeichnet
und trug viel zum Erfolg bei. Die Bühnenaufſtellung war von Herrn
H. Bender nach dem Entwurf von R Klump ausgeführt das
Herrenzimmer von der Firma Alter zur Verfügung geſtellt. — Einem
entzückend getanzten Elfenreigen, der durch Beleuchtungseffekte
der Firma Sallwey u. Co. ſehr wirkungsvoll geſtaltet wurde, folgte der
Dekorierungsakt, den wie ſeit vielen Jahren Herr
Oberſtudien=
direktor Kiſſinger, der zweite Vorſitzende des Klubs, leitete. In
einer herzlich=kernigen Anſprache wurden die Wandertreuen geehrt und
ihnen allerdings ohne den früher gewohnten Zutrunk das begehrte
Klub=
zeichen oder der Wanderſtock überreicht. Dekoriert wurden nachſtehende
Herren:
Zum 1. Male 14: Wilhelm Filfinger, Wilhelm Flohn. Heinrich
Ganßmann. Friedrich Göttmann, Wilhelm Hofmann, K.
Hoffmann=
weſentlich kleiner geworden iſt. Wohl iſt uns ein geſunder Nachwuchs Keining, Fritz Hufnagel, Otto Löffler. Wilhelm Neudörfer, Auguſt
Niebergall, Heinrich Rohrmann, Heinrich Sell, Karl Weide, Wilhelm
Winzrieth.
Zum 2. Male 18: Alfred Becht, Karl Eiſenträger, Wilhelm
Garbs, Georg Gilbert, W. Heppenheimer, Franz Kaiſer, Georg Kaßlick,
Friedrich Klingler, Karl Klotz, Karl Kohlbacher, Auguſt Kurz, Auguſt
Landzettel, Adam Link, Georg Pullmann, Peter Röder, Paul Rothamel,
Zum 3. Male 16: J. Bauer, Martin Dittmar; Otto Dörr, Karl
Gremm, Wilh. Heil, Heinrich Heudorf, Joſeph Hübner, Sanitätsrat Dr.
Maurer, Jakob Meher, Wilhelm Mink, Georg Petermann, L. H.
Pull=
mann, Auguſt Sprenger, Ludwig Sulzmann, Karl Wilhelm Schmidt,
Jean Schimmel.
Zum 4. Male 19: Peter Bertſch, Ferd. Büdinger, N.
Dingel=
dein, Richard Fiſcher, Joh. Groß, Heinrich Gutkäſe, Wilh. Huſar, Wilh.
Koch, Theodor Leh, Franz Merck, Valentin Seibert, Karl Sonnthal,
Adolf Schaffner, Wilh. Schaxmann, Wilh. Schäfer, Ernſt Schmidt, Fr.
Tillmann, Jakob Weitzel, Peter Ziſſel.
Zum 5. Male 10: Ludwig Bell, Otto Benjamin, Emil Daum,
Philipp Ewald, Jakob Heymann, Hch. Kammer, Gg. Kugel, Ludwig
Müller, Arnold Salomon, Otto Spiegel.
Zum 6. Male 4: Arthur Feidel, Karl Huwerth, Phil. Reinhardt,
Georg Schött.
Zum 7. Male 2: Wilh. Berntheiſel, Wilh. Straub.
Zum 8. Male 6: Paul Elſner, Hch. Langsdorf, Konrad Röſſel,
Friedrich Schütz Joh. Ludwig Stein, Kilian Wehnert.
Zum 9. Male 2: Karl Heinzerling, Heinrich Krauskopf.
Zum 10. Male 3: Fritz Bär, Karl Klee, Ludwig Wolff.
Zum 12 Male 3: Kaſpar Henning. Robert Klump, Auguſt
Winkler.
Zum 13. Male: Joſef Kauter.
Zum 14. Male 2: Ludwig Bauer, Heinrich Hartherz.
Zum 16. Male: Wilh. Notti.
Zum 18. Male: Georg Böcher, und zum 19. Male: Jean
Keller.
Dem gemeinſamen Geſang des Liedes „Goldene Zier” von Eugen
Köſer folgten ſchöne Volkstänze, die ebenſo wie der Elfenreigen von
der Beſſunger Mädchenwandergruppe ganz ausgezeichnet
getanz=
wurden und von Fräulein Hedwig Hahn einſtudiert waren. — Die
Zwiſchenpauſen wurden durch Konzert ausgefüllt und durch den
Ver=
kauf von Loſen, den junge Damen des Klubs übernommen hatten. Zur
Verloſung ſelbſt entſpann ſich ein edler Wettſtreit unter den Stiftern.
Zu den vorhandenen Gewinnen ſtiftete Herr Heinz Heberer, ein
Kaffeeſervice, die Firma Alter, einen Rauchtiſch, die Firma
Roth=
ſchild, ein Frühjahrskoſtüm nach Auswahl, ebenſo noch die Herren
Fey, Oberbürgermeiſter Dr. Gläſſing, Sanitätsrat Dr. Maurer,
Brauerei Wiener u. a. m. wertvolle Gewinne.
Herr Vogel aus Lindenfels ſprach im Auftrage ſeines Klubs und
des ganzen Odenwalds die herzlichſten Glückwünſche zum Feſt aus und
verſicherte, daß die Bewohner des Odenwaldes ein Herz für den Klub
haben, der ja im Odenwald geboren wurde. Er führte allerdings Klage
darüber, daß die Perle des Odenwaldes nicht genügend beachtet werde
bei den Wanderungen und lud zu öfteren Beſuchen ihrer Schönheiten
ein.
M. St.
Lokele Verenſialtungen.
Die Mierunter erſchelnenden Notigen find aueſchileßtich aid Hinwelfe auf Anseligen zu bcktrachter.
i feinem Falle irgendwie aie Beſprrtbung oder Rritk.
— Ludwigshöhkonzert. Heute konzertiert wiederum das
Orpheum=Orcheſter. Die gute Leiſtung des Orcheſters iſt bekannt. Es
iſt wieder ein reichhaltiges Programm zuſammengeſtellt. Bei gutem
Wetter Gartenkonzert, (S. Anzeige.)
So ſchreibt z. B. Joſeph Albinger, Bankangeſtellter
in Rotenburg:
Ich bin Ihnen zu großem Dank verpflichtet. Die Skepſis,
mit der ich bisher jedem Nervenheilmittel gegenüberſtand, war
reichlich groß. Eine ſo programmäßig verlaufene Beſſerung und
Heilung, wie ſie tatſächlich eintrat, hat mich ordentlich frappiert.
Derartige Briefe liegen viele vor! Weil aber die eigene
Ueberzeugung der beſte Beweis iſt und das Mittel eine Prüfung
nicht zu ſcheuen hat, ſo erhält jeder Nervenleidende eine
Probe=
doſe gratis, ebenſoeinintereſſantes und
ſehrlehr=
reiches Buchüber Nervenleiden und ihre Heilung.
Man ſende kein Geld ein, ſondern nur die genaue Adreſſe per
Poſtkarte oder Druckſache an Dr. medl. Robert Hahn & Co.,
Magdeburg D 153. Schreiben Sie aber ſofort, ehe die Proben
vielleicht vergriffen ſind! Verpflichtungen entſtehen Ihnen
dadurch nicht!
L.Rn. 588
Seite 6.
Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 27. April 1924.
Nummer 117.
* Ausſtellung
der Geſellenprüfungen 1924.
Am Samstag, den 26. April, nachmittags 1 Uhr, fand in dem
Aus=
ſtellungsgebäude auf der Künſtlerkolonie (Mathildenhöhe) die Eröffnung
der Ausſtellung der diesjährigen Geſellprüfungen ſtatt. Die
Prüfungs=
geſellen, Meiſter und geladene Gäſte hatten ſich in dem großen Vorraum
verſammelt. Der Vorſitzende der Prüfungskommiſſion, Herr
Maler=
meiſter Kraus, begrüßte die Erſchienenen und übergab nach kurzer
An=
ſprache die Ausſtellung dem 1. Vorſitzenden des hieſigen
Ortsgewerbe=
vereins und der Handwerkervereinigung, Herrn Jakob Nohl, der auf
die Bedeutung der Geſellenprüfung hinwies, und ſprach allen denen, die
ſich für die Durchführung der umfangreichen Geſellenprüfungen (zirka,
650 Prüflinge) und der Zuſammenſtellung der Ausſtellung verdient
ge=
macht haben, herzlichen Dank aus. — Nunmehr ergriff Herr Syndikus
Schüttler das Wort zum Referat über die Bedeutung und
richtige Durchführung der Geſellenprüfungen. Er
führte etwa aus: In dieſem Jahre iſt es gelungen, die ſchönen
Ausſtel=
lungshallen auf der Mathildenhöhe zu benutzen, die in lichten hellen
Räu=
men in anſchaulicher Anordnung eine wirklich eingehende
Inaugenſchein=
nahme ermöglichen. Fragen wir uns nach Zweck und Sinn der
Geſellen=
prüfungen und der Ausſtellung von Werkſtücken. Nicht gilt es, einer
reinen geſetzlichen Form bei Abnahme der Geſellenprüfungen zu genügen,
nicht gilt es, mit Ausſtellung der Geſellenſtücke lediglich ein
Senſations=
bedürfnis zu befriedigen. Nein, meine Damen und Herren, das
Hand=
werk erblickt in dieſen Gebräuchen etwas ganz anderes, einen tiefen,
ernſten Kern, der verborgen liegt in dem Weſen des Handwerks. Es
ſieht in dieſen Handlungen einen durch Jahrhunderte hindurch bewährten
Gebrauch, der, jährlich wiederkehrend, immer erneut verjüngt, dem
Hand=
werk und was daraus entſtanden und damit zuſammenhängt, zeigt, was
ehrlich ſtrebende, raſtlos werktätige Arbeit zu leiſten vermag. Zu leiſten
als Erziehung am Nachwuchs, als Jugendfürſorge im wahrſten Sinne
des Wortes. Unbeirrt von Zeitſtrömungen mannigfachſter Art, krotz
Kriegsſtürmen, trotz Not und Elend, trotz politiſcher Umwälzungen und
Gegenbeſtrebungen hat das Handwerk ſeine in jahrhundertelangem
Werdegang erprobten Gepflogenheiten beibehalten, läßt das Handwerk
ſi.h nicht beirren in ſeinem ſtillen Werben um die Jugend. Immer und
immer wieder treten neue Rekruten in das Handwerk ein, um in
alt=
erprobten und mit modernen Errungenſchaften verbeſſerten Lehrgängen
des Handwerks und mit modernen Errnugenſchaften verbeſſerten
Lehr=
gängen des Handwerks und der Induſtrie ſich auszubilden zum eigenen
Nutzen, zum Nutzen des Berufes, und damit auch zu Nutz und Segen
unſeres geſamten Volkes.
Meine Damen und Herren, es wäre ſchlimm um unſer deutſches
Volk geſtellt, würde das heranwachſende Geſchlecht die Achtung vor der
ehrlichen werktätigen Arbeit verlieren. Das wunderſame Wort „Arbeit
iſt die Quelle aller Werte” wird aber gerade dem Handwerkslehrling in
ſeinem Wergegang treffend vor Augen geführt. Verrichtet er ſeine
Lei=
ſtungen nur mit Verſtand, lernt er nur die Arbeitszuſammenhänge
ver=
ſtehen, bemüht er ſich, das, was Lehrmeiſter und Geſellen ihm zeigen
und was ſie unterrichten, in ſich aufzunehmen, dann muß er Freude für
das werktätige Schaffen gewinnen. Unter ſeinen Händen ſieht er ein
Werkſtück ſich geſtalten, gewinnt das Gefühl, daß er ſelbſtändig mit ſeiner
Hände Fleiß einen Gegenſtand für den ſtändigen Gebrauch fertigt, oder
den Teil einer Maſchine, eines Apparates, das unentbehrlich iſt für das
Zuſtandekommen eines größeren Werkes. Gibt es denn eine beſſere
Schule, wie Werkſtatt und Werkſchule, um die Jugend zu ſelbſtändigem
Denken, zu überlegtem Arbeiten zu erziehen, zu einem Arbeiten, das
dauernde Werte produziert, das den, der es beſitzt, weit heraushebt über
die breite Maſſe der Ungelernten? Gibt es aber auch einen ſchöneren
Beruf, als ſich in den Dienſt einer großen Erziehungsaufgabe zu ſtellen?
Muß nicht jeder Meiſter und Geſelle ſtolz darauf ſein, mitzuwirken an
dieſem Erziehungswerk unſerer Jugend?
All das, was ich ſagte, ſoll in den Geſellenprüfungen erprobt werden.
Ein Prüfſtein ſollen dieſe Prüfungen ſein für den Lehrling, ob er es
ver=
ſtanden hat, die Zeit zu nutzen, ſich die einzelnen Arbeitsvorgänge
anzu=
eignen, ſie zu beherrſchen. Sie ſollen zeigen, ob der Lehrling mit Sinn
und Verſtand arbeitet, von Luſt und Liebe für ſeinen Beruf erfüllt iſt.
Ob er die Arbeitsvorgänge beherrſcht, die Materialien kennt, die
For=
menlehre in ſich aufgenommen und den theoretiſchen Unterricht in die
Praxis umzuſetzen vermag. Für den Lehrmeiſter, Prüfungsmeiſter und
Geſellen ſoll die Geſellenprüfung immer wieder ein neuer Prüfſtein ſein.
Für erſteren die Probe darauf, ob er es verſtanden hat, die Geheimniſſe
ihrer Kunſt in die bildungsfähige Seele des jungen Menſchen zu legen.
Für die Letzteren, ob ſie objektiv urteilen, mangelhafte Arbeiten dahin
zu unterſcheiden wiſſen, ob es ſich um Gelegenheitsfehler handelt oder ob
ſich hinter den zur Schau getragenen Kenntniſſen tatſächliche Unkenntnis
und Unaufrichtigkeit verbirgt. Darum, meine Damen und Herren, iſt
das Amt eines Prüfungsmeiſters ſo überaus ſchwierig und
verantwor=
tungsvoll. Mit Ernſt und Strenge, aber auch mit gerader Offenheit zu
urteilen, etwaigen Anſchuldigungen mit Objektivität entgegenzutreten,
erfordert Takt und Mannhaftigkeit. Aus dieſen Gründen gebührt aber
auch immer wieder Prüfungsmeiſtern und Geſellen aufrichtigen Dank,
und ſie müſſen das Gefühl des Schutzes der hierfür berufenen Stellen
haben, wenn ſie ihr verantwortungsvolles Amt mit Luſt und Liebe
aus=
üben ſollen.
Es ſind keine Meiſter=, ſondern Geſellenſtücke, die zur Beſichtigung
geſtellt werden. Nicht ſoll eine ſolche Ausſtellung Prunkſtücke vorführen
aber auch nicht nur das Mindeſtmaß deſſen, was man von einem
aus=
gebildeten Lehrling erwarten kann, zeigen. Gediegene handwerkliche
Lei=
ſtungen an einfachen Werkſtücken, Arbeitsproben, die vor Augen führen,
ob der Prüfling das Werkzeug, den Meißel, den Hobel, die Zange und
Nadel uſw. beherrſcht, die Anwendungen zweckmäßig bewerkſtelligt. Wird
das gezeigt, dann hat die Ausſtellung ihren Zweck erfüllt, dann wird ſie
gar vielen Eltern einen Weg zeigen, was ſie aus ihren Kindern werder
laſſen ſollen, dann wird ſie den noch Schulpflichtigen zur Nacheiferung
dienen und damit für neuen Zuwachs zum Handwerk werben.
Zum Schluß ſprach Herr Fabrikant Schenk für die Induſtrie Worte
des Dankes für die mühevolle Arbeit und die muſtergültige Ausſtellung
aus und gab ſeiner Freude Ausdruck für das ſchöne Zuſammenarbeiten
von Induſtrie und Handwerk bei den Geſellenprüfungen. — Herzlicher
Beifall dankte allen Rednern.
Nunmehr eröffnete der Vorſitzende des Ortsgewerbevereins und der
Handwerkervereinigung die Ausſtellung. Ein Rundgang mit
Er=
klärung beſchloß die würdige Feier.
Faſt durchweg alle Gelverbe zeigen uns nun von der einfachſten bis
zur ſchwierigſten Ausführung die Leiſtungen der Junggeſellinnen und
Junggeſellen. Alles in vornehmer und gediegener Aufmachung in den
herrlichen Räumen der Ausſtellung. Ganz beſonders dürfte der
Ein=
trittsraum in dem Wechſel der farbenherrlichen Wanddekorationen
Malereien und den duften Farben der Koſtüme der Schneiderinnen,
Weiß=
zeugnäherinnen und der Putzmacherinnen, umrahmt vom friſchen Grün
der Pflanzen, ins Auge fallen.
Keiner möge verſäumen, dieſe ſchöne Allsſtellung zu beſuchen, die
am Sonntag und Montag von 9 Uhr vormittags bis abends 6 Uhr
ge=
öffnet iſt.
Heute vormittag findet die Ueberreichung der Geſellenbriefe, heute
abend Familienfeier ſtatt.
Zum Tode Dr. Helfferichs.
An den Heſſiſchen Landesverband der Deutſchnationalen Volkspartei
zu Händen des Herrn Vorſitzenden Dr. ing. h. c. Klingſpor, Offenbach
a. M. hat die Deutſche Volkspartei nachſtehendes Schreiben gerichtet:
„Es iſt uns ein Bedürfnis, der Deutſchnationalen Volkspartei aus
Anlaß des erſchütternden und furchtbaren Unglücksfalles, deſſen Opfer
der Reichstagsabgeordnete Staatsminiſter Dr. Helfferich geworden iſt,
unſere aufrichtige Teilnahme an dem ſchweren und unerſetzlichen
Ver=
luſte auszuſprechen. Wir haben in dem verſtorbenen Politiker einen
Staatsmann geehrt, der, geleitet von heißem vaterländiſchen Gefühl,
ſeine außerordentlichen Geiftesgaben und ſeine ſeltenen Kenntniſſe der
finanziellen Vorausſetzungen eines Wiederaufbaus unſeres Vaterlandes
ſelbſtlos in den Dienſt des Reiches geſtellt hat. Die Hoffnungen, die ſich
an ſeine hervorragenden Eigenſchaften knüpften, ſind nun mit einem
Schlage zerſtört. Unſere Trauer über dieſen Verluſt des deutſchen Volkes
verbindet ſich hierin mit der Ihrigen.
Mit deutſchem Gruß: Dingeldey, Rechtsanwalt, Mitgl. des Landtags.
In dem Bericht über die Rede Dr. Beckers am Freitag ſind die
Aus=
führungen, die Dr. Helfferich betreffen, etwas ungenau wiedergegeben.
Herr Dr. Becker ſagte richtig: Sehr oft, in unſerer früheren
Beamten=
tätigkeit wie auch ſpäter im Parlament, habe ich Schulter an Schulter.
mit ihm gefochten. Obgleich uns in der letzten Zeit manches getrennt
hat, erkenue ich gerne an, ſein Tod iſt ein gewaltiger Verluſt uſw.
Zu den Reichstagswahlen.
Darmſtadt, 25. April. In der Sitzung des
Verbandswahlaus=
ſchuſſes für den 10. Wahlkreisverband Heſſen, die am 24. April in
Darm=
ſtadt ſtattfand, wurde über die Zulaſſung der von von dem Wahlkreis
Nr. 19 ( Heſſen=Naſſau) und Nr. 33 (Heſſen) eingereichten
Verbindungs=
erklärungen Beſchluß gefaßt. Es wurden folgende
Verbindungserklä=
rungen zugelaſſen:
1. Vereinigte Sozialdemokratiſche Partei des Wahlkreiſes Nr. 33
beginnend mit Ulrich, Karl, mit dem Wahlkreis Nr. 19 beginnend mit=
Scheidemann, Philipp.
2. Deutſche Volkspartei des Wahlkreiſes 33 beginnend mit Dr.
Becker, Johann, mit Wahlkreis 19 beginnend mit Dr. Kalle, Wilhelm.
3. Liſte der Kommuniſten des Wahlkreiſes 33 beginnend mit Ebner,
Adam Heinr., mit Wahlkreis Nr. 19 beginnend mit Zetkin=Zundel,
Klara.
4. Deutſche Demokratiſche Partei des Wahlkreiſes 33 beginnend mit
Korell, Adolf, mit Wahlkreis Nr. 19 beginnend mit Schücking, Walter.
5. Häußer=Bund des Wahlkreiſes 33 beginnend mit Häußer, Ludwig,
Chriſtian, mit Wahlkreis 19 beginnend mit demſelben Namen.
6. Zentrum des Wahlkreiſes 33 beginnend mit Dr. Bockius, Fritz,
mit Wahlkreis 19 beginnend mit Schwarz, Jean Albert.
7. Deutſche Wirtſchaftspartei des Wahlkreiſes 23 beginnend mit
Dr. Rohde, Werner, mit Wahlkreis 19 beginnend mit dem gleichen
Namen.
8. Völkiſch=ſozialer Block des Wahlkreiſes 33 beginnend mit Dr
Dinter, Arthur, mit Wahlkreis 19 beginnend mit Blum
Aeleschkeltskäuf!
Große Posten erstklassige, reinwollene
Anzugstoffe
per Meter 13.50, 12.00, 10.50, 7.50, 5.50
Täglich Eingang von Neuheiten in:
Gabardine-, Kammgarn-, Streichgarn-, und
Cheviot-, Mantel-, Kostüme-, Kleider- und
Blusen-Stoffen
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Bioellen
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Ausführung sämtl. Reparaturen
Telegr.
Baublöcher
ARMSTADT
Friedrichstraße Nr. 13
Telephon
1687
(5003a
Neuanfertigen von
Wäſche, auch Flicken,
wird angenommen.
Frau Jäger
Heinheimerſtr. 3. (* „zuss
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Maſchinenſchr.
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Darmſtädter Tagblatt, Senntag, dent 22. April 1924.
Aus Heſſen.
Seit
8 Eberſtadt, 26. April. Schrebergärten. Die Gemeinde
ver=
gibt in den nächſten Tagen 25 Schrebergärten, 14 in der Klingsackertanne,
5 im Eſcholl. 3 in der Kirchtanne und je einen am Lämmchesberg, an der
Seeheimer Straße und im Waſſerloch für die Jahre 1924 und 1925
an=
derweitih in Pacht.
A Pfungſtadt, 26. April. Das ev. Gemeindeleben hat in der
letzten Zeit einen annehmbaren Aufſchwung genommen. Ein
Männer=
verein und ein Jungmädchenverein halten regelmäßig Zuſammentünſte
ab. Am 1. Juni ſoll ein beſonderer Jugendtag ſtattfinden. —
Vereins=
jubiläum. Der hieſige „Kraſtſportverein 1914” begeht am 5. und 6.
Juli ſein 10jähriges Stiſtungsfeſt, verbunden mit Bannerweihe. Zur
Beſchaffung des Banners ſoll eine Hausſammlung veranſtaltet werden,
8. Hähnlein, 26. April. Der hieſige Kirchenchor veranſtaltet
morgen Sonntag, 27. d. M., ein Oſterkirchenkonzert. Es kommen zur
Aufführung Chor=, Geſangs= und Violinſolowerke von Bach und Händel.
Beſonders erfreuen dürſten die Teile aus „Meſſias” mit Orgel= und
Streichquartetbegleitung.
Von der Bergſtraße, 26. April. Seit heute iſt die Hochblüte der
Frühobſtſorten voll entwickelt.
* Nieder=Ramſtadt 26. April. Gemeinderatsbericht.
An=
ſtelle der für den 2. Wahlbezirk beſtimmten Beiſitzer zum Wahlvorſtand,
Gemeinderat Keil und Gemeinderat Herzinger, wurden die folgenden
Srünffet, algſcie ir den ſe Wief uai uneit.e De
ei=
gelaufenen Offerten für die Exrichtung einer Schalteranlage bei der
Ge=
meindekaſſe wurden geöffnet. Die Sache wurde zunächſt noch einmal an
die Finanzkommiſſion zurückverwvieſen, um noch Verhandlungen mit dem
Gemeinderechner Waguer zu führen. — Das Ruhegehalt des
Bürger=
meiſtereigehilfen Krug wird entſprechend ſeiner Dienſtjahre auf (0
Pro=
zent des derzeitigen Gehaltes feſtgeſetzt. — Ein Geſuch der Hebamme
Luckhaupt, ihr wieder, wie in früheren Jahren, als Eutſchädigung für
Armengeburten eine feſte Jahresvergütung zu bewilligen, wird abſchlägig
beſchieden. Armengeburten werden den Hebammen nur noch in dent
Fällen vergütet, wo es ſich nachtweisbar uur wirkliche Hilfsbedürftigteit
handelt. — Auf Anſinnen des Kreisamtes bewuilligt der Gemeinderat einen
entſprechenden Betrag zur Vorſehung im Voranſchlag für 1924 als
Zu=
ſchuß zu Solbadekuren in den Fällen, in denen von
unterhaltspflich=
tigen Angehörigen keine oder nur Teilbeträge aufgebracht werder
kön=
nen. — Auf Vorſchlag der Baukommiſſion ſoll ein Keller im ehemaligen
Schneiderſchen Hauſe entſprechend aufgefüllt werden, um das Cindringen
von Waſſer zu verhindern. — Die Ausführung der Bachufermauer=
Repa=
raturarbeiten wurde dem Maurermeiſter Bernhardt als
Mindeſtfor=
dernder übertragen. — Zum Schluß zuurden noch Armenſachen verhandelt.
* Nieder=Ramſtadt, 26. April. Auch in hieſiger Gemeinde hat im
Laufe dieſer Woche der Wahlkampf für die kommende
Reichstags=
wahl eingeſetzt. Am Dienstag abend hielt die Deutſche Volkspartei
eine Wählerverſammlung ab, in der Herr Oberlehrer Kahl ſprach. Die
Sozialdemokratiſche Partei trat am Donnerstag abend, mit einer Frau
Deſch aus Fraukfurt a. M. als Referentin, auf den Plan. Als dritte der
Parteien hält die Deutſche Demokratiſche Partei au kommenden Dienstag,
den 29. d3. Mts., abends 8½ Uhr bei Gaſtwirt Noßmann, eine öffentliche
Wählerverſammlung ab, in der Herr Lehrer Ziegler ſprechen wird.
Lei=
der waren die bisherigen Verſammlungen äußerſt ſchlecht beſucht, ein
Beweis dafür, daß ſich die Wählerſchaft uicht darüber klar iſt, um was
es ſich amr 4. Mai eigentlich handelt. Es wäre dringend zu wünſchen,
daß die kommenden Verſammlungen beſſer beſucht wverden.
* Oberramſtadt, 24. April. Am Dienstag, den 29. April, ſpricht
im Saale des „Löwen” Heru Landtagsabgeordneter Kindt. Der
Red=
ner, der von ſeinen früheren Vorträgen her hier noch in beſtem Anſehen
ſteht, wird ſicher wieder einen vollen Saal erzielen.
* Roßdorf, 25. April. Geueinderatsbericht. 1. Deut
Schutzverein für entlaſſene Gefaugene werden als Beitrag für das Jahr
1923 und 1924 je fünf Goldmark bewilligt. 2. Gemeinderat Peter
Lud=
wig Haas wird als Beiſitzer im Wohnungsamt gewählt. 3. Für
Auf=
ſtellen der Gemeinderechnung pro 1921 werden die entſtandenen Foſten
von 100 Goldmark genehmigt. 4. Die Verpachtung eines
Gemeindegrund=
ſtückes im Gewann „Hintergrund” wird beſchloſſen. Sodann geheime
Sitzung. — Zurzeit ſind hier keine Arbeitsloſen zu verzeichnen,
da die Gemeinde Rodungsarbeiten in ihren Waldungen im Akkord
ver=
richten laßt. — Die Zahl der diesjährigen Abe=Schützen beträgt nur 17.
— Roßborf, 25. April. Wahlverſammlungen. Auch hier
hat ſeitens der Parteien die Arbeit für die Reichstagswahl begonnen.
Im Gaſthaus „Zur Sonne” wird am Sonntag für die Demokratiſche
Partei Finanzminiſter Henrich nachmittags über das Thema „
Reichs=
tagswahl” ſprechen. Im gleichen Saale hat für den Abend die
Deutſch=
nationale Volkspartei eingeladen woſelbſt Rechtsanwalt Schwörer
aus Maſlz, zur Zeit in Darmſtadt, und Pfarrer Berck über das
Thema „Deutſchland im Scheidewege” ſprechen werden.
F Meffel, 26. April. Auf Veranlaſſung der Demokratiſchen
Partei ſprach geſtern abend im Hebererſchen Saale Herr Lehrer
Ger=
mann aus Darmſtadt über die kommende Reichstagswahl. In beredten
Worten ſchilderte der Referent die Tätigkeit des ſeitherigen Reichstags,
würdigte die Schwierigkeiten unſerer inneren und äußeren Politik, indem
er dabei näher auf die Stellung der Demokratiſchen Partei einging und
gelangte zu dem Schluß, daß dieſer Reichstag — trotz aller Mängel —
beſſer geweſen ſei, als ſein Ruf. Zum Schluſſe ermahnte er die
An=
weſenden, ſich bei den Wahlen am 4. Mai nicht vom Gefühl leiten zu
laſſen, ſondern vom nüchternen Verſtand und der Partei ihre Stimme zu
geben, die ſtets unter Zurückſtellung des Parteipolitiſchen dem deutſchen
Volke und Vaterland gedient habe, nämlich der demokratiſchen. An die
mit reichem Beifall aufgenommene Rede ſchloß ſich eine kurze Diskuſſion.
— Langſtadt, 26. April. Der für Sonntag, den 27. April,
nachmit=
tags 3½, Uhr, vorgeſehene Vortrag der Landwirtſchaftskammer kann an
dieſem Tage nicht ſtattfinden. Derſelbe wird vielmehr an einem anderen
Tage abgehalten werden. Näheres wird noch mitgeteilt.
D Rimbach i. O., 26. April. Geſtern, Freitag, iſt hier ein Benzſches
Perſonenauto gelegentlich einer Probefahrt beim Befahren einer
Kurve verunglückt. Der Begleitmann Rucknich, 46 Jahre alt, aus
Mannheim, wurde dabei am Kopfe ſo ſchwer verletzt, daß an ſeinem
Auf=
kommen gezweifelt wird. Der Chauffeur blieb unverletzt, während ein
zweiter Begleiter leicht verletzt wurde. Die beiden Verletzten wurden ins
ſtädtiſche Krankenhaus nach Weinheim übergeführt.
Aus dem Odenwalb, 25. April. Auf dem Waldſpielplatze im
Gorxheimer Tal bei Gorxheim wird gegenwärtig die Rieſenanlage
eines Stadions eingerichtet, deſſen Oberfläche mehr als 10 000
Qug=
dratmeter beträgt. Von den Lauf= und Sprungbahnen ſowie Anlagen
für ſämtliche leichtathletiſche Spiele führt ein mit Schlingroſen bepflanzter
3 Meter breiter Weg zum Badehauſe. In Verbindung mit dem Licht=
Luft= und Sonnenbade ſowie den beiden Schwimmbaſſins bildet das
Stadion eine ſportlich geradezu idegle Anlage, wie ſie nur wenige
Groß=
ſtädte aufzuweiſen haben.
Erfelden a. Rh., 26. April. Der Schießplatz Erfelden ſteht
der franzöſiſchen Rheinflottille in den erſten Maitagen ganzlich zur
Ver=
fügung. Das in Betracht kommende Gelände wird abgeſperrt und darf
nicht betreten werden.
Der grofe Umschrung
in der Reifenfabrikation war die
Einführung des Cordgewebes;
Cordreifen sind geschmeidiger,
schneller und haltbarer als solche
aus veraltetem Vollgewebe. Der
erprobte deutsche Cordreifen heißt
At
R
(Fahrt nach der neuen „ContinentaleStraßenkurte‟.)
Gref derau, 24. Aril. G.nettIng
eignete ſih auf der Straße Trebur— Nauheim. Scheinbar hatte die
Steuerung des Autos verſagt, ſodaß dieſes einen Radfahrer, einen
älteren Mann anfuhr, wodurch dieſer einen ſchweren Oberſchenkelbruch
erlitt. Der Radfahrer ſtammt von Worfelden. Das Auto fuhr gegen
einen Baum und erlitt ſchwere Beſchädigungen. Die drei Inſaſſen
er=
liten ſchwere Verletzungen. Ein franzöſiſcher Offizier benachrichtigte den
Arzt und die Sanitätswache von Groß=Gerau und ſorgte weiter für die
Unterbrigung der Verletzten ins Krankenhaus.
* Groß=Gerau, 26. April. Brotverbilligung. Der
Ge=
meinderat hat auf ein Geſuch der Erwerbsloſen hin beſchloſſen, die jetzt
beſtehende Brotverbilligung für dieſe noch bis zum Beginn der
Not=
ſtandsarbeiten fortzuführen. Die Notſtandsarbeiten ſollen in den nächſten
Tager aufgenommen werden. — Dev Stadtvorſtand hat einem Geſuch
der Gemeinnützigen Baugenoſſenſchaft wegen Errichtung einer
Schreiner=
werkſtätte in der verlängerten Luiſenſtraße zugeſtimmt.
* Nauheim b. Gerau, 26. April. Todesfall Im Alter von 81
Jahren iſt hier der bekannte Fabrikant Friedrich Vogel II. geſtorben.
Offenbach, 25. April. Um den Sparſinn anzuvegen und
zu fördern, findet man in faſt allen ſtädtiſchen Gebäuden in
geſchmack=
voller Ausführung Anſchlagzettel mit folgenden Sätzen: Lernt wieder
ſparen! Sparen bringt Arbeit! Sparpfenuige werden zu Hypothekeu!
Hhpotheken wecken die Bautätigkeit! Handel und Gewerbe finden
Auf=
träge! Arbeitsloſe bekommen Arbeit! Von Leuten, die dieſe Sätze leſen
und Hypotheken verloren haben, hört man ab und zu recht bittere
Be=
merkungen über den zeitgemäßen Leſeſtoff. Es iſt eben ſchwer, wieder
zu ſparen, wenſt man das Erſparte nicht durch eigene Schuld verloren
hat, wenn ohne Geſetzesänderung das Eigentum und Vermögen von
einer Hand iun die andere und in die des Staates übergegangen iſt. Das
beſte Sozialiſierungsgeſetz hätte die Sache nicht beſſer machen können.
D Worms, 26. April. Die Hundeſpeure iſt über Worms und
Vororte wegen eines aufgetretenen Falles von Tollwutverdacht verhängt
worden. — Dagegen iſt die in dem Kreiſe Oppenheim aufgetretene
Maul= und Klauenſeuche größtenteils erloſchen.
Grünberg, 25. April. Geſtern Abend fand hier eine ſehr gut beſuchte
Wählerverſammlung der Deutſchen Volkspartei ſtatt, in der
der Führer der Heſſiſchen Landespartei, Herr Abgeordneter
Dingel=
dey ſprach. In ſeinen Ausführungen behandelte er den Gang der
politiſchen Entwicklung ſeit der Revolution, die verhängnisbollen
Eut=
wicklungen der Erfüllungspolitik und der internationalen Einſtellung
früherer deutſcher Regierungen, die Wendung der politiſchen Lage durch
die vermehrte Achtung, welche ſich das deutſche Volk mit ſeinem
Wider=
ſtand im Nuhrkampf im Ausland geſchaffen hat. Von großem Eindruck
war die Erläuterung der ungeheuren ſchweren Aufgabe, vor die der
Reichskanzler Dr. Streſemann geſtellt war. Die Verſammlung ſtimmte
lebhaft den Schlußfolgerungen zu, daß die Deutſche Volkspartei mit
ihrem Führer die großen Aufgaben der Sicherung der Reichseinheit nuch
innen und außen, der Erhaltung unſerer wirtſchaftlichen Exiſtenz erfüllt.
habe. Mit ungeſchwächtem Vertrauen blickt die Ortsgruppe Grünberg
dem Wahltag entgegen.
— Nidda, 26. April. Geſtern fand hier eine große Wahlderſammluug
der Deutſchen Volkspartei ſtatt, in der der Führer der
heſſi=
ſchen Landespartei, Herr Abgeordneter Dingeldey, über die politiſche
Lage ſprach. Die Verſammlung wies einen außerordentlich ſtarken
Be=
ſuch auf. Während die wenige Tage vorher veranſtaltete
ſozialdemo=
kratiſche Verſammlung weſentlich ſchwächer und die in der vorigen Woche
abgehaltene deutſchnationale Verſammlung nur von 40 Perſonen beſucht
war, waren zur heutigen Verſammlung über 250 Beſucher erſchienen,
In 1½ſtündigen Ausführungen behandelte der Redner die geſamte innen=
und außenpolitiſche Lage. Die Verſammlung ſtand ganz unter dem
Ein=
duunck der zwingenden Richtigkeit der von der Deutſchen Volksdartei, in
der Reichsregierung verfolgten gradlinigem Politik auf der Grundlage
vaterländiſcher Geſinnung, nüchterner und realpolitiſcher Behandlung
der Lebensfragen des deutſchen Volkes. Der Vorſitzende konnte die
Zu=
ſtimmung der geſamten Verſammlung, die ſich in langem Beifall ſchon
ausgeſprochen hatte, feſtſtellen und der Hoffuung Ausdruck geben, daß die
Entſcheidung der Reichstagswahl der Deutſchen Volkspartei einen großen
Erfolg bringen werde.
Husten S
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Krügerol-Katarrh-Bonbons mit dem antiseptisch wirkenden
Zusatz und Sie merden nie wieder etmas anderes mählen
Leberall dort zu haben, wo die Beklame im Fenster.
1I.48
Ein junges Paar geht ſpazieren, ſo ganz für ſich hin,
Arm in Arm ganz gemütlich, nach dem Wald ſieht der Sinn.
In Liebesgedanken verſunken, atmet man kaum,
Errötend blickt die Dame zu dem Herrn manchmal auf.
Ihr Blick ſagt ihm alles, er iſt ganz entzückt,
Er hat heut gewonnen, was ihm lang nicht geglückt.
Das Ideal ſeiner Träume geſieht er nun laut,
Zu dem herrlichen. Siege ſehr mitwirkte der Kauf
N
U * D
P
N
K
hervorragend ſolider, rein erſiklaſſiger Herren= und Knaben=Kleidung. Geringe Waren führen wir grundſätzlich nicht.
Regen= und Gummi=Mäntel
W Rieſen=Auswahl.
Nicht Zeitungs= und Schaufenſier=Kunſipreiſe, ſondern die dauernde Schönheit und Stabilität unſerer Kleidung iſt die kometenartige Wirkung,
die alle ebenſo lehrt, daß unſere Preiſe die niedrigſten ſind.
Grafen=
N. o 2
U
NA
1
N*
U
Große, helle Verkaufsräume.
[ ← ][ ][ → ]Seite 8.
Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 22. April 1924.
Rummer 117.
Vorſchau auf die Textilausſtellung 1924
in Dresden.
Erſt jetzt konnte das Ausſtellungsbild nach zahlreichen
un=
borhergeſehenen Beteiligungen in räumlich feſte Formen gebracht
werden. Allein die Textilmaſchinen=Induſtrie hat
nicht nur die geſamten Hallen an der Front der Stübel=Allee für
ſich belegt, ſondern darüber hinaus eine weitere große Halle in
Anſpruch genommen. Die Maſchinen werden die Herſtellung der
Erzeugniſſe vorführen, und damit iſt der Ausſtellungsteil „
Vor=
führung der Herſtellung vom Rohſtoff bis zum Fertigfabrikat”,
in der Maſchinenausſtellung aufgegangen. Zweifellos werden
die Textilmaſchinen den induſtriell ſtärkſten Anziehungspunkt der
Ausſtellung bilden. Der geſchmackliche Mittelpunkt hingegen
liegt in dem diesmal hinzugezogenen Großen Saal, der
hin=
ſichtlich ſeiner Ausgeſtaltung für einen Teppich= und
Gardinen=
raum an Prof. Dr. Teſſenow übertragen worden iſt. Er wird
vor allem durch die Schaffung von 14 Meter hohen Wänden
ein geeignetes Blickfeld für die Ausſtellungsſtücke der
angemel=
deten großen Teppich= und Gardinenfabriken ſchaffen,
unter die auch eine Kollektivausſtellung der Plauener
Spitzeninduſtrie gerechnet werden muß. Die Bodenfläche
des Großen Saales wird durch dieſe neue Innenarchitektur zwar
an Raum verlieren, es bleibt aber dennoch genügend Platz übrig,
um vor etwa 6= bis 700 Zuſchauern Modeſchauen,
Tanz=
vorführungen und Bunte Abende zu veranſtalten.
Neben dem Großen Saal, in den beiden Seitenſälen, wird, den
geſchmacklichen Mittelpunkt einrahmend, das Kunſtgewerbe
unter Leitung von Prof. Groß ſich aufbauen. In der
Werk=
ſtätte, die 1922 gebaut war, um der Oeffentlichkeit die
Her=
ſtellung von Meißner Porzellan zu zeigen, wird diesmal unter
eigener Leitung von Prof. Groß handgearbeitetes Kunſtgewerbe
im Entſtehen gezeigt.
Der weſtliche Hallenflügek, an der Lennéſtraße birgt die
wifſenſchaftliche Abteilung, mit Beiſpielen aus der
Geſchichte der Textilinduſtrie, aus ihren volkswirtſchaftlichen
Werten und ihrer Statiſtik. Eine eigene Abteilung wird der
Geſchichte des Textilweſens gewidmet ſein und die Entwicklung
der Technik von den einfachſten Verfahren der primitiven Völker
des Oftens fortlaufend bis zur Moderne aufzeichnen. In großen
Zügen ſoll hier dem Publikum teilweiſe an älteren und ſeltenen
Modellen ein Ueberblick geboten werden über das Werden jener
großartigen, geiſtvollen Maſchinen, die heute der Spinnerei,
Weberei, Reinigung, Färberei, dem Appretieren, Drucken von
Stoffen und der Gewinnung von Rohmaterialien dienen. Der
Spinnereiverband, wird innerhalb dieſer
wiſſenſchaft=
lichen Ausſtellung einen beſonderen Raum für ſein geſchichtliches
Sondergebiet einnehmen.
In den Hallen am öſtlichen Lichthof, in welchem durch einen
Neubau erhebliche Raumerweiterung geſchaffen wird, finden die
Textilien für Bekleidung ihr Unterkommen. Im
freien Gelände werden in einem Neubau in unmittelbarer Nähe
der vorgenannten Werkſtatt von Prof. Groß die
Textilver=
edelung und die Textilien für techniſche Zwecke
Platz finden. Beſonders intereſſant iſt die Ausſtellung
faſeriger Iſolierſtoffe der Elektrotechnik, in der
iſolierende Gewebe, Baumwolle, Hanf, Seide, Zellſtoff, Papier,
Asbeſt uſw. zum Umſpinnen gezeigt werden, außerdem feſte
Nichtleiter, die aus faſerigen Rohſtoffen hergeſtellt ſind. Das
Reichstelegraphenamt hat hierzu ſeine beſondere Mitwirkung
und Unterſtützung in weitgehendem Maße erklärt. Es iſt das
erſte Mal, daß eine derartige Ausſtellung überhaupt veranſtaltet
wird.
Neu für Dresden iſt ebenfalls eine Sonderausſtellung
der Deutſchen Werkſtätten in Hellerau, die unter
Leitung von Direktor Karl Schmidt fünf vollkommen
eingerich=
tete Muſterhäufer zeigen werden, zwei davon in einfacher
Bau=
art, die drei mittleren mit Stockwerken. Dieſe Muſterhäuſer, die
vorausſichtlich gegenüber dem Muſikpavillon auf der Raſenſeite
Aufſtellung finden, werden dem Publikum gegem ein geringes
Eintrittsgeld ebenfalls zugänglich ſein.
Es iſt gelungen, für den Vergnügungspark eine Reihe ganz
neuartiger Schauſtellungen zu gewinnen, die den Beſuchern
ebenſoviel Anregendes wie Unterhaltendes bringen dürften.
Aber auch die tägliche Unterhaltungsmuſik wird in dieſem Jahre
nicht nur von einer Kapelle beſtritten werden.
Es bleibt dann endlich noch nachzutragen, daß aus einem
beſonderen Wettbewerb für Plakatentwürfe der
diesjährigen Textilausſtellung ein Entwurf von Willi Petzold=
Dresden preisgekrönt wurde, eine rieſige Spinne darſtellend,
deren Körper eine Webſpule verſinnbildlicht. Das Modell iſt
patroniert, d. h. gleichzeitig als Muſter für Webarbeiten gedacht.
25 Jahre evangeliſche Frauenbewegung.
Am 7. Juni ds. Js. kann der Deutſch=Evang.
Frauen=
bund auf ein Bjähriges Beſtehen zurückblicken. Er wird dieſen Tag
mit einer ſchlichten Erinnerungsfeier in Hannover begehen, bei der die
Bundesvorſitzende Frl. Paula Mueller=Otfried über den „Deutſch=
Evang. Frauenbund im Kampf der Zeiten” ſprechen wird. Ein
bedeut=
ſames Stück Geſchichte der evangeliſchen Frauenbewegung
liegt in dieſen 25 Jahren beſchloſſen. Mit der Gründung des
Frauen=
bundes, an der vor allem der bekannte Vorkämpfer des evang.
Oeffent=
lichkeitswillens, D. Ludwig Weber=Bonn beteiligt war, trat die evangeliſche
Frauenwelt in Deutſchland zum erſtenmal in größerem Maßſtab in die
Arena des öffentlichen Lebens. Nicht um bisher vorenthaltene Rechte zu
erringen, ſondern um beſſer und wirkſamer neu erkannte Pflichten dem
Volksganzen und im beſonderen ihren Mitſchweſtern gegenüber erfüllen
zu können. In dieſem Sinn wurde vom Deutſch=Evang. Frauenbund
ſeit Beginn ſeines Beſtehens die (durch die neuen Kirchenverfaſſungen
wohl überall vollzogene) verantwortliche rechtliche Eingliederung der
Frau in den Organismus der Kirche gefordert. Als deutſche evang.
Frauenorganiſation um der Würde der deutſchen Frau willen iſt der
Bund jederzeit mit beſonderem Nachdruck für eine Geſundung der
ſitt=
lichen Volksatmoſphäre eingetreten, inſonderheit für die Beſeitigung der
doppelten Moral mit ihren verheerenden Folgeerſcheinungen. Neben
der theoretiſchen Schulung, die ſie ihren Mitgliedern vermitteln, ſtehen
die 170 Ortsgruppen des Bundes in der praktiſch=karitativen und ſozialen
Arbeit in eigenen Säuglingsheimen, Kindergarten und =Horten,
Arbei=
terinnen= und Mädchenvereinen, Stellenvermittlung und neuerdings vor
allem in der Mittelſtandsfürſorge.
Reich und Ausland.
Geriebene Gauner.
Schwetzingen. Die Gendamerie hat hier geſtern zwei ganz
geriebene Gauner verhaftet. Es handelt ſich um zwei Stromer aus
Pirmaſens, die in verſchiedenen Geſchäften und Privathäuſern
vor=
ſchwindelten, ſie würden verfolgt und bäten deshalb um Unterſtützung.
Das Geld brachten ſie dann in Wirtshäuſern durch.
Unvorſichtigkeit.
Ludwigshafen. Ein Eiſenbahngehilfe von hier, der heute
früh 6 Uhr auf den in voller Fahrt befindlichen, in Richtung
Ludwigs=
hafen fahrenden Lokalzug aufſpringen wollte, kam dabei zu Fall und blieb
mit dem Fuß im Bremsgeſtäng eines Wagens hängen. Er wurde
un=
gefähr 80 Meter geſchleift und verletzt. Er erlitt im Geſicht leichte
Haut=
abſchürfungen; im übrigen kam er mit dem Schrechen davon.
Unfall.
Zweibrücken. Ein bedauerlicher Unfall ereignete ſich am
Dienstag bei dem Anweſen des Oekonomen Bradfiſch. Der bei dem
Neubau dort beſchäftigte verheiratete Zimmermann Michael Back aus
Ixheim begab ſich beim Feierabendmachen nach dem Anbau, um von dort
aus über die Tenne ins Freie zu gelangen. Er rurſchte dabei auf dem
aufgeſtapelten Stroh aus und fiel kopfvor auf die Tenne. Nach den
Feſt=
ſtellungen zweier ſofort herbeigerufener Aerzte hat ſich der
Bedauerns=
werte, der eine zeitlang bewußtlos war, und auch nach Erlangung des
Bewußtſeins noch nicht ſprechen konnte, einen Schädelbruch zugezogen.
Im Duſel.
Pirmaſens. In Thaleiſchweiler ſpielte ſich im der Nacht auf
Oſtermontag ein Vorfall ab, der beinahe einen tragiſchen Ausgang
ge=
nommen hätte. Ein von Thaleiſchweiler ſtammender, jedoch auswärts
in Arbeit ſtehender Mann verbrachte die Feiertage in der Heimat. Am
Oſterſonntag abend weilte er in einer Wirtſchaft und bekam dort mit
einigen Burſchen Diſput. Im Verlaufe desſelben brachte er im ziemlich
angetrunkenen Zuſtand auf die Separatiſten ein Hoch aus. Nach ſeinem
Weggang aus der Wirtſchaft wurde er von verſchiedenen Burſchen
über=
fallen, durchgeprügelt und in den am Dorfe vorbeifließenden, zur Zeit
ziemlich hochgehenden Bach geworfen. Er konnte ſich jedoch auf der
anderen Seite wieder heraufarbeiten und entging ſo dem Tod des
Ertrinkens.
Weſerbampfer auf dem Rhein.
Goblenz. Seit einiger Zeit verkehren, ſo berichtek man der
„Kobl. Volksztg.” auf dem Rhein einige Güterdampfer, die durch ihre
beſondere Bauart jedem Kundigen ſofort auffallen. Es ſind die kleineren,
dunkel geſtrichenen Güterſchraubendampfer, die früher die Weſer
be=
fuhren und in Bremen beheimatet waren, wie die Aufſchrift heute noch
beſagt. Dieſe Dampfer verkehren auf dem Rhein zwiſchen Holland und
Mannheim. Sie ſind von der Reederei und Speditionsfirma Milchſack
in Duisburg=Ruhrort käuflich erworben worden und führen die Namen
„Maßland”, „Kurfürſt”, „Markgraf” und „Sultan‟. Dieſer letztere
Dampfer iſt ein älterer Kamerad, der ſchon die Moſel befahren hat und
einen hölzernen Schiffsboden beſitzt, aber ſeinen Dienſt noch tadellos
verrichtet.
Riefennotgelddiebſtähle.
Solingen. Die Stadtverwaltung hat jetzt eine amtliche
Er=
klärung über den Notgelddiebſtahl herausgegeben. Danach iſt das
Not=
geld von Arbeitern der Papiermühle geſtohlen worden. Als Täter
kommen in Frage 10 Arbeiter auf der Stampfmühle, ein Verwandter
eines Arbeiters und eine flüchtig gewordene Frauensperſon. Geſtohlen
ſind 5= und 10=Billionenſcheine im Nennwerte von zuſammen 74 596 Mk.
Erſatzanſprüche an die Papiermühle will die Stadt nicht machen, da
hierzu die rechtliche Handhabe fehlt, denn die Stadt hätte das
Papier=
geld vor dem Einſtampfen entwerten müſſen. Die Erklärung ſchließt
bezeichnenderweiſe: Daß das Norgeld dem Bankgeſchäft der Stadt
Solin=
gen, als ganzes betrachtet, trotz der bei der Einlöſung entſtehenden
Verluſte noch ſehr erhebliche Gewinne abgeworfen hat, bedarf keiner
beſonderen Ecwähnung.
Ein Schwindler.
Vom Niederrhein. Mit Vernickelungstinktur zog kürzlich
in niederrheiniſchen Orten ein auswärtiger Händler von Haus zu Haus
die Tinktur zum Preiſe von 2 bis 2,50 Mk. pro Flaſche zum Verkauf
bietend. Die Tinktur war nur eine minderwertige Säure, die ſich ſchon
bald nach dem Gebrauch als unhaltbar erwies, da das Blitzen der
ver=
nickelten Gegenſtände nur kurze Zeit währte. Jetzt iſt der findige
Händ=
ler in Bochold verhaftet worden. Daß das Geſchäft des Schwindlers
nicht ganz unrentabel war, geht ſchon daraus hervor, daß er für die
Tinktur beim Einkauf nur 40 Pfennige bezahlt hatte.
Vier Kinder ermordet.
Wie fetzt bekannt wird, ſind in dem Anſiedlerdorf Eiſelan im
bſtpreußiſchen Kreiſe Culm in dem einſam gelegenen Gehöft des
An=
ſiedlers Tober deſſen vier Kinder im Alter von 1—10 Jahren
ermordet worden, als ſich Thomas und ſeine Frau in einem
Nach=
bardorf befanden. Die Verbrecher haben nach der Ermordung der
Kin=
der alles Wertvolle geraubt und ſind unerkannt entkommen.
Kronprinzefſin Stephanie.
Wien. Ein nach dem gegenwärtigen Aufenthalt der vormaligen
öſtevreichiſchen Kronprinzeſſin Stephanie, der jetzigen Fürſtin Lonyay,
entſandter Sonderberichterſtatter der „Stunde” beſtätigt die jüngſt
auf=
getauchte Meldung, daß die Fürſtin Lonyay dem Wahnſinn verfallen
ſei. Die Frau, die einen greiſenhaften Eindruck mache, halte
Zwie=
geſpräche mit ihren verſtorbenen Verwandten, die ihr als Geiſter
er=
ſcheinen, und verſpreche ihnen, für ſie zu beten, da ſie ihnen kein Geld
ſchenken könne. Der Wahnſinn, ſei religiöſer Art. Auch der Fürſt
Lonyay ſei wahnſinnig und gefalle ſich darin, jeden Tag die Stellung
der Möbel in den Gemächern des Schloſſes zu ändern, die Bilder in der
Galerie zu übermalen und dergleichen.
Die böſen deutſchen Haſen.
Der lange ſtrenge Winter hat auch in Nordeuropa dem Wild übel
mitgeſpielt, man kann es den armen Tieren nicht verdenken, daß ſie
ſich ihr Futter ſuchten, wo ſie es fanden. In Schweden klagt man
be=
ſonders über den großen Schaden, den überall die Haſen dadurch
ange=
richtet haben, daß ſie die Rinde von den Obſtbäumen fraßen. Ein
Stock=
holmer Blatt, das ſich übrigens keineswegs in Deutſchenhetze gefällt,
behauptet nun, daß ſich vor allem die deutſchen Haſen, die in den
letzten Jahren in großen Mengen lebend nach Schweden eingeführt
worden ſind, des oben geſchilderten Baumfrevels ſchuldig gemacht hätten.
Die ſchwediſchen Haſen ſeien lange nicht ſo gefräßig, auch vermehrten
ſie ſich nicht ſo ſtark wie die fremden. Das erwähnte Blatt gibt aber
auch gleich ein Mittel an, um die Nager von den Bäumen fernzuhalten:
man muß Zeitungspapier — natürlich bedrucktes — um die Stämme
binden, dann verſcheucht der Geruch der Druckerſchwärze die Haſen.
Sport, Spiel und Turnen.
Leichtathletik.
Zur Gymnaſtikwoche (27. 4. bis 3. 5.).
Jeder Menſch formt ſeine Schönheit ſelbſt, ſie will erarbeitet ſein.
Sonne und Gymnaſtik bringen Schönheit! Der ſchöne Kopf begeiſtert
den Unwiſſenden, er ſieht nicht die ſchlaffe Müdigkeit im Nacken. Man
zeigt der Jugend das wetterharte Germanien und Griechenlands
Pracht=
geſtalten, aber zur Brille und Tuberkuloſe bringt man ſie! Schön ſind
die Hellen und Schlanken, voll von fröhlichem Lebenstrotz, die Glieder
und Bruſt von Kraft geſpannt, von Wetter und Sonne die glatte Haut
gebräunt! Dieſem Lichtfreund weſensfremd iſt der ſchwatzende Chor
der Halben, der Dicken und Satten! Zur Kraft des Naturvolkes führt
der Weg von Sonne und Gymnaſiik, gangbar auch für den Schwächſten!
Tiefſte Freude und Genuß bringt die ſelbſterworbene Kraft des Körpers
und der Seele als Herr über die Ziviliſation!
Hocken.
Die 1. Mannſchaft des Darmſtädter Hockehklubs empfängt heute die
1. des V. f. R. Alemannia=Worms zum fälligen Rückſpiel.
Die Wormſer zählen von jeher zu den ſtärkſten Vereinen des Weſtkreiſes
und haben in letzter Zeit beachtenswerte Erfolge aufzuweiſen. — Das
Spiel beginnt 2.30 Uhr nachmittags.
Radfahren.
Tagung des Verbandes Deutſcher Radrennbahnen.
Der Verwaltungsausſchuß des Verbands
Deut=
ſcher Radrennbahnen, beſchäftigte ſich in ſeiner Sitzung am
Donnerstag in Berlin u. a. mit der Neuregelung der Beſtimmungen für
Schrittmachermaſchinen. Es wurde ein von dem Schrittmacher Meinhold
fertiggeſtellter Entwurf zur Kenntnis genommen, der nach
Ausarbei=
tung den der U. C. J. angeſchloſſenen Verbänden zur Begutachtung
vor=
gelegt werden ſoll. Bezüglich des Starts ausländiſcher Fahrer auf
deut=
ſchen Bahnen kam man zu einer endgültigen Klärung. Nach der
vollgül=
tigen Anerkennung der maßgebenden deutſchen Radſportverbände beim
internationalen Verbande, die ihre Auswirkung durch den Start von
Wittig in Paris bereits gefunden hat, ſteht dem Start eines
Auslän=
ders, gleich welcher Nationalität, auf deutſchen Bahnen nichts mehr im
Wege. In Verbindung damit wurde auch die Mitteilung gemacht, daß
der Beſitzer der Antwerpener Radrennbahn um Engagementsangebote
von deutſchen Fahrern nachgeſucht hat. Die von Mitgliedern des
Deut=
ſchen Rennfahrer=Verbandes vorgebrachten Beſchwerden wegen der nicht
immer einwandfreien Durchführung von Fliegervennen führten zu einer
Ergänzung der Wettfahrbeſtimmungen dahingehend, daß es allen
Fah=
rern unter Androhung ſtrenger Strafen verboten iſt, in Rennen unter
einander Abmachungen zu treffen bzw. die volle Ausnutzung ihrer
Chan=
cen außer acht zu laſſen. Die Vorarbeiten zu den vom 20. bis 27. Juli
in Breslau ſtattfindenden Deutſchen Meiſterſchaften wurden einer
Kom=
miſſion übertragen. Schlichtungsausſchuß und Oberſtes Schiedsgericht
wurden neu zuſammengeſtellt. Dem Schlichtungsausſchuß gehören als
unparteiiſcher Obmann Eggert (B.D.R.), vom V.D.R. Schuhmacher,
vom D. R.V. Kendelbacher an. Das Oberſte Schiedsgericht ſetzt ſich aus
Strohbach und Schneider (V. D.R.), Schipke und Arend (D.R.V.) ſowie
einem von Fall zu Fall anzufordernden Richter zuſammen.
=Tabletten
Gicht,
Rheuma,
Ischigs,
hervorragend
bewährt bei
Hexenſchuß,
Nerven= und
Kopfſchmerzen
Togal ſtillt die Schmerzen und ſcheidet die Harnſäure aus.
Kliniſch erprobt.
(I.Mn.4514
In allen Apotheken erhältlich.
Best. 64,300 Aeid, acet. salic., 04060 Chinin, 12,6% Lit., ad 100 Ampl.
Bei lästigem Husten
raten wir IIen Sagltta-Bonbons zu nehmen. Lösen den Schleim,
lindern die Sehmerzen. In allen Apotlieken erhältlich. (II.Mn967
Engel-, Hirsch- und Löwen-Apotheke, Darmstadt.
SAdIFTAWERK G. m. b. H., MÜNCNEN SW. 2
Geſchäftliches.
Die Bekämpfung des Ungeziefers bei Menſch und Tier iſt eine
der wichtigſten Aufgaben der Geſundheitspflege. Mit Cuprex
ge=
lingt die Ungezieferbeſeitigung ſchnell ſicher, leicht und unauffällig,
ſo=
wie ohne geſundheitliche Nachteile. Cupre; iſt das wirkſamſte und
beſte Mittel gegen Kopfläuſe und übertrifft alle bisherigen Mittel,
weil es das Ungeziefer ſamt Eiern (Niſſe) mit einem Male vernichtet.
Apotheken und Drogerien halten Cuprex in kleineren und
größeren Packungen vorrätig.
(5425a
Unſerer heutigen Geſamtauflage liegt ein Wahlaufruf der
Deutſchen Demokratiſchen Partei bei, auf den wir an
dieſer Stelle unſere Leſer beſonders aufmerkſam machen möchten.
Tageskalender.
Landestheater, Großes Haus, Anfang 7 Uhr, Ende 91; Uhr:
„Saul”. — Kleines Haus, Anfang 7 Uhr Ende 98/ Uhr: „Ariadne
nuf Naxos”. — Orpheum, 734 Uhr: „Mädi”. — Union=, Reſidenz=,
Central=Theater, Palaſt=Lichtſpiele: Kinovorſtellungen. —
Rummel=
bräu, 4 Uhr nachmittags: Konzert. — Herrngarten, 11 Uhr:
Promenadekonzert.
Verſteigerungskalender — Montag, 28. April:
Stammholzverſteigerung, vorm. 9 Uhr, in der
Gaſtwirt=
ſchaft des Förſters Dittmar auf der Inſel Kühkopf bei Erfelden.
Hauptſchrifteitung: Rudolf Mauve
Deranwortlich für Pokitik und Wirtſchaft: Kudolf Mauv=
Bermntwortlich für Feuillston und Heſſiſche Nachrichten: Max Stroeſ=
Vrrantwortlich für Sport: Dr. Eugen Buhlmann
Derantwortlich für Schlußdienſt: Andreas Bauer
Verantwortlich für den Inſeratenteil: Willy Kuhle
Druck und Verlag: 2. &. Wittich — ſämtlich in Darmſtadt.
Die heutige Rummer hat 16 Seiten
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Z 1 G A R
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Generalvertreter: Julius Oppenheimer, Darmstadt, Landwehrstrasse 24,
Rumer Ir7
Darmſtädter Zu. blatt, Su. 14g, de
Seite 9.
* Sunndags=Noochmiddags=Bedrachtunge.
Eichentlich hat ich mer jo vorgenumme, mich iwwer nix mehr
zu wunnern, un wann de Deiwel uff Stelze laaft. Un ich hab’s
die ganz Zeit grad ſo gemacht, wie all die annern rumgedrehte
Profede, die wo hinnenooch immer ganz genau wiſſe, wie’s
kimmt, und die wo dann ſtets mit ihre abgedroſchene Redensarte
bei de Hand ſin und ſage: „Ich hab’s kumme ſehe” und „ich
hab gleich gewißt” un ſo. Schließlich hawwe ſe jo aach in de
letzte zehe Johrn grindlich defor geſorgt, daß mer uns des
Ver=
wunnern abgewehne un es wunnert mich bloß, daß mer’s drotz
alledem noch net gelernt hawwe. Des mag awwer doher kumme,
daß mer aus dene verwunnerte Zeite un Zuſtend
iwwer=
haubt nix gelernt, ſundern daß uns des, wo mer gewißt
hawwe, widder ganz un gar aus em Gedächtnis kumme is. No,
es weer jo aach zum Verwunnern, wann’s annerſter weer.
Alſo, wie geſagt, ich bin drotz meim Vorſatz, mich iwwer nig
mehr zu wunnern, in de letzt Zeit aus em Verwunnern gornet
mehr eraus kumme. Am meiſte wunnerts mich, daß ſich die
Leit immer noch iwwer mich wunnern un ſage, ich weer’s net,
wo ich doch klar un deitlich geſagt hab, daß ich’s bin. Un es
dhet mich wunnern, wann ſe mich net nächſtens uff die Folter
ſpanne dhete und dhete mer die Daumeſchraub alege und dhete
mich rädern un vierteile un ſo lang kebbe, bis ich ſage dhet, ich
weer’s net. No, wann Se demneechſt was vun=eme
Jußditts=
mord heern, dann brauche Se ſich net zu wunnern und kenne ſich
des Iwwrige denke.
Awwer der Jußdittsmord is noch net emol des Schlimmſte,
noch mehr hab ich mich wunnern miſſe, wie ich neilich in de
Roßderfer Straß hinner zwaa Dame noochgange bin, die wo ſich
in aaner Duhr vun mir iwwer mich unnerhalte hawwe un wo
dann die aa zu de anner geſagt hott: „Mich wunnerts bloß, wo
des Bienche des alles her hott, die ſoll doch gor net ſo
indelliſchent ausſehe!“ — — — Do is awwer
nadier=
lich bloß des Oos, der Pfeil, draa Schuld, vun wege meine
Poddegrafie. Des is jo aach kaa Wunner, wann ſich do die Leit
driwwer wunnern, daß aa mit ſo=eme ordinär=geſunde Bohnem
un mit ſo ere bollezeiwiedrich rundliche Konſchdidutzion unner die
Schriftſteller geht. — Jawohl, wann’s dene nooch gingt, mißt ich
mit ſo eme verkrotzte Buwekobb
erum=
laafe un mißt e Klaad ahawwe, wo die
Dallje unner de Aerm abgingt, am
Hals erum nadierlich fußfrei, un e
Ge=
d) ſicht voll ſcheniahle Falte mißt ich
hawwe wie e alt Indianern, un e
Hornbrill uff de Nas, wo die ganz
Fa=
millje uff aamol die Zeidung dorch läſe
kennt. Un iwwerhaubt: Neehdern!
Wann’s noch haaße deht:
Kunſtge=
werblerin, do dhet’s aam
ſchließ=
lich net wunnern, wo doch heit jed, die
wo aus bundich Woll en Kasber un aus e paar ſeiderne
Läbb=
cher e Kannebeekiſſe zuſammedifftelt odder aus Garn e
Diſch=
deck ſtrickt, ſich „Kunſtgewerblerin” ſchimbfe dhut.
Wann mich alſo heit der Pfeil mit ſeim nixnutzige Bleiſtift
als „moderne Kunſtgewerblerin” ins Blatt molt, braiche Se ſich
net driwwer zu wunnern; hott doch ſo en „Auguſt” ſogar neilich,
wie ich im Herrngadde geſeſſe hab, haamlich en Scheerenſchnidd
bun mer gemacht un hott mer des Bild zum Oſterhas geſchenkt.
Allerhand Hochachdung! Iwwerhaubt, der Oſterhas, der war
emol gebſchnitzig. Naa, ſoviel Lieb un Zuneigung aus alle
Kreiſe der Darmſtädter Bevölkerung hedd ich mer werklich net
draame loſſe un ich bin aus em Verwunnern gor net mehr
eraus kumme un hab in aaner Duhr die Händ iwwerm Kobb
zuſammegeſchlage, ſo daß mei Zwangsmiedern in mei Stubb
geſterzt is un hott gemaant, ich dhet Schießiewunge abhalte mit
eme Maſchienegewehr, weil’s ſo aſch geklatſcht hott.
Wie ich awwer mei Zwangsmiedern in ihrm neie
Tutan=
chamon=Koſtiem geſehe hab, do is mer’s awwer erſt
verwunner=
lich zumut worrn. Ausgerechnet mei Zwangsmiedern, des
Ge=
ſtell, in eme Tutanchamonklaad. No, ich brauch nix zu ſage,
Sie kenne ſe jo, bei dere haaßt’s aach; vorne därr un hinne
mager, un wo die Broſch is, is vorne! — Awwer es is nix zu
mache, die „ſchlanke Ellegans” is Dißjohr Drumb un ich for mei
Daal werr jedenfalls die Mode net mitmache kenne, wann ich
mer ſchließlich aach an meim Schwazzſeidene hinne un vorne e
Bahn erausnemm, es langt doch net zu eme Schermfudderal.
Wann mich awwer erſt der Tutanchamon als Eſchibbdern ſehe
dhet, der dhet ſich net bloß wunnern, ſundern der kreegt diräckt
en Schlagaffall. Des allerneiſte es jetzt e „Alaska=Gaaſehaut”,
un wann Se mich do nechſtens drinn ſähe, do braiche Se ſich net
zu wunnern, dann des is mei alt Bettvorlag, die hab ich mer
uffgewärmt un friſch baßbolliert; ſie war nemlich am Rand ſchun
es bißche ausgefranzelt. Kaa Wunner, wann mir emol ſo alt
ſie wie die, do ſin mer aach ausgefranzelt un loſſe die Hoarn
geh. —
Iwwrichens, iwwer die Mode hott mer ſich noch alle Johr
gewunnert, un iwwer korz odder lang hott alles gerufe: „Fui
Deiwel, wie ſchee, des muß ich aach hawwe!‟ Es is e Glick, daß
des ſchemiſche Unnerſuchungsamt un unſer Kreisdierarzt die
Mode net uff ihrn Fettgehalt unnerſuche miſſe, ſunſt dhete die
Gebiehrn arſch mager ausfalle. Daß awwer dodefor des Fett,
des wo mer aus Amerigga krieje, neierdings zwaamol
unner=
ſucht werrn muß, un zwar aamol vum ſchemiſche Unnerſuchungs
amt un aamol vum Kreisdierarzt, des iſt zwar aach en Grund
zum Verwunnern; net zu verwunnern brauch mer ſich dode
gege, wann’s dorch die dobbeltgemobbelte Unnerſuchung net bil
liger werd. Schließlich brauch mer ſich iwwer ſo behördliche
Aordnunge iwwerhaubt net zu wunnern, un noch wenicher
kann mer ſich en Vers driwwer mache.
Sehr verwunnerlich is es dodegege, daß unſer Darmſtädter
Metzjer faſt allmitnanner bloß erſtklaſſiſche Ochſe ſchlachte, bis
uff den, der wo emol den klaſſiſche Ausſpruch gedha hott: „Alles
Vieh, wo liggt, is mei!” — Wann ſich awwer aaner driwwer
wunnert, weil ſich ſei erſtklaſſiſch Qualidäts=Ochſefleiſch beim
Koche ſcheinbar in zweitklaſſiſch Kuhfleiſch verwannele dhut, ſo
kann mer des wohl verſteh; mer kann’s awwer aach begreife,
dann die Metzjer, ſin in de letzte Johrn, e bißche aus ihrm
Meddjee kumme un es weer net ausgeſchloſſe, daß mancher
Metzjer en Ochs net mehr richdich vun ere Kuh unnerſcheide
kann. Metzjer mit ere Brill ſin awwer jedenfalls e groß Wunner,
mir is noch kaaner uffgeſtoße. Ich verloß mich deshalb aach
gor net uff die gude Aage vun de Metzjer, ſundern geh dohie,
wo ich gud un billig bedient werr. Un des Recht ſteht merr zu
noch de deitſche Verfaſſung, Gott ſei Dank! Wer ſich awwer ſei
iwwerzwerch Ribb gern in Roßdorf odder Reinheim an de Quell
hole will, der brauch nadierlich net zu worte, bis es hier ei’trifft.
Awwer de Deiwel drau eme Abbedehker, dann daß ſich ſchun
emol alt Kuhfleiſch beim Koche in Ochfefleiſch verwannelt hett,
des Wunner hab ich noch net erlebt.
AR24
noch ſchlimmer wie in de Derkei! Ich kann mer’s net annerſter
denke, als wie daß die Leit äxbräß de Hundeſteier zum Drotz
ſich ſo en Spitzpuddeldaxtärrjärpinſcher zulege. Un raſſerein ſin
e all’mitnanner mehr odder wenicher, nemlich rein vun jeder
kaſſe un bekannt unner dem Sammelbegriff „
Brommenaden=
ziſchung”. Nu wunnert’s mich bloß, mit was ſo Hunde ernehrt
errn, denn daß die nor mit de Aſchläg vun ihre Beſitzer
zu=
idde ſin, des kann mich kaaner weiß mache, wenichſtens de
R5
Es gibt awwer aach noch annern Sache, wo mer ſich mehr
odder wenicher driwwer verwunnern kann, nemlich die Milch.
Hott mer dann aach ſchun ſowas erlebt, daß die uff aamol
ganz vun allaa un ſo gewiſſermaße ſelbſtdädich abſchleegt? Alſo
wann do nett erjend ebbes dehinner ſteckt, will ich’s lowe, dann
mit rechte Dinge geht des jedenfalls net zu, des is ſo klar wie
de deitſche Parlamendarismus. Jedenfalls, ich bin uff alles
gefaßt, bloß uff nix Gutes, un es weer net ganz ausgeſchloſſe,
daß die Kieh in ihre Boshafdichkeit de Milchhennler en
Schawwa=
nack ſpiele un liwwern bletzlich ſoviel Milch, daß die gor net
mehr wiſſe, wohie mit dem Säge un miſſe uns die Milch
ge=
zwungenermaße widder ins Haus bringe, wie’s emol Mode war
vor anno Duwack un Zunner un mir brauche net mehr mit eme
Kennche in alle Weltgegende erumzurenne un uff de Knie um
en Drobbe Milch zu lamediern.
Wann mer alſo in de nechſte Zeit die Menſchheit net mehr
mit de Milchkenncher dorch die Straße laafe ſieht, ſo brauch aam
des net mehr zu verwunnern, des Rätſel is geleeſt. Sehr zu
verwunnern is es doherngege, daß mer als noch einiche Leit
ſicht, die wo noch kaan Hund am Bennel hawwe, dann wo
mer ewe enausgeht, ſtolwert mer iwwer ſo en Wauwau odder
wenigſtens iwwer des, wos ſo en Scheernſchleifer noch ere
ge=
ſunde Verdauung iwwrich leßt. Ja, du liewer Schiewer, woher
kimmt dann nor des, daß uff aamol die ganz Menſchheit en
Hund hawwe muß? — Ei, des is jo die reinſt Ebbedemie un
Kinderwagen
sind weltberühmt Und Unerreich)
Modelle 1924 in höchster Vollendung
Uberall erhältlich
Hinnerlaſſenſchafte nach zu urdeile, mit dene ſe die Drottwa un
die Hausgäng garniern. Ja, mer kimmt ſich mitunner vor, wie
die Mignon bei ihrm beriehmte Eierdanz, un merr waaß oft
net, wo mer hietrete ſoll in de Eil. Un ſeidem die Keeder an de
Lein gefiehrt miſſe werrn, ſuche ſe ſich zur Erledigung vun ihre
Geſchäfte mit beſunnerer Vorlieb die belebdeſte Gegende aus,
odder die Eigäng vun de Läwensmiddelgeſchäfte, awwer ums
Läwe net die Stroß, wo’s am End niemand ſcheniern kennt.
Seegt mer wos zu ſo eme Hundebeſitzer odder =Beſitzerin, ſo
kriggt mer, großbrotzig, wann’s e „Er” is, un ſchnibbich, wann’s
e „Sie” is, zur Andword: „Wir bezahle ja dodefor unſer Steier!”
No, ich hab nix zu befehle,
awwer wann’s mir noochgingt,
ZIEHEN
mißte die Hunde aach hinne
noch en Maulkorb ahawwe.
Valleicht leßt mer emol
bollezei=
licherſeits uff em
Verordnungs=
wäg en entſprechende Ukaß los,
deß weer wenigſtens emol e
Verordnung, wo ſich kaa Menſch
driwwer verwunnern dhet, mit
Ausnahme vun de Hunde.
Schließlich kennt mer aach die
Reinigung vun de Drottwa un
Hausgäng de Hausbeſitzer
uff=
halze, for was ſin dann die do,
die hawwe ja doch nix zu dhu.
Immuhn ſin die Hausbeſitzer
aach, dann wann die die Doll= IIffffddäd ddHdrmafmnng
mut krieje kennte, mißte ſe ſe
ſchun längſt hawwe. Was mich perſeenlich gor ner
wun=
nern dhet.
Wunnern dhut’s mich dodegege, daß ſich die Bollezei die
Mieh macht un beſucht vollzählich alle Wahlverſammlunge; dhet
mer dene, die wo ewe ſcheinbar die Schweitzer Pille verkehrt
ei=
genumme hawwe, ei fach en Maulkorb verordne, do weer dere
ganze Sach abgeholfe un unſer Bollezeibeamte braichte kaa
Iwwerſtunde zu mache un ſich alle Awend die Baa in de Leib
zu ſteh, daß ſe an de Axel widder rauskumme. Wann unſer
Bollezeiorgahne nooch de Wahl en Erholungsurlaub nach
Idallie beaſſpruche, dann ſoll’s mich net wunnern. Geheern
dhet=er=n.
Bienche Bimmbernell.
Poſtſchkribdumm: Halt, do fellt mer ei, beinoh hett
ich vergeſſe, mich iwwer die Bauwut zu wunnern die wo
unner de Bankhaiſer ausgebroche is. Dann hott’s Ihne noch
net gewunnert? Alle Aageblick ſieht mer in de Rheinſtroß en
Maurer erjendwo uff=eme Geriſt erumtorne. Aach die
Reichs=
bank hott ſich geſagt: „Ein kluger Mann baut vor”, un hott ſich
in aller Stille zwaa große inflatzionsſichere Dräſſors eibaue loſſe.
Vorerſt ſtehe ſe zwar leer, un es ſoll mich gor net wunnern,
wann eines ſcheenen Dags ’s Wohnungsamt kimmt un dhut e
paar Zwangsmieder eneidiffediern. Dann daß mer in die zwaa
Dräſſorcher ſowas wie e „Maßgottche” eneimache will, des ſollt
mich doch wunnern.
Ganz forſchtbor gewunnert, hab ich mich awwer iwwer
unſern Kerchtorm. Nemlich dem hawwe ſe in ſeine alte Dag
noch emol e Blechkabbſel uff die Kaub okkuliert, daß des ganze
ſcheene Zwiwwelmuſter verhunzt is gange. De erſt hab ich
geglaabt, es weer ſo aans vun dene Spiechelfernrohrn, wie ſe
unſer Saldade in de Schitzegräwe hatte un wo mer vum Keller
aus gucke kann, was in de Umgegend vor ſich geht un was
bei=
ſpielsmeeßig im Odewald for Wädder is. Awwer ich hat mich
gedeiſcht, es is bloß en Schornſtag, en blecherne; dann daß die
uff ſo en Eifall kumme weern vun wege dem Spiechelfernrohr,
des ſollt mich doch aach wunnern.
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werden ſad
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riert u. gereinigt b=
A. Bingel,
Heinheimerſtr. 6
Poſtkarte genügt.
(Spez. Reparatur=
Werkſtätte) (*
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Das Weib im Leben und in
der Dichtung Lord Byrons
Ein Erinnerungsblatt zum hundertjährigen Todestag des
Dichters.
An der Art und Weiſe wie ein Dichter das Weib auffaßt
und ſchildert, läßt ſich nicht nur der Wärmegrad ſeines Gefühls,
ſondern auch die Blickweite ſeines Verſtandes ermeſſen. Im
Leben des Dichterlords haben die Frauen keine kleine Rolle
ge=
ſtielt, wenn auch nicht die große wie bei Goethe, der aus jedem
erotiſchen Erlebnis einen Aufſtieg ſeines Menſchentums zu
ge=
winnen wußte. Bei dem engliſchen Poeten konnte das ſchon
deswegen nicht der Fall ſein, weil er den weiblichen Weſen, die
ſich ihm bedingungslos ergaben, niemals ein wirkliches Opfer
brachte. Der Wikingerſtolz des Eroberers, dem mühelos
Schön=
heit und Jugend zufällt, glühte in ſeinen Adern, aber nicht die
liebende Geduld eines ausharrenden Werbers. Es wurde ihm
zu letzterem auch kaum Gelegenheit geboten. Schien es doch,
als hätten die Damen der engliſchen Ariſtokratie, nach dem
Er=
ſcheinen des „Childe Harold” nichts anderes zu tun gehabt, als
ſich für ſeinen Verfaſſer rettungslos zu kompromittieren. Trieb
es auch nicht jede ſo unſinnig, wie die geiſtvolle und doch ſo
un=
kluge Caroline Lamb, die, als verheiratete Frau und
Mut=
ter dreier ſchöner Kinder, ſich zu allerlei Exzeſſen hinreißen ließ,
um Byrons bald erkaltete Neigung zurückzugewinnen, ſo war
doch der Anſturm der weiblichen Verehrerinnen auf ſeine
Per=
ſon und ſeine Freiheit ganz dazu angetan, in ihm die Gefühle
von Ueberdruß und Verachtung zu wecken, zu denen ſeine
Naturveranlagung ohnehin neigte. Aber Byron war kein Don
Juan. Das Freibeutertum in der Liebe lockte ihn auf die
Dauer nicht. Auch vor der Ehe beſaß er nicht die krankhafte
Scheu, wie etwa ſein ruſſiſches Zerrbild Lermontoff. Einen
fei=
nen Reiz zeigt die Anbahnung der Bekanntſchaft mit ſeiner
Frau. Einſt erhielt er ein anonymes Schreiben, in welchem ihm
zum erſtenmal von Frauenhand eine, wenn ſtellenweiſe auch
naive, ſo immerhin nicht geiſtloſe Kritik ſeiner Werke und ſeines
Lebenswandels erteilt wurde. Tadel, Kritik anſtelle der
bis=
herigen Vergötterung! Die Abſenderin des Briefes entdeckte
der Dichter in der gefeierten und unnahbaren Miß Milbank,
die zugleich den Vorzug beſaß, eine reiche Erbin zu ſein.
Für die Ehe war jedoch Byron nicht gemacht. Es bedurfte
tatſächlich keiner beſonderen Kataſtrophe oder gar unheimlicher
Verbrechen, deren Aufdeckung ſenſationslüſterne Schreiber ſich
angelegen ſein ließen, um den Bruch herbeizuführen. Und in
dieſem Fall ging er von der Frau aus und zog für Byron die
bekannte geſellſchaftliche Aechtung und Selbſtverbannung nach ſich.
Das romantiſche Verhältnis mit der Gräfin Tereſe
Guic=
coli, das in Venedig ſich knüpfte und in Radenna uud Genua
fortgeſponnen wurde, ſchien dem Dichter, der noch immer nach
der Idealfrau ſuchte, Erſatz für die Enttäuſchungen ſeiner Ehe
zu bieten, war aber doch nicht imſtande, die Unraſt ſeiner Seele
zu dämpfen, die ihn unwiderſtehlich dem letzten Ziele zutrieb.
Das wenige Tage vor ſeinem Tode verfaßte Gedicht: „Zeit iſt’s
o Herz, nun auszuſchlagen, es ſchlägt ja keines mehr für dich”,
läßt den Schluß zu, daß auch das lockende Liebesſpiel mit
ſei=
nen holden Täuſchungen Duft und Reiz für ihn eingebüßt hatte.
In Byrons Dichtungen finden wir, was die weibliche Pfyche
anbelangt, weniger den Niederſchlag wirklicher Erlebniſſe, als
den Nachhall der Stimmungen, die ſolche Erlebniſſe
hinter=
ließen, und vor allem die Sehnſucht nach der Frau als
Ge=
fährtin des Mannes, eines Geſchöpfs, das eie Heldenſeele
in ſich trägt.
Begegnen wir in den Verserzählungen vorwiegend ſolchen
Weſen, die wie ſchöne Traumbilder dahingleiten, ſo ſind die
Frauengeſtalten in den Dramen mehr oder minder auf
heroi=
ſches Maß zugeſchnitten. Don Juans Abenteuerfahrten, die
oft=
mals an die pikante Zote ſtreifen, ſcheinen vergeſſen, aber auch
Bemerkungen allgemeiner Natur, die etwa in Schopenhauers
Kapitel „Ueber die Weiber” am Platz wären, wie: „Wenn nur
auf jede Generation der Fehltritt einer Frau vererbt, dann zeigt
den Stammbaum mir, der ſich nicht abwärts neigt!” melden ſich
nicht. Der Glaube an reine, unverfälſchte Frauentugend kommt
zum Ausdruck. Was würde wahrſcheinlich ein Moderner aus
der Ehe des alten Dogen Marino Falieri gemacht haben?! Die
junge Dogareſſa wäre ein heißblütiges Geſchöpf geworden, das
den ungleichen Ehebund, zu welchem des Vaters Wunſch ſie
ver=
anlaßt, als drückende Feſſel empfindet, die abzuſtreifen ſie
we=
nigſtens in ihren heimlichen Träumen trachtet, zumal der
mora=
liſche Sumpf von Venedig jede eheliche Untreue begünſtigte.
Aber nichts von alledem. Die Byronſche Angiolina
recht=
fertigt in jeder Hinſicht die Ueberzeugung ihres Gatten: „Wo
Ehre angeboren iſt, und noch gekräftigt wird durch gute Lehren,
ſteht auf Felſen auch die eheliche Treu! Wo ſie nicht iſt, wo
* Die lichte Erſcheinung
Von Dorothea G. Schumacher.
bz. Da, wo jetzt eine der größten Städte Deutſchlands ſeine
ſteinernen Straßenarme nach allen Richtungen ins Land ſtreckt,
befand ſich vor manchem Jahrhundert ein ſehr großer, faſt endlos
erſcheinender Wald, in welchem ſich viel gefürchtete Tiere
tum=
melten.
Ein Mann namens Botolf hatte, müde des kleinlichen
Ge=
zänkes mit Nachbarn, Rittern und Bauern, im Walde ſein
Heim gefunden und hatte auf der erſten ſelbſtgerodeten Lichtung,
recht inmitten des Waldes, eine erſte Hütte erbaut. Die Bäume
umgaben die Rodung wie eine Mauer, während vor dem Walde
bereits neues Leben auf uralten Wegen daherbrauſte, ohne zu
ahnen, daß tief da drinnen ein Einſamer hauſte.
Der Wald, die Wieſe, die Quellen gaben Botolfs Familie
alles, was ſie brauchten, und ſo lebten ſie in friedlicher Arbeit
dahin.
Draußen in der Welt ſchrieb man das 13. Jahrhundert. Die
letzten Kreuzfahrer waren aus dem heiligen Lande zurückgekehrt
und aus der Berührung von Orient und Abendland wollte ſich
eine neute Welt geſtalten.
In Botolfs Familie wuchſen vier Kinder heran, ein Knabe
Adalhelm von zwölf Jahren, und drei jüngere Mädchen, die
Gundula, Engel und Trud hießen.
Eines Tages kam das große Unglück zu ihnen: Der Vater
hatte ſich zu weit in den öſtlichen Wald vorgewagt und wurde das
Opfer eines Bären . . . Die Seinen fanden ſeinen zerriſſenen
Leichnam unweit der Hütte, bis zu welcher ſich der vor dem Tiere
Fliehende noch geſchleppt hatte.
Nun ſtand das kleine Aweſen ohne Mann und Schützer im
wilden Walde, während aus der Welt erſchreckende Nachrichten
herüfberdrangen.
Zu dieſer Zeit war der Knabe Adalhelm dierzehn Jahre.
leichter Sinn ſich birgt, wo Eitelkeit und Weltluſt blüh’n im
Herzen, wo Sinnentaumel es durchzuckt, da kann, bei ſo
ver=
giftetem Geblüt, man nie auf Ehrbarkeit ſich Rechnung machen,
ſelbſt, wenn man ſich mit dem vermählt, den
man am meiſten liebt."
An Beethovens Leonore im „Fidelio” gemahnt die Geſtalt
der in Kraft und Treue bei dem eingekerkerten und gefolterten
Gatten ausharrenden Marina in dem Drama „Die beiden
Foscari”. „Komm”, Foscari, nimm dieſe Hand, die dir der
Altar gab; ſie konnte dich nicht retten, doch Stütze wird ſie
im=
merdar dir ſein.‟ Die Joſephine in dem düſteren
Schau=
ſpiel „Werner” baut ſich aus verwandten Seelenelementen auf
Zu dem verbitterten, vom Schickſal heimgeſuchten Gatten ſpricht
ſie tröſtend: „Was du auch je geworden wärſt, mir biſt du, was
der Stand, ob hoch, ob nieder, niemals ändern kann: des
Her=
zens erſte Wahl‟.
Der König Sardanapal im gleichnamigen Drama, der
nicht merkt, daß ſein Thron unterwühlt iſt und noch von
Frie=
densfeſten träumt, als ſchon das Verhängnis an die Pforten des
Palaſtes klopft, hat in der Geliebten, der Sklavin Myrrha,
eine Frau neben ſich, die nicht müde wird, ihn an ſeinen
Königsberuf zu mahnen. „Und kann ich ihn nicht lehren, wie
man regiert, ſo kann ich zeigen ihm, auf welche Art allein ein
Fürſt den Thron verläßt.”
Echte Poeſie atmen die Worte, in denen Myrrha den
Erden=
beruf des Weibes ausſpricht: „Die erſte Liebe dieſes
Menſchen=
lebens entſpringt der Bruſt der Frau; die erſten Worte lehrt
ihre Lippen! Die erſten Tränen wiſcht ihre Hand, die
letz=
ten Seufzer ſelbſt vernimmt nur allzu oft ein weiblich Ohr, wenn
ſich der Mann die kleine Mühe ſchenkt, die letzte Stunde noch
bei dem zu wachen, der ihn geführt!“
In dem Myſterium Kain iſt in der Erſcheinung der
Adah, der Gattin des erſten Totſchlägers, alles
zuſammenge=
drängt, was ein Ehebund an ſittlich=religiöſen Kräften in ſich
ſchließt.
Wenn Byron ſelbſt im Leben auch das Ideal, das ihm
vor=
ſchwebte, nicht erreicht hat, mit ſeinen Dichteraugen hat er es
doch erſchaut und mochte, wie ſein poetiſches Abbild Manfred,
nachdem er von den Lippen der geliebten Aſtarte das Wort
der verzeihenden Gnade vernommen, ſprechen: Es wird nicht
dauern, jedoch es geht ein nen Gefühl in die Gedanken, und in
die Tafel der Erinnerung möcht’ ich ſchreiben, daß es ein
ſolch Empfinden gibt!“
Dr. Ella Menſch.
*Die deutſche Frau von heute
und die Preſſe
Ueberſchauen wir heute zurückblickend den ungeheuren
Wan=
del, den innerhalb der letzten Jahrzehnte die Stellung der
deut=
ſchen Frau zur Preſſe durchmachte, dann will es uns faſt
un=
denkbar erſcheinen, daß vor dieſer Zeitſpanue die Mehrzahl der
Frauen durch die Preſſe zumeiſt nur ihr
Unterhaltungsbedürf=
nis und — ihre Neugier befriedigen wollten. Der tägliche
Ro=
manabſchnitt der Zeitung, ein gelegentlich, von ihr gebrachtes
Stimmungsgedicht und die Familiennachrichten waren alles,
was ſie in der Tagespreſſe ſuchte. Der ganze übrige Inhalt in
ihr war nach ihrer Anſicht „Männerangelegenheit” und wurde
von der Frau deshalb nicht geachtet. Es genügte ihr zu wiſſen,
daß der Hausherr ſich durch ihn über das orientierte, was ihm
zu wiſſen wünſchenswert erſchien. Höchſtens, daß ſie noch dem
Anzeigenteil am Abend, nach erledigten häuslichen Pflichten,
erhöhte Aufmerkſamkeit ſchenkte, wenn durch Kauf irgend eine
entſtandene Lücke im Haushalt gefüllt, eine Hilfskraft für dieſen,
oder für irgend ein Glied der Familie eine Verdienſtmöglichkeit
geſucht wurde, wozu ja dieſer Teil als wertvolles
Orientie=
rungsmittel für ſie unerläßlich war. Die deutſche Frau hätte
auch damals ſchon keineswegs auf ihr „Leib= und Magenblatt”,
wie die Tageszeitung oft ſcherzhafter Weiſe genannt wird,
ver=
zichtet. Vielfach wurde auch, der energiſchen Forderung der
Hausfrau folgend, unbedingt jenes Blatt gehalten, das ſie in
den von ihr bevorzugten Sparten ſtändig voll und ganz
befrie=
digte.
Die aufpeitſchenden, uns alle tief erſchütternden und
not=
gedrungen wandelnden Kriegsjahre brachten dann eine vollſtän=
dige Umſtellung der deutſchen Frau gegenüber der Preſſe mit
ſich. Jetzt wurde dieſe plötzlich jenes wertvolle Inſtrument
für=
ſie, das, von ihr täglich mit Ungeduld erwartet, ihr jene
Melo=
die übermittelte, die ihr nun zum Leben unerläßlich erſchien. Sie
machte ſie jubeln und freuen und konnte ihre Stimmung bis
zur tiefſten Mutloſigkeit und Trauer herabdrücken. Sie wurde
ihr unentbehrlich, als getreuer Ratgeber in der Zeit der
Ratio=
nierung, als Warenknappheit und =mangel ſich mehr und mehr
bemerkbar machten. In ihr ſuchte und fand ſie Anregung und
Belehrung, auch mit knappſten Mitteln noch haushalten und,
was ungleich wichtiger war, ihre Familie ausreichend ſättigen
zu können.
In dieſer Zeit wurde die Preſſe das, was die deutſche
Frau heute an ihr nicht mehr miſſen möchte. Sie wurde zum.
Vermittler von Frau zu Frau, gleichzeitig aber auch zum
Binde=
glied zwiſchen den deutſchen Frauen von Oſt und Weſt, von
Süd und Nord. Im heiligen Eifer, einander zu helfen, im
unermüdlich befolgten, nie laut ausgeſprochenen Wahlſpruch;
„Eine für alle, alle für eine” getreu dem großen, erhebenden
und erhabenen Beiſpiel, das die Männer weit draußen im
Fein=
desland und Frauen daheim boten, umfaßte, dank der
Mitwir=
kung der Preſſe, dank ihrer unermüdlichen Kleinarbeit, die ſie
neben ihrer wichtigſten und größten Aufgabe: der Orientierung
der deutſchen Frau über die augenblickliche politiſche Lage, zu
erfüllen hatte, ein einigendes Band der Hilfsbereitſchaft die
geſamte deutſche Frauenwelt und machte das bisher ſchier
un=
möglich Erſcheinende möglich: Standes= und
Klaſſenunter=
ſchiede zu überbrücken und gleichſam nur eine einzige Familie,
zugleich Hilfsbedürftiger wie Helferinnen, aus ihr zu ſchaffen.
Jene Notzeit ging vorüber, eine neue brach an. Eine neue
Zeit, die zugleich der deutſchen Frau, der deutſchen Hausfrau
vor allem, eine neue Pflicht aufbürdete, die ſie in der Mehrzahl
keineswegs ſo freudig, wie ihr von den Spendern dieſes „
Ge=
ſchenkes” ſo überzeugend klar gemacht werden ſollte, als ſolches
zu werten vermochte: ſie erhielt das Stimmrecht und damit das
verantwortungsvolle, Mitbeſtimmungsrecht über Wohl und
Wehe des neuen Staates. Und wieder war es die Preſſe, die
ihr auch bei dieſer neuen Aufgabe, vor die ſie ſich plötzlich
ge=
ſtellt ſah, unermüdliche, verſtändnisvolle, führende und leitende
Beraterin wurde. Wieder mußte die deutſche Frau, vor allent
aber die Hausfrau, ihre innere Stellung zur Preſſe wandeln.
Jetzt trat dieſe nicht mehr wie bisher nur als nie verſagende
Freundin und Beraterin ihr zur Seite jetzt begann ſie guch als
fordernde, aufrüttelnde und Nachfolge heiſchende Führerin int
neue Beziehungen zu ihr zu treten. Wer vermöchte auch nur
annähernd zu ermeſſen, was die Preſſe in jenen Tagen,
vor Ausführung der erſten Wahlhandlung durch die Frau, der
einzelnen deutſchen Hausfrau, in den ach ſo eng gezogenen
Schranken ihrer Häuslichkeit an wertvollſtem Wiſſen von ihrer
eigenen Unentbehrlichkeit, von ihrer eigenen
Verantwort=
lichkeit gegenüber der Geſamtheit unſeres Volkes zu vermitteln
wußte. Wieviel Quellen neu erwachenden Verſtändniſſes für
die eigene Stellung gegenüber der Familie, wie gegenüber dem
Staat, die Preſſe bei der deutſchen Frauenwelt in dieſen
kriti=
ſchen, eine neue Zeiteboche heraufführenden Vorwochen der
er=
ſten Wahl, im neuen Deutſchland erſchloß?
Das aufgerüttelte nach allen Richtungen hin angeregte und
geweckte Intereſſe der deutſchen Frau, auch für politiſche
Fra=
gen, ließ ſie nun nicht mehr in jene Selbſtbegnügung= und
Beſchränkung zurückverfallen, in der ſie noch vor knapp einem
Jahrzehnt, nur von engſten Hausfrauenintereſſen umſponnen,
ihr Daſein verbrachte. Sie will und muß einmal aus ihrem
Dornröschenſchlaf hausfraulicher Unbekümmertheit gegenüber
allen volkswirtſchaftlichen Fragen geriſſen, nunmehr auch
fer=
nerhin an allen großen und wichtigen Lebens= und
Daſeins=
fragen der Geſamtheit unſeres Volkes teilnehmen. Und wieder
iſt es die Preſſe, die bei dieſem Streben unentbehrlich iſt.
Fortſchritt und Entwicklung auf allen wirtſchaftlichen
Ge=
bieten muß ſie ihr ebenſo ſtändig vor Augen führen, wie ſie ihr
in Berufsfragen treue Beraterin ſein ſollte. Daneben darf ſie,
ſoll ſie die deutſche Frau auch als Hausfrau voll befriedigen,
Ehe=, Geſundheits= Ernährungs= und Erziehungsfragen
eben=
ſowenig außer Acht laſſen, wie ihre frühere Aufgabe, die, ihr
bei der heutigen Verarmung unſeres Volkes auch fernerhin
treuer Berater in allen wirtſchaftlichen Nöten zu ſein. H. N.
*Die Frau im ſozialen Leben
Die entartete Amerikanerin. Amerikaniſche
Blät=
ter führen Klage über die fortſchreitende Entartung der Frauen,
die ſich dadurch zu erkennen gibt, daß die Zahl der jungen
Mäd=
chen und jungen Frauen, die ſich dem Verbrechen zuwenden, in
ſtändigem Wachſen begriffen iſt. Dieſe Frauen betätigen ſich nicht
nur als Einbrecher, ſie wenden ſich mehr und mehr auch denr
Straßenraub und dem Apachentum zu. In einem einzigen Jahr
hat man 50 000 junge Mädchen aus gutem Haufe gezählt, die ihr
Elternhaus heimlich verließen.
Das Bewußtſein, nun der einzige männliche Anwohner der
klei=
nen Lichtung zu ſein, gab ihm frühen Stolz und er ſtrebte hohen
Zielen entgegen, die ſein Vater nicht mehr erreicht hatte.
Bald wuchs er in die Höhe, blond, ſtark, leichten Schrittes,
der Mutter Stolz und Halt, der kleinen Schweſtern Hilfe und
Schutz!
Wenige Monate nach des Mannes Tode gebar die arme Frau
ein Zwillingspaar. Das brachte neue Not in die Einöde. Die
Frau war überbürdet mit Arbeit, und der Kummer zehrte an ihr
während die Zwillinge an ihrer Bruſt wehklagten. Adalhelm half.
ſoviel er vermochte. Die Zwillinge blieben am Leben, trotz aller
Not — doch die Mutter ſchwand dahin.
Es kam der trübe Morgen, an welchem die treue Mutter ihrer
kleinen Schar dahinſtarb. . .
Nun war der Knabe Adalhelm Herr der Siedlung und ſeinem
Schutze befohlen blieben die drei Mädchen und das Zwillingspaar!
Von den Mädchen mußte Gundel, mit zehn Jahren die älteſte,
die Zwillinge betreuen.
Adalhelm erkannte die Notwendigkeit, den Waldkreis
nun=
mehr auf einige Tage zu verlaſſen, um für ſeine Geſchwiſter
Un=
terkunft und Nahrung bei guten Leuten irgendwo draußen in der
Welt zu finden.
Sein Kinderſinn glaubte noch an alles Gute und Edele in
der Welt: er war ahnungslos über das, was ihn erwartete.
Zweimal kehrte der brave Knabe mit Gaben und guten
Nach=
richten zu den Geſchwiſtern im Walde zurück.
Ein drittes Mal — nimmermehr
Wochenlang wartete Gundel ſeiner — bis ſie wußte, daß der
gute, mutige Bruder ums Leben gekommen ſein mußte. Er
ſelbſt hatte vor allerlei Geſindel und Räubervolk berichtet, das
allerorten anzurreffen war. Unglücklicherweiſe hatte er auch ſein
Ziel, die Kleinen draußen in der Welt unterzubringen, nicht mehr
erreichen können.
Der furchtbare, dunkele Wald hütete nun fünf hilfloſe Kinder.
Sie konnten den Bruder nicht ſuchen gehen: die Furcht vor den
vielen drohenden Gefahren hielt ſie daheim feſt.
Die Kinder erhielten ihr Anweſen nach beſten Kräften.
Ein Jahr war ſeit des Bruders Tod vergangen. Gundel war
ein treues Hausmütterchen und Pflegerin der Kleinen.
Manch=
mal verzweifelte das ſchwache Kind an dieſem angſtvollen,
ſchwe=
ren Daſein, — oh, wie bald würde nun neues großes Leid zu
ihnen kommen!
Doch ſeltſam: ihr Leben im Waldkreiſe ging dennoch
er=
träglich weiter und die Kleinen gediehen ſogar recht erfreulich.
Oft war es Gundel, als ſtehe jemand helfend, ratend und
ſtützend an ihrer Seite — gerade in den ſchwerſten Stunden!
f
Als Gundel einmal gegen Sonnenuntergang mit Beeren vom
Waldrand heimkam, ſah ſie es gleich einem ſchlanken, lichten
Kna=
ben auf der Schwelle ihres Hüttleins ſtehen . . . als ſie aber
näher kam, war’s nur der letzte Sonnenſtrahl geweſen, der ſoeben
von der Schwelle forthuſchte.
Einige Male doch fand ſie ſchweres Tagewerk, welches ſie
zu=
rückgelaſſen, bereits getan.
Viele Mühe machte dem Kinde oft das Feueranzünden, da
durch die ſchon baufällige Hütte oftmals der Sturm blies — jetzt
aber brannte das Feuer meiſtens, wie von unſichtbarer Hand
ge=
ſchützt!
Als Gundel an einem Abend nach harter Arbeit die Leiter
zum oberen Stübchen hinaufſchlich, um die Kleinen zu Bette zu
bringen, da fand ſie dieſe ſchon ſorgſam gewaſchen, eingehüllt,
auf ihrem Lager. —
Zum anderen Male waren die Gemüſebeete im Frühling
ge=
jätet, umgegraben, in Furchen gezogen, und beſät — ſchon ſproſſen
die Pflänzlein heraus!
An mauch einem Sommerabend ſah Gunkel die nämliche helle
Geſtalt drüben am Waldrand ſitzen — deutlich meinte ſie das
Darmſtädter Tagblatt
Nr. 16, Sonnfag, 27. April 1924
*Der quergeſtreifte
Püiſſerock.
als Frühjahrsneuheit
Er wirkt unleugbar flott und
ſchick, der neue, quergeſtreifte
Pliſſerock. Seine kräftig gefärbten
Streifen auf zumeiſt ſchwarzen.
Grunde in römiſchem Geſchmack,
bringen die neuen Garniturknöpfe
von ziemlicher Größe, auf eigens
zur Garnitur beſtimmter
Quetſch=
falte äußerſt wirkungsvoll zur
Gel=
tung. Das moderne Pliſſe an
dieſen Röcken iſt in allen Breiten
vertreten. Das Neueſte iſt
Röhren=
pliſſee, das freilich nur dann von
ſtets gleich guter Wirkung bleibt,
wenn ſich ſeine Trägerin in ihm
uicht niederſetzt und dadurch die
wellige Fläche ungewollt glättet.
Sehr gern werden auch dieſe neuen
Pliſſeröcke tiefgegürteten,
gerad=
linigen Bluſenleibchen feſt
ange=
fügt. So ſahen wir ein äußerſt
apartes Modell dieſer Art, aus
quergeſtreiftem, ſchwarzgrundigem
Wollrips beſtehend, dem ein mit
der Hauptfarbe des Streifens,
einem ſatten Orange,
übereinſtim=
mendes Leibchen, mit ſeitlich tief
über die Hüfte verlängerten Ecken
aufgeſteckt war, das am
dreiviertel=
langen, mäßig weiten
Glocken=
ärmel, wie rechts und links auf
dem Vorderteil, mit einer breiten
Bordüre ausgeſtattet war, die, in
ſchwarzer Seide ausgeführt, nur
vereinzelt durch goldene und lila
ſeidene Knötchenſtickerei belebt
wurde; womit wieder ein feiner
Nadelſtreif am quergeſtreiften
Rocke wundervoll harmonierte.
Weiter erregte ein weißer
Pliſſe=
faltenrock, nur am unteren Rande
bordürenartig lila und ſchwarz
quergeſtreift, größtes Intereſſe, zu
dem eine zart lila Seidenbluſe
ge=
tragen wurde, deren ſämtliche
Nän=
der, ebenſo wie die ſchmale
ſeit=
liche Schleife rechts und links, jehr
ſchmal mit ſchwarzer Seidentreſſe. Tachsfarbiges Crepe de chine=Umhänge=Tuch
eingefaßt waren. Endlich darf eine „mſt grünen Franſen und bunter Handmalerei
bleiben, die, nur etwa 30
Zenti=
meter hoch, einen ſehr ſcharf
ge=
brannten ſchwarzen Seidenrock hervorſehen ließ, während ſie
Kniehöhe endeten, leuchtend blaue Seidenvolants als Garnitur ordnung und entzücken die Augen des Publikums.
beſaß, die in etwa 10 Zentimeter Abſtänden bogenartig nach
ſchwarze Seidenſchnur mit gelber Bernſteinperle und eine rot= eine große Rolle ſpielen.
blau zuſammengeſtellte lange Seidenquaſte engten bei tiefgeſetz=
Halsausſchnitt eine daumenbreite Einrollung von ſeidenglänzen=
Epa Maria.
dem Sealpelz abſchloß.
4Aus der Kinderſtube
Stellen mit warmem Waſſer und weichem Schwamm, beſſer kurz geſchnitten haben. Ich. will nicht behaupten, daß alle Frauen
kleines Sitzbad, mit dem Geſäß bis zu den Kniekehlen und der mit vollem Haar ſie gar nicht aufſetzen kann. Wenn die Frauen
Mitte des Rückens in einer tiefen Schüſſel mit warmem Waſſer, ſehen, daß ihr unbeſchnittener Haarſchmuck ihnen beim Aufſetzen
Schmerzes.
Die Don Juan=Falle
Zartlilafarbiges Crépe de chine=Umhänge=Tuch
mit weſnroten Franſen und bunterHandmalerei
lange Kaſſakbluſe nicht unerwähnt Die Wodelie sind von der Rirma Becker, Vornehme Blusen, Wilhelminenstrasse 17 nicht an die große Glocke hängen
ſelbſt, aus burgunderrotem Samt beſtehend, völlig geradlinig ſaiſon in den führenden Mode= und Wäſchegeſchäften wieder erhalten beſtändig Klagen von Frauen, die aber nicht
ge=
gehalten, am dreiviertellangen Aermel in Pagodenform, wie voll eingeſetzt. Ausgeſprochen vielfarbig ſind die modigen nannt ſein wollen.” Mrs. Hamilton meint, daß ſie ſtatt
am unteren Rande und den ſeitlichen Schlitzen, die etwa in Gegenſtände. Kühne Zuſammenſtellungen ſind an der Tages= 100 Frauen, die „für den Don Juan=Fang” ausgebildet ſind, 1000
oben gezogen und hier durch gelbſeidene, lange Zierſtiche feſt= ſo ſehr beliebten Umhänge=Tüchern, die aus Seide mit bunten keine Uniform, ſondern ſind ſehr elegant gekleidet und alle
bild=
gehalten wurden, ſo daß ſie wie abſtehende Bogen wirkten und Franſen hergeſtellt und mit Handmalerei verziert ſind. Dieſe hübſch, ſo daß ihnen der Don Juan leicht auf den Leim geht. Sie
dadurch die gerade Linie höchſt effektvoll unterbrachen. Eine Tücher werden in der kommenden Saiſon bei der Damenwelt, vermeiden zwar jedes kokette Benehmen, aber ſchon dunch ihr
ver=
ter Taillenlinie die Kaſſakbluſe nur mäßig ein, während den *Oie „letzte der Langhaarigen” ſchreitet. Iſt keiner in der Nähe, dann hilft ſich die Poliziſtin
Daily Expreß über die Zukunftsausſichten der Bubenkopffriſur Damen der Don Juan=Schwadron ſind ſämtlich im Jiu=Jitſu
Das Wundwerden der Säuglinge Ein Haupt= Bild bieten, wie es heute ein Mann mit langwallenden Locken ſich, mit der ſie dem Don Juan, der die Flucht ergreifen will, eine
grund des Unruhigſeins oder gar des Schreiens der Säug= darſtellt. Es gab ja auch eine Zeit, wo die Männer lange Haare ſo deutliche Schmarre beibringen, daß er ſofort wiederzuerkennen
linge iſt die wundgewordene Haut. Die häufigſte Urſache der= hatten oder, wenn ſie über dieſen Kopfſchmuck nicht verfügten, iſt. Mrs. Hamilton empfiehlt allen Damen, eine ſolche Hutnadel
ſelben iſt naturgemäß längeres Verweilen in durchnäßten oder ſich rieſige Perücken aufs Haupt ſtülpten. Heute iſt ein lang= bei ſich zu tragen, um die Herren ſofort zu „zeichnen”.
beſchmutzten Windeln, dann aber auch überzarte Haut und die haariger Herr eine Unmöglichkeit: Muſiker und Künſtler ſind
Blutleere derſelben bei blutarmen Kindern. Damit ſoll durch= exotiſche Ausnahmen, die nicht mitzählen. Ganz ſo unmöglich 4 Der zeiigiemäße Haushalt
aus nicht geſagt ſein, daß nicht gut entwickelte, rundliche Säug= wird in zehn Jahren die langhaarige Dame ſein. Schon jetzt
linge mit ſtraffer Haut und prallen Gliedern in den dadurch haben 45 Prozent aller gut angezogenen Frauen in Neu=York
entſtehenden Hautfalten ebenfalls leicht wund werden können, entweder kurzes Haar oder ſie tragen eine Perücke, die den vor= grobe Graupen kocht man mit reichlich ungeſalzenem Waſſer und
namentlich dann, wenn dieſe beim täglichen Waſchen oder Baden ſchriftsmäßigen Bubenkopf wenigſtens vortäuſcht. Wenn die einer Zwiebel weich und ſämig, ſchmeckt ſie mit Zitronenſaft und
nicht gründlich von den täglichen Ausſcheidungen gereinigt wer= Entwickelung ſo weiter geht, ſo werden in den nächſten zwei Mo= Zucker ſüß=ſauer ab, fügt etwas friſche Butter bei und zuletzt die
den. Neben ſorgſamem, recht vorſichtigem Waſchen der wunden naten 75 Prozent aller eleganten Damen Neu=Yorks ihr Haar inzwiſchen weichgedünſteten Backpflaumen.
auch noch Watte, heilt dieſe Stellen gründliches Einfetten mit ſich ihr Haar ſofort kurz ſcheeren laſſen, viele von ihnen laſſen
Lanolin oder Mandelöl. Bilden ſich die wunden Stellen am ſich ihr Haar nur dünner ſchneiden, um ſich eine moderne Friſur ſchnitzel, Grießſpeiſe.
Geſäß, dann ſchützt man ſie vor der ſcharfen Ausſcheidung durch machen laſſen zu können. Zu dieſer Verdünnung, der Haare
Auflegen feuchter Watte, und bei großem Schmerz bringt ein, zwingen ſie ſchon die neuen Hüte, die ſo eng ſind, daß eine Dame
verabreicht, raſch Beruhigung und die erhoffte Linderung des der Hüte und bei der Friſur hinderlich iſt, dann verlieren ſie die
K I. Geduld und unterwerfen ſich der Schere des Friſeurs.
Der Verſuch, eine junge Dame
auf der Straße anzuſprechen, der
bei uns nicht ſelten gelingen ſoll
und jedenfalls meiſt ungefährlich
iſt, wird in Neu=York jetzt zu
einem Unternehmen, das ſich jeder
Don Juan vorher recht reiflich
überlegen muß. Die Neu=Yorker
Polizei hat nämlich, wie
ameri=
kaniſche Blätter triumphierend
be=
richten, eine Organiſation
geſchaf=
fen, die man als eine regelrechte
Don Juan=Falle” bezeichnen kann
Die Strategin dieſes Feldzuges
gegen alle „anſchlußbedürſtigen”
Herren iſt der erſte und einzige
weibliche Polizeiinſpektor Neu=
Yorks, Mrs. Mary Hamilton, die
die Aufgabe erhalten hat, für die
Ruhe und Sicherheit der Damen,
die in den Neu=Yorker Straßen
allein daherwandeln, zu ſorgen.
Ihr genügt es nicht, daß jede Neu=
Yorkerin die Möglichkeit hat wenn
ſie von einem Manne angeſprochen
oder beläſtigt wird, fofort den
näch=
ſten Poliziſten herbeizurufen und
ſeine Verhaftung zu veranlaſſen.
Auch in der amerikaniſchen
Welt=
ſtadt ſind ja die „Blauen” nicht in
jedem Augenblick zur Hand, und
vor allem laſſen ſich die Damen in
einer ſehr begreiflichen Scheu
da=
von zurückhalten, gleich immer das
Auge des Geſetzes” zu bemühen,
wenn jemand ein alzu keckes Auge
auf ſie geworfen hat. Aus dieſem
Grunde hat Mrs. Hamilton eine
ſog. „Don Juan=
Schwa=
dron” ins Leben gerufen,
näm=
lich hundert elegant gekleidete
Po=
liziſtinnen aufgeſtellt, die die Jagd
auf die liebebedürftige Herrenwelt
betreiben und die Don Juans
regelrecht in die Falle locken. Der
Grund für die Aufſtellung der Don
Juan=Schwadron,” erklärt die
Po=
lizeiinſpektorin, „liegt darin, daß
die Frauen in allen großen
Städten immer mehr unter
Män=
nern zu leiden haben, die ſich
Goldfarbiges Crepe de chine Amhänge=Tuch ihnen auf der Straße nähern und
mit ſchwarzen Franſen und bunterHandmalerei ſie anſprechen. Da ſie die Sache
wollen, ſo entgehen die Don
Juans in 90 Prozent aller Fälle
Der tägliche Wettbewerb hat mit Beginn der Frühjahrs= der Beſtrafung, und die Frauen leiden im Stillen. Wir
haben müßte, und daß man in anderen Großſtädten ihrem Bei=
Wir geben heute unſeren Leſern drei Abbildungen von den jetzt ſpiel folge. Die Angehörigen der „Don Juan=Schwadron” tragen
führeriſches Aeußere dienen ſie als Falle, und wenn ein Herr auf
ſie „hereinfällt”, ſo laſſen ſie ſofort einen ſchrillen Pfiff aus ihrer
Polizeipfeife ertönen, worauf der nächſte Poliziſt zur Verhaftung
„In zehn Jahren wird es keine langhaarige Frau mehr ſelbſt. Mit einem geſchickten Jiu=Jitſu=Griff legt ſie den Don
geben,”, ſo verkündet kühn ein Londoner Damenfriſeur, den der Juan glatt auf den Boden und verhaftet ihn eigenhändig. Die
befragt hat. „Langhaarige Frauen werden ein ſo ungewohntes ausgebildet und tragen auch ſtets eine lange ſcharfe Hutnadel bei
Graupen mit gebackenen Pflaumen. Ganze
Speiſezettel:
Sonntag: Nudelſuppe, Blumenkohlgemüſe mit Schweins=
Monntag: Thüringer Milchkohlrabi mit Semmelklößchen.
Dienstag: Graupen mit gebackenen Pflaumen.
Mittwoch: Weiße Bohnen mit gebr. Speck und Zwiebeln.
Donnerstag: Reis mit Peterſilie und Schwarzfleiſch.
Freitag: Kartoffelſalat mit Rapunzchen und geb. Seelachs.
Samstag: Selleriekartoffeln.
Hmmmmmmmmm
Und bald darauf lag duſtig lockeres Heu umher!
Wiederholt ſchritt die lichte Erſcheinung vor ihr die Leiter
hinan — oder ſie war neben ihr und ſtellte Schemel und Näpfe
zum Mahle zurecht. Immer, wvo die Sonne kam und giug ſchien
auch jener zu kommen — und zu verſchwinden.
Gundel war ſtill beglückt — alle Arbeit wurde ihr jetzt ſo
leicht. . . . Ihr Leben war ein linder Traum geworden.
Die Geſchwiſter ſahen und erfuhren nichts von alledem —
ſie nahmen nur wahr, daß die älteſte Schweſter von einer
zeit=
weilig erſtaunlichen Arbeitsfreude war, und daß es dann immer
wie lichter Abglanz auf ihrer Stirne lag, wiewohl ſie leidend und
geiſtesabweſend ſchien.
Die Kleinen gediehen auch weiterhin. —
Gundel reifte allgemach zur Jungfrau heran. Neue ſeltſame
Empfindungen erfüllten ihr Herz in den kurzen Ruheſtunden. Nie
geahnte Sehuſucht hob ihre zarte Bruſt — dann aber ſchien die
lichte Erſcheinung weit, weit entfernt zu ſein. . ..
War ſie da, ſo trachtete ſie, ihn genauer zu erkennen — und
auch da ſchwand er ſogleich.
In einer hellen einſamen Sommerabendſtunde, als alle
Ge=
ſchwiſter ſchliefen, ward ihr mit hellſeheriſcher Deutlichkeit inne,
daß jener kein anderer war, als ihr verſtorbener, Bruder
Adalhelm.
Wäre der am Leben geblieben, ſo wäre er nun zwanzig Jahre
alt — und ſo erſchien ihr auch jener. Sein Haar ſchien goldgelb
wie Licht, gleich dem Adalhelms.
Gundel, glückſelig in dieſer Erkenutnis, verſtummte mehr und
mehr. Daneben war es ihr auch, als lebte ein neues Zweites in
ihr auf: die Sehnſucht nach Mannesliebe — die jenen immer zu
verdrängen ſchien.
Schmerzlich war es ihr auch, daß Adalheim ihr nicht mehr zu
ſeinen Lebzeiten den Weg aus dem Walde hatte weiſen können.
Würde es der lichte Helfer tuns
Die Zeit kam herau.
Mit achtzehn Jahren war Gundel wie eine blaſſe,
windzer=
zauſte Heckenroſe erblüht und ihr Sinn wandte ſich oft mit ſtar=
kem Verlangen der Welt da draußen zu. Der lichte Helfer ſchwieg
hierzu.
In einer anderen Nacht aber kam er und wies dem treuen
Mädchen den Weg aus dem Walde hinaus.
In Träumen erhob ſie ſich — folgte ihm, genau aufmerkend,
welche Pfade er wählte. Der Wald tat ſich vor ihnen
auseinan=
der. Sie wanderten — wanderten, bis die Welt im Morgenlicht
offen vor ihnen lag.—
Wares ein Traumgeweſen?. Am Morgen fand ſie
ſich in ihrem ſchmalen Bettlein — den Weg aus der Wildnis
aber, den wußte ſie jetzt — und ſie wollte ihn mit den
Geſchwi=
ſtern gehen!
Nun war der Wald zu Ende — und die Außenwelt lag in
voller Wirklichkeit vor ihnen. Gundel ſchwindelte es und ſie ſank
an einem Kreuzweg in Schlaf.
Als ſie erwachte, ſtand ein Fremder vor ihr, doch kein
Sche=
men, kein Lichtgebilde, ſondern ein friſcher handfeſter Jüngling!
Lange Zeit hatte er im Anblick des ſchlafenden Mädchens
ge=
ſtanden. Nun bot er ihr und den Kleinen ſeine Hilfe, und ſie
fühlte; ſie mußte ſie annehmen.
Nun zog der junge Ritter ſeines Weges weiter und ſeinem
Schutze befohlen waren Gundula und die kleinen Geſchwiſter.
Seitdem der junge Ritter neben ihr ging, war der lichte
Hel=
fer verſchwunden.
Und er bliebverſchwunden; er kam nicht mehr. Sein
Zweck war erreicht, ſeinen Geſchwiſtern in einſamer Waldesnacht
Helfer und Berater zu bleiben, bis ſie den Ausweg in die Welt
gefunden und bei guten Menſchen Brot und Obdach empfangen
hätten.
Der junge Ritter aber führte die armen Waiſen auf ſeines
Vaters Burg, wo man ſie willkommen hieß.
Bald darauf nahm der junge lebeusfriſche Ritter die zarte
blaſſe Gundula zum Weibe — ihre Wangen erblühten, ihre
Sehn=
ſucht ward ſtille, alle Not war verſtummt — und der treue
Bruder erſchien nicht, wieder, da ſeine Aufgabe auf
Erden erfüllt war.
*Das Haus der Irren
Von Emmy Bekker.
Draußen, weit vor der Stadt, liegt es ſtill und verlaſſen.
Ein einſamer Feldweg führt durch eintöniges Ackerland dorthin.
Doch ſchön liegt das ſtattlich, freundliche Haus mitten in einem
großen, herrlichen Park. Du wirfſt einen Blick darauf durch Gitter
und Bäume hindurch und denkſt, wie ſchön muß es da ſein, dort
muß der Friede wohnen. Doch noch einmal ſiehſt du hin, ſchärfer
und genauer. Weit öffnen ſich deine Augen vor Entſetzen; Gitter
vor Fenſter und Balkonen. Wie ein elektriſcher Funke zuckt es
durch dein Hirn: das Haus der Irren. Dein Ohr ſchärft ſich.
Ein Schrei hallt durch die Stille in unſagbarer Qual. Du horchſt
mit angehaltenem Atem, mit klopfendem Herzen. Doch nichts
mehr, alles ſtill. Du atmeſt auf. Doch da, was iſt es? Du zuckſt
zuſammen. Ein gellendes Gelächter, gräßlich, wie noch nie gehört.
Dich ſchüttelt’s wie in Fieberſchauern. Deine Hand greift nach
dem Gitter. Du ſiehſt ſie kommen, alle, die da drinnen. Sie ziehen
an dir vorüber, ein endloſer Zug: Männer, Frauen, Kinder mit
angſtverzerrten Zügen. Bleich hohl. Die Qual in den Augen,
Verzweiflung ihr Gang. Weit iſt das Tor geöffnet. Sie ſtrömen
hinein, immer weiter, weiter. Dein Blick iſt gebannt auf den
Zug.— Gott ſei Dank, er nimmt ein Ende. Der Letzte ging
hin=
durch. Krachend ſchlägt das Tor zu. Alles drinnen. Gemieden,
verlaſſen. Ein furchtbares Reich in troſtloſer Einſamkeit. Doch
du biſt noch draußen! Du ſchlägſt dich an die Bruſt. „Frei, frei!”
ſchreiſt du, und wie von Furien gehetzt, jagſt du hinweg. Nur
fort, fort! Keuchend geht dein Atem, Schweiß ſteht auf deiner
Stirn. Nur fort, fort! Weiter — — — weiter, und dann wirſt
du ruhiger. Das Haus iſt nicht mehr zu ſehen. Nun kannſt du
ſtehen bleiben. Du ſiehſt dich um. Sie kommen nicht. Du wiſchſt
den Schweiß von der Stirn. Deine Gedanken kehren zurück. Du
eriunerſt dich au vieles, an das du lauge uicht gedacht haſt, und
dir fällt vielleicht auch ein, daß auch du einmal au einen Gott
geglaubt haſt. Sicher, in dieſer Stunde ſpürſt du Gott, auch
dann, wenn einſtmals deine Lippen ſprachen: „Ich glaube nicht.”
Nummer II7.
O5
Darmſtädter Dagblatt. Sonntag, den 27. April 1924.
eite 13.
Die Verlobung meiner einzigen
Tochter Eliſabeth mit Hrn. O. C. H.
von dem Haagen zeige ich
hier=
mit an.
Darmſtadt,
April 1924.
Hannober,
Baron Erich von Helmolt=
Holtenſen.
Meine Verlobung mit Baroneſſe
Eliſabeth von Helmolt=Holtenſen,
einzige Tochter des Herrn Baron
Erich von Helmolt=Holtenſen und
ſeiner verſt. Gemahlin Thea, geb.
Freiin von Gahl, beehre ich mich
hiermit anzuzeigen.
Hannober, April 1924.
O. C. H. von dem Haagen.
I. Bln.5428
Elli Sahmn
Karl Schroff
VERLOBTE
Darmstadt
Mannheim
Rheinstr. 16
28. April 1924
(*12051
Todes=Anzeige.
Unſere innigſtgeliebte,
treu=
ſorgende Mutter
Frau
geb. Heil
wurde heute von ihrem langen,
ſchweren Leiden durch einen
ſanften Tod erlöſt.
Darmſtadt, den 25. April 1924.
Kiesſtraße 47.
Die tieftrauernden Kinder:
Wilhelm Kirchmann
Line Bergſträßer, geb. Kirchmann
Eliſabeth u. Friedel Kirchmann
Ludwig Bergſträßer.
Die Beerdigung findet Montag,
den 28. April, nachm. 3 Uhr, auf
dem Waldfriedhof ſtatt. (*12095
Todes=Anzeige.
Gott dem Allmächtigen hat es
gefallen, unſere treubeſorgte,
her=
zensgute, liebe Mutter, Schweſter,
Schwägerin, Tante, Großmutter
und Schwiegermutter
Frau
Anna Herzberger Bitwe
geb. Mosberger
nach kurzem, ſchwerem Leiden im
53. Lebensjahre zu ſich zu rufen.
Im Namen aller
tieftrauernden Hinterbliebenen:
Die Kinder.
Darmſtadt, 25. April 1924.
Gardiſtenſtr. 19.
Die Beerdigung findet Montag,
den 28. April, nachmitt. 2½ Uhr.
vom Portale des Waldfriedhofes
aus ſtatt. (*12094
Statt beſonderer Nachricht.
Heute abend entſchlief ſanſt
und ruhig unſere liebe, gute
Mutter, Schwiegermutter und
Großmatter
Frau
Eliſe PogelWwe.
geb. Eberts
nach zweitägigem Krankſein im
Alter von 72 Jahren, treuſorgend
für ihre Familie bis in die
letz=
ten Stunden.
Für die trauernd. Hinterbliebenen:
W. Vogel, Rechtsanwalt.
Dleburg, den 24. April 1924.
Die Beerdigung findet Sonntag,
den 27. April 1924, nachmittags
3 Uhr, vom Sterbehaus, Kloſter=
(5406
ſtraße 30, aus ſtatt.
Dankſagung.
Für die vielen Beweiſe herzlicher
Teilnahme beim Heimgange unſeres
lieben Entſchlafenen, ſagen wir Herrn
Pfarrer Weigel für ſeine troſtreichen
Worte am Grabe, dem Geſangverein,
Kirchenvorſtand und Ortsvorſtand für
die Anteilnahme herzl. Dank. (*12056
Ph. Krämer
Eliſe Krämer, geb. Bembacher.
Waſchenbach, den 24. April 1924
Todes=Anzeige.
Unſere geliebte Mutter,
Schwie=
germutter und Großmutter
Margarete Eiſenhauer
Wwe., geb. Reinhard
iſt heute im 78. Lebensjahre ſanft
entſchlafen.
Darmſtadt, den 26. April 1924.
Darmſtraße 39.
Die tieftrauernden Hinterdlledenen
Marie Eiſenhauer
Eleonore Eiſenhauer
Bernhard Eiſenhauer u. Famille
Franz Eiſenhauer u. Familie.
Die Beerdigung findet Dienstag,
den 29. April 1924, nachm. 3 Uhr,
vom Portale des Friedhofs Nied.-
Ramſtädterſtr. aus ſtatt. (5440
Dankſagung.
Für die vielen Beweiſe herzlicher
Teilnahme und Kranzſpenden beim
Heimgang unſeres lieben Entſchlafenen
ſagen wir auf dieſem Wege unſeren
(*12128
innigſten Dank.
Frau M. v. d. Au, geb. Schaub.
Darmſtadt, Gardiſtenſtr. 21.
Dankſagung.
Für Beweiſe herzlicher Teilnahme
beim Tode unſeres Lieben, nun in
Gott Ruhenden, auf dieſem Wege
(*12136
herzlichen Dank.
Frau Marg. Lehmann Bwe.
Dankſagung.
Für die zahlreichen Beweiſe
auf=
richtiger Teilnahme anläßlich des
ſchwe=
ren Verluſtes, der uns betroffen, ſage
ich zugleich im Namen meiner
Ange=
hörigen auf dieſem Wege herzlichen
(5437
Dank.
Frau Oberfinanzrat Dr. V. Würth.
Darmſtadt, den 25. April 1924,
Trauer=Anzeige.
Im blühendſten Alter verſchied heute der Angeſtellte
meiner Firma
Herr Heinrich Werkmann
Sein Heimgang berührt mich aufs ſchmerzlichſte. Ich
verliere in dem Hingeſchiedenen einen ſtrebſamen und
vorbildlichen Mitarbeiter, dem ich alle Zeit ein ehrendes
Gedenken bewahren werde.
(5449
Darmſtadt, den 26. April 1924.
Hof=Möbelfabrik J. Glückert.
Todes=Anzeige.
Am 25. d. M., vorm. 8 Uhr, wurde meine
liebe, gute Frau, unſere treuſorgende, geliebte
Mutter, Tochter, Schweſter u. Schwiegertochter
Frau Annn Hamacher
geb. Stoffer
im nahezu vollendeten 31. Lebensjahre von
ihrem ſchweren Teiden erlöſt.
Im Namen der trauernden Hinterbliebenen:
W. Heinz Hamacher.
Darmſtadt, den 25. April 1924.
Hügelſtraße 65, I.
Die Beerdigung findet am 28. April (Montag), nachm.
3 Uhr, vom Portale des Friedhofes an der Nieder=
Ramſtädter Straße aus ſtatt. (*12081
Todes=Anzeige.
Heute morgen durfte nach kurzem
Kranken=
lager unſere liebe, gute Tante
Marie Groß
heimgehen in die ewige Heimat im 72. Cebensjahre.
Im Namen der krauernden Hinterbliebenen:
Dr. Karl v. Stockhauſen.
Darmſiadt, den 25. April 1924. (12064
Einſegnung Sonntag nachm. /,3 Uhr im Eliſabethenſtift.
Beerdigung Montag nachm. /,4 Uhr auf dem alten Friedhof.
dankt herzlichſt
Dankfagung.
Für alle Liebe und Aufmerkſamkeit
Frau Philippine Alt und Kinder
Dieburgerſtraße 16.
Geiegenzeits-
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1 Benz
off. 6 sitz. 16/40 PS
1 Presto
do. 9/25 PS
2 Fafag
2sitzer 4/20 PS
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Einträge in das Handelsregiſter B:
Am 16. April 1924: Haus= u.
Sport=
ſchuhfabrik, Aktiengeſellſchaft,
Darm=
ſtadt: Die Prokura des Emil Blum iſt
erloſchen; am 19. April 1924: Wehner
&e Fahr, Aktiengeſellſchaft,
Darm=
ſtadt: Walter Wehner in Darmſtadt
iſt verſtorben und als
Vorſtandsmit=
glied ausgeſchieden. Kaufmann Franz
Buchert in Darmſtadt iſt zum
Pro=
kuriſten beſtellt derart, daß er in
Ge=
meinſchaft mit einem
Vorſtandsmit=
glied zur Vertretung der Geſellſchaft
be=
rechtigt iſt; am 23. April 1924: a)
Süd=
deutſches Dentalhaus,
Aktiengeſell=
ſchaft, Darmſtadt: Kurt Schreiber iſt
als Vorſtandsmitglied ausgeſchieden.
Kaufmann Oskar Lauck in Darmſtadt iſt
zum Prokuriſten beſtellt in der Weiſe,
daß er in Gemeinſchaft mit einem
Vor=
ſtandsmitglied zur Vertretung der
Ge=
ſellſchaft befugt iſt; br Hannoverſche
Verwaltungs= und Treuhand=
Ak=
tiengeſellſchaft, Darmſtadt: Carl Keim
ſt als Vorſtandsmitglied ausgeſchieden.
Das Vorſtandsmitglied Joſef Leibfritz
wohnt jetzt in Darmſtadt; am 24. April
1924: Eiſenbau Donges, Geſellſchaft
mit beſchränkter Haftung,
Darm=
ſtadt: Die Prokura des Philipp
Vier=
heller iſt erloſchen.
(5430
Darmſtadt, den 25. April 1924.
Amtsgericht Darmſtadt I.
Einträge in das Handelsregiſter 4:
Neue Firmen: Am 19. April 1924:
Bahn=
hofshotel Emanuel Friebis,
Darm=
ſtadt. Inhaber: Kaufmann Emannel
Friebis, Darmſtadt; Fritz Habermehl,
Darmſtadt. Inhaber: Kaufmann Fritz
Habermehl in Darmſtadt. Fritz
Haber=
mehl Ehefrau, Elſe, geborene Kugel in
Darmſtadt, iſt zur Prokuriſtin beſtellt.
Angegebener Geſchäftszweig:
Kolvnial=
waren= und Delikateſſengeſchäft ſowie
Handel mit Spirituoſen, Tabak und
Zi=
garren; Erſte Darmſtädter
Karoſſe=
riewerke Georg Autenrieth,
Darm=
ſtadt. Inhaber: Georg Autenrieth,
Fa=
brikant in Darmſtadt. Georg Autenrieth
Ehefrau, Marie, geborene Bender in
Darmſtadt, iſt zur Prokuriſtin beſtellt.
Angegebener Geſchäftszweig: Herſtellung
von Karoſſerien und verwandter Artikel
und Handel mit Kraftfahrzeugen.
Fir=
menlöſchungen: Am 16. April 1924:
a) Wilhelm Bücking, Darmſtadt; b)
Darmſtädter Kunſtſigurenfabrik,
Wilhelm Sieberling, Darmſtadt; o)
Wilhelm Sieberling, Darmſtadt; d)
Rudolf Wolff, Darmſtadt; am 19. April
1924: Engelbert Heim, Darmſtadt.
Darmſtadt, den 22. April 1924. (5381
Amtsgericht Darmſtadt I.
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D u. Madenwürmer
entziehen dem Körper die beſten
Säfte, der Menſch wird blutarm
nervös, elend und ſchlapp.
Bleich=
ſüchtige und butarme Frauen und
Mädch.,Magen=u. Weißflußleidende
ſowie nervöſe Perſonen uſw. leiden
in den meiſten Fällen an
Eingeweide=
würmern, erkennen aber ihre
Krank=
heit nicht. Heute bedarfjeder ſo teuren
Lebensmittel für ſich u. dürf, dieſe nicht
von d. Würmern geraubt werd, Ausk.
koſtenl. (Rückporto), Langj. Spezial.
Keine Hungerkur! (IV.3249
Wurm=Rofe, Hamburg 11a. 586.
Darmſtädter Tagblatt
27. April 1924 Nr. 117
DonderDrt
Der Ausweg aus dem Labhrinth.
(Von unſerem Sonderberichterſtatter im Ruhrgebiet.)
Der kritiſche 15. April iſt überwunden. Nach ſchwierigen
Verhand=
lungen ſind die Micum=Verträge bis zum 15. Juni längſtens erneuert
worden, nicht ohne daß — unter dem Einfluß des Sachverſtändigen=
Gutachten — die Micum einige Erleichterungen zugeſtanden hätte. Sie
ſind an ſich nicht bedeutend, immerhin aber laſſen ſie erkennen, daß eine
Atmoſphäre der Entſpannung eingeleitet iſt. Zwar bleibt es bei der
koſtenloſen Abgabe von 27 Prozent der Nutzförderung der Zechen, dock
ſteht zu erwarten, daß gemäß dem Sachverſtändigengutachten dieſe Laſt
dem Reiche aufgebürdet wird. Sobald das Reich die Reparationskohlen
bezahlt, kann einerſeits die dringend wünſchenswerte weitere
Herab=
ſetzung der Kohlenpreiſe erfolgen, wodurch das Reich wie die geſamte
deutſche Wirtſchaft neue Anreize empfängt, kann aber auch andererſeits
die ebenſo gebotene Aufbeſſerung der Bergarbeiterlöhne erfolgen. Die
von den Zechen zu zahlende rückſtändige Kohlenſteuer für 1923 iſt auf
fünfzehn Millionen Dollar feſtgeſetzt, alſo um zwei Millionen Dollau
ermaßigt worden.
Auch die Eiſeninduſtrie hat einige Erleichterungen zu verbuchen.
Sie beziehen ſich auf die Nohſtoffeinfuhr und auf die Ausfuhr fertiger
Erzeugniſſe. Die Abgabe für die Ausfuhr, die im März von vier Achtel
des deutſchen Zolltarifs, je nach Höhe der Ausfuhr, auf acht Achtel erhöht
worden war, iſt wieder auf vier Achtel herabgeſetzt. Bisher hielten die
Franzoſen daran feſt, daß das Ausfuhrkontingent nicht höher ſein dürfe
als im gleichen Zeitraum 1922, es ſollte ein „ſoziales Dumping” (durch
Verlängerung der Arbeitszeit, Herabſetzung der Arbeitslöhne) ver
mieden werden. In den neuen proviforiſchen Verträgen iſt vereinbart,
daß das Ausfuhrkontingent im gleichen Maße ſteigt wie die Zahl der
Arbeiter ſich vermehrt gegenüber 1922. Das iſt von großer Bedeutung.
Iſt beiſpielsweiſe bei einem Werke die Arbeiterzahl gegenüber 1922
um zehn Prozent geſtiegen, ſo erhöht ſich auch das Ausfuhrkontingent
um 10 Prozent.
Die prinzipielle Annahme des Sachverſtändigengutachtens durch die
deutſche Reichsregierung und die Verlängerung der Micumverträge
(wodurch neue, für den Ernſtfall ins Auge gefaßte Gewaltmaßnahmen
der Beſatzungsmächte hinfällig wurden) hat dazu beigetragen, die
Kredit=
not der Montaninduſtrie abzuſchwächen. Das iſt von großer Bedeutung
für die Proſperität der Ruhrinduſtrie. Der gewaltige Kapitalmangel,
der hohe Zinsfuß geſtatteten es ihr nicht, längere Zahlungsfriſten den
Abnehmern zu bewilligen. Dadurch wurde der Wettbewerb mit dem
kapitalſtärkeren Ausland ungemein erſchwert. Nun, nach Entſpannung
der Lage, bietet ſich engliſches und holländiſches Kapital zu erträglichen
Bedingungen den Ruhrinduſtriellen an. Durch dieſe Kapitalbefruchtung
wird die Induſtrie in die Lage verſetzt, den Beſchäftigungsgrad zu
ver=
ſtärken. Die Zahl der Erwerbsloſen hat ſich verringert, iſt aber immer
noch ziemlich bedeutend. Verhältnismäßig am geringſten iſt die Zahl
der arbeitsloſen Bergarbeiter, da die meiſten Bergwerke wieder in
Voll=
betrieb ſind und eine große Zahl fremder, in den letzten Jahren
zuge=
ogener Arbeiter wieder in die Heimat zurückgewandert iſt. Es werden
zur Zeit rund 460 000 Bergleute im Ruhrgebiet beſchäftigt gegenüber
560 000 im Jahre 1922/23. Die arbeitsloſen Knappen ſchätzt man auf
etwa 50 000. In der Eiſen= und Maſchineninduſtrie hebt ſich auch der
Beſchäftigungsgrad. Das Baugewerbe liegt noch völlig darnieder, es
ſoll aber alles getan werden, um dieſes Schlüſſelgewerbe in vollen Gang
zu bringen. Optimiſten nehmen an, daß in zwei bis drei Monaten die
Arbeitsloſigkeit völlig überwunden iſt.
Wirtſchaftliche Rundſchau.
wb. Der Ausweis der Reichsbank vom 15. April läßt
in der Verlangſamung der Anlagevermehrung die Wirkung der in der
Berichtswoche aufgenommenen Kreditreſtriktionsmaßnahmen erkennen.
Die geſamte Kapitalanlage nahm um 31,6 (gegen 88,8 in der Vorwoche)
auf 2031,5 Trillionen Mark zu. Die Zuname iſt im weſentlichen auf die
Erteilung beſonders dringender landwirtſchaftlicher Kredite
zurückzu=
führen, die bereits in den Vorwochen nach ſorgfältiger Prüfung den
Kreditſuchern zugeſagt waren. Im einzelnen ſtieg der Portefeuillebeſtand
an Papiermarkwechſeln um 25,8 auf 736,3 Trillionen Mark, an
Renten=
markwechfeln um 7,2 auf 1163,9 Millionen Rentenmark. Die
Renten=
marklombardforderungen erhöhten ſich geringfügig um 0,1 auf 108,1
Millionen Rentenmark, das Papiermarklombardkonto ging weiter um
1,6 auf 22,6 Trillionen Mark zurück. Der Anlagevermehrung ſteht auf
der Paſſivſeite eine Zunahme der fremden Gelder um 36,4 auf 850
Tril=
lionen Mark gegenüber. Gleichzeitig weiſt der Banknotenumlauf eine
neue Verminderung um 5,4 auf 678,3 Trillionen Mark auf. Da der
Umlauf an Rentenbankſcheinen nach den Bewegungen bei der Reichsbank
eine kleine Erhöhung um 3,2 auf rund 1726 Millionen Nentenmarl
zeigt, ſo ergibt ſich für den Umlauf an Reichsbanknoten und Renten
bankſcheinen zuſammen eine Abnahme von 2,2 Millionen Goldmark.
Ueberdies iſt der Umlauf an Notgeld nach den vorliegenden Meldungen
beträchtlich, nämkich um etwa 85 Millionen Goldmark, zurückgegangen.
Der Beſtand der Bank an Rentenbankſcheinen weiſt, entſprechend der
erwähnten Umlaufserhöhung „eine Abnahme um 3,2 auf 260 Millionen
Rentenmark auf. Das Darlehen bei der Reichsbank änderte ſich während
der Berichtswoche nicht. Die Ausleihungen der Darlehnskaſſen wurden
weiter um 0,5 auf 2 Trillionen Mark abgetragen. Demgemäß vermin=
derten ſich die Beſtände der Bank an Darlehnskaſſenſcheinen auf den
gleichen Betrag. Der Goldbeſtand iſt insgeſamt um 5,1 auf 459,8
Mil=
lionen Goldmark zurückgegangen, und zwar hat der in den Kaſſen der
Bank ſelbſt befindliche Teil des Goldbeſtandes infolge weiterer
Zuwei=
ſungen von Goldbeträgen aus Ablieferungen auf Grund der
Verord=
nung vom 25. Auguſt 1923 um 32000 Mk. auf 443,7 Millionen Mk.
zugenommen, dagegen verminderte ſich das unbelaſtete Golddepot im
Auslande um „5109 Millionen Mark auf 16,1 Millionen Goldmark. Die
Verminderung ſteht im Zuſammenhange mit der Einzahlung der
Reichs=
bank, auf die von ihr übernommenen 5 Millionen Mark Aktien der
deutſchen Golddiskontbank. Die ausgewieſene Vermehrung des
Metall=
beſtandes um 964 500 Billionen Mark betrifft die Ablieferung der erſten
Prägeergebniſſe der neuen Reichsſilbermünzen.
Warenmärkte
* Von den ſüddeutſchen Waren= und
Produkten=
märkten. Das Geſchäft an den ſüddeutſchen Märkten ſtand nach den
Feiertagen vollſtändig unter dem Einfluß der Geldknappheit bzw. der
Zurückhaltung der Banken, beſonders in der Annahme von Akzepten.
Unter dieſen Umſtänden konnte ſich ein größeres Geſchäft kaum
ent=
wickeln. Die Verkäufer wollen vielfach nur noch gegen effektive
Bar=
zahlung Zug um Zug abgeben. Am Produktenmarkt herrſcht außerdem
Zurückhaltung wegen finanziellen Schwierigkeiten ſüddeutſcher
Mehl=
firmen, die mangels Zuteilung von Deviſen ihre Dokumente nicht
auf=
zunehmen in der Lage ſind, obwohl für ihre Verpflichtungen Deckung in
Form von Ware uſw. voll vorhanden iſt. Die Umſätze an der
Getreide=
börſe waren infolgedeſſen ganz unbedeutend. Ungünſtig beeinflußt wird
die Stimmung dann auch immer wieder durch die an jedem Börſentag
ſtattfindenden Verſteigerungen franzöſiſchen Mehles und die dadurch
bedingte Zurückhaltung der ſüddeutſchen Mühlen im Einkauf von
Brot=
getreide. Aber auch Gerſte hatte ruhigeren Markt und für Hafer
be=
ſtand nur ſeitens des Konſums kleinere Nachfrage. Die letzten
amt=
lichen Preiſe lauteten für die 100 Kilo waggonfrei Mannheim, bei
Weizen 19 bis 19,25; ausländiſcher 20,50 bis 22; Noggen inländiſcher
16,50; ausländiſcher 16,75 bis 17; Gerſte 21,25 bis 21,75, Hafer 16 bis
16,5; Mais 20,25 bis 20,50. Die Zurückhaltung der Mühlen ging jedoch
ſoweit, daß ſie ſelbſt zu 18,50 frei Mühlenſtation noch keinen Weizen
in größeren Mengen erwarben. Das Roggengeſchäft iſt überhaupt kaum
noch der Rede wert. Man glaubt auch in Handelskreiſen, daß vorläufig
mit einer grundlegenden Aenderung der Tendenz nicht zu rechnen iſt,
zumal das vorausſichtliche Ernteergebnis in Nordamerika wohl um
23 Millionen Buſhels niedriger als im Vorjahre geſchätzt wird, aber
durch Herübernahme größerer Beſtände aus der vorjährigen Ernte
ausgeglichen wird, die Ernteſchätzungen aus Kanada günſtig lauten und
Argentinien mit ſtarken Verſchiffungen fortfährt. Die Cif=Notierungen
für Getreide lauteten zuletzt etwa wie folgt: Weizen, Manitoba I, hfl
12,65, II do. hfl. 12,40, do. III hfl. 11,95, Roſafe, 79 Kilo, hfl. 11,80
Baruſſe, 79 Kilo, hfl. 11,40; Roggen ruſſiſcher 15,20, hfl. 9,70, Weſtern II
hfl. 9,25, Donau= und ſüdruſſiſche Gerſte, hfl. 10,25, La Plata, 60/61
Kilo, hfl. 9,95, Marokko hfl. 9,75, Mais Kalfox, hfl. 10,10, La Plata
hfl. 10,30, gelber, ruſſiſcher, hfl. 10.
Auf dem Mehlmarkt drückten die Verſteigerungen franzöſiſchen
Mehles, die ſich ſowohl in Karlsruhe, als auch in Mannheim vollziehen.
In Karlsruhe erfolgte der Zuſchlag für je 100 Kilo Weizenmehl zu
fr. Fr. 76,5 für auf Karlsruhe rollende und zu Fr. 85 für in Karlsruhe
lagernde Ware, in Mannheim für auf Wintersdorf rollende Ware,
die nach Pirmaſens beordert iſt, zu Fr. 74, zahlbar in Bankſcheck auf
Paris, für Fabrikat aus Naneh zu Fr. 66, wobei zu beachten iſt, daß
es ſich dabei um in Annweiler bahnſtehende Ware handelt, auf der ſeit
dem 11. April Standgeld ruht. Außerdem kommt zu Steigpreis die
Umſatzſteuer von 2,5 Prozent. Für Weizenmehl Spezial 0 verlangten
die ſüddeutſchen Mühlen 28,5 bis 28,75, die zweite Hand 26,5 Mark,
für Roggenmehl 23,5 für prompte Ware, 23,25 Mark für Mailieferung,
die zweite Hand 22 Mark. Am beſten beſucht blieb von den
Mühlen=
fabrikaten Kleie wegen ihres geringen Anfalles. Man verlangt für
Weizenkleie 10,25 bis 10,50 Mark, für Roggenkleie 9,5 Mark, für
Weizenfuttermehl 12,25 Mark, für Roggenfuttermehl 11,5 Mark die
100 Kilo.
Für Futtermittel beſtand bis in die letzten Tage hinein immer
noch rege Nachfrage. Mit dem Eintritt der wärmeren Witterung hat
der Begehr nachgelaſſen, doch werden Kraftfuttermittel von den
Vieh=
haltern immer noch verlangt, weil man mit der Grünfütterung dieſes
Jahr ſehr ſpät daran iſt. Verlangt wurden zuletzt für die 100 Kilo
ab ſüddeutſcher Stationen: Zuckerſchnitzel 17,5 Mark, Trockenſchnitzel,
loſe, 11,5 bis 12 Mark, Haferſchalenmelaſſe 9,25 bis 10 Mark, Malzkeime
mit Sack 14,75 bis 15,25 Mark, ohne Sack 14,50 und darunter,
Bier=
treber 15,25 bis 15,50 Mark, Rapskuchen etwas billiger offeriert mit 10
bis 10,50 Mark, Erdnußkuchen in kleinen Mengen ab Heilbronn
ge=
handelt zu 22,25 Mark. Die Forderungen für Rauhfutter ſind
gleich=
zeitig etwas zurückgegangen und zwar auf 7 bis 8 Mark für Wieſenheu,
8,50 bis 9,50 Mark für Kleeheu, 4,50 bis 5 Mark für Preßſtroh und
3,50 bis 4,25 Mark für gebundenes Stroh je 100 Kilo waggonfrei
Mann=
heim. Saaten hatten zwar auch wenig Geſchäft, konnten aber ihre
Preiſe gut behaupten. Verlangt wurden für die 100 Kilo
Provence=
luzerne bis 170 Mark, italieniſche Luzerne 100 Mark, Rotklee 170 M.
Es handelt ſich dabei um prima Ware, doch werden dieſe Forderungen
ſelten bewilligt.
Für Malz ſind die Forderungen der ſüddeutſchen Mälzereien mit
40 bis 42 Mark die 100 Kilo unverändert geblieben. Man glaubt an
eine weitere Steigerung des Franken, weil er nicht im richtigen
Ver=
hältnis zum Gerſtenpreiſe ſtehe und weil die hohen Bankzinſen und die
lange Lagerung bis zum Abbruch durch die Brauereien keinen Nutzen
belaſſen. Vereinzelte Verkäufe von württembergiſchen und baheriſchen
Handelsmälzereien haben ſich unter dem genannten Preis vollzogen.
Der Hopfenmarkt verlief ziemlich geſchäftslos. Bei warmem
Wetter dürfte ſich ziemlicher Bedarf in Hopfen einſtellen, weil bisher mit
einem Einkauf zurückgehalten wurde. Infolge des warmen Wetters
wird jetzt eifrig an den gut überwinterten Stöcken gearbeitet. In Baden
ſind verſchiedene Neuanlagen entſtanden, ſo in Kirchheim bei Heidelberg,
Sandhauſen, Oftersheim, Walldorf, Reilingen, Rot, St. Lion und in
der Bruchſaler Gegend.
In 1923er Tabaken fanden bei den Pflanzern nur kleine
Um=
ſätze zu ermäßigten Preiſen ſtatt. In der Rheinpfalz erhoben die
Franzoſen ſeit dem 11. April 1920 — 300 Prozent erhöhte Zölle. Das
Gutachten der Sachverſtändigen enthält über den Tabak in Deutſchland
eine Reihe von tief einſchneidenden Beſtimmungen, die eine vollſtändige
Umwälzung der Tabakbranche zur Folge haben werden. Infolgedeſſen
ruht im allgemeinen Handel und Fabrikation bis zur Erledigung der
daraus reſultierenden Fragen. Der ganze Geſchäftszweig weiſt zurzeit
nicht, woran er iſt. Er ſieht, daß ihm große Gefahren drohen und
wartet ab, was ſeitens der Regierung beſtimmt werden wird.
wb. Berliner Produktenbericht. Am Produktenmarkt
war das Geſchäft wie gewöhnlich Samstags noch geringer als an den
ſonſtigen anderen Tagen. Die eif=Forderungen für Auslandsware
ſtell=
ten ſich etwas höher. Für Weizen zeigte ſich im Zuſammenhang mit der
Stille des Mehlgeſchäfts wenig Intereſſe. Roggen war für beſtimmte
Stationen einzeln begehrt, aber zu den augenblicklichen Preiſen kaum
erhältlich. Hafer behauptete bei ruhigem Geſchäft ſeinen Preisſtand.
Roggenkleie war für ſchnelle Lieferung gefragt, ſonſt ſtill. Andere
Futterſtoffe wurden wenig umgeſetzt.
Börſen.
* Börſenbericht vom 22.—26. April. (Mitgeteilt von
der Deutſchen Bank, Filiale Darmſtadt). Die Börſe verharrte in der
abgelaufenen Woche weiter in ihrer troſtloſen Verfaſſung, ja die Lage
an den Effektenmärkten hat ſich ſogar noch weiter verſchlechtert, und das
Kursniveau erfuhr durchweg eine weitere Ermäßigung. Die Hoffnung,
die vor den Feiertagen vielfach geäußert wurde, daß die Exekutionen in
der Hauptſache als erledigt angeſehen werden dürften, hat ſich nicht
er=
füllt, vielmehr erwies ſich das gelegentliche Ausſetzen der
Zwangsver=
käufe immer nur als kurze Atempauſe, und jede geringe Erholung der
Kurſe brachte neuerdings Material an die Märkte. Dieſe anhaltenden
Entlaſtungsverkäufe ſind auf die Schwierigkeiten zurückzuführen, die in
einzelnen Gebieten des Warenmarktes, insbeſondere am Metallmarkte,
aber neuerdings auch im Getreidehandel, aus verfehlten
Frankenſpeku=
lationen entſtanden ſind. Die Verluſte, von denen eine ganze Anzahl
von Firmen bedroht ſind, erweiſen ſich als weſentlich höher und
gefähr=
licher, als man bisher glaubte annehmen zu dürfen, und da die
Engage=
ments zum Teil noch bis Ende Mai und darüber laufen, iſt von dieſer
Seite noch für längere Zeit eine ſtarke Belaſtung der Effektenmärkte zu
befürchten. Ebenſo bedrückt natürlich die ſehr geſpannte Lage des
Geld=
markts die Börſentendenz, da ſie die Aufnahmen des angebotenen
Ma=
terials ſehr erſchwert und ein Engagement in Effekten mit fremden
Mit=
teln nahezu ausſichtslos erſcheinen läßt.
wb. Berliner Börſenbericht. Im Deviſenverkehr iſt die
Lage unverändert. Die Anforderungen waren heute wieder etwas
ge=
ringer als geſtern. Die Notierungen wurden in gleicher Höhe wie am
geſtrigen Tage meiſt feſtgeſetzt. Auch in den Zuteilungen erfolgte keine
bemerkenswerte Aenderung. Die Effektenhändler waren außerordentlich
zurückhaltend. Die Stimmung war etwas feſter, da die Geldſätze etwas
nachzugeben ſchienen. Soweit Kurſe genannt wurden, waren es die
geſtrigen Schlußkurſe mit dem Zufatz Geld.
Oeviſenmarkt.
Bſ0Dret K
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..." 58.45 58.75 58.25 58.55 3 Proz. Kopenhagen 70.32 70.78 70 52 70.88 1Proz. Stockholm . . 110.47 111.03 110.47 111.03 2 Proz= Helſingfors 10.52 10.58 10 52 10.58 1 Proz. Italien .. 18.75 18.85 18 75 18.85 1Proz. London. 18.405 18.495 18.445 18.495 Proz. New=York 4.19 4.21 4.19 1Proz. Paris. . . 26.73 26.87 26.73 23.8 1Proz. Schweiz 74.31 74.79 74.41 74.79 1Proz. Spanien. 58.35 58.65 58.15 58.45 2 Proz. Vien (i. D.= 6.08 6 12 6 08 6.12 voll Prag ... 12.46 12.54 12.46 12.54 1Proz. Budapeſt.. 5.28 5.48 5. 62 voll Buenos=Aires.. 1.345 1.345 1.355 3 Proz. Bulgarien.. 3.09— 3.09 3.11 voll Japan . . . . . . . . . . .. 1.675 1.675 1.685 10 Pr. Rio de Janeiro .. .. .." 0.475 0.44 0.475 0.485 5 Proz. Belgrad. . . . .
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Rummer 117.
Der Mann mit dem Pelz.
Detektiv=Roman von J. Davids.
5)
(Rachdruck verboten.)
„Sie ſind Mr. Jackſon?” fragte ſie langſam mit gedrückter
Stimme, während ſie ſuchte, ihr körperliches und ſeeliſches
Gleich=
gewicht wiederzufinden.
„Zu dienen, Mylady,” antwortete der Detektiv, ſich
ver=
neigend. Für einen Augenblick ſtutzte er, als er Lady Duncks
Kleidung etwas näher ins Auge faßte; ſie trug eine blaue Bluſe
und einen . . . blaukarrierten Rock. Blitzſchnell jagten ſeine
Gedanken, und das Geheimnisvolle begann greifbar zu werden.
Doch es fehlten Kettenglieder zur Löſung des Falles oder auch
nur, um eine beſtimmte Schlußfolgerung ziehen zu können. Es
fiel dem Detektiv auf, nachdem er ſich auf Einladung der Lady
in einen Lehnſtuhl niedergelaſſen hatte, daß dieſe unverwandt
ihren Blick auf die auf einem marmornen Kamin ſtehende
Pen=
dule richtete. Sie war ſichtlich beunruhigt, ihre Hände zitterten
und in ihren Augen lag eine furchtbare Angſt ausgedrückt.
„Machen Sie ſich keine Unruhe, Mylady,” ſagte Jackſon
freundlich. „Sie erwarten Dr. Mackens, nicht wahr?”
„Woher wiſſen Sie das?” fragte ſie, ihn dabei überraſcht
anblickend.
„Von Ihrem Diener,” antwortete Jackſon ehrlich, „doch Sie
haben ſich jedenfalls geirrt,” fuhr er fort, ſie dabei ſcharf fixierend.
„Eine halbe Stunde in der Runde wohnt kein. Dr. Mackens.
Und den in der Brownſtraße haben Sie wohl nicht gemeint, da
er etwa drei Stunden von hier entfernt wohnt. „Ich kenne ſie alle,
Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 27. April 1924.
Seite 15.
die Aerzte,” fuhr er gemütlich fort, „wenn man ſelbſt einige Jahre
Medizin ſtudiert hat und weiter darauf bedacht iſt, gewiſſe
Grup=
pen von Menſchen kennen zu lernen, iſt es nicht ſo ſchwer, über
die einzelnen unterrichtet zu ſein. Doch kann ich Ihnen vielleicht
mit etwas dienen? Was fehlt Lord Dunck?”
„Woher wiſſen Sie, daß er erkrankt iſt?” fragte ſie bebend.
„Das wußte ich in dem gleichen Augenblicke wie Sie,”
ant=
wortete er geheimnisvoll.
Die Lady hatte ſich jetzt gefaßt und ein beruhigter Zug legte
ſich um ihre Mundwinkel. Jackſon bemerkte ſofort, daß ſie im
Begriffe war, ihre Haltung zu ändern.
„Aber was bedeutet denn all das Geheimnisvolle
Ihrer=
ſeits?” fragte ſie jetzt ſcharf, „warum kommen Sie hierhin und
was wünſchen Sie eigentlich?"
„Verzeihung, Mylady”, ſagte Jackſon, „mein Beſuch kommt
Ihnen wohl nicht ſehr gelegen. Ich weiß, daß Lord Dunck
un=
wohl iſt und darum wünſche ich ihm dieſe Pillen zu bringen,
die ihn ohne Zweifel wieder herſtellen werden.‟ Dabei holte
er aus einer Weſtentaſche ein Papier hervor, in dem er die Pillen
geborgen hatte.
„Das iſt ſehr freundlich von Ihnen, Mr. Jackſon. Denken Sie,
bitte, nicht mehr an die harten Worte von vorhin. Ich bin etwas
nervös.‟ Dann bat Lady Dunck ihn, ihr über den Gang in das
Zimmer ihres Gatten zu folgen.
Lord Dunck lag zu Bett. Starren Blickes ſah er vor ſich hin.
Seine Züge waren marmorbleich und ſein Atem ging ſchwer.
Nachdem der Detektiv ihm eine der Pillen eingegeben hatte,
erſuchte er Lady Dunck, auf ihren Gatten gut zu achten und ihn
nicht allein zu laſſen, den folgenden Tag um ein Uhr werde er
zurückkommen, um mit dem Lord über eine wichtige
Angelegen=
heit zu konferieren.
Wie überraſcht war der Detektiv, als er in der Halle des
Hauſes, wo er ſeinen Ueberzieher und ſeinen Hut abgelegt hatte,
beides nicht mehr vorfand. Er ſchellte dem Diener, der ihn
ein=
gelaſſen hatte, und fragte dieſen, wo denn ſeine Sachen geblieben
ſeien.
„Iſt denn dies nicht Ihr Ueberzieher und Ihr Hut?” ſagte
der Diener, indem er auf den Garderobeſtänder hinwies.
„Nein, erwiderte Jackſon, „dieſe ſind nicht mein. Es muß
eine Verwechslung ſtattgefunden haben. Iſt jemand hier
geweſen?”
Der Mann beſann ſich einen Augenblick, dann ſagte er: „
Ja=
wohl, Ihr Bruder war hier, doch er kann es nicht getan haben.
Ich erinnere mich aber nicht, daß ein anderer.
„Mein Bruder”, rief Jackſon höchſt überraſcht aus.
„Sie haben ihn doch ſicherlich geſprochen? Er kam etwa zehn
Minuten nach Ihnen, und da auch er, wie er bemerkte, den Weg
kannte, ließ ich ihn allein gehen. Er hatte, wie er mir mitteilte,
eine dringende Botſchaft für Sie. Soeben iſt er mit dem draußen
wartenden Auto abgefahren. Es iſt mir aber ganz unbegreiflich,
wie er Ueberzieher und Hut verſwechſeln konnte, ohne daß ich es
geſehen habe.”
Jackſon verharrte einen Augenblick ſinnend: „Sollte mein
Bruder hierhin zurückkehren,” ſagte er dann, indem ein Lächeln
auf ſeine Züget rat, „ſo geben Sie ihm dieſe Karte.” Und der
Detektiv überreichte dem Diener ein Kärtchen, auf das er etwas
geſchrieben hatte.
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Zur heſſiſchen Politik
„Heſſen iſt in Gefahr!"
. . . Das iſt der Schlachtruf, mit dem der deutſchnationale
Abgeordnete Kindt politiſche Kinder zu erſchrecken ſucht.
Ja=
wohl, Heſſen war in Gefahr, als durch die von deutſchnationaler
Seite — und leider auch von einzelnen volksparteilichen Politikern
— befürwortete „Verſackungspolitik” das beſetzte Gebiet ſeinem
Schickſal überlaſſen werden ſollte. Wäre das eingetreten, dann
war Rheinheſſen verloren und der übrige Teil des Heſſenlandes
wäre als lebensfähiger Staat nicht mehr zu halten geweſen.
Darum hat ſich die heſſiſche Regierung in ſchärfſter Weiſe gegen
dieſe Verſackungspolitik gewandt. Sie fordert, daß das
Heſſenland in ſeinem gegenwärtigen Beſtand
und in ſeinem bisherigen Verhältnis zugn Reich
ungeſchmälert und ungeteilt erhalten bleibt.
Dieſe Forderung greift Herr Kindt als eine Gefahr für das
Heſ=
ſenland an. Was iſt nun wirklich eine Gefahr für das Land?
Der Beamten=Abbau
ſpielt auch in Heſſen eine Rolle. Finanzminiſter Henrich hat
von allem Anfang an für die Regierung erklärt, daß dieſer Abbau
kein mechaniſcher ſein dürfe, ſondern daß er nur in Verbindung
mit einer Reorganiſation der Verwaltung und unter
weiteſt=
gehender Rückſicht auf die ſozialen Verhältniſſe der Betroffenen
vor ſich gehen könne. Die Ausführung des Abbaues liegt in
den Händen einer Kommiſſion, an deren Spitze der
Staatspräſi=
dent und in ſeiner Vertretung der Präſident der
Oberrechnungs=
kammer ſteht. Der Finanzminiſter hat hierbei
kei=
nerlei beſondere Aufgabe.
Die Finanzen des Landes
liegen beſonders ungünſtig wegen der Rückwirkung der Beſetzung
eines großen Teiles des Landes auf die Steuereingänge und auf
die Verpflichtungen des Landes zugunſten des beſetzten Gebietes.
Trotzdem iſt es Finanzminiſter Henrich
gelun=
gen, während der fünf Jahre ſeiner
Amtstätig=
keit die Finanzen des Landes in Ordnung zu
halten und das Staatsvermögen zu erhalten
und zu vermehren. Das wird auch von den
poli=
tiſchen Gegnern anerkannt. Wenn jetzt die Steuern in
erſchreckender Weiſe in die Höhe gehen müſſen, dann iſt das in
erſter Linie darauf zurückzuführen, daß das Reich nach dem
Zu=
ſammenbruch der Mark und in dem Beſtreben, die neue Währung
nicht zu gefährden, den Ländern und den Gemeinden mit einem
Schlage ihre finanzielle Selbſtändigkeit wieder gegeben hat, aber
nurfür die Ausgaben, ohne gleichzeitige
Ueber=
weiſung der hierfürnötigen Einnahmen. Darum
müſſen alle Länder und Gemeinden die Grund= und
Gewerbe=
ſteuer ſtärker anſpannen als bisher und dazu noch die durchaus
unſoziale Mietſteuer erheben. Sind in Heſſen einzelne
Steuer=
ſätze höher als in anderen Ländern, dann erklärt ſich das daraus,
daß Heſſen weit mehr als andere Länder den
Gemein=
den große Laſten auf dem Gebiete der
Volks=
ſchule, der Polizei und der ſozialen Fürſorge
abgenommen hat, weil auf dieſe Weiſe eine gleichmäßigere
Verteilung dieſer Laſten möglich wurde. Würde das Land dieſe
Laſten nicht übernommen haben, dann brauchte es weit weniger
Steuern zu erheben, dafür wären aber die Gemeindeſteuern
ent=
ſprechend höher. Die Gebäudeſteuer iſt in Heſſen halb ſo
hoch als in Preußen. Die eigentliche Grundſteuer iſt aus
dem oben angegebenen Grunde höher als in Preußen, aber ſie
iſt ſo geſtaffelt, daß der kleine Beſitzer weniger hart getroffen
wird. Nimmt man den Durchſchnittswert des Morgen Landes
auf 750 Mark an, dann beträgt die ſtaatliche Grundſteuer vom
Morgen 1,80 Mark, bei Beſitz unter 20000 Mark Wert nur
1,50 Mark. Das landwirtſchaftliche Betriebskapital iſt für 1924
von der Gewerbeſteuer befreit. Intereſſant iſt es, daß ſich
der Heſſiſche Bauernbund gegen die Staffelung der Grund=
Fſteuer, alſo gegen die höhere Belaſtung des großen Beſitzes
ausgeſprochen
hat. Für die Gewerbeſteuer mußte, im Jahre 1924 eine
proviſoriſche Grundlage angenommen werden, deren Wirkung
völlig unüberſichtlich iſt. Sofort nach dem erſten Ziel ſoll dieſe
Wirkung nachgeprüft werden, um nötigenfalls eine Korrektur
ein=
treten zu laſſen. Der Bauernbund lehnt dieſe Steuern
grund=
ſätzlich ab, das heißt, er verweigert dem Staat die Mittel zum
Leben, Steuern will er nicht zahlen, darum iſt er heute
deutſch=
national. Die Deutſche Volkspartei beſchränkt ſich
auf halbe Oppoſition, das heißt, ſie will trotz des vorhandenen
Fehlbetrages die geforderten Steuern nur etwa zur Hälfte
be=
willigen, was ſie aber nicht abhält, gelegentlich auch für
Vermeh=
rung der Ausgaben einzutreten. Wollte man dieſer Partei folgen,
dann müßte das Budget mit einem Fehlbetrag von mindeſtens
15 Millionen Goldmark abſchließen. Eines Tages ſtände dann
der Staatsbetrieb ſtill. Weil ſo
keine ernſthaften, ſachlich berechtigten Einwendungen gegen
die heſſiſche Negierung möglich
ſind, zetert man nach bekannten Muſtern über
Begünſtigung von Parteiangehörigen bei
Be=
ſetzung von Beamtenſtellen. Das heißt, man rogiſtriert
ſehr ſorgfältig, wenn einmal ein Demokrat oder ein
Sozial=
demokrat angeſtellt oder befördert wird (von
Zentrumsange=
hörigen ſpricht man bezeichnenderweiſe bei den Rechtsparteien
nie), dann iſt das „Futterkrippenpolitik”, Kommen Angehörige
der Rechtsparteien in Betracht (und das iſt die Mehrzahl),
dann iſt das etwas Selbſtverſtändliches, auch wenn es ſich um
notoriſche Gegner des beftehenden Staates handelt.
Werden dieſe Parteien, wenn ſie die Regierung
haben ſollten, auf Anſtellung und Beförderung
volks=
parteilicher und antiſemitiſcher Beamten
ver=
dichten?
In Weimar, an der Geburtsſtätte der Deutſchen Demokratie und Republik, an der Stätte, an der das
deutſche Geiſtesleben ſeine höchſte Entwicklung fand, erläßt die Deutſche Demokratiſche Partei folgenden
Aufruf zur Wahl!
Im Zeitalter des Materialismus und der Nützlichkeitslehre bekennt ſich die Deutſche
Demo=
kratiſche Partei zum Deutſchen Idealismus.
Aus dieſem Idealismus fließt der unerſchütterliche Glaube an Deutſchlands
nationale Sendung, an Deutſchlands nationale Zukunft.
Wir kämpfen und ringen für Deutſchlands Freiheit nach außen und
Deutſch=
lands Gleichberechtigung unter den großen Völkern der Welt.
Das Selbſtbeſtimmungsrecht der Völker muß auch für uns Wahrheit werden. Wir kämpfen
für eine vernünftige Regelung der Reparationen, die Deutſchland und Europa aus dem
zehn=
jährigen Kriegszuſtand befreit.
Wir wollen die Erhaltung der Reichseinheit,
der Demokratie und der Republik,
der ſtaatsbürgerlichen Freiheit und
der Helbſtverantwortung.
Wir bekänpfen jede Art von Diktatur und Gewaltherrſchaft.
Wir fördern den Mittel= und Kleinbeſitz der ſelbſtverantwortlichen
Unternehmer in Induſtrie, Landwirtſchaft, Handwerk
und Handel gegenüber bürokratiſcher Bevormundung wie
gegen=
über wenigen Wirtſchaftsgewaltigen.
Wir ſchützen die ehrliche Arbeit in Stadt und Land gegen den Druck
der Entſeelung durch Arbeitsteilung und Unterdrückung
aller Art.
Wir fordernſteuerliche Gerechtigkeit und Fortführung der ſozialen
Geſetzgebung.
Wir wollen den Staat als höchſtes Werkzeug der Volksgemeinſchaft
aus=
bauen und feſtigen und wollen ihn nicht in die Hände einer Klaſſe oder großer
Kapitalmächte gelegt wiſſen.
Die Beamtenſchaft in Reich, Ländern und Gemeinden muß ſo geſtellt ſein,
daß ſie dem demokratiſcher Staat treu und freudig dienen kann.
Auf zur Wahl!
Es gilt, demagogiſche und reichszerſtörende Kräfte von rechts und
links zu überwinden, es gilt, die Phraſennebel zu zerſtreuen, die noch vielfach die
Köpfe beherrſchen;
Deutſchland die nationale Freiheit und Einheit zu ſichern.
Für dieſe Aufgabe wollen wir alle Kräfte ſammeln.
Unſer iſt der Sieg!
Wählt alle die Deutſche Demokratiſche Partei!
Demokratiſche Politik im letzten Reichstag
Infolge des außenpolitiſchen Druckes und der ungenügenden
Reife mancher Parteien für die Selbſtregierung und für die
Voranſtellung ſachlicher Notwendigkeiten vor taktiſche Vorteile
hatte der Reichstag ſich immer wiederholende Kriſen. Sie
ſchade=
ten ungeheuer. Das Beſtreben der demokratiſchen Fraktion ging
auf die Bildung einer großen, tragfähigen Mehrheit:
die große Koalition von Sozialdemokraten bis Volkspartei. Als
Streſemann ſich zur Erfüllungspolitik bekehrt und das Kabinett
Cuno abgewirtſchaftet hatte, kam die große Koalition. Doch
ſchon nach wenigen Wochen ging ſie in die Brüche. In der
Deutſchen Volkspartei unterwühlten die Elemente,
welche jetzt ihre eigene Partei zu ſprengen verſuchen, die
Regie=
rung. Und die Sozialdemokratie ſtellte wie ſchon ſo oft
um ihrer von den Kommuniſten aufgeputſchten Maſſen willen
ultimative Forderungen, welche in keiner Koalition tragbar ſind.
So brach das erſte Kabinett Streſemann zuſammen
und das zweite, durch die Bemühungen der Demokratie
auf=
gebaute, hatte ebenfalls keine Lebensdauer. Dem
Minderheirs=
kabinett Marx, das anſtatt eines von den Deutſchnationalen
erſtrebten bürgerlichen Klaſſenkampfkabinetts kam, wurde das
Ermächtigungsgeſetz von den Parteien der großen
Koa=
lition, alſo auch von der Sozialdemokratiſchen Partei, bewilligt.
Es war ein Notbehelf, der bei einzelnen Geſetzen unerfreiliche
Folgen gezeitigt hat.
Unſer Streben im gegenwärtigen Wahlkampf geht
wieder=
um auf die Erzielung einer Regierungsmehrheit, die
Ermäch=
tigungsgeſetze überflüſſig macht und dem Klaſſenkampf von
rechts und links keine Stätte bietet. Der Ausgleich der
In=
tereſſen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer, von Landwirt und
Konſument, von Staat und Wirtſchaft iſt Lebensnotwendigkeit
für die deutſche Nation und darum Inhalt und Ziel der
demokratiſchen Politik.
Als wir den Ruhrkampf verloren hatten, drohte der Verluſt
des Rheinlandes an den Separatismus. Eine törichte
Außen=
politik, die ſich an Phraſen und Geſten berauſcht, hätte das
Rheinland verloren gehen laſſen. Die Deutſchnationalen,
zu denen Herr Dorſch, im Falle er mit den
Stim=
men der „freien rheinheſſiſchen Bauern”
ge=
wählt wird, wieder zählt und einige Kreiſe der
Deutſchen Volkspartei, unter Führung des
jetzigen Reichsinnenminiſters Dr. Jarres,
ver=
langten die Preisgabe des Rheinlandes und die
Einſtellung jeder finanziellen Hilfe, insbeſondere der Zahlung
der Beſatzungskoſten.
Die Demokraten haben ſich dieſer ſelbſtmörderiſchen
Politik mit ihrer ganzen Kraft entgegengeworfen und die
äußerſten finanziellen Opfer vom unbeſetzten Deutſchland
ver=
langt, um das Rheinland zu halten.
Einſchränkung der Ausgaben bis aufs Aeußerſte und große,
kaum erträgliche Steuern mußten die Grundlage für eine ſolche
Politik und für die notdürftige Stabiliſierung der Mark bilden.
Wir ſahen und ſehen keinen anderen Weg, die Einheit
Deutſch=
lands zu erhalten und im Rheinland wieder vertragsmäßige
Zu=
ſtände herzuſtellen, als den Weg der „Verſtändigung und der
Leiſtung materieller Opfer, ſoweit unſere Kraft geht. Wenn
jetzt wieder die Deutſchnationalen, welche die
Stimmen der Rheinheſſen über den
Bauern=
bund zu gewinnen trachten, die einſtimmigen
Gutachten der Sachverſtändigen verwerfen, ſo
bringen ſie das beſetzte Gebiet in die höchſte
Gefahr! Die Wähler im beſetzten Gebiet mögen ſich wohl
ülerlegen, ob ſie
der Deſperadopolitik oder der Politik der Vernnnft,
welche zuerſt von Wirth und Rathenau und jetzt auch von
Streſe=
mann gemacht wird, ihre Stimme geben follen!
Die Frauen
und die Reichstagswahlen
Für die Frauen wird die Mitarbeit bei den Wahlen
dies=
mal ſchwerer werden als ſonſt. Selbſt in der Revolution —
bei den Wahlen zur Nationalverſammlung — war das Chaos
in der Wählerſchaft nicht ſo groß. Waren damals
Hundert=
tauſende nicht bei Verſtand, ſo ſind es heute Millionen. Die
Gegenrevolution ſtürzt wie ein mächtiger Strom über das Land
— mindeſtens ſo unbeſonnen, verblendet und wirklichkeitsfern,
wie einmal die Revolution, eine neue leidenſchaftliche Reaktion
eines von neuem gequälten und zermürbten Volkes.
In der völkiſchen Bewegung erſteht — verkennen
wir es nicht — auch eine Reaktion gegen das
Frauen=
ſtimmrecht. Der alldeutſche Verband iſt ſchon vor dem Krieg
der Sitz der Feindſchaft und des Kampfes gegen alle
Frauen=
rechte geweſen. Dem kitſchigen Ideal des teutſchen Mannes,
das er vertrat, entſprach eine ebenſo kitſchige Vorſtellung holder
und ergebener Weiblichkeit, angeſichts derer die germaniſchen
Frauen ſich im Grabe umdrehen würden vor zorniger
Empö=
rung. Die Völkiſchen ſind für den „männlichen” Staat — ſie
ſtellen keine weiblichen Kandidaturen auf, und ſie lehnen den
Ein=
tritt der Frau in Staatsämter ab. In der chaotiſchen
Unklar=
heit ihres politiſchen Programms ſpielt die Reaktion gegen die
Frauenbewegung eine genau ſo ſtimmunghafte Rolle wie die
gegen die Demokratie.
Auch ſonſt iſt die politiſche Atmoſphäre von Feindſeligkeit
gegen die Frauen erfüllt: die Konkurrenz der Geſchlechter iſt
heftiger als je, die Reaktion gegen Verfaſſung und Demokratie
trifft ihre ſtaatsbürgerliche Gleichberechtigung, die Verſchärfung
des Parteihaders kehrt manche Spitze gegen ſie, die Angſt
be=
drohter Parteien um ihre Mandate gefährdet die weiblichen
Kandidaturen, und da es nun einmal Mode iſt, daß jeder vom
„Verſagen” des anderen ſpricht, ſo geht natürlich auch die Rede
vom politiſchen Verſagen der Frauen.
Und trotzdem ſollen wir in den Hexenkeſſel dieſer Wahlen?
Ja, gerade deshalb!
Denn es ſteht ſoviel auf dem Spiel, für
deſſen Schutz gerade die Frauen ihre ganze
politiſche Energie einſetzen ſollten.
In der Diskuſſion über die gefühlsmäßige politiſche
Ein=
ſtellung der Frauen herrſchen Meinungsverſchiedenheiten
dar=
über, ob die Frauen in der Politik ein ausgleichendes oder ein
fanatiſierendes Element ſind. Nimmt man ihre Wahlbeteiligung
im allgemeinen, ſo ergibt ſich das erſte. Wo eine Sonderſtatiſtik
über die weiblichen Stimmen geführt iſt, hat ſich bis jetzt gezeigt,
daß die Frauen nicht den extremen Parteien zuneigen. Sie
haben ſich zwar als ein konſervatives, aber als ein mäßigendes
Element gezeigt. Bei der Demokratiſchen Partei hat durchweg
die Stimmabgabe der Frauen dem Zahlenverhältnis von
Wäh=
lern und Wählerinnen entſprochen, die Partei hat ſich
gleich=
mäßig auf Männer und Frauen geſtützt und inſofern die
ge=
ſundeſte Geſchlechtermiſchung gezeigt. Man kann im allgemeinen
ſagen, daß von ihr aus nach rechts hin die Frauen und nach
links hin die Männer an Zahl überwiegen. Wenn man alſo
wohl eine gewiſſe Abneigung der Frauen gegen extreme und
wilde Politik feſtſtellen kann, ſo gibt es doch zweifellos auch
ſolche, die der Kaiſerin Eugenie des alten Soldatenliedes von
1870/71 gleichen: „Und die Kaiſerin Eugenie iſt beſonders noch
diejenige, die ins Feuer bläſt hinein —”. Mir hat ein
Augen=
zeuge erzählt, daß beim Eingreifen der Reichswehr gegen die
Hitler=Banden in München eine Dame einem der
Reichswehr=
offiziere entgegengetreten ſei und ihm ins Geſicht geſpuckt habe.
In den fränkiſchen Städten hat eine Frau als geſchätzte agita= wenn er ſeine Intereſſen gewahrt wiſſen will.
toriſche Kraft der Nationalſozialiſten die wüſteſten antiſemitiſchen
Reden gehalten. Es ſcheint alſo, als ob die Leidenſchaften,
die heute Deutſchland zu einem Irrenhaus machen. Darum am Wahltage alle Beamtenſtimmen
auch die Frauen nicht unberührt laſſen. Um ſo entſchiedener
muß geſagt werden, daß in der Hingeriſſenheit von dieſen
Leiden=
ſchaften der Sinn des Frauenſtimmrechts nicht liegen kann.
Dieſer Sinn iſt am vollendetſten ausgeſprochen in dem ſchönen,
vom Kriegsleid zitternden Lied Richard Dehmels, von
dem ja auch der lebhafteſte Völkiſche nicht behaupten wird, daß
er „feminin” geweſen ſei:
„O, Völker — o dürften doch endlich
Frauenhände euch lenken helfen!
Ach, wie reich, Vaterland, ſtändeſt du in Blüte,
Hielten die Mütter die Hand
Ueber dein Leben."
Daß die Mütter die Hand über dem Leben des deutſchen Volkes, ſie jedem vorhandenen politiſchen Willen das Recht und die
gerufen, beſchworen werden, ſich dem blinden und gefährlichen ſchloſſen und ruhig eingreifen laſſen in einem Augenblick, in dem
beherrſcht. Sie haben das Opfer ihrer Söhne im Weltkrieg der kleinen innerpolitiſchen und außenpolitiſchen Anfänge zur
heldenhaft getragen — um ſo höher müßte ihr Verantwortungs= Geſundung zerſchlagen und mindeſtens urteilsloſe,
wahrſchein=
gefühl ſein gegenüber einer Bewegung, die den reinen
Willen der Jugend in einen politiſch ſinnloſen ans Steuer bringt.
und verhängnisvollen Radau=Militarismus
hineinhetzt, der die denkbar ſchlechteſte Vorbereitung unſerer
Jugend für den uns jetzt auferlegten Exiſtenzkampf iſt. Sie
gerade müßten wiſſen, daß die ſittliche Erziehung des deutſchen
Volkes für den kommenden Wiederaufſtieg die Jugend ganz burg, wo der Spitzenkandidat, ein Major, ſprach. Aus der
richti=
andere Wege führen muß: zur Volksgemeinſchaft, zur ſtetigen gen Erkenntnis, daß der Zuſammenbruch von 1918 nicht zuletzt
aufbauenden Arbeit, zur Selbſtbeherrſchung — und vor allen auf die Aushungerung des deutſchen Volkes zurückzuführen iſt,
Dingen: zum nüchternen Erkennen der Wirklichkeit. Das deutſche
Volk iſt in ſeinen Illuſionen, ſeiner Leichtgläubigkeit, ſeinem
treuherzigen Draufgängertum zugrunde gegangen. Wir lieben ſache des Dolchſtoßes?” die draſtiſche Antwort aus dem Saale
es um ſeines Glaubens, ſeiner Phantaſie, ſeiner beweglichen Her= entgegen: „Die Marmelade!”
Ein politiſcher Stammtiſch
In der früheren „Heſſiſchen liberalen Wochenſchrift”
wurde regelmäßig über die Unterhaltung an dem
poli=
tiſchen Stammtiſch berichtet, an der ſich der Lehrer des
Ortes, der Bahnvorſteher der Schmied=Jakob,
der bauernbündleriſche Eck=Wilhelm und der
Mül=
ler=Anton beteiligten. Dieſer Stammtiſch iſt nicht mit
der Heſſ. lib. Wochenſchrift eingeſchlafen, aber wir hatten
bisher keine Gelegenheit, über ihn zu berichten. Heute
bietet ſich dazu eine günſtige Gelegenheit, und wir wollen
nicht verſäumen, unſere Leſer davon zu unterrichten, was
die Männer am Stammtiſch über die diesjährige
Reichs=
tagswahl zu ſagen haben.
Die nicht vollzählige Tafelrunde hatte ſchon geraume Zeit
ziemlich einſilbig beiſammen geſeſſen und machte ſchon Miene,
aufzubrechen, als in ſpäter Stunde die Türe aufgeriſſen wurde
und der Eck=Wilhelm, gefolgt von einigen anderen
Dorf=
bewohnern, lebhaft eintrat.
„Na, Eck=Willem,” rief ihm der Schmied=Jakob zu,
„wir glaubten ſchon, du hätteſt heut zum fünftenmal Metzelſupp
und kämſt net, denn einlade tuſt du uns doch net.”
„Dumm Zeug, Metzelſupp!” entgegnete ärgerlich der
Ange=
redete; „du denkſt aach an nix annerſch als an Metzelſupp. Na,
ich komm aus der Verſammlung, in der der Dr. Werner
ge=
redt hat. Da hättſt was hörn könne. Awer ihr habt ja kein
Sinn fürs Höhere, ihr habt kei nationales Gefühl.”
„Wieviel Judde hat er denn zum Abendeſſe verſpeiſt, euer
Doktor Werner,” frug ſpöttiſch der Schmied=Jakob zurück,
„Die Judde ſcheine euch ja arg am Herz liege,” replizierte
der Eck=Wilhelm. „Awwer kei Angſt. Diesmal hat er
wirklich fein geredt. Er hot mit dem Marxismus abgerechnet,
der uns in des Schlamaſſel gebracht hot.”
„Was iſt dann das, Marxismus”? frug ſchelmiſch der
Bahnvorſteher.
„Ach was, mich fange Sie net” rief der Eck=Wilhelm
vorſichtig aus. „Vom Dr. Werner hätte Se hörn könne, wer de
Krieg verlorn gemacht hat, daß wir gewonne hätte, wenn wir
ausghalte hätte „r
zen, ſeiner raſchen Todesbereitſchaft willen. Aber wir wollen es nicht
noch einmal ſich daran vergeblich verbluten laſſen. Ob einmal die
Waffe das Werkzeug der Wiederherſtellung ſein wird, ſteht dahin.
Wir wünſchen nicht, daß unſer Volk den Frieſenſpruch „lieber
tot, als Sklave” verlernt. Sicher aber weiſt heute die
geſchicht=
liche Lage einen anderen Weg zum Aufſtieg — ganz gleich, ob
man ihn nur als Vorarbeit oder ob man ihn als den Weg
ſchlechthin anſieht. Dieſer Weg iſt weniger intereſſant und
dramatiſch als jugendliches Waffenſpiel mit dem böſen
Hintergrund hochverräteriſcher Geſinnungen
gegen Staat und Volksgenoſſen, er iſt hart und
mühſam und undramatiſch. Aber die Frauen ſollten
Beumte: Beumlinnen.
Der Reichsparteitag der Deutſchen Demokratiſchen Partei
hat am 6. April in Weimar ſämtliche Beamtenfragen
be=
handelt und
einſtimmig
folgende Entſchließung gefaßt:
In Uebereinſtimmung mit der bisherigen Haltung der
Reichstagsfraktion der Deutſchen Demokratiſchen Partei
be=
tont der Parteitag erneut, daß ohne Aufrechterhaltung eines
auf öffentlich=rechtlicher Grundlage beruhenden
Berufs=
beamtentums ein Wiederaufbau Deutſchlands unmöglich iſt.
Der jetzige fyſtemloſe Abbau und ſeine mechaniſche
Durch=
führung, der die verfaſſungsmäßig verbürgten Rechte der
Beamtenſchaft nicht achtete, hat bei ihr die Befürchtung
er=
weckt, daß eine Beſeitigung des Berufsbeamtentums die
Folge ſein würde. Der Parteitag fordert daher in
Ueber=
einſtimmung mit der Beamtenſchaft, nachdem im Reiche der
Abbau tatſächlich durchgeführt iſt, für das Reich die ſofortige
Aufhebung dieſer Perſonalabbauverordnung und die
Wieder=
herſtellung der bisherigen Rechtsſtellung der Beamten durch
unverzüglichen zeitgemäßen Ausbau des
Beamtenrechts, zumal auch für das
Dienſtſtraf=
recht und die Beamtenvertretung. Insbeſondere
ſind auch die auf Grund des Artikels 14 ausgeſprochenen
Entlaſſungen lebenslänglich angeſtellter Beamtinnen
rück=
gängig zu machen und ihr Abbau iſt nur nach den
Grund=
ſätzen vorzunehmen, welche für männliche Beamte
maß=
gebend ſind. Zur Aufrechterhaltung des
Berufsbeamten=
tums iſt ferner eine auskömmliche Beſoldung unerläßlich;
eine Verminderung, wie ſie im beſetzten Gebiet an
Stelle der letzten Gehaltserhöhung erfolgte, iſt untragbar.
Auch die Wartegeldempfänger und Penſionäre müſſen den
erfolgenden Gehaltserhöhungen entſprechend aufgebeſſert
werden.
Alle Verſuche, die Reichs= und Staatsbetriebe in
Privat=
beſitz zu überführen, lehnt der Parteitag mit
Entſchieden=
heit ab.
Die mühſam geſvonnene Einheit auf dem Gebiete des
Verkehrs darf partikulariſtiſchen Beſtrebungen auch nicht
zum Teil geopfert werden.
Beamte! Beamtinnen! Dieſe klare Einſtellung zu den
Lebensfragen der Beamtenſchaft zeigt unzweideutig, daß
der Beamte die
Deutſche Demokratiſche Partei wählenmuß
der Deutſchen Demokratiſchen Partei!
ein Gefühl dafür haben, daß Stetigkeit und Feſtigkeit der
fried=
lichen Arbeit, des Miteinanders, die unerläßliche Bedingung
der nächſten deutſchen Zukunft iſt. Die Mütter ſollten
ihre Hand halten über dem bißchen feſten
Grund, den wir bis jetzthaben: der Verfaſſung,
der Reichseinheit, der Demokratie, die allein
gewaltſamen Erſchütterungen vorbeugt, indem
halten, iſt heute nötiger als je. Und darum müſſen ſie auf= Möglichkeit der Auswirkung gibt. Sie ſollten dieſe Hand ent=
Fanatismus entſchloſſen entgegenzuſtellen, der heute viele Wähler, der Ausgang der Wahlen uns möglicherweiſe die Fortführung
lich aber auch verantwortungsloſe Phantaſten
Der Dolchſtoß. Humoriſtiſch verlief eine Wahlverſammlung
der Deutſchvölkiſchen Freiheitspartei in
Olden=
tönte dem Redner auf die pathetiſche Frage: „Was iſt die Ur=
Wir und de Ludendorff, ja, wann is ka Keeskorb,” warf
der Müller=Anton dazwiſchen.
„.. wann die deutſch Regierung ka Schlappſchwänz wärn,
dann hätt’ ſie die Franzoſe ſchon längſt zum Land nausgeworfe.
Der paſſive Widerſtand im Ruhrkampf mußt” en aktiver ſein.
Der Verſailler Schandvertrag muß zerriſſe wern. Un wer des
neue amerikaniſch=engliſche Sachverſtändigegutachte aunimmt, der
gehört aus m Land gejagt. Do hettr emol hörn ſolle, was das
für en Bravo gäb.”
„Das glaub ich ſchon,” bemerkte der Lehrer, „aber hat
Herr Dr. Werner auch geſagt, wie man das macht, aktiven
Wider=
ſtand zu leiſten und die Franzoſen aus dem Land zu jagen?“
„Wie mer des macht? Hawwe mir net Leut genug, die e
Flint trage könne? Un die Jugend, die brennt druf,
mitzu=
marſchiern. Mer muß nur Kuraſch hawwe, dann gibt ſich
vieles von ſelbſt.”
„Ganz recht, die Hitlergarde in Miuche hawſe 8 uns
ge=
zeigt,” lachte der Schmied=Jakob.
„Es iſt ein Jammer,” ſeufzte der Lehrer, „wie die heilige
Flamme des Vaterlandsgefühls durch verantwortungsloſe
Schwätzer mißbraucht wird. Jeder halbwegs verſtändige Menſch
weiß, daß Deutſchland jetzt und für lange Zeit ſo ziemlich alles
fehlt, was zum Kriegführen gehö= und daß wir ſofort wieder
die ganze Welt gegen uns haßen, wenn wir einen Krieg
an=
fangen wollten. Man braucht ſich ja über dieſe
Phantaſte=
rei und das Maulheldentum gewiſſer Leute nicht weiter
aufzuregen, wenn derartige unſinnige Neden und das
Ge=
ſchreibſel geſinnungsverwandter Blätter den Franzoſen nicht
immer wieder Material für ihre Behauptungen lieferten, die
Deutſchen ſeien kriegsluſtig und müßten deshalb unter
ſchärfe=
rem Druck gehalten werden. Jede Kraftprobe mit dem
Mundwerk müſſen unſere Brüder im beſetzten
Gebiet büßen. Und das ohne Zweck. Dieſe Menſchen ſind,
ſelbſt in beſter Abſicht, nachgerade gemeingefährlich.”
„Nu, wie weit ſin” mir dunn bis jetzt mit m Nachgewwe gege
die Franzoſe gekomme?” frug der Eck=Wilhelm kampfluſtig
zurück. „Was hawwe mer denn erreicht? Is es net mit jedem
Jahr ſchlechter worn?”
„Freilich iſt’s mit jedem Jahr ſchlechter geworden,” gab der
Lehrer zurück. „Hat denn das Volk begriffen, was es heißt
Aufwertung
Wie ſtellt ſich die Demokratiſche Partei dazu?
Die Deutſche Demokratiſche Partei hat in ihrer Fraktion
ſtets für die Aufwertung Stellung genommen. Sie hat ſich
von vornherein der Abſicht der Regierung widerſetzt, die
Auf=
wertungsfrage durch Verordnung zu regeln, weil auf dieſe Wriſe
keine volle Rechtsſicherheit zu ſchaffen war; es war
vorauszu=
ſehen, daß die Rechtsgültigkeit einer ſolchen Verordnung
beſtrit=
ten werden würde. Es hat ſich gezeigt, daß eine raſche
Erledi=
gung der Aufwertungsfrage im Reichstag nicht möglich war,
ins=
beſondere nicht eine Erledigung mit verfaſſungsändernder
Mehr=
heit, wie ſie nötig geweſen wäre, um volle Rechtsſicherheit zu.
ſchaffen. Die Schuld dafür tragen
Deutſchnatio=
nale und Sozialdemokraten. Die Sozialdemokraten
lehnten bekanntlich jede Aufwertung ab, verlangten alſo
ange=
ſichts des entgegenſtehenden Reichsgerichtsurteiles ein
geſetz=
liches Verbot der Aufwertung. Ueber das Maß der Aufwertung
beſtehen innerhalb der deutſchnationalen Fraktion verſchiedene
Auffaſſungen, welche die Führung der Partei am liebſten dahin
vereinigt hätte, daß mian für die Aufwertung eine Mindeſt= und
Höchſtgrenze mit möglichſt großem Spielraum aufſtellt, in demr
die einzelnen Fälle individuell zu behandeln wären. Wäre die
dritte Notverordnung, ſo wie die Regierung ſie erlaſſen hatte,
auf=
gehoben worden, ſo hätte ſich für eine Neuregelung keine
Mehr=
heit mehr gefunden. Die Folgen wären wirtſchaftlich ganz
uner=
träglich geweſen, da die ganze Wirtſchaſt dann im unklaren
ge=
weſen wäre, welche Laſten ſie zu tragen hatte.
Die Demokratiſche Partei hat durch ihre Vertreter im
Fünfzehnerausſchuß, nachdem der Gedanke der geſetzlichen
Re=
gelung geſcheitert war und nachdem auch eine Aufhebung der
Re=
gierungsverordnung nicht in Frage kam, dahin geſtrebt, die
Regierungsverordnung zu verbeſſern. In
fol=
genden Punkten hat ſie erhebliche Verbeſſerungen erzielt.
1. Die Deutſche Demokratiſche Partei hat als erſte
den dann auch von der Regierung angenommenen
Vorſchlag gemacht, die Aufwertung von 10 Prozent auf
15 Prozent zu erhöhen.
2. Der Kreis der für die Aufwertung in Betracht kommenden
Vermögensanlagen wurde dadurch erweitert, daß
Schuldverſchreibungen, wenn ſie von öffentlichen
Körperſchaften als Unternehmer wirtſchaftlicher
Be=
triebe ausgegeben ſind, der Aufwertung ebenfalls
unter=
liegen.
3. Die Aufwertung der Sparguthaben und der Anſprüche
der Verſicherten aus
Lebensverſicherungsver=
trägen wurde dergeſtalt mit eingeſchoben, daß hier die
ſchuldenden Juſtitute unter Leitung eines Treuhänders
einer Art Teilliquidation unterworfen werden, wobei die
Liquidationsſumme zu Gunſten der früheren Gläubiger aus
den Vermögensbeſtandteilen des Schuldners gebildet wird,
die durch die Aufwertungsverordnung aufgewertet ſind
(Hypotheken uſw.) und aus ſonſtigen Beiträgen aus dem
allgemeinen Schuldnervermögen.
4. Die geſetzliche Schranke gegen eine
Auf=
wertung der öffentlichen Anleihen iſt
beſei=
tigt inſofern, als nur ſeitens des Gläubigers das Recht
auf Aufwertung bzw. auf Tilgung und Verzinſung
ausge=
ſchloſſen iſt, dagegen für ſpätere Zeit eine
Entſchädigungs=
leiſtung der Anleihegläubiger nicht ausgeſchloſſen iſt.
5. Hinſichtlich der Gemeinden, alſo der Städteanleihen,
lann in Einzelfällen auf Anordnung der oberſten
Landes=
behörden eine für den Gläubiger günſtigere Regelung
ge=
troffen werden.
Die Deutſche Demokratiſche Partei iſt ſich darüber klar, daß
dieſe Zugeſtändniſſe ungenügend ſind. Sie darf aber mit
Genugtuung darauf hinweiſen, daß ſie es geweſen iſt, die,
nach=
dem eine günſtigere Geſamtregelung aus den ſchon angegebenen
Gründen nicht möglich war,
wenigſtens dieſe praktiſchen Verbeſſerungen erreicht
hat. Im übrigen ſteht ſie auf dem Standpunkt, daß das letzte
Wort in dieſer Sache noch nicht geſprochen iſt.
Die Deutſche Demokratiſche Partei wird auf
dem Wege der inneren Reparationen, d. h. der
Wiedergutmachung der ungeheueren
Ungerech=
tigkeiten, die durch die Geldentwertung
be=
gangen worden ſind, fortſchreiten. Sie hat dieſen
Weg ſchon bisher mit Erfolg beſchritten. Sie hat ſich von rein
agitatoriſchen Forderungen, die undurchführbar ſind,
ferngehal=
ten und ſtets dem allgemeinen Intereſſe (keine neue Inflation!)
und der außenpolitiſchen Lage (die Entente betrachtet die
Auf=
wertungsgeſetze mit großem Intereſſe!) Rechnung getragen.
Wähler merkt auf!
Zur Entſcheidung ſteht am 4. Mai
nur eine Frage
Will ſich Deutſchland in langſamer friedlicher Entwicklung
mit ſchweren Opfern wieder frei machen
oder
will es den Weg unverantwortlicher Kataſtrophenpolitik gehen
und in Unvernunft das Letzte aufs Spiel ſetzen?
Fragt die 23 Parteien wie ſie dazu ſtehen.
einen Weltkrieg verloren zu haben? Und haben es
immer die Regierungen richtig begriffen? War es richtig, dem
Drängen der Schwerinduſtrie nachzugeben und die Leiſtungen
zu beſchränken? Hat man im Ernſt alles verſucht, den
Ruhrein=
bruch abzuwenden? Und nachdem das Unglück geſchehen war,
hat man den Ruhrkrieg ſo ungeſchickt wie nur denkbar geführt.
Viele Goldmilliarden hat der verlorene Ruhrkrieg zwecklos
ver=
ſchlungen und heut ſtehen wir ärmer da als nie zuvor. Iſt da
nicht des Nachdenkens wert, wie kommen wir am beſten und
ſicherſten aus dieſer fürchterlichen Lage heraus?”
„Sagen Sie einmal, Eck=Wilhelm, wie denken Sie ſichs denn,
weun die Deutſchnationalen und die Deutſchvölkiſchen an die
Regierung kommen?” frug der Bahnvorſteher.
„Das warte Se nur ab,” antwortete ausweichend der Eck=
Wilhelm; „kerndeutſche Männer werde ſchon e kräftigeres
Wort zu redde wiſſe..
„So etwa wie die bayeriſche Regierung und der Herr von
Kahr,” warf der Lehrer lächelnd dazwiſchen.
„Uewrigens,” fuhr der Eck=Wilhelm fort, „verſtehe ich
uet, wie Sie ſich für die Schlappſchwanzpolitik ins Zeug lege
könne, Herr Bahnvorſteher, Sie ſin doch Volksparteiler
und hawwe doch immer auf die Erfüllungspolitik geſchimpft.
Un jetzt köme Se net raſch genug nachgewwe und bezahle.”
„Ich bin auch heute nach Gegner der
Erfüllungspoli=
tik,” entgegnete etwas ſpitz der Bahuvorſteher. „Aber
jeder vernünftige Menſch, der ſein Vaterland liebt, bringt jedes
Opfer, das nötig und geeignet iſt, ſein Volk wieder frei zu
machen.”
„Anders hat’s auch Dr. Wirth nicht gemeint” bemerkte
lachend der Lehrer, „alſo nennen wirs
Befreiungs=
politik, wenn Ihnen das ſchöner klingt als Erfüllungspolitik.”
„Der Eck=Wilhelm is auch für Erfüllungspolitik, nur darf
ſe nir koſte, jedenfalls kei Steuern”, neckte der Schmied=
Jakob.
„Du ſcheinſt ja e beſonnerer Freund vom Steuerzahle zu
ſei,” bemerkte eifrig der Eck=Wilhelm.
„Des grad net,” gab der Schmied=Jakob zurück. „Mir
ſind die Steuern hoch genug und ich weiß wahrhaftig net, von
was ich die neue Gewerbeſteuer bezahle ſoll. Awwer ich waaß
net, ob der patriotiſch is, der in ahm fort des Vaterland mil
Wie ſtehen wir zu den anderen
Parteien?
Die Deutſche Demokratiſche Partei wird von allen anderen
Parteien gehaßt, teils offen, teils verſteckt, je nach der politiſchen
Konſtellation. Das hindert uns nicht, rein ſachlich und
unvor=
eingenommen zu den anderen Parteien Stellung zu nehmen.
Grundſätzlich: Politiſchen Haß kennen wir nicht;
jeder Andersdenkende — ſoweit er perſönlich ein anſtändiger
Menſch iſt —, hat Anſpruch auf Achtung ſeiner Ueberzeugung und
ſeiner Perſönlichkeit, nichts anderes verlangen wir für uns.
UInſer Kampf gilt der Anſchauung und nicht der Perſon, er iſt ein
rein politiſcher.
Politiſch: Für uns gibt es keine Gemeinſchaft mit Parteien,
die der demokratiſchen Republik feindlich gegenüberſtehen, die die
Weimarer Verfaſſung nicht anerkennen und die nicht auf dem
Boden der ſtaatsbürgerlichen Gleichberechtigung aller
Staatsbür=
ger ſtehen. Darum beſteht ſchärfſter Gegenſatz zu den
Extremen rechts und links: zu Komuniſten einerſeits und zu den
Deutſchnationalen, den Deutſchvölkiſchen und den Antiſemiten
aller Schattierungen andererſeits.
Die Parteien der breiteren Mitte wollen, wir nach
hren heſſiſchen Spielarten betrachten:
Mit der Sozialdemokratie ſtehen wir und das Zentrum ſeit
mehr als 5 Jahren in der gemeinſamen Verantwortung für die
Regierung. Dieſe gemeinſame Arbeit war gut und nützlich für
das Land, das kann ehrlicherweiſe niemand beſtreiten. Das
poli=
tiſche Zuſammenarbeiten war nicht immer leicht, es geſtaltete ſich
aber mit den verſtändigeren und verantwortungsbewußten
Füh=
rern beſſer, als der Ton einzelner ſozialdemokratiſcher Zeitungen
vermuten läßt, die das Bedürfnis haben, ihren radikaler geſinnten
Anhang darüber hinwegzutäuſchen, daß die Partei für die
Re=
gierung und ihre Handlungen mitverantwortlich iſt. Trotz unſrer
grundſätzlichen Gegnerſchaft zum ſozialiſtiſchen Programm und
zur klaſſenkämpferiſchen Einſtellung der Partei halten wir es als
eine Lebensnotwendigkeit für Reich und Staat, daß die
Sozial=
demokratiſche Partei an der Mitverantwortung beteiligt wird, ſo
lange ſie ihre wichtigſte Gegenwartsaufgabe in der Erhaltung
der demokratiſchen Republik ſieht. Jeder Verſuch der
rechts gerichteten Parteien, die Nation wieder
inzwei feindliche Heerlager zuſpalten, in „
bür=
gerliche” und „ſozialiſtiſche” Parteien, iſt ein
Unglück fürs Volk und iſt darum zu bekämpfen.
Auch mit dem Zentrum verbindet uns nur die gemeinſame
Sorge für die Erhaltung der demokratiſchen Republik. Verläßt
es dieſen Boden, dann iſt keine anders geartete Gemeinſchaft
denkbar, denn ſeine ſonſtige Weltanſchauung iſt und bleibt uns
fremd. Unſer politiſcher Grundſatz: Gleiche ſtaatsbürgerliche
Rechte für Alle, freie und gleichberechtigte Betätigung aller
Reli=
gionen und Konfeſſionen ſoll Katholiken, Proteſtanten und Juden
in gleichem Maße zugute kommen. Andererſeits lehnen wir jede
Sonderſtellung einzelner Konfeſſionen im Staat und jeden
Ein=
griff in die Staatshoheit auf das beſtimmteſte ab. Die
heſſi=
ſche Zentrumspreſſe hat ſich gerade in jüngſter
Zeit in häßlichen und unwahren Angriffen auf
die Demokraten gefallen. Wirlehnen esab, ihr
aufdieſem Gebiet zufolgen. Soll dieſes Vorgehen die
Vorbereitung für eine Rechtsſchwenkung zu den Gegnern der
bemokratiſchen Verfaſſung ſein, dann ſind nicht wir es, die
Hen Frontwechſel verurſachen.
Die Deutſche Volkspartei gilt als unſere nächſte Nachbar=
Sartei. Im Reiche arbeitet ſie mit der Demokratiſchen Partei zu=
Fammen. Anders in Heſſen. Hier beſtehen die alten
traditio=
mellen Gegenſätze fort. Daß die Deutſche Volkspartei in Heſſen
micht an der Regierungskoalition beteiligt iſt, liegt nicht an den
Demokraten, ſondern an der Volkspartei ſelbſt. Ihr Hochmut und
ehre Zwieſpältigkeit zeigen ſich auch in dieſem Wahlkampf. Sie
tritt ein für Volksgemeinſchaft und verantwortungsvolle
Mit=
arbeit und weiſt auf der andren Seite die Sozialdemokratie
zu=
gunſten eines Bürgerblocks zurück. Sie ſtellt ſich auf den
Boden der Weimarer Verfaſſung und kämpft
boch für Schwarz=Weiß=Rot und für ein „
Volks=
kaiſertum”. Sie bezeichnen ſich als Gegner der „
Erfüllungs=
politik”, ſind aber bereit, „ſchwerſte Opfer zu bringen, wenn damit
dem deutſchen Volk der Weg zur Freiheit eröffnet wird”. (Wer
begreift dieſen Widerſpruch?) Stolz rühmt ſich die Partei ihrer
Erfolge: Wiederaufrichtung der Autorität des Reiches, Ruhe und
Ordnung im Innern, eine gefeſtigte Währung — —, den
demokratiſchen Reichswehrminiſter Dr. Geßler, der
für Ruhe und Ordnung verantwortlich iſt, den
demo=
tratiſchen Reichsbankpräſidenten Dr. Schacht, dem das
Schickſal der deutſchen Währung anvertraut iſt, gibt es offenbar
für die Deutſche Volkspartei nicht, der auch der
Reichsfinanz=
miniſter Dr. Luther nicht angehört. Wohl aber gehören zur
Deutſchen Volkspartei der Innenminiſter Jarres, der
Ver=
treter der „Verſackungspolitik” im beſetzten Gebiet, und der
ehe=
malige Wirtſchaftsminiſter Dr. Becker, der glorreiche
Ver=
lierer des Ruhrkrieges.
Der Heſſiſche Bauernbund geht auch diesmal geſondert vor,
und ihm ſchließt ſich die freie Bauernſchaft in Rheinheſſen an.
Das iſt aber nur eine Irreführung der Wähler.
Einen Heſſiſchen Bauernbund gibt es im Reichstag nicht. Herr
Dorſch war Mitglied der Deutſchnationalen
Fraktion. Auch in Heſſen hat der Bauernbund eine
Frak=
tionsgemeinſchaft mit den Deutſchnationalen. Alſo:
Wer die Liſte des Bauernbundes wählt, der wählt deutſchuational.
Bauernſtand und Demokratie
In den erſten Jahren des aufgelöſten Reichstags ſtand die
Beſeitigung der am Anfang des Krieges auf Anraten der
Vor=
ſißenden des Bundes der Landwirte eingeführten
Zwangs=
wirtſchaft im Vordergrunde des Kampfes. Politiſche
Aengſt=
lichkeit und egoiſtiſches Intereſſe der in den Wirtſchaftsſtellen gut
Verſorgten hat dieſe Quelle tiefer Verbitterung zwiſchen Stadt
und Land, ausgebreiteter Korruption und — ſchlechter,
ungleich=
mäßiger Verſorgung der Konſumenten viel zu lange fließen
laſſen. Jetzt, nachdem wir in der freien Wirtſchaft ſtehen, begreift
man kaum mehr das lange Feſthalten an der Zwangswirtſchaft.
Uebergangsſchwierigkeiten für die Verbraucher mußten natürlich
entſtehen und überwunden werden.
Schon im Jahre 1920 wollte ein demokratiſcher
An=
trag die Betriebe bis 10 Hektar von der Gerſte= und
Haferwirt=
ſchaft befreien; bei Hafer gelang es. Als bei der Zuteilung des
verbilligten Mais zahlreiche Großgrundbeſitzer mehr erhielten
als zur Viehfütterung notwendig war und mit ihren
Bezugs=
ſcheinen ein einträgliches Börſengeſchäft trieben, war es der
demokratiſche Abgeordnete Landwirt Kerſchbaum, der im
Reichstag dagegen vorging, allerdings mit ähnlichem Erfolg wie
bei den Pferdeverkäufen während des Krieges, wo heute noch
jeder Bauer in Heſſen ein Lied zu ſingen weiß, vvo und wie man
Pferde bekam.
Im Auguſt 1920 wurde ein demokratiſcher Antrag auf
Beſeitigung der Kartoffelzwangswirtſchaft in der Kommiſſion
mit 16 gegen 12 Stimmen angenommen; im gleichen Monat ein
von Dr. Böhme (Demokrat) geftellter Antrag auf Beſeitigung
der Fleiſchwirtſchaft.
Eine wahre Komödie war es, als im Plenum des
Reichs=
tags der Antrag auf völlige Beſeitigung der Zwangswirtſchaft
mit 170 gegen 158 Stimmen abgelehnt wurde; denn es
fehlten bei der Abſtimmung 6 Demokraten, 19
Deutſch=
nationale, darunter 8 Landwirte, und 18 Deutſche
Volksparteiler. Zentrum und Sozialdemokraten
ſtimm=
ten für die Zwangswirtſchaft.
Während des Umlageverfahrens bemühten ſich die
Demokraten unter Führung Dr. Böhmes um eine die kleineren
und mittleren Betriebe ſchonende Staffelung. So lautete der
berühmt gewordene Antrag Nr. 256: „Landwirtſchaftlich
ge=
nutzte Flächen bis zum Umfang von 10 Hektar bleiben von der
Umlage frei, ſofern ſie zu Betrieben bis zur Größe von 50 Hektar
gehören.” Für den Ausfall ſollen die Waldbeſitzer, die große
Holzgeſchäfte machen, herangezogen werden. Außerdem ſollten
Betriebe von über 50 Hektar Getreideanbaufläche mit dem
drei=
fachen Satz pro Hektar belegt werden, wie die Betriebe von 3
bis 10 Hektar.
Alle dieſe Anträge wurden durch das Zuſammengehen
von rechts und links abgelehnt. Der Landbund ſchonte den
Großbeſitz und belaſtet die Bauern.
Im Oktober 1922 wies Dr. Böhme im Reichstag nach, daß
der Führer des Landbundes in Kottbus, von Natzmer, eine
Herabſetzung ſeines Umlageſolls von 2400 auf 250 Zeutner
er=
wirkt hatte, während ein Bauer mit 28 Morgen 28 Zentner zu
liefern hatte.
Als dann im Reichstag die neuen Steuern eine immer
größere Rolle ſpielten, bemühten ſich die Demokraten um die
Be=
ſeitigung des ſchreienden aus der Zeit des alten Syſtems mit der
Die Rentenmark
Welcher Sturm der Entrüſtung brach in den ſogenannten
nationalen Kreiſen, bei der Schwerinduſtrie, dem
Großgrund=
beſitz und anderen Kriegsgewinnlern los, als nach dem Kriege
eine ſcharfe Beſteuerung der großen Vermögen durchgeführt
werden ſollte! Erzberger mußte daran glauben. . . .
Was aber war die Inflation?
Die ſchrecklichſte Steuer, die es gibt. Ganze
Stände, gerade die, die den Beſtand und Zukunft des Volkes
garantieren, ſind untergegangen. Die Inflation war
das Hauptkennzeichen der Wirkung des außenpolitiſchen Druckes.
Aber auch verantwortliche Männer haben ein vollgerütteltes Maß
von Schuld. Dr. Becker und Dr. Cuno mußten erſt aus der
Reichsregierung verſchwinden, Havenſtein mußte erſt das
Zeitliche ſegnen, ehe eine Reform durch den Demokraten
Dr. Schacht möglich wurde. Wer alſo hat das deutſche Volk aus
dieſer entſetzlichen Marter befreit?
Unſer Schacht hat’s gemacht!
Ein plumper Schwindel der Deutſchnationalen, daß ſie
Helfferich als
Vater der Rentenmark
in Anſpruch nehmen. Gerade die Partei Helfferichs hat durch
dauernde Obſtruktion das Zuſtandekommen der Verordnungen
verhindern wollen. Nur unbekümmertes, energiſches Vorgehen
der Reichsregierung hat eine Stabiliſierung der Währung trotz
der Quertreibereien der Deutſchnationalen herbeigeführt und
wieder Gleichgewicht in den Haushaltungsplan des Reiches
ge=
bracht. Gott ſei Dank, daß wir die furchtbaren Leiden der
In=
flationszeit, die das Volk zermürbt hat, ſchnell vergeſſen. Aber
die Verdienſte der Männer, die das ſelbſt dem Ausland
unbegreifliche
Wunder der Reutenmark
fertiggebracht haben, wollen wir nicht
ver=
geſſen!
Vorherrſchaft der Großgrundbeſitzer ſtammenden Unrechts der
ge=
ringeren Beſteuerung des Groß= und des ſtärkeren des Kleinbeſitzes.
Im April 1921 wies Dr. Böhme (Dem.) nach, daß vom
Reichs=
notopfer her der Großgrundbeſitz eine ſtarke Bevorzugung
er=
fahre. Insbeſondere durch die (oft von einem Büro, fern dem
Betriebe, auf allgemeine Angaben hin) landwirtſchaftliche
Buch=
führung rechneten ſich große Betriebe ſtatt Einnahmen Verluſte
heraus. Damals erklärte der zuſtändige
Mini=
ſterialdirektor im Reichsfinanzminiſterium, die
Minderbelaſtung des Großgrundbeſitzes ſei
ſchamlos! Es wurde feſtgeſtellt, daß 14 Bauern mit einer
Durchſchnittsgröße von 100 Morgen mehr Steuer zahlten, als die
30 Großgüter und Domänen des Bezirks. Als dann Dr. Böhme
beantragte, die Güter, die buchmäßige Unterbilanzen hätten,
ſoll=
ten in erſter Linie für die Siedelung von Bauern benutzt werden,
fand der Antrag gegen die Rechtsparteien
An=
nahme.
Der Wehrbeitragswert iſt als Grundlage für viele
Steuern angenommen worden; aber infolge der „beſſeren”
Ver=
anlagung iſt er zu einer ſchreienden Ungerechtigkeit für die weſt=
und ſüddeutſchen Bauern geworden. Er beträgt pro Hektar: in
Oſtpreußen, abgerundet, 550 Mark, Pommern 780 Mark,
Heſ=
ſen 1320 Mark! und Baden 1450 Mark!
Jmmer und immer wieder haben die Demokraten auf
die=
ſes Unrecht hingewieſen, der Abgeordnete Dorſch hat
es bis heute noch zum erſten Male zutun. Er
ſchwieg wie ſeine ſüddeutſchen deutſchnationalen Kollegen!
In den letzten Monaten leidet der
Bauern=
ſtand außerordentlich, unter hohem Steuerdruck, unter
dem Mißverhältnis zwiſchen den Preiſen für Getreide und Vieh
einerſeits und für induſtriell=gewerbliche Produkte andererſeits;
beſonders auch unter zu teurem Kredit. Dieſe Beſchwerden, die
von allen produzierenden Ständen (und von den Lohn= und
Gehaltsempfängern, angeſichts der Minderung ihres
Einkom=
mens) erhoben werden, ſind begründet zum Teil in den
Schwie=
rigkeiten des übergangs von Inflation zu ſtabiler
Mark. Sie werden behoben, wenn wir neues Sparkapital
an=
ſammeln und ausländiſ he Kredite bekommen. Zum anderen
Teile iſt eine Senkung der durch Truſts und Kartelle
hochgehal=
tenen Preiſe für Induſtrieprodukte unbedingt nötig. In der
Frage der Kreditverbeſſerung iſt der Demokrat Dr. Schacht, in
der Frage der Preisſenkung der demokratiſche
Reichswirtſchafts=
miniſter Hamm tätig.
Die Demokratie iſt keine Klaſſen= und Intereſſenpartei.
Darum ſieht ſie mit Bedauern, wie durch den Landbund und
ähnliche Organiſationen der Bauernſtand in einen radikalen
Gegenſatz zum heutigen Staat hineingetrieben wird, der für den
Staat wie den Bauernſtand verhängnisvoll iſt. An dieſem
Widerſtreit haben die Nutznießer des alten
Staates, die Großgrundbeſitzer voran, ein
Intereſſe — der Bauernſtand, der ſeine
Frei=
heit gegenſieerkämpfthat, wahrhaftignicht. Der
Bauernſtand gehört zu den demokratiſchen Schichten des deutſchen
Volkes.
Demokratie und Bauernſtand haben früher miteinander
gekämpft; ſie werden ſich wieder finden.
Arbeit und Arbeiter
Auf einem von der Demokratiſchen Partei in
Darm=
ſtadt kürzlich veranſtalteten „Deutſchen Abend”
ſprach über obiges Thema Prof. Dr.=Ing.
Heyde=
broek, der Rektor der Techniſchen Hochſchule, der
bekanntlich an zweiter Stelle auf der Kandidatenliſte
der heſſiſchen Demokraten für den Reichstag ſteht.
Seine Rede bewegte ſich in folgendem Gedankengang:
Wiederaufbau des Vaterlandes heißt Arbeit und wiederum
Arbeit. Nutzbringende Arbeit, die uns Brot und Freiheit
ſchaf=
fen ſoll, muß Qualitätsarbeit ſein. Zur
Qualitäts=
arbeit gehört aber der Qualitätsarbeiter, und um ihn, der in
Deutſchlands Arbeiterſchaft in hohem Maße vertreten iſt, zu
erhalten, muß er zu ſeiner Arbeit wieder in ein geſundes
Verhältnis gebracht werden. Das Werk, das er ſchafft,
muß ihm Befriedigung gewähren. Jetzt ſteht ihm der Arbeiter
bei der auf die Spitze getriebenen Schematiſierung ſremd, ja faſt
feindlich gegenüber. Die Errungenſchaften der Staatsumwälzung,
Achtſtundentag, Lohnerhöhung und erweiterte
Rechte in den Betrieben, ſind verloren oder bedroht. Ein
großer Teil der Arbeitgeber kehrt den ſchroffen Herrenſtandpunkt
hervor; die Geldentwertung hat die Kraft der Organiſation
zer=
ſchlagen, der Hunger zwingt den Arbeiter zur Unterwerfung.
Die Arbeitsloſigkeit iſt der ſchlimmſte Feind; ſie
demo=
raliſiert bei längerer Dauer auch den beſten Arbeiter. Dieſe
Ent=
wicklung birgt eine große Gefahr. Fünfzig Jahre ging ein Riß
durch unſer Volk. Die Arbeiterſchaft, die durch die
Induſtriali=
ſierung Deutſchlands ein beſonderer Stand geworden war, ſtand
getrennt von den übrigen Volksgenoſſen. Ausgeſchloſſen von
der Mitarbeit am Staat, traten ſie dieſem Gebilde ſeindlich
gegenüber. Helfen hier nicht alle, die dazu
be=
rufen ſind, und das ſind letzten Endes alle, ſo
beſteht die große Gefahr, daß dieſer Riß ſich
erneut auftut, ſich vertieft und erweitert, daß
der Ruf: „Hie Bürger, hie Arbeiter!” zum
Kampf=
ruf wird, die Volksgemeinſchaft zerſtört, die
Staatsgeſinnung des Arbeitnehmers gefähr=
D
dem Maul rettet, awwer des Steuerzahle grundſätzlich als
Dummheit anſieht.”
„No, ich glaub, ich bezahl wahrhaftig mehr als genug bei
dene geſunkene Getreide= und Viehpreiſe”, entgegenete der
Zu=
rechtgewieſene.
„Das gebe ich gerne zu,” lenkte der Lehrer ein, „der
Bauer iſt nun auch in den Kreis der Schwerbedrückten
einbe=
zogen. Das iſt hart. Aber iſt’s ein Unrecht, ſolange andre große
Teile des Volkes mindeſtens gleich ſchwer belaſtet ſind? Nicht
darum handelt es ſich, ob die eine oder die andere Steuer richtig
veranlagt iſt, ob die Wirkung immer gerecht iſt, ſondern darum,
ob das deutſche Volk in allen ſeinen Schichten
ernſtlich gewillt iſt, die Opfer zu bringen, die
heute nötig und die einzig möglichen ſind, um
ihm ſeine Zukunft und ſeine Freiheit zu ſichern.
— Uebrigens wunderts mich einigermaßen, daß Sie ſich über
die Rede des Herrn Dr. Werner ſo begeiſtern, Sie ſind doch
Bauernbündler und an der Spitze Ihrer Kandidatenliſte
ſteht nicht Herr Dr. Werner, ſondern Herr Dorſch und Herr Dr.
Möbins. Sind denn das auch Deutſchnationales”
„Das kann ich Ihue net ſage,” entgegnete ausweichend der
Eck=Wilhelm, „unſere Leut ſind Bauernkandidate.”
„Aber im Reichstag gibts doch keinen Bauernbund. Herr
Dorſch war bisher bei den Deutſchnationalen,
da wird er wohl auch bleiben.”
„Wo ſoll er denn ſonſt hingehe? Zu Euch Pazifiſte, die kei
Kuraſch im Leib hawwe und nis höheres kenne als Steuern
mache?"
„Das haſte getroffe, Eck=Wilhelm,” meinte der Schmied=
Jakob im Weggehen. „Ich ſeh’ dich, wie du mit der
Heu=
gawwel feindliche Flieger herunner holſt. Un alle die
Groß=
mäuler, die vor 5, 6 Jahr lamentiert hawwe: ach, wär doch der
Kram vorbei, die nemmes auf amol mit der ganze Welt auf un
wenns mitm ſtumpfe Beſem wär.”
„Un Steuern brauchſt dann net, das beſorgt Dr. Helfferich
alles umſonſt,” ergänzte der Müller=Anton.
„Scherzt nicht mit ſo bitter ernſten Dingen,” mahnte zum
Schluß der Lehrer. „An ſich wär’s nicht weiter ſchlimm, wenn
das Volk ſich einmal auf die andre Seite legen und probieren
will, ob eine Regierung der Rechtsparteien nicht beſſere
Ver=
hältniſſe ſchaffen kann. Als guter Demokrat füge ich mich dem
Willen des Volkes, auch wenn ich ihn für falſch halte. Das
Volk wird bald erkennen — falls bei der Parteizerfahrenheit
überhaupt eine Regierung zuſtande kommen kann, — daß auch
eine andere Regierung mit Waſſer kochen und
die Dinge nehmen muß, wie ſie ſind. Auch ſie wird nichts andres
tun können, als demokratiſche Politik machen auf der
Grundlage der Weimarer Verfaſſung und Steuern heben von
jedem, der noch etwas hat. Dann wird die Stimmung bald
wieder umſchlagen. Das iſt alſo nicht das Bedenkliche.
Gefähr=
lich wirds nur, wenn außenpolitiſche Dummheiten
gemacht werden, die Deutſchland ins
Verder=
ben ſtürzen und unſere früheren Gegner erneut gegen uns
zuſammenſchmieden. Das kann das Ende des Reiches
ſein. Darum ſehe ich dem 4. Mai mit Beſorgnis entgegen.
Nicht, weil wir verlieren könnten, das iſt nicht entſcheidend —
ſondern weil zu befürchten ſteht, daß dem deutſchen Volke die
kühle Ueberlegung mit gefährlicher Stimmung durchgeht
und daß das Volk dieſe Stimmungsnachgabe bitter büßen muß.
Wenn nur wenigſtens die den Kopf oben behalten, die ſich ein
klares Denken bewahrt haben! Und nun, gute Nacht, meine
Herren!”
Deutſche Jugend
auf zum Kampf für
Reichsehre, Reichseinheit, Reichsverfaſſung!
Die durch den verlorenen Krieg verurſachte Umwälzung
brachte den Zuſammenbruch des alten Rechts und des alten
Staates. Aus einer einzigen Quelle konnte damals neues Recht
und eine neue Staatsform geſchöpft werden, aus der
Demo=
kratie. So entſtand die demokratiſch=parlamentariſche
Repu=
blik der Weimarer Verfaſſung.
Es genügt nun aber bei weitem nicht, ſich mit tiefſter und
innerſter Begeiſterung zur Weimarer Verfaſſung und zur
Repu=
blik zu bekennen, mit dieſem Bekeuntnis fängt erſt unſere
Arbeit an. Wir müſſen neue, lebendige Kräfte in die
Nepublik hineinführen, wir müſſen mithelfen und mitarbei=
ten an dem Wiederaufbau unſeres Vaterlandes, der deutſchen
Republik, — das iſt
unſere nationale Aufgabe und Beſtimmung.
Es gibt zwar auch eine „noch nationalere” Jugend, die ſich
täglich als „chriſtlich” und „deutſch” und „national”, plakatieren
läßt, die jedoch in den Wahlkämpfen ein ſonderbares „
Vor=
bild” des Anſtandes und der „feinen Bildung” abgibt. Der
Knüppel iſt ihr Beweismittel Dazu kommt noch politiſche
Un=
reife, die verdeckt wird durch unheilvollen Mißbrauch geſunden
Nationalgefühls. Mit dieſer Jugend haben wir nichts zu tun.
Deutſche Jugend! Glaube nicht denen, die die Weimarer
Verfaſſung, ohne ſie je geleſen zu haben, verächtlich
machen, die des Reiches Ehre beſudeln, die da ſagen, die ganze
Not und Entbehrung brachte uns die Republik, das iſt
ge=
meine Demagogie. Sie rührt von dem Irrweg, den die
früheren „Führer” des alten Obrigkeitsſtaates unſeligen
Angedenkens uns geführt haben, von dem verlorenen Krieg mit
all ſeinen Folgen. Deutſche Jugend! Laß uns gerade in Zeiten
der Not getreu zur Republik und zur Verfaſſung ſtehen,
zu=
ſammenhalten in unſerem Wollen, für unſere Ideale kämpfen. Es
muß einmal ganz offen und klar und deutlich geſagt werden,
daß wir jene partikulariſtiſche bayeriſche und preußiſche Jugend,
die obendrein noch die Stirne haben, ſich „deutſchnational” oder
„deutſch =völkiſch” zu nennen, mit geiſtigen Waffen
rück=
ſichtslos bekämpfen.
Jugend der Republik! Die wachſenden Anſtürme der
Reak=
tion werden unſeren Kampfesmut ſtärken. Je größer der Druck,
je härter der Kampf, deſto größer iſt unſer Siegeswille. Rüſtet
zum Kampf, kämpft im Sinne und Geiſte unſerer großen
Weg=
bereiter Ernſt Moritz Arndt, Freiherr vom Stein,
Hoffmann von Fallersleben, Ludwig Uhland
und all der deutſchen Vorkämpfer deurſcher Einheit!
Habt Mut und Geduld, einſt kommt der Tag, da wird
geſpannt ein Zelt ob allem deutſchen Land.
Steht feſt im Glauben und laßt euch nicht irre machen, ihr
habt nur ein Vaterland, drum wählt am 4. Mai die Partei, die
das Erbe Friedrich Naumanns und Walther Rathenaus
an=
getreten hat:
Wählt deutſch=demokratiſch!
betund ihndem Bolſchewismus rechts und links
zuführt. Wir kämpfen nicht ſo ſehr um Mandate, wir
kämp=
fen um dieſe Schickſalsfrage des deutſchen Volkes. Und
es wird viel Mühe koſten, das Volk zur Staatsbejahung und weiter
zur Staatsfreudigkeit zu erziehen. Wenn es ſich aber
darum handelt, wollen wir mit der deutſchen Arbeit und dem
deutſchen Arbeiter Seite an Seite ſtehen.
Das
Gutachten der Sachverſtändigen
ſeine Annahme oder Nichtannahme
wird von entſcheidender Bedeutung für das Schickſal des Reiches
ſein. Zum erſten Male in der jetzt fünfjährigen Nachkriegszeit
haben ſich unſere Gegner unter der Führung Amerikas veranlaßt
geſehen, die wirtzſchaftlichen Verhältniſſe des Reiches und ſeine
Finanzkraft eingehend zu prüfen und dazu den Satz aufzuſtellen,
daß Deutſchland keine Reparationen zahlen könne, wenn es nicht
über ein einheitliches Wirtſchaftsgebiet verfüge,
d. h. wenn nicht die Pfänderpolitik an Ruhr und Rhein
auf=
gegeben wird, und wenn Deutſchland ſeine Währung nicht
dauernd ſtabiliſieren könne.
Schon das und vor allem die Beteiligung Amerikas
be=
deutet gegen bisher einen großen Fortſchritt. Die deutſche
Wirt=
ſchaftseinheit — und damit ſelbſtverſtändlich auch die
Verwal=
tungseinheit — im beſetzten Gebiet ſoll wiederhergeſtellt werden.
Die Regiebahnen gehen wieder in die Reichsbahnverwaltung
über. Die Zollſchranke fällt. Sämtliche Leiſtungen, auch die
Beſatzungskoſten, werden in einer Geſamtſumme
zuſammenge=
faßt. Die Reparationszahlungen ſollen nach einer
Uebergangs=
zeit von vier Jahren erſt von 1928 ab voll geleiſtet werden. Die
Zahlungen ſelbſt werden in einer beſonderen Kaſſe geſammelt
und nur dann ins Ausland abgeführt, wenn die Zahlungsbilanz
des Reichs das geſtattet; der Beſtand dieſer Kaſſe darf die
Summe von 5 Milliarden nicht überſteigen. Die ohnehin als
Uebergangsmaßnahme gedachte Rentenmark wird durch die reine
Goldwährung erſetzt; zu dieſem Zweck iſt eine beſondere
Gold=
notenbank zu errichten oder mit der Reichsbank zu verbinden.
Das alles ſind an ſich ganz verſtändige und praktiſche
Maßnah=
men. Aber es wäre ein verhängnisvoller
Irr=
tum, wennmanglaubt, daßnun das Schickſal des
deutſchen Volkes ein leichteres ſein werde. Die
Bedingungen, unter denen dieſe Maßnahmen ins Leben treten
ſollen, ſind überaus hart und werden das deutſche Volk ſchwer
treffen. Vor allem iſt auch diesmal wieder die Geſamtſumme
unſerer Schuld nicht feſtgeſetzt (unſere Gegner wollen offenbar
damit warten, bis auch die Frage der interalliierten Schulden
endgültig geregelt wird). Die vom fünften Jahre ab geforderte
Jahresleiſtung von 2500 Millionen Goldmark iſt viel zu hoch, die
Amerikaner ſehen merkwürdigerweiſe unſere Zahlungsfähigkeit
viel günſtiger an, als ſie in Wahrheit iſt. In den erſten vier
Jahren ſind zwar Erleichterungen vorgeſehen, aber dieſe ſind
angeſichts unſerer geſchwächten Wirtſchaftskraft viel zu gering.
Die vorgeſehene Finanzkontrolle iſt hart und demitigend. In
dem Verwaltungsrat der zu gründenden deutſchen
Eiſenbahn=
geſellſchaft ſowie im Generalrat der Währungsbank ſitzen
aus=
ländiſche Vertreter. Ein Kommiſſär überwacht die Ausgabe der
Goldnoten. Die Zölle und beſtimmte Verbrauchsſteuern ſind von
vornherein an die Entente abzuliefern. Im Gutachten iſt nur
von der wirtſchaftlichen Einheit des Ruhr= und
Rheinge=
biets mit dem Reiche die Rede. Von der Freigabe der
Gefange=
nen und von der Rückkehr der Ausgewieſenen ſagt es nichts,
weil das politiſche Fragen ſeien. Wie löſen ſich dieſe für das
deutſche Volk ſo überaus wichtige Fragen? Wird es der
Reichs=
regierung möglich ſein, auch dieſe Fragen in Geſtalt ultimativer
Bedingungen in die Verhandlungen einzubeziehen, ohne das
Ganze zu gefährden?
Das ſind ſehr ſchwerwiegende Bedenken. Und doch, welcher
verantwortungsbewußte Politiker wird deshalb das Gutachten
von vornherein zurückweiſen? Wäre damit nicht die letzte
Mög=
lichkeit einer friedlichen Löſung aus der Hand gegeben! Würde
man damit die für uns günſtigere Stimmung in England und
Amerika nicht mit einem Schlag vernichten? Würde man vor allem
nicht dem Teil unſerer Gegner in die Hände arbeiten, dem das
Gut=
achten nicht gerade erwünſcht zu ſein ſcheint? Es ſteht viel auf dem
Spiele, und darum haben ſich auch die Vertreter
rechtsgerich=
teter deutſcher Länderregierungen für die Annahme des
Gutach=
tens ausgeſprochen. Auch die Deutſchnationalen
würden nicht anders verfahren, wenn ſie in der
Regierung wären; nur heute, im Wahlkampf
leiſten ſie ſich die billige Gegnerſchaft der
Un=
verantwortlichen. Charakteriſtiſch iſt, daß die
Deut=
ſche Volkspartei unter der Führung Streſemanns für die
Annahme des Gutachtens eintritt, trotzdem ſie weiß, daß die
poli=
tiſchen Bedingungen wenigſtens vorerſt nicht erreichbar ſind, und
daß die geforderten Beträge wahrſcheinlich nicht voll gezahlt
wer=
den können. Welche Wandlung gegenüber der „
Erfüllungspoli=
tik” Dr. Wirths, bei der es ſich dank dem Eingreifen
Rathen=
aus zuletzt um weit geringere Summen handelte,
und das zueiner Zeit, in der unſere Wirtſchaft
viel beſſer ſtand, als nach dem verlorenen
Ruhr=
krieg! Man iſt bereit, viel, ſehr viel zu zahlen, manche
Demü=
tigung mit in den Kauf zu nehmen, und man iſt doch Gegner der
Erfüllungspolitik. Hätte man dieſe rechtzeitig und richtig
begriffen, dann wäre es vielleicht nicht zu dem Ruhrkrieg
gekommen und wir wären heute nicht in die Notwendigkeit
ver=
ſetzt, derartig harte und demütigende Bedingungen
anzu=
nehmen. —
Der deutſchnationale Abgeordnete Kindt
Er hat bekanntlich das Heſſenland vor dem Untergange
ge=
rettet — mit dem M. und — und verzapft auch ſeine Weisheit
über die Reichspolitik. Folgende Sätze aus einem Bericht über
ſeiue Verſammlung in Jugenheim verdienen feſtgehalten zu
wer=
den: Herr Kindt tritt für einen aktiven Widerſtand gegen die
Beſatzungsmächte ein. Pazifismus iſt Schwindel. Er iſt gegen
alle Verträge mit dem raubluſtigen Frankeich und für
Zer=
reißung des Verſailler Vertrages. Militarismus gibt dem Staat
Macht und Anſehen, unter ſeinem Schutze gediehen die Länder
und blühten Wirtſchaft und Kultur. Ein gefährlicherer Gegner
als die rote Internationale iſt die durch das Judentum
ver=
körperte goldene Internationale. Mindeſtens ebenſo
ver=
urteilenswert iſt die ſchwarze Internationale, deren Leitung in
dem undeutſchen Zentrum liegt. Zum Schluß bekommt Herr
Dr. Streſemann den üblichen Eſelstritt, weil er für die Annahme
des Sachverſtändigengutachtens iſt.
Ein vorbildlicher Politiker, dieſer Herr Abg. Kindt. Seine
Vorbilder entnimmt er wahrſcheinlich der wilhelminiſchen Aera,
in der man es mit gleichem Geſchick meiſterhaft
verſtan=
den hat, ſich mit, allen größeren Nationen der
Welt zuverfeinden. Mit wem will nun Herr Kindt ſeine
Politik machen, wenn er demnächſt den großen Sieg errungen
hat? Rechnet er damit, daß es gemeinſam mit Hitler und
Ludendorff reicht, oder denkt er an eine Heranziehung der
Kom=
muniſten? Echt Kindtiſch wärs ſchon.
Wähler und Wählerinnen! Ihr habt Euer Kreuz
dahin
2. Vereinigte ſozlal-demokratiſche Partei Deutſche Volkspartel Eiſte der Kommuniſten Ulrich
Dr. Dao0
Dr. Aueſſel
Beckmann Dr. Becker
Schott
Dingeldey
Birnbaum Ebner
Klehm
Hammann
Galm 6. Deutſche demokratiſche
Partei Heſſen-Darmſtadt Haeußerbund Deutſchnatſonale
Volkspartei u. völkiſch=
Daterländiſcher Block Korell
Heldebrock
Eberle
Schnelder Haeußer
F Stumopltſch
Juels
Graf o. Bothmer Dr. Werner
/ Dr. Meesmann
Naab
Naumann
zu machen, dann wählt Ihr richtig und demokratiſch!
Vier Jahre
auswärtige Schaukelpolitik
Der alte Reichstag wußte nicht, war er ein Reichstag der
Rechten, war er ein Reichstag der Linken?. Die Partei= und
Mehrheitsverhältniſſe waren verſchwommen. Und
verſchwom=
men war daher die Regierungspolitik, beſonders auch die
aus=
wärtige Politik. Bald links, bald rechts. Bald gut, bald ſchlecht.
Wurde unter demokratiſcher Führung regiert, ſo wurde mit
den verbliebenen beſchränkten Mitteln Beſtmögliches geleiſtet;
hatten rechtsgerichtete Elemente das
Ueber=
gewicht, ſo ging jedesmal das Augenmaß für das
politiſch Erreichbare verloren und Deutſchland
kam zu Schaden an Land, Gut und Geld.
Juni 1920 gewählt, brachte der Reichstag zunächſt die
rechts=
gerichtete Regierung Fehrenbach=Simons. Der
diploma=
tiſche Fachmann Simons hat während dreier Vierteljahre
Amts=
zeit und auf zwei großen Konferenzen in Spaa und in London
es nicht fertig gebracht, irgendein Arrangement mit den Gegnern
zuſtande zu bringen — weder ſpeziell über Kohlen, noch generell
über Reparationen —; zweimal kam es zum Diktat. Unter
dem Kohlendiktat ſeufzen wir, wenn auch unbewußt, ſeither Tag
für Tag, Winter für Winter. — Dem Londoner Ultimatumsdiktat
aber war ſogar die Beſetzung der bis dahin freien
Rheinhäfen und =ſtädte Düſſeldorf, Duisburg
und Ruhrort vorangegangen. Wenige Tage vor der
Ent=
ſcheidung auf das Londoner Ultimatum trat Simons, bzw. das
Kabinett Fehrenbach ohne irgendwelche Vorbereitung der
Ent=
ſcheidung ab. Es folgte der Erfüllungskanzler, Wirth, der,
ganz und gar links eingeſtellt, das Londoner Ultimatum annahm.
Seine und ſeines anfänglich „Sachverſtändigen”, ſpäteren
Außen=
miniſters, des Demokraten Rathenau,
Verſtändigungs=
arbeit ward von erſtem Erfolg gekrönt, indem Deutſchland als
ebenbürtige diplomatiſche Verhandlungsmacht
anerkannt und in Genua Richtlinien für geordnete weitere
Behandlung des Reparationsproblems verabredet wurden, wie
ſchon durch das Wiesbadener Rathenau=Loucheur=Abkommen
gangbare Wege für Sachlieferungen zunächſt mit Frankreich
auf=
gezeigt worden waren. Der Vertrag von Rapallo, der während
der Genueſer Konferenz getätigt wird, iſt dann der erſte freie,
große diplomatiſche Schritt Deutſchlands, der unſere Nückkehr
zu eigenem diplomatiſchen Wollen und Wirken bekundet und
auch von allen Seiten alsbald dementſprechend
— gern oder ungern — reſpektiertwird. Wir haben
ſeines=
gleichen nicht mehr erlebt.
Trotz alledem: Am 24. Juni 1922 wird der Jude verbrannt,
d. h. Rathenau ermordet von Mördern, die demnächſt mit einem
Hoch auf Erhardt in den Tod gehen. Wirth allein kann ſich nicht
halten. Es kommt das wieder ganz nach rechts gerichtete
Kabi=
nett Cuno=Roſenberg=Becker. Während ſelbſt Simons noch in
London ſo ſelbſtändig war, nicht „der junge Mann von Herrn
Stinnes” ſein zu wollen, hat das nunmehrige Kabinett
gegen=
über der Großinduſtrie keinerlei Halt. Dem ſeit Jahren mühſam
aber erfolgreich von Wirth=Rathenau abgewehrten franzöſiſchen
Drängen nach der Ruhr hat das neue Kabinett weder innere
Feſtigkeit noch äußere Gewandtheit entgegenzuſetzen, nachdem die
vom Wirtſchaftserfolg berauſchte Induſtrie immer lauter ihr
ſiegesgewiſſes: „Sie ſollen nur kommen; ſie werden auch wieder
gehen!” ruft. — Alles weitere iſt noch in furchtbarſter
Er=
innerung. Werke und Werte fallen der franzöſiſchen Beſetzung
anheim, gegen die der ſo laut und heftig beklagte Verluſt
Ober=
ſchleſiens als geringer Bruchteil wirkt. Die innere
Wirt=
ſchaft zu halten, geſchieht ſeitens des
Reichs=
wirtſchaftsminiſters und Volksparteilers
Becker nichts — abgeſehen von einem
ſporadi=
ſchen Stabiliſierungsverſuch der Währung, den
ſeine eigenen Parteigenoſſen zum Scheitern
bringen. —
Streſemann als Mann der großen Koalition reißt aus der
Agonie, in die mit den Herren Cuno, Roſenberg und Becker das
ganze Deutſche Reich zu verſinken droht, uns wieder hoch. Seine
bedingungsloſe Aufgabe des paſſiven Widerſtandes, ſo wenig
dekorativ ſie iſt, ſetzt uns vor aller Welt wieder ins Recht, den
Gegner ins Unrecht. Beweis: Das Verhalten Amerikas
ſeither, die Sachverſtändigen=Arbeiten uſw. —
Es kommt in Deutſchlands außenpolitiſcher Situation heute
nicht darauf an, daß unſere Politik gut ausſieht, ſondern es
kommt darauf an, daß ſie gut iſt. Nur ein Schelm verſpricht
mehr als er hat. Wir alle haben im November 1918 noch viel
fürchterlichere Traumgeſichte geſehen, als die Wirklichkeit ſie uns
ſeither beſchert hat. Auf vielen Gebieten, bei faſt allen
Aus=
wirkungen von Kriegsverluſt und Friedensvertrag iſt uns mehr
erſpart worden, als mancher Verantwortliche vor 5 Jahren zu
hoffen wagte. Verdienſt hieran haben allein die
Mit=
telparteien, und am erſten die zentralpolitiſche Fraktion
des neuen Deutſchlands: Die Deutſch=demokratiſſche
Partei!
Wählt darum die Liſte Korell!
Unſere Kandidaten
Auf dem amtlichen Wahlzettel ſtehen nur die vier erſten
Namen der demokratiſchen Liſte. Die muß man ſich merken und
den Kreis, bei dieſen Namen mit einem Kreuz (8) ausfüllen.
Haben wir nötig, dieſe vier unſeren Freunden vorzuſtellen? Für
demokratiſche Parteimitglieder ſicher nicht, aber für andere Wähler,
die ſich für unſere Liſte intereſſieren, ohne einer beſtimmten
Par=
tei anzugehören, mags immerhin nützlich ſein:
1. Pfarrer Adolf Korell,
unſeren bisherigen Reichstagsabgeordneten, den
kennt gewiß jedermann im Heſſenlande und viele
Leute darüber hinaus. Glänzender Redner ſowohl
auf der Kanzel wie auf der Reichstagstribüne, das erkennen
Freund und Feind an. Ein unerſchrockener Kämpfer für
Frei=
heit und Recht, der — obwohl geborener Oberheſſe — gerade
we=
gen ſeiner vorzüglichen Eigenſchaften in Rheinheſſen eine
zweite Heimat fand, aus der er wegen ſeiner unerſchrockenen
politiſchen Haltung ausgewieſen wurde. Viele Jahre hindurch
hat er in der Partei und für die Partei gekämpft und gelitten.
Vielen iſt er ein warmherziger Berater. Seine gründliche
Kennt=
nis der Berufs= und Lebensintereſſen der Landwirte machen
ihn beſonders geeignet, die Intereſſen des Bauernſtandes in
warmherziger Weiſe wahrzunehmen, ohne daß er deshalb andere
Berufsſtände weniger beachtet. Es iſt ein weit über die
Partei=
grenzen hinausgehendes allgemeines politiſches
In=
tereſſe, dieſen ſeltenen Mann dem Reichstag
zu erhalten.
2. Profeſſor Dr. Heydebrvek.
Auch dieſer Name iſt weit über den Rahmen ber Partei und
über die Grenzen des Landes hinaus aufs Beſte bekannt.
Pro=
feſſor Heydebroek hat als Ingenieur die beſte Möglichkeit, die
Lebensintereſſen der deutſchen Wirtſchaft und
der in ihr Tätigen kennen zu lernen. Man ſchätzt ihn in Fach=
und Wirtſchaftskreiſen als hervorragenden Sachverſtändigen, und
nicht minder warm tritt er für die Rechte und das Wohl derer
ein, die als Arbeiter und Angeſtellte in der Induſtrie
ihren Unterhalt ſuchen. Die Wertſchätzung, die er in den Kreiſen
der Wiſſenſchaft, insbeſondere bei der Darmſtädter Techniſchen
Hochſchule, genießt, findet u. a. auch darin ihren Ausdruck, daß
er für das laufende Jahr zum Rektor der Techniſchen
Hochſchule gewählt wurde. Nicht zuletzt weiß auch die
Darm=
ſtädter Studentenſchaft, was ſie der unermüdlichen Fürſorge des
Herrn Profeſſor Heydebroek auf den verſchiedenſten Gebieten zu
danken hat.
3. Landwirt Eberle, Bürgermeiſter in Wolfsheim in Rheinh.
Auch Herr Eberle iſt weit über die Grenzen ſeiner
rhein=
heſſiſchen Heimat hinaus beſtens bekannt. Er gehört zu der
leider kleiner gewordenen Zahl von Bauern, die nicht als eine
Schädigung ihrer Berufsintereſſen betrachten, wenn ſie
gleich=
zeitig die alten bewährten Ideale hochhalten,
unter denen der Bauernſtand in früheren Jahrzehnten frei und
groß geworden iſt: Freiheit und Gleichberechtigung.
Herr Eberle war Mitglied der heſſiſchen
Landwirtſchafts=
kammer. Das und ſeine Wahl, zum Bürgermeiſter ſeines
Heimatortes beweiſen, welch” hohe Achtung er genießt. Er iſt
auch höherer Ehren wert und würdig.
4. Frau Schneider=Haggenmüller in Gießen
war Lehrerin, welchem Beruf ſie infolge ihrer Verheiratung
entſagen mußte. Frau Schneider bringt eine doppelte
Legiti=
mation für das Amt eines Reichstagsabgeordneten mit; ſie iſt
Frau und weiß als ſolche den beſonderen Intereſſen ihrer
Geſchlechtsgenoſſinnen Rechnung zu tragen, und ſie bringt als
ehemalige Lehrerin die Erfahrungen und Kenntniſſe einer
Er=
zieherin mit, eine Eigenſchaft, die im Intereſſe des
heranwachſen=
den Geſchlechts nicht hoch genug veranſchlagt werden kann.
Der Vollſtändigkeit wegen bringen wir hier den
Wahlvorſchlag, wie er bei dem Wahlleiter eingereicht worden iſt.
1. Korell, Adolf, Pfarrer, Nieder=Ingelheim, z. Zt. Rendel
(Oberheſſen).
2. Heydebroek, Enno, Prof., Dr.=Ing., Darmſtadt.
3. Eberle, Johannes IV., Landwirt, Wolfsheim (Rheinh.).
4. Frau Schneider=Haggenmüller, Gießen.
5. Kappus, Ludw., ſen., Fabrikant, Offenbach a. M.
6. Heil, A. W., Fabrikant, Butzbach.
7. Meſchkat, Hermann, Gewerkſchaftsſekretär, Worms.
8. Frau Klara Grein, geb. Nielſen, Offenbach a. M.
9. Urſtadt, Miniſterialdirektor, Darmſtadt.
10. Henrich, Konrad, Finanzminiſter, Darmſtadt.
ſpricht im Auftrag der
Demokratiſchen
Partei
am Donnerstag, den 1. Mai, im Städtiſchen Saalbau zu Darmſtadt
Druck: L. C. Wittich. Verantwortlich; Ludwig Hölzel. Beſde in Darmſtadt.