Darmstädter Tagblatt 1924


16. März 1924

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Enzeinunimer 15 Goldpfennige

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Wöchentliche illuſtrierte Beilage: Die Gegenwart, Tagesſpiegel in Bild und Wort
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Sonntag,, den 16. März 1924.
Nummer 76
187. Jahrgang

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Rabatt weg. Bankionto: Deutſche Bank und Darm=
ſtädter
8 Natlonalbank.

Bayeriſche Pfalzwoche.
Eine Kundgebung v. Knillings.
München, 15. März. Miniſterpräſident Dr. v. Knilling
erläßt folgende Kundgebung:
Mit dem morgigen Tage tritt das rechtsrheiniſche Bayern
in die Pfalzwoche ein. Es will vor Deutſchland, vor der ganzen
Welt feierlich bekunden, daß es die Bande zwiſchen den
Landesteilen rechts und links des Rheines als
unlösbar betrachtet. Es will der ſtolzen Befriedigung Aus=
druck
geben, mit der es die vaterländiſche Haltung der Pfälzer
in den Tagen ſchwerſter Bedrückung verfolgte und es will durch
die Tat beweiſen, daß es heute und in Zukunft gewillt iſt, den in
materieller Not befindlichen Landsleuten helfend zur Seite zu
ſtehen. Ferner übernehme ich die Aufgabe, dieſes Gefühl auch
im Namen der bayeriſchen Staatsregierung kundzugeben und zu
verſichern, daß es für uns nichts beſſeres gibt, was der inneren
Anteilnahme an der Pfälzer Angelegenheit vorangehe. Mit dem
geſamten bayeriſchen Volke teilen wir die Sorge um die Erhal=
tung
dieſes herrlichen Landes und das Mitgefühl über die ſeeli=
ſchen
und körperlichen Leiden ſeiner Bewohner. Großen Ge=
fahren
iſt die Pfalz in den letzten Monaten ausgeſetzt geweſen,
ſie hat ſie glücklich überwunden, aber wir ſehen ſchon die Schat=
ten
neuer Drangſale aufſteigen und wir wiſſen nicht, ob die neuen
nicht ſchlimmer werden als die vergangenen. Darum haben wir
doppelt Veranlaſſung, uns zu vereinen in der heißen Zuſiche=
rung
: Bayern läßt nicht von ſeiner Pfalz.

Vom Tage.
Der württembergiſche Landtag, iſt für den 21. März
einberufen worden, um das Landeswahlgeſetz, durch das
die Zahl der Abgeordneten von 101 auf 80 herabgeſetzt werden ſoll, zu
beraten. Der Termin für die Neuwahlen iſt noch nicht feſt=
geſetzt
. Vorausſichtlich werden ſie im Anſchluß an die Reichstagswahlen
vorgenommen.
Am Freitag abend fand in Weimar eine Beſprechung ſtatt, die
bezweckte, eine Republikaniſche Partei Deutſchlands
zu gründen mit der Aufgabe, eine politifche Erneuerung herbeizuführen,
alle Republikaner in demokratiſch=ſozialem Sinne zu ſammeln und das
Parteiprogramm der V. S.P.D. zu übernehmen.
Die preußiſchen Gemeindewahlen, die wie die Reichs=
tagswahlen
auf den 4. Mai angeſetzt ſind, dürften verſchoben
werden.
Wegen des Hafenarbeiterſtreiks in Hamburg mußte der Paket=
verkehr
nach den europäiſchen und außereuropäiſchen Ländern über
Hamburg (Seeweg) oeſperrt werden.
Die Rheinlandkommiſſion beſchloß, die Ausfuhr von franzö=
ſiſchem
und belgiſchem Geld aus dem beſetzten Gebiete zu
verbieten, ausgenommen, wenn die Ausfuhr an der deutſch= franzö=
ſiſchen
, deutſch=belgiſchen, deutſch=luxemburgiſchen oder deutſch= ſaarländi=
ſchen
Grenze ſtattfindet.
Der italieniſche König hat Gabriele d’Annunzio zum Für=
ſten
von Monte Nevoſo ernannt.
Aus Konſtantinopel wird gemeldet, daß die Türkiſche Natio=
nalverſammlung
den Freundſchaftsvertrag zwiſchen
der Türkei und Ungarn ratifiziert hat.
Der Seim hat geſtern den Vertrag von Saint Germain
ratifiziert.
Der erſte Nichter des Oberſten Gerichtshofes von Kalifornien Cur=
tius
D. Wilbur kommt als Nachfolger Denbys für den Poſten des
Marineſekretärs in Frage,

Die Soche.
Der erſte Reichstag der deutſchen Republik iſt nach langem,
peinvollem Todeskampf ſanft entſchlafen und ein Aufatmen geht
durch das deutſche Volk. Wohl kaum jemals in der Geſchichte
hat es ein Parlament gegeben, das ſchließlich in ſeiner Zu=
ſammenſetzung
der geiſtigen Einſtellung des Volkes ſo wenig ent=
ſprach
, als der letzte deutſche Reichstag, eine eigenartige Tat=
ſache
, wenn man bedenkt, daß das deutſche Volk dieſen Reichstag
vor noch nicht einmal ganz vier Jahren nach dem freieſten aller
Wahlrechte gewählt hat, ſo eigenartig, daß es ſich doch wohl
lohnt, einmal den tieferen Gründen nachzugehen. Der unerhörte
Druck, unter dem das deutſche Volk während der letzten vier
Jahre ſtand, hat zweiſellos das Seine dazu beigetragen, die Ein=
ſtellung
der Maſſen zu den politiſchen Problemen des Tages ſehr
erheblich zu wenden. Die franzöſiſche Gewaltpolitik war in mehr
als einer Hinſicht der ſchärfſte Feind jener Pſychoſe, welche am
Ende des furchtbaren Weltkriegsringens weite Kreiſe des deut=
ſchen
Volkes erfaßt hatte. Das alles aber ſind doch letzten Endes
nur Momente äußerer Art. Der Kern der Dinge liegt tiefer.
Oswald Spengler ſpricht an einer Stelle (Untergang des Abend=
landes
, Band II) eine tiefe pſychologiſche Wahrheit aus. Die
großen Theorien ſind Evangelien. Ihre Ueberzeugungskraft
beruht nicht auf Gründen, denn die Maſſe einer Partei beſitzt
weder die kritiſche Energie noch die Diſtanz, um ſie ernſthaft zu
prüfen, ſondern auf der ſakramentalen Weihe ihrer Schlagworte.
.. . . Man wird bekehrt, man hängt mit Inbrunſt an Worten
und ihren Verkündern, man wird zum Märtyrer auf Barrikaden,
auf den Schlachtfeldern, am Galgen; vor den Blicken öffnet ſich
ein politiſches und ſoziales Jenſeits, und die nüchterne Kritik
erſcheint niedrig und profan und iſt des Todes würdig. Seit
mehr als einem halben Jahrhundert wirkte ſo der Marxismus
als Evangelium auf die Maſſen der übervölkerten Induſtrieſtädte
der abendländiſchen Kultur. Nur dieſer Blick in das politiſche
und ſoziale Jenſeits macht die ungeheure Wirkung jener Lehre
auch nur einigermaßen verſtändlich, verſtändlich um ſo mehr, als
die äußeren Lebensbedingungen der Maſſen zeitweilig den Bo=
den
bereiteten. Die Induſtrialiſierung der abendländiſchen Wirt=
ſchaft
hatte neue ſoziale Probleme geſchaffen, und das enorm
ſchnelle Tempo, welches die wirtſchaftliche Entwicklung nahm,
brachte es mit ſich, daß man auf dem Weg zur Löſung dieſer
Probleme weit hinter den ſozialen Notwendigkeiten zurückblieb.
Der wirtſchaftliche Egoismus tat in einem Zeitalter des Ratio=
nalismus
das Seine und ſo entſtanden in allen Induſtrie=
ländern
geſährliche Spannungen. Das war der Boden, auf dem
eine materialiſtiſche Geſchichtsauffaſſung im Zuſammenhang mit
einer Lehre, die auch dem letzten Taglöhner das Glück dieſer
Erde verhieß, üppig gedeihen mußte. Der Marxismus wurde
das Evangelium, dem die Maſſen des vierten Standes in gläu=
biger
Inbrunſt anhingen. Aber ein ſolches Evangelium iſt nur
eine Macht, ſo lange der Glaube wirkſam iſt, die rauhe Welt
der Tatſachen nach einem Gedankenſyſtem umſchaffen zu können.
Die Idee wurde Dogma, und auf der anderen Seite trat immer
mehr an Stelle einer Weltanſchauung, welche auf Grund der
gewaltigen Fortſchritte der Naturwiſſenſchaft geglaubt hatte, das
große Rätſel der Welt im Sinne des Materialismus reſtlos löſen
zu können, eine ſtarke Ernüchterung, und im Zuſammenhang da=
mit
ein ſehnſuchtsvolles Suchen.
Es war kein Zufall, daß gleichzeitig mit dieſer geiſtigen
Entwicklung bei den europäiſchen Völkern das Streben nach
nationaler Erfüllung, nach nationaler Kultur immer ſtärker
wurde, eine Erſcheinung, welche ſchon vor dem Weltkrieg immer
mehr zutage trat. In Deutſchland brachte das Ende des Welt=
krieges
auch in dieſer Beziehung zunächſt einen ſtarken Rück=
ſchlag
. Der ſcheinbare Zuſammenbruch des deutſchen National=
ſtaates
gab der Idee der Internationale neues Leben, und der
Zuſammenbruch der deutſchen Wirtſchaft im Zuſammenhang mit
dem Zuſammenbruch der bisherigen ſtaatlichen Gewalten ließ in
den Maſſen die Hoffnung empordämmern, daß nunmehr die Zeit
der Verwirklichung jenes Ideals, dem man ein halbes Jahr=
hundert
angehangen hatte, nahe ſei. Die Enttäuſchung dieſer
Hoffnungen in jeder Beziehung mußte ſich mit Naturnotwendig=
keit
auf das ſtärkſte auswirken. Klarer und immer klarer mußte
man erkennen, daß man einem Phantom nachgejagt hatte, und
während ſich auf der einen Seite die Enttäuſchung Luft machte
in einer Negation alles Beſtehenden, verſuchten die anderen, im
nationalen Gedanken neuen Halt zu gewinnen. Wie auch in
anderen Ländern Europas, geht eine ſtarke nationale Bewegung
durch die deutſchen Maſſen. Neuer Idealismus ringt um Ge=
ſtaltung
. Kann es wunder nehmen, daß eine Volksvertretung,
die gewählt wurde, als ſich gerade die erſten ſchüchternen An=
fänge
dieſer Entwicklung regten, nach vier Jahren in keiner
Weiſe mehr der geiſtigen Einſtellung des Volkes entſprach?
Der Staatsmann muß mit den gegebenen Staatsformen ar=
beiten
. Nur der Theoretiker begeiſtert ſich daran, idealere For=
men
zu finden. Er arbeitet und muß arbeiten mit den Mitteln
ſeiner Zeit. Die Mittel der Gegenwart ſind aber unſtreitig noch
auf lange hinaus die parlamentariſchen. Eine ſtaatsmänniſche
Regierung muß nicht nur die Zeit erkennen, ſondern auch die
Mittel der Zeit beherrſchen. Von neuem wird das deutſche
Volk ſeine Vertretung zu wählen haben, und nicht zum wenig=
ſten
wird das Schickſal des Deutſchen Reiches davon abhängen,
daß die kommenden Wahlen Köpfe in den Reichstag entſenden,
welche das Verſtändnis für die gegebenen Notwendigkeiten nicht
vermiſſen laſſen.
Selbſt ein Staatsmann von ungewöhnlich ſtarker Stellung
beſitzt nur einen geringen Einfluß auf die politiſchen Metho=
den
ſeiner Zeit, und es iſt unerläßlich, daß er ſich darüber nicht
täuſcht. Die Angeklagten, die jetzt in München vor den Schran=
ken
des Gerichts ſtehen, haben dieſe fundamentale Tatſache nicht
erkannt. Sie ſind nicht die Staatsmänner, welche das deutſche
Volk in ſeiner furchtbar ernſten Lage zu führen vermögen, und
wir führten es an dieſer Stelle ſchon einmal aus es liegt
eine tiefe Tragik darin, daß heißeſte Liebe zu Volk und Land in
Verbindung mit ſtaatsmänniſchem Unvermögen das deutſche
Volk an den Rand des Abgrundes brachte.
Man geht wohl nicht zu weit, wenn man annimmt, daß das
deutſche Volk den Höhepunkt ſeiner inneren Kriſis überwunden
hat. Darüber, daß die äußere Kriſis noch keineswegs über=
wunden
iſt, darf dieſes Gefühl jedoch nicht hinwegtäuſchen. Noch
immer beraten die Sachverſtändigen in Paris, und alles, was

Poincares Blanfovolimacht.

Die Abſtimmung im Senat.
Paris, 15. März. (Wolff.) Die geſtern abend um 9 Uhr
10 Minuten begonnene Sitzung des Senats iſt erſt gegen zwei
Uhr vormittags zu Ende gegangen. Der Finanzausſchuß hat
vorgeſchlagen, an Stelle der von der Kammer durch ein Ermäch=
tigungsgeſetz
zu erzielenden Einſparung: von einer Milliarde,
dieſe Erſparnis durch Dekrete des Präſidenten der Republik im
Nahmen der beſtehenden Geſetze zu erzielen. Dieſer Text des
Finanzausſchuſſes wird nach Stellung der Vertrauensfrage mit
154 gegen 141 Stimmen zurückgewieſen. Die Re=
gierung
hat alſo eine Mehrheit von 13 Stimmen erzielt.
Hierauf erfolgte geſchäftsordnungsgemäß die Abſtimmung
über Artikel 1 des von der Kammer angenommenen Geſetzent=
wurfes
, deſſen erſter Teil die Erſparnis von einer Milliarde Fran=
ken
vorſieht und mit erhobenen Händen einſtimmig angenommen
wurde, und deſſen zweiter Teil, der der Regierung das Recht
gibt, dieſe Erſparniſſe durch Dekrete durchzuführen, mit 154 gegen
139 Stimmen angenommen wurde. Der Artikel wurde darauf in
ſeiner Geſamtheit mit 161 gegen 128 Stimmen angenommen.
Die Weiterberatung wurde darauf auf heute nachmittag vertagt.
Der Senat genehmigt die 20prozentige
Sieuererhöhung.
Paris 15. März. (Wolff.) Die heutige. Nachmittags=
ſitzung
des Senats begann mit der Diskuſſion des Artikels 2
der Finanzgeſetze. Größeren Umfang nahm die Debatte wieder
bei Artikel 3 an, der die 20prozentige Steuererhöhung vorſieht.
Senator Gaudin de Villain erklärte, daß er die neuen
Steuern, die den Mittelſtand erdrücken würden, ablehnen müſſe.
Senator General Hirſchauer wies darauf hin, daß auf die
bloße Drohung mit neuen Steuern hin die Preiſe in ſkandalöſer
Weiſe in die Höhe getrieben wurden. Die Oeffentlichkeit müſſe
unter der Wirkung der Steuererhöhung auf die Geſtehungskoſten,
ſoweit ſie gerechtfertigt ſeien, aufgeklärt werden. Im übrigen
ſei es wünſchenswert, wenn man im Auslande wiſſe, daß das
Opfer, das Frankreich zugeſtehen könne, nur ein Darlehen ſei,
das es Deutſchland gewähren werde, und daß dieſes Darlehen
Zinſen tragen müſſe. Es müſſe im Auslande erklärt werden, daß
Frankreich die Pfänder, die es in Händen habe, erſt dan frei=
geben
werde, nachdem Deutſchland bezahlt habe, was es ihm
ſchuldet. Durch Konzeſſionen würde man bei den Deutſchen nichts
ereichen. In dieſer Hinſicht bedürfe es in Frankreich wie im
Ausland einer regelrechten Propaganda.
Miniſterpräſident Poincaré erklärte dem Vorredner, daß
die Wirkung der neuen Steuern auf die Preiſe in einem öffent=
lichen
Rundſchreiben dem Publikum bereits klar gemacht worden
ſei. Was das Ausland anbelange, ſo ſei ihm auseinandergeſetzt
worden, daß Frankreich ſeine Vorſchüſſe zurückzuerhalten gedenke,
und daß es ſeine Pfänder nur im Austauſch gegen greifbare
Wirklichkeiten aus der Hand geben werde.
Hierauf nahm der Senat den Artikel 3 über die 20 prozen=
tige
Steuererhöhung an und geht in raſcher Folge zur Beratung
der übrigen Artikel über. Nachdem der Senat bis 7 Uhr abends
den Entwurf bis zu Artikel 33 angenommen hat, wird die Fort=
fetzung
der Debatte auf morgen nachmittag vertagt.
De Jouvenels Kritik an Poincaré.
Paris, 15. März. (Wolff.) Zu den Ziffern, die Miniſter=
präſident
Poincaré vorgeſtern im Senat über den Ertrag des
Ruhrunternehmens gegeben hat, ſchreibt Nobert, de Jou=
venel
im Oeuvre: Wenn die Ruhrbeſetzung ſo viel Geld ein=
gebracht
hat, warum ſtellt man dieſe Einnahmen denn in keines
von unſeren zahlreichen Budgets ein? Die 500 Millionen Ge=
winn
aus dem Jahre 1923 hätten beiſpielsweiſe ſehr gut dazu
euuzt werden lönnen, um die Rückzahlungen der Finanzver=

waltung an die Bank von Frankreich im Dezember 1923 zu er=
höhen
. Die Löſung des Rätſels iſt nach dem Verfaſſer die, daß
die von den Beſatzungstruppen erhobenen Abgaben nach dem
Verſailler Vertrage reſtlos an die Reparationskaſſe abgeführt
werden müſſen. Dieſe hat davon die laufenden Beſatzungsloſten,
die alten amerikaniſchen Beſatzungskoſten und ſchließlich die bel=
giſche
Priorität zu beſtreiten. Nur von dem Reſt erhält Frank=
reich
ſeine 53 Prozent. Wenn tatſüchlich, ſo rechnet Jouvenel, die
Ruhrbeſatzung 1924 drei Milliarden Franken, d. h. 500 Millionen
Goldmark abwirft, ſo können davon gerade 18 Prozent der bel=
giſchen
Priorität bezahlt werden.
Pariſer Preſſe=Echo.
Befriedigung bei der Regierungspreſſe. Die
Oppoſition vertröſtet auf die Wahlen.
Paris, 15. März. Die Abſtimmung des Senats wird von
der Regierungspreſſe mit großer Befriedigung aufgenommen. So
ſpricht das Echo de Paris: Summa ſumarum iſt dasſelbe, wie
bei der kürzlichen Abſtimmung über die Wahlrechtsreform. Zwei=
mal
hintereinander ſtellt ſich im Senat eine zwar nicht ungeheuere,
aber zuverläſſige Mehrheit für die Regierung heraus. Es iſt jetzt
nicht zweifelhaft, daß die geſamten von der Kammer angenom=
menen
Maßnahmen vom Senat gebilligt werden und dann? Die
Regierung für ihr Teil iſt gewappnet.
Den Standpunkt der Oppoſition vertritt
André Tardieu im Echo national. Die Regierung,
ſchreibt er, die in der Wahlrechtsdebatte nur 16 Stimmen Mehr=
heit
erlangt hat, ſei geſtern noch tiefer geraten. In der Mehrheit
befänden ſich 6 Miniſter, die als Senatoren mitgeſtimmt hätten.
Ihre Autorität ſei ernſtlich in Mitleidenſchaft gezogen worden.
Was für ein Preſtige hätten ſie nötig, um gegen die Leiden, die
aus den Fehlern von geſtern geboren ſeien, die Heilmittel von
morgen zur Anwendung zu bringen! Angeſichts der Gefahren=
möglichkeiten
und der Panik der letzten Monate ſchaudere man
bei dem Gedanken, daß das noch durchzuführende ungeheure
Werk nach wie vor ſchwachen Händen anvertraut ſei, die ihre Un=
zulänglichkeit
jetzt erwieſen hätten. Nach dem Ermächtigungsge=
ſetz
, nach der 2Cprozentigen Steuererhöhung, nach der Kontrolle
der Inhaberpapiere und nach der Morganſchen Stützungsanleihe
ſei in der Tat noch alles zu tun, wenn man die Zukunft auf zu=
verläſſigen
Grundlagen aufbauen wolle.
Die radikale Ere nouvelle ſchreibt: Wir werden das Ermäch=
tigungsgeſetz
bekommen; aber es wird auf Grund dieſes Geſetzes
nicht zu vielen Geſetzen kommen. Darüber iſt ſich wohl alle Welt
einig, ſelbſt Poincaré. Es wird Sache der franzöſiſchen Wähler
ſein, uns endlich die Männer zu geben, die der legislativen Funk=
tion
würdig ſind.
Die engliſchen und amerikaniſchen Kredite für Frankreich.
* London, 15. März. (Priv.=Tel.) An der Londoner
Börſe zeigte heute der franzöſiſche Wechſelkurs eine weitere Beſſe=
rung
der Notierung, und zwar 90 Franken für das Pfund Ster=
ling
. Die Zeitungen erwähnen, die Beſſerung ſei hauptſächlich
der Aufnahme von Krediten für die Bank von Frankreich in
London und Newyork zuzuſchreiben. Es wird erwähnt, daß der
engliſche Anteil von 4 Millionen Pfund Sterling von vier der
führenden Londoner Aktien=Banken übernommen werden wird.
Der Times zufolge werden angeſichts der Beſſerung des Franken=
kurſes
weitere Vorſchläge für die Aufnahme franzöſiſcher Kredite
in London nicht weiter erfolgen. Man erfährt ferner, daß auch
in Netpyork durch das Bankhaus Morgan u. Co. Kreditabmachun=
gen
getroffen wurden, die den Londoner ähnlich ſeien. Die
Morningpoſt erwähnt noch, daß über die Newyorker Abmachun=
gen
noch keine Einzelheiten bekannt wurden. Wichtiger als die
Tatſuche daß dieſe Kredite gegen Gold= und Hypothekenbeſtände
der Bank von Frankreich gewährt wurden, ſei nach der Morning=
poſt
jedoch für eine ſtändige Beſſerung des Franken, daß die
franzöſiſchen Behörden ſobald wie möglich Budget= und Steuer=
reformen
vornehmen, die für die wirkliche Beſſerung in Frank=
reich
notwendig ſind.

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Seite 2.

Darmſtädter Dagbkatt, Sonntag, den 16. März 1924

Nummer 76

über das bisherige Ergebnis dieſer Beratungen verlautet, ſind
Kombinationen. Noch einmal weilte Dr. Schacht in Paris, und
es heißt, daß ſich die Sachverſtändigen dem Gewicht ſeiner
Gründe nicht entziehen konnten. Daß ſchwerſte Opfer von uns
berlangt werden, ſteht feſt. Noch immer aber ſteht keineswegs
feſt, ob Herr Poincars gegebenenfalls auf Grund eines etwaigen
Gutachtens der Sachoerſtändigen die franzöſiſche Politik grund=
ſätzlich
umſtellen wird. Der franzöſiſche Miniſterpräſident hat
gewiß zurzeit keinen leichten Stand. Die Frankenkriſis greift
tief in das Leben des franzöſiſchen Volkes ein, und wenn es
auch in den letzten Tagen einer großzügig angelegten Inter=
ventionsaktion
gelang, den franzöſiſchen Franken bedeutend zu
beſſern, ſo dürfte man ſich auch in Paris wohl darüber klar ſein,
daß die Möglichkeiten einer derartigen Aktion nur eng begrenzt
ſind. Wir haben ja derartige Stützungsaktionen in Deutſchland
während der Markkriſis zur Genüge erlebt. Auch in Frankreich
ſtehen die Wahlen vor der Tür, und das Ergebnis dieſer Wahlen
wird für die Geſtaltung des Schickſals unſeres Erdteils von
allergrößter Bedeutung ſein.
In Genf tagt wieder einmal der Völkerbundsrat, der u. a.
auch das ſogen. Memel=Abkommen genehmigte, twobei man ſich
darüber, daß es ſich doch um nichts anderes, als um
einen ſanktionierten Länderraub handelte, wenig Gedanken
machte. Von erheblich größerer Bedeutung als die Genehmigung
des Abkommens durch den Völkerbundsrat iſt die Tatſache, daß
Rußland formellen Einſpruch gegen das Abkommen erhoben
hat und nicht nur an die litauiſche Regierung, ſondern auch an
die im Völkerbund vertretenen Mächte eine Note richtete, welche
jede Löfung der Memelfrage, die ohne Beteiligung der Sowjet=
union
getroffen wurde, für null und nichtig erklärt,
ein neuer Beweis, daß Rußland ſich zum Eingreifen in Europa
wieder ſtark genug glaubt. Die europäiſchen Staatsmänner wer=
den
das Gewicht der Großmacht des Oſtens in Zukunft wieder
voll in Rechnung ſtellen müſſen.
M.

Die Lage in der Pfalz.
Die Bedrückung der Stadi Pirmaſens.
Pirmaſens, 15. März. Anläßlich des Beſuchs des
Sonderausſchuſſes der Rheinlandkommiſſion
in Pirmaſens am 13. März wird feſtgeſtellt, daß in der Be=
drückung
der Stadt Pirmaſens eine Beſſerung nicht
eingetreten iſt. Die Nachtſperre dauert noch immer von
8 Uhr abends bis 5 Uhr morgens an. Auch die Telephonſperre,
die für die geſamte Wirtſchaft außerordentlich ſchädigend iſt,
dauert noch fort. Freilaſſungen von Verhafteten werden nur vor=
genommen
, wenn dieſe Verhafteten einen Revers in franzöſiſcher
Sprache unterſchreiben, von dem vermutet wird, daß mit ihm
Mißbrauch verübt wird. Die Separatiſten befinden ſich
nach wie vor im Rathaus. Die Bevölkerung erwartet von
dem Beſuch der Rheinlandkommiſſion eine Beſſerung ihrer Lage,
Heute früh iſt die als Sanktion verhängte Telephon=
fperre
über Pirmaſens aufgehoben worden.
EinmütigeAblehnung dernationalliberalen Vereinigung
durch den volksparteilichen Geſamtvorſtand.
Berlin, 15. März. Der zum 15. März nach Berlin ein=
berufene
Parteivorſtand der Deutſchen Volkspartei nahm zu der
in der Preſſe veröffentlichten Gründung einer nationalliberalen
Vereinigung der Deutſchen Volkspartei Stellung. Mit Aus=
nahme
eines einzigen im Auslande weilenden Mitgliedes war
der Parteivorſtand vollſtändig erſchienen. Der Parteivorſtand
beſtätigte einmütig die bereits am 13. März von den in der
Reichshauptſtadt weilenden Mitgliedern des Parteivorſtandes
abgegebene Erklärung und ſtellte erneut einſtimmig feſt, daß die
Duldung einer politiſchen Sonderorganiſation in der Partei un=
möglich
und für die Partei untragbar ſei. Die aus dem Lande
eingelaufenen zahlreichen Kundgebungen, die ſich ausnahmslos
gegen dieſe Zerſplitterung in der Partei wenden, zeigen, daß die
Organiſationen im Lande auf demſelben Boden wie der Partei=
vorſtand
ſtehen.
Ein japaniſcher Schritt bei Rußland.
Paris, 15. März. (Wolff.) Nach einer Meldung aus
Tokio iſt der japaniſche Geſandte in China von ſeiner Regierung
beauftragt worden, darauf zu beſtehen, daß Rußland eine Reihe
von Zwiſchenfällen regelt, die ſich in letzter Zeit zugetragen haben.
Es handelt ſich um die Feſtnahme von 8 japaniſchen Offizieren
und Matroſen in Wladiwoſtok, um die Zurückziehung des dem
japaniſchen Konſul gewährten Exequaturs, um die ruſſiſche Wei=
gerung
, japaniſche Poſtkuriere durch Sibirien durchreiſen zu laſ=
ſen
und um die Ausweiſung der japaniſchen Zeitungs= Korreſpon=
denten
aus Moskau. Das japaniſche Kabinett verlangt die Rege=
lung
dieſer Zwiſchenfälle, bevor irgendwelche Verhandlungen mit
Rußland aufgenommen werden.

* Eine Zugendliebe Konrad Ferdinand Mehers.
Von Prof. Dr. Melchior Palägyi.
Ein Vierteljahrhundert iſt über den Tod Konrad Ferdinand
Meyers dahingegangen, aber das Haus in Kilchberg bei Zürich,
in dem er die Mehrzahl ſeiner Dichterwerke ſchuf, iſt dank der
Fürſorge einer edlen Frau ſeiner Tochter , das herrliche
Dichterheim geblieben, in dem alles an den berühmten Verfaſſer
von Huttens letzte Tage gemahnt. Das freundliche Geſchick,
das meine Schritte hierher lenkte und mich an der geweihten
Stätte heimiſch machte, erweckte in mir längſt verklungene Erinne=
rungen
an ſchöne Jugendtage, die ich in einem anderen Dichter=
heim
, im Schloſſe der Madächs in Ungarn verlebte, wo ich die
Biographie des ungariſchen Dichterphiloſophen ſchrieb. Eine
Jugendliebe K. F. Meyers erweckte beſonders lebhafte Erinne=
rungen
an ein ähnliches Liebesmotiv bei Madäch, und der merk=
würdige
Einklang zweier Dichterſeelen, die einander nicht kann=
ten
, gab die Anregung zu den folgenden Zeilen.
Vorerſt ſei mir geſtattet, auf einen intereſſanten Charakterzug
in der Dichtergeſtalt K. F. Meyers hinzuweiſen, der mit gleich
ausgeſprochener Schärfe wohl bei keinem anderen Poeten der
neueren Literatur hervortritt. Daß in jedem Dichter, ja überhaupt
in jedem Menſchenkinde, zwei Naturen ſich in wunderbarer Weiſe
miteinander ſo verbinden, daß ſie bei aller Gegenſätzlichkeit doch
eine innere Zuſammengehörigkeit oder Einheit veranſchaulichen,
darf wohl als das Grundgeſetz unſerer Perſönlichkeit betrachtet
werden. Es iſt dies das Solidaritätsprinzip unſerer menſchlichen
Natur, auf der alle Liebesſehnſucht und Liebeserfüllung beruht.
Bei unſerem Dichter treten nun die zwei polaren Naturen ſeiner
Perſönlichkeit beshalb mit einer ungewöhnlichen Deutlichkeit zu=
tage
, weil er ſie als Künſtler immer deutlicher, immer ſchärfer zu
trennen ſucht, und die eine in rein lyriſcher, die andere in rein
epiſcher Form zur Geltung bringt. Während andere Dichter von
lyriſch=epiſcher Veranlagung, wie zum Beiſpiel Byron, Puſchkin
Lenau uſw., ſelbſt bei höchſter Abſichtlichkeit nicht imſtande ſind,
die lyriſchen und epiſchen Komponente ihres Genies deutlich zu
ſcheiden, und unwillkürlich ihre ganze reiche, überquellende Sub=
jektivität
in ihre poetiſchen Erzählungen hineintragen, beruht die
zusgeſprochene artiſtiſche Begabung K. F. Meyers eben darauf,
daß er über die zwei Naturen, die in ihm verbunden ſind, ſelbſt=
herrlich
verfügt und ihre Schaffensfreude in geſonderte Bette zu
leiten verſteht. Sein Verfahren iſt ein ſehr natürliches und der
eigenen Perſönlichkeit durchaus angemeſſenes,

Die neuen Mitglieder der ſaarländiſchen
Regierungskommiſſion.

Genf, 15. März. (Wolff.) 12 Uhr mittags. Der Völker=
bundsrat
ernannte ſoeben in geheimer Sitzung folgende bei=
den
neuen Mitglieder der Regierungskommiſ=
ſion
des Saargebiets:
An Stelle des bisherigen ſaarländiſchen Mitglieds. Land
den gegenwärtigen Präſidenten des Landgerichts, Coßmann,
an Stelle des bisherigen däniſchen Mitglieds Moltke=Huitfeldt
den Spanier Eſpinoſta de los Monteres.
Coßmann, der früher chriſtlicher Gewerkſchaftsſekretär
und Anhänger der ſogen. Berliner Richtung war, gehörte früher
dem Reichstag an und wurde nach Ernennung des Landrats
von der Regierungskommiſſion zum Präſidenten des neuen
Scheinparlaments ernannt.
Eſpinoſta, der am Ende der vierziger Jahre ſteht und
das Unterrichtsdepartement in der Saarregierung übernehmen
wird, iſt Doktor der Rechte und Obeiſt. Er war früher ſpani=
ſcher
Attaché in Rom, iſt katholiſch und zum Teil in Oeſterreich
erzogen worden. Er ſpricht franzöſiſch, deutſch und italieniſch.
Mit dieſen beiden Ernennungen hat der Völkerbundsrat den
Wunſch der Saarbevölkerung, bei der Ernennung des ſaarländi=
ſchen
Mitgliedes gehört zu werden, wieder nicht erfüllt, und
auch den offiziös von der hier weilenden ſaarländiſchen Vertre=
tung
vorgeſchlagenen Führer der Zentrumsfraktion des Land=
tags
, Lepachel, nicht ernannt, ſondern den Gegenkandidaten der
Regierungskommiſſion, Coßmann. Was das zweite neue Mit=
glied
anbetrifft, ſo hat ſich der Rat nicht für den von Branting
und Lord Parmoor vorgeſchlagene nordiſche Kandidatur, ſon=
dern
für den ſpaniſchen Anwärter, der als Kandidat des fran=
zöſiſchen
Ratsmitglieds Hanotaux gilt, ausgeſprochen. Die Er=
nennung
der beiden neuen Mitglieder ſoll mit 8 gegen 2 Stim=
men
erfolgt ſein.
Die Umgehung der Saarbevölkerung.
Genf, 15. März. (Wolff.) Ueber die Ernennung der Re=
gierungskommiſſion
des Saargebiets in der heutigen geheimen
Sitzung des Völkerbundsrats erfährt man noch, daß bei der
Wahl des Nachfolgers des Grafen Moltke=Huidfeldt, der ſeine
Wiederernennung abgelehnt hatte, der Kampf ausſchließlich um
den ſpaniſchen und norwegiſchen Kandidaten ging, da Salandra
die italieniſche Kandidatur, von der man in den letzten Tagen
mitgeteilt hatte, zurückgezogen hatte. Außer dem ſchwediſchen
und dem engliſchen Ratsmitglied ſtimmte dabei nach neueren
Mitteilungen auch noch ein drittes Ratsmitglied, wahrſchein=
lich
das japaniſche, für den Norweger, gegen den dann endgültig
der Spanier gewählt wurde. Die Ernennung Coßmanns als
Nachfolger des zurückgetretenen Land erfolgte dagegen einmütig
und ohne Widerſpruch, und ohne daß überhaupt eine formelle
Abſtimmung vorgenommen wurde, da die Ernennung Coßmanns
bereits in früheren Vereinbarungen zwiſchen den Ratsmitglie=
kern
geregelt worden war. Dabei wurde aber in einer kurzen
Debatte nochmals von Branting die Frage eines Vorſchlagsrechts
für die Saarbevölkerung bei Ernennung des ſaarländiſchen Mit=
gliedes
aufgeworfen. Der Berichterſtatter für die Saarfragen,
Salandra, ſtellte jedoch feſt, daß die Erteilung eines ſolchen
Rechts zu den größten Schwierigkeiten führen würde, da ſie die
Zuſtändigkeit des Rates, der allein für die Verwaltung des
Saargebiets durch die Regierungskommiſſion verantwortlich ſei,
einſchränken würde. Der Anregung wurde daher keine weitere
Folge gegeben. Ebenſo kam es zu keinem Beſchluß über den
Vorſchkag, den Branting in einer der letzten öffentlichen Sitzun=
gen
gemacht hatte, nämlich die Saarbevölkerung überhaupt in
irgend einer Form vor dem Rate zu Worte kommen zu laſſen.
Auch über dieſen Wunſch ging man wieder zur Tagesordnung
über, wobei natürlich nicht ausgeſchloſſen iſt, daß Branting in
den ſpäteren Ratsſitzungen, wie ſchon ſo oft, auf die Frage wie=
der
zurückkommen wird.
Außer der Ernenung der beiden neuen Mitglieder beſtätgte
der Rat die Mandate von Raoult=Fraukreich, Stephens=Kanada
und Lambert=Belgien für ein neues Jahr, d. h. vom 1. April 1924
bis 31. März 1925, und ernannte Raoult von neuem zum Präſi=
denten
der Regierungskommiſſion. Ueber die Perſönlichkeit
des neuen ſpaniſchen Ratsmitgliedes hört man noch, daß er ein
Bruder des ſpaniſchen Unterſtaatsſekretärs für Aeußeres iſt.
Coolidge und das Kinderhilfswerk.
TU. Neuyork, 15. März. Präſident Coolidge empfing
heute den deutſchen Geiſtlichen Brinckmann, der als Abgeſandter
des Kardinal=Erzbiſchofs Schulte in Köln nach Waſhington ge=
kommen
war, um dem Präſidenten im Namen von 250 000
rheiniſchen Kindern für das amerikaniſche Hilfswerk für die Kin=
der
im Rheinland und Ruhrgebiet zu danken. Präſident Coolidge
erklärte in ſeiner Erwiderung auf die Anſprache Brinckmanns,
daß ſein wärmſtes Intereſſe auch weiter dem Kinderhilfswerk
zugewandt bleibe.

Seine überaus zarte lyriſche Empfindlichkeit verbindet er
eigentümlicherweiſe mit dem Geruhigen und Beſchaulichen in ſei=
nem
Naturell; ja er macht geradezu den Augenmenſchen, den
Maler, der in ihm lebt, zu einem lyriſchen Dichter, ſo daß dieſer
von ängſtigenden Lebenswiderſprüchen frei dem Naturſchauen
ſich hingeben und rein ſtatiſche Stimmungslyrik treiben kann, wie
etwa in der Erinnerung an ſeine Romfahrt:
Einmal noch, o könnt ich lauſchen,
Halb entſchlummert, halb erwacht,
Was in Rom die Brunnen rauſchen
In dem Schoß der Mitternacht.
Er ſelbſt kennzeichnet dieſe zaubervolle Traumſeligkeit in dem
Vierzeiler:
Es ſchüttelt ſich der ſchlanke Baum
Und Frucht an Frucht zur Erde fällt,
Er ſteht in Paradieſesraum
Und nicht in dieſer herben Welt.
Wenn er aber dieſer herben Welt gegenüberſteht, von ihren furcht=
baren
Gegenſätzen und Widerſprüchen innerlich auf die Folter
geſpannt, dann hört er eigentümlicherweiſe auf, Lyriker zu ſein:
er geht aus ſich heraus, und von tragiſchen Viſionen ergriffen
ſchafft er mit ſicherer objektiver Geſtaltungskraft eine Balladen=
welt
, in deren erſchütternden Bildern ſein eigenes tiefes Seelen=
leid
nur ganz verborgen und nur dem tieferen Kenner ſeiner
Lebensmelancholie merklich wird. Ja, er drängt gerade in ſeiner
tieferen Ergriffenheit den Lyriker auch inſofern zurück, als er
ſelbſt die innerlich tönende Muſik ſeiner Verſe zum Schweigen
bringt und zum proſaiſchen Novellenerzähler wird, um die gro=
ßen
Probleme nicht bloß des Herzens, ſondern vielmehr des
menſchlichen Gewiſſens zu paradöxer und geiſtreicher Darſtellung
zu bringen. In dieſen Novellen lernen wir die zweite vornehm=
lich
auch intellektuelle Natur kennen, die in der komplexen Indi=
vidualität
des Dichters verborgen liegt. Es hebt ſich von dem
durchaus ſanſten, kindlich=liebenswürdigem lyriſchem Naturell
plötzlich eine ſcharfumriſſene Männlichkeit ab, die höchſt kenn=
zeichnend
für die Hochkultur des 19. Jahrhunderts iſt. Wir ſehen
mit Ueberraſchung einen grübelnden Denker und Hiſtoriker, der
ſich in alle quälenden Zweideutigkeiten des menſchlichen Charak=
ters
verſenkt und mit ſcharfem Falkenblick ihre Schwächen auf=
zuſpähen
weiß. Eine ſeltſame Miſchung von kindlich=gläubigem
Sinn und tiefſter, faſt ans Krankhafte grenzender Zweifelſucht iſt
dieſem ſo reinen proteſtantiſchen Gemüte eigen. Fürwahr, die
deutſche Literaturgeſchichte hat hier noch ein ebenſo intereſſantes,

Die Beratungen der Sach=
verſtändigen
.
Neues Anhören Dr. Schachts am Mittwoch.
TU. Paris, 15. März. Der Unterausſchuß des Komitees
Dawes für Bankfragen iſt geſtern mittag zu einer zweiten Sitzung
zuſammen getreten. Seine Arbeiten über die Frage der Gold=
notenbank
ſind nahezu abgeſchloſſen. Es bleiben noch zwei oder
drei Punkte zu regeln.
Eine neue Beſprechung mit dem Reichsbankpräſiden=
ten
Dr. Schacht erſcheint erforderlich. Der nächſte Mitt=
woch
iſt dafür in Ausſicht genommen.
Der Unterausſchuß trat heute zuſammen, um über die Eiſen=
bahnfragen
zu verhandeln, über die er einen verhandlungsferti=
gen
Plan in Vorſchlag bringen wird. Der Redaltionsausſchuß
hat ebenfalls ſeine Arbeiten geſtern nachmittag fortgeſetzt. Er
tagt heute nicht, da ſeine Mitglieder und zwar jedes für ſich
die Abfaſſung eines beſtimmten Teiles des Berichtes vornehmen
ſoll. Dieſe Entwürfe ſollen dann zunächſt im Redaltionsaus=
ſchuß
erörtert werden. Das Komitee Dawes hat außerdem geſtern
nachmittag eine Vollſitzung abgehalten, in der es ſich mit Bud=
getfragen
beſchäftigte.
Morgan auf dem Wege nach Paris.
Paris, 15. März. (Wolff.) Vom Journal wird feſtgeſtellt,
daß der amerikaniſche Bankier Pierpont Morgan, der nach einer
engliſchen Meldung heute nacht in Cherbourg angekommen ſein
ſollte, tatſächlich am 8. März von Neu=York abgereiſt, jedoch zu=
nächſt
in Southampton gelandet iſt und ſich nach London begeben
habe. In Paris werde er nächſte Woche ſein. Der Matin be=
merkt
im Zuſammenhang mit der Reiſe Morgans, es ſei be=
ſtätigt
worden, daß der Gouverneur der Bank von England,
Monague Norman, ſich einige Tage in Paris aufgehalten habe
und daß ſein Beſuch mit der Eröffnung von Stützungskrediten
zugunſten des Franken im Zuſammenhang geſtanden habe.
Ebenſowenig wie die Rolle Morgans könne man diejenige Mac
Kennas bei der Stützungsaktion zugunſten des Franken mit
Stillſchweigen übergehen, der als Vorſitzender des Auſſichtsrats
der Midland=Bank einer der größten Finanzorganiſationen
Großbritanniens vorſteht.
Die Finanzſanierung Ungarns.
Genf, 15. März. (Wolff.) Nachdem in der Sitzung des
Ungarn=Komitees des Völkerbundsrats und der
Vertreter der Kleinen Entente die Protokolle über die
Finanzierung Ungarns unterzeichnet worden
waren, genehmigte der Völlerbundsrat in zwei öffentlich ver=
leſenen
Entſchließungen nach dem Bericht des franzöſiſchen Rats=
mitgliedes
endgültig die Beſchlüſſe des Komitees. Der unga=
riſche
Vertreter, Korany, Geſandter in Paris, dankte im Namen
ſeiner Regierung, die ihren Verpflichtungen gewiſſenhaft nach=
kommen
werde.
Verſchleppung der Danziger Fragen.
Genf, 15. März. (Wolff.) In ſeiner heutigen öffent=
lichen
Sitzung vertagte der Völkerbundsrat zum
Erſtaunen der Danziger Delegierten ſämtliche noch auf der
Tagesordnung ſtehenden Danziger Fragen:
1. Das Recht des Hafenrats zur Aufnahme von Anleihen,
2. die Ausweiſung von Danziger Bürgern durch Polen,
3. Verfügungsrecht des Hafenrats über ſein Eigentum,
4. Gründung einer polniſchen Eiſenbahndireltion in Danzig,
5, Beteiligung Danzigs an der Berner Eiſenbahnkonferenz,
6. Ausſtellung von Päſſen an im Auslande weilende Dan=
ziger
.
Die Danziger Abordnung zeigte ſich vor allem über die un=
begreifliche
Verſchleppung der beiden erſten, ſehr wichtigen Fra=
gen
befremdet, und zwar um ſo mehr, als die eigentlich auf der
Tagesordnung behandelten Fragen durchweg gegen Danzig ent=
ſchieden
worden waren.
Die Gemeinde=Neuwahlen im beſetzten Gebietzugelaſſen.
Koblenz, 15. März. Das Geſetz über die Feſtſetzung des
Wahltages für die allgemeinen Gemeinde=Neuwahlen und über
die Regelung verſchiedener Punkte des Gemeindewahlrechts
(Geſetz rom 12. Februar 1924, Geſetzesſammlung, Seite 97), die
Bekanntmachung des Wortlautes des Geſetzes über die vorläu=
fige
Regelung der Gemeindewahlen (vom 12. Februar 1324,
Geſetzesſammlung, Seite 99) und die Sonderbeilage zum Amts=
blatt
, enthaltend die Wahlordnung für die Wahl zu den Ge=
meindevertretungen
uſw. vom 12. Februar 1924, ſind heute vom
der Rheinlandkommtſſion zugelaſſen worden.

wie ſchwieriges Problem zu löſen, wenn ſie dem gütigen, edlen
Menſchen mit ſeiner ſcharfen, faſt grauſamen Gewiſſensanalyſe
gerecht werden will. Nüchterne Beſonnenheit und höchſte dichte=
riſche
Extaſe liegen bei ihm in erſtaunlicher Nähe und machen ihn
dazu berufen, tragiſche Geſtalten zu zeichnen, die einem ironiſchen
Schickſal zum Opfer fallen. Gewiß hat ein jeder Dichter ſeine
eigene Auffaſſung vom Schickſal, ſo daß man das Porträt eines
Dichters am leichteſten zeichnet, indem man die Züge aufdeckt,
die er den Schickſalsmächten verleiht. Bei K. F. Meyer zeigt das
über uns waltende Schickſal ein weſentlich ironiſches Antlitz, es
erſpäht unſere zarteſte Schwäche und edelmütigſte Unzulänglich=
keit
, um uns an derſelben zugrunde gehen zu laſſen. Als Beſtäti=
gung
diene zum Beiſpiel die Tragik des Liebespaares Aſtorre
und Antiope in ſeiner Novelle Die Hochzeit des Mönchs.
Doch liegt es mir fern, hier auf die Charakteriſtik des Epikers
und Novelliſten näher einzugehen, denn die ſchwierige Aufgabe
könnte nur in einer Reihe von Aufſätzen durch Aufrollen der
Lebensgeſchichte und des Entwicklungsganges des Dichters gelöſt
werden. Ich beſchränke mich hier bloß auf ein Liebesmotiv ſeiner
Jugendjahre, das allerdings für die Art ſeiner poetiſchen Anlage
in hohem Maße kennzeichnend iſt.
Zwei Frauen ſpielen eine entſcheidende Rolle im Leben unſe=
res
Dichters, und zwar beide in dem günſtigen Sinne, die inne=
ren
Hemmungen ſeiner großen Empfindſamkeit möglichſt zu mil=
dern
und ſeine Laufbahn möglichſt fruchtbar und erfolgreich zu
geſtalten. Die eine ſeine Schweſter war ſeine langjährige
Sekretärin, literariſche Beraterin, faſt möchte ich ſagen: ſeine lite=
rariſche
Vorſehung und künſtleriſches Gewiſſen, wenigſtens wäh=
rend
der Jahrzehnte, bevor er ſein eigenes Heim in Kilchberg
gründete. Die andere ſein Gattin war eine höchſt anmutige
Erſcheinung, frei von allen mentorartigen Eigenſchaften, eine
wahre Lebensgefährtin und die Verkörperung von Konrad Fer=
dinands
Lebensglück und Lebensfreude. Eine gewiſſe Art von
Eiferſucht mochte wohl zwiſchen den zwei Frauen beſtehen, da
aber daraus nur noch ein Vorteil mehr für den Dichter erwuchts,
ſo ergänzen fie ſich in ſeiner Lebensgeſchichte in einer ebenſo vor=
nehmen
wie herzerquickenden Weiſe. Trotzdem könnte ich keine
von den beiden außergewöhnlichen Frauengeſtalten als die
Muſe des Dichters hinſtellen, obwohl ſeine Ergebenheit ihnen
gegenüber niemals das geringſte zu wünſchen übrig ließ. Die an
ſeine Frau gerichteten Gedichte und Briefe zeigen überdies, daß
er ſeine etwas ſpäte Vermählung (im 50. Lebensjahre) als eine
Einlenkung in die einzig richtige Lebensfährte empfand, wie dies
beſonders in einem ſeiner tiefſten lyriſchen Gedichte Ihr Heim
zu ergreifendem und formvollendetem Ausdruck gelangt. Aber

[ ][  ][ ]

Rummer 76.

Darmſtädter Tagblatt, Sountag, den 16. März 1924.

Die Schwierigkeiten der Diktatur.
Von unſerem Madrider Korreſpondenten.
a-d., Madrid, 5. März.
Vor kurzem erſchien im ABC. unter dem Titel Avante
Siempre (Immer vorwärts) ein Artikel, der Hiſpanus ge=
zeichnet
iſt und eine Rechtfertigung der Politik des Direktoriums
darſtellt. Es iſt ein offenes Geheimnis, daß der Artikel von
General Primo de Rivera ſelbſt verfaßt wurde. Iſt es an ſich
ſchon ungewöhnlich, daß der Leiter einer Regierung ſich in dieſer
Form mit einer Kundgebung pro domo an die Oeffentlichkeit
wendet, ſo fallen noch mehr ins Gewicht die Rückſchlüſſe auf die
Veurteilung der augenblicklichen politiſchen Lage, welche der In=
halt
und der teilweiſe ſehr leidenſchaftliche Ton dieſer halb=
offiziöſen
Erklärung herausfordern. Unter anderem heißt es,
um die Notwendigkeit zu rechtfertigen, den ſeit einem halben
Jahre beſtehenden Ausnahmezuſtand aufrecht zu erhalten: Wo
ſind die hervorragenden Staatsmänner, die imſtande wären, jede
Art von Konflikten zum Wohle des Vaterlandes zu löſen?
Unter den geſtürzten Politikern werden wir ſie vergeblich ſuchen,
ihr Herz iſt eine Kloake, aber kein Heiligtum. Wenn wir ihnen
aufs neue die Regierungsgewalt übertragen, würden wir das
Laſter, die Korruption auf den Thron ſetzen. Im September,
alſo unmittelbar nach dem Staatsſtreich, ſchrieb ABC. zu den
damaligen aufſehenerregenden Ereigniſſen: Die Folgen ſind
unabſehbar, die der Mißerfolg dieſer ohne Zweifel von der
beſten patriotiſchen Abſicht geleiteten Bewegung nach ſich ziehen
müßte . . . . Deshalb haben wir, nachdem wir uns mit der neu=
geſchaffenen
Lage abgefunden haben, nur den einen Wunſch,
daß dieſer Mißerfolg nicht eintreten nöchte, denn die Perſpek=
tive
, die ſich dann eröffnen würde, däre fürchterlich. Der Zu=
ſammenbruch
würde nicht nur einzelne Perſönlichkeiten mit ſich
reißen.
Es iſt natürlich nicht nur eine Urſache allein, wodurch jene
drückende Atmoſphäre des Unbehagens erzeugt wird, die ſeit
etwa zwei Monaten auf der Stimmung in Spanien laſtet. Da
die Zenſur mit ziemlicher Strenge durchgeführt wird, herrſcht im
allgemeinen vollſtändige Unkenntnis darüber, welche Vorgänge
eigentlich ſich hinter den Kuliſſen der politiſchen Bühne abſpielen;
ein um ſo bereitwilligeres Ohr wird infolgedeſſen unkontrollier=
baren
, oft tendenziöſen Gerüchten geſchenkt, die nicht ſelten ſogar
aus franzöſiſcher Quelle ſtammen. Die Unzufriedenheit macht
bedenkliche Fortſchritte und wird von mißvergnügten Politikern
des alten Kurſes in unverantwortlicher Weiſe geſchürt. Auf=
ſehenerregende
Vorfälle der letzten Zeit ſcheinn auf Sturm zu
deuten. Das Ateneo von Madrid, deſſen kulturelle Bedeutung
für die geſamte ſpaniſch redende Welt, trotz mancher den Statuten
widerſprechender Mißbräuche politiſcher Natur, nicht unterſchätzt
werden darf, wurde als Herd regierungsfeindlicher Agitation ge=
ſchloſſen
, der oftgenannte Vizedirektor der Univerſität Salamanca,
Unamuno, wegen in argentiniſchen Zeitſchriften veröffentlichter,
für das Direktorium und die Perſon des Monarchen beleidigen=
der
Artikel ſeines Amtes enthoben und nach den Kanariſchen
Inſeln verbannt, der republikaniſche Abgeordnete Soriano auf
Grund einer im Ateneo gehaltenen Rede gleichfalls landes=
verwieſen
. An ſämtlichen Univerſitäten, einſchließlich Madrid,
ſoll unter der akademiſchen Jugend, teilweiſe auch unter den
Profeſſoren, ziemlich ſtarke Erregung herrſchen. Die Studenten
von Salamanca weigerten ſich, zum Zeichen des Proteſtes gegen
die Maßregelung Unamunos, mehrere Tage, die Hörſäle zu be=
ſuchen
. Gegen einen Univerſitätsprofeſſor von Granada wurde
wegen einer Kundgebung aus gleichem Anlaß das Diſziplinar=
verfahren
eingeleitet.
Die Prozeße wegen der Verantwortlichkeit bei der Militär=
kataſtrophe
in der Zone von Melilla, durch die unvermeidlich
aufs neue Probleme aufgerollt werden müſſen, die ſchon mehr
als einer Regierung verhängnisvoll geworden ſind, haben mit
der Aburteilung des Generals Cavalcanti und einiger ſeiner
Unterführer wegen der Vorgänge während des Ueberfalles auf
die Proviantkolonne von Tizza im Sommer 1921 ihren Anfang
genommen. Wenn auch die Freiſprechung der wegen ſeiner per=
ſönlichen
Tapferkeit beſonders populären Marqués de Caval=
canti
(er iſt Juhaber der höchſten militäriſchen Auszeichnung,
des Kreuzes des heiligen Ferdinand mit doppeltem Lorbeer=
kranz
) im allgemeinen befriedigen dürfte, ſo wirft der un=
mittelbar
darauf erfolgte Rücktritt des Vorſitzenden des Ober=
kriegsgerichts
, durch welches der Prozeß entſchieden wurde,
General Aguilera, ein Schlaglicht auf die in der Armee beſtehen=
den
Gegerſätze und Eiferſüchteleien, die aufs neue akut zu wer=
den
drohen. General Aguilera iſt ein alter Rivale des Marqués
de Eſtella (General Primo) und wurde im Sommer, alſo kurze
Zeit vor dem Staatsſtreich, bereits als der künftige ſpaniſche
Muſſolini bezeichnet. Jetzt iſt der alte Iſegrimm Generalkapitän
Weyler zum Nachfolger Aguileras ernannt worden, und er wird
die Verhandlungen gegen den einſtigen Oberkommiſſar Beren=
quer
zu führen haben, denen von den verſchiedenſten Seiten mit
wohl nicht ganz unberechtigter Beſorgnis entgegengeſehen wird.
Gleichzeitig treffen Nachrichten über neue militäriſche Er=
eigniſſe
in beiden Zonen des marokkaniſchen Protektorats ein,

und die Regierung hat offiziell zugegeben, daß es ſich hierbei
um etwas mehr als die üblichen Plänkeleien an den äußerſten
vorgeſchobenen Stellungen handelt. Alles deutet darauf hin,
daß im Frühjahr wieder Operationen größeren Stils zu erwar=
ten
ſind, und der unlängſt erfolgte, zunächſt ziemlich unbeachtete
Beſuch des Oberkommiſſars Generals Aizpuru in Madrid dürfte
hiermit in engſtem Zuſammenhang geſtanden haben. Von den
in Südſpanien für die afrikaniſchen Streitkräfte bereitgeſtellten
Reſervebrigaden wird die erſte bereits eingeſchifft, eine zweite
hat ſich marſchbereit zu halten, und die Formation einer dritten
iſt angeordnet. Von dem Erfolg der bevorſtehenden Operationen
wird natürlich viel, ja vielleicht alles für die Beurteilung der
Tätigkeit des Direktoriums und hiermit der Wiedererlangung
der augenblicklich im Schwinden begriffenen Popularität ab=
hängen
; denn das iſt natürlich das Erſte und Letzte, was das
Volk von einer militäriſchen Regierung mit diktatoriſchen Voll=
machten
erwarten und verlangen kann, daß endlich in Marokko
die ſeit Jahren vergeblich erhoffte Entſcheidung fällt, welche der
nationalen Würde und den wirtſchaftlichen Intereſſen des Lan=
des
entſpricht.
Alſo iſt es auch heute wieder die afrikaniſche Sphinx, die
das letzte Wort über das Schickſal dieſer Regierung, die unter
ſo günſtigen Auſpizien ſtartete, zu ſprechen haben wird, genau ſo,
vie dies bei den meiſten der vorhergehenden der Fall war.

Der Prozeß Zeigner.
Leipzig, 15. März. Am zweiten Tage wurde zunächſt
der Angeklagte Zeigner über den Fall Trommer und ſein
Verhältnis zu Möbius vernommen. Zeigner erklärte, er habe
eines Tages Möbius auf der Straße getroffen, der ihm erklärt
habe, er ſei arbeitslos. Er habe über ſeine wirtſchaftliche Not=
lage
geklagt und ihm (Zeigner) ein Gnadengeſuch des wegen
Schleichhandels verurteilten Müller erreicht, das Zeigner ſeinen
geſchäftsmäßigen Gang habe gehen laſſen. In der Folgezeit ſei
Möbius öfters gekommen. Um ihm etwas zu verdienen zu
geben, habe er anläßlich ſeiner Ueberſiedelung nach Dresden
burch Möbius verſchiedene Beſorgungen machen laſſen. Anfangs
Sentember, nachdem er bereits über einen Monat in Dresden im
Amte geweſen ſei, habe ihm der Reichstagsabgeordnete Meyer,
ein Parteifreund, auf der Straße mitgeteilt, daß bei Trommer
im Park Meusdorf ein gewiſſer
Möbius in eigenartiger Weiſe verſucht habe, Geld zu erpreſſen.
Daraufhin habe er (Zeigner) am 7. September an Trommer ge=
ſchrieben
und ihn gebeten, ihm Näheres mitzuteilen. Den Ant=
wortbrief
vom 12. September habe er Möbius in der Wohnung
ſeiner Schwiegermutter vorgehalten. Möbius hat ihm erklärt,
er habe mit der Sache nichts zu tun. Darauf ſei der Verdacht
gegen einen beſtimmten Beamten ergebnislos weiter verfolgt
worden. Zu den von Mödius in der Vorunterſuchung gemachten
Angaben, er ſei von Zeigner beauftragt worden, an Trommer
heranzutreten, erklärte dieſer: Das Vorgehen war dumm und
ungeſchickt, da die Unwahrheit der Angabe auf der Hand liege.
Zeigner führte weiter aus, er hätte das Gefühl gehabt, daß
Möbius wie ein rohes Ei zu behandein ſei und man ſich
hüten müſſe, ihn bösartig zu machen.
Der Vorſitzende fragt: Sie wollten damit wohl andeuten, daß
Möbius Sie wegen Aktenvernichtung in den Händen hat? Zeig=
ner
antwortet: Das Gefühl wenigſtens hatte ich, wenn geſagt
werde, das Verhältnis zu Möbius ſei intim geweſen, ſo gehe
das zu weit. Möbius hatte öfters für ihn und ſeine Familie
etwas beſorgt, beiſpielsweiſe Kartoffeln; er ſei infolgedeſſen
auch in die Wohnung gekommen. Oefter habe er Möbius auch
in Wirtſchaften getroffen. Daß er Möbius veranlaßt habe, ihn
nur unter einem Deanamen telephoniſch anzurufen, ſei unzutref=
fend
. Möbius habe allgemein den Spitznamen Lehmann oder
auch Otto geführt und habe ihn trotz ſeines Widerſpruches unter
dieſem Namen angerufen.
Der Verkehr mit Möbius ſei ihm unangenehm geweſen, er
ſei ihm ſowohl in Leipzig als in Dresden nach Möglichkeit
aus dem Wege gegangen.
Einen offenen Bruch habe er aber aus den angedeuteten Grün=
den
vermeiden wollen. Die ihm vom Möbius übergebenen
Gnadengeſuche habe er auf ordnungsmäßigem Wege weiterge=
geben
. In einem Schreiben Trommers iſt davon die Rede, daß
Möbius ſich auf einen Gewährsmann im Juſtizminiſterium be=
rief
. Möbius erklärte dazu, das nicht geſagt zu haben.
Der Zeuge Arno Trommer ſagt aus: Eines Sonntags
ſei Möbius zu ihm gekommen und habe ihm zu ſeiner Ueber=
raſchung
geſagt, er könne ihm in ſeiner Gnadenſache behilflich
ſein, er habe in Dresden oben jemanden ſitzen. Dann habe er
(Trommer) bei einem Aufenthalt in Zwickau zu Bekannten am
Stammtiſch davon geſprochen, die darüber ohl nach Dresden
berichtet hätten. Nach ſeiner Nückkehr machte Möbius einen
zweiten Beſuch und habe dabei Geld, zu erpreſſen verſucht.
Möbius habe einen Zettel mit der Aufſchrift Juſtizminiſterium
herausgebracht und vorgeleſen, daß die Gefängnisſtrafe in eine
Geldſtrafe von 18000 Mark umgewandelt worden ſei. Das

darin unterſcheidet ſich die Wirklichkeit von der Poeſie, daß in
dieſer nicht die Beglückung, nicht die Sehnſuchtserfüllung, ſon=
dern
das niemals befriedigte, ja das ewig unerfüllbare Verlangen
die Hauptrolle ſpielt. So kommt es, daß als Muſe des Dichters
am eheſten noch jene Jugendliebe in Betracht kommt, die ihn
niemals beglückte, ja durch ihren ſchwermütigen Charakter leicht
verhängnisvoll hätte werden können.
Dieſe Geliebte ſeiner früheren Jahre ſpielt faſt nur wie eine
Traumgeſtalt in ſein reales Leben hinein, aber ſie gewinnt aus
eben dieſem Grunde eine unvergleichliche ſymboliſche Bedeutung
für den Werdegang des Dichters. Clelia Weidmann hieß ſie und
war die Tochter eines Kaufmanns aus St. Gallen, kam jedoch
des öfteren zu ihren Verwandten nach Zürich zu Beſuch, wo ſie
der Dichter kennen lernte. Sie war eine lieblich erblühte, ſchlanke,
mittelgroße Mädchenerſcheinung, mit reichem, dichtgewelltem
Haar, edlem, ſchmalen Antlitz und braunen, von langen Wim=
pern
beſchatteten Augen. Leichte melancholiſche Schatten ſpielten
um die reizende Geſtalt: wahrſcheinlich Zeichen eines verborgenen
phyſiſchen Leidens, dem ſie vorzeitig zum Opfer fiel. Der Dichter
ſagt von ihr:
Zeigte jung ein arger Spiegel
Dir den Wurm in jeder Frucht?
Schwebte nahen Todes Flügel
Ueber dir mit Eiferſucht?
Warum war dir’s nicht gegeben,
Mutig deinen Tag zu leben?
Ohne Glauben an das Glück
Flohſt ins Dunkel du zurück.
Der Dichter hat wenige Strophen wie dieſe geſchrieben, die
das tiefſte Geheimnis ſeiner eigenen Perſönlichkeit und Dichtung
enthüllen. Was er von der Geliebten ſeiner Jugend ſagt, das gilt
in erſter Reihe von ihm ſelbſt. Mit einem Nervenleiden erblich
belaſtet, iſt er es ſelbſt, den ein arger Spiegel den Wurm in jeder
Frucht finden läßt und der ohne rechten Glauben an das Glück
dem eigenen Schickſal gegenüberſteht. Seine Liebe zu Clelia ent=
fpringt
aus der tiefſten Wurzel ſeines Weſens, denn es iſt das
eigene verborgene Leid phyſiſchen Urſprungs, das ihn mit un=
widerſtehlicher
Gewalt zu der im Leiden doppelt ſchönen Mäd=
chengeſtalt
hinzieht. Gar manche Lyriker haben entzückende Verſe
an eine Frühverblichene gedichtet, die unſchuldsvoll aus dem
Leben ſchied, aber man fühlt bei ihnen, daß nur die zarte dich=
teriſche
Einbildung ein melancholiſch=reizendes Spi mit ihrer
Liebesſehnſucht treibt. Der große ungariſche Lyriker Petöfi kränzt
mit unvergänglichem Cypreſſenlaub das Grab ſeiner faſt noch
als Kind verſchiedenen Etelka, und der Dichterphiloſoph Madäch

ſetzt ſeiner jungverſtorbenen Luiſe auch noch in ſeinem Haupt=
werke
Die Tragödie des Menſchen ein Denkmal, aber das
Motid, das hier in Frage kommt, hat doch nur die Bedeutung
einer vorübergehenden Stimmung in ihrer Dichtung und in ihren
Lebensſchickſalen. Nicht ſo bei Konrad Ferdinand Meyer! Die
Gedicht an Clelia entſpringen aus den tiefſten Quellen ſeiner
Inſpiration und ſprechen einen bleibenden Grundzug ſeines
Weſens aus. Jedenfalls gehört das ihrem Andenken gewidmete
Gedicht Lethe zu dem unvergänglich Schönen, das wir ſeiner
Muſe verdanten:
Lethe.
Jüngſt im Traume ſah ich auf den Fluten
Einen Nachen ohne Ruder ziehn,
Strom und Himmel ſtand in matten Gluten,
Wie bei Tages Nahen oder Fliehn.
Saßen Knaben drin mit Lotoskränzen,
Mädchen beugten über Bord ſich ſchlank,
Ktreiſend durch die Reihe ſah ich glänzen
Eine Schale, draus ein jedes trank.
Jetzt erſcholl ein Lied voll ſüßer Wehmut,
Das die Schar der Kranzgenoſſen ſang
Ich erkannte deines Nackens Demut,
Deine Srimme, die den Chor durchdrang.
In die Welle taucht ich. Bis zum Marke
Schaudert’ ich, wie ſeltſam kühl ſie war,
Ich erreicht: die leiſe ziehinde Barke,
Drängte mich in die geweihte Schar.
Und die Reihe war an dir, zu trinken,
UInd die volle Schale hobeſt du,
Sprachſt zu mir mit trautem Augenwinken
Herz, ich trinke dir Vergeſſen zu!
Dir entriß in trotz gem Liebesdrange
Ich die Schale, warf ſie in die Flut,
Sie verſank, und ſiehe, deine Wange
Färbte ſich mit einem Schein von Blut.
Flehend küßt’ ich dich in wildem Harme,
Die den bleichen Mund mir willig bot,
Da zerrannſt du lächelnd mir im Arme
Und ich wußt’ es wieder du biſt tot.
Ich möchte das wunderbare kleine Opus eine Traumballade
nennen, denn es zeigt in allen Einzelheiten der Beſchreibung
etwas rein Trckumartiges, was nicht erfonnen, ſondern nur im

Seite 3.

Schreiben habe er ihm nicht in die Hand gegeben. Der Zeuge
weigerte ſich, zu zahlen, da Möbius keinen vertrauenerweckenden
Eindruck machte und außerdem nach deſſen Mitteilung die Um=
wandlung
ſchon geſchehen ſei.
Zeigner bemerkt, er habe den Brief deswegen nicht durch
die Kanzlei gehen laſſen können, weil er
Verdacht auf Durchſtechereien im Miniſterium
hatte. Hierauf äußert ſich Zeigner über die Handhabung der
Gnadenſachen, die ihm unterſtanden. Hierauf trat eine
viertelſtündige Pauſe ein.
Nach der Pauſe teilt Oberſtaatsanwalt Schlegel mit, daß
zum Beweis dafür,
daß Zeigner bei der Train=Erſatzabteilung mehrfach die
Akten verbrannte,
zwar nicht unentgeltlich, als Zeuge der Kaufmann Norbert
Weiner aus Chemnitz erſchienen ſei. Die Verteidigung erhebt
Einſpruch gegen die plötzliche Ladung des ihr unbekannten Herrn
und beantragt, ihr die Möglichkeit zur Information zu geben.
Es wird beſchloſſen, den Zeugen ſofort zu vernehmen, nachdem
Zeigner ſich dazu geäußert hat. Zeigner erklärt, Norbert
Weiner nicht zu kennen. Wenn ihm jemand derartige Angebote
gemacht hätte, hätte er ihn zurückgewieſen.
Zeuge Weiner ſagt aus, er habe ſich nicht gemeldet, ſon=
dern
ſei telegraphiſch geladen worden. Er ſei Unteroffizier bei
der Train=Erſatzabteilung geweſen. Gegen ihn ſeien kriegs=
gerichtliche
Akte wegen angeblicher Fahnenflucht ergangen. Das
Verfahren zog ſich in die Länge. Eines Tages wurde er angeb=
lich
von dem Kommandeur gerufen, dieſer ſei aber ſchon ſeit
drei Tagen abweſend geweſen. Er wurde darauf in das Vor=
zimmer
zu dem Gefreiten Zeigner gewieſen. Dieſer bat ihn zu=
nächſt
, das Vorgeſetztenverhältnis außer Acht zu laſſen; er habe
eine Mitteilung zu machen.
Zeigner erkundigte ſich nach den Verhältniſſen des Zeugen
und ſagte, er hätte ihm im Auftrage des Kommandeurs mit=
zuteilen
, daß die Sache aus der Welt geſchafft werden müßte.
Er fahre in den nächſten Tagen nach Dresden, um durch
den expedierenden Sekretär des Kriegsminiſteriums die Akten
des Leutnants Ohlendorff verſchwinden zu laſſen. Wenn
der Zeuge 3- bis 5000 Mark flüſſig machen könne, beſtände
die Möglichkeit, auch dieſe Akten zu beſeitigen.
Der Zeuge fügte hinzu, er habe dies abgelehnt, da er von einer
Unterſuchung nichts zu fürchten hatte. Zeigner habe ihm ge=
ſagt
, er ſolle es ſich noch bis zum nächſten Tage überlegen.
Darauf habe er ſeinem etatsmäßigen Wachtmeiſter, dem Univer=
ſitätspedell
Martin in Leipzig, die Sache erzählt. Am nächſten
Tage erfuhr er vom Kriegsgerichtsrat Schmidt, daß kein Anlaß
vorgelegen habe, eine Anklage gegen ihn zu erheben, daß aber
die Akten vom Kriegsminiſterium angefordert ſeien.
Der Parchiner Mordtrozeß.
Das Urteil.
Leipzig, 15. März. Im Parchimer Mordprozeß wurde
heute abend vom Staatsgerichtshof das Urteil verkündet. Abge=
urteilt
wurden der Angeklagte Hoes wegen ſchwerer Körper=
verletzung
und vollendeten Totſchlags zu 10 Jah=
ren
Zuchthaus, der Angeklagte Zabel zu 9 Jahren 6 Monaten
Zuchthaus, der Angeklagte Pfeiffer zu 6 Jahren 6 Monaten
Zuchthaus, der Angeklagte Zenz ebenfauls zu 6 Jahren 6 Mona=
ten
Zuchthaus, der Angeklagte Wiemeyer zu 12 Jahren 6 Mo=
naten
Zuchthaus und der Angeklagte Juriſch unter Zubilli=
gung
mildernder Umſtände infolge geiftiger Minderwvertigkeit zu
5 Jahren 6 Monaten Gefängnis. Sämrlichen Angeklagten wur=
den
die 6 Monate der Unterſuchungshaft angerechnet.
Ferner wurden, wegen Beihilfe und Begünſtigung
verurteilt die Angekiagten Bormann zu 1 Jahr Gefängnis,
der Angeklagte Fricke zu 10 Monaten Gefängnis, die Angeklag=
ten
Hoffmann Mackenſen, Wulbrede Richter und
Thomſon zu 6 Monaten Gefängnis. Auch dieſen Verurteilten
werden ein bis vier Monate der Unterſuchungshaft angerechnet.
Die Koſten fallen den Angeklagten zur Laſt.
In der Begründung des Urteils wird u. a. geſagt,
daß der Parchimer Mord ſeinerzeit große Beunruhigung im
Volke hervorgerufen hat, und daß in der viertägigen Verhand=
lung
unter allen Umſtänden die Feſtſtellung erfolgte, daß es ſich
um ein außerordentlich ſchweres Verbrechen handelt, das des
politiſchen Hiniergrundes keineswegs entbehre. Die Angeklagten
gehörten ſämtlich einer Organiſation an, die ſich auf deutſch=
völkiſcher
Grundlage gebildet hat und die als Fortſetzung der
Organiſation Roßbach gilt, einer Organiſation, die uuter dem
Schutze der Deutſchvölkiſchen Freiheitspartei weiter ihr Leben
friſtet. Es iſt ferner feſtgeſtellt und für erwieſen erachtet wor=
den
, daß die Hauptangeklagten einen gemeinſamen Entſchluß ge
faßt hatten, Kadow vollends zu töten. Bezüglich der Körper=
verletzung
iſt ein fortgeſetztes Verbrechen feſtgeſtellt worden. Was
den Totſchlag anbelangt, ſo iſt die Tat mit Ueberlegung aus=
geführt
worden. Infolge des außerordentlich ſchweren Verbre=
chens
mußte das Gericht von der Zubilligung mildernder Um=
ſtände
abſehen.

Traum erlebt werden kann, und zugleich läßt es jene Eigenart
des Dichters erkennen, daß er auch das lyriſche Element am glück=
lichſten
in epiſcher Einkleidung meiſtert. (Einige perſönliche An=
gaben
über die Jugendliebe des Dichters finden ſich noch in dem
trefflichen Quellenbuch von Adolf Frey: Conrad Ferdinand
Meher. Sein Leben und ſeine Werke. 3. Auflage. Cotta, Stutt=
gart
und Berlin, 1919.)

Freie Literariſch=Künſileriſche Geſelſſchaft.
6. Vereinsabend.
Der letzte Vereinsabend der Geſellſchaft war der Roman=
tik
gewidmet. Ein intereſſantes Programm und die berufenen
Kräfte, die es ausführten, ließen den Geiſt der Romantik in
Muſik, Wort und Dichtung den erfreulich zahlreich erſchienenen
Beſuchern des Romantiſchen Abends lebendig werden.
Im Mittelpunkt des Abends ſtand die Anſprache Wilhelm
Michels Der Geiſt der Romantik‟. Es iſt einleuchtend, daß
ein ſo umfaſſendes und tiefgründendes Thema, in eine knappe
halbe Stunde zuſammengepreßt, den Redner darauf beſchränken
muß, ſchlaglichtartig und in lapidaren Sätzen den Stoff zu ver=
lebendige
. Wilhelm Michel iſt das gelungen. In knappen,
aber klaren Strichen ſtreifte er zunächſt die Bedeutung des Wortes
romantiſch im heutigen Sprachgebrauch und bewies in ſeinen
weiteren Darlegungen, daß der Geiſt der Romantik, der geheim=
nisvolle
Urſprung der romantiſchen Lebensform, die letzte und
höchſte Forderung der Romantik Werde, was du biſt auch heute
noch lebendig iſt, immer lebendig ſein wird, vor allem im deut=
ſchen
Volk.
Die ſtimmunggebende und charakteriſierende Umrahmung des
Vortrages gaben muſikaliſche und deklamatoriſche Darbietungen
von ſtarkem künſtleriſchen Niveau. Das Darmſtädter
Kammerorcheſter unter Leitung des Herrn Auguſt Vogt
eröffnete den Abend mit der Einleitung zu Robert Schumanns
Paradies und Peri, brachte dann die entzückende Ballmuſik
aus Roſamunde von Franz Schubert und beſchloß den Abend
mit der Ouvertüre zu Die Heimkehr aus der Fremde von
Felix Mendelsſohn. Die gehaltvollen Kompoſitionen fanden
eine techniſch einwandfreie, verſtändnisvolle Wiedergabe. Dich=
tungen
der Romantiker Novalis, Brentano, Eichendorff,
Möricke und Uhland fanden in ſinniger Auswahl und in
einem Vortrag, der ſchlechterdings nicht eindrucksvoller ſein
konnte, durch Frl. Elifabeth Stieler vom Landestheater
Wiedergabe, die zum Kunſtgenuß ward.

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Seite X.

Nummer 76.

Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 16. März 1924.

Der Hitlerprozeß in München.
Warum Loſſow ſein Verſprechen nicht halten konnte. Die gebrochenen Ehrenworte. Unſichere Grundlagen für die Hetze gegen Loſſow.
Leichiſerige Phrgſendreſcherei. Ein Trugſchluß der Hilerlelte. koſſew und die Staaszautgriät.

4 Am Ende der dritten Woche.
Hitlers Ehrenworte. Loſſow erſcheint nicht.
Profeſſor Bauer als Zeuge. Der Leidtragende
Von unſerem Münchener Korreſpondenten.
g. München, 15. März.
Ihr könnt mich auch Meineidbauer nennen, ſo ſoll General
von Loſſow am 1. Mai Leuten des Kampfbundes geſagt haben.
Daß dieſe angebliche Aeußerung, für deren Wortlaut und Sinn
ein Beweis bisher nicht erbracht wurde, heute die völkiſchen
Blätter aller Nichtungen in Nieſenlettern krönt, nimmt nach dem
geſtrigen dramatiſchen Zwiſchenfall nicht wunder. Wie auf Kom=
mando
bringen die 3 Sprachrohre der völkiſchen Bewegung, die man
in München allein zu verzeichnen hat, heute die Angelegenheit
des angeblich von Loſſow gebrochenen Chrenwortes zur Sprache.
Es kann hier vorweggenommen werden, daß dieſe Ange=
legenheit
durch ein Schreiben, das der Vorſitzende verlieſt, eine
Aufklärung ſindet, die an demn von Hitler behaupteten Sachver=
halt
nicht diel Poſitives übrig läßt. Selbſt bei Anlegung ſtreng=
ſter
Maßſtäbe könnte hier lediglich davon geſprochen werden, daß
Loſſow ſein Verſprechen oder ſeine Zuſage, Waffen heraus=
zugeben
, nicht gehalten hat. Daß er dieſes Verſprechen nicht
halten konnte und nicht halten durſte, da dieſe Waffen gegen
Volksgenoſſen gebraucht werden ſollten, verſteht ſich bei dem
Inhaber der oberſten Kommandogewalt des Landes ganz von
ſelbſt. Wie iſt es aber mit den gebrochenen Ehrenworten, die in
dem Prozeß eine Rolle ſpielen? Dr. Weber hat ſeine Verpflich=
tung
gegenüber der bayeriſchen Regierung zweifellos durch den
Putſch vom 8. November gebrochen, was auch der Angeklagte
Kriebel beſtätigen mußte. Bei Hitler liegen die Dinge verwickel=
ter
. Er hat Miniſter des Innern Dr. Schweyer gegenüber ſchon
1922 das Ehrenwort gegeben, daß er nie einen Putſch machen
werde. Antwort: Der Putſch vom 8. November. Er hat zum
Zweiten dem General Loſſow die Verſicherung gegeben, nichts zu
unternehmen, ohne ſeine Erklärung vorher zurückgenommen zu
haben. Antwort: Der Putſch vom 8. November ohne vorherige
Ankündigung. Es iſt Hitler nicht gelungen, in der Verhandlung
dieſe ſchweren Anklagen materiell zu entkräften. Daher die
Verlegung des Kampſes auf den Nebenkriegsſchauplatz eines an=
geblichen
Ehrenwortbruches des Generals Loſſow am 1. Mai.
Nun hätte man geſtern wohl erwarten dürfen, daß Hitler auch
den Oberſten Seißer die Frage vorgelegt hätte, wie er dazu
komme, ihm Ehrenwortbruch vorzuwerfen; denn auf Seißers An=
gaben
gründen ſich die ſchwerſten Anklagen, die gegen Hitler er=
hoben
werden müſſen. Seißer hat bisher unbeſtritten erklärt,
daß ihm Hitler bindend verſichert hatte, nichts zu unternehmen,
daß er dieſe Zuſicherung am 6. Nobember dahin einſchränkte, er
werde nur dann etwas unternehmen, wenn er in eine Zwangs=
lage
komme und daß er dieſe Einſchränkung jedoch abermals wider= tragen, um jeden Mißbrauch mit ſeinem Namen auszuſchließen.
rufen hat. Hitler ſchwieg aber geſtern. Die Verteidigung ſchwieg
ebenſo, als der Zeuge abermals vor Gericht ſtand, und ſo
mußte die raſche Beendigung des zweiten Verhörs des Oberſten
Seißer merkwürdig berühren; denn bei Seißer allein hätte es
gelegen, den Zuſammenhang aufzuklären und über die von Hitler
behauptete Cinſchränkung ſeiner ehrenwörtlichen Verſicherung
Aufſchluß zu geben, wenn Hitler und ſeine Verteidigung dieſe
Aufklärung wollten. Wir rekapitulieren dies, weil wir aus die=
ſem
Schweigen Hitlers und ſeiner Verteidigung gegenüber dem
wichtigſten Zeugen in dieſer Angelegenheit hinſichtlich der Ehren=
worte
gewiſſe Schlüſſe zu ziehen berechtigt ſind. Wir rekapitulieren
auch deshalb, um zu zeigen, auf welchen unſicheren Grundlagen ſich
die neue Hetze gegen Loſſow aufbaut. Doppelt muß es ver=
wundern
, daß man heute dem Zeugen Profeſſor Bauer wieder
in heftigen Fragen zuſetzt, was ihm über die Angelegenheit des
gebrochenen Ehrenwortes bekannt ſei, einem Zeugen alſo, der
ſein Wiſſen nur aus zweiter Hand haben könnte und tatſächlich
Oerindur . . .
Eine politiſche Feſtſtellung drängt die hier bereits geſtreifte
Veruehmung des Führers der vaterländiſchen Verbände Bayerns,
Profeſſor Bauer, zwingend auf, wenn ſie materiell=juriſtiſch auch
die Sache der Anklage nicht ſtützen kann: daß von dem an der
Spitze der vaterländiſchen Verbände ſtehenden verantwortlichen
Mann mit einer Leichtfertigkeit Parolen, wie Auf nach Berlin!
wußt ſein mußte, wenn er Politiker ſein will. Daß dieſe Parole
in ſpäteren Auslegungen abgeſchwächt aber durch Redensarten
in zahlreichen Geſprächen zweifellos in ſubjektiven Wirkung noch
geſteigert werden mußten, läßt die Leichtfertigkeit, mit der hier
Phraſen ins Volk geworfen wurden, ohne daß der Wille zur
Cinlöſung der Kraftworte durch die Tat gegeben geweſen wäre,
um ſo kraſſer hervortreten. Jetzt erſt begreift der, der die Zu=
ſammenhänge
bisher nicht kannte, wie es überhaupt möglich war,
in Bayern jene unheilvolle Stimmung großzuziehen, die das
Verhältnis Bayerns zum Reich auf das ſchwerſte beeinträchtigen
mußte. Jetzt hört man aus dem Munde der berufenen Führer.
was hier ſchon am grünen Holze möglich war. Die bittere Feſt=
ſtellung
Poehners, die eine echt Kahrſche Taktik der Kraftſprüche
mit harten Worten beim Namen nannte, entbehrt zweifellos poli=
tiſch
nicht der Berechtigung. Die andere Frage iſt, ob aus dieſer
Taktik materiell=juriſtiſch eine Entlaſtung der Anklage abzuleiten
wäre. Das möchten wir aufs ſtärlſte bezweifeln. Was Profeſſor
Bauer endlich über die Pläne derer um Juſtizrat Claß und Ober=
finanzrat
Tang bekundet, dürſte beſonders in Norddeutſchland
allgemeines Intereſſe erwecken.
Höchſt bedeutſam iſt weiter, was der Stadtkommandant von
München, General Danner, über die Haltung Loſſows in der kri=
tiſchen
Nacht vom 8. zum 9. November bekundet. Hier ſchwindet
der letzte Zweifel, daß Loſſow von Anfang an entſchloſſen war,
bei dem Putſch nicht mitzutun. Noch bedeutſamer iſt ſeine nach
reiflicher Ueberlegung auf eine Frage Hitlers gegebene Antwort:
Die Reichswehr wäre auch dann bei ihrer urſprünglichen Hal=
tung
geblieben, den Putſch niederzuwerfen, ſelbſt wenn Loſſow
mitgemacht hätte. Hier zeigt ſich, daß es ein großer Trugſchluß
derer um Hitler war die deutſche Reichswehr werde nicht gegen
die Empörer vom 8. November vorgehen. Man glaubt es dieſem
geraden Offizier aufs Wort, daß der 9. November ihr ſchwerſter
Tag war. Man glaubt ihm aber ebenſo, daß keine Verlockung
den geſunden Stamm des Reichswehroffizierkorps von ſeiner
Plichterfüllung gegenüber dem Staatsgedanken abbringen kann, die militäriſchen Abwehrmaßnahmen gegen den Putſch ſchon am 7. N
Loſſow dagegen hat durch ſein Fernbleiben dem Gedanken der
Staatsautorität zweifellos keinen Dienſt erwieſen.
Man vernimmt mit Erſchütterung, was einer der feſtgenom=
menen
ſozialiſtiſchen Stadträte über die Behandlung der Geiſeln
unter ſeinem Eid belundet. Man hört ſubjektive Eingriffe des habe in der Stadtkommandantur, während er im Zimmer war, ſtänd
Zeugen, die eben nur als ſolche zu werten ſind.
Am Ende dieſer dritten Woche ſehnt man den Abſchluß dieſes
Trauerſpiels wohl in allen Kreiſen, die baterländiſch fühlen,
herbei. Denn Leidtragender iſt hier letzten Endes der Staat,
der mit dieſen vaterländiſch geſinnten Kräften ein neues Bayern,
ja ſelbſt ein neues Deutſchland aufzurichten ge achte. Dieſer
Staat Layern wird an den Auswirkungen dieſes Prozeſſes noch
lange zu tragen haben."

* Die letzte Verhandlung der
dritten Woche.
g. München, 15. März.

Zu Beginn der Verhandlung am Samstag vormittag gibt der
Vorſitzende
ein Schreiben des KardinalErzbiſchofs Dr. Faulkaber
zu trennen, gehört hat. Er hat weiterhin ni mals und nirgends über für den Fall, daß die andere Seite die Waffeu gebrauche, ſollte geſchoſſen
die Verſenkung der Luſitania geſprochen und dieſe auh nicht als völker= werden. Am 9. November ſei ihm der Anmarſch von Bewaffneten in
rechtswidrig behauptet. Er hat entgegen der Behauptung des General
Ludendorffs niemals in Amerika über die Schuld am Kriege anders
geſprochen, wie es die überwiegende Mehrheit des deutſchen Volkes als rung, daß die Reichswehr abſolut entſchloſſen war, Blutvergießen zu
über die Schuld am Kriege geſprochen. Er ſtellt endlich feſt, daß eine vember ihren ſchverſten Tag hatte.
Amerikareiſe mit dem Fuchs=Machaus=Prozeß nicht das mindeſte zu tun
rungen des Generals Ludendorff herausgeleſen werden kann, er hätte
anwahre Behauptung.
Der Vorſitzende gibt darauf
ein Schreiben des Zeugen General Loſſow
bekannt, in dem er das Erſcheinen vor Gericht ablehnt und erklärt, die
Gründe ſeien für jeden klar, der dem Schluß der geſtrigen Sitzung bei=
gewohnt
habe. Die Verteidigung beantragt hierauf Vorführungsbefehl
gegen den Zeugen zu erlaſſen. Das Gericht ſtellt die Beſchlußfaſſung
zurück.
Weitere Zeugenvernehmung.
Erſter Zeuge in der fortgeſetzten Beweisaufnahme iſt der dann auf=
drücke
im Bürgerbräukeller ſchildert. Er hatte den Eindruck, daß Kahr
ſeine Erklärung ernſthaft abgegeben habe. An die Ernſthaftigkeit der
Erklärungen Loſſows habe er dagegen nicht geglaubt.
Der Zeuge Hellmuth hatte den Eindruck, die Erkllärungen
ſämtlicher Herren ſeien ernſt gemeint geweſen. Hinſichtlich der Rütli=
ſzene
glaubt der Zeuge die Behauptung Hitlers beſtätigen zu können.
Eine Maſchinenpiſtole habe er im Bürgerbräukeller nicht geſehen. Die
Staatsanwaltſchaft ſtellt hierzu feſt, ſie ſei in der Lage, Dutzende von
Zeugen zu benennen, die das Gegenteil beeiden können, wenn das Ge=
richt
Wert darauf lege. Auch der Vorſitzende ſtellt feſt, daß ſich bei Ge=
richt
Gegenzeugen gemeldet haben, daß ein kleiner ſchwarzer Mann
eine Maſchinenpiſtole im Saale mitführte.
Der Zeuge Hauptmann Berchem der Landespolizei ſoll nach
Annahme der Verteidigung in der Lage ſein, zu bekunden, daß der
Stadtkommandant General Dannert, an die Mittäterſchaft Loſſows ge=
glaubt
und eine dahingehende V. merkung gemacht habe. Der Zeuge
weiß von nichts, ſondern beſtätigt im Gegenteil, daß Geueral Dannert
Loſſow fragte: Exzellenz, das war doch alles nur Bluff?. Aus Lof=
wenn
ſie die Unterſchrift des Stadtkommandanten, nicht ſeine eigene,
Vorſitzender: Daraus würde ſich ergeben, daß General Loſ=
ſow
niemals ernſthaft mitmachen wollte.
Auf eine Frage der Verteidigung erinnert ſich der Zeuge,
Herr v. Dannert habe ſich ſpäter in dem Sinn ausgedrückt, Leſſow hätte
im Bürgerbräukeller nein ſagen ſollen.
Der nächſte Zeuge, Kaufmann v. Schirach, iſt Bezirksführer der
vaterländiſchen Verbände und erklärt u. a. Profeſſor Bauer habe mehr=
fach
geſagt, es ſei Kahrs Abſich, auf legalem oder illegalem Wege die
Berliner Negierung zu beſeitigen. Der Marſch nach Berlin ſei Gemein=
gut
der Ueberzeugung aller vaterländiſchen Verbände geweſen. Ueber
Vorbereitungen in dieſer Nichtung wird der Zeuge ſpäter in geſchloſſe, wortbruchs, den Hiter gegen ihn erhoben hatte, befaßt. Das Schreiben
ner Sitzung vernommen.
Die Vernehmung des Profeſſors Bauer.
Berlin, ſondern auf nach Berlin! Er habe damit eine ideale Parole
der Ueberwindung der Nebolution durch den daterländiſchen Gedanken Der Angriff Loſſows habe ihn herausgefordert. Die Tatſache bleibe, daß
geben wollen. An einen militäriſchen Marſch habe er niemals gedacht.
zur Sache nicht das mindeſte angeben kann. Erkläre Graf Er habe auch ſpäter den Simn ſeines Wortes klar interpretiert. Es ſei gebrochen habe, Ueber einen driten Fall könnte dem Gericht ebenfalls
zuzugeben, daß das Wort anders aufgefaßt werden krnnte, und wohl
auch in weiten Kreiſen anders aufgefaßt wurde. Er habe jedoch immer
betont, man werde den Berlinern den Gefallen eines zweiten Kapp= General Loſſolv zu erlaſſen, worauf der Vorſitzende, ohne den Antrag
Putſches nicht tun. Daß er nicht an einen Marſch nach Berlin gedacht formal zurückgeſtellt zu haben, die Werhandlung auf Montag vormittag
habe, ſei von ihm auch General Ludendorff etwa am 14. September ½9 Uhr vertagt.
ausdrücklich mitgeteilt worden. Kahr habe ihm gegenüber das Wort
Auf nach Berlin wegen ſeiner Deutung als unglückſelig bezeichnet.
Einen direkten Einſpruch dagegen habe Kahr jedoch, wie der Zeuge auf
ausgegeben wurden, deren verhängnisvolle Auswirkung ihm be= Befragen der Verteidſgung erklärt, nicht erhoben. Nahr ſelbſt habe nie Der Abſchiug der Sonerbund=
an
einen Marſch nach Berlin gedacht und im übrigen auch nie eine ſolche
Abſicht kundgegeben.
Der Angeklagte Poehner erklärt hier, es ſei eine alte Kahrſche
Taktik, wenn jetzt alles abgeſchwächt werde, wenn man vor der Notwen=
digkeit
ſtehe, zu handeln, werde auch das letzte Prozent der Bereitwillig=
keit
zum Handeln zurückgenommen.
Zu einer Reihe von Aeußerungen, die im Sinue eines Losſchlagens
es ſei möglich, daß er ſo etwas einmal geſagt habe. Man ſpreche ja beenden, die durch die Anweſenheit Lord Parmoors und des
ſehr viel, wenn man täglich 6070 mal angeſprochen wird. Ernſthaft neuen tſchechiſchen Vertreters Dr. Beneſch erhöhtes Intereſſe
ſeien dieſe Bemerkungen jedenfalls nicht gemeint geweſen.
Auf weitere Fragen bezüglich des Direktoriums antuortet der Zeuge.
er habe den Eindruck gehabt, bei den für das Direktorium in Ausſicht allem die Intereſſen Mitteleuropas und Deutſchland berühren=
genommenen
Männern habe es ſich zuletzt nicht um den Perſonenkreis den Fragen überladen war. Dazu gehören dus Danziger und
Minnuox=Gayl gehandelt, vielmehr ſei ihm auch einmal Dr. Maretzky ſaarländiſche Problem, die allerdings in für die betreffenden Ge=
genannt
worden. Er habe einer Beſprechung in Berlin beigewohnt, biete durchaus unbefriedigender Weiſe geregelt wurden, die
etzwas unternehmen wolle, dann auch alles bereit zu halten. Daraufhin litauiſchen Staates nicht unter dem Geſichtspunkt des Selbſt=
und zwar in den Kreiſen des Alldeutſchen Verbandes. Bei den Herren,
die für das Direktorium genannt wurden, habe es ſich offenbar um unter dem Geſichtspunkt der litauiſchen Beziehungen gelöſt
eine zweite Garnitur gehandelt.
angeblich von ihm geführtes Telephongeſpräch in der Angelegenheit des die deutſch=polniſchen Verhandlungen trotz aller deutſchen Be=
gebrochenen
Ehrenwortes Hitlers keinerlei Angaben machen. Er er= mühungen ergebnislos verlaufen waren.
klärt auf das beſtimmteſte, daß hier eine Verwechſelung vorliegen müſſe.
behauptet, niemals geführt habe.
In geſchloſſener Sitzung werden hierauf der Zeuge Schirach und
der Zeuge Joß vernommen, nachdem General v. Loſſow wegen erneuten rungsproblem für Ungarn, worin er gleichzeitig entgegen den
Nichterſcheinens vor Gericht durch Gerichtsbeſchluß in eine Geldſtrafe in Oeſtereich laut gewordenen Wünſchen in einer ſcharf ge=
von
50 Mk. erſatzweiſe 5 Tage Haft, genommen worden iſt. Um 12 Uhr haltenen Entſchließung ſeinem Willen zur unveränderten und
wird die Oeffentlichkeit wieder hergeſtellt.
Der Münchener Stadtkommandant über die
Vorgänge am 8. und 9. November.

Nächſter Zeuge iſt General v. Danner, der Stadtkommandar
von München, der ſich zu den Vorgängen in der Stadtkommandant.
in der Nacht vom 8. zum 9. November äußert. Er bekundet u. a., d
Darin liegt eine tröſtliche Bürgſchaft für die Zukunſt. General vember im weſentlichen feſtgeſtanden hätten. Schon vor Eintreffen de
Generals v. Loſſow ſeien die Abwehrmaßnahmen bereits eingeleitet g
weſen. Das Erſcheinen Loſſows habe ihn inſofern überraſcht, als
annahm. daß Kahr, Loſſow und Seißer ſich in Shutzhaft befänden. C
habe ſofort geſagt: Ja, was war denn das für ein Bluff? Loſſo
ſei außerordentlich zornig über den gemeinen Ueberfall geweſen un
darüber geſchimpft. Später habe er (der Zeuge) daxüber geſprochen
wie tieſtraurig dieſe Sache ſei. Eine abfällige Aeußerung über Loſſon
habe er ſeines Wiſſens nicht gemacht.
Die Haltung der Reichswehr.

Auf Fragen des Staatsanwalts ſtellt der Zeuge ausdkücklich feſt,
daß in der Beſprechung vom 7. November mit den Kommandeuren der
Reichswvehr von General Loſſow aussrücklich betont wurde, die Neichs=
wehr
werde und müſſe einem Putſch, weun ein ſo=cher unternommen

werden ſollte, entgegenwirken. Befehle habe Loſſow in der Nacht nicht
mehr zu geben gehabt, da die Reichswehr bereits glarmiert und die
auswärtigen Trupyen herbeigerufen waren. Daß Loſſoſv unter dem
Eindruck der bereits ergriffenen Maßnahmen ſeinen Cutſchluß, den
Putſch mitzumachen, rückgängig gemacht habe, halte der Zeuge auf Grund
der am 7. und 8. Novomber beobachteten Haltung Loſſolus für abſolut
Drahtbericht anſeres Münchener Korreſpondenten. ausgeſchloſſen. General Danner erklärt weiter auf eine Frage Hitlers,
die Reichswehr wäre auch dann auf dem urſprünglichen Standpunkt,
den Putſch niederzuwerfen, ſtehen geblieben, ſelbſt wenn Loſſow mit=
gemacht
hätte. Daß die Befehle unter dem Namen Danners ausgege=
ben
wurden, um einen Mißbrauch des Namens Loſſolv zu verhindern,
wird von dem Zeugen beſtätigt.
Zu dem blutigen Vorgang am 9. November erklärt der Zeuge auf
bekannt, in dem der Kardinal ausdrücklich feſtſtellt, daß er niemals von Befragen der Verteidigung noch, es habe bei allen Offizieren, auch bei
dem Plan, Bahern und Oeſterreich zuſammenzuſchließen und vom Reich General Loſſolv, die Abſicht beſtanden, Blutvergießen zu verhüiten. Nur
die Jnnenſtadt gemeldet worden.
Die Verteidigung dankt dem General ausdrücklich für die Erklä=
Wahrheit anſieht. Er hat in Amerika niemals und nirgends überhaupt vermeiden. General Danner btont, daß die Reichswehr am 8. No=
Auf eine Frage des Generals Ludendorff, ob der Maſchinengewehr=
hatte
, wenn die Aufaſſung erweckt werden ſollte, wie es aus den Aeuße= führer nach Anſicht des Zeugen am Kriegsminiſterium das Feuer er=
öffnen
durfte oder nicht, erklärt der Stadtkommandanr, nachdem von
Grund gehabt, dieſem Prozeß auszuweichen, ſo war das eine weitere der anderen Seite zuerſt geſchoſſen worden ſei und die Truppen zwei
Verwpundete zu beklagen gehabt häten, ſei der Maſchinengewehrführer
zweifellos berechtigt geweſen, das Feuer zu erwidern. Er habe aber
entgegen dem ſonſtigen Brauch bei der Reichswehr nicht gezielt, ſondern
lediglich Streufeuer gegeben.
Die Geiſelverhaftungen.
Letzter Zeuge des Tages iſt Staatsanwalt Stadtrat Nußbaum,
der ein Bild der Mißhandlungen und Roheiten entrollt, die an den 9
als Geiſeln verhafteten ſozialiſtiſchen Stadträten auf dem Transport
vom Nathaus zum Bürgerbräukeller begangen wurden. Der Zeuge be=
tont
weiter unter ſeinem Eid, daß ſowohl Hitler als auch der frühere
gerufene Univerſitätsprofeſſor Geheimrat Döberl, der ſeine Ein= Miniſter Roth die Geiſeln geſehen hätten, ohne einzugreifen. Er habe
Roth gefragt: Gerr Miniſter! Halten Sie das für richtig? Darauf
habe Roth, der ſich keineswegs, wie er früher behauptete, in einem Ge=
dränge
befunden habe, lediglich mit den Achſeln gezuckt. Auch Luden=
dorff
ſei herausgekommen und habe etwa um 9 Uhr die Verhafteten
geſehen. Er habe darauf einen Bewaffneten gefragt: Was iſt mit die=
ſen
Leuten?. Dieſer habe darauf geantwortet, daß es ſich um ſoziali=
ſtiſche
Geiſeln handele, worauf Ludendorff erklärt habe: Ach ſo! als
wenn dann weiter nichts zu geſchehen brauche. Die Geiſeln ſollten dann,
wie der Zeuge behundet, in dem Zug zur Feldherrnhalle mitgeführt
terden. Ein in Offizierskleidung befindlicher Sturmtruppangehöniger
habe gerufen: Wenn die Reichswehr ſchießen follte, werden die Gei=
ſeln
erſchoffen. Kurz darauf ſei der Befehl dahin widerrufen worden,
die Geiſeln mit dem Gevehrkolben totzuſchlagen, wenn geſchoſſen würde,
da ſie eine Kugel nicht verdienten. In ihrer Gegenwart ſei dann das
Seitengewehr aufgepflanzt worden. Sie wurden ſodann 1½ Stunden
auf einem Laſtauto gehalten, wobei wieder ein in Offizierskleidung be=
findlicher
Sturmtruppangehöriger, als er bemerkte, daß der Zeuge mit
einem Poſten ſprach, die Piſtole herausriß und dem Zeugen erklärte=
ſows
Antwort ſei zu entnehmen geweſen, daß er nur unter Zwang Noch ein Wort, und ich ſchieße Sie mit ſamt dem Poſten über den
handelte. Loſſolv habe angeordnet, daß Befehle nur dann gültig ſeien, Haufen. Die Geiſeln wurden ſchließlich nach dem Perlacher Forſt ge=
bracht
und etwa 80 Meter in den Wald bineingeführt. Hier wurde
ihnen die Zivilkleidung abgenommen, um Spähern, die in die Stadt
zur Erkundigung der Vorgänge gehen ſollten, damit auszurüſten.
Schließlich wurden die Geiſeln durch die Intervention eines Landes=
polizeioffiziers
und eines Mitglieds des Stadtrats, die dem Auto nach=
gefahren
waren, befreit, und gegen Ehrenwort, nicht anzugeben, wo ſie
ſich befunden haben, freigelaſſen.
Loſſow Hitler.
Zum Schluß der Verhandlung gibt der Vo=ſitzende ein Schreiben
des Generals Loſſow bekannt, das ſich mit dem Vorwurf des Ehren=
ſtellt
feſt, daß Loſſot ein von ihm gegebenes Verſprechen, Waffen an
die Nationalſozialiſten auszugeben, am 30. April deshalb nicht hielt,
weil Hitler in dieſer Beſprechung ankündigte, er werde am 1. Mai mit
Waffengewalt die Maifeiern unmöglich machen. Loſſow betont, er hätte
Profeſſor Bauer, der Führer der daterländiſchen Verbände ein Tor oder ein Verbrecher ſein müſſen, wenn er den Nationalſoziali=
Baharns äußert ſich dann über den Sinn ſeines Wortes: Nicht los von ſten, die ſich gegen den Staat ſtellen wollten, Waffen herausgegeben hätte.
Hitler erklärt, er bedauere, daß er darüber habe ſprechen müſſen.
General Loſſow ſein Ehrenwort damals genau ſo wie am 8. November
Veweis angeboten werden.
Die Verteidigung ſtellt erneut den Antrag, Vorführ ngsbefehl gegen
ratstagung.
Das Geſamtergebnis der Verhandlungen.
Genf, 15. März. (Wolff.) Der Völkerbundsrat beſchloß
gebeutet werden können, erklärt der Zeuge Profeſſor Bauer weiter, heute abend nach fünftägiger Verhandlung ſeine 28. Tagung zu
hervorgerufen hatte und außerordentlich ſtark mit politiſchen, vor
in der er darauf hingewieſen habe, es ſei doch notwendig, wenn man Memelfrage, die trotz Schaffung einer Autonomie innerhalb des
ſei ihm mitgeteilt worden, eine neue Verfaſſung ſei bereits ausgearbeitet, beſtimmungsrechts der Memeler Bevölkerung, ſondern vor allem
wurde, und die Frage der Staatsangehörigkeit der Deutſchen in
Der Zeuge kann auf weitere Fragen der Verteidigung über ein / Polen, über die der Rat noch keine Beſchlüſſe faſſen konnte, da
Eine der wichtigſten Aufgaben der Verhandlungen galt ferner
da ir ein Geſpräch mit Profeſſor Sauerbruch, wie von der Verteidigung der finanziellen Sanierung Ungarns und Oeſterreichs. So be=
ſtätigte
der Nat endgültig das kürzlich feſtgeſtellte. Finanzie=
ſtrikten
Durchführung des letzteren finanziellen Sanierungs=
problems
für Oeſterreich, und vor allem des Haushaltsabbaus
Ausdruck verlieh. In der für die weitere Enzwickelung des
Völkerbundes und einer den Frieden fördernden Tätigkeit ent=
ſcheidenden
Frage ſeines Eingreifens in die Konflikte zwiſchen
Völkerbundsmitgliedern wurde nur eine Kompromißlöſung zwi=
ſchen
dem von Salandra und Hanotaux vertretenen, Stand=
punkt
gefunden, die trotz grundſätzlicher Anerkennung der Zu=
ſtändigkeit
des Völkerbundes bei derartigen Konflikten Zwangs=
maßnahmen
militäriſcher Art auch in Zukunft ausſchließt und
nicht ohne weiteres mit Völkerbundsſanktionen bedroht.
Am Schluß der Tagung wies der 1. Präſident=Guany in
einer kurzen, optimiſtiſch gehaltenen Erklärung auf die frucht=
reiche
und praktiſche Arbeit der vergangenen Woche hin, wobei er
beſonders die glückliche Regelung des Yaworzina=Konfliktes
zuiſchen Polen und der Tſchechoflowakei, des ungariſchen Wie=
deraufbaus
und der Memelfrage erwähnt. Was die Frage der
Zuſtändigkeit des Völkerbundes bei internationalen Konflikten
betrifft, bedquerte er aber auch, daß man aus politiſchen Grün=
den
nicht geſtatten konnte, zu einer ſofortigen Löſung zu gelan=
gen
, erklärte aber, daß durch die Anerkennung der Zuſtändigkeit
des Völlerhundsrates der Einlluß des Völkerbundes politiſch
und moraliſch geſtärkt worden ſei.

[ ][  ][ ]

Nummer 76.

Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 16. März 1924,

Seite 5.

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Warum geht der vertragsloſe
Zuſtand bei den Krankenkaſſen weiter e
die Aerzte ſich weigern, zu angemeſſenen Bedingungen
Weil
die Tätigkeit bei den Krankenkaſſen wieder aufzunehmen!

Weil
Weil

die Aerzte mehr fordern, als ſie in der Vorkriegszeit als
Weil
Honorar erhielten.
ſie einen von dem zuſtändigen Schiedsamt gefällten Schieds=
ſpruch
, der ihnen ſtatt eines Honorars von 5 Mark bis 5.30 Mark
in der Vorkriegszeit 6.20 Mark zuſprach, nicht annahmen.
die Aerzte Gefallen an dem jetzigen Zuſtand finden, nach
dem ſie den Krankenkaſſenmitgliedern ſtatt der 75 Pfennige, die ihnen
für eine Beratung nach der amtlichen Gebührenordnung zuſtehen, das
Doppelte abnehmen)
Die Schuld für die Fortdauer des vertragsloſen Zuſtandes
in Heſſen trift deshalb die Uerztevereine ganz allein.
Die Krankenkaſſen waren im Intereſſe der Verſicherten bereit, den vor=
läufigen
Schiedsſpruch des Schiedsamtes anzunehmen, obwohl ſie wiſſen, daß bei
dieſem Entgegenkommen an einen weiteren Beitragsabbau, wie er den
heutigen Verhältniſſen entſprechend notwendig wäre, nicht zu denken iſt.
Das Verhalten der Aerzte zwingt jetzt die Kaſſen, der Oeffentlichkeit einmal
zu unterbreiten, welche Summen die einzelnen Aerzte in dem letzten Vierteljahre
(3244
den Mitgliedern abgenommen haben.

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Seite 6.

Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 16. März 1924.

Nummer 76

Sensation!

Der klassische Grossfilm in 2 Teilen
I. Teil: 6 Akte

In den Hauptrollen
Edi Darclea, Hanna Ralph
dele Sandrock, Carl de Vogt, Albert Basser=
mane
, Fritz Ulmer, Albert Steinrück, Carlo
Aldini, WladimirGaiderow, CarlWüstenhagen

Die Zerstörung Trolas
anschliessend im nächsten Programm
So eine Familie

merik. Lustspiel in 2 Akten (3120fsgo

Union-Theater

Der größte und bedeut. Auslandsfilm der Spielzeit 1924!

Ein Licht- und Schattenbild aus Wiens
goldner und eiserner Zeit in 8 Akten
Gueenie geht zur Schupo
Das Wunderpferd in vollendeter Dressur
Kassenöffnung 1½ Uhr!
Anfang 2 Uhr!

Die letzte Fürstin
Roman in 6 Akten mit Lpdia Borelli
Der fliegende
Holländer
Nord. Kunstfilm in 6 Akten

Das Spiel mit dem
Weibe
Drama in 5 Akten m. Lotte Neumann
Das verkaufte Herz
Sittenfilm in 6 Akten. (*7569

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von Shakeſpeare.
Ende 9½ Uhr.
Preiſe: 15 Mark.

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Aula des Real=
gymnaſiums

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Heute nachmittag 4 Uhr
Srctſter Kongert
Vortragsfolge:
u. a. Ouverturen: Roſſini: Diebiſche
Elſter‟ /Herold. Zampa‟ / Strauß:
Wo die Citronen blüh’n / Wagner:
III. Akt. (Feſtwieſe) Meiſierſinger /
Immortellenkranz auf das Grab
Cortzings, Fantaſie / Der Tenz iſt
da‟, Tied, Hildach / Walzertraum
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Leitung: M. Weber.

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8 Uhr

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Podium und Publikum‟
Berlin Lokalanzeiger: Der grosse
Beethovensaal hallt von lauter
Lachen u tosendem Beifall wider‟
Berlin, Börsenztg.: S.-G. wirklich
lustige Abende sind eine Lichtquelle
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Berlin, Morgenpost: Er rieht alle
Begister treflsicherer Komik in
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Mittwoch, den 19. März, abends8Uhr
in der Aula des Ludwig=Georgs= Gym=
naſiums
(Eingang Karlſtr. 2/.
Karten zu 1 (numerierte Plätze), und
50 J ſind zu haben bei Herrn Otto Titze,
Eliſabethenſtraße 4, bei dem Amtsgehilfen
des Gymnaſiums (nur vormittags) oder un=
mittelbar
vor dem Vortrag am Saaleingang.
Ein etwaiger Überſchuß iſt für die deutſchen
Schulen des Auslands beſtimmt.
Verein für das Deutſchtum im Ausland
Deutſcher und öſterreichifcher Alpenverein,
Zektion Darmſtadt und Sektion Starkenburg.

Deutſche Demokr. Partei
Darmſtadt
Am Dienstag, 18. ds. Mts., abds. 8 Uhr,
im Fürſten=Saal, Grafenſtraße
Seifenlnche

Rednerin:
Reichstagsabg FrauDr. Lüders, Berlin
Thema:
des deutſchen Bolkes Schickſalsſtunde.
Jedermann willkommen. (3278
Der Vorſtand.

Montag, den
Ornis
17. März 1924,
abends 8 Uhr
Monats=
Berſammlung
im Anker.
Tagesordnung:
1. Mitteilungen.
2. Vortrag über
helle Brahma, 3. Vortrag über das Brut=
geſchäft
, 4, Verloſung.
(3204

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ab 1. März wieder geöffnet

Theater=Verein, Darmſtadt 1922.
Heute Sonntag, den 16. d8. Mts.
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A H3
Der Geſellſchaftsabend (3241
im Großen Haus des Heſſ. Landestheaters
morgen, Montag, den 17. März 1924
in dem, umrahmt von Orcheſterzwiſchen=
ſpielen
, der Eskimo=Film
Nanuk, der Pelzjäger
zum erſtenmale in Darmſtadt vorgeführt
wird, beginnt mit Rückſicht auf die Er=
weiterungen
des Programms, die dem
Publikum vorerſt noch nicht bekanntge=
geben
, ſondern mit denen es überraſcht
werden ſoll
bereits um 2 Uhr abends
Orr.ſt..

Eilige
Paßbilder
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Offenv. 9-7Uhr, (*

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Reorganiſſert 1906

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und Klaſſen=Kurſen= Privat=Unterricht
Unterricht in Tages= und Abendſtunden
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Klaſſen=Unterricht= Tages= oder Abendſtunden

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[ ][  ][ ]

Rummer 76.

Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 16. März 1921

Seite 2

Aus der Landeshauptſtadt.

Darmſtadt, 16. März.
Der Geſellſchaftsabend im Großen Haus des Heſſiſchen Landes=
kheaters
, an dem der Eskimofilm Nanuk zur Vorführung kommt,
beginnt mit Rückſicht auf die Erweiterung des Programms um einen
sweiten Teil bereit um 7 Uhr und endigt um 10 Uhr. Nach dem
erſten Teil findet eine Pauſe ſtatt, während welcher in den Seitenfohers
Erfriſchungen gereicht werden. Der Eintrittspreis beträgt 29 Mark;
in ihm ſind alle Darbietungen einbegriffen.

Zum Gaſtſpiel der Elena Polewitzkaja als Jekaterina Jwanowua
im Großen Haus des Landestheaters am Dienstag mag jeder, der kein
Ruſſiſch verſteht, aus dieſem Grund einige Beſorgnis hegen. Wir brin=
gen
deshalb die darauf bezüglichen Abſchnitte aus den Beſprechungen
ihres Hamburger Gaſtſpiels vom 12. März im Hamburger Fremdenblatt
und den Hamburger Nachrichten: Vorſtellung in ruſſiſcher Sprache. Jch,
der ich kein Ruſſiſch verſtehe, hege einige Beſorgnis. Und gleich mir wohl
noch ſo mancher. Unnötige Befürchtung: Die Sprache des Herzens, die
Sprache der Liebe und des Leids, des Haſſes und der jubelnden Menſchen=
ſeele
wird überall verſtanden, mögen die Worte ſo oder ſo lauten, hart
voder weich klingen, vertraut oder fremd anmuten. Ich verſtehe kein
Ruſſiſch. Und dennoch: das Spiel dieſer Ruſſen, reich getönt, ſorgfältig
inſtrumentiert, zeigt nicht nur ſpezifiſch nationalen Charakter, es ent=
hüllt
menſchliche, übernatürliche Seiten. Das Wort klingt unſerem Ohr
fremd, ſein Sinn aber wird uns durch Geſtus und Miene der Darſteller
und vor allem durch die tonliche Nuancierung im tiefſten vertraut . . ."
Vortragsabend des Evangeliſchen Bundes. Moderner Roman
und Religion iſt das Thema, über das Univerſitätsprofeſſor D. Dr.
Schian nächſten Donnerstag abend 8 Uhr im Realgymnaſium zu
Darmſtadt einen Vortrag halten wird. Da unſere Romanſchriftſteller
nicht nur ſpannende Begebenheiten darſtellen, ſondern die Charaktere,
die ſie geſtalten, zu Trägern beſtimmter Welt= und Lebensanſchauungen
nachen, ſind unſere Romane auch von wichtigſter Bedeutung für das
religiöſe Denken und Empfinden der Gegenwart. Darum wird dieſer
Vortrag eines unſerer geſchätzteſten Redner beſonderem Intereſſe be=
gegnen
. Nach dem Vortrag wird Fräulein Weimar mehrere Lieder
religiöſen Inhalts vortragen, die dem Geiſte chriſtlicher Frömmigkeit
Ausdruck geben. Der Eintritt iſt frei.

Die Anthropoſophiſche Geſellſchaft veranſtaltet eine weitere Reihe
von drei Vortragsabenden, und zwar wie ſeither jeweils Dienstags
abends 8 Uhr in der Aula des Realgymnaſiums. Der erſte Vox=
trag
beginnt Dienstag, den 18. März, und findet ſeine Fort=
ſetzung
Dienstag, den 25. März, und Dienstag, den 1. April. An dieſen
drei Abenden wird Frau v. Sybel=Peterſen ſprechen über das
Thema Welt und Menſch. (S. Anzeige.)

Vortrag. Auf Veranlaſſung des Vereins für das Deutſch=
tum
im Auslande und der Sektionen Darmſtadt und Starten=
burg
des Deutſchen und Oeſteureichiſchen Alpenver=
eins
findet am Mittwoch, den 19. d. M., abends 8 Uhr, in der Aula
des Ludwig=Georgs=Gymnaſiums (Karlſtr. 2) ein Vortrag des Herrn
Univerſitätsprofeſſors Dr. Aufhauſer über ſeine Reiſeeindrücke
in Oſtaſien mit Lichtbildern ſtatt. Herr Prof. Aufhauſer iſt kürzlich
von einer Weltrundreiſe zurückgekehrt, die er im Dezember 1922 mit
dem Dampfer Weſer des Norddeutſchen Lloyd Bremen nach Oſtaſien
angetreten hat, dem erſten deutſchen Dampfer, der nach dem Krieg wieder
den Oſtaſienverkehr aufgenommen hat. Herr Prof. Aufhauſer verfolgte
bei ſeiner Weltreiſe in erſter Linie wiſſenſchaftliche Zwecke für ſeine Vor=
leſungen
an der Uniderſität München. Daneben galt ſein Augenmerk
aber den allgemeinen politiſch=kulturellen Verhältniſſen der Länder des
fernen Oſtens und beſonders auch dem dort lebenden Auslandsdeutſch=
tum
. Er hatte während ſeiner Reiſe vielfach Gelegenheit, mit führenden
Kreiſen in Gedankenaustauſch zu treten. Bei den dort lebenden Ver=
tretern
des deutſchen Handels und der deutſchen Wiſſenſchaft bot ſich ihm
gleichfalls günſtige Gelegenheit, Einblick in das Wirken unſerer deutſchen
Landsleute in der fernen Welt zu gewinnen. Während des zweimonati=
gen
Aufenthalts in den Vereinigten Staaten von Nordamerika konnte er
beſonders dem dort anſäſſigen Deutſchtum ſeine Aufmerkſamkeit zu=
wenden
und auch Fragen der gegenwärtigen Einwanderung nähertreten.
Zahlreiche, zum Teil ſelbſt aufgenommene Lichtbilder ſuchen das geſpro=
chene
Wort zu illuſtrieren. Ein etwaiger Ueberſchuß kommt den deut=
ſchen
Schulen im Auslande zugute. (Näheres ſiehe Anzeige.)

Im Realgymnaſium ſpricht am 18. und 19. März Prof.
Dr. Köſer über Theater, Zirkus und Arena in der römiſchen
Kaiſerzeit. (Mit Lichtbildern.) Beginn 6 Uhr; Einzelkarten 1 M.
Die neunte Symphonie Beethovens auf dem Grammophon. Soll
man’s bedauern oder begrüßen, daß Beethovens Unſterblichſte auch auf
der Platte feſtgehalten iſt? Wem die Ausgeſtaltung des Repertoires in
künſtleriſcher Beziehung und die Mitwirkung erſter Kräfte der Geſangs=
und Inſtrumentalkunſt für das Grammophon nicht entgangen iſt, dem
beſtätigt die Wiedergabe der Neunten auf dem Grammophon
das künſtleriſche Wollen einer aufſtrebenden Induſtrie. Aber die Tat=
ſache
, daß man ſich an dieſe Rieſenaufgabe heranwagte, iſt doch eine
Ueberraſchung, ganz beſonders deshalb, weil ſie glänzend gelungen iſt.
Wenn man bedenkt, daß man im verſteckteſten Dörfchen der Lüneburger
Heide wie in den entlegenſten Fiſcherdörfern an der Oſt= oder Nordſee
die Neunte erleben kann, ſo iſt dies ohne Zweifel ein Fortſchritt.
Als kürzlich die Nachricht von der gelungenen Wiedergabe der Neun=
ten
durch die Preſſe ging, nahm man dieſe Meldung als Neuigkeit zur
Kenntnis wie ſo manches andere. Inzwiſchen iſt ſie auch in Darmſtadt
eingekehrt, ſodaß die Möglichkeit perſönlicher Feſtſtellung gegeben iſt.
Wir hatten Gelegenheit, der Einladung des Herrn Jäger zur An=
hörung
der Neunten zu folgen und bekennen, daß die anfängliche
Neugier einer reſtloſen Bewunderung gewichen iſt. Man glaubt ſich
beim Anhören der aus ſieben doppelſeitig beſpielten Platten in den
Konzertſaal verſetzt und folgt, den Atem anhaltend, der Wiedergabe,
die von Bruno Seidler=Winkler mit dem Neuen Symphonie=Orcheſter,
dem Chor der Staatsoper und bekannten Berliner Soliſten durch=
geführt
wurde. Alle Teile, beſonders aber die gewaltig ſich ſteigernden
Schlußgeſänge An die Freude und Seid umſchlungen, Millionen
ſind von überwältigender Eindruckskraft.
Turngemeinde Beffungen 1865. Um vielſeitigen Wünſchen nach=
zukommen
, hat Veranſtaltungsausſchuß und Vorturnerſchaft beſchloſſen,
den Unterhaltungsabend vom 8. d. M. am Samstag, den
22. März, zu wiederholen. Wer am vorletzten Samstag Zeuge dieſer
Veranſtaltung war, muß ihr das ungeteilte Lob ſpenden: Ein wohl=
gelungener
Abend, wie er nur in den ſeltenſten Fällen geboten wird!
Einzelne Darſteller beſonders hervorzuheben, müſſen wir uns verſagen;
denn es hieße nur das Verdienſt aller, die zum Gelingen des Abends
beigetragen haben, ſchmälern. Turnwart für Geiſtespflege Hanauer
und der 1. Turnwart hatten weder Mühe noch Arbeit geſcheut, um im
Verein mit ihren Mitarbeitern und =Arbeiterinnen Hervorragendes zu
leiſten. Dieſer Umſtand allein bürgt ſchon dafür, daß auch am Sams=
tag
, den 22. März, jeder, der unſere Veranſtaltung beſucht, mit dem
Bewußtſein nach Hauſe gehen wird, einige ſchöne Stunden verlebt zu
haben. Beſonders erwähnenswert iſt die Schlußnummer des Pro=
gramms
: Zirkus Bernem! Hier waren ganz reſpektable Leiſtungen
zu ſehen. Tipperitti, Leſcheritzki und Heckinus, die Spaßmacher in die=
ſem
Unternehmen, hatten ſtets die Lacher auf ihrer Seite; denn ſie ver=
ſtanden
es meiſterhaft, alle Anweſenden bis zur letzten Minute zu feſſeln.
Schulreiter, Akrobaten, Ringer, Boxer und eine Wild=Weſtſzene bilde=
ten
weitere glänzende Nummern dieſes Unternehmens, das an dieſem
Abend ſeine Gala=Schlußvorſtellung geben wird. Aber unſer Zirkus
bietet noch viel, viel mehr! Man komme, ſehe und ſtaune. Verſäume
daher niemand am Samstag, den 22. März, der Wiederholung unſeres
Unterhaltungsabends beizuwehnen, und verſehe ſich jeder rechtzeitig
mit Karten. Vorverkauf ab Montag, den 17. März. Für Mitglieder
beim Hausmeiſter, für Nichtmitglieder ein der Papierhandlung Künzel
(Beſſunger Straße) und im Sporthaus Adelmann (Rheinſtraße). Auf
die demnächſt in dieſer Zeitung erſcheinende Anzeige machen wir jetzt
rh.
ſchon aufmerkſam.

Hundert Krankheiten in einer.
Ein Menſch, deſſen Nerven angegriffen ſind, hat hundert
Krankheiten und doch nur eine, ſagt ein berühmter Nervenarzt.
Der Mann hat recht! Wenn man hundert Nervenkranke fragt,
worüber ſie am meiſten zu klagen haben, ſo wird man hundert
verſchiedene Antworten erhalten, ſo daß der Laie nimmermehr
glauben würde, daß dieſe hundert Perſonen alle an derſelben
Krankheit leiden. Der Arzt aber weiß, daß ein Nervenleiden in
den verſchiedenſten Formen auftreten kann.
Kopfſchmerzen Gliederreißen, Zuckungen,
Rückenſchmerzen, Geſichtsſchmerzen, Schmerzen
in Hals, Armen und Gelenken, Augenflimmern,
Blutwallungen, Herzklopfen, Schlafloſigkeit,
fehr lebhafte oder ſchwere Träume, Beklem=
mungen
Schwindelanfälle, Angſtgefühle, über=
mäßige
Empfindlichkeit gegen Geräuſche, Reiz=
barkeit
, beſonders frühnach dem Aufſtehen, Un=

Maf!

1000
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2090
oder
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Sein 25jähriges Dienſtjubiläum feiert heute Herr Stadtamt=
mann
Ferdinand Kreiter. Bei der allſeitigen Beliebtheit, deren
ſich der Jubilar erfreut, wird es ihm an Glückwünſchen und Ehrungen
nicht fehlen. Die Beamten der ſtädtiſchen Betriebe hatten
ſich geſtern in den mit Grün geſchmückten Arbeitsräumen ihres ge=
ſchätzten
Kollegen zu einer kleinen eindrucksvollen Feier verſammelt.
Nachdem Herr Oberingenieur Kalbfuß die Glückwünſche der Stadt=
verwaltung
übermittelt hatte, gratulierte er Herrn Kreiter im Na=
men
der Kollegen. Hieran anſchließend überbrachte der erſte Vor=
ſitzende
der Gewerkſchaft die Glückwünſche derſelben. Ebenſo war die
Arbeiterſchaft entſprechend vertreten. Für die ihm überreichten
Ehrengeſchenke dankte er mit dem Wunſche, daß das ſeitherige gute
Einvernehmen zwiſchen ihm und ſeinen Beamten für die Folge in
gleicher Weiſe fortbeſtehen möge. Ein aus der Beamtenſchaft zuſam=
mengeſtelltes
Quartett verſchönerte die Feier durch mehrere Lieder=
vorträge
.
Orpheum. Auf die abendlichen Vorſtellungen der Operetten=
Gaſtſpiele ſei hingewieſen. Kartenverkauf: Verkehrsbureau von 1012
Uhr und an der Orpheumskaſſe ab 3 Uhr. (S. Anz.)
Helena, der Untergang Trojas, im Film. In den Palaſt=
lichtſpielen
läuft zurzeit der erſte Teil des klaſſiſchen Großfilms
Helena, der Untergang Trojas. Das Manuſkript dieſes in
Wahrheit großen Films hat Hans Reyſer frei nach der Ilias be=
arbeitet
, und Manfred Noa hat es unternommen, das gewaltige
Werk in Regie zu nehmen, von dem geſagt werden darf, daß es
das beſte, größte und eindrucksvollſte iſt, das die Bavaria=Film=
A.=G. herausgebracht hat. Ein gigantiſcher Aufwand an Aus=
ſtattungs
= und Menſchenmaterial, an Bauten und Tieren war er=
forderlich
, den gewaltigen Stoff zu meiſtern. Aber das Wagnis
iſt gelungen, und in einer Fülle der ſchönſten und wirkſamſten
Bilder rollt die Tragödie des klaſſiſchen Griechenlands vor un=
ſeren
Augen ab. Für die Darſtellung der Hauptperſonen wur=
den
eine Reihe der erſten Filmdarſtellerinnen und =Darſteller ge=
wonnen
. Von wahrhaft klaſſiſcher Schönheit iſt die Helena Edy
Darcleas, der Wladimir Gaidarow als Paris ein wür=
diger
Partner iſt. Nannob Rolph ſtellt die Andromache, Adele
Sandrock die Nakabe, Albert Steinrück den Priamos dar.
Albert Baſſermann ſpielt den Aiſakos, Hektor und Achill
werden von Carl de Vogt und Carlo Aldini geſpielt. Wir
kommen auf die Vorführung noch zurück.
Ausführung des Reichsgeſetzes über die anderweitige Feſtſetzung
von Geldbezügen aus Altenteilsverträgen. Nach § 1 des Geſetzes vom
18. Auguſt 1923 können die oberſten Landesbehorden beſtimmen, daß
wiederkehrende Geldleiſtungen aus einem mit der Ueberlaſſung eines
Grundſtückes in Verbindung ſtehenden Leibgedingspertrage
entſprechend den veränderten Berhältniſſen anderweit feſtgeſetzt werden,
ſoweit dies der Billigkeit entſpricht. Das Geſetz iſt am 11. Sept. 1923
alſo vor einem halben Jahre in Kraft getreten. Obwvohl das heſſiſ he
Geſetz über die Auflöſung der Familienfideikommiſſe, das § 1 Abſ. 2 im
Auge hat, auf die Verſorgungsanſprüche der einzelnen Familienmit=
glieder
bereits die durch die veränderten Verhältniſſe bedingte ander=
weitige
Feſtſetzung der Geldrenten berückſichtigt, harrt in Heſſen die Re=
gelung
zugunſten der Auszügler immer noch der Löſung. Wenn auch
nach § 5 die Amtsgerichte in einem Einigungsverfahren die Ent=
ſcheidung
fällen ſollen, ſo muß doch die Landesbehörde das
Nähere regeln. Es wäre deshalb Sache der heſſiſchen Juſtizverwaltung,
eine bezügliche Verordnung baldigſt zu verlautbaren.

* Darmſtädter Ausſtellungen.
Kunſt und Keramik.
In den oberen Sälen der Kunſt und Keramik haben die
Ausſtellungsobjekte der Malerei und Graphik gewechſelt. Die
neue Ausſtellung wird im weſentlichen von zwei Künſtlern be=
ſtritten
, die jedoch weit über den Durchſchnitt gehendes Niveau
haben."
Aus den Gemälden von A. Grimm ſpricht ein ſtarkes
Talent, das zwar noch nicht letztlich ausgereift ſcheint, das aber
ſicher und in klar erkanntem Ziel eigene Wege geht. Der matte
Ton dieſer Bilder, der Verzicht, mit äußeren Mitteln die Farben=
wirkung
beſonders, in ihrer Leuchtkraft zu heben, zeugt von
ehrlichem Gefühl und dem Vertrauen auf das eigene Können.
Die flächige Farbigkeit, das Flotte der Zeichnung, die allerdings
nicht immer die Hauptſache ſcheint und den Maler oft den Zeich=
ner
überwinden läßt, geben den Bildern etwas höchſt Sympa=
thiſches
, Ehrliches, Sachliches, betonen aber ſtets das Kunſtwerk
im Bild. Der Steinbruch, die Schlittſchuhläufer, die ſtimmungs=
volle
Winterlandſchaft aus Baden=Baden, dann auch die Blumen
und Stilleben, die Stadtbilder und die Bewegungsſtudien, wie
ſie in den Boxern zutage treten, und die Kopf= und Aktſkizzen
laſſen auf die Vielſeitigkeit eines Talentes Schlüſſe zu, die Lob
und Anerkennung erheiſchen.
Sehr intereſſant in der Geſamtheit der Kollektion und vielfach feſ
felnd in Einzelheiten ſind die Lithographien und Graphiken von Erna
Pinner. Dieſe vielfach ganz entzückenden Tierbildchen ſind ſo
eigenartig und ſo voll Leben, daß ſie unbedingt für ſich einnehmen.
Dieſe Katzen und Kätzchen in dem weichen Haarpelz, den molligen
Rundungen der jungen Körper und den ſcharfen ſchlau=ſcheuen
Augen das alles iſt ſicher und ohne großen Aufwand feſtge=
halten
, ebenſo lebendig gefühlt, wie die zart e igedeutete
Flüchtigkeit und Scheuheit der Rehe und Antilopen. Entzückend
iſt Bulli, der kleine, auf den dicken Pfoten liegende Zwergbull=
dogg
=Kopf mit dem lebendigen Ausdruck in den gutmütig=
liſtigen
Augen.
M. St.

Einzahlungen von Fernſprechgebühren. Vom 17. März
ab können Einzahlungen von Fernſprechgebühren auch bei den
hieſigen Zweigpoſtanſtalten 3 (Hermannſtraße) und 4 ( Stift=
ſtraße
) Werktags in der Zeit von 9 bis 12 Uhr vormittags be=
wirkt
werden.
. Strafkammer. Wie uns amtlicherſeits mirgeteilt wird, ſind, um
eine Ueberfüllung zu derhindern, die nur in beſchränkter Anzahl aus=
gegebenen
Zuhörerkarten für die Verhandlung des Mordfalles Hofmann
am kommenden Dienstag bereits vergriffen, ſo daß weitere Bemühungen
darum keinen Zweck haben.
Kampf gegen die 3. Steuernotverordnung. Der Hypotheken=
gläubigerſchutzverband
für das Neich, Sitz Berlin,
hat ſich entſchloſſen, auch die übrigen betroffer n. Sparergruppen zu be=
Pſchirmen. Die Ortsgruppen entſandten Del=zierte nach Berlin, die
bereits über 1 Million Mitglieder vertraten, die einſtimmig die Be=
zeichnung
Hypothekengläubiger= und Sparer= Schutz=
verband
für das Deutſche Reich, Sitz Berlin, zu führen
beſchloſſen.
In dem viele Tauſende faſſenden Saal des Rheingold daſelbſt
nahm unter Leitung des Adminiſtrators Kuhn=Berlin=Biesdorf
eine große Verſammlung nach Anſprachen von Präſideuten Dr. Beſt=
Darmſtadt, M. d. R. Duringer=Karlsruhe und Profeſſor
Großmann=Leipzig eine gegen die 3. Steuernotverordnung gerich=
tete
, auf den ſchreienden Verfaſſungsbruch hinweiſende Entſchließung au.
Der Verſtand beſteht außer Kuhn aus Hauptſchriftleiter
Dr. Fudickar=Berlin=Friedenau und Juſtizrat Dr
Rohde, Berlin W. 66.
Lokale Veranſtaltungen.
Die blerunter erſcheinenden Notizen ſind ausſchiſeßlich als Sinweiſe auf Anzeigen zu betrachten,
in keinem Falle irgendwie als Beſprechung oder Krirt.
Vortrag über die Grudefeuerung. Auf den am
Montag, nachmittags 3½ Uhr, im Fürſtenfaal (Grafenſtraße) ſtattfin=
denden
Vortrag über die Grudefeuerung im Haushalt mit anſchließen=
den
praktiſchen Vorführungen wird hiermit beſonders hingewieſen.
(Näh. ſ. Anz.)
Aus den Parteien.
Deutſche Demokratiſche Partei. Zur Eröffnung der
Reichstagswahlagitation wird die bekannte Reichstagsabgeordnete Frau
Dr. Lüders am Dienstag, den 18. d. M., abends 8 Uhr, im Fürſten=
ſaal
(Grafenſtraße) über das Thema Des deutſchen Volkes
Schickſalsſtunde ſprechen. Jedermann willkommen. Es ſei
noch einmal auf den am heutigen Sonntag ſtattfindenden Ausflug nach
Malchen hingewieſen. Abfahrt nach Eberſtadt ab Schloß 1,23 Uhr.

Wohin?
Man ſchreibt uns: Ein offenes Wort, mein lieber Konfirmand, laß
heute mit dir reden: Vor dir liegt das Land der goldenen Jugendzeit,
vor dir liegt das Leben mit ſeinem Anſpruch auf deine Jugendfrifche
deine Kraft, deine Zeit, deine geiſtigen und körperlichen Anlagen. Heil
dir, du Jugend! Tauſend Wünſche und Pläne und Sehnſüchte durch=
kreuzen
deine Gedankenwelt. Mit hoffnungsgeſchwellten Segeln ſoll es
hinaus ins Leben gehen, das glück= und freudeverheißend vor dir zu
liegen ſcheint. Aber wiſſe, junger Freund, es iſt im Leben nicht alles
Gold, was glänzt. Unter der oft ſchillernden Oberfläche lauern die
Gefahren, liegen die ungezählten Schlingen, die das Leben uns legt,
liegen die Klippen, an denen unſer Lebensſchifflein zerſchellen kann. Wie
lnancher iſt gleich dir hinausgezogen mit großen Hoffnungen; aber
draußen geſtrandet, und treibt jetzt als ein elendes Wrack auf dem Ozean
des Lebens. Kennſt du ſolche geſtrandete Exiſtenzen? Soll das auch
dein Los ſein, lieber Freund? Ich denke nicht!
Dann höre den Rat derer, die es gut mit dir meinen. Willſt du
durch die Gefahren des Lebens und vor allen Dingen durch die der
Jugendzeit unbeſchadet hindurchkommen, dann nimm Chriſtus in dein
Lebensſchiff. Und noch ein zweites: Das Leben iſt kein Weg auf Roſen,
ſondern ein heißer, harter Kampf, und das heute mehr denn je. Unſere
Zeit braucht Männer, die in ſich feſtgefügt ſind, Männer mit Rückgrat.
Männer, die ihren Weg gehen und in den Gefahren und Stürmen des
Lebens ſich behaupten; Männer, die mit klarem Blick und feſter Hand
in die Geſchehniſſe der Welt eingreifen und durch die Gott der Welt=
geſchichte
Weg und Nichtung geben will. Aber ſolche Männer werden
nicht von heute auf morgen; ſie haben an ſich in ihrer Jugend gearbeitet
und ließen auch andere an ſich arbeiten.
Kommt in unſeren Kreis, den Chriſtlichen Verein Junger Männer!
Dort findet ihr frohe Altersgenoſſen, mit denen ihr wandern, turnen
und Sport treiben könnt, mit denen ihr euch über Berufs= und Gegen=
wartsfragen
ausſprechen könnt, mit denen ihr aber auch frei und offen
reden könnt über das große Sehnen und Fragen eurer Seele, ohne daß
ihr auf Spott und Hohn ſtoßt. Lernt darum den Chriſtlichen Verein
Junger Männer Darmſtadt E. V. (Alexanderſtraße, Infanteriekaſerne)
aus eigener Anſchauung kennen, und beſucht uns ohne Vorurteil!
Jeder junge Mann iſt ohne Rückſicht auf Beruf, Stand, Konfeſſion
oder Politik in unſerem Kreiſe willkommen. Der Eintritt iſt frei und
beſondere Einführung nicht erforderlich.
Uuſer Heim iſt jeden Abend von 8 Uhr und Sonntags von 3 Uhr
an geöffnet.
Zu unſerem Konfirmanden=Empfangsabend am Montag, den 17.
März, abends 7 Uhr, laden wir alle Konfirmanden herzlichſt ein.
(Siehe Anzeige.)

ruhe, Launenhaftigkeit, Verſagen des Gedächt=
niſſes
, gelbe Hautflecke, Klopfen in den Adern,
Krämpfe (auch Lach=, Wein= und Gähnkrämpfe),
Gefühl von Taubheit in den Gliedern, Zittern
der Hände und Knie bei Erregungen, blaue
Ringe um die Augen, Ohrenſauſen, ſonderbare
Gelüſte und Abneigungen, Schreckhaftigkeit,
Neigung zu Trunkſucht und anderen Ausſchwei=
fungen
und viele weniger auffällige Erſchei=
nungen
treten einzeln oder zuſammen auf und
ind ſichere Zeichen, daß die Nerven angegrif=
fen
ſind.
Der hauptſächlichſte Teil des Nervenſyſtems beſteht aus
(ehirn und Rückenmark. Von dieſen gehen die einzelnen Nerven=
faſern
aus, die den ganzen Körper durchziehen. Darum ſollte
man auch leichte Nervoſität ſehr ernſt nehmen, ſie niemals ſich
ſelbſt überlaſſen, ſondern ſofort etwas dagegen tun, denn man
weiß nie, was daraus werden kann,

Jede Arbeit, die geleiſtet wird, verbraucht Stoff, die Dampf=
maſchine
verbraucht Kohlen, die Muskeln Eiweiß, die Arbeit
der Nerven (d. h. des Gehirns) Phosphor.
Es iſt nun gelungen, die edlen und ſehr teueren Nerven=
nährſtoffe
in größeren Mengen rein zu gewinnen und Dr. med.
Robert Hahn & Co., m. b. H., Magedburg D 151, bringt ein ſol=
ches
Nerven=Nährpräparat unter dem Namen Nerviſan in den
Handel. Er ermöglicht es jedem, der ſich dafür intereſſiert, ganz
koſtenlos einen Verſuch damit anzuſtellen.
Man braucht nur Zuſendung einer Probe zu ver=
langen
, man erhält ſie ſofort und ebenfalls
ganz koſtenlos ein ſehr intereſſantes Buch, in
welchem das Nervenſyſtem, ſeine Krankheiten
und deren Heilung ausführlich und leicht ver=
ſtändlich
beſchrieben ſind.
(EBn.3235
Dieſe menſchenfreundliche Handlungsweiſe hat ſchon viel
Nutzen geſtiftet und es gingen bereits unzählige Dankbriefe unauf=
jefordert
bei Dr. med. Robert Hahn & Co., m. b. H., ein.

[ ][  ][ ]

Ein Männlein, wohlgenährt und halb ſo dick wie lang,
Es hörte auch vom Kleider=Hörr und kam zu ihm, geſchwitzt;
Ach, ſagen Sie, mein lieber Freund, ich könnte grad verzweifeln,
Gar mancher Kleider=Künſtler ſchon ward mir bekannt.
Sie alle gaben Mühe ſich, doch nie ein Anzug ſitzt,
Ich würde, ſo es hier gelingt, Sie hoch und ewig preiſen.

Ihr Wille ſoll ſofort geſcheh’n, ziehen Sie nur einmal an.
Geſagt, getan verwundert ſehr, mit ſtaunendem Geſicht
Er ſagt, das hätt’ ich nie geglaubt, mein Sinn ſich ſchnell erheitert.
Wahrhaftig, 8 iſt der erſte Rock, den ich ſo bekam,
Wie Frühlingsluft ſo zart er ſchon um meinen Körper flitzt.
Ich ſeh’s ſofort, es iſt etwas, ſchnell wächſt in mir die Freude.

UInd nun die Hoſe, wie bequem ſchmiegt die ſich an,
Mollig fühlt mein Bäuchlein ſich, grad als würde ich geküßt.
Erſt recht die Weſte nun ſogar, legt ſich um die edlen Teile,
So zierlich nett, ich behalt ſofort den ſchönen Anzug an.
Erlöſet nun von meiner Qual, fürwahr ich bin ein Fürſt.
Die Wohltat iſt ſo rieſengroß, ich predige ſie nun ſtets von neuem:

hervorragend ſolider, wirklich erſtklaſſiger Herren= und Knabenkleidung bis weit
unter normalen Fabrikpreiſen. Geringe Waren führen wir grundſätzlich nicht.

Helle große Verkaufsräume!

Seite 8.

Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 16. März 1924,

Rummer 26.

getreten. Die Frage der Siſtierung Guthmanns ſteht heute nicht zur
Entſcheidung, wohl aber die Frage, daß Guthmann von einem Polizei=
organ
geſchlagen worden iſt. Der Schluß, daß das geſchehen iſt, iſt un=
abweislich
. Als Vertreter des Staatsintereſſes kann ich Beamte nicht in
Schutz nehmen, wo alles dafür ſpricht, daß ſie ſich einer Ueberſchreitung
des Amtes ſchuldig gemacht haben. Der Gerichtshof bejaht
dieſe Frage in bezug auf den Polizeiwachtmeiſter
Schneider.
8 Verwaltungsgerichtshof. Beſchwerde des Konſumvereins
Weinheim und Umgebung wegen Heranziehung zur Filialſteuer in
der Stadt Bensheim. Der Konſumverein Weinheim hat gegen eine
ſeine Berufung abweiſende Entſcheidung des Finanzgerichts Darmſtadt
Rechtsbeſchwerde an den Verwaltungsgerichtshof verfolgt, weil Art. 7
des Gemeindeumlagengeſetzes nur Gewerbeſteuern, aber nicht Sonder=
ſteuern
wie die Filialſteuer im Auge habe. Urteil: Die Rechtsbeſchwerde
wird zurückgewieſen.

n. Strafkammer. Ausſchreitung gegenüber einem Forſtwart hatte
den Arbeitern Wilhelm Reviol 1., Konrad Pons 2. und Lorenz
Zwilling von Walldorf am Schöffengericht nur 10 bzw. 5 Goldmark
Geldſtrafe eingetragen, was der Staatsanwalt zwecks Straferhöhung an=
focht
. Die ſeit langem erwerbsloſen Angeklagten frevelten damals für
ihre Familien Holz, wurden von jenem, 72jährigen, Beamten betroffen
und ergingen ſich in Schimpfreden, während ihn Reviol auch noch wört=
lich
bedrohte. Für letzteres Vergehen nach § 117 St.=G.=B. wurden
mildernde Umſtände zugebilligt, und im übrigen erhöhte das Berufungs=
gericht
R.s Strafen auf 50 und 30 Goldmark, ev. 10 bzw. 6 Tage Ge=
fängnis
, diejenige P.s und Zw.s auf 30 Goldmark, ev. 6 Tage Ge=
fängnis
. Die unter Ausſchluß der Oeffentlichkeit geführte Verhand=
lung
gegen den 21jährigen Maſchinenarbeiter Karl Schwab von Groß=
Gerau wegen Verbrechens nach § 173 St.=G.=B. endigte mit Verurtei=
lung
zu 1 Jahr Gefängnis und gleichzeitiger Verhaftung. Der andere
Teil iſt die eigene Mutter des Angeklagten, deren Geiſteszuſtand jedoch
die Verantwortlichkeit ausſchließt. Auch Sch. ſelbſt iſt geiſtig minder=
wertig
. In dem Berufungsfall des Schuhmachermeiſters Georg
Ritzert aus Biſchofsheim hatte das Schöffengericht wegen vorſätzlicher
Preistreiberei auf 20 Goldmark Geldſtrafe erkannt. Es handelt ſich
um Ausbeſſerung eines Paars Knabenſchuhe im Oktober v. J., wofür
der Angeklagte zuerſt 4,1 Milliarden gefordert und dann 2,1 Milliarden
genommen hatte. Drei Meiſter der dortigen Gegend bezeichnen letzteren
Betrag als angemeſſen und die urſprüngliche Forderung als überſetzt.
Der faſt 70 Jahre alte, noch niemals beſtrafte R. beſtreitet jedes wuche=
riſche
Bewußtſein; man nahm in Anbetracht der Verhältniſſe nur
fahrläſſige Verfehlung an und beſtätigte aus dieſem Geſichtspunkt die
Strafe.
n. Schöffengericht I. Fortgeſetzt und auf geriebene Art hat der da=
mals
bei der Aktiengeſellſchaft Bahnbedarf beſchäftigte Vorarbeiter Lud=
nig
Petzinger von hier dieſen Betrieb um Holz, nebſt Nägeln, Leim
uſw. beſtohlen. Er fertigte ſich daraus verſchiedene Möbelſtücke (zwei
Betten, Schrank Tiſch, Flurgarderobe, wie auch einen Handkarren). Für
letzteren hatte ihm ein mitangeklagter Werkmeiſter der Fabrik die eiſer=
nen
Achſen geliefert, doch konnte inſofern guter Glaube des Betreffenden
obwalten und gelangte man daher zu deſſen Freiſpruch. Mitangeklagt
waren außerdem der Pförtner Friedrich Hecker und der Dachdecker
Georg Widerſchein, die wegen Diebſtahls zu je 20 Goldmark Geld=
ſtrafe
verurteilt wurden. Die Aneignung von Holz ihrerſeits war gering
und hatte bei dem einen zur Herſtellung eines Bügelbretts, bei dem
anderen für Einrahmung eines Bildes gedient. Was P. anlangt ſo er=
ſcheint
der Wert des erwieſenermaßen Geſtohlenen recht beträchtlich,
und die unbemerkte Wegſchaffung geſchah äußerſt dreiſt. P. pflegte
nämlich nebenbei zu Hauſe auch Mobiliarſtücke für Beamte des Betriebs
zu fertigen, dieſe kauften das erforderliche Holz daſelbſt, und es wurden
Paſſierſcheine dafür ausgehändigt. Mit ihnen beſorgte P. den Trans=
port
und wußte dabei jeweils geſtohlenes Holz für ſich durchzuſchmuggeln.
Auch in Sägemehlſäcken ſoll er ſolches heimlich aus der Fabrik fort=
gebracht
haben. Alles ging glatt, bis die Anzeige des Treibens durch
Hausgenoſſen erfolgte. Der Staatsanwalt beantragte gegen P. mit
Rückſicht auf den Vertrauensbruch und die Intenſität 4 Monate Gefäng=
nis
, das Urteil lautet auf 100 Goldmark, ev. 25 Tage Gefängnis.

Beamtenrecht, Beamtenentrechtung,
Perſonglabbau.
Auf Einladung des Landeskartells Heſſen des Deutſchen Beamten=
bundes
ſprach geſtern Geh. Nat Greß=Berlin im Saalbau über das
obige Tyema. Dr. Claß eröffnete die Berſammlung unter Betonung
der vom Bunde vertretenen Beamtenintereſſen; von einem Beamten=
recht
könne nicht mehr geſprochen werden, nur von einem Beamten=
unrecht
.
Geh. Rat Greß führte aus: Infolge anderer Dispoſitionen könne er
leider in anderen heſſiſchen Städten nicht ſprechen. Das Thema könne
eigentlich in einem Abendvortrag nicht erſchöpft werden.
Der Staat iſt konkursfällig und als Gläubiger laufen die Beamten
zuſammen, um zu retten, was noch zu retten iſt. Der Staatsbankerott
iſt Allen angeſichts der Steuernotverordnungen offenbar geworden. Der
Staat hat dazu ſeine Macht mißbraucht; das hat erſt kürzlich Dürin=
ger
im Reichstag offen ausgeſprochen. Nach Anſicht des Reichsfinanz=
miniſters
habe er Groß=Landesverrat verübt und ſei dem Staatsanwalt
verfallen.
Was ſtellt die Konkursmaſſe für die Beamten noch dar? Der Reichs=
tag
ſitzt ſelbſt mit auf der Anklagebank. Auf die Leiche des aufgelöſten
Reichstags mag man noch drei Handvoll Erde wegwerfen. Der Reichs=
tag
habe die Beamten hereingelegt. Alle Parlamente hätten die Füh=
lung
mit dem Volke verloren. Die Volksboten ſeien nur noch Marionet=
ten
geweſen, die ſich in ihren eigenen Netzen verwirrt hätten. Es gibt
keime Partei in Deutſchland, die ſich nicht weidlich kompromittiert hätte‟.
Das Parlamentsleben iſt nur ein Kampf der Intereſſen und der Inter=
eſſengruppen
.
Wie wollen wir uns nun bei den Wahlen einſtellen? In den letz=
ten
Tagen ſeien wieder dier neue Parteien entſtanden. Doch werde nur
Kuhhandel und Schacherei getrieben. Eine Strömung wolle eine Be=
amtenpartei
gründen; davor ſei doch zu warnen. Aber dieſe Partei
würde es höchſtens auf 1012 Vertreter bei den Wahlen bringen und
dech eine klägliche Rolle ſpielen, da die Wirtſchaftsintereſſen zu weit
auseinandergingen. Die Bamten ſollten bei den politiſchen Parteien
ihre Anſprüche geltend machen. Man ſolle die Kandidaten fragen: Wo
ſind die Verſprechen geblieben, die Sie ausgemacht haben? Der Reichs=
tag
habe das Beamtenvertretungsgeſetz vier Jahre ver=
ſchleppt
. Die Beamtenſchaft ſtehe im Zeichen eines ſchematiſchen, rigoro=
ſen
Abbaues. Mußte das ſo ſein? Wäre dieſe Kataſtrophe, die auf
verſchiedene Urſachen zurückzuführen ſei, zu vermeiden geweſen? Die
Frage ſei nicht leicht zu beantworten. Schuld ſei die ſchlechte Wirtſchaft
im Neiche ſelbſt. Warum habe der Staat nicht zur rechten Zeit für
Einnahmen geſorgt? Ganze Berufsgruppen hätten das Steuerzahlen
verlernt gehabt.
Am Abbau ſei die Verwaltung ſelbſt ſchuld, aber auch die Regierun=
gen
der Kriegszeit hätten hier wild gehauſt. Auch die Beamten ſeien
ſelbſt mit an der Kataſtrophe ſchuld. Die Uneinigkeit der Be=
amten
habe bei der Reichsregierung den Appetit
erweckt.
Der Sturm auf die Beamtenſchaft ſei durch die Beamtenhetze vor=
bereitet
worden; man habe geſagt, die Beamtenſchaft habe den Staat
aufgefreſſen. (Die Unwahrheit dieſer Redereien werde durch die Zif=
fern
des 1924er Etats bewieſen.) Ein Staat, der ſein Beamtentum auf=
gebe
, gebe ſich ſelbſt auf. Das Vertrauensverhältnis, das zwiſchen Staat
und Veamten beſtehen ſolle, ſei gründlich zerſtört. Der Korruption werde
ſo die Tür geöffnet.
Eine weitere ſtarke Waffe gegen unſere Feinde werde mit der Pro=
letariſſerung
der Beamtenſchaft geſchaffen. Die Verluſte an ideellen
Werten würden noch größer ſein. Man wolle ſparen und vermehrte
Arbeit leiſten laſſen. Ein Verſuchsballon wegen Beamtengehaltserhöhung
um 15 Prozent gehe durch die Zeitungen. Mit dieſen 15 Prozent werde
ſich keine Beamtenorganiſation abſpeiſen laſſen. Die Beamtenſchaft

treibe keine Kataſtrophenpolitik, weil ihr Intereſſe am Staate ihren
eigenen Intereſſen immer noch vorangehe.
Redner geht nun des näheren auf die Einzelheiten des Beamten=
abbaugeſetzes
ein. Im Verwaltungsorganismus ſäßen zu viel Aufſichts=
beamte
, die Geſetzesfabrikation ſei geradezu ungeheuerlich. Warum
werde nicht in den Parlamenten abgebaut? Die Flut von Geſetzen habe
das Rechtsleben ins Schwanken gebracht.
Der Statiſtiker Kucinski habe bereits nachgewieſen, daß der Abbau
finanzielle keine Wirkung geäußert habe. Die Beamtenabbauverord=
nung
ſtelle einen fortgeſetzten Rechtsbruch an den Beamten dar. Das
Gnadenquartal ſei den Witwen geblieben, im übrigen auf 1 Monat
herabgeſetzt worden. Auch das Reich habe jetzt wie Heſſen ſein Alters=
grenzengeſetz
. Der Willkür werde durch das Wort Wert der dienſt=
lichen
Leiſtung Tür und Tor geöffnet. Vor den Gerichten könne die
Verſetzung in den einſtweiligen Ruheſtand nicht nachgeprüft werden.
Die Frage der Rechtsgültigkeit der Reichsabbauverordnung ſolle in einem
Prozeſſe bis vor das Reichsgericht gebracht werden. Das ganze Be=
amtenrecht
ſei heute ein großer Scherben= und Trümmerhaufen; ſchon
Grillparzer habe geſagt: Recht iſt nur der ausgeſchmückte Name für
alles Unrecht, das den Namen Recht trägt‟. Das Deutſche Reich ſei
heute kein Rechtsſtaat mehr. Wehe dem Staat, der die letzte Klammer
verliere, von der Streſemann jüngſt geſprochen habe. (Lebh. Beifall.)
*Verwaltungsgerichtshof.
Darmſtadt, 15. März. Vorentſcheidung gegen den
Polizeiwachtmeiſter Georg Schneider in Gießen wegen
Vergehens der Körperverletzung. In Nr. 27 wurde der Tatbeſtand aus=
führlich
wiedergegeben. Infolge anderweiter Gerichtsbeſetzung macht
ſich eine Wiederholung der letzten Beweisaufnahme notwendig. Wir
verweiſen auf früheren Bericht. Heute ſind erſchienen: Rechtsanwalt
Sondheimer für Gg. Schneider, die im letzten Termin erſchienenen Zeu=
gen
und die zum heutigen Termin geladenen Studenten. Paul Guth=
mann
ſtellt die Sache ſo dar, daß Schneider ihn ohne Grund ins Geſicht,
und zwar ſo kräftig geſchlagen habe, daß er aus der Naſe blutete. Seine
Perſonalien anzugeben habe er ſich nicht geweigert. Auf der Wache habe
ihn Schneider noch einmal geſchlagen. Gegen Guthmann iſt wegen
Ruheſtörung ein Strafbefehl auf 50 Mark ergangen und rechtskräftig
geworden. Zeuge erklärt, daß er keinen Einſpruch gegen den Straf=
befehl
verfolgt habe, weil die Koſten in keinem Verhältnis zur Strafe
geſtanden haben nürden. Zeuge verneint, daß er gegen Schneider irgend
eine Bewegung gemacht habe, aus der dieſer auf einen bevorſtehenden
Angriff hätte ſchließen müſſen. Schneider ſei bei dem ganzen Vorfall
ſehr erregt geweſen und habe ſehr laut geſprochen. Die Studenten
hätten das juriſtiſche Seminar und dann ein Café (ohne Bierausſchank)
beſucht. Schutzmann Schardt hat nicht geſehen, daß Schneider den G.
geſchlagen hat, auch nicht, ob er ihn auf der Wache mißhandelt hat: G.
habe ſich geweigert, ſeine Perſonalien anzugeben, er habe dabei geäußert,
er denke gar nicht daran. (5. habe bald in dieſe, bald in jene Taſhe
gegriffen.) Guthmann kann ſich nicht erinnern, daß ihn Zeuge Schardt
nach den Perſenalien gefragt habe. Die Aeußerung da denke ich gar
nicht dran habe er nicht getan. Die Legitimationskarte habe er in der
Brieftaſche gehabt und deshalb den Rock (Ueberzieher) aufmachen müf=
ſen
. Mit dem Zeugen Schardt habe er (G.) gar nicht verhandelt; die
Verhandlungen wegen Legitimation und dem Mitzurwachegehen habe
Schneider mit ihm geführt. Referendar Mahr beſtätigt, daß keiner, von
ihnen (Studenten) Alkohol zu ſich genommen hatte; er ging mit Stud.
Lichten nach, da ihm Guthmanns Feſtnahme eigentümlich vorkam. Der
Zeuge erklärt weiter: Ich ſah, wie Guthmann gegen eine Mauer tor=
kelte
. Guthmann kam aus der Wache blutend heraus und ſagte zu mir,
dort und ſchon vorher ſei er geſchlagen worden. Mahr wollte vernom=
men
werden und ſagte, da iſt ein Student geſchlagen worden. Einer
der Poliziſten ſagte zu ihm: Als wir einſchreiten wollten, wars ſchon
zu ſpät. Zeuge Mahr bleibt bei ſeiner Ausſage, während Zeuge Poli=
zeiwachtmeiſter
Hedrich dieſe Aeußerung getan zu haben beſtreitet.
Referendar Lichten: Mit Guthmann hat ſich nur Schneider befaßt
und ihn mit zur Wache genommen. Schneider packte den G.; ich ſah
den G. plötzlich eine ſeitliche Bewegung machen. An der Wache kam G.
aus derſelben heraus, blutete und war geſchwollen, er äußerte, er ſei auf
der Wache geſchlagen worden. G. hat auf der Straße die Perſonalien
anzugeben ſich nicht geweigert. Nach Ausführungen des Anwalts des
Angeklagten und des Vertreters des Staatsintereſſes beſchließt das Ge=
richt
die Beeidigung des Zeugen Guthmann. Der Vertreter
des Staatsintereſſes erklärt: Eine Spannung zwiſchen Polizei
und Studentenſchaft hat immer beſtanden, nur iſt ſie früher wohl
mehr in jovialer Form und nicht ſo ſcharf und ſtreng wie jetzt hervor=

Bei lästigem Husten

raten wir Ihnen Sagltta-Bonbons zu nehmen. Lösen den Sehleim,
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[ ][  ][ ]

Seite 10.

Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 16. März 4921.

Aus Heſſen.

St. Nieder=Ramſtadt, 14. März. Der hieſige Spar= und Dar=
lehnskaſſenverein
e. G. m. u. H. vergutet laut Vorſtands= und
Aufſichtsratsbeſchluß bis auf Weiteres für Spareinlagen folgende Zins=
ſätze
: 1. für Gelder in laufender Rechnung 9 Prozent, 2. für Einlagen
gegen monatliche Kündigung 11 Prozent, 3. für Gelder auf längere Friſt
werden beſondere Zinsſätze von Fall zu Fall feſtgeſetzt. Gleichzeitig wer=
den
ſeitens der Kaſſe Vorauszahlungen auf demnächſtige Warenbeſtellun=
gen
entgegengenommen, die gleichfalls zu 9 Prozent verzinſt werden. In
aller Kürze werden bei den Mitgliedern Beſtelliſten zirkulieren. Bemerkt
ſei, daß der Verein den Warenbezug in erhöhtem Umfang aufnimmt,
darunter auch Kohlen und Briketts.
St. Ober=Ramſtadt, 14. März. Das hier kürzlich errichtete Raiff=
eiſen
=Lagerhaus hat ſich bis jetzt ſehr gut entwickelt. Der
Warenverkehr iſt ein überaus reger zu nennen. Nicht allein aus der nähe=
ren
Umgebung beteiligen ſich die Landwirte an dem Warenbezug, ſondern
auch aus ganz entfernt gelegenen Gemeinden, wie Fränkiſch=Crumbach,
Reichelsheim holen die Bauern fuhrweiſe die einzelnen Waren, die ja
auch in jeder beliebigen Menge zu billigen Preiſen zu haben ſind, wobei
den Tandwirten noch zu ſtatten kommt, daß ſie ihre Produkte in Aus=
tauſch
geben können. Es iſt dies ein Beweis dafür, welches Bedürfnis
für die Errichtung eines ſolchen Warenhauſes am hieſigen Platze beſtand.
Der Raiffeiſenverband hat die Sachlage zur richtigen Stunde erkannt
und die Landwirtſchaft wird es ihm zu Dank wiſſen, daß er ihr dieſe
günſtige Gelegenheit des Warenbezugs und Produktenabſatzes geſchaffen
hat. Mit der Zeit werden ſich hoffentlich in allen Gemeinden, in denen
bis jetzt Raiffeiſenvereine noch nicht beſtehen, ſolche gründen. Es iſt dies
im Intereſſe aller Landwirte gelegen, denn der gemeinſchaftliche Waren=
bezug
im Großen, verbilligt wieder die Einzelware.
Vensheim, 15. März. Stadtperordnetenſitzung. In
der kürzlichen Sitzung unter dem Vorſitze des Bürgermeiſters Dr. Anger=
meier
kam eine lange Reihe von Gegenſtänden zur öffentlichen Verband=
lung
. Eine neue Vergnügungsſteuer wurde auf Grund geſetz=
licher
Beſtimmungen vom Miniſterium genehmigt. Nach der ausgearbei=
teten
Satzung ſoll die Steuer mit dem 1. Januar 1924 in Kraft treten.
Die Beratung darüber war eine ſehr lebhafte und wurde die Vorlage
ſchließlich angenommen. Die Fraktionen der Sozialdemokraten und Kom=
muniſten
enthielten ſich der Abſtimmung mit der Begründung, daß ſie
nicht genügend mit der Materie vertraut ſeien. Auch über die Ein=
führung
einer örtlichen Getränkeſteuer, deren Ertrag von der Bür=
germeiſterei
mit 8000 Mk. veranſchlagt iſt, kam es zu einer lebhaften De=
batte
, ſie wurde ſchließlich gegen 2 Stimmen abgelehnt. Die Sozial=
demokraten
enthielten ſich der Abſtimmung. Auf Antrag des Finanz=
ausſchuſſes
ſoll ein weiterer Zuſchlag zur Grunderwerbſteuer er=
hoben
werden und zwar in der Höhe eines weiteren Prozent (1 Prozent
erhebt die Stadt bereits) und zwar unter Verzichtleiſtung auf die bis=
herigen
Wertzuwachsſteuer=Zuſchläge. Der Antrag wurde einſtimmig an=
genommen
. Die Gebührenordnung für den Friedhof, die ſchon früher
abgeändert und genehmigt wurde, wurde definitiv gutgeheißen. Der
Abbau des ſtädtiſchen Fuhrparkes wurde eingehend erörtert und
wurde fchließlich beſchloſſen, daß nur ein Geſpann noch im Beſitze der
Stadt verbleiben ſoll. Für kleine Notſtandsarbeiten wurde
auf Antrag des bezüglichen Ausſchuſſes ein entſprechender Kredit bereit=
geſtellt
. Damit waren die Beratungen in der Hauptſache beendet und
man trat in die geheime Sitzung ein.
M. Vom ſüdlichen Odenwald, 15. März. In Falkengeſäß
und in Finkenbach wurden dieſer Tage Einbrüche verübt. Dasſelbe
Haus im erſtgenannten Orte, eine Wirtſchaft, wurde in den letzten
Jahren ſchon einmal heimgeſucht, wobei ſich die Diebe hauptſächlich an
Nahrungsmittel hielten. Diesmal ließen ſie eine Hoſe, Zigarren,
Zigaretten uſw., mitgehen. Ein Nachbar ſah Licht, fand die Sache ver=
dächtig
und holte den Gendarm, bis jedoch dieſer kam, waren der oder die
Täter ausgerückt. Ein Anhaltspunkt für Ergreifung derſelben ergab ſich
bis jetzt noch nicht.

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* Michelſtadt, 14. März. Wenn die Geſellſchaft derMuſik=
freunde
im Odenwald (Sitz Erbach i. O.) ihre für weiteſte
Kreiſe ſo wertvolle Tätigkeit vorübergehend hatte ruhen laſſen, ſo war
dies eine Folge der außerordentlich ſchwierigen wirtſchaftlichen Verhält=
niſſe
, die jede Vorausberechnung auch in künſtleriſchen Dingen völlig un=
möglich
machten und die die Geſellſchaft umſo härter treffen mußten, als ſie,
wie ſtets, ſo auch heute noch, ihre Arbeit ohne jeden Zuſchuß aus öffent=
lichen
Mitteln ganz aus eigener Kraft leiſtet. Nachdem durch die Stabi=
liſierung
der Währung die äußeren Hemmungen beſeitigt waren, hat die
nunmehr unter der vortrefflichen Leitung S. E. des Grafen Joſeph zu
Erbach=Fürſtenau ſtehende Geſellſchaft in alter Tatkraft ihre
Arbeit wieder aufgenommen. Am 24. Februar ſang im 72. Konzert in
dem für intime Myſik wie geſchaffenen köſtlichen Saal des Schloſſes Für=
ſtenau
Herr Alexis af Enejhelm vom Heſſiſchen Landestheater, ein
begnadeter Sänger von einer ſeltenen Vornehmheit des künſtleriſchen
Ausdruckes, von Herrn Hermann Heiß=Darmſtadt vortrefflich am
Flügel begleitet, Lieder von Brahms und Hugo Wolf. Der vergangene
Samstag und Sonntag boten erneut Gelegenheit, Kammermuſik erleſen=
ſter
Art an der gleichen idealen Stätte von erſten Darmſtädter Künſtlern
in vollendeter Form zu hören. Hatten am Samstag im 73. Konzert die
Herren Roſenſtock, Drumm und Andreae Klavier=Trios von
Brahms, Mozart und Beethoven zu heller Begeiſterung der andächtigen
Hörer geſpielt, ſo erfreuten und erquickten am Sonntag im 74. Konzert
die Herren Drumm Scheidhauer, Sprenger und Andreae
des Drummquartetts, das ſich in letzter Zeit außerordentlich vervollkomm=
net
hat, mit Streichquartetten von Brahms, Beethoven und Felix Men=
delsſohn
=Bartholdy. Es iſt ſchwer zu ſagen, welchem der drei köſtlichen
Konzerte, die wir den verehrten Darmſtädter Künſtlern verdanken, die
Krone zu reichen iſt. Feſt ſteht aber, daß die Reihe der bedeutſamen
Odenwälder Konzerte um drei in jeder Beziehung wertvolle Abende be=
reichert
iſt. Vivant sequentes!
Wixhauſen, 15. März. Der von dem hieſigen Geſangverein
Sängerluſt veranſtaltete Theaterabend mit der Aufführung von
Theodor Körners Drama Hedwig, die Banditenbraut, hatte in un=
ſerem
Dorf einen ſolchen Erfolg, daß ſich der Verein veranlaßt ſieht,
dasſelbe am Sonntag, den 23. März, im Saale des Gaſthauſes zur
Krone (Inhaber Philipp Melk) auf vielſeitigen Wunſch zur Wieder=
holung
zu bringen. Karten ſind im Vorverkauf bei den Mitgliedern
ſowie durch Plakate erſichtliche Vorverkaufsſtellen erhältlich:
* Nauheim b. Groß=Gerau, 14. März. Die Bautätigkeit hat
hier ſehr rege eingeſetzt. Etwa 70 Bürger haben ſih zu gegenſeitiger
Hilfe zuſammengeſchloſſen und auf dieſe Weiſe bereits drei Häuſer bezieh=
bar
fertiggeſtellt. Ein Haus iſt im Aufbau begriffen und weitere 60
Häuſer werden jetzt in Angriff genommen. Der Bau ſelbſt erfolgt mit
ſelbſtgefertigten Schlackenſteinen. Ein Zwillingshaus ſtellt ſich auf etwa
89000 Goldmark. Holzverſteigerung. Am Donnerstag
fand hier die gemeindliche Holzverſteigerung ſtatt, die ſowohl von hier
als auch aus der Umgebung außerordentlich gut beſucht war. Die
Preiſe wurden ſtark in die Höhe getrieben und ſtellten ſich: 40 Rm.
Buchenſcheiter je 2 Rm. durchſchnittlich auf 3445 Mk., zirka 45 Rm.

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Buchenknüppel je 2 Rm. 2529 Mk., ziuka 90 Nm. Kiefernknüppel je
2 Rm 2023 Mk., zirka 1200 Buchenwellen je 100 Stück 2527 Mk.,
zirka 800 Eichenwellen je 100 Stück 15 Mk. Die Bezahlung kann in
drei Raten bis Ende April erfolgen.
A Offenbach, 14. März. Die hieſige Ortsgruppe des Schutzverbandes
der Hypothekengläubiger uſw. hielt geſtern eine öffentliche
Verſammlung ab, die ſich eines ſtarken Beſuches zu erfreuen hatte. Bür=
germeiſter
Porth und Rechtspraktikant Oppenheim ſprachen über den
Kampf um die Rettung der Sparvermögen und die dritte Steuernot=
verordnung‟
. Die beiden Redner gaben ein Bild über den derzeitigen
Stand der Frage und über das, was noch zu erſtreben ſei. Der kom=
mende
Reichstag habe nun das Wort. Keine Stimme dürfe einem Wahl=
bewerber
, der ſich nicht unzweideutig für eine weitere Erhöhung der Auf=
wertung
, richtiger Abfindung, einſetzen wolle, zufallen. Die Abfindungs=
frage
müſſe zum Kampfruf in der Wahlbewegung werden. Reicher Bei=
fall
lohnte die beiden Redner, die mit außerordentlicher Sachkenntnis
ihren Stoff beherrſchten. Landtagsabgeordneter und Stadtverordneter
Widmann ſah in der Verſammlung ebenfalls den Auftakt zur Reichs=
tagswahlbewegung
und glaubte beſonders darauf hinweiſen zu müſſen,
daß die dritte Steuernotverordnung von einer bürgerlichen Re=
gierung
erlaſſen worden ſei. Die Sozialdemokratie aber habe vergebens
die Aufhebung dieſer Verordnung beantragt. Ihm entgegnete Stadtver=
ordneter
Joſt, daß die Sozialdemokratie jetzt, kurz vor der Wahl, für
eine Abfindung bis zu 20 v. H. einträte, daß aber das Offenbacher
Abendblatt noch am 15. Januar geſchrieben habe: Die Sozial=
demokratie
hat keine Urſache, die Entwicklung zu bedauern und ſich
zur Beſchutzerin des Kleinkapitals aufzuwerfen. Die Zurück=
nahme
der Kündigung der Offenbacher Anleihen habe Stadtv. Widmann
immer noch nicht veranlaßt. Man behaupte auch, Dr. Luther habe mit
ſeiner Beſchneidung der Abfindung oder Aufwertung einen Plan des
ſozialdemokratiſchen Finanzminiſters Dr. Hilfferding
wieder aufgenommen. Das Verdienſt, die Frage im Reichstage in Fluß
gebracht zu haben, gebühre unſtreitig dem Reichstagsabgeordneten Dr.
Düringer, keinem Sozialdemokraten. Lehrer Peter bedauerte
beſonders, daß das Reich durch die Notverordnung auch ſeine eigenen
Schulden, etwa 100 Milliarden, loswerden wolle, ganz abgeſehen davon,
daß ſie eine große Schiebung unterſtütze, die die bisherigen Schuld=
ner
zu Beſitzern und Beſitzenden mache. Eine Entſchließung,
die den Einzug von Vermögen, die nach 1914 erworben ſind, bis zur
Hälfte, von Vermögen anderer Herkunft über 50 0000 Goldmark bis
zu einem Viertel verlangt, wurde einſtimmig angenommen. Eine An=
zahl
neuer Mitglieder trat dem Schutzverbande bei.
ch. Nierſtein, 14. März. Wie nahe der Frühling iſt, zeigte uns heute
das nach hier zurückgekehrte Storchenpaar, das ſeine Wohnung
wieder wie im Vorjahre auf der evangeliſchen Kirche genommen hat.
Zwangseinmietung brauchte alſo nicht vorgenommen zu werden.
I. Großen=Linden, 12. März. In den Ruheſtand traten der 68jährige
Lehrer Diemer von hier und der 66jährige Lehrer Jung im benachbarten
Leihgeſtern.
k. Schotten, 12. März. Lehrer Link im nahen Rudingshain,
der als Vorſtandsmitglied des Vogelsberger Höhenklubs und des Landes=
lehrervereins
in ganz Heſſen und beſonders in der Landeshauptſtadt
Darmſtadt bekannt iſt, beging ſein 40jähriges Jubiläum als
Lehrer in dem genannten Orke, woſelbſt er faſt ſeine geſamte Be=
rufstätigkeit
verbracht hat, ſo daß heute faſt ſämtliche Einwohner ſeine
Schüler geweſen ſind. Die Gemeinde veranſtaltete aus dieſem Anlaß
eine Feier, an der auch der Kreisſchulrat Kinkel, die Lehrer des Vogels=
berges
und zahlreiche V.H.C.=Brüder teilnahmen. Die Gemeinde er=
nannte
den berdienten Lehrer zum Ehrenbürger, der Kriegerverein zum
Ehrenmitglied. Der Name Link wird für alle Zeit mit dem Vogelsberg
verbunden bleiben, hat er doch nicht nur im V.H.C. viel zur Erſchließ=
ung
des Vogelsbergers getan, ſondern auch in Schotten und Umgegend
manche gemeinnützige Organiſation ins Leben rufen und fördern helfen.
Großes Anſehen genießt der Jubilar vor allem in Lehrerkreiſen.

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Vorträge sollen den Abend verschönern. Vor
allem möchten wir Euch etwas von dem Leben
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Reichsjugendsekretär Stoeltzner wird zu uns
sprechen über das Thema: Wahres Jugend-
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[ ][  ][ ]

Seite 10.

Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 16. März 1924.

Nummer 76.

Reich und Ausſand.

De Haſchiehun 2e, Luaslauges.

Me i

Aus der Reichshauptſtadt.
Ein beſonderes Spezialgebiet der Verbrechertätigkeit hatte ſich der
Privatdetektiv Erich Graballee auserſehen, an dem er auch hartnäckig
feſthielt, nachdem er bereits mehrfach ſchwer vorbeſtraft worden war.
Graballe hatte ſich auf die Beraubung von Briefkäſten verlegt. Er iſt
bereits wegen der gleichen Verbrechen in Breslau und vom Schwurgericht
in Berlin mit insgeſamt viereinhalb Jahren Gefängnis beſtraft worden.
Im Jahre 1920 wurden in Verlin, namentlich im Poſtbezirk 15, in zahl=
reichen
Fällen die Briefkäſten mittels Nachſchlüſſels geöffnet und des In=
halts
beraubt. Als der Angeklagte als Täter in einem Hotel feſtgenom=
men
wurde, fanden ſich bei ihm Hunderte von geöffneten Briefen und
andere Poſtſachen. Solauge der Angeklagte in Haft war, hatten die
Diebſtähle aufgehört. Kaum war er auf freien Fuß geſetzt worden, als
auch ſchon wieder neue Klagen bei der Poſtbehörde einliefen. Es dauerte
lange, bis es gelang, ihu zon neuem feſtzunehmen. Diesmal hatte er in
ſeinem Hotelzimmer nicht weniger als annähernd 600 geöffnete Briefe.
Bei der Verſwertung der Briefe war der Angeklagte in ſehr raffinierter
Ein Arzt hatte eines Tages zahlreiche Rechnungen
Weiſe vorg
an ſeine Pat
abgeſchickt. Der Angeklagte hatte unter dieſe Rech=
nungen
eine Quittung uit der Unterſchrift des Arztes geſetzt und die
Beträge
Ein Schneidermeiſter hatte einem Kunden geſchrieben,
er möchte
tiggeſtellten Anzug abholen laſſen. Der Angeklagte
war als Bote hiü nangen und hatte den Anzug in Empfang genommen.
Als er aber bei einer Firma erſchien, um einen Betrag von 4000 Mk.
einzukaſſieren, wurde zuant dort ſtutzig und beſtellte ihn auf den nächſten
Tag hin und lieſi ihn feſtnehmen. Die 4. Strafkammer des Land=
gerichts
III derurteilte ihn wegen Diebſtahls, Urkundenfälſchung und
Betrug uuter Einbeziehung der früheren Strafen zu einer Geſamtſtrafe
von 6 Jahren Gefänguis ſowie 5 Jahren Ehrverluſt. Von dieſer Strafe
hat der Augellagte bisher 1 Jahr 4 Monate verbüßt.
Umfangreiche Lederdiebſtähle.
Frankfurt a. M. Der Fund eines kleinen Paketes mit Leder,
das von den Beamten des Fahudungskommiſſariats bei einer Reviſion
einer Logierwirtſchaft in der Altſtadt bei einem Ehepaau Bonneder
entdeckt wurde, war der Anlaß zur Euthüllung von Lederdiebſtählen
von außerordentlichem Umfang. Schon längſt war es in einer Offeu=
bacher
Lederfabrik aufgefallen, daß die Lagerbeſtände beſtohlen wurden.
Aber niemals gelang es, die Täter zu überführen. Erſt durch das Auf=
finden
des Leders bei der Familie Bonneder kam man auf die Spur
der Diebſtähle. Die Ehefrau Bonneder iſt uämich als Arbeiterin in
jener Offenbacher Lederfabrik tätig. Sie war die Diebin. Die Ermitte=
lungen
führten dann auch auf die Chefrau Lenzer, die ebenfalls des
Diebſtahls überführt wurde. Zunächſt war es rätfelhaft, wie die Menge
der geſtohlenen Sachen fortgeſchafft und uuo ſie abgeſetzt wurde. Doch
auch hier brachte die Unterſuchung bald Aufküärung. Die Frauen
Bonneder und Lenzer hatten einen wohlorganiſierten Dienſt ihrer ſeit
längerer Zeit arbeitsloſen Ehemänner für den Abtransport des Diebs=
gutes
eingerichtet. Beide Eheuäuner verſahen den Dienſt in zwei Schich=
ten
. Was des morgens geſtohlen war, wurde in der Mittagspauſe und
das des Nachmittags Geſtohlene des Abends abgeholt oder von den
Frauen mit nach Hauſe geuommen. Der Abſatz des Diebsgutes oblag
wieder den Ehemännern. Nachdem dieſe aufänglich ſich eines als Treff=
punkt
übler Elemente bekannten Kaffees im Zeutrum der Stadt zum Ab=
ſetzen
der Waren bedient hatten, lernten ſie ſchließlich auch den Fabri=
kanten
Nikolaus Bauer in Klein=Auheim kennen, der, obwohl er ſelbſt
eine Fabrik mit 65 Arbeitern betreibt, die Abnahue des Diebsgutes im
Großen betrieb. Eine von der Offenbacher Kriminalpolizei bei Bauer
vorgenommene Hausſuchung förderte ein ganzes umfangreiches Lager
der geſtohlenen Sachen zutage. Bauer wurde von der Offenbacher
Kriminalpolizei und die Ehepaare Bonneder und Lenzer von der hieſi=
gen
Kriminalpolizei in Haft genommen urd dem Cio=ct übergeben.

Ach, hätte ich das gewußt,
seufzt mancher, dem ein Ilissgeschick widerlalnren ist. Der gewaltige
Druck des Schicksals reißt oft, tiefe Wunden in die Uenschenseele hinein.
Sorgen, Herzenskummer, Behlschläge usw: können Sie vermeiden, wenn
Sie sich rechtzeitig über Ihr Schicksal informieren, um es bemeistern
zu könner. Durch Ansabe des Geburtsdatums eind wir in der Lage,
Ihren Charakter, die Vergangenheit, das Eheleben sowie Ihr ganzes
Lebensschicksal von der Wiege bis zum Grabe wahrheitsgetreu zu
entrollen Eine einzise Warnung kann oft großes Unheil verhüten.
Nähere Aufklärung Mk. 2.
(U.3225
Instttur für Astrologie, Berlin S.W. 68 0. 66.

Frankfurt. Strafgefangene können jederzeit ſtandesamtlich
getraut werden, wenn ſie den Wunſch einer Verehelichung haben. Solche
Trauungen kommen ſehr ſelten vor. Meiſt werden dann ſolche Ehen in
den Strafanſtalten ſelbſt vollzogen. Es ſind aber auch ſchon Fälle be=
kannt
geworden, in denen der Gefangene unter Aufſicht deu Beamten
zum Standesamt des Ortes, wo ſich die Anſtalt befindet, geführt wurde,
und daß dann dort der Ehebund geſchloſſen wurde. Ein ſolcher Füll
hat ſich in Ziegeuhain ereignet, wo ſich ein mit hoher Zuchthausſtrafe
belegter Einbrecher befindet, der Vater eines unehelichen Kindes iſt.
Die Mutter hegte den Wunſch, daß es zu einer Eheſchließung komme,
und ſo wurde der Zuchthäusler, der damit einverſtanden war, zum
Standesamt gebracht, wo die rehtsgültige Eheſchließung vollzogen wurde.
Dann mußte der Mann wieder ins Zuchthaus zurück.
Die fremden Toten.
Hanau. Bei einer auf dem Hanauer Friedhof vorgenommenen
Ausgrabung der Leiche eines engliſchen Kriegsgefangenen, die auf dem
engliſchen Sammelfriedhof in Niederzwehren bei Kaſſel beigeſetzt werden
wird, erklärte der Leiter der engliſchen Ausgrabungskommiſſion, daß
nach Erledigung der Ausgrabungen in Deutſchland alle in England
beerdigten deutſchen Kriegsgefangenen und Zivilinternierten ebenfalls
ausgegraben und auf einem deutſchen Sammelfriedhof in England bei=
geſetzt
werden würden.
Tod eines Tauchers.
Augsburg. Bei Unterwaſſerarbeiten in der Zentrale der Lech=
Elektrizitätswerke A.=G., Gerſthofen bei Augsburg, geriet der von der
Baufirma Holzmann u. Co., Frankfurt a. M., angeſtellte Taucher
Schmidt aus Bremen durch den Waſſerdruck in die unterirdiſche Rohr=
leitung
. Er wurde 100 Meter fortgeriſſen und blieb an einer Nohr=
gabelung
hängen. Ein Helfer hatte das Unglück beim Neißen der Ver=
ſtändigungsleine
und des Luftzufuhrſchlauches oberirdiſch um 12 Uhr
ſofort bemerkt, und die Feuerwehr gerufen, die aber erſt um Mitter=
nacht
den Verunglückten fand. Er, der 19 Jahre in ſeinem Berufe ar=
beitete
, auch bei der Entfeſtigung von Helgoland mitarbeitete und ſonſt
Taucherarbeiten bis zu 150 Meter, unter dem Meeresſpiegel ausführte,
hat jetzt nur 2 Meter unter dem Waſſer ſein Leben verloren. In einigen
Tagen wollt er heim nach Bremen.
Lohnendes Betteln.
Neuſtadt a. d. H. Daß das Betteln ſich immer noch rentiert,
dafür wurde auf der hieſigen Polizei der Beweis geliefert. Ein alter,
aber noch rüſtiger Mann namens Valentin Theilmann aus Schweigen
im Pfälzer Oberland wollte eine Beſcheinigung zum Zwecke der Ver=
pflegung
in der ſtädtiſchen Herberge haben. Die Polizei nahm hierbei
Anlaß, einen Blick in den dick geſchwvollenen Ruckſack des Mannes zu
werfen und entdeckte hierbei, daß er dicht gefüllt war mit Papierſcheinen,
die der Mann auf dem Wege hierher erbettelt hatte. Insgeſamt waren
es 70 Goldmark und 90 Franken, alles in kleinen Scheinen von einer
Milliarde bis einer Billion und von 5 Centimes bis 5 Franken. Außer=
dem
hatte der Mann noch 20 Millionen in der Taſche Nemme mer
numme nichts! meinte der Alte. Er bekam denn auch ſein ganzes Geld
wieder zurück, als er heute früh wieder abreiſte.
Die Gefahr überhitzter Oefen.
Saarbrücken. 14. März. Ein ſchwerer Unfall ereignete ſich in
einem Café in der Viktoriaſtraße. Ein Dienſtmädchen, das morgens
einem anſcheinend überhitzten Ofen zu nahe gekommen war, ſtand plötz=
lich
in Flammen. Noch ehe ihm Hilfe gebracht werden konnte, hatte das
junge Mädchen bereits ſchwere Brandwunden am Oberkörper erlitten.
Die Sanitätswache brachte die Verunglückte nach dem Bürgerhoſpital,
Die Waldbrände beginnen.
Lambsheim. Am Mittwoch brach im nahen Walde am Heiden=
wege
ein Brand aus. Das Feuer wurde eingedämmt, ſo daß ein grö=
ßerer
Waldbrand verhütet werden konnte. Gerade jetzt, zu Beginn des
Frühjahres iſt bei Spaziergängen durch den Wald beim Wegwerfen noch
brennender Zigarren uſw. die größte Vorſicht geboten.

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als die weltberühmten
Pfarrer Kneipp-Pillen.
Best, Rhabarber u. med. Seife je 2. Kalmus 8, Wach-
holderbeer
1. Aloe 4.
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zu haben in Schachteln zru 1 Gll. in den Lpothoken.
Frospekt aller Aneipp-Aittel dureh Kue pp-Geutrale 1. Nürzbers.

Watterdingen. Der Bürgerausſchuß hier hatte ſich dieſer Tage
mit einem wohl ſeltenen Fall zu beſchäftigen. Es hatte hier im Dezem=
ber
vergangenen Jahres eine Jagdverpachtung ſtattgefunden, bei der
ein Landwirt, mehr um der ſchwachen Gemeindekaſſe zu Glanz zu ver=
helfen
, als in ernſter Abſicht, bis ins Unendliche bot. Die anweſenden
Jäger kamen jedoch dahinter, ſtellten ihr Bieten ein und unſer Landwirt
war bei 3500 Mk. Höchſtbietender. Zu ſeinem nicht geringen Schrecken
erhielt er natürlich den Zuſchlag. Bei der Aufrechterhaltung des einge=
gangenen
Vertrages wäre der Mann ruiniert geweſen. Der Bürger=
ausſchuß
ließ aus dieſem Grunde Gnade walten und hob den Vertrag auf.
Der Rekordverkehr im Nord=Oſtfee=Kanal.
Der Verkehr im Nord=Oſtſee=Kanal hat nach einem Bericht in Werft,
Reederei, Hafen im Jahre 1923 ſo erheblich zugenommen, daß er auch
die größte Verkehrsziffer aus der Vorkriegszeit überholt. Bedeutend
iſt auch die Zunahme gegenüber, dem Jahre 1929. Während 1929
39 210 Fahrzeuge mit 12575 987 Tonnen den Kanal befuhren benutzten
ihn 1923 44 327 Jahrzeuge mit 15 404 919 Tonnen. Das ſind 3117
Schiffe mehr als im Jahre 1922, von denen 3286 Dampfer waren. Von
den Geſamtfahrzeugen führten 32 405 oder mehr als 73 Prozent die
deutſche Flagge. Danach waren am ſtärkſten vertreten Schweden mit
2973, Holland mit 1559, Norwegen mit 1430 und England mit 1263
Schiffen.
Ein Duell zwiſchen Stier und Löwin.
Ein Berichr aus Mairobi ſchildert einen merkwürdigen Kampf, den
ein Stier mit einer Löwin ausgefochten hat. Die Königin der Tiere
muß den weidenden Bullen angefallen haben, und es kam zwiſchen bei=
den
zu einem furchtbaren Zweikampf. Als der Stier ganz erſchöpft
unter einem Baum gefunden wurde, war das eine ſeiner Hörner bis
an die Wurzeln mit Blut beſudelt, und die Hälfte ſeines Schwanzes
fehlte. Einige Kilometer entfernt entdeckte man eine Löwin tot.
Ihr Körper war an mehr als einem Dutzend Stellen von den Hörnern
des Stieres zerfleiſcht; auch bei ihr fehlte ein Teil des Schweifes und
mau fand Anzeichen dafür, daß die Löwin mehr re Male mit furcht=
barer
Gewalt gegen den Baum geſchleudert worden war, unter dem
man den Stier noch lebend angetroffen hat.

Sport, Spiel und Zurnen.
Handball.
Hefſen, Verein für Leibesübung.
Das Rückſpiel der kombinierken Mannſchaft des V. f. L. Heſſen
gegen die 2. Mannſchaft des Sportvereins 1898 Darmſtadt findet am
heutigen Sonntag, morgens von ½11½12 Uhr, auf dem Schupo=
blatze
ſtatt.
Fußball.
Sportvereinigung Arheilgen.
Als Gaſt ſveilt heute nachmittag auf dem Sportplatz am Arheilger
Mühlchen die Ligamannſchaft von Merkur=Frankfurt, um im Privatſpiel
der gleichen von Sp.=Vgg. Arheilgen gegenüberzutreten. Merkur= Frauk=
furt
, die in den Verbandsſpielen an zweiter Stelle der Tabelle ſteht,
wird ſich mit den Arheilger Verenigten, die ſich ebenfalls in den Ver=
bandsſpielen
gut geſchlagen haben, einen ſpannenden Kampf liefern.
Sportvereinigung Arheilgen tritt in gänzlich veränderter Aufſtellung an,
da die Leiſtungen der Mannſchaft in den letzten Verbandsſpielen nicht
mehr ganz befriedigen konnten.
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[ ][  ][ ]

Rummer 76.

Darmſtädter Tagblatt, Sountag, den 16. März 1924.

Seite 11.

Ein Hilferuf der Ausgewieſenen.
Nach dem völkerrechtswidrigen Einmarſch der Franzoſen und Bel=
gier
in das Ruhrgebiet wurden von der Reichsregierung Richtlinien
für die Durchführung des Abwehrkampfes herausgegeben, durch die den
Beamten und Arbeitern jede Zuſammenarbeit mit den Franzoſen ver=
boten
wurde. Jeder Verſtoß gegen die Anordnung der Reichsregierung
wurde unter ſchwere Strafe geſtellt. Es war alſo demnach nicht in den
Willen des Einzelnen oder der unteren Behörden geſtellt, ob die Arbeit
niedergelegt oder weiter geleiſtet werden ſolle, ſondern überall, wo
ſich Franzoſen in den Dienſtbetrieb einmiſchten, mußte nach Weiſung
der Reichsregierung unweigerlich die Arbeit niedergelegt werden. Es
muß dies einmal ganz eindeutig herausgeſtellt werden, weil noch heute
vielfach die Meinung verbreitet iſt, als ob die Eiſenbohner aus eigenem
Antrieb oder gar im eigenen Intereſſe die Arbeit niedergelegt hätten.
Der ausgezeichneten Haltung der Beamten und Arbeiter aller
Reichs= und Kommunalbehörden wurde vollſte Anerkennung gezollt.
Eines Lobes voll war die geſamte deutſche Preſſs über die uner=
ſchütterliche
Treue und den einmütigen Abwehrwillen des geſamten
Eiſenbahnperſonals.
Die Hauptlaſt des Abwehrkampfes ruhte gar bald faſt ausſchließlich
auf den Schultern der Eiſenbahnbeamten und =Arbeiter. Da die Letz=
teren
ſich durch Nichts in ihrer Treue zum deutſchen Vaterlande beirren
ließen, wurden von ihnen rund 150 000 von Haus und Hof vertrieben
und von den Franzoſen in das unbeſetzte Gebiet abgeſchoben.
Vom Reichspräſidenten angefangen bis zum jüngſten verantwort=
lichen
Miniſterialbeamten wurde den Beamten und Arbeitern immer
und immer wieder eingeſchärft, ſich in ihrer Haltung durch keine Maß=
nahmen
der Franzoſen oder Belgier erſchüttern zu laſſen.
Die verantwortlichen Reichsminiſter betonten im Reichstag und bei
ſonſtigen öffentlichen Reden unzählige Mal, daß es Ehrenpflicht der
deutſchen Reichsregierung und des geſamten deutſchen Volkes ſei, dieſe
Treueſten der Treuen in vollem Umfange ſchadlos zu halten.
Erſt in den allerletzten Tagen anläßlich der Kundgebungen für die
Pfalz und das beſetzte Gebiet haben Reichspräſident, Reichskanzler und
der Miniſter für das beſetzte Gebiet dieſe Verſprechungen in feierlichſter
Weiſe erneuert.
Das deutſche Volk ſoll nunmehr erfahren, wie es mit dieſen Ver=
ſicherungen
der höchſten Regierungsſtellen gegenüber den Rhein= und
Ruhrkämpfern beſtellt iſt.
Von dem allgemeinen Perſonalabbau wurden die Ausgewieſenen
bisher nicht betroffen.
Unterm 3. März d. Js. hat der Reichsverkehrsminiſter Oeſer
nunmehr aber einen Erlaß herausgegeben, in dem angeordnet wird,
daß auch die ausgewieſenen Beamten und Arbeiter unter die Abbau=
maßnahmen
fallen. Alſo die Rhein= und Ruhrkämpfer, denen man
tauſendfältigen Dank verſprochen hatte, ja denen man ſchwere Strafen
und Dienſtentlaſſung angedroht hatte, falls ſie den Anordnungen der
Reichsregierung nicht Folge leiſteten, wirft man nunmehr rückſichtslos
auf die Straße.

Ein Schrei der Entrüſtung über dieſen unerhörten Vertrauensbruch
geht durch die ganze Maſſe der Ausgewieſenen und wir fordern die
geſamte dertſche Preſſe auf, dieſen Entrüſtungsſchrei aufzunehmen und
ihn ſolange zu wiederholen, bis die deutſche Reichse gierung unter dem
Druck der öffentlichen Meinung dieſe ungeheuerliche Anordnung zurück=
nimmt
.
Die ausgewvieſenen Beamten und Arbeiter verlangen keine Aus=
nahmeſtellung
bezüglich des Perſonalabbaues.
Sie ſind jedoch mit Recht der Meinung, daß es gegen Treu und
Glauben verſtoße, wenn ſie von den Abbaumaßnahmen betroffen wür=
den
, bevor es der deutſchen Reichsregierung gelungen ſei, ſie wieder an
die Plätze und in die Verhältniſſe zurückzuführen, die ſie unter dem
ſtarken Druck der Reichsregierung und im Vertrauen auf die gegebenen
Verſprechungen verlaſſen haben.
Jeder Deutſche, der ſich noch ein klein wenig Verſtändnis für die
Rhein= und Ruhrausgewieſenen bewahrt hat, muß davon überzeugt ſein,
daß es geradezu ungeheuerlich iſt, Männer, die für das deutſche Volk
mit ihrer Familie Hab und Gut im Stiche ließen und nunmehr in gänz=
lich
unzulänglichen Verhältniſſen in der Fremde, unter fremden Men=
ſchen
wohnen, jetzt auch noch ihrer Exiſtenz zu berauben, ohne daß man
ihnen auch nur im entfernteſten die Gewähr dafür bietet, daß ſie je=
mals
wieder in den Beſitz ihrer Habe kommen.
Es iſt dringend notwendig, daß dieſe grauſame Maßnahme unver=
züglich
zurüickgenommen wird, wenn man nicht den 150 000 Ausgewie=
ſenen
den Glauben an das deutſche Volk rauben will. Dies würde auch
gleichzeitig, eine ſchwere Gefährdung des Deutſchtums innerhalb der
beſetzten Gebiete bedeuten.
Briefkaſten.
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9½ Uhr (Fremden=Sonntagsmiete Fr. 13): Was Ihr wollt.
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Fidelitas, 6 Uhr im Mathildenhöhſaal: Tanzvergnügen.
Klub Fröhlichkeit, nachmittags 4 Uhr, im Saalbau: Früh=
lingsfeſt
. Brenner=Klub 4 Uhr, im Konkordiaſaal: Tanz.
Mauerſtraße 5I, abends 8 Uhr, Vortrag: Die Verſiegelung
im Lichte der Bibel. Rummelbräu; Konzert und Tanz.
Union=, Reſidenz=, Central=Thegter, Palaſt=Lichtſpiele; Kinovor=
ſtellungen
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Hauptſchriftleitung: Rudolf Mauve
Verantwor lich für Politik und Wirtſchaft: Rudolf Mauve
Verantwortlich für Feuilleton und Heſſiſche Nachrichten: Max Streeſ=
Verantwortlich für Sport: Dr. Eugen Buhlmann
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Verantwortlich für den Inſeratenteil: Willy Kuhle
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[ ][  ][ ]

Seite 12.

Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 16. März 1924.

Rummer 7G.

Dr. jur. Oarl Matthes
Marie Watthes, geb. Gelfius
VERMAHLTE

Darmstadt

Bad Kreuznach

15. März 1924

Wf

Steatt Karten

Ein zweiter, kräftiger
Junge angekommen.
In dankbarer Freude
Regierungsrat Jacob)
u. Frau Hanni, geb.Gremmel
Darmstadt, 14. März 1924
Heidelbergerstraße 92
z Zeit Städt. Krankenhaus
Af 3

Leo Keller
Liesel Keller
geb. Hertel
VERMAHLTE
Darmstadt, 15. März 1924
Lucasweg 21

(e7524

Todes=Anzeige.
Nach langem ſchweren mit großer
Geduld ertragenem Leiden ver=
ſchied
am 13. März mein lieber, guter
Mann, der treuſorgende Vater ſei=
nes
Kindes, unſer Sohn, Bruder,
Schwiegerſohn, Schwager u. Onkel

im Alter von 31 Jahren.
Im Namen d. trauernd. Hinterbliebenen;
Frau Marie Seitz u. Kind.
Darmſtadt, 15. März 1924.
Wienerſtraße 68.
(3213
Die Beerdigung findet Montag
na 1mittag ½3 Uhr auf dem Fried=
hof
, Nied r=Ramſtädterſtr., ſtatt.

Witwer, 42 Jahre,
Zeamter mit 3 Kind.,
ſucht mit anſt. Fräul.
der Witw. v. K. zw.
Heirat bekannt zu
werden. Angebote u
T 127 an die Ge=
ſchäftsſtelle
. (*7487g1

Heirat.
Solider beſſerer Herr
wünſcht Heirat mit
Frl. Ende 40, Anf. 50.
Diskr. zugeſ. Anonym
zweckl. Angeb. unt.
T 109 an die Ge=
ſchäftsſtelle
. (*7461

Wtv., 36 Jahre, ſchön
Haushalt, eig. Heim,
bünſcht m. Arb. ſich.
Stellung) in Briefw.
z. tret. zwecks Heirat.
Ang. m. Bild, u. T141
Geſchäftsſt. (*7541

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Für die vielen Beweiſe herzlicher Teil=
nahme
, ſowie für die reichen Blumen=
ſpenden
bei dem Hinſcheiden unſres lieben
Entſchlafenen ſagen wir auf dieſem Wege
unſeren innigſien Dank.
Insbeſondere danken wir Hrn. Pfarrer
Lautenſchläger für ſeine troſtreichen Worte
und dem Verein heſſ. Lederhändler e. V.
für die erwieſene Ehrung.
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Am 22. dieſes Monats, vormit=
ags
10 Uhr, werden in der eiſemali=
gen
6ler Kaſerne, Beſſungerſtraße, acht
für den Dienſt ungeeignete Pferde
öffentlich meiſtbietend gegen Barzahlung
(3202gm
erſteigert.
Polizei=Wachtabteilung Darmſtadt.

I.

(Stadtwald)
Mittwoch, 19. März, vormittags
9 Uhr, werden im Saale Heiligkreuz
zu Darmſtadt aus Förſterei Heiligkreuz
verſteigert:
(st3221gi
A. Nutzholz: Abt 22, 51 und verſch.
Derbſtangen Fichte I. Kl.: 48,09 fm;
II. Kl.: 8,08 fm,
geeignet zu Einzäunungen, Gerüſt=
ſtangen
, Dachſparren, Baumpfählen
uſw.
B. Brennholz: (Zum zweiten Male)
aus Abt. 21 und 51:
603 rm Buchen=Knüppel. Außerdem
Knüppel Hainbuche: 2 rm; Birke
59 rm; Reiſ.=Kn.: Birke 22 rm.
Auskunft durch Herrn Förſter Hof=
nann
, Darmſtädter Forſthaus.
Darmſtadt, den 14. März 1924.
Oberförſterei Darmſtadt.
J. V.: Burk.

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Meiner geſchätzten Kundſchaft, dem Publikum Darmſtadts
und Nachbarſchaft zur gefälligen Kenntnis, daß ich mein
Spenglerei=, Gürtlerei= und Inſtallations=Geſchäft nach der
Magdalenenstrasse 1
verlegt habe. Ich bitte, das mir ſeither entgegengebrachte Ver=
trauen
weiter ſchenken zu wollen u. bitte um geneigten Zuſpruch

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wird vergütet.
Gg. Saal.

Holzverſteigerung.
Donnerstag, 20. März Ifd. Js.,
werden verſteigert aus Diſtr. I Eichen
Röder Mark 50: Scheiter, rm: 2 Buche,
257 Eiche, 87 Kiefer; Knüppel, rm:
61Kieſer; Knäppelreiſig, rm: 216 Eiche;
Stöcke, rm: 129 Eiche, 18 Kiefer. Sämt=
liche
Bachen= und Eichen=Knüppel, ferner
die Eichen=Scheiter von Nr. 707 bis 790
und 801 werden nicht verkauft. Das
Holz iſt vorher einzuſehen. Zuſammen=
kunft
morgens 9 Uhr Urberacher Straße
Klöpperſchneiſe. Auskunft durch Herrn
(3210
Förſter Engel, Meſſel.
Meſſeler Forſthaus, 14. März 1924.
Heſſ. Oberförſterei Meſſel.
Schlag.

Bekanntmachung.
Das Februarziel Kultusſteuer der
iſraelitiſchen Religionsgeſellſchaft iſt
bei Meidung der Zwangsvollſtreckung
bis Ende März 1924 aufgewertet zu
zahlen. Für je 100 Mark der angefor=
derten
Jahreskultusſteuerſchuld ſind 2
Goldpfennige zu zahlen. Beſondere Zahl=
tage
im Gemeindehaus, Grafenſtraße 13:
Sonntag, den 23. und 30. März 1924.
Darmſtadt, den 13. März 1924.
Der Vorſtand
der iſrgelit. Reli zionsgeſellſchaft.
Finanzamt Stadt. (3256

Teilhaber, ſt.ll oder tätig
mit einem Kavital von 2030 000 Goldm.
von hieſiger Großhandelsfirma G. m. b. H.
(1 Teilhaber) ſofort geſucht. Angebote,
die diskret behandelt werden, erwünſcht
unter T 144 an die Geſchäftsſtelle. 3257

Nere
Plymouth=Rock=
Hahn C. B. 23 zu verk.
Daſelbſt Bruteier.
Emilſtr. 21 II, (*7562

(Pandwurm= Spul=
O u. Madenwürmer
entziehen dem Körper die beſter
Säfte, der Menſch wird blutarm,
nervös elend und ſchlapp. Bleich=
ſüchtige
und butarme Frauen und
Mädch.,Magen=u. Weißflußleidende,
ſowie nervöſe Perſonen uſw. leiden
in den meiſten Fällen an Eingeweide=
würmern
, erkennen aber ihre Krank
heit nicht. Heute bedari jedero ſo teuren
Lebensmittel für ſich u. dürf. dieſe nicht
von d. Würmerngeraubt wverd Ausk.
koſtenl. (Rückporto), Langj. Spezial.
Keine Hungerkur!
(IV. 3249
Burm=Roſe, Hamburg 11a. 586.

[ ][  ][ ]

Nummer 76.

Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 16. März 1924.

Seite 13.

Wann die Poſt mit ihrm Abbau in dem Tembo weidermacht,
do ſeh ich’s kumme, daß mer kimfdich noch die Poſtdiräckter un die
Geheime Owwerpoſträt mei Briefſchafte bringe miſſe, dann die
Briefdreeger allaa kenne’s bald net mehr bewäldiche. Wann ich
ewe owends vum Flicke
haamkumm, is immer e
ganz Maſſion Brief unner
meine Stuwwedier ereige=
ſchowe
, wohlriechende un
annere, halbſeidene un rau=
werkene
. Un der Stoff,
der wo mer all geſchickt
werd zum Nehe un Flicke!
No, ich hab ja mei Hand=
werk
gelernt, es geht mer
vun de Schibb, un was e
M gut Stichelern is, die
ſtichelt ſo de Dag iwwer
was eweg. Awwer ſo gern ich de Leit e bißche was am
Zeig flick hexe kann ich aach net (liewer Schorſch!). Un
dann gibt’s verſchiedene Sorde Zwerrn, do kimmt’s immer
druff a, was for e Nummero ich grad uff em Spuhlche hab.
Wann, mer awwer bei meine Arweite die Stich als emol
net gleich ſieht, jano, da muß mer halt noch emol hiegucke;
aamol is es bloß gereiht, e annermol ſin’s Stebbſtich, un
mitunner aach iwwerwindlinkſe, je nooch dem. Es kimmt aller=
dings
vor, daß mei Stichelarweite e bißche arg meddaforiſch aus=
falle
, deß leßt ſich awwer net immer ganz vermeide. Mir läwe
ja zwar glialicherſeis in eme Zeitalter freieſter Meinungsaiße=
rung
, wo jeder freie Zeitgenoſſerich ſage derf, was er denkt, vor=
ausgeſetzt
, daß em net en Zuſtand von ere Ausnahm, odder e
Ausnahm vun eme Zuſtand, was in dem Fall es gleiche is, mit
iwiverzeichender Wubbdizidäd in die Faſſad fehrt, daß em Heern
un Sehe vergeht, was mer noochher hinnenooch Schutzhaft nennt,
odder ſo. Un do bleibt ſich’s gehubbt wie gedubbt, ob nemlich
deß en milidäriſche Zuſtand von ere Ausnahm, odder e Ausnahm
vun eme ziſiele Zuſtand is, es kimmt ſo ziemlich uff aans eraus.
Wann ich awwer do als emol bro domo babbel (liewer
Schorſch!), ſo muß mer immer ganz genaa acht gewe, wer ge=
maant
is.

(So, deß bab ich emool ſchee ausgedrickt, deß muß ich ſelwert
fage, un deß macht mer kaaner nooch, wie als mei Freundin
ſeegt, die Luwies, un wer deß net verſteht, der ſoll ſich wo anner=
ſter
mit em Scheierdohr winke loſſe!)
Awwer mer muß net bloß vorſichdich ſei bezieglich vun dem,
was mer ſchreibt, ſundern aach, nge mer’s ſchreibt. Nu hott
allerdings mei Ordegravieh ihr Naun (Sehr richtig! Der Setzer),
deß gebb ich unumwunne zu, die Grundregel haaßt awwer be=
kanntlich
: Schreiwe wie du ſprichſt! Ich ſchreib alſo deſſentweje
ſo, wie mer de Schnawwel gewachſe is. Un ob mer nu Schlun=
ſer
mit ſ odder z, mit dz odder t ſchreibt, deß kann in Deitſch=
land
jeder mache wie er will, dann im Wärrſailer Verdrag ſin
uns dodriwwer meines Wiſſens kaa beſunnere Vorſchrifte ge=
macht
un nix Neeheres beſtimmt; es mißt grad ſei, daß mer’s
domols iwwerſehe hett. Valleicht kimmt awwer noch die Iwwer=
wachungskommiſſion
dehinner un dhut des Wort Schlunſer aus
em deitſche Sprachſchatz aus=
rodde
, weil’s noch an den
alte Milledarismusgeiſt er=
innert
, vor dem unſer ehe=
malige
Feinde un jetzige
gude Speetzel en Mordsſteb=
bel
hawwe. Dann nemlich
des Wort Schlunſer bedeit
nix mehr un nix weniger als
wie en Sanidätsſaldad, un
die aanzig Waff, wo die mit
ausgebild ſin worrn, deß
war die Kliſtierſpritz. Un es
is gor net ſo ganz ausge=
ſchloſſe
, daß mer die Kliſtier=
ſpritze
demnächſt aach noch
abliwwern miſſe, damit mer
ſe im nechſte Krieg net als
Flammewerfer benitze kenne.
Ich denk awwer, die Famillie
Kimmelſpalter, die wo ſich
iwwer die Schreibart vun
dem Wort Schlunſer ſo ufgeregt hott, die is jetzt vun meine
Ausfiehrunge befriedigt un geniegend uffgekleert. Annernfalls
mißt ſe ſich emol an unſer Landesthiater=Diräcktzions=Scheneral=
Indendandur wende, valleicht daß die ere mit eme Schlunſer=
Uffkleerungsfilm unner die Aerm greife dhut.
Iwwerhaubt: Uffkleerungsfilm! Wann ich deß ſchun heer!
Ich will ja dorchaus nix ſage iwwer den Uffkleerungshunger, vun
dem wo die Menſchheit ewe beſeelt is, wege weil mer doch wiſſe
mecht, wie’s geht un wie’s ſteht, wora’s liggt und wie’s noch
werd. Wann mer aach vun Nadur aus net neiſchierig is un
kann warte, wie noch alles kimmt uff dere äbſche Welt, bloß,
wiſſe mecht mer’s nadierlich gern vorher. Uff de Kaffeeſatz is
neierdings kaan Verlaß mehr; un vum Diſchricke un dene ſpire=
diſtiſche
Menggenggel aus de vierte Demiſſion, wo die Herrn Gei=
ſter
mit Kaffeekobbcher nooch aam werfe un dhun aam nichts=
ahnend
in die Wade petze, vun dene Sputze bin ich kaa Freund.
Bleibt alſo noch es Kaddeſchlage, deß is noch des Verläßlichſte,
do kann mer mit de greeßte Gemietsruh in die Zukunft gucke un
noch e Stick driwwer naus, wann mer gute Aage hott, bloß, es
kimmt hinnenooch allemol annerſter.

Alſo deſſentwege werr bei dem Uffklerungshunger en rich=
dichgehender
Uffkleerungsfilm net grad ſo vun de Hand zu weiſe,
wo mer ſich bloß hiezuſetze brauch un ſieht dann im Bild, wo mer
dra ſin, un was los iſt, un wie’s noch werd, un wie mer widder
aus de Brädullje erauskumme. Gehſte awwer hie, in ſo en Uff=
kleerungsfilm
, dann zeige ſe dir ’s Liewesläwen in der Nadur,
un wie ſag ich’s meinem Kinde, un des ganzige Broblem, wo ſe
recht ausſiehrlich un eigehend belehrfilme, das haaße ſe ſäckſuell,
es is amwer aach denooch Kinner vum Feldwebel abwärts is
de Zutritt verbodde! Naa, for e derardich Uffkleerung dank ich,
un ich maan, unſer hoffnungsvoller Noochwuchs is in dem Punkt
uffgekleert genug. Wer awwer iwwer die Eſelsjohrn drauß is,
der mecht iwwer annere Sache uffgekleert ſei.
So hott mer die Woch aaner namens Schorſch en Brief
geſchriwwe, no, ich will ja net grad ſage, daß der Schorſch in be=
zug
uff Heeflichkeit Dame gegeniwwer erblich belaſt is, mer kennt
eher en Mangel konſtadiern, awwer Uffkleerungshunger hott=er
un ißt demgemäß gern die Kaſtannje, die wo em die annern aus
em Feier hole. Alſo ewe der Schorſch hott mer gleich e ganz
Sehrije genennt, iwwer des er Uffkleerung hawwe möcht: Rente=
mack
, Wohnungsamt, Theriater, Abbau und ſo , wora mer
ſieht, daß ewe der Schorfch net bloß mit de Heeflichkeit uff ge=
ſpanntem
Fuß ſteht, ſundern daß aach die Beſcheidenheit net grad
ſei ſchwach Seit is. Do brauch er ſich awwer nix druff eizubilde,
die zwaa Karackdereichenſchafte glenze ſo ziemlich bei alle freie
Zeitgenoſſeriche dorch Abweſenheit. Un wann de jetzt ſchee brav
warſt, Schorſchje, un hoſt uffgebaßt, do werſte aach gemerkt
hawwe, daß ich jetzt net vun mir gebabbelt hab, ſundern vun
Dir, Du Raubautzer! Awwer’s Uffbaſſe, Freundche, deß is
ſcheints aach net Dei Sach, ſunſt heſte merke miſſe, daß ich mich
iwwer de Abbau un die Rentemack bereits geaißert hab; s The=
riater
un des Wohnungsamt is awwer noch net an de Reih.
Wann de awwer dorchaus un unner alle ſiwwenenzivanzig Um=
ſtend
uffgekleert ſei willſt, no, in Goddesname fange mer alſo a.
Erſtens: die Rentemack! Ja, deß ſcheint mer ſo en Wexelbalch
zu ſei aus de iwwerſinnliche Welt, jeder ſchwäzzt davo, awwer
kaaner hott ſe eichentlich ſo richdich geſehe; wenigſtens Leit vun
unſerm Schlag is ſe e unbekannte Greeße. Ich vermud, do ſin
okkulte Kräfte am Werk, dann es is doch merkwerdich: ſolang mer
nix vun de Rentemack gewißt hott, hatte die Leit Geld wie Hei
un die Kaafleit kaa Waar jetzt, ſeitdem ſe in de Gegend erum=
ſpuckt
, die Rentemack, hawwe die Kaafleit uff aamol War un die
Leit kaa Geld. Alſo wann deß kaa Zauwerei is, dann waaß ich
net Wie hott als de alt Boßgo, ſeelich, geſagt: Berrliggo
Berrlaggo! Erſcheineee Verſchwindeee! Sogar die Hin=
kel
, die unner de Herrſchaft des Dollars in Deitſchland ihrn Be=
drieb
eigeſtellt hatte, hawwe uff aamol widder ihrn Daſeinszweck
begriffe un hawwe ſich uff ihr Spezialfach geworfe und hawwe
ſich net lenger gege den innere Drang geſtraibt, ſo daß ſogar die
Eiernot unner Eiwirkung der Rentemack mit aam Schlag behowe
war. Aach uff unſer Eleckdrich war die Rentemack vun ver=
kehrsferderndem
Eifluß. Dodegege hott die Fahrgelegenheit an
de Börs ganz barwariſch naachgeloſſe un die Konnduckdeer ſtehn
do un ſpiele mit de Daume. Die Spekulande awwer, die wo die
ganz Zeit ſo gut gefahrn ſin, die mache dumme Geſichter, dann
die meiſte hawwe 8 Schelle iwwerheert un ſin zu ſpeet aus=
geſtiege‟
. Ganz beſunners Schlaue, die wo ſpeckulierens halwer
gefahrn ſin, die ſin owwedrei aach noch zu ſpeet eigeſtiege no,
was brauche die aach zu fahrn bei dene Zeite, weere ſe geloffe,
dann weern ſe billiger gefahrn, jetzt ſitze ſe do mit ihre Bab=
biern
. Hette ſe ſich Bellgiſche Rieſe gekaaft, wie mer e guder
Freund gerode hott, do hette ſe alle vier Woche Junge krickt,
ohne Bankiee, wiſſe ſe, ich maan die weiße, mit dene lange Ohrn
un dene rote Katzedonifer (des haaßt; kaa Bankjee, ſundern
Haſel).

No korz un gut, mit der Rentemack, deß is net ſauwer, die
okkulte Beſtrewunge drete mehr un mehr zu Dag, un Du werſt
ſehe, Schorſch, iwwer korz odder lang hott ſe ſich ganz verflich=
dicht
un is in erjend ere Dimenſion verſchwunne, was mer vum
Wohnungsamt doherngege net ſage kann, o Konndrollehr
im Gegedaal, deß erfreid ſich ere ausgezeichnete Geſundheit.
Kunſtſtick bei dene Halbgedder, die wo do ihr Gnade
ſpende de Gerechte un Ungrechte, je nooch dem, wie’s drefft.
Allerdings, Ordnung muß ſei, un de Kamm geheert bei die
Budder. Un wie geſagt, mer miſſe’s uns warm halte, des Woh=
nungsämtche
, do kenne mer noch e bißche unſern Spaß dro hawwe.
Soviel ich geheert hab, hawwe die Wohnungsſuchende bereits
e Kummidee gegrind, un wann des Wohnungsamt ſei fimfun=
zwanzigjehrig
Juwileum feiert, ſin große Feſtifidäde geblant.
Bei der allgemeine Beliebtheit, wo ſich des Amt erfreit, is deß
verſtendlich, un ich frei mich heit ſchun druff. Wann ſich awwer
die Andromeda net eilt ſie legt, wann ich mich recht erinner,
in de Sekund bloß 30 000 Lichtjahrn zurück do werd ſe wohl
net mehr des Vergniege hawwe, mit dem Wohnungsamt in
nehere Beriehrung zu kumme, dann es weer net ganz ausge=

ſchloſſe, daß lis zu dem brofezeite Zuſammeſtoß des Wohnungs=
amt
haamdickicherweis eines ſamfden Dods verbliche is.
Nu' hott mer do e Kolleſchin namens Salche zur einſtweili=
gen
Behewung der Wohnungsnot en ſehr vernimfdiche Vorſchlag
gemacht. Die hott nemlich gemaant, die Stadt kennt ganz gut e
Kaawohnungsſteier und e Wohnungsſuchſteier erhewe; do
gingt jedenfalls en ſcheene Butze Geld ein un domit ſoll die Stadt
widder die Haiſer zurickkaafe, die wo domols an’s Merlſe verkim=
melt
weern worrn. Ferner ſoll die Stadt noch e paar gedragene
Möwelwäge aſchaffe un ſoll ſe uff em Merksplatz uffſtelle, de
A’ſang weer ja ſchun gemacht, do kennte aach allerhand Leit un=
nergebracht
werrn; die Mieder hette dann de Vordaal, daß ſe die
Grundſteier un die Schornſtaafegergebiehrn ſparn dhete.
Awwer ich will uffheern, ſunſt erkleert mich de Bollezeidiräck=
derr
noch for dollwutverdächtig un legt mer en Maulkorb a!
Wos awwer des Theriater betrifft, liewer Schorſch, ſo
mecht ich in des ſchwewende Verfahrn vorerſt net eigreife, dann
do kann’s aam baſſiern, daß mer, eh mer ſich vergudt, honoraris
kaufa in die Theriaterkommiſſion gewehlt werd, un dann ſteht
mer do mit ſeim geweſchene Hals un muß ruhig ſei. Alſo nor
emol Geduld, wann’s Zeit is, werr ich ſchun in die Poſaun ſtoße!
Iwwrichens hawwe mer jo ewe gor nix zu klage, es is alles in
beſter Ordnung. So hadde mer neilich die Maria Stuwadd als
Luſtſpiel, ferner ham=mer Friehlings Erwachen mit de Fraa
Kallfen in de Haubtroll, un wann de Herr Reimer dorch die Prinz
Lui Ferdnand ſchwimmt und fiehrt neckiche Geſpreeche mit ſeine
Sufflees, des is doch a fach goddvoll. Un, Schorſch, wann derr
de Roſegadde net gefellt, dann geh emol in de Herrngadde‟
do merkſte erſt, was Dreck haaßt. Mer derf’s net laut ſage, ſunſt
ſin die imſtand und knebbe jedem, der wo dorch de Herrngadde
gange is, rickwirkend noch emol Eitrittsgeld ab for des ge=
noſſene
Schlammbad.
So, un jetzt mach ich Schluß. Ich hoff, mei neier Freund
Schorſch, der wo mer den ausſchieriche Brief geſchriwwe hott, der
werd for’s Erſte befriebricht ſei mit ſeim Uffkleerungsfimmel (da,
jetzt ſag ich aach noch Fimmel es werd’s doch kaa Staats=
awalt
geheert haſwe?!) Bienche Bimmbernell.
Poſtſchkribdumm: Nemlich mer kann feſt druff geh,
wann mer draamt, es dhet aam en Zah erausfalle, dann ſterbt
jemannd in de Vekwandtſchaft. Un ſo is er dann aach die Woch
ſamft un ſeelich eniwwergeſchlummert, unſer Freund un Be=
gleiter
, de Reichsdag, der wo eichentlich im letzte halwe Jahr
ſowieſo ſchun erumgange is wie en lewender Leichnam, un
net mehr gewißt hott: bin ich’s odder bin ich’s net. Nu gehts
alſo in die Wahlſchlachterei: Die Drummel ſchlägt zum Stra
idee un es werd mancher uff de Wahlſtatt bleiwe, der ſich
diätehalwer ſo gern hott redde heern! Dann die Wahlſchlacht
werd, wie mer ſo heert, mit de modernſte Kriegsmiddel gefiehrt,
un die bollidiſche Schlachtenbummler werrn gut dhu, wann ſe
ſich bei Zeit mit ere Gasmaske verſehe. Die Herrſchafte werrn
ſich nemlich gegeſeidich de Deckel vum Dibbche dhu, daß es ner
ſo raacht un do werd mer, menſchlicher Vorausſicht nach, kaum
mit dem Lohngrien ſinge kenne: Admeſt du nicht mit mir die
ſießen Diſte? ...
In Darmſtadt ſelbſt werrn mer zwar wenig devo merke,
gottſeidank, dann wer ſo die Zeiche der Zeit verſteht, der fiehlt
ewe ſchun eraus, wie mer
en ſchichterne Verſuch
macht, die bollidiſche Ge=
geſätz
zu iwwerbricke. Un
daß es grad des Baddei=
organ
vun de heſſiſche
Deitſchnatzionale is, des
wo alle ſtolze Grundſätz
zum Drotz kolleſchial die
Batſchhand hiehellt, deß
beriehrt gam beſunners
wohltuend. Freilich,
vorerſt is die Verbriede=
rung
bloß rein geſchäft=
licher
Natur, indem nem=
lich
des deitſchnatzionale
Baddeiorgan ſei Beilag
Garten un Haus vum
Vorwärts=Verlag be=
zieht
. Deß is immer=
hie
en Afang, wann aach
nor en leiſe, er berechtigt eEE
awwer jedenfalls zu de
beſte Hoffnungen. Wann
mer ſich awwer erſt emol im Garten un Haus aanig is, warum
ſoll mer’s do net aach uff de Strooß un in de Verſammlungs=
lokäler
werrn? Deß mißt doch de Deiwel ſei...

unübertroffen an Auswahl,

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[ ][  ][ ]

Darmſtädter Tagblatt

* Vom ſüddeutſchen Holzmarkt.
Von unſerem Sonderberichterſtatter.
Da bei den in letzter Zeit abgehaltenen Verſteigerungen die Preiſe
weiterhin hoch waren, war in der abgelaufenen Berichtswoche die Stim=
mung
wieder durchaus feſt. Auf der anderen Seite iſt aber auch eine
Zunahme der Kaufluſt, wenn auch noch in beſcheidenen Grenzen, feſt=
zuſtellen
. So hat auch die Arbeitsloſigkeit im Holzgewerbe einigermaßen
eine Abſchwächung erfahren, da in verſchiedenen Betrieben Tiſchlergefel=
len
eingeſtellt werden konnten. Wie man hört, ſoll auch das Ciſenbahn=
zeutralamt
wieder an die Anſchaffung von Schwellen und die Eiſen
bahndirektion an Beſtellungen von geſägten Hölzern denken. Daraus
ergibt ſich einigermaßen Hoffnung auf beſſere Abſatzverhältniſſe in der
Sägeinduſtrie. Es iſt für die ja gewiß der Wiedergeſundung entgegen=
gehenden
deutſchen Wirtſchaftsverhältniſſe immerhin bezeichnend, daß die
deutſchen Holzpreiſe zumeiſt über dem Weltmarktniveau liegen. So iſt
augenblicklich namentlich das Geſchäft mit der Tſchechoſlowakei in vollem
Gange. Schon verſchiedentlich wurde an dieſer Stelle darauf hingewie=
ſen
, daß die Papier= und Zelluloſe=Induſtrie lediglich ſich mit tſchechiſchen
Hölzern eindeckt, die troß der erhöhten Frachtkoſten oft bis 100 Prozent
unter den deutſchen Hölzern liegen; nur gelegentlich nimmt die genannte
holzverarbeitende Induſtrie Käufe von 5060 Raummeter vor. Die
ſteigende Nachfrage nach tſchechiſcher Ware aus Deutſchland kann aller=
dings
in abſehbarer Zeit zur Folge haben, daß auch in dieſem Wald=
gebiet
ein Anziehen der Preiſe eintreten wird. Beſte Auslandswire,
beiderſeits verzollt, iſt für 28 Goidmark in beliebiger Menge zu haben.
Die Zahlungsbedingungen des Waldbeſitzes ſcheinen an Schärfe ver=
lieren
zu wollen. Gemeiniglich werden noch 50 Prozent Vorausbezahlung
verlangt, Begleichung der Reſtſumme innerhalb 10 Tagen. Es werden
aber allgemein auch Akzepte, dieſe aber höchſtens mit bis 6 Wochen Lauf=
zeit
, von den Firmen angenommen. Manche Firmen gehen ſchon dazu
über, bei Barzahlung 1 Prozent Abzug anzubieten.
Auf dem Brennholzmaukte ſind die Preiſe immer noch äußerſt hoch,
wenn die Steigluſt gegenüber den Vorwochen in manchen Gebieten auch
etwas nachgelaſſen hat, was die Rückwirkung auf die Preisgeſtaltung
nicht verfehlte. Die Haupturſachen hierfür dürfte wohl das größere An=
gebot
von Kohlen und die Geldknappheit ſein. Ganz unſinnige Preiſe
wurden allerdings kei einer Brennholzverſteigerung in Oberbaden er=
zielt
, da die Käufer über jedes Maß und Ziel hinaus boten, trotzdem
die Forſtverwaltung bremſend zu wirken verſuchte. In derſelben
Gegend ſah ſich die Staatsanwaltſchaft (Lörrach) veranlaßt, die Land=
wirte
wegen zu hoher Forderungen zu verwarnen und darauf hinzuwei=
ſen
, daß die Preiſe ohne jeden erkemnbaren Grund ſtark in die Höhe
getrieben werden. Von Gutachterſeite wurde ein Ster Buchenholz 2. Kl.
mit 13 Goldmark angemeſſen bewertet, während die gebotenen Preiſe
meiſt 100 Prozent höher lagen. Die Staatsanwaltſchaft drohte auch
gerichtliches Vorgehen wegen Preiswuchers und Beſchlagnahme des zu
übermäßigen Preiſen erſteigerten Holzes an. In Mittelbaden erzielte
man für ein Ster Forlen= oder Buchenholz 2530 Gmk., während ſich
im Albtal der Ster bis auf 47 Gmk. ſtellte. In weitgeſpannten Gren
zen bewegten ſich die Preiſe für Brennholz in der Pfalz. Bei Berg=
zabern
wurde bei einer Forſttaxe von 5408 Gmk. ein Geſamtbetrag von
8487 Gmk. erzielt, wobei beſonders für Buchenſcheitholz hohe Preiſe ge=
boten
wurden. In Grünſtadt fand Kiefern= und Buchenbrennholz zu
einem Durchſchnittspreiſe von 716 Gmk. je Ster Abſatz, kieferne Wel=
len
zu 1012 Gmk je 100 Stück. Ebenfalls über 100 Prozent Mehrerlös
gab die Verſteigerung einer weiteren pfälziſchen Gemeinde, die bei einer
Forſttaxe von 1232 Gmk. 2987,50 Gmk., und zwar für kieferne Scheiter
2128, dergleichen Prügel 1622, dergleichen Wellen je 100 Stück 5060
und Kaſtanien=Stiefelholz 26, birkene Prügel 1620, buchene Prügel
25 Gmk. je Ster erzielte. In einer anderen Giemeinde koſtete der Ster
durchſchnittlich 2530 Gmk. gegenüber 16 Gmk. Forſttaxe.
Im Odenwald war wieder Lärche ſehr begehrt, die je nach Ware zu
80120 Gmk. nn Hand gegeben wurde.
Der Brettermarkt ſuchte ſich den Rundholzpreiſen, die in der
abgelaufenen Woche allerdings etwas nachgeben mußten, anzupaſſen. Ab
baheriſchem oder Schwarzwald=Produktionsgebiet wurden unſor=
tierte
, ſägefallende Bretter 16: 1 zu 4346 Gmk. notiert,
gute‟ Bretter 16 12 8X12 7080 Gmk., Ausſchußware 5560 Gmf.
reine und halbreine Ware 100105 Gmk. je Kubikmeter; Dielen 15
1½‟ 9X13 waren zu ungefähr 51 Gmk. im Handel, Schalbretter zu
39 Gmk., Kiſtenbretter 12 und 18 Millimeter, 9 Zentimeter aufwärts
breit, 3G Meter lang, durchſchnittlich 42 Gmt., 24 Millimeter ſtark
41 Gmk., beſäumte Stumpenbretter 12,50. Meter lang, 925 Zenti=
meter
breit, 625 Gmk. je 10 Tonnen.

Handel und Wandel in Heſſen.
Rheinlandbank A.=G., Worms. Die Verwaltung der
Rheinlandbank teilt mit: Die Umſtellung des Aktienkapitals auf Gold=
mark
ſteht unmittelbar bevor. Dabei ſoll neben einem für die Aktionäre
ſehr günſtigen Umrechnungsverhältnis eine mit vorteilhaftem Bezugs=
reiht
verbundene Kapitalerhöhung das Goldkapital auf eine dem Umfang
der Bank und der Bedeutung der angeſchloſſenen Geſchäfts= und Indu=
ſtriekreiſe
entſprechende Höhe bringen. Die Einführung der neuen Gold=
aktien
an den Börſen zu Frankfurt a. M. und Köln ſoll alsbald nach
Umſtellung des Aktientapitals beantragt werden. Von einer Einführung
der Papiermarkaktie iſt aus naheliegenden Gründen abgeſehen worden.

Wirtſchaftliche Rundſchau.
wb. Der Ausweis, der Reichsbank vom 7. ds. Mts. zeigt
eine weitere Zunahme der Kreditgewährung an die private Wirtſchaft
An Rentenmark=Wechſeln und =Schecks wurden 91,9 Millionen Renten=
mark
nen diskontiert; der Portefeuillebeſtand tuchs infolgedeſſen auf
759,1 Millionen Rentenmark. Die Rentenmark=Lombardforderungen ver=
mehrten
ſich gleichzeitig um 17 auf 186,8 Millionen Rtm. Auch die Ve=
ſtände
an Papiern

Für die geſamte Kapitalanlage ergab ſich hierbei im ganzen eine Ver=
mehrung
um 119,1 auf 1591,4 Trillionen Mark. Der Banknotenumlauf
erhöhte ſich geringfügig, nämlich um 25 auf 612,9 Trillionen Mk. Die
fremden Gelder der Bank, die ſich in der letzten Februarwoche ſowohl in
den Papiermark= wie in den Rentenmarkbeſtänden beträchtlich vermindert
hatten, zeigten im Rentenmark=Giroverkehr neue Zuflüſſe in Höhe von
58,2 Millionen Rentenmark, während die Päpiermarkeinlagen mit einer
Beſtandverminderung um 0,5 Trillionen Mark ſich ungefähr auf dem
Stande von Ultimo Februar hielten. Insgeſamt nahmen die fremden
Gelder um 57,7 auf 708,2 Trillionen Mark zu. Zur Beſtreitung des
an die Reichsbank mit unverminderter Schärfe herantretenden Bedarfs
an Nentenmart=Krediten hat die Bank ein weiteres Darlehn bei der
Rentenbank im Betrage von 50 Millionen Rtm. aufgenommen; die Ge
ſamthöhe der Darlehen bezifferte ſich am 7. März auf 450 Millionen
Rtm. Von der Reichsbank aus dem Giroverkehr und von der Renten=
bank
zugefloſſenen Rentenmarkbeträgen verblieben der Bant 19,7 Mill.
Mark in Reutenmarkſcheinen, ſo daß ihre Beſtände an ſolchen Scheinen
von 15,6 auf 35,3 Millionen Rtm. zunahmen. Die ausgewieſene Ver=
minderung
des Golddepots im Auslande um 65 000 Goldmark hängt mit
der Abdeckung der bekannten, gegen Verpfändung von Gold im Ausland
aufgenommenen Kredite zuſammen. Die Abdeckung erfolgt in der Haupt
ſache durch Verkauf des beliehenen Unterpfandes, es mußte aber ein
Spitzenbetrag in der angegebenen Höhe aus dem freien Goldbeſtande
mit herangezogen werden. Die Ausleihungen der Reichsdarlehnskaſſen
ſanken um 0,3 auf 9,3 Trillionen Mark. Der Beſtand der Reichsbank
an Darlehnskaſſenſcheinen ging entſprechend zurück.
Die Laſten der Micumderträge. In der Jahresver=
ſammlung
der Arbeitgeberverbände teilte der Vorſitzende mit, daß durch
die Micumverträge für die Induſtrie im Monat Januar allein
eine Belaſtung von 120 Mill. Goldmark entſtanden ſei, was auf ein
Jahr umgerechnet einem Betrage von 15 Milliarden Goldmark=
entſpräche
, alſo mehr, als von ſachverſtändiger Seite als Maximal=
leiſtung
des ganzen Deutſchlands für Reparationszwecke berechnet
wvorden ſei.
Neue Richtpreiſe für Dachpappe und Iſolier
pappe. Der Verband Deutſcher Dachpappenfabrikanten hat am 6. März
ds. Js. die folgenden neuen Richtpreiſe beſchloſſen:
a) für Dachpappe mit 80er 100er 150er 200er Rohpappeneinlage
G.M. 0,60 050 035 028 f. d. Quadratmeter
b) für Ifolierpappe mit S0er
125er Rohpappeneinlage
G.=M. 1,10 0,88 0,58 f. d. Quadratmeter
Ein neuer Goldpfandbrieftyp. Nach mehrjähri=
ger
Unterbrechung nimmt die Preußiſche Pfandorief=Bank zu Berlin
ihre Emiſſionstätigkeit wieder auf und beginnt mit der Verausgabung

vielmehr im April 1929 ohne vorherige Kündigung oder Ausloſung
zur Rückzahlung fällig und alsdann zum vollen Golonennwert einge=

l5ſt. Die Begebung der Pfanbriefe im Geſamtbetrage von 3 Mill.
Goldmark erfolgt im Wege der öffentlichen Zeichnung. Der Zeich=
nungspreis
beträgt 80 Prozent. Da die Rückzahlung nach 5 Jahren
mit 100 Prozent erfolgt und nicht nur das Kapital, ſondern auch die
Zinſen auf Feingold abgeſtellt ſind, ſo iſt der Pfandbrief dem Ein=
fluſſe
etwaiger Schwankungen deutſcher und ausländiſcher Währun=
gen
entzögen und es verzinſt ſich das darin angelegte Kapital jahrlic
mit 121 Prozent in Gold. Die Stücke lauten über 20, 100, 500 und
1000 Goldmark und ſind mit halbjährlichen, April und Oktober fälli=
gen
Zinsſcheinen verſehen. Zeichnungen werden durch die im Inſerat
der heutigen Nummer bekanntgegebenen Zeichnungsſtellen direkt oder
durch Vermittlung aller anderen Banken und Bankfirmen entgegen=
genommen
.
Aus Geſchäftsberichten.
Optiſche Anſtalt C. P. Goerz A. G., Berlin. Die
Geſellſchaft wird für das abgelaufene Geſchäftsjahr eine Dividende von
1 Goldmart pro Aktie ausſchütten. G.B. iſt für den 30. März einberufen.
In dem Geſchäftsbericht für das mit Ende Dezember 1923 abgelaufene
Geſchäftsjahr teilt der Vorſtand mit, daß das Geſchäft während der
erſten zehn Monate befriedigend war. In dieſer Zeit war das Werk
in allen Abteilungen gut beſchäftigt. Insbeſondere habe auch der Ab=
ſatz
an Rechenmaſchinen den Erwartungen entſprochen. Dieſe Abteilung
konnte erheblich vergrößert werden. Seit Auguſt 1923 machte ſich auch
bei der Geſellſchaft infolge des allgemeinen wirtſchaftlichen Niedergangs
ein Nachlaſſen der Konjunktur geltend, ſo daß gegen Ende des Geſchäfts=
jahres
Betriebseinſchränkungen vorgenommen werden mußten. Der
Bruttogewinn (Vorkriegszahlen, ſind in Mill. Mk. angegeben) ſtellt ſian
auf 6,977 Mld. Mk. (142,3); demgegenüber betragen die Unkoſten 3864
Mld. Mk. (82,74). In der Bilanz erhöhten ſich Gebäude auf 2,899 Mld.
Mk., Betriebsanlagen auf 41,143 Mld. Mk. Nach 44043 Mld. Mk.
Abſchreibungen ſtehen dieſe Konten wieder mit dem Mindeſtwert zu
Buch. Der Reingewinn wird mit 3099,5 Mld. Mk. (48,3) ausgewieſen.
Zu berückſichtigen iſt, daß das im Vorjahr mit 150 Mill. Mk. neu gebil=
dete
Werkunterhaltungskonto vor Ausweiſung dieſes Gewinnes auf
8600,15 Mld. Mk. erhöht worden iſt. Für Tantiemen werden aus dem
Gewinn 296,3 Mld. M. bezahlt (1,5). Zur Verteilung werden einſchl.
der 4 Prozent ſatzungsmäßigen Dividende insgeſamt 2 666 663,8 Mill. M.
benötigt, der Reſt von 106,5 Mild. Mk. auf neue Rechnung vorgetragen.
Die Eeſellſchaft führte bekanntlich im September v. Js. eine Kapital
erhöhung um 20 Mill. auf 70 Mill. Mk. durch. Seinerzeit wurden
10 Mill. Mk. den alten Aktionären zum Bezuge angeboten, während
5 Mill. Mk. ein Konſortium zum Nennwert übernahm,, um ſie bis
zum 1. April 1924 zur Verfüigung der Verwaltung zu halten, während
weitere 5 Mill. Mk. von einem Konſortium zu 10 000 Prozent über=
nommen
wurden, um im Intereſſe der Geſellſchaft Verwertung zu finden.
Das in der Bilanz mit 6,132 Mld. Mark (0,192) ausgewieſene Konto
Effekten und dauernde Beteiligungen hat einen Zugang durch Ueber=
nahme
von jungen Aktien der A.=G. Hahn für Optik und Mechanik er=
fahren
, ſowie durch die noch nicht verwerteten Aktien der Geſellſchaft aus
der oben erwähnten Kapitalserhöhung. Soweit bis zum Schluß des
Geſchäftsjahres junge Aktien verwertet wurden, ſeien die über den Nenn=
betrag
erzielten Erträgniſſe dem geſetzlichen Reſervefonds zugeführt
worden, der ſich von 29,44 Mill. Mk. i. V. auf 939,708 Mld. Mk. er=
höhte
. Zu dem oben erwöhnten Zugang auf Gebäudekonto wird be=
merkt
, daß derſelbe im weſentlichen das neu errichtete Tiſchlereigehäude
betrifft, während ſich der Zugang auf Betriebs=Anlagen hauptſächlich
auf Werkzeugmaſchinen, Einrichtungen und Werkzeuge für die Rechen=
maſchinen
=Abteilung bezieht. Die Grundſtücke erſcheinen in der Bilanz
unverändert mit 1,391 Mill. Mk., Vorräte betragen 9,266 Mill. Mk.
(6,48), Debitoren 28,610 Mld. Mk. (448,44), Kaſſenbeſtände 257 Mld. Mk.
(3,34), Wechſelbeſtände 328,99 Mld. Mk. (11,74). Andererſeits erſcheinen
bei einem Aktienkapital von 70 Mil. Kreditoren mit 25,824 Mld. Mk.
(207,3), während Akzepte in Höhe von 30,736 Mld. Mk. ausgewieſen
werden. Das Werkerhaltungskonto erſcheint mit 8600,15 Mld. Mk. (150).
Die Mitteilungen des Vorſtandes über das laufende Geſchäftsjahr lauten
wie folgt: Im neuen Geſchäftsjahre vollzieht ſich die Umſtellung auf
Goldwährung. Die hiermit zuſammenhängende ſtarke Erhöhung der
Haupausgabepoſten, insbeſondere der Löhne und Gehälter, ſowie die die
Grenze des Tragbaren überſteigenden Steuerlaſten werden das Ergebnis
dieſes Jahres beeinflußen.

Von den füddeutſchen Waren= und Produkten
märkten. Der Getreidemarkt verkehrte in dieſer Woche in
recht ruhiger Haltung. Das Hauptereignis war die Tatſache, daß die
polniſche Regierung mit einem Konſorzium Berliner Getreidehändler,
die früher in den jetzt polniſch gewordenen Ueberſchußbezirken Poſen
und Weſtpreußen anſäſſig waren, eine Art Monopolvertrag geſchloſſen
hat, womit dieſen Firmen der Export von, wie es heißt, 50 000 Wagen
Getreide aus Polen in monopolartiger Form derart übertragen wurde,
daß ſie im Tauſch die Lieferung von Eiſenbahnmaterial ausführen. Da
man nicht weiß, welche Wirkungen von einer ſolchen Einfuhr nach
Deutſchland ausgehen könnten, hält man ſich im Einkauf zurück. Das
Ausland meldete ziemlich unveränderte Forderungen. Man nannte:
La Plataweizen Baruſſe (79 Kilo) per April 11,25 fl., per Mai 11,27 fl.;
Baril (79 Kilo) per April 11,40 fl.; Roſa (79 Kilo) per MärzApril
11,17½ fl., per April 11,65 fl.; Mais AuguſtSeptember, September
Oktober=, Oktober-November=Lieferung 9,05 fl.; Weſternroggen II auf
Abladung aus Amerika 9,85 fl.; von Südrußland 9 Pud 9,85 fl. je
100 Kilogramm eif Rotterdam. Infolge der Bewegung des Frankenkurſes
hielt ſich Auslandsgerſte eif Antwerpen über Parität; große Häuſer in
Anttderpen und Rotterdam verſuchten, auf Fraukenbaſis abgeſchloſſene
Kentrakte zurückzukaufen. Von einheimiſchem Weizen lagen Angebote
vor in rheiniſcher Herkunft zu 18,3518,65, pommerſcher zu 18,50, rhein=
heſſiſch
=pfälziſcher zu 18,7519 Mt. je 100 Kilo franko. Das Geſchäft
hielt ſich jedoch in ſehr engem Rahmen. Gerſte ſchwächte ſich ab auf etwa
20,7521,75 Paritat Mannheim. Es lagen auch Angebote in kujawiſcher
Gerſte vor, die jedoch nur für Norddeutſchland in Frage kommen
könnte, da ſie hierher kein Rendement bieten. In pfälziſcher und rheini=
ſcher
Gerſte entwickelte ſich ziemliches Geſchäft; ſoweit die Wareneigner
verkaufsluſtig waren, wurden prima Qualitäten aus dem Markte ge=
nommen
. Die Preiſe bewegten ſich zwiſchen 2021 Mk. ab pfälziſcher
Station. Hafer hatte unveränderten Markt. Für Export wird wenig
mehr verlangt, ſo daß nur geringe Umſätze erfolgten. In Mais, Gla=
fox
und Natal II ſind die Vorräte klein, gehandelt wurde in der Preis=
lage
von 2020,75 Mk.
Füir die übrigen Futterartikel beſtand gute Nachfrage. Für
einzelne Artikel ſind die Preiſe etwa um 50 Pfg. die 100 Kilo teurer
als in der Vorwoche. Insbeſondere blieben Kleien ſtark verlangt bei
10,25 Mk. für Weizenkleie und 8,00 Mk. für Roggenkleie. Die lange an=
haltende
Winterwitterung läßt Grünfütterung zunächſt nicht erwarten;
in ſonſtigen Jahren waren Ende März, Anfang April die Wieſen be=
reits
grün, diesmal ſind ſie genau wie die Saaten zurück. Verlangt
wurden fonſt für die 100 Kilo Rapskuchen 11,50 Mk. ab badiſchen und
württembergiſchen Stationen; Trockenſchnitzel 11,5012 Mk. ab badiſch=
württembergiſchen
Stationen, 10,50 Mk. ab Regensburg; Malzkeime
1515,50 Mk. mit Sack ab Raſtatt, Kehl=Grenze, 1313,50 Mk. ohne
Sack ab Bayern und Württemberg; holländiſche Malzkeime ſind zu
16 Mk. mit Sack ab Mannheim im Markte; Biertreber blieben mit 14,50
Mark mit Sack ab München angeboten; ab Württemberg lagen Ange=
bote
zu 1315,50 Mk. ohne Sack vor. Melaſſefutter hatte etwas feſteren
Markt. Die heutigen Forderungen für Haferſchalenmelaſſe lauten auf
99,50 Mk. die 100 Kilo ab Stuttgart. Zum gleichen Preiſe war aus
Frankenthaler Torfmelaſſe ab Zuckerfabrik Frankenthal erhältlich.
Der Mehlmarkt war ziemlich heftig bewegt, da er von den
Zuckungen des franzöſiſchen Franken beeinflußt wurde. Die Forderun=
gen
der füddeutſchen Mühlen lauteten auf 28 Mk. für den Doppelzentner
Weizenmehl Spezial Null, auf 24,50 Mk. für den Dz. Roggenmehl mit
Sack ab Mühle; die zweite Hand bot mit 26,5027 bzw. 24 Mark an.
Gerade ſie hat mit franzöſiſchem Mehl in dieſen Tagen üble Erfahrun=
gen
geſammelt, indem ſie unter Hintanfetzung der einheimiſchen Mehl=
noch
in der Vorwoche und zu Beginn dieſer Woche franzöſiſche Mehle
zu 152155 Fr. kaufte. Sie bot denn auch bereits zu 152 Fr. an, wäh=
rend
die franzöſiſchen Forderungen auf 160 Fr. lauten. Im übrigen iſt
die merkwürdige Erſcheinung zu tonſtatieren, daß das Publikum nur
noch die allerbeſten Sorten Mehl verlangt und die guten deutſchen Brot=
mehle
, die zum Teil mehr Nährwert beſitzen als die Importmehle, liegen
läßt. Auf dieſe Weiſe haben ſich, wie wir hören, bei ſüddeutſchen Müh
len bereits große Beſtände an Brotmehl von 6575 Prozent Ausmah=
lung
angeſammelt, für die die Gefahr beſteht, daß ſie wegen fehlender
Abnahme ſchließlich als Futtermehle abgegeben werden müßten, wenn
nicht eine Aenderung in den Konſumverhältniſſen eintritt. Auf dieſe
muß aus volkswirtſchaftlichen Gründen entſchieden eingewirkt werden.
Erklären kann man ſich dieſe Erſcheinung dielleicht dadurch, daß das
Publikum ſo lange Zeit hindurch ſchlechte Fabrikate auf allen Crnäh=
rungsgebieten
genießen mußte, daß das jetzige Verlaugen nach beſter
Ware als eine gewiſſe Reaktion anzuſehen iſt. Zu der rückgängigen
Bewegung am Mehlmarkte trägt auch die Geldknappheit ſtauk bei. E=
ſcheint
, daß der Handel in abſehbarer Zeit un: eine geringe Aktioität
bekunden wird, da er genötigt iſt, ſein Augenmerk darauf zu richten,
die eingegangenen Verträge zu erfüllen und abzuwickeln. Nachdem die=
ſes
Zwiſchenſtadium überwunden iſt, dürfte auch wieder größere Nach=

16. März 1924 Nr. 76

frage einſetzen. Die Angebote des Auslandes in WZeizenmehl ſind durch=
aus
nicht drängend. Die Urſache dafür liegt in einer geſiſſen Verände=
rung
der weltwirtſchaftlichen Beziehungen. Sowohl Auſtralien als die
Weſtküiſte Amerikas hat in Oſtaſien gro e Abſatzueniete geuonnen. In=
folge
kleiner Reisernten, wie als Folge der dieljährigen kriegeriſchen
Verwickelungen habe man ſich in Oſtaſien mehr und mehr au den Genuß
von Weizengebäck gewöhnt. Holländiſches Roggenmehl wurde in Paris
um 2550 Cent die 100 Kilo herabgeſetzt, während für Weizenmehle
auf Preis gehalten wurde. Es koſtet holländiſches Roggenmehl je nach
Qualität 14,515,2 holländ. Gulden, Weizenmehl 15,75 holländ. Gulden
und Export=Patentmehl 16,75 holländ. Gulden die 100 Kilo eif Rhein=
ſtation
. Argentiniſche Mehle, die über Holland bezogen worden ſind,
werden heute unter dem Einſtandspreis angeboten, weil die dafür er=
forderliche
Deviſenbeſchaffung zu ſehr erſchwert iſt. Niederrheiniſche
Mehle wurden nicht angeboten, mitteldeutſche laſſen keine Rechnung.
Etwas Geſchäft war in Weizengrieß zu 3535,75 Mark je 109 Kilo ab
Mannheim.
Trotz der rückgängigen Gerſtenpreiſe hielt die Nachfrage nach
Prima=Malzen in unverminderter Stärke an. Die ſüddeutſchen Malz=
fabriken
verlangen heute 4041 Goldmark, ab Oberbayern und Franken
liegen Angebote mit 3738 Gmk. vor. Einiges Geſchäft war auch in
dieſer Woche wieder in franzöſiſchen Malzen, an deren Einkauf ſich auch
badiſche Großbrauereien beteiligten. Die Verkäufe wurden auf Fran=
kenbaſis
gegen drei Monate=Akzept abgeſchloſſen. Nunmehr verlautet
jedoch, daß in Frankreich Beſtrebungen im Gange ſind, ein Ausfuhrver=
bot
für Malz herbeizuführen, was natürlich, ſelbſt wenn es nur in der
Weiſe wie bei Mehl gehandhabt würde, das Geſchäft ſtark behindern
müßte. Die deutſchen Mälzereien haben übrigens ihre Erzeugung bis
Juli hinaus ausverkauft. Was ſie jetzt vermälzen, iſt noch teuer ein=
gekaufte
Gerſte, ſo daß ſie auch weiter auf Preiſe halten können.
Das Hopfengeſchäft war im Laufe dieſer Woche nicht von
beſonderem Velang. Für grüne Hopfen wurden etwa 750 Gmk. bezahlt.
Alte grüne Dallots ſind von inländiſchen Brauereien geſucht; ihr Ex=
port
ruht. Für 1922er Hopfen wurden bis 500 Mk. bezahlt. In ameri=
kaniſchen
Hopfen iſt das Angebot immer noch groß, ohne daß ſie bei
den Brauereien willige Aufnahme finden, weil immer noch ein gewiſſes
Mißtrauen gegen ſie beſteht.
In Hülſenfrüchten war das Geſchäft bei ruhiger Markt=
haltung
klein. Es wurden verlangt für 100 Kilo grüne Erbſen 35 Gmk.,
Viktorigerbſen 38 Gmk., fränkiſche Hellerlinſen 70 Gmk., weiße Donau=
behnen
37 Gmk.
Das Saatengeſchäft war lebhaft. Entſprechend der Jahres=
zeit
iſt die Nachfrage ſtärker geworden. Verlangt werden für die 100
Kilo Rotkleeſamen 150160 Gmk., Luzernekleeſamen 130140 Gmk.,
Eſparſette, wovon nichts am Markte war, etwa 50 Gmk.
In Oelſaaten lagen folgende ausländiſche Angebote vor:
Copra, je nach Qualität, 21 Pfd. Sterling 15 Schill. oder 33 holl. Gul=
den
; Erdnuß 23 Pfd. Sterling 2 Schill. 5 P., do. chineſiſche 22 Pfd. St.
7 Schill. 2 Pence; Kalkutta=Leinſaat 19 Pfd. St. 12 Sch. 6 P., do. Bom=
bay
20 Pfd. St. 17 Sch. 6 P.; do. Roſtowſche 24 Pfd. Sterling, litauiſche
0,95 prozentige 19 Pfd. St., eſtniſche 20 Pfd. St.; Mohnſaat, je nach
Qualität, 2432 Pfd. St., Napsſaat polniſche 215 holl. Gulden, Toria
180190 holl. Gulden, Seſamſaat 26 Pfd. St., Senfſaat braune 22 Pfd.
Sterling je Tonne eif Rotterdam, gelbe 3852 Goldmark die 100
Kilo ab Königsberg; La Plata=Leinſaat 413 holl. Gulden die Laſt von
2000 Kilogramm.
Der Jutemarkt liegt feſt. Für Rohjute werden 2830 Pfd. Ster=
ling
die Tonne eif deutſchem Seehafen verlangt. Die Jutefabrikate ſind
infolge der Kohlenpreiſe, der Arbeitshemmungen, ſtarker Exportnach=
frage
im Preiſe feſt und verlangen die Fabriken für neue Juteſäcke 0.80,
prima 0,82 Gmk., gebrauchte Mehlſäcke 0,680,70, Kleieſäcke gebraucht
0,50 Goldmark. Die Fabriken ſind bis Juli hinaus ausverkauft. Das
Ausfuhrgeſchäft iſt namentlich nach Amerika lebhaft, wo man ſich infolge
der Baumwollhauſſe den Jutepackungen für Mehl, Zucker uſw. zuge=
wendet
hat.
Am Tabakmarkt halten die Pflanzer, die ihre Ware noch nicht
abgegeben haben, auf hehe Preiſe. Es fanden Umſätze in 1922er fes=
mentierten
Tabaken zu 110120 Gmk. je Zentner ſtatt. Da am Welt=
markte
die Tabakpreiſe hoch ſind, bleiben auch deutſche Tabake geſucht.
Rippen in trockener Ware zu anziehenden Preiſen geſucht. In den
Magazinen iſt man =nit dem Verpacken von Vorbruch= und Sandblatt
beſchäftigt, die von den Verbrauchern flott abgefordert werden.
wb. Berliner Produktenbericht. Am Produktenmarkt iſt
keine nennenswerte Veränderung eingetreten. Das Angebot in Roggen
hat ſich aus dem Inlande nicht vermehrt, für Mitteldeutſchland beſtand
nach wie vor dafür Nachfrage und die Tendenz blieb daher feſt. Weizen
hatte ſehr ſtilles Geſchäft. Brotgetreide iſt vom Ausland reichlich und
zu nachgiebigeren Forderungen offeriert, jedoch hindert der Mangel an
Deviſen die Umſätze. Von Gerſte wurde wieder gute Brauware ver=
langt
. Futtergerſte wurde mehr beachtet. Hafer wurde feſtgehalten in=
folge
weiterer Nachfrage für die Küſte und hieſigen Konſum. Für Mehl
zeigte ſich mehr Intereſſe, lebhafte Nachfrage bei etwas höheren Preiſen
beſtand für Kleie, beſonders Roggenkleie, auch andere Futterartikel waren
feſter.
Börſen.
Börſenbericht vom 10. bis 15. März 1924 (mitgeteilt
von der Deutſchen Bank, Filiale Darmſtadt). Die Lage am Geldmarkt
erfuhr zu Beginn der Berichtswoche eine weitere Zuſpitzung durch die
Kreditkündigungen der Preußiſchen Staatsbank und den Abbau der Dar
lehnskaſſen. Beide Transaktionen brachten natürlich nicht unbedeutendes
Angebot an die Effektenmärkte und führten hier auf beinahe allen Ge=
bieten
zu empfindlichen Kursrückgängen. Verſchärft wurde die flaue
Stimmung noch durch die wieder einſetzende Baiſſebewegung des franzö=
ſiſchen
Franken, die wieder, wie in früheren Fällen den deutſchen Aktien=
märkten
fremdes Kapital entzog und gleichzeitig lebhafte Befürchtungen
bezüglich der franzöſiſchen Konkurrenz wachrief.
An den folgenden Tagen geſtaltete ſich das Börſenbild nicht ganz ein=
heitlich
. Die Spekulation war vielfach zu Leerverkäufen geſchritten und
bot mit Deckungskäufen den Kurſen auf einigen Gebieten eine gewiſſe
Stütze, doch blieb die Geſamttendenz bei äußerſt geringem Geſchäft noch
weiter ſchwach. Erſt gegen Ende der Woche war im Zuſammenhang mit
der Beſſerung des franzöſiſchen Franken auch an den Effektenmärkten
eine etwas freundlichere Grundſtimmung zu beobachten, die beſonders
einigen Sondergebieten, wie dem Montan=Aktienmarkt zu Gute kamen.
Die Börſe knüpfte auch an die Beratungen, die zurzeit über eine eventl.
Ermäßigung der Börſenumſatzſteuer geführt werden, die Hoffnung auf
eine baldige Belebung des Geſchäftes und zeigte ſich hie und da ſchon
wieder zu Meinungskäufen geneigt.
wb. Berliner Börſenbericht. Für Deviſen waren die
Anforderungen heute etwas geringer, nur Buenos Aires wurde mehr
verlangt und infolgedeſſen mußte die Zuteilung auf 1 Prozent gegen
5 Prozent geſtern herabgeſetzt werden. Die Kurſe waren wenig verän=
dert
, zum Teil etwvas ermäßigt, nur Brüſſel und Paris ſtellten ſich ent=
ſprechend
der internationalen Höherbewertung des Franken teurer. Sei=
tens
de Effektenhändler beſtand im weſentlichen nur Intereſſe für Kriegs=
anleihe
, die zu 95 bewertet wurden. Ferner für deutſche Erdöl zu 65½
bis 69 und für Deutſche Petroleum zu 19½
Oeviſenmarkt.

R
Brief fe
B Tepa
Be6 Amſterdam=Rotterdam . 156 61 157.29 156.11 156.89 2 Proz. Brüſſel=Antwerpen ... .." 15.66 15.74 16.66 16.74 1 Proz. Chriſtiania. . . . . . . . . . . .." 56 66 57.04 56 76 57.04 3 Proz. Kopenhagen .. . ......." 65 44 65.76 65.04 65.36 2 Proz. Stockholm . . . . . . . . . . . . . 110.72 111.28 110.72 11128 2 Proz. Helſingfors .. . . . . . . ..." 10 57 10.63 10 57 10 63 2 Proz. Italien ..............." 18 05 18.15 18.05 18.15 2 Proz. London . . . . . . .. ... ... 18.055 18.145 18.005 18.035 * Proz New=York....... ......" 4.19 4.21 4.19 4. 21 1Proz, Paris. . . . . . . . . ........ 19 25 19.35 20.05 20.15 2 Proz. Schweiz .. . . . . . . . .. . .." 72 82 73.18 72.82 73 18 2 Proz. Spanien.
..
Wien (i. D.=Oſterr. abg.). 5436 54 64 54.36 54 64 2 Proz. 6 08 6 12 6.08 6 12 3 Proz. Prag ...." 12 21 12 29 12.21 12 29 2 Prox Budapeſt.. . . ."
5.58 5.62 6. 28 6.32 vnll Buenos=Aires. . . . . . . . .. 1.415 1425 1.395 1.405 5Proz Bulgarien. .. . . . . . . . . .." 3.115 3.135 3.115 3.135 v.ll Japan
.. 1.795 1.805 1.795 1.805 3 Proz. Rio de Janeiro ........ 0.495 0.505 0.495 0.505 70 Pr Belgrad 5.33 5.42 5.38 5.42 voll Liſſabon. 12 96 13.04 12.95 13.04 5 Proz. Danzig. 72.01 72.39 2 Proz.

e Notizen verſtehen ſich für Buenos Aires, London, Newyork,
Japan, Rio de Janeiro für eine Einheit, Amſterdam, Brüſſel, Danzig,
Kopenhagen, Kriſtiania, Stockholm, Helſingfors Italien, Paris,
Schweiz, Spanien, Liſſabon, Prag, Jugoflawien, Sofia für 100 Ein=
heiten
, Wien und Budapeſt für 100 000 Einheiten.

[ ][  ][ ]

Nummer 76.

Hans Peter Kromm der Lebendige.
Eine Geſchichte von Ufer zu Ufer
von Johanna Wolff.
75)
(Nachbruck verboten).
Himmelsgold! ſprach er dem Lude nach, als ſei er noch
nicht ganz bei der Sache. Wo aber war, was er zu finden gehofft:
Fließendes Licht? Die Rute hatte es angeſagt und immer wie=
der
ſeine Berechnungen und Gleichungen beſtätigt.
Steh doch nicht da wie Lots Weib! rief Lude Spatt ihn
abermals an. Weißt woll gar nicht richtig, was dieſer Fund be=
deutet
! Was? Da kannſt Du eine große Fabrik einrichten! Reich,
ſteinreich kannſt Du werden, wenn da ine Maſſe von vorhanden
*5. Und mich ſtellſt Du als Werkmeiſter an! Herrgott, was ſich
da für feines Geſchirr von machen laſſen wird. Junge, Junge
Dul Und ſo ganz für uns haben wir das rausgekriegt!
Hans Peter kam langſam zu ſich ſelber. Er faßte des Töpfer=
leins
Arm: Wollen’s auch dabei bewenden laſſen, Lude, ſagte
er, bis wir heraushaben, ob wirklich was an der Sache iſt, ſonſt
werden wir bloß verekelt."
Da kannſt Du recht haben. Der kleine Meiſter rieb ſich die
Hände am Haidekraut. Kann ja fürs erſte ohne viel Gerede ge=
macht
werden, was notwendig iſt. Aber nachher, nachher geht’s
ins Große, Dul. Natürlich ine Fabrik, und nicht zu klein
Das Pferdchen hatte den Baum benagt, an den es gebunden
war, nun bekam es den Futterſack umgehängt, und die beiden
Entdecker ſetzten ſich gleichfalls zu dem Imbiß, der im Wäglein
verſtaut gelegen.
Ich weiß von einem, erzählte Lude, der hatte beim
Brunnengraben Kohle auf einem Stück Land gefunden und
kaufte ſich das heimlich an, und nachher wurde ihm der Prozeß
gemacht. Er hat ihn aber doch gewonnen. Gekauft iſt gekauft,
entſchied das Gericht. Die alten Eigentümer hätten’s ja ſelber
ausſpüren können. Ich hab mal geleſen, fügte er kauend hinzu,
in Norddeutſchland und im ruſſiſchen Tafelland ſollen noch

Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 16. März 1924.

Setc 15.

großartige Bodenſchätze verborgen ſein, Kohle und Erdöl beſon=
ders
wenn man da was von zu finden wüßte! Aber wer hat
Zeit und Mittel dafür? Da kriegt man ja graue Haare beim
Suchen und hat ſchließlich ſein bißchen Geld verläppert. Nee, das
muß ſchon der liebe Herrgott den Seinen im Schlafe zukommen
laſſen. So wie bei Dir! Du haſt ja auch darauf gelernt, tja.
Und denn, Du biſt überhaupt ſo einer. Ich möchte nur dahinter=
kommen
, wie man weiß, ob’s Kohle oder Oel oder ſonſtwas iſt.
Das möchten viele, lachte Hans Peter, ich dachte, ich wüßte
es ſchon. Genau heraus hat man’s eben doch nicht. Da müſſen
Wiſſenſchaft, Begabung und Technik noch ganz andes überein=
kommen
.
Und Du glaubſt, man wird’s kriegen? Das Spättlein
machte weite Augen.
Ja, das glaube ich.
Siehſt grad ſo aus, als könnteſt Du’s ſelber ſein. Und
wieder befingerte der kleine Töpſer die Tonmaſſe. Haſt Deine
Zeit gut angewandt dafür Er hatte jetzt einen anſehn=
lichen
Klumpen mittendurch geknetet. Das krümelte nicht und
bröckelte nicht ab, fettig war’s und auch nicht mit Grand oder
Steinen durchſetzt. Schon ſah Lude die Drehſcheibe vor ſich! Da=
von
würden ſich ganz von ſelber die feinſten Schüſſeln runden
und die rarſten Krüge tiefen laſſen. Kunſtvaſen, für die er eine
beſondere Vorliebe hatte, ſchlankauf oder rundgebeult mit krau=
ſem
Randwerk und wunderlichen Ohren und Henkeln alles
ließ ſich daraus herſtellen. Natürlich, eine ſchmucke Brennerei
gehörte dazu und ein Trockenſchuppen und ſeitab ein kleines Haus
zum Wohnen für den Werkmeiſter. An ſeine bucklige Schweſter
Gudrune dachte Lude und etwas weiterhin an die große Tine,
die er in einer Kantine kennen geiernt. Sie war ja etwas zu
mächtig für ihn, aber ſchließlich, das würde in der Familie blei=
ben
. Spättlein warf die Mütze in die Höh, daß ſie dem anderen
auf den Kopf fiel, juchzte auf und drehte Kugeln aus Himmels=
gold
, die er fürſorglich in ſein buntwürflich Taſchentuch ein=
wickelte
.

Das nehme ich mit zu Witzel u. Quanz, weißt Dn. Die
wollten mich als Vorarbeiter in ihrer Tödferei anſtellen, jetzt
ich pfeife auf den Vorarbeiter! Werkmeiſter will ich heißen in
Hans Peter Kromms Fabrik!
Er machte das Waglein zurecht und ſchirrte das Pferdchen
vor: Die werden nachher Augen machen! Iſt ein anderer Kram,
als was der Bureck ausgefunden! Das iſt, offen geſagt, hiergegen
der reine Ofenlehm. Alſo ſteig ein, Glückspeter! Und denk an
mich, wenn Du in Dein Reich kommſt tja?
Hans Peter, neben ſeinem ſürrenden Kaſten, war in der
Senkung noch mehrmals auf= und abgegangen, und jedesmal
hatte er an derſelben Stelle den Einſchlag verſpürt. Er blieb
während der Heimfahrt nachdenklich und ſchweigfam, während
Lude wie ausgewechſelt ſchien, weil er ſeine blanken Träume
ſchon auf der Drehſcheibe ſah.
Ich hab’s ja gewußt, das von Eurem Hof und vom Him=
melsgold
, und jetzt, wo’s eingetroffen iſt, glaubt ich auch daran.
Schließlich geht doch alles natürlich zu. Was? Wenn Du Deine
gelernte Wiſſenſchaft und das Klugſein, das Du mit auf die Welt
gebracht haſt, zuſammentuſt, kannſt noch ein großes Tier werden.
Mal ſehen, gab Hans Peter lächelnd zurug; ader ſa.) mir
lieber, ob’s wahr iſt, daß Du zu den Roten gehörſt ich meine,
ob Du ein Sozialiſt biſt. Man redet ſo allerlei über Dich, und
wenn Du doch mein Werlmeiſter werden willſt
Lude kaute an ſeinem ſchwächlichen Bart: Zu den Roten
gehören doch mehr oder minder alle, die meinesgleichen ſind
heutzutage, ſtieß er verlegen heraus. Und warum ſollte ich
nicht dazu gehören? Wenn der Koben voll iſt, freſſen die Schweine
friedlich daraus; ſie grunzen ſich erſt an, wenn ſie hungrig ſind;
aber noch ſind ſie ja nicht hungrig, noch langt die große Wurſt
für alle, da kommt’s nicht darauf an, ob ich mein Teil bei den
Roten oder Schwarzen brate, Und für kleinlich habe ich Dich nie
gehalten. Brauchſt ſchließlich auch nicht zu fürchten, daß ich mich
viel mit Parteiſachen abgeben will, wenn ich Arbeit habe und
mein gutes Auskommen. Als Menſch kennſt Du mich, und was
ich ſonſt bin, hat nichts damit zu tun. (Fortfetzung folgt.)

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4Frauen und Schuldlüge
Immer mehr wächſt die Erkenntnis im deutſchen Volk, daß
die Wurzel aller politiſchen und in ihrer Folge auch der wirt=
ſchaſtlichen
und ſelbſt der kulturellen Not die entſetzliche Lüge
von der deutſchen Schuld am Kriege iſt. Sie iſt es, die die
ganze Welt vergiftet hat und ſie iſt die Waffe, die immer von
neuem herhalten muß, wenn Frankreich neue Demütigungen auf
Deutſchland häuft, neue Erpreſſungen begeht. Der geiſtige
Kampf gegen die Kriegsſchuldlüge war darum ein Gebot deut=
ſchen
Selbſterhaltungswillens. Und in dieſem Kampf ſtehen,
wie wir mit Freude feſtſtellen können, die Frauen durch den
Frauenausſchuß zur Bekämpſung der Schuldlüge, in dem die
Reichstagsabgeordnete Frau Clara Mende den Vorſitz führt,
mit den Männern in einer Front. Unermüdliche Aufklärung iſt
ihre Arbeit und gerade die Frauen, die durch ihre hausfrauliche
wie außerhäusliche Berufsarbeit mit allen Schichten des Volks,
und namentlich den Frauen in Fühlung ſtehen, haben große
Wirkungsmöglichkeiten.
Dieſer Tage nun hat ſich der ehemalige Gouverneur von
Deutſch Oſtafrika, Dr. Schnee, bereitgefunden, vor den Gäſten
des Frauenausſchuſſes über die koloniale Schuldlüge zu ſpre=
chen
, und eine umfaſſende Darſtellung der ſchweren Schädigun=
gen
zu geben, die dieſe Schuldlüge dem deutſchen Volk wirt=
ſchaftlich
, bevölkerungspolitiſch und moraliſch zugefügt hat.
Der berüchtigte Rat der Vier hat den Raub der deutſchen
Kolonien denn nichts anderes iſt die Wegnahme unſeres
Ueberſeebeſitzes mit der Lüge verbrämt und gerechtfertigt, daß
Deutſchland ſich alse unwürdig und unfähig zur Koloniſation
erwieſen habe. Eine Lüge, die durch die Erfolge der nur dreißig=
jährigen
Arbeit in den deutſchen Schutzgebieten als ſolche erwie=
ſen
iſt. Erwieſen auch durch die Entwicklung, die die ehemals
deutſchen Kolonien in den fünf Jahren der Mandatsherrſchaft
gewonnen und die ehemals blühenden Gebiete zur Stagnation
geführt hat. Erwieſen auch iſt die Lüge von Deutſchlands Un=
fähigkeit
zur Koloniſation durch das Verhalten der Eingebore=
nen
während der Kriegsjahre und durch den Jubel, mit dem das
erſt= deutſche Schiff, die erſten deutſchen Miſſionare drüben emp=
fangen
worden ſind.
Es iſt unmöglich, das reiche Material, das Dr. Schnee über
den ganzen Fragenkomplex ausbreitete, im einzelnen anzufüh=
ren
. Darüber unterrichtet man ſich am beſten durch das Januar=
heft
der Süddeutſchen Monatshefte, in dem dieſer Sachkenner
die Frage der kolonialen Schuldlüge erſchöpfend behandelt.
Uns kommt es vor allem darauf an, den Frauen die Be=
deutung
des kolonialen Problems klar zu machen und ſie auf
die ſchweren Schädigungen hinzuweiſen, die uns aus dieſer
Schuldlüge erwachſen ſind und ſich fortſetzen.
Schon allein bevölkerungspolitiſch iſt der Verluſt der Kolo=
nien
für uns kaum tragbar. Die Ueberfüllung unſeres engen
Raumes kann nicht in deutſche Ueberſeegebiete abgeleitet werden,
Rohſtoffe und Nahrungs= wie Genußmittel Baumwolle, Ka=
kao
, Kaffee können uns nicht mehr aus eigenem Lande, als
Frucht deutſcher Arbeit zukommen, in ihrem Bezug ſind wir ab=
hängig
vom Ausland. Allein dieſe Tatſachen ſollten genügen,
um den deutſchen Frauen den Wert des Kolonialbeſitzes darzu=
legen
, und ſie zu veranlaſſen, ihre Aufmerkſamkeit mehr als bis=
her
auch der kolonialen Schuldlüge und ihrer Bekämpfung zuzu=
wenden
. Viel iſt ſchon getan, mehr bleibt noch zu tun.
4 Zehn Bitten einer Japanerin an ihren Gatten
In der Zeitung Neu=York Globe zählt eine Japanerin, die
ihren Gatten liebt, auf, was ſie ſich von ihrem Manne wünſcht,
um das Familienleben zu heben und ihm ein nettes Heim zu
ſchaffen:
1. Steh bitte um die gleiche Zeit auf wie ich! 2. Schimpf mich
in Gegenwart von Erwachſenen und Kindern bitte nicht aus.
3. Wenn du auf längere Zeit fortgehſt, dann ſage mir bitte, wo=
hin
du gehſt. 4. Teile mir auch bitte mit, wann du fortgehſt und
wann, du wiederkommſt. 5. Bitte gib mir das Recht, einiger
Wünſche mich erfreuen zu dürfen. 6. Gib mir bitte auch eine ge=
wiſſe
Geldſumme für meinen perſönlichen Bedarf. 7. Es gibt
Dinge, die du ſelbſt erledigen kannſt. Beanſpruche dafür bitte
nicht die Aufmerkſamkeit anderer (womit ſie ſich ſelbſt meint, mit
dieſen anderen!). 8. Vor den Kindern tue bitte nichts, was
ihnen ein ſchlechtes Vorbild wäre. 9. Bitte gib mir jeden Tag
ein wenig Zeit zum Leſen und Lernen. 10. Und ſage nicht immer
Oi kora (Hallo, du da), wenn du nach mir rufſt, bitte! Denn
ich bin deine Freu und verdiene Achtung.
Sollten dieſe Bitten nur in Japan Gültigkeit haben? Sind
wir Wilde vielleicht beſſere Menſchen?

Menſchenliebe
Das war mein guter Stern auf Erden,
ich glaubte an die Menſchen ſiets!
Und mocht’ mir manches leid auch werden,
es bringt’s der Wind, der Wind verweht’s.
Und auf der fernſien Felſenhöhe
im Bergwald war ich nie allein;
ich trug der Menſchen Glück und Wehe,
Als wären tauſend Leben mein!
Sei ſtark! Lern Haß und Liebe kennen!
Doch ob dein Herz auch jauchzt und ſtöhnt
bei manchem Namen, den ſie nennen
nur mit dem Ganzen ſei verſöhnt!
Die Weisheit iſt’s, die ich im Wandern
auf Gottes grünen Auen lern;
und dünkt ſie töricht auch den andern
mir war ſie fiets mein guter Stern. Karl Sileſer.

*Die Gefährdung der Familie
Die Familie bildet die Grundlage von Volk und Staat.
Dieſe Erkenntnis iſt uralt und wurde von den Geſetzgebern aller
Zeiten und Völker beachtet. So legte die moſaiſche Geſetzgebung
großes Gewicht auf tie Erhaltung der Familie, und auch im
Altertum, beſonders bei den Griechen und Römern, ſpielte die
Familienpflege eine große Rolle. Die Weiſen des Altertums,
beſonders Plato u. a., widmeten der Familie in ihren Werken
beſondere Kapitel, in denen die Frauenreinheit als Familiengut
gebührend gewürdigt wurde. Als dann aber die Völker des
Altertums vergaßen, daß Tugend und Mäßigung die Grundlage
der Familie bildet, wurden ihre Staaten in den Grundfeſten
erſchüttert und gingen ſamt den Völkern zugrunde. Das
Chriſtentum nahm dann das Familienideal auf und trug es
mit dem Jungfrauenkult vom Morgen= ins Abendland.
Doch nicht nur die vorchriſtlichen Kulturvölker ſchätzten die
Familie als volks= und ſtaatsbildendes Element, ſondern auch
die meiſten Naturvölker fühlten in ihr die Wurzel völkiſcher Kraft.
So erzählt Ernſt Häckel in ſeinen indiſchen Reiſebriefen, daß die
Woddas, die er als Urmenſchen betrachtet, in der Waldeseinſam=
keit
in Einehe leben und eiferſüchtig die eheliche Treue wahren.
Und der naturphiloſophiſche Schriftſteller Wilhelm Bölſche ſchil=
dert
in ſeinem dreibändigen Werk. Das Liebesleben in der
Natur die Bedachtſamkeit unkultivierter Völker auf die Familien=
ehre
. Dieſe war auch den nordiſchen Völkern eigen, die wenig
von der Kultur ihrer Zeit beleckt waren, ſondern in ihrer Ur=
wüchſigkeit
und Kraft die Bewunderung der Kulturvölker er=
regten
. So die alten Deutſchen, bei denen das Familienideal
durch die Frauenehre hoch geſchätzt wurde.
Indeſſen die Weltgeſchichte gibt Kunde dabon, wie bei den
Völkern die Familie gfährdet wurde, ſobald ſich Kultur und
Ziviliſation verquickten. Denn während Kultur eine Vervoll=
kommnung
der Lebensführung bedeutet, bewirkt Ziviliſation
einen wirtſchaftlichen Fortſchritt, der aber oft eine Anpaſſung
und Unterordnung der Lebensführung bedingt. So überflügelt
nicht ſelten der Materialismus den Idealismus, Hierbei gewinnt
die Proſtitution in allen ihren Formen Macht im Volke, unter=
gräbt
Frauenehre und Familienideal, aber nicht nur in mora=
liſcher
, ſondern auch in hygieniſcher Beziehung. Geſchlechts=
krankheiten
aller Art, beſonders die Syphilis, entwurzeln gleich=
ſam
die Familie und damit die Kraft des Volkes.
In Deutſchland haben ſeit Krieg und Revolution die wirt=
ſchaftlichen
Nöte die Proſtitution der Frau öffentlich und geheim
außerordentlich begünſtigt. Die Verbreitung der Geſchlechtskrank=
heiten
, beſonders der Syphilis, iſt daher ſehr groß. Dazu kommt
die Flucht vor der Mutterſchaft in allen Geſellſchaftskreiſen, wor
durch die Volks= und Familienzahl vermindert wird. Ferner
lockern die wilden Ehen, die ſich in Stadt und Land mehren,
die Bande der Familie. Die Gefährung der Familie iſt alſo
ſehr groß. Mit der Familie iſt ſelbſtverſtändlich auch Volk und
Staat gefährdet) Im Intereſſe beider iſt es unbedingt not=
wendig
, daß die Gefährung der Familie überwunden wird. Das
ſt aber nur möglich durch Wiedererhöhung des Familienideals
in der Familie ſelbſt. Die Gefährdung der Familie kann eben nur
durch die Familie überwunden werden.
H. B.

*Der Wanderkorb=
Nach vier Wochen emſiger Arbeit an zarten kleinen
Wäſcheſtücken, an Sticheln und Nähen, an Ueberlegen und Be=
denken
, trat das Mütterhilfswerk Wanderlorb der volfspar=
teilichen
Frauen in einer Ausſtellung im Reichsklub in Berlin
vor die Oeffentlichkeit. Da ſtand in duftigen Vorhängen Baby=
korb
an Babykorb, gefüllt mit Wäſchebündelchen, ſauber genäht
und bebändert, klimperkleine Hemdchen, Jäckchen und Häubchen
gab es unzählige, Windeln und Umſchlagetücher kurz alles
weſſen, ein junges Menſchenkind bedarf, das in die rauhe Welt
tritt. Hier aber mildert ſchweſterliche Liebe und Hilfsbereitſchaft
jungen Müttern die erſten trüben materiellen Sorgen um die
Ankunft des jungen Erdenbürgers. Hier bereitet ihm Mütter=
lichkeit
einen freundlichen Empfang und hüllt ihn warm, nicht
nur in Barchent und Wolle, hier wartet ſeiner hilfsbereite Liebe.
Für bedürftige Frauen des Mittelſtandes ſind dieſe Körbe be=
ſtimmt
. Sieben Monate bleibt er nach der Gel rt des Kindes
in ihrem Beſitz, um dann zu wandern friſch ergänzt und ge=
ſäubert
, um ein neues kleines Menſchenwerden zu umſchließen.
Der Geburtstag des Wanderkorbs war ein frohes Feſt für alle,
die an ihm gewirkt und geſchafft.
* Die Frau im ſozialen Leben
Arbeitsziele ländlicher Frauenvereine. Die
in der ehemaligen Zentrale der deutſchen Landfrauen organiſier=
ten
Frauenvereinigungen, die ſich im Deutſchen Verein für Wohl=
fahrts
= und Heimatpflege zu einem beſonderen Reichsverband
ländlicher Frauenvereine zuſammengeſchloſſen haben, hielten
kürzlich im Reichsminiſterium für Ernährung und Landwirtſchaft
ihre erſte Verſammlung ab. Ueber die Frage der Arbeit für
ſtädtiſche Arbeitsloſe auf dem Lande berichteten
eingehend Gräfin Keyſſerlingk und Fräulein Naſtrebus, deren
mögliche Löſung trotz der entgegenſtehenden Schwierigkeiten
von beiden Berichterſtatterinnen bejaht wurde. Nach ihnen ſprach
über Arbeitsdienſtpflicht Frau Reichstagsabgeordnete
Schott, worauf Frau Käthe von Heerwarth den Schlußvortrag
über Mädchenfortbildungsſchulen auf dem Land
hielt.
G. K.
Landwirtſchaftl. Frauenberufe. In der Frauen=
ſchule
Reifenſtein b. Birkungen (Prov. Sachſ.) werden zu Beginn
des neuen Schuljahres in einer beſonderen Gruppe ( Haustöch=
tergruppe
) junge Mädchen aufgenommen, die nach dem Lehr=
plan
einer ländlichen Haushaltungsſchule unterrichtet werden
und den Seminariſtinnen zeitweiſe als Uebungsklaſſe dienen.
Der Lehrgang umfaßt die Gebiete des ländlichen Haushalts, ein=
ſchließlich
Buchführung, Geſundheits= und Krankenpflege, Le=
benskunde
, Bedingung zur Aufnahme iſt das 16.18. Lebens=
jahr
, Töchterſchulbildung, gute Geſundheit. Ein einjähriger
Kurſus mit abſchließender Prüfung iſt vorgefehen. Es wird an=
geſtrebt
, dieſen Haustöchterlehrgang auf die zweijährige Lehrzeit,
die zur Ausbildung der ſtaatlichen Haushaltpflegerin notwendig
iſt, anzurechnen. Auskunſt über Unterhaltungskoſten, Eintritts=
zeitpunkt
und Aufnahmebedingungen erteilt die Vorſteherin der
Frauenſchule Reifenſtein.
Einſchränkende Beſtimmungen bei der ge=
richtlichen
Vernehmung Jugendlicher. Nach einem
Erlaß des Thüringer Miniſteriums ſind alle Gerichte des Landes
gehalten, bei der Vernehmung jugendlicher Perſonen und bei
Sittlichkeitsverhandlungen die größte Vorſicht anzuwenden und
die Jugendlichen in den Vorunterſuchungen nur einmal zu ver=
hören
.
M.
Japaniſche Spenden für die deutſchen
Kinder. Vom Verein der japaniſchen Damen in To=
kio
, der ſich die Unterſtützung der deutſchen
Kinderhilfe zum Ziel geſetzt hat, iſt der deutſchen Bot=
ſchaft
in Tokio eine Spende zugunſten der notleidenden deutſchen
Kinder in Höhe von zweitauſend Yen (über 4000 Goldmark) zu=
gegangen
. Der Verein hat ſich bereits durch frühere Spenden
Anſpruch auf Dankbarkeit von deutſcher Seite erworben. Die
neue Spende wird im Hinblick darauf, daß der japaniſchen
Wohltätigkeit nach den Erdbebenkataſtrophen vom September
vorigen Jahres und vom 15. Januar im eigenen Lande umfang=
reiche
und ſchwere Aufgaben entſtanden ſind, als ganz beſonderer
Beweis humanitärer Geſinnung dankbar anerkannt und gewür=
digt
werden.

4DerFreimaurer und ſein Teufel
Von F. Ernſt.
In einer ſtillen, vornehmen Straße der Kölner Altſtadt lebte
vor etwa ſechzig Jahren der Freiherr von Weſternbruck, ein
Junggeſelle mit leicht angegrautem Haar und einer ſtill brennen=
den
Sammlerleidenſchaft, die ihn ſein Haus mit edlen Möbeln,
ſeltenen Büchern und Bildern, wertvollen Kupferſtichen und tau=
ſend
anderen altertümlichen Dingen anfüllen ließ. Er lebte
außerordentlich zurückgezogen; nur an den Tagen der Freimaurer=
verſammlungen
ging er, mit einem Gehrock von ſeinſtem Tuch
bekleidet, in die Loge, um ſeinen Abend dort zu verbringen. Er
war ein hingegebener Anhänger dieſes Bundes. Sein Haus=
weſen
, das auf eine würdige Weiſe geführt wurde, beſorgten
zwei alte Leute, die beide noch zu Zeiten ſeiner längſt verſtorbenen
Eltern als Bediente eingetreten waren und nun mit redlichſter
und unwandelbarer Treue an ihm hingen: die rundlich be=
ſchwingte
Apollonia und der ebenſo holztrockene Hannes. Beide
waren ihrem angeſtammten rheiniſchen Glauben mit Eifer hin=
gegeben
, ſie verſäumten keine Frühmeſſe, keine Faſtenpredigt im
Dom, keine Majandacht in Sankt Maria im Kapitol; und wenn
eins ſie in ihrer Ergebenheit zu ihrem Herrn hätte wankend
machen können, ſo wäre es geweſen, daß er in keine Kirche ging,
ſondern einer jener Freimaurer war, wovon doch die geiſtlichen
Herren auf dem Predigtſtuhl und in Geſprächen verſicherten,
daß ſie mit dem Teufel im Bunde ſeien und in ihren Logen
einen erſchrecklichen und ſchandbaren Teufelsdienſt trieben. Be=
ſonders
das kleine Säckchen, in deſſen Wildlederhülle der Frei=
herr
ſeine Maurergeräte barg und das ſie gelegentlich hatten
liegen ſehen, reizte, entſprechend den Sagen, die darüber im
Volk umgingen, ihre Einbildung aufs höchſte und brachte eine
aus Furcht, Angſt und Neugier gemiſchte Stimmung hervor.
Dies bemerkte der Herr von Weſternbruck ebenſo ſehr, wie er ſich
von den wohlmeinenden und vorſichtigen Reden der beiden Alten
über mangelnden Kirchenbeſuch etwas beengt fühlte. Als ihm
nun auffiel, daß ſeine Abweſenheit von den Beiden immer häu=
figer
dazu benutzt wurde, in ſeinen Sachen zu kramen, offenbar,

um dem Teufel auf die Spur zu kommen und ihren Herrn viel=
leicht
gar ſeinen Klauen zu entreißen, beſchloß er, etwas zu tun,
ſchon, um den Fehler nicht einwurzeln zu laſſen und dadurch
endlich ſeine beiden Getreuen, mit deren Wirken er ſonſt ſehr
zufrieden war, ganz zu verlieren.
Eines Abends ſchien der Freiherr ſeine Sitzung in der Loge
vergeſſen zu haben, denn die beiden Alten bemerkten von ihrer
Küche aus, wie er faſt eine Stunde ſpäter als ſonſt, aufgeregt
und eilig aus ſeinem Ankleidezimmer ſtürzte, ihnen etwas von
verſpätet und ſpät wiederkommen zurief und das Haus ver=
ließ
. Nach einer Anſtandspauſe ging Apollonia, um das An=
kleidezimmer
für die Nacht in Ordnung zu bringen, wurde aber
bald von Hannes, der ihr gefolgt war und ſich im Wohnzimmer
mit Stubwiſchen zu ſchaffen machen wollte, um nach ſeiner Art
harmlos etwas zu ſpionieren, in halblautem und dringendem
Tone dorthin gerufen. Die Aſtrallampe braunte hell, ihr Licht
fiel auf die koſtbaren Bücher an den Wänden, die geſchweiften
und eingelegten Kommoden, die ſilbernen Leuchter, die Bronze=
uhren
unter Glasſtürzen, die buntfarbenen Porzellanfiguren
auf den Wandbrettern, die dunklen feierlichen Bilder. Aber richt
im ſchärfſten Licht lag auf dem Arbeitstiſch das beſußte Mauer=
ſäckchen
von Wildleder, etwas prall gefüllt, geradezu einladend.
Apollonia konnte einen geſpannten Seufzer nicht unterdrücken,
das Säckchen ſchien ihr zwei graue halbgeſchloſſene Augen zu
haben und ſie erwartungsvoll anzuſtarren. Als wenn Hannes
etwas zu ihr geſagt hätte, flüſterte ſie mit bebenden Fettbacken:
Ich faſſen et nit ahn!
Beide Alten verſenkten ihre ſonſt ſo frommen Blicke inein=
ander
, wie das ſündige Urahnpaar unter dem Apfelbaum.
Hannes fühlte Eis in den Beinen, aber die Neugier zerrte
an ihm: Pöh, ſagte er, das wär auch was!
Ni. , ich faſſen et nit ahn, ſoll ich die Ofenzang holen?"
Die Aſtrallampe ſchien immer heller aufzuleuchten, und mit=
ten
im ſtrahlendſten Lichtkreis lag das pralle Maurerſäckchen.
Apollonia begann wieder: Hannes, Hannes, wenn et nn
der Düwel wär! lind brannte doch vor Gier, daß Hannes zu=
faſſen
möchte. Weißt De wdat? Nimm die Kölniſche Zeitung
und faß et damit ahn!

Ach wat! Dat kann ich ohne Zeitung! keuchte Hannes,
machte ſich kühn und griff danach.
Was nun folgte, haben die Beiden ſpäter verſchieden erzählt.
Als der Alte die Hand ausſtreckte und das graue Leder berührte,
ſchnellte dies in die Höhe. Apollonia wollte auch ein keifendes
Gelächter gehört und einen Schwefelgeſtank wahrgenommen
haben. Beide ſtanden mit geiſterhaften Augen, denn nun kugelte
das Säckchen hin und her über den Tiſch, ſprang auf den Boden,
und während die Alten unter dem Geſchrei Der Düwel, der =
wel
! entflohen, rollte es wie eine elektriſche Kugel zwiſchen den
Barockſtühlen, den Spinnrädern und den Truhen umher, ſtieß
an die Kommoden, ſchnellte über edler Perſer Teßpiche, immer
beleuchtet von der ſpöttiſchen hellen Aſtrallampe.
Die beiden Alten hatten die Küchentür verriegelt, Hannes
verbarg, auf den Tiſch gebeugt, ſein Geſicht; Apollonia kniete an
einem Küchenſtuhl und betete verſtört vor ſich hin. Dazwiſchen
lauſchten beide, ob im Wohnzimmer irgend etwas Ungeheueres
geſchehen würde.
Da ging unten die Haustür, der Freiherr kam ebenſo eilig
vie er das Haus verlaſſen hatte, ſprang die Treppe hinauf,
öffnete, ſah auf den erſten Blick an dem Wiſchtuch, das hilflos
im Boden lag, was geſchehen war, fing ſein Maurerſäckchen nach
einigem Suchen wieder ein, rief nach der Küche hin: Hannes,
Apollonia, ich bins, ich hatte nur etwas vergeſſen! ging wieder
hinunter und knallte in ſeiner Herzensfreude die Haustür über=
feſt
hinter ſich zu.
Eine Nacht ließ Herr von Weſternbruck ſeine Arznei wirken.
Als er aber am anderen Morgen ſah, wie die rundliche Apollonia
durch den Schrecken zuſammengeſchrumpft war, wie ein über=
jähriger
Apfel, und Hannes nur noch ausſah wie ein trauriges
Ausrufungszeichen, hatte er ein lebhaftes Mitleid mit ſeinen
ſonſt ſo Getreuen, berief ſie zu ſich, erkläirte die Geſchichte und
erzählte ihnen, daß er den Teufel in Geſtalt eines kleinen Säuge=
tieres
aus der Familie der Nager noch an demſelben 2bend aus
dem Säckchen auf die Straßen Kölns habe ſpringen laſſen, wo
er in der Richtung auf die Hoch= und Schildergaſſe entwichen ſei,

[ ][  ]

Nr. 10, Sonntag, 16. März 1924

2te 20ce derr Beutte

Darmſtldter Tagblatt

Die Modell stammen aus dem Modehaus Carl Schürmann & Co., Darmstadt

Abendkleid
aus nilgrünem Seidenrnoirée

Großes Abendkleid
Nachmittagskleid
aus ſchwarzem Goldbrokat mit weich= aus ſchwarzem Maroquin mit neu=
fallender
glänzender Seide gearbeitet artig geraffter Rock= und Goldſtickerei

Aus dem Modesalon Lambert Gelee, Darmstadt, Ludesigsplats

Modeſl aus iampefarbenem Maroquin
Neues Sommerkleid
Manfel,
Mantelkleid oder Kieidmantel, Vorderteil mitPerlenſtickerei, Rückteil: Fabeln. Kleid bunt beſtickt, Maniel mit
aus braunem Wollrips mit Hand= mit Valencienne pitzen. Hut ausl ndfarbenem angeſetzten pli ſierien Teilen.
ſtickerei, dazu brauner Liſeret=Hut. Band; Rand bunteBlumen mit lila Samtband Reich beſtickter Maroquin=Hut

*Tetzte Mode=Eindrücke
Das neue Frühjahrskleid iſt eng, ſehr eng. Es umſpannt
wie ein Futteral den Körper und iſt charakteriſtiſch durch die faſt
unmerkliche Markierung des Taillenſchluſſes und die mehrfache
Teilung des Rodles. Dieſer erſcheint entweder durch eine Kaſack
als Doppelrock oder iſt in glatten Volants oder Stufen genäht,
die mit abſtechenden Blenden oder Bordüren begrenzt ſind. Der
Halsausſchnitt iſt ſehr klein, er läßt tatſächlich nur den Hals
ſehen, gar keine oder kleine Kragen umrahmen ihn. Die ein=
fachen
Vormittagskleider zeigen vielfach einen Einſatz in Hemd=
bruſtform
aus hellem Krepp oder Batiſt, mit paſſenden Stulpen
oder Volants an den Aermeln, die überwiegend eng ſind. Unten
am Handgelenk zeigen ſie verſchiedentlich kleine pliſſierte Puffen
oder geteilte Volants, die beim Heben der Arme zurückfallen.
Es ſcheint, daß der Schmuck und die Weite des Aermels langſam
und ſicher wieder nach unten wandern. Nur beim Laufkleid für
den Vormittag bleibt der Aermel noch glatt. Dieſes Laufkleid
beſteht im Frühjahr und Sommer aus einem Jacken= oder Man=
telkleid
. Die Jade iſt kurz und gerade und zweireihig oder links=
ſeitig
durch mehrere Knöpfe geſchloſſen. Sie liegt den Hüften
eng an und iſt tief übereinandergehend gearbeitet. Kleine Kra=
gen
oder ſchmale Nevers ſind die üblichen. Der Rock iſt und bleibt
eng und nicht lang. Ctwas länger iſt er nur bei eleganten Nach=
mittags
= und Abendkleidern, unter denen nur ein kleines Stück=
chen
Strumpf ſichtbar iſt. Die Nachmittagskleider, zu denen ein
dreiviertellanger Paletot oder eine Jade als Ergänzung dient,
haben mitunter lange Aermel, überwiegend jedoch iſt der Aermel
kurz, gerade nur über die Achſel greifend, die er eng umſpannt.
Alle Wirkung der neuen Frühjahrskleidung holt man aus den
Stoffen. Doppelſeitige Gewebe zum Beiſpiel ſind bevorzugt.
Seiden mit einer matten und einer gſänzenden Seite, von denen
die eine als Grundmaterial, die andere als Aufputz dient
Blenden, Stufen, Gürtel, Schärpenenden, geſteppte Paſſen mit
Poſamentenknöpſen ſind ſehr beliebt. Viel ſchottiſche Karos,
jedoch nicht bunt, ſondern in einer Farbe abſchattiert, werden
zu Jackenkleidern teils auf der glatten, teils auf der karierten
Seite vertvendet. Die grellen Farben ſind verſchwunden. Alles
iſt fein abgetönt. Beſonders bei den ſehr beliebten melierten Ge=
weben
in Braun und Grau ſieht das ſehr hübſch aus. Covercoat=
rips
, weiche Wollſtoffe und alle Arten von Nips Wollrips,
Krepprips, Moireerips werden verarbeitet zu Kleidern wie zu
Jacen. Nachmittagskleider ſind aus Georgettekrepp, Satinkrepp,
Georgette=Charmeuſe, Satin=Charmeuſe und Satin=Moiree, für
die leichten Sommerkleider kommen Waſchmarocain und Waſch=
krepps
in Frage. Neu aufgetaucht iſt wieder Wollmuſſeline, aber
nur in farbigen Muſtern, eng bedruckt. Dieſe bedruckten Stoffe
ſind in großer Auswahl für den Sommer zu haben in China=
krepp
, in Crepeline, in Foulard und in Voile. Die Muſter ſind,
wie geſagt, farbig, doch nicht grell. Die Verarbeitung eines Klei=
des
aus ſolchem Stoff muß ſehr einfach ſein. An ein kurzärme=
liges
Leibchen ſchließt ſich ein Volantrock mit oder ohne Schärpe,
die gleich den Volants mit einfarbigen Paſpeln geſchmückt ſind.
Einfaſſungen, Bordüren ſind ein beliebter Aufputz. Auch Sticke=
rei
iſt noch immer, ja aufs neue, große Mode. Doch muß ſie aus
Sparſamkeitsgründen oft zugunſten der meiſt ſehr ſchönen, be=
druckten
Stoffe weichen. Nur für elegante Abendkleider, die leichte
Andeutungen zur Verbreiterung der Hüften zeigen, iſt reiche Perl=
ſticlerei
unbedingt das bevorzugteſte.
Die Hüte ſind klein und eng, die Ränder ſchmal und gerollt,
geknifft oder geteilt. Doppelſeitige Bänder und Laméeinfaſſung
an Strohhüten bilden neuartige Garnierung.
Cine reichhaltige Modeüberſicht geben auch die neuen
Ullſtein=Modealben (erhältlich in Buch= und Papierhandlungen
und an den Schnittmuſterſtänden der großen Kaufhäuſer). Die
Vorlagen ſind ſämtlich zur Selbſtſchneiderei beſtimmt und ermög=
lichen
jedem, ohne große Koſten flott und modiſch gekleidet zu ſein.
* Waldbeſtand und Damenmode
Eine Genfer Schuhfabrik hat in Biel einen Cichenwald an=
gekauft
, der abgeholzt werden ſoll, um aus dem Holz Abſätze für
Damenſchuhe anzufertigen. Wie der techniſche Direltor der
Fabrik ausführte, hat ſich gezeigt, daß, je kürzer die Röcke, deſto
höher die Abſätze der Schuhe und Stiefel getragen werden. Da
für dieſes Jahe mit der Wiederkehr der ganz kurzen Röcke gerech=
net
wird, dürſte für den Abſatz ein neuer Höhenrekord aufge=
ſtellt
werden. Dieſe Ausſicht ließ es der Firma angezeigt er=
ſcheinen
, ſich rechtzeitig mit Material einzudecken, da ſie alljähr=
lich
bis 2/00 chm Holz zu Abſäten für Damenſchuhe verarbeitet.

Liſa Waſcherepekleid Weißes Voilekleidchen Weißes Vollekleid=
chen
in ganz einfacherAus= mit Handſtickerei u. Hand= chenmit Handmalerei
führung mit Handhohl= hohlſaum an Volantverar= und traiſefarbigen
ſaum u. Zierſtichen garniert beitetmit roſa Bandſchleife Bandſchleifen
Die Modelle stammen aus dem Aielier der Firma H. & F. Becken
*Kindermoden
Herrſcherin Mode iſt allumfaſſend. Wie ſie herrſcht in dis=
kreteſten
Dingen, zarten Geweben und künſtleriſchen Nadelarbei=
ten
, die nie eines anderen Menſchen als des Trägers Augen er=
blicken
ſoll, ſo ſchreibt ſie Form und Farbe und Schnitt vor für
Kleidung auf allen Gebieten und zu allen Zwecken. Sie läßt auch
unſere Kleinen nicht aus. Hier aber erwächſt der Tyrannin doch
mehr wie auf anderen Gebieten die Aufgabe, den Wert in erſter
Linie auf praktiſche Geeignetheit zu legen. Das Kinderkörper=
chen
mit ſeiner lebendigen Beweglichkeit, ſeinem ſtändigen Drang,
zu wachſen, ſich zu entwickeln, darf nicht eingengt, eingezwängt
werden, um irgend eine Linie zu geben. Kinderkleidchen müſſen
praktiſch, kleidſam und hübſch, müſſen kindlich ſein. Sie müſſen
das beſonders, wenn und wann iſt das nicht der Fall Kin=
der
ſpielen. Wenn ſie endlich, endlich nach dem allzulangen Winter
hinaus dürfen ins Freie, die zarten Glieder der wärmenden, be=
lebenden
Frühlingsſonne ausſetzen, ſie baden in Luft und in
Licht. Dann darf beſonders die Kleidung nicht einſchränken, was
den Kleinen not und wohltut. Sie darf nur Schutz ſein, ſoweit
dieſer erforderlich. Unſere heute abgebildete Modelle der Firma
Becker entſprechen dieſen Anforderungen.
*Ein Kardinal gegen die neue Mode
C.K. Kardinal Logue, das Oberhaupt der römiſch= katholi=
ſchen
Kirche in Irland, hat ſich in einem Hirtenbrief ſehr bitter
über die neuen Damenmoden ausgeſprochen, durch die die alt=
berühmte
Zurückhaltung und Sittlichleit der iriſchen Frauen ge=
fährdet
werde. Mag es nun von einer ſklabiſchen Hengabe an
die Mode oder von einem Mangel an Gefühl für das Ungeſchick=
liche
herkommen, ſagt er, jedenfalls können wir uns nicht län=
ger
dieſes Lobes unſerer Frauen rühmen. Die Kleidung oder
vielmehr der Mangel an Kleidung der Frauen von heute iſt ein
Skandal, der zum Himmel ruft. Es ſcheint ein Ehrgeiz unter
ihnen zu herrſchen, ſo wenig anzuziehen, wie nur möglich iſt,
ohne dabei der allgemeinen Verurleilung zu verfallen. Der
Kardinal ſpricht davon, wie ſehr die Frauen das Empfinden der
Andächügen verletzen, wenn ſie in ſolcher Tracht zum Gottes=
dienſt
kommen, und droht, Damen in unziemlicher Kleidung aus=
zuſhließen
. Auch gegen die neuen Tanzformen wendet er ſich,
obwohl er geſtehen muß, wenig davon zu wiſſen. Schon die
Namen ſeien bizarr und unſchicklich, und die, die ſich näher damit
beſchäftigt hätten, verſicherten ihm, ſie wären unter dem Geſichts=
punlt
der Sittlichkeit ſtreng zu verurteilen.

* Zu ſpäte Reue
Bekenntniſſe eines Bubenkopfes
Die Mode der kurzgeſchnittenen Haare ſpult heute wieder
in ſo manchen Frauenköpfen, die wohl das Sprichwort wider=
legen
wollen: Lange Haare, kurzer Sinn‟. Daß gerade die kur=
zen
Haare bei manchem Mädchen auf einen ſehr kurzen Sinn
deuten, das zeigen die Bekenntniſſe eines Bubenkopfes, die
in einem Lonooner Blatt erſchienen ſind. Die Schöne, die um
einer augenblicklichen Laune willen den Schmuck ihres Kopfes
opferte, ſchreibt: Ich glaube, daß es in meinem Falle haupt=
ſächlich
der Dämon der Faulheit war, der mich zu meinem Fri=
ſeur
hintrieb und mich entſchloſſen ſagen ließ: Bitte ganz kurz
ſchneiden! Ich kann jedoch nicht leugnen, daß ich, als ich Norg
mit ihrem kurzgeſchnittenen Haar ſah, ſie ein wenig beneidete,
und das mag mit meinen Entſchluß beſtimmt haben. So kamen
Bequemlichkeit und Citelkeit zuſammen, um mich zu dieſer ver=
hängnisvollen
Tat hinzureißen. Jetzt träume ich Tag und Nacht
von den langen, ſchimmernden braunen Flechten, die einſt die
Krone meiner Schönheit bilbeten, und ich ſtreiche mit den
Händen zärtlich und ſorgenvoll über dieſe Haare, die ich in dem
Geheimſchub meines Schreibtiſches verberge. Noch immer läuft
mir ein Schauder über die Haut, wenn ich an dieſe verhängnis=
volle
Stunde in der Stille des Friſeurladens denke. Es war
eine gewiſſe Abenteurerluſt, eine Begierde nach dem Neuen und
Ungewohnten, die mich meine aufgelöſten Flechten der Schere
des Künſtlers überliefern ließ. Aber als die Haare gefallen
waren, da war es mir plötzlich, wie wenn mein Glück mit ihnen
dahin ſei. Der Künſtler betrachtete mich mit einem befriedig=
ten
Blick, bürſtete mir noch etwas über den Kopf und bat mich
dann mit einem gewiſſen Stolz. in den großen Wandſpiegel zu
blicken: Sehen Sie, wie es Ihnen ſteht! Aber, o Schrecken,
das Mädchen, das mir aus dem Spiegel entgegenſchaute, war
nicht ich, war eine Fremde! Niemals hätte ich mir träumen laſ=
ſen
, daß mein langes Haar eine ſo wichtige Rolle in meiner Er=
ſcheinung
ſpielte. Ich denke, daß ſich auf meinen Zügen namen=
loſes
Entſetzen ausgedrückt haben muß, denn plötzlich hörte ich
die Stimme des Henkers wvie aus weiter Ferne begütigend ſa=
gen
: Es ſieht doch ſehr nett aus! Das alles ereignete ſich vor
einem kurzen Monat. Seitdem iſt es mir, als wenn man mir
mein ganzes Glück abgeſchnitten hätte. Keiner meiner Hüte ſitzt
mehr auf den kurzen Heeren; meine männlichen Bekannten enga=
gieren
mich nicht mehr beim Tanzen, meine weiblichen Bekann=
ten
ſagen mir mit einer ſchonungsloſen Offenheit, die ihnen Ver=
gnügen
macht, ich ſähe furchtbar aus. Meine kurzen Haare ver=
lieren
raſch die ſeidige Weichheit, auf die ich ſtolz war, und ich
komme mir wie ein Sträfling vor. Jetzt ſuche ich nach einem
abgelegenen Dörfchen, wo ich meine Ferien möglichſt früh ver=
bringen
will, und dort, verborgen vor aller Welt, will ich war=
ten
, bis meine Haare wieder wachſen. Aber das erkläre ich feier=
lich
: von dem Bubenkopf habe ich genug!
B.
*Der zeitgemäße Haushalt
Um die feine Herrenwäſche ſchön ſteif und
glänzend und dennoch elaſtiſch und ſchmiegſam
herrichten zu können, ſtärke man ſie in folgender Miſchung
ein: Man nehme zwei gehäuſte Eßlöffel voll Reisſtärke, gieße
in eine Schüſſel zwei mittlere Taſſen warmes Waſſer, rühre die
Stärke darin gut durch und füge ſchließlich 1 gehäuften Teelöffel
voll reinweißen Borax, den man mit 2 Eßlöffeln kochendem
Waſſer auflöſte, hinzu. Dann rühre man alles gut um und
reibt jedes Stück tüchtig darin durch, zieht dann alles glatt und
ſtraff aus, legt ein Stück auf das andere und ſchlägt es in ein
reines Tuch. Eine Stunde nach dem Cinſtärken ſollte dann das
Elanzplätten folgen, die Wäſche hat dann gerade die richtige
Feuchtigkeit. Wartet man länger, ſo trocnet ſie mehr aus und
darin liegt dann meiſt die einzig ſchuldige Urſache, daß ſie nicht
mehr richtig ſteif und glänzend wird.
L.
Aepfel in Windmaſſe. Auf einer Schüſſel wird
Apfelmarmelade phramidenartig angerichtet. Der Schnee von
zwei Eiweiß, dem man zwei Eßlöffel Vanillezucker beigemengt
hat, wird darüber gegeben, mit grobkörnigem Zucker beſtreut, in
einer ſehr lauen Röhre roſig gebacken und warm ſerviert.
Speiſe=Zettel.
Sonntag: Milzſuppe, grüne Erbſen mit Möhren und
Schnitzel. Montag: Kartoffelklöße mit Miſchobſt. Dienstag:
Weiße Bohnen. Mitttroch: Schwarzwurzeln mit Bxatkartoffeln.
Donnerstag: Apfel=Reis. Freitag: Fiſchbällchen mit
Kapernſoße. Sonnabend: Gulaſchkartoffeln.