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Heſſiſche Neueſte Nachrichten
Morgenzeitung der Landeshauptſiadt
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Nummer 42
Montag, den 11. Februar 1924.
187. Jahrgang
Einzelikuttziner 15 Goldpfennige
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Rellame=
zeſſe 1.50 Goldmarf. Alle preſſe in Goldmart
(1 Dolſar — 4.30 Matll. — Im Falle höhrrer
Gewalt, we Krieg, Aufruhr Strell uſb., erliſcht
jede Verpflichtung auf Erfüllung der
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auftrckge und Leiſſung von Schadenerſatz. Bei
Konkurs oder gerichtliſcher Belreibunz fällt jeder
Rabatt weg. Bonttontv: Deuiſche Bani und Dorme
ſtädter 8 Naſtionaibent.
De Sanien i ahuringen.
Vorläufige Ergebniſſe.
* Weimar, 10. Febr. (Prib.=Tel.) Schon ſeit 9 Uhr früh
ſind die Straßen ſtark belebt und immer eifriger wandern die
Wähler den Wahllokalen zu. Gegen Mittag wird der Verlehr
immer reger, der beſonders durch die zahlreich zur Verfügung
geſtellten Autos, in denen ſich pflichttreue Alte und Gebrechliche
anfahren laſſen, verſtärkt wird. Schon um 3 Uhr mittags ſind
in den einzelnen Wahllokalen die Wahlumrſchläge vergriffen, ſo
daß ſchleunigſt Erſatz beſchafft werden muß. Dieſe unerwartet
ſtarke Wahlbeteiligung erhöht die zuverſichtliche Stimmung von
Stunde zu Stunde.
Ein Bild über die Verteilung der Stimmen bei der Wahl
läßt ſich noch nicht geben, da die Berichte nur verhältnismäßig
ſpärlich eingehen. In den größeren Städten, wie Weimar,
Arn=
ſtadt, Gera, Rudolſtadt und Gotha, iſt mit einer bürgerlichen
Mehrheit zu rechnen, während in Meiningen und Sondershauſen
eine bürgerliche Mehrheit bereits geſichert iſt. In Altenburg
und Saalfeld ſcheinen die Stimmen rechts und links ziemlich
gleichmäßig berteilt. In Ruhla bleibt die kommuniſtiſche
Mehr=
heit beſtehen, ebenſo in den ſüdthüringiſchen Induſtriebezirken
und in den kleineren Induſtrieplätzen um Ilmenau.
Das Geſamtergebnis ſtellt ſich bis 11 Uhr abends
folgender=
maßen: Ordnungsbund 202 160, Deutſchvölkiſche 47012, S.P.D.
96 893, Kommuniſten 88 397, U. S. P. D. 3000, Freier
Wirtſchafts=
bund 1500.
Dr. v. Kahrüber den Zhüringer Ordnungsbund
* Eiſenach, 11. Febr. (Prib.=Tel.) Die Eiſenacher
Zei=
tung hat an Generalſtaatskommiſſar v. Kahr die Mitteilung von
der Bildung des Ordnungsbundes gemacht und von ihm darauf
folgende Aeußerung erhalten: Daß ſich zu den Thüringer
Neu=
wahlen am 10. Februar das geſamte Bürgertum zu einer
ge=
ſchloſſenen Front gegen den Marxismus zuſammengefügt hat,
muß als eine für Bahern und für ganz Deutſchland vorbildliche
baterländiſche Dat gelten und wird die Zuneigung zu dem
ſchö=
nen Thüringer Nachbarland bei uns in Bayern in neuer Würde
erſtehen laſſen. Nur auf dieſem Wege des Zuſammenſchluſſes
aller vaterländiſch Geſinnten und unter Zurückziehung aller
Par=
teiintereſſen kann Deutſchland gerettet werden. Ich wollte, wir
wären ſchon ſoweit wie in Thüringen. Zum Wahlkampf Heil
und Sieg! Dr. v. Kahr.
Aufhebung des Zenſurverbois in Zhüringen.
Weimar, 10. Febr. Der Militärbefehlshaber in
Thürin=
gen, Generalleutnant Haſſe, erließ aus Anlaß der Wahlen in
Thüringen folgende Verordnung:
„Um allen Parteien und Wahlorgankſationen Gelegenheit zu
geben, ohne Zeitverluſt zu ihren Wählern zu ſprechen, habe ich
mit ſofortiger Wirkung jede Vorzenſur über Wahlzeitungen und
Flugblätter aufgehoben. Die Wahlflugblätter uſw. müſſen die
Angabe der Druckerei und die Parteibezeichnung tragen. Alle
ſonſtigen Beſtimmungen über Druckereierzeugniſſe uſw. bleiben
in Kraſt.”
Keine Aenderung des Reichstagswahlgeſetzes.
* Berlin, 11. Febr. (Priv.=Tel.) Zwiſchen dem
Reichs=
kanzler und den Parteiführern hat geſtern eine Beſprechung über
die Aenderung des Reichstagswahlgeſetzes ſtattgefunden. In der
Beſprechung ſind Bedenken dahingehend geltend gemacht worden,
ob es möglich wäre, bei den großen, noch zu bewältigenden
Reichstagsaufgaben die nötige Zeit für die Beratung und
Ver=
abſchiedung des vom Reichskabinett beſchloſſenen Entwurfs zur
Aenderung des Reichstagswahlgeſetzes zu finden. Man ſei
in=
folgedeſſen übereingekomen, von einer Weiterleitung des dem
Reichsrat bereits zugegangenen Entwurfs an den Reichstag
ab=
zuſehen. Die nächſten Reichstagswahlen Mitte Juni würden
alſo nach den bisherigen Beſtimmungen des
Reichstagswahl=
geſetzes durchgeführt werden.
Der Entpurf einer Beamtenſiedlungsverordnung.
* Berlin, 11. Febr. (Priv.=Tel.) Das Reichskabinett hat
in einer ſeiner letzten Sitzungen den Entwurf einer
Beamten=
ſiedlungsverordnung angenommen, die den Zweck verfolgt, den
auf Grund des Beamteuabbaues entlaſſenen Beamten die
Auf=
nahme einer wirtſchaftlichen Tätigkeit zu erleichtern und ihnen
den Erwerb und die Bebauung von Grund und Boden zur
land=
wirtſchaftlichen Bearbeitung zu ermöglichen. Ueber den Inhalt
des Entwurfs erfahren wir folgendes: Die Verordnung umfaßt
Ruhegehaltsempfänger, ſoweit ſie auf Grund der
Perſonalabbau=
verordnung zur Entlaffung gekommen ſind, und
Wartegeld=
empfänger. Zwiſchen Ruhegehaltsempfängern und
Wartegelds=
empfängern woird ein Unterſchied inſofern gemacht, als
Warte=
geldempfängern der Erwerb von Land nur zum Zweck
kleingärt=
neriſcher Betätigung, und zwar in einem Umfang von höchſtens
12050 Quadratmetern ermöglicht werden ſoll, während eine
der=
artige Beſchränkung für Ruhegehaltsempfänger nicht eintritt.
Dieſer Unterſchied iſt gemacht worden, weil die jederzeitige
Ver=
wendungsmöglichkeit der Wartegeldempfänger gewährleiſtet
wer=
den ſoll. Um den Beamten die Kapitalbeſchaffung zur Erwerbung
eines Grundftücks zu erleichtern, ſoll auf Antrag ein Teil vom
Ruhegeld oder Wartegeld in eine wertbeſtändige Rente umgetvan=
Helt werden. Für den Umwandungshöchſtbetray iſt die Hälfte
des Ruhegehalts vorgefehen, ſo daß den Beamten eine gewiſſe
Spareinnahme geſichert bleibt. Der Anſpruch der Hinterbliebenen
auf Hinterbliebenenverſorgung wird durch die Umwandlung nicht
berührt. In dem Entwurf ſind Sicherungen getroffen, um eine
ekulation mit den Grundſtücken zu verhindern. Um die
Be=
z. ffung von Grundſtücken zu verwirklichen, ſieht der Entwurf
i Notfall ein Enteignungsverfahren vor, und zwar bezieht ſich
deEnteignungsmöglichleit auf ſtädtiſche und ländliche
Grund=
ſtücke. Der Entwurf iſt mit den Vertretern der
Beamenorga=
niſatienen eingehend beſprochen worden.
Vom Tage
Ju bplitiſchen Kreiſen nimt man an, daß die
Reichskags=
wahlen vorausſichtlich am 15. Juni ſtattfinden werden.
Poincaré hatte geſtern nachmütag eine Unterrebung mit dem aus
London zurückgekehrten britiſchen Botſchafter Lord Crelwe,
Nach dem Temps wird das am 25. Mai 1923 zwiſchen
auerikani=
ſchen, engliſchen, franzöſiſchen, italieniſchen und helgiſchen Vertretern
geſchloſſen Abkommen über die Erſtattung amerikaniſcher
Beſatzungs=
koſten, die von der Reparationskomrmiſſion in ihrer Ab=echnung vom
30. Mai 1923 auf 1 071 804 000 Goldmauk feſtgeſetzt worden ſind, dem
franzöſiſchen Parlament zur Ratifizierung unterbreitet werden.
Wie verlautet, erklärte das Staatsdepartement in Waſhington
Preſſevertretern, daß die deutſche Botſchaft durch ihre Haltung in der
Frage der Flaggenhiſſung die internationale Höflichkeit nicht verletzte.
Nach einer Meldung aus Waſhigton haben die Vertreter der
Baumwollſtaaten einen Ausſchuß eingeſetzt, ber einen Geſetzentwurf
ausgearbeitet hat, nach dem die in den Händen des Verwalters des
eindlichen Eigentums befindlichen Gelder der neuen Korporation für
den Abkauf und die Verſchiffung von Rohbaumwolle nach Deutſchland
ausgeliefert werden ſollen.
Vorgeſtern fand die erſte Sitzung des Ausſchuſſes der Skupſchtina
zur Beratung der Fiumer Konvention ſtatt. Bei der Abſtimmung
ſtimmten 11 gegen 10 Stimmen zugunſten der Regierung.
Graf Lavinaza iſt zum ſpaniſchen Botſchafter bei der italieniſchen
Regierung in Rom ernannt worden.
Nach der Beendigung der Währungsarbeiten.
Berlin, 10. Febr. (Wolff.) Zu dem von dem 1.
Sachver=
ſtändigenkomitee veröffentlichten Communigué wird uns
von unterrichteter Seite geſchrieben:
Die offizielle Auslaſſung des Sachverſtändigenkomitees, daß
es die Währungsarbeiten in Berlin hiermit vorerſt beendet haben
dürfte, zeigt in erfreulicher Weiſe, daß die Zuſammenarbeit
zwi=
ſchen den in Frage kommenden deutſchen Stellen und dem
Komi=
tee zu einem befriedigenden Ergebnis geführt hat.
Das Komitee, das von der Reparationskommiſſion den Auftrag
empfing, Vorſchläge für eine definitive deutſche Währung zu
machen, hat ſeine Arbeiten von vornherein und unverändert auf
dieſen Endzweck gerichtet. Der dahingehende Plan hat die
Ver=
einheitlichung der bisherigen verſchiedenen deutſchen
Zahlungs=
mittel auf einer einzigen Goldbaſis zum Ziele. Die
Gedanken=
gänge, die das Komitee dabei leiten, ſind derart, daß auch von
deutſcher Seite ein Erſolg daraus erwartet wird. Andererſeits
verkaunte das Komitee niemals, daß unſere derzeitigen
Wirt=
ſchafts= und Währungsverhältniſſe ein promptes Handeln
erfor=
dern. Die Sachverſtändigen werden dieſe Auffaſſung der
Repa=
rationskommiſſion gegenüber ausdrücken. Sie zeigen durch die
bereits für den 18. Februar in Paris angeſetzte Fortführung der
gemeinſamen Arbeiten, daß es ihnen mit der beſchleunigten
Lö=
ſung des Problems ernſt iſt. Um die von dem
Neichsbantpraſi=
denten eingeleiteten Arbeiten auf eine baldige Heranziehung des
inländiſchen und ausländiſchen Goldkapitals für die Zwecke der
deutſchen Wirtſchaft nicht zu behindern und ihre Weiterführung
zu ermöglichen, hat die Kommiſſion die Erklärung des
Reichs=
bankpräſidenten entgegengenommen und in ihrem Communi ug
zum öffentlichen Ausdruck gebracht, daß die Arbeiten des
Reichs=
bankpräſidenten ſo geführt werden, daß das Aufgehen der
heran=
zuziehenden Kapitalien in den von den Sachverſtändigen ins
Auge gefaßten definitiven Plan vorgeſehen wird. Aus der ſomit
von allen beteiligten Stellen bezeugten prompten
Arbeitswillig=
keit und der übereinſtimmenden grundſätzlichen Auffaſſung geht
hervor, daß die letzten ſpekulativen Vorgänge auf
dem Teviſenmarkte jeder Begründung
entbeh=
ren und daß die Ueberführung des derzeitigen Wertverhältniſſes
unſerer Zahlungsmittel in den definitiven Zuſtand mit
Sicher=
heit in Ausficht fteht.
Dunkle Machenſchaften.
* Berlin 11. Febr. (Priv.=Tel.) Zu den in der
aus=
ländiſchen Preſſe erſchienenen Mitteilungen, daß der Arbeit der
Sachverſtändigenkommiſſion von ſeiten der deutſchen Juduſtrie
und deutſchen Banken Schwierigkeiten gemacht werden., wird uns
von unterrichteter Seite erklärt, daß von Unſtimprigkeiten ſchon
deshalb nicht geſprochen werden kann, weil die
Sachverſtändigen=
kommmiſſion mit Vertretern der produktiven Wirtſchaft überhaupt
noch nicht verhandelt hat. Auch ſeien dieſe Kreiſe noch nicht in
die Lage gekommen, der Kommiſſion irgendwelches Material
zu=
zuleiten. Die Ausſchüſſe würden es vermeiden, außerhalb
ihres Programmes mit Kreiſen der Wirtſchaft in Verbindung
zu kommen. Bei den in der ausländiſchen Preſſe erſchienenen
Mitteilungen handelt es ſich offenſichtlich um die Tendenz, die
Sachverſtändigenarbeiten zu durchkreuzen.
Dr. Jarres über die Politik der Reichgregierung.
Gießen, 11. Febr. Anläßlich der Tagung des
Hochſchul=
rings Deutſcher Art veranſtaltete das Rheinlandamt der
Stu=
dentenſchaft der Univerſität Gießen in der Aula der Univerſität
eine Kundgebung für das beſetzte Gebiet. Rach einer kurzen
Be=
grüßungsanſprache des Rektors der Univerſität ergriff
Reichs=
innenminiſter Dr. Jarres das Wort zu einer Rede, in ber er
u. a. ſagte: Die Politik der Reichsregierung ift vollkommen klar.
Sie iſt ſich ihres Weges bewußt. Wir wiſſen, daß wir uns als
Geſchlagene mit unſeren Feinden und namentlich mit Frankreich
verſtändigen müſſen. Wir ſind nach wie vor zu dieſer
Verſtän=
bigung bereit, und ſind uns im Klaren, daß dieſe Verſtändigung
große Opfer koſten wird. Wir glauben aber, daß die
Verſtän=
digung, die von Regierung zu Regierung geführt wird, doch eine
Klärung und Erleichterung bringen wird, und wir hoffen, daß
die Sachverſtändigenausſchüſſe, die in Berlin getagt haben,
Klar=
heit über die Lage in Deutſchland ſchaffen werden. Die
Ver=
handlungen, die ſich jetzt anſchließen, dürfen nur geführt werden
von Regierung zu Regierung und nicht von unterantwortlicher
Seite. Bei dieſen Verhandlungen iſt über die Veränderung der
ſtaatsrechtlichen Formen des beſetzten Gebietes nicht die Rede.
Solche Verhandlungen unterliegen nicht dem „Willen unſerer
Feinde. Unſere Lage iſt verzweifelt, und wir müſſen aus ihr
heraus. Dies kann nur geſchehen durch Arboit, Ordnung iid
den Willen zuu Freiheit.
Neue Enthüllungen.
Von
L. Raſchdau, Geſandter a. D.
In Paris ſpielt ſich jetzt ein Ereignis ab, das die
Aufmerk=
ſamkeit beſonders des deutſchen Volkes in Anſpruch nehmen ſollte.
Eiin radikales Blatt iſt, offenbar durch ſeine ruſſiſchen Freunde,
in den Stand geſetzt, einen Teil des Schriftwechſels zu
veröffent=
lichen, den die ruſſiſche Botſchaft unter Leitung Iſwolskis mit
ihrer vorgeſetzten Behörde in Petersburg im Jahre 1912 geführt
hat. In dem für uns intereſſanten Teile handelt es ſich darum,
die franzöſiſche Preſſe für die ruſſiſche Politik im Orient zu
ge=
winnen. Die öffentliche Meinung Frankreichs war damals einer
Eimmiſchung in die Balkanhändel entſchieden abgeneigt, und
Iſwolski, der auch von Paris aus ein ſtarkes Wort in der
Aus=
landspolitik ſeines. Landes mitzureden hatte, ſah ſich in ſeiner
Hoffnung, die aktive Unterftützung der franzöſiſchen Regicrung
für ſeine Politik zu erhalten, bedroht. In dieſer Not erbat er
die Unterſtützung des damaligen auswärtigen Minifters
Poin=
caré, der ſich ſogleich mit größtem Eifer bereit erklärte, für eine
Beeinflufſung der franzöſiſchen Preſſe einzutreten, falls die
not=
wendigen klingenden Mittel beſchafft würden. In der Tat
be=
willigte die Petersburger Regierung den erbetenen Betrag von
300 000 Franken, und es wurden nun durch Vermittelung
Poin=
carés faſt alle bedeutenderen Pariſer Blätter für die gewünſchte
Richtung gewonnen. Es fehlt hier der Raum, auf die
hochinter=
eſſanten Einzelheiten des veröffentlichten Schriftwechſels näher
einzugehen; ſie liefern den vollen Beweis, daß die beiden
genann=
ten Staatsmänner, die ja für jedes unbefangene Urteil längſt
als die vernehmlichſten Förderer des Kriegsgedanbens erkannt
ſind, bereits damals entſchloſſen waren, die Vorgänge im
Bal=
kan zu benußen, um eventuell in eine kriegeriſche Aktion gegen
die Donaumonarchie einzutreten, und zwar ſo, daß Rußland ſeine
Pläne auf dem Balkan, Frankreich ſeine feindlichen Abſichten
gegen Deutſchland durchführte. Wenn keine weiteren Belege für
die friedensfeindlichen Abſichten, die ſchließlich zum Welikriege
führten, vorhanden wären, als dieſe Liplomatiſchen Aktenſtücke,
ſo würde daraus allein ſchon der Schluß zu ziehen fein, daß den
verbündeten zwei Mächten, vertreten durch ihre erſten
Itaats=
männer, eine gewaltſame Aktion bei erſter Gelegenheit durchaus
willkommen war.
Natürlich ſucht die franzöſiſche Preſſe dieſe Dinge
totzu=
ſchweigen. Nicht nur, daß der Vorgang von neuem ihren Ruf
in der bedenklichſten Weiſe vor aller Welt bloßſtellt, ſondern er
ſtraft auch alle bisherigen Verſicherungen Poincarés Lügen.
Alle Bezeugungen, die er in ſeinen zahlreichen Vorträgen und
Veröffentlichungen an amtlicher Stelle, und neuerdings in ſeinen
Sonntagsreden immer wieder über ſeine Friedensarbeit
kund=
gegeben hat, ſie erweiſen ſich als ebenſo trügeriſch, wie es jetzt
ſeine amtlichen Erklärungen über die Unſchuld Frankreichs am
Treiben der Separatiſten in den Rheingebieten ſind. Wie er
hierin durch den Bericht des engliſchen Generalkonſuls Clive
jetzt bloßgeſtellt wird, ſo enthüllen die ruſſiſchen Aktenſtücke von
neuem den wahren Charakter dieſer gewiſſenloſen Perſönlichkeit.
Mehr und mehr offenbart ſich die wahre Natur der Vorgänge,
die zum Weltkriege geführt haben. Es darf erwartet werden,
daß auch die Veränderungen in London dieſe Entwicklung weiter
fördern werden. Man braucht dabei, es muß immer wiederholt
werden, zunächſt nicht an eine Wendung der engliſchen Politik
in dem Sinne zu denken, als ob die neue Regierung eine
ent=
ſchiedene Wendung gegen den bisherigen Verbündeten nach außen
vollziehen werde. Soweit ſind die Gegenſätze noch nicht gediehen,
obwohr es ſchon jetzt wahrſcheinlich iſt, daß bei dem fortgeſetzten
Strebens Frankreichs, die unbedingte Vorherrſchaft auf dem
Feſtlande zu gewinnen, die Entwialung hierzu führen wird.
Die Regierung der Arbeiterpartei in England wird ſicherlich
fried=
lich ſein und jeder gewaltſamen Politik grundſätzlich
wider=
ſtreben. Aber mehr wie jedes andere Land iſt England in der
Lage, die öffentliche Meinung der Welt zu beeinfluſſen.
Mora=
liſch und wirtſchaftlich bleibt England trotz ſeiner
militäriſch=
politiſchen Schwäche eine Weltmacht und vermöge dieſer Wirkung
wird es auch die Haltung der Vereinigten Staaten Amerikgs im
Verlauf beſtimmen. Das Kabinett, das jetzt in London gebiildet
iſt, enkhält in der Mehrheit Namen, die in der Verurteilung der
franzöfiſchen Politik bereits eine hervorragende Rolle geſpielt
haben, und zwar nicht bloß im Kampfe für Recht und
Gerechtig=
keit, ſondern weil ſie in jener Politik eine neue Bedrohung des
Weltfriedens erkennen, deſſen Erhaltung ihnen gerade auch für
ihr Land geboten erſcheint. Sie beſchäftigen ſich nicht bloß mit
der Schuld am letzten Kriege, ſondern recht auffällig mit der anr
lommenden Kriege, und in dieſem Punkte ſteht die liberaie
Partei ihnen heute gar nicht ſo fern.
An dieſen Vorgängen hai natürlich Deutſchland das größte
Intereſſe. Gewaltſame Ereigniſſe werden vorerſt unſer
Schick=
fal nicht beftimmen, um ſo mehr muß uns die Umſtellung der
öſfentlichen Meinung der Welt vom größten Werte ſein. Es iſt
nicht ſo ſehr die wirrſchaftliche und ſinanzielle Schwäche, die den
Franzoſen den unerwarteten Sturz ihrer Währung beſchert hat,
ſondern es iſt die moraliſche Verurteilung, die mehr und mehr
das Ausland ergreift und das Vertrauen in eine ruhige
Entwick=
lung untergräbt. Das iſt der weſentliche Grund des ſinkenderß
franzöſiſchen Kredits. Die Wahrheit marſchiert, ader wir ſelbſt
dürfen dabei nicht die Hände in den Schoß legen. Auf jede der
üblichen Anllagen von jenſeits des Rheins ſollte unſererſeits
un=
ermüdlich eine öffentliche Erwiderung von gleicher Stelle
erfol=
gen. Wßenn Poincaré wieder am vorvergangenen Sonntag ſeine
Auhörer mit der Redeſigur entzündete, Frankreich wolle nicht
wieder von ſeinem Nachbar an der Gurgel gepackt werden, ſo
ſollten wir mit der Frage antworten, ob die Franzoſen aus det
rufſiſchen Mktenſtücken nicht allmählich die Erkenninis ſchöpften,
in welcher Weiſe der Welikrieg vorbereitet worden ſei. Solché
Worte von leitender Stelle würden die Veigung zu Bergusforz
derungen ſehr bald dämpien,
Geite
Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 12. Februar 1924.
Rawuzer 42.
G
Dau Autdimen Wiifon-Ziemenceau
Aeußerungen Orlandos.
Kom, 9. Febr. (Wolff.) Der frühere Miniſterpräſident
Or=
lando beſtätigt in einer Unterredung mit einem Vetreter des
Giornale d’Italia, daß Wilſon und Clemenceau, wie in
Konfe=
renzkreiſen allgemein bekannt geweſen ſei, zwar nicht einen
Ver=
trag, wohl aber ein Abkommen über die Beſetzung der
Rhein=
lande abgeſchloſſen hätten. Er, Orlando, habe keinen Anteil
daran gehabt. Das Blatt bemerkt dazu, Wilſon, der neue
Meſſias und Moſes, ſei ſo allen ſeinen 14 Punkten
un=
treu geworden, indem er Deutſche an die Tſchechen und Polen
verſchacherte und den Franzoſen den Einzug ins Rheinland
be=
willigte, obwohl ſie ſchon damals die Abficht gehabt hätten, dort
zu bleiben.
Tardieu zu den Enthülſungen Llond Georges.
Paris, 10. Febr. (Wolff.) Tardieu hat amerikaniſchen
Blättern eine Erklärung zugeſtellt, die ſich auf die angeblichen
Enthüllungen Lloyd Georges bezieht. Nach
Feſtſtel=
lung der Ereigniſſe, wie ſie ſich nach der offiziöſen Auslaſſung
von franzöſiſcher Seite vollzogen haben ſollen, berichtet Tardieu:
Dadurch, daß Lloyd George die vollſtändig korrekten loyalen
Ver=
handlungen mit Wilſon und Clemenceau als Geheimvertrag
hin=
ſtellte, hat er ſich im eine ſchlechte Lage gebracht. Aber da er die
Debatte wieder eröffnet hat und ſich mit Unrecht über das
Vor=
erinnern, daß das einzig inkorrekte Verhalten in dieſer
Ange=
legenheit von dem engliſchen Premierminiſter begangen wurde,
als er 14 Tage nach Ueberreichung der Friedensbedingungen an
Graf Broadorff=Rantzau alles wieder in Frage zu ſtellen
ver=
ſuchte, was er zwei Wochen vorher hinſichtlich der Beſetzung der
Rheinlande, der Neparationen, der Grenzen Polens uſw.
unter=
zeichnet hatte. In dieſer Zeit vom 25. Mai bis 16. Juni 1919
verſuchte Lloyd George eine grundlegende Neviſion des
Frie=
dens, den er namens ſeines Landes unterzeichnet hatie, zu
erzie=
len. Während dieſer tragiſchen Periode mußte Clemenceau mit
ſeiner Demiſſion drohen, unſer Parlament ſich mit dem
Wort=
bruch Lloyd Georges befaſſen. Während dieſer Periode hat
Wil=
bereitet, daß er ſeinem britiſchen Kollegen erklärte: „Tou make
me cick.” Schließlich blieb der Vertrag mit Ausnahme der Frage
der Volksabſtimmung in Oberſchleſten in Kraſt. Aber
Clemen=
ceau hat dieſes Reſultat trotz Lloyd George erzielt.
Optimismus in Paris.
* Paris, 11. Febr. (Priv.=Tel.) In Parifer
diplomati=
ſchen Kreiſen ſieht man den Ereigniſſen der kommenden Wochen
mit einer gewiſſen Hoffnungsfreudigkeit entgegen und ſtellt mit
Befriedigung feft, daß in den franzöſiſch=engliſchen Beziehungen
Londoner Meldungen, wonach die letzten franzöſiſchen
Anregun=
gen, betr. die Angelegenheit der Rheinpfalz, von der engliſchen Das Reichspoſtminiſterium hat vielmehr jeden bisher einge=
Regierung fleißig und in zuſtimmendem Geiſte ſtudiert werden.
Andererſeits hat die auch vorgeſtern hinſichtlich der Kölner
Eiſen=
bahnzone erzielte Verſtändigung unverkennbare Genugtuung
aus=
gelöſt. Zwei Hauptfragen beſchäftigten die öffentliche Meinung:
Erſtens werden die Sachwerſtändigen einen Bericht zufſtellen, der
unter Wahrung der franzöſiſchen Intereſſen die
Wiederangliede=
wird die fronzöſiche Okkuation am Rhein durch eine mit allen
erdenklichen Garantien berſehene internationale Körperſchaft evtl.
den Völlerbund erſetzt werden können?
Beſchlüſſe der franzöſiſchen Handelskammern.
Paris, 10. Febr., (Wolff.) Die Präſidenten der
fran=
göſtſchen Handelstammern hauen, enzfprecend ihrein geſtern
vor=
mittag in Anweſenheit des Handelsminiſters gefaßten Beſchluß,
am Nachmittag bereits unter dem Vorſitz des Präſidenten der
telt worden ſind. Unter anderem erklärte ſich die Verſammlung
im Namen der den Handelskammern angeſchloſſenen Firmen
be=
reit, die neuen Opfer auf ſich zu nehmen, die den franzöſiſchen
Staatsbürgern durch das Verſagen Deutſchlands und die
Kam=
dagne gegen den franzöſiſchen Franken auferlegt werden müßten.
Sie verlange jedoch von den amtlichen Stellen eine gerechtere
Verteilung der Steuerlaſten, eige energiſche Einſchränkung der
öffentlichen Ausgaben, planmäßige Reorganiſation der öffent= ſammlung nicht angeweldet worden war, wurde ſie von den
Se=
lichen Betriebe und die ſofortige Rückkehr zu einer Finanzpolitik,
mäßige Tilgung der öffentlichen Schulden gewährleiſte; feiner
die Anpaſſung des Geſetzes über den Achtſtundentag an die
Er=
forderniſſe der Produktion.
Das Sparprograzum der franzöſiſchen Regierung.
* Paris, 11. Febr. (Priv.=Tel.) Die franzöſiſche
Kam=
mer wird ſich heute mit dem Artikel 2 des Finanzgeſetzes
beſchäf=
tigen. Dieſer Artikel hat folgenden Wortlaut: Vom
Inkraft=
treten des Geſetzes ab unterbleibt bis zum Ausgang des
Ge=
ſchäſtsjahres 1924 die Schaffung irdenwelcher neuer Dienſtſtellen,
wie auch die Einſtellung neuer Beamtenkräfte. Im Falle
drin=
gender Notwendigkeit können durch beſondere, vom
Miniſterpräſi=
kenten und Finanzminiſter unterzeichnete Erlaſſe Ausnahmen
zugelaſſen werden.
Es iſt anzunehmen, daß dieſer Artikel ohne längere Debatte
zur Annahme gelangt. Eine überaus heftige Diskuſſion wird
ſich dann aber über den Artikel 3 entſpinnen, der auf die 20
pro=
zentige Erhöhung der Steuern Bezug nimmt. Dieſer Artikel
lau=
tet folgendermaßen: Vom 1. Januar 1924 ab weiden nach den
Beſtimmungen des vorliegenden Geſetzes zu ſämtlichen
Staats=
ſteuern und Abgaben zwei Zehntel mehr erhoben. In
politi=
ſchen Kreiſen gibt man der Anſicht Ausdruck, daß die
Abgeord=
neten, die auf ihre Wiederwahl bedacht ſind, wohl ſchwerlich
die=
fen Artikel unterſchreiben werden.
Auflöſung der franzöſiſchen Kammer?
Paris, 10. Febr. (Wolff.) Das Echo National berichtet,
gehen ſeiner Kollegen, beſchwerte, habe ich die Pflicht, daran zu in den Wandelgängen der Kammer habe ſich geſtern das Gerücht
verbreitet, Poincaré habe die Abſicht, im heutigen Miniſterrat
ſeinen Kollegen die Frage der Auflöſung der Kammer zu
unter=
breiten. Das Blatt gibt dieſe Nachricht, an deren Wahrheit es
ſelbſt zweifelt, mit aller Reſerve wieder, behauptet aber, es habe
die Pflicht, hiervon Kenntnis zu geben, da eine gewiſſe Anzahl
von Abgeordneten, die notoriſch enge Beziehungen zum Kabmett
unterhielten, dem Gerücht Glauben ſchenkten.
Neue Verhandlungen mit der Micum.
Paris, 10. Febr. (Wolff.) Havas berichtet aus
Düſſel=
ſon, der von ſeiten Lloyd Georges einem gewaltſamen Druck dorf über die bereits gemeldeten Verhandlungen der Vertreter
ausgeſetzt war, eines Tages dadurch einer Unterredung ein Ende des Vereins für bergbauliche Intereſſen mit der Micum noch,
daß weiter beſchloſſen wurde, in der Zuſammenkunft am
25. Februar erneut die Frage über die Höhe der Steuern
zu beſprechen. Es wurde nach der gleichen Quelle endlich auch
vereinbart, daß die Kohlen, di, nach dem Auslande gehen,
mit der gleichen Taxe belegt werden, wie die nach dem
unbeſetzten Deutſchland verkauften Kohlen.
Reichspoſifunkdienſt und Preſſe.
Berlin, 10. Febr. Die vom Vorwärts gebrachte Nachricht,
taß das Reichspoſtminiſterium beabſichtige, rechtsgerichteten
Zei=
tungen die erlau nis zur einrichtung eigener Sendeſtationen
ſeit den letzten Tagen eine wirkliche Beſſerung eingetreten ſei. für funkentelephoniſche Nachrichtenübermittelung zu geben und
Im einzelnen gründet man dieſe zuverſichtliche Stimmung auf ihnen auf dieſem Gebiet ein Monopol zu verſchaffen, entbehrt,
wie uns von zuſtändiger Stelle mitgeteilt wird, jeder Grundlage.
gangenen Antrag auf Errichtung eigener Funkſender ſowohl von
der Preſſe wie auch von anderen Stellen zurückgewieſen, weil die
Verwaltung das Reichsregal unter allen Umſränden
aufrecht=
erhalten will. Natürlich hat die raſche Entwicklung des
Rund=
fun=s das Intereſſe der Preſſe wachgerufen, und es liegen
augen=
rung des Induſtriebezirks an Deutſchlend ermöglicht, zweitens blicklich eine Reihe von Anträgen von Jutereſſenten verſchiedener
politiſcher Richtungen vor, darunter auch von Nachrichtenbüros
und Zeitungen auf Uebermittelung von Spezialfunkdienſten durch
den Reichsfunkſender. Bisher iſt keiner dieſer Anträge genehmigt,
ſendern lediglich im Reichspoſtminiſterium die wirtſchaftliche und
techniſche Seite des Problems geprüft worden, da die Abteilung
Funkweſen” des Reichspoſtminiſteriums ſelbſtverſtändlich die
Pflicht hat, immer neue Wege zur Erhöhung der Wirtſchaftlichkeit
bes Petriebes zu ſuchen. Da die Benutzung des Funkweges für
Preſſenachrichten das politiſche Gebiet berührt, werden derartige
Anträge übrigens gar nicht von dem Poſtminiſterium, ſondern
von den verantwortlichen Reſſorts entſchieden. Das iſt auch m
Handelskammer von Paris eine Sitzung abgehalten. Es wurden Falle des im Herbſt 1922 eingerichteten Wirtſchaftsrundfunks
mehrere Reſolutionen gefaßt, die dem Handelsminiſter übermit= geſchehen, bei dem die Telegraphenverwaltung lediglich das
aus=
führende techniſche Organ iſt.
Eine Landbürgermeifferverſarmlung geſprengt.
Kaiſerslautern, 10. Febr. Am 17. Dezember vor. J8.
fand auf der Waldmannburg bei Neuſtadt a. d. H. eiltie
Verſtnwi=
lung der Landbürgermeiſter des Bezirks ſtatt. Weil dieſe
Ver=
paratiſten und Franzoſen geſprengt. Der Vorſitzende dieſer
Ver=
die das allmähliche Verſchwinden der Inſlation und eine regel= ſammlung, Bürgermeiſter Weber aus Mutterſtadt, hatte ſich
nun=
mehr vor dem Militärpolizeigericht zu verantworten. Der
An=
klagevertreter hatte eine ſchwere Strafe beantragt, doch lautete
das Urteil nur auf 1 Tag Gefängnis und 600 Mk. Geldſtrafe.
Der Sitler=Prozeß.
München, 10. Febr. Der Beginn des Hitlerprozeſſes iſt,
wie wir bereits meldeten, auf den 26. Februar 1924 verſchoben
worden. Die Anklage iſt inzwiſchen auf den Oberleutnant a. D.
Pernet, den Stiefſohn Ludendorffs, erweitert worden. Wie wir
erfahren, legt die Anklage Pernet zur Laft, daß er im Auftrage
des Generaks Ludendorff die Infanterieſchule zum Ungehorſan:
gegen die Vorgeſetzten aufgefordert habe. So ſoll er an der
Unterredung teilgenomen haben, die zwiſchen Ludendorff und
einer Abordnung der Infanterieſchüler bereits zwei Wochen vor
dem Putſch ſtattfand und in der Ludendorff ſich über die
Aus=
ſichten einer völkiſchen Erhebung äußerte. Weiter wird ihm zur
Laſt gelegt, daß er am 8. November ſelbſt den Leutnant Wagner
zu ſeinem Stieſvater befohlen habe, wo der ebenfalls angeklagte
Wagner Inſtruktionen für den Aufwarſch der Infanterieſchüler
im Löwenbräu=Keller empfangen haben foll. Pernet ſelbſt
be=
ſtreitet, ſich der ihm zur Laſt gelegten Vergehen ſchuldig gemacht
zu haben.
Perſonglabbau und Schwerbeſchädigtengeſetz.
Berlin, 9. Febr. (Wolff.) Es iſt das Gerücht verbreitet
worden, daß das Schwerbeſchädigtengeſetz infolge der
Beſtim=
mungen der Perſonalabbauverordnung ſeine Gültigkeit ſür die
Behörden verloren habe. Dieſes Gerücht iſt unrichtig. Im
Gegenteil iſt den Behörden ausdrücklich zur Pflicht gemacht, bei
der Durchführung des Perſonalabbaus die Beſtimmungen des
Schwerbeſchädigtengeſetzes genau zu beobachten. Alle Behörden
ſind nach wie vor verpflichtet, den vorgeſchriebenen Hundertſatz
von Schwerbeſchädigten unter ihrem jeweiligen Perſonalbeſtande
zu beſchäftigen. Eine Entlaſſung kann nur bei
Schwerbeſchädig=
ten in Frage kommen, die über die geſetzlichen Verpflichtungen
hinaus eingeſtellt worden ſind, aber auch auf ſolche
Schwerbeſchä=
digten iſt weitgehend Rückſicht zu nehmen. Ihre Entlaſſung iſt
erſt in letzter Linie und nur auszuſprechen, wenn die
Notwendig=
keit des Abbaues es dringend erfordert.
Aus der bulgariſchen Kammer.
Sofia, 10. Febr. (Wolff.) Nach einer Erklärung des
bulgariſchen Außenminiſters in der Kammer, über Bulgariens
Außenpolitik gab der Miniſterpräſident einen Ueberblick über das
Regierungsprogramm, worin er unter anderem auf die friedliche
Politik Bulgariens hinwies. Hierauf wurde ein
Vertrauens=
votum geſtellt, das mit großer Mehrheit gegen die Stimmen der
ehemaligen Kommuniſten und einiger Mitglieder der
Bauern=
partei angenommen wurde. Hierauf wurden der
Geſetzesvor=
ſchlag, betreffend die Ratifikation der Verträge und
Ueberein=
kommen mit den Vereinigten Staaten und Südflawien, ferner
die Beſtimmungen des Lauſanner Vertrags über die Grenze
zwi=
ſchen Bulgarien und Griechenlaud, ſowvie zwiſchen Bulgarien
und der Türkei einſtimmig angenommen.
Militär=Revolte in Atßen.
TU. Athen, 10. Febr. Unter Führung der rebolutionären
Offiziere hat ein Regiment der Müitärbeſatzung von Athen ſich
gegen die Veniſeliſtiſche Regierung erhoben.
Die Regierung hat andere Regimenter in die berreffende Kaſerne
geſandt und verſichert, Herr der Lage zu ſein. Die Regierung
erklärt, daß die Bewegung ſich, abgelehen von den revolutionären
Offizieren, auf ein einziges Regiment beſchränke. König Georg
hat an den früheren Erzbiſchof von Athen einen offenen Brief
gerichtet, in dem er erklärt, er ſei überzeugt, daß das Plebiszit
zu feinen Gunſten ausfallen und er im Mai wieder in Aihen ſein
werde.
Die Pariſer Spionage=Affäre.
Paris, 10. Febr. (Wolff.) Habas ſtellt feſt, daß es ſich
bei der in den geſtrigen Pariſer Blättern berichteten ſogenannten
Spionageaffäre um eine Angelegenheit handelt, die noch nicht
vollſtändig klargeſtellt iſt. So ſei namentlich noch nicht feſtgeſtellt,
ob die angeblich entwendeten Dokumente geheimen Charakter
haben und ob ſte unter das Spionagegeſetz von 1886 fallen. Der
Unterſuchungsrichter erwäge alſo, ob es ſich nicht um einfachen
Diebſtahl handelt. Die Entſcheidung könne erſt in der
kommen=
den Woche getroffen werden, nachdem der Kriegsminiſter ſeine
Entſcheidung bekannt gegeben haben werde.
Aliiertenkonferenz über das Sicherungsproblem.
* Paris, 11. Febr. (Priv.=Tel.) Bei einer Beſprechung
über das Sicherungsproblem teilt der Matin mit, daß die
Alli=
ierten ſich demnächſt in einer Sitzung unter Führung des
Mar=
ſchalls Foch ausführlich mit dieſem Problem beſchäftigen werden.
Foch werde den Alliierten verſchiedene Anregungen unterbreiten,
über die dann die Ausſprache eröffnet werden ſolle.
*Konzerte.
F. N. Die Hochflut von Konzerten, die ganz beſonders am
Samstag abend und Sonntag vormittag häufig zu zwei bis drei
gleichzeitisen Veranſtaltungen führt, zwingt den Berichterſtatter,
entweder nach Art der Großſtadtkritiker von jeder Veranſtaltung
nur eine Koſtprobe aufzufangen und von ihr aus zu urteilen,
oder ſich in einem Teil der Konzerte vertreten zu laſſen, beides
mißlich genug, weil die erſte Art leicht ein ſchiefes Bild über di=
Leiſtungen eines Künſtlers gewinnen läßt, die andere natürlich
eine verſchiedene Cinſtellung der Beurteiler und damit
verſchie=
denes Maß, mit dem gemeſſen wird, mit ſich bringt. Am
geſt=
rigen Sonntag vormittag hatte die Volkshochſchule zu
einem Orcheſterkonzert unter Ballings Leitung im
Kleinen Saus eingeladen, und ſie übermittelte ihren zahlreichen
Hörern Perlen klaſſiſcher Kunſt, die trotz des verhältnismäßig
kleinen Orcheſters dank des akuſtiſch ſehr förderlichen
Bühnen=
abſchluſſes zu ſtarker Klangwirkung kamen und elementar wirkten.
Nach Beethovens Ouvertüre zu König Stephan, die in hohem
Pathos erklang, hörten wir Mozarts Violinkonzert in A=Dur,
das Herr Konzertmeiſter Schnurrbuſch mit vorzüglicher
Technik und ſchönem Ton vortrug. Beſonders angenehm wirkte
der ausgezeichnete Ausgleich zwiſchen Soliſt und Orcheſter, das
mit fühllarer Begeiſterung für das herrliche Werk ſpielte. Der
Künſtler trug auswendig vor, eine bei der gerade in dieſen Tagen
ſtarken Inanſpruchnahme des Landestheater=Orcheſters beſonders
hervorzuhebende Leiſtung. Ein kleiner Gedächtnisfehler am
Schluß des zweiten Satzes war ſofort überwunden. Die Sinfonie
von Saydn, „Die Uhr”, die Balling vor geraumer Zeit ſo
meiſter=
haft in den Sinfoniekonzerten zur Aufführung brachte, hörten
wir nicht mehr, um in der Aula des Reaſaymngſiums noch einem
Teil der mehrſtimmigen Geſänge zuhören zu können, die unter
Leitung von Herrn Oberregierungsrat Grospietſch mit den
Damen Kapper und Stefanowa und den Herren Weller
und Hagner wiederholt wurden. Wenn es auch nicht üblich
iſt, über Wiederholungen zu urteilen, ſo intereſſiert es doch, ob
etwa Mängel behoben wurden. Leider übertönte Herr Weker,
ſo ſchön er auch im einzelnen ſoliſtiſch ſang, in einzelnen Liedern,
ganz beſonders im „Nachtigall=Quartett” bei Brahms die andern
Stimmen. „Nein, es iſt nicht auszuhalten mit den Leuten:
wurde heute ſogar dreimal geſungen.
*
„Die Freie GeJelt1g Aufüährung neuer und ſchon
bekannter Lieder von Dr. Bodo Wolf. Der Komponiſt las, was
fehr zum Verſtändnis der in ihrem Empfindungsgehalt oft nicht
ſachen Lieder beitrug, vor jeder der vier Liedergruppen die
Dichtungen vor und fügte einige erläuternde Anmerkungen über
die Entſtehungszeit der einzelnen Lieder bei. Drei in der
Stimmung zuſammengehörige Geſänge nach Gedichten von Emil
Kaſſel machten den Anfang. In Harmonik und Aufbau ſehr
modern gehalten, verwenden ſie bereits Quartenalkorde. Die
tief erfaßte Stimmung kommt beſonders in den ſchwülen,
trau=
rigen und ſehnfüchtigen Klängen der Begleitung zum Ausdruck,
zu der die Singſtimme mehr deklamiert. „Sie weiß es” von
Karl Victor bewegt ſich ebenfalls in modernen Bahnen, iſt aber
leicht und neckiſch, ähnlich wie das hier ſchon bekannte Lied „Herr
Nachmittag” von demſelben Dichter. Tiefſten Eindruck hinterließ
das ganz wundervolle, ernſte, 1914 entſtandene „Zu dir heb ich
die Hände”, das in der Kompoſition wie in der Ausführung durch
Herrn Hölzlin mit am ſtärkſten empfunden war. Beſonders
hervorzuheben ſind ferner die hymnenartigen Geſänge nach
Dich=
tungen von D. E. Hartleben, in denen der Komponiſt ganz
be=
ſonders aus ſich herausgeht. Von ſtark überquellendem
Empfin=
den getragen, wirken ſie beſonders, durch prachtvolle
Steige=
rungen und reiche Gegenſätze. Wolf lebt ſich tief in die
Dich=
rungen ein, bildet ſie muſikaliſch teils in modernen Farben, teils
i reicher Polyphonie der Begleitung nach, verſchmäht aber auch
nicht mehr linearen Aufbau und durchſichtige Begleitung, wie in
den entzückenden „Wunderhorn”=Liedern.
Fräulein Margarete Albrecht und Herr Heinrich Hölzlin
entledigten ſich ihrer oſt ſehr ſchwierigen Aufgaben mit ganz
hervorragendem Geſchick und reifſter Kunſt. Erſtere mußte ſich
zuerſt noch etwas einſingen, brachte dann aber namentlich die
„Wunderhorn”=Lieder zu ſtärkſter Wirkung. Letzteren haben wir
ſelten ſo herrlich und mit ſo tiefem Empfinden ſingen hören wie
heute. Sein kraftvolles Organ nahm zuweilen geradezu herb
heltiſchen Charalter an. Der Komponiſt begleitete mit ſeiner
Zurückhaltung. Starker Veifall bewies das außerordentliche
Intereſſe, das man den Kompoſitionen und ihrem Schöpfer
ent=
gegenbrachte.
Kanſi, Wiſſenſchaft und Leben
C. K. Ein Max=Reinhardt=Theater in
New=
hork. Im Herzen der Newyorker City wird jetzt ein Theater
für die Aufführungen von Max Reinhardt errichtet. Die Anlage
der Bühnen erfolgt nach ſeinen Angaben. Der Tau wird zwei
Bühnenräume enthalten. Das eine Theater liegt auf dem Dache,
hat 800 Sitze und wird für Kammerſpiele und Kammermuſik
verwendet werden. Das andere große Theater iſt von mächtigen
Ausmaßen und ſoll nach den Ibeen Neinhardts, die zuerſt im
Berliner Großen Schauſpielhaus verwirklicht wurden, keine
eigent=
liche Bühne haben, ſo daß der ſtörende Zwiſchenraum zwiſchen
Schauſpielern und Zuſchauern vermieden wird. Wie Rewyorker
Blätter berichten, ſollen die Schauſpieler direkt vom
Zuſchauer=
raum auftreten können.
— Die deutſchen Farbenpatente verloren.
Bekanntlich waren während des Krieges 5700 deutſche chemiſche
Farbenpatente in Amerika an die Chemical Foundation Inc. für
insgeſomt 250 00 Dollars, das ſind alo nicht ganz 44 Dollars
pro Patent, „verkauft” worden. Präſident Harding hat dann den
ſehr vernunftigen Standpunt eingenomineen, daß Wilſon gar
nicht berechtigt war, einen privaten Verkauf der Patente
anzu=
ordnen. Auch das Geſetz, wonach der Handel mit dem Feinde
verboten war, habe ihm keine Berechtigung dazu gegeben. Wenn
er und der damalige Staatsſekretär Polk trotzdem dieſer
Mei=
nung geweſen ſind, ſo ſeien ſie in ihren Inforwationen getäuſcht
worden. — Allein Hardina war nicht der allmächtige Wilſon
von ehemals, die Chemical Foundation weigerte ſich, ſeiner
Ver=
fügung nachzukomnten. Darauf reigre die Regierung auf
An=
ordnung Hardings vom 8. September 1922 die Klage beim
Bun=
desgericht gegen die Widerſpenſtige ein. Der Prozeß iſt
nun=
mehr entſchieden, und zwar hat Bundesrichter Morris die Klage
der Regierung abgewie en. — Amerika, das große, reiche Land,
tut viel Gutes; es verſchenkt Schiffsladungen von Lebensmitteln
an notleidende Völker und macht ſie ſich zu moraliſchen
Schuld=
nern. Freilich, das iſt ein anderes Amerika. — 5700 Patente
für eine Million Mark! Wie viele mögen darunter ſein, die allein
eine Million wert ſind! — Und Amerika zahlt dafür 185 Mark.
Bei uns nennt man ſo was: verſchenkt! Fragt ſich jetzt alſo noch,
C. K. Die Entdeckungeiner altrömiſchen
Toten=
ſtadt. Eine archäologiſche Entdeckung von größter Wichtigkeit
iſt in der römiſchen Totenſtadt von Salaria gemach
Eeie eie eice ehe e eieer aefen tar
umſchließt, deſſen gewölbte. Decke mit herrlichen Moſaiken
geſchmückt iſt. Die inneren Mauern ſind mit
Freskogemäl=
ben ausgeſtattet, die zu den ſchönſten bisher gefundenen Werken
dieſer Art gehören. Das eine dieſer Gemälde ſtellt die Göttin
Diana mit Bogen und Pfeilen dar, im Hintergrund ein Gehölz
mit zwei Rehen. Ein anderes zeigt eine ruhende Nymphe, die
eine Art Hirtenſtab in der einen Hand hält, während ſie mit der
anderen ein neben ihr ſtehendes Reh ſtreichelt. Den Abſchluß
des Raumes bildet eine Niſche, in der ein Brunnen gemalt ift,
von deſſen Waſſer zwei Tauben trinken. Unter der Niſche iſt ein
Baſſin im Boden ausgehöhlt in einer Tiefe von 8 Fuß, ähnlich
denen, wie man ſie in altrömiſchen Bädern findet. Dieſes Baſſin
iſt den Sachverſtändigen bisher ein Rätfel, da man ſich nicht
vor=
ſtellen kann, wie ein Bad in eine Grabkammer kommt, aber man
hofft, durch weitere Ausgrabungen auf der Stätte der alten
Totenſtadt Anhaltspunkte für die Erklärung dieſer merkwürdigen
Anlage zu finden.
Mutymer 42.
Darmſtädter Zagblatt, Mantag, den 11. Febtuar 1921.
Seite
Stadt und Land.
Darmſiadi, 11. Februar.
— Sektion Staukenburg des Deutſchen und Oeſterreichiſchen
Alpen=
bereins. Am Donnerstag abend hielt das Sektionsmitglied. Herr
Schupp im Weißen Saale bei Chriſt einen
Lichtbildervor=
trag über ſeine Wanderungen i den Berchtesgadener Alpen. Nach
einer allgemeinen Schilderung von Land und Leuten verſtand es der
Vortragende, die Naturſchönheiten des Berchtesgadener Landes, die ſich
ſowohl unter der Erde in den Salzbergwerken als auch über der Erde
in dem Königsſee, Watzmann, Hoher Göll, Hinterſee, Wimbach=Klamm
uſw. in ſo reichem Maße bieten, ſo anſchaulich vor Augen zu führen, daß
wohl bei manchem der Zuhörer der Wunſch aufkam, dieſe herrliche
Gegend ſelbſt einmal kennen zu lernen. Reicher Beifall und ein
drei=
faches „Berg Heil!” waren der Dank der Anweſenden für den
wohl=
gelungenen Vortrag.
Fünftes Sinfoniekonzert. Ueber die im heutigen Sinfoniekonzert
erſtmalig vor das Darmſtädter Publikum tretende Sängerin. Eva
Bruhn liegen die beſten Beſprechungen vor; ſo ſchreibt u. a. die
Allgem. Muſikztg.: „Eva Bruhn war mit ihrem hohen, die Maſſen
über=
ſtrahlenden Sopran eine viel vermögende Führerin des
Soliſtenquar=
tetts”. Jer der Rhein= und Ruhrzeitung leſen wir: „Der poetiſche
Klangcharakter dieſes Soprans, dem ſcheinbar mühelos die ſchwierigſten
Figuren in hinreißender Wirkung gelingen, Cva Bruhn, iſt im
Konzert=
gefang im Weſten einzig daſtehend.” Ueber ein Konzert in Koblenz
heißt es: „Der helle, klare, geſchmeidige und ſchwebende Sopran von
Eva Vruhn entzückte wieder einmal das Herz.”
Martinsgemeinde. Bei dem heute im Gemeindehaus
ſtattfinden=
den Vortragsabend wird beim muſikaliſchen Teil nicht, wie
be=
reits mitgeteilt, Herr Schmidt, ſondern ein junger Geigenkünſtler, Herr
Hardt, mitwirken.
— Orpheum. Heute Montag findet die letzte Aufführung der
Ope=
rette „Madame Pompadour” ſtatt. Am Dienstag, 12. Febr.,
Erſtauf=
führung: „Das Fräulein vom Amt” Operette in drei Akten.
Muſik von Jean Gilbert. Näheres ſiehe Anzeige.
— Tagesordnung zur Sitzung des Kreis=Ausſchuſſes des Kreiſes
Darmſtadt am Mittwoch, den 13. Februar 1924, nachmittags 3 Uhr. 1.
Hilfsbedürftigkeit des Peter Weigel, dahier. 2. Beitritt der Gemeinde
Arheilgen zur Spar= und Darlehnskaſſe daſelbſt. 3. Beitritt der
Ge=
meinde Griesheim zur Volksbank, daſelbſt.
n. Strafkammer. Der wegen „gewerbsmäßiger” Hehlerei angeklagte
85jährige vorbeſtrafte Schleifer Wendelin Verkau aus Nüſſelsheim
wurde unter Verneinung dieſes Qualifikationsmerkmals zu 8 Monaten
Gefängnis verurteilt. Man hatte ihn Anfang vor. Js. in der Nähe
eines Mainzer Althändlergeſchäfts, deſſen Inhaber ebenfalls eine
Heh=
lereiſtrafe erlitten hat. mit einem verdächtigen, zur Veräußerung
be=
ſtimmten Sack abgefaßt. Deſſen Inhalt beſtand aus mannigfachen neuen
Faßrradteilen, und alles, ſowie weitere durch Hausſuchung bei B.
zu=
tage geförderte Metallgegenſtände ſtammen aus dem Opelſchen
Fabrik=
betriebe. Zweifellos ſind ſie dort nach und nach geſtohlen worden, ohne
daß der Dieb zu ermitteln iſt. B. ſchützt zwar in üblicher Weiſe guten
Glauben hinſichtlich der nach ſeiner Angabe vom „großen Unbekannten”
ſeinerſeits gekauften Sachen vor, verriet aber ſelbſt bei jener Feſtnahme
durch die Polizei in Mainz ſehr deutlich das Schuldbewußtſein, indem
er ſich als Frankfurter Althändler mit falſchem Namen bezeichnete und
ſonſtige Ausflüchte vorbrachte. Sein Mißgeſchick fügte es damals, daß
gerade ein Gendarm von Rüſſelsheim zufällig auf dem
Polizeirevier=
bureau in Mainz zu tun hatte, der den B. erkannte und auch ſofort
weitere Ermittelungsſchritte unterſtützen konnte. Nicht lange vorher
hatte der früher nicht ſelbſtändige B. eine eigene Fahrradwerkſtätte
ein=
gerichtet. — Recht hartnäckig verſuchte der eines ſchweren Diebſtahls
be=
ſchuldigte 25 Jahre alt= und bereits diebſtahlsrückfällige Bäcker Guſtav
Jäger aus Steinenbrunn (Württemberg) ſich mittels Geiſtesſchwäche=
Simulation und Erinnerungsloſigkeit aus der Schlinge zu ziehen. Die
Tat hatte er im vorigen Herbſt gemeinſam mit dem auch rückfälligen
Arbeiter Joſeph Marquardt von Eſſen nächtlicherweile in Michelſtadt
ausgeführt, worauf Beide nach ihrem Ausgangspunkte Mannheim
zu=
rückkehrten und dort bei Veräußerung der aus einem Ladengeſchäft
geſtohlenen Kleider nebſt Stoff entdeckt wurden. M. verbüßt eben die
in der früheren Verhandlung erhaltene zweijährige Gefängnisſtrafe,
und das Urteil gegen den nur gemindert zurechnungsfähigen Jäger
lautet nunmehr auf 1 Jahr 6 Monate Gefängnis, ohne jede Anrechuung
der Unterſuchungshaft (infolge des Leugnens). — Aehnliche
Verteidi=
gung, aber durch Unſchuldsbetenern, hatte der bereits nicht weniger als
ſiebenmal vorbeſtrafte, diebſtahlsrückfällige 24 Jahre alte Fabrikarbeiter
Friedrich Kuckemuß aus Bürſtadt erwählt, nachdem ſeine Genoſſen
des fraglichen Diebſtahls die ſchöffengerichtliche Entſcheidung ſofort
an=
erkannren. Sie ſind der Ende 1922 auf dem dortigen Bahnhof Nachts
begangenen Tat, der Entwendung mehrerer Zentnerſäcke Mais, geſtändig
und belaſten in glaubwürdiger Weiſe auch den fetzigen Angeklagten.
Es wurde deshalb die ſchöffengerichtliche Strafe von 1 Jahr
Zucht=
ßaus durch Abweiſen von K.3 Berufung beſtätigt.
Bensheimf, 10. Febr. Vermißt. Die in unſerer geſtrigen
Nummer als vermißt gemeldete 24jährige Marg. Werner (nicht Werder)
aus Gronau hat ſich wieder eingefunden. Sie traf am hieſigen
Bahn=
hof eine alte Freundin und ſchloß ſich dieſer einige Tage an, ohne zu
ahnen, daß man ſich wegen ihres Fernbleibens Sorge gemacht hatte.
A Offenbach, 8. Febr. Der Oberbürgermeiſter gab in der
geſtrigen Stadtverordnetenſitzung ein Schreiben des
Stadt=
verordneten Päſel bekannt, wonach dieſer aus der Fraktion der
Haus= und Grundbeſitzer ausſcheidet und künftig leiner Partei mehr
angehört. Die Parteien der Nechten batten einen Dringlichkeitsantrag
eingebracht, worin ſie die ſchleunige Aufhebung einer Verordnung der
Verwaltung fordern, die den Handel mit Milch von einer
beſon=
deren Ecl ubnis abhängig macht. Nachdem der Verkehr mit Milch im
ganzen Lande frei iſt, ſoll dadurch das Vorrecht der hieſigen
Milch=
genoſſenſchaft beſeitigt werden. Em weiterer
Dringlichkeits=
antrag wünſcht eine Studienanſtalt als Aufbnu der höheren
Mädchenſchule. Beide Anträge gehen zur Berichterſtattung an die
zu=
ſtändigen Ausſchüſſe. Die Mainfähre, die ſich an Stelle der
frü=
heren Schiffbrücke am Iſenburger Schloß befindet, ſoll eingeſtellt
wer=
den. Der Verkehr hat durch die Beſeitigung des Brückengeldes
an der feſten Brücke bedeutend nachgelaſſen. So verkehrten im
Dezem=
ber 1222 noch 13 300 im Dezember 1923 aber nur noch 3625 Fahrgäſts.
Die Einnahme ſank dadurch auf 109 Mk., denen 231 Mt. Unkoſten
gegen=
überſtehen. Man will zunächſt verſuchen, die Fähre zu verpachten,
vielleicht an einen der Rudervereine, die Wert auf ihre Erhaltung
legen. Eine lange Beſprechung rief die Feſtſetzung der
Verpflegungs=
fätze für die einzelnen Klaſſen des Stadtkrankenhauſes
her=
vor. Wie man aus den einzelnen Reden hörte, hatte die Verwaltung im
Ausſchuß für die dritte Klaſſe 4, die zweite 6 und die erſte 10
Gold=
wiark gefordert und auch mit Nachdruck verteidigt. Der Ausſchuß hat
die dritte Klaſſe nur für Mitglieder der Ortskrankenkaſſe auf 3 Gmk.
herabgeſetzt. Dadurch erwächſt der Stadt, die zu dem Krankenhauſe
ſchon 250 000 Gmk. zuſchießt, eine weitere Ausgabe von rd. 150 000
Goldmark, die nach Anſicht der Verwaltung im Ausſchuß die Stadtkaſſe
nicht tragen kann. Die Verwaltung verteidigte ihren urſprünglichen
Standpunkt nicht mehr und die Ortskrankenkaſſe bleibt dadurch in dem
Genuſſe ihrer Ermäßigung. Die Parteien der Rechten beantragten
auch, die Erhebung des letzten Viertels der Grund= und Gewerbeſteuer,
die im April erfolgen ſoll, fallen zu laſſen. Mit großer Mehrheit wurde
dieſer Antrag abgelehnt. Es wird aber den Mietern, die ſich in der
Wohlfahrtspflege befinden, die ſtädtiſche Grundſteuer erlaſſen. Für
Hausbeſitzer, die heute die Wohlfahrtspflege in Anſpruch nehmen
müf=
ſen, wurde dieſe Milderung abgelehnt. Der Preis eines
Fahrſchein=
heftes wurde von 2 auf 1,50 Goldmark herabgeſetzt, ſo daß die
kür=
zeſte Strecke der Elektriſchen nun 12,5 Goldpfg. koſtet. Dadurch werden
gerade noch die Selbſtkoſten gedeckt. Der Stadtv. Weiſer, Mitglied
der Fraktion der Hausbeſitzer, hatte in einer Verſammlung des
Haus=
beſitzervereins ausgeplaudert, daß die Städtiſche Sparkaſſe
dem Fahrradhauſe „Friſch auf” einer ſozialdemokratiſchen Gründung,
einen Kredit von 10 000 Goldmark eröffnet habe, und daß bei dieſem
Beſchluſſe im Vorſtand der Sparkaſſe mehrere Angeſtellte des
Fahrrad=
haufes als Stadtverordnete mitgewirkt hätten. Die Kommuniſten und
Sozialdemokraten verurteilten ſcharf das Verhalten des nicht
anweſen=
den Stadtv, Weiſer und erklärten, eine Zuſammenarbeit mit ihm im
Vorſtand der Sparkaſſe abzulehnen. Auch der Oberbürgermeiſter
er=
klärte, daß Weiſer den Kredit der Sparkaſſe ſehr geſchädigt habe. Der
eröffnete Kredit ſoll 75 Prozent der Rentenmarkeinlagen der
Spar=
kaſſe ſein.
Provinzialausſchuß.
1. Beſchwerde des Fahrradhändlers Georg Kolb zu Groß=Gerau
gegen den Beſchluß des Gemeinderats daſelbſt vom 21. Dezember 1923
wegen Abbruchs eines Gebäudes; hier: Berufung der Gemeinde Groß=
Gerau gegen das Urteil des Kreisausſchuſſes des Kreiſes Groß=Geran
vom 21. April 1923. Erſchienen: Jakob Heil 2. für die Gemeinde als
Mitglied des Gemeindevorſtandes. Ueber die Sache wurde ſeinerzeit
anläßlich der erſtmaligen Verhandlung ausführlich berichtet. Das
Miet=
einigungsamt hat am 27. Dezember 1923 ſeinen früheren Beſchluß
um=
geſtoßen und die Abbruchsgenehmigung verſagt. Kolb ficht dieſen
Be=
ſchluß als ungültig an: der Vorſitzende des M.E.A. Amtsgerichtsrat
Kleinſchmibt hätte im M. E.A. nicht mit entſcheiden dürfen, da er auch
Mitglied des Gemeinderats ſei. Jakob Heil 2. weiſt auf die
kataſtro=
phale Wohnungsnot in Groß=Gerau hin; ſo baufällig, wie Kolb meine.
ſei das fragliche Haus nicht. Werde die Abbruchsgenehmigung erteilt,
ſo müſſe die Gemeinde wieder für drei Familien mit zuſammen 10—11
Köpfen ſorgen, was unter vorliegenden Verhältniſſen einfach
unmög=
lich ſei. Urteil: Der Berufung der Gemeinde Groß=Gerau wird
ſtattgegeben.
2. Geſuch des Gottfried Beſimenz zu Offenbach um Erlaubnis
zum Betrieb einer Schankwirtſchaft im Hauſe Schloßgaſſe 29. Dem
Vorgänger des Beimenz wurde die Konzeſſion entzogen.
Wohnungs=
amt und Wirteverband haben keine Einwendungen zu erheven; das
Polizeiamt bejaht die Bedürfnisfrage, die Rechtsdeputation der Stadt
Offenbach verneint ſie im Hinblick auf das Notgeſetz vom Februar 1323
und die Wohnungsnot. Erſchienen iſt der Geſuchſteller. Die Sache
wird behufs weiterer Erhebungen vertagt.
3. Beſchwerde des Adolf Schumann zu Offenbach, Großer
Biergrund 11, gegen den Beſcheid des Kreisamts vom 27. Dezember
1923 wegen Verſagung der Erlaubnis zum Handel mit unedlen
Metal=
len. Erſchienen iſt Geſuchſteller. Adolf Schumann hat nach Anſicht des
Polizeiamts die genügende Sachkenntnis, da er den Althandel nahezu
4 Jahre betreibe; ſeine Vorſtrafen bildeten keinen Anlaß zur Verſagung;
die Handelskammer hat keine Einwendungen. Das Kreisamt hat den
Antrag zurückgewieſen wegen der Vorſtrafen und Mangels
Bebürf=
niſſes. Schumann erklärt, er betreibe den Handel ſchon ſeit 1907. Aus
dem Kriege zurückgekehrt, habe er anſtandslos den
Wandergewerbe=
ſchein erhalten; er ſei wegen chroniſcher Augenentzündung zu 75 Proz.
erwerbsunfähig. Die Beſchwerde wird abgewieſen.
4. Geſuch der Turngeſellſchaft Offenbach um
Erlzub=
nis zum Betriebe einer Schankwirtſchaft mit Branntweinausſchank auf
dem Sportplatz Roſenhöhe. Erſchienen: 1. und 2. Vorſitzender. Die
Polizei iſt für Konzeſſion unter Beſchränkung auf alkoholfreie
Ge=
tränke. Die Turngeſellſchaft will die Vollkonzeſſion erwirken. Es wird
ausgeführt, daß der Verein ſeit 1885 beſteht und 800 Mitglieder zähle,
ein Vereinshaus beſitze; die Bedürfnisfrage ſei doch wohl gegeben. Die
Jugend ſtehe unter Führung älterer Mitglieder, die Brudervereine
hätten auch Vollkonzeſſion, ſo daß eine Ausnahme für die
Turngeſell=
ſchaft eine ungerechte Härte darſtelle. Die Konzeſſion ohne
Branntweinausſchank wird erteilt.
5. Beſchwerde des Louis Ganzert zu Auerbach gegen die
Han=
delszulaſſungsſtelle beim Kreisamt Bensheim wegen Verſagung der
Großhandelserlaubnis für Lebens= und Futtermittel. Erſchienen ſind
Geh. Juſtizrt Metz und Louis Ganzert. Das Kreisamt Bensheim hat
mit Rückſicht auf Vorſtrafen und mangels Bedürfniſſes das Geſuch
abgelehnt. Wegen des Bedürfniſſes wird eine Beſcheinigung der
Bür=
germeiſterei Auerbach vorgelegt. Der Anwalt führt aus: Das Geſchäft
ſolle mit einem Herrn Stumpf in größerem Maße zuſammen betrieben
werden. Eine Strafe in 1905 könne, weil zu löſchen, nicht in Betracht
kommen. Ein Vergehen während des Krieges falle unter die
General=
amneſtie; dieſe Vorſtrafen könnten alſo nicht mehr herangezogen
wer=
den, um die Unzuverläſſigkeit des Geſuchſtellers darzutun. Die
Gene=
ralamneſtie hat tabuls rasa mit den Kriegsereigniſſen und den aus ihr
geborenen Infektionen (es handelt ſich um Vorfälle in Gent) machen
wollen. Der Anwalt beruft ſich auf das Zeugnis des Staatsanwalts
May hier. Ganzert ſelbſt fügt bei, er ſei in jungen Jahren in den
Krieg gezogen; er ſei Funktionsunteroffizier geweſen und habe niemals
Beamtenqualität beſeſſen, ſo daß eine ihn im Kriege getroffene
Verur=
teilung wegen Beſtechung gar nicht rechtlich in Betracht kommen könne.
Urteil: Die Beſchwerde wird als unbegründet
zurückge=
wieſen.
6. Beſchwerde des Adam Leilich in Schlierbach gegen das
Kreis=
amt Dieburg (Handelszulaſſungsſtelle) wegen Verſagung der
Groß=
handelserlaubnis. Erſchienen der Geſuchſteller. L. gibt an, er ſei ſeit
1919 behördlicher Aufkäufer geweſen (Kriegsbeſchädigter). Das
Kreis=
amt hat die Zulaſſung wegen Vorſtrafen und mangels Bedürfniſſes
ver=
ſagt, da genügend Perſonen im Kreiſe zugelaſſen ſeien. L. betont noch,
er beſitze das Gewerbepatent als Makler und für proviſionsweiſen
An=
kauf von Landesprodukten. Urteil: Die Beſchwerde wird als
un=
begründet abgewieſen.
7. Beſchwerde des Wilh. Gotta zu Oberroden gegen das
Kreis=
amt (Handelszulaſſungsſtelle) Dieburg wegen Verſagung der
Groß=
handelserlaubnis mit Lebens= und Futtermitteln. Erſchienen: Wilh.
Gotta; er erklärt, er wolle ſich ſelbſtändig machen und neben der
Land=
wirtſchaft Handel treiben; er ſei der älteſte Sohn von acht Geſchwviſtern.
Er wolle nur an Verbraucher verkaufen und aufkaufen. Das Kreisamt
weiſt darauf hin, daß bereits 70 Perſonen im Kreiſe
Großhandels=
erlaubnis erhalten haben. Urteil: Die Beſchwerde wird
zurück=
gewieſen.
8. Beſchwerde des Joh. Ph. Schäfer 3. zu Alsbach gegen die
Handelszulaſſungsſtelle Bensheim wegen Verſagung der
Grobhandels=
erlaubnis. Schäfer erklärt, er betreibt ſeit 25 Jahren Obſthandel, ſei
auch Aufkäufer für die Landesobſtſtelle geweſen. Das Kreisamt betont
demgegenüber, im Kreiſe beſäßen bereits 59 Perſonen die
Handels=
erlaubnis für Obſt und Gemüſe. Urteil: Der Beſchwerde wird
ſtattgegeben und die Erlaubnis erteilt.
9. Beſchwerde des Chriſtian Gruber 2. zu Eppertshauſen gegen
das Kreisamt Dieburg (Handelszulaſſungsſtelle) wegen Verſagung der
Großhindelserlaubnis. Erſchienen: Geſuchſteller und mit ihm
Rechts=
anwalt Lüft=Dieburg. Als Zeuge iſt erſchienen der Beigeordnete von
Eppertshauſen und erklärt, der Vater des p. Gruber ſei
Kartoffelhänd=
ler geweſen und habe den Handel mit Ladengeſchäften und Privaten
betrieben. Der Sohn habe ihm geholfen. Das Kreisamt betont, daß
bereits 78 Perſonen Großhandelserlaubnis beſitzen. Urteil: Die
Be=
ſchwerde wird abgewieſen.
+ Offenbach, 10. Febr. Die hieſige Ortsgruppe des
Hypothe=
kengläubigerſchutzverbandes hielt geſtern ihre erſte und
gutbeſuchte Mitgliederverſammlung ab. Der Geſchäftsführer gab einen
kurzen Ueberblick über den derzeitigen Stand der
Aufwertungs=
frage und wertete das mutmaßliche Schickſal der dritten
Steuernot=
verordnung. Es wurde beſchloſſen, die Ortsgruppe dem
Hypotheken=
gläubigerſchutzverband in Berlin anzugliedern und dieſen Verband
auf=
zufordern, mehr als bisher auch die Aufwertung der anderen
Gold=
ſchulden zu betreiben. Als Eintrittsgeld und als Vierteljahrsbeitrag
wurde eine Goldmark feſtgeſetzt. Sobald Näheres über das Schickſel
der Aufwertung feſtſteht, wird eine öffentliche Verſammlung mit einem
auswärtigen Redner veranſtaltet. Der Zeitpunkt dieſer Verſammlung
wurde dem Vorſtand überlaſſen. — Die hieſige Beamtenbank
die ſeit 1. Juli 1923 beſteht, ſchließt für das verfloſſene Geſchaftsjahr
mit einem Neingewinn von 3810 Goldmark ab. Dieſer Gewinn wurde
allerdings nur dadurch erzielt, daß keine Einlagzinſen bezahlt, wie das
faſt alle Banken für das verfloſſene Jahr taten, und auch keine
Divi=
dende ausgeſchüttet wurden. Der Stammanteil wurde für das nächſte
Halbjahr auf 20 Goldmark erhöht. Die Bank hat einen
Bank=
fachmann eingeſtellt, ſo daß ſie nun alle bankmäßigen Geſchäfte
erledi=
gen kann.
Uſenborn, 7. Febr. Ein trauriger Unglücksfall betraf die
Familie des hieſigen Hüttenarbeiters Göb. Das einzige vierjährige
Söhnchen ſpielte mit anderen Kindern in einem benachbarten Hof, in
dem der Beſitzer vor kurzem eine Grube zum Abfangen des Waſſers
ge=
graben und mit Stangen und Stroh zugedeckt hatte. Die ſpielenden
Kinder traten auf das Stroh, das obengenannte Kind brach durch und
ertrank, da nicht ſchnell genug Hilfe herbeieilen konnte. Der
ſchwerbetrof=
fenen Familie begegnet man mit allgemeiner Teilnahme. Der
Unglücks=
fall aber mahnt auch die Landwirte zur größten Vorſicht.
Lauter, 7. Febr. Hier wurde am Bache, zwiſchen unſerem Dorfe
und Wetterfeld, ein ſtattlicher Fiſchreiher beobachtet, der eifrig
das Waſſer abſuchte. Als man dem Vogel näher kam, ſtrich er in der
Richtung nach Queckborn ab. Man kann annehmen, daß e3 derſelbe iſt,
der unlängſt (wie der Gieß. Anz. meldete) an der Wetter bei Ober=
Beſ=
ſingen beobachtet wurde. Es iſt ein beſonders großes Exemplar, aber
ſehr abgemagert.
Reich und Ausland.
Der Straßenräuber wider Willen.
Eine Komödie der Irrungen, die für einen der Beteiligten einen
un=
angenehmen Ausgang hatte, indem er unter dem Berdacht, ein
Straßen=
räuber zu ſein, in Haft genommen wurde, kam vor dem Schöffengericht
Berlin=Mitte in einer Verhandlung gegen den Markthelfer M. zur
Sprache. Eines Abends war M. in Begleitung eines Kollegen aus dem
Dienſt gekommen. Nachdem ſie noch einige Schoppen geleert hatten und
ſich infolgedeſſen in etwas gehobener Stimmung befanden, machten ſie ſich
auf den Heimweg. Am Alexanderplatz kam ihnen ein Händler entgegen
und M. fragte ihn: „Na, was haſt du denn zu verkaufen?‟ Der Händler
faßte in ſeine Taſche und bruchte Spitzen heraus. Als er den Preis
nannte, entgegnete M.: „Vch kann dieſe Ware im Geſchäft viel billiger
kaufen.‟ Der Händler war darüber empört und erwiderte: „Du Affe!”
Das erweclte den Zorn des M., und er gab dem Handelsmann einen
Stoß vor die Bruſt, ſo daß dieſer zu Boden ſtürzte. Nachdem er ſich
auf=
gerappelt batte, ergriff er ſchleunigſt die Flucht, indem er glaubte, zwei
Straßenräubern gegenüberzuſtehen. Hilfeſchreiend lief er die Straßen
entlang. M. lief ihm mit dem Paket Spitzen hinterher und rief ihm
nach: „Hier haſt du die Spitzen!” Aber der Händler glaubte in ſeiner
Angſt nur Drohrufe des „Straßenräubers” zu hören und flüchtete deſto
ſchneller. Schließlich verſchwand er auf der Polizeiwache der
Alexander=
kaſerne. Als M. atemlos dort ebenfalls anlangte, kam der Händler mit
einem Scupobeamten gerade heraus und rief: „Da iſt ja der Räuber!“
Alles Proteſtieren des Angeklagten nützte ihm nichts. Im Gegenteil, je
mehr Einwendungen er machte, deſto ſchärfer wurde er von dem
Beam=
ten gepackt. M. wurde zun Wache gebracht und dann in das
Polizei=
präſidium eingeliefert. Die Anklage wegen Straßenraubs ließ ſich jedoch
nicht aufrechterhalten und er wurde nur wegen Körperverletzung
ange=
klagt. Die Sache ſah für ihn immerhin recht böſe aus. Zu ſeinem Glück
begegneke ihm nachdem er auf Antrag ſeines Rechtsanwaltes entlaſſen
worden war, eines Tages auf der Straße ein unbekannter Mann, ein
Friſeur, der ihn anſprach und ihn fragte, wie denn bamals ſein Rekontre
am Alexanderplatz ausgegangen ſei.” Nun hatte M. einen
Entlaſtungs=
zeugen, durch deſſen Vernehmung die Schuldloſigkeit des M. und die
Harmloſigkeit des Vorganges voll aufgeklärt wurde. Das Gericht gab
daher dem Antrage des RechtZanwalts ſtatt und ſprach den Angeklagten
koſtenlos frei.
Die Laufbahn eines „Schiebers”.
Die Kategorie der Menſchen, die man unter dem Sammelbegriff
„Schieber” einordnet, gehört gewiß nicht zur Blüte der Menſchheit,
manche unter ihnen wirbeln aber ziemlich viel Staub auf, wenn ſie von
ihrer ſtolzen Höhe in den Orkus des Bankrot:s hinabgleiten. Und um
ihre Perſon rankt ſich wie um einen märchenhaften Helden ein ganzer
Roman. So ergeht es Herrn Armin Roth, dem Mitchef der Firma
Roth u. Co. in Budapeſt, deſſen Flucht kein geringes Aufſehen in der
ungariſchen Hauptſtadt erregt und auch darüber hinaus die Erinnerung
an einen ganz Großen der Schieberzunft wachruft. Das Blatt „Az Eſt”
gibt eine Skizze von dem Aufſtieg dieſes Glücksritters, und die beſagt
genug.
Der heute 29jährige Armin Roth war noch zu Beginn des Jahres
1920 ein kleiner Angeſtellter bei der Firma Graf u. Steiner in Budapeſt.
Im Sommer 1920 hörte er, wie einſt Jeanne d’Are, einen Ruf an ſich
ergehen, der ihn an ſeine große Miſſion erinnerte. Er teilte ſeinem Chef
mit, daß er „in Dollars zu machen” beabſichtige, und trat zu dieſem
Zwecke aus dem Geſchäft aus. Mit zwei gleichgerichteten Jünglingen
mietete er ein Zimmer in einer obſkuren Straße und eröffnete ein
vor=
läuſig anonymes Bankkommiſſionsgeſchäft.
Der Aufſchwung der jungen Firma begann aber erſt bamit, daß
Noth dans ſeinem Freund Geza Kormos Dollars nach Wien ſchmuggeln
und dort mit Gewinn verkaufen ließ. Dieſer Kormos war damals 31
Jahre alt und von Beruf Filmagent oder, genauer geſagt,
Filmſchmugg=
ler zwiſchen Budapeſt und Wien. Nachdem Geza Kormos viermal
nach=
einander die Reiſe nach Wien mit den Dollars der Firma Roth und
Konſorten ausgefuhrt hatte, machte er, wie das ſo oft vorkommr, Notß
den Vorſchlag, ſeine beiden Kompagnons hinauszuwerfen und ſich mit
ihm zu aſſoziieren. So wurde die Firma Roth u. Kormos gegründet.
Schon im Dezember 1920 verfügte die Firma über ein Betriebskapital
von einer Million Kronen.
Der weitere Aufſtieg der Kompagnons führte ſie nach Berlin,
und hier errickſteten ſie im Jahre 1921 in einem großen und bekannten
Hotel am Anhalter Bahnhof eine Filiale. In ganz kurzer Zeit verfügte
Roth in Berlin über ein elegantes Auto und über ein Appartement von
fünf Zimmern in jenem Hotel. Er kaufte ſich 1000 Paar ſeidene
Strümpfe. 375 Stück ſeidene Hemden, 40 Anzüge, 5 Pelze und ein ganzes
Lager von Schuhen. Er hielt ſich zwei Sekretäre, zwei Kammerdiener,
ein Stubenmädchen einen Barbier und einen Maſſeur, von anderen
Gegenſtänden des täglichen Bedarfs ganz zu ſchweigen.
Dabei war die Geſchäftstaktik Roths zu jener Zeit von emer
ver=
blüffenden Einſachheit: er verkaufte Mark und kaufte Dollars. Sein
Kompagnon Kormos ſetzte ſeine Geſchäftsreiſen zwiſchen Budapeſt, Wien
und Berlin fort und ſchaffte immer neues Dollarmaterial herbei. Er
war auf ſeinen Reiſen von einem Gefolge umgeben, das aus einem
Rechtskonſulenten, zwei Finanzſchriftſtellern und einigen Künſtlerinnen
beſtand. Roth und Kormos ſuchten in Berlin auch eine
Geſchäftsverbin=
dung mit Stinnes. Sie kauften in der Kochſtraße die Hanſaer Volksbank,
die ſie zum Zentralinſtitut ihrer Dollarmanipulationen machten. Als im
Anfang des Jahres 1922 der Dollar von 50 000 auf 20 000 Mark fiel,
brach die Bank ſowie die Filiale in dem Hotel jäh zuſammen. Als die
Berliner Polizei die Sperre über die Appartements in dem Hotel am
Anhalter Bahnhof verhängen wollte, fand ſie nichts mehr vor. Roth war
mit 18 Koffern und 2 Automobilen aus Berlin geflohen.
Nach dem Berliner Krach verlegte: die Kompagnons ihre Tätigkeit
nach Wien, ſpäter, nachdem ſie ſich in Wien erholt hatten, abermals nach
Berlin und nahmen in einem der vornehmſten Hotels am Potsdamer
Platz Wohnung. Im Januar 1923 fuhr Roth in einem Mercedeswagen
nach Paris, um ſein Glück an der dortigen Börſe zu verſuchen. Die
Situation war damals noch nicht reif und Roth kehrte unverrichteter
Sache nach Berlin, Wien und Budapeſt zurück. Hier geriet er gänzlich
in Vermögensverfall; nach großen Betrügereien hat er nun die Reiſe
mit unbekanntem Ziele angetreten.
Verheerende Lawinenſtürze.
Bei einer Lawinenkataſtrophe im Goiſerer Gebiet wurden
acht Holzarbeiter verſchüttet, wovon bisher fünf als Leichen geborgen
wurden.
Durch Lawinenſturz vom Gamskogl, der einen großen
Wald=
beſtand vernichtete, wurden im Kaargraben drei Arbeiter begraben.
In Auſſe verſchüttete eine Staublawine von den Hängen des
Grimming fünf Telegraphenarbeiter; zwei blieben unverletzt, die
übri=
gen drei wurden tot aus dem Schnee gezogen.
Der Verkehr auf der Salzkammergutbahn iſt durch
La=
winenſtürze unterbrochen. Von Linz gingen Pioniere und anderes
Militär an die Unfallſtellen ab.
Neue Tiere im Frankfurter Zoo.
Das Haus für kleine Säugetiere weiſt ſeit kurzem einen neuen
in=
tereſſanten Bewohner auf, nämlich eine braſilianiſche
Beutel=
ratte. Während ſich die Hauptmaſſe der Beuteltiere auf Auſtralien
beſchränkt, ſind die Opoſſums oder Beutelratten als einzige über ganz
Südamerika, in einer Art auch in Nordamerika verbreitet. Es ſind
durchweg Baumbewohner, alſo Klettertiere, worauf ihr als Kletterorgan
ausgebildeter Wickelſchwanz hinweiſt. Ihre Nahrung beſteht aus Vögeln
und deren Eiern, Kleinſäugern und Inſekten. Demgemäß beſitzen ſie ein
Raubtiergebiß mit vorſtehenden Eckzähnen. In der Gefangenſchaft ſind
die geiſtig tiefſtehenden Geſchöpfe, mürriſche, faſt unzähmbare Pfleglinge,
die den größten Teil des Tages ſchlafend verbringen. Bei Störungen
ſtellen ſich die Tiere tot. Einen ſeltenen kleinen Raubvogel, den
braſi=
lianiſchen Amazonen=Sperber weiſt neuerdings das Vogelhaus
auf.
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der Turngemeinde Darmſtadt 1846.
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Turnwarte des 9. Turnkreiſes in Darmſtadt wiederholten
Büh=
nen=Schauturnen und der Feſtſpielaufführung im Großen Haus
des Landestheaters durch die Turngemeinde Darmſtadt 1846
blieb der Erfolg nicht verſagt. Bei völlig ausverkauſtem Hauſe
ſtanden die Darbietungen auf der von uns ſchon ſo oft
geruhm=
ten Höhe. Die Gruppen der Turnmannſchaft und das Turnen
der erſten Turnriege am Doppelreck müſſen in ihrer Geſamtheit
als erſtilaſſige Leiſtungen angeſprochen werden. Die Vollstänze
der Turnerinnen und Turnſchülerinnen, die um einen Tanz von
bier Paaren bereichert waren, bei dem allerdings die
Anweſen=
heit des Vorſängers ſtörte, fanden den verdienten Beiſall. Bei
den Maſſen=Freiübungen der Turnabteilungen konnte die
Ver=
geßlichkeit der vor allem in den hinteren Reihen ſtehenden
Tur=
ner und Turnerinnen ſowie das teilweiſe unnütze
Zurecht=
zupfen des Anzugs nach jeder Uebung nicht gefallen. Die von
— den Leichtathleten gezeigten außerprogrammäßigen Uebungen,
die vom Vorturner überzeugend vorgemacht wurden, litten an
der nicht einheitlichen, ungleichmäßigen Durchbildung. Sie
mach=
ten, wenn man von Einzelleiſtungen abſieht, einen ſehr
anfänger=
haſten Eindruck. Auch die Turnerinnen am hohen Seitpferd mit
Federbrett hatten anſcheinend nicht ihren beſten Tag. Es fehlte
zum Teil an der nötigen Leichtigkeit der Durchführung. Die
Hände wurden zulange feſtgehalten. Auch der Abgang war nicht
immer als vorbildlich zu bezeichnen. Der Hauptgrund dieſer
aufgeführten Mängel dürfte in dem viel zu langen Anlauf
lie=
gen, der bei einem Feder=Sprungbrett durchaus unnötig iſt.
Das Feſtſpiel „Friſch auf mein Volk” hinterließ den
ge=
wünſchten Eindruck. (Es iſt nur bedauerlich, daß anſcheinend der
dritte Vers des Deutſchlandliedes, das am Schluß der
Veran=
ſtaltung geſungen wurde, wenig oder gar nicht belannt zu ſein
ſcheint.)
Gerätwettkampf Weinheim—Heidelberg—Sinsheim.
Der zwiſchen der Turngemeinde Heidelberg von 1878,
Turn=
berein Weinheim von 1862, Turnverein Sinsheim noch dem
Muſter des Städtewettkanwf Darmſtadt—Fran furt—Mannheim
bereinbarte Wettkampf im Geräteturnen wurde geſtern (10. Febr.),
vormittags ½10 Uhr, in der Stadthalle zu Heidelberg
ausgetra=
gen. Der ſpaunende Kampf zeigte die Weinheimer Mannſchaft
gleich mit einem Vorſprung. Pendelte auch das Zünglein der
Wage in der Folge hin und her, ſo konnte der wackeren
Wein=
heimer Mannſchaft die Siegespalme, die in einem vom
Reichs=
präſidenten geſtifteten Wanderpreis beſtand, nicht mehr entriſſen
werden. Das Unterliegen der Heidelberger Turngeweinde war
offenſichtlich dem Konto der Frauenabteilung zuzuſchreiben.
Turnverein Sinsbeim folgte in größerem Abſtand. Dieſer
Ver=
ein beſitzt jedoch gutes Material, das nur einer entſprechenden
Ausbildung bedarf, um beſſer ins Gewicht zu fallen, denn der
Kampfrichter wertet ja nicht das Material, ſondern nur das, was
es hervorbringt. Das von der Heidelberger Turngemeinde zu
Ehren des Tages gegebene Mittagsmahl vereinigte die Vertreter
der drei genannten Vereine und die Kampfrichter in ſehr
zu=
fri dener Stimmung. Wohltuend wirkte insbeſondere, daß das
aus Kampfrichtern geſchwärzter und ſogenannter weißer
Ver=
eine der Turnerſchaft zuſammengeſetzte Schiedsgericht in voller
Einigkeit zuſammenwirkte und die Notwendigkeit einer Einigung
der Leibesübung treibenden Verbände betont wurde.
Nachmittags zeigte ein wohlgelungenes Schauturnen der
Heidelberger Turngemeinde die im Verein geleiſtete Arbeit, die
unter der Leitung des Oberturnwarts Walter Heimanny
ſteht.
Hy.
Fußball.
Sportverein Darinſtedt — Sportvereinigung 04 Arheilgen 3:2.
e- Auch das ſonſt ſo ruhige Arheilger Mühlchen hatte geſtern
ſeinen großen Tag. Staunend beobachteten die Bewohner jener
jedem Darmſtädter bekannten Anſiedlung an der ſog.
Ruthſen=
bach die Maſſen, die in Zahl wie nie zuvor ſich bei ihnen zum
Stelldichein gefunden. Wer am Nachmittag die einſamen Felder
überſah, konnte beokachten, wie ſie Ameiſen gleich aus allen
Him=
melsrichtungen dem ſo iohlliſch gelegenen Oertchen zuſtrömten.
Selbſt der Spießer am Wege rang ſich die Ueberzeugung ab:
Fußballſport — Volksſport. Die Tage ſcheinen für die
Darm=
ſtädter in Erfüllung zu gehen, den die Führer einer idealen Sache
fo oft erſehnt und erwartet haben. Als Herr Seilmann aus
Offenbach tas Spiel eröffnete, zeigte der Sportplatz wohl ſeit
ſeinem Teſtehen ſeinen jemals beſten Beſuch. Sportvereins Elf,
die Bezwinger der Meiſterelf des Rheinbezirkes im Süddeutſchen
Fußballverbande, hält ſie im Vann. Doch auch auf dem Wege
zur Kreismeiſterſchaft wollen die von jeher ſympathiſchen
Arheil=
ger Sportsleute bezwungen werden. Und gerade weil ſie als
ſpieltüchtig bekannt, ſo erſchien es keine Kleinigkeit. Doch
brauch=
ten die Einheimiſchen heute, im Nachteil dunch ihren eingeſtellten
Erſatz, keine Bange zu haben. Was ſtand, verhalf zum Sieg,
wenn auch knapp, ſo doch verdient. Das mitunter präziſe
Zu=
ſammenſpiel im Sturm half den Nachteil in der Hintermannſchaft
aufheben. Die erſteren waren es, die auch dem Spiel die Note
aufdrückten. Tecker erhält im Lauf von Müllmerſtadt den Ball
und gibt mit einem famoſen Schuß Darmſtadt die Führung. Das
gleiche wiederholt ſich bei Bärenz, der gleichfalls von
Müllmer=
ſtadt den Vall erhält und zum zweitenmal damit dem Arheilger
Torwächter das Nachſehen gibt; nachdem kurz zuvor dieſer
Tor=
ſchütze regelwidrig im Strafraum zu Fall gebracht war. Nach
Halbzeit wird das Spiel lebhafter. Arheilgen, mit dem Wind im
Rücken und dem Vorteil der beſſeren Spielſeite, ſetzt den
Ein=
heimiſchen zu und ſorgt für die nötige Abwechslung. Manchmal
flinker als ihr Gegenüber, bringt der Sturm derſelben den Ball
recht gefährlich nach vorn. Ein kurzes Geplänkel, Murmann,
Arhei gens beſter Mann, fährt beherzt dazwiſchen, und ſchon
ſauſt ein ſcharfer Schuß, wobei Ellenbeck zu unentſchloſſen iſt und
einen Fehler begeht, ins Darmſtädter Tor. Die Einheimiſchen
erkennen die Situation, ſetzen Dampf auf und verlegen eine Weile
regelrecht das Spiel in ihres Gegners Hälfte. Beim Kampf
Müllmerſtadt, Torwächter und Verteidigung behält erſterer
Ober=
waſſer und ſtellt das Spiel auf 3:1. Kurz vor Schluß, Arheilgens
zäher Wille läßt nicht nach, ſchon ſetzen die Zuſchauer ſich in
Be=
wegung, noch zwei Minuten, ein kühner Vorſtoß — und wieder
jagt der flinke Murmann zum zweitenmal für Arheilgen
noch=
mals einen ſcharfen Schuß. für Ellenbeck unhaltbar, ins
Darm=
ſtädter Tor. Damit beendet der Schiedsrichter ein Spiel, das im
ganzen nicht recht beſriedigen konnte. Größtenteils trug er ſelbſt
die Schuld, weil er bei erſeitige grobe Negelverſtöße nicht
ahn=
dete. Auch der Ball ſchien zu leicht, von ſchwachen Winden weit
getrieben, beeinflußte er des öfteren das Spiel. Unter dieſen
Verhältniſſen gab trotzdem von beiden Mannſchaften jeder ſein
beſies, bei dem die zeitweilige Ueberlegenheit der Einheimiſchen
nicht zu verkennen war. — Welche Spielſtärken die
Fußballmann=
ſchaften der Sportvereinigung 04 Arheilgen gegenwärtig
auf=
weiſen, zeigen am beſten die gegen gleiche Mannſchaſten des
Sportvereins Darmſtadt am geſtrigen Sonntag erzielten
Reſul=
tate. Ihre Ligaerſatz behielt mit 3:1 und ihre 3. Mannſchaft mit
7:3 in zwei überlegen durchgeführten Spielen die Oberhand.
AmdiefüddeutſcheZußballmeiſterſchaft
Der 1. F.=Kl. Nürnberg in Frankfurt.
F. Sp.V. Frankfurt — 1. F. Kl. Nürnberg, 1:4 (0:3).
Der Name Klub allein ſchon genügte, um ohne beſondere
heim zu bringen. Nürnberg kam, ſah und ſiegte nach Belieben.
Man ſah im Verlauf des Spieles ſo deutlich, wie ſpielarm die
denn als Nürnberg mit 3:0 führte, legte die Mannſchaft auf
Tormachen keinen beſonderen Wert mehr. Die Gäſte=Elf ſtellt
eine Maſchine dar, in der ſich Glied um Glied ineinander reiht, den 1., 2., 7., 10., 14., 15., 16., 18., 19. und 20. Platz.
So volllommen ſah das Spiel aus. Wenn auch Kalb etwas
hervorſtach, ſo iſt er eben Deutſchlands beſter Mittelläuſer. Der
Fußballſportverein ſpielte eine klägliche Nolle. Wohl war
An=
griffsgeiſt genug da, wohl wurden Ecken erzielt, wohl war auch
Sichverſtehen der Mannſchaft, wie man es bei dem Gegner
beob=
achten konnte, das ſelbſtverſtändliche Hinwandern des Balles ſtand es der Vortragende dieſes Abends, Herr Lehrer Hans
zum beſtimmten Fleck und als Nürnberg dann anfing, ſeine Kom=
Das einzige Tor für Fran furt fiel durch einen Elfmeter, über
den zu ſtreiten iſt. Aber auch auf ſeiten der Frankfurter müſſen
einige Namen genannt werden. Beſonderes Lob verdient der
junge Verteidiger Heinig, der den Nürnberger Sturm gar zu oft
aufhielt und zwar mit einer Geſchicklichkeit und einem Eifer,
ſchieden der ſchwächſte Teil der Mannſchaft. Reitz, der
Mittel=
läufer, iſt viel zu langſam, der rechte Läufer zu alt und nur der
linke Läufer befriedigte. Der Linksaußen fiel ganz aus. Die
Klump wurde verletzt und Cattermann als Rechtsaußen war
wenigſtens gut. Den Torwächter Koch, der ganz brav hielt, trifft
aus Feuerbach. Er gefiel nicht. Wir wollen hier die vielen
Fehlentſcheidungen nicht anführen, aber die vielen
Beanſtandun=
gen Nürnbergs waren berechtigt. Das Publi um verhielt ſich
muſtergültig und ſpendete dem Platzbeſitzer ſowie den Gäſten
reichlichen Beifall.
Nach 5 Minuten Spieldauer, bei dem der Sportverein
zu=
nächſt im Angriff war, ergreift Nürnberg planmäßig die Führung
und erzielt bis zur Pauſe durch Träg, Popp und Wieder drei
wunderbare Tore. In der zweiten Hälfte war wohl das Spiel
offen, doch führte immer wieder Nürnberg überlegen. Eine
zweifelhafte Entſcheidung bringt einen Elfmeter, für Sportver=
Ball trat; doch niemand war zur Stelle, ſo daß der flinke Verein auch weiter möglich, gegen gute Mannſchaften im unbe=
Kugler die Gefahr beſeitigen konnte. Gegen Schluß ſteht Sutor ſetzten Gebiet Spiele auszutragen, dann werden Erfolge nicht
zwei Meter frei vor dem Toxe, gibt jedoch zur Mitte ohne zu ausbleiben.
ſchießen, wo Stier fein rettet.
Spielvereinigung Fürth — Stuttgarter Kickers, 2:1.
Leichtathletik.
V. f. R. Bürſtadt—V. f. R. Darmſtadt 1:1 (1:1).
Ka. Die Liga=Mannſchaften obiger Vereine lieferten ſich am
geſtrigen Sonntag auf dem V. f. .=Platz in Darmſtadt e nen
teeſt anregenden, ſpannenden Kampf, der trotz der Wichtigkeit für
beide Vereine nie die Grenzen des Erlaubten überſchritt. Mau
muß es zur Ehre beider Mannſchaften ſagen, daß ſie trotz der
ſtellenweiſe harten, andererſeits wieder ſehr weichen
Bodenver=
hältniſſe ſich einen ſo vornehmen Kampf lieferten. Es war wirklich
ein Kampf hart auf hart. Es konnte ja auch nicht anders ſein,
denn jede Mann chaft braucht die wichtigen Punlte, um ſich aus
der Gefahrzone des Abſtiegs zu befreien. Das Spiel endete
un=
entſchieden 1:1 zum Wohle beider Vereine und damit jedem ein
Pünktlein überlaſſend. Die Tore fielen in der erſten Halbzeit,
die ein durchweg ausgeglichenes Spiel bot. Die zweite Hälfte
ſieht Darmſtadt dauernd in Front. Jedoch Unentſchloffenheit
vor dem Tore läßt Darmſtadt nichts Zählbares erringen. Es
hätte es wirklich für dieſe Leiſtung nach Halbzeit verdient, das
Spiel für ſich zu entſcheiden. Herr Barth=Aſchaffenhurg war dem
Spiel ein aufmerkſamer, gerechter Leiter. — Vor dem Spiel
tra=
ſen ſich die 2a „gdm. des V. f. 9t. mit der 2b goni. des V. f. 3i.
Nach ſchönem Spiel konnte die 2a Jgd. mit 3:0 gewinnen. Die
1b Jgdm. des V. f. R. unterlag in Eberſtadt der 1. Jgdm. der
dortigen „Eermania” mit 0:1. Ferner verlor die 1a Schlm. des
V. f. R. gegen die 1. Schlm. der „Eintracht‟=Darmſtadt mit 1:2
Toren. Die 1a Jgdm. des V. f. R. war ſpielfrei, da der
Sport=
verein 98 zu dem angeſetzten Spiel der Privatfußballrunde
1. Jgd. V. f. R.—1h Jad. Sportv. 98 keinen Spielbeginn
mit=
teilte, wie das in letzter Zeit dauernd der Fall war, daß die
Jugend=Mannſchaften dieſes Vereis ihre Spiele gegen den
V. f. R. nicht austrugen.
Die Jugendverſammlung des V. f. R. am vergangenen
Frei=
tag, in der Herr Deuter (Vorſitzender des Gaues „Bergſtrage‟)
über den Wert einer ſtrengen Durchführung der
Jugendſatzun=
gen des S. F. V. ſprach, war ſehr gut beſucht und verlief ſehr
anvegend. Herr Deuker verſtand es ausgezeichnet, die Jugend
im Rahmen ſeines Vortrags zu unterhalten, was durch die
vie=
len Anfragen von ſeiten der Jungens beſtätigt werden kann. Die
Jungens verhielten ſich während des ganzen Vortrags in beſter
Weiſe, und wir ſind überzeugt, daß Herr Deuker aus der
Ver=
ſammlung die Ueberzeugung mit nach Hauſe nehmen konnte, daß
die Jugend im V. f. R. gut undergebracht iſt.
Weitere Reſultate:
F.=Kl. Freiburg — Eintracht Frankfurt, 5:2.
Sp.=V. Offenbach — Germania 1894 Frankfurt, 0:3.
V.f. R. Kickers Offenbach — Sportfreunde Frankfurt, 6:0.
T.= u. Sp.=Gde. 85 Fechenheim — V.f.R. Kickers
Offen=
bach, 0:2.
Wacker München — Schwaben Augsburg, 4:2.
Bayern München — Ingolſtadt, 3:1.
V.f. R. Heilbornn — Phönix Karlsruhe, 5:1.
Saar Saarbrücken — 05 Trier, 2:1.
Rad=Rennen.
Im Kampf um den Fliegerpreis von Berlin ſiegte der
Hol=
länder Leene mit 10 P. gegen Lewanow 8 P., van Nek 7 P.,
Kaufmann (Schweiz), Moretti (Italien) je 5 P.
Schwimmen.
Arne Borg ſtellt einen neuen Weltrekord auf.
Einen neuen Schwimm=Weltrekord ſtelte der ſeit einiger Zeit
in Auſtralien beſindliche Schtrede Arne Borg über eine engliſche
Meile mit 22:34 auf. Damit iſt die im Jahre 1910 von dem
Kanadier Hogſon erzielte Höchſtleiſtung von 23:45,5, die kaum
erreichbar ſchien, um eine ganze Minute verbeſſert worden.
„Boruſſia” Frankfurt — Sportverein 1898 88: 122 Punkte.
Die Mannſchaften (je 10 Mann) der genannten Vereine
traten zum Mannſchaftstampf einander gegenüber. Die Strecke
führte „Rund um den Dachsberg” und bot bis zur Hälfte
dau=
ernde Steigung. Dieſe war das Verhängnis der Frankfurter
Reklame Zehntauſende von Beſuchern auf den Sportplatz Born= Mannſchaft, die das Anfangstempo ohne Berücſichtigung der
Steigung geregelt hatte. Die Darmſtädter in genauer
Strecken=
kenntnis ſchoben ſich auf der Höhe langſam nach vorne. Außer
Mainvereine ſind. Das Torverhältnis ſpielt hier keine Rolle; der Strecle (4½ Kilometer) ſtellten das Wetter und die Luft
erhebliche Anforderungen an die Leute. Darmſtadt ſtellte den
3., 4., 5., 6., 8., 9., 11., 12., 13. und 17. Läufer. Frankfurt belegte
*
Sportverein Darmſtadt 1898, E. V.
Zu Stunden wahrhaſt weihevollen Genießens geſtaltere ſich
die Mannſchaft zeitweilig im Angriff, aber es fehlte das große der ſeiner neuen Art nach erſte Unterhaltungsabend des Sp. V. 98.
In nach Form und Inhalt tsahrhaft meiſterhafter Weiſe ver=
Dang, der die Schilderungen aus ſeinen Kriegserlebniſſen
binationsmaſchine laufen zu laſſen, wurde der Gegner mürbe. mehr auf die Wiedergabe inneren ſeeliſchen Erlebens als auf die
Aufzählung kriegeriſcher Einzelheiten abſtellte, aus ſeinem reichen
Erleben Bilder packensſter und ergreifendſter Natur zu geben.
Wie gebannt lauſchte die aus Jung und Alt zahlreich
zuſammen=
geſetzte Hörerſchaft den tiefgefühlten, teilweiſe ſchon in edelſter
Form zu Papier gebrachten Schilderungen. In tief ergriffener
daß lebhafter Beifall erſcholl. Neben ihm zur Seite, der alte Stimmung hätte die Zuhörerſchaft den Ort der Verſammlung
Stier, führte ſich ebenfalls brav auf. Die Läuferreihe iſt ent= verlaſſen, hätte es der Redner nicht in meiſterhafter Weiſe
ver=
ſtanden, die oft recht trüben Geiſter, die er gerufen, dadurch zu
bannen, daß er die Reihe ſeiner Erzählungen mit einigen
heiter=
ſter Natur beſchloſſen hätte. Zu dem vortrefflichen Gelingen
beiden Berliner Größen, Strehlke, kamen nicht zur Geltung, des Abends trug der Rahmen, innerhalb deſſen er ſich abſpielte,
die prächtige Aula des Realgymnaſiums, nicht wenig bei. Als
nächſter Vortrag, Anfang März, iſt ein wiederum belehrender
keine Schuld an der Niederlage. Schiedsrichter war Herr Munk / Vortrag mit Lichtbildern, verbunden mit muſikaliſchen
Vorfüh=
rungen, in Ausſicht genommen, über den Näheres noch
recht=
zeitig bekannt gegeben werden wird.
Hockey.
Darmſtädter Hockehklub — Turnverein 1857 Mainz.
1. Mannſchaften 8:0 (3:0).
2. Mannſchaften 7:0 (3:0).
Der Mainzer Turnverein hat e8 in anerkennenswerter Weiſe
ein, den Arno Strehlke ſcharf plaziert verwandelt. Ein Bom= ermöglicht, mit zwei Mannſchaſten in Darmſtadt ſpielen zu
können. Die Spielſtärke der Vereine des beſetzten Gebietes hat
benſchuß von Träg beendete den Reigen. Sportv=rein hätte wohl, durch die Verhültniſſe und den Mangel an guten Gegnern
ent=
auch noch ein Tor erzielen können, als Stuhlfauth über einen ſchieden nachgelaſſen. Hoffentlich iſt es dem ſtrebſamen Mainzer
Im Spiel der erſten Mannſchaften konnten die Gäſte die erſie
Srielhälfte ziemlich offen geſtalten. Die zweite Hälfte ſah D.H.C.
im überlegenen Angriff, und die aufopferno ſpielende Mainzer
Sportverein 1877 Waldhof — Boruſſia Neunkirchen, 2:0. Verteidigung nebſt ſehr gutem Torwächter konnte die hohe
Niederlage nicht abwenden.
Die zweiten Mannſchaften lieferten ſich ein gutes, ſchnelles
Spiel, doch konnte Mainz, das einige ſehr ſchwache Spieler in der
Mannſhaſt hatte, gegen die überlegene Technik und
Schnellig=
keit der Einheimiſchen keinen Erfolg erzielen.
Auf jeden Fall dürfte der Zweck der Spiele, die
Wieder=
aufnahme der Beziehungen zum Hockey der beſetzten Gebiete
und die Verbeſſerung der Spielſtärke, voll erreicht ſein.
Rugbg.
Sp.=Cl. Mannheim I — Eintracht Frankfurt I, 3:24.
Boxen.
Breitenſträter-Bauer.
In Zwickau trat der deutſche Schwergewichtsmeiſter
Brei=
tenſträter dem bekannten Boxer Bauer=Nürnberg entgegen.
Be=
reits in der 4. Runde ſiegte Breitenſträter in überlegenem Stil
durch k. b.
Die Renntermine 1924.
Berlin=Hoppegarten: Mai 4, 6, 11, 14, 17, 18, 21; Juni 1, 5,
7, 9; Juli 5, 6, 9, 12, 16, 20, 24: Auguſt 26, 30, 31; September 2,
5, 17, 19, 27: Oltober 1, 9, 11, 16.
Berlin=Grunewald: April 23, 27, 30; Mai 23, 26, 29: Juni
12, 14, 15, 17: Juli 2, 13, 19, 22, 29: Auguſt 2, 6, 19, 23:
Septem=
ber 9, 13, 14, 23, 25; Oktober 4, 7. 12, 14, 18, 26.
Berlin=Karlshorſt: April 5, 10, 13, 22, 26; Mai 1, 8, 15, 19,
24, 28; Juni 2, 10; Juli 26, 30; Auguſt 3, 10, 16, 21, 28;
Septem=
ber 4, 7, 11, 15, 20, 29; Oktober 6, 13, 19, 23.
Berlin=Strausberg: März 23, 29; April 2, 6, 12, 16, 22; Juli
10, 23, 27: Auguſt 1, 9, 13, 24; Oktobet 21, 25, 28, 31: November
4, 7.
Baden=Baden: Auguſt 22, 24, 26, 29, 31.
Bremen: Auguſt 24, 27, 31.
Breslau: Mai 22, 24, 25; Auguſt 3, 5, 7. 10; September 21,
23, 25, 27.
Danzig: Mai 25, 29; Juni 1, 9, 29; Juli 6, 9, 13: Auguſt 31;
September 7, 14.
Doberan: Juli 27, 28, 29.
Dresden: April 5, 6, 20, 22: Mai 28, 29; Juni 8, 10; Auguſt
30, 31; Oktober 4, 5, 31; November 2.
Frankfurt a. M.: April 17, 21, 24, 27: Juni 9 (oder 28. 9.),
12 (oder 2. 10.), 15 (oder 5. 10.); Auguſt 10, 12, 14, 17; September
28 (oder 9. 6.): Oktober 2 (oder 12. 6.), 5 (oder 15. 6.).
Gotha: Auguſt 3.
Hamburg Horn: April 27, 29; Juni 20, 22, 25, 27, 29;
Sep=
tember 26, 28, 30.
Hamburg=Groß=Borſtel: Mai 27, 29, 31; Juni 1;
Septem=
ber 19, 21, 23.
Hamburg (Kav.=Kam.): Oktober 3, 5.
Hannover: April 6, 8, Mai 11, 13: Juni 8, 9, 12, 15:; Juli
27, 29, 31; Auguſt 3; September 21, 24.
Halle a. S.: Mai 31; Juni 1; Juli 5, 6: Auguſt 9, 10:
Sep=
tember 21, 94, 28.
Harzburg: Juli 13, 15, 18. 20.
Königsberg i. Pr.: Mai 18, 25: Juni 1, 15, 22, 26; Auguſt 3, 10,
17, 31: September 7, 14, 28; Oktober 5.
Leipzig: Mai 3, 4, 18, 24, 25; Juni 28, 29; September 6, 7,
13, 14: Oitober 11, 12, 19.
Magdeburg: April 12, 13. 15, 20; Juni 21 (oder 24), 22;
Auguſt 18, 17, 22, 24; Oktober 3, 5.
Mannheim: Mai 1 (oder 12. und 13. 7.); 4, 6, 11; Juli 12
oder 1. 5.), 13 (oder 1. 5.); September 7, 10, 14.
München: April 6, 13: Mai 18, 21, 25, 29; Juni 1, 29; Juli
2, 6, 27, 30; Auguſt 7: Oktober 12, 15, 19, 22.
Wiesbaden: Juni 19, 22. 24: September 18, 21, 23.
Selte 6.
Darmſtädter RgEintt, Mäautag, ben 11. Februar 1924.
Ruuier 42.
Genüſe= und Osſigarten im Februgr.
Im Februar nutzen einem meiſt die ſchönſten
Arbeitspro=
graume nichts, weil das Wetter ſich danach nüyt richtet. Mit
höherer Gewat zwingt es uns, jeweils die Arbeiten
vorzuneh=
men, die zu ihm paſſen. Solange wir im Freien arbeiten
tön=
nen, nügen wir die Zeit fur die Vorvereitung der
Fruhjahrs=
beſtellung. Nach Kräften wird weiter gegraben und rigolt. Das
bearbeitete Land laſſen wir zunächſt in rauher Schoue liegen.
Den Kompoſthauſen arbeiten wir grümdlich um und neben den
alten legen wir den Grund zu einem neuen, der dann im Lauf
des Fruhjahrs und Sommers alle Abfälle, die als Dünger
dienen können, aufzunehmen hat. Der zum Gebrauch fertige
alte Kompoſt wiro aufs Land und auf die Grasflächen gefahren
und gleichmäßig verteilt. Aill man noch Bäume und Straucher
pflanzen, fo behält man ſich hierfür Kompoſt zurück, um den
Boden in den Baumgruben zu verbeſſern.
Wer Frühſaaten ins freie Lano machen will, muß die
Beete jetzt dazu herrichten, und Ende des Monats Peterſilie,
Mohrrüben, Karotten, Schwarzwurzeln, Feldſalat, Spinat,
Zichorie und verſchiedene Küchen räuter wie Kümmel, Dill,
Ker=
bel, Salbei, Fenchel, Thymian ſäen. Solche Frühſaaten ſind
jedoch nur für warmen ſandigen Boden ratſam. Neben den
früheſten Gemüſen eignen ſich namentlich Erbſen und.
Puff=
bohnen dazu. Ausſgaten ins warme Miſtbeet ſind natürlich
überall jetzt zeitgemäß. Die Aulage der Miſtbecte, ihre
Bepflan=
zung und Pflege, die Ausſaat von Frühgemüſearten in
lau=
warme Käſten, um zeitig Setzpflanzen für kalte Käſten und für
das freie Land zu erhalten, ſind beſonders wichtige
Februar=
arbeiten. Die erſten Frühbeete werden bepflanzt mit
überwin=
terten Salatpflanzen. Dazwiſchen ſät man Radieschen,
Früh=
rettiche in Re hen. Halbn arme zaſten ſid mit Karotten,
Radies=
chen, Frührettichen, ferner Blumenohl, Kohlrabi, Wirſing,
Kopf=
falat, Gurken und Melonen zu beſüen, um Setzlinge für im März
zu bepflanzenden warmen, halbwarmen und lalten Käſten und
im April für das freie Land zu haben.
Erdbeerpflanzen und Gemüfeſetzlinge ſchützen wir durch
ge=
eignete Dedmittel wie Laub, ſtrohigen Dünger, Kompoſt gegen
das Ausſrieren. Durch Froſt gelocerte Pflanzen müſſen wieder
feſtgedrückt werden. Den Rhabarberſtauden geben wir öſter
einen Jaucheguß, damit ſie ſpäter kräftig treiben können.
Im Obſtgaten iſt mit Beſchleunigung das Reinigen und
Ausputzen der älteren Obſtbäume und das Beſchneiden der
jun=
gen Bäume zu beenden. Nur bei Pfirſichen und Aprioſen
war=
tet man noch damit, hält aber die wärmenden Sonnenſtrahlen
nach Möglichkeit ab, damit der Trieb ſich nicht vorzeitig regt.
Auch das Auslichten der Beerenſträucher iſt baldigſt zu erledigen,
ſie erwachen frühzeitig und es iſt ſchade um alles Holz, das
wie=
der im Saſt ſteht. Mit dem Umbenedeln unfruchtbarer Bäume
oder ungeeigneter Sorten kann bereits an Kirſchen, Zwetſchgen,
Miſpeln, ſpäter auch an Birnen u. Aepfeln begonnen werden. Falls
es noch niht geſchehen, ſichert man ſich ſofort Cdelreiſer.
Froſt=
freies Wetter und trockener Boden erlaußen das Pflanzen der
Obſtbäume und Beerenſträucher. Bei allen Arbeiten im
Obſt=
garten achten wir auf das Vorkommen von Ungeziefer. Alle
abgenommenen Zweige und Aeſte, alle abgeſtorbenen
Rinden=
teile, abgetratzte Borken und Flechten müſſen verbrannt werden.
Schadhaft gewordene Pfähle und Taumbänder werden erneuert.
Bäume, die viel faulise und ſtippige Früchte brachten, werden
jetzt mit Kalk. Kainit und Thomasmehl gedüngt, wobei der
Boden gut zu locern iſt. Die Leimringe haben nun ihre
Schul=
digkeit getan und werden daher abgenommen und verbrannt.
Wenn es nicht ſchon geſchah kann noch Steckholz von Joba nis=
und Stachelbeerſträuchern, Quitten. Kornelkirſchen, Maulbeeren
und gewiſſen Zierſträuchern geſchnitten werden.
Geftügelhof, Kleintierftall und Bienenſtand
im Februgr.
Die wiederbeginnende Legetätigkeit der Hühner läßt
man=
chen ungeouldigen Zuchter ſchon an das Setzen von Glugen
den=
ken, aber nur wer über warme, Auſzuchträume und entſprechende
Geräte verfügt, ſollte ſo frühe Bruter wagen. Trotz aller auf
ſie gewendeten Mühe, gedeihen die Kücken ſolcher Bruter meiſt
nicht ſo gut wie ſpäter gebrütete. Die Zuchtſtämme müſſen
na=
türlich ſchon zuſammengeſtellt werden, wenn ſie es noch nicht
ſind, denn nur Tiere, die ſich völlig an ihre Umgebung und
an=
einander gewöhnt haben, bringen befriedigende Brutergebniſſe.
Die Legeneſter ſind inſtand zu ſetzen und nötigenfalls neue
her=
zurichten. Auf vier bis fünf Hühner rechnet man ein Neſt.
Brut=
eier verſieht man mit Legedatum, ſie werden kühl und dunkel
aufbewahrt und täglich um ihren halben Umfang gedreht. Beim
Unterlegen dürſen ſie nicht älter als zwei Wochen ſein.
Auch Gänſe und Enten legen ſchon. Bei freiem Auslauf
muß man darauf achten, ob ſich der Gauter auch zu den ihm
bei=
gegebenen Gunſen hält, andern aus muß das Gänſevolk in
einem geſchloſſenen Auslauf gehalten werden. Auf einen
Gan=
ter rechnet man vier bis fünf Cänſe, auf einen Erpel fünf bis
elf Enten. Die Enten müſſen mit Körnerfutter recht knapp
ge=
halten werden. Damit ſie ihre Cier nicht ins Waſſer verlegen,
läßt man ſie am beſten nicht vor neun Uhr aus dem Stall.
Die Tauben zeigen im Februar Paarungsluſt. Wer ſie in
den letzten Monaten nach Geſchlechtern getrennt hielt, hat jetzt
leichtes Paaren. Wer ſie uicht trennte, ſollte es ſchnell noch
vier=
zehn Tage lang tun, damit ſich die Tiere dann gleichzeitig paaren
und gleichaltrige Bruten entſtehen.
Von ſrühzeitig gedeckten Ziegen kann bald Nachwuchs
er=
wartet werden. Die trächtigen Tiere müſſen beſonders ſorgfältig
behandelt werden. Man läßt ſie allmählich trocken ſtehen. Das
lange Melken beeinkrächtigt die Entwicklung des Jungen. Wir
geben nicht zuviel Tränke, ſondern gutes Heu, etwas Hafer und
Rüben. Cine tägliche kleine Gabe Leinkuchen und
phosphor=
faurer Kalk iſt ſehr zu empfehlen. Wichtig iſt auch ſanftes
Striegeln. Die Hautpflege fördert das Allgemeinbefinden der
Tiere und wirkt günſtig günſtig auf die Milcherzeugung. Bei
mildem Wetter bringen wir die Ziegen einige Stunden ins
Freie, namentlich an ſonnigen Tagen. Während dieſer Zeit
wird der Stall gut gelüftet, ausgemiſtet und die Streu
er=
neuert.
Bei der Kaninchenzucht iſt dieſelbe Vorſicht zu beobachten
wie beim Geflügel, d. h. mit der Paarung darf nur begonnen
werden, wenn geernete Stallungen und Aufzuchträume gutes
Gedeihen der jungen Tiere ſichern. In geſchloſſenen Ställen
be=
ginnen wir mit der Zucht, damit wir Mitte März die erſten
Würfe erwarten können.
Am Bienenſtande iſt noch wenig zu tun. Man halte die
Fluglöcher rein, ſorge aber für ihre Beſchattung, damit nicht
flüge gemacht wvetden. Eiſt in der zweiten Hälfte des Februar
ſind, die Blenden zu beſeitigen. Durch ausgebreitete Decken
bieten wir den niederfallenden Bienen eine trockene Ruheſtelle,
In möglichſt großem Umkreiſe vor dem Stande fegen wir den
etwa noch liegenden Schnee woeg oder überpudern ihn mit Erde.
Der Ausflug wird dazu benutzt, die Völker von Gemüll und
Leichen zu befreien. Wer Teppiche eingelegt hatte, kann dies mit
einem Griff erledigen. Völker, die ſich an dem Ausfluge der
ch Einſpritzen warmen
berzit in Fechliae der DriteF dlm Stoch Lenaenden Seienen
durch Beſtrizeu des fſtugbriktes mit warmei Waſſer. Ständig
müſſen wir darauf achten, daß kein Stock unter Weiſelloſigkeit,
Ruhr oder Drohnenbrütigkeit leide.
Vorſorge für zuverläſſiges Sagigut.
Rur wenn die Beftellung des Gartens ſtreng planmäßig und
ohne jeden Zeitverluſt vor ſich geht, wird der Boden voll
aus=
genutzt. Der ganze Bebauungsplan kann geſtört werden, wenn
an irgend einem Punkte eine Hemmung der notwendigen
Ar=
beit eintritt. Nanentlich die mehrfache Beſtellung derſelben
Fläche wird dann leicht vereitelt. Nechtzeitige Saat und die
Ver=
wendung tadelloſen Saatgutes iſt hier von größter Bedeutung.
Nur aus geſunden, vollkommen reifen und gut keimenden Samen
entwickeln ſich geſunde, kräftige Pflanzen, und es muß deshalb
unſere Sorge ſein, uns beizeiten ſolchen Samen zu beſchaffen
oder den etwa noch vom Vorjahr übrig gebliebenen Samen auf
ſeine Verwendbarleit hin zu prüfen.
Beim Kauf von Samen ſoll man nicht ſparen wollen. Der
teure Samen, den wir von einer zuverläſſigen großen Handlung
beziehen, iſt billiger als der etvas weniger koſtende zweifelhafter
Herkunft. Bei folchen Samen ſollde man wenigſtens vor der
Aus=
faat die Keim= und Triebkraft ermitteln, ebenſo bei Samen aus
eigener Ernte und älteren Vorräten. Viele Samen, z. B. der
von Schivarzwurzeln, von Zwiebeln, verlieren ſchon nach einem
Jahre ihre Keimkräfte, aber auch bei den übrigen, deren
Keim=
fähigkeit länger anhält, iſt friſche Ernte ſtets dem alten
Saat=
gut vorzuziehen. Seiner verringerten Keimkraft entſprechend
muß man alten Samen meiſt dichter ſäen als neuen.
Am einfachſten ninmit man die Keimprobe in folgender
Form vor: Man füllt einen flachen Teller mit reinem Sand und
bringt auf dicſen in beſtimmten Abſtänden 50 bis 100 Kröner,
je nach Art der zu prüfenden Samen, überbrauſt den Teller
tüch=
tig und ſtellt ihn, mit einem gewöhnlichen Teller überdeckt, in
einen Raum, deſſen Lufttemperatur mindeftens 12 bis 13 Grad R.
beträgt, noch beſſer in die Nähe eines warmen Ofens. Hin und
wieder wird der Feuchtigieitsgehalt des Sandes geprüft und
nach Bedarf erhöht. Der Sand ſoll möglichſt gleichmäßig feucht
ſein, aber nicht naß, da ſonſt die Samen leicht verſchimmeln. Nach
7 bis 14 Tagen, je nach der Keimdauer des betreffenden Samens,
kann man ſehen, wie viele Körner gekeimt haben. Rechnet man,
daß von 100 friſchen Samenkörnern werieſter Ernte
durchſchnitt=
lich etwa 20 envvickelungsfähig ſind, ſo kann man aus der
Ver=
hältniszahl der gekeimten Körner berechnen, in welchem Maße
die zu prüfende Saat verwendbar iſt. Haben beiſpielsweiſe von
100 Körnern nur 40 gekeimt, ſo muß man von dem Saatgut
dop=
pelt ſo viel ausſäen als von friſchem.
Es hat ſich häufig gezeigt, daß gutkeimender Samen nach
der Ausſaat doch nur wenige oder kümmerliche Pflanzen ergab.
genügt deshalb zur Beurteilung der Saatgüte nicht allein die
Ermittelung der Keimkraft. Zur Feſtſtellung der Triebkraft
ver=
wenden die Samenkontrollſtationen ſein gemahlenes, geſiebtes
und ausgeglühtes Liegelmehl. Man füllt damit kleine Zinkgefäße
oder andere Behälter und bedeckt die Samen mit einer etwa
3 Zentimeter hohen Schicht. Das Ganze hält man mäßig feucht.
Keimlinge, die die Ziegelmehlſchicht durchbrochen haben.
Sol=
ches Ziegelmehi wird den meiſten Privatgärtnern freilich kaum
zu Gebote ſtehen. Sie können ſich aber auch bei Verwendung
von Gartenerde ein Bild von der Triebkraft ihres Samens
machen. Man bedeckt damit die Samen etwas dicker als bei
nor=
waler Ausſaat.
Frühbeeipflege.
Nach der Saat deckt man den Kaſten mit Fenſtern und
Mat=
erſten Pflanzen zeigen. Zum Schutze gegen des Auskälten in
ten immer noch kalten Nächten deckt man kurz vor Sonnenunter=
Kaſten hineinſcheint. Sofort nach dem Aufgange der Saat muß
die Fenſter etwas gehoben werden, ſo daß ein
Temperaturaus=
gleich ſtattfinden kann. Man lüftet, indem man anfangs durch
Unterlegen von Hölzchen die Fenſter um wenige Millimeter hebt.
Später, wenn die Witterung milder geworden iſt, gibt man mehr
und mehr Luft, ſchon um die Pflanzen abzuhärten. Verſtopfen
darf man im Miſtbeet nur an warmen Tagen in den
Mittags=
ſtunden. Bis zum Wiederanwachſen muß dann der Kaſten
ge=
ſchloſſen gehalten werden. Lüftet man nicht genügend, dann
wer=
den die Pflanzen lang und ſchwächlich. Beim Lüften achte man
darauf, daß die der Jahreszeit entſprechenden rauhen Winde
ſich nicht im Kaſten fangen, fondern über ihn hinwegſtreichen.
Man lüftet alſo mit der Windrichtung, nie gegen ſie. Nur durch
fleißiges Lüften abgehärtete Pflanzen dürſen ins Freie gepf anzt
werden. Man darf im Miſtbeet nur mit lauwarmem Waſſer
gießen. Damit nun der Kaſten bei dem kalten Wetter nicht zu
ſehr auskühlt, hebt man beim Arbeiten das Fenſter nicht ab,
ſon=
dern ſchiebt es bald nach oben, bald nach unten, ſo daß
minde=
ſtens immer die halbe Fenſterbreite bedeckt iſt. Handelt es ſich
um hochwachſende Pflanzen, die wegen rauher Witterung noch
Kaſten. Dazu legt man die Füße des Kaſtens frei und hält für
Ende, dann an dem anderen mit einem Hebel unter den
Kaſten=
rand, ſchiebt unter jeden Fuß einen Ziegelſtein und erhöht den
umſchlag. Iſt die Witterung genügend warm, tut man beſſer,
den Kaſten nicht zu heben, ſondern die Fenſter auf Blumentöpfe
eder ein Stangengerüſt zu legen.
Pfianzt nur veredelte Hauspſtaumen.
Die Vermehrung der Hauspflaume durch Wurzelausläufer
iſt ein großer Fehler, denn es iſt erwieſen, daß ſolche Nachzucht
entartet. Die Früchte werden immer kleiner und geſchmackloſer,
und an Stelle der blauen Farbe tritt mehr und mehr ein
uner=
wünſchtes Rot. Auch den Mutterbäumen wird durch das
Stehen=
laſſen der Wurzelſproſſe bedeutender Schaden zugefügt, da die
Ausläufer in der erſten Zeit dem Mutterbaume umittelbar viel
Nahrung entziehen, ſpäter aber durch ihr eigenes Wurzelſyſtem
den Boden gründlich ausſaugen, ſo daß er ſchließlich verarmt.
empfehlen, da die Bäume die ſchlechte Eigenſchaft des
Ausläufer=
bildens in hohem Maße von dem Mutterbaume geerbt haben.
pflanzen. Die Edelreiſer dürfen nur von ſolchen Bäumen
ge=
ſchnitten werden, die ſich durch reiche Tragbarkeit und gute
Früchte von gleichbleibender Güte auszeichnen. So erhält man
Bäume gleich guter Eigenſchaften. Solche auf Sämlinge
ver=
edelten Pflaumenbäume haben keine oder nur geringe Reigung,
Ausläufer zu bilden.
Schützt die Bienenwohnungen vor Vögeln?
An kalten Tagen kommen zuweilen die Kohlmeiſen und ihre
nächſten Verwandten auf die Flugbretten der Bienenſtöcke und
klopſen an, um die herausgelockten Bienen zu verzehren. Am
beſten verhindert der Imker dieſe Angriffe, indem er die Meiſen,
die ſonſt ſehr nützliche Bögel ſind, entfernt vom Dienenſtande
fürtert. Bei ſtarker Kälte machen ſich, namentlich in der Nähe
von Waldungen, auch Spechte an die Tienenkörke heran. Sie
ſuchen die Wände durczuhämmern, und bei Strohkörben gelingt
weiter übrig, als den Bienenſtand mit einem großen Retz zu
wugeben.
Mnd Siemmigsweſen
Geſunde und praftiſche Taubenwohnungen.
Auch die Aufenthaltsräume der Tauben müſſen in
regel=
mäßigen Abſtänden gereinigt werden und deshalb bequem
zu=
gänglich ſein. Bei den freiſtehenden Taubenhäuſern und den
unter den Dachgiebeln angebrachten Käſten und Höhlen iſt dies
aber meiſt nicht der Fall. Auch ſind dieſe Wohnungen im
Win=
ter zu kalt für die Tiere. Sie ſchreiten darin nicht zur Brut oder
die Jungen gehen zugrunde, und die ganze Zucht iſt ohne Rutzen.
Als das Ideal jeder Taubenwohnung kann der Haus=,
Stall=
oder Scheunenboden gelten, vorausgeſetzt, daß er ſo eingerichtet
wird, daß die Tiere hier alle diejenigen Bequemlichkeiten finden,
die ſie zu gutem Gedeihen brauchen. Der nach Süden gelegene
Teil iſt zu bevorzugen. Durch Holzwände trennt man den für
die Tauben beſtimmten Raum von dem übrigen Boden ab. Eine
gute, dauerhafte Tür, die man an den Ecken mit Eiſenblech
be=
ſchlägt, um dem Eindringen von nagenden Raubtieren
vorzu=
beugen, gewährt leichten Zutritt. Die Wände werden mit einem
leichten Karbolineumanſtrich verſehen und etwaige Ritzen mit
Kalk verputzt. In die Ritzen pflegt ſich das Ungeziefer während
des Tags zu verkriechen, um dann nachts über die Tauben
her=
zufallen und ſie zu peinigen. An den Seiten werden Regale
angebracht, die man durch Einſchieben von Brettern in einzelne
Fächer teilt, und zwar dergeſtalt, daß ſich eine Größe von
40:50:30 Zentimeter für jedes Fach als Niſtplatz ergibt. Jedes
Paar erhält ein ſolches Fach als Niſtplatz angewieſen, das man
mit einem Reſt aus Holzſtoff oder Eips ausſtattet. Neſter aus
Stroh und dergleichen ſind Brut= und Unterſchlupfſtätten für
allerlei Ungezieſer.
Um ein Herausfallen der Jungen zu verhüten, wird vor jedes
Fach eine Latte von 10 Zentimeter Höhe genagelt. Die Neſter
Kerden mit perſiſchem Inſektenpulver eingeſtreut. In die Mitte
des Taubenbodens kommt ein Gefäß zur Aufnahme des Futters
und ein ſolches für das Waſſer zu ſtehen. Am beſten benützt
man hieczu ſogenannte automatiſche Gefäße, wenigſtens für das
Waſſer, da man dies darin im Winter leicht und mit geringen
Koſten warm halten kann. Für das Futter kann man eine
flache Kiſte verwenden, die, um eine Verunreinigung des
Fut=
ters zu verhüten, mit einem auf vier Leiſten ruhenden Dach
verſehen wird. In irgend einer Ecke des Taubenbodens läßt ſich
ſchließlich noch eine kleine Raufe, ähnlich der in Kaninchenſtällen
üblichen, anbringen, in die man Material zum Neſtbau tut.
Sitzſtangen, die quer durch den Taubenboden gehen, werden in
gleicher Höhe angebracht. Von Zeit zu Zeit ſind dieſe Stangen
gründlich zu desinfizieren. Den Boden ſelbſt kann man mit
Das lag an der mangelhaften Triebkraft; die Keime vermochten grobkörnigem trockenen Sand beſtreuen. Schließlich empfiehlt
das über ihnen lagernde Erdreich nicht zu durchbrechen. Es ſich noch die Aufſtellung eines Gefäßes mit geſtoßenen Eierſchalen.
Die Ausflugöffnungen ſouen ſich, ſoweit angungig, an den
Giebeln befinden. Man beugt auf dieſe Weiſe dem Eindringen
von Raubzeug, wie Marder, Iltis, Wieſel und Katzen, vor. Bei
großer Kälte werden die Ausflugöffnungen bis auf zwei
ge=
ſchloſſen gehalten. Die Ausflugöffnungen liegen in gleicher
Höhe mit dem Fußboden und ſind mit einer in Nuten laufen=
Nach Verlauf von 14 Tagen zählt man die normal gewachſenen, den Zugtür verſehen, welche mittelſt einer über eine Rolle
gehen=
den Schnur leicht und bequem heraufgezogen und
herunterge=
laſſen werden kann. Dieſe Schnur wird auf den Hof geleitet
oder geht nach einem Ort, wo der Beſitzer der Tauben den
Schlag jederzeit und ohne erhebliche Schwierigkeiten zu öffnen
und zu ſchließen vermag.
Um ein Herunterfallen der jungen Tauben, die noch nicht
fliegen können, zu verhüten, wird vor den Ausflugöffnungen ein
Gitterkäfig angebracht, deſſen Boden aus Latten, die in gleicher
Entfernung von zwei Zentimetern aufgenagelt werden, beſteht.
ten gut zu. Die Matten werden erſt abgenommen, wenn ſich die Die übrigen Seiten ſind mit Drahtgeflecht leicht ausgefüllte
Holz=
rahmen, ebenſo der Deckel des Käfigs. Der Deckel wird ſo
ein=
gerichtet, daß er mittels Schnur und Rolle in die Höhe gehoben
gang zu und morgens nicht eher auf, bevor nicht die Temperatur und heruntergelaſſen werden kann, um den alten Tieren das
den Gefrierpunkt überſchritten hat oder die Morgenſonne in den Ein= und Ausfliegen zu ermöglichen oder zu verbieten. Auch
für neu angekaufte Tauben iſt dieſer Gitterkäfig nicht ohne
gelüftet werden, das heißt, bei größerer Wärme im Kaſten müſſen. Wichtigkeit, da die Tiere von hier aus ihre neue Umgebung eher
kennen lernen und mit deren Eigenart ſchneller vertraut werden.
Beſondere Sorgfalt iſt auf die Reinlichkeit im Taubenboden
zu richten. Immer wieder muß der Züchter forſchen, ob ſeine
Tiere von Ungeziefer gepeinigt werden, und wenn es der Fall
ift, für Abhilfe ſorgen.
* Das Anbringen der Sitzſiangen im Hühnerſiall.
Das unzweckmäßige Anbringen der Sitzftangen iſt meiſtens
die Urſache des Streites, wenn die Hühner abends zum Schlaf
aufſitzen. Die praitiſche und einſachſte Anordnung der Stangen
iſt die Anbringung in gleicher Höhe. Die Hühner, zumal die
leich=
teren Raſſen, ſitzen belanntlich gern hoch; dort, wo die Stangen
in verſchiedener Höhe angeordnet ſind, beginnt in der Regel
abends der Streit um die höchſten Sitzplätze. Die mehr oder
min=
der hohe Anbringung der Stangen richtet ſich natürlich nach der
betreffenden Raſſe. Die leichten Hühner, wie die Italiener,
Ham=
burger oder die gewöhnlichen Landraſſen können hochfliegen, und
die Sitzſtangen könn enbis zu 1 Meter über dem Boden angebracht
nicht genügend hoch gelüftet werden dürfen, dan hebt man den werden. Für die ſchon etwas ſchwereren Minorkas, die
Reichs=
hühner, Faverolles und dergl. bringt man die Sitzſtangen nicht
jeden Fuß einen Ziegelſtein bereit, faßt zunächſt an dem eimen gern höher als 70 Zentimeter über dem Fußboden an; für die
ſchweren Fleiſchhühner ordnet man die Stangen höchſtens in
50 Zentimeter Höhe auf.
Die im Stall befindlichen Siangen müſſen natürlich genügend
Raum bieten, um alle Hühner leicht aufzunehmen und, was eine
Hauptſache iſt, ſo geformt ſein, daß ſich die Tiere mit Leichtigkeit
auf ihnen halten können. Die Sitzſtangen ſollen immer
abnehm=
bar angebracht ſein und dürfen nicht zu ſchwach gewählt werden.
Nundhölzer von nur 2—4 Zentimeter Stärke, wie ſie häufig
ge=
nommen werden, ſind ganz und gar zu verwerfen, denn ſie bieten
dem Huhn eine viel zu ſchmale Sitzfläche und die Hühner müſſen
ſich, wenn ſie ſich auf ſolchen Stangen halten wollen, mit allen
Leibeskräften anklammern. Die natürliche Folge davon iſt, daß
krampfartige Schmerzen entſtehen, und die Tiere ſind dadurch
ge=
zwungen, nachts bald dieſen, bald jenen Fuß zu lüften, wodurch
ſie nie ſo recht zur Ruhe kommen. Auch auf das Bruſtbein
blei=
ben dünne und ſchmale Sitzſtangen nicht ohne Einfluß, weil die
ſchmalen Stangen ſchmerzhaft gegen das Bruſtbein drücken und
hier wie auch an den Füßen leicht Anſchwellungen hervorrufen;
Das Verpflanzen der Ausläufer an andere Stellen iſt nicht zu verbogene Bruſtbeine rühren ſehr häufig von ſehr ſchmalen
Sitz=
ſtangen her. Sehr unzweckmäßig und fehlerhaſt ſind auch kantige
ſchmale Stangen. Die beſten und geeignetſten Sitzſtangen für
Man ſollte deshalb nur noch veredelte Hauspflaumen an= Hühner ſind gewöhnlich Latten von 6—8 Zentimeter Breite; ſie
müſſen ſo ſtark ſein, daß ſie ſich bei der vollen Belaſtung nicht
durchbiegen oder gar abbrechen. Die Oberſeite der Latten wie
auch die Kanten derſelben werden ſchwach abgerundet. Derartig
geformte Sitzſtangen können von den Hühnern mit den Zehen noch
hinreichend umfaßt werden. Auch das Bruſtbein findet auf ihnen
eine genügend breite Unterſtützungsfläche, ſodaß kein
ſchmerz=
hafter Druck an Bruſt und Füßen entſteht. Daß die Sitzſtangen
wagrecht liegen ſollen, damit ſich das Körpergewicht gleichmäßig
auf die Füße verteilt, verſteht ſich von ſelbft.
Zimmerroſen.
Anfang Februar ſchon kann man mit der Roſentreiberei im
Zimmer beginnen. Man muß aber gut vorkultivierte Stücke
be=
nutzen, die in größeren Gärtnereien eigens für dieſen Zweck zu
haben ſind. Die Pflanzen bleiben dann zunächſt einige Tage im
ungeheizten Zimner. Dann komen ſie an ein ſonniges Fenſt”r
der geheizten Stube. Sie werden jetzt regelmäßig bewäſſert und
ihnen dies auch leicht. Dem Imler bleibt in dieſem Falle nichts beſpuitzt mit leicht angewärnttem Waſſer. Die Töpfe ſind mit
Roos zu belegen, das ſtets feucht gehalten wird, um die nötige
Luftfeichtigkeft zu erzielen, die die Pflanze benötigt.