Darmstädter Tagblatt 1924


18. März 1924

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Einzelnummer 10 Goldpfennäge

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Ti
Heſſiſche Neueſte Nachrichten
A.
Morgenzeitung der Landeshaupiſtadt
Wöchentliche illuſtrierte Beilage: Die Gegenwart, Tagesfpiegel in Bild und Wort
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Nummer 78
Dienstag, den 18. März 1924.
187. Jahrgang

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ſtädter
8 Nationalbant.

Kanzlerbeſuch in Wien.
Dr. Sireſemann begleitet den Kanzler.
Berlin, 17. März. Der Reichskanzler und der
Reichsminiſter des Aeußern begeben ſich am Dienstag
nachmittag zu einem etwa zweitägigen Aufenthalt nach Wien,
um den Beſuch des Bundeskanzlers Seipel zu erwidern. Ge=
legentlich
der Anweſenheit des Reichskanzlers und Miniſters des
Aeußern in Wien, die vom Staatsſekretär in der Reichskanzlei,
Bracht, begleitet ſein werden, dürften die kürzlich in Berlin ge=
führten
Verhandlungen über die wirtſchaftlichen und Handels=
beziehungen
Deutſchlands und Oeſterreichs, ſowie auch die Frage
der Rechtsangleichung und des Verkehrs Gegenſtand einer Aus=
ſprache
ſein.
Reichskabinett und Beamtengehälter.
* Berlin, 17. März. (Priv.=Tel.) Das Reichskabinett
hat ſich in ſeiner heutigen Sitzung mit der Frage beſchäftigt,
wie weit eine Aufbeſſerung der Beamtengehälter ohne Gefähr=
dung
unſerer Währung erfolgen kann. Das Kabinett kam noch
zu keinem Beſchluß. Die Beratungen werden morgen fortgeſetzt.
Auch der Reichsrat wird ſich morgen nachmittag mit dieſer An=
gelegenheit
beſchäftigen.
A4
Geſetzeatwurf über die Errichtung von Aerztekammern.
Berlin, 17. März. Das preußiſche Staatsminiſterium
hat an den Staatsrat den Entwurf eines Geſetzes über die Er=
richtung
gemeinſamer Aerztekammern für die Provinzen Nieder=
ſchleſien
und Oberſchleſien, ſowie für die Provinzen Branden=
burg
und Poſen, Weſtpreußen und die Stadt Berlin gerichtet.
Es ſoll, wie der Amtliche Preußiſche Preſſedienſt mitteilt, für
die Provinzen Niederſchleſien und Oberſchleſien eine gemeinſame
Aerztekammer mit dem Sitz in Breslau, und für die Provinzen
Brandenburg und Grenzmark Pcſen, Weſtpreußen, ſowie die
Stadt Berlin eine gemeinſame Aerztekammer mit dem Sitz Ber=
lin
errichtet werden. Die Stadt Berlin gilt als Provinz im
Sinne dieſer Vorſchriften.
Oeutſchnationaler Wahlerfolg in Poisdam.
Potsdam, 17. März. Bei den geſtrigen Stadtverordneten=
wahlen
erhielten die Deutchnationalen 11 962 Stimmen (18 Man=
date
), Deutſche Volkspartei 2645 Stimmen (4 Mandate), Deutſche
Demokratiſche Partei 1363 Stimmen (2 Mandate), Zentrum 987
Stimmen (1 Mandat), Vereinigte Sozialiſten 3392 Stimmen
(5 Mandate), Unabhängige Sozialdemokraten 435 Stimmen
(0 Mandat), Kommuniſten 2288 Stimmen (3 Mandate), der
völkiſch=ſoziale Block 1410 Sümmen (2 Mandate), die Deutſch=
ſoziale
Partei 1776 Stimmen (2 Mandate).
Die Wahlßeteiligung betrug etwa 78 Prozent. Während das
jetzige Stadtverordnetenparlament 43 Sitze haben wird, zählte
das verfloſſene Stadtparlament 63 Sitze; von dieſen hatten zu=
letzt
die Deutſchnationalen 16 Sitze, die Deutſche Volkspartei 6
Sitze, das Zentrum 3 Sitze, die Demokraten 14 Sitze, die
V. S. P. D. 13 Sitze, die Kommuniſten 2 Sitze. Bei der Wahl
am 2. März 1919 hatten die Sozialiſten aller Schattierungen zu=
ſammen
9567 Stimmen, während ſie bei der geſtrigen Wahl nur
6014 Stimmen (V. S. P. D., Kommuniſten, Unabhängige) auf=
bringen
konnten.
Ein Handgranaten=Attentat.
Hindenburg, 17. März. Geſtern abend wurde in den
Saal einer Wirtſchaft, in der eine Verſammlung der Deutſch=
völkiſchen
Partei ſtattfand, eine Handgranate geworfen. Drei
Perſonen wurden verletzt. Der Täter, ein gewiſſer Otto Breucker
aus Kupferdreh, wurde ſpäter feſtgenommen.
Frauentagung in Mannheim.
Mannheim, 16. März. Der Bund der deutſchen
Frauenvereine iſt heute im Verſammlungslokal des Roten
Gartens zu ſeiner 13. Sitzung zuſammengetreten. An 200 Dele=
gierte
und ebenſo viel Gäſte aus allen Gauen Deutſchlands und
der beſetzten Gebiete ſind zu dieſer bedeutſamen Tagung einge=
troffen
, unter anderen hat auch der Verband deutſcher Haus=
frauenvereine
und der Verband landwirtſchaftlicher Hausfrauen=
vereine
Delegierte entſandt, ebenſo wie die Berufsorganiſatio=
nen
der liierten Poſt=, Telegraphen= und Eiſenbahnbeamtinnen,
ſowie der Sozialbeamtinnen Deutſchlands. Hervorzuheben iſt
die Anweſenheit der Vorſitzenden des Bundes der Schwveizer
Frauenvereine. Als Vertreter des Reichsminiſteriums iſt Mini=
ſterialrat
Dr. Bauer, vom badiſchen Miniſterium Geheimrat
Steiner, ſowie verſchiedene Vertreter der ſtädtiſchen Behörden
Mannheims anweſend.
Die Tagung wurde von Frau Dr. Marianne Weber= Hei=
delberg
eröffnet durch eine Begrüßungsanſprache, in deren
Verlauf auch der Treue der deutſchen Hausfrauenvereine gegen=
über
den Schweſten des beſetzten Gebiets, insbeſondere der Pfalz,
Ausdruck gegeben wurde. Im Anſchluß hieran wurde folgende
Reſolution einſtimmig angenommen:
Die zur Tagung des Bundes deutſcher Hausfrauenvereine
hier verſammelten Frauen aller deutſchen Gaue gedenken in
Herzlichkeit und Treue der Frauen in den beſetzten Ge=
bieten
, vor allem ihrer Schweſtern in der Pfalz. Sie danken
ihnen, daß ſie in aller Not und Bedrückung den deutſchen Ge=
danken
behalten. Sie verſprechen, ihnen Treue zu wahren, und
alles zu tun, um das Schickſal derer zu lindern, die von Haus
und Hof vertrieben wurden, weil ſie dem Vaterland nicht untreu
werden wollten. Indem ſie ihre Grüße über den Rhein hinüber=
ſenden
, hoffen ſie, daß in kurzer Zeit alle Schrauken fallen wer=
den
, die heute noch deutſche Volksgenoſſen voneinander trennen.

Vom Tage.

Wie wir hören, wird die deutſche Botſchaft in Amgora,
dem Sitz der türkiſchen Regierung, demnächſt beſetzt. Die Per=
ſonenfrage
iſt entſchieden, es werden zurzeit Verhandlungen mit der
türkiſchen Regierung wegen des Agrements für den in Ausſicht ge=
nommenen
Botſchafter geführt.
Der Poſtpaketverkehr nach den europäiſchen und außer=
wegen

enropäiſchen Ländern hat auch über Bremen Seeweg
des Hafenarbeiterſtreiks eingeſtellt werden müſſen.
Wie verlautet, beabſichtigt man in Hamburger Arbeitgeber=
kreiſen
den an der Vulkanwerft zur Neparatur liegenden Hapag=
dampfer
Hanſa als Wohnſchiff für Arbeitswillige
einzurichten. Die Lage auf den Werften iſt unverändert.
Die Innungsvorſtände der Handwerkskammerin ſind, wie
der Amtliche Preußiſche Preſſedienſt einem Erlaß des Handelsmini=
ſters
entnimmt, berechtigt, Ordnungsſtrafen im Betrage
von mindeſtens einer und höchſtens tauſend Goldmark feſtzuſetzen,
bzv. anzudrohen.
Am Sonntag vormittag fand eine gewaltige Treukundge=
bung
der vaterländiſchen Kreiſe Münchens auf dem Königsplatz
im Beiſein von Vertretern der ſtaatlichen und ſtädtiſcheni Behörden,
der Landespolizei, der Studentenſchaft uſw., für die Azusgewie=
ſenen
der Pfalz ſtatt.
Duisburger rheiniſche Schiffahrtsinterefſenten
wurden von franzöſiſcher Seite in Kenntnis geſetzt, dalß die fran=
öſiſche
Kammer einen Geſetzentwurf für die (Errichtung
eines autonomen Hafens in Straßburg ſowie zur Er=
weiterung
der Straßburger Hafenanlagen angenommenn habe.
Nach einer Meldung aus Brüſſel hat der neue Miniſter für
auswärtige Angelegenheiten Hymans den deutsſchen Geſandten
v. Keller empfangen.
Der Metallarbeiterverband im Loiregebiet hait wegen Lohndiffe=
renzen
mit den Arbeitgebern den Generalſtreik prroklamiert. Bisher
ſind 10 000 Arbeiter in den Ausſtand getreten.
Der Gouverneur der Bank von Engiland iſt nach
Paris gebeten worden, um vor dem Dawes=K ſomitee ein Gut=
chten
zu erſtatten, unter welchen Bedingungen deutſche4 Anleihen auf
dem Weltmarkt untergebracht werden können.
Aus Athen wird gemeldet, daß die Ausrufung der Repu=
blik
nur noch eine Frage von Tagen ſei. Das Kabinett
Papangstaſin treffe bereits alle entſprechenden Maßnahmen.
Nach einer Blättermeldung aus Newyork verlautet aus San=
tiago
de Chile, daß dort mehrere Erdſtöße verſpürt worden
ſeien. Einzelheiten werden noch nicht angegeben.

Die Pfalzfrage.
Neue Alarmnachrichten aus der baheriſchen Pfalz.
London, 17. März. (Wolff.) Daily News ſchreibt, die
letzte Information aus der bayeriſchen Pfalz
ei ſehr beunruhigend. Sie zeige, daß die kürzliche eng=
liſch
=franzöſiſche Regelung nicht befriedige, da die Separatiſten
trotz ihrer Abſchüttelung ihre politiſchen Pläne in beſonders un=
heilvoller
Form fortſetzen. Die Separatiſten hätten ſich jetzt an
die Spitze verſchiedener Körperſchaften von Arbeitsloſen geſtellt
und mit Hilfe reichlicher Verſorgung mit Geld und Waffen einen
Terror geſchaffen, der, wie es heiße, ebenſo groß ſei wie in den
Tagen, wo die ſogen. autonome Regierung die Kontrolle in
den Händen gehabt habe. Noch ernſter ſei die Behauptung, daß
die örtlichen franzöſiſchen Militärbefehlshaber
dieſe neue Bewegung heimich unterſtützten. Es
erſcheine vollkommen klar, daß keine Rückkehr zu dem normalen
Zuſtand ordentlicher Sicherheit folgen werde, bevor nicht die zwei
oder drei führenden franzöſiſchen Offiziere in der Pfalz gänzlich
zurückgezogen würden und die früheren Beamten, die der baye=
riſchen
Regierung wirklich verantwortlich ſeien, wieder in ihre
wichtigen Aemter eingeſetzt ſeien. Es ſei klar, daß bei der augen=
blicklichen
Stimmung in Deutſchland die bevorſtehenden Ver=
handlungen
in einer gefährlich geſpannten Atmöſphäre begin=
nen
würden, wenn nicht vorher die Pfalzfrage aus dem Wege
geräumt ſei.
Beunruhigung unter der pfälziſchen Bevölkerung.
* Speyer, 18. März. (Priv.=Tel.) Die offiziöſe Havas=
Note, wonach die Rheinlandkommiſſion die Miſſion des inter=
alliierten
Spezialkomitees für die Pfalz als beendet betrachtet,
nachdem in der Pfaz eine allgemeine Entſpannung der Lage ein=
getreten
ſei, und daß deshalb die Sonderkommiſſion aufgelöſt
werde, hat in der pfälziſchen Bevölkerung großes Befremden
hervorgerufen, weil bekanntlich die zweite Pfalzreiſe des
Spezialkomitees nicht das Ergebnis hatte, das man in der Pfalz
auf Grund des Speyerer Abkommens allgemein erwartete. Die
Aeußerungen der engliſche Preſſe, die dahin gehen, daß die neue
Aktivität der Separatiſten um ſo verdächtlicher ſei, als unter
allerlei Vorwänden immer wieder die Rückkehr der bayeriſchen
Beamten hinausgeſchoben werde, haben in der Pfalz großen
Widerhall gefunden, da auch in der Frage der Ausgewieſenen die
zweite Reiſe der Spezialkommiſſion keinen Fortſchritt erzielt
hat. Von den 5300 ausgewieſenen pfälziſchen Eiſenbahnbeamten
und Arbeitern konnten bis jetzt erſt 250 zurückkehren. In dieſer
Ziffer iſt ſelbſtverſtändlich die Zahl der mitausgewieſenen An=
gehörigen
nicht eingerechnet. Noch verſchwindend geringer iſt
die Zahl derjenigen Familienangehörigen ausgewieſener Pfäl=
zer
, denen die Nückkehr erlaubt wurde. Bei ihnen wurde die
Ausweiſung nur ſuspendiert. Sie haben alſo nur die Erlaub=
nis
zur vorübergehenden Rückkehr erhalten. Noch immer war=
ten
etwa 21000 Pfälzer auf die ſchon vielfach zugeſagte Auf=
hebung
der Ausweiſungen.
Der Streik in Hamburg.
Hamburg, 17. März. In den letzten Tagen ſind 26 mit
Stückgütern beladene Dampfer, von See kommend, hier einge=
troffen
. Seit Samstag konnte jedoch nur ein Dampfer abgefer=
tigt
werden, und zwar nach Indien. Da der Ausgangsverkehr
ſo gut wie ſtillgelegt iſt, macht ſich bereits eine ſtarke Stauung
von Schiffen auf den Kais bemerkbar.

Roincarés Nachtſieg.
Mit einer Mehrheit von dreizehn Stimmen hat Herr Poin=
caré
ſich und das Ermächtigungsgeſetz gegenüber dem widerſpen=
ſtigen
Senat durchgeſetzt. Eine Mehrheit, an ſich lächerlich gering,
zumal woenn man berückſichtigt, daß die Hälfte davon auf die Mi=
niſterkollegen
entfällt, die im Senat ſitzen; aber immerhin, in
einer politiſch ſo ſchwierigen Lage iſt ſelbſt eine knappe Majorität
noch ein Sieg. Denn es war zu bedenken, daß Poincaré weit
über die Hälfte des Senats gegen ſich haite, und daß in der gan=
zen
ſtundenlangen Debatte, die ſich bis in die frühen Morgenſtun=
den
des Samstags hinzog, nicht ein einziger Redner für ihn ge=
ſprochen
hat. Selbſt ſeine eigenen Parteifreunde, unter ihnen der
frühere Finanzminiſter Blum, haben ihn mit polifiſchen, finan=
ziellen
und wirtſchaftlichen Argumenten auf das Schwerſte be=
drängt
. Von allen Seiten hat man ihn bekniet, der Abſtimmung
aus dem Wege zu gehen, weil offenbar niemand noch an einen
Erfolg gkaubte. Poincaré iſt feſt geblieben, und er hat Recht be=
halten
; wobei allerdings dahin geſtellt ſein mag, wieweit er ſich
ſelbſt des Ergebniſſes freut. Denn es könnte doch ſchon ſein, daß
er leichten Herzens zurückgetreten wäre. Er hatte die ſchöne Pa=
role
, daß er ſich mit Anſtand aus dem Ruhrkampfe zurückziehen
und ſeinen Nachſolgern die Liquidation überlaſſen konnte, die
vom franzöſiſchen Geſichtspunkt aus doch nicht allzu ausſichtsvoll
iſt. Aber gerade, weil auch ſeine Gegner das erkannten, wird
mancher mit Ja geſtimmt haben, der rein ſachlich lieber mit Nein
geſtimmt hätte. Poincaré iſt in dieſem Augenblick gehalten wor=
den
durch ähnliche Erwägungen, die Herrn Dr. Wirth ſeine Re=
gierungszeit
verlängern halfen: weil niemand recht wußte, was
nachher kommen ſollte; wobei im franzöſiſchen Senat noch eine
leiſe Befürchtung mitfprechen mochte, daß nach dem Sturz Poin=
cares
Präſident Millerand ſeine Diktgturgelüſte durchzuſetzen ver=
ſuchen
würde,
Aber der Gang der Debatte im Senat iſt doch immerhin in=
ſoweit
intereſſant, als Poincaré mit den an den Haaren herbei=
gezogenen
Ausfällen gegen Deutſchland, kein Glück mehr gehabt
hat. Alles, was er zu ſeiner Entſchuldigung nach der Richtung
ſagte, wurde von den verſchiedenſten Rednern beiſeite geſchoben;
die Melssie zieht offenbar im Senat nicht mehr. Man kann ſo=
gar
, wenn man mit der Lupe an die Unterſuchung ſeiner letzten
Rede herangeht, feſtſtellen, daß der große Mann daraus ent=
ſchloſſen
die Folgerungen zog, indem er ſchließlich alle Drohun=
gen
gegen Deutſchland fallen ließ, ja ſogar von der Möglichleit
internationaler Abmachungen mit einer leiſen Verbeugung vor
den Sachverſtändigen in einek Form ſprach, die weitgehendes
Entgegenkommen in Ausſicht zu ſtellen ſchien. Indeſſen, darauf
wollen wir es lieber nicht ankommen laſſen; es iſt ſchwer zu ſagen,
inwieweit dieſe Zurückhaltung auf taktiſche Erwägungen zurück=
zuführen
iſt. Entſcheidend für die Beurteilung und hier liegt
das Geheimnis verborgen iſt lediglich, ob dielleicht die fran=
zöſiſche
Regierung zur Erzielung internationaler Kredite Bin=
dungen
eingegangen iſt, die ihre Bewegungsfreiheit gegenüber
Deutſchland hemmen. Das wäre allerdings ein weſentlicher Fort=
ſchritt
. Tatſächlich iſt ja Poincaré nur dadurch gerettet worden,
daß es ihm in zwölfter Stunde gelang, das Abrutfchen des Fran=
zu
verhindern. Nicht aus eigener Kraft, nicht durch die Rückkehr
des Vertrauens zur franzöſiſchen Währung. Denn auch die neuen,
ſo pomphaft angekündigten Steuern bedeuten ja doch nicht mehr
als lediglich eine Anpaſſung des Papierfranc an die Goldſteuern.
Nein, gerettet worden iſt der Franc diesmal durch die Hilfe
amerikaniſcher und engliſcher Bankhäuſer, die einige Hundert
Millionen Goldfranc zur Verfügung ſtellten. Aber, wenn die
franzöſiſche Preſſe glauben machen will, daß dieſe Unterſtützung
um der ſchönen blauen Augen der franzöſiſchen Republik willen
erfolgt ſei, dann wird ihr außer dem Boulevard=Publikum das
niemand glauben. Dazu iſt das franzöſiſche Geſchäft doch ſelbſt
für das Haus Morgan zu riskant geworden, als daß ohne ſehr
handfeſte Sicherheiten da noch viel Geld hineingeſteckt würde.
Und gerade über dieſe Sicherheiten erfährt man nichts. Sie
werden aber ſehr ſchwer ſein, denn die Kredite ſind kurzfriſtig,
und wenn es nicht anders geht, muß die Bank von Frankreich die
entſprechenden Goldbarren exportieren. Alles alſo Mittelchen,
die auch wir angewandt haben, nur daß ſie bei uns, weil wir
keine Freunde in der Welt hatten, von vornherein nicht ſo harm=
los
ausſahen. Der Effekt jedoch bleibt derſelbe, und der kann
nur der ſein, daß Frankreich eine kurze Schonzeit hat, in der es
möglich iſt, durch Zuſchüſſe aus dieſem Deviſentopf den Fran=
zu
unterſtützen. Auf lange Sicht alſo ein gutes Geſchäft für die
Baiſſiers, wenn ſie den Atem nicht verlieren und wenn nicht in=
zwiſchen
die Vorausſetzungen wegfallen, durch die der Sturz des
Franc bedingt wurde. Sie bleiben aber dieſelben, falls nicht
innerhalb, dieſer Monate das internationale Vertrauen zur fran=
zöſiſchen
Währung und zur ganzen europäiſchen Wirtſchaft wie=
derkehrt
. Die Antwort auf dieſe Frage werden wir erhalten, ſo=
bald
das Gutachten der Sachverſtändigen vorliegt. Bis dahin
und darüber hinaus, bis die Kredite zu Ende ſind iſt Herr
Poincaré Herr der Lage. Er wird auch mit Hilfe des ganzen
amtlichen Apparats im Mai die Wahlen mnchen, aber nach Ab=
lauf
dieſer Friſt muß er Rechenſchaft geben. Und er wird ſich nicht
darüber täuſchen, daß alle dieſe Siege, die er in den letzten Wochen
erkauft hat, Pyrrhus=Siege geweſen ſind. Wir Deutſche wiſſen
es ja leider aus eigener trauriger Erfahrung: daß man ſich auch
zu Tode ſiegen kann.
Aus dem franzöſiſchen Senat.
Paris, 17. März. (Wolff.) Der Senat nahm in ſeiner
heutigen Nachmittagsſitzung die Debatte über die Finanzgeſetze
bei Artikel 51 wieder auf, der in einer von der Finanzkommiſſion
neu eingevrachten Faſſung im Einvernehmen mit der Regierung
angenommen wurde. Artikel 52 und 53 wurden unverändert an=
genommen
. Zu einer längeren, im weſentlichen theoretiſchen De=
batte
kam es bei Artikel 54 des Entturfs, der zur Kontrolle der
Inhaberpapiere die Einführung des Zinsſchein=Bordereaus
vorſieht. Alle Beteiligten, einſchließlich der Regierung, ſind ſich
über den unzulänglichen Charakter dieſes vielumſtrittenen Eni=
wurſes
einig. Senator Levy ſchlug vor, das Projekt fallen zu
laſſen und auf die Kontrolle der Uebertragung zu verzichten, und
ſtatt deſſen die Steuern auf die Einkommen aus den Inhaber=
papieren
zu erhöhen.
In den anſchließenden Ausführungen des Generalbericht=
erſtatters
, der einen entſcheidenden Erfolg bei der Bekämpfung

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Numier 78.

Seite 2.

Darmſtädter Tagblatt, Dienstag, den 18. März 1921.

der in Rede ſtehenden Steuerhinterziehungen nur von einer
interalliierten Verſtändigung über die Behandlung der In=
haberpapiere
erwartet, ſpielt die italieniſche Geſetzgebung eine
große Rolle. Der Finanzminiſter erklärt, daß er die Verant=
wortung
für die Einführung des Zinsſchein=Bordereaus über=
nehme
. Der Artikel 54 wurde ſchließlich mit 213 gegen 66 Stim
men angenommen. Der Senat ſetzte darauf die Diskuſſion der
weiteren Artikel in beſchleunigtem Tempo fort. Faſt ſämtliche
Artikel werden nach dem Entwurf der Kammer angenommen
Bei einigen wenigen ſind unweſentliche Aenderungen vorgenom=
men
worden, zu denen die Kammer noch ihre Zuſtimmung geben
muß.
Die Weiterberatung wurde auf morgen vertagt. Es wird
allgemein angenommen, daß der Senat die Beratung über das
Finanzgeſetz, das 190 Artikel enthält, zu Ende führen wird.
Wahlvorbereitungen in Frankreich.
TU. Paris 17. März. Die franzöſiſchen Linksparteien ent=
falten
für die kommenden Neuwahlen, eine geradezu fieberhafte
Tätigkeit. Geſtern haben in St. Etienne die beiden früheren Mi=
niſter
Painlevé und Violette die Bildung des Blockes der Linken
angekündigt. In vier verſchiedenen Departements haben die Ra=
dikalſozialiſten
und Sozialiſten geſtern gemeinſame Wahlliſten
aufgeſtellt.
Hymans Außenpolitik.
TU. Brüſſel, 17. März. Die Kammer tritt am Diens=
tag
, 2 Uhr nachmittags, zuſammen, um die Programmrede der
neuen Regierung anzuhören. Die Regierung erinnert darin an
die Anſtrengungen, die ſie zu einer gütlichen Regelung des Repa=
rationsproblems
unternommen habe. Leider habe die verſtockte
und ſyſtematiſche Böswilligkeit Deutſchlands die Ergreifung von
Zwangsmitteln zur abſoluten Notwendigkeit gemacht. Man
müßte große Erwartungen auf den Bericht der Sachverſtändigen
ſetzen und auf die neuen Beſchlüſſe, die die Mächte bei Bekannt=
werden
dieſes Berichtes faſſen werden.
Deutſchland und die Reparationskommiſſion.

Berlin, 17. März. Die Reparationskommiſſion hat jüngſt
Aktien der Petersburger Geſellſchaft für elektriſche Beleuchtung
zu einem Einheitseurs für nur 25 Schweizer Franken verkauft
während der Kurs an der Züricher Börſe zur Zeit des Verkaufs
5055 Franken betrug. Der Verkauf iſt alſo nur zur Hälfte
des Börſenpreiſes erfolgt und damit auch die Gutſchrift zu=
gunſten
Deutſchlands auf das Reparationskonto außerordentlich
geſchmälert worden. Der deutſchen Regierung ſteht bei der Ver=
waltung
der an die Reparationskommiſſion ausgewieſenen
Wertpapiere keinerlei Einſpruch zu, wenn ſich die Reparations=
kommiſſion
auch im allgemeinen von deutſcher Seite beraten
läßt. Im vorliegenden Falle iſt deutſcherſeits unter Hinweis
auf die Vorgänge bei der vorerwähnten Geſellſchaft ſeit Jahres=
frift
dringend abgeraten worden, die Aktien zu veräußern. Die
Veräußerung iſt gleichwohl erfolgt. Auf den Hinweis wegen des
ungünſtigen Verkaufs hat die Reparationskommiſſion erwidert,
ſie trage allein die Verantwortung für den Verkauf. Die deutſche
Regierung war demnach nicht in der Lage, dieſe Art der Verwer=
tung
deutſchen Eigentums zu verhindern.
Kalininüber dieruſſiſch=polniſchen Beziehungen
* Moskau, 17. März. (Priv.=Tel.) Auf dem außerordent=
lichen
weißruſſiſchen Kongreß in Minsk trat auch Kalinin
als Redner auf. Er ſprach hauptſächlich von dem Verhältnis zu
Polen und verwies darauf, daß Polen ſich bisher um die wirt=
ſchaftlichen
Beziehungen zur Sowjetföderation nicht bekümmert
hat. Er betonte, daß der neue polniſche Geſandte zwar eine
Regelung des Verhältniſſes anſtreben werde, daß aber für den
Verband der Sowjetrepubliken die Frage der Regelung der
wirtſchaftlichen Beziehungen mit Polen nicht mehr ſo akut ſei.
Der Kongreß ſprach die Hoffnung aus, daß es zu einer Vereini=
gung
aller Weißruſſen in einer einzigen Sowjetrepublik kommen
werde.

Terroriſierung von Arbeitswilligen in Höchſi.
Höchſta. M., 17. März. Im Anſchluß an die Ludwigshafener
Vorgänge wurde Ende der vergangenen Woche auch in den
Höchſter Farbwerken von einem Teil der Arbeiterſchaft
der Verſuch unternommen, die bereits eingeführte neunſtündige
Arbeitszeit wieder zu beſeitigen. Freitag früh, faßte eine von
zvei= bis dreitauſend Perſonen beſuchte Verſammlung den Be=
ſchluß
, am Nachmittag um 4 Uhr die Arbeitsſtätte zu verlaſſen.
Trotzdem ſich der Arbeiterrat gegen dieſe vom Indu=
ſtrieverband
einberufene Verſammlung gewandt und die
Werkleitung durch Anſchlag veröffentlicht hatte, daß diejenigen
Arbeiter friſtlos entlaſſen würden, die den Betrieb vor Schluß
der Arbeitszeit verließen, geſchah dies um 4 Uhr doch von etwa
200 Arheitern. Dieſe nahmen vor dem Haupttor mit Erwerbs=
loſen
des Kreiſes Höchſt Aufſtellung und mißhandelten
die nach dieſer Zeit herauskommenden Arbeiter zum Teil
ſchwer, ſa daß ein Teil der Verletzten ins Kran=
kenhaus
gebracht werden mußte. Die Haupträdels=
führer
konnten von der Polizei in Haft genommen werden. Am
Samstag und heute früh wurde die Ruhe nicht geſtört.

*Großadmiral von Tirpitz.
Zum 75. Geburtstag am 19. März.
Von Vizeadmiral a. D. Dr. h. e. von Mantey.
Wenn man die Flut der Erinnerungen und ſonſtigen
Memoirenwerke aus dem letzten Jahrzehnt an ſich vorbeiziehen
läßt, ſo haben faſt alle dieſe Schriften an Bedeutung verloren,
nur die Tirpitz=Erinnerungen haben ihre urſprüngliche Bewertung
beibehalten. Eine heißumſtrittene Perſönlichkeit des Deutſch=
lands
in der Nach=Bismark’ſchen Zeit iſt dieſer Großadmiral ge=
weſen
und iſt es auch heute noch.
Am 19. März 1849 in Küſtrin als Sohn eines höheren Ge=
lichtsbeamten
geboren, tritt er 16jährig in die Marine ein. Viel
Ausſichten bot die Marine des Jahres 1865 ſicherlich nicht. Der
Seegedanke in unſerem Volke, wenn es überhaupt einen ſolchen
gab, war in den kümmerlichſten Anfängen. Bis Ende der 70er
Jahre iſt in der Marinelaufbahn von Tirpitz nichts beſonderes zu
bemerken, erſt im Herbſt 1877, als Tirpitz der Torpedowaffe zu=
geteilt
und ihr Schöpfer, Organiſator und Führer wird, hebt er
ſich aus der Allgemeinheit hervor., Seit meinem 29. Lebens=
jahr
hatte ich das Glück, ununterbrochen auf ſelbſtändigem Poſten
verwvendet zu ſein, unter denen ſich freilich niemals eine Ausruhe
ſtellung befand. Die Torpedowaffe in Deutſchland iſt, was Or=
ganiſation
, Technik, Schulung anbetrifft, muſtergültig und vor=
bildlich
für alle übrigen Nationen geweſen, und das iſt allein das
Werk von Tirpitz, die elf ſchönſten Jahre meines Lebens habe
ich im Torpedoweſen zugebracht. Nach einer Zeit als Linien=
ſchiffskommandant
wird Tirpitz Chef des Stabes des Oberkom=
mandos
in Berlin. In dieſem Abſchnitt treiben ſtarke Keime der
Taktik, der Verwendung der Flotte, die ein Jahrzehnt ſpäter
für alle Welt erkennbar ihren Niederſchlag in den Flottengeſetzen
finden ſollten. Als Diviſionschef der oſtaſiatiſchen Kreuzerdiviſion
führt der Weg ihn Mitte der 90er Jahre nach dem fernen Oſten,
vo die Beſitzergreifung Kiautſchous, durch Tirpitz vorbereitet
wwird. So iſt, trotzdem erſt 1897 der Nachfolger von Tirpitz
an der chin ſiſchen Küſte die deutſche Flagge hißte, doch die Er=
wverbung
Kiautſchous und vor allen Dingen die ſpätere, wunder=
bare
Entwicklung dieſer Kolonie ein Tirpitzſches Werk.
Seit 1897 iſt Admiral von Tripitz Staatsſekretär der Kaiſer=
lichen
Marine, und als ſolcher hat er die Gedanken des Kaiſers
mit ganz beſonderem Geſchick durch die Flottengeſetze in die Tat
umgeſetzt, und dieſe Leiſtung des Staatsſekretärs ſteht ganz einzig

Oppoſition gegen Macdonald.
Londom, 17. März. Die Regierung Macdonald iſt noch
manchertei Kriſen ausgeſetzt. Schwierig dürfte ihre Lage am
Dienstag ſverhen, an welchem Tage die Liberalen einheitlich
gegen das Kabenett wegen des Baues von fünf neuen Kreuzern
Stellung nehmen werden. Man glaubt aber, daß die Konſerva=
tiven
geſchloſſen, für Macdonald ſtimmen werden, ſo daß die
Stellung des Kacinetts nicht ernſtlich erſchüttert werden dürfte.
TU. London, 17 März. Die morgige Unterhausſitzung dürfte
reich an Zwiſchenfällen ſein. Bekanntlich hat ſich die Oppoſition gegen
Ramſay Macdonald verſtärkt, namentlich wegen taktiſcher Fehler, die
ſeine Mitarbeiter begangen haben. Daily Mail kündigt an, da
Ramſay Macdonald Erklärungem über den Zwiſchenfall geben wird,
den der Unterſtaatsſekretär für Luftweſen, Leach, durch Erwähnung ge
heimer Dokumente im Unterhaus heraufbeſchworen hat. Das engliſche
Blatt rechnet damit, daß der Unt erſtaatsſekretär von ſeinem Poſten
zurücktreten wird.
Eine Wahlriede Churchills.
London;, 17. D7ärz, (Wolff.) Churchill erklärte in einer Wahl=
rede
, wenn Inan die Gefah= von, Kriegen beſeitigen wolle, ſo müßte
vollſtändiger Aufſchluß üb die Rüſtungen durch eine internationale
Köuperſchaft erfolgen. Die Schwäche des Völkerbunds liege darin, daf
er ſich nur aus den ſiegreichen Nationen zuſammenſetze. Churchill ſagte,
er trete ffir den Einſchluß aller Nationen, darunter auch Deutſchland
und Rußland ein. Vor allem müßten Anſtrengungen unternommen
werden, um den Beitritt Amerikas zu erreichen. Es dürfte ſich für den
Völkerbund lohnen, gewiſſe Aenderungen in ſeiner Verfaſſung vorzu=
nehmen
, um den Vereinigten Staaten zu ermöglichen, ihren Platz im
Völkerbund einzunehmen. Der Völkerbund werde jedoch nie ein lei=
tender
Faktor in der Welt ſein, ſolange nicht einige der großen Natio=
nen
in eilnem wirklichen Verſuch, die Streitigkeiten der Vergangenheit
beizulegen, zuſammengebracht worden ſeien. Churchill wies auf die
alte Fehdé zwiſchen Deutſchland und Frankreich hin und erklärt, es ſei
Großbritanniens Aufgabe, zu verſuchen, ſie beizulegen.
Eröffnung des äghptiſchen Parlaments.
Ein Telegramm Macdonalds.
Kairo; 17. März. (Wolff.) Anläßlich der Eröffnung
des Parlaments erhielt Premierminiſter Zaglul Paſcha ein
Telegramm Macdonalds, in dem es heißt: Ich be=
glückwünſchef
durch Eure Exezellenz die ägyptiſche Nation, die
jetzt, nachdem ſie durch ihren Souverän, König Fuad, eine
moderne liberale Verfaſſung erhalten hat, zum erſten
Male durch ein nach einem großzügigen Syſtem vom Volk ge=
wählten
Parlament vertreten wird. Ich verſichere Eure Exezel=
lenz
des gutem Willens und der Freundſchaft, womit wir das
füngſte Parlametnt begrüßen, und unſeres Vertrauens, daß die=
ſer
Tag einen bedeutſamen Fortſchritt für Aegypten, dem Erben
der älteſten Zivilliſation, in der Geſellſchaft der freien und fort=
ſchrittlichen
Völkeu bezeichnet. Aegypten und Großbri=
tannien
, davon) bin ich überezugt, ſind beſtimmt, in
engen freunbſchaftlichen Beziehungen verei=
nigt
zu ſein, Es iſt unſer Wunſch, daß dieſe Beziehungen
auf der ſtetigenf Grundlage beruhen mögen, die für die beiden
Länder befrie sigend iſt. Zu dieſem Ziel iſt Seiner Majeſtät Re=
gierung
jetzt zu jeder Zeit bereit, mit der ägyp=
tiſchen
Regierung zu verhandeln.
England und Aegypten.
* London, 17. März. (Priv.=Tel.) Die Eröffnung des
erſten unabhängigen ägyptiſchen Parlaments gibt der engliſchen
Preſſe Gelegenheit, ſich wieder einmal mit der ägyptiſchen Frage
zu beſchäftigen. König Fuard hat in ſeiner Thronrede der Hoff=
nung
Ausdruck gegeben, daß Aegypten bald dem Völkerbund bei=
treten
könne. Die ägyptiſche Regierung rechnet mit günſtigen
Budgetabſchlüſſen und einer neuen Periode des Wohlſtandes für
das Land. Die Times ſchreiben dazu, daß alle dieſe Hoffnungen
von Großbritannien aufrichtig geteilt würden. Die vorausſicht=
liche
neue Periode des Wohlſtandes habe es in erſter Linie ſeiner
neugewonnenen Unabhängigkeit zu verdanken. Derartige Bud=
getabſchlüſſe
ſeien in Aegypten völlig unbekannt geweſen, bevor
die Engländer im Jahre 1882 nach Aegypten gekommen ſeien.
Die finanziellen Reformen Lord Cromers hätten den Grund zum
Wohlſtand gelegt. Jeder Deſpotismus habe aufgehört, und aus
der kontrollierten Souveränität ſei nun die konſtitutionelle Mon=
archie
hervorgegangen. Die früher korrupten Zuſtände in der
Verwaltung exiſtierten nicht mehr. Städte und Dörfer ſeien in
ſanitärer Hinſicht heute einwandfrei. Die Fellachen ſeien nun=
mehr
freie, wahlberechtigte Bürger und erfreuten ſich des Schutzes
der Geſetze. England, das eine viel längere Erfahrung in der
Freiheit habe als jedes andere Land, wünſche dem jüngſten Par=
lamente
den beſtmöglichen Erfolg.

in der Geſchichte aller Marinen da. Es iſt kaum übertrieben,
wenn man die Behauptung aufſtellt, daß,aus faſt Nichts
eine Flotte in kaum 2 Jahrzehnten geſchaffen wurde, die befähigt
geweſen iſt, der größten Flotte der Welt mit jahrhunderte alter
Tradition erfolgreich die Spitze zu bieten. Dieſe Leiſtung
iſt um ſo gewaltiger, als im deutſchen Volk eine völlige Ver=
ſtändnisloſigkeit
für die See vorhanden war, als jeder Groſchen
für Rüſtungszwecke in heißen Kämpfen den Volksvertretern ab
gerungen werden mußte, als gleichzeitig eine Entwicklung der
Technit eintrat, die immer neue Gedanken in den Schiffbau und
die Waffen hineintrug. Zu dieſem allen kam aber als beſonders
ſchwerwiegend hinzu, daß die Schaffung der deutſchen Flotte
in einer politiſch außergewöhnlich ſchwierigen Zeit erfolgen
mußte. Ueber die Leiſtung von Tirpitz als Organiſator, als
Erbauer einer deutſchen Flotte, als erfolgreicher Staatsſekretär
gegenüber der Volksvertretung, kurz als Meiſter, mit welchem
Ehrentitel er innerhalb ſeines Dienſtkreiſes bekannt war, be=
ſteht
wohl nirgends ein Zweifel. Selbſtverſtändlich haben
Neider und Leute mit kleinem Geſichtskreis unſer Schiffsmaterial
dauernd übel kritiſiert, aber ſeit dem Siege von Skagerrak und
ſeitdem alle unſere Feinde rückhaltlos die Vorzüglichkeit unſeres
Materials anerkannt haben, ſind dieſe Stimmen merkwürdig ſtumm
geworden. Es verlohnt ſich daher kaum, hierauf näher einzugehen,
Im Gegenteil, es kann in dürren Worten die Behauptung auf=
geſtellt
und auch bewieſen werden, daß unſer Schiffsmaterial,
unſere Waffen auch unſere U=Boote die beſten der Welt
waren, und daß dies alles um ſo höher eingeſchätzt werden müßte
weil wir erſtens keine Vorgänger beſaßen und zweitens
unverhältnismäßig viel geringere Geldmittel als beiſpielsweiſe
die Engländer für den Aufbau der Flotte verwendet haben
billig und meiſterhaft. Kleine Fehler mögen hierbei ruhig zu=
geſtanden
werden, aber weſſen Werk iſt denn fehlerlos?

Iſt ſomit der militäriſche Tirpktz wohl allgemein und ga
beſonders von unſeren Feinden als Größe erſter Ordnung an
erkannt, ſo iſt der politiſche Tirpitz noch imier leider ein
ſtark umſtrittene Perſönlichkeit. Es ſind zwei große Fragen, di
dabei eine Rolle ſpielen. Erſtens war der Ficttenbau, ſo n
ihn Tirpitz durchführte, an ſich richtig, und zweitens war die
Flottenbau in dem erſten Jahrzehnt für die politiſche La
Deutſchlands nicht ein Fehler?

Unſere Flotte war gebaut als eine ſogenannte Niſikoflott:
d. h. ſie ſollte ſo ſtark ſein, daß es auch dem ſtärkſten Gegner
ein beträchtliches Riſiko bedeuten müſſe, ſie anzugreifen. Eine

Eine neue Abrüſtungskonferenz beantragt.

Paris, 17. März. (Wolff.) Nach einer Meldung der
Chicago Tribune aus Waſhington beabſichtigt der demokratiſche
Abgeordnete Byrnes, im Repräſentantenhaus einen Abände=
rungsantrag
zum Marinezuſatzbudget einzubringen, in dem Prä=
ſident
Coolidge aufgefordert wird, eine neue Konferenz
zur Einſchränkung der Rüſtungen zur See einzube=
rufen
. Die erſte Waſhingtoner Konferenz hat nach dem Antrag=
ſteller
dem Wettrüſten kein Ende gemacht, ſondern nur ſeine
Form gewandelt. Byrues führt weiter Beſchwerde darüber,
daß, nachdem Präſident Harding den Senat getrennt und ſich für
den Anſchluß der Vereinigten Staaten an den Haager Schieds=
gerichtshof
ausgeſprochen hat, Präſident Coolidge nichts getan
habe, um dieſen Plan zu verwirklichen. Man könne ſich nach
alle dem nicht wundern, erklärte Byrnes, daß die Frauen in
Amerika ſich immer noch fragten, ob nicht die Säuglinge von
heute die Schützengräben von morgen füllen würden.
Giolitti über die Aufgaben des Völkerbundes.
Dronero, 17. März. (Wolff.) Giolitti hielt hier eine
Rede, in der er die Ueberzeugung ausdrückte, daß zur Aufrecht=
erhaltung
des Gleichgewichts der Kräfte und des Friedens in
Europa der Völkerbund in reichem Maße beitragen könnte,
wenn er durch Zulaſſung Deutſchlands und Ruß=
lands
vervollſtändigt und derart organiſiert würde, daß ſeine
Unparteilichkeit geſichert wäre. Im weiteren Verlaufe ſeiner
Rede kam Giolitti auf die wirtſchaftliche Frage in den Beziehun=
gen
zwiſchen den Nationen zu ſprechen und erklärte: Wenn einem
Volke finanzielle Laſten auferlegt werden, die es nicht tragen
kann, ſo liegt es im Intereſſe ganz Europas, daß ſolche Laſten
einer Reviſion unterzogen werden, um das Volk nicht zur Ver=
zweiflung
zu treiben.
Die kommende engliſch=ruſſiſche Konferenz.
* London, 18. März. (Priv.=Tel.) Die engliſch=ruſſiſche
Kenferenz wird in der erſten Woche des Monats April begin=
nen
. Die Mitglieder der ruſſiſchen Verhandlungskommiſſion ſind
nuch nicht endgültig ernannt. Auf engliſcher Seite wird unter
der perſönlichen Regie des Außenminiſters Macdonald an erſter
Stelle der Unterſtaatsſekretär im Außenamt Ponſonby an den
Verhandlungen teilnehmen.
Mexikaniſche Enthüllungen.
TU. Mexiko, 17. März. General Obregon erklärte im
Verlaufe einer Unteredung einem Journaliſten, daß die ver=
antwortlichen
Leiter einer engliſchen Petroleumgeſellſchaft die
Aufſtändiſchen unter Führung des Generals de la Huerta unter=
ſtützt
und ihn mit Geld= und Warenſendungen verſorgt haben.
Dieſe engliſchen Firmen haben dazu beigetragen, daß der Auf=
ſtand
erſt mit einer ſo bedeutenden Verſpätung niedergeſchlagen
werden konnte. General Obregon fügte hinu, er werde den Ge=
neralſtaatsanwalt
bitten, ſich mit dieſer Angelegenheit näher zu
beſchäftigen.

in jeder gewunschten Ausführung
druckt unter Beachtung der größt-
mnögllchen
Sorgfalt und unbedingter
Einhaltung kürzester Lieferfristen die
L, C. Wittich’sche Druckerel

ſolche Flotte mußte ganz naturgemäß einen ſtarken, kampf=
kräftigen
Kern beſitzen, und dieſer war die Hochſeeflotte. An
tieſer Hochſeeflotte, an den in der Nordſee ſtationierten Linien=
ſchiffsgeſchwadern
ſollte ſich der Feind die Zähne ausbeißen.
Stützpunkte und befeſtigte Häfen, von denen aus ein erfolgreicher
Kreuzerkrieg hätte geführt werden können, beſaßen wir nicht.
Die Größe unſerer Flotte war durch die Flottengeſetze genau
feſtgelegt worden, und Heimlichkeiten im Flottenbau gab es nicht,
im Gegenteil; vor breiteſter Oeffentlichkeit mit klarer Begren=
zung
der Ziele wurde 1900 das Flottengeſetz eingebracht. Dieſes
Flcttengeſetz iſt mit einer geringen Aenderung im Jahre 1911/12
ganz klar durchgeführt. (Die Novelle 1906 war nur ein Teil des
Flottengeſetzes). Schon vor dem Krieg trat eine lebhafte Pro=
paganda
von ſeiten Außenſtehender für die U=Boote ein. Geht
man den Gründen hierzu nach, ſo findet man, daß es Geldfragen
waren, die für das U=Boot und gegen das Linienſchiff ſprachen.
Man wollte billigen Schutz, eine billige Verſicherungsprämie
haben. Ganz abgeſehen davon, daß Tirpitz tatſächlich viel mehr
wie der Nichtfachmiann ahnt, für die neue Waffe tat, wir be=
ſaßen
bei Kriegsbeginn die leiſtungsfähigſten Hochſee=U=Boote
in größerer Zahl als die Engländer war es aus techniſchen
Gründen überhaupt nicht möglich, mehr U=Boote zu ſchaffen als
wir hatten. Der Motor war noch nicht auf der Höhe, und die
Induſtrie konnte den damaligen Forderungen der Marine einfach=
noch
nicht gerecht werden. Glauben aber wirklich die Verfechter
der U=Bootsverwendung, daß England ſtillſchweigend zugeſehen
hätte, wenn Deutſchland etwa 1912 ſich viele Dutzend leiſtungs=
fähige
U=Boote beſchafft hätte? Die Gedanken an eine U=Boois
blockade lagen doch ſchon ſo in der Luft, daß engliſche Laien
vor dem Kriege darauf hinwieſen, welche Gefahren nur eine
geringe Zahl von U=Booten für England bedeuteten. Es iſt die
furchtbarſte Tragik im Leben von Tirpitz und gleichzeitig für
unſer deutſches Vaterland im Weltkriege, daß die Kampfflotte
ſo, wie ſie Tirpitz geſchaffen hatte, nicht eingeſetzt wurde. Es
gibt im Seekrieg nicht ein einziges Zuſammentreffen deutſcher
und engliſcher Streitkräfte, bei dem nicht das deutſche Mate=
rial
ſich dem engliſchen bedeutend überlegen gezeigt hätte.
Das wußten die Engländer damals und geben es heute auch
unumwunden zu; ſie haben die deutſche Ueberlegenheit teilweiſe
geſcheut, teilweiſe durch erdrückende Mehrzahl die Kampfeinhei=
ten
wieder auszugleichen verſucht. Hierfür iſt das Rieſenaufgebot
an Schiffen gegen die zwei Panzerkreuzer des Grafen Spee das
ſchlagendſte Beiſpiel. Tirpitz wollte im Kriege den Einſatz ſei=
ner
Schöpfung, der Flotte, er wußte genau, was an dieſer Flotte

[ ][  ][ ]

Numener 78.

Darmſtädter Tagblatt, Dienstag, den 18. März 1924,

Etite 3.

Die Lusdehnung der Exekutiogewali
in den Vereinigten Staaten.

Von
Virgil Jordan, Neu=York.

Das Ueberhandnehmen der diktatoriſchen Gewalten und die
tatſächliche Aufhebung einer verantwortlichen Regierung in vie=
len
Teilen von Kontinental=Europa während der letzten zwei
Jahre hat manchen politiſchen Beobachter in den Vereinigten
Staaten und andersſvo die Frage ſtellen laſſen, ob nicht vielleicht
die demokratiſche Regierungsmaſchine jetzt in der ganzen Welt
ihre Unfähigkeit zeige, in Perioden wirtſchaftlicher Zerrüttung der
Lage Herr zu werden. Es iſt eigenartig, daß das Auftreten von
Diktatoren in der Welt von der öffentlichen Meinung in Ame=
rika
entweder mit Gleichmut oder ſogar mit einer freimütigen
Zuſtimmung großer Kreiſe betrachtet wurde. Auch abgeſehen von
den Verdienſten ſeiner Politik fand die Haltung Muſſolinis wei=
teſte
Billigung in den Vereinigten Staaten; mochte auch das
Außerkursſetzen aller geſetzgebenden Gewalten, dem amerika=
niſchen
Ideal widerſprechen, ſo empfand man doch die Sympathie
für dieſe im Ausland ſich zeigende Tendenz abſolut nicht als in=
konſequent
.

Die Gründe hierfür liegen klar zutage. Was in Europa ver=
hältnismäßig
plötzlich und in extremer Form geſchah, iſt in Ame=
rika
eine allmähliche und ſtetige Entwicklung geweſen. Ganz lang=
ſam
und leiſe hat ſich das politiſche Pendel in der Richtung des
Gedankens bewegt, daß der Kongreß dem Präſidenten und der
Exekutive unterworfen ſei. Der Präſident iſt der Brennpunkt der
Regierung geworden, und der Kongreß ſcheint in erſter Linie
dazu da zu ſein, deſſen Politik auszuführen. Freilich hat der
Kongreß dieſen Gedanken ſich nicht in ſchweigender Paſſivität auf=
zwingen
laſſen; vielmehr iſt die neueſte politiſche Geſchichte der
Vereinigten Staaten durch Kämpfe und Schwierigkeiten zwiſchen
dem Weißen Haufe und dem Kapitol charakteriſiert das ſollte
ſich Europa gerade im Hinblick auf das Schickſal des Verſailler
Vertrags in Waſhington klar machen. Aber bei all dieſen Kämp=
fen
hat es doch ein großer Teil des amerikaniſchen Volkes höchſt
erſtaunlich, tadelnswert, ja geradezu unrecht gefunden, daß der
Kongreß, der doch die Bevölkerung der Vereinigten Staaten ver=
treten
ſollte, ſich weigern konnte, den Wünſchen ſeines Oberhaup=
tes
zu gehorchen.
Woodrow Wilſon iſt wohl mehr als ein anderer Präſident
für die Ausbreitung und Betonung dieſer Theorie amerikaniſcher
Regierungsweiſe verantwortlich. Sein Gedanke war es, daß
die Begründer der amerikaniſchen Republik, als ſie die Stellung
des Kongreſſes beſtimmten und in der Verfaſſung hier Hinder=
niſſe
und dort Ausgleichsmöglichkeiten vorſahen, um ein Wachſen
der Exekutivgewalt zu hemmen, einen Fehler begangen haben,
der ſich aus ihrer Furcht vor der möglichen Tyrannis einer zu
mächtigen Exekutive erklären läßt. Früher brauchte Amerika eben
einen Schutz gegen das Emporkommen eines Königs der Ver=
einigten
Staaten. Wilſon aber glaubte unter den heutigen Be=
dingungen
an einen Erfolg des parlamentariſchen Regimes nur
dann, wenn dem Haupt der exekutiven Gewalt ein größeres Maß
von Freiheit gegeben würde. Dieſer Gedanke lag ſeiner ganzen
Politik zugrunde und brachte ihn dahin, ſich an den Kongreß in
eigener Perſon zu wenden, eine Sitte, die nur von den erſten
Präſidenten geübt worden war. Er bildete die Regierung des
einen Mannes, und beſonders ignorierte er den Kongreß unter
den Umſtänden der Kriegszeit bis zu deſſen Ende. Dann freilich,
als ein republikaniſcher Kongreß ſeinen Frieden anzunehmen ſich
weigerte, da hat ihn dieſe Erfahrung gebrochen. Und dennoch
war er in gewiſſem Sinne Sieger mit ſeiner Theorie; denn die
Widerſpenſtigkeit des Kongreſſes begegnete weitgehender Miß=
billigung
in der öffentlichen Meinung, unbekümmert um die Ab=
neigung
des Landes gegen den Vertrag von Verſailles oder den
Völkerbund.

als Obſtruktion gegen die Exekuitivgewualt allgemein verurteilt
zu ſehen.
Die Streitfrage iſt in ihren kritiſchen Moment getreten durch
den herausfordernden Anſpruch des Kongreſſes, den üblen Ge=
rüchten
nachzuforſchen, die aus den Regierungsänitern dringen.,
Wenn die erwählten Vertreter des Volkes im Köngreß feſtſtel=
len
, daß ſie einem Kabinettsmitglied des Präſideniten, zu deſſen
Ernennung die Zuſtimmung des Senats möglich war, die Eig=
nung
zum Amt aberkennen, ſo müßte man vom Präſidenten wohl
erwarten, daß er nach der vernünftigen Auslägung der Prin=
zipien
der amerikaniſchen Regierung dieſen Beamten entläßt.
Statt deſſen begegnet Coolidge dieſem Ausdruck des Volksemp=
findens
im Kongreß mit trotziger Ablehnung, fa, er verſteigt ſich
ſogar zu einer Weiſung an den Kongreß, nich um ſeine Sachen
zu kümmern, da die Entlaſſung eines Gxekutiobeamten das allei=
nige
Recht des Präſidenten ſei. Das (iſt freilich nach dem Buch=
ſtaben
des Geſetzes richtig, aber da die Ernennung ſolcher Be=
amten
vom Senat abhängt, ſollte, dieſe Körperſchaft doch wohl
auch etwas mit ihrem Verbleiben im Amt zu tun haben, beſon=
ders
wenn einige dieſer Beamten, vom Lande der Käuflichkeit ge=
diehen
werden. Jedenfalls ſteht es nach amerikaniſchen Regie=
rungsgrundſätzen
den erwählten; Vertretern des VMes wohl zu,
die Führung eines Beamten zu berurteilen und ſeinke Politik zu=
hat
Cor

ſein Kabinett nur die Opfer einer zudringlichen und tyrannſiſchen
Körperſchaft ſeien.

Die Bedeutung dieſer Epiſode liegt in der Tatſache, daß jogs
Prinzip unbeſchränkter Freiheit der Regierunsgexekutive Booden
gewonnen und Beifall in den Vereinigten Staaten gefunden cat.
Die urſprüngliche Auffaſſung vom Präſidenten als einem Pre=
mierminiſter
, der ſeine Gewalt von den Volksvertretern enno=

fängt, iſt faſt ganz verſchwunden. Statt deſſen iſt die Vorſtellun,g
im Wachſen, daß der Präſident politiſche Richtſchnuren gibet
und der Kongreß dieſe Politik ausführt. Das Reſultat iſt der
Oelfkandal hat es allen deutlich gemacht , daß die öffentlichen Organen behauptet, wird eine franzöſiſch=engliſche Konferenz
Intereſſen nicht nur in inneren Fragen, ſondern auch in Dingen
von internationaler Bedeutung mehr und mehr in den Händen
der Exekutivbeamten ruhen, die immer weniger durch die geſetz=
geberiſche
Gewalt ſich behindert fühlen. Das iſt nun freilich
etwas anderes, als die amerikaniſchen Reformiſten beabſichtigen.

Reparationen und Sicherkeit.
Die Vorausſetzungen für eine franzöſiſche
Abrüſtung.

London, 17. März. (Wolff.) Dem Pariſer Berichterſtatter
der Daily Mail zufolge wird in Paris erklärt, die nächſten
Monate würden eine unvergleichliche Gelegenheit für die Erör=
terung
des vorgeſchlagenen gegenſeitigen Verteidigungspaktes
bieten. Die Erörterung könnte zu gleicher Zeit, jedoch getrennt
von der Erwägung der Berichte der alliierten Sachverſtändigen
mit dieſen erfolgen. Reparationen und Sicherheit bildeten die
beiben unerbittlichſten Grundſätze der franzöſiſchen Außenpolitik.
Sicherheit bedeute jetzt
1. die Verſicherung, daß Deutſchland entwaff=
net
ſei, und dann die Uebernahme der Kontrolle der
Entwaffnung durch den Völkerbund,
2. die Bildung gegenſeitiger Pakte zur Ga=
rantierung
der gegenſeitigen Grenzen unter
der Aufſicht des Völkerbundes,
3. die Schaffung eines gegenſeitigen Vertei=
digungspaktes
zwiſchen Großbritannien, Frank=
reich
und Belgien gegen deutſche Angriffe.
Der Berichterſtatter der Daily Mail erklärt, wenn die fran=
zöſiſche
Regierung Neparationen und die Sicherheit erhalte, wie
ſie oben auseinandergeſetzt wurden, ſo würde ſie eine große Ver=
minderung
ihrer militäriſchen Streitkräfte und ihrer Ausgaben
vornehmen.

Poincarés Sehnſucht nach einem engliſch=
franzöſiſchen
Garantieabfommen.

Die Sachverſtändigen=Arbeiten.

Paris, 17. März. (Wolff.) Die Unterkommiſſion füß
Bankfragen des Ausſchuſſes Dawes hielt heute morgen eine
Sitzung ab und befaßte ſich mit der deutſchen Eiſenbahnfragge ſprechungen zwiſchen zwei großen demokratiſchen Ländern die
und dem Problem der Barzahlungen, die während der Daußr Wünſche und Beziehungen der beiden Länder berückſichtigt wer=
des
Moratoriums von Deutſchland zu erhalten ſind. Der Auss= den müſſen. Er iſt daher bereit, ſo bald als möglich alles von
ſchuß Mac Kennas hielt heute vormittag gleichfalls eine Sitzuümng fall des britiſchen Volkes findet. Mehrere Paragraphen und Ar=
ab
. Beide Komitees werden heute nachmittag ihre Arbei ten tikel, die das Memorandum vom 25. Januar 1923 enthält, dürf=
fortſetzen
.

Seltſamerweiſe haben ſeine republikaniſchen Nachfolger dieſer
ſeiner Haltung zugeſtimmt. Harding hatte es nicht nötig, ſeine
Politik einem ſtörriſchen Kongreß aufzuzwingen, aber Coolidge
ſieht ſich in ſteigendem Maße in dieſes Problem verwickelt und iſt
ſchließlich zu der offiziellen Ankündigung gezwungen worden,
daß auch er die Exekutivgewalt als der Legislative überlegen an=
ſieht
. Er ſteht vor der baldigen Präſidentenwahl und wünſcht
deshalb weithin ſichtbare Erfolge ſeiner Verwaltung. Seine Par=
tei
hat eine Herabſetzung der Steuern vorgeſchlagen eine popu=
läre
Forderung. Nun zeigt ſich der Kongreß nicht willfährig, dieſe
Vorſchläge als einen Auftrag vom Weißen Hauſe entgegenzu=
nehmen
und neigt zu allerhand Abänderungen, die die erwählten
Vertreter der Steuerzahler als nützlich erachten. Der Präſident
vermerkt dies unwillig, er appelliert an die öffentliche Meinung,
die die außerordentliche Leiſtung völlbringen ſoll, ihrer eigenen
Vertreterſchaft den Willen der Exekutivgewalt aufzuzwingen.
Höchſtwahrſcheinlich wird der Präſident alle Abänderungsvor=
ſchläge
ablehnen und ſich auf das freilich ſchwankende und ſchlecht
informierte öffentliche Gefühl verlaſſen, um den Kongreß in den
Gehorſam hineinzutreiben. Und ſo wird wahrſcheinlich der Kon=
greß
ſich bald in der erſtaunlichen Lage finden, als verſtockter
Feind der nationalen Wohlfahrt zu gelten und ſein Verhalten

und auch ein Moratorium bringen dürften. Man dürfe auch an=
nehmen
, daß Deutſchland eine allgemeine Finanzkontrelle ee=
ſpart
bleiben und daß die Prüfung ſich nur auf die eigentlichen
Reparationsquellen erſtrecken werde. Die Sachverſtändigen ſchie=
nen
ferner bereit zu ſein, die Bahnen im Rheinland und im
Ruhrgebiet von der Fremdherrſchaft und von der Regie zu er=
löſen
und auch die Einheit der Reichsbahnen wieder herzuſtellen.
Es ſei auch klar, ſo ſchreibt das Blatt, daß unter den gegen=
wärtigen
Zuſtänden die Ruhrinduſtrie ſich nicht wieder kräftigen
und Deutſchland nicht wieder leiſtungsfähig werden könne. Das
Blatt warnt jedoch in dieſem Zuſammenhang vor dem Gedanken,
die Reichseiſenbahn in eine Aktiengeſellſchaft umzuwandeln, in
der dann die Hälfte des Aktienkapitals an die Gläubigerſtaaten
gezahlt werden müſſe. Es ſei nicht einzuſehen, warum man ſich
nicht mit Sicherheiten begnügen wolle, die auch ſonſt in der Welt
an die Inhaber von Obligationen gewährt werden. Irgend=
welche
Aktiengeſellſchaft könne bei der Erledigung des Repara=
tionshandels
keine feſtere Stüitze ſein, als das Eyſtem, das
Deutſchland heute in der Reichseiſenbahn beſitzt. Eine andere
Löſung der Eiſenbahnfrage würde auch wieder die deutſche
Selbſtändigkeit ſchmälern, zum mindeſten die deutſchen Souver=
änitätsrechte
bedrohen.

* Paris, 17. März. (Priv.=Tel.) Wie in offiziöſen Pariſer
wahrſcheinlich noch vor Ende dieſes Monats zum Abſchluß eines
Garantieabkommens zwiſchen beiden Ländern zuſtande kommen.
Heute veröffentlicht der diplomatiſche Mitarbeiter der Daily Mail
neue Einzelheiten, die die Vorausſetzungen des franzöſiſchen
Korreſpondenten zu beſtätigen ſcheinen. Er will von maßgeben=
½ den Pariſer Perſönlichkeiten erfahren haben, daß Poincaré um
jeden Preis ein Garantieabkommen mit England herbeiführen
will, und zwar unter Bedingungen, die hinter denen des fran=
zöſiſchen
Memorandums vom 25. Januar 1923 weit zurückbleiben.
Was Poincaré wünſcht, iſt das Zuſtandekommen eines gegen=
ſeitigen
Garantievertrags zwiſchen Großbritannien und Frank=
reich
. Poincaré legt ſich davon Rechenſchaft ab, daß bei allen Be=
ſeinen
früheren Vorſchlägen abzuſtreichen, was nicht den Bei=
ten
daher geſtrichen werden. Allerdings würden die Artikel über
die gegenſeitigen Verpflichtungen eines jeden der beiden Länder
In Erwartung des Sachverſtändigenberigkhts, für den Fall eines Angriffes ausdrücklich aufrecht erhalten bei=
ben
. Was den zweiten Artikel anlangt, ſo würde er fortfallen,
* Berlin, 17. März. (Priv.=Tel.) Das Berliner 2iCage= wenn der Völkerbund tatſächlich mit der Beaufſichtigung einer
blatt behandelt heute die demnächſt zu erwartenden Vorſc läge, entmilitariſierten Zone im Rheinland und ſpäter auch der Waf=
der
Sachverſtändigen, die, wie das Blatt ausführt, wahrſchewin= fenkontrolle in Deutſchland beauftragt würde. Artikel 3, der auf
lich eine gewiſſe, ziveifelos wohltuende wirtſchaftliche Klärunsg die Abmachungen bezüglich der Generalſtäbe beider Länder Be=
* zug nimmt, ſoll, falls er praktiſch zur Anwendung gelangt, ſchrift=
lich
nichr4. ufgezeichnet werden. Es wurde ſchließlich von Artikel 4,
der eine Verſtandigt ung zwiſchen Großbritannien und Frankreich
zur Aufrechterhaltung des europäiſchen Friedens und namentlich
im Hinblick auf einen eventueullen deutſchen Angriff gegen Polen
oder die Tſchechoſlowakei vorſie ht, abgeſehen, vorausgeſetzt, daß
der Völkerbund eine Reihe von gee genſeitigen Garantieberträgen
ausarbeitet. Von ausſchlaggebender 2Wichtigkeit hält man in Pa=
riſer
Kreiſen die Aufnahme Deutſchla nds in den Völkerbund.
Es heißt, die Reichsregierung werde du rch dieſen Schritt mora=
liſch
verpflichtet, die europäiſchen Grenzeen laut Verſailler Ver=
trag
aufrecht zu erhalten. Aus den Ang aben des Mitarbeiters
der Daily Mail geht nicht deutlich hervor, wann die franzöſiſch=
engliſche
Ausſprache zur Unterzeichnung einnes Garantieabkom=
mens
veröffentlicht wird. Falls es ſich beſtätigr, daß Poincaré
mit allen Kräften auf den Abſchluß dieſes Abkomn nens hinarbei=
tet
, dürfte man, wie in unterrichteten Kreiſen verläu tet, damit
rechnen, daß die Beſprechungen Mitte nächſten Monats eröffnet
werden.

Ein Waffen=Erlaß in der engliſchen Pone.

Köln, 17. März. Der engliſche Bezirksdclegierte hat an
die Bevölkerung des von den Engländern beſetzten Gebiets eine
Bekanntmachung erlaſſen, in der er vor unerlaubtem Waffen= und
Munitionsbeſitz warnt und zur Abgabe noch vorhandener Waffen
und Munition bis zum 31. März, mittags, auffordert. Die Ver=
ordnung
ſieht für die Zukunft eine verſchärfte Anwendung der
bisher geltenden Strafbeſtimmungen vor.

Der Frankenſturz eine Wirkung der Haltung Frankreichz.

London, 17. März. (Wolff.) Die Sunday Times ſchreibt,
Paris müßte jetzt klar erkannt haben, daß der Frankenſturz
nicht der Wirkung äußerer Umtriebe, ſondern der Haltung
Frankreichs ſelbſt zuzuſchreiben iſt. Das Ruhrabenteuer,
die Anleihen an die kleineren Staaten, die Deutſchland umgeben,
die Anhäufung von Rüſtungen und der ganze Geiſt der europä=
iſchen
Politik Frankreichs habe ihm das Mißtrauen der
Außenwelt eingetragen und ſeinen inneren Budgets eine unmög=
liche
Laſt auferlegt. Eine Abänderung der franzöſi=
ſchen
Politik ſei eine finanzielle Notwendigkeit geworden.

Gutes haftete. Skagerrak hat es glänzend bewieſen, aber über
Skagerrak ſteht leider das Wort zu ſpät. Welche Wirkung
Skagerrak im Jahre 1914 ausgelöſt hätte, iſt gar nicht auszu=
denken
. Nun werden viele Leſer ſagen, daß die engliſche Flotte
in weiter Blockade, geſtützt auf Scapa Flow, ſich überhaupt nicht
hätte erreichen laſſen. Wer aber ſich die Mühe macht, die Kriegs=
jahre
bis zur Skagerrak=Schlacht zu ſtudieren und vielleicht ledig=
lich
die Karten betrachtet, die das offizielle vom Marinearchiv be=
arbeitete
Seekriegswerk bringt, wird ohne weiteres ſich über=
zeugen
können, daß erſtens die engliſche Flotte auch viele Vor=
ſtöße
in die Nordſee gemacht hat, daß aber leider beiderſeits eine
ängſtliche Zurückhaltung geübt wurde, die deutſcherſeits völlig
unangebracht war. Wenn aber, was nicht der Fall geweſen iſt,
die engliſche Flotte ſich nicht hätte finden laſſen, ſo gab es doch
genug Druckmittel, die engliſche Flotte zum Kampfe zu nötigen
das wußten die Engländer ganz genau, und manche engliſche
Sorge im Jahre 1914 war nicht unberechtigt. Es iſt unbillig, dem
Waffenſchmied einen Vorwurf zu machen, wenn man die Waffe
in der Scheide läßt und ſie nicht gebraucht. Die Flotte, dieſes
gewaltige Kampfinſtrument, war gut, mehr wie gut, war vor=
züglich
, und Tirpitz hatte dem deutſchen Volk ein Meiſterwerk ge=
ſchaffen
in kürzeſter Zeit, für geringſte Koſten, mit weitaus=
ſchauendem
Blick.
Ja aber wenn wir dieſe Flotte nicht gebaut hätten,
wenn wir uns auf die Küſtenverteidigung beſchränkt hätten, dann
hätten wir die lieben Engländer doch nicht gereizt, dann hätten
wir dieſe zu Freunden gehabt. Wer heute noch an Englands
Freundſchaft glaubt, dem iſt eigentlich kaum zu helfen . . . Eng=
land
war trotz ſeines langen Gegenſatzes zu Frankreich gemein=
ſam
mit dieſem ſtets ein grundſätzlicher Gegner, der deutſchen
Einigung. Als Preußen anfing, Beachtung zu ſinden, läßt
England ſeinen Verbündeten Friedrich den Großen treulos im
Stich. Dies ſtellt der Amerikaner Mahan deutlich feſt. Als
Deutſchland nach Niederwerfung Napoleons eine größere innere
Einigkeit erſtrebte, wurde ihm dies durch ſeinen Verbündeten
England in Gemeinſchaft mit Frankreich, den bisherigen beider=
ſeitigen
Todfeinden, unmöglich gemacht. 1848 ſtellte der Graſ
Cavour ausdrücklich feſt, daß England mit Neid und Sorge auf
die Einigungsbeſtrebungen Deutſchlands in Frankfurt blickt. Bis=
marck
ſah vor Paris deutlich die Eiferſucht Englands erwachen
und ſeit 1871 iſt ſtetig zunehmend parallel laufend mit unſe=
rem
wachſenden Aufſchwung von Handel und Induſtrie Neid
und Haß in der engliſchen Preſſe feſtzuſtellen. Bereits vor unſe=

rem Flottengeſetz ſtand in der engliſchen Preſſe Germaniam
esse delendam zu leſen. Wir waren wirtſchaftliche Gegner ge=
worden
. Wenn man uns den Vorrang unſerer chemiſchen In=
duſtrie
als Spezialität vielleicht eingeräumt hätte, ſo griff die
Tatſache, daß unſere Stahlerzeugniſſe die engliſchen überflügelten,
in das Zentrum des engliſchen Wirtſchaftsſtolzes. Altgewohnte
Vormachtsgefühle wurde auch ſtimmungsgemäß lebhaft betrof=
fen
durch die Zunahme unſerer Handelsſchiffahrt. Vor dieſer
Eiferſucht und dieſem Neid Englands hätte uns nur eins ge=
ſchützt
: wir hätten den Handels= und Induſtrie=Wettbewerb auf=
geben
müſſen, wir hätten uns in die Ohnmacht früherer Zeit, in
Englands Gnade zurückſchrauben müſſen. Wollten wir das aber
nicht, ſo brauchten wir einen Schutz gegen England, und das war
die Flotte, die ſo ſchnell als möglich geſchaffen werden mußte,
um Verſäumtes nachzuholen. Aus dem alten Agrarſtaat mit
einer Einwohnerzahl, die ſich noch ſelbſt ernähren konnte, war
ein Induſtrieſtaat geworden, der Lebensmittel und Rohſtoffe von
Ueberſee brauchte die Einwohnerzahl hatte ſich verdoppelt.
England achtet aber nur denjenigen, den es fürchtet. Freund=
ſchaft
im Leben der Völker gibt es im gleichen Sinne wie zwi=
ſchen
Menſchen nicht, ſondern die Freundſchaft der Völker ent=
ſpringt
dem niedrigſten Egoismus. Vielleicht iſt die Gegenwart
für dieſe Behauptung beſonders beweiskräftig. Wenn wir aber
die Flotte bauten, dann war es Sache der auswärtigen Politik,
uns ſolche Verbündete zu ſchaffen, die gemeinſam mit uns Eng=
land
im Zaum zu halten hätten. Das iſt leider nicht geſchehen.
Wir haben verſucht, mit allen gut Freund zu bleiben, wir haben
an Menſchenfreundſchaft geglaubt und die politiſche, egoiſtiſche
Freundſchaft nicht begriffen. Die Ziele unſeres Flottenbaues,
Sicherung unſerer Lebensbedingungen, Sicherung des Friedens
in Europa und für Deutſchland auf der Welt, haben unſere lei=
tenden
Staatsmänner gewußt, da ſie aber die Allerweltsfreund=
ſchaft
wollten, jedem der feindlichen Brüder liebend entgegen=
traten
, ſäten ſie nur Mißtrauen und arbeiteten dem egoiſtiſch
klar denkenden England in die Hände. Die ganze Welt wurde
uns feind. Daran iſt aber nicht die Flotte ſchuld, nicht der Zeit=
punkt
des Flottenbaues hiermit war es allerhöchſte Zeit ge=
worden
. Eine ſpätere Zeit wird erkennen, was unſer Volk an Tir=
pitz
gehabt hat. Dem Feldmarſchall Roon ſtand ein Bismarck
und ein Moltke zur Seite, Tirpitz fand keinen Großen neben ſich,
der ihn ganz begriff, keinen Politiker, der die Flotte richtig wer=
tete
, keinen Führer auf See, der ein Geuie mit heiligem
Feuer war.

Wünſchen wir unſerem Volke, daß es in dieſer Zeit der Ohn=
macht
endlich erkennen möge, daß Einigkeit und Macht, National=
gefühl
und Treue gegen ſeine großen Männer die
Grundbedingungen des Aufſtiegs ſind, und möge unſerem Volke
ſtets klar ſein, daß das Meer der größte Weg dieſer Erde iſt, auf
dem unendliche Reichtümer dahingleiten, daß dieſe Reichtümer,
wenn ſie deutſches Eigentum ſind, eines ſtarken Schutzes bedür=
fen
. Mögen wir die See, ihren Wert, ihre Kraft erkennen und,
wenn wir dermaleinſt wieder auf und über See wachſen wollen,
möge uns dann ein Tirpitz beſchert ſein.

Kunſt, Wiſſenſchaft und Leben

Eine Tapetenausſtellung in der Mann=

heimer Kunſthalle. Unter dem Kennwort Das bunte

Papier eröffnet die Mannheimer Städtiſche Kunſthalle (Leitung:
Dr. G. F. Hartlaub) am 30. März eine umfangreiche Ausſtellung,
welche die Leiſtungen der größten deutſchen Firmen, Kunſt=
gewerbeſchulen
und Einzelkünſtler auf dem Geſamtgebiet des
farbig gemuſterten Papiers zuſammenfaßt. In einer hiſtoriſchen
und einer modernen Abteilung werden vor allem Tapeten, da=
neben
alle Arten bunter Papiere, wie Buchbinde= und Karton=
nagenpapiere
, Lampenſchirme, Einwickelpapiere uſw. in den ver=
ſchiedenen
Techniken gezeigt. Die von mehr als 200 Ausſtellern
reich beſchickte Schau bleibt bis zum 25. Mai geöffnet.

* Welche Bücher werden prodnziert und ge=
leſen
? Auch die Verleger ſtellen ſich wieder auf Produktion
ein. Intereſſant iſt, wie ſie die gegenwärtige Situation beurtei=
len
. Der Verlag S. Fiſcher=Berlin antwortet: Verlangt wird
der gute, möglichſt billige Roman. Viel gekauft werden die Ge=
ſamtausgaben
der großen Naturaliſten. Wiſſenſchaftliche Werke
und gute Belletriſtik in ſchönem, einfachem, dauerhaftem Gewand
finden die größte Nachfrage. Die Deutſche Verlagsanſtali
ſchreibt: Während noch bis vor kurzem das koſtbare Buch als
Sachwertanlage die Hauptrolle ſpielte, iſt heute wieder das ge=
diegene
, literariſch, künſtleriſch oder wiſſenſchaftlich wertvolle Buch,
vornehmlich in mittlerer Preislage, in ſein altes Recht getreten.
Nach dem Urteil des Malik=Verlags hat den ſtärkſten Abſatz das
gute, einfach gebundene Buch, während es broſchiert weniger ver=
langt
wird‟. Dieſe drei Meinungen haben ſymptomatiſchen Wert,
da die drei Verlage mit ganz verſchiedenem Publikum rechnen.

[ ][  ][ ]

Rummer 78.

Der Sitlerprozeß in München.
Ehrhardt unauffindbar. Bedeutſame Feſtſiellungen DF. Pittingers. Neue Beweisanträge: Ebert, Dr. Streſemann und General Seeckt
ſolen erſchenen. Das Geriſcht ſehnt ob. Ein Geireuer. Hilers über die Ation im Bürgerbräufelle.
19. Infanterieregimients habe Kahr die ihm von Zezſchwitz in den Mund / über das vollkommene Verſagen der Polizei Klagen geäußert. Der
gelegte Aeußerung. Hüiler hätte bis zum Losſchlagen Kahrs warten ſol= Zeuge hatte den beſtimmten Eindruck, daß Kahr der ganzen Sache ab=
* Vor den Plädotzers.
len, da Kahr mit Hitler, dasſelbe gewollt habe, nach ſeinem Wiſſen nicht lehnend gegenüberſtand. Er ſchlug Kahr vor, die Weimarer Verfaſſung
Von unſerem Münchener Korreſpondenten, gebraucht. Er hätte dieſe Bemerkung unbedingt hören müſſen, da die außer Kraft zu ſetzen, um eine Verſtändigung mit Hitler und Luden=
Unterhaltung laut geführt wurde und er Kahr gegenüber ſaß. Sie hätte dorff herbeizuführen, und ſelbſt an die Spitze der nationalen Verbäude
auch im abſoluten Gegenſatz zur ganzen Einſtellung Kahrs geſtanden, zu treten. Kahr lehnte dieſes Erſuchen in der zweiten Beſprechung
g. München, 17. März.

Auch die vierte Woche dieſes Prozeſſes hebt, mit einem
Zwiſchenſpiel an, nachdem ſich Kapitänleutnant Ehrhardt dem
Knalleffekt einer Zeugenvernehmung mit daran anſchließen=
der
Verhaftung, die ja dann nicht zu umgehen geweſen
wäre, klüglich durch Nichterſcheinen an der Gerichtsſtätte ent=
zogen
hatte. Darauf wartet die Verteidigung wieder mit
einem neuen Vorſtoß auf: Rechtsanwalt Roder erklärt, der
auch zu den geheimen Sitzungen als Vorſitzender des Ehren=
gerichtshofes
der Stabsoffiziere hinzugezogene Oberſt Schrau=
denbach
habe einen Vertrag abgeſchloſſen, nach dem er auch
über die nichtöffentlichen Sitzungen ſchreiben werde. Mit größter
Schärfe weiſt der im Saal ſolchermaßen aufs ſchwerſte angegrif=
fene
Oberſt dieſen Angriff zurück und erklärt jeden für einen
traurigen Kerl, der ihm ſo etwas unterſchiebe. Rechtsanwalt
Roder muß dann auch feſtſtellen, daß er ſich bei der Vor=
bringung
des ihm zugeleiteten Materials jeder eigenen Stellung
dazu enthalte.
Zur Vernehmung kommt dann als erſter und einziger Zeuge
am Vormittag der Führer des Bundes Bahern und Reich, des
größten Wehrverbandes in Bayern, deſſen Ehrenpräſidium Herr
v. Kahr inne hat, Sanitätsrat Dr. Pittinger. Kein Wunder,
daß die Verteidigung von ihm wichtiges Material zur Stütze,
ihrer eigenen Theſen über Kahrs Pläne des Direktoriums und
den Marſch nach Berlin zu erhalten hofft und ihn, aſſiſtiert vont
dem Angeklagten, mit einem Trommelfeuen von Fragen über
ſchüttet. Die Ausbeute iſt aber abſolut negativ. Was der Zeugel
unter ſeinem Eid und unter wiederholter Berufung auf dieſen
Eid bekundet, bricht der Verteidigung wieder eine Perle um die
andere aus der mühſam zuſammengefügten Krone der Mitſchuld
des . Herrn v. Kahr. Auch auf den Nebengefechtsplätzen
hat ſie kein Glück. Es gelingt ihr nicht einmal, den Verfaſſer der
Flugſchrift über Ludendorff herauszubringen, den ſie in der
unmittelbaren Nähe des Zeugen ſucht. Der Zeuge ſelbſt iſt es
nicht. Es iſt auch nicht ein Angehöriger des Bundes Bahern
und Reich und noch weniger eine Perſönlichkeit, die mit dem
Generalſtaatskommaiſſariat oder einer ſonſtigen Dienſtſtelle in
irgendwelcher Weiſe in Zuſammenhang ſtände. Der Zeuge kennt
den Verfaſſer, lehnt es aber mit Fug und Recht unter Berufung
auf die Vertraulichkeit ſeines Wiſſens ab, ihn zu nennen, worin
ihm das Gericht Recht gibt. Allgemeine Heiterkeit im Saal, als
erſte als ein Schlag ins Waſſer erwieſen hatte dem Zeugen
hat wenigſtens Humor genug, mit der Feſtſtellung zu quitieren:
Sehen Sie, jetzt war’s der auch nicht!, worauf der Vorſitzende
Mühe hat, die abermals entfeſſelten Lachgeiſter wieder zu bannen==
Ueber die materielle Bedeutung der Ausſagen S2k. Pittin=
gers
kann man ſich ein Bild an Hand des zuditen wiedergegebenen
Auszugs machen. Sie ſind nach mancher Richtung äußerſt inter=
eſſant
. Daß von Kahrs Plänen Eiſter kaum etwas übrig bleibt,
haben wir bereits uuterſtrichen, Wir möchten hier noch auf das
verweiſen, was Dr. Pittingepk über ſeine Beziehungen zu Luden=
dorff
und zu Oberſt Banex und über die damals im Zuſammen=
hang
mit ſeiner Reiſe ngcch Ungarn aufgetauchten Gerüchte über
bayeriſche Separations/Pläne zu ſagen hatte.
Da bislang alleseergeblich blieb, wird die Verteidigung ver=
anlaßt
, in dieſer Sitzung nun ihr ſchwerſtes Geſchütz aufzufahren,
Den bereits genanntten 190 Zeugen auch die Nummern 191 bis
194 anzureihen usſid die Ladung des Reichspräſidenten, des
Generials See at und Dr. Streſemanns als Zeugen, über die
Illoyalität dees Direktoriums ſowie einen Reichswehroffizier über
die angeblich hen militäriſchen Voxbereitungen für den Marſch nach
Berlin zyu vernehmen. Der Vorſitzende und das Gericht bringen
der Aausſicht, den Prozeß um weitere Wochen zu verlängern,
wec ig Verſtändnis entgegen und lehnen nach vorſchriftsmäßiger
geheimer Beratung alle Beweisanträge als unerheblich für die
Schuld= und Straffrage in dieſem Prozeß unerbittlich ab, woraus
man die Hoffnung ableiten darf, daß der Kelch doch bald an uns
vorübergehen wird.
* Aus Pittingers Befundungen.
Drahtbericht unſeres Münchener Korreſpondenten.
g. München, 17. März.
Die mangelnde Aktivität Kahrs.
Sanitätsrat Dr. Pittinger bekundet in ſeiner Vernehmung unter
anderem, ſein Schritt bei Herrn v. Kahr, der früher wie auch jetzt
von der Verteidigung als ein ultimativer Schritt aufgefaßt wurde habe
mit einem Marſch nach Berlin nicht das geringſte zu tun gehabt. Es ſei
richtig, daß er in dieſer Zeit bei Oberlandesgerichtsrat Pöhner war.
Die mangelnde Aktivität Kahrs habe er jedoch lediglich auf wirtſchaft=
lichem
Gebiet, nicht bei der Frage eines Marſches nach Berlin geſehen,
an den Kahr niemals gedacht habe. In den vaterländiſchen Verbänden
habe man beſonders darauf gedrängt, daß Währungsmaßnahmen zur Ab=
wendung
des durch den Markſturz hervorgerufenen Elends, in Gang
kämen. Sofort nach dem Putſch habe ihm Oberſt v. Seißer geſagt, es
ſei furchtbar, was ihnen im Bürgerbräukeller angetan wurde. Niemand
denke daran, den Putſch mitzumachen. Der Zeuge hat ſich dann zur
Alarmierung des Chiemaaues nach Roſenheim begeben und hat dort
entgegen der Darſtellung eines Roſenheimer Blattes klar und eindeutig
erklärt, daß Herr v. Kahr den Putſch nicht mitmachen und ihn nieder=
werfen
werde. Gegenüber einem Vorhalt des Angeklagten Pöhner,
bei dem Druck auf Kahr habe es ſich nicht nur um Wirtſchaftsmaßnahmen
gehandelt, erklärte der Zeuge, daß dies unrichtig fei. Er habe allerdings
Pöhner nahgelegt, im Generalſtaatskommiſſariat mitzuarheiten weil
er angenommen habe, daß Pöhner dort von ſeiner negativen Einſtellung
zum Staate durch poſitive Mitarbeit abgebracht werden könne. Pöhner
weiſt es unter großer Erregung zurück, daß er dem Staat gegenüber
negativ eingeſtellt ſei. Er habe es nur immer abgelehnt, ſich noch ein=
mal
an den Wagen des unzulänglichen Herrn v. Kahr ſpannen zu laſſen.
Der Zeuge Dr. Pittinger bekundet weiter, daß er in einer Unter=
redung
mit Major Vogt ebenfalls betont habe, an einen Marſch nach
Berlin denke in Bahern kein Menſch. Wenn ſich dort eine nationale Re=
gierung
bilden ſollte, und dieſe etwa zur Abwehr kommuniſtiſcher Gegen=
wirkung
auf Hilfe rechnet, wie ſie Bayern 1919 bei der Niederwerfung
der Nätediktatur von norddeutſchen Truppen gebracht wurde, ſo werde
hier Bayern ſeine Hilfe nicht verſagen.
Die Broſchüre über Ludendorff.
Auf zahlreiche Fragen der Verteidigung autwortete der Zeuge noch
dahin, daß er mit Oberſt Seißer über ſeine Reiſe nach Berlin niemals
geſprochen habe. Auch it Juſtizrat Claß habe er nie geſprochen. Die
Broſchüre über Ludendorff habe er nicht verfaßt. Auch der Bund
Bahern und Reich und ſeine einzelnen Mitglieder hätten mit der Ab=
faſſung
nichts zu tun. Er kenne den Verfaſſer, müſſe es aber ablehnen,
ihn zu nennen. Bezüglich der Währungspläne erklärt der Zeuge, es ſei
damals dem Herrn b. Kahr von verſchiedenen Seiten nahegelegt worden.
eine Stabiliſierung der Währung in Bayern durchzuführen. Man habe
dabei jedoch betont, daß dies nur möglich ſein werde, wenn man das
geſchloſſene bayriſche Wirtſchaftsgebiet dadurch abgrenze, daß die Zoll=
grenzen
mit den Ländergrenzen zuſammengelegt werden. Herr v. Kahr
wie auch er (Zeuge ſelbſt) und ſeine Umgebung ſeien ſich darin einig ge=
weſen
, daß dieſer Weg keinesfalls beſchritten werden könne, da er poli=
tiſch
die unheilvollſten Folgen hätte nach ſich ziehen müſſen. Auf eine
Frage des zweiten Staatsanwalts erklärt der Zeuge, in der von Juſtiz=
rat
Bezſchwitz ſchon früher erwähnten Unterredung im Kaſino des

Der bedeutendſte Differenzpukt zwiſchen dem Kampfbund und dem
Bund Bahern und Reich war, wie der Zeuge weiter betont, gerade
Reich den Marſch nach Berlin zur Er=
der
, daß der Bund Bayern und. 9
er als Unſinn abgelehnt habe, während
richtung einer Aeigksdiktatur imm 3h hindrängte. Militäriſche Vorberei=
der
Kampfbund auf dieſen Marſt
tungen zu Aeſem Marſch nach Berlin ſeien niemals getroffen worden.
Der Zeuge lueiſt es ſchließlich noch zurück, daß er im Generalſtaatskom=
ielt
habe, oder daß er der Vertrauens=
miſſarie

eine beſondere Nolle geſhrn v. Kahr geweſen ſei. Die Pläne
*8
E- Juhire
man=
des
Her
der Lutſchern Frage ſeien ihm nur in den Grund=
Kahns zur Löſung=
zügen
bekannt geweſen.
Baheriſche Separationspläne‟.
Zum Schluß ſeiner Vernehmung gibt der Zeuge noch die Erklärung
ab daß er entgegen der Aeußerung Ludendorffs in ſeiner Verteidigungs=
rede
ſich nicht von ſich aus Ludendorff näherte, ſondern daß General
Lundendorff ſeirerzeit ausdrücklich den Wunſch geäußert hatte, ihn (den
Zeugen) kennen zu lernen. Der ebenfalls von General Ludendorff er=
tbähnte
Beſuch Pitingers in Ungarn ſei auf den ausdrücklichen Wunſch
des Oberſten Bauer, der rechten Hand Ludendorffs, erfolgt. Bei ſei=
ner
erſten Beſprechung mit Ludendorff habe er unter anderem auch die
Frage aufgeworfen, ob es nicht möglich ſein werde, der vater=
ländiſchen
Bewegung im Norden neuen Auftieg zu geben, wenn
General Ludendorff ſeinen Wohnſitz nach Norddeutſch=
land
verlegen würde. Ludendorff habe dies mit der Be=
gründung
abgelehnt, daß er im Norden zwar viele Freunde bei
den jüngeren Offizieren habe, dagegen ſtünden die älteren Offiziere nicht
auf ſeinem Standpunkt. Bei der Reiſe nach Ungarn habe es ſich um die
Herſtellung einer gemeinſamen Front gegen den Bolſchewismus gehan=
delt
. Weder die bayeriſche noch die ungariſche Regierung hätten mit der
Sache etwas zu tun gehabt. Von ſeparatiſtiſchen Abſichten oder Plänen
ſei niemals die Nede dabei geweſen. Auch ein Vertrag ſei damals nicht
abgeſchloſſen worden, und zwar einzig aus dem Grunde, weil Oberſt
Bauer den Standpunkt vertrat, man müſſe, um ein Zuſammengehen
mit Ungarn zur Abwehr des Bolſchewismus zu erreichen, unter Umſtän=
den
einzelne deutſche Dörfer im Burgenland abtreten oder dieſer Ab=
tretung
zuſtimmen, was er (Pittinger) ſtets abſolut abgelehnt habe. Und
damit iſt die Vernehmung Dr. Pittingers beendet.
* Die ſetzten Zeugen.
tVon unſerem Münchener Korreſpondenten.
g. München, 17. März.
Am Montag nachmittag geht die Beweisaufnahme zunächſt
Rechtsanwalt Holl, jede Vorſicht außer acht laſſend, den zweiten in Fruhigen Bahnen weiter. Der erſte von der Verteidigung ge=
5m As Verſaſſer mitgeteilten Namen nachdem ſich ſchon der ladcne Zeuge, Landesgerichtsrat Pareſt, ſoll bekunden können,
triumphierend entgegenhält und ſich ein glattes Nein holt, Holl, daßt Ehrharot im Auſtrage des Herrn v. Kahr in Nürnberg für
dass Losſchlagen gegen Berlin geworben habe. Bei ſeiner Ver=
iehmung
ſtellt ſich heraus, daß er ſein Wiſſen nur aus dritter
Hand hat, was er ausdrücklich hervorhebt. Daß auf ſolchem Wege
Mißverſtändniſſe möglich ſind und naheliegen, verſteht ſich von
ſelbſt.
Auf den zweiten Zeugen, Kapitänleutnant a. D. Kauter,
konzentriert ſich größeres Intereſſe, da er Vertrauensmann Ehr=
hardts
und Führer des Wiking=Bundes in Bayern iſt. Er ſieht
ſeine Aufgabe zunächſt darin, ein politiſches Plaidoher für den
Kampf Bayerns gegen Weimar und Berlin zu halten, ein Be=
ginnen
, deſſen Zuſammenhang mit einer Zeugenausſage nicht
recht klar werden will. Von beſonderem Intereſſe iſt ſeine Feſt=
ſtellung
, daß Kahr den Verbänden keinen Zweifel darüber ließ,
er werde ein Vorprellen einzelner Verbände nicht dulden. Die
Bekundungen des Zeugen über die Ereigniſſe des 8. November
zeigen materiell ebenfalls deutlich, daß Kahr offenſichtlich keine
Minute daran gedacht hat, Hitlers Aktion mitzumachen.
Mit dem dritten Zeugen, dem treuen Begleiter Hitlers bei
der Aktion im Bürgerbräukeller, ſeines Zeichen Freibankmetzger=
meiſter
, dürfte die Verteidigung ebenfalls keine reine Freude er=
lebt
haben, da die aus naivem Herzen heraus gegebene Schilde=
rung
der Vorgänge im Nebenſaal doch manche Dinge beſtätigt,
die nicht gerade den Erwartungen der Verteidigung entſprochen
haben dürſten. Recht draſtiſch tritt dies auch bei der Schilderung
zutage, die der Zeuge über den Erfolg des Befehls zum Ent=
laden
der Waffen am 9. November vor dem Zug zur Feldherrn=
halle
gibt. Es ſtellt ſich hier heraus, daß der Zeuge ſelbſt nicht
daran gedacht hat, ſeine Piſtole zu entladen: Es konnte ja jeden
Augenblick etwas vorkommen, wo man die Piſtole gebraucht
hätte.
Daß Rechtsanwalt Holl, der ſich bis jetzt als einer der
ruhigſten unter den Anwälten gezeigt hat, den Abgang des Zeu=
gen
zu einer Geſchmackloſigkeit benutzen würde, hätten wir nicht
erwartet. Sie dürften aus dem Beſtreben entſprungen ſein, den
Lobesworten Hitlers über dieſen Treueſten aller Treuen noch
eine beſondere Reſonanz zu geben. Man lege ſie zu den übrigen,
an denen dieſer Prozeß ja nicht gerade arm war. Plötzlich, nach=
dem
man in den Kreiſen der Preſſe Wetten über die vorausſicht=
liche
Dauer der Beweisaufnahme abgeſchloſſen hat, ſteht man am
Schluß der Zeugenvernehmungen. Das Gericht verkündet nach
einer Pauſe Beſchluß dahin, daß es die Materie nunmehr als
genügend geklärt erachtet und auf ſämtliche weiteren Zeugen
(auch auf die Nummern 1 bis 194 der Verteidigung) verzichtet.
Die Verteidigung ſtimmt wider alles Erwarten zu. Vielleicht
nicht ganz ohne ein erleichtertes Aufatmen, nachdem ſich bis jetzt
ſämtliche ſogen. Entlaſtungszeugen mit wenigen Ausnahmen in
das gerade Gegenteil verwandelt haben.
Ueber den Antrag des Staatsanwalts, dem zuletzt vernom=
menen
Zeugen doch mindeſtens noch einen Gegenzeugen in der
Perſon des Majors Hunglinger gegenüberzuſtellen, wird das
Gericht, ſo hofft man, mit der gleichen Unerbittlichkeit hinweg=
ſchreiten
, ſo daß man endlich morgen Dienstag nach den üblichen
Formalien, der Verleſung protokollariſcher Ausſagen u. a. m.,
zum definitiven Ende der Beweisaufnahme kommen könnte.
Dann folgen hoffentlich erſt nach einer allen Beteiligten zu gön=
nenden
wohlverdienten Pauſe die Plaiooyers.
* Die Nachmittagsſitzung.
Drahtbericht unſeres Münchener Korreſpondenten.
g. München, 17. März.
Der erſte Zeuge in der Nachmittagsverhandlung, Landgerichtsrat
Pareſt=Nürnberg, bekundet, daß er Ehrhardt weder geſehen noch
geſprochen hat. Daß Ehrhardt ſich dahin geäußert habe, Kahr wolle
losſchlagen, ſei in einer Beſprechung der Burſchenſchaſtler in Nürnberg
erwähnt worden, in der man dieſes Losſchlagen als gegen Berlin ge=
richtet
gedeutet habe.
Der Kampf gegen Weimar und Berlin.
Der folgende Zeuge, Kapitänleutnant a. D. Kauter, ſchildert zu=
nächſt
die politiſche Geſamtlage in Bayern bei dem Kampf gegen Weimar
und Berlin, und bekundet materiell, Kahr habe nie einen Zweifel dar=
über
gelaſſen, daß er ein Vorprellen einzelner Verbände nicht dulden
wrde. Der Zeuge war nach dem Staatsſtreich Hitlers von einem
ſolchen ſpricht er im Generalſtaatskommiſſariat. Er ſei ſich darüber
klar geweſen, daß eine einſeitige Erhebung Hitlers und Ludendorffs nie=
mals
den Norden mitreißen würde. Er habe die ihm angeſchloſſenen
Verbände ſofort mobiliſiert, um ſie hinter Kahr zu ſtellen. Der Zeug=
ſprach
in der Nacht vom 8. zum 9. November zw imal kurz mit Kahr,
der ſehr erregt und ſehr empört geweſen ſei. Er habe namentlich auch

ab. Der Zeuge ſelbſt und Ehrhardt ſeien dann bemüht geweſen, wenig=
ſtens
einen Austrag des Kampfes gegen Hitler mit den Waffen zu ver=
meiden
. Ihre Vorſtellungen ſeien jedoch ergebnislos geblieben.
Ein unvereidigter Zeuge.
Der nächſte Zeuge, Freibankmetzgermeiſter Graf, wird unbereidet
vernommen. Er bekundet, daß er Hitler beim Eindringen in den Bir=
gerbräukeller
begleitete. Niemand von den eindringenden Leuten habe
eine Maſchinenpiſtole getragen. Hitler habe faſt wörtlich im Neben=
zimmer
zu Kahr geſagt, er möge vielmals entſchuldigen, daß er ihm ge=
rade
an dieſem Tage dieſe Urberraſchung bereiten müſſe. Die Novemher=
verbrecher
dürften ſich aber nicht ungeſtraft des 5. Jahrestages ihres
Verbrechens erfreuen. Ein Zurück gebe es nicht mehr. Kahr habe ge=
antwortet
, er könne nicht mittun. Auch bei Loſſow und Seißer habe
ſich Hitler erſt entſchuldigt. Hitler habe beim Btreten des Zimmers
ſeine Piſtole an ihn (den Zeugen) abgegeben. Hitler habe geſagt, Luden=
dorff
wiſſe von der Sache nichts, werde aber jetzt geholt. Der Zeuge
hatte den Eindruck, daß Ludendorff, gis er eintraf, die Aktion nicht ſo
ganz recht war, daß für ſein Gefühl vielleicht zu früh losgeſchlagen
worden ſei. Ludendorff habe aber dann geſagt, nachdem es nun ſchon
ſo weit ſei, müſſe eben gehandelt werden. Hitler habe dann Kahr ge=
radezu
angefleht, doch mitzumachen. Dann erſt habe ſich Kahr in Poſi=
tur
geworfen und erklärt, er ſei bereit und tue jetzt mit. Von der
Monarchie ſei erſt ſpäter geſprochen norden.
Der Zeuge glaubt weiter beſtätigen zu können, daß der bekannte
Ausſpruch Loſſows: Ihr Wunſch, Exzellenz, iſt mir Befehl! gegenüber
General Ludendorff gefallen ſei, worauf der Vorſitzende bemerkt, daß
der Zeuge der einzige iſt, der das bisher beſtätigt hat. Der Zeuge er=
klärt
weiter, von einer Piſtolenbedrohung gegenüber Kahr ſei keine
Rede. Die Aeußerung Hitlers über die vier Schuß in ſeiner Piſtole
habe er nicht gehört. Sie ſei auch unmöglich, da ſich in Hitlers Piſtole
nämlich acht Schuß befunden hätten.
Er glaubt weiter beſtätigen zu können, daß am 9. November vor
dem Zug zur Feldherrnhalle der Befehl zum Entladen gegeben wurde,
nend daß ſich General Ludendorff erkundigte, ob der B. ehl durchgeführt
wurde. Der Zeuge gibt jedoch weiter an, daß er ſeine Piſtole nicht ent=
laken
hatte, und begründete dies damit: Es konnte ja jeden Augenblick
etwas vorkommen, wo man die Piſtole gebraucht hätte‟. Die Gewehre
ſeien dagegen wohl entladen geweſen.
Staatsanwalt Ehart weiſt darauf hin, daß von verſchiedenen Teil=
nehmern
des Zuges bekundet wurde, daß dieſe ſelbſt ſchußbereite Ge=
wehre
und Piſtolen an der Spitze des Zuges getragen haben.
Hitler erklärt, daß dies möglicherweiſe Leute waren, die erſt ſpä=
ter
zum Zug ſtießen.
Zum Schluß entſpinnt ſich noch eine Debatte zwiſchen Staatsanwalt=
ſchaft
, Verteidigung und dem Zeugen über eine Bemerkung, die der
Zeuge bei Ankunft der Sturmtrupps gemacht haben ſoll. Der Zeuge
erklärt dies als ausgeſchloſſen. Auch Hitler betont, er habe Graf als
einen ſeiner treueſten Leute kennen gelernt, der ſich jederzeit unbedenklich
für ihn totſchießen laſſen werde.
Als die Vernehmung beendigt iſt, ruſt Rechtsanwalt Holl: Auf
die Gefahr hin, dal
z ich mir eine Rüge zuziehe: So ſtelle ich mir die
deutſche Treue vor!
Der Zeuge Ilshöver bekundet, für Ludendorff ſei nach deſſen
wiederholten Aeußerungen die Sache völlig erledigt geweſen, als die
Inhaber der Staatsgewalt umgefallen waren.
Nach kurzer Pauſe gibt der Vorſitzende den Gerichtsbeſchluß bekannt,
daß das Gericht auf weitere Zeugenvernehmungen terzichtet, da die Ma=
terie
völlig geklärt ſei. Die Verteidigung erhebt keinen Einſpruch.
Der Angeklagte Frick erklärt auf eine Frage des Vorſitzenden, es
ſei richtig, daß er in der Nacht zum 9. November einen Polizeirapport
angeſetzt hat. Er habe in dem Rapport die Polizei im Sinne des tat=
ſächlichen
Inhabers der vollziehenden Gewalt belehren wollen. Der Vor=
ſitzende
verweiſt darauf, daß die Anordnung des Rapports lediglich Sache
des Polizeipräſidenten geweſen wäre, was Frick beſtreitet, da der Polizei=
präſident
ſelbſt und ſein Stellvertreter nicht anweſend geweſen ſeien.
Staatsanwalt Stenglein beſteht auf einem Gerichtsbeſchluß dar=
über
, den Zeugen Major Hunglinger noch über die Vorgänge im Neben=
ſaal
zu hören. Der Vorſitzende vertagt die Beſchlußfaſſung und an=
beraumt
die nächſte Verhandlung auf Dienstag vormittag 129 Uhr.
Ein ODemonſtrationszug in München aufgelöſi.
München, 17. März. Nach einer Feier des Republika=
niſchen
Reichsbundes bewegte ſich geſtern vormittag ein großer
Demonſtrationszug durch die Innenſtadt unter Mitführung von
ſchwarz=rot=goldenen Fahnen. Der Zug wurde von der Landes=
polizei
aufgelöſt. Einige widerſpenſtige Teilnehmer wurden ver=
haftet
.
Profeſſor Quidde verhaftet.
München 17. März. Der bekannte Pazifiſt Profeſſor
Dr. Quidde wurde am vergangenen Sonntag auf eine Anordnung
der Staatsanwaltſchaft München verhaftet. Die Feſtnahme ge=
ſchah
im Zuſammenhang mit ſeiner Veröffentlichung in der
Welt am Montag am 10. März. Die gleiche Abhandlung hat
Quidde auch als Flugblatt drucken laſſen und an viele Adreſſen
des Auslandes verſandt.
Landtagsende in Bayern.
*g. München, 17. März. (Priv.=Tel.) Seinem großen
Vorbild in Berlin folgend, iſt heute auch das bayeriſche Landes=
parlament
in die Ferien gegangen, aus denen es für die der=
zeitigen
Inhaber der Mandate ſchon wegen der Verringerung der
Abgeordnetenzahl von 158 auf 128 nur zum Teil ein Wieder=
erwachen
geben wird. Sang= und klanglos vor leeren Tribünen
ſchied dieſer Landtag aus ſeinem Daſein, der unmittelbar nach
den Wirren der Revolution und der Räterepublik 1920 ins Leben
trat, nachdem er in ſeiner letzten Sitzung noch das Volksbegehren
auf Abänderung der Verfaſſung gegen die Stimmen der Bayeri=
ſchen
Velkspartei und Bayeriſchen Mittelpartei abgelehnt und
damit auf den Weg des Volksentſcheids verwieſen hatte. Mit
dieſem Ereignis iſt die einzige bedeutſame Tatſache zu verzeich=
nen
, die die bayeriſche Innenpolitik in dieſen letzten von dem
Hitlerprozeß völlig beherrſchten drei Wochen aufzuweiſen hat.
Man wird auch dieſem Parlament mit ſeinem großen Vor=
bild
in Verlin zugeſtehen dürfen, daß es das Beſte wollte, jedoch
vieles nicht erreichen konnte, weil ihm die Folgen des Verſailler
Vertrages und im letzten Jahre der vertragswidrige Ruhrein=
bruch
und die Verbrechen in der Pfalz ein erfolgreiches Arbeiten
nahezu unmöglich machten. Feſtzuſtellen, daß dieſer Landtag wie
der Reichstag überaltert war, um neuen Kräften und neuen
Ideen Platz zu machen, heißt dieſes Zugeſtändnis nicht ab=
ſchwächen
, wobei zu bemerken iſt, daß wir das Heil in dem neuen
am 5. April zu wählenden Landtag nicht von denen erwarten, die
als erbitterte Gegner des Parlaments heute Parlamentsſitze
nicht verſchmähen und ebenfalls eifrigſt in den letzten Wahlkampf
eingetreten ſind.
Man hofft, daß die heutige Abſchiedsſitzung auch tatſächlich
die letzte war, falls nicht unvorhergeſehene Ereigniſſe, die ſich in
der Linie des Sitlerprozeſſes ergeben könnten, ein nochmaliges
Zuſammentreten erforderlich machen. Dieſe Möglichkeit bleibt
offen.

[ ][  ][ ]

Rummer 78.

Darmſtädter Tagblatt, Dienstag, den 18. März 1924.

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[ ][  ][ ]

Seite 6.

Darmſtidter Tagblatt, Dienstag, den 18. März 1924.

Nummer 78.

Aus der Landeshauptſtadt.
Darmſtadt, 18. März.
Aus dem Staatsdienſt entlafſen wurden: am 11. März der Kanz=
leiaſſiſtent
Ludwig Luſt zu Erbach auf ſein Nachſuchen mit Wirkung vom
1. März 1924 ab; am 13. März der ordentliche Profeſſor an der Tech=
niſchen
Hochſchule zu Darmſtadt, Dr. Ernſt Berl, auf ſein Nachſuchen
mit Wirkung vom 1. April 1994 an.
In den Ruheſtand verſetzt wurden: am 9. Januar der Lehrer an
der Volksſchule zu Mainz, Peter Schwahn, auf ſein Nachſuchen unter
Anerkennung ſeiner dem Staate geleiſteten Dienſte mit Wirkung vom
1. Februar 1924. Auf Grund des § 1 des Geſetzes über die Altersgrenze
der Staatsbeamten vom 2. Juli 192 reſp. 19. Dezember 1923 tritt am
1. April 1924 in den Ruheſtand: der Sekretär bei der Landesbibliothek,
Kanzleirat Franz Scholz. Aus dieſem Anlaß iſt dem genannten Be=
amten
die Anerkennung der dem Staate geleiſteten langjährigen treuen
Dienſte ausgeſprochen worden.
* Der erſte Geſellſchaftsabend, den das Landestheater
für die Erhaltung der Darmſtädter Theater geſtern veranſtaltete,
war, das kann leider nicht verſchwiegen werden, eine miß
lungene Veranſtaltung, aus der man lernen möge, wie man
es nicht machen ſoll, oder zum mindeſten die Lehre ziehen
kann, daß das Darmſtädter Publikum für derartige Veranſtal=
tungen
erſt erzogen werden muß. Der erſte Teil des Abends
brachte die Erſtaufführung des in ſeiner Art grandioſen Film=
werkes
Nanuk, ein Eskimofilm, der in der Primitivität der
Darſtellung in dem gewaltigen Rahmen und Hintergrund einer
gigantiſchen Natur erſchütternd wirkte. Wir kommen auf dieſes
Filmwerk noch ausführlich zurück. Der zweite Teil des Abends
brachte als Ueberraſchung, die man dem Publikum bis zur
Minute der Vorführung verſchwieg, was ſich als Fehler er=
wies
, ein Radiofunkkonzert. Zwei Mitglieder der Lan=
desoper
ſangen in Frankfurt und ein auf der Bühne auf=
geſtellter
Radio=Lautſprecher übermittelte das Konzert. Während
dieſer Vorführung benahm ſich das zu einer geſellſchaftlichen
Veranſtaltung gelandene Publikum derart, daß auch die Weni=
gen
, die Reſpekt vor der Größe der techniſchen Errungenſchaft
des Radiofunks hatten, um den Genuß der Vorführung gebracht
wurden. Man nahm die Sache humoriſtiſch und ſtörte dauernd
durch Lachen und laute Bemerkungen. Das hätte nicht kommen
dürfen und wäre, wie geſagt, vielleicht vermieden worden,
wenn das Publikum über die Art der Vorführungen durch eine
kurze mündliche Erläuterung vorher unterrichtet worden wäre.
Näherer Bericht folgt.
Heſſ. Landestheater. Im Großen Haus gaſtiert heute abend
um 7 Uhr Elena Polewitzkafa mit ihrem Enſemble als Ekate
rina Iwanowna. Im Kleinen Haus findet eine Auf=
führung
von Barbier von Sevilla ſtatt. Die Roſine ſingt
in dieſer Aufführung Lilli Verra vom Stadttheater Baſel als Gaſt.
Eine Homer=Matinee findet, veranſtaltet von der Vereinigung
der Freunde des Humaniſtiſchen Gymnaſiums, am
kommenden Sonntag ug 11½ Uhr im Kleinen Haus des Heſſiſchen Lan=
destheaters
ſtatt. Primaner des Frankfurter Leſſinggymnaſiums werder
dabei unter Leitung ihres Lehrers, Dr. Majer=Leonhard, den 6. Geſang
aus. Homers Odyſſee, die anmutige Geſchichte der Nauſika, frei aus
dem Gedächtnis mit verteilten Rollen auf Griechiſch vortragen. Es kommt
dabei hauptſächlich darauf an, die viel zu ſelten gehörte Klangſchönhei=
homeriſcher
Verſe zu zeigen. Da vor den einzelnen Abſchnitten Inhalts=
angaben
in deutſcher Sprache geboten werden, können auch Hörer, die der
griechiſchen Sprache nicht mächtig ſind, dem Vortrag folgen. Die bisher
ſtattgehabten Wiederholungen der Matinee vor Freunden der humaniſti=
ſchen
Bildung in Frankfurt, Marburg, Offenbach und Hanau haben
ebenſo begeiſterte Aufnahme bei Publikum und Preſſe gefunden, wie die
zuletzt veranſtaltete Rezitation im Volksbildungsheim vor 800 Zuhörern,
die der arbeitenden Klafſe angehörten. Auch hier wurde der pracht=
volle
Wohlklang homeriſcher Verſe und der herrliche Rhythmus des
großen Epos ebenſo empfunden, wie die fein abgemeſſenen Geſten der
jugendlichen Rhapſoden, die in der Tat die Ssrache und das Versmaß
ſo vollendet beherrſchten, daß ſie den Hörern einen ſeltenen künſtleriſchen
Genuß bereiteten. Der ſtarke Eindruck des originellen Spieles, ſchriel
die Frankfurter Zeitung, darf als bedeutendes Verdienſt um das lebendige
Verſtändnis des Homer angeſehen werden.
Meiſterprüfungen 1924. Anmeldungen werden nur noch bis
zum Montag, den 31. März 1924, auf dem Büro der Handwerkskam=
mer
, Saalbauſtraße 60, Darmſtadt, entgegengenommen, ſpätere Au=
meldungen
können erſt bei den übernächſten Prüfungen berückſichtigt
werden. Da die Vorbereitungskurſe anfangs April beginnen werden,
ſo muß auch hierzu Anmeldung ſofort erfolgen.
Gewerbemuſeum. Am Donnerstag, den 20. d. M., nachmittags
4½ Uhr, findet in der Ausſtellung von Arbeiten der Techniſchen Lehr
anſtalten in Offenbach eine Führung für die Handarbeits
lehrerinnen der hieſigen Schulen ſtatt. Die Ausſtellung von
Baſtarbeiten der Textilklaſſe in Offenbach zeigt, in wie großem Umfang
gefärbter Baſt als Erſatz für Wolle und Seide im Handarbeitsunter=
richt
geeignet iſt. Die Führung ſoll den Fachlehrerinnen der hieſigen
Schulen Gelegenheit zu gemeinſamer Ausſprache über dieſe Frage ge=
ben
und gegebenenfalls zu gemeinſamem Bezug von lichtecht gefärbtem
Baſt für die Verwendung im hieſigen Handarbeitsunterricht anregen.
Turngemeinde Befſungen 1865 e. V., Darmſtadt. Die Wander=
abteilung
der Turngemeinde Beſſungen beging am Samstag, den
15. März im Rahmen einer Wochenverſammlung ihr diesjähriges Deko=
rierungsfeſt
. Eine ſtattliche Zahl Wanderfreunde hatte ſich in dem
mit Tannengrün freundlich geſchmückten Kneipſaale zuſammengefun=
den
. Friſche Wandergeſänge, Vorträge und vor allem die luſtigen
Weiſen der Mandolinenabteilung brachten bald eine fröhliche Stim=
mung
zuwege. Dankbar aufgenommen wurde die vom 1. Sprecher,
Herrn Oberſtudiendirektor Kiſſinger, der Verſammlung aus ſeinen
reichen Erlebniſſen erzählten ernſten und heiteren Begebenheiten, die
ihm im Laufe ſeiner vielen Wanderjahre unvergeßliche Erinnerungen
geworden ſind. Bei der von ihm vorgenommenen Dekorierung konn=
ten
insgeſamt 17 Wanderinnen und Wanderer ausgezeichnet werden,
und zwar erhielten drei zum viertenmal, zwei zum drittenmal, ſechs
zum zweitenmal und ſechs zum erſtenmal das goldene Wanderabzei=
chen
der Turngemeinde Beſſungen. Die mit großem Beifall aufge=
nommene
Dekorierungsanſprache klang aus in der an die Wanderer
gerichteten Aufmunterung, ſich ſelbſt und der guten Sache treu zu
bleiben. Am Sonntag früh ſtellten ſich dem Führer, Wanderwart
Weygandt, nicht weniger als 40 Wanderer und Wanderinnen pünktlich

Himmelsleiter, Frankenſtein, Schweizerloch nach Seeheim. Auf dem
Wege wurde mit manch anderer Wanderabteilung ein fröhliches Friſch
auf gewechſelt. Eis und Schnee auf den Höhen konnte die Stimmung
nicht beeinträchtigen. In Seeheim wurde bis nach 4 Uhr geraſtet,
um geſtärkt den Heimweg über Malchen, Eberſtadt anzutreten. Be=
ſonders
muß noch anerkannt werden, daß ſich die Alten wieder zuſam=
mengefunden
haben, um den Jungen mit einem guten Beiſpiel vor=
anzugehen
.
Hh.
Arbeitsgemeinſchaft der Darmſtädter Jugendverbände. Auf
Wunſch der letzten Vertreterſitzung findet am Donnerstag, den
20. Marz, abends 8 Uhr, in der Eleonorenſchule eine Ausſprache über
die Jugendherbergsarbeit ſtatt. Dringend bitten wir, daß alle Bünde,
beſonders die das Wandern pflegen, vertreten ſind. Es ſollen von je=
dem
Bund mehrere Vertreter kommen. Gleichzeitig bitten wir alle
Gruppen, uns baldigſt ihre Adreſſen mitzuteilen, damit wir in gegebe=
nen
Fällen Einladungen verſenden können. Das Jugendſekretariat
in der Infanteriekaſerne iſt vom 19. März ab aufgelöſt und nach
Stiftsſtraße 45, Parterre, verlegt.
Payern=Pfalzkundgebung. Die vaterländiſche Veranſtal=
tung
des Bayernvereins Darmſtadt zugunſten der bedrängten
Brüder in der Pfalz findet am Samstag, den 29. März d. J.,
abends 7½ Uhr im Landestheater, Kleines Haus, das in ent=
gegenkommender
Weiſe zur Verfügung geſtellt wird, ſtatt. Die Ab=
ſicht
, dieſe Veranſtaltung mit der Pfalzwoche in Bayern zu be=
gehen
, konnte wegen Mangels eines Saales nicht durchgeführt
werden. Die Veranſtaltung wird von einem vom heimatlichen
Gedanken getragenen Programm umrahmt ſein. Sie wird den
Beſuchern ernſte, aber auch genußreiche, feſſelnde Stunden be=
reiten
. Es ſteht zu erwarten, daß ſich alle bayeriſchen Landsleute
hier in Darmſtadt und Umgebung an der Feier beteiligen, und es
iſt zu erhoffen, daß auch die hieſigen Einwohner durch rege Teil=
nahme
ihre Sympathie für die uns alle angehende Sache bekun=
den
. Die Karten im Vorverkauf werden bereits in den nächſten
Tagen an den noch bekanntzugebenden Stellen ausgegeben.
Die Darmſtädter Vereinigung der aus Elſaß=Lothringen Vertrie=
benen
hält ihre Mitgliederverſammlung am Donnerstag, 20. d. M., im
Fürſtenſaal ab. (Siehe Anz.) Nach kurzen geſchäftlichen Mitteilungen
wird eine Wanderung durch die ſchönſten Teile der Vogeſen im Lichtbild
gemacht. Alle Gäſte, die ſich für unſere verlorene Heimat intereſſieren
und dieſelbe im Lichtbild wiederſehen oder kennen lernen wollen, ſind
herzlich willkommen.

Kleinwohnungsbau 1924
lautete das Thema, worüber Herr Regierungsbaumeiſter Runge vor den
zahlreich erſienenen Mitgliedern im Kartell der Finanzbeamten in
Heſſen (Reichsteuer= und Zollbeamten und heſſiſche Finanzbeamten) am
Donnerstag, dn 13. März 1924, ſprach. Ehe der Referent des Abends
das Wort ergrif, begrüßte der Vorſitzende, Herr Oberzollinſpektor Lang
die Anweſender. Ganz beſondere Freude löſte es aus, daß der Vor=
ſitzende
des Landskartells, Herr Dr. Claß, und der Vorſitzende des Orts=
kartells
, Herr Vrwaltungsinſpektor Goſenheimer, unter den Anweſen=
den
ſeien. Ferne begrüßte er Herrn Dr. Landmann, Vorſitzender der
Bodenreformer, Ortsgruppe Darmſtadt, der mit vielen ſeiner Freunde
erſchienen wau.
Herr Oberzollinſpktor Lange leitete dann in ſeiner Anſprache zum
eigentlichen Thema des Abends über. Als wir aus dem Kriege zurück=
kehrten
, hoffte jeder ſein igenes Gärtchen, dann vielleicht ſein eigenes
Häuschen erarbeiten zu könnn. In Frieden ſollte alles aufgebaut wer=
den
. Trotz aller Zuſchüſſe und Geſetze des Reichs ſeien dieſe Hoffnungen
in keiner Weiſe wahr gewordn. Das Wohnungselend wurde von Tag
zu Tag größer. Ganz kraß trck uns das entgegen, als unſere Kollegen
vom beſetzten ebiet von Haus und Hof verjagt wurden und nirgends
Unterkunft inFen könnten. An eine Geldunterſtützung ſeitens des Rei=
ches
, der Länder oder der Gemenden iſt nicht zu denken. Die Beamten=
führer
jaben ade die Pflicht, Wege zu finden, auf denen die wirtſchaft=
gungbar
iſt. Allein mit Gehaltsaufbeſſe=
liche
Lae der Beam
irtſchaftlichen Verhältuiſſe der Beamten
rungen werden die fd
heute nicht mehr geändert. Im Zeitalter der Kartellpolitik kann nur eine
Selbthilfe politik als Preisregulator entgegengeſtellt werden. Die Krone
im Cliede der Selbſthilfe iſt die Siedlungsgenoſſenſchaft.
Vir fördern mit der Einrichtung den Kleinwohnungsbau, entlaſten
den Wohnungsmarkt, verringern das Wohnungselend. Vor allem werden
wir frei vom Bauſpekulantentum, denn ſobald das Bauen demnächſt
wieer wirtſchaftlicher wird, erblüht auch dieſe Wücherblume.
Regierungsbaumeiſter Nunge gliederte ſeine Ausführungen nac
drei Geſichtspunkten. Zuerſt behandelte er die finanzielle Frage des
euens, dann die bautechniſche Frage und ſprach zum Schluß über die
Kulturaufgabe des genoſſ. Kleinwohnungsbaues.
Der Baumarkt iſt heute außerordentlich kapitalſchwach. Die Geld=
ſeſchaffung
zum Bauen leide darunter ganz erheblich. Die Bankinſtitut=
önnen
nur mühſam ſich einen Kreis neuer Einleger ſchaffen, die Pfand=
briefe
und Obligationen werden ſchlecht abgeſetzt. Langfriſtige Darlehen
ind zurzeit kaum zu haben, kurzfriſtige nur zu hohen Zinsſätzen. Des=
halb
iſt es ein Haupterfordernis, daß das Sparen belebt und ſtraffer als
bisher organiſiert wird. Die Baugenoſſenſchaften und wirtſchaftlichen
Vereinigungen müſſen Träger dieſer Aufgabe ſein. Gemeinnützigkeit
auch von Seiten der Bankinſtitute, die ſich mit der Beleihung des Woh=
nungsbaues
befaſſen, iſt Vorbedingung. Das Sparkapital der Bau=
intereſſenten
muß dirert dem Bauen wieder zugeführt werden. Da der
Zinsfuß für Baukapital über die doppelte Höhe des Friedensſatzes ge=
ſtiegen
iſt und die Baukoſtenmeßziffer zirka das anderthalbfache des Frie=
densſatzes
beträigt, außerdem das Wohnungsangebot weit hinter der
Nachfrage zurückſteht, muß vollkommen Klarheit darüber herrſchen, daß
von der Wiederherſtellung der Friedensmieten und der freien Wirtſchaft
unächſt keine Neubautätigkeit zu erwarten iſt. Als Beiſpiel führte der
Vortragende die Verhältniſſe in anderen Ländern, z. B. Amerika, Eng=
land
, die Schweiz und Holland an. Erſt wenn wieder die vor dem
Kriege beſtehende zirka 3 Prozent Wohnungsreſerbe vorhanden iſt, kann
der Mietpreisbildung freier Lauf gelaſſen bezw. die Zwangswirtſchaft
völlig abgebaut werden. Bis dahin werden aus öffentlichen Mitteln
(Dritte Steuernotverordnung!) Gelder für Bauzwecke bereit geſtellt wer=
den
müſſen. Der Vortragende gibt dann einen kürzeren Ueberblick au
das bisherige und das durch die Dritte Steuernotverordnung neue Ver=
fahren
der Unterſtützung des Wohnungsbaues aus öffentlichen Mitteln.
Durch die Inanſpruchnahme der Beſteuerung, wie ſie die Dritte Steuer
notverordnung vorſieht, zur Deckung der allgemeinen Finanzbedürfniſſe
des Reichs, der Länder und Gemeinden ſind dem Wohnungsbau leider
nur 10 v. H. des Steuerertrags geblieben, was, für Heſſen im Jahre
924 einen Betrag von 1 Million Goldmark für= Zwecke des Wohnungs=
baues
bedeutet. Damit können unter der Vorausſetzung, daß 50 Prozent
der Baukoſten einer Kleinwohnung von zirka 56000 Mark Bauwert
vom Bauluſtigen ſelbſt aufgebracht werden, rund 1000 Wohnungen mit
je 1000 Mark unterſtützt werden, wenn der Reſt etwa in der Höhe von
1500 Mark durch erſtſtellige Hypothek beſchafft werden kamn. Der außer=
ordentliche
Wohnungsfehlbedarf in Heſſen kann vorſichtig auf 1518 000
Wohnungen geſchätzt werden. Im Frieden ſind jährlich als normaler
Wohnunszuwachs 3000 Wöhnungen errichtet worden.
Aus einem Vergleich ergibt ſich, wie außerordentlich bedeutungsvoll
die finanzielle Selbſthilfe aller Intereſſentenkreiſe, beſonders der Bau=
genoſſenſchaften
und wirtſchaftlichen Vereinigungen ( Beamtenorganiſatio=
nen
und Gewerkſchaften) iſt, das Sparkapital und Baukapital durch ge=
eignete
Oxganiſationen ſo zur Geltung zu bringen, daß die Frage des
Wohnungsbaues, die eine Kulturfrage erſten Ranges iſt, zweckmäßig ge=
löſt
und die Bekämpfung der Wohnungsnot planmäßig auf dem Wege
jeſunder Siedlungspolitik in Angriff genommen werden kann. Zur bau=
techniſchen
Frage erläuterte der Redner kurz die Ideen des batwirtſchaft=
lichen
Gedankens. Weitgehendſte Normung. Schnelles Bauen, um häu=
figen
Umſatz des teueren Baukapitals zu ermöglichen. Vorortswirtſchaft.
Typiſierung und Mechaniſierung des Arbeitsvorganges. Organiſation
des Kleinhandwerks. Wintervorortsarbeit und dergl. Das Weſentlichſte
iſt durch Ausnützung der Verbilligung, die durch Maſſenanfertigung ſo=
wohl
an Material als an Arbeitsleiſtung als auch in verwaltungstech=
niſcher
Hinſicht erzielt werden kann.
Zum Schluß ſeiner Ausführungen führte der Redner aus, daß der
ſtaatlichen Wohnungspolitik eine reiche Aufgabe geſtellt iſt, und zwar
nicht nur in der Zeit der Wohnungsnot, ſondern für alle Zeiten. Sie hat
ihre Tätigkeit bis auf die Verteilung und Ausnützung des Grund und
Bodens, bis in die Geſtaltung der Volksgewohnheiten und Wohnſitten
und tief in die allgemeine Wirtſchaftspolitik hinein zu erſtrecken. Die
Wohnungspolitik wird zu einer Erneuerung des deutſchen Volkes, das
Wichtigſte beizutragen haben. Die Forderung, die an die Wohnungswirt
ſchaft der Zukunft zu ſtellen iſt, iſt das Kleinhaus im Garten, womöglich
auf eigener Scholle. Dort findet der ſchaffende Menſch den Zuſammen=
hang
mit der Natur, Behagen und Lebensfreude.
Der Vortragende wurde für ſeine Ausführungen durch reichen Bei=
all
belohnt. Herr Oberzollinſpektor Lange dankte für den vorzüglichen
Vortrag, den Herr Regierungsbaumeiſter Runge, in uneigennütziger
Weiſe übernommen hatte. Es ſetzte nunmehr eine rege Ausſprache ein
Die Verſammlung beſchloß, dem Ortskartell Darmſtadt die Einberufung
der Gründungsverſammlung einer Baugenoſſenſchaft zu übertragen, de
die geſamte Darmſtädter Beamtenſchaft hierfür intereſſiert werden müſſe
Die Ausſprache ergab weiter, daß die Kapitalbeſchaffung durch Anteil=
ſcheine
über geringe Beträge, die aber gut verzinſt werden ſollten, er=
folgen
könne. Dieſe Anteilſcheine ſollten in möglichſt weiten Kreiſen
untergebracht werden. Die Anteilſcheinnehmer müſſen nicht unbedingt
Genoſſen ſein.
Die Hauptkapitalbeſchaffung erfolgt natürlich durch die Genoſſen=
ſchaftsmitglieder
in Form der Geſchäftsanteile. Dieſe müſſen mindeſtens
200 Mark betragen. Des weiteren war durch Herrn Direktor Burger
von der Beamtenbank Kapital in Ausſicht geſtellt worden.
Sobald nun das erſte Kapital zuſammengefloſſen iſt, wird mit dem
Bau begonnen. Die Häuſer ſind dann hypothekariſch zu belaſten. Das
freiwerdende Kapital kann dann zum Aufbua weiterer Häuſer benutzt
werden. Dieſe Einzelheiten ſind in Satzungen einer Genoſſenſchaft feſt
zu verankern.
Städtiſche Akademie für Tonkunſt. Bis zum Beginn der Oſterferien
(12. April) finden noch folgende Veranſtaltungen der Städt. Akademie
für Tonkunſt ſtatt: 1. Mittwoch, den 19. März, abends ½7 Uhr, im Saale
der Städt. Akademie für Tonkunſt, Vortrag des Herrn Dr. Bodo Wolf
über Einleitende Bemerkungen über Bachſche Orgelfugen. 2. Mitt=
woch
, den 19. März, abends 8½ Uhr, im Saale dey Städt. Akademie für
Tonkunſt, Vortragsabend der Geſangsklaſſen von Fräulein Mathilde
Weber. 3. Donnerstag, den 20. März, abends 8½ Uhr, Wiederholung
des Vortragsabends vom 19. März. 4. Mittwoch, den 26. März, abends
½7 Uhr, im Saale der Städt. Akademie für Tonkunſt, Vortrag des Herrn
Dr. Bodo Wolf über Bach: Johannis=Paſſion (Karfreitagskonzert
Muſikverein). 5. Mittwoch, den 2. April, abends ¾7 Uhr, im Saale der
Städt. Akademie für Tonkunſt, Vortrag des Herrn Dr. Bodo Wolf über:
Mendelsſohn: Sommernachtstraum, Weber: Euryanthe (Volkskonzert
der Städt. Akademie). 6. Samstag, den 5. April, abends 5½ Uhr und
8 Uhr, im Großen Haus des Heſſiſchen Landestheaters, 4. Konzert Die
Romantik in der Muſik (Soliſt: Rudolf Serkin, Klavier). Programm:
Sommernachtstraummuſik von Mendelsſohn, Wandererfantaſie und klein=
Stücke von Schubert, Eurhanthe=Ouvertüre von Weber. 7. Mittwoch,
den 9. April, abends 347 Uhr, im Saale der Städt. Akademie für Ton=
kunſt
, Vortrag der Herren Dr. med. Happich und Dr. Bodo Wolf über
Die Geiſteskrankheit Roberr Schumanns im Lichte der mediziniſchen
Forſchung (Als Einleitung hierzu: Manfred=Muſik.) Näheres im
Sekretariat der Städt. Akademie,
Straßenbahnverbindung nach Pfunaſtadt. Wie wir zuverläſſig
erfahren, ſind erneut Verhandlungen ſeitens der Heag im Gange, um
die Straßenbahn von Eberſtadt nach Pfungſtadt auszubauen.
* Die Weidenkätzchen, die erſten Frühlingsboten, haben ſich wie=
der
eingeſtellt, und ſchon beginnt allenthalben das Zerſtörungswerk
Trotzdem von allen Behörden gegen dieſen Unfug unter Strafan=
drohung
vorgegangen wird, geht derſelbe weiter,

Zur Beamtenverſammlung
iſt unſerem Bericht noch nachzutragen:
Nach reger Ausſprache nahm die Verſammlung folgende Enk
ſchließung einſtimmig an: Die heſſiſche Reichs=, Staats= und Ge
meindebeamtenſchaft iſt entſchloſſen, das Beamtenrecht, wie es in Ver=
faſſung
und Geſetzen hiedergelegt iſt, und wie es im natürlichen Rechts=
gefühl
lebt, aufrecht zu erhalten. Sie ruft mit warnender Stimme
allen Verantwortlichen zu, umzukehren auf dem verhängnisvollen Weg
der Entrechtung, Aushungerung und Verſklavung der pflichttreuen
deutſchen Beamtenſchaft, die in der ſchweren Kriegs= und Nachkriegs=
zeit
Opfer bis an die äußerſte Grenze der Leiſtungsfähigkeit gebracht
hat. Die Verſammlung fordert eine wahrhaft ſozial geregelte Beſol=
dung
, namentlich für die von höchſter Not bedrängten Beamten der un=
teren
Beſoldungsgruppen.
Sie fordert eine gerechte Heranziehung
aller Volkskreiſe zu Steuern und Abgaben. Sie fordert eine ſcharfe
und wirkſame Bekämpfung des Wuchers, der wieder frech ſein Haupt
erhebt. Sie lehnt die grauſamen, ſchematiſchen Perſonalabbauver=
ordnungen
ab, verlangt vielmehr eine geſetzliche Regelung, mit dem
Ziele einer planmäßigen Verwaltungsreform. Sie erhebt mit
Nachdruck ihre Stimme gegen eine nochmalige Vermehrung der Ar
beitszeit über die 48 Stundenwoche hinaus und gegen eine Verkürzung
des Erholungsurlaubs. Sie erinnert Regierung und Volksvertreter
an die Zuſagen, die den Ausgewieſenen gemacht wurden, und fordert,
daß der Abbau Ausgewieſener mindeſtens ſolange unterbleibt, bis ſie
eine Wohnung beſitzen und ihr Eigentum wieder haben oder dafür
entſchädigt ſind. Sie richtet an die Regierung, die Abgeordneten und
an diejenigen, die ſich um einen Abgeordnetenſitz bewerben das drin=
gende
Erſuchen, Schluß zu machen mit ſchönen Worten und hinhalten=
den
Verſprechen, dagegen Ernſt zu machen mit einer tatkräftigen
Fürſorge für die gequälte und entrechtete Beamtenſchaft. Die Ver=
ſammlung
iſt der Ueberzeugung, daß nur eine auf völlig neutraler
Grundlage aufgebaute machtvolle Großorganiſation, das ſchwer be=
drohte
Berufsbeamtentum zu retten vermag. Sie verurteilt daher aufs
ſchärfſte alle Zerſplitterungsbeſtrebungen, mögen ſie kommen von wel=
cher
Seite ſie wollen. Alle Amtsgenoſſen werden aufgerufen, die par=
teipolitiſchen
, religiöſen, Standes= und perſönlichen Sonderrückſichten
und Eiferſüchteleien zurückzuſtellen und ſich zuſammenzufinden in
Einigkeit und Opferſinn zum Wohle aller.

Gartenbauverein Darmſtadt. In der nächſten Monatsverſamm=
lung
am Donnerstag, den 20. März, abends 8 Uhr, im Fürſtenſaal,
wird der Profeſſor für Geologie an der Techniſchen Hochſchule, Herr
Oberbergrat Dr. Steuer, einen Vortrag über Die Sintflutſage hal=
ten
. Die Ausführungen des geſchätzten Redners über dieſes Thema
werden ſicher weite Kreiſe intereſſieren, daher ſind Gäſte willkommen.
In der Monatsverſammlung wird der Vorſitzende nähere Mitteilungen
über die demnächſtige Ausgabe von künſtlichem Dünger machen. Weiter
läßt die Landwirtſchaftskammer die Mitglieder uſw. hierdurch zur
Beſichtigung einer Beregnungsanlage einladen, die am gleichen Tage
im Garten der Landwirtſchaftskammer, Rheinſtraße 62, je um 4 und
5 Uhr nachmittags, vorgeführt wird. Außerdem wird den Mitgliedern
einſtweilen bekannt gegeben, daß am Freitag, den 28. d. M., nachmit=
tags
5 und abends 8 Uhr, im Fürſtenſaal ein Filmvortrag über die
Kaligewinnung ſtattfindet, bei dem Herr Profeſſor Rößler an der
andwirtſchaftlichen Verſuchsſtation die nötigen Erläuterungen geben
wird. Der Eintritt wird für die Mitglieder des Gartenbauvereins und
der Gartengenoſſenſchaft frei ſein. (Nähere Anzeige erfolgt anfangs
nächſter Woche.)
* Der Untergang Trojas im Film. Der erſte Teil des klaſſi=
ſchen
Großfilms Helena läuft zurzeit in den Palaſtlichtſpie=
len
mit ſtändig ſteigendem Erfolg. Wie bereits erwähnt, iſt der
erſte Teil, der den Raub der Helena bringt, von ganz unge=
wöhnlicher
Wirkung. Es iſt ein Film des großen Geſchehens
und klaſſiſch ſchöner Menſchen. Ab Donnerstag ſoll der 2. Teil
laufen: Die Zerſtörung Trojas. Wir werden, wenn ein
Urteil über das Geſamtwerk möglich iſt, die Beſprechung folgen
laſſen.
Orpheum. Die Operette Die keuſche Suſanne gelangt nur
noch bis Freitag, den 21. März, zur Aufführung. (Näh. ſiehe Anzeige.)
Lokale Veranſkaltungen.
Die Hierunter erſcheinenden Nofizen ſind ausſchlleßlich als Hinweiſe auf Anzelgen zu befrachten,
in keinem Fallie irgendwie als Beſprechung oder Kritſt.
Die nächſte volbstümliche Sonntagsmorgen=
muſik
von Oberreg.=Rat Grospietſch findet am 23. März,
um 11½ Uhr, im Realgymnaſium ſtatt. Fräulein Hedwig Werle ſingt
die 5 Weſendoncklieder von Richard Wagner, ſowie Lieder von Richard
Strauß und endlich (zum erſten Male in Darmſtadt) einen kurzen
Liederzyklus des Kölner Komponiſten Konrad Ramrath.
Republ. Reichsbund. Die für den 20. März angeſagte
Verſammlung muß wegen Verhinderung des Herrn Prof. Dr. Sins=
heimer
verſchoben werden. Näheres wird noch mitgeteilt.
Aus den Parteien.
Deutſche Volkspartei Darmſtadt. Wie ſchon mitge
teilt, findet am kommenden Sonntag, den 23. März, eine große Kund=
gebung
der Deutſchen Volkspartei, gelegentlich des Zuſammentritts des
großen Landesausſchuſſes der Partei in Darmſtadt, ſtatt. Reichs=
außenminiſter
Dr. Streſemann wird in der Turnhalle am Woogsplatz
vormittags 11½ Uhr, ſprechen. Der Kartenverkauf für die Mitglie=
der
(0.50 bis 3.0 Mark) hat bei der Geſchäftsſtelle, Wilhelminenſtr. 5,
bereits begonnen. Für Nichtmitglieder (1.50 bis 6. Mark) beginn
der Kartenverkauf am Donnerstag, den 20. März, bei den in der
ffentlichen Bekanntmachung, in den Zeitungen und an den Plakat=
ſäulen
angegebenen Verkaufsſtellen. Da mit einem ganz außerordent=
lichen
Andrang zu dieſer Kundgebung zu rechnen iſt, wird auf das
dringendſte empfohlen, ſich ſofort Plätze zu ſichern. Dies iſt um ſo not=
wendiger
, als eine größere Anzahl von Plätzen für auswärtige Be=
ſucher
zurückgehalten werden muſſen.
Deutſch=demokratiſche Jugend. Unſere Mitglieder
beſuchen den Vortrag von Frau Dr. Lüders am Dienstag, den 18. ( Für=
ſtenſaal
). Am Mittwoch, den 19., Vorſtandsſitzung um ½8 Uhr. Heim=
abend
8½ Uhr: Humoriſtiſche Skizzen von Ludwig Thoma. Wir
machen unſere Mitglieder nochmals auf den heute abend ſtattfindenden
Vortrag von Frau Dr. Lüders aufmerkſam.

Parlamentariſches.
Finanzausſchuß. In der geſtrigen Sitzung des Finanz=
ausſchuſſes
lagen die Geſetzentwürfe der Regierung über ein vorläu=
figes
Finanzgeſetz, über eine Grund= und Gebäudeſteuer, über eine Ge=
werbeſteuer
und eine Mietſteuer, welche von dem Sonderausſchuß we=
gen
Unzuſtändigkeit an den Finanzausſchuß überwieſen worden ſind,
vor. Man trat zunächſt in eine allgemeine Ausſprache ein. In dieſer
erklärte die Deutſche Volkspartei, daß ſie nicht den Wunſch habe, au
Grund der vorläufigen und nicht weiter nachprüfbaren Ziffern in eine
Erörterung eines unvollſtändigen Voranſchlags einzutreten. Sie wünſche
vielmehr, daß auf Grund des alten Voranſchlags der Regierung a
eine kurze Zeit im Wege des Notgeſetzes eine allgemeine Ausgabege=
nehmigung
reteilt werde. Was die Einnahmen anbelangen, ſo bezwei=
felte
die Deutſche Volkspartei zunächſt, daß die Ziffern über die Ein=
gänge
und Umſatzſteuern durch die Ueberweiſungen des Reiches zutref=
fend
ſeien, ſie gab vielmehr der Meinung Ausdruck, daß die Schätzun=
gen
des Reiches, infolge des lanfamen Wiedererſtarkens unſeres Wirt
ſchaftslebens ſtark überholt werden müßten. Demzufolge werde ſich auch
der Bedarf ermäßigen. Weiter wies die Deutſche Volkspartei darauf
hin, daß auch bei den Stadtverwaltungen auf eine ſtarke Verein=
fachung
des Verwaltungsapparates gedrängt werden müſſe. Sie er=
klärte
endlich, daß bei der wenig ſachlichen Haltung der jetzigen Regie=
rungsparteien
und eines Teiles der Regierung in den Fragen der Per=
ſonalpolitik
, bei der Ablehnung, welche frühere Anträge der Deutſchen
Volkspartei zur Vereinfachung der Staatsverwaltung (Preſſeamt,
Darmſtädter Zeitung uſw.) und bei der unfreundlichen Aufnahme,
welche neuerdings die Anträge der Deutſchen Volkspartei zur Ver=
einfachung
der Staatsverwaltung durch Einziehuug des Landes=
dungsamts
als ſelbſtändige Behörde, durch Auflöſung des Miniſteriums
für Arbeit und Wirtſchaft uſw. gefunden hätte, daß die Deutſche
Volkspartei ſich bei dieſer politiſchen Lage ihre Stellung zu den Vor=
lagen
der Regierung als Partei und parlamentariſche Oppoſition ſehr
vvohl vorbehalten müſſe. Gleiche Erklärungen gab auch der Bauern=
bund
ab, welcher außerdem die Uebertragung der Polizei= und Schul=
laſten
und die fgleichzeitige Ueberweiſung der Grund= und Gewerbe=
ſteuern
auf die Gemeinde verlangte. Die Regierung erklärte zunächſt,
die Richtigkeit ihrer Bedarfsziffern könne nach den tatſächlichen Ein=
gängen
durch das Reich nicht beſtritten werden. Sie ſehe nur die Not=
wendigkeit
, für dieſen vorhandenen Bedarf umgehend Einnahmen zu
ſchaffen, wenn die Länder im kommenden Monat die Beſoldungslaſt
veitertragen ſollen. Von der Deutſchen Volkspartei wurde demgegen=
iber
hervorgehoben, daß eine rein phyſikaliſche Berechnungsweiſe ab=
gelehnt
werden müſſe, daß das Steuergeſetz ſeine ſelbſtverſtändliche

[ ][  ][ ]

Rummer 28.

Darmſtädter Tagblatt, Dienstag, den 18. März 1924.

Seite 3.

Familiennachrichten
Kernſeife

Gott schenkte uns heute einen
gesunden zweiten Sohn

Ludwis von Hexl au Herrnsheim
Preikran
Ludwis von Hexlzu Herrnsheim
geb. von der Marwitz
Worms, Majorshof,
den 15. März 1924

Wc 3

Todes=Anzeige.
Nach langem ſchweren mit
außerordentlich viel Geduld er=
tragenem
Leiden entſchlief heute
vormittag //,12 Uhr im 27. Le=
bensjahre
meine liebe treue
Gattin, unſere liebe Tochter,
Schweſter, Schwiegertochter und
Schwägerin
Frau
Eliſabeth Löw
geb. Wienold.
Darmſtadt, den 17. März 1924.
Im Namen d. trauernd. Hinterbliebenen:
Eduard Löw.
Die Beerdigung findet Mittwoch,
den 19. März, 3½, Uhr, auf dem
alt. Friedhof, Nieder=Ramſtädter
Straße, ſtatt.
Von Beileidsbeſuchen bitte ich
abzuſehen. (*7675

Dankſagung.
Für die vielen Beweiſe herz=
licher
Teilnahme beim Hin=
cheiden
unſeres lieben Ent=
ſchlafenen
, ſowie die troſtreichen
Worte des Herrn Lehrer Goy
agen wir auf dieſem Wege
Allen unſeren herzlichſt. Dank.
Frau A. Engel Wwe. u. Familie
5. Schumacher, Apotheker.
Darmſtadt, Erbach i. O.,
März 1924.
(*7628

und (*7706
Seifenpulver.
Bililgſte Bezugs=
quelle
für Wieder=
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Joſef Landau
Robert Landau.
Die Beerdigung findet Mittwoch, den 19. März, vor=
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Mach Dich gesund durch Solmangan‟!
Die wirksamste Frühlingskur
bei allen Stoffwechselkrankheiten
(Magen- und Darmbeschwerden, Verdauungsstörungen, Leber- und Nieren-
leiden
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Frei von Giftstoffen u. schädlichen Bestandteillen, nach vesonderem Verfahren
bereitet aus den Quellsalzen der Salzunger Sole-laces Paket, ausreichend für
eine 14tägige Kur, enthält ausführliche Druckschrift. DIE SOLMANGAN-KUR
Solmangan-Gesellschaft m. b. H., Bad Salzungen.
Arztlich empfohlen und verordnet.

Loſchwitz, den 29. Februar 1924,

Der Arzt ſchreibt:
Dr. Möllers Sanatorium
Dresden=Loſchwitz
Auf Ihre Anfrage teile ich Ihnen mit, daß ſich dos Solmangan in vielen
Fällen nützlich erwieſen hat, wo es ſich um eine Entgiftung und Entſäuerung
des Blutes und der Gewebe handelte. Hochachtungsvoll! gez. Dr. Möller.
Die Patienten ſchreiben:
Jeddeloh II (Poſt Edewecht i. Oldenb.), den 29. Juni 1928,
An die Solmangan=Geſellſchaft m. b. H., Bad Salzungen i. Th.
Durch beigefügten Beichnungsſchein bitte ich Sie, mir 5 Stück Anteil=
ſcheine
der Geſellſchaft zu überlaſſen, ſowie für meinen Sohn Frerich in
Fena, Markt 5, ebenfalls 5 Stück, da ich nach den Erfahrungen, die ich an
neinem Körper mit Solmangan gemacht habe, zu der Ueberzeugung ge=
ommen
bin, daß auch für ihn, der ebenfalls etwas nervbs und durch Kriegs=
koſt
geſchwächt, ein längerer, vielleicht dauernder Gebrauch von Solmangan
ſehr angebracht wäre. Die letzte Sendung iſt noch nicht verbraucht. Jch
fühle mich, nachdem ich jetzt 10 Wochen Solmnangan nehme, bedeutend wider=
ſtandsfähiger
dem ungeſunden Küſtenklima gegenüber; litt durch chroniſche
Erkrankung der Naſennebenhöhle, Stirnhöhle, Mittelohr, Blutandrang in
die Hirnhaut und dauernder Kopfſchmerz, Erkältung, Arbeitsunluſt und
ſchwerſter ſeeliſcher Depreſſion.
Aber bereits nach einigen Wochen, oder ſeit ca. 8 Wochen, fühle ich
mich wieder ſehr wohl, habe einen geſunden Humor zurückbekommen und
friſche Lebensluſt. (Bin ſchwer kriegsbeſchädigt, 37 Jahre alt.) Zudem be=
merke
ich eine plötzliche Gewichtszunahme, Anſetzen von Fett an allen Körper=
teilen
ſtatt ſonſt mager! Sodaß ich mit Solmangan äußerſt zufrieden bin und
daran glaube! Ich empfehle Sie gerne weiter.
Indem ich . . . hochachtungsvoll. Ihr ergebener H. Lühken.
Bielefeld, den 16. Juni 1923.
Senden Sie mir bitte noch 4 Pakete Eolmangan. Meine Frau nimmt
Solmangan ſeit fünf Wochen gegen Nierenleiden mit gutem Erfolg.
Fritz Günther.
Pinnow, den 20. Juni 1923.
bitte ich um nochmalige Zuſendung eines Paketchens Solmangan
per Nachnahme umgehend; ſelbiges hat meinem Vater gute Linderung getan
bei ſeinen Magenſchmerzen, die er ſchon jahrelang bekämpft, immer ohne
Erfolg bisher.
Hochachtend Al. Nitz.
Linden, den 19. Juni 1923.
Nachdem ich vor längerer Zeit ſchon Ihr Solmangan mit gutem Er=
folg
gegen mein Rheuma angewandt, möchte ich dieſe durch eine längere
Reiſe unterbrochene Kur wieder aufnehmen, auch möchte meine Frau das=
Hochachtungsvoll Joh. Blohm.
leſbe gebrauchen . . . ."
Dresden, den 28. Dezember 1923.
Da nach ca. 10tägiger Kur mit Ihrem Solmangan die rheumatiſchen
Schmerzen meiner Frau bedeutend nachgelaſſen haben, wollen Sie mir gefl.
ſofort weitere 3 Pakete davou ſenden.
Hochachtend Max Heſſe, Schumannſtraße 64,
Solche Anerkennungen ſprechen für ſich ſelbſt und ſind, doch nur eine
kleine Ausleſe aus der Menge von Anerkennungen, die uns faſt täglich
zugehen. Entſchließen Sie ſich noch heute, eine SOLMANGAN-Kur
zu gebrauchen.
Ein Paket 80LMANGAN, reichend für eine 14tägige Kur,
kostet Mk. 1. bei Voreinsendung des Betrages auf unser Postscheck-
konto
: Erfurt Nr. 22274 und wird alsdann portofrei versandt.
Bei Nachnahme erhöht sich der Betrag um die Nachnahmegebühren.
Name und Adresse deutlich angeben!
(3284

Achtung Kaſſenmitglieder!
Die Veröffentlichung der beiden hieſigen Ortskrankenkaſſen
iſt eine Kette von Entſtellungen und Unrichtigkeiten. Unſer
wiederholtes Angebot und die Weiſung des Reichsarbeits=
iminiſteriums
, zum früheren Zuſtand zurückzukehren, wurde
unter nichtigen Einwänden zurückgewieſen.
Wenn den Vorſtänden das Wohl der Kaſſenmitglieder maß=
gebend
wäre, häften ſie den Vermittlungsvorſchlag des
hieſigen Verſicherungsamtes angenommen und den Frieden
hergeſtellt, wie es neuerdings die Orts= und Landkranken=
kaſſe
Heppenheim getan hat.
Sich im Tone der Krankenkaſſen auf eine Zeitungspolemik
einzulaſſen und die unwahren Behauptungen im einzelnen
zu widerlegen, erübrigt ſich. Intereſſenten wollen wir auf
unſerem Büro gern über die Sachlage aufklären. Sie wer=
den
dann ſofort ſehen, wo die Schuld liegt, und daß nicht
das Wohl der Verſicherten für die EEntſcheidungen der
Krankenkaſſenvorſtände maßgebend iſt.
Von den Rieſenerſparniſſen, welche die Kaſſen während des
vertragsloſen Zuſtandes gemacht haben, iſt den Mitgliedern
nichts zu gute gekommen. Nur mit Unannehmlichkeiten und
Scherereien haben ſie ihr ausgelegtes Geld zürückerhalten
können.
Die von den Kaſſenvorſtänden angedrohte niedere Kampfes=
art
kann uns nicht ſchrecken. Sie wird aber den Friedens=
ſchluß
nicht erleichtern und dadurch wieder den Mitgliedern
nicht von Vorteil ſein.
Sache der Verſicherten iſt es deshalb, ihren Vorſtänden
endlich klarzumachen, daß die Kaſſen für ihre Mitglieder da
ſind und nicht umgekehrt, und Sache des Heſſiſchen Arbeits=
miniſteriums
wäre es, die Anordnungen des Reichsarbeits=
miniſteriums
mit Zwang durchzuführen.
Verband der Kaſſenärzie.

Af

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Stadt Bezahle
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Darmſtädterſtr 43. (

Heutige Einträge in das Handels=
regiſter
B bei den Firmen: Flaſchen=
verwertungsgeſellſchaft
mit be=
ſchränkter
Haftung, Darmſtadt: Durch
Beſellſchafterbeſchluß vom 31. Dezember
923 iſt der Geſellſchaftsvertrag geän=
dert
. Die Firma lautet jetzt: Embal=
lage
= und Rohſtoffverwertungs=
geſellſchaft
mit beſchränkter Haf=
tung
. Gegenſtand des Unternehmens
iſt jeßt: Handel mit Emballagen und
induſtriellen Rohſtoffen. Lina Seybold
in Darmſtadt iſt als Geſchäftsführerin
ausgeſchieden. Kauſmann Heinrich Piep=
low
in Darmſtadt iſt zum Geſchäfts=
führer
beſtellt. Süddeutſche Glas=
werke
, Geſellſchaft mit beſchränkter
Haftung, Darmſtadt: Durch Geſell=
ſchafterbeſchluß
vom 25. Januar 1924 iſt
der Geſellſchaftsvertrag geändert. Die
Firma iſt geändert in: Süddeutſche
Glas=Werke, Geſellſchaft mit be=
ſchränkter
Haftung. Waſſerteil &
voktorczyk, Geſellſchaft mit be=
ſchränkter
Haftung in Liquidation,
Darmſtadt: Die Vertretungsbefugnis der
Liquidatoren iſt beendet. Die Firma iſt
erloſchen.
(3285
Darmſtadt, den 11. März 1924
Amtsgericht Darmſtadt I.

Faſelverkauf.
Ein der Gemeinde Nieder=Beerbach
gehöriger Faſel ſoll durch Meiſtgebot
veräußert werden. Angebote mit 1 Pfd.
Lebendgewicht ſind verſchloſſen für Auf=
ſchrift
verſehen bis längſtens Freitag,
den 21. dieſes Monats, nachmit=
tags
6 Uhr, auf der Bürgermeiſterei
(3300
einzureichen.
Nieder=Beerbach, den 17. März 1924.
Heſſiſche Bürgermeiſterei.
Britſch.

7P
Sonzderſteigerung . 1.
(Stadtwald)
Mittwoch, 19. März, vormittags
Uhr, werden im Saale Heiligkreuz
zu Darmſtadt aus Förſterei Heiligkreuz
verſteigert:
(st3221gi
A. Nutzholz: Abt 22, 51 und verſch.
Derbſtangen Fichte I. Kl.: 48,09 fm;
II. Kl.: 8,08 fm,
geeignet zu Einzäunungen, Gerüſt=
ſtangen
, Dachſparren, Baumpfählen
uſw.
B. Brennholz: (Zum zweiten Male)
aus Abt. 21 und 51:
603 rm Buchen=Knüppel. Außerdem
Knüppel Hainbuche: 2 rm; Birke
59 rm; Reiſ.=Kn.: Birke 22 rm.
Auskunft durch Herrn Förſter Hof=
mann
, Darmſtädter Forſthaus.
Darmſtadt, den 14. März 1924.
Oberförſterei Darmſtadt.
J. V.: Burk.

Verſteigerung
nächſten Donnerstag, den 20. März, vorm.
210 Uhr, Marienplatz,
frühere Dragoner=Kaſerne
u. a. 4 gute Betten, 4 große Kleiderſchränke,
2kompl. Küchen, 1 Plüſchgarnitur, 2 Näh=
inaſchinen
,verſilb. Beſtecke, 1 Motorrad,
Damenfahrrad, große Anzahl Wäſche
*
694
uſw.
Anzuſehen Mittwoch Nachmittag v. 3-4 Uhr,
Anruſtdt, Waldſtr 3.
Hch. Hilsdorf, Amtsger.=Taxator.

[ ][  ][ ]

Seite 8.

Darmſtädter Tagblatt, Dienstag, den 18. März 1924.

Rummer 7B.

Aus Heſſen.
Roßdorf, 15. März. Gemeinderatsbericht. 1. Betr. Ge=
ländeverkauf
findet der von der Verwaltung vorgeſchlagene Kaufpreis
Genehmigung. 2. Die vorgenommene Vergebung der Fuhren des
Brennholzes für die Gemeinde wird vom Gemeinderat beanſtandet; es
wird daher die nochmalige Vergebung auf dem Submiſſionswege be=
ſchloſſen
. 3. Die Holzhauer der Gemeinde haben um Abgabe von 2 Rm.
Kiefernſtockholz zum Tarifpreiſe gebeten; der Gemeinderat genehmigt
dieſen Antrag einſtimmig. 4. Der Verkauf des Hauſes Café Ernſt Lud=
wig
ſoll erfolgen. 5. Auf eine Anfrage des Mieteinigungsamts be=
ſchließt
der Gemeinderat, daß eine freiwillige Abgabe des Ladens im
Café Ernſt Ludwig für den Bezirskonſumverein nicht erfolgt. 6. Die
Bauhütte für Darmſtadt und Umgegend bittet um Beteiligung als
Geſellſchafter mit einem größeren Betrage. Der Gemeinderat ſtellt die=
ſen
Antrag zunächſt zurück, da die Finanznot der Gemeinde eine Be=
teiligung
nicht zuläßt. 7. Die Gemeindeſteuer für das zweite Halbjahr
1924 iſt in zwei Raten ſpäteſtens bis 15. April 1924 zu bezahlen. 8. Die
kerlängerung der Holzgaſſe erhält den Namen Holzgaſſe und die
Straße oberhalb der Fabrik Adler den Namen Rathenauſtraße Ueber
die Benennung der letztgenannten Straße entſpinnt ſich eine heftige De=
batte
; die Vertreter des Bauernvereins ſtimmten gegen dieſe Be=
nennung
und wollten die Straße Am Birke bezeichnet haben. 9. Zum
Schluß werden noch Armenſachen behandelt.
* Roßdorf, 16. Mäzr. Pfalzſpende. Die in unſerer Gemeinde
vorgenommene Sammlung zugunſten der Pfalz= und Ruhrſpende hat den
Betrag von 355 Mark ergeben. Arbeitsmarkt. Die Zahl der
Erwerbsloſen iſt erfreulicherweiſe zurückgegangen, ſie beträgt noch 80
an der Zahl: Kurzarbeiter ſind keine mehr vorhanden.
r. Habitzheim, 15. März. Die hieſige junge Ortsgruppe des
Odenwaldklubs hielt heute abend im Gaſthaus Zum Deutſchen
Haus von L. Kopp ihr zweites Dekorierungsfeſt, das ſich eines
ſehr guten Beſuches erfreute; vom Hauptausſchuß waren die Herren
Beigeordneter Daub und Oberſekretär i. R. Loewe von Darmſtadt er=
ſchienen
, von benachbarten Ortsgruppen Dieburg, Groß=Umſtadt, Leng=
feld
. Der Vorſitzende der Habitzheimer Ortsgruppe, Herr Friedrich
Kreuzer, begrüßte die Erſchienenen, kennzeichnete die Ziele des
Odenwaldklubs und ſchloß mit einem Hoch auf das Vaterland, worauf
die Nationalhymne geſungen wurde. Herr Beigeordneter Daub über=
brachte
die Grüße des Hauptausſchuſſes und widmete gleichfalls dem
Wandern ſeine Worte, während Herr Amtsgerichtsrat Becker von
Dieburg den Dank der Gäſte ausſprach und der zwiſchen den Orts=
gruppen
und den einzelnen Mitgliedern des Klubs beſtehenden Freund=
ſchaft
gedachte. Vorträge des der Habitzheimer Ortsgruxpe angeglie=
derten
Mandolinenklubs, ſowie Klaviervorträge des Herrn Karl
Brand von Dieburg verſchönten den Abend. Ein humorvoller Pro=
log
, geſprochen von Frl. Brenner, und der Wanderbericht des Vor=
ſitzenden
führten in das Wanderjahr der Ortsgruppe ein, worauf Herr
Beigeordneter Daub den zehn zu Dekorierenden darunter vier zum
zweitenmal das Goldene Ehrenzeichen mit entſprechender Anſprache
übergab. Der Unterhaltung dienten dann noch die Aufführung des Bux=
haumſchen
Odenwälder Dorfſtücks Ausſturiert, mit eingeſtreuten Oden=
wälder
Volksliedern, ſowie das kürzlich in Dieburg uraufgeführte Volks=
ſtück
aus dem Odenwald von Hans Otto Becker Der Valuta=
bauer
, dem dank der ganz vortrefflichen, humor= und temperament=
vollen
Wiedergabe durch die ſechs mitwirkenden Herren und Damen ein
voller Heiterkeitserfolg beſchieden war. Später kam die Jugend auch
mit einem Tanz zu ihrem Recht, und Herr Gaſtwirt Kopp erfreute wie=
der
ſeine Gäſte durch den unverwüſtlichen Humor ſeiner Vorträge.
Werſau, 16. März. Nachdem vor einigen Tagen der hieſige
Männergeſangverein unter Mitwirkung von Frl. Aßmuth=
Darmſtadt der hieſigen Einwohnerſchaft einen ſchönen Kunſtgenuß ge=
boten
hat, ſteht uns in den nächſten Tagen ein ähnlicher Genuß bevor;

Ein neues Wunder der Wiſſenſchaft
iſt das Radiophon, ein Apparat, mit dem man Muſik, Geſang, Vor=
träge
uſw., die z. B. in Amerika aufgenommen werden, hier n ſeiner
Wohnung hören kann. Noch wunderbarer aber iſt die moderne wiſſen=
ſchaftliche
Aſtrologie, eine Kunſt, durch das Geburtsdatum das ganze
Lebensſchickſal des Menſchen genau vorher feſtſtellen zu können Auch
Sie ſollten ſich durch unſer Inſtitut Ihre Zukunft enthüllen laſſen. W
wiſſen ſogar Ihren Charakter und die Vergangenheit, beſhreiben auch
Ihre Liebes= und Eheverhältniſſe, zeigen die Wege zum Glück und was
ſonſt noch Ihr Inneres bewegt. Nähere Aufklärung 2 Mk. (IV,3224
Inſtitut für Aſtrologie, Berlin SWV. 68 /G. 66.

Am Samstag, den 22., und Sonntag, den 23. März, finden zwei Gaſt=
ſpiele
des wohlbekannten Darmſtädter Volkstheaters ſtatt unter Leitung
von Frl. Werner. Der Samstag=Abend bringt eines der im Odenwald
beliebten Volksſtücke s Lorle vom Schwarzwald. Am Sonntag=Abend
ſoll uns in Königin Luiſe das Bild einer echt deutſchen Frau vor
Augen geſtellt werden. Für die Kleinen gibts am Sonntag nachmittag
Hänſel und Gretel. Hoffentlich lohnt der Erfolg die Mühe, der ſich
das Darmſtädter Volkstheater dadurch unterzieht, daß es auch im Oden=
wald
Schauſpielkunſt bieten will.
Erbach, 15. März. Der Kreisobſtbauverein für den
Kreis Erbach veranſtaltet am Sonntag, den 23. d. M. nachmittags
1½ Uhr, im Gaſthaus Zum Hirſch in Erbach ſeine diesjährige Ge=
neralverſammlung
mit folgender Tagesordnung: 1. Varlage der Rech=
nung
für 1922/23, 2. Neuwahl des geſamten Vorſtandes, 3. Beſpre=
chung
der zur Wiederbelebung des Kreisobſtbauvereins zu ergreifenden
Maßnahmen, 4. Vortrag des Herrn Schloßgärtners Giebenhain= Für=
ſtenau
über: Unter welchen Verhältniſſen iſt der Obſtbau lohnend zu
geſtalten, 5. Verſchiedenes. Im Anſchluß an die Verſammlung wird
von dem Obſt= und Gartembauverein Erbach in dankenswerter Weiſe
eine Gratisverloſung zahlreicher für den Obſtbau geeigneter Gegenſtände
veranſtaltet. Da der Vereinz jetzt, nach Einkehr ſtabiler Verhältniſſe
wieder neu aufgebaut werden ſſoll, iſt zu hoffen, daß ſich die Verſamm=
lung
eines zahlxeichen Beſuches erfreuen kann.
I. Steinbach, 16. März. Fünfzig Morgen Siedlungsland werden
hier an Ziegenhalter, Arbeitgr und Kleinbauern vergeben. 39 Mor=
gen
ſind bereits vertilt und als Kulturland angelegt. Im letzten Win=
ter
wurden wieder elf Morgen Wald abgeholzt, welche im Herbſt zur
Austeilung gelangen.
+ Langen, 17. März. Todesfall. Der Straßenwart Johann
Hch. Sallwey, ein Veteran von 1870, iſt im Alter von 76 Jahren ge=
ſtorben
.
+ Offenbach, 17. März. Todesfall. Geh. Kommerzienrat
Adolf Krafft, einer der bedeutendſten Großinduſtriellen unſerer Stadt,
iſt geſtorben.
Mainz. 16. März. Die Floßſchiffahrt auf dem Rhein,
die bekanntlich wegen des geſunkenen Schiffes bei Aßmannshauſen zur=
zeit
noch nicht in den Gang kommen kann, iſt nicht, wie vielfach irr=
tümlich
angenommen wird, alljährlich in der Zeit vom 20. November
bis zum 20. Februar im eigentlichen Sinne verboten, ſondern beruht
dies auf einer Abmachung der in Frage kommenden großen Firmen.
Die Gründe ſind die: In der Sperrzeit iſt die Flößerei wegen der
Kürze der Tage, der öfteren Hochwaſſer= und Eisgefahr mit zu großen
Unkoſten und zu bedeutender Gefahr verbunden, wozu noch als ſchlimm=
ſtes
Hindernis der dann gewöhnlich ſehr häufige ſtarke Nebel kommt,
ſo daß es immerhin eine gewagte Sache iſt, einen ſolchen Koloß, wie
ein bis zu 65 Meter breites und 220 Meter langes Floß darſtellt,
glücklich den Rhein hinunter zu bugſieren Das geſunkene Schiff
bei Aßmannshauſen wird aller Vorausſicht nach nicht gehoben werden
können, ſondern es wird alsdann geſprengt. Bis zur Stunde haben
die Arbeiten irgendwelcher Art noch nicht begonnen, und doch wäre
es ſo notwendig, da die Schiffahrt durch das mitten im tiefen Waſſer
liegende Schiff zwar nicht behindert, Loh, aber beeinträchtigt und ge=
fährdet
iſt und die Floßſchiffahrt deswegen überhaupt unmöglich iſt.
Warnung vor einem Schwindder. Vor einigen Wochen
chat in Wiesbaden ein Mann von zirka 25 bis 28 Jahren einen Ange=
ſtellten
einer dortigen Firma auf der Straße angehalten, wobei er ſich
als franzäſiſcher Kriminalbeamter ausgab, denſelben nach einem Bureau
einer Behörde führte, und dem Angeſtellten einen größeren Geldbetrag
abnahm. In Mainz ſind in letzter Zeit ähnliche Fälle vorgekommen,
infolgedeſſen iſt für Leute, die bei hieſigen Inſtituten größere Geld=
beträge
abzuheben haben, und angehalten werden, Vorſicht geboten.
e. Gießen, 12. März. Im Spätherbſt verſtarb plötzlich die Tochter
des Gaſtwirts auf dem Tonwerk Abendſtern. Die Familie wies den
Bräutigam der Verſtorbenen ab, da ſie gegen das Verhältnis war. Aus
Aerger zeigte dieſer an, daß der Tod infolge Verbrechens gegen das
keimende Leben efolgt ſei. Die Ausgrabung der Leiche ſoll dies be=
ſtätigt
haben ſo daß ein gerichtliches Verfahren folgen dürfte.

II. Dn.3297

Bei Rheumatismus, Neißen, Hexenſchuß,
zur Maſſage nach ſportlicher Betärigung.
In all. Apothek. Tube 1 M., Flaſchen 1.20u. 2.00 M.

k. Gießen, 16. März. Die Bücherei der Landesunierſität wurde
durch die Stiftung von Schriften des hebräiſchen Pantateuchs der
Samariter bereichert. Für theologiſche und hebräiſche Studien iſt dieſe
Sammlung von größter Wichtigkeit. Die Mittel zu der Stiftung haben
einige iſraelitiſche Einwohner zur Verfügung geſtellt.
Der Zither=
und Mandolinenchor veranſtaltete in der neuen Aula des Univerſitäts=
gebäudes
ſein Frühjahrskonzert, zu dem ſich viele Freunde des Saiten=
ſpiels
eingefunden hatten. Unter den Mitwirkenden befand ſich auch
der Virtuoſe, Verbandszitherlehrer und Komponiſt H. Schmidt= Frank=
furt
a. M. Der Lahntalſängerbund, welchem Geſangvereine
Oberheſſens, des Lahntals und der Wetterau angehören, hat beſchloſſen,
ſein diesjähriges Bundesfeſt am 13. Juli in Lang=Göns abzuhalten.
k. Gießen, 15. März. Im Eiſenbahnhotel tagten heute die Ziegen=
züichter
Oberheſſens unter dem Vorſitz des Landtagsabgeordneten Fen=
chel
=Oberhörgern. Es wurde beſchloſſen, die Deutſche Wanderausſtellung
in Hamburg durch eine Sammlung von Ziegen und Böcken zu beſchicken.
Die Provinz Starkenburg iſt für 1925 an der Reihe, die Wander=
ausſtellung
in Stuttgart zu beſchicken. Es iſt beſchloſſen worden, daß
nicht mehr die Züchter der drei Provinzen gleichzeitig auf den deutſchen
Wanderſchauen ausſtellen, weil ſie ſich bei dem vorzüglichen Zuchtmaterial
Heſſens jedesmal um die höchſten Preiſe Konkurrenz machten. So wird
in Zukunft zwiſchen den drei Provinzen abgewechſelt. Die Hamburger
Schau findet vorausſichtlich Ende Mai ſtatt. Aus der Provinz Ober=
heſſen
wurden 1923 zahlreiche Zuchttiere nach allen Teilen Deutſchlands,
ſowie nach Holland und Deutſch=Böhmen ausgeführt. In Lich ſoll künf=
tig
alljährlich ein Lämmermarkt, in Hungen ein Bockmarkt abgehalten
werden.
i. Gießen, 16. März. Einem geriebenen Schindler in
die Hände gefallen ſind Geſchäftsleute von hier und Wetzlar. In
Wetzdar traf am Freitag der angebliche Ingenieur Dr. Hans Meyer ein und
begab ſich zu dem Automobilhändler Freche, wo er ſich als Direktor der
Continentalwerke zu Frankfurt a. M. vorſtellte. Er erklärte, daß ſein
Auto in Bonn beſchädigt worden ſei, und bat zur Weiterreiſe nach
Siegen um einen Wagen. Vorſichtshalber gab ihm der Beſitzer einen
Fahrer mit. Er fuhr aber anſtatt nach Siegen nach Gießen. Hier
ſchwindelte er dem Autohändler unter dem Vorwand, daß er augenblick=
lich
in Geldverlegenheit ſei, größere Summen ab. Nun erfolgte die
Fahrt nach Marburg. Er machte hier dieſelben Manöver, jedoch ohne
Erfolg. Die Gießener Geſchäftsleute fragten nach der Abfahrt des
Direktors in Frankfurt bei der Fabrik an, erhielten aber zur Ant=
wort
, daß ſie das Opfer eines Schwindlers geworden ſeien. Dieſer
traute in Marburg dem Wetter nicht mehr, änderte abermals ſein
Reiſeziel und fuhr nach Kirchhain, ſtieg vor der Stadt ab und ſchickte
den Fahrer nach Wetzlar zurück. Dieſer wurde unterwegs wiederholt
von den verfolgenden Autos und der Polizei angehalten. Der Schwind=
ler
beſtieg in Kirchhain den Zug und fuhr in Richtung Kaſſel ab. Wie
ſich herausſtellte, wird dieſer Autoſchwindler ſchon von Süddeutſch=
land
aus geſucht, wo er ähnliche Betrügereien begangen hat.
Butzbach, 17. März. Plötzlicher Tod. Der Bahnverwalter
der Butzbach-Licher Bahn iſt an den Folgen eines während des
Dienſtes erlittenen Schlaganfalles geſtorben.
Lich (Oberheſſen), 17. März. Jagdverpachtung. Die
ſtädtiſche Jagd iſt zum Preiſe von 2200 Mark nach auswärts verpachtet
worden. Bei der letzten Brennholzverſteigerung kamen
2 Raummeter Buchenſcheitholz auf 4560 Mk. zu ſtehen.
worden.
* Ulfa (Oberh.), 16. März. Die dritte Dorfkirchenvor=
ſtehertagung
hatte einen ſehr guten Beſuch zu verzeichnen. Etwa
250 Gäſte hatten ſich eingefunden. Auch Prälat D. Dr. Diehl war an=
weſend
und hielt nach der gottesdienſtlichen Andacht eine Anſprache, in
der er auf Grund der Geſchichte des 30jährigen Krieges die Kräfte des
inneren Aufbaues zeigte, die in der Tätigkeit der Gemeindeglieder,
vor allem der Kirchenvorſtehe
liegen. Die Hauptverhandlungen
nahmen einen ſchönen Verlauf und bewieſen aufs neue, daß ſolche
Tagungen mit Vorträgen und Ausſprachen ein wirkliches Bedürfnis
ſind.

voller Rüſtigkeit das Ghepaar Johannes Sann.

Dro
AM Mund

wird entſtellt durch häßlich verfärbte
Zähne. Ubler Mundgeruch wirkt ab=
ſtoßend
. Beide Ubel werden ſofort in
vollkommen unſchädlicher Weiſe beſeiti
durch die bewährte Zahnpaſte Chloro=
dont
, wirkſam unterſtützt d. Chlorodont-Mundwaſſer. Überall zu haben.

JalSat
Sar
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Reichsanstalt, der Lehr- und Versuchs-Anstalt des
Vereins der Gas- und Wasser-Fachmänner, e. V.,
Karlsruhe, und vieler städtischer Gasanstalten ist der
Wirkungsgrad des Clasenbrenners allen seitherigen
Brennersystemen weit überlegen.

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[ ][  ][ ]

Nummer 28.

Darmſtädter Tagblatt, Dienstag, den 18. März 1924.

Seite 9.

Reich und Ausland.
Die deutſchen Rundfunkſender.
Nachdem nunmehr ſeit einer Reihe von Wochen der Sender der
Reichstelegraphenverwaltung im Vox=Hauſe in Tätigkeit iſt und die
Radio=Stunde alltäglich ihr großes Tagesprogramm über dieſen in
die Welt ſchickt, läßt ſich ein Ueberblick gewinnen, wie dieſe Berliner
Station arbeitet. Es war von vornherein erſihtlich daß dieſer Sen=
der
in bezug auf die Reichweite ſehr bald hinter den Anſprüchen zurück=
ſtehen
würde, die man an ein ſolches und überhaupt ſo neuartiges
Unternehmen ſtellen kann. Denn nichts wird in der Oeffentlichkeit ſo
voreilig kritiſiert, wie gerade Unternehmungen, die allgemein und tech=
niſch
etwas ganz Beſonderes darſtellen ſollen. Es iſt bekannt, daß die
Reichweite des Berliner Senders auf einen Radius von 150 Kilometern
eingeſtellt iſt, es iſt aber auch bekannt, daß ſich ſelbſt innerhalb dieſes
beſcheidenen Kreiſes Schwierigkeiten beim Abhören der Darbietungen
ergeben haben. Die Radio=Stunde iſt nicht ſo eggiſtiſch eingeſtellt,
als daß ſie dieſen Unzuträglichkeiten keine Beachtung ſchenken ſollte;
gerade das Gegenteil iſt der Fall, denn man iſt immer wieder darauf
bedacht, den Hörern das techniſch Vollkommenſte zu bieten. Aber hiermit
ſoll nicht genug getan ſein, es wird nur noch geraume Zeit verſtreichen
und die Berliner Station wird über einen Sender verfügen, der auf
eine Reichweite von 300 Kilometern eingeſtellt ſein wird. Man wird
den geſamten techniſchen Aparat umbauen, beſonders die Antenne ganz
erheblich vergrößern. Die Vorarbeiten für dieſen ziemlich koſtſpieligen
Umbau ſind bereits im Gange, und nach Vollendung dieſer Arbeiten
wird mit Sicherheit ein Teil der Beſchwerden, die jetzt immer noch aus
der Oefentlichkeit geführt werden, in ſich zerfallen. Mit ähnlichen, viel=
leicht
noch ſchwierigeren Verhältniſſen, hat man bei dem Leipziger Sen=
der
zu kämpfen. Bekanntlich ſollte dieſer Sender unbedingt mit dem
eiſten Tage der Frühjahrsmeſſe in Tätigkeit geſetzt werden, und da die
Zeit für den Aufbau und des Ausprobierens überaus kurz bemeſſen
war, ſo ſtellten ſich ſofort Unregelmäßigkeiten im Betriebe heraus. Aller=
dings
lagen hier die Schwierigkeiten auf rein techniſchem Gebiet und
haben mit der Reichweite als ſolcher nichts zu tun. So ſieht man ſich
denn gezwungen, auch hier eine umfaſſende Reviſion vorzunehmen, ja,
es könnte ſogar dahin kommen, daß man eine ganz neue Sendeanlage
einbaut. Um keine allzu erheblichen Störungen für die Zuhörer herauf=
zubeſchwören
, bedient man ſich vorläufig einer Interimsanlage. Der
dritte Sender im Reiche, der in allernächſter Zeit in Tätigkeit geſetzt
wird, wird in Breslau errichtet werden. Vor einigen Tagen wurde im
Zuſammenhang hiermit in Breslau die Schleſiſche Rundfunk=Betrieb
A.=G. gegründet, an der führende Perſönlichkeiten der Technik, der
Wiſſenſchaft und der Kunſt beteiligt ſind. Die Sendeanlage wird im
Oberbergmamt in der Präſidentenſtraße, alſo hart an der Peripherie
der Stadt, errichtet werden. Die Antenne erhält eine Höhe von rund
30 Metern, und man kann erwarten, daß hiermit das ganze ſchleſiſhe
Land mit den Darbietungen des Rundfunks verſorgt wird. Der Bau
der Sendeanlage liegt in der Hand der Geſellſchaft für drahtloſe Tele=
gradhie
in Berlin. Was ſchließlich die Errichtung der Sender in den
anderen deutſhen Großſtädten, wie Hamburg, Stuttgart, Königsberg
uſw., anbelangt, ſo dürfte immerhin noch einige Zeit vergehen, ehe
man hier von Tatſachen ſprechen kann. Das vorläufige Fehlen dieſer
Sendeanlagen wird zum Teil dadurch ausgeglichen, daß die Groß= Funk=
ſtation
in Königswuſterhauſen das Berliner Programm übernimmt und
auf einer weitreichenden Welle die Darbietungen den Zuhörern im
ganzen Reiche zur Kenntnis bringt.

Eine Spieler= und Diebesgeſchichte.
Die Kaufleute Lorenz Goldſtaub und Heinz Goldſchmidt
waren Spieler, die ſich Nacht für Nacht in Berliner Spielklubs aufhiel=
ten
. Im Oktober v. J. hatten ſie Pech im Spiel und lagen, wie man es
nennt, ſchief. Um aus der Miſere herauszukommen, verabredeten ſie, bei
der Freundin Goldſchmidts einen Einbruch zu verüben.
Goldſchmidt hatte ein Verhältnis mit einer Kontoriſtin Anna B., in
deren Wohnung auch Goldſtaub mit ſeiner Freundin, der Verkäuferin
Luiſe Baecker, zuſammentraf. Schon am Tage vorher probierte Gold=
ſtaub
auch einen Schlüſſel zu dem Schrank, in dem, wie ſie von der
Baecker wußten, die Wohnungsinhaberin ihr Geld und ihren Schmuck
aufbewahrte. Am 2. Oktober waren die beiden Pärchen wieder in der
Wohnung zuſammen. Ein Alleinſein benutzten Goldſtaub und die Baecker,
den Schrank zu erbrechen. Es fiel ihnen eine reiche Beute in die Hände,
mit der ſie alsbald verſchwanden. Es gelang der Beſtohlenen, die Diebe
noch an demſelben Abend in einem Café feſtnehmen zu laſſen. Gold=
ſchmidt
iſt inzwiſchen ausgerückt und ſoll ſich jetzt in Amerika befinden.

Goldſtaub und Luiſe Baecker hatten ſich vor dem Amtsgericht Schöneberg
wegen raffinierten Diebſtahls zu verantworten. Der Amtsanwalt be=
antragte
gegen Goldſtaub 1 Jahr 6 Monate Gefängnis und 5 Jahre
Ehrverluſt, gegen die Baecker 6 Monate Gefängnis. Goldſtaub hat ein
abenteuerliches Leben hinter ſich. Er iſt frühzeitig von Hauſe ausgerückt
und ließ ſich in Hamburg auf einem Segelſchiff anheuern und war dann
lange Zeit Steuermann. Auch war Goldſtaub in Auſtralien Goldgräber
und hat am Miſſiſſippi als einziger Weißer unter 500 Schwarzen Bäume
ausgerodet. Das Gericht ging weſentlich unter die Strafanträge
hinunter und verurteilte Goldſtaub zu 6 Monaten Gefängnis. Die An=
geklagte
Baecker erhielt die Mindeſtſtrafe von 3 Monaten, außerdem
wurde beiden Angeklagten den Anträgen der Verteidiger entſprechend
Bewährungsfriſt gegen Zahlung von Bußen von 600 Mk. für Goldſtaub
und 150 Mark für die Baecker zugebilligt.
Das Abenteuer des Attachés.
B. Der neue Marineattaché der norwegiſchen Geſandtſchaft in Lon=
don
, Kapitän Chriſtian Preſtrud, hat ſich auf eine ebenſo eigen=
artige
wie ungewollte Weiſe bei den Engländern eingeführt und jeden=
falls
erreicht, daß ganz Lendon von ihm ſpricht. Die norwegiſche Ge=
ſandtſchaft
befindet ſich in einem achtſtöckigen Gebäude, und hier im
zweiten Stock hatte der Kapitän ſeinen Arbeitsraum. Vertieft in die
Einarbeitung in ſeinen neuen Wirkungskreis, hörte er nicht, daß die
Angeſtellten der Geſandtſchaft Feierabend machten und die Türen ver=
ſchloſſen
, ohne zu wiſſen, daß er noch da war. Als er ſchließlich auch
fortgehen wollte, fand er die Tür ſeines Zimmers verſchloſſen. Kapi=
tän
Preſtrud, ein hünenhafter Mann, der Amundſen 1911 auf ſeinem
Vorſtoß zum Südpol begleitete, und über eine ungewöhnliche Kraft und
Geſchicklichkeit verfügt, erzählt ſelbſt ſein Abenteuer ſolgendermaßen:
Ich hätte die Tür leicht aufbrechen können, aber ich dachte, daß das
kein guter Anfang für meine Laufbahn an der Geſandtſchaft wäre. So

beſchloß ich, das Zimmer durch das Fenſter zu berlaſſen, und fand auh
ganz in der Nähe einen Blitzableiter, der jedoch nur zum Dach führte
und nicht auf den Boden. Jch kletterte alſo aufs Dach hinauf in der
Hoffnung, dort vielleicht eine offene Luke zu finden, durch die ich zur
Treppe gelangen könnte. Aber als ich hoch oben ſtand, konnte ich auch
beim eifrigſten Nachſuchen keine offene Luke finden. Der einzige Weg,
um herunter zu kommen, war eine recht ſtabile Dachrinne, die ich zur
Hinunterfahrt zu benutzen beſchloß. Ich nahm alſo meinen Stock in den
Mund, hängte meinen Hut darauf und glitt an der Dachrinne her=
unter
. Aber man mußte mich wohl beobachtet haben, und mein Beneh=
men
erſchien nicht ganz geheuer. Als ich in der Höhe des vierten Stock=
werkes
angekommen war, befand ich mich plötzlich vor einem offenen
Fenſter, an dem ein Mann mit einem Revolver ſtand, den er auf mich
gerichtet hatte. Hinter ihn: ſtand eine Dame, die ſich augenſcheinlich vor
dem Einbrecher ſehr ängſtigte. Es gelang mir, den Herrn von der
Harmloſigkeit meiner Abſichten zu überzeugen, ſo daß er mich ungeſtört
meine Rutſchpartie fortſetzen ließ.
Geſchichten von einem berühmten Affen.
Sandy, der berühmteſte Orang=Utang der Welt, der Liebling und
die Zierde des Londoner Zoo, iſt geſtorben. In den bewegten Nach=
rufen
, die ihm Londoner Blätter widmen, wiſſen ſie manch luſtiges Ge=
ſchichtchen
von dieſem klugen, von den Beſuchern des Zoo gefeierten Tier
zu erzählen. Ueber 16 Jahre iſt er Glanzpuukd des Londoner Tier=
gartens
geweſen. Im zarten Alter von 11 Jahren kam er aus dem
Botaniſchen Garten von Singapore nach der engliſchen Hauptſtadt, und
er blickte damals bereits auf ein 8jähriges Leben in der Gefangenſchaft
zurück. Da er mit etwa 3 Jahren erbeutet wurde, ſo kann man be=
rechnen
, daß er das für einen Affen immerhin ſtattliche Alter von etwa
27 Jahren erreicht hat. Er entdeckte zuerſt die Reize der Ziviliſation,
als er über eine Flaſche mit Benediktiner geriet, die er auf dem Tiſhe
ſeines Wärters Dittmar fand. Er trank den Inhalt aus und kam da=
durch
in eine ſo angeregte Stimmung, daß er ſich über den Bücher=
ſchrank
ſeines Wärters hermachte. Er rieß eine Anzahl Bände heraus
und vergnügte ſich damit, die einzelnen Blätter zu zerpflücken und ſich
aus den Papierſchnitzeln ein weiches Lager zu bereiten, auf dem er ſe
nen Rauſch ausſchlief. Nachdem er erſt einmal die Freuden des Alkohols
gekoſtet, mußte man ſehr vorſichtig ſein und keine ſtarken Getränke in
ſeinem Bereich ſtehen laſſen, wenn man nicht weitere unliebſame Ueber=
raſchungen
erleben wollte. Vom Trinken ging er zum Rauchen über.
Er war ein großer Freund von Zigaretten und ſteckte ſich geſchickt einen
Glimmſtengel, den man ihm geſchenkt hatte, an der brennenden Ziga=
rette
des Beſuchers an, wenn dieſer ſie ihm reichte; dann gab er ſie mit
einer kleinen Verbeugung zurück. Dann kam er auf den Geſchmack
von Zigarren, begeiſterte ſich für Kautabak und rauchte ſchließlich aus
einer kleinen Pfeife, die ihm ſein Wärter geſchenkt hatte. Aber man
merkte, daß das Rauchen auf ſein Temperament keinen günſtigen Ein=
Auß hatte, und als er zudem einmal ſein Strohlager mit der Pfeife in
Brand ſteckte, wurde ihm das Pfeifchen verboten. Der Herzog von
Orleans war einer ſeiner beſonderen Freunde. Er lieh ihm einmal
ſeine eigene Pfeife, damit er daraus einige Züge tun könnte. Sandy,
dem das Bernſteinmundſtück behagte, weigerte ſich, ſie zurückzugeben.
Der Herzog bot ihm einige Bananen an, aber Sandy nahm ſie und be=
hielt
die Pfeife. Nun mußte der Wärter in Tätigkeit treten; er zeigte
dem alten Sünder die leckere Frucht, gab ſie ihm aber nicht früher, als
bis er die Pfeife herausgegeben hatte. Der einzige Troſt der Londoner
iſt, daß dem verſtorbenen Affenhelden in Sandy junior ein Nach=
folger
herangeblüht iſt, der ſich an Findigkeit und guter Laune wohl
mit ihm vergleichen läßt.
* Menſchliche Chamäleons.
Großes Aufſehen erregen in der engliſchen Aerztewelt zwei Fälle
von Männern, deren Hautfarbe ſich in letzter Zeit vollkommen verändert
hat. Der erſte Fall iſt der eines Stahlarbeiters John Wiagett in Shef=
field
, der bis vor 7 Jahren eine vollkommen normale Hautfärbung hatte.
Seitdem wurde ſeine Haut allmählich dunkler und ſie hat jetzt vom Kopf
bis zu den Füßen eine bläulich=ſchwarze Farbe angenommen. Die Aerzte
ſind außer Stande, dieſe merkwürdige Erſcheinung zu erklären. Der
andere Fall wird aus Hull gemeldet, wo ebenfalls die Haut eines Man=
nes
ſich ſchwarz gefärbt hat. Es iſt ein 60jähriger Seemann namens
Shillito. Shillito war früher ein blonder Mann mit ſehr weißer Haut;
nun ſind aber Geſicht, Hals und Hände ganz ſchwarz geworden, während
Bruſt und Oberarme eine dunkle Färbung zeigen.
* Das Raſiermeſſer als Wahlſtempel.
Die Präſidentſchaftswahlen für Portorico finden am 15. März ſtatt,
und man trifft diesmal die größten Vorſichtsmaßregeln, um zu ver=
hindern
, daß allzu eifrige Bürger zweimal wählen. Das iſt nämlich
bei früheren Wahlen ſo ausgiebig vorgekommen, daß ſich dadurch die
Reſultate ſehr verſchoben. Bei der letzten Wahl hatte man nu bereitts
eine Maßregel durchgeführt, um dies doppelte Wählen zu verhindern.
Jeder, der ſeine Stimme abgegeben hatte, mußte einen Finger in ein
Gefäß mit unzerſtörbarer Tinte tauchen. Aber die ſchlauen Wahlfälſcher
hatten bald ein chemikaliſches Gegenmittel gefunden, mit dem ſie den
ſchwarzen Fleck raſch entfernten und dann wieder fröhlich an die Wahl=
urne
traten. Man will daher diesmal, wie aus San Juan berichtet
wird, noch vorſichtigere zu Werke gehen. Jeder, der ſeine Stimme abge=
geben
hat, bekommt nicht nur ſeinen Tintenfleck, ſondern es werden auch
im Wahllokal Barbiere angeſtellt, die jedem Wähler nach Erfüllung ſeiner
Wahlpflicht an einer allgemein ſichtbaren Stelle, entweder hinter dem
Ohr oder ſonſt wo, einen kahlen Fleck herausraſieren. So wird das
Raſiermeſſer zum Wahlſtempel, der jede Doppelwahl verhindert.

Sport, Spiel und Turnen.
Leichtathletik.
Frühjahrswaldlanf in Pfungſtadt.
Zu dem diesjährigen Frühjahrswaldlauf in Pfungſtadt ſtellt die
L.=A. der T. G. D. 46 ſechs Mannſchaften und acht Einzelläufer. Es
ſtarten folgende Läufer: F. Meher, H. Michl, W. von Dungen
Hofferberth, Wald. Leber, Fritz Beck, E. von Dungen, Fr. Sommer,
Meher Ph., Aug Trautwein, Alfr. Müller, H. Volk, Hans Ploch, Karl
Hauſer, W. Hofferberth, Kreſſel, Kaffenberger Fr., Müller Fritz Welter
Ernſt, Beppler Hans, Genin, Leber Erich, Schiffendecker H., Hofferberth
Hrch., Ruppel Willy, Schuck. Am Mittwoch abend findet der letzte
Uebungsabend ſtatt. Abmarſch und nähere Aufſtellung werden dort noch
bekannt gegeben.
Handball.
Tv. Bickenbah 1.Tv. Seeheim 1. 1:1 (0:0).
Zum fälligen Gaumeiſterſchaftswettſpiel in der B=Klaſſe trafen ſich
in Bickenbach obengenannte Mannſchaften. Seeheim in ſtärkſter Auf=
ſtellung
, Bickenbach erſatzgeſchwächt. Nach wechſelvollem Spiel wurden
mit 0:0 die Seiten gewechſelt. Bei dem nun einſetzenden äußerſt ſchar=
fen
Spiel geht Seeheim durch den Halblinken in Führung. Es ge=
lingt
jedoch Bickenbach durch ſeinen Rechtsaußen Dieter, der einen Drei
zehnmeterwurf verwandelt, gleichzuziehen. Bei dieſem Stande bleibt
es bis zum Schluß. Turner Darmſtädter vom Turnverein Pfungſtadt
war dem Spiel ein gerechter Leiter.
Fußball.
Sportverein Höchſt i. O.Sportverein Lengfeld (B=Meiſter) 2:2.
Am verfloſſenen Sonntag trafen ſich die 1. Mannſchaft des Spv.
Höchſt und die 1. Mannſchaft des Spv. Lengfeld zu einem Geſellſchafts=
ſpiel
auf dem Sportplatz zu Höchſt (das Vorſpiel endete bekanntlich
mit 1:0 für Höchſt). Das Spiel, das bei Halbzeit 0:1 für Lengfeld
ſtand, wurde nach der Pauſe zu ſcharf. Einige Spieler arteten aus,
wobei der Schiedsrichter, W. Hofferbert, ſchärfer hätte eingreifen müſſen,
1. Jgd Höchſt1. Jgd Lengfeld 2:1.

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Wetterbericht derGießener Wetterwarte.
Wettervorherſage für Mittwoch, den 19. März.
Leichter Nachtfroſt. Weftliche bis nördliche Winde, wolkig. Meiſt trocken.
Tageskalender.
Landestheater, Großes Haus, Anfang 7 Uhr, Ende gegen 10 Uhr:
Gaſtſpiel Elena Polewitzkaja: Jckaterina Iwanowna. Kleines Haus,
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Anfang 7 Uhr, Ende gegen 934 Uhr (Sondermiete 161
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Union=, Reſidenz=, Zentral=Theater, Palaſt=Lichtſpiele: Kinovorſtel=
Verſteigerungskalender Mitwoch, 19. März.
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Verantwortlich für Politik und Wiriſchaft: Rudolf Mauve
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Darmſtädter Tagblatt

Han

18. März 1924 Nr. 28

Handel und Wandel in Heſſen.
3 Notgeldſcheine der Stadt Mainz. Die ausgegebenen
Nötgeldſcheine über 1, 5, 20, 50, 100, 200, 500 Milliarden, 1 und 5 Bil=
lionen
verlieren mit dem 1. April 1924 die Gültigkeit.
Wirtſchaftliche Rundſchau.
w. Die letzte Ablieferungsfriſt für ausländiſche
Vermögensgegenſtände. Der Kommiſſar für die Deviſenerfaſ=
ſung
teilt mit: Für die Reſtablieferung der ausländiſchen Vermögens=
gegenſtände
auf Grund der Verordnung des Reichspräſidenten vom
5. Auguſt 1923 (Reichsgeſetzblatt 1. S. 833) iſt durch die fünfte Durch=
führungsbeſtimmung
zu dieſer Verordnung (Neichsgeſetzblatt 1, S. 168)
die Friſt bis zum 15. März 1924 geſetzt worden. Soweit die Abliefe=
rung
bis dahin nicht erfolgt, kommt das Zwangsvollſtreckungsverfahren
gemäß §§ 11 bis 13 der zweiten Durchführungsbeſtimmung vom 11. Sep=
tember
1923 (Reichsgeſetzblatt 1. S. 871) zur Anwendung. Die reſtie=
renden
Beträge werden vom Kommiſſar für die Deviſenerfaſſung auf
Grund der Brotverſorgungsabgabeliſten der Finanzämter feſtgeſtellt.
Es liegt daher im dringenden Intereſſe, die ſäumige Ablieferung bis
zum 25. März 1924 zu bewirken. Die Ablieferungsſtellen ſind nur die
Reichsbank und die Reichsbanknebenſtellen. Bei jeder Ablieferung iſt
ausdrücklich darauf hingewieſen, daß es ſich um die Erfullung der Ver=
pflichtung
aus der Verordnung vom 25. Anguſt 1923 handelt.
Zum Umtauſch ton K. Goldſchatz=Anweiſungen
für die engl. Reparationsabgabe. Die Friedensvertrags=
Abrechnungsſtelle G. m. b. H., Charlottenburg, und das Reichskommiſ=
ſariat
für Reparationslieferung, Berlin, lenken im Anſchluß an ihre
neuerlichen Veröffentlichungen wegen Umtauſchs der K. Goldſchatzanwei=
ſungen
die Aufmerkſamkeit der im Export nach England beteiligten
Kreiſe auf die im Deutſchen Reichs= und Preuß. Staatsanzeiger vom
3. März 1924 veröffentlichte Verordnung des Reichspräſidenten. Dieſe
Neuverordnung hebt die bisher über die Erſtattung der engliſchen Re=
parationsabgabe
ergangenen Verordnungen auf und regelt den Gegen=
ſtand
auf der Grundlage der Ende Februar ds. Js. mit der engliſchen
Regierung getroffenen Vereinbarung (worüber wir ſchon ausführlich be=
richteten
). Nachdem die neuen, innerhalb zweier Jahre fällig werdenden,
auf Gold geſtellten Schatzanweiſungen den Ausgabeſtellen in hinreichen=
der
Menge nunmehr zur Verfügung ſtehen, nimmt ſowohl die Ausgabe
auf Grund der den Exporteuren erteilten Anweiſungen auf Empfang
dieſer Schuldverſchreibungen, wie auch der Umtauſch der durch ſie zu er=
fetzenden
K. Goldſchatzanweiſungen bei der Friedensvertrags= Abrechnungs=
ſtelle
G. m. b. H., Charlottenburg, und der Umtauſchſtelle für K. Gold=
ſchatzanweiſungen
beim Reichskommiſſariat für Reparationslieferung,
Berlin, ihren Fortgang. Die inzwiſchen in großer Zahl, ſowohl wegen
Einlöſung der Anweiſungen, wie wegen des Umtauſchs der K. Gold=
ſchatzanweiſungen
an die Friedensvertrags=Abrechnungsſtelle G. m. b. H.,
Charlottenburg, ergangenen Zuſchriften aus den Kreiſen der Induſtrie
und des Handels werden durch die Ausführungen der Verordnungen vom
3. März 1924 ihre Eeledigung finden. Die darin eingetretene Verzöge=
rung
erklärt ſich aus der Notwendigkeit, ſowohl die jetzt getroffene Rege=
lung
der ganzen Fragen, als auch die Fertigſtellung ausreichender Men=
gen
der neuen K. Goldſchatzanweiſungen abzuwarten. Die Dienſtſtellen
ſind bemüht, die Anſprüche der Empfangsberechtigten mit größter Be=
ſchleunigung
zu erfüllen. Ein beſonderer Schriftwechſel wird ſich bei die=
ſer
Lage der Sache in den meiſten Fällen erübrigen.
deutſches Reich. Die neuen Goldſchatzanweiſungen, gegen die
die engliſchen Reparationsgutſcheine gemäß der abgeänderten Verordnung
vom 12. Februar 1924 eingelöſt werden, gelangten Ende Februar 1924
zur Ausgabe. Ihre Lombardierung iſt geplant. Eine Ein=
führung
an der Börſe wird jedoch nicht beabſichtigt, da mit einer guten
Aufnahme auch ohne Börſennotiz gerechnet wird. Der Umtauſch iſt nur
zuläſſig für Verträge, die mit Ablauf des 16. November 1923 zuſtande
gekommen ſind und rechtzeitig der Friedensvertrags=Abrechnungsſtelle
G. m. b. H., Charlottenburg, gemeldet wurden. Die etwa unterbliebene
Meldung kann jetzt noch nachgeholt werden, weil für langfriſtige Werk=
und Lieferungsverträge die Vorlagefriſt der über die Reparations=
abgabe
ausgeſtellten Gutſcheine bis zum 31. Dezember 1924 verlängert
wird und der Reichsminiſter der Finanzen ermächtigt iſt, in beſonderen
Fällen auch für ſpätere vorgelegte Reparationsgutſcheine Entſchädigung
zu gewähren.
Neugründungen.
* Eine Mannheimer Exportgeſellſchaft für den
Handel mit Rußland. Mit 300 000 Gmk. Grundkapital wurde in
Mannheim die Firma Hommel=Konzern A.=G., Exportgeſellſchaft deut=
ſcher
Werkzeug= und Maſchinenfabriken im Handelsregiſter eingetragen,
deren Gegenſtand der Vertrieb von Werkzeugen, Werkzeugmaſchinen,
Holzbearbeitungs und Bäckereieinrichtungen im Gebiet des Bundes der
ſozialiſtiſchen Sowjetrepubliken iſt. Vorſtandsmitglieder ſind Direktor
ErichSchultz=Bachhuſen, Kaufmann Julius Stolle und Kaufmann Albert
Schlöffer, ſämtlich in Berlin. Zu den Gründern, die auch zumeiſt den Auf
ſichtsrat bilden, gehören eine Anzahl Firmen in Remſcheid, ferner ſolche
in Mainz, Berlin, Dresden, Hannoverſch=Minden, Obercochem, Nürding,
Stuttgart, Frankfurt, Offenbach, Gevelsberg i. W., Raſtatt, Ochſenfurt
und Waiblingen.

Erwerbsgeſellſchaften.
* Sächſ. Gußſtahlwerke Döhlen A.=G., Dresden. Die
Geſellſchaft hat die geſamte Belegſchaft, die ſich wveigerte nach der ſoge=
nannten
Vorſchicht zu arbeiten, ausgeſperrt. Nach Bekanntmachung der
Geſellſchaft werden alle Arbeiter, die ſich ſchriftlich verpflichten, die durch
den Schiedsſpruch eingeführte Schichn zu leiſten, wieder eingeſtellt. Die
Zahl der Arbeiter, die bis jetzt der Aufforderung nachgekommen ſind,
beträgt etwa 200.
Warenmärkte.
wb. Frankfurter Getreidebörſe vom 17 März=
Der Getreidemarkt liegt weiter ruhig, aber die Preiſe ſtellen ſich größ=
tenteils
gut behauptet, in einzelnen Fällen etwas feſter. Weizen und
Roggen iſt infolge des ſchleppenden Mehlgeſchäftes nur wenig beachtet.
Etwas begehrter ſtellte ſich Braugerſte und Hafer. La Plata=Mais
wird etwas gehandelt. Für Futtermittel beſteht Nachfrage bei an=
ziehenden
Preiſen. Amtliche Notierungen der Frankfur=
ter
Börſe. Abteilung Getreide, vom 17. März. Getreide, Hülſenfrüchte
und Biertreber ohne Sack, Weizenmehl, Roggenmehl und Kleie mit
Sack. Preis je 100 Kilogramm. Weizen, Wetterau 18.5018,75, Rog=
gen
16.2516.50, Sommergerſte für Brauzwecke 2122, Hafer, inländ.
10.5016, ausländiſch , Weizenmehl, ſüdd. Spez. 0 2728, Roggen=
mehl
2424.75, Weizen= und Noggenkleie 9.7510.75, Mais La Plata
19.5020, Speiſerbſen 2535, Heu, ſüdd. 8.509, Weizen= und Rog=
genſtroh
4.505, Treber, getrocknet 15.5016.25. Tendenz: ruhig.
Frankfurter Viehmarkt vom 17. März. Der Auf=
trieb
zum Hauptmarkt beſtand aus 1112 Rindern, wovon 286 Ochſen,
8 Bullen, 778 Färſen und Kühe, ferner 269 Kälbern, 32 Schafen und
32 Schweinen. Notiert wurde nach Goldmark für den Zentner Le=
bendgewicht
: Ochſen: Klaſſe a) 4854, c) 4047, d) 3035; Bullen:
7) 4045, b) 3539; Färſen und Kühe: a) 4654, b) 4048, c) 3845,
d13539, e) 2836, k) 1020; Kälber: b) 5762, c) 5056, d) 4048;
Schweine im Gewicht von 80100 Kilo 6770, für ſolche unter 80 Kilo
6066, von 100120 Kilo 6871, von 120150 Kilo 6770 und für
Sauen und Eber 5565. Schafe wurden, des geringen Auftriebs we=
gen
, nicht notiert. Bei Rindern ließen die beſten Qualitäten von
Ochſen um etwa 2 Goldmark per Zentner Lebendgewicht nach; ebenſo
bröckelten die Preiſe für Kälber und Schweine um 15 Goldmark ge=
genüber
der Notierung des letzten Hauptmarkts ab. Marktverlauf:
Ruhiger Handel; Schweine etwas Ueberſtand. Der Markt war
Sperrgebiet. Abtransport mit Atteſt und Legitimation war geſtattet.
Ab 31. März ſind die Marktzeiten am Montag für Rinder und
Schweine von 812, für Kälber und Schafe von 8½12 Uhr und am
Donnerstag für alle Viehgattungen von 912 Uhr. Nach den feſt=
geſetzten
Fleiſchgroßhandelspreiſen ſollte das Pfund Ochſenfleiſch mit
6575, Bullenfleiſch mit 5060, Kuhfleiſch mit 6070, Kalbfleiſch mit
7085 und Schweinefleiſch mit 80100 Goldpfennigen bezahlt werden.
wb. Berliner Produktenmarkt. Bei dauernd ſchwa=
chem
Angebot des Inlandes und erhöhten Forderungen, die aber nur
ſchrer durchzuſetzen ſind, war auch heute der Verkeyr am Produkten=
markt
ruhig. Die Witterung mit ihrem ſtändigen Wechſel von Nacht=
froſt
und Tageswärme macht die Abgeber vorſichtiger. An Nachfrage
zu verhältnismäßig niedrigem Angebot fehlt es für Brotgetreide nicht,
Umſätze von Bedeutung kamen aber nicht zuſtande. Für Gerſte beſteht
nach wie vor Nachfrage für gute Brauſorten. Hafer iſt in guten
weißen Qualitäten geſucht. Auch für Mehl und Kleie überwog die
Nachfrage das Angebot.
Börſen.
* Frankfurter Börſenbericht vom 17. März.
(Eigener Bericht.) Die Börſe eröffnet unter Realiſationen in ſchwä=
cherer
Haltung. Etwas Material kam von Publikums=Seite an den
Markt. In der Hauptſache waren es aber Glattſtellungen der Speku=
lation
, die bei der unverändert geringen Aufnahmefähigkeit der Märkte
erneut das Kursniveau drückten. Der Geldbedarf der Kuliſſe dürfte
auch heute hauptſächlich mit der Abwicklung von Baiſſepoſitionen am
deviſenmarkt, die ſich mit der fortſchreitenden Beſſerung des franzö=
ſiſchen
Franken unangenehm bemerkbar machen, zuſammenhängen. Es
kommen hierbei nicht nur reine Deviſengeſchäfte in Frage, ſondern auch
Engagements am Warenmarkt, im Lebensmittel= und Metallhandel,
für deren Erledigung noch Franken zu decken ſind. Unter dieſen Um=
ſtänden
kam es an faſt allen Märkten zu neuen Kurseinbußen. Bei
den Chemieaktien betrugen dieſe durchſchittlich etwa 1 Bill. Prozent.
Elektrizitätswerte waren teilweiſe noch etwas ſtärker gedrückt. Der
Montanaktienmarkt lag ausgeſprochen ſchwach. Neben der allgemeinen
Tendenz wirkte hier das Nichtzuſtandekommen des Röhren=Syndikats
verſtimmend. Verhältnismäßig gut behauptet und teilweiſe leicht er=
holt
waren Zuckeraktien. Ausländiſche Renten lagen wenig verändert.
Türken konnten von der Beſſerung des Franken nichts profitieren. Von
heimiſchen Renten waren Spara ſehr geſucht. Die übrigen abge=
ſchwächt
. Man handelte Kriegsanleihe eingangs mit zirka 93 dann
raſch nachgebend mit zirka 82. Schutzgebietsanleihe 3,2 Bill. Prozent.
3½proz. Conſols 355 Milliarden Proz. Im Verlaufe der Börſe trat
eine Erholung nicht ein. Die Umſatztätigkeit ging zurück und man
ſchloß in luſtloſer Haltung zu den niedrigſten Tageskurſen. Im freien
Verkehr hörte man: Beckerſtahl 9½, Beckerkohle 93 Benz 42/, Brown
Petroleum 18½/2,
Krügershall 9½
Boveri 2
Georgi 0.8,
Sche=
bera
3½, Ufa 81s. Die Nachbörſe war ohne nennenswerte Umſätze.

wb. Berliner Börſenſtimmungsbild. An der Börſe
haben die ſeit längerer Zeit beſtehenden unerfreulichen Verhältniſſe hin=
ſichſtlich
der geſchäftlichen Zurückhaltung und Unluſt wegen der überall
beſtehenden Kredit= und Kapitalnot auch zu Beginn der neuen Woche
keine Veränderung erfahren. Auf allen Marktgebieten zeigt ſich Ange=
bot
, das aber nicht zu einer erheblichen Herabdrückung des Kursſtandes
genügte. Man brachte die Verkäufe in Verbindung mit angeblich bei
der einen oder anderen Metallfirma beſtehenden Schnierigkeiten die
aus den ſtarken Schwankungen der Frankenwährung entſtanden ſein
ſollen. Da es ſich dabei aber zumeiſt um Termingeſchäfte handelt, kön=
nen
eventuelle Differenzen hieraus erſt ſpäter geltend gemacht werden,
ſo daß die Begründung der heutigen Verkäufe nicht zutreffend ſein
dürfte. Jedenfalls war aber bei der überall herrſchenden Unluſt die
Stimmung ziemlich gedrückt. Der Kursſtand ſenkte ſich durchſchnittlich
um 1 bis 2 und für ſchwere Papiere auch 3 bis vereinzelt 6 Billionen
Prozent. Letzteres gilt hauptſächlich vom Montanmarkte, aber auch von
Petroleumwerten, die in der Vorwoche ſtark anzogen. Es erfolgten
umfangreiche Glattſtellungen, mit dem Ergebnis anſehnlicher Kursein=
bußen
für Deutſche Erdöl= und Petroleumaktien. Allgemeine Geſchäfts=
ſtille
beſtand auch am Rentenmarkt. Reichsanleihen lagen etwas feſter,
mit Ausnahme von Kriegsanleihe, die ihre ſpekulative Höherbewertung
der Vorwoche ziemlich wieder verlor. Der Kursſtand erfuhr weiterhint
bei kleinen Umſätzen nur unbedeutende Veränderungen. Der Geld=
markt
blieb unverändert leicht. Am Deviſenmarkt ſind im Kursſtand
und den Zuteilungen Veränderungen von Bedeutung nicht eingetreten.
Die Beſſerung der Frankenwährung erhielt ſich jedoch.
Oeviſenmarkt.

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apeſt. . . . . . . . . . . . . . Buenos=Aires. . . . . . . . . . 3 Bulgarien. .. . . . .. . .. .. Japan . . . . . . . . .. ..... 79 37 Rio de Janeiro ...... z z9 Belgrad.. . . . . . . . . . . . . . 13.0 voll Liſſabon .............." 13. Proz. Danzig ............... 72.39
01 72.39 2 Proz.

Die Notizen verſtehen ſich für Buenos Aires
London, Newyork,
Japan, Rio de Janeiro für eine Einheit, Amſterdam, Brüſſel, Danzig,
Kopenhagen, Kriſtiania,
Stockholm. Helſingfors,
Paris,
Italien,
Schweiz, Spanien, Liſſabon, Prag, Jugoflawien, Sofia für 100 Ein=
heiten
, Wien und Budapeſt für 100 000 Einheiten.
Berliner Kurſe. (Eigene telegr. Meldung
Sämtliche Zahlen verſtehen ſich mit 1000 000 000.

Aktiengeſ. für Anilinf
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Deutſch=Atlant. Tel.. T. Lorenz........" 212 eguin . deutſche Maſchinen. iſche 8
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Roſitzer Zucker ......" Donnersmarckhütte ... 130 Rütger
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Glas ..." Gelſenk. Gußſtahl .... Borzellan Geſ. f. elektr. Untern.. 2000 Deiſeſi 9.
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Darmſtädter und Nationalbank, Kommandit=Geſellſchaft auf Aktien.
Frankfürter Rutsdericht vom 17. Marz 1024.
Die Notierungen ſind in Billionen Prozent ausgedrückt.

Europäiſche Staatspapiere,
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v. 1902 ..........."
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Nummer 78.

Hans Peter Kromm der Lebendige.
Eine Geſchichte von Ufer zu Ufer
von Johanna Wolff.
77
(Nachdruck verboten.)
Da lachte der Sohn hell auf. Du, Mutter? Du lebſt noch
uns alle aus! Und ſollſt auch noch öfter an Frau Schacks Korb=
wiege
ſitzen und Barbuſchten, Barbuſchken ſingen.
ſie wohl nicht gedacht damals ..."
Zu Anfang Juni wars. Eine ſtrahlende Sonntagsfrühe ſtieg
auf über der Haide, deren braunes Kleid ſich mit grünem Schim=
bereits
ein heimlich feines Knoſpen, doch die Blüte war noch fern.
Nur der Ginſter ſtand in Golo gekleidet, hier ein Kolk und dort
eine Senlung. Wie das leuchtete! Die Sonne zog ein mor=
gendlich
Duften heraus. Bienen ſummten, Käfer kletterten und
flirrten. Noch immer durchwebte traute Wonne dieſen Erdwin=
kel
. Aber nicht wie früher weithin und unüberſehbar. Dieſer Got=
tesfrieden
fand jetzt ſeine Grenzen. Der Haioezauber war ge=
brochen
.
Nicht, daß die Mühle ſtörte, die jetzt hinter dem alten Wehr
ſtand, die fügte ſich ein; aber dort an den Zigeunerhügeln entlang
klingelte die Kleinbahn, und wenn in der Sonnenmühle die Töne
auch nicht vernehmbar waren, die graugelbe Rauchwolke ließ ſich
nicht unſichtbar machen.
Und wie war der arme Boden zerwühlt, dort auf dem Ge=
lände
, das ſich in einen Werk= und Arbeitsplatz gewandelt hatte!
Waren da nicht Stollen hineingetrieben und Schächte, um dem
Himmelsgold recht nahe zu kommen? Mit großen Bohrtürmen
hatte man den ſtillen Grund durchforſcht, ſchwere Laſtwagen

Darmſtädter Tagblatt, Dienstag, den 18. März 1921.
Mie Dest beragefit. De eine Hante WDern durchcet, ianſe Hialie Sclefte, dnfe inte Schu vor Tue. Se vr
ihn jetzt ein Netz ſchmaler Schienen.
lichen Schornſtein, dazu die ſchwärzlichen Baracken, in denen die bei dem kleinen Gerd ſolche freundliche Wärterin gut gebrauchen.
Arbeiter hauſten. Nein, ſchön war das nicht! Aber regſam gings Und Gudrune war grade die rechte, das lebhafte Jüngelchen mit
dort zu vom frühen Morgen bis in die Nacht hinein.
Wo früher nur das Surren der tauſendmal tauſend Käfer
Pfeifen und Singen der Maurer und Fuhrleute und das Rufen
und Schreien der von gelblichem Ton ſtarrenden Werkmänner; hinaus ...
Ja, ſagte ſie ebenſals lächelnd, die Korowiege hält noch ſie zerſtückten den Platz, daß er anzuſchaun war wie ein mit Wun=
und das Kindelzeug iſt auch noch in Ordnung, obſchon es Lich, den bedeater Körper. Merete war nur ein einzigmal dort ge= Zug, Handel und Wandel vermittelnd, wie die ſtille Gegend
und den Gerd ausgehalten hat die gute Frau Schack! Das hat weſen. Das iſt ja, als ſollte der babyloniſche Turm aufgeführt, das bisher nicht geahnt hatte, Und bald würde der Zug Waren
werden oder die Mauern von Jericho, ſagte ſie; aufgeregt war, mit ſich führen, Waren, die aus dem Schatz dieſes Bodens ihre
ſie zurückgekommen.
pflichten ſie in Anſpruch nahmen. Nun konnte ſie wieder Bar= die Großi Bum=Bum die die dort auf dem kleinen Friedhof lag,
mer uberzogen hatte. Hie und da an geſchützten Stellen begann, buſch’en, Barbuſchken flieg auf, flieg auf ſingen. Hans Peters, ihres Vaters Gebot heilig gehalten:Keine Spanne von ererbtem
Aelteſter wuchs und gedieh. Das Klingeln und Pfeifen an den Boden war veräußert worden. Und was er dazu erworben, was
Zigeunerhügeln ſtörte ihn nicht, und das Hämmern und Stoßen, ſich da neben ſeinen alten Grenzen weiterzog, das ſollte alles
Bohren und Fahren hatte ſeine blanken aufmerkenden Kinder= ſeine Beſtimmung finden ...
augen nur noch blänker werden laſſen.
dem Werkplatz Richtfeſt gefeiert werden, heute ſollte auch die über die Reihe der Arbeiterbaracken hin. Wie ſchwarze Flecken
dritte und letzte der rundbäuchigen Burgunderinnen ihre von lagen ihre Dächer in der hellen Sonne. und Menſchen hatten
Titje beſtimmte Anwendung finden.
Lude Spatt, der kleine Töpfermeiſter, hatte das Wohnhäus=
chen
, das ihm an umbuſchter Stelle neben der Brennerei errichtet niſſen der Sauberkeit genügend, waren dort die Einrichtungen.
worden, bereits bezogen, auch die Frau, die darin walten wollte, So hatten dieſe Leute ſchon die Bahn fertig gebaut! Wie aber
war ſchon vorhanden. Sie ſchien aber für die ſchmucke Heim= ſollten ſie, die hier ſtändige Gehilfen am Werke wurden, in
ſtätte nicht ganz paſſend zu ſein, die Tine. Wie kleine Männer Zukunft untergebracht ſein? Sollten ſie ſich in den umliegenden
gern tun, hatte Lude an einem doppelten Teil Weiblichkeit Ge= Ortſchaften herumdrücken, vernachläſſigt, unbequem, oder konnte
fallen gefunden. Nun überragte ſie ihn um mehr als Hauptes= man ihnen in der Nähe ein Heim geben, menſchlichem Wohl=
länge
, ſeine Erwählte. Wenn ſie durch die Türen ging, mußte ſie ſ.ſühlen beſcheidene Rechnung tragend?
ſich bücken, und wenn ſie kräftig den Fuß aufſetzte, bebten die Dielen.
Lude wurde viel geneckt um ſeinen Mut, ſich an ſolch mächtig du gibſt ihnen Brot. Brot und Heimſtätten. So hatte Titje ge=
waren
über ihn hingegangen und hatten Eiſen, Holz und unge= Stück Frauenzimmer, herangemacht zu haben. Gudrune, ſeine ſagt. Titje!. Der ein Armennarr war und ein Menſchenfreund.

Seite 11.

nicht mit dem Bruder in das neue Heim gegangen, ſondern hatte
Sie ſtand da, die vielbeſprochene Brennerei mit dem ſchreck= die Stelle als Kindsmädchen bei Hilde angenommen; die lonnte
Geduld und Aufmerkſamkeit zu hüten.
Hans Peter war, ſeiner Gewohnheit nach, früh aufgeſtanden.
und einſamer Vogelruf, vernehmbar geweſen, klang jetzt das Auf dem Hofe machte ſich kaum das erſte Regen bemerlbar, da
ſchritt er ſchon aus dem Tor, aus dem Begrenzten ins Weite
Dort an den Hügeln entlang glitt auf blanken Schienen der
Geſtaltung gefunden, aus dem Boden, der ſo gering bewertet
Gut, daß der kleine Gerhard da war und liebe Großmutter= worden. Weithin war die Haide ſein Eigentum. Wie gut, daß
So ſtand Hans Peter Kromm, den ſie den Heide=Ingenieur
Heut wurde er ein Jahr, der kleine Mann! Heut ſollte auf nannten, in der lichten Sonntagsfrühe, und ſein Auge glitt
ihr Weſen darunter.
Nackt, ohne jede Behaglichkeit, kaum den einfachſten Bedürf=
Sie umringen dich. Sie nennen dich Vater. Und du

schaden den guten und bostbazen Seußeben.
ebensotdenig udie Hlares Ua sser
Sunlicht Gesellschaft A. G. Mannheim-Rheinau

Heim-
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