Einzelnummer 10 Goldpfennige
Bezugspreis:
Bei wöchenilich Tmaligem Erſcheinen vom 1. März
bis 31. März 2.18 Goldmari und 22 Pfennig
Abtragegebühr. abgeholf 225 Goldmark, durch die
Agenturen 2.40 Goldmark frei Haus.
Poſtfbezugs=
preis ohne Beſtellgeld monatich 2.30 Goldmark.
Verantworlichkelt für Aufnahme von Anzeigen an
beſimmten Tagen wird nicht übernommen.
Nicht=
erſcheinen einzelner Nummern infolge höherer Gewalt
berechtigt den Bezieher nicht zur Kürzung des
Bezugspreiſes. Beſtellungen und Abbeſtellungen durch
Fernruf ohne Verbindlichkelt für uns. poſiſchecktonto:
Franffurt a. M. 1301.
Heſſiſche Neueſte Nachrichten
Morgenzeitung der Landeshauptſtadt
Wöchentliche illuſtrierte Beilage: „Die Gegenwart”, Tagesſpiegel in Bild und Wort
Nachdruck ſämtlicher mit X verſehenen Original=Aufſätze und eigenen Nachrichten nur mit Quellenangabe „Darmſi. Tagbl.” geſtattet.
Nummer 77
Montag, den 12. März 1924.
187. Jahrgang
Anzeigenpreis:
27 mm breite Zelle im Kreiſe Darmſtadt 20 Goldpfs
Finanz=Anzeigen 30 Goldpfg, Reſſamezeile (92 mm
breitl 1 Goldmark. Anzeigen von auswärte 30 Goldpfg,
FinanzeAnzelgen 45 Goldpfg, 92 mm breite
Rellame=
zeiſſe 1.350 Goldmark. Alle preiſe in Goldmark
(1 Dollar — 4.20 Markl. — Im Falle höherer
Gewalt, wie Krieg. Aufruhr. Strell vſw erliſcht
ſede Verpſichtung auf Erfüllung der
Anzelgen=
auſträge und Leiſſung von Schadenerſatz. Bel
Konkurs oder gerſchtliſcher Beltreilbung fällt ſeder
Rabatt weg. Bankonte: Deutſche Banl und Darme
ſtädter 8 Nationaldank.
Die Völkerbundratstagung.
Keine weitere Enteignung der Anſiedler in Polen.
Keine Verſchmelzung der Abrüſtungsausſchüſſe.
Genf, 16. März. (Wolff.) In ſeiner öffentlichen Sitzung
geſtern nachmittag nahm der Völkerbundsrat von dem Bericht
Kenntnis, den das Dreier=Komitee des Rats, in dem Braſilien,
England und Italien vertreten ſind, auf ſeiner letzten Pariſer
Tagung über die volniſchen Vorſchläge in der Frage der
An=
ſiedler, deren Verträge durch Polen annulliert worden ſind,
aus=
gearbeitet hat. Der Rat erteilte der Dreier=Kommiſſion
Voll=
macht, die Prüſung der polniſchen Vorſchläge über die
Wieder=
gutmachung in Sachen der Anſiedler weiterzuführen und bis
zum 15. April ohne neuere Beſchlüſſe des Rats ſowohl dem
materiellen Inhalt der Entſchädigung nach als auch dem dazu
erforderlichen techniſchen Verfahren auf Grund des Berichts
end=
gültig zu regeln. In der darauffolgenden Ausſprache wurde auf
Lord Parmoors Anregung feſtgeſtellt, daß 1. jede weitere
Ent=
eignung der Anſiedler, ſoweit ſie ſich noch auf ihren polniſchen
Sitzen beſinden, unzuläſſig iſt, 2. daß die Anſiedler das Recht
erhalten ſollen, ſich mit den zu erhaltenden Geldentſchädigungen
in Polen wieder neu anzukaufen. — Der polniſche Vertreter
er=
klärte hierzu unter Erwähnung der in der polniſchen Verfaſſung
gewährleiſteten Gleichberechtigung aller polniſchen
Staatsange=
hörigen ſeine Zuſtimmung. Der Hinweis Parmoors auf die
Wiederankaufsmöglichkeit dürfte aber ſeine Begründung darin
finden, daß in Polen alle Grundſtückskäufe der Genehmigung
durch die polniſchen Landesämter unterliegen und dieſe
Geneh=
migung an Angehörige der Minderheitsſtaaten faſt nie erteilt
wurde.
Genf, 16. März. (Wolff.) Der Völkerbundsrat beſchloß
geſtern auf Antrag von Beneſch, erſt bei ſeiner nächſten Tagung
über die Frage des Zuſammenwirkens der beiden Ausſchüſſe
des Völkerbundes für Rüſtungszwicke Stellung zu nehmen. Wie
erinnerlich, wurde auf der letzten Tagung der
Völkerbundsver=
ſammlung von franzöſiſcher Seite vorgeſchlagen, den gemiſchten
vorläufigen Abrüſtungsausſchuß eingeben zu laſſen zugunſten
des ſtändigen, rein militäriſchen Ausſchuſſes. Es wurde damals
keſchloſſen, das Mandat des gemiſchten Ausſchuſſes noch um ein
Jahr zu verlängern und die Zuſammenarbeit der beiden
Aus=
ſchüſſe zu regeln. Die beiden Ausſchüſſe befaßten ſich vom 4. bis
8. Februar mit dieſer Frage. Branting als Mitglied des
ge=
miſchten Ausſchuſſes ſchlug damals eine Verſchmelzung beider
Ausſchüſſe vor, derart, daß es nur noch einen aus Zivilperſonen
beſtehenden Ausſchuß zur Rüſtungseinſchränkung geben ſolle,
dem die Mitglieder des rein militäriſchen Ausſchuſſes nur als
Sachverſtändige beizuordnen wären. Der rein militäriſche
Aus=
ſchuß erklärte dagegen einſtimmig, daß er in der bisherigen Form
weiter beſtehen wolle. Dieſem Standpunkt ſchloß ſich Beneſch in
ſeinem heutigen kurzen Bericht an, während Branting, bevor
man zur Vertagung überging, ſeinen Vorſchlag aufrecht erhielt.
Flotteneinſchränkung, Kinderſchutzverwaltung
und Sklavenhandel.
Genf, 16. März. (Wolff.) Der Völkerbundsrat beſchloß
auf Antrag des tſchechoſlowakiſchen Mitgliedes Beneſch, den
Mit=
gliedsſtaaten des Völlerbundsrats, ſowie den Nichtmitgliedern
die Berichte der letzten römiſchen Tagung der Marinetommiſſion
zu übermitteln und zu erſuchen, ſich zu dem Plan der zweiten
techniſchen Marinekommiſſion, ſowie über den Zeitpunkt des
Zuſammentritts einer internationalen Konferenz zwecks
Ein=
ſchränkung der Flottenrüſtungen zu äußern. Ferner wurde ein
Antrag des ſpaniſchen Ratsmitgliedes Quinones de Léon
auf Uebertragung der bisher von der internationalen
Kinder=
ſchutzverwaltung erfüllten Aufgaben an das
Völkerbunds=
ſekretariat angenummen. Auf Antrag Brantings=
Schwe=
den erſuchte der Völkerbundsrat ſchließlich den Generalſekretär,
ſechs Kolonialfachmänner zu ernennen, die einen Ausſchuß zur
Erforſchung der Frage des Sklavenhandels bilden ſollen.
Ein ſiebentes Mitglied ſoll dann der Direktor des
Internatio=
nalen Arbeitsamts ernennen.
Völkerbundsrat und Korfu=Affäre.
Stockholm, 16. März. (Wolff.) Der Epilog des
Völker=
bundsrats zur Korfu=Affäre gibt Svenska Dagbladet und
Stock=
holm Tioningen Anlaß zu ſcharfer Kritik, die ſich hauptſächlich
an die Formulierung und Beantwortung der Frage knüpft, ob
Zwangsmaßnahmen, die nicht Kriegshandlungen ſein ſollen, in
den Beſtimmungen des Bundesſtatuts erlaubt ſind, wenn ſie von
einem Bundesmitglied gegenüber einem anderen Bundesmitglied
ohne vorherige Anwendung des in den genannten Artikeln
an=
geordneten Verfahrens vorgenommen werden. Die Frageſtellung
akzeptiere ganz einfach die italieniſche Behauptung, daß die
Okku=
pation des Gebietes unter Anwendung militäriſcher Machtmittel,
unter Niederſchießen der Bewohner keineswegs als
Kriegshand=
lung zu betrachten, als ſolche auch nicht gedacht geweſen ſei. Die
Formulierung der Frage und ihre zweideutige Beantwortung
bewieſen neuerlich, daß der Völkerbundsrat
Groß=
machtintereſſen unterworfen ſei.
Beneſch über den Eintritt Oeutſchlands in den
Völkerbund.
Paris, 17. März. (Wolff.) Der tſchechoſlowatiſche
Außen=
miniſter Beneſcherklärte dem Korreſpondenten des Petit
Pari=
ſien zur Frage des Eintritts Deutſchlands in den Völkerbund,
dieſes Problem werde immer akuter. Im Intereſſe des
euro=
päiſchen Friedens und des Völkerbundes ſei es wünſchenswert,
daß Deutſchland in Genf vertreten ſei, aber es könne davon
nicht die Rede ſein, bevor die beiden Hinderniſſe, auf die man
zurzeit immer wieder ſtoße, endgültig überwunden ſeien. Es
urüſſe in erſter Linie zu einer umfaſſenden, wenn auch nur
vor=
läufigen Regelung der Reparationsfrage kommen, und dann
müſſe in dieſem oder jenem Sinn die durch den Ruhrkonflikt
geſchafene Lage liquidiert werden. Danach erſt werde man an
einen Eintritt Deutſchlands in den Völkerbund denken dürfen.
Jedes andere Vorgehen würde, weit entfernt davon, den
euro=
piiſchen Frieden raſcher herbeizuſühren, den gegenwärtigen
Stand der Dinge nur verſchlimmern.
Vom Tage.
Wie wir von unterrichteter Seite hören, trägt die demnächſtige
Reiſe des Reichskanzlers nach Wien keinerlei
poli=
tiſchen Charakter, ſondern iſt ein rein freundſchaftlicher Beſuch
von Dr. Marx bei Dr. Seipel. Dr. Streſemann fährt nicht
mit nach Wien.
Der Landtagskandidat des Völkiſchen Blocks, Ludwig Aſchner, iſt
in ſeiner Wohnung verhaftet worden. Als Grund hierfür werden feine
Ausführungen in einer Verſammlung der Völkiſchen im
Bürgerbräu=
keller bezeichnet.
Nachdem die Belegſchaften auf den ſtaatlichen Elektrizitätswerken
und dem Braunkohlenwerk Hirſchfelde (Sachſen) in Konflikt die wegen
der verlängerten Arbeitszeit ihnen geſtellte Friſt zur Verrichtung von
Verfügung des Wirtſchaftsminiſteriums die Werke am Sonntag früh Herr Loebe nicht geweſen; konnte es auch nicht ſein, dazu iſt er
von der Techniſchen Nothilfe und Schutzpolizei beſetzt.
Vom 2. bis 8. März kamen von See in den Weſerhäfen ſechzig
Schiffe von 85 802 Regiſtertonnen mit 79 220 Tonnen Ladung; ab
gin=
dung. Die Streiklage im Bremer Hafen iſt unverändert.
Präſident Coolidge empfing geſtern Anton Lang und die anderen
bewillkommnete ſie in einer kurzen Anſprache im Namen der amerikani= mients drei oder fünf Jahre dauern ſollte, und hat ſich zuletzt
ſchen Nation.
Am Mittwoch beginnen in Straßburg die Verhandlungen der
Zen=
fahrtsakte. An den Verhandlungen iſt Deutſchland beteiligt.
General Pellet, der diplomatiſche Vertreter Frankreichs in
Konſtan=
tinopel, iſt in Toulon geſtorben.
Der neue belgiſche Außenminiſter Hymans hatte geſtern eine
län=
gere Unterredung mit dem Pariſer belgiſchen Geſandten.
Nach dem Echo de Paris werden die franzöſiſchen Wahlen am 18.
Mai ſtattfinden. Andere Blätter nennen den 11. Mai.
Havas meldet aus Athen: Ueber die Bemühungen um Aufnahme
von Verhandlungen zwiſchen Republikanern, Rohaliſten und den
übri=
gen Oppoſitionsführern über einen modus videndi auf der Grundlage
der Abdankung des Königs und gegenſeitiger Zugeſtändniſſe laufen
ver=
ſchiedene Lesarten um. Etwas Beſtimmtes über ein endgültiges
Ab=
kommen, liegt noch nicht vor.
Veniſelos iſt in Cannes eingetroffen.
bedeutende Erhöhung der Gehälter der Geiſtlichen von den Biſchöfen
angefangen, und die Befreiung der mit der Seelſorge betrauten
Geiſt=
lichkeit vom aktiven Militärdienſt beſchloſſen.
In Turin wurde durch eine Exploſion eine Streichholzfabrik
zer=
ſtört, wobei 22 Menſchen ums Leben kamen.
Spionageprozeß vor dem
Reichsgericht.
Franzöſiſche Verhinderungsverſuche.
Leipzig, 16. März. (Wolff.) Am 20. d. M. findet vor dem
Reichsgericht die Hauptverhandlung im Spionageprozeß gegen
den franzöſiſchen Hauptmann Pendaries dArmont ſtatt. Der
Genannte war Leiter der franzöſiſchen Spionagezentrale in Baſel und
wurde, als er mit ſeinen Agenten in Deutſchland in Verbindung treten Reichstages gemacht worden wären,
wollte, auf deutſchem Gebiet verhaftet. Von franzöſiſcher Seite ſind
zwecks Verhinderung des Prozeſſes und um die Freilaſſung
ihres Spionagechefs Armont zu erreichen, drei angeſehene Deutſche,
Oberlandesgerichtsdirektor Minde in Bochum, der Erſte Staatsanwalt
Schulte=Pelkum in Eſſen und der Bürgermeiſter Wedelſtedt in
Gelſen=
kirchen verhaftet worden. Den zuerſt als Geiſel verhafteten
Senats=
präſidenten Lenzberg vom Oberlandesgericht Düſſeldorf mußten die
Franzoſen wieder freilaſſen, da der Aufenthalt in der ihm zugewieſenen
2,5 Meter langen Zelle mit abgeblendeten Gitterfenſtern eine
Lebens=
gefahr bedeutet hätte. Alle Proteſte der deutſchen Regierung gegen dieſe
widerrechtliche Geiſelfeſtſetzung waren bislang vergeblich. Man ſieht
dem Prozeß, der über die Organiſation des mit ungeheueren Mitteln
arbeitenden franzöſiſchen Spionagedienſtes Klarheit ſchaffen wird, mit
großer Spannung entgegen.
Die Inſpektionsreiſe des Sonderausſchuſſes
in der Pfalz.
Neuſtadt, 16. März. (Wolff.) Ueber den Beſuch des
Son=
derausſchuſſes der Rheinlandkommiſſion in der Pfalz
vom 11.—14. März wird uns zuſammenhängend von berufener
Seite gemeldet:
Der Zweck der Inſpektionsreiſe des Ausſchuſſes war, ſich zu
unter=
richten, ob die Ruhe und die Ordnung in der Pfalz zurückgekehrt und
ob die Verwaltung wieder in Fluß gekommen ſei. Sowohl der
Kreis=
ausſchuß wie auch die Vertreter der Gemeinden, Bezirksämter und der
Berufsgruppen haben mit Offenheit und Entſchiedenheit ihre Wünſche
und ihre Befürchtungen zum Ausdruck gebracht. Vor allem wurde auf
die große Unruhe hingewieſen, die ſich der Bevölkerung wegen der
zahlreichen Verhaftungen in Pirmaſens, Dürkheim
und Neuſtadt bemächtigt hatte; insbeſondere wurde von den
Ver=
tretern der pfälziſchen Regierung betont, daß es dem
Rechts=
empfinden zuwiderlaufe, wenn man den eigentlichen
Ord=
nungsſtörern, den Separatiſten, völlige
Straffrei=
heit zuſichere, während auf der anderen Seite viele
Per=
ſonen ins Gefängnis geworfen werden, deren Vergehen
allenfalls darin beſtanden habe, daß ſie ſich an der allgemeinen Abwehr
gegen den unerträglichen Terroxismus der Separatiſten beteiligt hätten.
Dieſe impulſive Bewegung habe doch ſchließlich lediglich den Selbſtſchutz
im Auge gehabt und kein Menſch habe je die Sicherheit
der Beſatzungstruppen bedroht. Von allen Rednern wurde
der Sonderkommiſſion die dringende Bitte vorgetragen, daß ſie ſich für
die ſofortige Entlaſſung der Gefangenen einſetzen möge. Nicht minder
heftig war der Proteſt gegen das Auftreten der Separatiſten
in anderer Form unter dem Namen der rheiniſchen
Arbei=
terpartei, an die ſich nun ſeit den Verſuchen zur Einführung des
Neunſtundentags die radikalen Elemente anſchlöſſen, und die eine neue
Gefahr nicht nur für die Pfalz, ſondern auch für die ganze Bevölkerung
des linken Rheinufers bedeute. Die Sonderkommiſſion hat keinerlei
Zweifel darüber gelaſſen, daß eine Störung von Ruhe und Orönung in
keiner Form geduldet werde und daß ein Grund zur Beunruhigung für
die Bevölkerung in dieſer Richtung nicht beſtehe.
Reichstagsbilanz.
Herr Präſident Loebe hat den Verſuch gemacht, in ſeiner
Ab=
ſthiedsfeier an die Volksvertreter eine Art Ehrenrettung für den
aufgelöſten Reichstag vorzunehmen und ihm nachzuſagen, daß er
beſſer geweſen ſei als ſein Ruf. Er hat daran die Hoffnung
ge=
knüpft, daß ſpäter einmal die Geſchichte den erſten Reichstag
der Republik nach ſeinen Leiſtungen gerechter beurteilen würde
als die Gegenwart. Mag ſein, daß er dabei Recht behält, aber
der etwas melancholiſche Ton dieſes ganzen Nachrufs klang doch
verzweifelt nach einem Plädoyer um mildernde Umſtände. Ganz
ſo felſenfeſt davon überzeugt, daß der Reichstag die Grenze der
Notſtandsarbeiten nutzlos verſtreichen ließen, wurden entſprechend einer ihm gegebenen Möglichkeiten ausgeſchöpft habe, iſt offenbar auch
die ganzen Jahre hindurch ein viel zu kluger — und in ſeinen
Amtsgeſchäften auch obje tiver — Beurteiler der Entwickelung
geweſen. Indeſſen, das ſoll ihm zugegeben werden, und das iſt
gen ſechsundſechzig Schiffe von 100 330 Regiſtertonnen mit 29 879 La= bei der oft recht harten Kritik der Tagespreſſe nicht immer
genü=
gend berückſichtigt worden, daß ſchließlich auch jedes Volk den
Reichstag hat, den es verdient. Man hat in Weimar lange
in Amerika weilenden Darſteller der Oberammergauer Feſtſpiele und darum gerungen, ob die Legislaturperiode des deutſchen
Parla=
auf das Kompromiß der mittleren Linie, auf vier Jahre,
ver=
ſtändigt. Fünf Jahre wären beſſer geweſen; eine
Volksvertre=
tral=Kommiſſion der Rheinſchiffahrt über die Reviſion der Rheinſchiff= tung iſt in ihren Anfängen und in ihrem Ende imer abhängig
vom vergangenen und vom nächſten Wahlkampf. Je länger alſo
die mittlere Zeitdauer, deſto beſſer wird die geſetzgeberiſche
Ar=
keit ſein, die geleiſtet wird. Aber daran hat in Weimar niemand
gedacht, daß die Berechnung ſolcher Zeitabſchnitte nur für
nor=
male Perioden Gültigkeit haben kann, daß die Stimmung und
die Schichtung des Volkes in der Fiebertemperatur
nachrevolu=
tionärer oder revolutionärer Erregungen ſehr viel raſcher
wech=
ſelt, daß deshalb die Volksvertretung, wenn ſie die Verbindung
mit ihrem Auftraggeber nicht vollſtändig verlieren will, dieſem
Tempo in ihrer Erneuerung einigermaßen zu folgen ſuchen muß.
Zwiſchen dem Juni 1920 aber, der uns den Reichstag brachte,
und dem März 1924, der das Mandat des Reichstages beendete,
liegen mehr als nur vier Jahre, liegen Ereigniſſe
zuſammen=
gepreßt, die ſonſt ſich über mehr als ein Menſchenalter
aus=
dehnen. Wir haben Monate gehabt, wo jeder Tag ein neues
Der italieniſche Miniſterrat hat für das kommende Finanzjahr eine grundlegendes Problem brachte, und wenn auch die Laſt der
Ver=
antwortung mehr auf Seiten der Regierungen lag, ſo trug doch
gerade bei der Verkoppelung zwiſchen Reichstag und Regierung
auch der Reichstag ſein gerüttelt Maß mit. Das wäre zu tragen
geweſen, wenn ſich von Anfang an eine feſte Mehrheit heraus,
bildete, die für eine gewiſſe Stetigkeit unſerer Politik ſorgte.
Zahlenmäßig war ſie zunächſt auf der Grundlage der großen
Koalition vorhanden, und Dr. Heintze, der als Vertreter der in
den Wahlen ſiegreichen Deutſchen Volkspartei vom
Reichspräſi=
denten zunächſt zur Bildung einer Regierung berufen war, hat
auch an die Sozialdemokraten eine Anfrage gerichtet, aber ein
glattes Nein erhalten. Er hat es, was ſich ſpäter rächte, leider
verſäumt, damals auch gleich die andere mögliche Kombination
zu verſuchen, den bürgerlichen Block von den Deutſchnationalen
bis zu den Demokraten. Bei den Gegenſätzen zwiſchen den
Deutſchnationalen und den Demokraten wäre er nicht
zuſtande=
zubringen geweſen, aber für die Klärung der politiſchen
Atmo=
ſphäre war viel gewonnen, wenn wenigſtens ernſtliche
Bemühun=
gen nach dieſer Richtung ſchon in den Anfängen des neuen
So ergab ſich, daß die Vorausſetzung jeder geſunden
parla=
mentariſchen Regierungstätigkeit, eine Mehrheit, nicht zu
er=
bringen war. Und wenn man den Reichstag nicht von
vorn=
herein nach Hauſe ſchicken wollte, blieb nichts anderes übrig, als
mit Minderheitsregierungen zu arbeiten. Das iſt denn auch
geſchehen. Das Kabinett Fehrenbach—Simon, die verſchiedenen
Kabinette des Herrn Dr. Wirth, das Kabinett Cuno, das
Kabi=
nett Streſemann in ſeinen letzten Tagen und das Kabinett Marr
vom Dezember. 1923 waren alle Minderheitsregierungen,
die ſich ihre Mehrheit von Fall zu Fall ſuchen mußten und
infolgedeſſen in der Entfaltung ihrer vollen Entſchlußkraft
gehemmt waren. Als Zwiſchenſpiel vom Auguſt bis zum
De=
zember zwei Kabinette Streſemann, die auf der großen Koalition
aufgebaut waren, aber ebenfalls ſcheiterten, weil die
Sozialdemo=
kratie den Mut nicht fand, ſich von der Phraſe zu löſen und ihren
Wählern gegenüber die Verantwortung zu tragen für das, was
nach ihrer inneren Ueberzeugung Staatsnotwendigkeiten waren,
Die Rolle, die der Reichstag in dieſen vier Jahren geſpielt hat,
iſt deshalb nicht die des handelnden Mitſpielers, ſondern
beſten=
falls die des Chors in der griechiſchen Tragödie, der die
Hand=
lung mit wortreichen Betrachtungen begleitet, nur, daß der
Wort=
reichtum, den dieſer Reichstag entfaltet, nichts ſophokleiſches an
ſich hatte; und daß gerade die moraliſchen Nutzanwendungen aus
den Ereigniſſen auf der Bühne leider vom Reichstag nicht
ge=
zogen wurden. Es war daher der einzige mögliche Ausweg, daß
der Reichstag ſeine innere Unfruchtbarkeit erkannte und im
letz=
ten halben Jahre in der Form von Ermächtigungsgeſetzen, die
der Regierung die geſamten Vollmachten übertrug, ſich ſelbſt
aus=
ſchaltete. Das Verdienſt, das er für ſich in Anſpruch nehmen darf,
iſt deshalb höchſtens das: daß er in ſeinem Anfange auch für
Minderheitsregierungen eine Mehrheit zuſammenbrachte, die den
natürlichen Geſundungsprozeß Europas fördern halfen und an
ſeinem Ende Regierungen arbeiten ließ, die ſtark und kräftig
ge=
nug waren, den inneren Zuſammenbruch auf finanziellem,
poli=
tiſchem und wirtſchaftlichem Gebiet aufzuhalten und gleichzeitig
nach draußen hin den Abbau der aus Haß und Neid aufgebauten
Blockade fortzuſetzen.
Ein Verdienſt alſo, das mehr im Negativen als im Poſitiven
liegt. Trotzdem, eine Schuld wird man dem Reichstag an
ſei=
nem Schickſal nicht zumeſſen dürfen, er iſt eben ein Produkt der
Revolution, bedingt in ſeiner perſönlichen Zuſammenſetzung
durch eine irregeleitete Volksſtimmung, in ſeiner ſachlichen
Aus=
wirkung durch eine Ueberſpannung der Formaldemofratie. Dieſe
Fehlerquelle bleibt auch im neuen Reichstag erhalten. Es iſt
leider nicht gelungen, ein beſſeres Wahlrecht zu ſchaffen, das die
Beziehungen zwiſchen dem Abgeordneten und ſeinem Wahlkreis
vertieft und dafür das Uebergewicht der Parteimaſchine
aus=
ſchaltet. Allzu große Hoffnungen wird man deshalb auch in den
neuen Reichstag nicht ſetzen dürfen. Die letzten Jahre haben bei
uns parteipolitiſch ſtarle Verſchiebungen ergeben, ſie haben die
Fuſion der beiden ſozialdemokratiſchen Gruppen und die
minde=
ſtens ebenſo bedeutungsvolle Abſplitterung der Deutſchvölkiſchen
Seite 2.
Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 12. März 1924.
Nummer 77.
von den Deutſchnationalen gebracht. Das war bisher ein
Um=
gruppieren der Offiziere, und es wird ſich nun bei den Wahlen
zeigen müſſen, nach welcher Seite die dadurch freigewordenen
Mannſchaften fallen. Davon aber hängt auch das Schickſal des
kommenden Reichstages ab, davon wird es auch abhängen, ob
der zweite Deutſche Reichstg mit einer bürgerlichen
Rezierungs=
mehrheit arbeiten kann, die allein uns in eine ruhigere Zukunft
hineinzuführen im Stande wäre.
Der Parteivorſiand gegen Noske.
* Hannover, 17. März. (Priv.=Tel.) Der
ſozialdemo=
kratiſche Parteivorſtand hat auf Grund eines Einſpruches des
Bezirkstags Hannover=Nordweſt die Entſcheidung gefällt, daß
für die kommende Legislaturperiode des Reichstags von einer
Kandidatur Noskes abzuſehen ſei. In der Begründung wird
u. a. auch auf die amtliche Stellung Noskes als Oberpräſident
der Provinz Hannover hingewieſen. Die Doppelſtellung des
Oberpräſidenten und Reichstagsabgeordneten würde zweifellos
eine Arbeitsüberbürdung bedeuten, ſo daß eine gedeihliche
Tätig=
keit Noskes im Reichstag nicht erwartet werden könne.
Kombinationen über neue deutſche Botſchafter.
Berlin, 17. März. Als Nachfolger Sthamers in London
ſoll nach hieſigen Blättermeldungen Freiherr v. Maltzahn in
Ausſicht genommen worden ſein, und Dr. Pfeifer als erſter
den deutſchen Botſchofterpoſten in Angora beſetzen. Ferner wird
die ſchon früher aufgetauchte Mitteilung wieder gebracht, daß
Dr. Solf als Nachfolger Wiedfeldts nach Waſhington gehe.
Von unterrichteter Seite werden uns alle dieſe vorhergeſagten
Veränderungen als Kombinationen bezeichnet. Es ſteht nur
feſt, daß Veränderungen in deutſchen Botſchafterpoſten
bevor=
ſtehen. Irgendwelche feſten Beſchlüſſe über die Perſonenfrage
liegen bisher noch nicht vor.
Einziehung von Goldanleihe.
Berlin, 17. März. (Prib.=Tel.) Erhebliche Mengen
der großen Goldanleiheſtücke ſind in den letzten Wochen vom
Reich gegen Rentenmark aufgekauft worden. Es handelt ſich
um Beträge von etwa 150 Millionen Goldmark, die ſich zum
großen Teil im Beſitz von Banken befinden. In nächſter Zeit
wird wahrſcheinlich auch ein Teil der kleinen Goldanleiheſtücke
vom Reich zurückgekauft werden. Der Vorgany läßt auf eine
erfreuliche Beſſerung der Reichsfinanzen ſchließen.
Sonntagsarbeit des 2. Sachverſiändigen=
Ausſchüſſes.
U. Paris, 16. März. Der zweite
Sachverſtändigenaus=
uß hat heute unter dem Vorſitz Mac Kennas ſeine Arbeiten,
beireffend die Einſchätzung der deutſchen Auslandsguthaben,
wieder begonnen. Der Ausſchuß tagte ſowohl am Vor= wie am
Nachmittag. In der Hauptſache wurden die Berichte einiger
Mitglieder über verſchiedene noch ungeklärte Fragen verleſen.
Morgen vormittag tritt der Ausſchuß von neuem zuſammen.
Mit der Abfaſſung ſeiner Berichte hat der Ausfchuß noch nicht
begonnen.
Das Programm des neuen belgiſchen Kabinetts.
Paris, 16. März. (Wolff.) Der Brüſſeler Korreſpondent
der Petit Pariſien meldet, der Miniſterrat faßte über den
Wort=
laut der Regierungserklärung Beſchluß. In
außen=
politiſcher Hinſicht werde das neue Kabinett die Richtlinien des
alten ſtreng innehalten. Zu den Verhandlungen der
Sachver=
ſtändigen werde die Erklärung zum Ausdruck bringen, daß das
Kabinett auf eine baldige günſtige Löſung der Reparationsfrage
vertraue. In innerpolitiſcher Hinſicht werde die Regierung vor
allem auf einen Ausgleich des Budgets durch noch ſtrengere
Spar=
ſamkeitspolitik als bisher ſehen. Man denke an eine
Verſchär=
fung des Steuerprogramms. Schwierige Probleme von der Art
der Sprachenfrage würden beiſeite gelaſſen werden.
Der Lohnkonflikt im engliſcher Bergbau.
TU. London, 16. März. Der Lohnkonflikt im Bergbau
droht ſich zu einer ernſten Kriſis für das Kabinett Macdonald zu
entwickeln. Das Kabinett beſchloß geſtern, ſich den Forderungen
der Bergarbeiter nach Einführung geſetzlicher Mindeſtlöhne
an=
zuſchließen und einen entſprechenden Geſetzentwurf, als
Regie=
rungsvorlage einzubringen.
Die Oppoſition der Konſervativen und des größten Teils der
Liberalen gegen eine derartige Vorlage ſteht außer Zweifel. Sollte
es daher nicht möglich ſein, den Konflikt rechtzeitig durch privaie
Verhandlungen zu regeln, ſo wäre mit großer Wahrſcheinlichkeit
eine parlamentariſche Niederlage der Regierung zu erwarten, die
angeſichts des Ernſtes des Gegenſtandes zu einem Rücktritt des
Kabinetts führen müßte.
Polniſche Reiſeerfahrungen.
Von unſerem Warſchauer Korreſpondenten.
Sarmaticus, Warſchau, Anfang März.
Man kann nach Polen reiſen. Man kann’s auch bleiben
laſſen. Ein Vergnügen iſt es im allgemeinen nicht, und die
Zei=
ten für einen polniſchen Bädecker dürften noch nicht gekommen
ſein. Wenn ſich jemand über Konitz, Bentſchen oder Beuthen
in dies mehr oder minder gelobte Land begibt, ſo wird er
viel=
mehr geſchäftliche Gründe haben.
Dieſe können natürlich wichtiger Natur ſein, und ſolchenfalls
iſt zunächſt die Einſchränkung, die an der eingangs
ausgeſproche=
nen Behauptung zu machen iſt, die erſte Warnung, die ſich dem
Entdeckungsfahrer fühlbarer macht. Man kann nach Polen reiſen,
jawohl, wenn man nämlich ein Viſum kriegt. Neuerdings iſt,
polniſche Einreiſevermerke betreffend, die Lage ſozuſagen wieder
„verſteift‟ Die Fernhaltung der Fremden wurde wieder mal
Mode, dazu kommt ein fiskaliſches Ungeſtüm, das mit
Gebühren=
überſpannung den Staatsſchatz zu retten denkt. Den Deutſchen
gegenüber haben dieſe Methoden ihren bekannten beſonderen
Akzent. In Worten ſchreibt ſich dieſer Akzent Dollar
fünſund=
zwanzig; ſo viel koſtet die Ein= und Ausreiſegebühr. Das iſt
eine runde Summe, für die man in früheren Zeiten von Berlin
nach Petersburg fahren konnte, während man ſich heute, nach
ihrer Entrichtung, noch immer nicht weiter als in der
Kurfürſten=
ſtraße, Berlin W. (Sitz des polniſchen Generalkonſulats)
befin=
det, unter Umſtänden — den Umſtänden noch recht dankbar, die
einem dazu verhalfen, jenen Betrag an jener Stelle überhaupt
wunſchgemäß los zu werden.
Reiſender, willſt du mich ſonſt nach einigen Winken
befra=
gen, ſo iſt es von Bedeutung, in welchen Teil des polniſchen
Staates dich dein Reiſezweck führt. Im polniſch gewordenen
Teil Oberſchleſiens wird ſich der Deutſche noch relativ am
leich=
teſten zurechtfinden. Jedermann verſteht hier natülrich deutſch,
und man muß ſchon an einen rechten Lümmel geraten ſein, falls
ſich ein Einheimiſcher, trotz höflicher Anrede, weigern ſollte
deutſch zu ſprechen. Daß dieſes Gebiet — auf Grund des
Gen=
fer deutſch=polniſchen Vertrages — eine Sondeiſtellung
ein=
nimmt, merkt man, wenn man anderwärts hinkommt. Zwar
auch in den ehemals preußiſchen Provinzen Poſen und
Weſt=
preußen (heute Wojewodſchaften Poſen und Pommereleln),
zu=
mal in den größeren Städten Poſen, Bromberg, Graudenz,
Thorn, wird man faſt immer Auskunft auf deutſch erhalten
können. Aber hier iſt die Poloniſierung doch viel weiter
fort=
geſchritten. In Maſſen, in gar zu überſtürzt ſich
hinausdrängen=
den Maſſen ſind hier die Deutſchen abgewandert, haben
Land=
beſitze, Fabriken, blühende Geſchäfte, Häuſer, Inventar und nur
zu oft damit ihre Lebensbaſis gegen ſchlechtes Geld verkauft und
verloren. Bromberg, eine Stadt von 95 000 Einwohnern, war
1918 noch zu 75 Prozent deutſch; heute iſt ſie es nur noch zu 15
Prozent. Trotz dieſer Abwanderung, die man kataſtrophal in
ihren Folgen und unbeſonnen in ihrem Beginnen nennen muß,
hat das Gebiet ſeinen wirtſchaftlich=ſozialen Charakter nicht
völlig verändern können. Nicht nur im Ausſehen der Straßen,
im Zuſtand der Häuſer, der relativen Sauberkeit der Hotels und
Penſionen merkt der Fremde ſofort das deutſche Erbe. An den
Polen ſelber, die dem ehemals preußiſhen Gebiet entſtammen,
ſpürt man es vor allem. Sie ſind, wit ihren galiziſchen und
kongreßpolniſchen Brüdern verglichen, fleißiger, tüchtiger,
ver=
läßlicher. Sie ſind ſich auch ſelber dieſer Vorzüge bewußt und
ſehen mit Geringſſchätzung auf die „Galiläer” und „
Kongreß=
uwzen”
Was freilich Annehmlichkeit der Lebens= und
Umgangs=
formen betrifft, ſo wird man deren mehr in Galizien, beſonders
in Weſtgalizien, finden, mag es auch ſchlechter verwaltet ſein.
Hier war Oeſterreich und iſt im Grunde noch immer
Oeſter=
reich, hier blickte man auf Wien und tuts noch heute, mag dieſe
Tatſache auch die „Rzeczpospolita” und andere Warſchauer
Chauviniſtenblätter zur hellen Wut gegen das „charakterloſe
Krakau” reizen. Man kümmert ſich in Krakau nicht darum, iſt
voller Stolz auf die in Wahrheit ſehenswerten. Denkmäler der
Renaiſſancebaukunſt in dieſem „polniſchen Nürnberg”, rühmt ſich
ſeiner Univerſität, ſeiner Akademie und ſeiner literariſchen
Stel=
lung, und erklärt das übrige gute Vaterland mehr oder minder
für Böotien.
Und nun das ehemals ruſſiſche Kongreßpolen, Warſchau.
Uim wieder vom Sprachlichen zu beginnen: Ruſſiſch wird ungern
geſprochen, Deutſch iſt vielen, auch manchen Gebildeten, nicht
geläufig. Mit Franzöſiſch, trotz aller Propaganda, iſt es auch
nicht weit her, nur der Salon beherrſcht es. In vielen Läden,
auf vielen Behörden findet man oft niemand, der eine
weſt=
europäiſche Sprache kann. Anders ſteht es mit Großkaufleuten,
Induſtriellen, Bankiers — dieſe ſind gerade in Warſchau ſehr
ſprachgewandt, ſprechen meiſt mehrere Weltſprachen, darunter
Deutſch faſt imner. Die Wirtſchaftsbeziehungen bringen das
mit ſich. Man achte im Warſchauer Generalanzeiger, dem
„Kurjer Waszawski”, auf die Zahl der Nachfragen nach
Steno=
tyhiſtinnen, die polniſch und deutſch verſtehen, um zu erkennen,
welche Stellung als wirtſchaftliche Vermittlung mit dem Aus=
lande — und zwar auch mit neutralen und Ententeländern —
die deutſche Sprache hier einnimmt.
Deſſen ungeachtet möge man ſich, wenn man ſelber Ort und
Sprache nicht kennt, des Rates und der Hilfe eines
Ortsanſäſſi=
gen unbedingt verſichern. Nur bei kürzeſtem Aufenthalt und
ein=
fachſter Geſchäftserledigung läßt ſich deſſen entraten. Sonſt
be=
ginnen ſchon bei der Wohnungsfrage, bei Paß= und
Meldeange=
legenheiten die Verwickelungen, die für den des Polniſchen
Un=
kundigen labyrinthiſch werden. Und nun, wenn es ſich gar um
Zollbehörden, Ausfuhrſcheine, Wagengeſtellung,
Steuerentrich=
tung uſw. handelt. Da heißt es hier, wenn irgendwo, nicht nur
die Sprache, ſondern das Terrain zu kennen. Mit ſeinem guten
Recht allein könnte man ſich bald ſehr allein befinden. Ohne —
nennen wir es mal: Perſonalkenntnis — wird man mit
pol=
niſchen Behörden nicht viel Freude erleben. Manche ſprechen in
ſolchen Fällen ein wenig primitiv von Korruption. Das iſt kein
wohlklingendes Wort. Von einem Polen habe ich es nie
gebrau=
chen hören. Auch darin heißt es, die Sprache richtig ſprechen
und verſtehen. Man hat Beziehungen, man hat Freunde im
Amt, man genießt beſonderes Vertrauen beim
Departements=
chef So und So und hatte Gelegenheit, dem Referenten XY3
eine kleine Gefälligkeit zu erweiſen, im übrigen, wer ein „
In=
tereſſe” hat (interes heißt polniſch Geſchäft), darf
Nebenaus=
gaben nicht ſcheuen. Es iſt klar, daß nur der Eingeweihte, der
Landeskundige das, was die polniſche Sprache delikat ausdrückt,
auch mit entſprechender Delikateſſe in die Tat umzuſetzen
ver=
ſtehen wird.
Zum Schluß ein Wort über den perſönlichen Verkehr mit
Polen. Was dieſen anlangt, ſo wird er viele angenehm
ent=
täuſchen. Ich ſpreche jetzt vom rein perſönlichen Umgang, ſo wie
er bei vorübergehendem Beſuch im fremden Lande ſich herſtellt.
Der Pole zeigt ſich in dieſer Situation meiſt durchaus
liebens=
würdig, wünſcht zu gefallen, möchte als Weſteuropäer beurteilt
werden und tut leicht eher zu viel als zu wenig als Gaſtgeber
und höflicher Wirt. Naiv und unbewußt taktlos ſind
Ein=
heimiſche oft in ihren politiſchen Bekenntniſſen; ſo etwas läßt
ſich ja bremſen, am beſten vermeiden. Der Fremde ſeinerſeits
braucht wiederum nicht, wie man’s erleben kann, ſeine
brühwar=
inen Eindrücke von „polniſcher Wirtſchaft” zum beſten zu geben;
ſolche Eindrücke ſind natürlich zahlreich vorhanden. Aber man
liebt auch in Polen das Lob mehr als den Tadel, und dem
wahrheitsliebenden Fremden ſei die polniſche Küche zum Thema
empfohlen, die tatſächlich Lob verdient.
Ausrüſtung zur Polenreife: nicht zu viel Gepäck, aber doch
auch Inſektenpulver. Im Winter Pelz, in jeder Jahreszeit mit
den Grundſätzen „Menſch, ärgere dich nicht” und „Gut Ding
will Weile haben‟. Dann zugrräftige Empfehlungen und der
Vorſatz, auch etwas „ſpringen zu laſſen‟. Die Erkenntnis
ſchließlich, daß auch in Polen die Leute lieber nach ihrer eigenen
Art leben — die dem Deutſchen als der Gipfel der Schlamperei
erſcheint — als ſich einem beſſeren, aber fremden Muſter
an=
zupaſſen. Ein wenig praktiſche Völkerpſychologie hilft weiter
als man glaubt.
Um das Streichholzmonopol in Frankreich.
Paris, 17. März. (Wolff.) Der Senat iſt geſtern
nach=
mittag zu einer Sitzung zuſammengetreten. Er ratifizierte zu
Beginn dem am 15. Juli 1921 mit Finnland abgeſchloſſenen
Han=
delsvertrag und hierauf auch das Abkommen mit Eſtland, das
am 7. Januar 1922 unterzeichnet wurde.
Hierauf ſetzte der Senat die Beratung über die
Finanz=
geſetze fort und diskutierte zuerſt das Zündholzmonopol, deſſen
Aufhebung die Kammer verlangt. Der Finanzausſchuß fordert
die Beibehaltung des Monopols. Sein Standpunkt wird von
bem Berichterſtatter, dem Senator Beranger, entwickelt, der
eiklärt, die Kommiſſion fei einſtimmig der Anſicht, daß man in
einem Geſetzentwurf, deſſen Durchberatung dringend ſei, nicht
die wichtige Frage der Staatsmonopole löſen könne. Trotz
wie=
terholter Aufforderung habe die Monopolverwaltung den
Aus=
ſchuß nicht über das Funktionieren der Monopole unterrichtet.
Der Ausſchuß frage auch, welche erhöhten Einnahmen man dem
Fiskus ſichern könne, wenn der Ertrag des Zündholzmonopols
beſeitigt würde. Senator Weiller verlangt hierauf den von
der Kammer angenommenen Text, der in Artikel 33 die
Beſeiti=
gung des Zündholzmonopols vorſieht, wieder aufzunehmen.
Der Standpunkt des Finanzausſchuſſes wird von dem ehemaligen
Finanzminiſter Doumer unterſtützt, der die Erklärung abgibt,
diejenigen, die das Zündholzmonopol bekämpften, operierten
mit kalten Ziffern. Auch Senator Perrier tritt für die
Bei=
behaltung des Monopols ein. Er wirft dem Finanzminiſter vor,
daß er die Staatsmonopole nicht verbeſſert habe. So würden
beiſpielsweiſe in Frankreich für 17 Milliarden Zündhölzer
ein=
geführt, bei einem Geſamtverbrauch von 2½ Milliarden.
Schließ=
lich ſchlägt der Redner für die Monopole die Bildung eines
Na=
tionale office vor, wie der Senat es für die Saargruben und für
die Fabrikation von Stickſtoff vorgeſehen habe.
Nach weiterer Debatte ſtimmt der Senat der Aufhebung des
Zündholzmonopols nach Stellung der Vertrauensfrage mit 163
gegen 119 Stimmen zu.
Ekaterina Jwanowna.
Die ruſſiſche Schauſpielerin Elena Polewitzkaja bringt mit
ihrer Truppe am Dienstag im Großen Haus des Heſſiſchen
Landes=
theaters „Ekaterina Iwanowna” von L. Andrejeff zur
Auf=
führung. Wir geben im Folgenden eine Inhaltsangabe des Stückes:
Ein vager Verdacht hat ſich in der Seele des Dumamitgliedes
Georg Stibilew zu der unumſtößlichſten Ueberzeugung verdichtet, daß
ſeine Frau ihn betrogen habe. Eine heftige Auseinanderſetzung zu
nächtlicher Stunde endet damit, daß Georg auf die fliehende Ekaterina
mehrere Revolverſchüſſe abgfeuert, die jedoch fehlgehen.
Weiteres Unheil verhütet das tatkräftige und umſichtige Eingreifen
ſeines jüngeren Bruders. Alexeis Kaltblütigkeit meiſtert nach und nach
die allgemeine Verwirrung, während der junge Studen Fomin, Alexeis
Kollege, in der heiklen Situation ganz ratlos, den rechten Augenblick
weder zum Gehen noch zum Bleiben findet.
Alexei verſteht es, dem faſſungslofen, nach dem furchtbaren Affekt
allmählich erſchlaffenden Bruder gut zuzureden. Das Mitgefühl der
üiher den öffentlichen Skandal entſetzten Mutter dagegen reizt Georg
im erſten Moment infolge Gehäſſigkeit gegen die Schwiegertochter.
Alexei will an die Schuld Ekaterinas nicht glauben, obwohl Georg
ihm verſichert, daß er ihr auf ihrem heimlichen Gang gefolgt ſei. Alexei
kann es ſich nicht vorſtellen, daß „ihre Katja” die Georg ſelber
Rühr=
mich=nicht=an” zu nennen pflegte, nach ſechsjähriger Ehe plötzlich fähig
ſein ſollte, Georg zu hintergehen, und obendrein mit einer ſo
erbärm=
lichen Kreatur wie Mentikow. .
Alexei ſorgt dafür, daß die bis zum Wahnſinn erregte Schwägerin
das Haus glücklich verläßt. Um die Kinder, die ſie mitnimmt, muß ſich
die alte Mutter kümmern, denn Georg iſt nicht dazu zu bewegen, von
ihnen Abſchied zu nehmen.
Erſt als alle fort ſind, befällt Georg Entſetzen über die gähnende
Leexe im Hauſe. Er will durchaus das verlaſſene Kinderzimmer ſehen.
Alexei kann den in einen Rauſch verfallenen Bruder kaum noch bändigen.
Auch Georgs beſſer Freund, der energiſche Maler Koromyslow,
den Alexei telephoniſch herbeigerufen hat, vermag letzten Endes nicht
Georg von ſeinem Vorhaben abzuhalten, obwohl er ihn durch den
Vor=
ſchlag, die Nacht luſtig unter Menſchen zu durchſchwärmen, auf andere
Gedanken zu bringen verſucht.
*
Ekaterina Jwanowna iſt mit ihren Kindern für den Sommer aufs
Land gezogen. . . Ihr Weſen iſt ſowohl innerlich als äußerlich
unaus=
geglichen: dem eigenartigen Geſicht mit den verwachſenen Brauen, dem
eine ſtrengere Harmonie fehlt, entſpricht ein Mangel an ſeeliſchem
Gleichgewicht, der ſich in allen ihren Gebärden äußert.
Seit der verhängnisvollen Nacht iſt bereits ein halbes Jahr
der=
ſtrichen. Auch Mentikow kommt zum Beſuch aufs Land, in der
Hoff=
nung, ſeine intimen Beziehungen zu Ekaterina Jwanowna weiter
fort=
zuſetzen.
Dieſe weiſt jedoch ſeine Annäherungsverſuche ſchroff zurück, denn nur
Schmerz und Krünkung hatten ſie in ihrer Verzweiflung bewogen, den
unbegründeten Verdacht ihres Mannes nachträglich wahrzumachen.
Eka=
terina Iwanowna läßt Mentikow keinen Augenblick im Unklaren darüber,
was ſie damals in ſeine Arme trieb. Er, deſſen ganzes Weſen ihr
wider=
ſtrebt, iſt ihrem mehr denn je zuwider. . . Sie will an nichts erinnert
ſein. Mentikow muß widerſpruchslos ihre Klagen und die Seelenpein,
die ihr Georgs Reue verurſacht, mit anhören. Seine
Liebesbeteuerun=
gen und Tränen ſtoßen ſie nur noch mehr ab.
Unterdeſſen treffen plötzlich Alexei und Koromhslow ein, zur
unge=
heuren Freude von Ekaterina Iwanownas jüngerer Schweſter Liſa, die
ſich auf dem Lande langweilt. Auch Ekaterina Jwanowna kann ihre
Auf=
regung beim Wiederſehen mit Aljoſcha, an dem ſie wie an ihrem
Ge=
wiſſen hängt, nicht unterdrücken.
Koromyslow erklärt ohne lange Umſchweife, daß ſie als
Parlamen=
täre gekommen ſeien; ſie müſſe unbedingt zu Georg zurück. Auch Alexei
dringt in ſie. Ekaterina Iwanowna lehnt es jedoch ab: es ſei ihr nicht
möglich, denn die alte Katja ſei ſeit jenem Abend tot. .
Nur allmählich gelingt es Koromyslow, ſie zu bewegen, dieſe
Ant=
wort wenigſtens perſönlich, ohne Vermittlung, Georg, der im Garten
wartet, zu erteilen.
Ekaterina Iwanowna bleibt willenlos geiſtesabweſend. . . Sobald
aber Georg erſcheint, beginnt ſie ihre qualvolle Beichte: Wie ſie ſich erſt
nach jenen rerhängnisvollen Schüſſen, nur ein einziges Mal, Mentikow
aus Verzweiflung hingegeben, wie ſie ſich in einer Klinik einem
Ein=
griff gegen die Folgen unterzogen habe.
Georg bittet um Vergebung und will Katja an ſein Herz drücken:
er ſei bereit, mit ihr zu ſterben.
Sie aber hat vor ſich ſelber Furcht, nachdem ſie einmal zu einer
ſol=
chen Tat fähig geweſen. Indeſſen wird es Georg zumute, als ſei
heute ſein zweiter Hochzeitstag. Er iſt bereit, zu glauben, daß nichts
geſchehen ſei. Auch Mentikow exiſtiere für ihn nicht. Während er
Katias ängſtliche Fragen abwehrt, nimmt in ihm ſchon glühende
Leiden=
ſchaft überhand, deren auch ſie ſich zu ihrem Entſetzen kaum zu erwehren
vermag.
Ihre Verſöhnung erfüllt das ganze Haus mit Freude. Doch
Ekate=
rina Iwanowna iſt in großer Herzensangſt; ſie ruft Georg zu den
Kin=
dern, bittet ihn, ſie heute zu verſchonen, noch ein Jahr zu warten,
trotz=
dem ſie ſich zu ihm hingezogen fühlt. . .
Da ſie für alle Widerſprüche, die in ihr kämpfen, keine Worte findet,
verſucht es Ekaterina Jwancwna, durch ihr Spiel zu ihm zu ſprechen. . .
Dieſe Klänge rufen aber auch Mentikow auf den Plan, der zu ſeinem
Schrecken Georg erblickt. . .
Liſa hat ihre Abſicht ausgeführt und iſt für den Winter nach
Peteus=
burg gekommen. Koromyslow iſt dabei, ihr Porträt zu malen. Aber
die Arbeit will nicht gelingen, denn die lyriſchen Träume des Sommers
ſind dahin. Auch Liſas Stimmung hat ſich gewandelt, iſt ernſter
geworden. Vor allen Dingen quält ſie die Frage, weshalb ſich ihre
Schweſter Katja ſo verändert habe: ſie beginne, ſich zu ſchminken, und
neuerdings fei auch etwas vorgefallen, was Aljoſcha veranlaßt habe,
das Haus des Bruders zu verlaſſen. Uebrigens meide es ja Koromyslow
ſelber, zu ihnen zu kommen. Es herrſche zu Hauſe nur noch Lüge und
Verſtellung. Auch Georg bildet keine Ausnahme mehr.
Koromyslow zieht es vor, Liſa keine näheren Aufklärungen zu
geben. . . Inzwiſchen erſcheint in Begleitung von Mentikow, der
wie=
der einmal gerne Skizzen entwenden möchte, Ekaterina Jwanowna —
innerlich und äußerlich völlig verändert.
Ihre Aufmerkſamkeit feſſelt während der Unterhaltung das große
Fenſter des Ateliers, und Ekaterina Iwanowna ſpielt mit dem
Gedan=
ken, ſich auf die Straße hinauszuſtürzen.
Liſa glaubt, Koromyslow könnte Ekaterina Jwanowna noch retten.
Er ſeinerſeits warnt Liſa zärtlich vor Mentikow. Als ſie allein
blei=
ben, beginnt Ekaterina Iwanowna, indem ſie ihn zu umgarnen
ver=
ſucht, Koromyslow zuzuſetzen, ob und weshalb er ſie denn nicht mehr
liebe. Koromyslow erklärt, daß er ſie nie geliebt: Es ſei einfach nicht
ſeine Art, Frauen abzuweiſen, die ihm von ſelbſt in die Arme laufen. . .
Er könne jedoch nicht begreifen, was mit ihm vorgehe. Nun ſei Aljoſcha
ihretwegen fortgefahren.
Koromhslow verlangt, Ekaterina Jwanowna möge endlich
Menti=
koſ wegjagen. Ob ſie es denn nicht ſehe, wohin ſie treibe.
Manches=
mal verſpüre er freilich den Wunſch, ſie als Modell einer Meſſalina oder
Bacchantin hinzuſtellen, dann aber erfülle ſie ihn wiederum mit Grauen
— wie ein Leichnam, der Unzucht treibt. . . Das Beſte für ſie wäre,
zu ſterben.
Ekaterina Iwanowna macht unter dem Eindruck ſeiner Rede einige
Schritte in der Richtung auf das Fenſter, doch im entſcheidenden
Augen=
blick verſagt ihr der Mut. . . Als ſie beſchämt zuſammenbricht, findet
Korompslow wieder Worte des Troſtes für ſie. Da meldet ſich Georg
an. Ekaterina Jwanowna will gehen. Koromyslow verſucht, ihr das
Wort abzugewinnen, daß ſie ſich in Zukunft zuſammenehmen werde, doch
Ekaterina Iwanowna fällt von neuem in krankhafte Ausgelaſſenheit. . .
Georg der übermüdet und vernachläſſigt ausſieht, atmet bei ſeinem
Freunde erleichtert auf. Koromyslow zwingt ihn ohne lange Vorrede
zu einer offenen Ausſprache. Georg geſteht, daß alles hoffnungslos
verloren ſei, daß er gegen die Lüge und den Sumpf nicht mehr
an=
kämpfen könne. Ekaterina Jwanowna wandle wie eine Blinde umher
und ſei zugleich unausſprechlich entſetzlich. Er ſtehe ihr macht= und
willenlos gegenüber. . . Auch töten könne er ſie nicht mehr. . .
Ekaterina Iwanoſna poſirt — während eines Atelierfeſtes
Koro=
mhslows als Salome, wobei ſich unter den Malern eine lebhafte
Dis=
kuſſion über ſie entſpinnt. Liſa ſitzt unterdeſſen ganz niedergeſchlagen
abſeits, denn es iſt ihr heute klar geworden, daß Mentikow Katjas
Ge=
liebter iſt.
Auch Alexei iſt gereizt und auffahrend, beſonders Mentikow
gegen=
über, als dieſer ſeinen Beifall zu dem Vorſchlag Koromyslows äußert,
Ekaterina Jwanowna ſolle Salomes Schleiertanz vorführen.
Ihr Tanz, der nur aus einigen unbeholfenen, nicht zu voller
Aus=
wirkung gelangenden Bewegungen beſteht, hinterläßt einen quälenden,
peinlichen Eindruck.
Während ſich darauf die Aufmerkſamkeit dem Haushern Georg
zu=
wendet, der unbemerkt in die Stube getreten iſt, ſtellt Aljoſcha Ekaterina
Jwanowna heftig zur Rede, weshalb ſie ihn heute ſchon wieder beſucht
habe. Ihre Antwort iſt heißes Liebesgeſtammel. Nur mit äußerſter
Anſtrengung entwindet ſich Aljoſcha ihren Verführungskünſten.
Der Wein berauſcht Ekaterina Iwanowna; ſie bittet Georg um
Er=
laubnis, mit dem Pianiſten ſpazieren zu fahren, ſpottet über die geilen
Männerfratzen und erzählt allen, wie ihr Mann einſt auf ſie geſchoſſen
habe.
Alle Beſchwichtigungsverſuche Koromhslows verſagen, Ekaterina
Iwi=
nowna beſteht darauf, mit dem Pianiſten zu fahren. Georg muß ihr
beim Ankleiden behilflich ſein, dann aber nimmt ſie von ihm tiefernſten
Abſchied, indem ſie ihn wie auch Liſa, der ſie Abſchiedsgrüße an die
Kin=
der aufträgt, vor ihrem Scheiden ſegnet,
Nummer 27.
Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 17. März 1924.
Seite 3.
Rus der Landeshauptſtadt.
Darmſtadt, 17. März.
Zum heutigen Geſellſchaftsabend im Großen Haus des
Landes=
theaters, der mit Rückſicht auf die Erweiterung des Programms bereits
um 7 Uhr beginnt, iſt die Nachfrage nach Karten ſehr ſtark. Aus
dieſem Grunde werden auch die Galerieplätze, die wegen
ihrer etwas ſeitlichen Lage nicht ausgegeben wurden ſolange
vorwie=
gend optiſche Darbietungen geplant waren, die aber für den zweiten
Leil des Programms vollwertig ſind, nunmehr zum Preis von 2 Mark
in Verkauf gegeben.
Vortrag Dr. Gregor. Wie aus dem Anzeigenteil erſichtlich, ſpricht
Dienstag, 18. März, der deutſch=ruſſiſche Gelehrte Prof. Dr. Gregor=
Moskau in der Turnhalle (Woogsplatz) über Englands
Geheim=
pplitik. Dr. Gregor iſt vor kurzem von einer längeren
Vortrags=
reiſe im Balkan (Türkei, Bulgarien, Serbien, Ungarn, Oeſterreich)
zu=
rückgekommen und wird nunmehr in deutſchen Städten ſeine ſchier
un=
glaublichen Enthüllungen fortſetzen. (Es ſei auch an dieſer Stelle
noch=
mals darauf hingewieſen, daß nur eine beſtimmte Anzahl Karten
aus=
gegeben nird.)
Gymnaſtik, Sport und Kultur, ſo lautete der Vortragstext des
Lichtbildervortrages der Turngeſellſchaft Darmſtadt, der am
vergange=
nen Samstag den Mitgliedern des Vereins gezeigr wurde. Eine
reich=
haltige Bilderſerie aller Sportzweige wie Turnen, Schwimmen, Laufen,
Wandern und Rudern wurde hier den Beſuchern vorgeführt, und der
von M. Flaigh zuſammengeſtellte Vortragstext gab ein ausführliches
Bild über die Körperpflege in früheren Jahren ſowie in der Jetztzeit.
Aber nicht nur Aufnahmen von Sportfeſten ſowie Sportgrößen wurden
gezeigt, ſondern die Maſſage des Körpers wurde auch an Hand von
Aufnahmen ſowie Erläuterungen aufs beſte erklärt. Die Veranſtaltung
ſelbſt wurde durch einen ſehr gut vorgetragenen Chor der
Turnerſing=
mannſchaft eingeleitet, dem ſich exakt vorgeführte Frejübungen der
Tur=
nerinnen, ſowie Stuhlgruppen der Turner, beides unter Leitung des
Frauenturnwartes L. Schwarz, anſchloſſen.
TH. Turngemeinde. Darmſtadt 1246. Der Tie=Abend, der am
Samstag. Abend im kleinen Saale der Woogsplatzturnhalle ſtattfand
und ſich eines ausgezeichneten Beſuchs erfreute, konnte leider nicht in
dem Rahmen vor ſich gehen, der ihm von den Leitern zugedacht war.
Der Redner des Abends, der von Alt=Darmſtadt erzählen ſollte, mußte
wegen Krankheit abſagen, ſo daß in allerletzter Stunde ein anderes
Thema gewählt werden mußte, wodurch leider die Einheitlichkeit und die
hemmungsloſe Entwicklung des Abends beeinträchtigt wurden. Aber
Turnergeiſt verzagt nicht. Die Turnerſingmannſchaft, das
Turn=
gemeinde=Orcheſter und ein Turnbruder aus Bingen, der gern bereit,
echte fröhliche Rheinlieder ſang, ſie alle wetteiferten, den Abend doch
noch recht ſchön zu geſtalten. Und auch die Volkslieder, die, gemeinſam
geſungen, eine Reihe tvohlgelungener Lichtbild=Aufnahmen vom ſchönen
Rhein umrahmten, verfehlten, wie dieſe ſelbſt, ihre Wirkung nicht, ſo
daß der Abend einen recht befriedigenden Verlauf nahm. Wer ſich aber
auf ſein „Alt=Darmſtadt” gefreut hatte, der iſt ſchon jetzt eingeladen,
zum nächſten Tie=Abend in wenigen Wochen, wo er das Gewünſchte
fin=
den wird, und wo er ſich dann von Herzen freuen und einmal recht
aus=
lachen kann.
T. H.
— Rückwirkung der Hypothekenauftvertung. Für dieſe Rückwirkung
hat ſich in einer demokratiſchen Parteiverſammlung in
Stutt=
gart der Staatspräſident Dr. Hieber ausgeſprochen. Der
Aus=
ſchluß dieſer Rückwirkung in der 3. Steuernotverordnung müſſe unter
allen Umſtänden beſeitigt werden. Nun, ſagte Hieber, ſollen
die armen Kleinrentner und Mündel, die im Vertrauen auf die
beſtimm=
ten Ausſprüche der höchſten Juſtizorgane des Reichs und die Beſchlüſſe
der geſetzgebenden Körperſchaften blutenden Herzens ihre Hypotheken
von gewiſſenloſen Schuldnern ſich haben zurückzahlen laſſen, aus
fiska=
liſchen Gründen völlig rechtlos gemacht und der Bereicherungsanſpruch,
der nach Urteil des O.L.G. Darmſtadt vom 18. 12. 1923 zuſteht, ihnen
genommen werden.
Dgs. Schnellzugs=Fahrplanänderungen. Vom 15. März ab wird das
Schnellzugspaar D 281/232 Frankfurt a. M.—Holland und
zu=
rück nicht mehr über Bebra-Kaſſel-Paderborn, ſondern über Gießen—
Dillenburg—Siegen—Schwerte nach Hamm, Münſter (Weſtf.),
Bent=
heim uſw. befördert. Abfahrt in Frankfurt nach Holland 7,20 vorm.
Ankunft von Holland in Frankfurt 10,54 nachm. Vom gleichen Tage an
wird der Schnellzug D 44 Berlin—Darmſtadt-Baſel, der in
Frankfurt den Anſchluß des Schnellzuges von Holland aufnimmt, etwas
beſchleunigt, um in Baſel wichtige Anſchlüſſe nach Italien zu erreichen.
Die Abfahrt in Berlin=Anh. Bhf. iſt, wie ſeither, 2,03 nachm. Die
An=
kunft in Frankfurt iſt jetzt 11,13 nachm., Abfahrt 11,41 (ſtatt 11,50)
nach=
mittags, Darmſtadt an 12,09 ab 12,12 nachts (ſtatt 12,18/22). —
Vom 17. März ab werden die Schnellzüge D 85/86 Frankfurt—
Stuttgart und Baſel und zurück getrennt nach Stuttgarter= und
Baſeler=Abteilung gefahren. Abfahrt in Darmſtadt nach Stuttgart
5,50 nachm., nach Baſel 6,02 nachm. (bisher 5,54 nachm.). Ankunft in
Darmſtadt von Stuttgart 12,21 mittags, von Baſel 12,29 mittags.
Die Stuttgarter Abteilung hält, in ſüdlicher Richtung in Bensheim
und Weinheim, in nördlicher Richtung in Weinheim. Der
Baſeler Teil hält an beiden Stationen nicht.
— April=Fahrplan des Norddeutſchen Lloyb Bremen. (Ohne
Ge=
währ.) 1. Bremen-Neu=York: „Preſident Nooſevelt” ab.
Bre=
menhaven 4. April, „München” ab Bremerhaven 10. April, „Preſident
Harding” ab Bremerhaben 1. April, „Lützow” ab Bremerhaven 19. 4.,
„George Waſhington” ab Bremerhaven 19. April, „Columbus” ab
Bre=
merhaven 22. April, „America” ab Bremerhaven 24. April, „Stuttgart”
ab Bremerhaven 1. Mai. — 2. Bremen-Philadelphia-
Bal=
timore-Norfolk: „Hornfels” ab Bremen 1. April, „Eiſenach”
ab Bremen 17. April. — 3. Bremen-Kanada: „München” ab
Bremerhaben 10. April, „Lützow” ab Bremerhaven 19. April. — 4.
Bremen—La Plata: „Sierra Cordoba” ab Bremerhaven 5. April,
Sierra Ventana” ab Bremerhaven 19. April, „Köln” ab Bremen 27.
April, ab Hamburg 2. Mai (Paſſagiereinſchiffung in Bremerhaden am
3. Mai.) — 5. Bremen—Braſilien: M. S. „Erfurt” ab Bremen
26. April. — 6. Bremen-—Kuba: „Ingram” ab Bremen 2. April. —
7. Bremen—Oſtaſien: „Polyrhemus” (Holt) ab Bremen 5. April,
„Ermland” (H.A.L.) ab Bremen 12. April, „Katuna” (Ellermann) ab
Bremen 19. April, „Saarbrücken” (N. D.L.) ab Bremen 26. April. —
8. Bremen—Auſtralien: „Agapenor” (Holt) ab Bremen 19. 4.
* Geh. Schulrat Or. Bernhard Mangold *
Der Reihe hervorragender heſſiſcher Schulmänner, die in den
letz=
ten Jahren für immer von uns geſchieden ſind, — Ludwig Nodnagel,
Ludwig Münch, Theodor Walter, Richard Löbell, — hat ſich nach
Gottes Ratſchluß nun auch der langjährige Direktor des Ludwig
Georgs=Gymnaſiums, Bernhard Mangold angeſchloſſen. Ohne
vorhergegangene Krankheit erlitt er am Abend des 22. Februar während
einer Sitzung des Kirchenvorſtandes einen Schlaganfall, von dem er ſich
nicht mehr erholen ſollte. Mit ſanfter Hand führte ihn der Tod am
Morgen des 6. März hinweg, und am 10. wurde das, was an ihm
ſterblich war, dem Feuer übergeben.
Multis ille bonis Hebilis occidit. So mochte man mit Horaz ſagen.
bei dem Anblick der überaus zahlreichen Leidtragenden, die ſich
verſam=
melt hatten, um ihm die letzte Ehre zu erweiſen, und die mit
wehmü=
tiger Zuſtimmung den trefflichen Worten folgten, die an ſeinem Sarge
geſprochen wurden. Das Bild des Entſchlafenen, wie es ſich dem
rück=
ſchauenden Auge eines langjährigen Mitarbeiters darſtellt, in ſeinen
Hanptzügen auch für weitere Kreiſe feſtzuhalten, ſoll im Folgenden
verſucht werden.
Am 4. Oktober 1852 zu Darmſtadt geboren, als Sohn des bei uns
Aelteren als Gymnaſial=Geſanglehrer und Dirigent des Muſikvereins
noch in beſtem Andenken ſtehenden Hofmuſikdirektors C. A. Mangold,
deſſen Gattin eine Tochter des Miniſters Jaup war, beſuchte er von
1862 an das Gymnaſium, das er, noch nicht 17jährig, aber ſeinen
Lei=
ſtungen nach als erſter unter 28 Abiturienten, mit dem Zeugnis der
Reife verließ, um ſich in Gießen und Leipzig dem Studium der
klaſſi=
ſchen Philologie zu widmen. Nach rühmlich beſtandener Staatsprüfung
und erfolgter Doktorpromotion begab er ſich zur Fortſetzung ſeiner
Aus=
bildung zunächſt nach London, wo er zwei Jahre blieb, dann für ein
weiteres Jahr nach Florenz. Dieſe Etappen ſeines Bildungsganges, die
er ſpäter (von Berlin aus) noch durch einen einjährigen Aufenthalt in
Paris ergänzte, kamen nicht nur einem vollen neuphilologiſchen
Stu=
dium gleich, ſondern ſie verſchafften ihm außer der Beherrſchung der
Sprachen, auch einen gründlichen Einblick in die Geſamtkultur, die
Le=
bens= und Denkweiſe und die Einrichtungen der Völker, ſo daß er
be=
reits beim Eintritt in den Schuldienſt über einen Schatz von Kenntniſſen
und Erfahrungen verfügte, wie ihn ein 24jähriger Anfänger gewiß nur
äußerſt ſelten aufzuweiſen hat. Von 1877 an wirkte er am Franzöſiſchen
Gymnaſium zu Berlin. Als zu Oſtern 1889 ein Ruf aus der hefſiſchen
Heimat an ihn erging, war er mit Freuden bereit, ihm zu folgen. Nach
1½jähriger Tätigkeit am Mainzer Gymnaſium zum Direktor des
Gym=
naſiums und der Realſchule zu Worms ernannt, leitete er dieſe
An=
ſtalten faſt 8 Jahre, bis er im Sommer 1898 zur Leitung des Ludwig=
Georgs=Gymnaſiums berufen wurde, die er dann 22 Jahre lang in
vor=
bildlicher Weiſe und zum Segen und Nutzen vieler Schülergenerationen
geführt hat.
Bei ſeiner feierlichen Einführung am 1. Auguſt 1898 hielt der neue
Direktor eine Anſprache, in deren Mittelpunkt die Begriffe,
Wahr=
heit” und „Klarheit” ſtanden; ſie ſollten, wie er ausführte, das
Leitmotiv für ſeine ganze Amtsfühurng bilden. Heute dürfen wir auf
richtig bekennen: ſie ſind es geweſen, und — ſie mußten es ſein;
denn ein in ſeinem innerſten Weſen ſo klarer und wahrer Menſch konnte
auch in ſeinem Handeln nicht anders ſein. Schon das erſte Jahr
ſeine=
hieſigen Wirkens ſollte ihm Gelegenheit geben, vor der Oeffentlichkeit
eine Probe davon abzulegen. Ihm war es beſchieden, in einem Aufſehen
erregenden „Fall”, deſſen Entwicklung bald zu einem Perſonenwechſel
in den leitenden Stellen des heſſiſchen Schulweſens führte, den Stein ins
Rollen zu bringen. Hier lernte man ihn kennen als einen mutigen und
charaktervollen Mann, der, wo es um Amts= und Standesehre geht,
weder Rückſichten noch Kompromiſſe kennt, ſondern nur ſeinem
Gewiſ=
ſen folgend, unbeirrt den geraden Weg der Pflicht beſchreitet.
Mangolds Amtsführung war getragen von ſtrengſtem
Gerechtig=
keitsſinn und einer bis ins Kleinſte peinlichen Gewiſſenhaftigkeit und
Ordnungsliebe, zugleich aber von Herzensgüte und Wohlwollen.
Er=
leichtert wurde ſie ihm durch ſeine eingehende Kenntnis der Darmſtädter
Verhältniſſe und durch mannigfache perſönliche Beziehungen, beſonders
aber auch durch das wohlverdiente Vertrauen der vorgeſetzten Behörde,
deſſen er ſich immer erfreuen durfte. Dazu kam ſeine erſtaunliche, nie
verſagende Kenntnis aller das höhere Schulweſen Heſſens regelnden
Verordnungen und Verfügungen, mochten ſie auch noch ſo weit
zurück=
liegen.
Ueberzeugter Anhänger des humaniſtiſchen Bildungsideals, war er
doch weit entfernt von ſtarer Einſeitigkeit. Sein eigener Bildungsgang
hatte ihm den Wert der modernen Sprachen und Literaturen tief
einge=
prägt, und auch für die Bedeutung der exakten Wiſſenſchaften und der
Technik beſaß er volles Verſtändnis. Seiner tatkräftigen Unterſtützung
verdankt das Gymnaſium die bllige Umgeſtaltung der phyſikaliſchen und
die Neuſchöpfung der naturkundlichen Unterrichts= und
Sammlungs=
räume. Beſonders liebevolles Intereſſe wandte er der körperlichen
Er=
tüchtigung der Jugend durch Turnen, Spiel und Sport zu. Schon im
erſten Jahre mietete er für die Schule die Spielwieſe am Böllenfalltor,
und unermüdlich warb er für die Beteiligung an dieſen Spielen, indem
er die Eltern durch Mitteilungen in den Jahresberichten dafür zu
ge=
winnen, die Schüler durch Veranſtaltung von Wettſpielen mit
Preisver=
teilung zum Meſſen ihrer Kraft und Geſchicklichkeit anzuſpornen ſuchte.
Denn er war im Innerſten überzeugt, daß dies alles dem Vaterland
zugute komme, dem er als echt deutſcher Mann mit heißer Liebe zugetan
war. Von deutſchem Geiſt ſollte ſeine Schule durchweht ſein. Nur
an=
deutungsweiſe ſei hier an die ſeiner eigenſten Initiative entſtammenden
eindrucksvollen Schulfeiern erinnert, die in Wort und Lied einen
vater=
ländiſchen Leitgedanken zum Ausdruck brachten, und ebenſo an die
zahl=
reichen Gelegenheiten während des Krieges, wo ſeine eigene Begeiſterung
und Bewunderung für die Taten unſerer Heere mit den Empfindungen
ſeiner Lehrer und Schüler in unvergeßlicher Harmonie zuſammenklang
Als Lehrer hatte er ſich hauptſächlich den griechiſchen Unterricht in
der oberſten Klaſſe gewählt. Sophokles und beſonders Platon waren
es, deren Ewigkeitswerte er mit ſtets erneuter Hingabe in philologiſch
exakter und äſthetiſch feinſinniger Behandlung ſeinen Schülern
nahezu=
bringen ſuchte, und viele Aeußerungen ehrlicher Dankbarkeit für das,
was ſie aus ſeinem Unterricht mitgenommen hatten, ſind aus dem Mund
früherer Schüler laut geworden. Die Schulzucht handhabte er mit
rich=
tiger Miſchung von Strenge und Milde, ſtets auf individuelle
Behand=
lung bedacht und dabei unterſtützt durch ſeine Menſchenkenntnis und
ſeine Fähigkeit, ſich in die Denkweiſe junger Menſchen einzufühlen. Er
kannte alle Schüler von Anſehen und bei Namen, von ſehr vielen auch
ihre perſönliche Eigenart und ihre Familienverhältniſſe.
Wie von den Schülern, ſo verlangte Mangold von ſeinen
Mitar=
beitern die Gewiſſenhaftigkeit und Ordnung, für die er ſelbſt das ſtete
Vorbild war. Ueber Methodenreiterei freilich war er erhaben. Er
wußte, daß viele Wege nach Rom führen, und daß es für den Wert und
Erfolg des Unterrichts, vor allem auf den Menſchen ankommt. Hätte
er erkannt, daß einer das Beſte zu leiſten ſuchte und in ſeiner Weiſe
erfolgreich arbeitete, ſo ließ er ihn, ſoweit es die Rückſicht auf das
notwendige Maß von Einheitlichkeit irgend geſtattete, in Ruhe. Zu
einem ſchädlichen Sichgehenlaſſen hat dies nie geführt. Er fühlte ſich für
alles, was in der Schule vorging, verantwortlich, und deshalb
beobach=
tete ſein kritiſches Auge unausgeſetzt und ſcharf. Wo es nötig war,
griff er kräftig ein, und nie ſind ihm die Zügel entglitten.
Sein dienſtliches Verhältnis zum Lehrerkollegium war durch den
Grundſatz Suum enigue beſtimmt. So fern es ihm lag, ſich andern
ge=
genüber Rechte anzumaßen, die ihm nicht zuſtanden, ſo wenig ließ er die
ſeinigen auch nur im geringſten antaſten. Indem er dieſen Grundſatz
auch nach außen hin, im Verkehr mit Behörden und Privatperſonen,
beſonders den Eltern der Schüler anwandte, erſchien ihm die
entſchie=
ne Wahrung der Rechte der Schule und ihrer Vertreter unberechtig=
7 oder leichtfertigen Angriffen gegenüber, ſtets als eine Ehrenpflicht.
Ohne Anſehen der Perſon und unter Umſtänden in ſcharfer Form ſetzte
er ſich in Konfliktsfällen für Schule und Lehrer ein, und gerade dieſe
Seite ſeiner direktorialen Tätigkeit war es, die ihm ſehr bald das
Ver=
trauen ſeiner Mitarbeiter in ungewöhnlichem Maß gewann und im
Lauf der Jahre immer neu befeſtigte. Jeder wußte: hier ſteht ein
Mann, auf den man ſich verlaſſen kann, und dieſe Sicherheit mußte auf
die Arbeitsfreudigkeit aller die günſtigſte Wirkung üben.
Die Sitzungen des Lehrerrats leitete er ſachlich und geſchickt. Bei
Beratungen über wichtigere Angelegenheiten, wie Lehrpläne,
Schulord=
nungen, Dienſtanweiſungen uſw. mußte auch der, der mit ſeinen
An=
ſichten nicht in allen Punkten einverſtanden war, ftets die
außerordent=
liche Sorgfalt und Gründlichkeit bewundern, mit der er den oft
umfang=
reichen und vielgeſtaltigen Stoff nach allen Seiten durchgearbeitet hatte,
nicht weniger aber auch die Entſchiedenheit und die dialektiſche
Gewandt=
heit, mit der er das, was ihm als richtig erſchien, allem Widerſpruch
gegenüber) feſtzuhalten und durchzufechten wußte.
So ernſt er es mit allem Dienſtlichen nahm, ſo ungezwungen und
freundlich kam er ſeinen Mitarbeitern im perſönlichen Verkehr entgegen.
Für jedes Anliegen hatte er ein offenes Ohr und williges Verſtändnis;
ſo weit es in ſeiner Macht lag und im Rahmen des Dienſtes möglich
war, ſuchte er jedem begründeten Wunſch gerecht zu werden. Faſt in
je=
der Schulpauſe und in mancher Zwiſchenſtunde ſah man ihn im
Lehrer=
zimmer an ernſter oder heiterer Unterhaltung über Schul= und
Tages=
fragen auf das lebhafteſte beteiligt. Dieſer zwangloſe Verkehr, bei dem
das Vorgeſetztenverhältnis völlig zurücktrat, war ihm Bedürfnis, und er
trug dazu bei, das Band gegenſeitigen Vertrauens immer feſter zu
ſchlingen. Amtsgenoſſen, die in der Lage waren, Vergleiche ziehen zu
können, haben oft verſichert, ein ſolches Verhältnis wiſchen Direktor
und Lehrerſchaft ſelten gefunden zu haben. Die glückliche
Zuſammen=
ſetzung des Kollegiums hat dazu gewiß ihr Teil beigetragen; die
Haupt=
bedingung für ſeine Dauer war aber der vornehme Charakter des
Lei=
ters, dem Bevorzugung und Zurückſetzung einzelner ebenſo fremd war,
wie er jede Zuträgerei ausſchloß.
Es lag nicht in Mangolds ſchlichter Natur, mehr als nötig an die
größere Oeffentlichkeit zu treten. Wenn er auch keinem Rufe, der ihn
zur Mitwirkung bei einer vaterländiſchen oder gemeinnützigen Sache
auf=
forderte, ſich entzog, ſo überließ er ſchriftſtelleriſchen und redneriſchen
Ruhm gern und neidlos denen, die ſich zu ſolcher Betätigung berufen
fühlten. Die treue Erfüllung ſeiner vielſeitigen Berufspflichten
ge=
währte ihm volle Befriedigung, und was ihm an Muße blieb, widmete
er teils edler Lektüre, teils der Erholung, die er im Familienkreiſe oder
auf regelmäßigen Spaziergängen durch unſere ſchönen Wälder ſuchte und
fand. Daneben verfolgte er aufmerkſam die Entwicklung der Geſchicke
des engeren und weiteren Vaterlandes und mit beſonders ſcharfem Blick
die des höheren Schulweſens und Unterrichts. Ergriff er unter Berufs=
und Fachgenoſſen oder ſonſt in geſchloſſenem Kreiſe das Wort, ſo
lauſchte man geſpannt ſeinen Ausführungen, die nie Unklares und
Heber=
flüſſiges brachten, ſondern ſtets den Kern der Sache erfaſſend, wertvolle
Anregungen, gar manchmal aber auch ernſte Mahnungen und
War=
nungen enthielten.
Die Politiſierung des Schulweſens ſeit 1918, mit allen ihren
Be=
gleiterſcheinungen und Folgen, konnte ein Mann von Mangolds Art
nicht freudig begrüßen. Korrekt wie immer, wenn auch vielfach ohne
innere Zuſtimmung, führte er, wie es ſeines Amtes war, die
Weiſun=
gen der neugeſtalteten Behörde an ſeiner Anſtalt durch; aber als ſein
vorgerücktes Alter und die bevorſtehende Vereinigung der beiden
Gym=
naſien ihm den Gedanken des Rücktritts nahelegten, wurde ihm der
Ab=
ſchied nicht allzuſchwer. Am 1. Oktober 1920 ſchied er aus dem Amte,
das er ſo lange in Ehren geführt hatte, begleitet von den aufrichtigen
Segenswünſchen ſeiner Mitarbeiter.
Friedvoll und ſonnig war ſein Lebensabend. Körperlich rüſtig,
gei=
ſtig friſch und für alle Aeußerungen des ihn umgebenden Lebens
empfänglich, meiſt in zufriedener und heiterer Stimmung — ſo durften
auch wir ihn an der Stätte ſeines langjährigen Wirkens gar oft als
lieben Beſuch begrüßen. Denn über ſeiner Familie, der er ſich jetzt nach
der Befreiung von auſtrengender Berufsarbeit erſt ſo recht widmen
konnte, und ſeiner Betätigung im kirchlichen Leben und für die
Inter=
eſſen der im Ruheſtand lebenden Amtsgenoſſen, hatte er ſeine Schule
nicht vergeſſen, mit der er überdies durch einen Enkel, der ſie beſucht,
verbunden blieb. Voll dankbarer Freude durfte er den 70. Geburtstag
begehen, und das herzliche Glückwunſchſchreiben, das ihm Geh. Rat
Körte als Rektor der Leipziger Univerſität zum 50jährigen
Doktorjubi=
läum überfandte, führte ihn in froher Erinnerung an den Anfang ſeiner
inhalts= und ſegensreichen Laufbahn zurück.
So bildeten dieſe letzten Jahre für ihn gewiſſermaßen einen
Ueber=
gang von den Mühen und Plagen, dem Streben und Ringen des
Be=
rufslebens zu einem neuen Leben der Erfüllung, zu einem Leben, in
dem ſein ſtets nach Vollkomenheit ſtrebender Geiſt, wie wir hoffen
dür=
fen und wie er ſelbſt als Chriſt und Platoniker gewiß gehofft hat, die
höchſte Wahrheit und Klarheit finden wird. In den Herzen derer, die
ihm im Leben nahe ſtanden, und in der Geſchichte der ehrwürdigen
Schule, die in wenigen Jahren auf ihr 300jähriges Beſtehen zurückblicken
kann, wird Mangolds Gedächtnis ſtets in Ehren bleiben. R. B.
* Ogs Bühnenbild als Ausdruck
des Theaters.
Vortragsmatince der „Kunſt und Keramik” im Kleinen Haus.
Vor einem erfreulich zahlreichen Auditorium hielt Dr. Karl
Menninger geſtern vormittag im Kleinen Haus des
Landes=
theaters einen Vortrag über das Thema: „Das Bühnenbild als
Ausdruck des Theaters”.,
Der Vortrag ſtellte als Ganzes eine außerordentlich fleißige,
tiefgründig ſtudierte und zum mindeſten im erſten Teil
erſchöp=
fende Arbeit dar, der eine ſehr geſchickte Auswahl von
Licht=
bildern das geſprochene Wort ausgezeichnete Illuſtration gab.
Wenn wir gezwungen ſind, das mit einer gewiſſen
Einſchrän=
kung zu konſtatieren, ſo liegt das wohl daran, daß das
Thema=
viel zu umfangreich iſt, um es im Rahmen eines Vortrags
reſtlos zu erſchöpfen. Nur dieſe Vorausſetzung kann Erklärung
dafür ſein, daß der Vortragende im zweiten Teil, der die moderne
Bühnenkunſt behandelte, ſich faſt ausſchließlich auf Darmſtadts
Schauſpiel der letzten Jahre beſchränkte; daß, um nur einiges
herauszugreifen, Max Neinhard faſt gar keine, Tairoff
über=
haupt keine Erwähnung fand, deſſen entfeſſeltes Theater doch
zum mindeſten bis in die jüngſte Zeit hinein eine gewiſſe
kulturell=
künſtleriſch grundlegende Bedeutung hatte, die allerdings heute
im weſentlichen als überwunden gelten kann. Zu den
Ausfüh=
rungen über das moderne Bühnenbild ließe ſich, wenn man ſich
kritiſch dazu einſtellen will, vieles ſagen, vieles auch ergänzen.
Wir müſſen darauf verzichten, da das weit über den Rahmen
dieſes Referats hinausgehen müßte.
Der erſte Teil des Vortages behandelte die Entwicklung des
Theaters vom Beginn des antiken Griechenland. Hier war das
Theater Staatsſache in weiteſter Ausdeutung des Wortes. Die
Spiele galten im weſentlichen dem Dionyſos. Die
Amphie=
theater des alten Griechenland, beſtimmt, Sache des ganzen
Volkes zu ſein, waren von rieſigen Ausmaßen. In Berghänge
wie Talkeſſel hineingebaut, war die Bühnenſeite, der
Mittel=
punkt das kreisrunde Orcheſtreon, offen in die Landſchaft
hinein=
geſtellt. Dicſe ſelbſt, Licht und Luft von weittragender
Bedeu=
tung für die Darſtellung. Die architektoniſche Grundlage des
griechiſchen Theaters, im weſentlichen lange Zeit beibehalten,
erfuhr eine Umgeſtaltung durch die römiſchen Kaiſer, die dem
Theater eine andere, meiſt politiſche Bedeutung gaben — Panem
gt Gircensis —. Das Theater wurde mehr oder weniger
ge=
ſchloſſener Raum, aus der Landſchaft herausgehoben, mit Mauern
umgeben, auch die Anfänge von Bedachung waren da, es wurde
exkluſiv. Die Kunſt verflachte mit dem Verfall der römiſchen
Kultur, wurde die Stätte wilder Greuel, der Ausſchtveifungen.
So ging die Entwicklung durch die Jahrtauſende weiter, immer
aber läßt ſich der Grundriß des griechiſchen Theaters, allerdings
vielfach variiert und zeitgenöſſiſch umgeſtaltet nach den
zeit=
genöſſiſchen Dichtungen, nachweiſen. Der Redner führte dieſen
weit zurück begonnenen Weg, die Zuſammenhänge wahrend, bis
zur Shakeſpeare=Bühne.
Im zweiten Teil des Vortages ſtand im Vordergrund der
Darlegungen das Bühnenbild im Zuſammenhang mit dem
je=
weils herrſchenden und gewollten Ausdruck des Theaters. Die
Entwicklung zum Naturalismus wurde geſchildert, deſſen Ende
den Beginn des modernen Theaters bedeutet. Im modernen
Theater ſpielt das Publikum nicht mehr mit, läßt ſich auch nicht
mehr reſtlos leiten, ſondern es iſt — jeder kann das an ſich ſelbſt
erprüfen — kritiſch eingeſtellt. Dieſe kritiſche Einſtellung jeden
Beſuchers hat uns die illuſioniſtiſche Gebundenheit mit dem
Kunſtwerk, das willige Mitgehen, zerſtört. Der Wegfall des
Publikums mußte das Theater perſönlich ändern. Wir ſind alle
zu geſcheut geworden. Die Populariſierung der Bildung und in
Verbindung damit die Materialiſierung des Geiſtes ſind ſchuld
daran. Unſere Unruh=Aufführungen ſind nach Anſicht des Vor
tragenden der beſte Beweis dafür. Hinzu kommt die Allmacht
der Technik, die Maſchine, gegen die die Kunſt einen erbitterten
Kampf zu führen hat. All das mußte notgedrungen zur
Ver=
geiftigung des Theaters führen. Wir ſind gezwungen, hiſtoriſche
Stücke zu geben. Sollen wir ſie in der Zeit ihres Lebens ſpielen,
müßten wir naturaliſtiſch inſzenieren; oder in der Zeit ihres
Entſtehens, dann müßte z. B. bei Shakeſpeare die Shakeſpeare=
Bühne gerechtfertigt ſein. Faſſen wir ſie modern auf, müßte
notgedrungen der moderne Stil gewählt werden. Aber haben
wir einen modernen Stil? Im modernen Theater ſind zum
Bühnenbild mit grundlegender Bedeutung der Regiſſeur und
der Schauſpieler getreten. Vom Naturalismus mußten wir los.
Ebenſo wie vom ſtiliſierten Naturalismus des Malers. In der
Vergeiſtigung des Theaters mußte der Architeit die beſtimmende
Rolle übernehmen. Daher die kubiſtiſchen Bauten. Daher die
Aufbauten und Treppen. Im modernen Bühnenbild hat die
Treppe die gleiche Bedeutung wie die Tür und das Fenſter
Oftmals iſt es nur durch die Treppe möglich, den Schauſpieler
aus ſeiner nichtsſagenden harmloſen Umgebung herauszuheben
und ihn in die der Bedeutung ſeiner Aufgabe entſprechende
Sphäre zu ſtellen. (Schlußbild Louis Ferdinand uſw.)
Abſtrak=
tion iſt oft, wenn auch nicht immer, Notwendigkeit.
Das waren im weſentlichen, wenn auch nicht erſchöpfend, die
Gedankengänge des intereſſanten Vortrages, gegen die ſich, wie
geſagt, manches einwenden ließe, z. B., daß der Sortragende
eine Geſtaltung des Sinnlichen im Bühnenbild ablehnte, zum
mindeſten deſſen Notwendigkeit unerwähnt ließ. Zahlreiche
Licht=
bilder, in denen Beiſpiel zu Gegenbeiſpiel trat, illuſtrierten auch
den zweiten Teil des Portrages. Man ſpendete dem Redner
dankbar Beifall.
M. St.
Kunſi, Wiſſenſchaft und Leben
— Ein großer Erfolg im Kampf gegen die
Schundſchriften. Das von den vereinigten deutſchen
Prüfungsausſchüſſen für Jugendſchriften herausgegebene
Ver=
zeichnis empfehlenswerter Jugendſchriften
1923, das kurz vor Weihnachten erſchien und eine umfaſſende,
vorzügliche Ueberſicht über den Stand des Jugendſchriftentums
enthält, fand eine derartig große Nachfrage, daß jetzt ſchon eine
dritte Auflage von wiederum 10 000 Stück
not=
wendig wurde. Der Reichsminiſter des Innern ebnete der Arbeit
durch eine beſondere Verfügung an die Behörden und Wohl
fahrts= und Bildungsverbände den Weg. Zahlreiche
eingegan=
gene Briefe und die gleichmäßig freudige Aufnahme in allen
Kreiſen haben gezeigt, daß ein Zuſammengehen zwiſchen Schule,
Wohlfahrtsverbänden, Ladenbuchhandel und Verlag für das
gute Buch mehr leiſtet als die bloße Verneinung der
Schund=
ſchriften. Das Verzeichnis der Jugendſchriften iſt bei der
Buch=
beratungsſtelle des Nordweſtdeutſchen
Dürer=
hauſes in Bremen zu beziehen, einzeln 20 Pfg., in Mengen
billiger.
C. K. Der Ausbau des Newyorker Muſeums
für Naturgeſchichte. Der Jahresbericht des
amerika=
niſchen Muſeums für Naturgeſchichte in Newyork für das Jahr
1922 zeigt den gewaltigen Ausbau, den dieſes großartige Inſtitut
erfahren hat. Eine ganze Reihe von Expeditionen führte den
Sammlungen wertvolles Material zu. So brachte eine aſiatiſche
Expedition bedeutende Mengen von Foſſilien, eine Südſce=
Expedition 3851 neue Vogelarten. 11000 Arten von niederen
Tieren, Inſekten, Fiſchen und Reptilien wurden auf Haiti
ge=
ſammelt. Von Ecuador, den Azoren, Kap Verden und Island
kamen große Vogelſammlungen. Von dem Tübinger Muſeum
erhielt man eine möglichſt vollſtändige Serie von Foſſilien, die bei
Troſſingen ausgegraben wurden. In Neu=Mexiko wurden große
vorgeſchichtliche Ruinen aufgedeckt und die Kenntnis der
früh=
amerikaniſchen Kulturen durch dieſe Funde bereichert. Die
Aus=
ſtellungsräume des Muſeums beſtehen aus 42 Sälen. Gegen
wärtig werden 6 neue Ausſtellungshallen unter einem
Koſten=
zufwand von 9½ Millionen Dollar errichtet.
Seite X.
Rmmither 77.
Ein Portrag über die dritte
Steuernotverordnung.
Auf Einladung des Darmſtädter Anwaltvereins hatte ſich eine große
Anzahl von Richtern, Staatsanwälten und Rechtsanwälten im
Sitzungs=
tal des 2. Zivilſenats des Oberlandesgerichts zuſammengefunden zur
Anhörung eines Vortrags über die dritte Steuernotverordnung.
Oberlandesgerichtspräſident Lang begrüſte die in ſeinem
Sitzungs=
ſaal Verſammelten „gwiſſermaßen als Hausherr”, indem er namens des
Gerichts und im Auftrage des Anwaltvereins Herrn Rechtsanwalt
Stae=
del ſeine Anerkennung dafür ausſprach, daß er durch einen Vortrag über
die dritte Steuernotverordnung zum Verſtändnis dieſes wichtigen
Rechtsſtoffes beitragen wolle. Er wies darauf hin, daß ſolche
Zuſam=
menkünfte in hohem Maße geeignet ſeien, die Kenntnis wichtiger
Rechtsfragen zu vertiefen und durch Meinungsaustauſch zwiſchen Nichter
und Anwalt das gegenſeitige Verſtändnis für Wünſche und
Beſtrebun=
gen der anderen und für die gemeinſamen Aufgaben zum Nutzen der
Rechtspflege zu erleichtern. Er beabſichtige daher, dieſen Gedanken
auf=
zugreifen und in Verbindung mit der Anwaltſchaft häufiger zu
der=
artigen Vorträgen aufzufordern. Schon jetzt könne er mitteilen, daß
auf ſeine Anregung Landgerichtsrat Dr. Mayer, ſich bereit erklärt
habe, Freitag, 21. März, nachmittags 6 Uhr, hier die
Verord=
nungen über das Verfahren in bürgerlichen
Rechts=
ſtreitigkeiten zum Gegenſtand einer Beſprechung zu machen.
Das Wort nahm hierauf Rechtsanwalt und Notar Staedel und
bemerkte einleitend, daß, je länger er ſich mit dieſer Verordnung
be=
ſchäftigt habe, deſto mehr Zweifel und Unklarheiten zutage getreten
ſeien. Die Frage der Nechtsgültigkeit der Verordnung
behan=
delte Redner nur kurz. Die Rechtsgültigkeit wird bezweifelt, weil die
Verordnung gegen die Artikel 153 und 105 der Verfaſſung verſtößt, und
weil ſie die im Ermächtigungsgeſetz der Reichsregierung erteilte
Voll=
macht überſchreitet. Die Rechtsgültigkeit iſt von den Gerichten zu
prü=
fen, da es ſich formell nicht um ein Geſetz, ſondern um eine Verordnung
handelt. Die Gerichte haben nicht nur die Gültigkeit der Verordnung
im zanzen, ſondern auch jeder einzelnen Veſtimmeng zu Prüfen. Sehr
zw ifelhaft iſt vor allem die Gültigkeit des § 64.
Nas Kernſtück der Verordnung, die ja in erſter Linie dazu
beſkimmt iſt, Steuerquellen zu erſchließen, und die nur darin überhaupt
ihre Rechtfertigung findet, iſt Artikel III. Es ſollen die
Iaflations=
gewinne bei Kreditnahmen, bei Notgeldausgaben und bei Holzverkäufen
beſteuert werden. Docſ werden dieſe Steuern durch die Verordnung
nur vorbereitet. Ob und wie es gelingen wird, ſie techniſc
durchzu=
führen, bleibt eine offene Frage. Der „Geldentwertungsausgleich” bei
bebauten Grundſtücken iſt der Landesgeſetzgebung überlaſſen. Endgültig
geerdnet iſt nur die Beſtenerung des Inflationsgewinns der induſtriellen
Obligationen. Doch ſind die Schuldner dieſer Obligationen ſehr
glimpf=
lich weggekommen, denn ſie haben im ganzen an ihre Gläubiger und in
Form einer Steuer an die Allgemeinheit nur 16:)= Prozent ihrer
Vorkriegsſchulden zu zahlen. Noch günſtiger kommt die Landwirtſchaft
davon. Hier ſind dieſelben 16:½= Prozent vom Reich nur als obere
Grenze der Leiſtungsfähigkeit beſtimmt; die Regelung ſelbſt iſt der
Landesgeſetzgebung überlaſſen, die unter dieſen Sätzen bleiben kann.
Ferner iſt die Leiſtung dieſer 16½½= Prozent weit hinaus geſtundet; die
erſte Zahlung von 2 Prozent erfolgt erſt am 1. November 1925.
Das grundſätzlich Verfehlte dieſer Art der Beſteuerung ſcheint zu
ſein, daß nicht nur gemachte Inflationsgewinne beſteuert und zum Teil
weggeſteuert werden — was zu begrüßen iſt —, ſondern daß
Infla=
tionsgewinne künſtlich geſchaffen werden, um ſie dann
zu beſteuern. Dieſem Zneck dient der Artikel I unter der Ueberſchrift
„Aufwertung‟ Es bleibt die Frage, ob man nicht das, was min
ſo bei den Schuldnern als einen erſt künſtlich herbeigeführten
Infli=
tiensgewinn beſtenert, ebenſo gut (oder ebenſo ſchlecht) bei den
Gläubi=
gern hätte erfaſſen können, wobei man dann die ganzen Beſtimmungen
uber die Aufwertung hätte ſparen können. Auf dieſe Beſtimmungen
ging der Redrer nun näher ein; wenn ſeine Ausführungen mehr Kritik
cls poſitive Auslegung, mehr ein Aufwerfen von Zweifelsfragen als
eine Löſung von Zweifeln war, ſo liegt das daran, daß dieſe
Beſtim=
mungen inhaltlich und gefetzestechmiſch mangelhaft und dilettantiſch ſind.
Es handelt ſich um folgendes: Welche Anſprüche ſind aufzuwerten,
in welcher Form und in welcher Höhe werden ſie aufgewertet, was iſt
die Aufgabe der Aufwertungsſtellen? In Wahrheit wird nicht die
Auf=
wertung angeordnet — das war nicht notwendig, denn das hat die
Rechtſprechung ſchon getan — ſondern der Sinn der Verordnung iſt,
daß die Aufſvertung beſchränkt wird. Dieſe
Aufwertungsbeſchrän=
kung iſt ahber nur für Anſprüche aus Vermögensanlagen, die
durch den Währungsverfall entwertet ſind, angeordnet. Der Begriff der
Vermögensanlagen iſt der pribatrechtlichen Geſetzgebung bisher fremd.
Es iſt ein grundſätzlicher und ſchwerer Fehler der Verordnung, daß ſie
dieſen wirtſchaftlichen Begriff (ein Rechtsverhältnis, das vom
Gläubiger eingegangen wird, um Kapitalrente zu erzielen) in
§S 1 und 12 durch juriſtiſche Begriffe definieren will. Das iſt
unmög=
lich, da die juriſtiſchen und die wirtſchaftlichen Begriffe auf
verſchie=
denen Ebenen liegen. Aus dieſem grundſätzlichen Fehler entſtehen eine
Fülle der ſchwierigſten Zweifelsfragen. Der Redner behandelte das
Ver=
hältnis der in Ziff. 1—3 des § 1 bezeichneten Vermögensanlagen zu
denen der Ziff, 4 an dem alltäglichen Fall der Darlehnshypothek. Der
obligatoriſche Anſpruch unterliegt im Endergebnis nicht der
Aufter=
tungsbeſchränkung; der Eläubiger hat ſogar einen Anſpruch auf die
dingliche Sicherung der über 15 Prozent hinausgehenden Aufwertung,
dieſen allerdings nicht mit dem Range der urſprünglichen Hypothek.
An=
ſprüche aus Hyvothekenhankpfandbriefen, Sparkaſſeneinlagen,
Lebensver=
ſicherungen werden „in der Weiſe aufgewertet”, daß eine Art
Konkurs=
verfahren durchgeführt wird; bei den Sparkaſſeneinlagen iſt hier noch
eine beſondere Rangordnung in allerdings unklarer Weiſe vorgeſehen
die dahin führen wird, daß beiſpielsweiſe die Dienſtmädchen, die
jahre=
lang Mark auf Mark geſpart haben, überhaupt nichts erhalten, während
die Guthaben, die auf geſetzlichem Zwang zur mündelſicheren Anlage
begründet ſind, wenigſtens eine geringe Aufwertung erhalten werden.
Das Verhältnis der Aufwertungsſtelle zur Gerichtsbarkeit iſt im
einzelnen unklar; wer die Aufwertungsſtelle ſein wird, iſt noch unbe=
Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 17. März 1924
ſtimmt; es iſt notwendig, daß die Aufwertungsſtelle als
richter=
liches Organ ausgebildet wird, ſchon deswegen, weil ſie bei der
Be=
rechnung der Aufwertung für nach dem 1. Januar 1918 entſtandene
Anſprüche die ſehr ſchwierigen Rechtsfragen entſcheiden muß, wann
ein Anſpruch „erworben”, „begründet”, eine Obligation „
aus=
gegeben”, „begeben” iſt. Es iſt bedauerlich, daß hier ſchon die
Terminologie der Verordnung inkonſequent iſt (vgl. Artikel I mit IID.
Das Verfahren der Aufwertungsſtelle iſt Amtsbetrieb, das perſönliche
Erſiheinen der Parteien kann angeordnet werden; in ſolchem Fall kann
der Beteiligte ſich nicht durch einen Anwalt vertreten laſſen, wohl aber
in ſeinem Beiſtand erſcheinen.
1000
oder
2900
oder
20go
oder
400d
oder
Säüu
oder
Souu
ſondern
NoT
neue Bezieher ſind innerhalb weniger
Wochen gewonnen durch den
hervorragen=
den aktuellen, alle Gebiete umfaſſenden
Inhalt unſeresBlaties. Wöchentlich
Sams=
tags liegt dieilluſirierte Beilage „Die
Gegenwart”, Tagesſpiegel in Wort und
Bild, dem Tagblatt bei
Beſtellen Sie
ſofori das „Darmſtädter Tagblatt=
Abonnementspreis vom 16. bis 31. März
Mark 1.20 frei Haus (3273
Grundſätzlich führie der Redner zur Aufwertungsfrage noch
folgendes aus: Die eigentliche Bedeutung der berühmten Entſcheidungen
des hieſigen Oberlandesgerichts vom 23. Mai 1923 und des Reichsgerichts
vom 28. November 1923 iſt, daß ſie feſtſtellen: Die
Reichsbank=
noten ſind nicht mehr geſetzliches Zahlungsmittel.
Dieſe Entſcheidungen bringen zum Abſchluß und ſanktionieren ein
Ge=
wohnheitsrecht. Im Jahre 1909 iſt den Reichsbanknoten die
Eigenſchaft des geſetzlichen Zahlungsmittels beigelegt worden. Während
der Inflationsperiode iſt das Mißverhältnis zwiſchen der vom Geſetz
angeordneten juriſtiſchen Zahlungskraft der Banknoten und der
wirtſchaftlich bedingten Kaufkraft immer unerträglicher geworden.
Der wirtſchaftliche Verkehr, die Geſetzgebung ſelbſt und die
Nechtſpre=
chung haben deshalb den Satz Mark — Mark verworfen. Es iſt
durch Gewohnheitsrecht die geſetzliche Beſtimmung des Jahres 1909
ab=
geſchafft worden. Daß auf dieſem Gebiete gelvohnheitsrechtliche
Bildun=
gen möglich ſind, erkennt das Reichsgericht in der angeführten
Ent=
ſcheidung ſelbſt an, ringt ſich aber nicht bis zu einer Erkenntnis deſſen
Hans Peter Kromm der Lebendige.
Eine Geſchichte von Ufer zu Ufer
von Johanna Wolff.
(Nachdruck verboten.)
76)
„Aber mit dem Werkmeiſter, Lude?‟
„Unſinn! An der Drehſcheibe will ich ſtehen, will Krüge und
Töpfe aus der Hand laufen laſſen, ſo gut einer ſie je gemacht hat;
hör nicht auf Räubergeſchichten — von wem haſt Du’s übrigens?”
„Vom alten Engerlingk. Er bedauerte es, denn er hatte Dich
als Schüler gern.”
Dem Lude ſtieg das helle Rot bis in den dünnen Haarbuſch
hinauf: „Na ja, ich kann’s Dir ja geſtehen, wie’s mich gefaßt hat:
Ich dachte nämlich: „Volk, das ſind wir alle”, und ließ mich in
den Verband auſnehmen. Menſch! Was hab ich da zu erleben
gekriegt! Da ſind welche bei, die hat unſer Herrgott im Zorn
er=
ſchaffen. Du denkſt, die große Idee — die Bruderidee! In Taten
und Werken keine Spur. Groß iſt nur das Maulwerk bei ihnen.
Brüllen nach Freiheit für ſich, aber wer anders denkt, braucht
keine. Und Zanken und Streiten und ſich vordrängeln, das iſt
bei ihnen geradeſo, wie’s überall zu ſein pflegt. Ich dachte ja ſo
was wie ne neue Religion zu finden und ein bißchen mit meinem
inneren Menſchen herauszukommen — kein Gedanke! Mein
innerer Menſch zog die Fühlhörner ſehr bald ein. So, nun weißt
Du es, und wenn ich erſt die Meiſterſtelle hab und dann noch n
klein Saus und ine große Frau dazu, dann will ich ine reinliche
Scheidung vornehmen. Jawoll, das tu ich! Mögen die Kerls
ſasen, was ſie wollen: Da iſt doch ein Unterſchied von Menſch
und Menſch — —
„Du mußt es wiſſen, Lude. Aber die Scheidung, die würd
ich mir überlegen — ich dränge Dich nicht dazu —
„Sehr anſtändig von Dir. Aber da iſt mein Richtweg, da laß
mich abſteigen.‟ Der Tlpfer faßte nach ſeinem geknoteten
Taſchentuch und ſprang aus dem Wäglein: „Damit will ich Witzel
u. Quantz den Mund wäſſerig machen — ſie zahlen erbärmliche
Löhne!”
Hans Peter hielt und ſchaute dem Kleinen nach, wie er mit
ſeinen kurzen Beinen und den ausnehmend großen Füßen den
Kiefernweg entlangſtrebte. Auch ein merkwürdiger Heiliger, dachte
er bei ſich ſelbſt, aber da iſt viel Merkwürdiges in dieſer Welt,
und Wunder ſind eigentlich ein ganz Natürliches. Er ſtieß mit
dem Fuß gegen den gelblichen Klumpen, den Lude ihm „zur
Probe” eingeſchoben: Iſt das nicht mit dem Himmelsgold
eben=
falls ein Wunder? Da hab ich geſucht und geſucht und bin
ſcheinbar zufällig darauf geſtoßen, und doch muß ein überragen=
des Bewußtſein damit gerechnet haben von Anfang an. Er dachte
an die Fabrik und dachte an die Mutter, die den Schornſtein im
Haidebild ſchwer hinnehmen würde.
Aber wie gut, daß gerade jetzt die Sache mit der Kleinbahn
in Richtigkeit war. Er baute ſie, zuſammen mit Andres Niklaſſen,
der noch geſcheiter war als Bureck, der Vater!
Hans Peter fühlte es, jetzt kam Weite in ſein Leben!
Rings=
um boten ſich Handhaben, die das Zufaſſen zu lohnen
ver=
ſprachen; mancherlei Eiſen würde er im Feuer haben können.
Und auch das andere würde zu ihm kommen: „Fließendes Licht!”
Er würde es weiter ſuchen — ſuchen und ausfinden
Mochte nur alles herankommen! Ihn ſollte es bereit finden.
Je mehr, deſto beſſer! Hans Peter ließ die Peitſche knallen. Das
Pſerdchen lief den bekannten Weg. Und am Hoftor empfing ihn
ſeine Hilde, die liebſte Frau, die ihm in ihrem Schoß ein
Leben=
diges ins Leben trug.
Richtfeſt und Sonnen=Siedelung.
„Hinab!
In der Erde tiefgründige Schächte,
wecke die ſchlummernden Mächte
auf, aus verſchloſſenem Grab —
hingb!"
Mit Hilde an der Hand war Hans Peter zur Mutter
ge=
kommen. „Jetzt bleibe ich auf der Scholle!” hatte er gerufen,
„denn ich habe ein Ziel hier: Arbeit und nicht nur Beſchäftigung!“
Und er legte der alten Frau die Sache auseinander und gewährte
ihr Einblick in die Pläne, die ſeinen Entſchluß erklärten: Er
konnte ſeine Wiſſenſchaft auch hier verwenden im Heimatdienſt.
Arbeit! Arbeit! Arbeit! würde er haben. Das war herrlich! Das
war über die Maßen ſchön! ..
Jahr und Tag waren darüber hingegangen.
Merete ſaß in der Hauslaube am Fenſtertiſch und klärte
Kümmelſaat. Ab und an hielt ſie das Sieb im Schoß und horchte
hingegeben dem Bericht des Sohnes zu, der in dem hellen Raum
auf= und niederſchritt.
„Nun wären wir ja ſoweit, Mutter,” ſagte er: „Brennerei
und Trockenſchuppen nebſt Lagerhaus ſtehen unterm
Sparren=
dach, und auch Ludes Häuschen iſt ſoweit fertig geworden. Ich
denke, das ſoll ein fröhliches Richtfeſt geben am Tage, da unſer
kleiner Gerhard ein Einjähriger wird.
Aber Du biſt ja ſo ſtill, Mutter! Zweifelſt Du etwa? Ob
Dein Zuſammengeſpartes eine gute Anlage im „Simmelsgold”
gefunden hat? Ich denke, Bureck mit ſeinem Wort wäre Dir
Bürge genug geweſen, wie? Uned daß ich mit Andres auch die
Bahn von Wöllmen nach Brachenau übernommen, hat doch auch
durch, daß gerade die geſetzliche Beſtimmung, die aller ſogenannten
Auf=
wertung entgegenzuſtehen ſchien, eben durch Gewohnheitsrecht derogiert
worden iſt. Die Konſequenz dieſer Auffaſſung iſt: Der
Schuld=
ner, der ſeit 1914 1000 Mark ſchuldet, kann dieſe nicht mehr mit einem
Tauſendmarkſchein bezahlen. Was muß er denn bezahlen? Die
Kon=
ſequenz iſt unabweisbar, daß er ſeine Schuld in der
urſprüng=
lichen Höhe entweder in Papiermark zum Kurswert (vgl. in dieſer
Hinſicht die Kurswerttheorie Savignys), oder in gutem Geld, alſo etwa
in Goldanleihen oder Dollarſchätzen oder Rentenmark zum
Nominal=
werte zahlen muß. Es iſt zu beachten, daß in unſerem alten Münzgeſetz
die Mark — /— Kilo Feingold war, und daß dies fetzt auch die
geſetz=
liche Definition der Rentenmark iſt. Wenn der Gläubiger alſo 1000
Rentenmark bekommt, ſo bekommt er, an dem Weltzahlungsmittel Gold
gemeſſen, dasſelbe, was im Jahre 1814 verſprochen worden iſt. Iſt es
ber, was der Redner durchaus anerkannte, notwendig, hier dem
Schuld=
ner einen Nachlaß zu gewähren, ſo kann das nicht einfach durch mehr
oder weniger gefühlsmäßige Anwendung des § 242 B. G.B. geſchehen,
ſendern dann muß an dieſer Stelle Geſetzgebung einſetzen. Grundſätzlich
iſt aber daran feſtzuhalten, daß nicht der Gläubiger um
Auf=
wertung, ſondern der Schuldner um Nachlaß bitten
muß.
Oberlandesgerichtspräſident Lang dankte dem Redner für ſeine
ſehr ausführlichen, lehrreichen und anzegenden Ausführungen. Er
be=
merkte, daß der behandelte Rechtsſtoff nach Anſicht des Vortragenden
und wohl auch der Verſammlung eine Reihe von Zweifeln enthalte,
deren Löſung nicht einfach ſei. Er ſchlug daher in allſeitigem
Einver=
ſtändnis vor, eine Ausſprache nicht jetzt, ſondern erſt in einer ſpäteren
Zuſammenkunft ſtattfinden zu laſſen, wenn man Gelegenheit gehabt
habe, ſich mit den ſchwierigen Fragen noch eingehender zu befaſſen.
* Der Anſpruch der Hausfrau auf ihren
eigenen Verdienſt.
Man ſchreibt uns: Obwohl ſeit Einführung der Reutenmark die
drückendſten wirtſchkaftlichen Sorgen von uns Hausfrauen genommen
ſind, da wir wieder „wertbeſtändig” kaufen und zahlen können, geht es
doch auf der ſchiefen Bahn zur Verarmung und Berelendung mit
Rieſen=
ſchritten bergab. Auch die gleichgültigſte und bisher der eigenen
Er=
werbstätigkeit abholde Hausfrau kommt jetzt zu der Erkenntnis, daß ſie
trotz und neben den bisherigen Haushaltspflichten, eigenen Erwerb
ſuchen muß, um auch an ihrem Teil zum Erhalt der Familie beizutragen.
Wie ſchwer ſich dieſem ihrem „Wollen” ihre Pflichten als Mutter kleiner
Kinder entgegenſtemmen, wie manche Schwvierigkeit zu bekämpfen,
manches Hindernis zu beſeitigen iſt, ehe ihr eigene Erwerbstätigkeit
neben ihren Hausftauen=, Gatten= und Mutterpflichten möglich wird,
ſoll hier nicht erörtert werden, ebenſowenig, daß im Haushalt mit
„erwachſenen” Kindern die eigene Erwerbstätigkeit der Hausfrau und
Mutter durch ausreichende Beitragszahlungen zur Haushaltführung
durch dieſe, von vornherein völlig ausgeſchloſſen ſein ſollte, namentlich
dann, wenn die Hausfrau eine nadelgeübte Hand beſitzt, alſo notwendig
werdende Flick= und Näharbeiten an der Kleidung derſelben, zu deren
beſonderem Vorteil ſelbſt ausführen kann. Freilich, in dieſen beiden
Fällen muß auch die nötige Einſicht beim Ehemann, wie bei den
er=
wachſenen Gliedern der Familie vorhanden ſein, um die
Erhaltungs=
arbeiten der Hausfrau nach ihrem wahren Wert einzuſchätzen. Ein
kleines Rechenexempel mit genaueſter Einſetzung der tatſächlichen
Ver=
dienſte der Hausfrau um und für ihre Familie würde raſch den Beweis
erbringen, daß dieſe ungleich höher, als Verdienſt durch eigene
Er=
werbstätigkeit zu werten ſind. Aber es gibt leider auch unzählige Jälle,
in denen bei fenen entweder die notwe: dige Einſicht fehlt oder nicht zu
erreichen iſt, der ganze oder teilweiſe 1 nfähigkeit des Mannes zu
aus=
reichendem Verdienſt, ihre Hilfe zu dieſem Zwecke dringend erfordern.
Da iſt es denn tief zu beklagen, daß bisher das Geſetz der Frau
noch in keiner Weiſe helfend und ſtützend zur Seite ſtand, das eigene
Einkommen nach eigenem Gutdünken verwerten zu dürfen. Wir wollen
aber abſehen von jenen Frauen, die voll Egoismus (auch dieſe gibt es
leider heute noch) zunächſt das erzielte Einkommen zur Befriedigung
eigener Gelüſte und Wünſche verwenden, ſondern nur von jenen ſprechen,
die einzig und allein nur vom Wunſche getrieben, die Lebenshaltung
ihrer Familie zu beſſern, ſelbſt erwerbstätig wurden. Wie bitter muß
es dieſe immer wieder berühren, wenn ein verſtändnisloſer oder
ego=
iſtiſcher Ehemann wohl über ihre Einkünfte mitverfügt und die
not=
wendigen Ausgaben für die Haushaltführung kontrolliert, keinesfalls
aber ſich zu gleichem Zwecke, ihrer Kontrolle unterwirft. Wie bitter
ferner für ſie, daß ſie noch immer als Mitverdienerin der Genehmigung
ihres Mannes bedarf, um ſich ein eigenes Bankkonto anzulegen. Dieſe
pekunjäre und rechtliche Abhängigkeit vom Manne, auch bei eigener
Erwerbstätigkeit, müßte unſeres Erachtens bald einmal zum Gegenſtand
weiteſter öffentlicher Erörterungen gemacht werden in einer Zeit, in der
die „nur” den Haushalt führende Hausfrau nachgerade zu einer
Selten=
keit wird. Bei gewiſſenhafter Ausführung ihrer Pflichten hat dieſe
je=
doch ebenſo wie die dazu verdienende Hausfrau Anſpruch auf einen
gewiſſen Anteil am Einkommen ihres Mannes. Ein Recht, das ihr
eben=
falls bisher geſetzlich noch nicht zuerkannt wurde. Wie groß jedoch der
Umfang ihres Anſpruches iſt, beweiſt ja aber zur Genüge die Tatſache,
daß nach dem Ableben der Hausfrau einer an ihrer Stelle engagierten
„Vertreterin” zumeiſt anſtandslos vom Haushaltungsvorſtand bewilligt
wird, was er jener zu ihren Lebzeiten vielleicht ſtändig vorenthielt. A.G.
Beneidenswerte Lebenskünſtler
ſind alle die, wel he die Gabe beſitzen, dem Unglück, Kummer u w. mit
Leichtigkeit aus dem Wege zu gehen. Auch wir können Ihnen
prak=
tiſche Ratſchläge geben, Ihr Leben glücklicher und erfolgreicher zu
ge=
ſtalten. Nur Geburtsdatum iſt erforderlich. Sie werden erſtaunt ſein,
mit welcher Genauigkeit wir Ihre Vergangenheit, Gegenwart und
Zu=
kunft ſchildern und Ihnen die Wege weiſen, die Sie zu gehen haben,
um nicht dem Unglück in die Arme zu laufen Auch über Liebe. Ehe,
Vermögen, Beruf uſw. geben wir genauen Aufſchluß. Näh. gegen
Ein=
ſendung von 2 Mk. Inſtitut für Aſtrologie, Berlin SW. 68/G 66. (IV,3226
ſein Gutes gehabt; wirklich, es iſt das reine Glück, Mutter, das
mir zugefallen iſt.”
„Wenn’s Dir zum Glück ausſchlägt mein Junge, dann iſt’s
ja gut, dann iſt ja alles gut! Nur — beinahe zuviel auf einmal.”
Und Merete ſeufzte ein wenig.
Hans Peter lachte. „Wo Tauben ſind, fliegen Tauben zu,
und wer da hat, dem wird gegeben, deshalb braucht man nicht
abergläubiſch zu werden.”
„Aber die Mühle, mein Sohn — —” Wie verängſtet ſtrich ſie
ihren Scheitel.
„Aber grade die Mühle, Mutter, die haſt Du ſelber doch
immer und immer gewollt. Sollte ich denn die Gelegenheit zum
Ankauf vorbeigehen und mir oberhalb unſerer Grenze das Waſſer
abgraben laſſen, damit ein Fremder ſich da hinbaute? Tu” mir
den Gefallen und freu‟ Dich ein bißchen, Mutter.”
„Ja, ja, ich freue mich,” ſagte ſie, ihn anſchauend, „wenn ich
Dich ſo mit beiden Händen ausgreifen ſehe, dann, dann muß ich
immer an Deinen Vater denken, der hatte genau dieſelbe Art.”
Sie ſchwiegen beide. „Aber mit dem ſtillen Land iſt’s doch
vor=
bei, — mein Sohn.” Merete nahm wieder das Kümmelſieben auf.
„Na, Mutter, ich werde auch dafür auflommen! Geräuſch und
fremdes Leben ſoll dem Hof nicht allzu nahe rücken. Und den
Schornſtein — — das iſt nicht ſo ſchlimmm, das Gehölz liegt ja
dazwiſchen! An den Hügeln entlang ein wenig Rauch vielleicht,
mal ein Pfeiſen von Zügen — für meinen Wer platz iſts aber ein
Glück, daß der Bahnhof ſich ſo nahe heranlegen ließ. Wieviel
beſſer wird ſich jetzt das fruchtbare Hinterland von Brachenau
und Bilsdorf ausnützen laſſen! Die Kreisſtadt wird es ſpüren
und uns dankbar ſein. Im übrigen,” er ſteäte ein paar
Kümmel=
körnchen in den Mund, „wär ich es heute nicht geweſen, der die
Sache gemacht, wär morgen ein andrer gekommen. Den
Unter=
nehmern aus der Stadt iſt’s in die Naſe geſtiegen, daß mit dem
armſeligen Haideboden am Ende doch etwas zu machen iſt. Sie
ſchnüffeln hierin und dorthin —
„Ich glaub Dir ja, mein Jung. Aber die Mühle, die willſt
Du doch nicht aufbauen, nur weil ich es immer gewollt hab ?"
„Nein, auch weil es jetzt vorteilhaſt iſt, weil ich die
Bahn=
verbindung nahe habe. Früher konnten ſich’s die Haidjer der
Uimgebung bei Kappherr und beim Finkeſchen Windkaſten beſſer
holen; jetzt, Du ſollſt ſehen, werden wir ausgiebig Zuzug
bekom=
men.” Hans Peter rieb ſich fröhlich die Hände. „Weißt, Muttchen,
je mehr ich um die Ohren habe, deſto leichter ſchaff ich’s. Dort
hinters alte Wehr ſoll die Neue zu ſtehen kommen. Da iſt ſie
dem Hof nicht im Wege und nimmt keine Ausſicht fort.”
„Ich wollt, ich wäre zehn Jahre jünger!” ſeufzte ſie.
(Fortſetzung folgt.)
Rummer 77.
Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 12. März 1924.
Seite 5.
Sportverein Darmſtadt—Spielvereinigung Mannheim=
Sand=
hofen 0:0.
e Eine ſelten große Zahl von Zuſchauern umſäumte am
geſtrigen Sonntag den Sportplatz am Böllenfalltor. Aus
Mann=
heim und Umgegend waren ſie zum Teil mit Laſtauto
gekom=
men, um ſich ein Fußballwettſpiel anzuſehen, deſſen Verlauf weit
über den engeren Kreis von Darmſtadt hinaus Indereſſe
bean=
ſpruchte. Sie kamen alle auf ihre Koſten, das Spiel war
inter=
eſſant, wenn auch die Anhänger der Hieſigen über den Ausgang
etwas enttäuſcht waren.
Mit großer Spannung erwartet man den Beginn des
Spiels, der durch die Beſtimmung des Erſatzes für den
aus=
gebliebenen Schiedsrichter eine kleine Verzögerung erleidet.
Beide Parteien einigen ſich auf den anweſenden Herrn
Protz=
mann aus Mainz, der, das ſei vorweg geſagt, ſeiner Aufgabe
auch gerecht wurde. Wenn man bedenkt, welche Aufgabe der
Leiter dieſes Spiels zu bewältigen hatte, der unvorbereitet, aller
manchmal ungezügelter Leidenſchaft von Spielern und
Zu=
ſchauern zum Trotz, es zur Zufriedenheit durchführte, ſo iſt das
doppelt anzuerkennen. In ſcharfem Tempo gehen beide
Mann=
ſchaften an den Ball. Bald iſt Darmſtadt im Vorteil, bald iſt
es Sandhofen, welches mehr vom Spiel hat. Allmählich erſt
macht ſich eine kleine Ueberlegenheit der Einheimiſchen
bemerk=
bar. Mit viel Glück und Können hält der Sandhofener
Tor=
wächter, oft im letzten Moment, die wuchtigen Angriffe eines
Müllmerſtadt, Becker und Bärenz. Auch Ellenbeck muß ſich
leb=
haft betätigen, wenn er auch jene mehr gefährlichen Situationen
als ſein Gegenüber nicht zu klären hatte. Die Seele der
Sand=
hofener Mannſchaft, der beſte Mann auf dem Felde überhaupt,
iſt Staatsmann, der in wirklich vorbildlicher Weiſe immer
ſei=
nen flinken Stürmern zum Ball verhilft. Die Angriffe ſcheitern
jedoch an der ſicheren Arbeit von Baumann und Stephan, die
dem Gegner jeden Erfolg ſtreitig machen. Bei dieſem Zerlauf
vergeht die erſte Halbzeit, ohne daß eine Partei einen Erfolg
buchen kann. Nach der Pauſe erreicht das Spiel ſeinen
Höhe=
punkt. Die Zuſchauer feuern beide Mannſchaften durch
Zu=
rufe an. Stets hat der Schiedsrichter das Spiel in ſeiner Hand.
Allmählich und ſicher drängt der Sportverein den Gegner in
ſeine Hälfte zurück. Mehr als dreiviertel der Spielzeit muß er
die Ueberlegenheit der Einheimiſchen verſpüren. Harte Arbeit
müſſen die Sandhöfer verrichten, die es ſich ab und zu leichter
machen, um durch unnötiges Austreten des Balles Zeit zu
ge=
winnen. Das Prodult der Meiſterſchaftsſpiele wirkt ſich aus.
Vor lauter Beinen im Umkreis des Mannheimer Tores haben
die Einheimiſchen ſchweren Stand, den Ball ins Tor zu
beför=
dern. Der Mannſchaft ganze Kraft iſt auf den Verſuch
ein=
geſtellt, dieſe Mauer zu durchbrechen. Daß dies nicht gelingen
will, iſt nicht ihre Schuld. Viele Spiele, und immer die
wich=
tigſten, finden ſportlich auf dieſe Art einen unrühmlichen
Aus=
gang. Stets die beſſere Mannſchaft wird bei ſolchem Verhalten
um den zählbaren Erfolg gebracht. Heute müſſen dies die
Darm=
ſtädter erfahren. Ungerecht, daß bei ſolcher Taktik die ſportliche
Leiſtungsfähigkeit in der Wertung auf dem Papier im
umgekehr=
ten Verhältnis ſich auswirkt. Von beiden Mannſchaften gab
jeder einzelne ſein Beſtes. Die Ueberlegeneren und Beſſeren
waren unſtreitig die Einheimiſchen. Daß der größte Teil der
Zuſchauer ſich durch das torloſe Ergebnis enttäuſcht ſah, iſt
be=
greiflich. Wenn Sandhofen ſich durch ſeine Spielweiſe zu halten
verſtand, ſo iſt das ſein gutes Recht. Immerhin war das
Kenn=
zeichen des heutigen Treffens: die Punktjagd. Mit Sport hat
das nichts zu tun. Sandhofen war offenſichtlih auf Verteidigung
eingeſtellt, und Darmſtadt ließ es zur rechten Zeit an Schneid
fehlen, der den Sieg geſichert hätte und den wir am
vergange=
nen Sonntag ſehen konnten. Im großen Ganzen war das ein
Duell zwiſchen den beiden Mittelläufern Takges und
Staats=
mann, bei dem letzterer der Beſſere war. Nach dieſem Ausgang
darf Sandhofen als Meiſter angeſehen werden, wenn das
zu=
folge Proteſtes bevorſtehende Wiederholungsſpiel Sandhofen
gegen Weinheim in Weinheim nicht einUlnentſchieden hringt.
Iſt dies der Fall, dann iſt ein Ausſcheidungskampf zwiſchen den
heutigen Gegnern auf neutralem Platz zu erwarten, der
noch=
mals Gelegenheit zum Beweis geben wird, wer der tüchtigere,
der Meiſter der diesjährigen Ligaſpiele des Odenwaldkreiſes
ſein wird.
F. C. Eintracht I. — Kickers 16 I. Frankfurt 2:2.
Mch. Dieſes Treffen erfüllte ganz die in es geſetzten
Hoff=
nungen, denn es wiclelte ſich vor den Augen der Zuſchauer ein
Kampf ab, wie er auf dem T.G.D.=Platze ſelten zu ſehen iſt.
Beide Mannfchaſten führten ein ſchönes, flaches Paßſpiel vor, bei
dem einmal dieſe und dann jene Partei die Oberhand behielt.
Die Kickers, die bis Halbzeit mit 1:1 führten, verdanken dieſes
günſtige Reſultat ihrem ſich in allen Lagen gewachſen zeigenden
Torhüter, während der Erſatzhüter bei Eintracht das zweite Tor
hätte verhüten müſſen. Auch Bauer, der wieder für den
ausge=
wanderten Rupp ſpielte, war noch der Alte, während die
Läufer=
reihe durch die Verletzungen von Rauſch und Günter nicht auf
der Höhe war. Im Sturm vermißte man trotz ſchönen
Zuſam=
menſpiels den Schuß, jedoch konnten die beiden von Klotz, der für
Frey in den Sturm ging, erzielten Tore ſich in jedem Ligaſpiele
ſehen laſſen. Das Reſultat iſt für Eintracht beſonders günſtig, da
ſie nach Halbzeit meiſt mit 8 bezw. 9 Mann ſpielte, was gegen die
in guter Form befindlichen Frankfurter als gute Leiſtung zu
be=
trachten iſt. Jedenfalls zeigte Eintracht, daß ſie ſich, trotz des
Peches in den Verbandsſpielen, nicht entmutigen läßt. Herr
San=
tropp als Unparteiiſcher konnte befriedigen.
„V.f.N.‟ Darmſtadt Ib — „Eintracht”=Frankfurt, Alte Herren
3:4 Toren.
Obiges Treffen fand geſtern in Frankfurt ſtatt und endete mit
dem knappen Ergebnis von 3:4 für die „Alten Herren” von
Ein=
tracht. Ein faires, intereſſantes Spiel, das bewies, daß die „Alten
Herren” der Frankfurter noch in beſter Weiſe Fußball ſpielen und
ſich ron den jungen Darmſtädtern nicht unterkriegen ließen.
Das Rückſpiel findet am 23. März in Darmſtadt ſtatt, und ſpielt
vor dieſem Spiel Eintracht=Franlfurt I. Jgd. — V.f.R. I. Jgd
„V.f.R.‟ Darmſtadt Ib. Jgd. — F.V. Weinheim I. Jgd. 2:3.
Ein hartes Treffen. Die Weinheimer Mannſchaft ſoll etwas
„überjugendlich” geweſen ſein, und mußten ſich die Darmſtädter
Jungen, die techniſch bedeutend beſſer waren, mit 2:3 knapp als
geſchlagen bekennen.
Sportverein Münſter — Viktoria Griesheim 3: 1.
Eine empfindliche Niederlage mußte im geſtrigen Treffen
„Viktoria” Griesheim gegen Sportverein Münſter einſtecken. Auch
bei dieſem Spiele führte die Unentſchloſſenheit der Stürmerreihe
uud dazu das glatte Verſagen der Verteidigung zur Niederlage.
Münſter zeigte ein ſyſtematiſches Spiel und konnte durch ſicher
abgefaßte Vorlagen zum Erfolg kommen. In der erſten
Halb=
zeit war Griesheim faſt durchweg überlegen und Münſter ſchoß
in das ſchlecht verteidigte Tor Griesheims. Ein Elfmeter für
Griesheim wurde abgewehrt und ſteht das Spiel zur Halbzeit
5.0 für Münſter. Nach Wiederbeginn ſchien ſich Griesheim
etwvas aufraffen zu wollen, denn bald erzielt es ein Tor, und
die Outimiſten glaubten ſchon an eine Wiederholung des
vorher=
gehenden Sonntags, aber es ſollte nicht ſo kommen. Bald ſchoß
Münſter ſein drittes Tor und wenn auch „Viltoria” öfters noch
fehr gefährlich wurde, zum Siegen fehlte die nötige Taktik.
Gegen Spielende hin verſagt Griesheims Hauptverteidiger
voll=
ſtündig. — Der Schiedsrichter konnte nicht befriedigen.
Ia Jgdm. V. f. N. — 1. Jgdm. „Eintracht‟ Darmſtadt 4:0.
Vor dem Verbandsſpiel der Vereine „Viktoria” Griesheim
„Sportverein 19” Münſter trafen ſich die Jugendmannſchaften
von V. f. R. und „Eintracht‟ Darmſtadt zu einem
Freundſchafts=
ſpiele. V. f. R.=Jugend konnte bereits in der 13. Minute in
Führung gehen. „Eintracht” ſetzte nun alles daran, den
Aus=
gleich zu erzielen, aber die Läuferreihe V. f. R. verſtand es, mit
ihrem wunderbaren Stellungs= und Zerſtörungsſpiel ſowie die
ſicher arbeitende Verteidigung mit ihrem Torwächter das Tor
teinzuhalten. In einem Zeitabſchnitt von 5 bis 10 Minuten
konnten drei weitere Tore (bis zur Halbzeit) erzielt werden.
Mit 4:0 bleibt es bis zum Schluß, da der V. f. R. gegen den
Wind ſpielte und bei ſeinem Flachſpiel dadurch ſehr
beeinträch=
tigt wurde. Bei V. f. R. konnte die ganze Mannſchaft gefallen.
Bei „Eintracht” fehlte das ſchnelle Zuſpiel und die
Entſchloſſen=
heit vor dem Tore. Bei weiteren Spielerfahrungen gegen gute
Gegner läßt ſich dieſer Fehler beheben.
Weitere Ergebniſſe:
F. C. Nürnberg—Mannheim=Waldhof 2:0.
Sp. Vgg. Fürth—Sp. V. Frankfurt 4:2.
Kickers=Stuttgart-Voruſſia=Neunkirchen 2:0.
Bürgel—Germania=Bockenheim 4:1.
Städteſpiel: Berlin—Hamburg 3:1.
„Heffen”—Sportverein 98 1:2 (1:0).
Auf dem Schupoplatz trafen ſich am geſtrigen Sonntag die obigen
Mannſchaften zum Rückſpiel. Sportverein mit teilweiſe neuen Leuten,
„Heſſen” in der gleichen Aufſtellung wie im Vorſpiel. Zum
Spielver=
lauf kurz folgendes:
Der Anwurf des Sportvereins wird gleich von den „Heſſen”
abge=
fangen und bringt dieſe in bedrohliche Nähe des gegneriſchen Tores.
In der neunten Minute kann auf ſchöne Vorlage der Halbrechte — der
kleinſte, aber feinſte Stürmer der Mannſchaft — unhaltbar einſenden.
„Heſſen”, mit dem Wind als Bundesgenoſſe, verlegt das Spiel in des
Gegners Hälfte. Außer einzelnen Durchbrüchen kommt Sportverein
nicht aus ſeiner Hälfte heraus. Mit dem Stande 1:0 für „Heſſen”
wer=
den die Seiten gewechſelt. In der zweiten Halbzeit vollkommen
ver=
teiltes Spiel. In der 50. Minute zieht Sportverein gleich. Das Tor
wäre haltbar geweſen. Zwei Minuten tor Schluß diktiert der
Schieds=
richter 13 Meter=Wurf für Sportverein, der auch eingeworfen wird.
Darmſtädter Hockehklub I.—Turnverein 1860 Frankfurt I. 2:4 (0:3).
Sonntag vormittag trafen ſich obige Mannſchaften und zeigten ein
hochklaſſiges, ſchnelles Spiel. Turnverein geht dank der unſicheren
Ab=
wehr der D.H.C.=Verteidigung bis zur Pauſe mit drei Toren in
Füh=
rung. D.H.C. hat beim Schießen Pech und geht leer aus. Nach
Seiten=
wechſel drängt Darmſtadt einige Zeit und erzielt ſein erſtes Tor. Bei
offenem perteilten Spiel erzielt dann jede Partei noch ein Tor.
Turn=
verein hat verdient gewonnen. Die Mannſchaft iſt zurzeit in
ausge=
zeichneter Form. D.H.C. mußte leider Erſatz für Torwart, reihten
Läufer und Rechtsaußen einſtellen, was nicht ohne Einfluß auf den
Spielausg ing war.
Nürnberger Hockeygeſellſchaft—F. Cl. Nürnberg 1:0.
Sp. Cl. 92 Berlin-Berliner Hockeyklub 5:2.
Der Termin für die Silberſchildſpiele wurde wegen der
Reichstagswahlen und des Länderſpiccß Deutſchland—Schweiz
abermals verlegt und zwar die Vorrunde auf den 13. April, die
Zwiſchenrunde auf den 27. April und das Endſpiel auf den
18. Mai.
Eintracht=Frankfurt—Sp. Cl. Mannheim 11:3.
Die Rugby=Meiſterſchaft von Berlin gewann Sp.Cl.
Char=
lottenburg gegen Sp.Vgg. Siemens 30:0.
England—Schottland 19:0. (England iſt damit
großbritan=
niſcher Meiſter für 1924.
Sp. Cl. 80 Frankfurt—Sp. Cl. Leipzig 3:3.
Sp. Cl. 80 I. Damen-Damen=Uhlenhorſt 4:1.
Darmſtädter Keglerverband.
Eine rege Tätigkeit wurde durch den Sportausſchuß ſeit
An=
fang dieſes Jahres entfaltet. Zunächſt fand ein Preiskegeln an
vier Sonntagen ſtatt, an dem ſich über 100 Verbandsmitglieder
beteiligten. Das Kegeln fand auf der Kaiſerſaalbahn ſeine
Er=
ledigung. Als Beiſpiel war das ſogen. Abräumen mit
Bilder=
bewertung gewählt. Jeder Kegler konnte eine beliebige Anzahl
Serien zu 25 Kugeln abwerfen. Es ſind ſehr gute Reſultate
er=
zielt worden. Aus freiwilligen Spenden der einzelnen Klubs
konnten 23 Preiſe zur Verteilung gelangen. Sodann folgte als
ſportliche Veranſtaltung das Kegeln um die
Verbandsmeiſter=
ſchaft, das ſich an drei Sonntagen im Kaiſerſaal und der
Woogs=
turnhalle abwickelte. Es beteiligten ſich daran 60 Sportskegler,
die auf jeder Bahn 100 Kugeln in die Vollen hintereinander zu
ſchieben hatten. Von früh bis ſpät rollten unaufhörlich die
Kugeln die Bahnen entlang. Jeder gab ſein Beſtes her, das
merkte man an den Schweißperlen, die die Stirne
herunter=
floſſen. Ausgezeichnete Reſultate wurden erzielt. Von 40
Keg=
lern wurde die für Aſphalt vorgeſchriebene
Durchſchnittsholz=
zahl von 5 und darüber erreicht. Die höchſte Holzzahl erreichte
Kegelbruder Schäfer vom Klub „Waiſenpumpe”, der mit 1141
Holz bei 200 Kugeln 1. Verbandsmeiſter wurde. Ihm folgen
Kegelbruder Joſt vom Klub „L. L. 08” mit 1111 Holz als 2.
und Kegelbruder und Oberholzer Thümmel vom Klub
„K. K. 1911” als 3. mit 1106 Holz.
Aus dieſen 40 Kegelbrüdern werden drei
Städtemannſchaf=
ten gebildet, die demnächft je 150 Kugeln in die Vollen zu
ſchie=
ben haben. Das Ergebnis iſt dafür beſtimmend, wer in die
eiſte, zweite und dritte Städtemannſchaft kommt.
Der Verband hat nach den Beſtimmungen des
Bundesſport=
ausſchuſſes mit Karlsruhe, Durlach und Bensheim
Städtewett=
kämpfe auszufechten, die in der Zeit vom 13. April bis 29. Juni
ſtattfinden. Aus dieſen Kämpfen geht die Bezirksmeiſterſchaft
hervor.
Nicht allein in ſportlicher Hinſicht, ſondern auch auf ſozialem
Gebiet iſt der Verband tätig geweſen. Er hat eine Sterbekaſſe
auf Gegenſeitigkeit gegründet, der die meiſten Kegelbrüder ſich
angeſchloſſen haben. Seine Mitglieder hat er gegen Unfälle auf
den Kegelbahnen verſichert. Aus dieſer Verſicherung wird bei
Erwerbsunfähigkeit durch Unfälle beim Kegeln eine namhafte
Unterſtützung gewährt. Da es das Ideal eines jeden Kegleus iſt,
ein eigenes Heim zu beſitzen, plant der Verband die Errichtung
eines Heglerheims. Zurzeit iſt man bei der Ausgabe von
Anteil=
ſcheinen, und ſteht zu erwarten, daß jeder Kegler nach ſeinen
Kräften ſich an dem Erwerb derſelben beteiligt.
Am Sonntag, den 23. März, findet die 2. Wanderung der
Wanderabteilung der Turngeſellſchaſt Tarmſiadt ſtatt. Cine
Tagesranderung wird die Teilnehmer
r Ober=Ramſtadt,
Fran enhauſen, Ni der=Beerbach, Eberſat führen. Der
Ab=
marſch der Wanderung erfolgt ab Meßpla um ½8 Uhr, und iſt
eine Marſchzeit von 6 Stunden vorgeſehen.
„Jungdeutſchlond” in Frankfurt — Berges ſchlägt Treis=Köln.
Frankfurt hatte ſich zu ſeinem Verbandsoffenen hervorragende
Klaſſe verſchrieben und bis auf die Fehlmeldung von V. f. v. S.=
Mün=
chen vollſtändig erfüllte Meldungen. Hellas=Magdeburg war mit
kom=
pletter Mannſchaft anweſend. Köln erſtklaſſig vertreten; Göppingen,
Nürnberg, Dortmund verſprachen ſpannendſte Rennen. „
Jungdeutſch=
leud” konnte dreimal an erſter Stelle landen und verſchiedene Plätze
buchen. Das Hauptereignis des Tages war das Zuſammentreffen von
Berges=Darmſtadt mit beſter Klaſſe, um nur Hilmar, Treis und Becker
zu nennen. In ſchärfſtem Tempo lagen Treis und Berges bis kurz vor
dem Ziele gleich, während Hilmar abfiel. Berges konnte unter toſendem
Beifall mit Handſchlag Treis abfangen und in glänzender Zeit das
Rennen für ſich entſcheiden; er hat ſich hiermit im ganzen
Schwimm=
verband einen Namen gemacht, den er hoffentlich am nächſten Sonnt.ig
in München feſtigen kann. Die erſte Damenlagenſtaffel konnte „
Jung=
deutſchland” nach ſpannendem, wechſelndem Kampf für ſich entſcheiden,
Berges werden die 400 Meter bel. zugeſprochen, da Fauſt nicht antritt.
Die Ergebniſſe (Bahnlänge 24 Meter, tiefe Wende),
vor=
mittags 9 Uhr:
1. Juniorlagenſtaffelf. V. o. W., 4X2 B.: 1. Wiesbaden 4
2:21,6, 2. Worms 2:23,2.
2. Juniorbruſtſchwimmen, 4 B.: 1. K. Rütt=Köln=Deutz
1:21,2, 2. O. Cordes, „Hellas”=Magdeburg, 1:21,4, 3. W. Gils, „
Jung=
deutſchland”, 1:22.
3. Damenjuniorrücken, 4 B.: 1. G. Nieſſen=Gladbach 1:36,4,
2. E. Burmeſter Frankfurt 1:37.
4. Erſtſchwimmen, 2 B.: 1. H. Wolf=Uerdingen 27:8, 2. F.
Müller, „Moenus”=Offenbach, 29, 3. W. Fitzner=Mannheim 30.
5. II. Seniorbruſtſchwimmen, 4 B.,: 1. K. Jeniſch,
Frankfurt a. M. 1:16,2, 2. H. Czerwonski=Köln=Deutz 1:17,4, 3. B. Weiß=
Nürnberg 1:18, 1. A. Stangel=München 1:18,8.
6. Junior bel., 4 B.: 1. H. Wolf=Uerdingen 1:05,2, 2. W.
Günther=Nürnberg 1:09,6, 3. E. Stewen=Dortmund 1,10.
7. Damenbruſt, 6 B.: 1. S. Müller=Frankfurt a. M. 2:28,8,
2. J. Neutſcher, Offenbach 96, 2,38.
8. Juniorbruſtſtaffel, 4XS B.: 1. Nürnberg 2:28,8.
2. „Moenus”=Offenbach 2:30,4.
8. Juniorrücken, 4 B.: 1. Handſchuhmacher=Dortmund 1,12,
2. Glanzberg=Gladbach 1:17,4.
10. Damen bel., 4.B.: 1. Saſſerat=Gladbach 1,28.
11. II. Seniorrücken, 4 B.: 1. Heiderſcheidt=Köln=Deutz 1:10,8,
2. C. Heberer=Frankfurt a. M. 1:12,6, 3. P. Hidding=Göppingen 1,13.
12. Juniorſtaffel bel., 4X2 B.: 1. Köln=Deutz 2,93,
2. „Jungdeutſchland” 2:03,8, 3. „Moenus”=Offenbach 2,06.
13. Waſſerball: Nürnberg—Dortmund 5:5.
Nachmittags 3 Uhr:
1. I. Seniorlagenſtaffel, 4X2 B.: 1. „Hellas”=Magdeburg
1:57,8, 2. Deutz=Kalk 2:01.
2. I. Damenrücken, 4 B.: 1. L. Zimmermann 1:36,4, 2. F.
Zaun 1:37.
3. Juniorlagenſtaffel, 4X2 B.: 1. Dortmund 2:11,8,
2. „Moenus”=Offenbach 2:13, 3. Deutz=Kalk 2:16,8.
4. II. Damenbruſt, 4 B.: 1. Reuſcher=Offenbach 1:36, 2. Steck=
Frankfurt 1:40.
5. I. Seniorbruſt, 8 B.: 1. Rademacher=Magdeburg 2:41,4,
2. Fauſt=Göppingen 2:44,6.
6. II. Senior bel., 2 B.: 1. W. Riedel=Magdeburg 26:2, 2. O.
Cordes=Magdeburg 27:2, 3. H. Wencher=Stuttgart 27:4, 4. Glanzberg=
Gladbach 27:4.
7. I. Damenlagenſtaffel, 4X2 B.; 1. „Jungdeutſchland”
2:39,4.
8. I. Seniorbel., 4 B.: 1. Berges=Darmſtadt 1:01, 2. E. Treis=
Deuß=Kalk 1:01,2.
9. I. Seniorſpringen: 1. Scheck=Stuttgart 494/. Punkte,
2. Riedl=München 43½/= Punkte.
10. I. Seniorbruſtſtaffel, 3X2 B.: 1. Nürnberg 1:42,4.
11. II. Damenſtaffel bel., 3X2 B.: 1. E. F. S. C. 1:55,4.
12. I. Seniorſeite, 4 B.: 1. Benecke=Magdeburg 1:06, 2. Treis=
Köln 1:07.
2
13. I. Seniorrücken, 4 B.; 1. Frölich=Magdeburg 1:10,6,
2. Strater=Gladbach 1:14,8.
14. II. Seniorlagenſtaffel, 4X2 B.: 1. „Hellas”=
Magde=
burg 2:05,8, 2. Dortmund 2:08,8.
15. I. Senior bel., 16 B.: 1. Berges zugeſprochen.
16. I. Damen bel., 2 B.: 1. Jeniſch=Frankfurt 35:8.
17. II. Seniorſtaffel, 4X2 B. bel.: 1. „Hellas”=Magdeburg
1:47, 2. „Jungdeutſchland” 1:53,4.
18. II. Damenlagenſtaffel 4X2 B.:, 1. E. F.S.C. 2:46,
2. Gladbach 2:51,2.
19. I. Seniorſtaffel bel. 4X2 B.: 1. „Hellas”=Magdeburg
1:54,4 im Alleingang.
20. Waſſerball: „Hellas”— E. F.S.C. 10:0. Dr. H.
Sportverein 98.
Die Uebungen im Gymnaſtikſaal haben ihr Ende erreicht,
ſo=
daß nach dem vorgeſehenen Plan am Donnerstag, den 20. März,
die Fortführung in der Sporthalle der Schupo geſchieht. Der
Abend von 8—10 Uhr wird mit einer Stunde freier und
ange=
wandter Gymnaſtik und vorbereitender Uebungen begonnen,
während im zweiten Teil des Uebungsabends Leichtathleti
vor=
übungen in Gruppen durchgenommen werden, wozu die
Sport=
halle beſonders gute Einrichtungen bietet. Den Teilnehmern
wird empfohlen, ſich außer der Sportkleidung mit einem wollenen
Schwitzer und langer Hoſe zu verſehen. Ferner wird darauf
auf=
merkſam gemacht, daß die Sporthalle ſich jetzt in der alten
Train=
kaſerne, Eſchollbrücker Straße (nicht Holzhofallee), befindet. Zum
Schluß ſei noch bekannt gegeben, daß das Platztraining mit einer
allgemeinen Gymnaſtikwoche beginnt, die vom 3. bis 10. Mai
ſtattfindet.
Deutſche Turnerſchaft, Main=Rheingau der D. T.
Nächſten Samstag, 23. März, nachmittags 3 Uhr, findet in
Pfungſtadt der Frühjahrswaldlauf des Main=Rheingaues ſtatt.
Die Strecke verläuft durch den nördlich des Bahnhofs gelegenen
Kiefernwald und endigt auf der Landſtraße Pfungſtadt—
Eber=
ſtadt, in der Nähe des Güterbahnhofs. Der Lauf wird als Einzel=
und Mannſchaftslauf durchgeführt. Durch die neue
Stufenein=
teilung iſt die Ausſicht auf einen Sieg vergrößert und ſomit der
Anreiz zur Teilnahme verſtärkt, was dem Ziel der D. T.
ent=
ſpricht. Die bis jetzt eingegangenen Meldungen laſſen auf eine
ſtarle Beteiligung ſchließen. Der Turnverein Pfungſtadt hat ſich
mit beſonderem Eifer den Vorbereitungen gewidmet. H. S.
Bei dem am kommenden Sonntag ſtattfindenden
Gauwald=
lauf des Main=Rheingaues der Deutſchen Turnerſchaft werden
ſich einige Läufer der Turngeſellſchckaft Darmſtadt beteiligen.
Die nächſte Turnſtunde der Männer und Zöglinge findet am
nächſten Freitag ſtatt.
Mi teldeutſche Waldlaufmeiſterſchaft.
Die Kämpfe um die Mitteldeutſche Waldlaufmeiſterſchaft über
10 Klm. bei Chemnitz hatten ſolgendes Ergebnis: 1. Bräutigam=
Zeitz 34:24,1: 2. Walpert=Magdeburg 34:24,2; 3. Dieckmann=
Magdeburg 35:07.
Seite 6.
Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 17. März 1924,
Rummer 27.
Radfahren.
Velozipedklub 1899, Gaumeiſter im 6er Kunſtreigen.
Zur Austragung der Gaumeiſterſchaft hatte ſich die 6er
Kunſt=
mannſchaft des V.C.D. 1899 am Samstag, den 15. März, nach
Offenbach begeben. Die Mannſchaft, beſtehend aus den Herren
K. Frahnert (Fahrwart), 9. Schneider, W. Menges, W. Rühl,
H. Göttmann, K. Göttmann, Erſatzmann W. Engel, hat das in ſie
geſetzte Vertrauen im vollſten Maße gerechtfertigt, die
Meiſter=
ſchaft mit Erſolg verteidigt und dem V.C.D. erneut gewonnen.
Damit hat der V. C.D die Gaumeiſterſchaft ſeit 1921
ununter=
brochen inne, und diesmals mit einer nie erreichten Punktzahl
von 12.42 Punkten. Die von dieſer Mannſchaft bisher erreichte
höchſte Wertung waren 12.09 Punkte. Das neueſte Ergebnis
be=
weiſt die weitere Formverbeſſerung.
Am 6. April finden in Marburg die Kreismeiſterſchaften ſtatt,
zu denen alle Gaumeiſter Süddeutſchlands zugelaſſen ſind. Die
Mannſchaft hat dieſe Meiſterſchaft in harten Kämpfen ebenfalls ſeit
1921 ſiegreich verteidigt. Sie wird auch nach Marburg gehen. Bei
dem guten Sportgeiſt, der im V.C.D. herrſcht, kann man auch
dieſen Kämpfen mit Ruhe entgegenſehen. Vorwärts immer
rückwärts nimmer! iſt das Loſungswort dieſer Mannſchaft.
Einen doppelten Erfolg brachten die Saalwettbewerbe in
Offenbach. Der bekannte Saalfahrwart Louis Hax trat mit ſeiner
Damenriege in Wettbewerb und landete gegen den Velozipedklub
Frankfurt und die Wanderluſt=Frarkfurt=Bockenheim einen
ſchö=
nen Sieg. Die Damen M. Brändel, E. Wedekind, M.
Rhein=
hardt, K. Raah, K. Rheinhardt, L. Raab, E. Lehe und P.
Schnell=
bacher gaben ihr Beſtes her und fuhren mit gewohntem Schneid
einen vorbildlichen Reigen.
Seit Beginn des neuen Sportjahres 1923/24 hat der V. C.D.
alle Wettbewerbe für ſich entſcheiden können, ein würdiger
Auf=
talt zu ſeinem 25jährigen Jubiläum.
An Oſtern leiſtet der Fahrwart Louis Hax mit ſeiner
unge=
ſchlagenen Jugendmannſchaft einer Einladung zur
Oſterſport=
woche in Hamburg Folge, anſchließend mit zwei Mannſchaften
nach Köln. Ergebniſſe folgen.
„Siewener”.
Das Endergebnis der Deutſchlanofahrt
tird, wie uns aus Köln mitgeteilt wird, erſt in etwa 10 Tagen
veröffentlicht werden können. Die Berechnung der Punktwertung
erfordert eine weit größere Arbeit, als vorauszuſehen war. Seit
Eintreffen der Deutſchlandfahrer in Köln ſind ſechs Herren mit
Errechnung der Punfte und Vergleichen der Kontrolliſten
be=
ſthäftigt.
Flugſport.
Neuer deutſcher Flugweltrekord.
Mit dem von Regierungsbaumeiſter H. Klemm
konſtru=
ierten, mit 7,9 PS. Fahrradmotor betriebene Daimler=
Leichtflug=
zeug L 15 wurde von Diplom=Ingenienr M. Schrenk und Dr.=
Ing. W. v. Langsdorff ein neuer Weltrekord aufgeſtellt.
Auf einem Ueberlandflug von Sindelfingen bei Stuttgart über
Mühlacker und Heidelberg nach Bensheim a. d. B. wurde eine
Höhe von 1100 Meter erreicht. Zur Ueberwindung der 120
Kilo=
meter langen Strecke wurden 1½ Stunden benötigt. Dieſer
her=
vorragende Flug ſtellt eine neue Welthöchſtleiſtung für
Flug=
zeuge mit Hilfsmotor im Zweiſitzer=Flugzeug dar. Flugdauer
und Höhe ſind bisher von keinem ähnlichen Flugzeug annähernd
erreicht worden.
Turnen.
Das Feldbergfeſt wurde auf den 24. Auguſt feſtgeſetzt.
* Wäſche und =Ausſtattung
auf der Leipziger Frühjahrs=Muſter=Meſſe.
In zunehmendem Maße erſcheint auf der Leipziger Muſtermeſſe
auch ſeinſte Qualitätsarbeit in Damenwäſche. Den erſten Anſtoß zu der
heutigen ſo vielſeitigen Anwendung aller möglichen Handarbeitstechmniken
an der Leibwäſche, gab wohl die zunehmende Not der gebildeten Fran
des Mittelſtandes. Ihr zu helfen, ihr ein Abſatzgebiet für die Erzeugniſſe
ihres Kunſtgewerbefleißes, ihrer Geſchicklichkeit zu bieten, mochte min
auch die Wäiſche zu dieſem Zweck herangezogen haben und der
außer=
ordentliche Anklang, den kunſtvoll verzierte Damenwäſche bei den Frauen
fand, führte dann zur Ausdehnung der Ausſchmückung von
Gebrauchs=
wäſche für faſt alle Zwecke.
Auf der ſoeben ſtattgefundenen Leipziger Frühjahrsmeſſe nun, war
faſt kein Wäſcheſtück für den perſönlichen Gebrauch, wie für den
Haus=
bedax;, ohne irgend eine handgefertigte Ausſchmückung zu ſehen. Hemden
und Beinkleider, Nachthemden, Untertaillen, Prinzeßröcke,
Friſierjäck=
chen, entzückende Morgenhäubchen, lichrfarbig unterlegt, in elegantem
Genre als ſogenannte Garnituren in der Ausſtattung übereinſtimmend,
weiter Kiſſen, Plumeaus und Decbettbezüge, ja ſogar die Bettücher, die
nach einer neuen Modelaune wieder als Paradeſtück der Handfertigkeit
etwa Handbreit unter der Bettdecke hervorragen müſſen, erfreuten ſich,
der Anwendung exakt ausgeführter Handarbeiten. Wenn man vor der
reichen Auswahl der derſchiedenen weiblichen Handfertigkeitstechniken
ſteht, die ſämtlich geſchmackvoll zur Ausſtattung der Wäſche Anwendung
fanden, dann könnte man unmöglich einer derſelben dor allen anderen
den Vorzug geben. Bei ſinngemäßer und geſchmackvoller Anwendung
kann die einfache Hohlnaht ebenſo wundervolle Wirkungen ergeben, wie
die reichſte Loch= und Plattſtichſtickerei, die feinſte Klöppelarbeit oder
Filetſtopferei. Als die prächtigſten Stücke weiblicher Handfertigkeit
waren unſeres Erachtens jene anzuſehen, die ſorgſamſte
Maſchinen=
ſteppereien, in nur nadelfeinen Biſon zu aparter Gruppenwirkung
ver=
eint, mit handgenähter Loch= und Plattſtichſtickerei, 4 jour eingearbeiteten
Klöppel= oder Filetmokiven vereint. Die immer lebhaft farbig
unter=
legten, durchbrochenen Arbeiten dieſer Art fanden nicht nur
außer=
ordentlichen Anklang bei den zahlreichen weiblichen Einkäuferinnen,
ſondern auch bemertenswerter Weiſe bei ihren männlichen Kollegen,
die wohl angeſichts dieſer neuen Schöpfungen ſofort die Möglichkeit
weitgehendſten Abſatzes voll Weitblick vorausſahen, und ſelbſt den für
deutſche Verhältniſſe nahezu unerſchwinglichen gänzlich handgefertigten
Wäſcheftücken ſoviel Intereſſe entgegenbrachten, daß auch in dieſen
apar=
teſten Qualitätswaren größter Umſatz erzielt wurde.
E. M.
Aus Heſſen.
* Dieburg, I5. März. Neuer Geiſtliche. Dem Pfarrer
Schrimpf in Hirzenhain (Oberheſſen) iſt die hieſige ev. Pfarrſtelle
über=
tragen worden. Pfarrer Schrimpf hat 23 Jahre in Hirzenhain
geſtan=
den und erfreute ſich allſeitiger Wertſchätzung.
Eppertshauſen b. Dieburg, 15. März. Gauturnfeſt. Der
Jahn=Starkenburg=Gau im Südweſtdeutſchen Turnerbund hat dem
hieſigen Turn= und Athletik=Verein ſein diesjähriges Gauturufeſt
über=
tragen. Es ſoll am 13. Juli abgehalten werden.
— Bensheim, 15. März. Nach einer Bekanntgabe des
Kreisarbeits=
amtes betrug die Zahl der Arbeitsloſen am 1. März 2559 männliche und
112 weibliche Perſonen mit insgeſamt 3076 Familienangehörigen.
Ver=
mittelt wurden im Februar 576 Perſonen. Iſt auch noch keine
nennens=
werte Aenderung gegen den Vormonat zu verzeichnen, ſo wurde docht
feſtgeſtellt, daß Qualitätsarbeiter allmählich wieder mehr Arbeit finden
und aus der Liſte der Erwerbsloſen zu derſchwinden beginnen. Alſo
wer etwas Tüchtiges erlernt hat und arbeiten will, der findet viel leichter
Beſchäftigung als ungelernte Arbeiter. Ihr Väter und Mütter laßt
enere Kinder alle etwas Tüchtiges erlernen, ſie werden es euch ſpäter zu
danken wiſſen!
u. Wixhaufen, 14. März. Gemeinderatsſitzung. Die vom
Kreisſchulamt vorgeſchlagene Errichtung einer Kocheinrichtung für die
Mädchenfortbildungsſchule wird noch einmal vertagt, um mit der
Ge=
meinde Arheilgen zwecks Zuſammenlegung der Kocheinrichtung und den
betreffenden Unterricht in Verhandlung zu treten. Der Schreinermeiſter
Jakob Melk I. will ſein Wohnhaus umbauen, das in der neuen
Straßen=
flucht beſteht. Der Vorgarten vor dem Hauſe iſt 2,80 Meter breit und der
Zaun ſtellt die alte Straßenflucht dar. Er will den vorderen Giebel
1,50 Meter vorrücken und den Zaun entfernen, ſodaß ein diel beſſeres
Straßenbild entſteht. Außerdem will er ein Stockwerk aufbauen und im
uiteren Stockwerk einen Möbelladen errichten. Nach Anhören der
Bau=
kommiſſion wird die Genehmigung erteilt. — Die Beſohner der
Frey=
ſtrafte möchten die Straße durchgeführt haben bis zur Obergaſſe. Das
Geſuch wird vertagt zur Feſtſtellung der genauen Koſten. — Zum
Oelen der Fußböden in den Schulen ſoll ein Faß ſtaublindendes
Fuß=
bodenöl angeſchafft werden. — Einige Gräben im Feld ſollen ausgeputzt
werden durch Arbeitsloſe unter fachmänniſcher Leitung. — Zum Schluß
wurden Armenſaehen erledigt.
Mainz, 14. März. In der Sitzung der Strafkammer wurde über
die Bluttat, die den tragiſchen Tod des Stuckateurs Karl Pfeifle
herbei=
fühste, verhandelt. In der Nacht vom 4. auf 5. Juli 1923 wurde in der
Nähe des „roten Hauſes” der Stuckateur Karl Pfeifle ohne jede äußere
Veranlaſſung von dem ihm völlig unbekannten K. H. P. Fricke geſtochen.
Der Stich wurde mit einem Taſchenmeſſer ausgeführt. Dem Pfeifle
wurde die Beinſchlagader durchſchnitten. Der Tod trat in wenigen
Minuten ein. Fricke ging nach der Tat flüchtend davon, wurde jedoch noch
in der Nacht verhaftet und befindet ſich ſeit dieeſr Zeit in
Unterſuchungs=
haft. Fricke hatte ſich deshalb heute wegen Körperverletzung mit
töö=
lichem Erfolg zu verantworten. Das Urteil baut ſich auf der Anſichr
auf, daß der Angeklagte zwar geiſtig minderwertig ſei. Er ſei jedoch
nicht geiſtig unzurechnungsfähig, der Schutz des § 51 könne ihm nicht
zuerkannt werden und er ſei für ſeine Tat verantwortlich zu machen. Die
geiſtige Minderwertigkeit veranlaſſe, daß ihm mildernde Umſtände
zu=
zubilligen ſeien, doch falle auch die brutale Handlungsweiſe erſchwerend
ins Gewicht. Das Urteil laute deshalb auf eine Gefängnisſtrafe von
zwei Jahren aeht Monaten, das Meſſer ſei einzuziehen. Acht Monate
der erlittenen Unterſuchungshaft kommen von der Strafe in Abrechnung
ch. Nierſtein, 15. März. Gemeinderatsſitzung. Der
Ge=
meinderat hat folgendes beſchloſſen. Der Voranſchlag für 1923 wurde in
allen Teilen von Herrn Bürgermeiſter Eckert verleſen und vom
Gemeinde=
rat genehmigt. Die Baukommiſſion, die mit der Anſchaffung einer
Fuhr=
werksbrüickenwage beauftragt war, hat dem Gemeinderat von den
einge=
holten Offerten Kenntnis gegeben. Die Lieferung der Wage wurde dann
der Firma Carl Schenk in Darmſtadt übertragen. Die Baukommiſſion
wird mit den weiteren Ausführungen beauftragt. Mit der Abtretung
von Baugelände auf der früheren Gemeindebleiche an die gemeinnützige
Baugenoſſenſchaft erklärt ſich der Gemeinderat im Prinzip einverſtanden
und überweiſt die Bearbeitung aller damit verbundenen Angelegenheiten
der Baukommiſſion. Den Abſchluß einer Haftpflichtverſicherung der
Ge=
meinde mit der Verſ.=Gef. Wilhelma genehmigt der Gemeinderat. Wegen
Abſchluß weiterer Verſicherungen wird die Bürgermeiſterei beauftragt,
mit dem Vertreter der Verſicherung zu verhandeln. Verſchiedene
Woh=
nungsgeſuche fanden ihre Erledigung; ebenſo das Geſuch um Vergütung
zum Bedienen der Turmuhr. — Ein Geſuch um Freigabe einer Wohnung
wird abgelehnt. — Ferner hat der Gemeinderat beſchloſſen, die Wahl
eines Beigeordneten — bekanntlich war die Stelle eines Beigeordneten
längere Zeit verwaiſt — vorzunehmen. Bezüiglich Baugelände wird die
Bürgermeiſterei beauftragt, mit verſchiedenen Beſitzern in Verbindung zu
treten. Eine eventl. Enteignung iſt bereits ins Auge gefaßt.
Mainz, 14. März. Hier ſtarb der in weiteren Kreiſen bekannte
Sanitätsrat Dr. Hesdörffer, der Leiter und Mitbegründer des
israelitiſchen Krankenhauſes, bis 1924 Vorſtandsmitglied des Aerztlichen
Kreisvereins Mainz.
Mainz, 15. März. Todesfall. Rektor Joh. Adam Schmidt,
der ſeir dem Jahre 1200 an der hieſigen Volksſchule wirkte, iſt nach kurzer
Krankheit geſtorben. Der Mainzer Lehrerverein verlor in ihm eines
ſeiner beſten und tätigſten Mitglieder.
O Gießen, 15. März. Verzicht auf Tagegelder. Die
Mit=
glieder des Kreisausſchuſſes Gießen haben beſchloſſen, mit Rückſicht auf
die Sparpflicht des Staates auf ihre Tagegelder Verzicht zu leiſten.
Aus Oberheſſen, 14. März, ſchreibt man uns: „Vor kurzem erſchien
in Ihrem Blatt eine Notiz über die Teufelshöhle bei Steinau. Dieſelbe
liegt einige Minuten vom Bahnübergang der Straße Freienſteinau=
Steinau entfernt, ſeitab im Wald. In früheren Jahren hatte ein Verein
in Steinau die Höhle erſchloſſen. Ein niederer Stollen führte in einer
Talſchlucht zu der angeblich 30 Meter hohen Höhle, deren Inneres die
Form eines oben zugeſpitzten Zylinders hat. Am oberen Ende befindet
ſich eine Oeffnung, die ins Freie geht, aber ohne Seil nicht zu paſſieren
iſt. Die Höhle, die, wie ich mich bei mehreren Beſuchen überzeugt habe,
reich an Tropfſteingebilden, und =Säulchen, den ſogenannten Stalaktiten
und Stalagmiten, iſt, auch mehrere Seitenhöhlen mit unterirdiſchen
Bächen aufweiſt, konnte während des Krieges nicht mehr gepflegt werden.
Der Stollen iſt eingeſtürzt, das Eingangstor entfernt und der Zugang
nur von oben unter großer Gefahr möglich. Es wäre an der Zeit, daß
zuſtändige Stellen (die Höhle liegt auf preußiſchem Gebiet, im Kreis
Schlüchtern) ſich der Sache annähmen und das Naturdenkmal erhielten.
— Der „prähiſtoriſche” Knochenfund geht übrigens nach meinen
Erkun=
digungen auf einen Scherz zurück, den ſich ein Spaßvogel erlaubt haben
ſoll und der denn auch richtig gelungen iſt.” Bönning, Pfr.
Reich und Ausſand.
Die Schwindeleien im Düſſeldorfer Reichsbauamt.
Düſſeldorf. Die Ermittelungen der Kriminalpolizei in der
Angelegenheit der Schwindeleien beim Düſſeldorfer Reichsbquamt haben
weiter zu der Feſtnahme des berufsloſen Kurt Gritſchke, des
Steuer=
inſpektors Paul Weiland vom Landesfinanzamt, des Kaufmanns Le.
Levin und des Kaufmanns Adolf Leven geführt. Gritſchke, der Freund
des Weiland und auch des ſchon früher feſtgenommenen Steuerinſpertors
Bilſenak, hat an Stelle der Beamten die Aufträge für das Reichsbauamt
vergeben und ſich geeignete Lieferanten geſucht. Die Abmachungen mit
den Lieferanten waren derart, daß ſehr große Summen, die Taufſende
von Dollar ausmachten, als ſogenannte Proviſion gezahlt wurden. Wie
die Verteilung dieſer Summen an Veamte uſw. vor ſih eing, muß die
weitere Unterſuchung noch ergeben. Gritſchke hat in Gemeinſchaft mie
zwei flüchtigen Lieferanten und einem hieſigen Bankhaus ein ſehr großes
Hotel erſvorben, an dem ſich das Bankhaus mit 50 Prozent beteiligte
und wobei Gritſchke und die beiden Flüchtlinge je 11000 Dollau als
An=
teil zahlten. Die Geſellſchaft hat laut Düſſeldorfer Nachrichten hier
auch große Kohlen= und Weinlager gehabt, ferner ſind aus Mitteln
des Reichsbauamtes Automobile und ſehr wertvolle
Wohnungseinrich=
tungen angeſchefft worden. Es konnten bisher zwei komplette neu=
Automobile und wertvolle Wehnungseinrichtungen für das Reich
ſicher=
geſtellt werden. Bei dem bereits zu Anfang der Unterſuchung
feſt=
genommenen Arps wurden außer den früher gemeldeten Sachen ſchon
zwölf Kuvons Stoffe, ſowie eine größere Menge Zigarren und
Ziga=
retten und 2000 Gulden beſchlagnahmt.
Tod durch Schierlingsgift.
Duisburg. Vor einigen Tagen begaben ſich die drei Kinder
der Familie Lohmann aus Lintfort=Land zum ſogen. Spiegel, einem
ſumpfigen Landſtrich, um dort zu ſpielen. Gegen 4 Uhr nachmittags
kehrten die Kinder nach Hauſe zurück. Der älteſte Knabe, 13 Jahre alt,
brach ſchon vor dem Elternhauſe zuſammen, wurde dann in das Haus
getragen und ſtarb gleich darauf. Der ſofört herbeigerufene Arzt ſtellte
Vergiſtung feſt. Die beiden anderen Kinder, 9 und 12 Jahre alt,
wur=
den beſinnungslos dem Krankenhaus Rheinberg zugeführt.
Lebens=
gefahr liegt bei letzteren im Augenblick nicht vor. Wie die Leitung
des Krankenhauſes mitteilt, ſoll der Tod, bzw. die Erkrankung, auf den
Genuß von Schierling zurückzuführen ſein.
Eine traurige Ueberraſchung.
Insheim. In der Nacht vom Montag auf Dienstag wurde hier
in die Wohnung einer ausgewieſenen Eiſenbahnerfamilic eingebrochen
und daraus faſt das ganze Bettzeug geſtohlen. Mit Hilf; eines
Polizei=
hundes wurde die Ermittelung der Täter aufgenommen; ſichere
An=
haltspunkte konnten jedoch noch nicht feſtgeſtellt werden.
Neubau des Bahnhofs Bern.
Die Verwaltung der Bundesbahnen hat ein Projert mit Zufahrt
auf der gegenwärtigen Traue durch die Lorraine für 23 180 000 Fr.
auf=
geſtellt, und ein zweites mit Zufahrt durch die Engehalde, das 3 260 000
Franken mehr koſtet. Die Stadt ſoll die Mehrkoſten für das ihr beſſer
dienende Projekt tragen. Darüber ſchweben Verhandlungen.
Ein Eiferſuchtsdrama in Turin.
Die in den 30er Jahren ſtehende Maria Pellegrini gab 5
Revolver=
ſchüſſe auf die junge Gräfin Chriſtina Montagnini ab, als dieſe mit
Mutter und Schweſter die Kirche Santa Chriſtine verließ. Die Gräfin
brach tot zuſammen. Die Mörderin, die verhaftet wurde, erklärte, die
Tat begangen zu haben, weil ihr Geliebter, Ingenieur Feſta, ſie
ver=
laſſen wollte, um die Gräfin zu heiraten.
Eine Hinrichtung in der Arktis.
Der „lange Arm der Gerechtigkeit” hat nunmehr in die Regionen
des ewigen Eiſes hinaufgelangt und dort ein Verbrechen geſühnt, das
vor einiger Zeit von zwei Eskimos an dem Poliziſten Doak und dem
Händler Otto Binder begangen worden war. Die Eskimos hatten die
beiden Weißen ermordet und waren von dem Sergeanten der
beritte=
nen kanadiſchen Polizei Thorne nach langem, mühſeligem und
gefähr=
lichem Suchen aufgeſpürt worden. Wie aus Montreal berichtet wird,
iſt Thorne jetzt von Herſchel=Inſel, in der Arktis nach Fort Yukon
zurückgekehrt und hat gemeldet, daß die beiden Eskimos hingerichtet ſind,
Die Sache hatte einige Schwierigkeiten, denn der offizielle Henker von
Kanada, Ellis, weigerte ſich, die Reiſe nach dem hohen Norden zu
machen, und erließ einen öffentlichen Proteſt gegen eine Hinrichtung
durch „Amateure”; als Grund gab er an, „daß Eskimos ein ebenſo
gutes Anreiht auf eine ſachgemäße Hinrichtung haben wie Weiße‟. Die
Hinrichtung iſt nunmehr von Thorne ſelbſt vollzogen worden. Die
bei=
den Eskimos gingen furchtlos in den Tod und erkläuten auf dem
Schafott, daß die Poliziſten ſtets die Feinde ihres Volkes geweſen ſeien.
Verbilligt das Waſchen und ſchonet die Wäſche
durch Einweichen in
Näheres durch Fattinger Werke A.=G., Berlin NW. 7.
Tageskalender.
Landestheater, Großes Haus, Anfang 8 Uhr, Ende 10½ Uhr,
Film: „Nanuk, der Pelzjäger”. — Kleines Haus: Geſchloſſen.
Orpheum, 7¾4 Uhr: „Die keuſche Suſanne‟. — Unidn=, Reſidenz=,
Central=Theater, Palaſt=Lichtſpiele: Kinovorſtellungen.
Verſteigerungskalender. — Dienstag, 18. März.
Schwellenholzverſteigerung, vormittags 11 Uhr, im
Fürſtenſaal. — Faſelverſteigerung, nachmittags 3 Uhr, im
Rathaus zu Spachbrücken. — Faſelochsverſteigerung
vormittags 11 Uhr, im Hofe des Faſelſtalls in Meſſel.
Verantwortlich für Feutleton und Heſiſche Nachrichten: Mar Streeſe
Verantwortlich für Sport: Dr. Eugen Buhlmann
Verantwortlich für Schlußdienn: Andreas Bauer
Verantwortlich für den Inſeratenteil: Willy Kuhle
Druck und Verlag: L. C. Wittich — ſämtlich in Darmſtadt.
Die heutige Rummer hat 8 Seiten
e prüfen Sie
Ihre Zimmer-Ausstattungen. Garderobe ote. Der eine oder andere Gegenstand läßt
sich durch chem. Reinigen od. Färben Sicher wiadter wie neu herstellen
Weitere große Preisermäßigung!
Färberei Gebr. Röver
Rheinstraße 23 (2882a
Alioe Koch
Dr. Karl Davio
VERLOBTE
Darmstadt
Alzey
Rheinhessen) Alsbach
März 1924
ectsstsssssse
In beſter Lage
Au
und Garken zu kaufen
Preis und Angabe der Lag
ter S 116 an die Geſchſt. ds Bl.
(2980a)
ſiltsster
Nach
zum erſienmal in Heſſen ſpricht Dienstag abend 8 Uhr
im großen Saale der Turnhalle (Woogsplatz)
Prof. Dr. Gregor=Moskau
über Englands Geheimpolitik.
Es werden nur eine beſtimmte Anzahl Karten ausgegeben.
Eintritt Mk. 1.—. Abgebaute Beamte und Arbeitsloſe
gegen Ausweis Mk.
—20. Karten nur am Saaleingang.
Zu verkaufen:
4 Bett., 2 Kleiderſchr.,
Nachttiſch, 1 weißer
Gasherd m. Backofen,
Küchenſchrank, 1 gr.
und 1 kleiner Tiſch, 6
Stühie umſtändehalb.
Preis 600 Goldmark.
Große Ochſengaſſe 14,
Hinterhaus. (3280
Faſt neuer Sitz=
Liegeiagenu.
Kklapp=
ſtühlchen zu verkauf.
Lauteſchlägerſtraße 17
Seitenb. 2. St. I. (*756
Erfahrener Hoch
bautechniker (Archi
tekt) zum möglichſt ſo
ortigen Ei trit für
hieſig Architekturbüro
geſucht. Meldungen
it Angaba der
ſeit=
herigen Tätigkeit und
Gehaltsanſpr. u. MI 1
a. d. Geſchſt, (32810j
G. Krauth (*772
Doierwafſerf MrEmwbie D. eſcholbe. Str.
mit 6—7 Zimmer zu kaufen geſucht, auch
wenn erſt ſpäter oder nur teilweiſe
bezieh=
bar. — Angebote unter F. A. T. 768 an
Rudolf Mosse, Frankfurt a. M. (8282
Konfirmand.-Anzu!
blau, guterh., f.
Figur abzugeb. (r30
Hölgesſtraße 4, I.
Stärkwäſche
zum Bügeln wird
an=
genommen (*7333sg
Tannenſtraße 41, II.
Nummer 77.
Darmſtädter Ta blntt, Moing, ben 17. März 1:2
Selte 2.
Der Harnſtoff.
Der Harnſtoff iſt ein von der Badiſchen Anilin= und
Soda=
fabrik hergeſtelltes Stiaſtoffdüngemittel, der aus kleinen weißen
kriſtallinen Nadeln beſteht und in griesartiger Form geliefert
wird. Er enthält etwa 46 Prozent Stickſtoff und iſt frei von
ſchädlichen Balaſtſtoffen und Beimiſchungen, und eignet ſich
be=
ſonders für die Düngung von Tabak, Gemüſe, Blumen und
an=
deren Gartenpflanzen. Infolge ſeines hohen Stickſtoffgehaltes
ſind die Unkoſten für Antransport, das Ausſtreuen und
derglei=
chen beſonders gering. Harnſtoff läßt ſich bei trockener
Lage=
rung unbſchränkt lang aufbewahren; er zerfließt nicht und
er=
härtet nicht. Die Streufähigkeit des Harnſtoffes iſt gut, er kann
ſowohl von Hand, als auch mit der Maſchine ausgeſtreut werden.
Beim Ausſtreuen iſt der hohe Gehalt an Stickſtoff zu
berückſich=
tigen und darauf zu achten, daß etwa 44 Kilogramm Harnſtoff
ebenſoviel Stickſtoff enthalten wie 100 Kilogramm ſchwefelſaures
Ammoniak. Trotz des hohen Gehaltes an Stickſtoff laſſen ſich
auch kleinere Stickſtoffmengen in Form von Harnſtoff leicht
gleichmi ßig auf das Feld oder im Garten verteilen, weil
Harn=
ſtoff ein niedrigeres Schüttgewicht beſitzt, als die gebräuchlichen
Düngeſalze. Denn der Raum von einem Liter wird bereits
durch 500—600 Gramm Harnſtoff ausgefüllt, während z. B. an
Natronſalpeter hierzu 1000 Gramm erforderlich ſind.
Es iſt im allgemeinen nicht zu empfehlen, Harnſtoff mit
Superphosphat und Kaliſalzen zu miſchen. Mit kalkhaltigen
Düngemitteln, u. a. auch mit Thomasmehl, Rhenaniaphosphat,
Knochenmehl, kann Harnſtoff kurz vor dem Ausſtreuen vermiſcht
werden. Beſſer iſt es, den Harnſtoff unvermiſcht den Kulturen
zu verabreichen.
Der günſtigſte Zeitpunkt der Anwendung iſt im allgemeinen
entweder kurz vor der Ausſaat der Frucht oder, beſonders auf
leichten tätigen Bodenarten, bei der Ausſaat ſelbſt. Werden die
Pflanzen geſetzt, ſo erfolgt die Harnſtoffdüngung kurz vor dem
Ausſetzen, oder aber, bei höheren Stickſtoffgaben, nach dem
An=
gehen der Setzlinge im Boden. Bei Pflanzen mit langer
Vege=
tationsdauer, ferner auf tätigen Bodenarten kann der Harnſtoff
auch mit Erfolg als Kopfdünger (alſo während des Wachstums)
verwendet werden.
Es iſt beſonders darauf zu achten, daß der Harnſtoff ſehr
gleichmäßig ausgeſtreut und nach dem Ausſtreuen durch eggen
oder haden, im Garten auch durch einrechen, gut mit dem Boden
vermiſcht wird. Wenn keine an Nährſtoffen reiche Garten= oder
Kompoſterde zur Verfügung ſteht, empfiehlt es ſich, neben
Harn=
ſtoff auch phosphorſäure= und kalkhaltige Düngemittel zu
ver=
abreichen.
Bei gewiſſen Gartengewächſen und Blumen empfiehlt ſich die
Herſtellung einer nicht zu konzentrierten flüſſigen Auflöſung von
Harnſtoff in Waſſer. Man rechnet auf 10 Liter Waſſer etwa 2—3
Eßlöffel voll Harnſtoff. Gemüſen, wie Kohlarten, Moorrüben,
Roten Rüben, Sellerie, Spinat, Salat uſw., gibt man auf ein
Ar — 100 Quadratmetr 2—3 Kilogramm Harnſtoff, Erdbeeren,
Tomaten 1—2 Kilogramm auf dieſelbe Fläche und Spargel
2—4 Kilogramm Harnſtoff, und zwar düngt man den letzteren
ſofort nach Beendigung des Stechens.
Tabak bekommt, je nach Stärke der Stallmiſtdüngung,
1,5—2,5 Kilogramm Harnſtoff. Die Gabe erfolgt am beſten kurz
vor dem Auspflanzen. In dieſem Falle wird der Harnſtoff
ein=
geeggt oder eingegrubbert. Harnſtoff kann aber auch mit beſtem
Erfolg nach dem Pflanzen gegeben werden, und zwar kurz nach
der erſten Hacke. Allgemein zu empfehlen iſt, Seszpflanzen erſt
dann eine Kopfdüngung mit Harnſtoff zu verabreichen, wenn die
Setzlinge im Boden angegangen ſind.
Perennierenden Blütenſtauden (z. B.
Chryſan=
themum, Delphinium, Belladonna, Ritterſporn, Malven,
Herbſt=
aſtern) gibt man vor Beginn der Vegetation etwa 20 Gramm
Harnſtoff pro Quadratmeter und hackt nach dem Ausſtreuen den
Harnſtoff gut unter. Im Mai, Juni kann unter Umſtänden eine
weitere Gabe von 20 Gramm pro Quadratmeter gegeben werden.
Sommerflor, einjährige Sommerblumen (z. B. Stern,
Lepkojen, Wicken) erhalten ebenfalls je Quadratmeter im
Früh=
jahr 20 Gramm und Ende Mai noch einmal etwa bis 20 Gramm
Harnſtoff. Die erſte Frühjahrsgabe gebe man ſtets in feſter
Form, wobei auch hier der Harnſtoff innig mit dem Boden zu
vermiſchen iſt; die zweite Gabe kann auch in Waſſer gelöſt
gege=
ben werden.
Für Blumen in Töpfen wird am beſten eine
Meſſer=
ſpitze (bis 1 Kaffeelöffel) voll Harnſtoff in einem Liter Waſſer
aufgelöſt und dieſe Löſung in Töpfen mit mehreren Gaben mit
einer Gießkanne in der Weiſe verabreicht, daß die Pflanzen durch
das Begießen nicht benetzt werden.
Verſuche in Feld und Garten hatten ergeben, daß Harnſtoff
in tätigen Böden ſehr raſch, und auf den anderen Bodenarten
langſamer und dafür anhaltender wirkt. Da der Harnſtoff keine
die Qualität der Früchte beeinträchtigende Ballaſtſtoffe enthält,
ſondern von den Pflanzen vollſtändig aufgenommen und
verar=
beitet werden kann, ſo laſſen ſich durch die Düngung mit
Harn=
ſtoff Qualitätsfrüchte erzielen. Harnſtoff ſteigert bei ſachgemäßer
Anwendung die Ernten und erhöht den Reinertrag und die
Qualität weſentlich.
Zum Bezuge von Harnſtoff in kleinen Mengen, beſonders
für Gärtnereien und Gemüſepflanzen, hat die Landwirtſchaftliche
Zentralgenoſſenſchaft ½ Kilogramm=Blechdoſen, mit Harnſtoff,
zum Preiſe von etwa 80 Pf. abzugeben.
Vergiftungen mit Kainit.
Auf Felder, die im Herbſt eine ſtarke Düngung mit Kainit
erhalten haben, bringe man im Frühjahr lieber keine Schafe,
Schweine oder Geflügel. Es kommt vor, daß der Kunſtdünger
nicht vollſtändig mit dem Regen= und Schneewaſſer in die Erde
eindringt und die Tiere, die ſolche Rückſtände aufnehmen,
vergif=
ten ſich dann. Bei Geflügel genügen ſchon ſehr kleine Mengen.
Die Vergiftung zeigt ſich in der Regel durch Schluckbeſchwerden,
verbunden mit ſtarlem Speicheln. Ueberſtehen die Tiere die
er=
ſten zwei Tage, dann kommen ſie meiſt davon. Man laſſe ſie
viel friſches Waſſer ſaufen. Sind ſie imſtande, reichliche Mengen
davon an ſich zu nehmen, dann darf man hoffen, daß das Gift
ſich raſch aus dem Körper ausſcheidet.
Praktiſche Müllverweriung.
Durch die in der Regel übliche Müllverwertung wird eine
maßloſe Verſchwendung wertvollſter Pflanzennährſtoffe
getrie=
ben. Im allgemeinen ahnt man ja auch nicht, wieviel
Dünger=
ſtoffe in dem „läſtigen” Müll eigentlich enthalten ſind. Aber
Domänenpächter Schurig, ſagt einmal in einer
landwirtſchaft=
lichen Zeitſchrift, daß nach ſeinen zehnjährigen praktiſchen
Er=
fahrungen und nach mehrſachen amtlichen Analyſen der gut
ab=
gelagerte Müll von gleichem Werte ſei, wie Stalldung. An Kali
und Stickſtoff ſei der gelagerte Müll zwar etwas ärmer als
Stall=
dung, dagegen übertreffe er ihn ganz bedeutend an der jetzt
ſo außerordentlich knappen Phosphorſäure und an Kalkgehalt.
Der gut abgelagerte Müll ſei namentlich für Zuckerrüben,
Erb=
ſen, Klee und alle Schmetterlingsblütler geradezu ein
Univerſal=
dünger. Es müſſe daher ſchnellſtens dafür Sorge getragen
wer=
den, daß nicht weiter der wertvolle ſtädtiſche Müll auf
Nimmer=
wiederſehen in Waſſerlöcher, alte Tongruben uſw. geſchüttet,
möglichſt auch nicht verbrannt, ſondern der Landwirtſchaft und
dem Kleinſiedler nutzbar gemacht wird, da wir nicht reich genug
ſind, um nus ſolche Verſchwendungen leiſten zu können,
enbnn, Memterſächi
Allerlei Pflanzenſchutzaufgaben im März.
Durch Aufmerkſamkeit und rechtzeitiges Handeln kann der
Gartenbeſitzer im zeitigen Frühjahr manche Frucht vor
Zer=
ſtörung durch Ungeziefer oder Pilze bewahren und ſpäter ſchwer
beizukommenden Krankheiten vorbeugen.
An das Abſchneiden der Raupenneſter braucht wohl nicht
mehr erinnert zu werden. Wer es wirklich noch nicht beſorgt hat,
tue es jetzt ſofort. Ebenſo ſind die hängen gebliebenen Früchte
ſchleunigſt zu vernichten, auch eine Arbeit, die zum großen
Aus=
putzen der Bäume gehört, das ſchon erledigt ſein ſollte. Wenden
wir Kalkanſtrich gegen Froſtſchaden an, der im März je leicht
entſteht, ſo ſetzen wir der Kalkmilch 10 Prozent
Obſtbaumkarbo=
lineum zu. Den Wintereiern der Blattläuſe, die als glänzend
tiger Karbolineumlöſung bei. Gegen die Blutlaus dagegen hilft
nur die unmittelbare Bepinſelung mit Karbolineum oder
ande=
ren Blutlauskampfmitteln.
Obſtbäume, die unter Pilzkrankheiten leiden, erhalten im
letzten Drittel des März eine Beſpritzung mit Kupferkalkbrühe,
Bordonalpaſte uſw. Sind tieriſche und pflanzliche Schädlinge an
denſelben Bäumen zu bekämpfen, dann miſcht man eine 5= bis
7prozentige Obſtbaumkarbolineumlöſung mit ein bis zwei Proz.
Kupferkalk= oder Kupferſodabrühe. Die Kupferbehandlung iſt
gegen Ende März beſonders wichtig als Mittel gegen die
Kräu=
ſelkrankheit der Pfirſiche. Bis zur Laubentfaltung muß ſie
be=
endet ſein. Zum erſtenmal ſpritzen wir, ſobald die Knoſpen zu
treiben beginnen, alſo noch vor der Blüte, das zweitemal
un=
mittelbar nach dem Abblühen, das dritte= und letztemal 8 bis
14 Tage ſpäter. Am wirkſamſten iſt eine zweiprozentige
Kupfer=
brühe.
Froſtplatten an Obſtbäumen müſſen ausgeſchnitten werden.
Die Wunden verſtreicht man mit Baumwachs oder Baumſalbe.
Gut iſt auch eine Miſchung von Lehm mit Kuhmiſt, namentlich
bei Rindenbrand. Bei Bäumen mit ſchlecht heilenden Wunden
oder Froſtſchäden oder allgemein ſchlechtem Wachstum verſuchen
wir durch Schröpfen Beſſerung zu erzielen. Man verſteht
darun=
ter 2 bis 3 ſenkrecht nebeneinander laufende Schnitte in die
Rinde, die das Holz jedoch nicht verletzen dürfen. Die Zeit von
Ende März bis Mai iſt für dieſe Operation geeignet.
Sofort nach Wintersende pflegen die Apfel= und
Birnen=
blütenſtecher auf die kahlen Obſtbäume zu ſteigen. Die Larven
dieſer überaus gefährlichen Rüſſelkäfer rufen das, oſt
irrtüm=
licherweiſe dem Froſt zugeſchriebene, Braunwerden der
Blüten=
blätter hervor. So zeitig wie möglich legen wir gegen dieſe Käfer
Inſektenfanggürtel an. Die vom Herbſt her noch haftenden
Leim=
ringe werden bei dieſer Gelegenheit entfernt und verbrannt. Die
Stelle, wo der Ring geſeſſen hat, wird mit einer 15 bis 20
pro=
zentigen Obſtbaumkarbolineumlöſung gereinigt, aber auch der
Stammteil unterhalb, da dort vielfach die Froſtſpannereier ſitzen.
Findet man jetzt ſchon an den Birnen angeſtochene
Blüten=
knoſpen, ſo werden dieſe entfernt und verbrannt, ſoweit dies
durchführbar iſt. Am frühen Morgen oder bei trübem Wetter,
wenn die Käfer nicht fliegen, klopft man die Bäume mit
Stan=
gen ab, nachdem man ein weißes Tuch darunter ausgebreitet hat.
Die herabfallenden Käfer werden natürlich verbrannt.
Bei Bezug von Obſtpflanzen achte man darauf, daß ſie frei
von Schildläuſen, Blutläuſen und Pilzen ſind. Ganz beſondere
Vorſicht iſt bei Stachelbeerſträuchern, des amerikaniſchen
Stachel=
beertaues wegen, geboten. Dieſe Krankheit iſt durch einen
dich=
ten braunen Ueberzug der Zweige kenntlich.
In Miſtbeeten werden die ſogenannten Springſchwänze oft
recht läſtig, kleine, flohartige, weiß oder dunkel gefärbte
Tier=
chen, die zu Tauſenden vorkommen. Obwohl ſie hauptſächlich
von faulenden Pflanzenſtoffen leben, ſo ſchädigen ſie mitunter
doch die Pflanzen ſelbſt. Am beſten vertreibt man ſie mit
Inſek=
tenpulver. Wer die Spargelſtümpfe im Herbſt nicht ſchon tief
abgeſchnitten hat, darf es jetzt nicht verſäumen. In den hohlen
Stengeln ſitzen die ſogenannten Spargelhähnchen. Man geht
beim Abſchneiden fingertief unter die Oberfläche. Die Abfälle
ſind ſofort zu verbrennen. Ebenſo notwendig iſt es, noch ſtehende
Kohlſtrünke zu verbrennen, da in ihnen vielfach der Kohlgallen=
Kern.
rüßler überwintert.
Die Obſtpflanzungen, bei denen, wie es früher üblich war,
Hochſtämme und Buſchbäume in engen Reihen abwechſelnd
ge=
ſetzt worden ſind, haben ſich nicht bewährt. Derartige Anlagen
ſind mit der Zeit ſo dicht geworden, daß Bodenbearbeitung und
Pflege faſt unmöglich iſt. Die untergepflanzten
Beerenobſt=
ſträucher befriedigen dann natürlich auch nicht. Durch
Freiſtel=
lung der Bäume und paſſende Unterkulturen könnte jeooch
manche Pflanzung dieſer Art wieder ertragfähig gemacht
wer=
den. Unter großen Hochſtämmen laſſen ſich noch mit Erfolg
Schatten vertragende Gemüſe, wie Breitlauch, Grünkohl,
Roſen=
kohl, Spinat, Feldſalat und andere ziehen. Bei
Wieſenobſt=
pflanzungen wird ſich vielfach ein Umpflügen des Raſens und
Anbau von Hackfrüchten oder Sommergetreide als Unterkultur
empfehlen. Für neu anzulegende, mit gärtneriſchen
Unterkultu=
ren geplante Obſtanpflanzungen fordert Obſtbauinſpektor Sante
in der „Deutſchen Obſt= und Gemüſebau=Zeitung” für Aepfel=,
Birn= und Süßkirſchen, Hoch= und Dreiviertelſtämme Abſtände
von 12 zu 15 Meter, und bei landwirtſchaftlichem Feldbau 12 zu
15 bis 20 Meter. Dadurch wird die dauernde Beſtellung geſichert.
Bei Zwetſchen= und Sauerkirſchſtämmen genügen 8 bis 9 Meter
Baumabſtand in der Reihe, bei Buſchbäumen. 5 bis 6 Meter.
Das Durcheinanderpflanzen verſchiedener Baumformen,
Obſt=
arten und =ſorten ſollte möglichſt vermieden werden, weil es die
Pflege erſchwert.
Schutz den Salweiden.
Nicht lange dauert es mehr, bis ſich draußen die erſten
Frühlingskinder zeigen werden, bis ſich die Zweige der Salweide
mit den lieblich=zarten „Kätzchen” ſchmücken. Aber leider
be=
gnügt ſich die Menſchheit nicht mit dem bloßen Genuß dieſer
erſten Schönheit in der kahlen Flur. Jeder, der nur irgend kann,
ſchleppt ein recht umfangreiches Bündel der Kätzchenruten nach
Hauſe. Und vor allem kann man an den Auslagen der
Blumen=
läden und an den Ständen der Straßenhändler ermeſſen, welch
ungeheure Mengen an Kätzchen in die Stadt geſchleppt werden.
Sie iſt ja auch verſtändlich, die Freude an den ſchwellenden
Knoſpen, die wie ein verheißendes Wunder im warmen Zimmer
ſich langſam mit dem Golde zarter Pollen ſchmücken. Dieſe kurze
Freude ſteht aber in keinem Verhältnis zu dem großen Schaden,
den wir dadurch anrichten, daß wir der Bienenbrut die erſte und
darum wichtigſte Nahrung rauben. Deshalb betrachte ſich jeder
als Beſchützer der ſchwellenden Salweidenſträucher am Wegrain,
am Waldrand, im Park und am Ufer und verſchmähe vor allem
die in den Blumenläden und von fliegenden Händlern zum
Ver=
kauf gebotenen Sträuße, dann wird der Raub an Schönheit und
Bienenwirtſchaft von ſelbſt aufhören. Vor allem aber pflanze
jeder Gartenbeſitzer dieſen Frühlingsboten ſelbſt an. Er wird
viele Freuden erleben an ſeinem Blühen und an all dem frohen
Spiel zahlloſer Inſekten, die um ſein Blütengold ſich tummeln.
Schnittlauchkultur.
Für Schnittlauch eignet ſich am beſten ſchwerer, feuchter,
bin=
diger Boden, beſſer in ſonniger, aber auch in halbſchattiger Lage.
In leichtem Boden gedeiht er nicht gut, auch wenn er
huinns=
reich iſt. Um ſolchen Boden für Schnittlauch brauchbar zu
machen, vermiſcht mian ihn mit Lehm.
Je zeitiger der Garten im Frühjahr Erträge liefert, deſto
wertvoller wird er ſeinem Veſitzer. Sich unabhängig von Klima
und Wetterlaunen zu machen, das iſt jedes rührigen Gärtners
Streben. Aller Freilandkultur ziehen die Spätfröſte eine Grenze.
Wollte man mit allen Ausſaaten warten, bis dieſe Gefahr nicht
mehr droht, dann müßte man auf Frühernten ganz verzichten.
Das braucht man nicht, wenn man im Miſtbeet die Pflänzchen
erſt erſtarken läßt, bevor ſie auf ihre Beete gebracht werden.
Dieſe Möglichkeit, ſich guten Pflanzenvorrat für die Zeit
heranzuziehen, da kein Froſtſchaden mehr zu befürchten iſt, wäre
ſchon Grund genug, in jedem Garten ein Miſtbeet anzulegen,
ſchwarze Punkte auf Ninde und jungen Zweigen ſitzen, den da man aber die früheſten Gemüſe, wie „Nadieschen, Salat,
Schildläuſen und zahlreichen anderen Schädlingen auf den Zwei= Karotten uſw. mit Ausſicht auf Erfolg überhaupt nur im
Miſt=
gen der Bäume kommen wir durch Spritzen mit 5= bis 10prozen= beet ziehen kann, ſo wird es für den, der auf eine frühe Ernte
dieſer Dinge nicht verzichten will, eine Notwendigkeit. Die
An=
lage iſt ſo einfach, daß jedermann ſie ſelbſt ausführen kann.
Den Platz für das Miſtbeet wähle man ſo, daß das Fenſter
der Mittagsſonne ausgeſetzt und gegen kalte Winde geſchützt iſt.
Nach Norden hin muß es alſo möglichſt einer Mauer oder einer
dichten Hecke aus immergrünen Gewächſen vorgelagert ſein. Iſt
auch noch ein Schutz nach Oſten hin vorhanden, ſo iſt das nur ein
Vorteil. Vor dem Eindringen von Grundwaſſer muß es unter
allen Umſtänden geſichert ſein; man wählt daher lieber eine
etwas erhöhte Lage. Die Richtung, in der das Miſtbeet
ange=
legt wird, erſtrecke ſich genau von Oſten nach Weſten. Schließlich
iſt noch darauf zu achten, daß das Beet nicht breiter als höchſtens
1,25 Meter angelegt werde, damit man, ohne es betreten zu
müſſen, bequem von beiden Längsſeiten aus bis zur Mitte
reichen kann. Die Länge des Beetes ſteht natürlich im Belieben
des Gartenbeſitzers.
Die Vorarbeiten beſtehen darin, daß man die Erde ½ Meter
tief aushebt, nicht weniger, eher mehr. Die obere Erdſchicht,
etwa 20 Zentimeter tief, wird, da es ſich zumeiſt um gute
Gar=
tenerde handeln dürfte, von der übrigen ausgehobenen Erde
ge=
ſondert aufbewahrt — beide finden ſpäter bei der Anlage wieder
Verwendung. In den vier Ecken ſowie an den Lä gsſeiten, in
Abſtänden von je 2 Metern, werden etwa 10 Zentimeter ſtarke,
quadratiſche Poſten in die Erde gerammt, die ſo lang ſein
müſſen, daß ſie an der Nordwand 40, an der Südwand 30
Zenti=
meter über die umliegende Erdoberfläche hinausragen. An dieſe
Pfoſten nagelt man ringsherum Bretter von etwa 3 Zentimeter
Stärke, die mit dem oberen Ende der Pfoſten abſchneiden und
die Grubenwände vollkommen bedecken müſſen. Auf dieſe Weiſe
erhält man einen Kaſten, der oben offen iſt, und deſſen Boden die
Grubenſohle bildet.
Es iſt zu empfehlen, Bretter und Pfoſten vor ihrer
Verwen=
dung mit einer Löſung von Eiſenvitriol in Waſſer ſtark zu
tränken und wieder trocknen zu laffen: auf dieſe Weiſe
wider=
ſtehen ſie beſſer der Fäulnis. Den gleichen Zweck erfüllt ein
An=
ſtrich mit Karbolineum, doch iſt dabei zu beachten, daß die
Pflan=
zen die Ausdünſtung eines friſchen Anſtrichs damit nicht
ver=
tragen.
Zum Bedecken des Kaftens braucht man Fenſter, die der
leichten Handhabung wegen nicht breiter als 1 Meter ſein ſollen.
Als Schutzdece verwendet man eine Strohmatte, die ſo lang ſein
kann, wie der ganze Kaſten.
Gepackt wird das Miſtbeet mit friſchem Pferdemiſt, der
locker, in 10 Zentimeter hohen Schichten einzubringen iſt. Jede
Schicht wird, ehe eine neue darauf kommt, feſtgetreten. Auf dieſe
Weiſe gibt man dem Kaſten eine Füllung von 60 Zentimeter
Höhe. Als Erſatz von Pferdemiſt dient zur Not Laub und
Torf=
mull, Kuh= und Ziegendünger. Geflügeldung iſt reichlich mit
Torfmull zu vermiſchen. Hat man nur Laub oder Torfmull bei
der Hand, ſo empfiehlt ſich eine Anfeuchtung mit Jauche. Ebenſo
hilft man ſich, wenn der Miſt zu trocken iſt. Zu naſſen Miſt
miſcht man mit Sägemehl oder Torfmull.
Hat man den Kaſten innen gepackt, deckt man ihn mit den
Fenſtern zu und verſteht ihn noch mit der Außenpackung, die
bis zur Höhe der Kaſtenwände mit Erde gedeckt wird. Dann
überläßt man das Miſtbeet ſich ſelbſt. Damit die Dünſte, die ſich
nun bei der Gärung der Packung entwickeln, abziehen können,
lüftet man die Fenſter ein wenig. Nach einer Woche wird das
Packmaterial nochmals ordentlich feſtgetreten und hierauf mit
guter Erde etwa 20 Zentimeter hoch bedeckt. Hierzu verwendet
man gute Gartenerde, die durch Siében von Steinen und
ſon=
ſtigen groben Beſtandteilen gereinigt iſt. Nach weiteren 2 bis 3
Tagen kann man mit der Ausſaat beginnen. Solange bis die
Samen keimen, hält man den Kaſten mit Hilfe der Strohmatte
dunkel, dann wird die Decke entfernt und mittags mit Lüften
begonnen. Von einem ſorgfältig regulierten Lüften hängt für
die Entwicklung und Stärkung der zarten Pflänzchen ſehr viel
ab. Sie ſollen dadurch allmählich an die friſche Luft gewöhnt
werden, damit ſie beim Auspflanzen die Ueberſiedlung ins freie
Land ohne Nachteil ertragen.
Japaniſche Gärten.
In ſeinem Buche „Jzumo” (Rütten und Loening) gibt
Lafcadio Hearn eine Schilderung vom japaniſchen Garten, dem
unerreichten Vorbild aller intimen Garten= und Blumenkunſt.
Es heißt dort u. a.: Nachdem ich gelernt habe, wie die Japaner
ihre Blumen ordnen, kann ich die Begriffe, die man in Europa
von der Blumendekoration hat, nicht anders als vulgär finden.
Mir iſt die unſagbare Lieblichkeit eines einzelnen Blütenzweiges
erſt aufgegangen, als ich ihn ſo geordnet ſah, wie ihn nur ein
Japaner anoronen kann. Dies geſchieht nicht durch einfaches
Hineinpropfen des Zweiges in eine Vaſe, ſondern durch
wieder=
holtes, vielleicht eine Stunde dauerndes, liebevolles Mühen,
zärtliches Probieren und Vergleichen, bis mit dem Zweig die
größtmögliche Schönheitswirkung erzielt wird.
Der japaniſche Garten iſt in der Regel ein Landſchaftsgarten.
Seine Anlage iſt an kein beſtimmtes Raummaß gebunden. Es
gibt rieſige und ganz winzig kleine Gärten, die zwiſchen zwei
Häuſern eingezwängt ſind. Ja, es gibt ſogar große japaniſche
Häufer, die ſowohl zu ebener Erde, als auch im Obergeſchoß
Gär=
ten im geſchloſſenen Raume haben. In japaniſchen Gärten ſieht
man niemals den Verſuch einer unwahrſcheinlichen oder rein
idealen Landſchaft. Des Japaners künſtleriſche Abſicht iſt es, den
ſchlichten Reiz einer wirklichen Landſchaft getreu zu kopieren und
den unverfälſchten Eindruck einer ſolchen wirtlichen Landſchaft
hervorzurufen. Die großen Landſchaftsgärtner, jene
buddhiſti=
ſchen Mönche, die die Gartenkunſt zu einer faſt okkulten
Wiſſen=
ſchaft ausgebildet haben, hielten es ſogar für möglich, in der
Anlage eines Gartens moraliſche Lehren zum Ausdruck zu
brin=
gen, ebenſo auch abſtrakte Ideen, wie Keuſchheit, Treue,
Kindes=
liebe, Zufriedenheit, Ruhe, Beſchaulichkeit und Glück. Deshalb
wurden die Gärten je nach dem Charalter ihres Beſitzers
ver=
ſchieden entworfen, je nachdem dieſer ein Krieger, Dichter,
Philo=
ſoph oder Prieſter geweſen.
Ernährung und Befruchtung bei Hühnern.
Die Erfahrung lehrt, daß die Bruteier von Hühnern der
klei=
nen Leute und Pauern, die gewöhnlich knapp gefüttert werden,
ſtets gut befruchtet ſind, ſo daß alle der Glucke untergelegten
Eier auskommen. Wenn dagegen die Bruteier von Raſſezuchten
oft verſasen, ſo liegt dies an zu üppiger Ernährung, namentlich
mit fetthaltigen Küchenabfällen. Davon werden die Hühner zu
träge, während bei den ſchlechter ernährten Tieren die
aus=
giebige Bewegung bei der Futterſuche im Freien die Geſunoheit
der Tiere weiter vorteilhaft beeintlußt,
ch bringe hierin in der Preislage
auserlesene Neuheiten in den neuesten
Webarten und Farbtönen.
Vorarbeitung, Paßform, Zutaten
sind erstklassig, und bietet jeder bei mir
ge-
kaufte Anzug vollwertigen Ersatz für Maß.
Kleinverkaufsstelle:
Kleiderfabrik
Schloßgraben 13a (direkt hinterm Schloß),
Union-Theater
Der größte und bedeut. Auslandsfilm der Spielzeit 1924!
Ein Licht- und Schattenbild aus Wiens
goldner und eiserner Zeit in 8 Akten
Gueenie geht zur Schupo
Das Wunderpferd in vollendeter Dressur
Kassenöffnung 2½ Uhr! Anfang 3, 5:/, u. 8 Uhr!
Die letzte Fürstin
Roman in 6 Akten mit Lpdia Borelli
Der fliegende
Holländer
Nord. Kunstfilm in 6 Akten
Das Spiel mit dem
Weibe
Drama in 5 Akten m. Lotte Neumann
Das verkaufte Herz
Sittenfilm in 6 Akten. (*7370
Für die
Induſtrie, Behörden und Geſchäftswelt
empſiehlt
Briefumſchläge,/Durchſchlagpapiere
Feinpapiere
Pack= und Einwickelpapiere aller Art
Sämtliche Druckſachen
(ein= u. mehrfarbig) in tadelloſer Ausführung billigſt
Puchdruckerei
„povierhaus Guſtav Bickelhaupt
Eberſtadt bei Darmſtadt
Oberſtraße 2
Telephon 283
UBei Bedarf liegt es in Ihrem Intereſſe,
An=
gebote bei uns einzuholen oder uns anzurufen.
Oane
2. Teil:
Die Zerstörung Trofas
anschliessend im nächsten Programm
So eine Familie
Amerik. Lust piel in 2 Akten. (3120fsgo
Seite 8.
Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 17. März 1924.
Nummer 77.
Heute
— Montag
VORTRAG
mit praktischen Vorführunger
kochen.-braten-backen
durch Frau Schuster a. Leipzig
— über Rieschel’s-P-ry. 5 —
Wellsieb-Grudenc
— Eintritt frei
d
Uhr nachm.
Fürstensaal‟
Re
Musik von dean Gilbert
Titelrolle Marga Peter
Verstärktes Orchester 3243
Kartenverkauf: de Waal, Rheinstrasse Nr. 14
und Verkehrsbüro amn Ernst-Ludwigsplatz
Anfang 7‟/. Uhr
ORPMEUM
Telephon 389
Nur
noch
Ueberſetzer! Fußbodendl 22 3— Efcholb.=Str. 3
Für Ueberſetzung von
Geſchäftsbriefen ins
Engliſche werden
zu=
verläſſige Perſonen
um Aufgabe der
Ho=
noraranſprüche gebet.
Ang. unt. T 125 an
die Geſchſt. (3215g0
Schoppen G. Krauth
Jg. Leute, d. z. See fahren
woll.,erh. nur ſchrftl. Auf=
Kär. u. Rat. Harms.
Ham=
zurg 19 D 89,
Belleallian=
ceſtr. 17, 2d. (E.Hbg
Ludwia Nöſinger
Nur untere Eliſabethenſtr. 42.
Telephon 367.
Montag früh eintreffend:
im Ausſchnitt u.
1a Seelachs in Koteletts, Pfd. 25 9
Grüne Herinse"
. . Pfund 15.3
Bratſchellfiſche"
Pfund 22 9
Süße Buckinge" .
Pfund 35J
7 Pfund=Kiſte . . . . . . Pfund 1.90
Alle weiteren Sorten Konſum= u.
Edel=
fiſche billigſt. (*7575
Pfd.=Doſe G. Krauth (*
Fußhodenlad: 1.50 Eſchofdr.=Slr. 3
Geräteverkauf.
Am 19., 20. und 21. März 1924,
jedesmal in der Zeit von 10 bis 1 Uhr
vormittags, werden im hinteren Hofe
der Artilleriekaſerne 25 —
Heidelberger=
ſtraße 47 — ausgeſonderte eiſerne und
hölzerne Geräte und Bauſtoffe öffenlich
meiſtbieter3 gegen ſofortige Barzahlung
verſteigerk.
(3242
Finanzamt Darmſtadt
(Reichsſchatzverſpaltung).
Pfund G. Krauth (*
Streichſ. Farben 50 3 Eſchocdr.=Str. 3
Die große Sensation!
Telelid
Der klassische Grossfilm in 2 Teil.
1. Teil: 6 Akte
BO NAd Ae4
Holeld
In den Hauptrollen:
Edi Darclea, Manna Ralph, Adele Sandrock,
Carl de Vogt, Albert Bassermenn, Fritz Ulmer,
Albert Steinrück, Carlo Ald ni, Wladimir Gaidarow,
Carl Wü tenhagen
Stempel=SZulé’2
Rheinftr. 19. Tel 261
Landestheater.
Großes Haus.
Montag, 17. März.
Geſellſchaftsabend für den
Theater=Er.;”tungsfonds
Einmatig. Tzrführung
des Esklmofilms
„Nanuk
der Pelzjäger”.
Anf. 7, Ende geg. 10 Uhr.
Preiſe: 2—9 Mark.
Kleines Haus. (V220‟
Zeine Vorſtellung.
Photograph.
Aufnahmen
jeder Art, Vergröße
rungen nach jedem
Bilde fertigt gut,
ſchnell u. bill. (2967a
Paßbilder
Lichtbild.) in 1 Std.
Thiele Nachf.
tur Bleichſtr. 9.
Triumph=
Motorräder
ſofort billi, ſt
lieferbar (146a
J. Donges & Wieſt
Eilige
Paßbilder
BShotogr. Werkſtätte
Schuchardſtr. 14,part.
Offen v. 9-7Uhr. (228g
Zum Weißnähen
u. auß d. Hauſe
empf ſich E. Wün,
Eberſtadt,
Wein=
gartenſtr. 3. (*742901
ErInA
Schreibmaſchine
für Büro und Reiſe
ſofort lieferbar
Carl Winkel
Büro=Einrichtungen
Darmſtadt
Rheinſtr. 28. (255c
Telephon 1435.
10000 Backſteine
gebr. oder neue, geg.
Kaſſe zu kaufen geſ.
Angebote an
Gg. Büttel II.,
Pfungſtadt
Miitelgaſſe 7. (*7us
Gutes
ſchwarz. Zackenkleid
teu, preisw. zu verk
Näh. Gſchſt, (*7493g
Zumieten geſnacht
Streich=u. Malpinſei
Eſchollbr. St. 3
Suche möbl. Zimmmer
m. g. bürg Penſion
ſof. Ang. an Erhardt.
Nühlſtr. 19. (*732080
A.
Deraa
2 Zylinder, 3 PS., hervor
ragende, moderne Getriebe
maschine mit allen Neue
rungen. Fabrikat der
DeutschenWerke, Berlin
Wir verkaufen obige
Maschinen gegen eine
Anzahlung u. begieme
monatliche Abzahlung
In einigen Tagen treffen wie
der25 Maschinen ein, sichern
Sie sich sofort eine solche.
U.bohzssdHriesr
Grafenstraße 43.
Aft:.
Eſchollbrücker Err.3
Inventur=Ausverkauf!
von antik. Möbeln, Schränken
u. ſonſt. Altertümern
bei Richard Graf, Bensheim
Geſch, Stadtmühle 2, (*7565
Arbeiter=Samariter=Bund
Ortsgruppe Darmſtadt
Einladung
zu einer am
Freitag, den 21. März, abends 8 Uhr
ſtattfindenden
(5457
in der Wirtſchaft zur Schloßbierhalle. Marktpl.
Tagesordnung wird im Lokal bekannt
ge=
geben. — Um dringendes Erſcheinen wird
gebeten.
Der Vorſtand.
G. Krauth (*7577
Carbolineum Eſchollbr.=Str. 3.
Reklamen-Woche
275oimd
Mathildenplatz 10, II. Stock.
Preiſe:
Herren=Sohlen und Fleck 4.2c
Damen=Sohlen und Fleck 3.70
je ne
Kinder=Sohlen und Fleck Gröl
Wir gewähren bis einſchl. 22. März 192
10 Prozent Rabatt.
„ 35 Z. G. Krauth (*
a Bohnerwachs an Eſcholdr=Str. 3
Beuleidungsartiker auer Akt
Wäſche und Stoffe
kaufen Sie geg. bequeme Teilzahlung nur bei
MEYER & STERN
Darmſtadt, Saalbauſtr. 2.—6. (8:
Auto=Laden
gr. Werkſtätten und Garagen
an kapitalkräftige Firma
zu vermieten (3264go
Angeb. unter T 148 Geſchäftsſtelle.
Adolar, der unkeweihte.
(Untere Partie).
Es handelt sich, wie bereits angedeutet,
nicht um jenen Adolar, von dem der
Dich-
ter singt: „Wie Adolsr doch selig war, als
ihm der Storch ein Kind gebar”” sondern
um den bewußten Adolar, der auf das
Dich-
terwort „Hühneraugen groß und klein,
be-
seitigt Kukirol allein” eingeschworen und
im übrigen ein eingefleischter und
inner-
lich bereits eingerosteter Junggeselle ganz
ohne Freiersfüße ist. Deshalb hat ihm auch
kein liebendes Weib das Kukirol-Fußbad
hergerichtet, sondern eine gleichgültige
Zimmervermieterin. Das ändert aber nichts
an der Tatsache, daß es eine wahre
Wohl-
tat für seine mit Hähneraugen bewachsen
gewesenen, aber davon befreiten (siehe
weiter unten) Füße ist.
Gegen Schwitzen, Anschwellen, Brennen
und Wundlaufen der Füße ist das Kukirol-
Fußbad ein ausgezeichnetes Mitlel. Das
Kukirol-Fußbad rein gt die Füße gut
außer-
dem aber stärkt „es Nerven, Muskeln und
Sehnen
Das Kukirol-Hühneraugen-Pflaster stillt
sofort die gräßlichsten
Hühneraugenschmer-
zen und entfernt selbet alte Hühneraugen
e schmerzlos und gefahrlos in wenigen Tagen.
Beide Präparate sind in allen größeren
Apotneken und wirklichen Fach-Drogerien
zu den überaus billigen Preisen von nur
60 Goldpfennigen je Packung erhältlich.
Manche Firmen führen die guten Kukirol-
Fabrikate mitunter nur zur Anlockung der
Kundschaft, der sle dann um des größeren
Verdienstes willen minderwertige
Laden-
hüter aufzureden versuchen.
Meiden Sie solche unreellen Geschäfte
und achten Sie beim Einkauf genau auf
den Namen „Kukirol” und die Schutzmarke
„Hahn mit Fuß‟
Wichtig! Verlangen Sie die aufklärende
und Überaus lehrreiche Broschüre „Die
lrichtige Fußpflege” die wir jedem Inter-
Tessenten kostenlos und portofrei zusendea.
Unsere, unter der Leitung eines
Sanitäts-
rates stehende Wissenschaftlich- Abteilung”
Verteilt gegen Einsendung von Rückporto
kostenlos Rat und Au=kunft über alle
Fragen, die sich auf Fußpflege, und Euß-
(V,2157
leiden beziehen.
Kukirol-Fabrik Gros-Salze614 b. Hasdebarg