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Heſſiſche Neueſte Nachrichten
Morgenzeitung der Landeshauptſtadt
Wöchentliche illuſkrierte Beilage: „Die Gegenwart”, Tagesſpiegel in Bild und Wort
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Nummer 49
Montag, den 18. Februar 1924.
187. Jahrgang
Treuekundgebung für Pfalz und Rheinland.
Berlin, 17. Febr. (Wolff.) Im großen Sitzungsſaal des
Reichstages fand heute, eine machtvolle Kundgebung für die
deutſche Pfalz und das deutſche Rheinland ſtatt. Der große Saal
und die Trbünen waren überfüllt. Ueber dem Präſidentenſitz
war der Reichsadler angebracht, in ſeinem Schutze die Wappen
von Rhein= und Saarland ſowie der Pfalz. Darunter ſtand der
Spruch:: Wir ſtehen für unſer Land! An den Regierungstiſchen
fanden ſich u. a. ein: der Reichskanzler Marx, Arbeitsminiſter
Brauns, der Miniſter für die beſetzten Gebiete, Höfle,
Reichsver=
kehrsminiſter Oeſer, Miniſter Severin, als Vertreter des
Reichs=
tagspräſidiums Rießer. Von den Reichstagsfraktionen waren
vornehmlich die pfälziſchen Abgeordneten erſchienen, darunter
Helfferich. Die Berliner Liedertafel unter Leitung von Profeſſor
Williger eröffnete die Feier mit einer Motette von Bach.
Kon=
ſiſtorialrat Gruhl begrüßte die Verſammlung mit zündenden
Wor=
ten, die in einem Treugelöbnis für die deutſche Pfalz und das
deutſche Rheinland ausklangen. Er ſchloß unter lebhaftem
Bei=
fall der Verſammelten mit dem Gelübde: „Wir wollen ſein ein
einig Volk von Brüdern, in keiner Not uns trennen und Gefahr.”
Der
deutſche Geſandte in Wien, Pfeiffer,
ein Pfälzer, führte dann aus: Unſere heutige Kundgebung gilt
vor allem dem Ausdruck des Zorns und der Empörung
darüber, daß es Söhne des eigenen Volkes ſind, die
ſich über die Gewalttaten und das Unrecht, die der Pfalz und dem
Rheinland zugefügt werden, freuen, die ſich mit Gold dafür
loh=
nen laſſen, deutſches Land an diejenigen zu verraten, die von
An=
beginn der deutſchen Geſchichte unſere Feinde geweſen ſind. Die
Augen aller Welt ſind heute auf den Kampf am Rhein gerichtet,
denn es geht hier um die Wiege des Geiſtes und die Größe der
eutſchen Nation. Wo der Rhein in deutſches Land eintritt, grüßt
er die deutſche Stadt Straßburg, deren wir in dieſer Stunde
mit tiefer Sehnſucht gedenken. (Stürmiſcher Beifall.) Gegenüber
den Lockungen der Franzoſen, die namentlich 1918 bis 1920 ſehr
ſtark waren, daß in Frankreich gut leben ſei, war doch das
Straß=
burger Münſter ein Fingerzeig für die Deutſchen weiter abwärts.
Am Rhein klang ſtromabwärts manches Lied von Schickſalen, die
gegenwärnig die Elſäſſer auszuſtehen hatten. Noch weiter
auf=
wärts grüßt der Rhein die Burg Trifels, auf der die
Kron=
inſignien des Reichs Jahrhunderte hindurch aufbewahrt wurden,
von der die deutſchen Kaiſer in der Blütezeit des Reichs zu ihren
Bügen aufbrachen. Und dann ragt majeſtätiſch der Dom zu
(Speyer empor, wo acht deutſche Kaiſer ruhen. Mit Gram
den=
ken wir daran, daß die Gräber in der Zeit von 1693 bis 1793 noch
Einmal zerſtört wurden, daß in dieſem Jahre über dieſe Gräber
Franzoſen wieder zum Gottesdienſt geführt wurden. Dem Namen
EM ainz zu nennen genügt, um an deutſche Größe und deutſchen
Fleiß zu erinnern. Es folgen die zahlreichen deutſchen Städte,
bei deren Erwähnung ſo manches Bild des Kampfes um das
Deutſchtum und des heroiſchen Siegers auftaucht. Die Sepa=
Fatiſten haben ja keine Ahnung, daß ſie nur ein altes politiſches
Programm Frankreichs erfüllen. Nach einem Hinweis auf die
früheren und heutigen ähnlichen Beſtrebungen der Franzoſen am
Rhein fuhr der Geſandte fort: Aber in all den früheren
Jahrhun=
derten erlebten wir nicht, daß Söhne des eigenen
Landes ihre Mitbürger vertreiben, über die
Grenze werfen und brotlos machen. Ich ſegne die
Stunde, da wir heute hier zuſammen ſind, um unſeren Abſcheu
darüber auszudrücken, zumal da nach den jetzt eingegangenen
Nachrichten mit ihnen endlich einmal aufgeräumt und die
recht=
mäßige Regierung in der Pfalz wieder eingeſetzt worden iſt und
die Separatiſſen in Scharen zu ihren Freunden nach Frankreich
flohen. (Lebhafter Beifall.) Wir hoffen, daß dieſe trübſte Epiſode
in der Geſchichte des Rheinlandes endlich vorüber iſt und endlich
wieder Frieden, Ruhe, Ordnung und Sicherheit im Lande
ein=
kehren. Zu der Zeit, als die Lande der Franzoſenherrſchaft
unter=
ſtanden, war es ein Gefühl, das alle entflammte, das ich ſelbſt in
meiner Jugend noch kennen lernte: die Verkündung der
Menſchenrechte, vielleicht noch die Code Napoleon. Aber
darüber hinaus beſtand der deutſche Gedanke immer. 1832, am
58. Mai, wurde auf dem Hambacher Feſt am Rhein, die
ſchwarz=rot=goldene Fahne geſchwungen und von
Sieben=
pfeiffer und ſeinen Freunden auf der Burg das Evangelinm
der deutſchen Freiheit verkündet. Dieſer Geiſt des Hambacher
Feſtes iſt auch heute unvergeſſen. Der Geiſt der Revolution von
1848 fand ſeinen Widerhall in den rheiniſchen Landen, aber immer
in dem Sinne, daß man ungehindert durch die Landesgrenzen
ſich eingliedern wolle in eine deutſche Republik. Heute noch
ſiſi=
gen die Kinder und einfachen Leute in der Pfalz das alte
Hecker=
lied: „Er hängt nur am Traume von der deutſchen Republik.”
In dieſem kindlichen Ausdruck des Volksgedankens ſteckt mehr
deutſcher Geiſt, als in dem Geflüſter derjenigen, die mit
Kon=
zeſſionen an Frankreich Vorteile erreichen wollten. An der
Deutſchheit der Länder, an der Deutſchheit der
Geſinnung der Bevölkerung iſt kein Zweifel.
(Beifall.) Die Schickfale, die über das Land links des Rheins
dahinbrauſten ſeit 1918, wurden ein feſter Kitt, der unlösbar
die Herzen mit dem deutſchen Vaterlande verbindet. Was
Will=
kür der Feinde und einzelner Volksgenoſſen den Deutſchen dort
am Rhein antat, das klammert ſich nur feſter an das heilige
Vater=
land. In dieſer Stunde wage ich zu ſagen: Je mehr Unrecht, je
mehr Gewalttat geſchieht, deſto feſter und ſicherer werden die
Her=
zen dort dem Deutſchtum gehören. (Stürmiſcher Beifall.) Wenn
ich heute als Pfälzer vor Ihnen ſtehe, möchte ich tauſend
Zungen haben, um allen Deutſchen zuzurufen,
daßwir Pfälzer Ihre Liebebrauchen, Ihre Hilfe
in Gedanken und in der Tat, damit wir alles das
durch=
führen können, was wir in Opfermut und Opferwillen für das
deutſche Vaterland zu vollenden bereit ſind. Fühlen wir
unge=
achtet der trennenden politiſchen Meinungen des Einzelnen deutſch
und halten brüderlich zuſammen, vorerſt zum Schutze, dann aber
auch im Bewußtfein unſeres Rechtes und guten Willens. Laſſen
Sie uns der Stunde harren, wo wir nicht mehr uns ducken müſſen,
ſondem auch trutzen und u rige)
(Stürmiſcher Beifall.) Wenn hier und draußen im Londe heute
und am 2. März Deutſche ſich zuſammenfinden zum
Treubekennt=
nis, dann ſoll eine Welle lebendiger Begeiſterung aus dieſen
Kundgebungen ſich über die deutſchen Lande ergießen. Nicht in
dumpfem Seuſzen und Wepklagen wird die Befreiung des Volkes
geboren, ſondern nur mit dem Blick empor gerichtet zum Himmiel,
zu den Sternen, denn die ewigen Rechte eines jeden
Menſchen, eines jeden Deutſchen ſind
unzerſtör=
bar; ewig wie der Glanz der Sterne als unſere Hoffnung und
unſer Zutrauen. (Stürmiſcher Beifall.)
Hierauf ergriff der
Reichsminiſter für die beſetzten Gebiete Höfle
das Wort und führte etwa folgendes au: Die Reichsregierung
beauftragte mich, den Veranſtaltern dieſer Kundgebung und den
Mitwwirkenden ihren herzlichen Dank zu übermitteln. Als
Reichs=
miniſter für die beſetzten Gebiete fühle ich mich verpflichtet, für
die Unterſtützung, die dieſe Kundgebung für die Politik der
Reichsregierung bedeutet, meinen beſonderen Dank hinzuzufügen.
Als Sohn der Pfalz empfinde ich mit beſonderer Genugtuung,
daß ich heute die Ueberzeugung gewann, daß auch die Bewohner
der Reichshauptſtadt und Millionen von Mitgliedern in
Ver=
bänden, die dieſe Kundgebung veranſtalteten, an dem Schickſal
der beſetzten Gebiete, beſonders der Pfalz, wärmſten Anteil
nehmen. Wir empfinden heute nach der wunderbaren Rede des
deutſchen Geſandten in Wien ganz beſonders, daß das
Schick=
ſal des deutſchen Volkes vor allem drüben am
Rhein und an der Ruhr in erſter Linie
entſchie=
den werden ſoll. Es bedeutet keine Ueberhebung, wenn
ich mit einem gewiſſen Stolz feſtſtelle, daß die Reichsregierung
für ſich in Anſpruch nehmen kann, daß ſie ihrerſeits alles, was
ſie tun konnte, tat, um die Not an Rhein und Nuhr zu lindern,
um zu helfen, wo geholfen werden kann, um die moraliſche
Widerſtandskraft der Bevölkerung dort zu ſtützen und zu ſchärfen.
Unſer Ziel an Rhein und Ruhr iſt, ohne ſtaatsrechtliche
Aende=
rungen auf dem Boden des status auo der politiſchen und
wirt=
ſchaftlichen Schwierigkeiten Herr zu werden. Unſere Brüder an
Rhein und Ruhr zeigten eine geradezu bewundernswerte
Wider=
ſtandskraft. Tauſende ſind ausgewieſen, Hunderte ſitzen noch
heute im Gefängnis. Allein durch die Separatiſtenbewegung
wurden 14000 Pfälzer vertrieben. Das alles konnte die
Wider=
ſtandskraft der Bevölkerung der beſetzten Gebiete nicht im
ge=
ringſten erſchüttern. Die Ereigniſſe in der Pfalz
be=
ſonders der letzten Tage bewieſen, daß die Separatiſten ſich nur
halten konnten durch die Unterſtützung der Franzoſen.
Als die wegfiel, wurden ſie ſofort hinweggeweht. Am nächſten
Mittwoch findet im Reichstag die Interpellation über die Pfalz
ſtatt. Dabei wird Gelegenheit ſein, den dokumentariſchen Beweis
zu erbringen, daß die franzöſiſche Politik, und die
Separatiſtenbewegung, im engſten
Zuſammen=
hange ſtanden. Es bedeutet eine vollkommene Verkennung
der Situation, wenn der ehemalige franzöſiſche Kriegsminiſter
feſtſtellen zu können glaubte, daß es ſich in Pirmaſens um
den Ausfluß nationaliſtiſcher Strömungen handelte. Was dort
vor ſich geht, iſt der Aufſchrei eines bedrückten
Volkes, nicht der Ausdruck nationaliſtiſcher Strömungen. Mit
Recht ſagte dieſer Tage ein bedeutender holländiſcher
Schrift=
ſteller: „Es handelt ſich um ein großes Drama, das ſich in dem
kleinen Lande abſpielt. Wer das Fauſtrecht proklamiert, kann
ſich doch über die Gegenwirkung nicht wundern.” (Lebhafte
Zu=
ſtimmung.) Nach wie vor ſteht unſer Volk am Rhein, an der
Ruhr und in der Pfalz zur Abwehr entſchloſſen da. Ich freue
mich, daß die Separatiſtenherrſchaft drüben endgültig erledigt iſt,
und ſpreche die Hoffnung aus, daß die geſtern begonnenen
Ver=
handlungen zu dem Ergebnis führen werden, das möglichſt bald
die Rückkehr der ordnungsmäßigen Regierung in der Pfalz
ermöglicht.
In den letzten Tagen waren die beiden
Sachverſtän=
digen=Komitees in Berlin. Ich habe die Hoffnung, daß
die Gutachten dieſer beiden Kommiſſionen die Grundlage bilden
werden für die endgültige Löſung der Frage der Reparationen
und damit auch der Frage des Schickſals unſerer
Brü=
der an Rhein und Ruhr. Die endgültige Löſung iſt ja
erſt dann denkbar, wenn die Reparationsfrage endgültig geregelt
iſt. Darüber iſt man auf allen Seiten einig. Wir haben heute
das Necht, wenigſtens einen kleinen
Hoffnungs=
ſchimmer zu ſehen, und erwarten, daß in den nächſten
Monaten die endgültige Löſung gefunden wird, damit auch Ruhe,
Ordnung und erträgliche Zuſtände in den beſetzten Gebieten
ſich wieder einſtellen. Die Politik der Reichsregierung
läßt ſich in dem einen Gedanken zuſammenfaſſen: Ein großes
deutſches Volk, einignach innen, freinach außen.
Ich fordere Sie zum Zeichen dieſer Auffaſſung auf, ſich zu erheben
und mit mir zu rufen: „Unſer deutſches Volk, unſer Vaterland,
unſere Brüder am Rhein, an der Ruhr und in der Pfalz, ſie
leben hoch!”
Begeiſtert ſtimmte die Verſammlung dreimal in den Ruf ein
und ſang ſtehend das Deutſchland=Lied. Der Chor trug
ſchließ=
lich das Lied „Der Rhein ſoll deutſch verbleiben” vor. Die
Kund=
gebung fand ihre Fortſetzung vor der großen Oeffentlichkeit mit
einem Konzert auf dem Königsplatz. Hier hatten ſich ſeit 11 Uhr
ungezählte Tauſende eingefunden. Ein ſtarkes Polizeiaufgebot
war zur Stelle, hatte jedoch keinerlei Veranlaſſung zum
Ein=
ſchreiten. Kurz vor Beendigung der Feier im Reichstagsgebäude
erſchien die Kapelle der Kommandantur und ſpielte von der
Frei=
treppe des Reichstages aus vaterländiſche Weiſen.
Gegen 12½ Uhr trat
der Reichskanzler
mit ſeiner Begleitung aus dem Reichstagsgebäude auf die
Frei=
treppe; mit ihm der Geſandte Pfeiffer, der von dort aus
vor der verſammelten Rieſenmenge in einer kurzen Anſprache
auf die Bedrängnis der Pfalz und das vaterlandsloſe und
volks=
ſeindliche Treiben der Separatiſten hinwies. Er drückte unter
dem ſtürmiſchen Beifall die Hoffnung aus, daß die Kundgebung
machtvolle Wellen hinausſenden möge in alle deutſchen Lande.
Nach dem gemeinſamen Geſange des Deutſchland=Liedes gingen
die Teilnehmer langſam auseinander.
Die Pfalz in neuer Gefahr.
Von
Freiherr von Medem.
Die Erhebung der Pfälzer gegen die Gewaltherrſchaft des
franzöſiſchen Separatiſtengeſindels hat die Aufmerlfamkeit der
ganzen Welt auf das Schickſal der Pfalz gelenkt. Die Schüſſe, die
in Speher fielen, die blutige Abrechnung in Pirmaſens,
Kaiſers=
lautern und Dürkheim, alle dieſe Taten haben bewieſen, daß
die Leiden des Volkes unerträglich geworden waren und daß
der Druck, den General de Metz mit der Hilfe, von notoriſchen
Verbrechern und käuflichen Subjekten auf die Bevölkerung
aus=
geübt hatte, eine furchtbare Exploſion herbeiführte. Nach den
Vorgängen in Speher griff England ein und ſchickte ſeinen
Mün=
chener Generalkonſul zur Feſtſtellung der Tatſachen in das von
dem franzöſiſchen Chauvinismus bedrängte Gebiet. England
erkannte die Rechtloſigkeit der franzöſiſchen Politik in der Pfalz
ebenſo klar, wie es die Rechtloſigkeit des franzöſiſchen
Ruhrein=
falls ausdrücklich vor der Welt feſtgeſtellt hat. Doch dem Beſuch
des Generalkonſuls Clive in der Pfalz folgte nicht die ſofortige
Entfernung der Separatiſten. Die Enttäuſchung darüber iſt
vielleicht der Funken geweſen, der die Volksleidenſchaften in
Pirmaſens und an anderen Orten zum Explodieren brachte.
Nach den blutigen Stunden von Pirmaſens und
Kaiſers=
lautern ſchien es anfänglich, als ob die Separatiſten ſich aus der
Pfalz zurückzögen. Mußten ſie doch an allen anderen pfälziſchen
Orten dieſelben handgreiflichen Kundgebungen der Bevölkerung
fürchten. Aber nach wenigen Tagen ſchon tauchte das
Separa=
tionsgeſindel in der Pfalz wieder auf, allerdings noch offener und
ſtärker beſchützt durch die Bajonette franzöſiſcher Marokkaner und
anderer weißer Franzoſen. Wir wiſſen, daß zwei Tage nach dem
Brande des Bezirksamtsgebäudes in Pirmaſens die Separatiſten
in dem Privathauſe des franzöſiſchen Delegierten wieder
er=
ſchienen und daß in das bisher von franzöſiſcher Befatzung
ver=
ſchont gebliebene Dürkheim auf Laſtautos franzöſiſche Marokkaner
zum Schutze der Separatiſten herangeſchafft wurden. So ſieht
in der Tat die franzöſiſche Neutralität gegenüber den inneren
Angelegenheiten der Pfälzer Bevölkerung aus. Aber es lohnt
ſich nicht, auf dieſe Tatſachen noch erneut hinzuweiſen, denn die
Skrupelloſigkeit und Verlogenheit der franzöſiſchen Politik iſt ja
nicht nur in Deutſchland, ſondern ſchließlich auch in England
bekannt. Und die Frage, inwieweit man von London dem
fran=
zöſiſchen Treiben Einhalt gebieten kann, iſt keine Rechts= oder gar
Menſchlichkeitsfrage, ſondern eine Machtfrage. In dieſem
Zu=
ſammenhange muß der Beginn der Tätigkeit des von der
Rhein=
landkommiſſion delegierten Drei=Männer=Ausſchuſſes zu
außer=
ordentlichen Beſorgniſſen Anlaß geben.
In der franzöſiſchen und engliſchen Preſſe tauchten in den
letzten Tagen wiederholt Meldungen über eine vollzogene
eng=
liſch=franzöſiſche Einigung in der Pfalzfrage auf. Die Art dieſer
Einigung iſt nun nicht nur ſchickſalsbedeutend für die Pfalz,
ſon=
dern läßt Schlüſſe zu auf die Politik, die England in der geſamten
Rheinlandfrage einzuſchlagen beabſichtigt.
Ein kurzer Rückblick auf die franzöſiſche Taktik in der Pfalz:
Nachdem es dem General de Metz weder durch Unterdrückung
noch durch freundliche Behandlung der Pfälzer geglückt war, eine
Stimmung in der Pfalz für diejenige Selbſtändigkeit zu erzeugen,
die Frankreich benötigt, um die Pfalz als das hiſtoriſche
Einfall=
tor nach Süddeutſchland in der Hand zu behalten, eröffnete ſich
Ende Oktober 1923 durch unverantwortliche Handlungen gewiſſer
ſozialdemokratiſcher Führer eine Chance, für die franzöſiſche
Politik, den Pfälzer Kreistag zu gewinnen. Die Vorgänge am
23./24. Oktober ſind bekannt, wo der Vertreter des Generals de
Metz während der Sitzung des Kreistages dieſem zumutete, ſich
als autonome Regierung aufzutun. Nicht zum wenigſten dem
geſchickten Operieren des Vorſitzenden des Kreistages iſt es zu
verdanken, daß dieſer erſte Verſuch mißlang. General de Metz
hat aber ſeinen urſprünglichen Plan niemals aufgegeben, und
man muß ſich klar machen, daß der ganze Humbug der
Separa=
tiſtenbewegung, die vom November 1923 ab intenſiv einſetzte,
niemals das Endziel der franzöſiſchen Politik, ſondern nur Mittel
zum Zweck geweſen iſt. Daß ſich die Pfalz nicht mit einer Horde
von vorbeſtraften Verbrechern und gekauften Subjekten regieren
laſſen könne, wird dem General de Metz von vornherein klar
ge=
weſen ſein, um ſo mehr, als er dieſem Geſindel freieſte Hand und
großzügigſte Protektion zu einer Apachen=Gewaltherrſchaft ohne
gleichen gab. Gerade die Auswahl der führenden
Perſönlich=
keiten der Separatiſten und die von ihren franzöſiſchen Gönnern
ihnen angeratene Methode des Regierens beweiſt, daß General
de Metz mit der Separatiſtenherrſchaft nichts anderes als einen
Terror ruſſiſcher Art auf die Pfalzbevölkerung ausüben wollte,
deſſen Ausübung er ſeinen franzöſiſchen Organen, nicht mehr
anzutrauen wagte, nachdem die Methoden des franzöſiſchen
Terrors im Ruhrgebiete allzu peinlich, vor der Welt enthüllt
waren. Dazu eben waren jene Separatiſten gut genug, die in
dieſen Tagen die Empörung des pfälziſchen Volkes an manchen
Orten wort=wörtlich zerriſſen hat.
Die Vertreter der interalliierten Rheinlandkommiſſion, die
jetzt zur Herſtellung der Ruhe und Ordnung in der Pfalz
einge=
troffen ſind, haben ſich an den Kreistag, an die politiſchen
Par=
teien und an die Preſſe gewandt, um die Unterſtützung des
pfäl=
ziſchen Volkes für ihre Miſſion zu gewinnen. Der Plan iſt
durch=
ſichtig genug. Das Vacuum, das durch die Separatiſtenherrſchaft
und der von ihr vollzogenen Ausweiſung der rechtmäßigen
Be=
aniten bewußt von General de Metz herbeigeführt wurde, ſoll
durch eine Regierung des Kreistages ausgefüllt werden und die
unglückliche Bevölkerung wird vor die erpreſſeriſche Alternative
geſtellt: Entweder die Bevölkerung der Pfalz nimmt jetzt ihr
Schickfal ſelbſt in die Hand oder die Folter der
Separatiſten=
herrſchaft geht weiter. Den einzig richtigen Weg, zu dem die
Rheinlandkommiſſion auf Grund des Rheinlandabkommens
ver=
pflichtet wäre, nämlich die ſofortige Zurückrufung der von den
Sedaratiſten rechtlos ausgewieſenen bayeriſchen Beamten,
be=
ſchreitet die interalliierte Kommiſſion nicht.
Lenn es dem General de Metz gelingen ſollte, auf dem
Um=
wvege über die blutigen Vorgänge in der Pfalz doch zu einer
autonomen Pfalzregierung zu kommen, ſo wäre die verächtliche
Verhöhnung des Selbſtbeſtimmungsrechtes der Völker vollbracht,
die ein infernaliſches Gehirn ſich ausdenken kann. Wenn ſo das
engliſch=franzöſiſche Kompromiß ausſehen ſollte, dann ſind die
Seite 2.
Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 18. Februar 1924
Folgen für die Pfalz und für das Rheinland unabſehbar, denn
der Verdacht liegt nur allzu nahe, daß dieſe ſelbe Methode auf
die geſamte Rheinfrage ausgedehnt werden ſoll.
Die Machenſchaften des Generals de Metz ſind von dem
pfäl=
ziſchen Volke durchſchaut. Die Pfälzer machen dieſes Spiel nicht
mit. Sie halten weiter die Treue ihrem engeren und weiteren
Vaterlande und werden lieber neue Leiden auf ſich nehmen, als
ſich von einem General de Metz ſo ſpitzbübiſch belügen und
be=
trügen laſſen.
Der Reichspräſident empfängt die Vertreter
der Pfalz.
Berlin, 17. Febr. (Wolff.) Der Reichspräſident empfing
anſchließend an die Pfalz= und Rheinkundgebung eine
Abord=
nung, beſtehend aus dem Vorſitzenden der Arbeitsausſchüſſe für
den Pfalztag, Dräger, dem Vorſtandsmitglied des
Arbeits=
ausſchuſſes der deutſchen Verbände, Bankier Fraenger, dem
Vorſitzenden des Vereins, der Pfälzer, dem Präſidenten Dr.
Kaufmann, und dem Vorſitzenden des Reichsverbands, der
Rheinländer, Konſiſtorialrat Gruhl, dem Leiter der
Veranſtal=
tung, die ihm über den Verlauf der eindurcksvollen Kundgebung
berichteten. Der Reichspräſident dankte den Veranſtaltern und
betonte in ſeiner Erwiderung, daß dieſe aus freier Entſchließung
der Berliner Bevölkerung erwachſene machtvolle Kundgebung,
die durch ähnliche Veranſtaltungen im Reiche noch weitere
Stei=
gerung erfahren werde, der bedrückten Bevölkerung in der Pfalz,
am Rhein und an der Ruhr zeigen werde, daß das ganze deutſche
Volk in Treue und Dankbarkeit ſich mit den um Freiheit
und Menſchenrechte kämpfenden Brüdern und
Schweſtern verbunden fühlt. Die Reichsregierung
werde nach wie vor alles tun, um das Los unſerer Volksgenoſſen
zu erleichtern und ihnen Freiheit, Kultur und Frieden
wiederzu=
bringen.
Wiederaufnahme der parlamentariſchen Arbeiten.
Berlin, 18. Febr. In dieſer Woche nehmen der
Reichstag und der preußiſche Landtag ihre Vollſitzungen wieder
auf, nachdem bereits die größeren Ausſchüſſe tätig geweſen ſind.
Der Auswärtige Ausſchuß des Reichstages iſt zu Montag, 3 Uhr
nach nittags, einberufen worden. Der preußiſche Landtag
ver=
ſammelt ſich am Dienstag, den 19. Februar, nachmittags 3 Uhr.
Der Reichstag hält ſeine nächſte Vollſitzung am Mittwoch, den
20. Februar, ab. Er beginnt um 3 Uhr nachmittags. Auf der
Tagesordnung ſteht u. a. die Pfalzinterpellation der
bürger=
lichen Parteien und in Verbindung hiermit eine deutſchnationale
Interpellation über die Aburteilung der Hochverräter im
beſetz=
ten Gebiet. Der Aelteſtenrat des Reichstags iſt für Montag
ncchmittag ½3 Uhr eingeladen. Am Dienstag werden die
Frak=
tionen der Sozialdemokratie, der Deutſchnationalen und der
Deutſchen Volkspartei, am Mittwoch die Fraktionen des
Zen=
trums, der Demokraten, der Bayeriſchen Volkspartei und der
Kommuniſten Sitzungen abhalten.
Beihehaltung des Achtſtundentages in der Schweiz.
* Bern, 18. Febr. (Priv.=Tel.) Bei der heutigen
ſchweize=
riſchen Volksabſtimmung wurde der neue Artikel 41 des
Fabrik=
geſetzes, der unter gewiſſen Vorausſetzungen eine Ausdehnung
der Arbeitswoche auf 54 Stunden vorſieht, mit beträchtlicher
Mehrheit abgelehnt, und zwar nach den bis jetzt vorliegenden
Zählungen mit 431 341 gegen 314 009 Stimmen. Damit bleibt
der bisherige Artikel 41 in Kraft, der Ausnahmen von der 48=
Stundenwoche nur bis 52 Stunden geſtattet. 76 Prozent der
Wahlberechtigten beteiligten ſich an der Abſtimmung.
Jialien und die Labour=Regierung.
* Rom, 18. Febr. (Prio.=Tel.) Die Verlegung der
Haupt=
macht der engliſchen Flotte in das Mittelmeer wird hier viel
be=
achtet als Beweis dafür, daß die Labour=Regierung trotz der
pazifiſtiſchen Lehren ihre bisherige Seerüſtungspolitik nicht
än=
dert und das Mittelmeer mit ſeinen zahlreichen ſchwebenden
Problemen als den vorausſichtlichen Schauplatz künftiger
Ent=
ſcheidungen anſieht. Obwohl längſt vorausgeſehen, dürfte dieſe
Verſchiebung nicht ohne Einfluß auf die italieniſche Politik
blei=
ben, jedenfalls aber die Abrüſtungstendenzen erſchweren,
Die baltiſche Konferenz.
Warſchau, 17. Febr. (Wolff.) Der politiſche Ausſchuß
der baltiſchen Konferenz trat geſtern zuſammen und ernannte den
polniſchen Außenminiſter Zamoyſki zum Vorſitzenden.
Gegen=
ſtand der Beratungen iſt der von Zamoyſki ausgearbeitete Bericht
über die internationale politiſche Lage und ein Bericht über die
Mitarbeit der auf der Konferenz vertretenen Länder in den
Völ=
kerbundsfragen. Erörtert wurden ebenfalls
Entſchließungsent=
würfe über eine Zuſammenarbeit auf dem Gebiet der Preſſe.
Bevor ſich der Ausſchuß auf Sonntag vertagte, nahm er
einſtim=
mig den Vorſchlag des finniſchen Außenminiſters Enckell an, die
nächſte Konferenz m Helſingfors abzuhalten.
Abends fand eine Sitzung des juriſtiſch=wirtſchaftlichen
Aus=
ſchuſſes ſtatt, zu deſſen Vorſitzenden Unterſtaatsſekretär.
Straß=
burger gewählt wurde. Gegenſtand der Beratung war die Frage
eines Schiedsgerichtsabkommens zwiſchen den vier auf der
Kon=
ferenz vertretenen Staaten.
Rußland und die Tſchechoſlowakei.
Moskau, 16. Febr. (Wolff.) Die geſamte Moskauer
Preſſe bringt die Meldung über das Eintreffen mehrere Führer
der ruſſiſchen Sozialrevolutionäre in Prag und einer von
Ke=
renſki dem Vertreter der „Czeske Slovo” gegenüber abgegebene
Erklärung, daß die Sozialrevolutionäre Prag als Hauptbaſis
ihrer politiſchen Tätigkeit gewählt hätten. Das Moskauer
Volks=
blatt „Rabotſchaia Meskwa” äußert in einem Leitartikel ſeine
Entrüſtung über die Erklärung Kerenſkis und ſagt: In dem
Augenblick, wo ſämtliche europäiſche Länder ſich praktiſch mit der
Frage der de jure=Anerkennung der Sowjetuaion befaßten, hülle
ſich die tſchechoſlowakiſche Regierung nicht nur in ein für ſie kaum
vorteilhaftes hartnäckiges Schweigen, ſondern dulde, ja fördere
ſogar die neue Stärkung der Tätigkeit der Feinde der
Sowjet=
republik in der tſchechiſchen Hauptſtadt. Die ruſſiſchen
Arbeiter=
maſſen könnten dies — diplomatiſch geſprochen — nicht anders
ils eine unfreundliche Handlung der tſchechiſchen Regierung
auf=
faſſen.
Regierungskriſe in Bulgarien.
hofia, 17. Febr. (Wolff.) Auf dem Kongreß der
Sozial=
okratiſchen Partei, der Anfang Februar ſtattfand, iſt, wie
ſei=
ſeit gemeldet wurde, eine Reſolntion angenommen worden,
der der Vollzugsausſchuß der Partei von der Regierung
nativ die Erfüllung gewiſſer Programmforderungen der
Par=
erlangte und, wenn dieſe nicht durchgeſetzt würden, die
Ver=
r aus der Regierung austreten ſollten. Dieſem Beſchluß
1ß hat der Verkehrsminiſter Karſazoff geſtern ſein
Rücktritts=
ſch eingereicht, das vom Miniſterpräſidenten bewilligt worden
Landwirtſchaftsminiſter Moloff iſt mit der vorläufigen
Lei=
des Verkehrsminiſteriums beauftragt worden.
Nummer 49.
Vom Tage
Reichsfinanzminiſter Dr. Luther iſt in München eingetroffen. Er
beſuchte den Finanzminiſter Dr. Krausneck und den Reichsfinanzhof.
Im Landesfinanzamt wurden ihm ſämtliche Beamte vorgeſtellt, wobei
er in längerer Rede auf die Bedeutung der Finanzverwaltung hinwies
und den Beamten für die auch in der ſchweren Zeit der Geldentwertung
geleiſtete Arbeit dankte.
Die Separatiſten haben Samstag nacht ½12 Uhr, unter Begleitung
von Franzoſen und des Delegierten, Ludwigshafen verlaſſen
und ſind in zwei Triebwagen in der Richtung Speyer abgefahren.
Die deutſche Oſtmeſſe wurde heute vormittag mit einem
kurzen Begrüßungsakt, zu dem ſich Vertreter der Reichs=, Staats= und
ſtädtiſchen Behörden, des Handels=, der Induſtrie und der Preſſe
ver=
ſammelt hatten, eröffnet.
Die Verhandlungen über das Reparations=Recovery=
Geſetz ſind in London auf Erſuchen der engliſchen Regierung wieder
aufgenommen worden. Sie werden geführt vom Geſandtſchaftsrat Dr.
Hemmen und Herrn Sabath ſowie dem engliſchen Schatzamt.
Veniſelos, deſſen Geſundheitszuſtand ſich nach den letzten
Meldun=
gen fortgeſetzt beſſert, hat bereits mehrere Abgeordnete empfangen. Er
wird der Sitzung der Nationalverſammlung beiwohnen und eine Rede
für die Regierung halten In privaten Kreiſen erklärt man, es ſei
ſicher, daß die Regierung die Mehrheit erlange.
In Liverpool, Plymouth, Southampton, Briſtol, Glasgow und in
anderen Häfen von Südwales haben die Dockarbeiter die Arbeit
nieder=
gelegt.
Die Wahlen in Meckſenburg.
* Schwerin, 18. Febr. (Priv.=Tel.) Die
mecklenburgi=
ſchen Landtagswahlen ſind, ſoweit bisher bekannt, überall ruhig
verlaufen. Die Wahlbeteiligung war im allgemeinen gut. Sie
wird auf 80—85 Prozent geſchätzt. Bisher (1,15 Uhr vorm.) —
einige Randbezirke ſtehen noch aus — waren folgende Stimmen
abgegeben: Deutſchnationale 51 645, Deutſche Volkspartei 12539.
Deutſchvölkiſche 32 686, Wirtſchaftsbund 3522, Demokraten 6166.
Landpartei 2275, Republikaner 1063, Sozialdemokraten 39 081.
Unabhängige 886, Kommuniſten 25 405. Die Zuſammenſetzung
des neuen mecklenburgiſchen Landtages dürfte nach dem
bishe=
rigen Wahlergebnis etwa folgende ſein: Deutſchnationale 10,
Deutſche Volkspartei 2, Deutſchvölkiſche 6, Demokraten 1,
Sozial=
demokraten 7, Komuniſten 5 Sitze, Wirtſchaftsbund, Republikaner
und Landpartei keinen Sitz.
Rücktritt v. Kahrs.
* München, 18. Febr. (Priv.=Tel.) Zu dem ſeit
Sams=
tag in beſtimmteſter Form in München verbreiteten Gerücht von
dem erfolgten oder bevorſtehenden Rücktritt des
Generalſtaats=
kommiſſars Dr. v. Kahr kann jetzt auf Grund von
Erkundigun=
gen an zuverläſſiger, nichtamtlicher Stelle mitgeteilt werden, daß
der Rücktritt des Generalſtaatskommiſſars Dr. v. Kahr in den
nächſten Tagen erfolgen wird, und zwar gleichzeitig mit dem
Rücktritt des Generals von Loſſow und des Oberſten v. Seiſer,
Wahrſcheinlich wird der Rücktritt der drei Herren gleichzeitig am
kommenden Mittwoch vollzogen. Die geſamte vollziehende
Ge=
walt wird dann an das Geſamtſtaatsminiſterium übergehen.
Elberfeld 18. Febr. (Wolff.) Anläßlich des
Partei=
tages der Deutſchen Volkspartei des 25. Wahlkreisverbandes
im Bezirk Düſſeldorf=Oſt ſprach der Miniſter des Aeußern Dr.
Streſemann im dichtbeſetzten Thaliatheater über
Deutſch=
lands Außen= und Innenpolitik und führte u. a. aus:
Der heutige Tag ſoll im Reich als Pfalztag begangen
werden. Er ſoll die Erinnerung wachhalten an all das
Un=
recht im beſetzten Gebiet, das gegen deutſche Frauen
und Männer begangen worden iſt, an all das Unrecht, in deſſen
Mitleidenſchaft gerade die Deutſchen in der Pfalz gezogen
wor=
den ſind.
Die pfälziſche Frage,
die heute die Weltöffentlichkeit beſchäftigt, iſt ein beſonderer
Aus=
druck der Frage der geſamten Deutſchen im beſetzten Gebiet.
Was dort ſich geltend gemacht hat als ſeparatiſtiſche
Be=
wegung war nicht gewachſen auf dem Boden irgend eines
deutſchen Volkswillens und irgend eines deutſchen
Volksempfin=
dens. Kein Volk hat ſo viel an äußerem Druck und
inne=
rem Elend erfahren, wie das deutſche, ohne zum Aufruhr, zur
Revolution zu ſchreiten. Wenn mit einem Male der Nebel
zer=
reißt, den die franzöſiſchen Berichterſtatter über die Vorgänge
in der Pfalz gebreitet haben, ſo muß das für diejenigen
ſchmerz=
voll ſein, die dieſe Illuſionspolitik träumen. Wenn man darin
ein Aufbäumen des deutſchen Volkes ſieht, ſo muß man ſich
fra=
gen, wie weit General de Metz es getrieben haben muß, daß
ſich ſo etwas ereignen konnte. Einzelne in den Reihen unſerer
Gegner möchten durch eine Politik von Zuckerbrot oder Peitſche
die beſetzten Gebiete lahm machen in ihrer Reichsfreundlichkeit
und ſie ſchließlich zermürben, um ſie hinüber=, oder wenigſtens
wegzuziehen vom Deutſchen Reich. Ohne Zweifel iſt die Frage
der beſetzten Gebiete unendlich ſchwierig. Wir waren dielfach
mit unſeren Kräften, nicht in der Lage, dem beſetzten
Gebietſozuhelfen wiewirhättenhelfen ſollen,
vielleicht hätten helfen müſſen. Wir ſtehen heute unter der
allge=
meinen deutſchen Schickſalsfrage, ob es uns gelingt, dieſes
Deutſchland vor einem wirtſchaftlichen und ſozialen Chaos zu
bewahren und über die Stabiliſierung hinaus zum
Wiederauf=
bau zu bringen. Nichts ſtand uns dabei mehr im Wege, als die
von Frankreich und Belgien herbeigeführte Abwendung des
be=
ſetzten Gebiets vom übrigen Deutſchland. Die gegenwärtigen
Verhandlungen nehmen als Ausgangspunkt die Verhältniſſe des
beſetzten Gebietes. Die ausgetauſchten Denkſchriften
be=
zogen ſich auf alle Fragen, die das beſetzte Gebiet angehen:
Wie=
derherſtellung der Zollfreiheit und Verkehrsfreiheit, und alle die
anderen, die ſich in eine zuſammenfaſſen laſſen:
Wiederherſtellung der deutſchen Souveränität
innerhalb der Grenzen des beſetzten Gebiets. Man erklärt von
vornherein, daß dieſe Verhandlungen zwecklos ſeien und nur den
Beweis dafür erbrächten, daß das Deutſche Reich und das
Mini=
ſterium des Aeußern ſich von Illuſionen leiten ließen. Ich glaube
nicht, daß dieſe Kritik zutrifft. Wir können heute nur die
Außen=
politik eines waffenloſen Volkes führen. Wer eine Politik der
Verhandlungen und Verſtändigung kritiſiert, der muß auch ſagen
können, was er an die Stelle dieſer Politik ſetzen könnte. Alle
Fragen des beſetzten Gebietes werden abhängig ſein von der
Ver=
ſtändigung für die größere Frage, die Frage der Reparationen
überhaupt. Wenn ich an die Verhandlungen denke, die in Paris
von dem Sachverſtändigenkomitee geführt worden ſind und die in
Berlin fortgeſetzt wurden, und wenn mich da jemand fragt, ob
aus dieſen Verhandlungen etwas zu erwarten ſei, ſo möchte ich
mich dem anſchließen, was ein deutſcher Wirtſchaftler, der ſeit
Jahren dieſe Syſiphusarbeit mitgemnacht hat, und der die
Er=
gebnisloſigkeit dieſer Bemühungen ſah und äußerte, er ſehe zum
erſten Malle einen Silberſtreifen an dem ſonſt düſteren Horizont.
Auch in denjenigen Ländern, die ſich als Siegerſtaaten
be=
rachten, beginnt man zu zweifeln, ob der Weg, den man
einge=
ſchlagen hat, der richtige ſei. Als bei uns die Mark fiel, hörten
wir jahrelang die Kritik in Paris, daß dieſer Vorgang ein
beab=
ſichtiges Manöver der deutſchen Regierung ſei. Ich habe
dem=
gegenüber in Stettin die Frage aufgeworfen: Wenn ein Volk
wie wir in einen Währungsberfall kommt, und wenn das die
Schuld der Regierung iſt, wie ſoll man dann erklären, wie ein
Volk, das ſolche Leiſtungen empfangen hat wie das franzöſiſche,
heute ebenfalls in einen Währungsverfall gerät. Streſemann
äußerte ſich dann des näheren zu den
von Deutſchland geleiſteten Reparationen,
die vom der franzöſiſchen Preſſe als nicht genügend hingeſtellt
würden. Er bemerkte u. a., wenn man unſeren Angaben über
die geleiſteten Sachlieferungen nicht glaube, ſollte man
jeden=
falls der amerikaniſchen Kommiſſion glauben, eines Volkes, das
gegen uns im Kriege geſtanden hat, die ihrerſeits die deutſchen
Leiſtungen auf 25 Milliarden Goldmark geſchätzt haben. Ich habe
nicht gehört, daß dieſe Feſtſtellungen von irgend einer Seite
an=
gezweifelt worden ſind. Vielleicht iſt es für das praktiſche
Be=
greifen über die Leiſtungen kennzeichnend, daß die direkten
Reparationsleiſtungen meiſt Sachlieferungen
geweſen ſind. Man geht achtlos an dieſen Lieferungen vorüber,
die zahlenmäßig nicht belegt werden. Allein Südflawvien hat
für 40 Millionen Sachleiſtungen erhalten, deſſen ganzer
Staats=
haushalt hierauf balanziert wurde. Frankreich hat nur einen
kleinen Teil deſſen bezogen, was es beziehen ſollte, weil es für
ſeine Induſtrie die deutſche Konkurrenz fürchtete. Das Fallen
des franzöſiſchen Franken wird ſich weiter
voll=
ziehen, wenn die Verlängerung der Micum=Verträge
unmög=
lich iſt, was heute ſchon feſtſteht, und wenn man nicht zu einer
Reparationslöſung kommt. Streſemann bemerkte ſodann zu
der von Deutſchland aufzunehmenden Anleihe:
Die Anleihe
ſetzt, glaube ich, nach der Auffaſſung aller Sachverſtändigen zu
urteilen, die Schaffung einer deutſchen
Verkehrs=
freiheit, einer deutſchen Reichseinheit und die
Wiederherſtellung der Verhältniſſe vor der
Ruhrbeſetzung voraus. Ohne die deutſche Reichsbahn gibt
es keine Anleihe. Die deutſche Reichsbahn ohne die Regiebahn
ſtellt keine innere Einheit dar. Das Deutſche Reich, das nicht
ſeine Souveränität im Rahmen ſeiner Grenzen ausübt, iſt nicht
ein Volkskörper, der der Welt Sicherheit gibt, daß die ihm
ge=
währte Anleihe auch dauernd verzinſt wird. In der
fran=
zöſiſchen Kammerdebatte ſieht man eine Unſichers
heit darüber, ob die uns gegenüber verfolgte Politik die
rich=
tige war. Wir ſtehen wahrſcheinlich vor großen Entſcheidungen,
Die nahe Zukunft wird eine Verſtändigung
bringen. Seien wir uns klar darüber: Jede Verſtändigung
wird uns außerordentliche, in normalen Zeiten
kaumerträg=
liche Laſten bringen, und ſie wird mit dem Einfluß des
internationalen Kapitals auf diejenigen Inſtitutionen
verbunden ſein, bei denen es ſich beteiligt. Gewiſſe Organe, die
ſich ſo gern allein national nennen, werden davon ſprechen, daß
man Deutſchland unter eine internationale Kontrolle ſtelle. Wenn
wir eine Goldnotenbank ſchaffen, für die wir das Kapital
nicht allein aufbringen können, werden die ausländiſchen
Gläubiger ihre Vertreter im Aufſichtsrat
verlau=
gen, ebenſo wie die deutſchen Induſtriellen ihre Vertreter
ver=
langen würden. Man ſoll nicht glauben, dieſe rein realpolitiſchen
allgemeinen Fragen mit allgemeinen Redensarten abtun zu
können.
Eine andere Frage, bei der es an harter Kritik nicht gefehlt
hat, iſt die Frage der
Weiterbezahlung der Beſatzungskoſten.
Man hat es ſo hingeſtellt, als ob die Weiterzahlung auf das
Drängen des Außenminiſteriums erfolgt ſei, und als ob ich eing
beſſere Atmoſphäre in Brüſſel und Paris ſchaffen wollte. Die
Vertreter der beſetzten Gebiete waren kürzlich im Verlin
verſam=
melt, und alle verlangten, daß die Beſatzungskoſten bezahlt
wür=
den, weil die Nichtbezahlung mit der Plünderung der ſtädtiſchen
Kaſſen und der Wegnahme des Privateigentums gleichbedeutend
ſei. Die Frage der deutſchen Rheinlandpolitik iſt eine Frage
der Rückſichtnahme auf das beſetzte Gebiet und nicht eine Frage
der Außenpolitik. Wir werden auch hier nur ſo weit gehen
kön=
nen, als es die finanzielle Lage erlaubt. Wir wollen dem
beſetz=
ten Gebiet zeigen, daß wir das Letzte mit ihm teilen wollen. Die
Frage muß im Geſamtrahmen der Reparationen gelöſt werden,
Sie nimmt einen Umfang an, der für uns unerträglich iſt. Dig
Beſatzungskoſten nehmen auch demjenigen das Koſtbarſte weg,
der ſie zu bekommen hat, und der da glaubt, durch eine Beſatzung
von 176 000 Mann ſich Sicherheit verſchaffen zu müſſen.
Dr. Streſemann wandte ſich dann
zu und beſprach beſonders die Vorgänge in Sachſen,
Thüringen und Bayern und den Beamten= und
Ge=
haltsabbau, ſowie die Frage der Finanzen. Durch
die Sprengung der Koalition zwiſchen den Sozialdemokraten un=
Kommuniſten haben wir eine ganz andere Ordnung der Ding
in Sachſen erhalten, die wir nach dem Ergebnis der Wahlen auch
in Thüringen erwarten. Hinſichtlich der Vorgänge in Baher!
wies der Redner auf die große Gefahr hin, die Deutſchland be
einem Erfolg des Münchener Putſches gedroht hätten.
Deutſch=
land hätte dann nicht nur den Bürgerkrieg im Innern, ſondern
auch einen Einmarſch von drei Seiten gehabt.
Die Hauptſache ſei, daß wir kein Defizit mehr im
Etat hätten. Die Reichsbahn ſei auf eigene Füße geſtellt
wor=
den, und es würden ihr noch 30 Millionen Goldmark mitgegeben
Mit der Poſt werde dasſelbe wie mit der Reichsbahn geſchehen.
Bevor die Rentenmark hätte herausgegeben werden können, hätte
doch der Staat in Ordnung gebracht werden müſſen. Die
Ren=
tenmark haben wir in den Verkehr gebracht, ſagte der Miniſter
als wir in der Lage waren, den Etat zu balanzieren. Der
viel=
angefeindete Finanzminiſter Dr. Luther hat alles getan, um
ſei=
nen Etat bis heute in Ordnung zu halten. Es handelt ſich jetzt
darum, für die deutſche Wirtſchaft und auch für die deutſche
Land=
wirtſchaft Kredite zu ſchaffen. Die deutſche Wirtſchaft iſt nicht
mehr in der Lage, ſich das Geld zu beſchaffen, das ſie ſo notwendig
zur Fortführung ihrer Betriebe braucht. Dieſe Kredite brauchen
wir. Es ſoll hier ein Bankinſtitut geſchaffen werden, das neben
dem Gold der Reichsbank Deutſchland ausländiſches Gold in
Form von Krediten geben kann, auch für die Bedürfniſſe der
deutſchen Landwirtſchaft. Dieſe brauchen wir, weil wir nur ſo
in der Lage ſind, die Arbeit ganz wieder aufzunehmen. Die Zahl
der Kurzarbeiter iſt auf ein Viertel zurückgegangen. Dr. Schacht
hat in Paris erwirkt, daß wir eine Goldnotenbank errichten. Das
Problem, die Währung ſtabil zu erhalten, iſt das Problem der
Probleme. Der Miniſter beſprach noch die Frage der
Aufwer=
tung der Hypotheken. Er erklärte, hier ſei ein Kompromiß
ge=
ſchaffen worden. Man ſolle ſich auf beiden Seiten damit
einver=
ſtanden erklären. Zu der Frage der Aufwertung der
Staats=
anleihen bemerkte der Miniſter, die Aufwertung müſſe ſolange
zurückgeſtellt werden, ſolange wir gezwungen ſeien, ausländiſche
Hilfe zu beanſpruchen. Daß wir über die ganzen letzten Monate
glücklich hinweggekoyunen ſind, müſſen wir dankbar dem Volke
gegenüber anerkennen. Was wir dem Volke zugemutet haben,
geht über das, was jemals eine Regierung einem Volke
zuge=
mutet hat. Wie lange dieſer ſchlumme Weg, den wir noch gehein
müſſen, dauert, weiß ich nicht. Eines ſehe ich als hoffnungsvoll
an, daß das Ausland, das ſo getan hat, als ob Deutſchland ein
falſches Bild gegeben hätte, nun einſieht, daß wir aus eigener
Kraft im Inuern Ordnung geſchaffen haben. Das war ein
gro=
ßes Plus, das wir dem Sachverſtändigenkomitee aufzuweiſen
hatten.
Rummer 49.
Darmſtädter Tagblatt, Montng, deit 18. Februar 1924.
Stadt und Land
Darmſtadt, 18. Februar.
Zulaſſung ausländiſcher Kraftfahrzeuge.
Eine beachtenswerte Warnung.
An den Vorſtand des Heſſ. Automobilklubs
Darm=
ſtadt hat das heſſ. Kreisamt das nachſtehende Schreiben
gerichtet:
„In letzter Zeit mehren ſich die Fälle, in denen bei uns
An=
träge auf Zulaſſung von Fahrzeugen ausländiſcher Herkunft,
ins=
beſondere ſolcher franzöſiſchen Fabrikats, geſtellt
tverden.
Nach beſtehender Vorſchrift dürfen derartige Fahrzeuge von
uns erſt dann zur Benutzung auf öffentlichen Wegen, Straßen
und Plätzen zugelaſſen werden, wenn eine ordnungsmäßige
Einfuhrbewilligung vorliegt. Zuſtändig für ihre
Er=
teilung iſt die Außenhandelsſtelle, für die
Fahrzeug=
induſtrie in Berlin NW. 7, Unter den Linden 57. Nach den bis
jetzt gemachten Erfahrungen iſt kaum damit zu rechnen,
daß die Einfuhrbewilligung erteilt wird oder
doch nur unter Auferlegung eines entſprechend
hohen Goldzolles.
Anlaß zu dieſen Maßnahmen gab die Tatſache, daß die
fran=
zöſiſchen Einfuhrſtellen im beſetzten Gebiet, insbeſondere Ems,
franzöſiſche und andere ausländiſche Kraftwagen in das beſetzte
Gebiet ohne Einfuhrzoll und ohne Zahlung von Luxusſteuern
hereinließen. Hinzu kommt noch, daß franzöſiſche und andere
ausländiſche Wagen unbeſchränkte Fahrerlaubnis im beſetzten
Gebiet haben, während dieſe den deutſchen Wagen nur unter
allerlei Schwierigkeiten oder nur in ganz beſchränktem Maße
gegeben wird. Dem Vernehmen nach ſollen deutſche
Wagen neuerdings, für den öffentlichen
Ver=
kehr im beſetzten Gebiet überhaupt nicht mehr
zugelaſſen werden. Auf dieſe Weiſe geht für die
Auto=
mobilinduſtrie im unbeſetzten Deutſchland eines der wichtigſten
Abſatzgebiete verloren.
Pflichteinesjeden Deutſchen muß es deshalb ſein,
dem mit nichts zu rechtfertigenden Verhalten der franzöſiſchen
Beſatzungsbehörden mit allen, zu Gebote ſtehenden
Mitteln entgegenzuwirken.
Um die Intereſſenten beim Ankauf von ausländiſchen Wagen
bor eventl. Schäden zu bewahren, erſuchen wir ergebenſt, die
Mitglieder Ihres Klubs bei nächſter Gelegenheit auf die
beſtehen=
den Beſtimmungen ausdrücklich aufmerkſam zu machen und
dar=
auf hinzuwirken, daß von dem Ankauf ſolcher Wagen
nach Möglichkeit Abſtand genommen wird. Die
Verzollung im Inland wird unter Umſtänden ſo hoch werden,
daß für die Erwerber ausländiſcher Wagen kaum ein Gewinn
entſtehen dürfte, ſelbſt wenn letztere im Preiſe erheblich billiger
ſein ſollten, als deutſche Wagen.”
— Heſſiſches Landestheater (Großes Haus). Es wird noch einmal
beſonders darauf aufmerkſam gemacht, daß die heutige Aufführung von
Sgambatis „Requiem” erſt um 7½ Uhr beginnt.
— Freie Literariſch=Künſtleriſche Gefellſchaft. Joachim von der
Goltz wird bei dem Vortragsabend, den er auf Einladung der Freien
Literariſch=Künſtleriſchen Geſellſchaft morgen Dienstag. ½8 Uhr, im
Mathildenhöhſaale gibt, ſeine neueſte Dichtung „Luzifer”, die er nach
dem Vorwurf eines altniederländiſchen Spiels von Vondel geſchaffen
hat, vortragen. Bei dem ſtarken Intereſſe, das das erſte Auftreten
einer ſo markanten Dichterperſönlichkeit wie von der Goltz in
Darm=
ſtadt erregt, empfiehlt ſich rechtzeitige Kartenbeſorgung; den
Vorver=
kauf hat die Buchhandlung Bergſträßer übernommen.
„se. Hanns Reimann gab geſtern vormittag im „Kleinen Haus”
wie=
derum eine humoriſtiſche Matinee, die ſehr gut beſucht war und wie
immer ſehr animiert verlief. Der Künſtler verſteht es ausgezeichnet, in
ganz kurzer Zeit den bei derartigen Darbietungen unerläßlichen
Kon=
takt mit ſeinen Zuhörern herzuſtellen, ſo daß bald eine recht fidele
heitere Stimmung herrſchte. War Hanns Reimann in ſeinen ſächſiſchen
Mundart=Humoresken und Satiuen auch immer Meiſter, ſo bewies ſein
geſtriges Auftreten doch, daß der Künſtler mit Erfolg beſtrebt iſt, ſeinen
Vortrag noch zu bilden und zwingender zu geſtalten. Da Hanns
Rei=
mann nur eigene „Dichtungen” zu Gehör bringt, gab er faſt durchweg
Neues, und ſorgte ſo für ſprudelnde Abwechſelung. Was er brachte?
Wer kann dieſe Fülle anführen oder auch nur einiges daraus
hervor=
heben! Man lachte Tränen und rief: „Auf Wiederſehen!“
Seite 3.
Berufsgenoſſenſchaft für Heſſen auszuzahlenden Renten die vor dem
Kriege gezahlten Beträge erreicht, zum Teil ſind die heutigen Renten
ſogar höher wie vor dem Kriege. Zwei Arten von Rentenempfängern
führen aber immer wieder wegen unzureichender Höhe ihrer Renten
Klage: Das ſind einmal die Betriebsunternehmer (oder Ehefrauen
von ſolchen), bei denen die Bedürftigkeitsfrage verneint worden iſt,
und zum anderen diefenigen, die nur 10= oder 15proz. Renten
be=
ziehen. Dieſen ſteht zurzeit nach den geſetzlichen Beſtimmungen eine
Rente von nur 1 Milliarde Mark zu. Hierin iſt mit Wirkung vom
1. Februar d. J. eine Wandlung inſofern eingetreten, als der
Vor=
ſtand nunmehr von ſeinem, ihm auf Grund geſetzlicher Beſtimmung
zuſtehenden Rechte, die Bedürftigkeitsfrage bei Betriebsunternehmern
bzw. bei Ehefrauen von ſolchen) zu prüfen, Abſtand nimmt. Dieſe
Rentenempfänger erhalten demnach von dem genannten Zeitpunkt ab
die Zulagen zu ihren Stammrenten. An der äußerſt geringen Höhe
der 10= oder 15proz. Renten kann der Vorſtand indeſſen nichts ändern,
da ihn zwingende geſetzliche Vorſchriften binden.
— Steuer vom Gebäudebeſitz. Der Ausſchlag der nach dem
Ge=
ſetz über eine außerordentliche Steuer vom Gebäudebeſitz für 1923 zu
erhebenden Steuer hat nach der Vorſchrift in Artikel 1 dieſes Geſetzes
gemäß den Vorſchriften des Gemeindeumlagengeſetzes vom 7. Auguſt
1920 zu erfolgen. Es iſt alſo dem Ausſchlage zu Grund zu legen der
gemeine Wert der in Betracht kommenden Objekte. Allgemein iſt
dieſer Wert letztmals feſtgeſtellt worden für das Steuerjahr 1914.
Nach dieſer Zeit von der Veranlagungsbehörde in einzelnen Fällen
vorgenommene Höherbewertungen infolge von Eigentumsübergängen
(Kaufpreis) uſw. können auf Antrag der Steuerpflichtigen auf den
Stand von 1914 zurückgeführt werden. Ebenſo ſind nach 1914 neu
errichtete Gebäude auf Antrag des Pflichtigen ſo zu bewerten, wie
es für 1914 geſchehen wäre, wenn ſie damals ſchon beſtanden hätten.
An ſich ſtehen die Steuerwerte, die zuletzt im Veranlagungsverfahren
für 1922 grundſätzlich feſtgeſetzt worden ſind, rechtskräftig feſt, ſoweit
gegen ſie kein Rechtsmittel erhoben wurde. Mit Rückſicht auf die Höhe
des Steuerſatzes hat jedoch das Finanzminiſterium die Finanzämter
ermächtigt, in allen Fallen, in denen nach 1914 Höher= oder
Neube=
wertungen ſtattgefunden haben, auf Antrag der Steuerpflichtigen eine
Neuveranlagung in obigem Sinne vorzunehmen.
—Straßenbahntarifpreiſe. Im Münchener Stadtrate wurde
der Dringlichkeitsantrag geſtellt, die Direktion der Straßenbahn ſolle
be=
auftragt werden, dem Stadtrat eine Vorlage für die Einführung des
10 Pfg.=Einheitstarifs zu unterbreiten. Weiter ſollen die den
Verkehr verteuernden Tarife für die Außenſtrecken geändert und auch
die Preiſe der Wochenkarten in Uebereinſtimmnng mit dem 10 Pfg.=
Ein=
heitstarif gebracht werden.
* Winterfeſt der Metzgerinnung.
Die Metzgerinnung Darmſtadt veranſtaltete geſtern im Städtiſchen
Saalbau ein Winterfeſt, das einen in allen Teilen wohlgelungenen,
ebenſo angeregten wie harmoniſchen Verlauf nahm. Der geſchmackvoll
und farbenfreudig dekorierte Saal war dicht beſetzt. Auch von
aus=
wärts waren zahlreiche Gäſte erſchienen, und an der Tafel der
Ehren=
gäſte ſaßen viele behördliche Vertreter und ſolche gewerblicher
Organi=
ſationen.
Herr Obermeiſter Georg Appfel, der ſich um das Arrangement
und den flotten Verlauf des Feſtes beſonders verdient gemacht hat (ohne
dadurch die Tätigkeit der übrigen Vorſtandsmitglieder ſchmälern zu
wollen), nahm in ſeiner längeren Begrüßungsanſprache Gelegenheit,
den Erſchienenen namens des Innungsvorſtandes herzliches Willkomm
zu entbieten, inſonderheit den Herren Beigeordneten Ritzert und Daub,
Stadtv. Nohl, Kreisveterinärrat Dr. Nuß, Dr. Buſch und den übrigen
Beamten des Städtiſchen Schlachthofes, ferner dem Männerchor der
be=
freundeten Frankfurter Innung u. a. m. Der Vorſitzende des Deutſchen
Fleiſcherverbandes hatte in einem herzlichen Schreiben ſein Fernbleiben
entſchuldigt und darin betont, daß gerade in der jetzigen Zeit es eine
Notwendigkeit iſt, daß die Kollegen auch bei feftlicher Gelegenheit ſich
zuſammenfinden, da hierdurch der Gemeingeiſt geſtärkt und neuer Mut
zum Durchhalten in ſchweren Zeiten geſchaffen iverde. Das betonte im
weiteren Verlauf ſeiner Rede auch Herr Appfel, und hob beſonders
dankbar das harmkoniſche Zuſammenwirken mit der Frankufrter
In=
nung hervor. Nur dieſes einige Zuſammenarbeiten mit benachbarten
Organiſationen konnte es ermöglichen, die ſchwere Zeit der
wirtſchaft=
lichen Nöte zu überſtehen. Leider ſei es den Kollegen im beſetzten
Ge=
biet, am Rhein, an der Ruhr und in der Pfalz nicht möglich), heute
Feſte zu feiern, aber gerade darum weilten heute alle Gedanken in
herzlicher Kameradſchaft bei denen, die unter der Bedrückung zu leiden
haben. Wie ſie, erſehnen wir alle die endliche Wiederbefreiung des
deutſchen Vaterlandes, dem das dreifache Hoch des Redners galt, das
brauſenden Widerhall fand.
Herr Beigeordneter Ritzert ſprach namens der ſtädtiſchen
Ver=
treter den herzlichſten Dank für die Einladung und die warme
Begrü=
ßung aus, betonte ſeinerſeits, daß die Stadtverwaltung jederzeit gut
mit den Metzgermeiſtern zuſammengearbeitet und ausgekommen ſei,
wenn auch der Herr Obermeiſter heute noch oft ſchimpfe, und daß dieſes
Zuſammenarbeiten weſentlich geholfen habe, die Darmſtädter
Bevölke=
rung über die Schwere der Kriegs= und Nachkriegszeit hinwegzuhelfen.
Allerdings bleibe auch heute noch viel zu tun, harren noch viele und
wichtige Aufgaben auch im Metzgergewerbe und im Schlachthofbetrieh
der Löſung, aber bei weiterem einigen Zuſammenarbeiten werde dieſe
Löſung ſicher gelingen. Er wünſcht dem Darmſtädter Gewerbe ein
wei=
teres Blühen und Gedeihen; ſein Hoch galt beſonders dem
Metzger=
gewerbe.
Herr Vorhöfer=Frankfurt überbrachte herzliche Grüße der
Frankfurter Innung und beſonders herzlichen Sängergruß des
Männer=
chors dieſer Innung, der der Einladung geſchloſſen gefolgt ſei und gern
das Feſt verſchönern helfen wolle. — Dann überbrachte Herr Stadtv.
Nohl Dank und Grüße des Ortsgewerbevereins und der
Handwerker=
vereinigung. Die heutige Feſtveranſtaltung beweiſe, daß nun auch das
Metzgergewerbe über ſeine Kriſe hinaus iſt, und es ſei zu hoffen, daß
das bald auch im ganzen übrigen Gewerbe der Fall ſein möge, die
ganze Bevölkerung werde davon Vorteil haben. Gewiß werde ein
ſolches Feſt auch Gegner haben, aber die Erfahrung lehrt, daß es
durch=
aus notwendig und erſprießlich iſt, die Berufskollegen einmal in
feſt=
lichem Kreiſe auch mit den Familien zuſammenzuführen. Redner ſchloß
mit dem Ausdruck der Hoffnung, daß auch in Zukunft Handwerk und
Gewerbe harmoniſch zuſammenarbeiten mögen.
*
Für den unterhaltenden Teil des Winterfeſtes war ein ebenſo
reichhaltiges wie intereſſantes künſtleriſches Programm aufgeſtellt, das
mancherlei ſchöne Ueberraſchungen brachte. Die muſikaliſche Leitung
lag bei Herrn Obermuſikmeiſter Weber wie immer in ſtets bewährten
Händen. Nach einleitender temperamentvoller Muſik ſprach Herr
H. Volz jr. einen kernhaften Prolog. Der Männerchor der
Metzger=
innung unter Leitung des Herrn Richard Metzner brachte in beſter
Schulung guten Materials eine Reihe prächtiger deutſcher Lieder zu
Gehör, was unter allgemeinem Beifall ſpäter auch der Männerchor der
Frankfurter Innung tat. Weiter brachte das Programm Lieder zur
Laute, die Herr Hinz ganz ausgezeichnet ſang und begleitete, und
dann — Frau Schneider=Gothe! Der Name iſt zu einem
Programm geworden, dem man kein Urteil mehr beizufügen braucht.
Der unverwüſtliche, köſtliche und ſo liebenswürdig geſpendete Humor
dieſer Künſtlerin riß wieder alle mit, und ſtürmiſcher Beifall heiſchte
dauernd Zugaben. Mit einem Rieſen=Blumenkorb ſeltener Art, wie ihn
eben nur Metzgermeiſter ſpenden konnten, dankte ihr der
Innungs=
vorſtand. Ein ganz reizendes junges Tänzerpaar lernte, man in den
kleinen Geſchwiſtern Hartmann kennen, das eine Reihe moderner
Tänze höchſt vollendet und graziös vorführte. — Den Abſchluß des
Programms bildete die Darſtellung moderner Plaſtiken durch die
Her=
ven L. Schmidt und J. Veith jr. — Dann begann der obligate
Di. St.
Feſtball.
— Zur Frage der Lehrlingsaufnahme. In der letzten
Vorſtands=
ſitzung des O. G. V. u. d. H. V. Darmſtadt wurde auch die Frage der
Lehrlingsaufnahme im Frühjahr dieſes Jahres behandelt. Von
ſämtlichen Vertretern faſt aller Berufe wurde die Erklärung
abgege=
ben, daß die zur Lehrlingsausbildung zugelaſſenen Handwerksmeiſter
an Oſtern genau ſo viel Lehrlinge aufnehmen wollten, wie in gut
be=
ſchäftigten Jahren. Alle zu ergreifenden Maßnahmen ſeitens des
ſtädtiſchen Schulamtes und alle ſonſtigen Beſtrebungen von anderer
Seite, die ſchulentlaſſenen jungen Leute in Lehrwerkſtätten
auszubil=
den, ſeien ganz überflüſſig und auch wohl kaum durchführbar. Die
ſtädtiſche Berufsberatung müßte nur dafür ſorgen, daß nicht alle
jun=
gen Leute Schloſſer und Elektriker werden wollen, denn in vielen
Be=
rufen beſtände direkt ein Mangel an Nachwuchs. Es wurde beſchloſſen,
der Berufsberatungsſtelle ein Verzeichnis einzuſenden, aus dem
her=
vorgeht, wieviel Lehrlinge in den einzelnen Berufen Aufnahme finden
können. Auch ſollen in erſter Linie die jungen Leute unſerer Stadt
berückſichtigt werden.
Lokale Veranſtaltungen.
Die blerunker erſchelnenden Notizen ſind ausſchließlich als Hinweiſe auf Anzeigen zu befrachien,
in keinem Falſe irgendwie als Beſprechung oder Kritſt.
— Schwedenfahrt. Heute nachmittag um 3 Uhr wird der
Vorverkauf geſchloſſen. Wie bereits hier ſchon mitgeteilt, kann der
Vortrag nur einmal ſtattfinden.
Kunſinotizen.
(ſeber Werte, Künſtſer und künſileriſche Veranſtaltungen, deren im Nachſiehenden Erwähnung
geſchieht, behält ſich die Redaktion ihr Urteil vor.
— Darmſtädter Kammerorcheſter. Veranlaßt Gdurch
die Erfahrungen der letzten Konzerte, bei denen ſich der Saal der Loge
als nicht mehr ausreichend erwies, findet das zweite diesjährige
Kon=
zert des Darmſtädter Kammerorcheſters am Sonntag, 24. Februar,
vor=
mittags 111 Uhr, im Kleinen Haus ſtatt. Außer einem Concerto grosso
von Händel für Streichorcheſter und drei Soloinſtrumente kommt eine
Sufte von Telemann zum erſtenmal zur Aufführung. Dieſe wurde aus
den auf der Heſſiſchen Landesbibliothek nur noch vorhandenen
Manu=
ſkriptſtimmen von dem jungen Dirigenten Auguſt Vogt, von deſſen
hervorragender Begabung anläßlich der früheren Konzerte des
Orche=
ſters alle Blätter berichteten, für den heutigen Konzertgebrauch
bear=
beitet. Sie iſt durch Originalität der Einfälle und derbe Komik
beſon=
ders wirkungsvoll. — Selten gehört wwird das wundervolle Konzert für
zwei Klaviere mit Orcheſterbegleitung in C=Moll von Joh. Seb. Bach,
das die beiden trefflichen Pianiſtinnen Fräulein Mathilde Neef und
Fräulein Guſſy v. Bellersheim vortragen werden. — Den Schluß
des Programms bildet die hier ſeit Jahren nicht gehörte Sinfonie mit
dem Bärentanz von Joſ. Haydn, ein Werk voller Friſche und
Lebens=
freudigkeit.
Der Mozariverein Darmſtadt
veranſtaltete am Samstag im Städtiſchen Saalbau einen Bunten
Abend. Das Programm war ebenſo reichhaltig wie vielſeitig. Die
Klänge der Hauskapelle unter Leitung des Vereinsmitglieds Herrn
Malcherek begrüßten die zahlreich erſchienenen Gäſte. Daß die
künſtleriſchen Darbietungen des Abends mit Mozartſcher Muſik eröffnet
wurden, iſt beim Mozartverein Selbſtverſtändlichkeit. Fräulein Elſe
Biedenkopf, eine Schülerin von Herrn Biſchoff, ſang aus „
Figa=
ros Hochzeit” die Arie der Gräfin im letzten Akt. Ihre gut gebildete
Sopranſtimme klang rein und einſchmeichelnd, auch in den beiden
Lie=
dern von Franz Schreker „Lenzzauber” und „Frühling”. Blumen und
reicher Beifall dankten der Sängerin. Dann folgte ein Klavierſolo,
Walzer von Joh. Brahms, von Herrn Karl Dietrich in Vortrag
und Technik ausgezeichnet geſpielt. Herr Edgar Gernot (Schüler
des Herrn Andreaſſon) ſpielte ein Konzertſolo von Dancla, „Souvenir”
von Drdla und „Irrlicht” mit überraſchender Reife des Vortrags. Der
rauſchende Beifall der Hörer erpreßte eine Zugabe. Herr Deckart
ſang mit ſehr ſchöner Baritonſtimme drei bekannte und immer gern
gehörte Lieder („Ich hab, ein kleines Lied erdacht”, von Vurkard,
„Fiſchermädchen” von Schubert, „Freiſinn” von Schumann), die von
Herrn Kapellmeiſter Hans Simon mit gewohnt gutem Ausdruck
be=
gleitet wurden. Pauſen im Programm füllte die vorzügliche
Haus=
kapelle aus. Die Laute, die beim „Bunten Abend” und zum Fröhlichſein
nicht fehlen darf, eröffnete den zweiten Teil des Programms. Herr
Fey (im Tiroleranzug) bot mit ſeinen Liedern zur Laute wohl eine
der gelungenſten Darbictungen des Abends. Stürmiſcher Beifall lohnte
den friſchen Sänger. Meiſterhaft dargeſtellt wurden dann die Marmor=
und Porzellanfiguren, wie Diskuswerfer, Tyrannenmörder, Ringer,
Menelaus mit der Leiche des Patroklos, Neckerei, Tanzrauſch,
Geheim=
nis, das Allerneueſte, die Bremer Stadtmuſikanten und Aſchermittwoch
durch Vereinsmitglieder. Die Gebrüder Bopp traten als Komiker
auf und wußten viel Heiterkeit auszulöſen. Frau Aenne Osborn
erfreute mit verſchiedenen Tänzen, die überreichen Beifall fanden, unter
anderem mit einem entzückenden Bauerntanz, der wiederholt werden
mußte. Das Programm wurde beſchloſſen durch eine Tanzparodie der
Gebrüder Bopp „Die erſte Tanzſtunde”, in der man ſich ja bekanntlich
noch nicht ſehr graziös anſtellt.
Dem „bunten” Teil, der um 11 Uhr zu Ende war, folgte noch der
geſellige mit Tanz. Die Kapelle wurde auf die Bühne erhöht und der
Saal für den Walzer, der die Reihenſolge der Tänze begann, geräumt.
In den Nebenräumen war Reſtauration. Der Saal und die Galerien
waren bis auf den letzten Sitz= und Stehplatz gefüllt. Das Feſt naym
den beim Mozartverein allerdings ſtets gewohnten ſchönen und
harmo=
niſchen Verlauf.
St.
H. Ober=Ramſtadt, 15. Febr. Gemeinderatsſitzung. Der
erſte Antrag betrifft eine Beſchwerde des Georg Emil Weber und
Kon=
ſorten wegen Schmälerung des Allmendgenuſſes durch Zuteilung
kleine=
rer Allmendgrundſtücke 3. Klaſſe. Zur endgültigen Regelung der Frage
wurde eine Kommiſſion, beſtehend aus den Gemeinderatsmitgliedern
Gunkel, Bendorf und Fornoff, gewählt. Die Sportplatzfrage hat hier
ſchon zu langwierigen Verhandlungen in= und außerhalb des
Gemeinde=
rats geführt, und erſt kürzlich hat ſich eine öffentliche Verſammlung der
Sportvereine wieder hiermit befaßt. In dieſer haben die intereſſierten
Sportvereine in einer Reſolution die Abtretung des Ackers am Sportplatz
zur Erweiterung des letzteren gefordert. Dem Antrag wird ſtattgegeben.
Bekanntlich erfolgte die Veröffentlichung der amtlichen
Bekanntmachun=
gen der Bürgermeiſterei ſeither durch die Odenwälder Nachrichten hier.
Im Dezember 1923 hat der Gemeinderat mit 8 gegen 7 Stimmen
be=
ſchloſſen, die amtlichen Bekanntmachnugen künftig nicht mehr durch das
obengenannte Blatt, ſondern durch Anſchlag veröffentlichen zu laſſen.
Daraufhin hat das Blatt für 52 Bekanntmachungen Rechnung über 205,50
Goldmark eingereicht. Die Abſtimmung ergab 9 Stimmen für die
Auf=
wertung der Vierteljahrespauſchale und 2 Stimmen für Zahlung der
Goldmarkrechnung; 4 Mitglieder haben ſich der Abſtimmung enthalten.
Danach erhält das Blatt nur die Aufwertung der Pauſchale, die für die
Monate Oktober, November und Dezember 1923 je etwa 46 Goldpfennige
beträgt. Mit Rückſicht auf die diesjährigen Witterungsverhältniſſe hatte
der Pächter der hieſigen Schafweide, Herr Wilhelm Hartmann=Romrod
(Oberheſſen), um eine Pachtermäßigung nachgeſucht. Der Antrag wurde
abgelehnt. Mit der Umſtellung der ſeitherigen Haftpflichtverſicherung
von Papiermark auf Goldmark bei der Frankfurter Allgemeinen
Ver=
ſicherung=A.=G. erklärt ſich der Gemeinderat einverſtanden. Infolge des
während der Geldentwertung ſtets äußerſt ſchlechten Kaſſeſtandes der
Waſſerwerkskaſſe konnten den beiden Angeſtellten des Waſſerwerks die
Gehaltsbezüge niemals rechtzeitig, oft ſogar erſt ſehr verſpätet,
aus=
gezahlt werden. Nachdem in einer der letzten Sitzungen dem Rechner der
Waſſerwerkskaſſe durch Umgeſtaltung ſeiner Bezüge eine Entſchädigung
zugeſprochen wurde, wurde heute dem Rohrmeiſter Rückert eine ſolche in
Höhe von 20 Goldmark bewilligt. Die Herſtellung der Randſteine für
die obere Adlergaſſe wurde dem Maurermeiſter Peter Würtenberger 3.
auf Grund ſeiner Offerte vom 1. Februar d. J. zum Preiſe von 3,45 Mk.
pro laufender Meter übertragen. Ein Geſuch der Steinbrucharbeiter
über Lohnerhöhung ergab bei ſchriftlicher Abſtimmung 9 Stimmen für
Zahlung von 45 Pf. Stundenlohn, 4 Stimmen für Tarifzahlung, 2
un=
beſchriebene Stimmzettel und eine Stimmenthaltung. Der damit
be=
ſchloſſene Stundenlohn von 45 Pf. ſoll von der laufenden Woche an
be=
zahlt werden. Der Dringlichkeitsantrag der Arbeitsloſen wegen Erlaß
von Gemeindeſteuer, Holz= und Kartoffelgeld wird dahin erledigt daß
die Einzelnen beſondere Geſuche einreichen ſollen, die dann durch die
Wohlfahrtskommiſſion endgültig entſchieden werden. Dem Kreisſchulamt
gegenüber ſchlägt der Gemeinderat einſtimmig Herrn Lehrer Schaffnit
als Rektor der hieſigen Volksſchule vor. Für das demnächſt auszugebende
Ortsbürgerlosholz wird eine Preisſtaffelung vorgenommen und ſtellt ſich
der Hauerlohn für 1½ Raummeter Buchen=, 1 Rm. Kiefern=Knüppel
und 30 Wellen auf 8 G.=Mk., für 11 Rm. Buchen=Knüppelholz und
zweimal 30 Wellen auf 7 80 G.=Mk. und für 3 Rm. Holz auf 7.10 G.=Mk.
Für das an Nichtortsbürger abzugebende Brennholz wurden folgende
Tarifpreiſe feſtgeſetzt: Buchen=Scheiter pro Rm. 12 G.=Mk. Eichen=,
Kiefern= und Birken=Scheiter pro Rm. 10 G.=Mk., Buchen=Knüppel pro
Rm. 10 G.=Mk., Eichen=, Kiefern=, Lärchen= und Birken=Knüppel pro Rm.
8 G.=Mk., Buchen=Stöcke pro Rm. 6 G.=Mk., Eichen= und Kiefern=Stöcke
pro Rm. 5 G.=Mk. In beiden Fällen werden die bereits geleiſteten
An=
zahlungen aufgerechnet.
X Alsfeld, 15. Febr. Kinderfürſorge. Die Stadt iſt in der
Lage, täglich zirka 70 Kindern ein warmes Frühſtück in der Schule
verab=
reichen zu laſſen. Erfreulicherweiſe unterſtützen viele Nachbargemeinden
das wohltätige Unternehmen durch reiche Gaben.
Tageskalender.
Landestheater, Großes Haus, Anfang 7½ Uhr, Ende 9/= Uhr:
Requiem von Sgambati. — Keines Haus, Anfang 7 Uhr,
Ende 10 Uhr: „Katte‟. — Orpheum, 734 Uhr: „Das Fräulein
vom Amt” — Union=, Reſidenz=, Zentral=Theater, Palaſt=Lichtſpiele:
Kinovorſtellungen.
Verſteigerungskalender. — Dienstag, den 19. Februar.
Holzberſteigerung, vorm. ½9 Uhr in der Wirtſchaft „Zum
Heiligen Kreuz”. — Nutzholzverſteigerung im
Spach=
brücker Gemeindewald. Zuſammenkunft bei Gaſtwirt Heberer,
Station Meſſel.
Hauptſchriftleitung: Rudolf Mauve
Verantwortlich für Politik und Wirtſchaft: Rudolf Mauve
Verantwortlich für Feuillcton und Heſſiſche Nachrchten: Max Streeſe
Verantwortlich für Sport: Dr. Eugen Buhlmann
Verantwortlich für Schlußd en: Andreas Bauer
Verantwertlich für den Inſeratentel: Willy Kuhle
Druck und Verlag: L. C. Wittich — ſämtlich in Darmſtadt.
Die heurige Rummer hat 6 Seiten
Familiennachrichten
Leopold Häusler
Lilli Häusler
geb. Kahn
VERMAHLTE
Darmstadt
Mannheim
D. 7.
17. Febr. 1924
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Buchen= und Eichen=
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(mittlerer Dura meſſer 31—42 cm);
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Nieder=Ramſtadt, 15. Februar 1924.
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Seite 4.
Darmſtädter Dagblatt, Montag, den 18. Febrttar 1924,
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Sport, Spiel and Tarnen.
Süddeuiſchland gewinnt den Bundespokal. —Die Deutſchlandfahrt.
Fußball.
* Süddeutſchland — Norddeutſchland 4:2.
Am hiſtoriſchen Riederwald=Platz fand das Pokal=Endſpiel
zwiſchen Nord= und Süddeutſchland ſtatt. Es endete mit dem
überlegenen Sieg der beſſeren ſüddeutſchen Mannſchaft. 30 000
begeiſterte Zuſchauer umſäumten den in guter Verfaſſung
be=
findlichen Platz. Der Platz hat wohl, die bisher größte
Be=
laſtungsprobe aushalten müſſen. Trotz der muſtergültigen
Orga=
niſation brachen die Maſſen an einzelnen Stellen durch, da die
Ordnungsmannſchaften und die Schupo zahlenmäßig zu gering
waren. Zu ernſten Zwiſchenfällen iſt es jedoch erfreulicherweiſe
an keiner Stelle gekommen. Das Spiel konnte ungehindert
von=
ſtatten gehen. Die Frankfurter Straßenbahn arbeitete großzügig
und vorbildlich.
Beide Mannſchaften traten in der angekündigten Aufſtellung
auf den Plan, nur ſpielte bei den Norddeutſchen anſtelle des
Mittelläufers Mahnke der alte Repräſentative Eickhoff, der eine
Verſtärkung der Mannſchaft bedeutete. Schiedsrichter war Dr.
Bauwens=Köln.
Der Spielberlauf:
Es war eines der ſchönſten Spiele, die man bis jetzt ſah.
Es würde zu weit führen, wollte man all die vielen
Begeben=
heiten und jede Einzelheit dieſes zweimal 45 Minuten hin= und
herwogenden Kampfes ſchildern. Nur einige wenige Abſchnitte,
die in engſtem Zuſammenhang mit den Toren ſtehen, ſeien
herausgegriffen. Das Spiel war die erſte Hälfte offen, wenn
man auch eine leichte Ueberlegenheit der ſüddeutſchen
Mann=
ſchaft nicht verkennen konnte. In der 14. Minute erzielten die
Süddeuiſchen eine Ecke, die gut hereingegeben wurde. Nach
kurzem Hin und Her drückt Auer den Ball ein. Süddeutſchland
führt mit 1:0. Kurze Zeit darauf bringt ein Strafſtoß für
Norddeutſchland ebenfalls eine Ecke. Dieſe kommt ebenſo gut
zur Mitte, und ehe ſich Stuhlfaut beſinnen kann, hat Jäger den
Ball zum Ausgleich eingeſchoben. Dies war in der 25. Minute.
Bereits ver Minuten ſpäter erwiſcht Harder eine ſchöne Vorlage
von Jäger, und mit Prachtſchuß erzielt Norddeutſchland wohl
mit dem ſchönſten Tor des Tages die Führung. Die zweite
Spielhälfte brachte bereits in der dierten Minute den Ausgleich.
Kalb ſtielt den Ball gut vor und Aſcherl ſchießt in die linke
untere Ecke. Nun kommt eine böſe Viertelſtunde für die
ſüd=
deutſche Elf. Die Norddeutſchen arbeiten mit der größten Energie.
Ju dieſer Zeit hat Stuhlfaut Gelegenheit, ſein großes Können zu
beweiſen. Er erledigt ſeine Aufgabe meiſterhaft. Süd kommt
ſchließlich auf und ſpielt bis zum Schluß überlegen. Die
nord=
deutſche Mannſchaft will wohl manchmal noch, aber die
Süd=
deutſchen haben das Spiel dank ihrer beſſeren Läuferreihe
voll=
ſtändig in der Hand. Beim Schlußpfiff drängen die begeiſterten
Maſſen auf den Sportplatz, und ſoweit die Spieler nicht ſchon
in ihren Kabinen ſind, werden ſie jubelnd vom Platze getragen.
Der internationale Schiedsrichter Dr. Bauwens leitete den
Kampf. Er war heute nicht beſonders gut. Er machte zahlreiche
Schnitzer, die erfreulicherweiſe beide Gegner ziemlich gleichmäßig
trafen.
Die Mannſchaften:
Die norddeutſche Elf: Meier im Tor war glänzend. An den
vier Vällen trifft ihn keine Schuld. Er hielt eine Reihe ſehr
ſchwieriger Bälle. Die Verteidigung war ſtoßſicher, nur ſollte
Beier etwas weniger maſſiv ſpielen. In der Läuferreihe gefiel
nur der Mittelläufer Eickhoff, der zuletzt ſtark ermüdet ſchien,
da die ganze Arbeit auf ihm ruhte. Die beiden Außenläufer
pparen mäßig. Der Sturm, der lauter große, ſtämmige Leute
hatte, ſpielte ohne das nötige Sich=verſtehen. Jäger iſt nicht
nnehr der alte. Seine Ballverteilung iſt zwar gut, es fehlt ihm
aber die jugendliche Durchſchlagskraft. Harder verſagte
voll=
kommen auf dem ihm ungewohnten Poſten. Von Hartmann ſah
man ebenfalls recht wenig. Die Mannſchaft ſpielte nicht als
Ganzes. Es fehlte ihr die Einheitlichkeit.
Die ſüddeutſche Elf bildete ein Ganzes. Jeder Mann war
gut. Eine Ausnahme bildete Philipp, der eben nicht in die Elf
paßt. Hier mag wohl auch das Alter eine Rolle ſpielen.
Ueber=
ragende Glanzleiſtungen vollbrachten Hagen, Kalb, Auer und
Stuhlfaut.
Dem Wettkampf um den deutſchen Fußballpokal ging ein
Wettſpiel zwiſchen der Schiedsrichter=Vereinigung Frankfurt und
der von Mainz vor, das ſehr beluſtigende Momente aufwies und
daher die nötige Kurzweil für die wartende Zuſchquermenge
her=
gab. Es endete mit 2:0 Toren für Frankfurt.
Spielvg. 1921=Darmſtadt — Freie Tgd. Frankf.=Riederwald I.
4:1 (0:0).
Beide Mannſchaften ſtanden ſich auf dem Platze in Frankfurt
gegenüber. Darmſtadt nur mit 10 Mann. In der erſten
Halb=
zeit gleichwertiges Spiel beiderſeits. Nach der Pauſe gewinnt die
Darmſtädter Elf durch beſſeres Zuſammenſpiel die Oberhand
und drückt, ihren Gegner in ſeine Hälfte zurück. Riederwald
kommt nur noch ſelten auf, ihr Tor erzielen ſie durch Elfmeter
langeſchoſſene Hand). Schiedsrichter konnte nicht beſonders
ge=
fallen. — Spielvereinigung II. — Riederwald II. 1:0 (0:0).
Spielvereinigung, I. Jugend — Freie Tgde, Arheilgen, I.
Ju=
gend 0:0.
Weitere Ergebniſſe:
Gerutania=Frankfurt — Hanau 93 0:0.
Sportfreunde=Frankfurt — Mühlburg 1:0.
Eintracht=Frankfurt — 1. F.=C.=Pforzheim 0:3.
Viktoria=Hanau — V.f.B.=Großauheim 1:0.
T.=V. 60=München — Eintracht=Nürnberg 4:2.
Wacker=München — F.=C.=Bamberg 4:0
F.=V.=Nürnberg — F.=V. Teutonia=München 1:1.
T.=V. 60=Fürth — Pfeil=Nürnberg 3:0
Sp.=V.=Stuttgart — Phönix=Karlsruhe 4:0.
Schwaben=Augsburg — Bayern=München 3:2,
Saar=Saarbrücken — Saarlouis 7:3.
Trier 05 — T.=V.=Burbach 3:0.
Neunkirchen 09. — Sp.=V. 05=Saarbrücken 1:0.
V.f.B.=Mannheim — Phönix=Ludwigshafen 1:0
Ludwigshafen 03 — Feudenheim 3:1.
Städteſpiel Ludwigshafen — Dresden 9:6.
Meiſterſchaftsſpiel um die ſüddeutſche Meiſterſchaft.
Neunkirchen: Boruſſia=Neunkirchen — Fußballſportverein=
Frankſurt 2:2.
Stuttgart: Stuttgarter Kickers — Mannheim=Waldhof 2:0.
Länderſpiele der Schweiz.
Leichtathletik.
Frühjahrswaldlauf der Techniſchen Hochſchule.
Wachſende Beteiligung gegenüber der letztjährigen
Veranſtal=
tung gleicher Art hat die diesjährige erſte Athletik=Veranſtaltung
aufzuweiſen, nach Leiſtungen und Teilnehmerzahl, während
in=
folge der Ausſchreibung der Lauf der Beſten etwas ſehr ſchwach
beſetzt war, ſah der Lauf der Unterſtufe eine kaum geahnte
Be=
teiligung. Faſt 100 junge Leute beteiligten ſich an den Läufen.
Den Laufder Beſtenüber 4½ Km. gewann A.
Oeſte=
reich vor Ebſen und Holzgrefe, ſämtlich vom Akad.
Sportklub, womit der Sieger ſeine vorjährige Meiſterſchaft
verteidigte. Ueber 3 Km. tummelte ſich die große Maſſe der
Stu=
denten, um für ihre Korporationen oder Verbände Siegerehren
herauszuholen. Hier waren die Ergebniſſe folgende: Die Sieger
des Korporations=Preiſes (jede Korporation oder
Vereinigung ſtellte 6 Mann, die gewertet wurden):
1. Akad. Sportklub, 1. Mannſchaft
64 Punkte,
2. Ghibellinia A. T. V.
94
3. Akad. S. C., 2. Mannſchaft
132
4. Wieland.
145
5. Allemania A. T. V.
175
6. Rugia
274
Die Sieger der Verbandsmannſchaften hier
wurden je 15 Mann einer gewiſſen Gruppe gewertet):
I. A. T.B
266 Punkte,
II. Deutſche Burſchenſchaften
396
Die Einzelſieger in dieſer Klaſſe waren:
1. Braun, Akad. Sportklub,
2. Keil, Germania,
3. Letzerich, Ghibellinia,
4. Holle, Allemania,
5. Forſt, Wieland,
6. Schmidt, Wieland,
7. Zogbaun, Ghibellinia,
8. Köhler, A.S. C.,
9. Galle, A. S. C.,
10. Peters, Ghibellinia.
Turnen.
Turngeſellſchaft Darmſtadt 1875.
Die Wanderabteilung des Vereins unternimmt am nächſten
Sonntag, den 24. Februar, ihre 1. Wanderung im neuen
Vereins=
jahre. Der Abmarſch iſt um ½8 Uhr vom Vereinshaus und führt
durch den Park ſowie nähere Umgebung Darmſtadts. Um allen
Mitgliedern Rechnung zu tragen, iſt der Rückmarſch auf 1 Uhr
feſtgelegt worden. Gleichzeitig möchten wir erwähnen, daß alle
Wanderer, die in dieſem Jahre 10 Wanderungen mitmachen, bei
dem im nächſten Jahre wieder ſtattfindenden Auszeichnungsfeſte
die Wandernadel der Deutſchen Turnerſchaft erhalten. Deshalb,
Turner und Turnerinnen, friſch auf zur 1. Wanderung.
Am 9. März veranſtalten die Sänger des Vereins einen
Herren=Ausflug, zu welchem alle Turner freundlichſt eingeladen
werden. Vorausſichtlich wird derſelbe nach Meſſel führen, und
wir erwarten, daß auch an dieſem Sonntage die Turner ſich
zahl=
reich beteiligen.
Am Dienstag abend, ſindet im Vereinslokal, eine Sitzung
aller Vorturner ſtatt. Auf der Tagesordnung ſteht u. a.
Unter=
haltungsabend mit Lichtbildervortrag.
Boxen.
Hockeg.
Sportverein=Frankfurt — Hockeyklub=Darmſtadt 4:1,
T.=P. 68Frankfurt — T.=V.=Sachſenhauſen 5:3.
Der I. DB.C. macht darauf auſmerkſam, daß heute abend im.
Anſchluß an die Uebungsſtunde eine Verſammlung im Gaſthaus
zur Poſt (am weißen Turm) ſtattfindet zwecks Vorbereitung des
Kampfabends am Samstag, den 23, ds. Mts. Er bittet daher
um vollzähliges Erſcheinen.
Antiker Sport im Bilde.
Die altgriechiſche Reliefkunſt gehört zu den reizvollſten Gaben
der Schönheit, die uns das Altertum hinterlaſſen hat. Zwar
haben die Griechen als die höchſten Leiſtungen ihrer bildenden
Kunſt die Rundplaſtik und die Tafelmalerei betrachtet, aber die
freie Form des Reliefs, die mehr als ſchmückendes Beiwerk
ge=
dacht war, bot Anlaß zu intimeren Schilderungen des alltäglichen
Lebens, zu einer reicheren Erzählenskunſt und zu einer
beſonde=
ren Geſchloſſenheit der Geſtaltung. Zwei köſtliche altgriechiſche
Reliefs ſind vor kurzem in Athen zum Vorſchein gekommen, und
ſie haben noch ihre beſondere Bedeutung dadurch, daß ſie uns
den antiken Sport ſo lebendig im Bild vorführen, wie es ſonſt
nur noch auf Vaſen der Fall iſt. Die Reliefs dienten zum
Schmuck zweier Baſen von Statuen, und jede iſt auf drei Seiten
mit dieſen Darſtellungen geſchmückt, die faſt ſo friſch ſind, wie ſie
aus der Werkſtatt des Meiſters hervorgingen. Die Vorderſeite
der einen Baſis führt uns in die Paläſtra; in der Mitte ſteht ein
Kämpferpaar, das zu einer Art Ringkampf angetreten iſt; links
ſchickt ſich ein Jüngling zum Lauf an, während rechts einer mit
dem Wurfſpieß beſchäftigt iſt. Die ſtraffen Bewegungen der
ge=
übten Glieder werden durch einen zielbewußten Willen zu
ge=
ſchloſſenem Rhythmus geformt. Die Nebenſeiten dieſer Baſis
ſind dem Spiel und Scherz der lebensfrohen Jugend gewidmet.
Wir genießen mit dieſen Jünglingen, deren Körper ſich leuchtend
von dem ſattroten Grunde abheben, die Wonnen, in heiterem
Ballſpiel alle Glieder des beweglichen Körpers zu üben. Auf der
Gegenſeite der erſten Baſis beluſtigen ſich zwei Jünglinge damit,
ihre Lieblingstiere, einen Hund und eine Katze, vorſichtig
auf=
einander loszulaſſen. Mit komiſchem Ernſt beobachten die
Be=
ſitzer und zwei zuſchauende Freunde, wie die Tiere ſich
kampfbe=
reit gegenüberſtehen, der Hund mit elaſtiſch vorgeſtellten
Vorder=
füßen und vorgerecktem Kopf, die Katze fauchend und mit
ge=
krümmten Rücken. Wenn die Tiere in nächſten Augenblick auf
einander losſtürzen, werden ihre Herren die Leinen wieder ſtraff
anziehen, und das Spiel kann von vorn beginnen.
Auf der Vorderſeite der zweiten Baſis ſind drei Paare von
nackten Jünglingen mit einem Ballſpiel beſchäftigt, das unſerem
Hockeyſpiel ähnlich iſt. Die Ausführung dieſer Figürchen iſt
weniger ſtraff, aber die Kompoſition iſt in ihrer ſtrengen
Regel=
mäßigkeit und doch reichen Abwechſelung meiſterhaft. Man darf
annehmen, daß auf jeder dieſer Baſen die nackte Statue eines
Jünglings ſtand. Für das ſchmückende Beiwerk konnte man
kei=
nen ſchöneren Stoff finden, als die Schilderung des fröhlichen
Sportlebens, dem ſich die ritterliche Jugend dieſer hochgemuten
Zeit gegen Eude des 3. vorchriſtlichen Jahrhunderts hingab. Eine
Eigentümlichkeit dieſer neugeſundenen Reliefs, iſt die, daß ſie
gleichzeitigen Vaſengemälden ſo ſehr gleichen, als ob ſie von
demſelben Meiſter entworfen wären. Betrachten doch die
Vaſen=
maler dieſe Schilderung des Sports für ihr beſonderes Gebiet
und haben immer wieder die kraftvollen und heiteren Jünglinge
jenes Athen gezeichnet, die dann als gereifte Männer in dem
großen Entſcheidungskampf um die griechiſche Kultur gegen die
Perſer kämpften. Wahrſcheinlich hat der Schöpfer dieſer
Sport=
reliefs ſich die Vorlagen für ſeine Reliefs von einem
befreunde=
ten Künſtler aus dem Kerameikos, dem Töpferviertel Athens
ge=
holt und dann mit vollendetem Geſchmack dieſe Zeichnungen der
Vaſen in Stein vertieſt und zu plaſtiſchem Leben erweckt.
Die Oeutſchlandfahrt.
Als im Herbſt des vergaugenen Jahres der Kölner Klub mit
ſeinem Plan hervortrat, Motorräder in einem Wettkampf über
3000 Kilometer auf winterlichen Straßen zu erproben, hat
man=
cher Sportverſtändige das weiſe Haupt geſchüttelt ob dieſes
Be=
ginnens. Allerdings hatte man genug Zeit, ſich dieſen Plan zu
überlegen, und je mehr die Zeit voranſchritt, um ſo mehr
be=
freundete man ſich mit dem Gedauken, daß ein Erproben von
Maſchinen auf einer Wegſtrecke, die einer Entfernung von
Darm=
ſtadt über Tromſö, Spitzbergen, bis 500 Kilometer vor dem
Nord=
pole gleichkommt, etwas für ſich haben muß, zudem, wenn die
Fahrt zur Winterszeit ſtattfindet und Fahrer und Maſchinen
den Tücken und Launen des Winters Trotz bieten müſſen. Eine
ſehr große Zahl Auslandsfabrikate iſt vertreten, und unter ihnen
das Beſte vom Beſten; Motorräder, von denen man die ganzen
Jahre behauptete, daß ſelbſt unſere beſten deutſchen Maſchinen
ihnen das Waſſer nicht reichen könnten. Hier findet nun
viel=
leicht nicht ganz ungewollt die Probe aufs Exempel ſtatt. Es
könnte einem dünken, als wenn man auf die Gelegenheit
ge=
wartet hätte, ſich in einem Wettkampf zu meſſen; denn nur ſo iſt
es zu erklären, daß vom In= und vom Auslande 350 Meldungen
einliefen, von denen, wie wir bereits meldeten, rund 150
nun=
mehr zum Start zugelaſſen ſind. Ohne Zweifel hat der Klub für
Motorſport viel böſes Blut damit gemacht, daß er nur 45
Pro=
zent der gemeldeten Motorräder zuließ, aber man kann ihm nur
beipflichten, wenn er von vornherein Maſchinen ausſchaltete, die
auf einer ſolchen Strecke ja doch nur ein Hindernis für die
ande=
ren Maſchinen geweſen wären. Die meldenden Fabriken bzw.
Privatfahrer mußten ſich von vornherein darüber klar ſein, daß
ſie als Gegengewicht gegen die Elite der Auslandsmaſchinen
an=
zutreten hatten, daß von ihnen Leiſtungen erwartet werden, wie
man ſie ähnlich überhaupt noch nicht iu der gauzen Welt
ver=
langt hat.
Bei dieſem Wettkampf wird und muß es ſich zeigen, wer der
Ueberlegenere iſt. Ein Kampf auf 3100 Kilometer Länge bringt
unbedingt eine Entſcheidung. Die Frage: „Wer wird jieger?”
wird beſſer noch zu präziſieren ſein durch die Worte: „welches
Land wird Sieger?‟ Dann erſt werden die einzelnen
Fabri=
kate eine Rolle ſpielen. Die Fahrt iſt eben zu einem Machtkampf
um die Vorherrſchaft ganzer Ländererzeugniſſe ausgewachſen
und muß entſprechend gewürdigt werden. Gewinnt Deutſchland
den Kampf — nun dann hat es den Sieg wohl verdient, und da
wäre es zu bedauern, daß das Ziel der 14tägigen Fahrt nicht in
Berlin iſt, wo dem Siegenden der Dank der Republik
ausgeſpro=
chen werden könnte, denn etwas Beſſeres konnte er ſeinem
Vater=
lande nicht beſcheren, als den Sieg der deutſchen Arbeit. Damit
würde er Tauſenden von Arbeitern Brot geben und ohne
Zwei=
fel würden die Auslandsaufträge nicht ausbleiben. Fällt der
Sieg an eine der ausländiſchen Nationen, dann werden unſere
Fabriken nicht umhin können, elnen Vergleich zu ziehen und zu
lernen. Selbſtverſtändlich geht unſer Wunſch dahin, daß der
Sieg im eigenen Lande bleiben möge, denn es ſind immerhin
eine ganze Anzahl Maſchinen mit guten und ſehr guten Namen
dabei, nicht allein ſtarkpferdige Fahrzeuge, ſondern auch ſolche
kleinſter und leichteſter Bauart. Jedenfalls iſt es ſehr
inter=
eſſant, daß nur ein ganz kleiner Bruchteil der deutſchen Fabrikate
der Veranſtaltung ferngeblieben iſt. 98 Prozent aller deutſchen
Erzeugniſſe haben gemeldet.
Geſtartet wurde in 6 Klaſſen, und zwar: Klaſſe 1 bis 150
Kubikzentimeter; Klaſſe 2 über 150 bis 250 Kubikzentimeter;
Klaſſe 3 über 250 bis 350 Kubikzentimeter, Klaſſe 4 über 350 bis
500 Kubikzeutimeter, Klaſſe 5 über 500 Kubikzentimeter, Klaſſe 6.
Motorräder mit Beiwagen.
Den Fahrern werden von der Oberleitung 10 000 Punkte
gutgeſchrieben. Für je 10 Minuten zu ſpäten oder auch zu frühen
Ankomens in der Etappenſtation wird 1 Strafpunkt in
Anrech=
nung gebracht. Die Maſchinen ſtehen in den Etappen unter
Ver=
ſchluß und dürfen erſt 45 Minuten vor der Weiterfahrt am
näch=
ſten Morgen den Fahrern ausgehändigt werden, um etwa
not=
wendige Reparaturen vornehmen zu können. Für größere
Repa=
raturen und Auswechſelungen von Teilen kommen ebenfalls
Strafpunkte in Betracht, außerdem trifft den empfindlichen
Ver=
luſt von 500 Punkten diejenigen Fahrer, die ſich in einer
Kontroll=
ſtation nicht einſchreiben.
Da die Fahrt durch ganz Deutſchland geht und Hn die
Wege=Organiſation nicht ſelbſtändig bewältigen konn,, haben
deren Durchführung die Gaue übernommen; desgleichen liegt
die Einrichtung der Etappenſtationen in den Händen der Gaue.
Zur Markierung der Strecke haben ſich die uamhafteſten
Ve=
triebsſtoff=, Gummi= und Verſicherungsfirmen hergegeben.
Ganz erfreulich iſt es, daß die Behörden ohne Ausnahme
größtes Entgegenkommen zeigen und die Durchführung der Fahrt
überall genehmigten. Die Fahrer werden in den meiſten
Etap=
pen von den Behörden begrüßt. In Berlin findet offizieller
Empfang ſtatt, bei weſchem der Reichspräſident anweſend ſein
wird, der überdies auch dem Ehrenausſchuß gemeinſam mit dem
Regierungspräſidenten, Grafen Adelmann, und dem
Oberbürger=
meiſter, Dr. Adenauer, angehört.
Wie groß das Intereſſe des Auslaudes an der Veranſtaltung
iſt, wird dadurch bewieſen, daß allein 14 ausländiſche
Bericht=
erſtatter die Fahrt begleiten werden. Es ſind darunter
Ver=
treter aus England, Amerika, Schweden, Italien, Dänemark,
Holland und Frankreich. Es läßt ſich denken, welcher
Auto=
ſchwarm die Fahrer begleiten wird, wenn nun auch von
Deutſch=
land neben einer großen Anzahl Berichterſtatter, ſonſtige
Inter=
eſſenten die Fahrt im Auto mitmachen.
Wir haben in kurzen Umiſſen ein Bild von der
beabſichtig=
ten Veranſtaltung gegeben. Die Fahrt iſt als Vorläufer für
ſpä=
tere große Veranſtaltungen gleicher Art gedacht.
In Köln ſtarteten am Sonntag vormittag gegen 9 Uhr
105 Fahrer unter großer Beteiligung, der Kölner Bevölkerung.
Ju Vertretung des Reichspräſidenten wies der
Regierungspräſi=
deut die Fahrer in einer Anſprache auf die Bedeutung der Fahrt
für den deutſchen Sport hin. Oberinſpektor Jockel dankte für die
warmherzigen Worte der Regierung. Die Organiſation auf der
Strecke nach Frankſurt war gut. Die Zollkontrolle bei Honnef ging
raſch vonſtatten. Die Teilnehmer hatten keine leichte Arbeit.
40 bis 50 Zentimeter hoher Schnee im Weſterwald, Glatteis im
Taunus, dazu der Staub und die Kälte ſtellten hohe
Anforderun=
gen an Fahrer und Maſchinen. Daher kommt es auch, daß bis
gegen 6 Uhr abends erſt etwa 60 Fahrer das Ziel Frankfurt
er=
reicht hatten. Von kleineren Unfällen abgeſehen, iſt die Fahrt
bis jetzt gut verlaufen.
In Frankfurt war das Intereſſe der Bevölkerung groß. Die
Mainzer Landſtraße war von Zuſchauern ſtark belebt. Am Ziel,
hinter der Galluswarte, erwarteten Tauſende das Erſcheinen der
Fahrer. Um 1.45 Uhr nachmittags, alſo zu einer früheren Zeit
als man angenommen hatte, erreichte als erſter Viſé, auf
Harley=Dabiſon das Ziel.
Der 176 Kilometer langen Strecke Köln—Frankfurt folgt am
Montag vormittag 8 Uhr der Start zur zweiten 200 Kilometer
langen Etappe Frankfurt—Stuttgart über Darmſtadt.
Briefkaſſen.
Wir bitten die Herren Sportberichterſtatter, die Vorberichte
über ſportliche Ereigniſſe des Sonntags uns bis ſpäteſtens
Frei=
tag nachmittags zukommen zu laſſen. Später eingehende Berichte
können in Zukunft nur in den ſeltenſten Fällen noch berückſichtigt
werden.
Wi
Seite 6.
Darmſtädter Dagblatt, Montag, den 18. Februar 1924.
Nummer 49.
Sartenbau, Kleintierzucht und Siedlungsweſen
* Das Pflanzen der Obſtbäume.
Die Mahnung: „Pflanzt Obſtbäume an!” darf nicht falſch
verſtanden werden, denn auf Erträge iſt nur dann zu rechnen,
wenn die Bäume Verhältniſſe vorfinden, die ihnen zuſagen.
Zu=
nächſt iſt darauf Bedacht zu nehmen, daß ſie auf gutes, beſonders
reiches Land gepflanzt werden. Das eigentliche Birnenklima, wie
es Frankreich hat, fehlt uns. Gehörige Luſtwärme, tiefer, logerer,
lehmiger Boden ſagen der Birne beſonders zu. Birnen mögen in
einigen Exemplaren angepflanzt werden, dagegen ſollte der Apfel
die Hauptfrucht ſein, die zur Anpflanzung kommt. Da der
Apfel=
baum ſeine Wurzeln in der Hauptſache in den oberſten
Erdſchich=
ten ausbreitet, muß er gut zerſetztes, humusreiches, lehmiges
Erd=
reich finden Pflaumen und Zwetſchgen nehmen auch mit
feuch=
teren Stellen vorlieb, während der Kirſchbqum ein Gebirgsbaum
iſt und daher auf kalkigen Anhöhen, am beſten fortkommt. Die
Herbſtpflanzung iſt ſtets der Frühjahrspflanzung vorzuziehen,
denn im Herbſte bekommt man beſſeres Pflanzmaterial, man hat
mehr Zeit als im Frühjahr, Ausfälle ſind weniger zu befürchten.
Der Baum wächſt im nächſten Jahre flott weiter, ohne erſt lange
zu trauern, kurzum, durch Herbſtpflanzung iſt man ein Jahr
vor=
aus. Natürlich darf im Herbſt nicht zu früh gepflauzt werden.
Im September ſtehen die Bäume noch im Saft, die Vegetation iſt
noch nicht zur Ruhe gekommen, und wenn dann ein trockener
Ok=
tober folgt, ſo gehen viele Bäume ein. Das Pflanzen ſollte vom
Oktober bis Februar, wenn der Boden offen iſt, ausgeführt
wer=
den. Man braucht gar leine Angſt vor dem „Totſtehen” des
Bau=
mes zu haben. Er ſteht tot, wenn er ſich nicht mehr anwurzeln
kann. Die Tätigkeit der Wurzeln beginnt nämlich viel früher,
als ſouſt angenommen wird, gewöhnlich ſchon Ende Januar. Die
Wunden können mit aller Ruhe verharſchen, ſodaß ſich Kallus
bil=
det, aus dem dann die neuen Würzeln hervorkommen. Die
Wur=
zel beginnt mit dem allmählichen Erwachen der Triebe ihre
Ar=
beit und iſt ſozuſagen gar nicht geſtört worden. Im Frühjahr
wird der Baum dagegen immer aus der Vegetation
herausgeriſ=
ſen. Da ihm dann eine große Anzahl Wurzeln abgeriſſen
wer=
deu, können die übrigbleibenden die vermehrte Arbeit uicht leiſten
und der Baunr bleibt zurück.
Früher machte mian das Pflanzloch 1 bis 1,50 Meter tief,
heute begnügt man ſich mit 70 Zeutimeter. Wird das Pflai.=toch
zit tief gemacht, ſo werden die Wurzeln gleichſam in die Tiefe
g8zogen. Iſt der Boden unten ſchlecht, ſo hat man dem Haum
damit einen ſchlimmen Dienſt erwieſen, denn die Wurzeln finden
keine Paſſende Nahrung mehr. Bei gutem Untergrund iſt es
ebenſalls von Nachreil, wenn die Wurzeln zu ſehr in die Tiefe
gelockt wverden, denn Düngung, Atmung, Bodenaustauſch uſw.
ſind erſchwert. In Ten tieſen Löchern ſetzt ſich auch die Erde
ver=
hältnismäßig mehr als in den ſeichten. Durch das
Zuſammen=
ſetzen des Bodens kommt aber der Baum meiſt zu tief zu ſtehen;
die Schäden, die daraus erwachſen, ſind allgemein bekannt. Wenn
das Pflauzloch auch nicht mehr ſo tief gemacht wird, ſo wird es
aber entſprechend breiter angelegt, und zwar quadratiſch; jede
Seite muß mindeſtens einen halben Meter groß ſein. Beſondere
Sorgfalt muß auf die Zubereitung des Bodens verwendet
wer=
den. Man iſt vollſtändig davon abgekommen, Miſt, Raſenſtücke
uſw. auf den Grund der Grube zu bringen. Dieſe Stoffe
ver=
dueſen und nehmen dann einen kleineren Raum ein. Der Boden
und mit ihm der Baum ſetzt ſich dadurch oft nicht unbedeutend.
Empfehlenswert iſt es, Scherben, Knochen uſw. auf den Grund
der Grube zu bringen, um einesteils ſtauende Näſſe zu verhüten,
denn die Obſtbäume, beſonders die Apfelbäume, können ſtehende
Näſſe nicht vertragen („trockener Fuß”), und ferner ſoll dadurch
verhindert werden, daß die Wurzeln in die Tiefo gehen. Die
Wurzeln ſollen ſich vielmehr in den oberſten Schichten
ausbrei=
ten, damit ſie leicht behandelt werden können. Früher wurde die
gute obere Erde auf den Grund der Gruße gebracht, die ſchlechte
untere um die Wurzeln ausgebreitet. Das iſt aus dem Grunde
falſch, weil das Anwachſen und das freudige Gedeihen auf die
Tätigkeit der Bodenbalterien zurückzuführen iſt, die jedoch nur
in den oberſten Erdſchichten, wo ſie mit dem Sauerſtoff der Luft
in Verbindung ſtehen, anzutreffen ſind. In der Tiefe von einem
Meter finden ſich faſt keine Bodenbakierien mehr. Wird die
bak=
terienreiche obere Erde auf den Grund der Grube gebracht, ſo
ſterben die Bakterien ab. Die untere Erde, die um die Wurzeln
ausgebreitet wird, enthält aber keine Bakterien, ſodaß der Baum
ſolange in der Entwickelung zurückbleibt, bis ſich Bodenbakterien
in genügender Zahl angeſiedelt haben. Alſo muß die obere Erde
wieder um die Wurzeln hermu Verwendung finden. Um die
Bodenbakterien zu hermehren, wird die Pflanzenerde mit
Torf=
mull vermiſcht. Ueberhaupt follte der Torfmull, der, recht
ſorg=
fältig zerkleinert und dann unter die Erde gemiſcht wird, recht
ausgiebig Verwendung finden. Es iſt erſtaunlich, welchen
gün=
ſtigen Einfluß gerade der Torfmull auf die Entwickelung des
Baumes in den erſten Lebensjahren ausübt. Mit Torfmull
ge=
pflanzte Spaliere trugen z. B. bereits im erſten Jahre nach der
Pflanzung und machten dabei noch ein Meter lange Triebe,
während alle anderen im Frühjahr gepflanzte Spaliere mit dem
Anwachſen zu kämpfen hatten. Iſt man einmal beim Miſchen
der Erde, ſo kann der Pflanzerde gleich ein halbes Kilo 40
pro=
zentiges Kaliſalz und 1 Kilo Thomasmehl beigemengt werden.
Hans Peter Kromm der Lebendige.
Eine Geſchichte von Ufer zu Ufer
von Johanna Wolff.
(Nachdruck ver
50)
Und der Flüchtling klammerte ſich an die gute
Sonntags=
joppe des Knechtleins, die hatte große gute Hornknöpfe, zwei
Reihen lang: „Kläschen — ich — ich will Dir alles ſagen”, rief
er und zitterte vor Hunger und Herzeleid.
„Sag gar nichts, Menſch, ſag gar nichts, ich weiß all
Be=
ſcheid; ich wußt all längſt, daß Deine Sache ſo kommen würd —
ſchon damals beim Heuen, als ich Dir zuſprechen tat; aber jetzt
komm fix, komm nach Hauſe — ich glaube nämlich, die Frau
äng=
ſtet ſich — — ich habe ſie am Fenſter geſehen den ganzen Tag
über, und nachher war ſie unten im Hof, da kam’s mir reinweg
ſo vor, als wußte ſie nicht recht, was ſie tat. Und ſiehſt Du, das
kommt öfter vor, bei den Jungen und bei den Alten, und heute
morgen iſts bei Dir vorgekommen. Red nicht dagegen an, iſt
doch, wie ich ſage — Du haſt Dir die Sache mit dem Fortgehen
nicht orbentlich überlegt. Und eigentlich biſt Du auch noch zu jung
dazu. Haſt eben erſt richtig ſprechen gelernt.”
Hans Peter wurde rot und war zufrieden, daß die
Abend=
ſchatten ſeine Verlegenheit einfingen. Er hatte noch nicht lange
den Stimmwechſel beendet und redete, zwar nicht in anderen
Zungen, aber gelegentlich doch noch in hellen und dunklen Tönen,
je nachdem ihm ſein Kehlkopf gab auszuſprechen.
„Aber, wenn Du jetzt doch ein Mann werden willſt,” fuhr der
Alte fort, „ſollteſt Du vernünftig ſein und Deiner Mutter zu
Hilfe kommen, wie das einem erwachſenen Menſchen zukommt.
So geht das nicht ſreiter. Das iſt ja die reine Schinderei, für
Dich und für die Frau auch. Hat letzte Zeit mächtig graue Haare
gekriegt, Deine Mutter!”
Hans Peter klappte den Mund auf und wieder zu. Das hatte
er noch gar nicht bemerkt! Der junge Fant ſchluckte wieder mit
kläglichem Unkenlaut, als wäre ihm etwas in die eben fertige
Manueskehle geraten.
„Wenn Du u bißchen weinen mußt, dann wein man los,”
ermunterte Kläschen, „iſt ja dunkel, hier ſieht und hört Dich kein
Menſch, bloß daß ich da bin, daß Du nicht ganz mit Dir ver=
Es iſt notwendig, daß der Baum in der Jugend die Stoffe, die
er zur Entwickelung notwendig braucht, in genügender Menge
vorfindet. Nichts iſt ſchädlicher, als wenn ein Baum im Anfang
zu langſam wächſt, denn dadurch verhärten die Zellen.
Iſt die Pflanzerde in dieſer Weiſe vorbereitet, wird das
Pflanzloch mit der Erde faſt ganz gefüllt und erſt dann der Baum
gepflanzt. Auf dieſe Weiſe verhindert man das Zutiefpflanzen.
Einem zu hoch gepflanzten Baum kann geholfen werden, indem
ſpäter die Erde herangezogen und über die Baumſcheibe eine
Schicht langer, ſtrohiger Miſt ausgebreitet wird. Der Miſt
ver=
hindert ſowohl das Austrocknen im Sommer als das Erfrieren
der Wurzeln im Winter. Sehr wichtig iſt das Nachſchneiden der
Reißwunden an den Wurzeln mit einem ſcharfen Meſſer.
Glatt=
geſchnittene Wurzeln vernarben leichter als geriſſene. Ja, in den
meiſten Fällen iſt das unterlaſſene Nachſchneiden ſchuld an dem
ſchlechten Anwachſen des Baumes. Gut iſt auch das Eintauchen
der Wurzeln in einen Brei, beſtehend aus Lehm, Kuhdung und
Waſſer. Dieſer Brei verbindet die Wurzeln, verhindert das
Ent=
ſtehen von Hohlräumen und hält die Wurzeln feucht. Der Miſt
wird, nachdem die Wurzeln von einer dünnen Schicht überdeckt
ſind, glockenförmig darüber gebreitet. Ferner iſt öfteres
Schüt=
teln des Baumes während des Pflanzens notwendig, damit ſich
die Erde beſſer um die Wurzeln verteilt. Der Pfahl muß ſchon
vorher eingelaſſen ſein. Mit einem breiten Band wird der Baum
loſe an den Pfahl geheftet, damit der Baum ſich ſetzen kann.
Unerläßlich iſt es, die Krone zu beſchneiden. Sie muß
wenig=
ſtens auf ein Drittel gekürzt werden, denn beim Verpflanzen
werden viele Wurzeln beſchädigt und abgeriſſen, deswegen
müſſen auch die Zehrer verkürzt werden. Alle Fehler, die beim
Pflanzen gemacht werden, rächen ſich ſpäter bitter.
Lohnt ſich der Anbau von Rhabarber!
Früher war der feldmäßige Anbau von Rhabarber oft ein
ſehr lohnendes Geſchäft. Der Rhabarber iſt ja ein äußerſt
dank=
bares Gartengewächs. Er braucht nur wenig Pflege und
War=
tung und liefert reichliche Ernten. Deshalb hat ſich ſein Anbau
ſogar zu einer Zeit gelohnt, als infolge allzu reichlichen
Ange=
bots der Preis für den Zentner bis auf 3,50 Mk. gefunken war.
Heute liegen die Verhältniſſe weſentlich anders. Beim
Rhabar=
beranbau handelt es ſich nicht mehr um eine Preisfrage, ſondern
darum, ob der Rhabarber vom Verbrauch aufgenommen werden
kann. Die Hausfrau weiß nichts mit ihm anzufangen, wenn ſie
nicht viel Zucker zur Verfügung hat. Und Zucker iſt ſehr teuer
und wird auch durch, die bekannten Regierungsmaßnahmen in
abfehbarer Zeit nicht weſentlich billiger werden. Vom
Maſſen=
anbau des Rhabarbers iſt alſo abzuraten.
Dafür wäre aber die Treiblultur des Rhabarbers zu
empfeh=
len, wie es in großem Umfang in England und Belgien gefchieht.
Dadurch käme der Rhabarber zu einer Zeit auf den Markt, wo
es nioch keine grünen Stachelbeeren und andere Früchte und
Ge=
müſe gibt. Es brauchen ja auch nicht erſt beſondere Treibhäuſer
für dieſen Zweck gebaut werden. Mit den primitivſten Methoden
kann man ſchon recht ſchöne Erträge erzielen. Es genügt
voll=
kommen, wenn ein Keller oder Stall zur Verfügung ſteht. Um
eine warme Unterlage zu erhalten, legt man dann ſo etwas wie
ein Miſtbeet au, indem man Moos oder Laub und Pferdedünger
ſchichtweiſe miteinander vermiſcht etwa 30 Zentimeter hoch
auf=
ſchichtet. Darauf werden die Wurzelknollen der Rhabarber bicht
bei dicht mit feuchtem Sand (nicht naß!) eingeſchlagen, ſodaß
nur noch die Knoſpen ſichtbar bleiben. Das Ganze wird dann
handhoch mit trockenem Lauö, Moos oder Torfſtreu bedeckt, um
nach Möglichkeit die Wärme zu halten. Der Raum muß
ver=
häugt, alfo verdunkelt werden, damit die Stengel bleichen und
möglichſt lang werden. Die erſcheinenden Blütenſtiele ſind
ſo=
ſort zu entfernen.
Das Oecken der Kaninchen.
Mit Beginn des Monats Februar kann man ſchon mit der
Zucht der Kaninchen beginnen. Gut entwickelte Häſinnen können
im Alter von 6—8 Monaten zugelaſſen werden. Die meiſten
An=
fänger erkennen es nicht, wenn die Häſin hitzig iſt. Es iſt dies
auch nicht von ſo großer Bedeutung, wenn man den Fehler
ver=
meidet, den viele dadurch machen, daß man den Bock in den Stall
der Häſin tut. Man ſollte ſtets die Häſin in den Stall des
Ramm=
lers tun; dabei wird dieſe durch den Bockgeruch erregt und nimmt
nach einem Sprung leicht auf. Setzt man dagegen den Bock zur
Häſin in den Stall, ſo fühlt ſie ſich zunächſt als Herrin in ihrem
Stall bedroht und wehrt oft den Bock ab. Ob eine Häſin mit
Er=
folg gedeckt wurde, läßt ſich meiſtens ſchon nach 14 Tagen
feſt=
ſtellen an dem Anſchwellen und Erröten der Saugwarzen.
Ein Winterei verdirbt zehn Sommereier.
Dieſe weit derbreitete Redensart wird manchem
Geflügel=
halter ziemlich unverſtändlich ſein. Wir ſuchen ja gerade möglichſt
frühe Eier von unſeren Hennen zu bekomnten, und im allgemeinen
beobachten wir nichts daran, daß durch ſolch erwünſhte
Winter=
leiſtungen die Erträge au Sommereiern um das Zehufache
zu=
laſſen biſt, was? Guck, dort kannſt ſchon den Hof ſehen. Wollen
ein Weilchen ſitzen, daß Dich noch erjappen kannſt.‟ Dunnerklags
zog das Freundchen ins wärmliche Kraut.
„Ich geh tot, ich geh tot”, ſchluchzte Hans Peter
leidenſchaft=
lich auf und krampfte ſich wieder an die guten Hornknöpfe der
Sonntagsjoppe.
„Ach wo wirſt Du denn tot gehen,” ſagte das Knechtlein
ge=
laſſen, „Du biſt noch ganz lebfriſch.‟ Er zog ein paar tüchtige
Brotſchnitten aus der Taſche. „Da! Hab ich Dir auch was
mit=
gebracht. Schweinsbraten iſt draufgelegt von Mittag, hat ue
ſchöne braune Kruſte gehabt — ſchad, daß Du nicht dabei warſt.”
Haus Peter griff nach dem Brot und biß hinein, einmal, und
wieder. Dem iſt noch zu helfen, dachte Kläschen, denn ſein
In=
nerliches iſt geſund wie ſeine Zähne. Und er ſchaute ihm zu, bis
das Stück Landbrot mit Schweinsbraten zu Ende war.
„Süh ſo. Der Menſch muß eſſen und vergeſſen, aber
tot=
gehen muß er nicht,” ſagte Kläschen zufrieden. „Tja! Als das
mit der kleinen Meike geweſen und ſie mich alleſamt aufzogen
vom Großknecht bis zur Hütedirn herunter, da meint ich auch
ſterben zu müſſen. Und doch hat keiner was von meinem
Kum=
mer gemerkt, und ich lebe noch. Und meinſt denn, ich bin gern
bloß immer der Dunnerklaas geweſen?. Manchmal dacht ich, ich
hätt auch was Beſſeres gekonnt — tja.‟ Durch den Schleier der
Dämmerung glitt der Blick des kleinen klugen Mannes dem
Jungen ins Herz, dort hinein, wo das Beſte aufgeſpart liegt.
Und ſiehe, Hans Peter fühlte eine große und brennende Scham in
ſich aufglühn: mit ihm ſaß das Knechtlein, das war ohne Mutter
aufgewachſen, ohne Pflege, ohne Freundlichkeit und Bildung,
und war ein tüchtiger und goldguter Menſch geworden! Wie
hat=
ten ſie dem wohl ſeinen Willen beſchnitten von klein auf, und wie
hatte er im Alltag werken müſſen, werken von früh bis ſpät, und
immer nur für andere und was andere gewollt — — War es
ſchließlich demgegenüber ſo etwas Beſonderes, ſich das Malen
aus dem Sinn zu ſchlagen?
In dieſer Abendſtunde ſah Hans Peter Krommt, der junge,
was noch kein Meuſch geſehen, nämlich er ſah einen
Strahleu=
ſchein ſich weben um Kläschen Wunderſams Kopf: die Schultern
mußten cuch etwas von dem Glanz abbekommen, denn das
Häuptlein hatte ſich, wie mit Gott und der Welt zufrieden, in
ſeine Verſenkung zurückgezogen.
rückgehen. Freilich wenden wir auch nicht falſche Mittel an, wie
überreiche Fütterung und recht warme Ställe, ſondern wir ſuchen
das zu erreichen durch Frühbruten, durch Wahl der Raſſe und
durch ſachgemäße ausdauernde Verpflegung der Hühner.
Rich=
ten wir unſere Geflügelzucht demgemäß ein, dan werden unſere
Hühner auch im Winter legen, aber das alte Sprichwort: Ein
Winterei verdirbt zehn Sommereier” wird ſich dann nicht
be=
wahrheiten. Gerade die Wintereier ſind ja für den
Wirtſchafts=
geflügelzüchter wie für jeden, der für ſeinen Haushalt einige
Hühner anſchafft, die wertvollſten.
Nur in einem Falle hat das Wort noch Bedeutung, nämlich
für jenen Züchter, der darauf ausgeht, im Frühjahr von ſeiner
Raſſe recht viel Bruteier zu verkaufen. Legen die Hennen eines
ſolchen Züchters ſchon im Winter viel Eier, dann machen ſie gern
im Frühjahr, wo die Eier zu Brutzwecken recht gebraucht
wer=
den, eine kleine Pauſe und man hat allgemein die Beobachtung
gemacht, daß die Eier von ſolchen Hennen, die ſchon eine lange
Legezeit hinter ſich haben, in der Negel recht ſchwach befruchtet,
wenn nicht gar unbefruchtet ſind. Die aus den Eiern, ſolcher
Hennen ſchlüpfenden Küchlein ſind matt, zart und nur wenig
widerſtandsfähig.
Kartoffelſlocken als Schweinefutter.
Iufolge des naſſen Herbſtes ſind die Kartoffeln in dieſem
Jahre recht wenig haltbar, und mancher Kleinſiedler, der bei
ſei=
ner Schweinezucht hauptſächlich auf ſelbftgebaute Kartoffeln
an=
gewieſen iſt, wird deshalb einige Sorg=n haben, ob ſein
Kar=
toffelvorrat bis zur neuen Ernte dauern werde. Aber auch
des nächſten Jahres aufbewahrten Kartoffeln guch durch Atmung
und Keimtreiben ſehr herabgemindert. Praktiſche Landwirte,
von denen ja auch der Kleinſiedler viel lernen kann, gehen daher
neuerdings vielfach dazu über, ihre Futterkartoffeln möglichſt
vor=
teilhaft zu verkaufen, und dafür Kraftfutter, in der Hauptſache
Kartoffelflocken, wieder einzukaufen. Kartoffelflocken ergeben
ein vorzügliches Schweinefutter, da ſie beſonders reich an
Stärke=
mehl und Kohlehydrate ſind. Sie werden von den Schweinen
gern gefreſſen, am beſten in breiförmigem Zuſtande, mit
ande=
ren Kraftfuttermitteln vermiſcht.
Blühender Flieder in Februgr.
Jeder Blumenfreund mag ſchon einmial mit ſtillem Neid an
den Bkumenläden der Großſtadt vorübergegangen ſein, in denen
oft märchenhaſt ſchöne Fliederbüſchel zu ſehen ſind, während
draußen, hor den Spiegelſcheiben, die bitterſte Winterkälte
herricht. Aber es bedarf wirklich keiner beſonderen gärtneriſchen
Küuſte, um das gleiche Wunder zu Haufe ſelbſt zu erzielen. Mit
gauz einfachen Mitteln iſt man in der Lage, die Fliederzweige
jetzt ſchon im Zimmer zum Blühen zu bringen, zu einem Blühei,
zunindeſtens ebenſo ſchön wie bei den Treibhauserzeugniſſen des
Bluutenladens.
Bevor die Zweige abgeſchnitten werden, müſſen ſie, wie man
fo ſagt, ordentlich durchfroren ſein — woran es in dieſem Jahre
allerdings wohl nirgends fehlen dürfte. Dann ſtellt man die
Zwveige im Wohnzimmer ins Waſſer, überbrauſt ſie täglich, und
die Blüten werden dann nicht lange auf ſich warten laſſen.
Frei=
lich dürften die Bkütendolden auf dieſe allerprimitivſte Weiſe
uiemals ſo groß und ſchön werden wie die des Blumenladens,
Um dies zu erreichen, muß durch künſtliche Nährſtoffe
nachgehol=
fen werden. Kleine Mengen von phosphorſaurem Kali ſind ſchon
ganz gut. Am beſten iſt es aber, wenn man den Zweigen ihre
ualürliche Nahrung gibt, nämlich Pflanzeuſaft, der all die
Nähr=
ſtoffe in beſter Form enthält, die die Fliederzweige brauchen,
gleichgültig, von welchem Baum oder Strauch er
abge=
zapft iſt.
Wie man die Fenſterblumen vor Kälte ſchützt.
Man wundert ſich oft, daß die Fenſterblumen ſogar im
ſtäu=
dig gut geheizten Zimmer ſo häufig Froſtſchaden nehmen. Das
kommt meiſt von der eiſigen Kälte, die die Fenſterſcheibe ins
warme Zimmer ſtrahlt. Deshalb iſt es am beſten, wenn man
die Blumen bei ſehr großer Kälte überhaupt vom Fenſter
weg=
ſtellt. Bei weniger ſtarker Kälte genügt es, wenn man eine
iſo=
lierende Pappſcheibe zwiſchen Fenſter und Blumen ſtellt. Oft
werden die Blumen auch in ihrer Eutwickelung gehemmt durch
die Kälte, die von unten, von den durchgehenden Fenſterſteinen,
kommt. Dann iſt es gut, wenn man kleine Holzſtückchen unter
die Unterſätze und Töpfe legt, damit die direkte Berührung mit
den eiſigen Feuſterſteinen vermieden wird. Viel wird auch noch
geſündigt durch die Benutzung kalten Gießwaſſers. Das kann
natürlich ſelbſt der robuſteſten Pflauze nicht bekommen.
Des=
halb nehme man uur angewärmtes Gießwaſſer, ein Grundſatz,
der vom guten Gärtner ſelbſt im Sommer bei Freilandkulturen
ſtreng durchgeführt wird. Außerdem iſt beim Lüſten der Rälne
darauf zu achten, daß die Blumen nicht von der einſtrömenden
kalten Zugluft getroffen werden.
„Röschen!” rief Hans Peter und lachte leiſe, wie er als
Kind gelacht, da er die Aehnlichkeit zwiſchen dieſen beiden Weſen
eutdeckt hatte. Er ſtrich und ſtreichelte an dem gebückten
Männ=
lein herum, tat Fragen über Fragen nach Haus und Hof und all
den Leuten, als wäre er, weiß Gott wie lange, von daheim fort
geweſen. Er hörte, daß die Mutter wieder Aerger gehabt mit dem
Jungknecht, der ſei auf der Stelle davongegangen. „Iſt ſchwer
heutzutage mit den Leuten, zumal für ne Frau — s wär beſſer,
ſie hätt uen Mann auf dem Hof,” ſo endete Kläschen ſeinen
Bericht, und blinzelnd fügte er hinzu: „Sie hätt auch wohl einen
kriegen können. Was meinſt, wenn — wenn die Mutter ſich jetzt
noch nach einem umtäte‟
Da fuhr aber der Junge in die Höh: „Sie ſoll uen Mann
auf dem Hof haben! So wahr mir Gott helfe! Ich — ich will
ſelber der Mann ſein.” Er war aufgeſprungen. „Komm heim
und beſtell der Mutter, bis morgen abend will ich Zeit haben.
ungeſtört und ganz allein — — dann — —!
Sie ſtapften ſchweigend hintereinander her
Leiſe betrat der Flüchtling wieder ſeine Kammer und ſchob
den Riegel vor. Da ſchütterte ſie über und über, die ſeiner
ge=
harrt, und ſchlich mehr als ſie ging auf ihr Lager. Sie wußte,
daß er jetzt nicht öffnen würde. Um Mitternacht ſpürte ſie
Rauch=
geruch, ſtand auf und ging an ſeine Tür. War da nicht ein leiſes
Rumoren und Raſcheln von Papieren am Oefchen drinnen? Und
ſo ferne gerückt ſchien ihr der, den ſie geboren, als wären ſie
nicht durch Brette” geſchieden, ſondern durch das Wogen und
Wallen eine großen und dunklen Flut . ..
Gegen Morgen wurde die Müde von einem Halbſchlummer
übernältigt, ſie träumte vom Peterle, wie er in abgeſchabten
Kleidern und zerriſſenen Schuhen eine ſtaubige Landſtraße
ent=
lang wanderte, er hatte einen Riefenbleiſtift unterm Arm. Er
malte an jedem Zaun, an jeder Wand und ließ die Blätter
fort=
fliegen in den Wind. Dann lachte er und ſchrie: Ich drehe Deine
Mühle nicht. Niemals! Und es waren Tränen in ſeinem
Ge=
lächter; ihr tat das Herz weh im Traum und am Morgen beim
Aufwachen.
Sie wäre gern zu ihrem Jungen gegangen, doch ihr lag
daran, daß ihr Sohn aus freien Stücken das Band wieder
knüpfte, das er hatte zerreißen wollen
(Fortſetzung folgt.)
Nec=
andhe
Von der
bisher n.
Perſo
Genera!
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ern u.
zug
ſchen der
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wärtiger
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des