K
Bezugspreis:
Del wöchenilich Tmaligem Erſcheinen vom 1. Februar
bis 16. Februar 417 Pfennig und 13 Pfennig
Abtragegebühr, abgeholf 120 Pfennig, durch die
Agenturen 130 Pfennig frel Haus.
Poſtbezugs=
preis ohne Beſiellgeld monatlich 2,60 Goldmark.
Verantwortlichkeit für Aufnahme von Anzeigen an
beſtimmten Tagen wird nicht übernommen.
Nichi=
erſcheinen einzelner Nummern infolge höherer Gewalt
berechtigt den Bezieher nicht zur Kürzung des
Bezugspreiſes. Beſtellungen und Abbeſtellungen durch
Fernruf ohne Verbindlichkeit für uns Poſiſcheckonto:
Franturt a. M. 1301.
Heſſiſche Neueſte Nachrichten
Morgenzeitung der Landeshauptſtadt
Nachdruck ſämtlicher mit X verſehenen Original=Aufſätze und eigenen Nachrichten nur mit Quellenangabe „Darmſt. Tagbl.” geſtattet.
Nummer 35
Montag, den 4. Februar 1924.
187. Jahrgang
Einzelnäiiter 15 Goligſeinige
Anzeigenpreis:
21 mm brelie Zeſle im Kreiſe Darmſtadt 20 Goldpfg.
Finanz=Anzeigen 30 Goldpfg, Relſamezelle (92 mm
breit) 1 Goldmark. Anzeigen von auswärts 30 Goldpfg,
Finanz=Anzeigen 45 Goldpfg., 92 mnu breite
Reſlame=
zeiſe 1.50 Goldmark. Alle Preiſe in Goldmark
(1 Dollar — 420 Marll. — Im Falle höherer
Gewali, wie Krieg, Aufruhr, Streit uſw., erliſchi
ſede Verpſichtung auf Erfüllung der
Anzeigen=
aufträge und Teſſtung von Schadenerſatz. Bei
Konkurs oder gerichtlicher Beitreibung fäll jeder
Rabatt weg. Bankkonto: Deutſche Bani und
Dorm=
ſtädter 8 Natior
Wilſon geſtorben.
Wafhington, 3. Febr. (Wolff.) Der ehemalige
Prä=
ſident Wilſon iſt heute geſtorben.
Die Pariſer Preſſe zum Tode Wilſons.
* Paris, 4. Febr. (Priv.=Tel.) Die Nachricht von dem
Hinfceiden Wilſons gibt der Preſſe Anlaß, ſich ausführlich
mit der Perſönlichkeit des verſtorbenen Präſidenten zu
beſchäf=
tigen. Die meiſten Blätter erblicken in dem Verſtorbenen einen
Idealiſten, der zu ſeinem Glück ſich politiſch ſelbſt überlebte und
die letzten drei Jahre in völliger Zurückgezogenheit verbracht hat.
Skeptiſch äußert ſich der Temps zu der Weltanſchauung des toten
Präſidenten. Das Blatt meint, er habe ſtets richtig nach den
Umſtänden gehandelt, und ſein ſogen. Idealismus halte einer
gründlichen Prüfung kaum ſtand. Daher würde es auch eine
Verleumdung ſeines Andenkens bedeuten, wollte man auf Grund
der Wilſonſchen Punkte an den jetzigen Grenzen Europas
rüt=
teln. Der Temps ſieht voraus, daß gewiſſe politiſche Kreiſe des
Auslandes dieſe Tatſache wieder aufgreifen und ſie als politiſche
Ware verwenden werden. Im übrigen kommt die Preſſe
aus=
führlich auf die Verdienſte zu ſprechen, die Wilſon ſpät, aber
nicht zu ſpät, durch den Eintritt Amerikas in den Weltkrieg
er=
werben habe. Im Matin entwirft Lauſanne ein Nachbild von
dem Verſtorbenen. Er erblickt ein großes Verdienſt Wilſons
darin, daß er nach dem Verlaſſen der politiſchen Arena zu
ſchwei=
gen verſtand und nicht ein Wort des Vorwurfs gegen ſeine
Widerſacher fand.
Eine politiſche Rede Dr. Sireſemanns.
* Stettin, 4. Febr. (Priv.=Tel.) Außenminiſter Dr.
Streſe=
mann hielt geſtern im großen Börſenſaale gelegentlich einer
Mit=
gliederverſammlung der Deutſchen Volkspartei eine Rede über
die politiſche Lage. Einleitend führte Dr. Streſemann im
Hin=
blick auf die Nachrichten vom Krankenbette Wilſons aus, daß die
Mehrheit des deutſchen Volkes die Waffen niedergelegt habe,
weil es an die Verſprechungen Wilſons geglaubt habe. Mit dem
Namen Wilſon ſei unſer außenpolitiſches Schickſal verknüpft. Wir
könnten heute nur die Außenpolitik eines waffenloſen Volkes
treiben. Wir müſſen uns, ſo fuhr er fort, mit allen Kräften
da=
gegen wehren, daß man uns die moraliſche Schuld am Weltkriege
zuſchiebt. In der Gegenwart macht ſich doch ſchon eine gewiſſe
Entſpannung der früher allein gegen Deutſchland eingeſtellten
Meinung der Welt geltend. Im Zuſammentritt der
Sachver=
ſtändigen ſehe er den Ausdruck der Sorge und der Unruhe der
Welt, hervorgerufen durch die Entwicklung der Dinge ſeit dem
Vertrage von Verſgilles. Eine der ſtärkſten Tatſachen, vor
wel=
cher die Welt heute ſtehe, ſei der Währungsverfall in Frankreich.
Man habe immer behauptet, Deutſchland hätte ſeinen
Währungs=
ſturz ſelbſt herbeigeführt, um ſich ſeinen äußeren und inneren
Verpflichtungen zu entziehen. Aber wie groß wäre dann die
Schuld des Staates, der als Sieger aus dem Weltkriege
hervor=
gegangen ſei. Aufgabe der Sachverſtändigen wäre es, die Frage
zu löſen, wie die Währungen der Länder zu regeln ſeien, ſo daß
ſie wieder in ein feſtes Verhältnis zueinander kommen.
Unzwei=
felhaft werde ſich ein Zuſammenhang dieſer Frage mit allen
an=
deren Fragen ergeben, die darauf beruhten, daß Deutſchland
kei=
nerlei Leiftungen übernehmen könne, wenn ſeine Einheit zerſtört
ſei. Dr. Streſemann ging ſodann auf die politiſche Lage im Innern
ein. Ein Volk, das den Krieg verloren habe, müſſe ſich darüber
klar ſein, daß es doppelt arbeiten müſſe, um für die kommende
Generation wieder erträgliche Verhältniſſe zu ſchaffen. Er
ver=
teidigte dann die Haltung der Regierung gegenüber Sachſen.
Daß der Einmarſch der Reichswehr in Sachſen richtig war,
be=
weiſe auch die heutige Nummer des „Vorwärts”, in der eine in
Moskau gehaltene Nede Sinojews wiedergegeben ſei, in der
die=
ſe: erklärte, daß der Bolſchewismus gehofft habe, von Sachſen
aus in Deutſchland einmarſchieren zu können.
Zur Währungsfrage übergehend, betonte Dr. Streſemann,
daß wir zu einer feſten Währung nur durch die Balanzierung
des Ctats kommen könnten. Internationale Kredite für Handel,
Induſtrie und Landwirtſchaft ſeien notwendig, um unſere
Wirt=
ſchaft wieder in Gang zu bringen. Die Beſatzungskoſten könnten
nicht länger mehr bezahlt werden, ſollten wir nicht zu einem
neuen Währungsverfall kommen. Sie ſeien aber bis jetzt
be=
zahlt worden, um die Bevölkerung der beſetzten Gebiete nicht
noch größeren Drangſalierungen auszuſetzen. Dr. Streſemann
ſchloß, daß die Deutſche Volkspartei jedem die Hand reichen wolle,
der bereit ſei, am Wiederaufbau des Reiches mitzuarbeiten.
Die Erzberger=Mörder ermittelt.
* Budapeſt, 4. Febr. (Priv.=Tel.) Im ungariſchen
Reichs=
tag wurde geſtern die Nachricht verbreitet, daß die beiden
Erz=
berg=Mörder Schulz und Tileſſen verhaftet worden ſind.
Dazu erfährt der Korreſpondent des Montag=Morgen: Schulz
und Tileſſen ſind auf einem landwirtſchaftlichen Gut in Ungarn
ſeit Jahr und Tag tätig. Vor einigen Tagen iſt der deutſche
Geſandte von dem Aufenthaltsort der Erzberger=Mörder
ver=
ſtändigt worden. Er hat die ihm gemachten Mitteilungen nach
Berlin weitergegeben. Nunmiehr hat der deutſche Geſandte
namens der deutſchen Regierung an das ungariſche Miniſterium
des Innern das Erſuchen gerichtet, die Erzberger=Mörder zu
verhaften, worauf das geſetzliche Auslieferungsbegehren ſofort
eingeleitet wird. Das Verlangen der deutſchen Regierung iſt
von den ungariſchen Behörden bis jetzt nicht erledigt worden. Da
indeſſen der Aufenthaltsort der Erzberger=Mörder nicht nur dem
Berliner Auswärtigen Amt, ſondern auch den ungariſchen
Be=
hörden gemeldet wurde, iſt azunehmen, daß Schulz und Tileſſen
inzwiſchen in feſten Gewahrſam genommen worden ſind,
Ein neuer Micum=Vertrag.
Paris, 4. Febr.. Nach einer Havasmeldung aus
Düſſel=
dorf wurde geſtern vormittag ein neues Abkommen zwiſchen der
Micum und. den Edel=Stahlwerken unterzeichnet. Es iſt eine
Herabſetzung der Ausfuhrabgabe (nach Havas ſieben Achtel des
derzeitigen Tarifs), daneben jedoch eine Kontribution vorgeſehen,
die ſich auf das Doppelte der herabgeſetzten Ausfuhrabgabe
be=
läuft. Der Ertrag der Kontribution ſoll zur Bezahlung der
etwa=
igen Sachlieferungen auf Reparationskonto Verwendung finden.
Vom Tage
Eilte Meldung des Journal aus Konſtantinopel beſagt, daß die
tür=
kiſche Regierung die diplomatiſchen Beziehungen zu Ungarn wieder
aufgenommen hat. Sie ernannte den Abg. Juſſuf zum
Botſchaf=
ter in Budapeſt.
Nach der Chicago Tribune ſoll Veniſelos geſtern vom
Kran=
kenbette aus dem Kabinett brieflich mitgeteilt haben, daß er am
Mon=
tag endgültig zurücktrete. In der Erwartung des Sturzes
der Regierung ſchickten ſich die Republikaner bereits an, die Regierung
ihrerſeits zu übernehmen und die Republik auszurufen.
Nach einer Havasmeldung aus Waſhington erklärt die mexikaniſche
Botſchaft, daß in acht Tagen die Bundestruppen Veracruz
beſetzen würden, womit der Aufſtand ſein Ende finden werde. Die
Bundestruppen ſeien jetzt über die Linie Eſperanza—Orizaba hinaus.
Ihrem Vormarſche auf das Hauptquartier der Aufſtändiſchen ſtehe nichts
mehr im Wege.
Der Briefwechſel zwiſchen Poincaré und
Macdonald.
* Paris, 4. Febr. (Priv.=Tel.) Ramſay Macdonald hat an
Poincaré folgenden Brief geſchrieben:
„Unſere beiden Länder haben Seite an Seite ſolche Zeiten
und Kriſen durchlebt und haben gemeinſam ſolche Opfer gebracht,
daß in dem Augenblick, in dem ich die Regierung übernehme, ich
Ihnen einen perſönlichen Brief übermittele, nicht nur um Sie
von dem Wechſel des Kabinetts zu unterrichten, ſondern auch um
Ihnen meine Grüße und meine guten Wünſche zu übermitteln.
Es iſt mir unangenehm, ſo viele unerledigte Fragen vorzufinden,
die unſere Sorgen und Befürchtungen erregen, und ich verſichere
Sie, daß es meine tägliche Sorge ſein wird, dabei mitzuwirken,
ſie zu unſerem gemeinſamen Nutzen zu regeln. Sie haben Ihre
öffentliche Meinung und ich habe die meinige. Sie haben Ihre
nationalen Intereſſen ſicherzuſtellen und zu verteidigen und ich
die meinigen. Auf den erſten Blick könnten ſie manchmal in
Widerſpruch zueinanderſtehen, aber ich bin ſicher, daß durch eine
äußerſte Anſtrengung guten Willens dieſe Konflikte geregelt
wer=
den können, und daß es möglich ſein wird, die politiſchen Mittel
zu finden, die es Frankreich und Großbritannien geſtatten
wer=
den, ein freundſchaftliches Zuſammenwirken miteinander aufrecht
zu erhalten. Wir können offen ſein ohne Feindfeligkeit und die
Intereſſen unſerer Länder ohne Feindſchaft verteidigen. Auf
dieſe Weiſe wird die Verſtändigung viel mehr ſein als ein Wort,
und Großbritannien und Frankreich können zuſammengehen, um
den Frieden und die Sicherheit Europas aufrecht zu erhalten.
Ich bitte Sie, die Verſicherung meiner ausgezeichneten
Hoch=
achtung entgegenzunehmen. (gez.) Ramſay Macdonald.”
Die Antwort Poincarés lautet:
„Ich bin ſehr gerührt von dem liebenswürdigen Brief, mit
dem Sie mir die Uebernahme Ihres Amtes mitzuteilen die Güte
hatten und in dem Sie mir perſönlich Ihren Gruß entboten
haben. Ich wünſche von ganzem Herzen, daß Ihre Bemühungen
um das größtmögliche Wohl Ihres Vaterlandes von Erfolg
ge=
krönt ſein werden. Die Bande, die unſere beiden Länder
mit=
einander verknüpfen, ſind, wie Sie uns ins Gedächtnis rufen, in
gemeinſamen Prüfungen und Opfern geknüpft worden. Die
Er=
innerung an jene Zeit wird, deſſen dürfen Sie ſicher ſein, mir
wie Ihnen unaufhörlich gegenwärtig ſein. Damit habe ich
be=
reits ausgeſprochen, daß auch ich lebhaft bedauere, daß mehrere
für unſere beiden Länder wichtige Fragen noch nicht geregelt ſind.
Wie Sie, ſo werde auch ich mein möglichſtes tun, um ein
Einver=
nehmen mit Ihnen zu finden und ſie zu unſerem beiderſeitigen
Nutzen zu löſen. Wenn wir beiderſeits auf unſere öffentliche
Meinung Rückſicht nehmen müſſen, wenn wir beide unſere
natio=
nalen Intereſſen zu ſchützen haben, ſo habe ich das Vertrauen,
daß wir, wenn wir jeder für ſich bei der Regelung der etwa
auf=
tretenden Fragen mit der Entſchiedenheit und dem guten Wiuen
vorgehen, von dem Sie geſprochen haben, zu Löſungen gelangen
werden, die dazu angetan ſino, zwiſchen Großbritannien und
Frankreich die Politik der für unſere beiden Länder und für die
Freiheit der Welt notwendigen Zuſammenarbeit aufrecht zu
er=
halten. Mein Freimut wird ſtets dem ihrigen entſprechen, und
wenn ich die franzöſiſchen Intereſſen mit dem gleichen Eifer
ver=
teidigen werde, wie Sie die engliſchen, ſo wird nichtsdeſtoweniger,
deſſen dürfen Sie ſicher ſein, niemals etwas die Herzlichkeit
mei=
ner Empfindungen beeinträchtigen. Es iſt nicht unmöglich, daß
wir, wenn wir beiderſeits von derartigen Empfindungen beſeeit
ſind, die Entente wieder effektiv geſtalten, und daß es uns
ge=
lingt, ihr die Früchte abzugewinnen, die ſie tragen kann und muß,
wenn Europa endlich den Frieden, die Sicherheit und die Freiheit
der Arbeit wiederfinden ſoll. Empfangen Sie den Ausdruck
mei=
ner ausgezeichneten Hochachtung!
(gez.) Poincaré."
Mac Neilſ über Macdonald.
IU London, 3. Febr. Der frühere Unterſtaatsſekretär
Mac Neill erklärte geſtern in einer Anſprache in Whitſtable,
Macdonald habe im Laufe der vergangenen Jahre der
konſer=
bativen Regierung beſtändig den Vorwurf allzu großer
Nach=
giebigkeit gemacht. Jetzt aber behaupte er, daß England nicht
freundſchaftlich genug mit Frankreich verfahren ſei. Macdonald
empfinde eben für Frankreich wärmſte Freundſchaft, und er, Mac
Neill, hoffe ernſtlich, daß der Premierminiſter dieſe Freundſchaft
nicht nur durch einen privaten Briefwechſel mit dem
franzöſi=
ſchen Miniſterpräſidenten beweife, ſondern auch durch die
Poli=
tik der engliſchen Regierung. In einem ſolchen Falle dürfe er
der Unterſtützung der Konſervativen Partei ſicher ſein. Mac
Neill fällte dann allgemeine Urteile über die franzöſiſche Politik.
Er ſtehe auf dem Standpunkte, daß die Politik Poincarés weder
aggreſſiv noch militariſtiſch ſei. (1) Frankreich habe weder den
W8unſch noch die Abſicht, ein anderes Land anzugreifen, doch
be=
ſtehe es mit Recht auf Garantien für ſeine eigene Sicherheit.
Es ſei nicht richtig, meinte Mac Neill zum Schluß, von
Frank=
teich zu verlangen, daß es ſeine Entſcheidung über ſeine Exiſtenz
dem Völkerbunde überläßt.
Der Separatismus
im beſetzten heſſiſchen Gebiet.
Wie alle Aktionen, deren Antrieb auf grobmaterialiſtiſche
Motive zurückgeht, iſt auch der Separatismus nach den
zerſplit=
terten Putſchen im Oktober verfloſſenen Jahres raſch in ein
Sia=
dium hilf= und zielloſer Stagnation gelangt. Und es beſteht nicht
der leiſeſte Zweifel, daß er längſt an ſeiner eigenen hohlen
Jäu=
merlichkeit ſang= und klanglos zugrunde gegangen wäre, ſtände
ihm nicht allerorts und immer wieder die mehr oder minder
ofſen dargebotene Hilfe der Beſatzungstruppen und
Beſatzungs=
behörden zu Gebote. Nur unter dem Schutze der franzöſiſchen
Kreisdelegierten vermochte auch in den beſetzten heſſiſchen
Ge=
bieten ein buntſcheckiges Gelichter aus
Verbre=
chern, verwahrloſten. Abenteurern und
breit=
mäuligen Gernegroßen eine Wirkſamkeit auszuüben,
die, ohne jede Ausſicht auf endgültige Verwirklichung ihrer
ſinn=
loſen Ziele, gleichwohl immer noch mannigfache Verwirrung und
Bennruhigung in alle Kreiſe der Bevölkerung trägt. Daß die
überwäluigende Mehrzahl dieſer Bevölkerung den Separatiſten
nicht nur mit ſtiller Ablehnung, ſondoern faſt überall
mit dem ſtärkſten Unmut des unnütz
Gepeinig=
ten gegenüberſteht, braucht kaum mehr betont zu werden.
Wie hat ſich die ſeparatiſtiſche Bewegung im beſetzten Heſſen
geſtaltet? Das Regierungsgebäude in Mainz und die
Kreisamts=
gebäude in Worms, Alzey, Bingen und Groß=Gerau, die imr
Oktober 1923 — zwar nicht mit aktiver Hilfe, aber meiſt unter der
unzweideutig drohenden Anweſenheit franzöſiſcher
Beſatzungs=
truppen — von den Separatiſten „erſtürmt” wurden, ſind auch
heute noch in ihrem Beſitz. Von hieraus erfolgten die
ſeparatiſti=
ſchen „Verordnungen” und „Erlaſſe”, die ſchon ſo oft, trotz der
bitterernſten Lage der Bevölkerung, Gegenſtand einer
ſchmun=
zelnden oder ſchallenden Heiterkeit wurden. Denn ſie tragen nach
Inhalt, Form, grammatikaliſcher und orthographiſcher Abfaſſung
den deutlichen Stempel ihrer Urheber. Daß die Durchführung
dieſer Verordnungen unter dem Druck brutaler Gewalt erfolgen
mußte, ſoweit ſie nicht überhaupt nur auf dem Papier ſtanden,
was bei der Mehrzahl der Fall war, kennzeichnet die Lage. zur
Genüge. Allein zur hinreichenden Ausübung dieſes Druckes
ge=
nügten die „Truppen” der Separatiſten ſchon rein zahlenmäßig
nirgends. Auch ihre mehr als lockere Diſziplin, ſtark von
Wege=
lagerer=Gepflogenheiten durchſetzt, reichte zur Niederringung des
Widerſtandes der Bevölkerung nirgends aus, obwohl ſich zunächſt
ſogar eine „oberſte Heeresleitung” an ihrer Spitze befand, die
freilich mittlerweile eines ſanften Todes entſchlafen iſt. Wp
immer aber der Durchgriff der ſeparatiſtiſchen
„Wehrmacht” verſagte, waren franzöſiſche
Be=
ſatzungstruppen raſch hilfsbereit zur Stelle.
Dies gilt, wie ſchon erwähnt, insbeſondere für die Beſetzung der
Amtsgebäude; auch wurden ſeparatiſtiſche Aufmärſche häufig
von den Franzoſen gedeckt, Volksanſammlungen; die ſich gegen
ſeparatiſtiſche Anmaßungen richteten, mit franzöſiſchen
Bajonet=
ten auseinander getrieben, Verhaftungen durch Separatiſten
er=
folgten vielfach mit franzöſiſcher Hilfe. Und die ungeheuerliche
und gewiſſenloſe Knebelung der Preſſe, die man allen Wünſchen
bis ins einzelne und kleinſte gefügig zu machen trachtet, wäre
dem täppiſchen Ungeſchick der Separatiſten nie ſo vollkommen
gelungen, hätte ihnen nicht gerade hier die übermächtige Hilfe der
Beſatzung mit ganz beſonderem Nachdruck zur Seite geſtanden.
Bei Beginn der lokalen Separatiſtenputſche im Oktober des
verfloſſenen Jahres war von der franzöſiſchen Lokalbehörde als
richtunggebend für die Delegierten und von dieſen den deuiſchen
Behörden gegenüber die Hauptforderung ausgeſprochen worden,
„es müſſe um jeden Preis Blutvergießen verhütet” werden.
Teil=
weiſe wurde ſogar erklärt, es dürfe unter keinen Umſtänden
ge=
ſchoſſen werden. Das klang vor aller Welt friedfertig und
human, war aber im Grunde nichts weiter als eine
offene und maßloſe Begünſtigung der Putſchiſten.
Denn daß eine Horde Bewafſneter, die zu Gewalttaten ſchreitet,
nicht ohne Waffengebrauch niedergerungen werden kann, iſt der
Zentralbehörde der Beſatzungsmächte natürlich ebenſogut
be=
kannt wie jedem Schuljungen. Lag ihnen alſo in Wirklichkeit
daran, Blutvergießen zu verhindern, ſo wäre für ſie der erſie
er=
forderliche Schritt ohne Zweifel die Entwaffnung der
Separa=
tiſten geweſen, ganz abgeſehen davon, daß damit auch der
Ver=
ordnung der Rheinlandkommiſſion, die das
Waffentragen verbietet, Rechnung getragen worden
wäre. Tatſächlich war jene Anordnung, die ſich mit mehr als
ſcheinheiliger Abneigung gegen „jedes Blutvergießen” richtete,
nichts anderes als der mehr oder minder geſchickte Auftakt zu
dem bisherigen, höchſt eindeutigen Verhalten der franzöſiſchen
Be=
ſatzungsbehörden in der Separatiſtenfrage. Verſuche, die
Amts=
gebäude von den meiſt ſehr wenig zahlreichen ſeparatiſtiſchen
In=
ſaſſen zu räumen. mußten unterbleiben, weil entweder der Franzoſe
die Häuſer durch Poſtierungen ſchützte oder von vornherein erklärte,
er werde ein Vorgehen in dieſer Richtung nicht dulden, weil er
Befehl habe, „jede Unruhe zu verhindern”. Auch der Einwand,
daß doch die Separatiſten die Unruheſtifter ſeien, die ſich zudenr
des Hausfriedensbruchs, oft auch des Diebſtahls und Raubes
ſchuldig machten, konnte an dieſem „neutralen” Verhalten der
Franzoſen nichts ändern.
Wenn ſich dies unwürdige Verhalten hinter einem
Aus=
hängeſchild zu verbergen ſucht, deſſen Aufſchrift der Umwelt
im=
mer noch vortäuſchen will, die Beſatzung übe „ſtrikte Neutralität”,
ſo muß demgegenüber ſtets aufs neue mit allem Nachdruck
be=
tont werden: es bedürfte nur weniger Stunden
wahrhafter Neutralität und vollkommener
Zu=
rückhaltung der Beſatzungsbehörden, um es
der deutſchen Bevölkerung zu ermöglichen, den
wüſten Spuk des Separatismus in alle Winde
zu zerſtreuen! Daß es dabei zu Blutvergießen käme, iſt
nicht einmal zu befürchten. Denn ohne den Rückhalt franzöſiſcher
Bajonette würden die heldenhaften Separatiſtenhäuptlinge nebſt
ihren mehr oder minder Getreuen ihren tiefſten Inſtinkten folgen
und ſofort ihr Heil im ſchleunigſten Ergreifen des Haſenpaniers
ſuchen.
Um auf die derzeitigen heſſiſchen Verhältniſſe kurz
einzu=
gehen, ſo iſt von einer Verwaltungstätigkeit der in den
Amts=
gebäuden ſitzenden Kreiskommiſſare und wie ſie ſonſt heißen, ſo
gut wie nichts mehr zu bemerken, Selbſt in Vingen, wo der
Seite 2.
*
franzöſiſche Kreisdelegierte durch den ſeparatiſtiſchen
Kreiskommiſſar eine eifrige Tätigkeit ausüben ließ, die ſich ſogar
zu dem Verſuch der Einziehung der Steuern verſtieg, iſt es ſtille
geworden. Meiſt haben die rechtmäßigen Behörden die Fäden
der Verwaltung wieder in der Hand, ſoweit dies die
Or=
donnanzen der Rheinlandkommiſſion zulaſſen.
Dieſe Ordonnanzen knebeln bekanntlich die Tätigkeit der
Behör=
den und überhaupt die Bevölkerung in unerhörtem Maße und
viel mehr, als es die Separatiſten je fertig gebracht haben. Und
in der künftigen Haltung der Franzoſen liegt der, Schlüſſel
der Lage. Solange Frankreich nicht die Folgerungen zieht, die es
aus dem einheitlichen Willen der Bevölkerung und aus der
Welt=
meinung ziehen muß, und ſich ofſen von der Sache des Geſindels
und der Verbrecher abwendet, ſolange beſteht eine ſeparatiſtiſche
Gefahr, wenn auch die ſeparatiſtiſchen Träger der Bewegung noch
ſo ſehr Fiasko erlitten haben. Für Heſſen iſt das Verhalten der
Franzoſen in der Pfalz von größtem Intereſſe. Werden die
dor=
tigen Separatiſten weiter von den Franzoſen unterſtützt, ſo
be=
ſteht die Gefahr der Ausdehnung der pfälziſchen Bewegung auf
Heſſen, und zwar nicht durch eine Anſteckung heſſiſchen Geiſtes,
ſondern durch bewaffnete, aus der Pfalz kommende
Banden. Hoffen wir, daß die Pfälzer Reiſe des engliſchen
Generalkonſuls Clive, die für die deutſche Sache einen großen
Erfolg bedeutet, ihre Früchte trägt und einen noch ſtärkeren
Widerſtand der engliſchen Regierung gegen die franzöſiſchen
Machenſchaften erzeugt. Dann wird auch der einheitliche Wille
der Bevölkerung der beſetzten Gebiete und der Regierungen
des Reiches und der Länder ſein Ziel erreichen und der
Separa=
tiſtenſpuk zum Teufel gejagt werden.
Der neue franzöſiſche Pfalzplan.
* London, 4. Febr. (Priv.=Tel.) Der „Obſerver”
ver=
ſichert, daß die franzöſiſche Regierung einen Vorſchlag gemacht
hat, der darauf ausgeht, in der Pfalz eine neue Verwaltung
ein=
zuführen und der die Separatiſten und Nationaliſten in gleicher
Weiſe ausſchließt und der die Verwaltung direkt von der
inter=
alliierten Rheinlandkommiſſion ausgeübt wiſſen will. Dieſer
Vor=
ſchlag, ſo behauptet der „Obſerver” unterliege augenblicklich der
Prüfung der engliſchen Regierung. Sollte die Berliner
Regie=
rung keine Einwendungen zu machen haben, und ſollte klar
feſt=
gelegt werden, daß 1. die vorgeſchlagene Verwaltung eine
zeit=
weilige Maßnahme für die Dauer der alliierten Beſetzung
Har=
ſtelle, 2. daß nicht die Rede davon iſt, die verfaſſ gsmäßige
Stellung der Pfalz als Beſtandteil des Reiches zu verletzen, und
3. daß der vorgeſchlagenen Verwaltung niemals eine Autorität
verliehen wird, die der Weimarer Verfaſſung widerſpricht, ſo
würde die engliſche Regierung unter Feſtlegung dieſer
Bedin=
gungen dieſen Vorſchlag annehmen.
Franzöſiſcher Optimismus über die Löſung
der Pfalzfrage.
* Paris 4 Febr. (Priv.=Tel.) Am Quai d’Orſay äußert
man ſich über den Fortgang der franzöſiſch=engliſchen
Beſprechun=
gen betreffend die Rheinpfalz auffallend optimiſtiſch. Es wird
verſichert, daß beide Regierungen ſich allen Ernſtes Mühe geben,
um eine gemeinſame Löſung des Problems herbeizuführen. Auf
franzöſiſcher Seite beſteht anſcheinend die Abſicht, ſich erneut auf
die interalliierte Rheinlandkommiſſion zurückzuziehen. Dieſer
habe gewiſſe Kompromißformeln ausgearbeitet, wonach die
deut=
ſchen Behörden unter Beaufſichtigung der Kommiſſion die
Lei=
tung der Geſchäfte in der Rheinpfalz erneut übernehmen wurden.
Es iſt nicht ohne weiteres erſichtlich, ob damit eine Rückkehr
aus=
gewieſener Beamten gemeint iſt. Jedoch heißt es in gut
unter=
richteten Kreiſen, daß gewiſſe Vorſühtsmaßnahmen gegen eine
ſolche Rückkehr zurzeit von der Interalliierten
Rheinlandkoen=
miſſion ſtudiert werden.
Vor der Unterzeichnung des Tangerabkommens
durch Spanien.
Paris, 3. Febr: (Wolff.) Nach den Morgenblättern
tref=
fen die ſpaniſchen Delegierten zur Unterzeichnung des Tanger=
Abkommens vorausſichtlich am Dienstag in Paris ein. Die
ſpaniſche Regierung erreichte in den Verhandlungen der letzten
Woche noch, daß dem franzöſiſchen Zolldirektor von Tanger noch
ein ſpaniſcher Beamter beigeordnet wird, daß die ſpaniſchen
Konzeſſionen reſpektiert und die ſpaniſchen Einbürgerungsliſten
wohlwollend geprüft werden und daß zwölf Jahre hindurch der
ſpaniſche Biſchof Tanders das Oberhaupt des katholiſchen
Kle=
rus und Vertreter des Heiligen Stuhles bleiben ſoll. Dagegen
wurde die Gebietserweiterung von Ceuta=Melilla abgelehnt.
Tarmſtädter Tagblatt, Montag, den 4. Februar 1924,
Mutuiner 35.
Die Enthällungen Sinoiews.
Die engliſch=rufſiſche Annäherung.
Aeußerungen Rakowskys.
Paris, 3. Febr. (Wolff.) Der Chef der ruſſiſchen
Han=
delsvertretung in London, Nakowsky, erklärte dem
Bericht=
erſtatter des Petit Pariſien, es ſei bemerkenswert, daß die
ge=
ſtern veröffentlichte engliſche Note mit der kategoriſchen
Feſtſtel=
lung der Anerkennung de jure beginne. Schon durch dieſe
For=
mel werde eine Atmoſphäre geſchaffen, die die bevorſtehenden
Verhandlungen begünſtige. Die Beantwortung der Frage des
Berichterſtatters, ob nicht zwiſchen den beiden Regierungen eine
grundſätzliche Verſtändigung erfolgen werde, lehnte Rakowsky
ab. Die in der engliſchen Note verlangte Anerkennung der vor
der Revolution geſchloſſenen Verträge wird nach Nakowskys
An=
ſicht keine übermäßigen Schwierigkeiten machen. Es handele ſich
um eine einfache Anwendung des Völkerrechts, und die rechtlich
hinfällig gewordenen oder gekündigten Verträge ſeien von den
Verhandlungen ausgeſchloſſen. Der Berichterſtatter will den
Eindruck gewonnen haben, daß London und Moskau ſich
be=
reits die Regelung der beiderſeitigen Forderungen in politiſcher
und finanzieller Hinſicht nach den Grundſätzen der Billigkeit
zu=
geſichert hätten, daß alſo die Fragen der ruſſiſchen Schulden, der
Enteignung von Privateigentum und der Propaganda
grund=
ſätzlich bereits geordnet ſeien.
Die Wahl der Sowjet=Regierung.
* Moskau, 4. Febr. (Priv.=Tel.) Die von der
neugebil=
dete Zentralexekutive der Sowjetunion gewählte Unionregierung
ſetzt ſich wie folgt zuſammen: Präſident des Rats der
Volkskom=
miſſare: Rykow; Stellvertreter des Präſidenten des Rats der
Volkskommiſſare, zugleich Vorſitzender des Rats der Arbeit:
Kamenew; Verteidigung, zugleich Vorſitzender der
Plan=
wirtſchaftskommiſſion: Zjukupa, ferner Orazhelſchwili
und Tſchubar:Aeußeres: Tſchitſcherin; Krieg: Trotzkit
Verkehr: Rudjutak; Poſt: Smirnow; Inſpektion:
Kuj=
cyſchew: Arbeit: Schmidt; Ernährung: Brjuchanow;
Finanzen: Sokolnikow; Präſident des oberſten Volkswirt=
* Berlin, 4. Febr. (Priv.=Tel.) Nach dem Bericht des
„Vorwärts” über die Enthüllungen Sinojews, die Dr.
Streſe=
mann in ſeiner Stettiner Rede erwähnt hat, hat Sinojew auf der
letzten Parteikonferenz der ruſſiſchen kommuniſtiſchen Partei
un=
ter anderem geſagt, durch die Ereigniſſe im Sommer ſei die
kom=
muniſtiſche Partei in den Kampf einer in Deutſchland noch nicht
dageweſenen revolutionären Welle gezogen worden. In
Sach=
ſen ſei eine Mehrheit der Sozialdemokraten und Kommuniſten
auf parlamentariſcher Grundlage vorhanden geweſen. Das
Exe=
kutivkomitee ſei ſtets gegen die Bildung einer legalen Regierung
auf parlamentariſcher Grundlage geweſen. Als wir aber, ſo fährt
Sinojew fort, die Ereigniſſe ſo einſchätzten, daß die Kriſe nur eine
Frage von wenigen Wochen ſei, hielten wir den Moment für
gekommen, um unter beſtimmten Bedingungen in die Regierung
einzutreten, damit wir uns von Sachſen aus zum Kampf um
die Macht entfalten konnten. Das war, als General Müller
er=
nannt wurde. Wir nahmen an, daß die Zeigner=Regierung bereit
war, wirklich gegen das weiße Bayern zu kämpfen und ſofort
einen bewaffneten Aufſtand mit 60 000 deutſchen Arbeitern
durch=
zuführen. Die Dinge vollzogen ſich aber ganz anders, als wir
vorgeſehen hatten. Die Kommuniſten in der ſächſiſchen
Regie=
rung fühlten ſich nur als Mitglieder einer gewöhnlichen
Koali=
tion. Darauf ſchrieb das Exekutivkomitee einen vertraulichen
Brief an die K.P.D., in dem es hieß: „Wir in Moskau
beurteil=
ten, wie Euch gut bekannt iſt, den Eintritt der Kommuniſten in
die ſächſiſche Regierung lediglich als ein militäriſch=ſtrategiſches
Manöver. Ihr habt dieſen Eintritt in einen politiſchen Block mit
der Linken der Sozialdemokratie verwandelt, die Euch die Hand
reichte. Wir ſtellten uns die Sache ſo vor, daß der Eintritt in die
ſächſiſche Regierung nur die Eroberung eines Kampffeldes
be=
deute, um auf ihm die Entfaltung der Kraft unſerer Armeen zu
ermöglichen. Ihr habt es vorgezogen, die Beteiligung an der
ſächſiſchen Regierung in eine banale parlamentariſche
Kombina=
tion zu verwandeln. Daraus ergab ſich unſere politiſche
Nieder=
lage. Schlimmer als das, ergab ſich daraus beinahe eine
Komö=
ſie. Eine Niederlage im Kampf hätten wir ertragen können.
Wenn aber eine revolutionäre Partei am Vorabend eines
Auf=
ſtandes ſich direkt lächerlich macht, dann ift es ſchlimmer als eine
Niederlage. So bereitet man eine Revolution nicht vor.”
Sozialiſtiſcher Parteitag in Marſeille.
ſchaftsrats: Tſcherſchinski; Außenhandel: Kraſſin.
Der neue Rat der Volkskommiſſare.
Moskau, 4. Febr. In der erſten Sitzung der allruſſiſchen
Sowjetexekutive wurde der Rat der Volkskommiſſare gewählt,
der ſich folgendermaßen zuſammenſetzt:
Präſident Rykow, Landwirtſchaft „Smirnow,
Ernäh=
rung Kalmanowitſch, Finanzen Wladimirow,
Ar=
beit Bachutow. Inneres Beloborodow, Juſtiz
Karski, Unterricht Lanatſcharski, Hygiene
Se=
maſchlo, Wohlfahrt Jakowenko, Inſpektion
Schwer=
nik. Zum Vorſitzenden des Volkswirtſchaftsrats wurde
Bog=
danow gewählt.
Auch Belgien für die Anerkennung Sowjetrußlands.
Paris 3. Febr. (Wolff.) Der Brüſſeler Berichterſtatter
der Oeuvre will wiſſen, daß vor etwa einem Monat der belgiſche
Kabinettsrat ſich mit der Frage der Anerkennung Rußlands
be=
ſchäftigt habe, ohne daß es zu einem Beſchluß gekommen ſei. Dem
Außenminiſter Jaſpar wurde freie Hand gelaſſen, eine
Anerken=
nung Rußlands de jure ſolange zu vermeiden, als die
Sowjet=
regierung nicht die ruſſiſchen Schulden anerkannt und die
bel=
giſchen Privatintereſſen irgendwie entſchädigt habe. Damit ſtehe
„Faſpar nach dem Berichterſtatter die Anerkennung de kacto noch
offen, die eine Wiederaufmahme der Handelsbeziehungen zur
Folge haben würde. Die Schwierigkeit liege darin, daß zwiſchen
beiden Ländern kein Handelsvertrag beſtehe. Von gut
unter=
lichteter Seite wurde der Berichterſtater darauf hingewieſen, daß
auf diejenigen Waren, die für die ruſſiſche Ausfuhr nach Belgien
in Betracht kommen, geringe Zollabgaben erhoben würden, oder
daß ſie völlig zollfrei ſind. Die belgiſche Wirtſchaftsmiſſion in
Moskau werde alſo fürs erſte bis zum Abſchluß eines neuen
Handelsvertrages genügen. Der Berichterſtatter hält es für nicht
ausgeſchloſſen, daß angeſichts der engliſchen Initiative das
bel=
giſche Kabinett bereits am Montag entſprechende Beſchlüſſe
faſſen und dann die Entſendung einer Wirtſchaftsmiſſion nicht
lange auf ſich warten laſſen werde. Die belgiſchen Induſtriellen,
die ungeduldig ſeien und vor einiger Zeit bereits einen
Dele=
gierten nach Rußland zur Aufnahme von Verhandlungen
ent=
ſandt hätten, der aber nicht nach Rußland gekonmen ſei, hielten
jetzt einen zweiten Unterhändler bereit, der verſichere, daß er ſich
in Moskau Gehör verſchaffen werde.
Marſeille, 3. Febr. (Wolff.) In der geſtrigen
Nach=
mittagsſitzung des Sozialiſtiſchen Parteitags wurde
von Clive eine Reſolution der ſozialiſtiſchen Gruppe des
Departements Aude verleſen, die von mehreren anderen
Depar=
tements=Vereinigungen unterſtützt wird, und ſich mit großer
Entſchiedenheit gegen jedes Zuſammengehen mit
bürgerlichen Parteien bei den Wahlen ausſpricht. Dieſe
Reſolution beruft ſich auf Amſterdamer Beſchlüſſe, die es der
ſozialiſtiſchen Partei zur Pflicht machen, ſich von jedem
Kom=
promiß mit bürgerlichen Parteien fernzuhalten. Nach Clive
brachte der ehemalige Generalſekretär der C.G.T. Dumoulin
den Standpunkt der Gewerkſchaften zur Geltung. Er warf
neuerlich die Frage auf, welche Haltung die Sozialiſten
einzu=
nehmen haben, falls ſie ſich mit dem Kartell der bürgerlichen
Linken bei den Wahlen durchſetzen. Die Hoffnungen des Volks,
das 1919 für den nationalen Block ſtimmte, wurden enttäuſcht.
Es wende ſich jetzt zur anderen Seite und unterſtütze die Politik
der Linken. Die ſozialiſtiſche Partei müſſe ſich alſo ſchon jetzt
mit der Frage beſchäftigen, was ſie werde bewirken können,
wenn ihr der Sieg zugefallen ſei. Die Arbeiterſchaft dürfe nicht
nochmals in die Lage kommen, ſich zu fragen, was der
Parla=
mentarismus ihr nütze.
Marſeille, 3. Febr. (Wolff.) In ſeiner Rede auf dem=
Sozialiſtiſchen Parteitag führte der ehemalige Generalſekretär
der C.G.T. Dumoulin über die von den Sozialiſten nach
den Wahlen zu beobachtende Haltung weiter aus, die
ſozia=
liſtiſche Partei werde vor Schwierigkeiten der praktiſchen Politik
und vor denen der Regierung ſtehen; ſie dürfe ſich nicht
ver=
hehlen, daß ſie Opfer bringen müſſe. Die Ausführungen
Dumoulins begegneten lärmendem Widerſpruch. Um 5 Uhr
nachmittags wurde die Sitzung auf Sonntag vormittag vertagt.
Das italieniſch=ruſſiſche Abkommen.
Paris, 3. Febr. (Wolff.) Wie nach Blättermeldungen
aus Rom verlautet, wird auf Grund des bereits gemeldeten
italieniſch=ruſſiſchen Abkommens Rußland ſeine Zolltarife
zu=
gunſten von italieniſchen Waren ermäßigen. Italien würde
Rußland im Austauſch gegen ruſſiſches Getreide Fertigwaren
liefern. Außerdem werde in der Küſtenſchiffahrt in den
ruſſi=
ſchen Häfen des Schwarzen Meeres die italieniſche Flagge ein
Vorecht genießen. Die italieniſche Regierung werde ſchließlich
der ruſſiſchen Handelsmiſſion in Rom den ſämtlichen beweg=
Echen und unbeweglichen Beſitz der Botſchaft des ehemaligen
Zarenreiches und der Regierung Kerenski übergeben.
Heſſiſches Landestheater.
Großes Haus. — Sonntag, den 3. Februar.
Die Meiſterſinger von Nürnberg
Oper von Richard Wagner.
So oft dieſes Wunderwerk aufgeführt wird, erfaßt den
Hörer dieſelbe Wärme und Ergriffenheit. Der Schwung der
Phantaſie, der unter Tränen lächelnde Humor, die draſtiſche
Parodie, die romantiſche Poeſie des Dramas, die Innigkeit und
Farbigkeit der Muſik, die Fülle der Thematik und die
Poly=
phonie des Orcheſters bezaubern immer aufs neue. Auch das
größere Publikum, zum Verſtändnis herangereift, genießt dieſes
deutſche Werk, das ohne Vorbild und Nachfolge für ſich ſteht,
als ein Denkmal deutſcher Kunſt für alle Zeiten.
Die Spielleitung war offenbar beſtrebt, aus dem Stück
alles herauszuholen und zu unterſtreichen, was Luſtſpiel iſt.
Vieles dazu iſt im Stoff gegeben und in der Dichtung angeſetzt.
Nur tritt das Schwerfällige und Grübleriſche des Dichters
immer wieder dazwiſchen. Und wirkliche Komik vollends iſt
Wagner nicht gegeben; ſie wirkt bei ihm meiſt geſucht oder
kar=
rikiert. Das iſt die Schwäche der Beckmeſſer=Figur, die im
übri=
gen eine klaſſiſche Parodie bleibt. Unſer trefflicher Heinrich
Kuhn wußte hier den richtigen Ton zu finden und ſchuf in
Auffaſſung, Darſtellung und Geſang eine vorbildliche, wohl ſeine
ausgefeilteſte Leiſtung. Auch der David des Herrn Vogt war
weſentlich als komiſche Figur erfaßt und in ſeiner ſcharf
georäg=
ten Art mit großer Kunſt und Sicherheit hingeſtellt. Selbſt in
den Figuren der Magdalena und des Kothner wurde das
komi=
ſche Element ſtärker als üblich betont. Sie fanden in Anng
Jacobs und Herrn Heuſer vortreffliche Vertreter. Dieſe
Auffaſſung bringt manche belebenden Züge; damit allein kommt
man freilich dem eigentlichen Sinn des Werkes nicht bei, kann
die Vielſältigkeit dieſer Perſonen nicht erſchöpfen. Es iſt eben
doch keine komiſche Oper, auch keine lyriſche, überhaupt kein
Stück, das ſich in ein vorhandenes Schema zwängen läßt; es
hat ſeinen eigenen Stil, der Komiſches, Lyriſches und Tragiſches
in genialer Weiſe vereint.
Eine feine Miſchung von Lyrik und ſchalkhafter Komik gab
Hedwig Werle in ihrem Evchen, für die ſie wie geſchaffen iſt.
Sie eroberte ſich mit ihrer jungfriſchen Erſcheinung, ihrer klaren
Stimme, mit einem reizend abgewogenen Spiel ſchnell die
Her=
zen aller Zuhörer. In Herrn Biſchoffs Sachs kam dann
das Tragiſche leiſe antönend hinzu. Dieſer Hans Sachs iſt in
Anlage und Durchführung eine Meiſterleiſtung, wohl das Beſte,
was uns dieſer ausgezeichnete Künſtler zu geben hat. Zu all
dem Guten kam noch Heinrich Hölzlins prachtvoll geſungener
Pogner hinzu. Es iſt ſchade, daß ſich den genannten
vorzüg=
lichen Darbietungen eine gleichwertige des Walther Stolzing
nicht zugeſellte. Es muß einmal geſagt werden, daß Herr
Ver=
heyen, deſſen intelligente, perſönliche Art als ernſter Künſtler
ich hochſchätze, für jugendliche Helden körperlich und ſtimmlich
nicht ausreicht. Einzelfälle ausgenommen — Othello, Triſtan
— genügt er in der Regel nicht, und kann nicht die Stelle
aus=
füllen, die von dem Heldentenor einer Bühne unſeres Ranges
beanſprucht werden muß. Volle Anerkennung zolle ich dem
Meiſterſinger=Enſemble und unſerem tüchtigen Opernchor, nicht
minder unſerem wundervoll ſpielenden Orcheſter, dem Meiſter
Balling ein unübertrefflich geſtaltender Führer war. —
Die Aufführung hatte bei dichtbeſetztem Haus das Gepräge
v. H.
einer Feſtvorſtellung.
Kleines Haus. — Sonntag, den 3. Februar.
Was ihr wollt
Luſtſpiel von Shakeſpeare.
Die Luſtſpiele Shakeſpeares ſtehen gegemwärtig auch auf den
Berliner Bühnen im Vordergrund, und eine Berlin=Fahrt hat
mir kürzlich einen vergleichenden Ueberblick geboten. „Viel
Lärm um nichts” womit Darmſtadt die Spielzeit eröffn:t
hat, wird zurzeit im Staatstheater geſpielt; die Aufführung iſt
von Jürgen Fehling mit den einfachſten Mitteln, aber
über=
raſchenden Wirkungen geſchmackvoll inſzeniert. Das
Leſſing=
theater bringt. Was ihr wollt” in der gepſlegten Faſſung
Barnowskys: Eliſabeth Bergners „Viola” iſt ein
übermüti=
ger Spielteufel, der ſich — wenigſtens in der Vorſtellung, die
ich ſah — vor lauter Luſt am Spiel überparodierte und ſich
hier=
durch von Shakeſpeare immerhin entfernte.
Nach Lennartz und Bergner ſah ich geſtern im Landestheater
in Frau Roſe Steuermann=Gielen in kurzer Zeit die
dritte „Viola”, und der geſtrige Abend beſtätigte den Eindruck
ihres erſten Gaſtſpiels. Frau Steuermann führte auch dieſe
Rolle brav und tüchtig durch. Aber es fehlte ihrem Spiel jede
eigene Note und jeder beſondere Reiz, ſo daß ein Engagement
nicht in Frage kommen dürfte. Hierzu kommt noch, daß noch nicht
feſtſtehen dürſte, welche Kräfte Darmſtadt mit Ende der
Spiel=
zeit verlaſſen und ob und in welcher Richtung ein Erſatz
erfor=
derlich wird. Ueberhaupt wird es zweckmäßig ſein, dem neuen
Intendanten in der Frage der etwaigen Ergänzung der
künſtle=
riſchen Kräfte nach Möglichkeit freie Bahn zu laſſen.
Alle Beteiligten waren geſtern mit voller Luſt beim Spiel.
In den komiſchen Szenen türmten ſich die tollſten Einfälle zu
buntem Wirbel und ſchufen heiterſte Stimung.
Kunſt, Wiſſenſchaft und Leben
— Prof. Dr. phil. Dr. ing. h. e. Bernhard Lepſius,
der bekannte Chemiker beging am 3. dieſes Monats in Verlin=
Lichterfelde=Weſt ſeinen 70. Geburtstag. Zunächſt Profeſſor der
Chemie in Frankfurt a. M., ſodann jahrelang techniſcher Direktor
der chemiſchen Fabrik Griesheim „Elektron” zurzeit Vorſitzender
verſchiedener Aufſichtsräte und Generalſekretär der Deutſchen
Chemiſchen Geſellſchaft, entſtammt der Jubilar einer alten
Ber=
liner Familie. Sein Vater war der bekannte, vor 40 Jahren
ver=
ſtorbene Aegyptologe, ſeine Brüder: der Darmſtädter Geologe
Lepſius und der vor kurzem verſtorbene Porträtmaler Prof.
Reinhold Lepſius, Mitglied der Akademie der Künſte. Von ſeinen
vier Söhnen fielen zwei im Kriege, der eine als U=Boot=
Kom=
mandant, der andere als Kompagnieführer in Galizien.
Forſcher und Diplomat. Zum bulgariſchen
Ge=
ſandten in Berlin wurde Prof. Dr. M. Popoff ernannt,
wel=
cher kürzlich ſeinen Poſten antrat. Popoff iſt Profeſſor der
Bio=
logie an der Univerſität von Sofia und hat aufſehenerregende
Unterſuchungen über die Steigerung des Ernteertrags durch
Reizmittel vorgenommen. Die Ergebniſſe ſeiner Unterſuchungen
ſind in der letzten Nummer der „Umſchau” (Illuſtr. Wochenſchrift
über Fortſchritte in Wiſſenſchaft und Technik, Frankfurt a. M.)
veröffentlicht. Danach iſt es Popoff gelungen, durch
Stimula=
tionsmittel den Ernteertrag von Gerſte, Hafer, Weizen und
Mais, von Tabak und Baumwolle um 50 Prozent und mehr zu
ſteigern. Die grundlegenden Gedanken Popoffs verſprechen auch
in anderer Richtung für Wiſſenſchaft und Praxis von Bedeutung
zu werden.
— Neue Heidſchnucken im Zoologiſchen
Gar=
ten Frankfurt. Durch die Liebenswürdigkeit des Leiters des
Naturſchutzparkes in der Lüneburger Heide, Herrn Paſtor Bode
in Wilſede, erhielt der Garten kürzlich einen prächtigen Stamm
Heidſchnucken, beſtehend aus einem äußerſt ſtattlichen Bock und
drei tragenden Schafen. Die im Frankfurter Garten ſeit einer
Reihe von Jahren nicht mehr gezeigte Raſſe iſt hier auch früher
in ſo ſchönen und typiſchen Exemplaren noch nicht geſehen
wor=
den. Die Tiere entſtammen den beſten Zuchten des vom „Verein
Naturſchutzpark”, Stuttgart, Pfizerſtraße 5, im Jahre 1910 am
Wilſeder Berg gegründeten Heideparks und wurden für
Frank=
furt von Herrn Paſtor Bode beſonders ausgeſucht. Die
Heid=
ſchnucke, die ſich durch ein graues, langes und grobſträhniges
Vließ, dunkeles Gehörn und dunkles, kurzbehaartes Geſicht
aus=
zeichnet, iſt das kleine, genügſame und wetterharte Weide; ſaſ
der Lüneburger und anderen Heidegegenden. Die Schnucke
ge=
hört zu den ſogenannten Kurzſchwanzſchafen, eine Urraſſe, die
den wilden Mufflon noch ziemlich naheſteht.
Dr. K. Pr.
Rummer 35.
Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 4. Februar 1924.
Seite 3.
Stadt und Land.
Darmſtadi, 4. Februar.
Verband der Polizeibeamten Heſſens.
Der Verband hielt geſtern eine außerordentliche Tagung hier ab, die
gut beſucht war. Verbandsſekretär Hoch eröffnete und begrüßte die
Verſammlung, im Beſonderen den Innenminiſter von Brentano,
den Polizeir ferenten Dr. Siegert, Polizeihilfsreferenten Fuchs,
die Landtagsabgeordneten Herbert, Kindt und Kaul, den
Vor=
ſitzenden des Heſſiſchen Beamtenbundes Dr. Claß, die Referenten der
Tagung Geh. Admiralitätsrat Groß=Berlin und Reg.=Rat
Kött=
ner=Dresden. Der Verbandsſekretär erinnert an die gerade heute
und im beſonderen im beſetzten Gebiete ſchwierige, gefahrvolle Lage der
Sicherheitsbeamten. „Freund des Publ kums ſoll der Polizeibeamte
ſein”; „wir ſtehen feſt auf dem Boden der republikaniſchen Verfaſſung”.
Verhandlungsleiter iſt Zugwachtmeiſter Mahr. Miniſter v. Brentano
gedenkt der ſchweven Wolken, die zwiſchen dem Miniſterium des Innern
und dem Verband gelagert waren und wohl verſchwunden ſind. „
Ein=
tracht hält Macht”, muß immer unſer Leitſtern ſein. Die Regierung
kennt die materiell ſchwierige Lage der Polizeibeamten. Jede Regierung
muß wiſſen, was ſie an der Polizei hat. Die innere Ruhe garantiert
heute allein die Polizei, das haben wir in den letzten Zeiten immer zu
unſerer Freude geſehen. Die Regierung wird alles tun, um den
In=
tereſſen, die die Polizeibeamten vertreten, gerecht zu werden. (Bravo!)
Geh. Admiralitätsrat Groß hält nun den angekündigten Vortrag
über: „Der Hauptausſchuß der Polizeibeamten bei dem Miniſterium des
Innern”. Redner erinnert daran, daß er ſchon früher über „Beamtenrecht”
in dieſem Saale geſprochen. Hinſichtlich des Beamtenrechts ſtehen wir
leider heute vor einem Scherbenhaufen. Die troſtloſe Lage trifft die
Polizeibeamten beſonders drückend. Redner iſt ein Anhänger des
Par=
lamentarismus, aber der heutige Parlamentarismus hat abgewirtſchaftet.
Groß verurteilt mit ſcharfen Worten unſere politiſchen Zuſtände.
Parla=
mente vergeuden Zeit mit Kuhhandel und Perſonalkultus. „Unſere
heu=
tige Diktatur iſt eine Halbheit, wir fallen in die bureaukratiſche
Charyb=
dis.” — „Verzeihen Sie dieſen Ausflug ins Polietiſche.”
Redner erörtert eingehend: Die Frage der Berufsvertretung, den
Zuſtand und die Behandlung des Beamtenvertretungsgeſetzes im
Reichs=
tag und deſſen Ausſchuß, und die Tätigkeit der heſſiſchen Regierung, im
Gegenſatz zu dieſer Reichstagsbehandlung das Beamtenvertretungsgeſetz
von ſich aus zu fördern. Groß ſpricht ſich beſonders gegen Beamtenräte
aus. Die Regierung in Heſſen möge nicht glauben, gerade jetzt die
Be=
rufsorganiſationen der Beamten ſchwächen zu können. „Wir ſollen froh
ſein, daß wir ſie geſchaffen haben.” (Groß war 18 Jahre lang im
Reichs=
marineminiſterium. Anm. des Berichterſtatters.)
Redner verbreitet ſich eingehend über die vom heſſiſchen
Innenmini=
ſterium am 10. v. M. herausgegebene Verordnung über die Bildung
eines Hauptausſchuſſes der heſſiſchen Polizeibeamten beim Miniſterium
des Innern und kritiſiert die Faſſung, deren 8 29. Dieſe ganze
Ver=
ordnung betrachtet wohl auch die heſſiſche Regierung nur als ein
Pro=
viſorium, aber ſie bezeugt mit Herausgabe der Verordnung ihr Intereſſe
an dieſem Teil der Beamtenſchaft. Redner proklamiert den Grundſatz:
Wahlliſten müſſen in voller Freiheit aufgeſtellt werden. Heikel
iſt die Immunitätsſtellung in 8 28, Abſ. 2. „Die Beamtenſchaft hat den
Wunſch nach geſetzlich geordneter Mitwirkung in Wahrnehmung ihrer
Intereſſen.” Mit dieſen Worten, die Konr, Haußmann 1907 gebraucht,
ſchließt der Redner unter ſtarkem Beifall.
ſchöffengerichtlich wegen Unterſchlagung und Betrugs zu 6 Monaten
Gefängnis verurteilten, ledigen Margarethe Bohl von hier, die ihren
Geliebten mit grobem Vertrauensbruch empfindlich geſchädigt hat. Das
gemeinſame Wohnen Beider endigte ſeinerzeit durch Strafantritt des
Letzteren, und während er längere Monate im Gefängnis verbrachte,
war der B. das Heim überlaſſen. Sie tröſtete ſich in luſtigem, anderem
Verkehr, verſilberte zu dieſem Zwecke nach und nach faſt die geſamte,
jenem gehörende Einrichtung und ſchwindelte auch noch auf deſſen Namen
etwas aus. Der wieder auf freien Fuß Gekommene fand nur noch
ſpärliche Ueberreſte ſeiner Habe vor. — Ein Fall der Hehlerei und
Begünſtigung iſt aus dem im vorigen Jahre geſchehenen großen
Linden=
felſer Diebſtahl Meffert erwachſen. Dieſer hatte damals im Sanatorium
Dr. Schmidt reichſte Beute, beſonders auch in ausländiſchem Gelde,
ge=
macht und war andern Tags auf der Flucht in Darmſtadt eingetroffen.
Er kaufte an dem Straßenſtand der Eliſabeth Deuſinger hier einige
Zigaretten, bezahlte mit einem geſtohlenen Fünfdollarſchein, und
über=
ließ, als die D. nicht genug zum Herausgeben hatte, freigebig das
Ganze. Der D. gefiel dies, und als der bald nachher zurückgekehrte
Fremde nach Nachtquartier in Verlegenheit ſchien, nahm ſie ihn zu
Hauſe auf. Er warf mit dem Gelde ſozuſagen um ſich, und es ging
hoch her. Der dabei wohnende Arbeiter Heinrich Loffel war dem
noblen Gaſt, der eigentlich durch ſein Verhalten Verdacht erregen mußte,
ebenfalls gefällig und empfing von ihm eine Fünfdollarnote als
Ge=
ſchenk. Am nächſten Morgen vernahm die D. durch Zufall am
Polizei=
revier, daß auf den Fremden als vermutlichen Einbrecher gefahndet
werde, warnte ihn und veranlaßte ſo ſein Entkommen. Erſt uach
Mo=
naten wurde er bei neuen Diebſtählen in Dortmund ergriffen, und dort
iſt auch inzwiſchen ſeine Aburteilung geſchehen. Das Berufungsgeriht
beſtätigte 2,s erſtinſtanzliche Hehlereiſtrafe von 100 Goldmark und
er=
achtete die D. der Begünſtigung (zur Flucht) nebſt Hehlerei für ſchuldig,
weil ſie jene Fünfdollarnote beim Einſchreiten der Polizei verheimlicht
hatte. Man ſetzte lediglich die Geſamtſtrafe um einige Monate, und
zwar auf 4 Monate, herab. — Die unter Ausſchluß der Oeffentlichkeit
geführten Verhandlungen wegen Verbrechens gegen 8 176 Abf. 3
St.=G.=B. endigten mit Verurteilung des 64jährigen Landwirts Philipp
Bayer aus Trebur zu 6 Monaten Gefängnis, und des 23jährigen,
erwerbsloſen, früheren Eiſenbahners Karl König aus Mörfelden zu
7 Monaten Gefängnis. — Auf ſtaatsanwaltliche Berufung erkannte
man ferner die ſchöffengerichtlich freigeſprochenen Arbeiter. Ludwig
Gruber und Adam Scharkopf, beide aus Hering und Sch.
rück=
fällig, trotz Leugnens für überführt und verurteilte wegen Diebſtahls
erſteren zu 5 Monaten letzteren mit Einbeziehung einer anderen
ſchöffengerichtlichen Diebſtahlsſtrafe von 1 Jahr zu insgeſamt 2 Jahren
6 Monaten Gefängnis. Es handelt ſich um Entwendung eines Teils der
Blitzableiteranlage der katholiſchen Kirche zu Hering i. O., in deren
Nähe die Angeklagten wohnen. Sie waren an einem Sommermorgen
rorigen Jahres auf Bahnſtation Reinheim in ſehr früher Morgenſtunde
aufgefallen, und die einſchreitende Gendarmerie fand in ihrem Ruckſack
fünfzehn Meter Kupferdraht nebſt der Erdleitungskupferplatte. Gr.
will alles vom „großen Unbekannten” beſten Glaubens erworben haben,
es konnte aber durch Indizien die Täterſchaft beider hinſichtlich des
Dieb=
ſtahls nunmehr feſtſtgeſtellt werden.
*Konzerte.
Holzgeldgutſcheine. Es wurde bereits darauf hingewieſen,
daß die Heſſiſche Staatsforſtverwaltung durch Vermittlung der
öffentlichen Sparkaſſen ſogenannte Holzgeldgutſcheine
verkaufen läßt, um auch den weniger kaufkräftigen Verbrauchern
die Möglichkeit zu geben, die für ihren Holzbedarf erforderlichen
Mittel nach und nach wertbeſtändig anzuſammeln. Die gekauften
Gutſcheine werden bei den Verſteigerungen der
Staatsforſtver=
waltung zum Nennwert in Zahlung genommen, nicht verbrauchte
Gutſcheine im Monat Juli wieder eingelöſt. Intereſſenten ſeien
beſonders darauf aufmerkſam gemacht, daß auf Gutſcheine, die
vor dem 9. Februar 1924 gekauft werden, ein Nachlaß
von 10 Prozent gewährt wird. Die Gutſcheine werden auch
von der Städtiſchen Sparkaſſe Darmſtadt, Hügelſtraße 22 (
Erd=
geſchoß), ausgegeben, die zur weiteren Auskunft jederzeit gerne
bereit iſt.
— Entſchädigung für abgelieferte Wertpapiere. Bezüglich der auf
Grund des Verſailler Vertrags abgelieferten Wertpapiere muß, worauf
wir nochmals hinweiſen, bis zum 15. Februar bei der Bank, durch
deren Vermittlung die Wertpapiere an das Deutſche Reich ſeinerzeit
ab=
geliefert wurden, Erklärung abgegeben werden, daß nach dem
Liqui=
dationsſchädengeſetz eine Entſchädigung verlangt wird. Die Höhe des
Entſchädigungsbetrags wird durch ein Nundſchreiben, das die
Reichs=
ſtelle für Wertpapiere an alle deutſchen Banken verſenden wird,
feſt=
geſtellt. Es verſäume daher keiner der Intereſſenten die rechtzeitige
Abgabe der Erklärung.
n. Strafkammer. Drei Berufungen von Angeklagten richteten ſich
gegen Urteile des hieſigen Schöffengerichts und hatten nur teilweiſe
Er=
folg durch Strafmilderung. Bei der im vorigen Jahre ſtattgehabten
nächtlichen Aushebung eines Glückſpielneſtes in der Löffelgaſſe konnte
die Kriminalpolizei zahlreiche Beteiligte feſtſtellen, und die meiſten der
deshalb verhängten Strafen ſind längſt rechtskräftig. Der wegen
Glück=
ſpiels beſtrafte 43jährige Koppelknecht Berthold Schriesheimer
von hier, der wiederholt in ähnlichen Fällen genannt wurde, erhielt
da=
mals 1 Mongt Gefängnis und hatte bei dem ſofortigen Verhör auf dem
Polizeiamt ein volles Geſtändnis abgelegt. Jetzt leugnet er und will
zwar unter jener Geſellſchaft (was er ja auch nicht zu beſtreiten vermag)
geweſen ſein, jedoch lediglich in ſchwerer Betrunkenheit geſchlafen haben.
Sein früheres Geſtändnis und der ſonſtige Sachverhalt entkräften ſolche
Ausflucht, er wurde auch in zweiter Inſtanz ſchuldig befunden und
be=
kam nur das Erkenntnis auf. 2 Wochen Gefängnis nebſt 100 Goldmark
Geldſtrafe ermäßigt. Bezeichnenderweiſe war die Sicherheitsbehörde
da=
durch auf den heimlichen Spielerunterſchlupf in der Wohnung eines
ge=
wiſſen Walter aufmerkſam geworden, daß ſich in einer
Unterſchlagungs=
ſache der dort erfolgte Verluſt des geſamten veruntreuten Geldes von
hohem Betrage ergeben hatte. — Verworfen wurde die Berufung der
Bitte prüfen Sie
CEberſtadt, 1. Febr. Die Stammholzverſteigerung
vom 31. Januar aus Diſtrikt Klingsackertanne iſt genehmigt.
Abfuhr=
ſcheine können ab 7. Februar in Empfang genommen werden.
X Mörfelden b. Groß=Gerau, 1. Febr. Unfall. Beim
Boots=
fahren auf der Mühlbach iſt der 20 Jahre alte Schloſſer Klink ertrunken.
* Offenbach, 1. Febr. Verkehrsverbeſſerung auf der
Lokalbahn. Auf der Lokalbahn Frankfurt—Sachſenhauſen—
Offen=
bach werden erfreulicherweiſe die Mittagszüge, die ſeither ausgefallen
waren, ab 1. Februar wieder gefahren. — Die Arbeitsläge hat
hier noch keine Beſſerung erfahren. Nach den letzten ſtatiſtiſchen
An=
gaben ſtädtiſcherſeits beträgt die Zahl der Arbeitsloſen 3398, darunter
2773 Frauen bzw. Mädchen. 4384 Perſonen erhalten Unterſtützung.
DBingen, 1. Febr. Die Stadtverwaltung beabſichtigt, die
nur zur Hälfte fertiggeſtellten Beſatzungsbauten zur Behebung der
Woh=
nungsnot anzukaufen.
Friedberg, 1. Febr. Die Stadt erhebt einen Zuſchlag von
3 Prozent zur Grundgewerbeſteuer, der alle nach dem
31. Oktober 1923 abgeſchloſſenen Veräußerungsgeſchäfte ergreift.
Reich und Ausland.
Die Lörracher Ausſchreitungen vor Gericht.
Freiburg. Von den in mehrere Abteilungen gegliederten
An=
geklagten, die ſich an den Ausſchreitungen i Lörrach während der
September=Demonſtrationen beteiligten, hatten ſich jetzt die erſten fünf
vor der hieſigen Strafkammer zu verantworten. Der Anklage lagen
die Vorgänge des 14. September zu Grunde. Auf die Rufe: „Da ſind
Spitzel” oder „Das iſt ein Krimineller” ſtürzte ſich die Maſſe
nachein=
ander auf die Kriminalwachtmeiſter Mai und Gerſtner und
mißhan=
delte beide ſo ſchwer, daß Oberwachtmeiſter Gerſtner heute noch in
Le=
bensgefahr ſchwebt. Faſt zur gleichen Stunde zogen größere Trupps
der Demonſtrierenden nach den Wohnhäuſern der Fabrikanten
Vogel=
bach und König und drangen, nachdem die Vortore eingedrückt oder
zer=
trümmert waren, in die Wohnungen ein. An der Spitze dieſer Trupps
befand ſich eine 17½jährige (1!) Elſa Heinrich aus Wurzen (Sachſen).
Die Strafkammer erachtete bei allen fünf Angeklagten den Tatbeſtand
des Landfriedensbruchs, teilweiſe verbunden mit erſchwertem
Hausfrie=
densbruch, für vorliegend und erkannte auf Strafen von 3—10 Monaten
Gefängnis.
Wetterbericht der Gießener Wetterwarte.
Wettervorherſage für Dienstag, den 5. Februar.
Meiſt bedeckt, noch Regenfälle.
Ah
Landestheater, Großes Haus: Keine Vorſtellung. Kleines Haus,
Anfang 7 Uhr, Ende 9½ Uhr (Sondermiete 22): „Die Gärtuerin aus
Liebe‟. — Orpheum, 734 Uhr: „Madame Pompadour”. — Union=,
Reſidenz=, Zentral=Theater, Palaſt=Lichtſpiele: Kino=Vorſtellungen.
Verſteigerungskalender — Dienstag, 5. Februar:
Stammholzverſteigerung in Pfungſtadt. Zuſammenkunft
vorm. 9½ Uhr am Eiſenbahnhäuschen am Seeheimer Weg.
E.N. Die Vormittagsmuſik im Kleinen Haus
des Landestheaters wurde umrahmt durch zwei moderne
Suiten für Klavier. Die freie Aneinanderreihung von
Charakter=
ſätzen kommt dem aphoriſtiſchen Ausdruckswillen vieler moderner
Künſtler ſehr entgegen, ſei es, daß ſie wie Cyrill Scott in ihrer
Neuromantik ſtärker wie die Altromantiker die Konſequenz
zie=
hen, Inhalt und Form in Einklang zu bringen, ſei es, daß das
burleste und groteske Dreinfahren des neueren Hindemith hier
Analoges findet zu den humorvollen Dichtungen eines Chriſtian
Morgenſtern. Wahrend Scott ſtets Haltung bewahrt,
ausarbei=
tet und abtönt, gebärdet ſich Paul Hindemith in der Suite 1922
ähnlich wie in der genialen Tanzpantomime „Der Dämon”
genia=
liſch ungebunden und launenhaft gegenſätzlich. Wir ſind Herrn
Guſtav Beck von Herzen dankbar für die Uebermittlung dieſer
ſchwierigen und eigenartigen Neuheiten, verhehlen uns jedoch
nicht, daß manches wohl noch etwas längerer Vorbereitung
be=
durft hätte, um mit der nötigen Klarheit zu wirken.
Frau Alice Orff=Solſcher trug mit ſympathiſcher
Stimmgebung und ſtarker Nachbildungskraft, leider nicht überall
in den Texten verſtändlich, ſechs Lieder des ſo früh verſtorbenen
Rudi Stephan vor. Durchaus tonal ſetzen ſie ſich mit dem
Pro=
blem Richard Strauß auseinander, das leidenſchaftliche „
Pan=
therlied” mutet wie eine Studie nach Salome an. Große
Inter=
valle der Singſtimme atmen hohes Pathos. Den ſtärkſten
Ein=
druck hinterließ „Das Hohelied der Nacht‟. Drei Lieder von Mar
Reger, muſikaliſch bedeutſam, als Geſangskompoſitionen wie die
meiſten von dieſem ganz aufs Inſtrumentale eingeſtellten Meiſter
zwieſpältig, gewannen durch die Kunſt, mit der alle
Schwierig=
keiten überbrückt wurden, erhöhte Bedeutung.
Dazwiſchen ſtand, nicht in den Rahmen dieſer modernen
Kunſt hineinpaſſend, die Dichtung „Die Mette von Marienburg”
von Felix Dahn, als Melodram vertont von Ferdinand Hummel.
Herr Fredy Wiener rezitierte mit Pathos und
Leidenſchaft=
lichkeit, kam jedoch mit der Kraft der Stimme nicht immer an den
vollen Klang des Flügels heran. Herr Guſtav Beck ließ als
Be=
gleiter ſeine vorzügliche Anpaſſungsfähigkeit und natürliche
Muſikalität bewundern. Für eine Vormittagsmuſik war die
Vortragsfolge zu ausgedehnt, und der unpünktliche Anfang
ver=
anlaßte manchen Zuhörer, vor Beendigung das Haus zu
ver=
laſſen.
W. Zu der geſtrigen Morgenmuſik des Herrn
Ober=
regierungsrat Grospietſch ſtrömten die Zuhörer ſchon eine
Stunde vor Beginn zum Realgymnaſium, und lange vor der
ſeſt=
geſetzten Anfangszeit war kein Platz mehr zu finden. Den vielen,
die umkehren mußten, ſei zum Troſt geſagt, daß nächſten
Sonn=
tag, am 10. Februar, eine Wiederholung des Konzertes mit
mög=
lichſt denſelben Kräften ſtattfinden wird. Mit glücklicher Hand
hat es Herr Grospietſch verſtanden, vier prachtvoll jugendfriſche
Stimmen, die zum Teil viel zu ſelten zu hören ſind, zu einem
Quartett zu vereinen. Vier Stimmen, außergewöhnlich ſchön
timbriert und gut ausgebildet. Es wäre eine Freude, wenn den
Künſtlern Gelegenheit geboten würde, ſich zu einem Quartett
ein=
zuſingen. Einige Duette von Mendelsſohn machten den Anfang;
ſehr fein führte der reizvolle Sopran des Fräulein Kapper,
ohne ſich vorzudrängen, nur durch den beſonderen Charme der
Stimmfärbung. Fräulein Stefanowas großer, ſchöner Alt
war für dieſe einfachen Weiſen weniger geeignet, kam aber in
den Brahmsſchen Liebeswalzern zu beſter Wirkung. Herr
Wel=
ler verfügt über einen leicht anſprechenden, gut ausgebildeten
Tenor und viel Temperament, das er nur im Intereſſe einer
künſtleriſchen Geſamtwirkung zügeln muß. Von Brahms darf
ſich keine Erinnerungsbrücke zur Operette ſchlagen! Herrn
Hag=
ners ſonorer Baß kam in Nr. 6 „Am Donauſtrande” beſonders
gut zur Geltung. Durch die Vorherrſchaft des Tenors, dem ſich
die anderen Stimmen anpaßten, gerieten manche Geſänge etwas
allzu gleichmäßig laut und manche feine Piano=Wirkuung ging
verloren. Entzückend gelangen die parlando geſungenen
Num=
mern „Ein kleiner hübſcher Vogel” und „Nein, es iſt nicht
aus=
zuhalten”, die wiederholt, werden mußten. Das war
Kunſt=
geſang!
Mit dem Brahmszyklus hätte man ſchließen können. Nach
kurzer Pauſe bot man noch vier Volkslieder a capella, deren
letztes In der großen Seeſtadt Leipzig” beſonders zündete.
Das Lied war aufs feinſte ausgearbeitet und mit Freude
vor=
getragen. Aber — a capella=Singen iſt eine kitzliche Sache!
Herrn Grospietſch gebührt beſonderer Dank für die
Ein=
ſtudierung der Geſänge. Er begleitet, feinſinnig wie ſtets, bei den
Liebeswalzern unterſtützt durch Fräulein Neeff. Alles in allem:
ein ſehr gelungener Anfang zu weiteren
Quartettveranſtaltun=
gen. Vivant sequentes!
Hauptſchriftleitung: Rudolf Mauve
Verantwortlich für Politik und Wirtſchaft: Rudolf Mauve
Verantwortlich für Feuilleton und Heſſiſche Nachr chten: Max Streeſe
Verantwortlich für Sport: Dr. Eugen Buhlmann.
Verantwortlich für Schlußd en:: Andreas Bauer
Verantwortlich für den Inſeratentel: Willy Kuhle
Druck und Verlag: L. C. Wittich — ſämtlich in Darmſtadt.
Die hentige Rummer hat 6 Eeiten
Ihre Zimmer-Ausstattungen, Garderobe etc. Der eine oder andere Gegenstand
läßt sich durch chem. Reinigen odl- Färb, siche wieder wie neu herstellen.
— Große Preisermäßigung! —
Tärberei Gebr. Röver
Rheinstr. 23. (1207,00
TDerdende Matte3
tragen im Intereſſe ihrer Geſundheit das erprobte und von Frauenärzien beſſens
empfohlene Geſundheits=Bindenkorſett „Eviana”. Dasſelbe beugt Frühgeburten
vor, beſeitigt die Rückenſchmerzen und gibt dem Körper eine angenehme Stütze.
Uebt keinerlei Druck aus. Jede Dame empfindet „Eviana” als eine Wohltat.
„Eviana” wird vom Arzt außerdem als ſehr zweckmäßig empfohlen bei Korpulenz,
Senkungen, Knickungen, Bruch=, Magen= und Darmleiden, desgleichen nach
Operationen. Beſichtigung und Anprobe ohne Kaufzwang. Billiger Preis.
Korſetthaus Sauerborn Nachf., Obere Wilhelminenſtr. 4.
Fernſprecher 1393.
(508a)
Fernſprecher 1393.
Miege
Johanna Neumann
Carl Ihrig
VERLOBTE
Darmstadt Eberstadt
Schwanenstr. 1
Heidelbergerstr. 117
4. Februar 1924
(1260
Guterh Kinderwag.
und Babykoro zu
3053
verkaufen.
Gries, Eichwieſenſt 9
früh. Hofgartenſtr.
Meyers Lexikon,
letzte Luxusausg.,
20 Bde, f. 85 ℳ zu
verkauf. W. Bauch,
Alexanderſtr. 17½. (*
Todes=Anzeige.
Heute nacht verſchied aus arbeits.
reichem, aufopferndem Leben nach
ſchwerem Leiden unſere liebe,
un=
vergeßliche Tochter, Schweſter,
Tante, Schwägerin und Nichte
Margarete Rauch
im 47. Lebensjahr.
Im Namen d. trauernd. Hinterbliebenen:
Georg Rauch u. Frau.
Darmſtadt, 3. Februar 1924
(1265
Wenckſtraße 12.
Von Blumenſpenden und
Trauer=
beſuchen bittet man abzuſehen.
Dankſagung.
Für die wohltuende Teilnahme
beim Heimgang unſeres lieben
Ent=
ſchlafenen.
Herrn
Guido Thalheim
ſagen ſvir allen Beteiligten, beſonders
Herrn Pfarrer Kleeberger, innigſten
(1267
Dank.
Die trauernden Hinterbliebenen.
Pelzgarnitnr f. ji. M. /Faſt neue Nähmaſch.
bill. zu vk. Ludwigs= zu verkiufen (*3002
höhſtr. 13, I. (*3006 Rhönring 133, 1. St.
Auf Teilzahlung
geber
künſtl. Gebiſſe
bei wöchentlicher od.
monatlich Abzahlung
Alle
Zahnbehand=
lungen ſchonend
Frau Joſepl, Dentiſtin
J. Joſeph, dentiſt.
Marki 4. au162;
Poßbilder
für die Reiſe.
Empfehle mich zur
ſchnellſten u. prompt.
Anfert. von Lichtbild
niſſen bei billigſter
Berechnung. (1062o
Phoiograph
Cartharius,
Tel, 1703. Ludwigspl. 6.
Moderne Küche
billig zu verkaufen
Neckarſtraße 26, Werk.
(2507mri
ſtatt.
BrIkA
Schreibmaſchine
für Büro und Reiſe
ſofort lieferbar
Carl. Winkel
Züro=Einrichtungen
Darmſtadt
Rheinſtr. 28. (255
Telephon 1431
Eröffne Dienstag, den 5. ds.,
in unſerem Hauſe
Moosberaſtraße 55
ein
Durch reelle, prompte Bedienung hoffe
ich verehrl. Kundſchaft aufs beſte zufrieden
zu ſtellen.
Hochachtungsvoll
Frau Ludwig Erbes
Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 4. Februar 1924,
Rummer 35,
Seite 4.
HEKT
SPIRITUOSEN
LIKORE
FLASCHENWEINE
Heinrich Pieplow
Sektkellerei — Wein- und=
Splrituosen-Großhandlung
DARMSTApT
Büre; Georgenstr. 11, Tel. 1188.
Palast-Lichtspiele
Unw. derrufl. heuteletzter Tag
Asiatisch -europälsche Erlebnisse, größter
Sensations-Abenteuerfllm in 6 Akten mit
An-u. Verkauf
v. Antignität., Samme gegenständeg
(Perser-Teppichsn), Gemälden
Adolf Assmus
Schustergasse 15 (Laden) Tel. 426
Alle an mich verkauften
Gegen-
stände sind luzussteuerfrei. 1104
Piel’s größtes Werk!
Gewaltige Sensationon!
ORPHEUM
Nur noch kurze Zeit
Iofe Sehmitz
Rheinstraße 50
Telephon 192
Täglich ab 8 Uhr: (581a
Unterhaltungsmusik
en Samstag, Sonn- u. Feierta
Künstler-Konzert
Konzert
Gesangschule Käthe Newack
Musikverein Steinstr. 24
Samstag, den 9. Februar,
abends 8 Uhr. (*2914g0
Kartenverkauf Christian Arnold
Dienstag, den 5. ds. Mts.,
vor=
mittags 10 Uhr, werden in hieſigen
Gemeinde zirka 12 F ſtmeter
Pappel=
ſtammholz an Ort und Stelle verſteigert
Zuſammenkunft iſt am Ortsausgang nach
(1201g0
Dary ſtadt.
Eſchollbrücken, am 31. Jan. 1924.
Heſſiſche Bürgermeiſterei,
Dunkelblauer Haſſia=
Kinderwagen, noch
neu, für 40 ℳ zu vk.
Kahlertſtr 45, III. /eii
Bücher, Noten,
Zeit=
ſchriften w. ſolid u
breisw. gebd. Horn,
Alexanderſt. 4 uuDsid
Landestheater.
Großes Haus.
Montag, 4. Febr.
Reine Vorſtellung.
Rleines Haug. (V120
Sondermiete 22‟.
Die Gärtnerin
aus Liebe
von W. A. Mozart,
Anfang 7 Uhr.
Gebr Kinderwagen
zu ver aufen ( 3001
N.=Ramſtädterſtr. 67, II.
Fußb.-Oel
27 Pfg. Schopp.
G. Krauch
Eschollbrückerstr.
Gße
Kinderwagen
in großer Auswah
Spezialgeſchäft
H. Pullmann
Moosbergſtraße 84.
Kein Laden! (836a
Verſteigerung.
Mittwoch, den 6. Februar 1924,
wer=
den auf der Güterabfertigung Darmſt dt
1206
Hauptbahnhof
20 Kiſten Bandnudeln
22 Kiſten Supps =Nudeln
verſteigert.
Güterſtelle: Glip.
Rohrſeſſel 6 Mk.
Willy Klöss
Beſſungerſtr. 70. (B122
Gut e alt.
Klapp=
ſportwagen 22.ℳ,
Kinderklappſtühlchen
18 ℳ, 2fl. Sparherd,
faſt neu, 20 ℳ, zu
ver=
kaufen Landskronſtr.
Nr. 91. Kreiter. 3027
Wäſche und Stoffe
kaufen Sie geg bequeme Teilzahlung nur bei
MEVER & STERN
Dar mſtadt, Saalbauſtr. 2.6. (837
ODk
Blähhals u. dicken Hals entfernt
Eich-
heimer Balsam (Marke Sagitta), Tausende
von Anerkennungen bezeugen die
über-
raschend gute Wirkung. Vollkommen
un-
schädlich Kann unauffällig angewandt
werden, da er ncht fettet und nicht färbt.
In allen Apotheken erhältlich, stets
vor-
rätig: Engelap. Darmstadt, (II Mn96e
Sagitta-Werk G.m bH., Münehen SM. 2.
Ausgeß. Frauenhaare
Eilige
kauft ſtändig zu den
Paßbilder höchſten Preiſen
Photogr. Werkſtätte) P. Klein, Friſeur,
Schuchardſtr. 14. part. Langgaſſe 39. (*3137g
Offen von 9-7Uhr (29II
Hochfeine
aller Art ſpottbillig
Riedeſelſtr. 39. (*2089
K
Werverk Bd.
Starken=
burg? Angeb u H111
an Geſchäftſt. (*286930
Photograph.
Aufnahmen
jeder Art.
Vergrö=
ßerungen nach jedem
Bilde fertigt gut,
ſchnell u. bill, (835a
Paßbilder
Lichtbild.) in 1 Std
Thiele Nachf.
nur Bleichſtr. 9.
Sieue Stellenk
Weiblin
Aelt. Reutenempf.
ſucht eine ält , unabh.
ehrl. ſaub. Perſ. zur
Führ ſ kinderl. Haush
Kiesbergſtr. 8. (*3025
Männlich
häuſer, auch beziehb
zu veik Suche Läden
Büros, Fabrik= und Telephon 1963
Lager=Räume, Adolf
Dingeldein, Immob.=
Büro, Eliſabethenſtr.
Nr. 5. Tel. 3065.
Hauune remkadsar
Leo Falls erfolgreichstes Werk
Titelrolle: MargaPeter
Kartenverkauf: de Waal, Rheinstraße 14
u. Verkehrsbüro am Ernst-Ludwigsplatz
che Talent zum
Zeichnen haben, für
Themigraph. u.
Xylo=
graphie geſ. (1179a
Fritz Haußmann
Otto=Wolfskehlſtr. 25
nimimit
Lehrling an bie
Graviera ſt. Franz
Ludwigſtr. 17. (3089s
Gümminenper
Stempel=Schulz’?
Zheinſtr. 19. Tel 2613.
Runſtolänter
G. u. H. Wagner
Kunsthandlung
Elisabethenstr. 7. 11122a
kommen Sie nicht zu uns,
wenn Sie einen Drucker
brauchen? Unſer modern
eingerichteter Großbetrieb
iſt allen Anforderungen an
Qualität und Quantität
ge=
wachſen / Verſäumen Sie
nicht, ſich beiBedarfvon der
Leiſtungsfähigkeit unſeres
Hauſes zu überzeugen /
L. C. Wittich’ſche
Hofbuchdruckerei
Darmſtadt, Rheinſtraße23
Dienstag, den 5. Februar 1924,
läßt die Gemeinde Pfungſtadt aus dem
Kahlhieb, Abtlg. 41, Diſtrift
Malcher=
tanne, Kiefern=Stämme öffentlich ver=
(1094fo
ſteigern:
II. Klaſe 6 Stück — 7,54 Feſtmeter
III. Klaſſe 133 Stück — 102,92
IN. Klaſſe 39 Stück — 22,18
V. Klaſſe 1 Stück — 0,45
Das Holz iſt durchweg ſchönes
Schnitt=
holz und für Schreiner und Glaſer ſehr
geeignet.
Zuſammenkunft vormittags 94, Uhr
am Eiſenbahnhäuschen, Seeheimerweg.
Bemerkt wird, daß Kredit eingeräumt
und bei Barzahlung Skonto gewährt wird
Pfungſtadt, den 30. Jan. 1921.
Heſſiſche Bürgermeiſterei.
Schwinn.
Pribate u. Geſchäfts Damenſchneiderei Georg Benkert
35 Nieder=Ramſtädterſtr. 35
Telephon 1963
Spezial=Anfertigung eleganter
Koſtüme, Mäntel, Sport=
Bekleidung. (527
K
O
Seſcaftsgeernägme
Der verehrten Nachbarſchaft zur gefi.
Kenntnis=
nahme, daß ich das Lebensmittelgeſchäft
Oelikateſſenhaus Victor Mahren übernommen
habe. Stets werde ich bemüht ſein, die werte
Kundſchaft beſtens zu bedienen und bitte um
gefi. Zuſpruch.
Hochachtungsvoll
(1261
Frau Marie Pfarrer
Karlſtraße 62
Kf44
DILAILA
DIOIe
jackle
Tragödie
der Abe
San
der Wunderknabe als Hauptdarsteller
in seinem besten u. vorerstletzten Film
Oilouo Tinlt
H. Teil —OAkte
In den Hauptrollen:
Mia Mag
ErlKa Glassner
Emil Jannings
W. Galdarow
MaBar lecn
als Haupt-Darstellerin im
Sensations-Drama — 6 Akte
Die rote Laterne
Sitten-Drama — 7 Akte
Bruno Kastner
Derpekannte
Unbekannte
Filmroman in 5 Akten
Adam und Eva
Ein Spiel in 6 Akten
Dagny Servaes u. Werner Kraus
Nummer 35.
Darmſtädter Dagblatt, Montag, den 4. Februar 1924.
Seite 5.
Sport, Spiel und Turnen.
Fußball.
Sportverein Darmſtadt—Turn= und Sportverein Waldhof 1:0.
e= Waldhof, der Meiſter der Bezirksliga 1923/24 im
Rhein=
bezirk des Süddeutſchen Fußballverbandes, kam am geſtrigen
Sonntag nach Darmſtadt und wurde, wohl zu Aller
Ueberraſch=
ung der Anhänger des Lederballs, vom Sportverein Darmſtadt
einwandfrei mit 1:0 beſiegt. Der Jubel über den Erfolg der
Einheimiſchen wollte nach Schluß des Spiels kein Ende nehmen.
Der Sieg war eindrucksvoll und wird weit über
Süddeutſch=
land hinaus nicht unberechtigtes Aufſehen erregen. Schon lange
vor Beginn des Spiels wies der Platz einen guten Beſuch auf,
der ſich zu einer Rekordzuſchauermenge geſteigert hatte, als das
Spiel ſeinen Anfang nahm. Der erſte Vorſitzende des
Sport=
vereins Herr Dr. Mickel begrüßte auf dem Spielfelde in
herz=
lichen Worten die Meiſtermannſchaft, wünſchte ihr Erfolg bei
den kommenden ſchweren Spielen und überreichte dem
Spiel=
führer der Waldhöfer, Herrn Bauſch, einen Lorbeerkranz mit
den blau=weißen Farben des Sportvereins als Anerkennung für
ihre eindrucksvollen Siege, die zur Erringung der
Rheinbezirks=
meiſterſchaft führten. Herr Leitner, der erſte Vorſitzende des
Turn= und Sporwereins Mannheim=Waldhof, dankte in
herz=
lichſten Worten und knüpfte daran die Erwartung, im
kommen=
den Jahre Schulter an Schulter mit dem Sportverein Darmſtadt
wieder den Kampf um die Süddeutſche Meiſterſchaft ausfechten
zu können; ein Wunſch, den die angeſehene Elf des Sporwereins
ſchon immer nach ihren gezeigten Leiſtungen verdient hätte. Als
Herr Minder vom Fußballſportverein Frankfurt das Zeichen
zum Beginn des Spieles gab, ſtand, wie nicht anders zu
er=
warten war, ein ſcharfer und äußerſt hartnäckiger Kampf bevor.
Nachdem ſich beide Mannſchaften. Waldhof mit Erſatz für
Engel=
hardt und Skudlarek, Darmſtadt komplett, auf dem etwas
un=
günſtigen Boden gefunden hatten, war ſchon der größere Eifer
der Einheimiſchen nicht zu verkennen. Während bei Waldhof
mehr das Flügelſpiel zur Geltung kam, ſchaffte ſich wiederholt
die Mitte der Einheimiſchen, von ihrer Hintermannſchaft gut
bedient, jedoch erfolgreicher durch. Becker, Müllmerſtadt und
Bärenz gehen nacheinander an Traude und Lidy vorbei, doch
Wittmann im Waldhöfer Tor greift ſtets im letzten Augenblick
erfolgreich ein. Mit dieſen Worten iſt im eigentlichen Sinne
der ganze Verlauf des Spieles geſchildert. Ausſchließlich mit
der Bedienung der Flügel allein hätte es heute der Sportverein
zum Erfolg nicht gebracht, um ſo weniger, als Frick nicht ganz
auf dem Poſten ſchien; während bei Waldhof die Flügelleute
am vorteilhafteſten von der übrigen Mannſchaft abſtachen. Unter
dieſen Umſtänden können Becker und Müllmerſtadt recht
gefähr=
liche Situationen ſchaffen; einmal doch von den vielen war
Witt=
mann einem ſcharfen Schuß des Letzteren nicht gewachſen. Auch
Bärenz hat in günſtigen Stellungen wiederholt Gelegenheit, zu
zeigen, daß er neben ſeinen Leuten der rechte Mann im Sturme
iſt. Unheimlich ſcharf iſt die Note des ganzen Spiels, doch bleibt
es immer noch in den Grenzen des Erlaubten. Schwärzel, der
Mittelläufer der Waldhöfer, geht mit Tacaes derb ins Zeug;
aber Laumann ſteht allein, ſtets wie eine Mauer. Mehr als
einmal war die Gefahr nahe, daß Darmſtadt die Torzahl
er=
höhen ſollte. Unbeſtreitbar hatten die Einheimiſchen mehr
Er=
folge verdient. Waldhof war gut, wie von einer Meiſter=Elf
nicht beſſer erwartet. Aber die Darmſtädter waren eifriger und
an Technik zuweilen gar überlegen, und das gab ihnen letzten
Endes den Erfolg. Daß dieſes von Waldhof anerkannt wurde,
zeigte der Glückwunſch, den der Waldhöfer Spielführer dem
Spielführer der Einheimiſchen am Schluß in herzlichſter Weiſe
ausdrückte. Darmſtadt hat erneut bewieſen, daß die Elf des
Sportvereins auch über große Gegner zu ſiegen verſteht. Auf
dem Wege zum Pokal über Friedrichsfeld, Mannheim=Neckarau
und nunmehr auch über den Meiſter Waldhof verdient die höchſte
ſportliche Anerkennung.
Spielvereinigung 1921 1.—Turnverein Erzhauſen 1. 6:1 (1:0),
Eckenverhältnis 6:1.
Am Sonntag nachmittag ½3 Uhr ſtanden ſich auf dem
Sport=
platz an der Windmühle vorgenannte Mannſchaften zu einem
Privatſpiel gegenüber. Erzhauſen hat Anſtoß, findet ſich aber
nicht zuſammen. Die Spielvereinigungs=Mannſchaft dagegen iſt
heute auf der Hut und kann ſchon nach 5 Minuten durch ihren
Halblinken in Führung gehen. Sie iſt dauernd überlegen, kann
aber außer 3 Eckbällen in der erſten Halbzeit nichts erzielen. Ein
Durchbruch Erzhaufens führt zu einem Eckball, welcher nichts
einbringt. So geht es mit 1:0 in die Pauſe. Nach der Pauſe iſt
Darmſtadt wieder im Vorteil und kann bald durch gute
Durch=
brüche noch 3 Tore erzielen. Ein Elfmeter für Erzhauſen geht
neben die Torlatte. Nach beiderſeitigem Feldſpiel gelingt es dem
Halbrechten Erzhauſens, das Ehrentor für ſeine Farben zu
er=
zielen. Es folgen Durchbrüche auf Durchbrüche der
Spielver=
einigungs=Mannſchaft, bis es dem Darmſtädter Linksaußen
ge=
lingt, noch 2 Tore zu erzielen. Kurz darauf ertönt der
Schluß=
pfiff des Schiedsrichters und beide Mannſchaften treunten ſich
mit einem kräftigen „Frei Heil”
1. Jugend Darmſtadt—1. Jugend Wixhauſen 0:2.
Verein für Raſenſpiele e. V., Darmſtadt.
Ka. Die Ligamannſchaft des V.f. R. unterlag geſtern in Sandhofen
mit dem überaus hohen Reſultat von 0:7. Die Mannſchaft, die ohne
Waldhaus antrat, lieferte, trotz dieſer Torverhältniſſe, ein einwandfreies
ausgeglichenes Spiel. Sandhofen, das nur junge Leute im Sturm
auf=
ſtellte, war in Hochform und nützte die ſehr ſchlechten Bodenverhältniſſe
geſchickt aus. Staatsmann, der Mittelläufer, der beſte und fairſte Mann
auf dem Platze, lieferte ein Spiel von erſter Klaſſe. Nach dem Spiel
waren beide Mannſchaften in recht fröhlichem Zuſammenſein noch einige
Stunden vereint.
Die Ligger atzmannſchaft des V.f.R. errang einen 2:1=Sieg
gegen=
über der gleichen Mannſchaft von Pfungſtadt. Das Spiel verlief
durch=
weg ausgeglichen und fair. — Die Jgd.=Mannſchaften des V.f.R. traten
alle vollzählig und ordnungsgemäß an und errangen in ſchönem Spiele
gute Neſultate, und bewieſen damit, daß Sie unter guter Führung
ſtehen.
Folgende Spiele wurden ausgetragen:
Ia Jad.=M. V.f.R. — I. Jgd.=M. Arheilgen 8:1.
Mit dieſem Reſultat bewies die Jgd.=M. ihre derzeitige gute
Spielſtärke.
I0 Jgd. V.f.R. — IIb Jgd. V.f.R. 1:4.
Dieſes Klubtreffen mußte ausgetragen werden, da der Sportv. 98
ſowie Union=Beſſungen zu den Spielen gegen dieſe Mannſchaften nicht
angetreten waren.
IIz Jgd. V.f.R. — I. Jgd.=M. „Eintracht” 1:1.
Dieſes Reſultat iſt für den V.f.R. beſonders günſtig, wenn man
bebenkt, daß hier die III. Jgd. einer I. Jgd.=M. gegenüberſtand.
Die I. Schl.=M. V.f.R. gewann gegen die II. Schl.M. V.f.R. 8:1
Sämtliche Jgd.=M. des V.f.R. werden an den nächſten Sonntagen
gegen beſtbekaunte ſüddeutſche Klubs antreten. Wir werden an dieſer
Stelle jeweils hierüber berichten.
In der Jad.=Verſammlung am Freitag, den 8. Febr., ſpricht Herr
Gauvorſitzender Denker.
Eintracht I— Vgg. Weiterſtadt=Braunshardt I 4:0.
Obwohl W.=Br. durch Paßſchwierigkeiten erſt um 9412 Uhr eintraf,
erklärte ſich Cintracht dennoch bereit, ein Spiel auszutragen. Man
einigte ſich auf ein Privatſpiel von 2 mal 20 Minuten. Der
aufge=
weichte Boden ließ kein ſchönes Spiel aufkommen. Man ſpielte eben
ſo gut es ging. Eintrachts Ueberlegenheit beweiſt das obengenannte
Ergebnis.
Eintracht I1 — IIb Sp.=V. 98 3:4.
Eintracht I. Jgd. — IIa Jgd. V.f.R. 1:1.
Die Spiele der übrigen Eintrachtmaunſchaften fielen den
Platzder=
hältniſſen zum Opfer. — Auf die am 28. Febr. ſtattfindende
Hauptver=
ſammlung wird beſonders aufmerkſam gemacht. Anträge zu dieſer
müſ=
ſen bis ſpäteſtens 20 Febr, beim Vorſtand eingereicht ſein.
Weitere Ergebniſſe:
Helvetia=Frankfurt—Sp. V. 60 Hanau 5:1.
Sp.Cl. Bürgel—Hanau 93 1:3.
Freiburg-Kickers Stuttgart 2: 4.
V. f. B. Stuttgart—Feuerbach 1:0.
Wacker=München-Bayern=München 4:1.
V. f. B. Mannheim—Sp. Viernheim 4:0.
Feudenheim—98=Schwetzingen 4:2.
Phönix=Mannheim—V. f. B. Bürſtadt 5:2.
Lindenhof 08—Gönnheim 08 5:3.
V. f. B. Zweibrücken—05=Pirmaſens 1:0.
Phönix=Kaiſerslautern—F. Cl. Pirmaſens 0:2.
V. f. L. Neckamu-Vorwärts=Mannheim 5:0.
Germiania=Friedrichsfeld—Herta=Mannheim 3:0.
Boruſſia=Neunkirchen—T. und Sp.V. Höchſt 3:0.
F. V. Saarbrücken—Alemannia=Worms 5:1.
Sp. V. Wiesbaden—F.Vgg. Biebrich 2:0.
Hamburger Sp.V.—Viktoria 1:0.
V. f. B. Pankow—Union=Potsdam 4:3.
Handball.
„Heſſen”—Sp. V. 1:4.
Der Verein für Leibesübungen „Heſſen”=Darmſtadt trug
am geſtrigen Sonntag mit der zweiten Mannſchaft des
Sport=
vereins ein Handballſpiel aus. Nach flottem, anregendem Spiel,
bei dem keine Partei die Oberhand gewinnen konnte, ſiegten
die Handballer des Sportvereins mit 4:1.
Turnen.
„Friſch auf, mein Volk”.
Zur fünften Aufführung des Bühnenſchauturnens
und Feſtſpiels: „Friſchauf, mein Volk” der Turngemeinde
Darmſtadt 1846 (Woogsplatz) im Großen Haus des
Heſſi=
ſchen Landestheaters ſei mitgeteilt, daß der
Kartenver=
kauf außerordentlich ſtark eingeſetzt hat. Die noch vorhandenmn
Karten werden bei Muſik=Arnold, Ernſt=Ludwig=Straße 9,
abge=
geben. Auswärtigen wird empfohlen, ſich baldigſt für Karten zu
ſorgen.
Eine Hauptprobe für die Teilnehmer des Feſtſpiels iſt am
Dienstag, den 5. Februar, abends 8½ Uhr in der
Woogsplatz=
turnhalle, eine Hauptprobe für das Bühnenſchauturnen am
Frei=
tag, den 8. Februar, 8 Uhr, im großen Turnſaal.
H. M.
Aus der beutſchen Turnerſchaft.
Arbeitsplan des 9. Kreiſes (Mittelrhein) für 1924.
9. Febr.: Turnausſchußſitzung für das Männer= und Frauenturnen
in Darmſtadt (Tgde.); 10. Febr.: Gauturnwarteverſammlung in
Darm=
ſtadt (Tade.); 10. Febr.: Verſammlung der Gauſportwarte in
Frank=
furt; 23. Febr.: Wald= und Geländeläufe in den Gauen; 5. März:
Meldeſihluß für Gauverbandsmeiſter im Handball; Anfang März:
Gau=
verbandsgruppenſpiele; Mitte März: Kreismeiſterſchaftsſpiele für
Tur=
ner und Turnerinnen, Feldbergturntag; 6. April: Kreisausſchußſitzung
und Kreisturutag; 6. April: Waldlaufmeiſterſchaft des Kreiſes; 14.—17.
April: Kreiswarteverſammlung der D. T. in Dresden; 29. Mai:
Götz=
wandertag; 1. Juni: Bezirksſportfeſte; 15. Juni: Gauſportfeſte;
24. Jui: Meldeſchluß für die Gaumeiſter (Sommerſpiele); 6. Juli:
Verbandsſtortfeſte; 15. Juli: Meldeſchluß für die Gauverbandsmeiſter;
27. Juli: Kreismeiſterſchaften in den volkstümlichen Uebungen: 27. Juli:
Schwimmfeſte in den Gauverbänden; im Auguſt: Kreisſpielfeſt,
Kreis=
ſchwimmfeſt, Feldbergfeſt: 30. u. 31. Auguſt: Meiſterſchaſten der D. T.
in den volkstümlichen Uebungen in Hannover; 31. Auguſt: Prüfung
für das Turn= und Sportabzeichen; 14. Sept: Vereinsmehrkampf um die
deutſche Meiſterſchaft des Kreiſes und der Deutſchen Turnerſchaft; 3. und
4. Oktober: Deutſcher Turntag; 5. Okr.: Herbſt=, Wald= und
Ge=
ländeläufe in Form von Staffelläufen; 9. November: Kreisſporttag;
16. November: „Kreisſpieltag.
Deutſches Turn= und Sportabzeichen. Um den ſtändig an den D R.A.
herantretenden Anfragen nach dem Preiſe der Urkundenhefte für das
Deutſche Turn= und Sportabzeichen zu begegnen, veröffentlicht der
Deutſche Reichsausſchuß für Leibesübungen, Berlin W. 35,
Kurfürſten=
ſtraße 48, nochmals die jetzigen Preiſe in Goldmark: Vorgebühr für ein
Urkundenheft 1 Mk., Gebühr für Verleihung des Original=Abzeichens
2 Mk., Vorſtecknadel 1,50 Mk., Abzeichen in Stoff für das Trikot 1 Mk.
Das ſtatiſtiſche Jahrbuch für das Deutſche Reich 1923 enthält im
Ab=
ſchnitt „Unterrichtsweſen” eine ausführliche Statiſtik der deutſchen Turn=
und Sxortverbände (S. 331/32). Es werden die Vereins= und
Mitglieder=
zahlen aller Sport=, Wander= und Jugendverbände wiedergegeben, ferner
von der Deutſchen Turnerſchaſt und dem Arbeiter=Turn= und
Sport=
bund auch die Einzelziffern der Kreiſe.
Die Oeutſchlandfahrt für Motorräder.
Der Heſſiſche Motorrad=Klub E. V., Ortsgruppe des
A. D. A. C., Sitz Darmſtadt, iſt erfreut, den Motorſport
trei=
benden Darmſtädter Sportsleuten mitteilen zu können, daß die Dazu 4 Alubkämpfe, die in der Tabelle nicht enthalten ſind.
Teilnehmer der „Deutſchlandfahrt” am 18. Februar a. c. durch
Darmſtadt kommen. Sämtliche Fahrer müſſen hier in
Darm=
ſtadt zwecks Zeitkontrolle halten und iſt ſomit jedem
Sports=
freund Gelegenheit gegeben, die neueſten Modelle in= und
aus=
ländiſcher Fabrikate zu Geſicht zu bekommen.
Das Motorrad=Ereignis, das am 17. Februar a. c. in Köln
beginnt, hat mit Recht weit über die Grenzen Deutſchlands
hin=
aus die Aufmerkſamkeit aller Autoſportsleute ſowie der geſamten
Motorrad=Induſtrie erweckt. Die von der Ortsgruppe Köln des
Allgemeinen Deutſchen Automobil=Klubs, dem Klub für
Motor=
ſport in Köln veranſtaltete Deutſchlandfahrt erſtreckt ſich über
3120 Kilometer und wird damit die größte in Deutſchland, ja
viel=
leicht in der ganzen Welt gefahrene Motorradkonkurrenz bedeuten.
Die als Zuverläſſigkeitsfahrt gedachte Fahrt nimmt ihren
An=
fang in Köln und führt über Limburg, Frankfurt. Am 18.
Fe=
bruar von Frankfurt über Darmſtadt (Kentrollſtation),
Mannheim, Karlsruhe, Stuttgart, Konſtanz, München.
Augs=
burg, Nürnberg, Erfurt, Halle, Leipzig, Dresden, Liegnitz,
Bres=
lau, Frankfurt a. O., Berlin, Stettin, Roſtock, Schwerin, Ham= 144, Hahn-Tietz 62 Techmer—Stellbrink 56, Kaiſer—Tahlor 40.
Han=
burg, Altona, Lübeck, Kiel, Bremen, Hannover, Kaſſel,
Elber=
feld, nach Köln zurück.
Wie daraus zu erſehen iſt, geht die Fahrt durch ganz Deutſch= Häusler—Ohrt 3 Punkte. Bis zur 13. Wertung, Samstag abend um
land und berührt dabei die äußerſten Punkte. Da die
Konkur=
renz für alle Motorräder jeder Stärke offen iſt, alſo auch die
kleinen Hilfsmotorräder teilnehmen, wird dieſe große Fahrt erfolgreich. Nach dieſer Wertung iſt der Stand des Rennens folgender:
einen harten Prüfſtein für Fahrer und Fahrzeug abgeben. Das Lorenz—Saldow 177 Punkte. Bauer-Krupkat 153, Hahn-Tietz 71,
Intereſſe, das man demzufolge ſowohl im Inland als auch im Techmer—Stellbrink 67, Kaiſer-Taylor 45, Hanleh-Lawrence 33,
Ausland daran hat, prägt ſich in den abgegebenen Meldungen
aus. Neben ſäutlichen deutſchen Fabrikaten ſind insbeſondere Manthey und Neiuas—Stolz je 12 Punkte, 3 Runden zurück Bäusler—
alle engliſchen und amerikaniſchen Marben von Ruf vertreten,
die größtenteils auch von Engländern bzw. Amerikanern
ge=
ſteuert werden. Es iſt unverkennbar, daß die ausländiſche Ju= nommen, die aber zur Folge hatten, daß die Ausſichtsloſen Neinas—
ſobrichen Deilie zu enehir geſbonut a8 iun leiter Zeit diel.
für und wider die ausländiſchen Maſchinen geſchrieben wurde.
Die Organiſation der ganzen Fahrt iſt muſtergültig
durch=
geführt und wird aus’chließlich von den Ortsaruppen des
Aſſ=
gemeinen Deutſchen Automobil=Klubs bewältigt. Die erſte
Etappe iſt, Frankfurt a. M. und wird vom Gau III des
2. A. C. bzw. ſeinen Ortsgrunpen beſetzt werden.
Die Ankunft der Fahrer in Darmſtadt ſowie die
Kontroll=
ſtation uſw. werden noch bekannt gegeben.
H. L.
* Darmſtädter Leichtathletik 1923.
(Vom Sportverein Darmſtadt 1898 e. V.)
1. Die ſportliche Entwicklung.
Henrh Ford: „Die Vergangenheit iſt nur inſpfern
nützlich, als ſie uns Mittel und Wege der
Entwick=
lungweiſt‟. Dieſer Grundſatz des großen Technikers ſoll auch in der
folgenden Betrachtung als Leitmotiv dienen. Da die Jahresberichte aus
den früheren Statiſtiken vorliegen, kann es nicht ſchwer fallen
feſtzu=
ſtellen, ob die getroffenen Maßnahmen richtig waren oder ob die
getrof=
fenen Maßnahmen einen Mißerfolg brachten. „Denn Mißerfolge
bieten nur Gelegenheit, um von neuem und klüger
anzufangen”, ſo fährt Ford weiter. Der Jahresbericht von 1922
ſtellte feſt, daß der gereifte Erſatz für die erſte Wettkampfmannſchaft
man=
gelte und daß die vorhandenen Lücken nicht ſofort zu ſchließen ſind.
Denn die Jugendlichen werden erſt in einigen Jahren in der
Wettkampf=
mannſchaft erſcheinen. In dieſer Periode der Umſtellung muß die
Hauptarbeit im ſportlichen Leben der Jugend gelten. Soweit
der Bericht von 1922. Der nun folgende Bericht von 1923 ſoll zeigen,
ob die Wirkung der beabſichtigten Maßnahmen eingetroffen iſt.
Ver=
gleicht man die Zahlen von 1922 mit denen des Jahres 1923, ſo treten
die Wirkungen der Maßnahmen deutlich hervor. Die Zahl der aktiven
Wettkämpfer hat wiederum abgenommen, aber dafür ſich die Zahl der
Jugendlichen um das Doppelte gehoben. Wir dürfen daraus folgern, daß
die Maßnahmen zu einem Erfolg geführt haben und auch für die
Zu=
kunft volle Geltung haben müſſen, um das Hauptziel zu erreichen. Es
wird alſo auch für die Zukunft alle verfügbare Zeit für die Jugendarbeit
ausgenutzt werden.
2. Die Veranſtaltungen 1923 in Därmſtadt.
1. Oſterſtaffel „Rund um Darmſtadt”;
2. Frühjahrswaldlauf;
3. Anfänger= u. Juniorn=Wettkämpfe (durch die D. S. B.F.C. abgeſagt);
4. Sportwoche „Jubiläums=Wettkämpfe” (ausgefallen);
5. Jugend=Wettkämpfe;
6. Vereinsveranſtaltungen: „Vereinsmehrkämpfe, Jugend=Klubkämpfe
mit Sportklub Frankfurt 1880, Frankfurter Turn= und Sportgemeinde
Eintracht, Sportverein Offenbach, Klubkampf gegen Akad. Sportklub
Darmſtadt; ¼ Stunden=Paarlaufen und Fuchsjagd.
Auch diesmal (1923) blieb die L.=A. des Sportverein Darmſtadt die
einzige Veranſtalterin von Wettkämpfen in Darmſtadt. Auf dem Gebiete
des beſonders gepflegten Jugendſportes iſt der Sportverein
Darm=
ſtadt 1898 weiter bahnbrechend vorangegangen. Seine Jugendſportfeſte
haben als erſte in Süddeutſchland eine weitreichende
Beach=
tung gefunden. Die beſten Mannſchaften aus Frankfurt, Mannheim,
Heilbronn, Aſchaffenburg, Darmſtadt, Mainz uſw., gaben eine ſelten
geſehene Wettkampffolge. Zum erſtenmal trat die L.=A. des
Sport=
verein Darmſtadt mit Jugend=Klubkämpfen hervor, die mit den
befreun=
deten Vereinen: Sportklub Frankfurt 1880, Frankfurter Turn= und
Sportgemeinde Eintracht, Sportverein Offenbach, ausgetragen wurden
und die im Jahre 1994 ihre Wiederholung finden. Viele der großen
Vereine ſind inzwiſchen dem Beiſpiel der Darmſtädter gefolgt.
Sind die Darmſtädter im Jugendſport weithin bekannt, ſo tritt der
Name des Sportvereins Darmſtadt 1898 und deſſen Geltung erſt bei den
großen Veranſtaltungen hervor. Hatte ſchon die Oſterſtaffel die großen
Vereine aus Frankfurt, Mannheim, Mainz und Darmſtadt verſammelt,
ſo hatten die Jubiläumswettkämpfe eine Teilnehmerliſte aufzuweiſen,
wie ſie wenige Veranſtaltungen im Reich aufzuweiſen hatten. Alle
be=
deutenden Vereine waren vertreten mit einer Schar Wettkämpfer, die
vorher in Gothenburg den deutſchen Farben Geltung im Ausland
ver=
ſchafft hatten. Faſt 200 Teilnehmer aus Köln, Fulda, Würzburg, Worms,
München, Frankfurt, Stuttgart, Karlsruhe, Heilbronn, Siegen i. W.,
Hanau, Mannheim. Offenbach, Saarbrücken, Caſſel, Gießen, Pirmaſens,
Elberfeld, Bonn, Wiesbaden.
Schon heute kann geſagt werden, daß die 4. Auflage der Darmſtädter
Sportwoche hinter der vorjähigen nicht zurückſteht. Der weitreichende
ſportliche Ruf des Vereins wird auch weiterhin der Stadt Darmſtadt
im Sportleben hochragende Wettkämpfe bieten. Am Schluſſe dieſes
Ab=
ſchnittes mögen nun die geplanten Veranſtaltungen für das Jahr 1924
folgen:
(Um Aufeinandertreffen von Veranſtaltungen zu vermeiden,
ver=
weiſen wir beſonders auf die beſtehenden Termine!)
10. Februar: Mannſchafts=Waldlauf mit Frankf. Fußballver. „Boruſſia”,
(Früher Turnverein 1860 Frankfurt).
23. Februar: Mannſchafts=Waldlauf mit d. Techn. Hochſchule Darmſtadt.
6. April: Frühjahrs=Waldlauf.
21. April:: Oſterſtaffel, 10X1000 Mtr. und 10 Km.=Lauf „Rund um
Darmſtadt”.
4—11. Mai: Gymnaſtik=Woche.
29. Mai (Himmelfahrt): Anfänger=, Junioren= und Jungmannen=
Wett=
kämpfe.
15.—22. Juni: IV. Darmſtädter Sportwoche.
22. Juni: Jubiläums=Wettkämpfe.
13. Juli; II. Verbandsoffene Jugend=Wettkämpfe.
7. September: Vereins=Mehrkämpfe.
Herbſt=Waldlauf (Termin unbekannt),
Dazu kommen die Klubkämpfe, deren Termine von Fall zu Fall
feſtgeſetzt werden.
3. Die beſuchten Wettkämpfe und ſportlichen Erfolge 1923.
Eine Gegenüberſtellung der Jahre 1920—1923 zeigt folgendes Bild:
Die wirtſchaftliche Lage ermöglichte keine größeren Reiſen, ſondern
im Gegenteik überall mußte Einſchränkung Platz greifen.
Wettkämpfe wurden beſucht in: Aſchaffenburg, Arheilgen, München,
Mainz, Kaſſel, Frankfurt, Heidelberg, Gießen, Mannheim, Offenbach,
Miltenberg.
Die erſte Waldlauf=Mannſchaft konnte auch, wie im Vorjahre, ihren
Titel „Meiſter des Frankfurter Verbands für Turnſport” wieder nach
Hauſe bringen.
Schwimmeiſterprüfung in Spandau.
Am 10. März d. J. findet an der Preußiſchen Hochſchule für
Leibes=
übungen (Landesturnanſtalt) in Spandau eine Prüfung für
Schwimm=
meiſter und Schwimmeiſterinnen ſtatt. Geſuche um Zulaſſung zur
Prü=
fung ſind bis zum 20. Februar d. J. an den Direktor der Hochſchule in
Spandau, Radelandſtraße 59, einzureichen.
Das 6=Tagerennen in Berlin.
Nach 90 Stunden, in denen 2 388 620 Kilometer bedeckt waren, war
der Stand des Rennens: Lorenz—Saldolv 164 Punkte, Bauer-Krupkat
leh—Lawrence R, Münzner—Nörenberg 8, eine Runde zurück: Solle—
Kohl 74, Neinas—Stolz 12, Stabe—Mantheh 11, drei Runden zurück:
10 Uhr geſchah nichts Aufregendes, wie überhaupt der Verlauf des
ganzen Mennens bis dahin nur wenig befriedigen konnte. Bei der
Wer=
tung um 10 Uhr waren Hanley, Stellbrink, Hahn, Saldow und Bauer
Münzuer—Nürenberg 8 eine Runde zurück: Golle-Kohl 77. Stabe—
Ohrt, 3 Punkte. Nach 97 Stunden waren 2 594,530 Kilometer
zurück=
gelegt.
In der Nacht auf Sonntag wurden Ueberrundungsverſuche
uuter=
duſtrie die Gelegenheit benützt, um ſich bei dieſem bedeutenden Stolz noch eine Runde und Häusler—Ohrt noch 2 Runden verloren.
Die Ablöſungsmannſchaften verſperrten mehrfach die Bahn. Einige
wur=
den in Geldſtrafeu genommen. Nach der 114. Stunde waren 2996,040
Kilometer inüickgelegt. An der Spitze lagen Lorenz—Saldow, mit 199
Punkten, Bauer—Krupkat 185, Hahn-Tietz und Techmer—Stellbrink je
84, Kaiſer—Tatzlor 52, Hanleh—Lawrence 40, Münzner—Nörenberg 8.
In der 116. Stunde, um 5 Uhr nachm. am Sonntag, gelang es der
Mannſchaft Häusler—Ohrt eine Runde zurückzugewinnen, da die
übri=
gen Fahrer keinen Widerſtand leiſteten. Um 9 Uhr abends, am Ende
des 5. Tages waren, 3223,645 Kilometer zurückgelegt. Die 10 Uhr=
Wer=
tung brachte Saldoto, Lorenz, Tahzlor, Kaiſer und Hahn je 5 Punkte
ein. Der Stand um 10 Uhr abends war folgender: Saldow—Lorenz
210 Punkte, Bauer-Krupkat 172. Hahn-Tietz 90, Techmer—Stellbrink
88, Kaiſer—Taylor 64, Hanlehz—Laſurene 44, Münzner—Nörenberg 11.
Seite 6.
Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 4. Februar 1924.
Nummer 28.
SSSSSSOSSBOBSSSBSSSSSSSSSSSSSSSSSSSNSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSBSBSSSSSBBBBBBBSSST
* Zur Reform der heſſiſchen Gewerbeſteuer
TV. (Schluß.)
Das württembergiſche Geſetz vom 22. Auguſt 1922 befreit
von der Gewerbeſtener:
1. den Handel mit Erzeugniſſen von eigenen oder
gepach=
teten Grundſtücken, ſowie mit den davon ernährten Tieren und
deren Erzeugniſſen, ſei es, daß die Erzeugniſſe roh oder in einem
anderen Zuſtande verkauft werden, der in dem Kreiſe des
land=
oder forſtwirtſchaftlichen Betriebs liegt;
2. den Geſchäftsbetrieb von Vereinen, die ausſchließlich die
gemeinſchaftliche Verwertung landwirtſchaftlicher Erzeugniſſe der
Vereinsmitglieder bezwecken, unter denſelben Vorausſetzungen,
unter denen der gleiche Geſchäftsbetrieb des einzelnen Mitglieds
mit ſeinen ſelbſtgewonnenen Erzeugniſſen von der Gewerbeſteuer
frei bleibt (Ziff. 1);
3. ſoweit der gewerbliche Reinertrag 12000 Mark nicht
über=
ſteigt: Der Geſchäftsbetrieb von Vereinen, die den
gemeinſchaft=
lichen Einkauf von Wirtſchaftsbedürfniſſen des land= oder
forſt=
wirtſchaftlichen oder gewerblichen Betriebs für die
Vereinsmit=
glieder oder die gemeinſchaftliche Beſchaffung und Benützung
landwirtſchaftlicher oder gewerblicher Gebrauchsgegenſtände durch
die Veneinsmitglieder bezwecken, ſowie der Geſchäftsbetrieb der
Vorſchuß= und Kreditvereine, die ihren Verkehr auf
den Kreis ihrer Mitglieder beſchränken, und der Geſchäftsbetrieb
der gemeinnützigen Genoſſenſchaften der in 8 8 Abf. 1 3. 9 des
Grunderwerbsſteuergeſetzes vom 12. September 1919 (RGBl.
S. 1617) bezeichneten Art.
Die Begrüudung zum Geſetzentwurf (Beil. 796 vom 16. Juni
1922 bemerkt dazu S. 42 und C IV. 6 S. 38. Abſ. 1 f.): „Die
bisherigen Beſtimmungen ſind unverändert in den Entwurf
übernommen worden. Nur in Nr. 3 waren die Grenzzahlen für
die Freilaſſung der land= und forſtwirtſchaftlichen oder
gewerb=
lichen Einkaufsgenoſſenſchaften ſowie der
Vor=
ſchuß= und Kreditvereine den neuen Grundlagen, der
Gewerbeſteuer und dem unveränderten Geldwert anzupaſſen;
hierfür iſt der doppelte Betrag der in Art. 30 des Entwurfs
ge=
nannten Untergrenze für die Herauziehung des Betriebskapitals,
fomit 200 000 Mark und demnach bei einer 6prozentigen
Ver=
zinſung ein Reinertrag von 12000 Mark vergeſchlagen. Am
Schluſſe ſind nach dem Vorgang anderer Länder noch die
ge=
meinnützigen Baugenoſſenſchaften angeführt.”
1. Art. 5 des heſſ. Entwurfs befreit von der Steuer:
„4) Betriebe, die ausſchließlich wohltätigen oder
ge=
meinnützigen Zwecken dienen, insbeſondere auch die
öffent=
lichen Sparkaſſen, wenn ſie ihre verfügbaren Ueberſchüſſe
nur zu dieſen Zwecken verwenden, oder in öffentliche
Kafſen fließen laſſen:
b) die Ausübung eines amtlichen Berufs, eine
wiſſenſchaft=
liche, künſtleriſche oder ſchriſtſtelleriſche Tätigkeit, perſönliche
Dienſtleiſtungen höherer Art, die eine höhere Bildung erfordern,
insbeſondere die Dienſtleiſtung der Aerzte, Zahnärzte, Tierärzte,
Rechtsanwälte, Privatlehrer, Erzieher und Geometer und die
Tätigkeit der Heilgehilfen und Hebammen, ſoweit ſie nicht bei
Ausübung ihrer Berufe in beſonderen Fällen ein über die übliche
perſönliche Tätigkeit des von der Steuer befreiten
hinausgehen=
der Betrieb entwickelt;
() der Betrieb von Verkehrsanſtalten durch Verbände des
öffentkichen Rechts:
a) die im Umherziehen betriebenen Gewerbe und die
Wan=
derlagerbetriebe, ſoweit deren Beſteuerung beſonders geregelt iſt.
2. Die durch beſondere Geſetze und Verordnungen
bewillig=
ten Steuerfreiheiten bleiben in Kraft.”
Die Begründung zu Art. 5 ergeht ſich unter Bezugnahme
auf die frühere heſſiſche Geſetzgebung in Darlegungen über die
ſog. freien Berufe. Wer die Entſcheidungen des
Reichsfinanz=
hofs, die ja jetzt in 12 ſtattlichen Bänden vorliegen, verfolgt hat,
wird wiſſen, daß zahlreiche Entſcheidungen vorliegen, die ſich
gerade mit der Frage der Beſteuerung der in Art. 5, 1b Entwurfs,
aufgeführten Perſonengruppen bezüglich Einlommen= und
Um=
ſatzſteuer befaſſen. Der Kreis der ſog, freien Berufe iſt in der
Nechtſprechung ſchon genügend erfaßt und, ſoweit dies nicht
ge=
ſchehen ſein ſollte, wird die Rechtsentwicklung ſchon für eine
ver=
ſtändige Abgrenzung der Ausübung von der Tätigkeit in ſog.
freien Berufen von gewerblicher Ausübung ſorgen; es erſcheint
deshalb nur praktiſch und im Intereſſe einer vereinfachten
Geſetzgebung zu liegen, den Art. 5b zu ſtreichen und im Anſchluſſe
an die württembergiſche Geſetzglebung zu ſagen: „Die
Aus=
übung frzier Berufe einſchließlich der Berufstätigkeit der
Zahn=
techniter (welch letztere man geſetzlich ruhig in der Ausübung
den Zahnärztea gleichſetzen kann) iſt nicht gewerbſteuerpflichtig.”
Man kann weiter auch ruhig die Artikel 3 und 4 Entw.
ab=
ändern und mit dem württembergiſchen Geſetze einfach ſagen=
„Als Gewerbe im Sinne dieſes Geſetzes gilt jeder
Gewerbe=
betrieb im Sinne des Einkommen= und des
Körperſchaftsſteuer=
geſetzes.” Hieran würde ſich dann logiſch der Satz von der
Steuerfreiheit der Ausübung freier Berufe anſchließen. Auch
Art. 3 3. 2 iſt unnötig; wann ein Gewerbebetrieb als vorliegend
anzunehmen iſt, kann getroſt der Entſcheidung im
Einzel=
falle überlaſſen bleiben.
Hans Peter Kromm der Lebendige.
Eine Geſchichte von Ufer zu Ufer
von Fohanna Wolff.
(Nachdruck verboten.)
37)
Peterle hatte ſich in der Uhr verſehen und ging zu früh in
die Schule. Er trat in die leere Klaſſe und ſtand befangen ſtill;
die Oedigkeit des Raumes, der ſonſt mit Leben angefüllt war,
fiel auf ihn und hemmte ſeine Schritte. Die zerſchabten Bänke,
die zerkratzten Wände und grauen Dielen — — und dieſe Luſt!
Es ſchüttelte ihn wie im Froſt. Neigten ſich nicht die grauen
Mauern auf ihn zus. Schloſſen ſie ihn nicht ein, enger und
engers und die Bänke — Saßen da nicht in Reihen ſeine
Quäler und Peiniger? Was würden ſie ihm heute antuns
und wie lange würde er das noch aushalten? Er griff ſich
nach dem Kopf, der ihn ſchmerzte — — ſo gräßlich beklommen
war ihm — wie unbeſinnlich drängte, ſtürzte er gegen das
Fenſter — er brach in die Knie, lag und hob die Hände auf
gegen das Licht: „Aus tiefer Not ſchrei ich zu dir!” rief er zat
einer lauten und fremden Stimme. Ganz eingeſunken in ſich
ſelbſt verblieb er ſo, und die Hände zitterten noch immer empor
und die Lippen bewegten ſich.
Die Türe hatte ſich aufgetan. Erich ſteckte den Kopf hereif:.
ſtutzte und zog ſich, eine lächelnde Fratze ſchneidend, wieder
zurück; allerlei Köpfe guckten, Geſichter grienten, man ſtieß ſich
an, man wies mit den Fingern auf den Knienden, bis Erich den
Türdrücker, den er in der Hand behalten, fahren laſſend, mit
gemachtem Ernſt vorſtellend ſagte: „Meine Herren — — der
betende Knabe.‟ Ein Hohngelächter war die Folge. Hans Peter
hatte ſich erhoken und ſtand erſt mit geſenkten Augen — hilflos.
rtete ſich der Blick, ſeine grauen Augen begannen zu
Neterlies ſchlanter Köwer geiet in zucende Bemes
ſeine Hände krampften ſich, als wolle er Schlangen zerdrücken. —
er ſtand bereit zum Sprung. Allein niemand traute ihm den
Mut zu. Man ziſchte. Erich trat mit einem Taſchentuch auf
ihn zu, als wolle er ihm Tränen abwiſchen — da geſchah’s;
Art. 4, 3. 3 heſſ. Entw. erklärt ganz allgemein („gelten
ins=
beſondere auch”) „als Gewerbebetrieb: Die Tätigkeit von
Er=
werbs= und Wirtſchaftsgenoſſenſchaſten und rechtsfähigen
Kon=
ſumwereinen.” In der Begründung wird nur kurz geſagt: „Die
Beſtimmungen entſprechen der ſeitherigen geſetzlichen Regelung”;
das ſtimmt zwar, braucht aber nicht zu überzeugen und kann
auch nicht überzeugen, wenn man gerade die Entwicklung
des Genoſſenſchaftsweſens in den letzten
Jah=
ren und die verheerende Geldentwertung auch
nur einigermaßen berückſichtigt. Die Frage der
ge=
weillichen Beſteuerung der Erwerbs= und
Wirtſchaftsgenoſſen=
ſchaften hat auch die heſſiſche Geſetzgebung ſchon früher ausgiebig
und auch die beiden Kaurmern der Stände wiederholt beſchäftigt.
Der Entwurf eines heſſiſchen EinkSt G. (Abänderung des
bezüglichen Geſetzes vom 25. Juni 1895) vom 11. Januar 1899
(Verhandlungen der Landſtände des Großherzogtums Heſſen
30. Landtag 1897—1900 Zweite Kammer Beil.V Nr. 626) erklärte
für einkommenſteuerpflichtig: (Art. 1a) 2. „eingetragene
Ge=
noſſenſchaften, deren Geſchäftsbetrieb über den Kreis ihrer
Mit=
glieder hinausgeht und untev der gleichen Vorausſetzung
Kon=
ſumvereine, die Rechtsfähigkeit beſitzen, und zwar: a) wenn ſie
im Großherzogtum ihren Sitz haben; b) in alleu anderen Fällen
mit demjenigen Einkommen, das aus im Großherzogtum
bele=
genen Grundbeſitz oder einem im Großherzogtum betriebenen
Gewerbe herrührt, ſofern dieſes Einkommen, mindeſtens 500
Mark beträgt.” In der Begründung (daſ. Seite 11 ff.) iſt geſagt,
„daß die rechtliche Natur der Genoſſenſchaft alle diefenigen
Vor=
ausſetzungen erfülle, von welchen bei der Beſteuerung des
Ein=
kommens der Aktiengeſellſchaft in erſter Linie ausgegangen
worden iſt.”
„Es beſteht nun keinerlei Anlaß, auch fernerhin auf die
Be=
ſteuerung des Einkommens der Erwerbs= und
Wirtſchaftsgenoſ=
ſenſchaften zu verzichten, da dieſe Geſellſchaften ſich aus kleinen
Anfängen zu einer ſo bedeutenden Macht im Wirtſchaftsleben
der Nation entwickelt haben, daß die Steuerpolitik faſt ſämtlicher
Staaten ſich mit ihnen zu beſchäftigen gezwungen war. Mit
Recht wurde auf die ſozialpolitiſche Bedeutung
der Genofſenſchaften hingewieſen, die u. a. die
Beſchaf=
fung guter und billiger Lebensmittel, gemeinſame Herſtellung
guter und billiger Waren, gemeinſamen Verkauf derſelben und
damit Beſeitigung des ungebührlich ausgedehnten
Zwiſchenhan=
dels, Verbeſſerung der Kreditverhältniſſe, Zwang
zur Barzahlung und Förderung des Sparſinns
uſw. erſtrebten und mit ihren Zwecken, den Anſpruch erheben
könnten, in ihrer Entwicklung durch die Beſteuerung nicht geſtört
zu werden.
Die Berechtigung dieſes Anſpruchs wird durch den
vorliegen=
den Entwurf in keiner Weiſe berührt, da nach demſelben nur
die=
jenigen Genoſſenſchaften beſteuert werden ſollen, die ihren
Ge=
ſchäftsbetrieb, über den Kreis ihrer Mitglieder ausdehnen und
damit in der Regel gewerbliche Zwecke verfolgen, die mit den
eigentlichen Aufgaben der Genoſſenſchaften nichts zu tun haben.
Bei voller Anerkennung der ſozialpolitiſchen Zwecke der
Genoſſenſchaften, deren Erfüllung durch ſteuerliche
Mcßregeln in keiner Beiſe erſchwert werden
ſoll, muß doch ohne weiteres zugegeben werden, daß in dem
Augenblicke, in welchem die Genoſſenſchaften die Vorteile ihres
Betriebes auch Nichtmitgliedern zugänglich machen, die
Möglich=
keit einer ſcharfen Konkurrenzierung der übrigen Geſchäftswelt
gegeben iſt und in vielen Fällen zur Tatſache wird, die im
Hiu=
blick auf die völlige Steuerfreiheit der Genoſſenſchaften als eine
ungereckte Benachteiligung der ſonſtigen Gewerbetrabenden
ampfunden wird.
Denſelben Standpunkt vertritt das Geſetz bezüglich der
Kon=
ſumpereine, für welche natürlich die Rechtsfähigkeit erſte
Voraus=
ſetzung der Beſteuerung iſt.”
Art. 7 des Gemeindeumlagengeſetzes (GUG.) vom 8. Juli
1911 unterwarf der Gewerbeſteuer auch den Geſchäftsbetrieb der
Erwerbs= und Wirtſchaftsgenoſſenſchaften und vechtsfähigen
Konſumvereine und „ſie ſind auch dann gewerbſteuerpflichtig”,
ſagt der Beckerſche Kommentar, „wenn ihr Geſchäftsbetrieb nicht
über den Kreis ihrer Mitglieder hinausgeht (anders Art. 2
EStG.). Damit iſt die Gewerbeſteuerfreiheit, wie ſie Art. 2
3. 10 des Gewerbſteuergeſetzes vom 8. Juli 1884 gewiſſen
Ge=
noſſenſchaften zuſicherte, beſeitigt.”
Zwiſchen dem Erlaß dieſes Guß, und dem am 27.
Novem=
ber 1923 dem Präſidenten des Heſſ. Landtags unterbreiteten
Gewerbeſteuergeſetzentwurf liegt — und das ſcheint gerade
be=
züglich der Genoſſenſchaften bei Einbringung der Vorlage nicht
genüge d von den Reſſortminiſterien gewürdigt worden zu
ſein — ein verlorener Weltkrieg. Das ſagt genug. Die
Ge=
noſſenſchaft iſt — und ſie ſollte es ſchon nach den Grundſätzen
ihres Begründers ſein — eine Bank des Mittelſtandes, richtiger
geſagt: eine Bank für den Mittelſtand. So ſagt — um nur
einen Ausſpruch anzuführen — Kammergerichtsrat Citron in
„Bl. für Gen.=Weſen” Nr. 42 vom 18. Oktober 1923 S. 383: „Es
iſt darauf zu achten, daß die Genoſſenſchaften an ſich gebildet
ſind, um kapitalſchwachen Perſonen durch Zuſammenſchluß die
Wirtſchaft zu erleicktern.‟ Daß die Genoſſenſchaften die
Intereſ=
ſen gerade des Mittelſtandes zu vertreten haben und auch ver=
treten, erkennt gerade die Reichsgeſetzgebung an, indem ſie
zu ſeinem Schutze in 8 78a und b des RG. zur Aenderung des
Geſetzes, betr. die Erwerbs= und Wirtſchaftsgenoſſenſchaften vom
1. Fuli 1922 (RGBl. Nr. 51 vom 21. Juli 1922) bei Auflöſung
von als e. G. beſtehenden Vorſchuß= und Kreditvereinen gerade
nim Intereſſe des Mittelſtandes” (ſo lauten die Geſetzesworte)
beſondere Kautelen aufzuſtellen für gut befunden hat. Dabei darf
nicht verſchwiegen werden — und dem im Genoſſenſchaftsleben
Stehenden bleibt dies auch nicht verborgen —, daß auch die
Ge=
noſſenſchaften im allgemeinen und die Vorſchuß= und
Krebit=
vereine, im beſonderen ſich zur Zeit — und dies nicht erſt ſeit
kurzem — in ſchwieriger Lage befinden. Wer ſich darüber
be=
lehren will, braucht nur einige Nummern der vom Anwalt Prof.
Dr. Hans Crüger=Charlottenburg herausgegebenen „Blätter für
Genoſſenſchaftsweſen” nachzuleſen, dann wird er die Richtigkeit
des hier Vorgetragenen nicht zu beſtreiten wagen. Die Erwerbs=
und Wirtſchaſtsgenoſſenſchaften, die als Vorſchuß= und
Kredit=
vereine ausgebildet ſind, dürfen daher, inſoweit ſie nur mit den
Mitgliedern arbeiten, mit gutem Recht verlangen, wie in Würt=
Deiche erelie etge ue ie
ſämtlich auf dem Ertrag aufgebaut und als Ertragsſteuern
aus=
gebildet ſind dort ſchon ſeit 1. Abril 1922 in Kraſt. In der
Ein=
leitung zum Allgemeinen Teil (Beil. 796 vom 16. Juni 1922) iſt
auf S. 15 geſagt: „Bei deu vielen Aenderungen empfiehlt es ſich,
anſtatt einer weiteren Novelle ein neues,
überſicht=
liches und vereinfachtes Grund=, Gebäude= und
Gewerbeſteuer=
geſetz zu ſchaffen.” (Vgl. auch dort zu Art. 6 3. 3 S. 43.)
Dagegen iſt in der Begründung zum Heſſiſchen
Ge=
werbeſteuerentwurf zu Art 4. S. 10 zu leſen: „. ... daß
die Grundſteuer in Heſſen zur Zeit noch als
Wert=
ſteuer erhoben wird, wobei der Wert des landwüirtſchaftlichen
Anlage= und Betriebskapitals nicht berückſichtigt iſt.‟ „Nachdem
durch Einführung der Kapitalertragsſteuer durch das Reich eine
erhebliche Belaſtung des beweglichen Kapitalvermögens
einge=
treten iſt (die Steuer iſt mittlerweile durch Außerhebungſetzung
der Kapitalertragſteuer in 1923 weggefallen und jetzt erſt
für wertbeſtändige Anlagen (nicht Hypotheken) wieder aufgelebt.
Anm. des Verf.), war es nicht zu rechtfertigen, wenn man die in
Rede ſtehenden Sachwerte von der Gewerbeſteuer, frei laſſen
würde. Der Zeitpunkt, von dieſem Standpunkt
abzugehen, iſt dann gegeben, ſobald die
Beſteue=
rung des Grundvermögens nach dem
Ertrags=
wert auch in Heſſen eingeführt wird.‟ Wir erlauben
uns nur die beſcheidene Anfrage, wann der bezügliche Entwurf
in Heſſen herauskommt, hiermit zu ſtellen und gewärtigen eine
entſprechende amtliche Aeußerung.
Was das Verfahren betrifft, ſo können wir uns mit
der Regelung des Rechtsmittels der Revifionsbeſchwerde
in Art. 31 nicht einverſtanden erklären, inſoweit die Reviſion
nur zuläſſig ſein ſoll, wenn die Gewerbeſteuer nach der
Be=
rufungsentſcheidung mindeſtens . . . . Mark beträgt. Es
er=
ſcheint — die Begründung zu Art. 30 bis 32 ſchweigt ſich
dies=
bezüglich aus — als ein unglücklicher Rückfall in altes
heſſi=
ſches Steuerrecht, wenn man hier eine ſog. Beſchwerdeſumme
wiedereinführen will. Gerade die Reichsabgabenordnung, auf
die ſich die Begründung zu Art. 30 bis 32 auf S. 15 bezieht,
kennt ja eine ſolche Beſchwerdeſumme für die Einlegung der
Rechtsbeſchwerde beim Reichsfinanzhofe nicht und es iſt eine —
hier nicht zu löſende — Frage, ob es prozeßpolitiſch iſt, eine
summa graraminis wieder einzuführen. Wir verſchweigen dabei
nicht, daß — offiziös — angeſichts der Geſchäftsbelaſtung des
Reichsfinanzhofs vor einiger Zeit eine Lanze für geſetzliche
Ein=
führung ſolcher Beſchwerdeſumme gebrochen wurde, ohne
des=
halb — ſoweit erſichtlich — im Schrifttum des Steuerrechts auch
nur den geringſten Widerhall zu finden. Wir möchten deshalb
unmaßgeblich den Standpunkt vertreten, ſolche Reviſionsſumms
— dazu bei einem neuen Steuergeſetze, mit dem praktiſche
Erfahrungen noch nicht gemacht ſind — nicht einzuführen. Auch
die Reichsabgabenordnung hat ja kein geringereres Gremium
als der Bamberger Furiſtentag für abänderungsbedürftig in den
Punkten erklärt, in denen gerade das Rechtsſchutzintereſſe des
Steuerpflichtigen nicht genügend ſichergeſtellt iſt. Es beſteht
alſo — im Einklang mit der geltenden
Reichsabgabenord=
nung kein Intereſſe, die Rechtsmittelbefugniſſe der
Prozeßpar=
teien irgendwie zu verkämmern.
Wenn ſchließlich in Art. 37, Abſ. 1 des Entv. den Gemeinden
im Wege der Ortsſatzung geſtattet werden ſoll, das
Veran=
lagungs= wie auch das Rechtsmittelverfahren
ab=
weichend von den Beſtimmungen dieſes Geſetzes
zu regeln, ſo möchten wir dringend raten, daß die
Intereſſenten=
verkände hier energiſch opponieren. Wir wollen glücklich und
froh ſein, hinſichtlich des Landesſteuerrechts aus der
Bunt=
ſcheckigkeit der Verfahrensbeſtimmungen endlich heraus zu
ſein und nicht bei der Gewerbſteuer der Gomeinden wieder ein
Hintertürchen öffnen, um abweichende Verfahrensbeſtimmungen
wieder hereinzulaſſen. Anpaſſung an die Reichsab=
bleiben!
gabenordnung muß auch hier die Loſung ſein und
Gm mmmmngmmn mmm mnm m mnm mnmnn n ngnm mnmnnmnnenn
Großen an die Kehle, hing an ihm, preßte ihn, ſtieß ihn
dann lagen ſie beide am Boden. Aber Peterle obenauf! Er
kniete ſeinem fauchenden Widerſacher auf der Bruſt, ihm den
Hals zuſammenpreſſend und mit den Knien auf ihm bohrend,
während ſeine Augen Feuer ſtrahlten. Eine Wandlung war’s,
die ſein ganzes Geſicht in Wonne und Wut der großen
Selbſt=
befreiung leuchten ließ. Wie gebannt ſtanden die Schüler in
Kreis, keiner wagte ſich einzumiſchen; ſtumm und ernſthaft, wie
bei einem Gottesurteil, folgten ſie dem Kampf.
Erich, der Ausgewachſene, wehrte ſich, wie er konnte, ſtieß
mit den Beinen, rang mit den Schenkeln, knuffte mit den
Ell=
bogen, verſuchte es ſogar mit den Zähnen, konnte aber nicht an
gegen die geſchmeidig=federnde Kraft des Schlanken, der für
Stöße und Püffe unempfindlich zu ſein ſchien. Erichs Geſicht
färbte ſich bläulich, er ſtieß die Zunge heraus und ſtreckte
nach=
gebend alle viere von ſich. Da boben die Mitſchüler die Hände
und riefen: „Halt!” Peterle ſah noch, wie dem Unterlegenen
das Blut aus der Naſe floß, dann ließ er mit einem Laut des
Ekels ab von ihm, ſprang auf die Füße und ſtellte ſich abſeits,
allein — wvie er jetzt immer geſtanden.
Ein Augenblick des Schweigens, der ſtummen Verſtändigung
unter den Schülern, dann trat der Primds der Klaſſe auf den
Sieger zu und reichte ihm die Hand: Wir haben nicht gewußt,
daß Du ſo einer biſt, Sonnenmüller”, ſagre er ehrlich.
Wohl oder übel, Stettner=Erich, deſſen Naſe gefährlich
an=
ſchwoll, mußte ſich demütigen. Der Kampf war ehrlich
ausge=
fochten worden. Heimtücke hätte ihm wenig genützt. Er hätte
es mit allen zu tun bekommen. So machte er ſcheinbar Frieden
mit Hans Peter. Der trug ſeine ganze große Jungenfeligkeit ſo
auffällig im Geſicht, daß Dunnerklags zufrieden vor ſich
hin=
ſchmunzelte, nach den Beulen und Schmarren fragte er fürs erſte
nicht. Merete hatte es längſt aufgegeben, ihren Sohn um das
verſchiedenartige Zerſchunden= und Zerbeultſein anzuſprechen, er
ſagte doch nichts; diesmal merkte ſie, er hatte etwas Schweres
hinter ſich gebracht — und ſie war zufrieden. Ob Dunnerklags
den Braten roch?. As er die beiden am Samstag heimfuhr und
dem Großen ſo ſonderbar ſchief und di
im Geſicht ſtand, und Peterles Gleichmut dazu, konnte er
nicht eithalten, verſtohlen zu fragen: „Haſt es dem Luder orden
lich gegeben?”
„Ja”, ſagte Hans Peter. Und weiter ſagte er nichts.
So ſchön war die Jugendzeit für den Sonnenhoferben
n=
nie geweſen; von den Lehrern geſchätzt, von den Mitſchülern g
ſucht, wurde er ſeiner ſelbſt gewiß, ja, es kam vor, daß er für a
zu büßen hatte, weil er keinen, der bei einer ausgefundenen
To=
heit mitgemacht hatte, preisgab. „Der Sonnenmüller verſte
zu ſchweigen”, das ſtand feſt; und die Lehrer beurteilten ei=
Sache gelinder, wenn Meretens Sohn dabei geweſen —
natürlicher Geſchmack und ſeine innere Sauberkeit wären f.
Schlechtes nicht zu haben geweſen, das wußten ſie.
Eine Quelle des Glücks war dem unverwöhnten Jung
immer wieder ſeine Kammer. Da war er für ſich allein,
konnte er zeichnen, malen, ohne daß die Mutter ihm beſtänd
aufſaß; da träumte er von ſpäter, wenn er ganz bei der geliebte
Kunſt ſein würde, irgendwo in der Welt — bei einem gan
großen Meiſter . .. Jetzt nur brav die Schule durchmachen, dar
konnte die Mutter ja nicht dagegen ſein..
Das zugeſagte Bücherbort hatte er bekommen, und ein
Bücherreihe, die er gewünſcht, dazu; er beſaß einen Globus un
gute Erdkarten. Die Lade barg mancherlei Schätze: eine Koko,
nuß, eine unangerauchte Pfeife und das Bild einer ſchöne
Sängerin. Den Schlüſſel pflegte er abzuziehen und ängſtlich b
ſich zu tragen. Für ein gutes Abitur ſollte er ein eigenes Rei
pferd bekommen.
Der Stettner=Erich konnte ſchon den Ruhm für ſich in Ar
ſpruch nehmen, ein bewährter Raucher zu ſein. Unter ſeine
Anleitung hatte Hans Peter ſoeben die erſten kläglichen Verſug
gemacht und fühlte ſich danach nicht ganz wohl zumute. Hinte
der Secke am Würzgärtchen hatten ſie beide gelegen; mochte e
ſein, Laß die Sonne zu warm geſchienen oder die Rofen zu ſtat
geduftet hatten — — jedenfalls ſtand Peterle vor ſeinem Be=
und ſah etwas unſicher auf die Bilder, die darüber hingen; ihn
war, als müſſe er ſich ſchämen vor Väterchens reinlichem Geſicht
(Fortſetzung folgt.!