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Einzelnummer 15 Goldpfennige
Heſſiſche Neueſte Nachrichten
Morgenzeitung der Landeshauptſtadt
Nachdruck ſämilicher mit X verſehenen Original=Aufſätze und eigenen Nachrichten nur mit Quellenangabe „Darmſt. Tagbl.* geſtattet.
Nummer 13
Sonntag, den 13. Januar 1924.
187. Jahrgang
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(1 Dollar — 4.20 Marll. — Im Falle höherer
Gewalt, wie Krieg. Aufruhr Streilt uſw erliſcht
ſede Verpſichtung auf Erfüllung der Anzeigene
aufträge und Leiſtung von Schadenerſotz. Bei
Konkurs oder gerſchtiſcher Beſtreibung fällt jeder
Rabatt weg. Bankkonto: Deutſche Bani und
Darm=
ſtädier 8 Naiſonalbant.
Dr. Streſemann über die Lage.
Fraktionsſitzung der Deutſchen Volkspartei.
Berlin, 12. Jan. Die Reichstagsfraktion der
Deutſchen Volkspartei trat am Samstag nachmittag um
3 Uhr im Reichstag zu einer ſtark befuchten
Fraktions=
ſitzung zuſammen, die bis in die Abendſtunden dauerte. Die
Fraktion hatte ſich ſchon in der letzten Sitzung darüber
verſtän=
digt, im Laufe der Weihnachtspauſe nochmals zur Beſprechung
der politiſchen Lage zuſammenzukommen. An der Sitzung
nah=
men der Reichsaußenminiſter Dr. Streſemann und der
Reichsinneuminiſter Dr. Jarres teil. Gleich zu Beginn der
Sitzung gab Dr. Streſemann in etwa einſtündiger Rede
einen eingehenden Bericht über, die politiſche Lage
und ging insbeſondere auf die entſcheidenden Fragen der
Außenpolitik ein. Das Korreſerat führte der Abg. Dr.
Becker=Heſſen. An das Referat ſchloß ſich eine längere
vertrauliche Ausſprache.
Deutſche Volkspartei und die Pfalz.
Berlin, 12. Jan. In der heutigen Sitzung der
Reichs=
tagsfrartion der Deutſchen Volkspartei wurde zur Pfalzfrage
folgende Entſchließung einſtimmig angenommen:
Die Bevölkerung der Pfalz lebt ſeit ungefähr einem
Jahre unter beſtändiger Bedrohung ihres Eigentums.
Auch die Aermſten unter ihr leben unter dem Druck der
Kriegsgerichte, der Vertreibung aus der Heimat,
völligen Unterdrückung der Preſſe= und
Verſammlungs=
freiheit. Dieſer ruhigen ordnungsliebenden Bevölkerung ſind
fämtliche im Rheinlandabkommen garantierten Rechte
genom=
men. Seit vielen Wochen iſt ſie von der Beſatzung und der
Mehrheit der interalliierten Rheinlandkommiſſion dem Terror
zweifelhafter landfremder Elemente, einem
Re=
gime der täglichen Rechtsbrüche, Erpreſſungen und
Be=
drückungen ausgeliefert. Die Fraktion ſpricht den
Pfälzern heißen Dank für ihren heroiſchen
Kampf um das Recht aus und ſichert ihnen jede nur mögliche
Unterſtützung zu.
Vom Tage
NachfolgerDr. Peterſensim Reichstag wird der
Kauf=
mann Joh. BüII, Mitglied der hamburgiſchen Bürgerſchaft.
Vergangene Nacht wurde die 1100 Kilometer lange
Verſuchs=
kabelleitung für Weitſpruch zwiſchen Hamburg und
München eröffnet.
In der Pfalz werden für die Franzoſen auf deutſche
Koſten neue Truppenübungsplätze mit
Munitions=
lagern eingerichtet und drei neue Kaſernen gebaut.
Reichsverkehrsminiſter Oeſer weilte am Freitag in München, um
mit Knilling und den beteiligten Fachminiſtern über die nächſte
Zukunft der Reichseiſenbahnen eine vorläufige Rückſprache
zu nehmen. Definitihe Ergebniſſe wurden bei der Beſprechung, ihrem
Charakter entſprechend, noch nicht erzielt. Oeſer reiſte von München nach
Stuttgart.
Am 10. Januar iſt in Gleiwitz durch Schiedsſpruch eine
Ver=
einbarung getroffen worden, wonach die Löhne im oberſchleſiſchen
Bergbau 3,30 Goldmark zuzüglich 600 Milliarden Papiermark
betragen.
Der Wert der engliſchen Einfuhr betrug im Dezember
109 189 790 Pfd.; das entſpricht gegenüber dem gleichen Zeitraume des
Vorjahres einer Zunahme um 14252060. Der Wert der Ausfuhr
belief ſich auf 64 115 189, das ſind 5 22 157 Pfund mehr.
Der neuernannte diplomatiſche Vertreter der Türkei am engliſchen
Hofe, Juſſuf Kemal Bey, iſt geſtern in London eingetroffen.
Der polniſche Senat nahm in der geſtrigen Sitzung in
nament=
licher Abſtimmung mit 64 gegen 5 bei 7 Enthaltungen die
Ermäch=
tigungsvorlage für die Regierung und die Vorlage über die
Sa=
nierung der Finanzen an und vertagte ſich hierauf bis zum 30. Januar.
Der polniſche Generalkommiſſar in Danzig, Plucinſki, hat
ſeine Demiſſion eingereicht. Als ſein Nachfolger wird der
ehe=
malige Unterſtaatsſekretär im Auswärtigen Amt, Dr.
Straßbur=
ger, genannt.
Amtlicher Oollarkurs 4 210300 000000
1 Goldmark — 1 Billion 1 Pfg. — 10 Milliarden
Stüttgart, 12. Jan. Bei dem Kontrollbeſuch,
der heute in den Vormittagsſtunden von den ausländiſchen Nach Heberreichung der Noten.
Kontrolloffizieren beim Wehrkreiskommando V
vorge=
nommen wurde, kam es vor dem Gebäude des
Wehr=
kreiskommandos zu größeren Anſammlungen.
Die Menge nahm beim Eintreffen der drei Kontrollautos
tung ein, wurde aber durch die bereitgeſtellte Polizei im wohner des unbeſetzten Deutſchland künftig nur mit einer Aus=
Zaum gehalten. Vedauerlicherweiſe wurde bei dem Andrängen
der erregten Menge ein Kraftwagen der
Kontroll=
kommiſſion, während ſich die Kommiſſion im Gebäude
auf=
hielt, beſchädigt. Die Kontrolloffiziere ſetzten nach
eines ſtarken Polizeiaufgebots fort.
Stuttgart, 12. Jan. Ueber den Zwiſchenfall beim
in=
miſſion ſich heute vormittag unter polizeilichem Schutze von der
Olgaſtraße in Stuttgart zur Kraftſahriaſerne in Cannſtatt be= Regierung iſt bereit, den Verkehr rheinaufwärts gleichfalls
wie=
gab, kam es dort zu Proteſtkundgebungen, jedoch zu keinem
Zwiſchenfall. Bei der Rüakehr der Kommiſſionsmitglieder nach
mende junge Leute an. Es wurde das Deutſchlanolied und die
„Wacht am Rhein” geſungen. Als die Menge eine bedrohliche
Haltung einnahm, wurde zur Verſtärkung der blauen Polizei
eine Abreilung Schutzpolizei herangezogen, die die Straße
frei=
hielt. Unterdeſſen begaben ſich einige Mitglieder der
Militär=
kontrollkommiſſion zum Mittageſſen in das Hotel „Continental”.
Es eniſtand nun ein Auflauf beim Wilhelmsbau. Ein junger
Mann, der Steine zu verteilen ſuchte, wurde feſtgenommen und
zur Po. eieache in die Breite Srtaße gebracht.
Die deutſche Rechts=Auffaſſung.
Berlin, 12. Jan. Die Note, die ſeitens der
Reichsregie=
rung unter dem 9. Januar an die interauiierte
Militärkontroll=
kommiſſion gerichtet wurde, hat ſolgenden Wortlau.:
Ich beehre mich, den Empfang Ihrer Note vom 30.
Dezem=
ber zu beſtätigen, in der Sie antundigen, daß am 10. und 12.
men werden ſollen. Die deutſchen Verbindungsſtellen und die
für die Kortrolle ſelbſt in Betracht kommenden Behörden ſind
angewieſen worden, den Kontrolloffizieren die Durchführung
tie=
ſer Beſuche zu ermöglichen.
Die Neichsregierung hat mich indeſſen beauftragt, Ihnen,
Herr General, bei dieſer Gelegenheit zu erllären, daß ihrer Au= auf das deutſche Memorandum vom 24. Dezember 1923 teilen
ſicht nach die Kontrolliommiſſion ihre Aufgaben, ſoweit dieſe ſie
mit militäriſchen Fällen in Kontakt bringt, beendet hat.
Die=
jenigen Aufgaben, wvelche die Botſchafterkonferenz als noch offen
betrachtet und an deren Durchführung die deutſche Regierung
mitzuwirken durchaus bereit iſt, erfordert keine Beſuche bei
mili=
täriſchen Stellen. Abgeſehenen von jenen noch offenen Aufgaben
wurde alles, was Teil 5 des Verſailler Vertrages an
Abrüſtungs=
forderungen enthält, ernſtlich erfüllt. Der durch dieſe Abrüſtung
geſchaffene Zuſtand unterliegt nach Artikel 123 des Verſailler
Vertrages nicht einer dauernden Kontrolle, ſondern lediglich der
Möglichkeit einer etwa aus beſonderen Gründen von dem Nat
des Völlerbundes anzuordnenden Spezialunterſuchung. Wenn
die deutſce Regierung gleichwohl ſür die am 10. und 12. Januar
in Ausſicht genommenen Kontrollbeſuche die Vorausſetzung
ge=
ſchaffen hat, ſo geſchab das in
dargelegte Rechtsauffaſſung auch bei der interalliierten
Militär=
konirollko:miſſion volle Würdigung findet und daß von weiteren
Kontrollbeſuchen abgeſehen wird.
Die beigiſche Antworinote.
Brüſſel, 12. Jan. In ihrer Antwort, die vornehullich
techniſchen Charakter trägt, äußert die belgiſche Regierung
ins=
gegen die Kontrolloffiziere eine drohende Hal= beſondere mit Hinblick auf den Perſonenverkehr, daß die
Ein=
weiskarte in das beſetzte Gebiet einreiſen können. Gewiſſe Fälle
müſſen allerdings zur Entſcheidung dem Oberkommandierenden
der Beſatzungsarmee unterbreitet werden. Hinſichtlich der
Be=
gründung einer Emiſſionsbank im beſetzten Gebiet macht die
bel=
giſche Regierung ihre Zuſtimmung von einer Aenderung des
durchgeführter Kontrolle ihre Fahrt unter dem Schutze Berliner Standpunktes in der Frage abhängig. Die deutſche
Regierung habe tatſächlich für die Bildung dieſer Bank
Bedin=
gungen aufgeſtellt, die unannehmbar ſeien. Eine Reihe dieſer
terallierten Kontrollbeſuch in Stuttgart werden jetzt folgende Maßnahmen würde nun geſtrichen werden. Der freie
Turch=
nähere Cinzelheiten beiannt: Als die interalliierte Kontrollkom= gangsverkehr durch das beſetzte Gebiet rheinabwärts ſei ſchon
ſeit dem 1. Dezember wieder hergeſtellt worden. Die belgiſche
der in Cang zu bringen. Wenn der Eiſenbahnverkehr bisher in
völligem Umfange nicht einſetzte, ſo habe ſich die deutſche Regie=
Stuttgark ſammelten ſich in der Friedrichsſtraße zahlreiche lär= rung das ſelbſt zuzuſchreiben, weil ſie die letzthin getroffenen
Abkommen nur teilweiſe zur Ausführung gebracht habe.
Keine Veröffentlichung der Antworinoten.
Berlin, 12. Jan. Wie wir an zuſtändiger Stelle erfahren,
iſt nach Vereinbarung zwiſchen den beteiligten Regierungen eine
Veröffentlichung der franzöſiſchen und belgiſchen Antwortnoten
nicht beabſichtigt.
Hoeſchs Berliner Reiſe.
Paris, 12. Jan. (Priv.=Tel.) Der deutſche
Geſchäfts=
träger in Paris, Herr v. Hoeſch, reiſt heute abend nach
Ber=
lin ab, um über die Unterhaltung, die er bei der Ueberreichung
der franzöſiſchen Antwortnote auf das deutſche Memorandum mit
Januar in Noſtock, Verlin, Tresben, Sruitgart, Muncen, Pader= dem Direktor des Auswärtigen Amtes. Peretti della Rocca, hatte,
horn, Breslau und Franlſurt a. M. Kontrollbeſuche vorgenom= mündlich Bericht zu erſtatten. Der Text der Note iſt inzwiſchen
durch Kurier direkt nach Berlin abgegangen.
Berlin, 12. Jan. Zu den am Freitag den deutſchen
Ge=
ſchäftsträgern in Paris und Brüſſel überreichten Antwortnoten
uns die zuſtändigen Stellen mit, daß die Antworten in Berlin
zur Stunde noch nicht bekannt ſind, da ſie wegen ihres Umfanges
nicht auf telegraphiſchem Wege übermittelt werden konnten. Die
Kuriere, die die Antworten überbringen, treffen vorausſichtlich
morgen vormittag in Berlin ein. Mit Rückſicht auf die
Wichtig=
keit der behandelten Fragen kommen die beiden Geſchäftsträger
vorausſichtlich in den nächſten Tagen nach Berlin, um mündlich
Bericht zu erſtatten. Wie ſich aus ihren vorläufigen
telegraphi=
ſchen Meldungen in Uebereinſtimmung mit den Auslaſſungen
der franzöſiſchen und belgiſchen Preſſe ergibt, ſtellen die
Antwor=
ten eine techniſch gehaltene Erwiderung auf die einzelnen
Vor=
ſchläge des deutſchen Memorandums dar. Von der Gegenſeite
wurde bei der lieberreichung der Noten ausgedrückt, daß die
franzöſiſche und belgiſche Regierung auch weiterhin bereit ſeien,
jede deutſche Anregung zu prüfen.
Die Woche.
Am Freitag nachmittag hat der franzöſiſche
Miniſterial=
direktor, Herr Peretti della Rocca, am Quai d’Orſay Herrn von
Hoeſch die franzöſiſche Antwort auf die deutſchen Vorſchläge
überreicht, zur ſelben Zeit, zu der in Brüſſel dem dortigen
deut=
ſchen Geſchäftsträger die Antwort der Belgier überreicht wurde.
Immer wieder hatte ſich die Antwort verzögert, und es dürfte
keinem Zweifel unterliegen, daß hinſichtlich der Form und
viel=
leicht auch hinſichtlich des Inhalts nicht unerhebliche
Meinungs=
verſchiedenheiten, zwiſchen Paris und Brüſſel, zu beſeitigen
waren. Ob es gelungen iſt, dieſe Meinungsverſchiedenheiten
völlig zu beheben, muß erſt ein Vergleich der beiden Noten
ergeben. Trotzdem der Wortlaut bis zur Stunde noch nicht
vor=
liegt, läßt immerhin die Tatſache, daß die beiden Noten
ver=
ſchieden lang ſind, gewiſſe Rückſchlüſſe zu. Daß die franzöſiſche
Note ſo ungefähr ſämtliche deutſchen Vorſchläge kurzerhand
abweiſt, darüber kann nach den verſchiedenen Pariſer
Preſſe=
mitteilungen kaum noch ein Zweifel beſtehen. Daß Herrn von
Hoeſch bei der Ueberreichung der Note noch ſehr ausführliche
mündliche Mitteilungen gepacht worden ſind und daß Peretti dabei
die Erklärung abgab, daß die franzöſiſche Regierung die
Aus=
ſprache mit ihrer heutigen Antwort keineswegs als geſchloſſen
betrachte, daß Poincaré vielmehr voll und ganz zu ſeiner am
15. Dezember abgegebenen Erklärung ſtehe, und daß er jederzeit
bereit ſei, jede Anregung von deutſcher Seite gewiſſenhaft zu
prüfen und „wohlwollend in Erwägung zu ziehen”, läßt mit
ziemlicher Sicherheit erwarten, daß die Note ſelbſt den üblichen
Stil Herrn Poincarés aufweiſt und für Verhandlungen
vor=
läufig wenig Raum läßt. Herr Stinnes hatte letzthin mit einem
Sonderberichterſtatter des Journal des Débats eine
Unter=
redung, in der er der Auffaſſung Ausdruck gab, daß ein modus
virendi im beſetzten Gebiet nur durch eine Aufrollung des
ge=
ſamten Reparationsproblems in unmittelbaren Verhandlungen
der beteiligten Mächte gefunden werden könne. Dies trifft
zweifellos zu, aber die Ausſichten für dieſe Verhandlungen ſind
doch recht trüb.
Am 11. Januar jährte ſich der Tag, an dem Poincares
Batgillone mitten im Frieden in das Ruhrgebiet einbracheu,
und in der geſamten Preſſe des In= und Auslandes hat man ſich
bemüht, im Rückblick auf dieſes „Jahr des Wahnſinns” die
Bilanz zu ziehen. Die wirtſchaſtliche Schädigung Deutſchlands
iſt naturgemäß vorläufig ſchwer abzuſchätzen. Mit einer
Geſamt=
ſumme von 3½ bis 4 Milliarden Goldmark greift man jedoch
eher zu niedrig als zu hoch. Im übrigen ergibt eine Bilanz der
bekanntlich „friedlichen” Aktion Poincarés, folgende ziffernmäßige
Aufſtellung: 132 Tote, ungezählt die verwundeten Deutſchen
und die infolge der in der Gefangenſchaft erfahrenen
Behand=
lung erkrankten und dauernd in ihrer Geſundheit und
Erwerbs=
fähigkeit geſchädigten; ausgewieſen 39 524 Beamte, Angeſtellte
und Arbeiter des Reiches und der Länder mit 106 134
Familien=
angehörigen; außerdem Tauſende, von Privatperſonen, über
deren Geſamtzahl keine zuverläſſigen Angaben vorliegen.
Zur=
zeit in franzöſiſch=belgiſchen Gefängniſſen gefangen: im ganzen
2021 (davon 350 Perſonen in ausländiſchen Gefängniſſen), 432
Beamte, 1589 Zivilperſonen. Geſamtzahl der verhängten
Frei=
heitsſtrafen: 1534 Jahre. Beſchlagnahmte Schulen: 209 Schulen
mit 2313 Klaſſen für 127 900 Schüler. Zeitungsverbote: 173.
Die „Morgenröte der Verſöhnung” kündigte der
Prä=
ſident der franzöſiſchen Republik am Neujahrstage an, vier Tage
nach jenem ungeheuerlichen Düſſeldorfer Schandurteil!
Ange=
worbene Banditen knebeln unter franzöſiſchem Protektorat die
unglücklichen Bewohner der beſetzten Gebiete. Die
Revolver=
ſchüſſe zu Speyer, die fünf pfälziſchen Separatiſten das Leben
koſteten, waren weithin vernehmbares Warnungsſignal für die
europäiſche Welt, die unausbleibliche Reaktion einer bis aufs
Blut gepeinigten Bevölkerung gegen fremde Gewaltherrſchaft.
Die Gefahren, die ſich für die geſamte internationale Lage
aus der franzöſiſchen Gewaltpolitik ergeben, werden in der
außer=
franzöſiſchen Welt täglich klarer erkannt, und insbeſondere die
Stimmung in England nimmt ſtellenweiſe Formen an, die in
Paris eine gewiſſe Nervoſität erzeugen. Als Namſay Macdonald
vor einigen Tagen in einer großen Rede von der Notwendigkeit
ſprach, den wahren Frieden in Europa herzuſtellen, ſprach eines
der gefügigen Preſſeorgane Herrn Poincarés von „unreifen
Ideen jugendlicher Leute” (Ramſay Macdonald iſt, nebenbei
be=
merkt, 57 Jahre alt!), ein immerhin etwas ungewöhnliches
Ver=
fahren, wenn man bedenkt, daß es ſich aller Vorausſicht nach
um den zukünſtigen Miniſterpräſidenten einer verbündeten Macht
handelt. Ueber ſeinen an Deutſchland gerichteten Noten hat
Herr Poincaré offenbar das Gefühl für diplomatiſche Formen
etwas verloren.
In Belgrad tagen zurzeit die Miniſterpräſidenten der Kleinen
Entente, und die europiiſche Oeffentlichkeit hat allen Grund,
dieſe Beſprechungen mit beſonderer Aufmerkſamkeit zu verfolgen.
Herr Beneſch, Außenminiſter der Tſchecho=Slowakei und
gleich=
zeitig Adjutant Poincarés, iſt nach Belgrad gefahren, um nicht
nur das franzöſiſch=tſchechoflowaliſche Bündnis auch auf
Jugo=
ſlawien auszudehnen, ſondern insbeſondere auch, um im
fran=
zöſiſchen Auſtrag die Anerkennung Sowjetrußlands durch die
Kleine Entente durchzuſetzen. Die Verbindung zwiſchen Paris
und Moskau ſoll auf dieſe Weiſe angebahnt werden. Ganz
einfach dürfte das nicht ſein, wenn man an die
Neujahrsauslaſ=
ſung Tſchitſcherins denkt. Die unveränderlich ſowjetfeindliche
Politik Frankreichs, ſo erklärte der ruſſiſche Außenminiſter,
be=
drohe die Feſtigung des Friedens im geſamten Oſteuropa, und
an dieſe Erklärung ſchloß ſich eine Aufzählung der Beiſpiele
eines ſowjetfeindlichen Einfluſſes der franzöſiſchen Politik in
Polen, in den Staaten der Kleinen Entente, in Helſingfors,
Riga, Konſtantinopel und Kabul. Aber auch ſonſt dürften Herrn
Beneſchs Vorhaben noch mancherlei Schwierigkeiten
entgegen=
ſtehen. Trotz der etwas dürftigen offiziellen Berichterſtattung
läßt ſich doch erkennen, daß der rumäniſche Außenminiſter
hin=
ſichtlich Sowjetrußlands einige unbequeme Forderungen ſtellt,
und weiterhin bat es auch den Anſchein, als ob man in Belgrad
ſo ohne weiteres an den franzöſiſchen Wagen ſpannen
deutſam im Hinblick auf die Entwicklung der
engliſch=
ruſſiſchen Beziehungen.
Innerpolitiſch brachte der vergangene Sonntag eine
Eni=
ſcheidung von weittragender Bedeutung. Der Parteitag der
Seite 2.
Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 13. Januar 1924.
Rummer 13
Sozialdemokratiſchen Partei Sachſens beſchloß, daß Herr Heldt,
der neu gewählte ſozialdemokratiſche Miniſterpräſident Sachſens,
zurückzutreten habe. Der offene Ausbruch des Konflikts
inner=
halb der Sozialdemokratiſchen Partei! Die Vereinigung mit den
früheren Unabhängigen, von der Sozialdemokratie ſeinerzeit
jübelnd begrüßt, hat ſich als verhängnisvoll für die Partei
er=
wieſen. Ein Mitglied der alten unabhängigen Partei äußerte
ſich damals nach jenem Vereinigungsparteitag, als er über ſeine
Auffaſſung befragt wurde, lächelnd: „Wolf und Lamm G.m. b.H.”
ſwobei er ſicherlich nicht ſeine Parteigenoſſen als die Lämmer
anſah, und wenn wir ſeinerzeit der Auffaſſung Ausdruck gaben,
daß bei einer ſolchen Vereinigung der Radikalismus ſtets auf
die Dauer der ſtärkere Teil ſein werde, ſo hat die Entwicklung
dieſer Auffaſſung leider durchaus recht gegeben. Die organiſche
Entwicklung der deutſchen Sozialdemokratie zu einer nationalen
deutſchen Arbeiterpartei, fähig, durch praktiſche Politik die
Inter=
eſſen der deutſchen Arbeiterſchaft wirkſam zu vertreten, wurde
durch jene Vereinigung mit dem radikalen Flügel unterbrochen,
und wenn ſich gerade während der ſchweren innerpolitiſchen
Kriſen der Herbſtmonate des Jahres 1923 die Sozialdemokratiſche
Partei als unfähig zu jeder poſitiven praktiſchen Arbeit erwies,
ſo lag das letzten Endes daran, daß ſich die eigentlichen Führer
der Partei im entſcheidenden Moment niemals gegen die
radi=
alen Schreier durchzuſetzen vermochten. Die marxiſtiſche Doktrin
behauptete gegenüber den Anſätzen zu praktiſcher Politik ſiegreich
das Feld — und grub ſich damit ſelbſt ihr Grab. Der
Marxis=
mnus hat abgewirtſchaftet, durch nichts konnte das klarer bewieſen
werden, als durch die Ereigniſſe des letzten halben Jahres, und
die kommenden Wahlen werden dieſe Tatſache nur bekräftigen
können. Der Radikalismus ſetzt ſeine Hoffnungen auf die ſchwere
wirtſchaftliche Not weiteſter Volkskreiſe, welche ihm die Anhänger
in die Arme treiben ſoll; wir ſetzen unſere Hoffnung auf die
geſunde Vernunft des deutſchen Volkes.
HI.
Der ſächſiſche Breſſetag.
Dresden, 11. Jan. Die ſächſiſche Preſſe veranſtaltet vom
Freitag, den 11., bis einſchließlich Sonntag, den 13. Januar, in
Dresden einen Preſſetag, der durch zahlreiche Veranſtaltungen
und vor allem durch den Be uch des Vereins der ausländiſchen
Preſſe in Berlin beſondere Bedeutung gewinnt. Etwa 30
Ver=
treter der ausländiſchen Preſſe wurden heute am
Neuſtädter Bahnhof empfangen. Nach einer Beſichtigungsfahrt
nach der optiſchen Fabrik Hayde begrüßte Oberbürgermeiſter
Dr. Blüher die Gäſte. Ein Vertreter der ausländiſchen Preſſe
dankte für die Begrüßung. Der Aufenthalt in Dresden beſtärke
die ausländiſchen Preſſevertreter noch mehr in ihrem Beſtreben,
für Deutſchland zu wirken, um über die wahrhafte Wirklichkeit
und ſozialen Verhältniſſe in Deutſchland aufzuklären. Nach
einem Frühſtück erfolgte eine Rundfahrt durch die Stadt, die
ihren Abſchluß im Hotel Bellevue fand, wo die Gäſte von dem
Militärbefehlshaber des 4. Wehrkreiskommandos, General
Müller, empfangen wurden.
Dresden, 12. Jan. Die ſächſiſche Preſſetagung
fand heute mittag ihre Fortſetzung durch eine bedeutſame
Kundgebung im großen Plenarſitzungsfaale des Landtags.
Nach einer Begrüßungsanſprache des Vorſitzenden des
Landes=
verbandes der ſächſiſchen Preſſe, Dr. Blank, ergriff
Miniſter=
präſident Heldt das Wort. Er führte u. a. aus, er würde es
begrüßen, wenn es den ausländiſchen Journaliſten nach ihrem
Aufenthalt in Dresden möglich ſein würde, den Handel und die
Induſtrie ihrer Länder zu ermuntern, wieder in engere
wech=
ſelſeitige Beziehungen zur ſächſiſchen Induſtrie zu treten und
ihre Länder davon zu überzeugen, daß die Darſtellungen, als
ob in Sachſen alles drunter und drüber gehe, nicht der
Wahr=
heit entſprächen. Nach mancherlei Irrungen und Wirrungen ſei
nunmehr auch in Sachſen der Gedanke der Zuſammenfaſſung
möglichſt breiter Volksſchichten zur gemeinſamen
Regierungs=
arbeit in die Tat umgeſetzt worden und werde nunmehr
hoffent=
lich die Vollbringung einer ruhigen und poſitiven Arbeitsleiſtung
ermöglichen.
Hierauf ſprach Finanzminiſter Dr. Reinhold von den
großen Machtwerken der modernen Welt, als welcher er das
Pulver, das Gold und die Druckerſchwärze bezeichnete. Redner
wies auf die mögliche Gefährdung der Freiheit der Preſſe durch
die Zuſammenballung einiger großer Intereſſenſphären und
Konzerne im Zeitungsweſen hin und bat zum Schluß die
aus=
ländiſchen Preſſevertreter, darauf hinzuwirken, daß man in
Deutſchland, ſo dankbar man auch für eine direkte Unterſtützung
ſei, lieber Arbeit annehmen würde, die beſſer ſei als jede
Unter=
ſtützung. Alsdann ſprach der Syndikus des Verbandes
ſäch=
ſiſcher Induſtrieller. Abg. Dr. Schneider, über die
Beziehun=
gen zwiſchen Wirtſchaft und Preſſe, ſowie Chefredakteur
Ackermann, ſtelldertretender Vorſitzender des
Reichsverban=
des der deutſchen Preſſe, über die Not der deutſchen
Preſſe und der deutſchen Redakteure.
Namens der ausländiſchen Journaliſten dankte der
Hollän=
der Blokziyl für die der Auslandspreſſe bereiteten Ehrungen
und verſicherte, daß ſie, was an ihnen liege, tun würden, um
die Wahrheit über die Zuſtände in Deutſchland zu verbreiten.
Mit einem Schlußwort des Vorſitzenden fand die Kundgebung
ihr Ende.
Die Speherer Tragsdie.
Das Schreckensregiment der Franzoſen.
Nom, 12. Jan. (Wolff.) In einer Beſprechung der
blu=
tigen politiſchen Tragödie in Speher ſchildert Giornale d’Italia
das Schreckensregiment der Franzoſen in der
Rheinpſalz, das es mit dem Vorgehen des ſpaniſchen
Herzogs Alba in den Niederlanden vergleicht. Die bewaffneten
ſeparatiſtiſchen Banden ſeien nicht beſſer, als die ſpaniſchen
Landsknechte. So etwas geſchehe in einer Provinz, die urdeutſch
ſei. Die Speherer Tragödie beweiſe, daß, wenn das patriotiſche
Gefühl eines großen zahlreichen Volkes herausgefordert werde,
eine Gegenaktion bald einſetze und alle Hinderniſſe
überwinde. Wenn in der Pfalz eine geſetzmäßige Regierung
vorhanden wäre, würden die Separatiſten wegen Hochverrats
verurteilt werden. Jetzt aber, beſchützt durch fremde Bajonette,
quälten ſie diejenigen ungeſtraft, die die Pflicht eines freien
Bürgers erfüllten.
Neue franzöſiſche Repreſſalie.
Ludwigshafen, 12. Jan. Als Repreſſalie iſt von
den Franzoſen geſtern eine nächtliche
Verkehrs=
ſperre von 9 Uhr abends bis 5 Uhr morgens
ver=
hängt worden. Der Verkehr zwiſchen Mannheim und
Ludwigs=
hafen beſchränkte ſich geſtern auf den Eiſenbahnverkehr. Die
Züge konnten den ungeheuren Andrang kaum bewältigen. Vor
dem Bahnhof Ludwigshafen warteten vom Nachmittag bis in
die ſpäten Abendſtunden Tauſende auf die Möglichkeit einer
Rückkehr. Eine Paßkontrolle fand nicht ſtatt, auch kein
Perfonen=
austauſch auf der Rheinbrücke.
Rheinlandkommiſſion und Separatiſten.
Paris 12. Jan. Nach einer Havasmeldung aus Mainz
hat die Rheinlandkommiſſion beſchloſſen, die
Entſchei=
dung über die Forderungen, der ſeparatiſtiſchen
Regierung auf acht Tage zu verſchieben.
„Das Schickſal des Judas”.
London, 12. Jan. (Wolff.) Der Star ſchreibt zur
Er=
mordung der pfälziſchen Separatiſten unter dieſer
Ueber=
ſchrift, es könne nicht zugelaſſen werden, daß es einer Band
von Spitzbuben freigeſtellt werde, ſich als Regierung zu
maskieren, ſich an die Spitze eines bewaffneten Haufens
von Rowdies und ehemaligen Verbrechern zu
ſtellen und eine friedliche Bevölkerung zu
terrori=
ſieren, dies alles unter dem Schutz franzöſiſcher
Bajonette.
Die Opfer des Separatiſten=Terrors.
Ludwigshafen, 12. Jan. Ueber die Opfer der
ſepara=
tiſtiſchen Bewegung in der Pfalz erhalten wir folgende Statiſtik:
Ausgewieſen ſind bis jetzt ungefähr 70 Beamte mit
unge=
fähr 130 Familienangehörigen. Verhaftet wurden über 100
Perſonen, verwundet tpurden auf beiden Seiten ebenfalls
über 100 Perſonen und getötet etwa 30, ſo in Lamprecht 8,
in Speyer 6, in Hahnhofen 5 und in Ludwigshafen 9.
Vorfätzliche Politik der Anterdrückung.
London, 12. Jan. (Wolff.) Die Times ſchreibt in
einem Leitartikel über die Pfalz und das Saargebiet, der
örtliche Vertreter der Interalliierten
Rheinlandkommiſ=
ſion ſcheine ein beſonders emſiger Anhänger der Schule zu
ſein, die nach dem Rhein als der beſten und einzigen
natür=
lichen Grenze Frankreichs im Nordoſten ausſchaue.
Die deutſchen Separatiſten hätten kaum viel Fortſchritte machen
können ohne ſeine ſtillſchweigende oder aktive Unterſtützung.
Bezugnehmend auf den heute von ihr veröffentlichten dritten
Artikel über die franzöſiſche Verwaltung des Saargebietes erklärt
die Times: Frankreich verſuche das Saargebiet,
das ebenſo wie die Pfalz ein rein deutſches Gebiet ſei,
zu entnationaliſieren. Man habe es mit dem Syſtem
der wirtſchaftlichen Durchdringung verſucht. Das Saarbecken ſei
aber auf der Friedenskonferenz nicht Frankreich anvertraut
wor=
den, ſondern dem Völkerbund. Auf die eine oder die andere
Weiſe, durch Einſchüchterung und Schmeichelei, durch bereitwillige
Lieferung von Kapital oder durch Boykott, durch kluge
Diplo=
matie und durch Hartnäckigkeit habe ſich Frankreich wirtſchaftlich
feſt etabliert und ſei jetzt daran, zu verſuchen, die Einwohner zu
zwingen, die franzöſiſche Sprache zu gebrauchen. Franzöſiſche
Schulen würden errichtet, wo ſie nicht beſtehen dürfen, da nach
dem Friedensvertrag das frühere Bildungsſyſtem nicht
ange=
taſtet werden dürfte. Die Times erklärt zum Schluß, in
Weſt=
europa werde heute eine borſätzliche Politik
der Unterdrückung verfolgt.
Das Pfalz=Problem.
Franzöſiſch=engliſche Meinungsverſchiedenheiten.
* London, 12. Jan. (Prid.=Tel.) Obwohl die franzöſiſche
Regierung ſich nunmehr dem engliſchen Standpunkt ange chloſſen
hat, daß die von der „autonomen Regierung” der Pfalz
er=
laſſenen Verordnungen nicht durch die Rheinlandlommiſſion in
Kraft geſetzt werden dürfen, geht der Meinungsaustaſch zwiſchen
den alliierten Regierungen noch über andere, ſich aus der
pfäl=
ziſchen Angelegenheit ergebende Fragen weiter vor ſich. Die
Ver=
ordnungen der Pfalzregierung” wären heute, am 12. Januar,
automatiſch in Kraſt getreten, wenn zwiſchen den alliierten
Re=
gierungen nicht das Uebereinkommen zuſtande gekommen ware,
ihre Anwendung vorläufig zu vertagen und eine Unter
ſuchung der Dinge in der Pfalz vorzunehmen.
Wie die Preſſe mitteilt, iſt es die belgiſche Regierung,
die zwiſchen dem franzöſiſchen und engliſchen Standpunkt
ver=
mittelt hat und von vornherein damit einverſtanden geweſen iſt,
dem engliſchen Vorſchlag zuzuſtimmen, die Frage der
angezo=
genen Verordnungen bis zur. Beendigung der geplanten
Unter=
ſuchung rußen zu laſſen. Die Times ſpart nicht mit warmer
An=
erkennung für die Bemühungen der belgiſchen
Re=
gierung, die ſtrittigen Anſchauungen miteinander zu
verſöh=
nen, was von einer weittragenderen Bedeutung ſein könne, als
man bisher allgemein angenommen habe.
Der Entſchluß der engliſchen Regierung, ſich
durch eine unmittelbare eigene Unterſuchung über den bisheri
gen Verlauf der Ereigniſſe in der Pfalz zu unterrichten, iſt
aller=
dings in der franzöſiſchen Preſſe auf unerwartet heftigen Wider
ſtand geſtoßen. Der Daily Telegraph berichtet, der Vorſchlag der
engliſchen Regierung beſage, daß der engliſche
General=
konſul in München Clive, die Pfalz beſuchen
ſolle, und daß die franzöſiſche Preſſe ſehr von den
Ankündigun=
gen dieſes engliſchen Schrittes überraſcht war, da Clive die
Ein=
reiſeerlqubnis in die Pfalz verweigert werden ſoll,
Die Times ſchreibt in einem ausführlichen Leitartikel, eine
Uinterſuchung in der Pfalz ſei dringend notwendig. Die
Rhein=
pfalz ſei in den Wirren der letzten Jahre leider zu ſehr der
Auf=
uverkſamkeit Europas entglitten, aber nicht der Aufmerkſamkeit
Frantreichs, die es jedem deutſchen Gebiet links des Rheines
zuſpende.
Franzöſiſcher Widerſtand gegen die engliſchen
Unterſuchungspläne.
* Paris 12. Jan. (Priv.=Tel.) Dek engliſch=franzöſiſche
Streit in der Rheinpfalzfrage entwickelt ſich zu einem politiſchen
Ereignis erſten Ranges. Von offiziöſer franzöſiſcher Seite
wurde heute der franzöſiſche Standpunkt nochmals kurz wie folgt
zuſamengefaßt:
Die Pariſer Regieruug beſteht ausdrücklich darauf, daß über
die politiſche Situation in der Rheinpfalz eine unparteiiſche
Unterſuchung vorgenommen wird. Es wird jedoch darauf
ver=
wieſen, daß zur Durchführung einer ſolchen Unterſuchung
ledig=
lich eine interalliierte, mit allen Garantien ausgeſtattete
Kom=
miſſion allein imſtande ſei. Von dieſem Vorbehalt werde die
franzöſiſche Regierung, nach ihren eigenen Angaben zu ſchließen,
unter keinen Umſtänden ablaſſen. Es dürfte ſogar der Fall
ein=
treten, daß, wenn demnächſt ein britiſcher Offizier nach Speher
entſandt würde, die Pariſer Regierung es nicht bei einem
ein=
fachen Proteſt laſſen würde.
In dieſem Zuſammenhang wird die Vermutung laut, daß
die lokalen franzöſiſchen Behörden in der Rheinpfalz die
Wei=
ſung erhalten, ſeiner Aufgabe Hinderniſſe in den Weg zu legen.
Wenn andererſeits der britiſche Generalkonſul Clive aus
Mun=
chen, wie davon die Rede war, als Beauftragter der briti ſchen
Regierung in Speuer eintreffen werde, werden ihn franzöſiſcha
Mikitärs auf Schritt und Tritt begleiten und ſeine Tätigteit
ſtreng kontrollieren.
Dieſe Einſtellung der franzöſiſchen Regierung zu der
geſam=
ten Angelegenheit wird damit begründet, daß Frankreich es ſtets
ſorgfätig ver nieden habe, weder für noch gegen die Separatiſten
Stellung zu nehmen, und aus dieſem Grunde eine einſeitige,
gegen ſie gerichtete Unterſuchung engliſcher Agenten nicht dulden
könne.
Meldungen aus engliſcher Quelle, wonach ein britiſcher
Offi=
zier in den nächſten Tagen die Reiſe nach der Rheinpfalz
an=
tritt, werden in unterrichteten franzöſiſchen Kreiſen als durchaus
unahrſcheinlich bezeichnet. Auch der Quai d’Orfay dementiert
dieſe Nachricht mit dem Bemerken, daß die engliſch=franzöſiſchen
Beſprechungen zurzeit noch fortdauern. Es wird allerdings
zu=
gegeben, daß die Ausſichten auf einen Vergleich ſich in den
letz=
ten 24 Stunden erheblich verminderten.
Inſtruktionen für die belgiſchen Oeſegierten.
Paris, 12. Jan. (Wolff.) Nach einer Hadasmeldung aus
Brüſſel hatte Miniſterpräſident Theunis heute vormittag eine
längere Unterredung mit den drei belgiſchen Sachverſtändigen
Fkanqui, Hutard und Janſſen, die an den am Montag
begin=
nenden Arbeiten am Sitze der Repko in Paris teilnehmen
wer=
den. Bei dieſer Unterredung hat es ſich um die Erteilung der
Nichtlinien gehandelt. Außenminiſter Jaſpar hat der
Unter=
redung beigewohnt.
* Konzert.
F. N. Bei dem zweiten Sonatenabend, den Göſta
Andreaſſon und Guſtav Beck gaben, waren die
Vortrags=
räume von „Kunſt und Keramik” ſo überfüllt, daß zahlreiche
Be=
ſucher mit Stehplätzen vorlieb nehmen mußten, was bei einer
Vortragsfolge von zwei Stunden Dauer eine ziemliche
Zumu=
tung iſt. Die am Schluß der Vortragsfolge ſtehende, hier ſo
ſelten gehörte Kreutzer=Sonate von Beethoden ließ jedoch faſt
alle bis zum Schluß ausharren. Man hörte zuerſt Ferruccio
Buſonis zweite Violinſonate op. 36 in E=Moll, ein Werk, das
ſich noch nicht neutöneriſch gebärdet, ſondern Buſoni als
Eklek=
tiker zeigt. Seine äſthetiſchen Anſchauungen, welche das Gebäude
der alten Sonatenform verdamimen und nur das freie Fließen
der Gedanken anerkennen, kündigen ſich ſchon hier in der
Anein=
anderreihung zahlreicher Teile, an (man könnte trotz der
Be=
nennung Sonate in einem Satz auch „Sätze” ſagen), die ſich meiſt
als Phantaſien über einen Hauptgedanken kennzeichnen. 1. a.
baut er eine große Fuge auf. Alle dieſe Einzelteile ſind
muſika=
liſch und klanglich anſprechend und von auffallendem Wohllaut,
geiſtig aber eine Sammlung von Gedanken, die bald hier, bald
dort an bedeutende Vorbilder erinnern und beweiſen, daß der
hervorragende reproduktive Künſtler, ſehr häufig keine ſtarke
Eigenart in der Produktion beſitzt. Und über dieſen Mangel
an Perſönlichem vermag auch die trefflichſte Kompoſitionstechnit
und der ſchönſte Klang nicht hinwegzutäuſchen. Die Wiedergabe
des ſehr umfangreichen Werkes war ausgezeichnet ſowohl in der
techniſchen Vollendung, als auch im Zuſammenwirken der beiden
Künſtler, die manches ganz in der Buſoniſchen Art faſt
impro=
viſierend im Ausdruck geſtalteten, und wir ſind ihnen daukbar
dafür, daß ſie uns mit dieſer intereſſanten, aber weltbürgerlich
glatten Kompoſition bekannt machten.
Noch herzlicheren Dank aber ernteten ſie für die beiden
Sonaten von Mozart und Beethoven. Die Mozartſche in F=Dur
mit den Variationen klang prachtvoll durchſichtig, fein bis in alle
Kleinigkeiten, und die leidenſchaftlichen Eckſätze der Kreuver=
Sonate und ihre überirdiſch ſchönen Variationen waren ein
er=
hebender Genuß. Ich glaube, man hört gerade die
Beethoven=
ſchen Violinſonaten ſo ſelten in den Konzerten, weil ſie beiden
Inſtrumenten ganz ungewohnte und nicht immer ganz der
Natur derſelben entſprechende Schwierigkeiten zumuten, und weil
hier das Publikum durch genauere Kenntnis der Werke
kri=
tiſcher jeden kleinſten Verſtoß bemerken kann. Doch gerade dieſer
Umſtand ſollte gute Künſtler um ſo eher veranlaſſen, der
Haus=
muſik durch vorbildliches Muſizieren ein wertvolles Beiſpiel in
der geiſtigen Erfaſſung ſolcher Meiſterwerke zu geben. Dies wurde
heute in vollſtem Maße erreicht, die Sonate erſtand prachtvoll
und die verſchwindend wenigen Ungenauigkeiten, die dem Kenner
auffielen, waren Folgen der Ermüdung durch die umfangreiche
Vortragsfolge. Durch reichen und herzlichen Beifall dankte man
für den wertvollen Abend.
* Aus dem Leben König Ludwigs II. von Bayern. (
Mit=
geteilt von Dr. L.) Zum erſten deutſchen Hiſtorikertag hatte ſich
in den Oſterferien 1892 eine beträchtliche Anzahl Fachgenoſſen,
Dozenten wie Oberlehrer, in Iſarathen zuſammengefunden. An
die Verhandlungen, in denen fachwiſſenſchaftliche und
pädagogi=
ſche Fragen beſprochen wurden, ſchloſſen ſich gemütliche
Abend=
ſitzungen im „Platzl” an, die ſicher allen Teilnehmern
unver=
geßlich geblieben ſind. An dieſen Abenden gruppierte man ſich
gern um zwei Dozenten, die beide durch ihre Liebenswürdigkeit
und bafuwariſche Gemütlichkeit namentlich die Herzen der
jün=
geren Elemente der Tagung gewonnen hatten. Eines Tages
kam die Nede auch auf König Ludwig II. und ſein tragiſches
Geſchick, und nun erzählte einer der eben genannten Herren aus
dem Leben des unglücklichen Monarchen ein Begebnis, das die
Zuhörer zwar außerordentlich beluſtigte, zugleich aber auch die
eigentümliche Geiſtesverfaſſung des Königs zutage treten ließ,
die ſpäter ſich zum Wahnſinn auswirkte. In den 70er Jahren,
wenn Ludwig II. von Hohenſchwangau ſich nach Schloß Berg
begab, machte er durchgängig für kurze Zeit in Starnberg Halt.
Dieſe Gelegenheit nahmen die in Starnberg tätigen Beamten,
vor allem der dortige Amtsrichter, wahr, um dem König
auf=
zuwarten. Gegen ſeine Gewohnheit ließ ſich nun Ludwig II.
öfters mit dem Juriſten in ein Geſpräch ein, das ſich allerdings
für geſöhnlich auf die Frage des Königs, was es wohl für
Wetter geben würde, beſchränkte. Daß dieſe
Wetterprophezei=
ungen des Amtsrichters regelmäßig eintraten, erregte des Königs
Aufmerkſamkeit, und er gewöhnte ſich nach und nach daran, für
ſeine Ausfahrten bei dem Amtsrichter Nachrichten über die
kom=
mende Witterung einholen zu laſſen. Dieſe Bevorzugung
er=
regte die Spottluſt des Juriſten, und als er wieder einmal mit
den Honoratioren von Staruberg beim Abendſchoppen ſaß,
er=
zählte er von der oben gekennzeichneten Gewohnheit des Königs
und erklärte, er hoffe in Kürze zum Leiblaubfroſch Ludwigs II.
ernannt zu wverden.
widrige Aeußerung ſpurde
aber der Majeſtät durch einen Ohrenbläſer wieder hinterbracht
und verſetzte den König in gewaltigen Zorn. Als der Miniſter
einige Tage ſpäter zum Vortrag erſchien, erklärte ihm Ludwig,
daß der Amtsrichter wegen Beleidigung der Majeſtät in einen
tiefen Kerker geworfen werden müſſe, und der Miniſter wagte
nicht, dieſer königlichen Willensäußerung zu widerſprechen. Zwar
waltete der Juriſt ruhig weiter ſeines Amtes, aber er erhielt
vom Miniſter die Weiſung, eine Begegnung mit dem König zu
vermeiden. So vergingen einige Monate. Da beabſichtigte
Lud=
wig wieder einmal, eine Ausfahrt ins Gebirge zu unternehmen
und hätte gern gewußt, ob das Hetter ſich günſtig zeigen würde.
Des Königs Umgebung brachte die Rede auf den Starnberger
Amtsrichter und bemerkte, als Ludwig deſſen Rat einzuholen
gebot, den hätte Majeſtät ja in den tiefſten Kerker geſtößen. Der
König befahl, den Beamten aus der Haft zu befreien, und ſo
ward denn der Amtsrichter von Starnberg wieder in Amt und
Würden eingeſetzt.
Eine protokollierte Erklärung Bradburys. Es iſt bekannt,
daß Poincaré immer geſagt hat: „Sie dürfen nicht vergeſſen,
daß, wenn wir ins Ruhrgebiet einmarſchiert ſind, dies geſchah,
weil die Deutſchen nicht alle uns geſchuldete Kohle und Holz
geliefert haben. Angeſichts dieſer „Verfehlungen” trug
Poincar=
eine ſtarke Leidenſchaft zur Schau: „Meine Hölzer will ich, meine
Hölzer!” erklärte er in der Repko. Bradbury, der über eine gute
Doſis Witz verfügt, lächelte und machte eine ironiſche
Bemer=
kung, die in der offiziellen Verhandlungsſchrift angeführt iſt:
„Seitdem im 10. Kriegsjahre die Stadt Troja unter der Liſt des
hölzernen Pferdes fiel, hat die Geſchichte keine derartige
Ver=
wendung des Holzes gebucht. Die gegenwärtige Lage iſt indeſſen
ein wenig verſchieden von der damaligen: Man iſt im fünften
Friedensjahre, und die Stadt, die man berennt, iſt nicht Troja,
ſie heißt Eſſen.
T. Die franzöſiſche Regierung und der Ausgang der
eng=
liſchen Wahlen. Man erzählt, daß, als der Miniſterrat das
Reſultat der engliſchen Wahlen erörterte, eine Exzellenz ihre
Meinung dahin kundgab: „Die Engländer haben gegen Cheron
(den Ernährungsminiſter) ihre Stimmen abgegeben.‟ Das iſt
gut geſagt. Und der Block National kann darin einen deutlichen
Wink erblicken. Sie haben gegen Cheron geſtimmt, aber auch
gegen die Konſervativen und ihren Geiſt des Rückſchritts. „Ebbe
und Flut haben ſich geändert,” ſchreibt trübſinnig „Le Temps”.
Jawohl, ſo iſt es, aber nicht nur in England.
Rummer 13.
Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 13. Januar 1924.
Seite 3.
Staat und Kirche in Sowjetrußland.
Von Prof. D. M. Schian.
Aus Rußland dringen noch immer nur ſehr knappe Nchrichten
zu uns. Ueber ſeine inneren Verhältniſſe ſind wir dſher ſeit
der Zeit der bolſchewiſtiſchen Revolution ſehr unvollſtändig
unterrichtet. Aber auch das Intereſſe für die Entwicklung der
Dinge im europäiſchen Oſten, ſoweit nicht die allerwichtigſten
politiſchen Hauptlinien in Frage kommen, iſt bei uns ſchwach.
Haben wir zuviel mit uns ſelber zu tun? Oder ſind wir durch
die furchtbaren Ereigniſſe des letzten Jahrzehnts ſtumpf
geworden?
In ganz beſonderem Maße gilt das Geſagte von der
Ge=
ſtaltung des kirchlichen und religiöſen Lebens in Rußland.
Küm=
mern ſich viele — auch Gebildete! — ſchon im eigenen Land
kaum um die kirchlichen Fragen, ſo iſt ihnen erſt recht gleichgültig,
was auf dieſem Gebiet im fernen Oſteuropa geſchieht. Und doch
beſtehen die allerernſteſten Gründe dafür, daß Deutſchland, daß
Mittel= und Weſteuropa, ja daß die Welt von dem Kenntnis
nimmt, was der Bolſchewismus an „Kirchenpolitik” leiſtet.
Gründe der einfachſten Menſchlichkeit fordern es. Daneben die
Erwägung, daß, falls die bolſchewiſtiſche Propaganda irgendwo
außerhalb Rußlands die erſehnten Erfolge erzielen ſollte, die
Methoden dieſer bolſchewiſtiſchen „Kirchenpolitik” zweifellos auch
dort Anwendung finden würden. Wahrhaftig, es iſt nötig, daß
wir den Bolſchewismus von allen Seiten ſtudieren.
Die ſogenannte „orthodoxe” Kirche in Rußland war bis zur
Revolution im Frühjahr 1917 eng an den Staat gebunden. Die
Revolution änderte dieſen Zuſtand ſofort. Von der kurzen
erſten Etappe dieſer Revolution ſoll nicht geſprochen werden.
Die bolſchewiſtiſche Regierung verfügte ſehr raſch (Februar 1918)
eine radikale „Trennung” der Kirche vom Staat. Sie ging ſo
weit, den kirchlichen Geſellſchaften grundſätzlich das
Eigentums=
recht abzuſprechen; doch beließ man ihnen die koſtenloſe
Be=
nutzung der Kultusgebäude. Dieſes Edikt bildet die Einleitung
zu einem nun faſt ſechs Jahre währenden erbitterten Kampf des
Bolſchewismus gegen die Kirche. Es handelt ſich dabei, wie ich
von vornherein feſtſtellen möchte, nicht etwa nur um einen mit
den Mitteln des Geſetzes ausgefochtenen Kulturkampf, vielmehr
um eine erbitterte Kirchenverfolgung allergrößten Stils in
Ver=
bindung mit einer alles Dageweſene überbietenden antireligiöſen
Propaganda.
Was den Verlauf dieſes Kampfes betrifft, ſo waren wir
bisher faſt nur auf Zeitungsnotizen, höchſtens einmal
Zeitungs=
artikel, angewieſen. Neuerdings hat die Kulturliga in ihrem
eigenen Verlag eine Schrift in deutſcher Sprache veröffentlicht,
die endlich eine ſyſtematiſche Ueberſicht bietet. Sie führt den
eigentümlichen Titel: „Die Erſtürmung des Himmels”
und ſtellt eine verkürzte Ausgabe des ruſſiſchen Originals dar.
Es handelt ſich um eine Zuſammenſtellung ſehr reichhaltigen
Materials an Akten, Protokollen, Zeitungsartikeln uſw. Der
Wiſſenſchaftler würde wünſchen, daß in der Anführung der
Quellen noch größere Genauigkeit zur unverbrüchlichen Regel
gemacht wäre; er empfindet es natürlich auch ſchmerzlich, daß
ihm die Nachprüfung durch die Verhältniſſe unmöglich gemacht
iſt. Aber weitaus die größte Zahl der Angaben iſt ſorgfältig
belegt; und die Darſtellung entſpricht, wie der Fachmann wohl
bemerkt, vollkommen den Mitteilungen, die aus anderen Quellen
zu uns kamen; wir haben alſo alle Veranlaſſung, die Schrift
durchaus ernſt zu nehmen. Dann aber iſt ſie eine ganz
furcht=
bare Anklage gegen die Sowjetregierung, ein Denkmal äußerſter
Kulturſchande und traurigſter Verirrung.
In allen dieſen Jahren" geht der bolſchewiſtiſche Kampf
gegen die Kirche unter der Spitzmarke „Arbeit in Sachen der
Trennung der Kirche vom Staat”. In Wirklichkeit handelt es
ſich um viel mehr: um energiſche Arbeit zur Ausrottung der
Religion.
Ich übergehe kurz die erſte Periode der bolſchewiſtiſchen
Herrſchaft, die Zeit des Bürgerkriegs. Damals ſind zahlloſe
Schandtaten gegen Geiſtliche verübt, zahlloſe Kirchen geſchändet
worden. Im Dongebiet und im Charkower Gouvernement z. B.
iſt nicht eine einzige Kirche von Beſudelung, Entweihung und
Beraubung verſchont geblieben. Allein in der Stadt Charkow
ſind 70 Perſonen geiſtlichen Standes gemartert und ermordet
worden. Kirchen wurden in Theater, Tanzſäle, Kinos uſw.
verwandelt. Aehnlich in anderen Gegenden Rußlands. Wer da
weiß (leider iſt auch das in Deutſchland viel zu wenig bekannt),
wie unmenſchlich die Bolſchewiſten während ihrer kurzen
Herr=
ſchaft in Riga gehauſt haben und wie dort eine ganze Anzahl
evangeliſcher Paſtoren ihnen zum Opfer gefallen ſind, der wird
ſich nicht darüber wundern, daß ſie in dem eigentlichen Rußland
gegenüber der orthodoxen Kirche dieſelbe fanatiſche und niedrige
Grauſamkeit an den Tag gelegt haben. Aber dieſe Verfolgungen
waren nicht organiſiert; ſie ſtellen mehr den Ausbruch wüſter
Zügelloſigkeit der Einzelnen dar.
Mit dem Anfang des Jahres 1922 begann der organiſierte
Kampf gegen die orthodoxe Kirche. Die Hungersnot in
Ruß=
land hatte ihren Höhepunkt erreicht. Die bolſchewiſtiſche
Regie=
rung — die Maßnahmen gingen vom Allruſſiſchen Zentralen
Exekutivkomitee (AZEK.) aus — gab die Parole aus:
Aus=
nutzung des Kirchenguts für die Hungernden! Der Patriarch
der orthodoxen Kirche, Tichon, erließ ſelbſt, noch vor dem
ent=
ſprechenden Beſchluß des AZEK., einen Aufruf, der dazu
auf=
forderte, allerhand nicht für den Gottesdienſt unentbehrliche
kirch=
liche Wertſtücke für die Hungernden zu ſpenden. Angeſichts des
jede Rückſicht außer Acht laſſenden Vorgehens der Regierung
aber erließ er einen Proteſt, der vor allem bezweckte, die Kirche
vor Entweihungen zu ſchützen und der außerdem die Kontrolle
der Geiſtlichkeit bei der Verwendung der durch den Verkauf
kirchlicher Wertſachen erlöſten Gelder forderte. Die Regierung
ließ dieſen Proteſt unbeachtet; ſie organiſierte die Fortnahme
der kirchlichen Wertſachen in der denkbar roheſten Form der
Be=
raubung und Demolierung; und gegen diejenigen Prieſter und
Laien, die ſich dieſem Vorgehen nicht glatt fügten, begann eine
ungeheure Reihe von Prozeſſen, die, in beiſpielloſer Willkür
ge=
führt, zahlloſe Biſchöfe, Prieſter, Mönche, kirchliche Angeſtellte
zur Aburteilung brachten. Die Revolutionstribunale verhängten
Gefängnisſtrafen, jahrelange Zwangsarbeit, aber auch
Todes=
ſtrafen. Die Fülle der Meldungen, die das vorliegende Buch
bringt, iſt erſchütternd. Dabei beſchränkt es ſich auf ſolche
Nach=
richten, die die kommuniſtiſche Preſſe ſelbſt gebracht hat, obwohl
dieſe über viele Prozeſſe gar nicht berichtet hat. Auch der Patriarch
Tichon wurde in Anklagezuſtand verſetzt, angeblich weil er die
gegenrevolutionäre Bewegung unterſtützt habe. Der Prozeß
gegen ihn wurde aber mehrfach aufgeſchoben, und Tichon wurde,
nachdem er ſein Amt niedergelegt hatte, im Juni 1923 in
Frei=
heit geſetzt. Wahrſcheinlich ſpielt bei dieſer vereinzelten
Frei=
laſſung die Rückſichtnahme auf das Urteil Weſteuropas eine
Rolle.
Die Beraubung der Kirchen ging nicht ohne Widerſtand des
Kirchenvolkes vor ſich. An vielen Orten wurde die
proteſtie=
rende Menge von bewaffneter Macht auseinandergetrieben. Es
ſcheint, daß die Bevölkerung in ihrer großen Maſſe trotz des
furchtbaren Terrors, den die Regierung übte, oder vielleicht
ge=
rade infolge dieſes Terrors, ihre Anhänglichkeit an die Kirche
deutlichſt zum Ausdruck brachte. Nur die Kommuniſten, zumal
die kommuniſtiſche Jugend, nahm fanatiſch gegen die Kirche
Stellung. Die Regierung aber wollte keineswegs bloß die
Kirchengüter in ihren Beſitz bringen; ſie wollte die Kirche ſelbſt
treffen. So ſcheute ſie, die die Trennung von Kirche und
Staat proklamiert hatte, nicht davor zurück, ihrerſeits der
ortho=
doxen Kirche eine „Oberſte Kirchenverwaltung” aufzuzwingen
und zugleich mit allen Mitteln eine Spaltung in der Kirche
ſelbſt herbeizuführen. Die ukrainiſche Kirche hatte ſich bald nach
der Revolution ſelbſtändig gemacht (autokephal); dazu kam eine
auf ruſſiſchem Boden ganz neue Erſcheinung, die ſogenannte
„lebendige Kirche”, eine radikale Reformbewegung, die ſich der
vollen und rückſichtsloſen Unterſtützung der bolſchewiſtiſchen
Re=
gierung erfreuen durfte. Dieſe „Lebende Kirche” veranſtaltete
einen „Allruſſiſchen Kirchenkongreß”, der auf Grund eines
bru=
talen Syſtems gewählt wurde, das nur Anhängern zum Eintritt
in den Kongreß verhalf. Mit Regierungshilfe ging die „Lebende
Kirche” rigoros gegen die alte Kirche vor; vollkommene
Ver=
wirrung, Streit Aller gegen Alle war die Folge.
Es kann kein Zweifel darüber beſtehen, daß die Bolſchewiſten
mit ihren Maßnahmen nichts anderes bezwecken, als die
Ver=
nichtung der Kirche, letztlich die Ausrottung der Religion. Das
bringt ein von der Regierung warm empfohlenes Buch von M.
Stepanow über „Aufgaben und Methoden der antireligiöſen
Propaganda” klar zum Ausdruck: „Wir müſſen ſo handeln, daß
jeder Schlag gegen die Gebeine der Heiligen, die wundertätigen
Heiligenbilder, die Gebete wegen Regenſpendung oder Aufhörens
des Regens, gegen jedes Element des Glaubensbekenntniſſes
und der Kirchenverordnungen, gegen die traditionelle Verfaſſung
der Kirche, gegen ihren Klaſſenſtandpunkt im politiſchen Kampfe
uſw., — daß jeder Schlag ſich zu einem Schlage gegen die
Religion im allgemeinen verwandelt . . . Man muß
dahin ſtreben, daß zuſammen mit dieſer Ausrüſtung auch das
ganze Schiff des Glaubens zugrunde geht.” Ueber die Art dieſes
Kampfes gegen die Religion, über die beiſpiellos gemeinen
Methoden, mit denen aller Glaube verhöhnt und verächtlich
ge=
macht wird, bringt unſer Buch Einzelnachweiſe in großer Zahl
und von geradezu erſchütternder Wirkung. Zum Furchtbarſten,
was es auf dem Gebiet der Heiligenſchändung überhaupt gibt,
gehören die Mitteilungen des Kapitels, das die organiſierte
blasphemiſche Verhöhnung des Weihnachtsfeſtes durch
Veran=
ſtaltungen der kommuniſtiſchen Jugend ſchildert. Unter den
bild=
lichen Darſtellungen, die dabei aufmarſchierten, war noch lange
nicht die ſchlimmſte die, welche Maria mit dem Jeſuskind in der
Uniform eines Rotarmiſten zeigt, mit dem Rotarmiſten=Helm auf
dem Kopf! Noch ſchlimmer ſind freilich die Methoden, die
Kinderwelt zu atheiſieren. Die Prawda, das bolſchewiſtiſche
Hauptorgan, berichtete im Mai 1923 von einer Abſtimmung, die
der Lehrer eines Kinderheims in Krementſchug vornehmen ließ.
„Wer da glaubt, daß es einen Gott gibt, hebe die Hand auf.
Es erheben ſich 3, 4, 7 Hände 2 Hände ſinken wieder herab.
Wer iſt gegen Gott? Der Wald der Hände wächſt ſchnell ..
Es ertönt ein einheitliches Hurrageſchrei. Gott iſt durchgefallen.”
Das ſind nicht Einzelheiten. Das iſt Syſtem. Der Bolſchewis=
mus will die Neligion ausrotten und benutzt dazu jedes
Mittel, das ſich bietet. Das niedrigſte Mittel iſt, wenn es
wirk=
ſam ift, am meiſten willkommen. Eine unglaubliche Roheit der
Geſinnung, eine alles Maß überſteigende Unduldſamkeit reichen
ſich in ſeinen Maßnahmen die Hand.
Ich habe den Gang der Dinge ſo knapp als möglich ſkizziert.
Dabei habe ich mich wohl auf das oben genannte Buch geſtützt,
aber daneben auch andere Quellen benutzt. Das Buch hat nicht
ganz unerhebliche Mängel der ſchriftſtelleriſchen Darbietung; bei
einer zweiten Auflage wäre den Herausgebern eine
Durcharbei=
tung nach dem Rat eines Fachmannes anzuraten. Aber ſein
Material iſt von gewaltiger Wucht. Es wäre zu wünſchen, daß
es viele Leſer fände.
Ganz ſpurlos ſind, ja die geſchilderten Ereigniſſe an der
weſteuropäiſchen Oeffentlichkeit nicht vorübergegangen.
Nament=
lich der Prozeß gegen den Patriarchen Tichon und der gegen
einige hohe römiſch=katholiſche Geiſtliche — denn auch ſie wurden
von der Verfolgung betroffen — erregten immerhin einige
Auf=
merkſamkeit. Das engliſche Oberhaus beſchäftigte ſich infolge
einer Interpellation des Erzbiſchofs von Canterbury mit der
Angelegenheit Tichon; im polniſchen Parlament kam das
Vor=
gehen gegen römiſch=katholiſche Prieſter zur Sprache. Der
pol=
niſche Miniſterpräſident erhob Einſpruch gegen die Verurteilung
dieſer Prieſter. Daraufhin — oder wenigſtens im
Zuſammen=
hang damit — wurde das Urteil gegen den Erzbiſchof Cieplak
gemildert; in einem anderen Falle blieb es beim Todesurteil,
das auch vollſtreckt wurde. Aber aufs Ganze geſehen, ließ
Weſt=
europa die Bolſchewiſten gewähren. Wird auch dieſe aktenmäßige
Darſtellung keine größere Wirkung haben? Wird das an Blut
und Schrecken gewöhnte Europa auch jetzt noch ſtillſchweigend
hinnehmen, was in Sowjet=Nußland geſchieht? Wenn es den
Anſpruch erheben will, Hort der Kultur zu ſein, ſo muß es ſeine
Haltung ändern. Und wenn die politiſchen Umſtände es nicht
ermöglichen, daß Europa den Bolſchewiſten in den Arm fällt, ſo
muß es wenigſtens ſeinen Abſcheu, ſein Entſetzen bekunden.
Eins aber iſt angeſichts der Dokumente, die dieſes Buch bringt,
einfach nicht mehr erlaubt: dieſe furchtbaren Dinge zu ignorieren.
Zuſammentritt des 1Ser=Ausſchuſſes.
Berlin, 12. Jan. Der 15er Ausſchuß des Reichstages iſt
zum Dienstag, den 15. Januar, einberufen worden. Auf der
Tagesordnung ftehen folgende Gegenſtände: 1. Die Verordnung
betr. Aenderung des Geſetzes zur Ausführung der
Beſtimmun=
gen des Friedensvertrages über die gemiſchten
Schiedsgerichts=
höfe und die Vollſtreckung ausländiſcher Urteile. 2. Der
Ent=
tpurf einer Verordnung zur Entlaſtung des Reichsgerichts
2. Der Entwurf einer Verordnung über das Verfahren in
Miet=
ſachen. 4. Der Entwurf einer Verordnung zur Ergänzung des
Geſetzes über die Gewährung einer Entſchädigung an verſetzte
Beamte und von Umzugskoſten beim Wohnungswechſel am
Orte. 5. Beratung eines Antrages der Abg. Dr. Wunderlich
und Gen. betreffend die Aufhebung der Verordnung über die
Krankenhilfe bei der Krankenkaſſen vom 30. Oktober 1923.
Ein politiſcher Mord.
Berlin, 12. Jan. Ein politiſcher Mord iſt am 7. Januar
in der Oderbergerſtraße 15 begangen worden. Dort wurde der
Friſeur Johann Rauſch im dunklen Hausflur von zwei bisher
noch nicht ergriffenen Perſonen niedergeſchoſſen. Rauſch, der
ſelbſt der kommuniſtiſchen Partei als Mitglied angehörte, ſollte
von ſeinen Parteigenoſſen erledigt werden, weil man ihn des
Parteiverrats beſchuldigte. Als Täter kommen zwei Männer
in Frage, die in kommuniſtiſchen Kreiſen als Peters und Fritz
bekannt ſind. Peters war Mitglied der ruſſiſchen Tſcheka und
wurde wegen ſeiner früheren Tätigkeit Hängepeters genannt.
Differenzen in der U. S.P.
Berlin, 12. Jan. In der U. S. P. entſtanden ſtarke
Differenzen. Der Parteivorſtand und der Parteiausſchuß
ſchloſſen die bisherigen Vertreter im Reichstag und Landtag,
die Abgeordneten Ledebour, Wegmann, Ruſch aus.
Gleichzeitig wurden noch 16 andere Parteifunktionäre
ausge=
ſchloſſen, die mit den drei Genannten zur Bildung einer
neuen Arbeiterpartei aufgefordert hatten.
Die Arbeitszeit im Bankgewerbe.
Der Allgemeine Verband der deutſchen Bankangeſtellten
teilt mit, daß der Reichsarbeitsminiſter den Schiedsſpruch für
das Bankgewerbe vom 29. Dezember für verbindlich erklärte,
welcher die 54=Stundenwoche und die Gehaltsſtaffelung von 72
bis 210 Mark vorſieht. Nach der Meinung des Verbandes
ver=
ſtößt dieſer Schiedsſpruch gegen § 1 der Arbeitszeitverordnung
und er wil. dagegen gewerkſchaftliche Maßnahmen treffen.
Generalſireik in Krefeld.
Berlin, 12. Jan. In Krefeld war geſtern abend der
Generalſtreik beſchloſſen worden. Den ausſtändiſchen Tertil= und
Metallarbeitern haben ſich zahlreiche andere Betriebe
ange=
ſchloſſen. Auch die Buchdrucker haben die Arbeit niedergelegt, ſo
daß die bürgerlichen Blätter nicht erſcheinen konnen. Die
Stra=
ßenbahnen und ſtädtiſchen Werke müſſen auf Anordnung der
Be=
ſatzungsbehörde den Betrieb aufrecht erhalten.
*Berliner Theaterbrief.
Shakeſpeare, Schiller und ONeil.
Barnowskys „Was ihr wollt” im „Leſſingtheater” ließ
Jürgen Fehling jetzt im „Staatstheater” ſeine Inſzenierung des
Shakeſpeare=Luſtſpiels „Viel Lärm um nichts” folgen — eine
Arbeit, die nicht annähernd die kühne Originalität erreicht, die
wir ſonſt von dieſem Regiſſeur gewohnt ſind. Die Bühne baut
ſich in einer vierfach abgeflachten Pyramide auf, deren Stufen
den Schauſpielern Gelegenheit geben, ihre unglaublich ſchnell
gebrachten Verſe durch Umherſchreiten und Hin= und Herrennen
zu ſteigern. Ganz im Gegenſatz hierzu ſpielen ſich die
Rüpel=
ſzenen breit und ſchwerfällig dahin — woraus ſich ein ſtiliſtiſcher
Bruch des Ganzen ergibt. Ein weiterer Fehler des überlangen
Abends liegt in der gemiſchten Verwendung älteſten und neueſten
Schauſpielermaterials. Karl Ebert iſt kein Naturburſche, auch
wenn er ſeine ganze Virtuoſität einſetzt, luſtig zu erſcheinen.
Einzig überragend war die Beatrice der Agnes Straub.
Die Geſamtausſtattung von Emil Pirchen beſchränkte ſich
in bekannter Shakeſpeare=Manier. Alles in allem: eine ſaubere
Aufführung, wie man ſie auch ſchon vor dem Kriege an dieſer
Stätte gewohnt war.
Ein intereſſantes Experiment unternahm Berthold
Viertel mit ſeiner „Truppe” im „Luſtſpielhaus‟. Er
ver=
ſuchte, des Amerikaners O’Neil Niggerſtück „Kaiſer Jones”
auf die Bühne zu bringen. Wenn der Verſuch mißlang, ſo lag
das mehr an den beſchränkten Möglichkeiten dieſer Bühne, als
an der Intention des Regiſſeurs. „Kaiſer Jones” iſt ein
Nigger=
verbrecher, der irgendwo im Urwald ſich zum Regenten eines
Negerſtammes aufgeworfen hat. In einem Vorſpiel wird
ge=
zeigt, wie er, der Ausnützer, vor ſeinen Untertanen die Flucht
ergreifen muß. Das Drama ſelbſt iſt nur ein einziger großer,
in Szenen aufgelöſter Monolog, in dem der Nigger auf der
Flucht im Urwald den Geſtalten ſeines Innern als Geſpenſtern
begegnet, bis ihn die Neger mit einem Schuß erlegen. Sieht
man von den künſtlich gemachten Romantizismen dieſes doch
dichteriſch geſchauten Nervenreißens ab, ſo wird man durch die
kühne Miſchung von Spukhaftem und Naturaliſtiſchem gewonnen.
Freilich iſt dieſer Monolog zu monoton, um als Drama nach
außen projizierter Spannungen dieſer primitiven Seele gelten
zu können. Aber keine Frage, daß dieſes Werk weſentlich höher
zu bewerten iſt, als die Theſendramatik der „Anna Chriſtie”,
an der ſich die Dorſch vor kurzem verſuchte. Man kann dies
faſt filmiſche Monodrama vielleicht mit ganz großen ſzeniſchen
Mitteln in Bühnenleben umſetzen. Die aber fehlten Viertel auf
ſeiner kleinen Bühne, er mußte zu den Surrogaten der
Stil=
bühne greifen, die verſagten. So blieb nur der Darſteller übrig;
Homolka, der, aus Wien kommend, zum erſten Male in
Berlin auftrat. Zweifellos eine ſtarke Begabung, der die
Ein=
tönigkeit mit vielen Mitteln zu nuancieren wußte. Eine
gewal=
tige Vitalität in einem Athletenkörper, bis auf den Geſichtstypus
Wegener ähnlich, jedoch mit eigenen Tönen. Trotz aller
Ver=
fehlungen und allem Unzureichenden alſo kein verlorener Abend.
Das wollen wir auch von der „Don Carlos”=Aufführung
feſt=
ſtellen, die die dritte Regietat Holls, des neuen Leiters der
Volksbühne, wurde. Holl, dem’s die Berliner Kritik ſchwer
macht, da er gegen ihren Willen an dieſe Stelle kam, iſt gewiß
keiner der großen Begnadeten. Aber es iſt ungerecht, gegen
ihn mit dem ganz ſchweren Geſchütz aufzufahren, wie es die
Berliner Kritik von vornherein einzuſetzen beliebt. Holl iſt an
ein Enſemble gebunden, das keine Qualitäten hat; Holl iſt an
einen Etat gebunden, der keine großen Ausrüſtungen geſtattet.
Er muß alſo ſozuſagen mit gebundenen Händen arbeiten. Was
er diesmal zuſtande gebracht hat, bleibt unter dieſen Umſtänden
eine durchaus anſtändige Leiſtung. Einzuwenden gegen ihn iſt
nur, daß ſeine Regie zu ſehr zum Bildſtellen neigt, während das
Sprachmotoriſche vernachläſſigt wird. Was nun allerdings
ge=
rade bei Schiller ein ſchweres Manko bedeutet. Schon daß er
das Werk ungeſtrichen gibt, iſt bedenklich. Man kann die Pietät
auch zu weit treiben. Seine Leute hat Holl nicht über ihr Format
hinauszuführen vermocht, einigen hingegen iſt ſeine Regie ſogar
ſchlecht bekommen. Achaz als Don Carlos, der ſowieſo ſchon
zum Poſenſtellen neigt, war ein völlig äußerlicher Prinz. Aſper
als Poſa blieb hingegen körperlich noch immer gebunden, kämpft
auch immer noch mit dem Wort, hatte aber wenigſtens ein paar
Stellen, die ſein Wachstum bezeugten. Sympathiſch, wenn auch
eintönig weinerlich Leonore Ehn als Eliſabeth,
ſeltſamer=
weiſe erſchreckend provinziell Roſe Liechtenſtein als Eboli.
Der Einzige, der ganz da war, war George als Philipp. Aber
er ſtand außerhalb der Regie, zerſprengte das Stück und machte,
kraft der Atmoſphäre, die er hat, aus dem Drama „Don Carlos”
ein Drama „Philipp”. Was gewiß weder im Sinne des Dichters
noch im Sinne des Regiſſeurs lag. Alſo viele Einwendungen.
die aber die geleiſtete ernſthafte Arbeit nicht in Abrede ſtellen
Dr. N.
ſollen.
Kunſi, Wiſſenſchaft und Leben
— Der neue Intendant des Weimarer
Natio=
naltheaters. Zum Intendanten des Weimarer deutſchen
Nationaltheaters wurde als Nachfolger Ernſt Hardts, der mit
Ablauf der Spielzeit vertragsgemäß von ſeiner Stelle
zurück=
treten wird, der Meininger Intendant Dr. UIbrich vom
thü=
ringiſchen Staatsminiſterium gewählt. Außerdem wurde ihm
die Generaldirektion der thüringiſchen Landestheater und damit
zugleich die Durchführung einer Planwirtſchaft dieſer Bühnen
übertragen.
— Wilamowitzüber die Not der Schule. In der
Deutſchen Allgemeinen Zeitung ſchreibt Profeſſor v. Wilamowitz=
Moellendorff über das Los der Wiſſenſchaft und berührt dabei
die Notder Schule: „Fünf Jahre ochlokratiſcher
Parlamen=
tarismus haben Univerſität und Schule ſchwer geſchädigt, und
nun tritt die Not der zerrütteten Finanzen hinzu. Von der
Univerſität will ich nicht mehr ſagen, als daß da Erſparniſſe
wohl zu machen ſind. Aber die Gefahr der Schule iſt dringend.
In mehreren Ländern hat ihre Zerſtörung begonnen; ein
Reichs=
ſchulgeſetz ſteht in Ausſicht, und ſchon vor dem Kriege galt die
Reife für vorhanden, wenn ein Schulrat ſie bezeugte. Wenn
nun jetzt die Zahl der Schulſtunden in den allein ernſthaft
bil=
denden Fächern verringert, aber die Pflichtſtunden der Lehrer
erhöht werden, ſo zerſtört man dieſen die Möglichkeit,
wiſſen=
ſchaftlich zu produzieren (und ohne ſie kommen wir nicht aus),
und ſie können ſich ſelbſt nicht mehr fortbildend auf der Höhe
halten. Die Kinder lernen nicht nur zu wenig, ſondern es fehlt
jene innere Bildung und Anregung, die von dem
Univerſitäts=
lehrer nicht erſetzt werden kann, der in die Wiſſenſchaft einführt.”
— Verkauf ſtaatlicher Kunſtwerke. Hunger und
Wohnungsnot wachſen und werden bald keinerlei Hemmungen
mehr kennen. In Oeſterreich verkaufte man, um Geld zu
be=
kommen, ſtaatliche Kunſtwerke ins Ausland. Bei uns werden
jetzt gleiche Forderungen wach, auch berechtigte Bedenken bringt
die furchtbare Not zum Schweigen. Aber rechtzeitig ſollten
Kunſtvereine uſw. daran gehen, Verzeichniſſe von ſolchen
Kunſt=
werken im öffentlichen Beſitz aufzuſtellen, die der bodenſtändigen
Kunſtbildung und dem künftleriſchen Charakter des Ortes nichts
bedeuten. Bringt ſie rechtzeitig der großen Not zum Opfer.
ſo bewahrt ihr vielleicht dadurch die wirklich wertvollen Werke
den Zugriffen unverſtändiger Hände. Eile tut not!
Seite 4.
Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 13. Januar 1924.
Nummer 13.
Zum Jahrestag des Ruhreinmarſches.
Der Mißerfolg der Pfänderpolitik.
London, 12. Jan. (Wolff.) Mancheſter Guardian
erin=
nert in einem Leitartikel zum Jahrestage der
Ruhr=
beſetzung an die Aeußerung, die Poinearé wenige Tage
vor der Ruhrbeſetzung auf der Botſchafterkonferenz tat, er
er=
warte keine Schwierigkeiten und werde, in drei
Stunden den Induſtriellen von Eſſen ſeine
Be=
dingungen diktieren. Das Blatt fragt, ob Poincaré
heute noch ſagen könne, daß ſich ſeine Vorausſetzungen in irgend
einem Punkt erfüllt hätten. Hätten ſeine produktiven
Pfäuder irgend etwas anderes als Leiden und Verluſte
gebracht? Der größte Teil des deutſchen Volkes habe einen
Diefſtandder Armut erreicht, wie ihn kein ziviliſierter
Staat vorher gekannt habe. Dafür ſeien Poincaré und
die Ruhrbeſetzung in der Hauptſache
verant=
wörtlich. Wo ſeien die Reparationen? Welche Zwecke habe es,
einen Zahlungswillen geſchaffen zu haben bei jemanden, den
man der letzten Zahlungsmittel beraubte? Die
bisherige Ruhrbeſetzung ſei kataſtrophal
ge=
weſen. Niemals werde es England möglich ſein, an
einer Regelung teilzunehmen, bei der
Frank=
reichdas Rechthabe, deutſches Gebietaußerhalb
des im Vertrage vorgeſehenen zu beſetzen.
Geheimrat Hagen über die Verkehrsverhältniſſe.
Köln, 12. Jan. Bei ſeiner geſtrigen Uebernahme des
Vor=
ſitzes der hieſigen Handelskammer gedachte Geheimrat Hagen in
einer Anſprache des Jahrestages des Einmarſches der Franzoſen
und Belgier in das Ruhrgebiet. Zwei Dinge ſeien es, die in der
jetzigen Zeit außerordentliche Schwierigkeiten bereiteten und auf
deren Beſſerung großer Wert gelegt werden müßte. Unter den
jetzigen Verkehrsverhältniſſen leide die
Wirt=
ſchaft außerordentlich; von einem geregelten Leben in
den weſtlichen Provinzen könne keine Rede ſein. Die deutſche
Regiernng müſſe alles aufwenden, um mit den anderen
Be=
teiligten zu einer Uebereinſtimmung über dieſe Frage zu
ge=
langen. Das Hauptaugenmerk müſſe darauf gelegt werden, daß
Deutſchland die Tarifhoheit behalte, damit die deutſche
(Induſtrie wettbewerbsfähig bleibe.
General de Metz und die Pfalz.
Berlin, 12. Jan. Zu der Pariſer Meldung über die
An=
gaben Grumbachs im Quotidien veröffentlicht der ehemalige
Reichskanzler Hermann Müller=Franken folgende
Er=
klärung im Vorwärts:
Vom 25. bis 27. Februar 1922 hielt ich drei öffentliche
Volks=
verſammlungen in Kaiſerslautern, Neuſtadt a. d. Hardt und
Lud=
wigshafen ab. Am 27. Februar früh ſuchte mit der Adjutant des
Gencrals de Metz in Ludwigshafen auf und bat mich im
Auf=
trage des Generals um eine Beſprechung, die einen durchaus
privaten Chatakter haben ſollte. Nach Rückſprache mit der
Pfäl=
zer ſozialdemokratiſchen Parteileitung erklärte ich mein
Ein=
verſtändnis, fuhr nachmittags nach Speher, wo die
Unter=
redung in der Privatwohnung des Generals de Metz ohne
wei=
tere Zeugen ſtatifand, de Metz ſprach in 1½ſtündiger
Unterhal=
tung mit mir die Probleme einer deutſch=franzöſiſchen
Verſtän=
digung durch, insbeſondere die Neparationsfrage und das
Pro=
blem der Sicherheit Frankreichs, de Metz hat dabei von der
Loslöſung der Pfalz aus dem Reichsverbande in keiner Weiſe
geſprochen. Dagegen ſprach er von der Notwendigkeit
einer von Preußen losgelöſten rheiniſchen
Re=
publik im Rahmen des Reiches unter ausdrücklicher
Bezugnahme auf die Möglichkeit der Herbeiführung einer ſolchen
auf Grund des Artikels 18 der Reichsverfaſſung. Ich erwiderte
ihm, daß alle politiſchen Parteien des Rheinlandes
über=
eingekommen ſeien, eine ſolche Abſtimmung nicht
vorz=
nehmen, ſolange franzöſiſche Bajonette das Rheinland
be=
herrichten. Nach meiner Rückkehr nach Berlin machte ich dem
Reichskanzler Wirth und dem Reichsminiſter Rathenau
von dem Inhalt der Unterredung Mitteilung. Die
Behauptun=
gen Grumbachs ſind alſo, ſoweit der Inhalt der Unterredung in
Betracht kommt, irrtümlich.
Das Urteil im Frankfurter Prozeß.
Frankfurt a. M., 12. Jan. Wegen Vergehens gegen
das Geſetz zum Schutze der Republik ſowie gegen verſchiedene
Paragraphe: des Strafgeſetzbuches hatten ſich in 5tägiger
Ver=
handlung vor der hieſigen Straftammer 13 Kommuniſten zu
verantworten, die im Oktober v. J. einen Ueberfall auf eine
Schar Ausflügler unternommen hatten. Nach Auflöſung der
proletariſchen Hundertſchaften unterhielten die Angeklagten eine
das gleiche Ziel verfolgende Organiſation. Das Geicht
verur=
teilte die Angeklagten zu Gefängnisſtrafen von 6 Monaten bis
zu 2½s Jahren, während in zwei Fällen Freiſpruch erfolgte.
* Das Tagebuch des Toten von Prangel=Island.
Neues von einer Polartragödie.
Das tragiſche Schickſal der vier engliſchen Polarforſcher, die
ſeit dem Sommer 1921 auf der Wrangelinſel geblieben waren
und deren Tod von der Hilfsexpedition im Sommer dieſes Jahres
feſtgeſtellt wurde, iſt bereits in großen Umriſſen geſchildert
wor=
den, und die ergreifende Erzählung der einzigen Ueberlebenden,
der Eskimofrau Ada Blacjack, gehört zu den erſchütterndſten
Schilderungen aus der Welt des ewigen Eiſes. Ein nicht minder
ergreifendes Zeugnis wird nunmehr durch den Leiter der
Hilfs=
expedition Harold Noice im Mancheſter Guardian mitgeteilt. Es
iſt das Tagebuch des einzigen Zurückgebliebenen unter den
Rei=
ſenden, Lorne Knight, der tot in dem Zelt aufgefunden
wurde, während die drei anderen bei dem Verſuch, über die
Eis=
felder nach Sibirien zu gelangen, zugrunde gegangen ſind. Aus
den Eintragungen Knights ergibt ſich die Vertrauensſeligkeit
dieſer Männer, die gar nicht das Ungenügende ihrer Ausrüſtung
erkannten und lange Zeit nichts von den furchtbaren Gefahren
ahnten, die ſie umgaben. Sie hofften, ſich durch Jagd genügend
friſches Fleiſch verſchaffen zu können, um in aller Ruhe das
Eintreffen der Expedition, die ſie entſetzen ſollte, zu erwarten.
Fröhliche bunte Bilder von dem Leben im Lager, von der
Tierwelt auf der Inſel, von den Begegnungen mit Polarbären
und Walroſſen eröffnen das Tagebuch, und erſt ganz allmählich
beginnt in ihnen eine Ahnung von dem furchtbaren Schickſal
auf=
zudämmern, das ihnen bevorſtand. Weihnachten 1921
wird in größter Heiterkeit gefeiert. Sie treffen alle
Vorberei=
tungen für ein gutes Feſtmahl, und Knight ſchreibt am „
Weih=
nachtsſountag”: „Verbrachten den Tag mit nicht anderem als
Eſſen, obwohl wir gar nicht hungrig waren, hatten Kuchen, Brot
und Butter, Kaffee und beſchloſſen den Abend mit Rauchen und
Pokerſpielen.” Aber bereits im neuen Jahre 1922 lernten ſie die
Schrecken der Polarwelt kennen.” Schneeſtürme zwangen ſie, in
ihren Zelten zu bleiben, und erſt als die ganze Inſel im Mai
unter dem wärmenden Einfluß des arktiſchen Frühlings wieder
von reichem Tierleben erfüllt wurde, ging es ihnen beſſer. Aber
die Jagden nach Walroſſen und Robben, die ihnen das für die
Ueberwinterung notwendige friſche Fleiſch bringen ſollten, hatten
nur geringen Erfolg. Wäre es ihnen geglückt, ſechs Walroſſe zu
erlegen, ſo hätten ſich die Fünf, die vier Männer und die
Eskimo=
frau, die ihnen „die Wirtſchaft führte”, den Winter über geſund
und frei von Skorbut erhalten können. Aber da ſie kein Fellboot
beſaßen, das für die Walroßjagden unerläßlich iſt, da ihnen
Die Belgrader Konferenz.
Rumänien und Südſlawien gegen ein
Bündnis mit Frankreich.
London, 12. Jan. (Wolff.) Der Sonderberichterſtatter
der Times in Belgrad ſchreibt, die Annahme, daß die Konfe=
Teil der Kleinen Entente bringen werde, könne als erledigt
Aktionsfreiheit zu ſehr beſchränken würde; ebenſo wenig wollen
die Südſlawen der tſchechiſchen Führung folgen. Die Staaten
denſelben Weg verfolgte wie die Frankreichs, nicht
beabſich=
darauf hin, daß der Vertrag mit Frankreich ihn nicht verhindern
könne, ähnliche Vereinbarungen mit Großbritannien oder
Ita=
lien zu ſchließen. Weiter hätten ſich die ſüdflawiſch=ita=
Wochen beträchtlich gebeſſert, und es ſei
wahrſchein=
lich, daß der Gegenſatz zwiſchen Jugoſlawien und Italien in
naher Zukunft aufhören werde.
Angelſächſiſcher Optimismus.
* Paris, 12. Jan. (Priv.=Tel.) Die franzöſiſche Ausgabe
des Neu=York Herald beſchäftigte ſich in einem Leitartikel mit
den angeblich gebeſſerten. Ausſichten für die Wiederherſtellung unentgeltlichen Erholungsurlaub zugewähren.
Europas. Das Blatt knüpft an den bevorſtehenden Zuſammen= Dieſe großzügige Hilfsaktion wird in den Herzen der Eltern
tritt der Sachverſtändigenkonferenz die Hoffnung, daß infolge wie der Kinder ein dauerndes Gefühl aufrichtiger Dankbarkeit
des augenſcheinlichen großen Entgegenkommens Frankreichs ſie auslöſen und dazu beitragen, die guten Beziehungen der beiden
ihre Arbeiten werde erfolgreich durchführen können. Die Haltung Verkehrsverwaltungen zueinander noch mehr zu feſtigen. Dem
Frankreichs gegenüber Deutſchland, ſo ſchreibt das Blatt, ſei
aller=
dings ſehr ſtreng. Aber die letzten Wendungen ſcheinen
erken=
nen zu laſſen, daß es in Frankreich jetzt eine gewiſſe Neigung wählt. Der Reichsverkehrsminiſter ſprach der ſchweizeriſchen
gibt, das deutſche Programm unter dem Geſichtspunkt eines
all=
gemeinen europäiſchen Prograunns anzuſehen. England, ſo heißt
es in dem Artikel weiter, intereſſiere ſich lebhaft für die Löſung
des franzöſiſch=deutſchen Konflikts, weil es der Anſicht ſei, daß
es immer die Aufgabe der ſiegreichen Nation ſei, ihren Triumph
in den wahren Frieden umzuwandeln. Die Beſiegten könnten
das ihrerſeits nicht tun.
Die vermutliche Zuſammenſetzung
der Arbeiterregierung.
London, 12. Jan. (Wolff.) Daily News zufolge wird in
Kreiſen der Arbeiterpartei folgende Zuſammenſetzungder
bevorſtehenden Arbeiterregierung für möglich
ge=
halten:
Staatsſekretär des Aeußern und Erſter Lord des Schatzamts
Ramſay Maedonald, Unterſtaatsſekretär des Aeußern
Brigadegeneral Thompſon, Führer des Unterhauſes
Cly=
nes, Schatzkanzler Snowden, Finanzſekretär des Schatzamts
Graham, Staatsſekretär des Innern Henderſon,
Kolo=
nialſekretär Thomas, Sekretär für Indien Wedgewood,
Geſundheitsminiſter Sidney Webbs, Unterrichtsminiſter
Trevelyan, Landwirtſchaſtsminiſter Noel Buxton,
Ar=
beitsminiſter Greenwood, Attorney General Patrick
Ha=
ſtings, Solieitor General Sleſſer, Sekretär für Schottland
Adamſon, Lord=Advokat Roßlyn Mitchell. Es beſteht die
Möglichkeit, daß General Sir Jan Hamilton das
Kriegs=
amt übernimmt. Lord Meſton wird vielleicht Indien im
Ober=
haus vertreten. Juſtice Sarkey dürfte Lordkanzler werden.
Zuſammenſtöße zwiſchen Arbeitswilligen und
Abeſteloſen.
Köln, 12. Jan. Geſtern drangen mehrere hundert
Perſo=
nen in die chemiſche Fabrik von Vorſter u. Grünberg in Kalk ein,
um die Arbeiter aus der Fabrik zu holen. Die Eindringlinge
wunden von der Polizei ſofort entfernt. 42 Perſonen ſind wegen
Landfriedensbruch zur Anzeige gebracht worden. Weiterhin ſind
mehrere hundert Arbeitsloſe in die Rheinwerle in Köln
einge=
drungen und beſetzten die Werke, die Direktionsgebäude und die
Fernſprechzentrale, wurden jedoch von der Polizei hinausge= Roten Kreuzes, Senator Ciraolo, hat, wie wir hören, dem
drängt, wobei die Beamten mit Eiſenſtücken beworfen wurden, deutſchen Roten Kreuz 25 000 Lire für Kinderhilfszwecke
ſo taß ſie von der Hiebwaffe Gebrauch machen mußten. 35
Per=
ſonen ſind zur Anzeige gebracht worden. Anſammlungen in der Zeit der Konferenz von Genua noch in guter Erinnerung.
Ehrenfeld und Deutz wurden zerſtreut. Auch in Opladen ſind
bei Ausſchreitungen, wo auf Anordnung des britiſchen Kreis= Antrag an den Völkerbund weiterzuleiten, der die Schaffung
offiziers in Ohligs ein größeres Schupoaufgebot eingeſetzt wurde,
mehrere Perſonen verhaftet worden.
Walroßharpunen fehlten, ſo erbeuteten ſie nichts. „Fünf
Wal=
roſſe ſahen wir heute an der Bucht entlang ſchwimmen,” ſchreibt
Knuight, „aber wir konnten nichts tun.” Sie ſchoſſen ſchließlich
ein oder zwei Walroſſe, aber der Vorrat an Fleiſch genügte nicht,
und ſo brach denn ein furchtbarer Winter herein, in dem ſie auf
Entfetzung keine Hoffnung haben konnten. Zwei der Männer,
Crawford und Knight, unternahmen am 7. Januar 1923 einen
Vorſtoß nach dem Feſtland über die Eisfelder, aber da ſie nur
Skorbut litt, mußte das Unternehmen ſcheitern. „Wir hatten nur
fünf Hunde, einen ſchlechten Schlitten und wenig Proviant,”
be=
richtet das Tagebuch. „Das Eis iſt ſo ſchlecht, daß wir nicht
vor=
wärts kommen. Ich bin ſchon ganz verzweifelt, obwohl ich es
haſſe, das zuzugeben.” Mit erfrorenen Fingern und Zehen
kehr=
ten die beiden zurück; Knight fühlte ſich immer ſchlechter. Nun
verſuchten Crawford, Maurer und Calle zum zweiten Male,
Sibirien zu erreichen. Knight und die Eskimofrau mußten
zurück=
bleiben. „Die Frau und ich haben etwa 5 Zwiebäcke jeder den
Tag, bis die Vögel und Robben zurückkehren. Außerdem hoffe
ich noch darauf, ein paar Füchſe zu fangen oder vielleicht einen
Bären.” — „Nun ſind ſie fort,” lautete die Eintragung am
28. Januar. „Ein klarer, ſchöner Tag, wärmer als gewöhnlich maſchinen verſchiedenſter Art verſtreut, ſodaß das Büchlein auch für den,
und für ſie günſtig. Sie gingen nach Süden, als wir ſie zuletzt
der Eskimofrau, aber immer ſchwächer und kränker, verbringt
Knight die letzten Wochen faſt hilflos in ſeinem Schlafſack im wertvolle Ergänzung zu dem humordurchwürzt geſchilderten Rundgang.
Zelt. „Wenn nur ein Bär in das Lager käme!” ſchreibt er. „Das
Fleiſch würde für uns beide — die Katze nicht gerechnet — lange
mir wünſche, iſt etwas Fleiſch...‟ Ergreifend ſind die letzten
Eintragungen, drei Monate vor ſeinem Tode am 22. Juni 1923.
zumute war, weiß Gott! Aber der Mut iſt das einzige, was
mich noch aufrecht erhält, denn ich bin ſchwach, wie eine Katze.
die ganz blutlos waren.”
ck.
Neue Bücher.
Die Maſchinenfabrik Goebel und die Stadt Darmſtadt.
Mit dieſem Titel hat die Maſchinenfabrik Goebel ein wertvolles
Schriftchen erſcheinen laſſen, das Beachtung verdient über den Rahmen
einer Reklameſchrift hinaus, wenn es auch dazu beſtimmt iſt, in erſter
Linie dieſem Zweck zu dienen. Die Schrift weiſt zunächſt mit Recht
darauf hin, daß durch die Maſchinenfabrik Goebel aus dem ganzen Deut=
Erweiterung der ſchweizeriſchen Hilfsaktion.
Heranziehungderdeutſchen
Beſucherderſchwei=
zeriſchen Fremdenzentren zur finanziellen
Hilfeleiſtung.
Bern, 12. Jan. (Wolff.) Die Schweizeriſche
Depeſchen=
renz der Kleinen Entente eine Ausdehnung der Allianz agentur meldet: Die Verſammlung des erweiterten
Verſamm=
zwiſchen Frankreich und der Tſchechoſlowakei auf den übrigen lungsausſchuſſes der ſchweizeriſchen Hilfsaktion für
deutſche Not ſtellte an Hand der Berichte des
Generalſekre=
tärs in Bern und der Vertreter der einzelnen Landesteile ein
angeſehen werden. Rumänien ſei der Anſicht, daß ein Bünd= ruhiges, ſtetes Fortſchreiten der Hilfeleiſtung und der andauernd
nis mit Frankreich nach dem Vorbild der Tſchechoſlowakei feine großen Gebefreudigkeit des ſchweizeriſchen Volkes feſt. Die
Ver=
ſammlung beſchloß einſtimmig die Erweiterung der
Aktion durch die Aufnahme des vom ſchweizeriſchen
(Bewerkſchaftsbund und der ſchweizeriſchen Sozialiſtiſchen
der Kleinen Entente ſchienen vielmehr beſtrebt zu ſein, Partei gebildeten Hilfskomitees für die hungernde
der Welt im allgemeinen und Großbritannien im beſonderen zu deutſche Arbeiterſchaft, ſo daß an der Schweizer
Hilfs=
zeigen, daß ſie, obgleich ihre Politik in verſchiedenen Richtungen aktion ſür die deutſche Not nunmehr alle politiſchen Parteien
und alle Glaubensbekenntniſſe der Schweiz zuſammenarbeiten.
Die Verſammlung nahm ferner einſtimmig eine Eutſchließung
tigen, ſich an Frankreich zu binden. Beneſch wies an, in welcher Kenntnis geuommen wird, daß die
ſchweizeriſch=
deutſche Hilfsaktion für deutſche Kinder durch ihre Geſchäftsſtelle
Maßnahmen ergriffen hat gegen das Treiben
gewiſſer deutſcher Beſucher der ſchweizeriſchen
Fremdenzentren, um dieſe zu einer finanziellen
lieniſchen Beziehungen während, der letzten Hilfeleiſtung an der ſchweizeriſchen Aktion der deutſchen
Not heranzuziehen.
Großzügige Hilfsaktion Schweizer Eſſenbahner.
Die Schweizer Eiſenbahner faßten den
hochher=
zigen Entſchluß, in ihren Familien einer größeren
Anzahl erholungsbedürftiger und
notleiden=
der Kinder deutſcher Reichsbahnbedienſteter
Wunſch der Spender entſprechend, werden für den erſten
Trans=
port nur Kinder aus dem ſüdweſtlichen Reisbahngebiet ausge=
Eiſenbahnerſchaft den Dank der deutſchen Reichsbahnverwaltung
aus.
Beſchenkung von 1200 Kindern
durch amerikaniſche Freunde.
Bremerhaven, 12. Jan. Heute vormittag fand an
Bord des Dampfers „America” der United States
Lines eine Beſchenkung von 1200 Kindern aus Lehe,
Bremerhaven und Geſtemünde ſtatt. Nach der Feier in der
gro=
ßen Halle der United States Lines, die durch Kapitän Blau
vom Bremer Büro der genannten Dampferlinie eingeleitet wurde
und an die ſich die Bewirtung ſchloß, wurden die Kinder auf
die „America” geführt, um die Liebesgaben in Empfang zu
nehmen, für die die Beſatzung 1100 Dollar geſammelt hatte. An
der Veranſtaltung nahmen die Bürgermeiſter der drei genannten
Städte teil,
Im Verlaufe derſelben wurden auch eine Reihe
Drah=
tungen aus Waſhington und Newyork verleſen. Das
Telegramm des Präſidenten Coolidge lautete: Ich
hoffe, daß Ihr guter, wohltätiger Plan Ihnen und Ihren Gäſten
in großem Maße Vergnügen und Befriedigung gewährt.
Auch Staatsſekretär Hughes gab in einer Depeſche
der Freude über die Veranſtaltung Ausdruck. In derſelben
heißt es weiter: Ihre Aufmerkſamkeit in dieſer Sache wird
Freude in die Herzen Hunderter Kinder bringen
und Ihre Güte nicht ſobald vergeſſen werden,
Endlich drahtete der Gouverneur des Staates
Newyork, Smiths: Wenn kleine Kinder leiden.
kann eskeinen Unterſchied der Raſſe, des
Glau=
bens und der Nationalität geben. Mein Herz
ſchkägt für die Kinder, die das Opfer des
gro=
ßen Krieges waren. Mögen die Kinder, die an
Ihrem Feſt teilnehmen, Glück und Freude
fin=
den, möge das neue Jahr ihnen Geſundheit und
Glücklichfein bringen.
Italieniſche Kinderhilfe.
Nom, 12. Jan. (Wolff. Der Präſident des italieniſchen
überwieſen. Cirgolo iſt wegen ſeiner humanitären Tätigkeit aus
Er hat damals den Präſidenten der Konferenz gebeten, einen
einer internationalen Unterſtützungsſtelle für die Bevölkerungen,
die in Not geraten ſind, vorſah.
ſchen Reich und aus allen Schichten der Bevölkerung unbewußt täglich
Beziehungen gepflogen werden, die in der Stadt Darmſtadt bezw. in der
Induſtrie ihren Urſprung haben. Wer einen Brief ſchrelbt und
fran=
kiert, wer eine Fahrkarte der Elektriſchen oder der Staatsbahn löſt, wer
ein Theater=, Kino= oder Garderobebillett erſteht, tritt in dieſe
Beziehun=
gen ein, denn die Maſchinen, die dieſe kleinen Druckſachen herſtellen,
werden faſt ausſchließlich in der Darmſtädter Fabrik von Goebel
her=
geſtellt. Deu weitere Tezt gibt dann, vom Bahnhof ansgehend, über
einen Beſuch der Maſchinenfabrik Goebel, der ſehr intereſſaut dargeſtellt
halbverhungerte Hunde hatten und Knight bereits, an dem iſt, einen Rundgang durch die Stadt und ihre Sehenswürdigkeiten. Was
das Buch beſonders intereſſant und wertvoll macht, ſind die
Illuſtra=
tionen, die nicht in der üblichen Weiſe nach Photographien hergeſtellt ſind,
ſondern nach Zeichnungen und Litographien von Ali Lichtenſtein in
Darmſtadt. Die Anordnung des Satzes und der Bilder, der Umſchlag und
die neue Fabrikmarke ſtammt von Hugo Lang, ebenfalls in
Darmſtadt. Die Illuſtrationen bieten einen intereſſanten Einblick in die
weitverzweigten Fabrikationsräume, in die großen Maſchinenhallen und
die kleineren Werkſtätten, Geſamtanſichten des Werks, die in jüngſter
Zeit eine bedeutende Vergrößerung erfahren haben, Auſichten vom
Bahn=
hofsplatz, vom Luiſenplatz, Paradeplatz, Sportplatz, vom Großen Woog,
vom Goethefelſen am Herrgottsberg, vom Landestheater, Schloß
Kra=
nichſtein, Schepp=Allee, Mathildenhöhe und vieles andere. Auch
Konter=
feis der Darmſtädter Heinerbuben mit humorvollen Inſchriften in der
Wiedergabe von Heinerwitzen fehlen nicht, dazwviſchen ſind
Spezial=
der nicht ausſchließlich Intereſſe an der Induſtrie nimmt, von bleibmdem
ſahen, und waren bald außer Sicht.” Aufopfernd gepflegt von Wert iſt, und eine ſchöne Erinnerung au Darmſtadt bildet. Ali
Lich=
tenſteins feine Zeichnungen ſind ſehr illuſtrativ und bei aller Feinheit
ſtark im bildhaften Ausdruck. Ein Plan der Stadt Darmſtadt bildet eine
Das Buch iſt Freundon und Beſuchern der Maſchinenfabrik Goebel
ge=
widmet.
M. St.
Zeit reichen. Komm doch, Bär! Ach, du Bär! Alles, was ich Brechende Kneſpen. Gedicht von Ludwig Metzger (Verlag der
Jung=
deutſchen Bücherſtube Georg Baenſch, Berlin=Mitte 2, Fiſcherſtr. 33.)
Höchſt beachtenswerte lyriſche Dichtungen eines jungen, ringendeu
„Ich verſuchte heute morgen zu pfeifen. Nicht, daß mir danach Menſchen, der ſich ein heißes, reines Empfinden gewahrt hat und wohl
das ehrliche Streben fühlt, es anderen zu vermitteln. Gewiß ſind es
keine reſtlos ausgereiften Früchte, aber es ſind in Wahrheit „brechende
Kuoſpen”, will ſagen Knoſpen, die der Blüte entgegenſprießen. Eine
Die Frau erzählt mir, daß wieder Farbe in meine Lippen kommt, reine, ſtarke Menſchlichkeit ſpricht aus den Verſen, echt innerlich ehrlich
Empfundenes, die ohne verlogene Künſtelei in eine Form gebracht wurde,
deren Temperament und Kraft auch im Ausdruck ſchlicht und wahr zu
bleiben beſtrebt iſt.
Von der Minne Ueberlaſt. Die himmliſche und irdiſche Liebe der Nonne
Chriſtina Ehnerin vom Engelthal. Von Alfred Graf. Verlag
„Der Bund‟. Nürnberg 1922.
Ein Buch der Gottesliebe, ein trunkenes Lied aus gottumſchloſſenen
Kloſtermauern. „Das Buch iſt begonnen in der Minne, es foll auch
enden in der Minne; deun es iſt nichts ſo weiſe, noch ſo heilig, noch ſo
ſchön, noch ſo ſtark, noch alſo vollkommen als die Minne.” (Mechthild
von Magdeburg.)
Rummer 13.
Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 13. Januar 1924.
Seite 5.
Stadt und Land.
Darmſtadi, 13. Januar.
*Die Fleiſchpreiſe.
Die Metzgerinnung Darmſtadt ſchreibt uns zu den
letzthin in der lokalen Preſſe erſchienenen Artikeln über die
bil=
ligen Fleiſchpreiſe anderer Städte (hauptſächlich Stuttgart,
München, Mannheim, Berlin): In den genannten Städten
be=
ſtehen ſogen. Groß= oder Exportmärkte, auf denen ſich die Metzger
unter Tauſenden von Stücken das herausſuchen können, was
ihnen am vorteilhafteſten erſcheint. Vor allem verteuern hier
unſer Fleiſch die Schlachthausunkoſten mit ihrem ſogen.
beweglichen Zuſchlag, der heute noch 15 Pfennig pro Pfund
be=
trägt, ohne die Fleiſchbeſchaukoſten uſw. Es koſtet
ſo=
mit ein Stück Vieh von 500—600 Pfund an Zuſchlag allein hier
70—100 Bill. Mk. Bei einem Schwein von 3 Zentner
Schlacht=
gewicht belaufen ſich dieſe Koſten auf ungefähr 50 Bill. Mk. In
Stuttgart z. B. zahlt man für ein Stück ſage und ſchreibe 7 Mk.
Wir glauben beſtimmt, daß Darmſtadt, wenn nicht an der Spitze,
ſo doch mit unter den teuerſten Städten Deutſchlands rangiert,
indem ſich beſagte Koſten hier bis nahezu 50 Prozent des
Kauf=
wertes der Tiere belaufen. Wir ſind daher auf den meiſten
Märkten bei dem Einkauf nicht konkurrenzfähig, da wir durch
unſere liebe Konkurrenz nicht in der Lage ſind, die uns
aufge=
bürdeten Koſten voll einzulalkulieren, wie es uns doch
zuge=
ſtanden werden müßte. Durch das nicht ſelten vorkommende
Auftreten von Sperrvieh (Seuchenvieh) haben die Metzger
be=
ſagter Städte nicht ſelten die Möglichkeit, ſolch günſtige
Gelegen=
heiten voll auszunutzen und Vieh zu bedeutend verbilligten
Preiſen einzukaufen.
Was das Schweinefleiſch anbetrifft, ſo holen die
hie=
ſigen Metzger ſchon ſeit Wochen Schlachtſchweine vom Markt in
Hamburg und haben dadurch preisdrückend und preisregulierend
ge irkt. So haben z. B. die von der Innung bezogenen
Eaweine, die an die Mitglieder abgegeben wurden, 84 Pfennig
Lebendgewicht gekoſtet, was 1,02 Mk. Schlachtgewicht entſpricht.
Dazu ca. 18 Pfg. Schlachtgebühren, 20 Prozent Verdienſt —
was koſtet hier das Schweinefleiſch? In Frankfurt und in
Darmſtadt koſteten die Händlerſchweine 90 Pfg. Was müßte
da das Schweinefleiſch koſten? Kälber z. B. koſteten vergangene
Woche hier 70—80 Pfg., in Frankfurt nur 35—50 Pfg., über
Notiz wurden höchſtens 60 Pfg. bezahlt. Was das Gefrierfleiſch
anbelangt, ſo wird hier erſte Qualität mit 90 Pfg. verkauft,
alte gelagerte Ware iſt ſchon billiger zu haben. Das
Gefrier=
fleiſch iſt hier teurer, weil auch hierauf die bewußten 15 Pfg.
beweglicher Zuſchlag und ſehr teure Gefrierraummiete laſten.
Was die Verdienſtſpannung betrifft, die nach dem Tagblatt
in Berlin von 23 auf 20 Prozent herabgeſetzt wurde, ſo können
wir mitteilen, daß wir hier nie mehr als 20 Prozent in Anſatz
gebracht haben, obwohl wir doch Steuern und ſonſtige Laſten
mindeſtens in gleicher Höhe haben wie unſere Kollegen in Bayern
und an ſonſtigen Plätzen, und dazu höhere Speſen haben.
Was unſere Preiſe anbelangt, ſo werden ſolche ſchon ſeit
Wochen unter Mitwirkung der Preisprüfungsſtelle und des
heſſiſchen Miniſteriums feſtgeſtellt. Die im Tagblatt angeführte
Kontrolle der Fleiſcharten und =Qualitäten begrüßt der reell
denkende und handelnde Metzger ſchon lange und ſind wir ſelbſt
in dieſer Richtung bei unſerer vorgeſetzten Behörde wiederholt
vorſtellig geworden.
Für die hier gemachten Angaben können wir jederzeit den
vollen Beweis erbringen, nur notgedrungen haben wir uns zur
Veröffentlichung derſelben entſchloſſen.
— Aus dem Schuldienſt entlaſſen wurde am 31. Oktober 1923 der
Lehrer an der Volksſchule zu Mainz Heinrich Reinheimer auf
ſein Nachſuchen mit Wirkung vom 1. November 1923 ab.
— Der Film Mount Evereſt. Der hier am 28. Dezember des alten
Jahres mit ſo großem Intereſſe aufgenommene Film von der Beſteigung
des Mount Evereſt, des höchſten Berges der Erde, wird am Sonntag,
den 20. Januar, in der Turnhalle am Woogsplatz wiederholt werden.
Außerdem ſind Vorführungen für die hieſigen Schulen geplant.
Auszahlungen an Klein= und Sozialrentner. Auszahlungen für
die zweite Januarhälfte finden ſtatt an: 1. Kleinrentner: im
Städtiſchen Leihamt am Dienstag, den 15. Januar, von vormittags
9 Uhr ab, wie folgt: vormittags von 9—12 Uhr Kleinrentner mit den
Anfangsbuchſtaben der ZunamenA—F, nachmittags von 1—4 Uhr
Klein=
rentner mit den Anfangsbuchſtaben der Zunamen G—K; Mittwoch, den
16. Januar: vormittags von 9—12 Uhr Kleinrentner mit den
Anfangs=
buchſtaben der Zunamen L—R, nachmittags von 1—4 Uhr Kleinrentner
mit den Anfangsbuchſtaben der Zunamen S—Z. Nicht abgeholte
Be=
träge werden nur am nächſtfolgenden Tage ausbezahlt. Für andere
Zwecke bleibt das Leihamt an dieſen Tagen geſchloſſen. 2.
Sozial=
rentner: im Städtiſchen Saalbau am Dienstag, den 15. Januar,
wie folgt: von 9—10 Uhr vormittags für die Feſtſetzungsbeſch=ide 1—200,
von 10—11 Uhr vorm. für 201—400, von 11—12 Uhr vorm. für 401—600,
von 12—1 Uhr nachmittags von 601—805), von 1—2 Uhr nachm. von
801—1000, von 2—3 Uhr nachm. von 1001—1200, von 3—4 Uhr nachm.
von 1201 und mehr. Nicht abgeholte Beträge werden nur am
nächſt=
folgenden Tage ausbezahlt.
— Straßenreinigung. Die praktiſche Handhabung der
Polizei=
berordnung vom 30. Auguſt 1921 hat ergeben, daß Mängel
her=
vorgetreten ſind, deren baldige Behebung im Intereſſe eines ſich
reibungslos abwiclelnden Verkehrs dringend geboten erſcheint.
§ 9 beſtimmt genau, was die Grundſtückseigentümer hinſichtlich
der Reinigung der Fußſteige von Eis und Schnee zu tun
ver=
pflichtet ſind. Da hier öfter Renitenz zutage tritt, die durch den
amtsrichterlichen Strafbefehl erſt ſpäter geahndet wird, bleibt
die Frage offen, wer die Verkehrshinderniſſe, wenn das
polizei=
liche Einſchreiten erfolglos bleibt, beſeitigt. Hier mußte die
Ver=
ordnung wohl dahin ergänzt werden, daß das Tiefbauamt der
Stadtverwaltung auf Koſten des pflichtigen Hausbeſitzers die
Reinigung vornimmt und dieſe Koſten wie öffentliche Abgaben
beigetrieben werden können. — Bei dem ſtarken Güterwechſel
iſt es für die Polizeiorgane oft gar nicht möglich, den derzeitigen
Grundſtückseigentümer (Ausländer, Saarländer) feſtzuſtellen, das
Revier müßte denn beim Grundbuchamt Nachforſchungen
an=
ſtellen, was bei der Belaſtung der Polizeiorgane untunlich iſt.
Hier empfiehlt ſich, eine Beſtimmung in die
Ausführungsverord=
nung zum RMG. aufzunehmen, daß der nicht in Darmſtadt
wohn=
hafte Hausbeſitzer verpflichtet iſt, einen hier wohnenden
Haus=
verwalter zu beſtellen, der für die Erfüllung der
öffentlich=
rechtlichen Auflagen verantwortlich iſt. Schon früher wurde hier
auf die Zweckmäßigkeit ſolcher Beſtimmung hingewieſen, ohne
daß die Behörden bisher dieſer Anregung Folge gegeben hätte.
— Abbau der Kohlenwirtſchaft. Der Brennſtoffbezug für
die Verſor ung des Hausbrandes, der Landwirtſchaft und des
Klein=
gewerbes iſt freigegeben. Die Dienſträume der ſtädtiſchen
Hohlena::2cleichſtelle, Alexanderſtraße 22, ſind ab 14. ds. geſchloſſen.
— Die Pflege und Erziehung des Kleinkindes tur gerade in
unſerer Zeit beſonders not; denn von der körperlichen, geiſtigen und
fittlichen Tüchtigkeit unſerer Jugend hängt die Zukunft unſeres
Volkes ab. Hier eröffnet ſich für junge Madchen, die kinderlieb ſind
und eine höhere Schulbildung genoſſen haben, ein zukunftsreiches Feld
ſozialer Tätigkeit. Eine gründliche Ausbildung für den Beruf einer
Kindergärtnerin bietet in eineinhalbjährigem Lehrgang das
Seminar der ev. luth. Diakoniſſenanſtalt Bethanien in Breslau,
Floſterſtr. 112, das Oſtern 1924 einen ſolchen Kurſus beginnt. Proſpekt
und nähere Auskunft ſind daſelbſt zu haben.
— Aus der Beſſunger Bücherhalle (Beſſunger Str. 48) wurden in
den Monaten November und Dezember 1252 Bücher entliehen;
ein=
geſchriebene Leſer ſeit 1. April: 603. Geldgeſchenke gingen ein von
einer größeren Anzahl von Leſern. Den gütigen Gebern herzlichen
Dank! Anmeldungen weiterer Spenden von Büchern (Held und guten
Zeitſchriſten werden vom Vorſtand des Vereins für Volksbildung ſowie
bei der Bücherausgabe Montags und Mitrwochs gerne
entgegengenom=
men. Daſelbſt auch Bücherverzeichniſſe. — Das gemeinſchaftlich mit
dem Kreisverein gegen ben Mißbrauch geiſtiger Getränke errichtete
und der Beſſunger Bücherhalle angegliederte „Oeffentliche Lefezimmer”
iſt täglich für jedermann geöffnet von 2—5 Uhr abends.
— Orpheum. Der Kartenverkauf für die Operette „Inkognito” findet
ſtatt: Verkehrsbureau 10—12 Uhr, Orpheumskaſſe ab 3 Uhr. (S. Anz.)
Unser
WIEDEHOPR.
KALENDER
1 9 2 4
eine wertvolle kleine Gabe für
Sammler bibliophiler Drucke.
ist soeben erschienen und für
den geringen Preis von Mk. 4.—
in der Geschäftsstelle des
Darmstädter Tagblattes sowie in
allen Buchhandlungen zu haben
L. C. Wittich’sche
Hofbuchdruckerei
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für anspruchsvolle u. bibliophile
Buchdruckleistungen
Der Arbeitsplan der Volkshochſchule Darmſtadt
iſt erſchienen. Sein Inhalt iſt, obwohl die Volkshochſchule
mit ſchweren materiellen Sorgen zu kämpfen hat, dennoch
viel=
verſprcchend. Jedermann, der Beamte, der Arbeiter, der
An=
geſtellte, der Studierende, der Erwerbsloſe, der
Gewerbetrei=
bende, ob Frau oder Mann, wird darin ihm Zuſagendes finden.
Alle Menſchen, die nach dem finſteren Alltag einen inhaltsreichen
Abend in einem Kurs verleben möchten, ſei ſein Inhalt warm
empfohlen. Wir greifen einiges heraus. Wer ſich im Deutſchen,
in ſeiner Mutterſprache, vervollkommnen will, wird in einem
Deutſchkurſus (Studienrat Schömer) ſeinen Wunſch erfüllen
können. Demjenigen, der fremde Sprachen ſtudieren will, bietet
ſich reiche Gelegenheit. So finden wir drei engliſche und drei
franzöſiſche Kurſe, für Anfänger und Fortgeſchrittene, und einen
ſpaniſchen Kurſus für Anfänger im Arbeitsplan verzeichnet. Die
bcliebten Vortragsreihen für einen größeren Hörerkreis haben
auch im neuen Arbeitsplan Aufnahme gefunden. Es leſen: Dr.
Wauer über Weltliteratur, Wilh. Michel: Deutſche Dichtung,
Profeſſor Wienkoop: Kultur= und Weltanſchauungsfragen,
Studienrat Jacob: Geiſtige und ſoziale Strömungen des 19.
Jahrhunderts. Der Kurſus Dr. Mann über
Arbeiterpſycho=
logie und Arbeiterbewegung, welcher im letzten
Unterrichtsab=
ſchnitt ſehr ſtark beſucht war, wird fortgeſetzt. Jeder, der in die
Welt des Arbeiters einen Einblick bekommen möchte, ſei auf
dieſen Kurſus beſonders verwieſen. Der Ingenieur, der
Be=
triebsbeamte, der Werkmeiſter, Techniker, Studierende, der
Poli=
tiker, alle, die mit der Arbeiterſchaft als Maſſe zu tun haben,
werden hier manchen Aufſchluß finden. Aber auch der Arbeiter
ſelbſt wird, obwohl es ſeine eigene Angelegenheit iſt, die hier
behandelt wird, vieles zu hören bekommen, was ihm bisher
noch unerſchloſſen war. Kurſus Dr. Hoffmann:
Schwanger=
ſchaft, Geburt und Wochenbett (nur für Frauen) wird
weiter=
geſührt. Neu iſt der Kurſus Dr. Sprenger: Vom
Geſchlechts=
leben des Menſchen. Unter Literatur, Muſik und Kunſt ſehen
wir allein 16 Kurſe im Arbeitsplan verzeichnet. Nur einige
Namen von Dozenten ſeien genannt, die in etlichen dieſer Kurſe
leſen: Dr. Corwegh: Kunſt der Gegenwart, Lehrer Luckow:
Ibſen, Dr. Wenz: Muſikdrama, Ruppel: Rokoko,
Viel=
metter: Zeichnen. Aber auch die Heinerſproch kommt wieder
in einem Kurſus von Franz Harres zur Geltung. Zum Schluß
ſei noch der im Arbeitsplan an letzter Stelle ſtehende Kurſus
eines alten Mitarbeiters der Volkshochſchule erwähnt: Profeſſor
Hans Kißner: Einführung in die Philoſophie. Die hier
be=
ſchriebenen Kurſe ſind nur wahllos dem Arbeitsplan
entnom=
men, deshalb verſäume niemand, ihn zu leſen.
Der Arbeitsplan koſtet 20 Pf. (für Mitglieder der
Volkshoch=
ſchule koſtenlos) und iſt in der Geſchäſtsſtelle, Wilhelminenſtr. 3
(Baracke im Hoſ), zu haben. Anmeldungen zu den Kurſen vom
14.—21. Januar ebendaſelbſt.
Die erſte Morgenfeier wird mit einem Konzert des
Landestheaterorcheſters ausgefüllt ſein. Das ſei der Kunſt, die
uns ſchon immer zur Seite ſtand, im voraus gedankt. Wahrlich,
ſolcher Anfang iſt hoffnungsvoll! Die drei Hauptträger allen
Kulturlebens: die Wiſſenſchaft, die Kunſt und das Volk, gemein=
V. W.
ſam am Werk.
— Reichsgründungsfeier. Wir verweiſen auf unſere heutige
An=
zeige über die von der Deutſchen Volkspartei für Freitag,
den 18. Januar, abends 7½ Uhr im Großen Haus
des Landestheaters vorbereitete
Reichsgründungs=
feier. Das geſamte Orcheſter des Landestheaters wird unter Leitung
von Generalmuſikdirektor Michael Balling mit einem auserleſenen
Programm zum Vortrag kommen. Abg. Rechtsanwalt Dingeldey
hat die Gedenkrede übernommen. Die Eintrittspreiſe zur Deckung der
Unkoſten halten ſich in mäßigen Grenzen, wobei den Mitgliedern der
D. V. P. noch ein Nachlaß und Ausgewieſenen, Studierenden und
Mit=
gliedern der D.V.P.=Jugendgruppe ſogar Preisermäßigung
um die Hälfte gewährt wird. Kartenverkauf für
Nicht=
mitglieder bei Heinrich Arnold, Wilhelminenſtraße 9, im Verkehrsbüro
und in der Geſchäftsſtelle der D.V.P., Wilhelminenſtr. 5, wo außerdem
noch die Kartenabgabe zu ermäßigten Preiſen, wie angegeben, erfolgt.
— Wie uns mitgeteilt wird, begegnet dieſe vaterländiſche Feier, zu
der herzliche Einladung an die geſamte
Bürger=
ſchaft ergeht, regſter Anteilnahme. Es dürfte ſich empfehlen,
mög=
lichſt bald für Eintrittskarten beſorgt zu ſein.
— 25jähriges Arbeitsjubiläum. Herr Wilhelm Schüßler, hier,
Dornheimer Weg 123, blickt als Werkmeiſter und techniſcher Einkäufer
am 15. Januar 1924 auf eine 25jährige Tätigkeit der Firma Ludwig
Alter A.=G., Möbelfabrik und Waggonbau, zurück.
RDV. Erleichterte Einreiſe nach Düſſeldorf. Die Fahrt nach
Düſſel=
dorf war bisher nur durch Umſteigen in Vohwinkel möglich, da der
Betrieb der Deutſchen Reichsbahn nur bis Düſſeldorf=Gerresheim
reichte, von wvo aus Straßenbahnverbindung nach Düſſeldorf beſtand;
jetzt wird der Eiſenbahnverkehr bis Düſſeldorf=Hauptbahnhof
durchge=
führt. Vorläufig verkehren von bezw. bis Gruiten und Bohwinkel nur
Perſonenzüge, die den Anſchluß an die Kölner Schnellzüge vermitteln;
demnächſt ſoll jedoch auch der Schnellzugsderkehr bis Düſſeldorf=
Haupt=
bahnhof aufgenommen werden. Eine weitere Erleichterung in der Be
ſchaffung der Einreiſegenehmigung hat die Handelskammer zu
Düſſel=
dorf erwirkt: Anträge können an die Geſchäftsſtelle der Handelskammer
gerichtet werden, die für möglichſt ſchleunige Erledigung ſorgt; dem
ſchriftlichen Antrag ſind ein Perſonalausweis mit Lichtbild von der
Polizeibehörde des Wohnortes, zwei Lichtbilder und 22,50 franzöſiſche
Franken beizufügen. — Es iſt jetzt allgemein zugelaſſen, daß
Einreiſe=
anträge ins beſetzte Gebiet von Verwandten oder Geſchäftsfreunden, die
im beſetzten Gebiet wohnen, für Deutſche dorgelegt werden, die
einzu=
reiſen tünſchen, während die Anträge bisher direkt geſtellt werden
mußten.
Zum Tode Kommerzienrat Hickters.
„Der Deutſche Jäger” widmet dem am 28. Dezember
ver=
ſtorbenen Kommerzienrat Hickler den nachſtehenden Nachruf:
Immer lichter wird es in den Reihen der alten, überlieferungstreuen
Weidmänner, der zielbewußten Vorkämpfer edlen, deutſchen Weidwerks.
Wiederum hat der unerbittliche Würgengel einem der Bewährteſten
Halali, Jagd vorbei, geblaſen. Am 28. Dezember erlag zu Darmſtadt
Dr. Guſtav Hickler nach längerem Leiden einem Herzſchlag. Ein Mann
ging mit ihm dahin, deſſen Namen weit bekannt war über die Grenzeir
ſeiner engeren Heimat, ein Mann von klarem, weitem Blick, von
unge=
wöhnlicher Spann= und Tatkraft, von umfaſſender Begabung und reichem
Wiſſen, der die Welt geſehen und ſich unbeeinflußt ſein Urteil gebildet.
Er, der über 40 Jahre an der Spitze eines auf mehr denn ein
Jahr=
hundert zurückblichenden land= und forſtwirtſchaftlichen Unternehmens
geſtanden, es zu hohem Anſehen geführt hat, war ein Jäger, ein
erfolg=
reicher Weidmann vom Scheitel bis zur Sohle, ein Schirmherr und
Heger ſeines ausgedehnten Reviers, ein Vorbild und Führer auf dem
Felde des Weidwerks. Er war der Vater, der treue, langjährige Lenker
des Heſſiſchen Jagdklubs, der ihm in erſter Linie ſein Blühen verdankt.
Er war es, der ſeine ganze Energie ſtets eingeſetzt zur Hebung und
För=
derung, zur Erhaltung und Pflege echter, bodenſtändiger
Weidgerechtig=
keit, deſſen Stimme gehört wurde in allen Fragen der Jagd, die er
be=
herrſchte, wie wenige. Und wie er ihr jede freie Stunde ſeines
arbeits=
reichen Lebens gewidmet und in ihrer praktiſchen Ausübung als Muſter
voranging, ſprang er auch ſonſt überall großzügig ein, wo es in den
ſchweren Kriegs= und Friedenszeiten galt, Not zu lindern, zu helfen, zu
retten. Er war ein Mann, um deſſen Heimgang ganz Deutſchlands
Jä=
gerwelt trauert, ein Mann treu bis zum Tod ſeinem Wahlſpruch: „
Ziel=
bewußt und zuverläſſig!” Mit ihr und zahlreichen Freunden ſprechen auch
wir den hartbetroffenen Hinterbliebenen, ſowie dem Heſſiſchen Jagdklub
die wärmſte Teilnahme aus und legen dieſen letzten Bruch auf die Bahre
des allzu früh Verblichenen, dem der Heimat Unglück das Herz gebrochen.
* Das Ligaſpiel der Spielvereinigung „Union” gegen „Germauia”,
Pfungſradt findet heute nachmittag um 2.30 Uhr auf dem
Hochſchulſport=
platz ſtatt.
— Generalverſammlung des Ziegenzuchtvereins Darmſtadt e. V. Deu
Vorſitzende eröffnet die Verſammlung mit einem Rückblick auf die
Hem=
mungen, welche das verfloſſene Jahr durch die Geldentwertung auch
dem Verein gebracht hatte, und hofft, daß durch die feſte Währung auch
die Ausſichten für uns beſſere werden. Der hierauf vom Schriftführer
gebrachte Jahresbericht führt nochmals alle weſentlichen Vorgänge an
den Mitgliedern vorüber: die von Herrn Rabenau und Dr. Schuchardt
gehaltenen Vorträge über das Lammen und die Aufzucht der Jungtier=
und die Vererbungstheorie, die Beſprechungen über die Haltung von
Böcken, die Beſchaffung von Wieſen zur Grünfütterung und anderes
mehr. Die Beſchickung der Ausſtellung von Ziegen in Hähnlein,
verbun=
den mit Ziegenmarkt, wobei unſere Mitglieder höchſtprämiert wurden,
ſowie die im September ſtattgehabte Ausſtellung im Beſſunger
Herrn=
garten, wobei eine beträchtliche Anzahl Jungtiere gekört wurde. Hierauf
kam der Voranſchlag für 1924 zur Annahme. Beitrag für das Mitglied
1 Goldmark im Vierteljahr, für die Mitglieder, welche den „
Ziegenzüch=
ter” abonnieren wollen, zahlt der Verein zum Abonnement 40 Pfg. zu.
Die Rechnung des abgelaufenen Jahres iſt geprüft und richtig befunden
worden. Der Vorſtand wird durch Zuwahl auf 10 Perſonen erhöht,
der ausſcheidende Vorſtand und Schriftführer werden wiedergewählt, als
Rechner wird Herr Oppel neu gewählt. An die Mitglieder, welche
ge=
körte Ziegen beſitzen, kommen die Stallbücher zur Ausgabe. Zur Hebung
der Vereinsverſammlungen ſollen in Zukunft Futtermittel verloſt, auch
die Geſelligkeit mehr gepflegt werden.
RDV. Keine Preisermäßigung für Fahrrad=Zeitkarten. Nach
Herab=
ſetzung der Monats= und Wochenkartenpreiſe, die ſozialen Erwägungen
entſprach und den Berufsverkehr ſchonen ſollte, iſt die Ermäßigung auch
der Zeitkartenpreiſe für Fahrradaufbewahrung beantragt worden;
da=
gegen iſt andererſeits eine Erhöhung dieſer Sätze vorgeſchlagen worden
mit der Begründung, daß die Aufbewahrung von Fahrrädern mehr Platz
und größere Arbeit erfordere als die Aufbewahrung gewöhnlicher
Ge=
päckſtücke, und daß die Unterbringungsmöglichkeiten auf vielen Stationen
außerordentlich beſchränkt ſeien. Da die Reichsbahn — als ſelbſtändiges
kaufmännifches Unternehmen — unbedingt darauf achten muß, die
Ein=
nahmen mit ihren Selbſtkoſten in Einklang zu bringen, und da bereits
die Schonung des Berufsverkehrs ſtarke Einnahmeausfälle bedingt, alſo
„Soziallaſten” darſtellt, die eigentlich von anderen Verwaltungen
getra=
gen werden müßten, hat ſich Reichsverkehrsminiſter Oeſer für eine
Herab=
ſetzung der Zeitkartenpreiſe für Fahrradaufbewahrung nicht entſchließei
können; jedoch ſollen die Preiſe zunächſt auch nicht erhöht werden, und
nur im Notfall, wenn durch die Fahrradaufbewahrung Schwierigkeiten
auf einzelnen Stationen entſtehen, wird man die Gebühr für größere
Gepäckſtücke erheben, die nicht unter den Begriff „Handgepäck” fallen und
Zeitkarten für Fahrradaufbewahrung nicht ausgeben.
n. Strafkammer. Ein unvorſichtiger Kraftwagenlenker, der 22
jäh=
rige, bisher unbeſtrafte Chauffeur Wilhelm Hof aus Offenbach war
der fahrläſſigen Tötung, ſowie fahrläſſigen Körperverletzung (unter
Außerachtlaſſung ſeiner Berufspflicht) angeklagt, beſtritt dieſe
Tätere=
ſchaft und wurde ihrer überführt. Es handelt ſich um den damals
be=
richteten Unfall vom 1. September b. Js., wobei die Ehefrau des
hieſigen Poſtaſſiſtenten Stapelton das Leben einbüßte und deren 14 Tochter Gehirnerſchütterung nebſt leichten Wunden davontrug.
Beide befanden ſich zwiſchen 7½ und 8 Uhr auf dem Rückweg von einenr
Gartengrundſtück nach der in der unteren Eliſabethenſtraße gelegenen
Wohnung, und erſtere zog einen Handwagen, auf dem das Kind ſaß.
So waren ſie in die Neckarſtraße, zwiſchen Marienplatz und
Eliſa=
bethenſtraße, auf der öſtlichen Seite fahrend, gelangt, als ſie von einem
aus Süden kommenden Auto überrannt wurden. Weit weggeſchleudert,
lag Frau St. am Rand des Fußſteiges, ihre Tochter auf dieſem ſelbſt,
und Erſtere verſtarb alsbald an ſchweren Knochenbrüchen und innerer
Verblutung. Während Vorübergehende ſich um die Verunglückten
be=
mühten und dieſe ſelbſt über die Urſache nichts anzugeben vermochten,
war jenes Auto nach der Rheinſtraße zu verſchwunden. Es fuhr ohne
Beleuchtung mit etwa 25 Kilometer Geſchwindigkeit, und man hatte es
nicht erkannt, doch wurde es noch in die Grafenſtraße einbiegend
beob=
achtet, wo es das mitgeſchleifte Vorderteil des Handwagens nebſt
einem Sack verlor. Meldungen des Geſchehenen in der Preſſe
ver=
anlaßten ſpäter die Ermittlung, daß der Angeklagte zur kritiſchen Zeit
die Unfallſtelle paſſiert und fene Trümmer eine Strecke weit
mitge=
ſchleppt hatte. Er ſelbſt will (wie die anderen Inſaſſen) von dem
Zuſammenſtoß nicht das Geringſte bemerkt haben und verteidigt ſich
damit, ein fremdes, ihm vorausfahrendes Auto, müſſe das ſchuldige
ge=
weſen ſein und ſein eigenes ſei dann wohl durch die Wagenreſte
ge=
kommen. Augenzeugen widerlegen dies, da hiernach nur ein einziges
Auto beobachtet worden iſt. Es herrſchte ſtarkes Gewitter und war
daher die Dunkelheit bereits angebrochen, weshalb der Angeklagte
hin=
ſichtlich der Fahrgeſchwindigkeit und der Laternen entſprechende
Acht=
ſamkeit in erhöhtem Maße hätte anzuwenden gehabt und
verantwort=
lich iſt. Er wurde im Sinne der Anklage zu 2 Monaten Gefängnis
abzüglich eine Woche früherer Unterſuchungshaft verurteilt. — Mit
ſtaatsanwaltlicher Berufung war ein ſchöffengerichtlicher Freiſpruch des
58jährigen, unbeſtraften Landwirts Jakob Gilbert I. aus Hahn bei
Pfungſtadt angefochten. Der urſprüngliche Strafbefehl lautete wegen
Preistreiberei bezüglich eines Frühkartoffelangebots auf 4 Wochen
Ge=
fängnis nebſt Geldſtrafe. Ein Beauftragter der Eberſtädter
Provinzial=
ſiechenanſtalt hatte am 21. Auguſt v. Js. den gerade mit Ausmachen
beſchäftigten Angeklagten um zehn Zentner angegangen, worauf G.
anderen Tags bei Rückſprache mit dem Anſtaltsdirektor für den
Zent=
ner 4 Millionen Mark forderte und das Geſchäft ſcheiterte. Es
be=
ſtand damals allerdings nach Angabe der hieſigen Preisprüfungsſtelle
ein aus gemeinſamer Verhandlung erwachſener Richtpreis von
einein=
halb Millionen, doch bezeichnen drei Sachverſtändige ihn als bei weitem
zu niedrig und durchaus nicht den Erzeugerkoſten angemeſſen. In
Anbetracht letzterer halten ſie ſogar 5—8 Millionen für nicht überſetzt,
zumal nach damaligem Kursſtand die Million ungefähr 70 Goldpfennig
darſtellte. Von Gewinn bezw. übermäßigem Gewinn konnte nach
ſol=
chem Beweisergebnis natürlich keine Rede ſein und beantragte der
Staatsanwalt ſelbſt, die auf Veranlaſſung des Miniſteriums für
Ar=
beit verfolgte Berufung zu verwerfen, was auch ſeitens des Gerichts
geſchah. Verteidiger Rechtsanwalt Dr. Meiſel, hatte ſcharf die
Halt=
loſigkeit der Anklage mit dem Anfügen betont, daß derartiges
Vor=
gehen nur Beunruhigung in Erzeugerkreiſe zu tragen und den weiteren
Rückgang des Kartoffelanbaues als nicht lohnend zu mehren
geeig=
net ſei.
Aus den Parteien.
Deutſche Volkspartei. Am heutigen Sonntag kritt hier
in Darmſtadt der Landesausſchuß der D. V. P. des
Wahl=
kreisverbandes Heſſen zu einer Tagung zuſammen.
Reichs=
tagsabgeordneter, Exzellenz Dr. Becker, Rechtsanwalt Dingeldep,
M. d. L., Juſtizrat Dr. Oſann, M. d. L. und Generalſekretär
Koll=
bach werden über: die politiſche Lage, die beſſiſche Frage, Beamten=
und andere Fragen der heſſiſchen Politik und über Organiſationsfragen
des Wahlkreiſes referieren.
Deutſche Demokratiſche Partei. Am Dienstag, den
15. d2. Mts., findet eine außerordentliche Vorſtandsſitzung ſtatt. Ort
und Zeit wie immer.
Feamten= und Arbeitnehmer=Ausſchuß der
Deutſchen Demokratiſchen Partei. Am Freitag, den 12.
ds. Mts., abends, findet im Parteilokal eine Mitglieder=
Ver=
ſammlung ſtatt. Tagesordnung; 1. Beamten=Recht; 2. Sozialg
Behaltspolitik.
Seite 6.
Darmftädter Dagblatt, Sonntag, den 13. Januar 1924.
Rummer 13.
Panderungen durch hefſiſche Städte.
Ait=Darmſiadt (4. Teil)
Von Ph. W.
Unſere heutige Wanderung führt uns diesmal zunächſt auf die
Ober=
gaſſe, früher hieß es auf den Rittſtein, oder auf Rütſchſtein, einen der
älteſten Stadtteile. Einige Forſcher nehmen an, daß hier auf dem
Plateau ein Caſtell geſtanden habe. Die älteſte Stadtbefeſtigung umſchloß
die Obergaſſe, auf kurzen Strecken begegnen wir hier noch den
Ueber=
reſten der alten Stadtmauer. Am Eingang der Obergaſſe ſtand das
Mooken= oder Sprinzentor. Es war ein Ueberbau, welcher auf der einen
Seite auf der Stadtmauer im Sprinzengäßchen und auf der anderen
Seite von der Stadtmauer, welche zwiſchen Schloßgaſſe und
Birngar=
ten hinzog, ruhte. Urſprünglich nannte man es auch Arheilger Tor.
1761 wurde es abgebrochen. Der Volksmund erzählt, daß an dieſer
Stelle ein Geſpenſt in Geſtalt einer Mooke ſpukte. Die Akten erwähnen
das Mookentor in folgenden Zuſammenhängen: „1781 Errichtung einer
Baumühle vor dem Mookentor.” „1582 Bau eines Marſtalls vor dem
Mvolentor.” „1688 die Stdtmauer vom Beſſunger Tor hinter dem
Pädagogie bis an das Mookentor auf beiden Seiten friſch gebettet
und mit 75 154 Platten, etwa vom Mookentor bis an den Birngarten
hinunter 17 702 Platten gelegt.” 1758 wird ein Turm am Mookentor
erwähnt. Ferner wird berichtet, daß bei Gelegenheit der Gleichlegung
des Straßenplaſters bei dem ehemaligen Mookentor im Jahr 1828,
mit=
ten unter der Straße ein ziemlich geräumiges unterirdiſches Gemach,
von dem aus eine Tür nach der Seite der Schloßgaſſe geführt habe
gefunden worden ſei. Seinen eigentlichen Namen hatte das Tor nach
einem Torwart Mock.
Die eigentliche Obergaſſe zählte zum Diſtrikt A, mit den Nr. 85 bis
87, ſodann Nr. 93 und Nr. 110 bis 120. Beſondere Erwähnung
ver=
dient das Haus Nr. 2; es wurde unter Georg II. erbaut. Es ſind
Ueberreſte des ehemaligen Perſiuſiſchen Hauſes, das Eckhaus links.
Seine Lage wird in einem Aktenſtück von 1627 alſo bezeichnet: Es
ſieht vorn mit 2 Toren auf die Gaß, hinten aber ſtößt es an den
Him=
melsgarten‟ Dieſes Haus war in den Jahren 1626—1627 von dem
Kanzler Wolf von Todtenwert erbaut worden. Perſiuſiſches Haus hieß
es in den Akten, weil der im Jahre 1649 geſtorbene Fürſtliche Rat und
Oberamtmann Joh. Dominikus Perſius von Lonsdorf darin ſeine
Woh=
nung hatte. Später kam das Haus in den Beſitz des Kriegsrats Merck,
der darin eine Kattunfabrik einrichten wollte. Er kaufte zu dieſem
Zweck von der Stadt noch den dahinter liegenden Zwinger ſowie einen
Teil der Stadtmauer mit dem ſog. Schlangenturm; ſpäter kam das
Haus in den Beſitz des Landgrafen Friedrich. Merck ſtaub in dieſem
ſeinem Beſitztum; 1782 erhielt er hier einen Beſuch von Lavater. Das
gegenüber liegende Haus Nr. 1, früher Kaufmann Dingeldey gehörig,
tragt als Hausmarke einen ſchwarzen Storchen. Es war ehedem das
Gaſthaus zum Storken, unter Ludwig V. ein Ballhaus, in dem das
Ballſpiel gepflegt wurde. An der Stelle, vvo heute das Hoſpiz (Nr. 12)
ſteht war der Eingang zum Sprinzengäßchen; es hatte ſeinen Namen
nach dem auf dem Torturm wohnenden Torwächter Sprenz. Zu ihm
zählten die Häuſer Nr. 90—92. Lit. A. Das nächſte Seitengäßchen, das
ſackartig verläuft, zu dem die Häuſer Nr. 94—97 gehörten, wurde
früher als das Hahnenwerk bezeichnet, es hieß auch das „Bäcker Kochen=
Eck”: von hier gelangte man zu dem ſchon erwähnten Schlangenturm.
Das dritte Seitengäßchen dieſer Art, wo früher die Fuhrleute
Hegen=
dörfer und Wagner wohnten, mit den Häuſern Nr. 98—109 war das
„Stappeneck”. In allen dieſen Seitengäßchen finden wir noch
Ueber=
reſte unſerer alten Stadtmauer. Die Chronik berichtet über den
Ritt=
ſtein (Obergaſſe) „1702 Brechung einer Tür in die Stadtmauer am
Rittſtein”. Auf dem Rittſtein ſelbſt wohnten vorzugsweiſe
Geſchäfts=
leute, beſſere Bürger unſerer Stadt. So ſtand an der Stelle des
heu=
tigen Hoſpizes eine alt=renommierte Weinwirtſchaft „Zur Ludwigs=
Saüe‟. Hier in dieſem Hauſe wurden die erſten jüdiſchen Gottesdienſte
abgehalten. Im Hauſe Nr. 40 finden wir über dem Torbogen noch
die Jahreszahl 1789 eingemeißelt, es war das Haus Lit. A 111 und
gehörte dem Schweinemetzger Balth. Rummel. Das Eckhaus Nr. 44,
früher Lit. A 113 iſt wieder eines der älteſten Gaſthäuſer „Die goldene
Kr”te”, Beſitzer Zierbrauer Johann Adam Appel. Wir biegen von
hier aus ab und gehen durch die Schloßgaſſe. Hier beobachten wir
wie=
der an einzelnen Stellen Ueberreſte der alten Stadtmauer, ſo im frühe=
Ten Küfer Finkiſchen Hauſe, Nr. 32, wo man auf dem Mauerreſt einen
ſchönen Ziergarten angelegt hat, ferner im Hauſe Nr. 22, früher Bäcker
Delp iſt der Backofen an die Stadtmauer angebaut. Eines der älteſten
Häuſer iſt die Brauerei Schul, Haus Nr. 25, früher Lit. A 124 „Zum
goldenen Brunnen” Beſitzer Georg Dillmann; ſpäter
Vierbrauerei=
meiſter Martin Appfel, auch unter dem Namen „Schloßapfel” bekannt.
Der Torbogen trägt die Jahr szahl 1727 und ein Hauswappen. Als
beſenders wertholl wurde das Haus Nr. 2, Lit A 69, dem Wirt
Bier=
brauer gehörfy, bezeicheiet; es wurde auf 7500 Gulden taxiert. Am
Ausgang der Schloßgaſſe, mit der Front nach dem Schloß hin ſtehend,
liegt das Haus Nr. 7, früher Lit. A 132; es ſoll ehedem herrſchaftlich
geweſen ſein. Hier wohnte 1671 der erſte Glockendirektor Breithaupt.
Es trägt heute noch im Volksmund den Namen Das Glockenſpieler=
wieder neu aufgelegt von Dr. Eſſelborn
lein”, eine gewiſſe Berühmtheit erlangt. In dieſem Hauſe, ebenſo in
ian von Ernſt Pasqué, je
Des Glockenſpielers Töchter=
dem angrenzenden Hauſe Geiſtberg Nr. 6, Lit. 4 139, ſollen früher
unterirdiſche Gänge geweſen ſein. Ob dieſe Gänge mit einem Kloſter,
das angeblich am Geiſtberg geſtanden haben ſoll, oder ob ſie mit der
Stadtbefeſtigung im Zuſammenhang ſtanden, iſt unbekannt. Das Haus
Geiſtberg Nr. 1, Lit. A 139, bildet den Durchgang zu dem unter der
Ochſengaſſe bereits erwähnten „Roten Ochſen” und trägt über dem Tor
auch den bekannten Ochſen und die Jahreszahl 1738. Das Haus Nr. 3,
Lit. 4 139, ſoll früher das aus verſchiedenen Darmſtädter Lokalpoſſen
bekannte Gaſthaus „Zum Pariſer Höfchen” geweſen ſein. Auch das am
Ausgang des Geiſtbergs gelegene Gaſthaus und Brauerei Zum
Auker”, urſprünglich Lit. B 15, ſpäter Geiſtberg Nr. 10, heute Große
Ochſengaſſe Nr. 26 und 28, wird unter den alten Sattelhöfen des
17. Jahrhunderts in Darmſtadt genannt; unter dem Jahre 1769 wird
erwähnt Johann Paul Heß, Schultheiß zu Eberſtadt, kauft das
Brau=
haus „Zum Anker” für 700 Gulden. So gehört der altbekannte Anker
auch zu den älteſten Gaſthöſen unſerer Stadt. Für heute ſoll unſere
Wan=
derung hier ihren Abſchluß finden, bei der nächſten wollen wir uns
auf dem Marktplatz treffen.
Ka4
A
An unſere verehrl. Leſer!
Den heutigen wirtſchaftlichen Verhältniſſen
Rech=
nung tragend, haben wir uns entſchloſſen, für
Familien=
anzeigen und Stellengeſuche eine bedeutende
Preis=
ermäßigung eintreten zu laſſen.
Wir berechnen jetzt für genannte Anzeigen pro.
Zeile 15 Pfg. aus Stadt und Kreis Darmſtadt,
25 Pfg. für auswärtige.
Des ferneren gewähren wir unſeren Abonnenten
bis 31. ds. Mts auf die
Kleinen Anzeigen
(Privatanzeigen) bei Vorlegung der letzten
Abonne=
ments=Quiftung einen
Rabatt von 10%o=
430)
Der Verlag des Darmſtädter Tagblatt. G
O.33
Lokale Veranſkaltungen.
— Familiengeſchichtliche Vereinigung. In der
nächſten Monatsſitzung am Dienstag, den 15. Ifd. Mts., abends, im
Staatsarchiv wird Herr Prälat D. Dr. Diehl über Hinterländer
Pfarr=
familien berichten.
— Volkstheater. Das Schauſpiel „Krone und Feſſel”
hat nach wie vor ſtarken Erfolg aufzuweiſen. Die Aufführung und
In=
zenierung haben beſondere Sorgfalt erfahren und rechtfertigen vollauf
den guten Beſuch der Vorſtellungen. — Heute nachmittag findet für
die Jugend die Aufführung des Märchens „Rotkäppchen” ſtatt.
(S. Anzeige.)
Kunſinotizen.
Ueder Werke, Künſiler und künſilerſſche Veranſtaltungen, deren ſm Nachſfehenden Erwähnung
geſchiebt. bebält ſich die Redaition ihr Urteil vor.
— Das Liedertafel=Konzert am N. ds. Mts., nachm.
4 Uhr, im Städt. Saalbau, bietet Gelegenhert, nach längerer Zeit einmal
wieder zwei ſeltene Künſtler zu hören. Herr Geheimrat W. de Haan
und Herr Kammerſänger Leo Schützendorf aus Berlin haben ihre
Mitwirkung zugeſagt. Herr de Haan ſpielt eigene Klavierkompoſitionen
und begleitet Herrn Schützendorf. Außerdem hat Herr de Haan vier
Lieder mit Goethetexten für dieſes Konzert geſchrieben, die an dieſem
Tage ihre Uraufführung erleben. Weiter ſpielt unſer Mitbürger Herr
Hermann Heiß, ein noch im Stillen wirkender Künſtler, vier ſeiner
Kla=
vierkompoſitionen als Uraufführung. Der Kartenverkauf beginnt dieſe
Woche in den beiden Muſikkalienhandlungen H. Arnold,
Wilhelminen=
ſtraße, und L. Schutter, Eliſabethenſtraße. Sperrſitz 3,50 Mk.,
nume=
rierter Saal 2,50 Mk. und unnumerierter Saal 1,50 Mk.
Dſe Hierunier erſcheinenden Nofizen ſind ausſchließſt
in keinem Falſe irgendwie als
als Hinweiſe auf Anzeigen zu betrachten,
eſprewung oder Kritik.
— Krieger=Verein 1874 Darmſtadt E. V. Die Frauen
und Töchter der Mitglieder des Vereins ſowie des Verbandes werden
hierburch zu der Mittwoch, den 16 d. M., abends, im Vereinszimmer,
„Weißer Saal” bei Chriſt, Grafenſtraße, ſtattfindenden
Monatsver=
ſammlung eingeladen. Zweck der Frauengruppe: Geſelliger
Zuſammen=
ſchluß, gemeinſame Frauenarbeiten im Intereſſe des Vereins, bzw. des
Verbandes uſw. Die noch nicht getätigten Anmeldungen können außer
in der Verſammlung ſtets Mathildenſtraße 32 II, ſowie bei Frau
Ben=
der, Beſſunger Str. 49, erfolgen.
— Chriſtlicher Verein Junger Männer.
Iufanterie=
kaſerne, Hof links. Auf den heute abend ſtattfindenden Vortrag über
Staatsbürgerkunde ſei hiermit hingewieſen. Alle jungen Männer ſind
eingeladen.
— Heſſ. Fechtverein Darmſtadt. Wir machen unſere
Mit=
glieder auf die morgen abend 8½ Uhr im Vereinslokal „Heſſ. Hof”
ſtatt=
findende Generalverſammlung aufmerkſam.
— Deutſchorden. Die Kommende Darmſtadt feiert den Tag
der Reichsgründung am Freitag, den 18. Januar, abends 8 Uhr, in
der Turnhalle. Vortrag des Ordensbruders, Oberſtleutnant v. Hagen:
„Die Schlacht bei Tannenberg”. Ordensmitglieder und geladene Gäſte
haben Zutritt. Eintritt frei. (S. Anzeige.)
Stimmen aus dem Leſerkreiſe.
(Für die Veröffentlſchungen unter dieſer Ueberſchrift übernimmt die Redaktſon keinerlei
Ver=
antwortung; für ſie bleibt auf Grund des § 21 Abſ. 2 des Preſſegeſetzes in vollem Umfange
der Einſender verantwortlich.) — Einſendungen, die nicht verwendet werden, können nicht
zurückge andt, die Ablehnung nicht begründet werden.
Eine Bitte an die Städtiſche Gaswerksverwaltung.
Da in hieſiger Stadt viele Mieter darauf angewieſen ſind, ein oder
mehrere Zimmer an Untermieter abzugeben und oft Unzutraglichkeiten
zwiſchen Mieter und Untermieter bei der Berechnung der Beleuchſtung
oder bei Benutzung des Gasherdes bei den jetzigen hohen Gaspreiſen
ein=
treten, ſo wären ſicherlich viele Hausfrauen der Gaswerksverwaltung
dankbar, wenn dieſelbe auf irgend einer Weiſe die Bevechnung des
Gas=
preiſes in überſichtlicher Weiſe bekannt geben würde. Beiſpiel: Di=
Stunde Hängelicht (großer Brenner) beträgt .. . . . Mt., Normalbrenner
.. . . Mk.; Stehlicht, großer Brenner .. . . Mk., kleiner Brenner
.. . . . Mk.; Gasherd, die Stunde . . . . . Mk. vom 1. bis 15. Januar 1924,
Dieſe Bekanntgabe müßte endweder in der Waldſtr. 6, part., regelmäßig
gegen Monatsende angeſchlagen ſein oder auf der Gasrechnung an irgend
einer Stelle vermerkt ſein, evtl. könnte man auch in den hieſigen
Tages=
zeitungen gegen Monatsende jedesmal die Stundenberechnung
beröffentlichen. Es ſind ſchon öfters in weiteren Schichten der
Verbrau=
cher hierüber Klagen laut geworden, daß ſie gar nicht in der Lage ſind,
ihren Untermictern den Gaspreis bei der Monatsrechnung richtig zu
be=
rechnen.
— Die Stadtverwaltung macht jeden Hausbeſitzer für Schäden an
dem Zement= oder Aſphaltbelag des Fußſteiges vor ſeinem Hauſe
haft=
bar. Das Polizeiamt droht jedem Hausbeſitzer mit Geldſtrafen, der
Schnee und Eis von dem Fußſteig nicht entfernt. Was ſoll die
Gegen=
überſtellung dieſer beiden Tatſachen beſagen? Daß die Hausbeſitzer
zwi=
ſchen zwei Feuer geraten, wenn ſich nicht Tiefbauamt und Polizeiamt
darüber verſtändigen, wann nach dem Stand der Witterung der
Zeit=
punkt gekommen, zu dem es möglich i” die auf den Fußſteigen
feſtge=
frorene Schneedecke zu entfernen. Gege ärtig iſt dies ohne ſchwere
Be=
ſchädigung des Fußſteigbelages ungusführbar.
Briefkaſten.
Z. Nr. 100. 1. Feldſchütz Gr. II., III. (wenn Schutzbezirk über 250
bis 500 Hektar groß iſt), Gr. IV. (als Oberfeldſchütz) mit Bezirk von über
500 Hektar. Forſtwart rangiert nicht im Beſoldungsplan der
Lanh=
gemeindebeamten. Polizeidiener Gr. II. (in Gemeinden bis 400
Einwoh=
nern, Gr. III. (in ſolchen mit über 400 Einwohnern mit Bezeichnung
Schutzmann), Gr. TV. (gleiche Bezeichnung in Gemeinden über 2000
Ein=
wohner), Gr. V. (als Oberſchutzmann). Gemeind=rechner (Gr. V in
Ge=
meinden bis 600 Einwohner), Gr. VI. (in ſolchen bis 2000 Einwohner),
Gr. VII. (in ſolchen bis 4000 Einwohner), Gr. VIII. (in ſolchen über
4000 Einwohner), Bürgermeiſter Gr. V. (in Gemeinden bis 400
Ein=
wohner), Gr. VI. (in ſolchen bis 800 Einwohner), Gr. VII. (in ſolchen
bis 1400 Einwohner), Gr. VIII. (in ſolchen bis 2000 Einwohner), Gr. IX.
(in ſolchen bis 10 000 Einwohner), Gr. K. (in ſolchen über 10000
Ein=
wohner). Ihre zweite Frage iſt dadurch beantwortet.
Familiennachrichten
Statt Karten.
Die Geburt eines kräftigen
Sohnes zeigen hocberfreut an
Erich Heilmann
und Frau Erika, geb. Moeller
Stockheim (Utfr.),
Würzburg (Univ.-Frauenklinik),
(469
10. Januar 1924.
Todes=Anzeige.
Heute entſchlief ſanft nach
ſchwerem Leiden unſer
herzens=
guter, braver Sohn und Bruder
Karl Otto Weitz
Bankbeamter
im 24. Lebensjahre.
In tiefer Trauer:
Otto Weitz
Eva Weitz, geb. Bender
Ernſt Weitz
Hermann Weitz.
Darmſtadt, den 12. Jan. 1924.
Hügelſtr. 37.
Die Beerdigung findet Montag,
den 15. Jan., nachm. 3½ Uhr, auf
dem alten Friedhof, Nieder=
Ram=
ſtädterſtraße, ſtatt. (2994
Todes=Anzeige.
Geſtern wurde, unſere geliebte
Schweſter
von langem ſchweren Leiden durch
einen ſanften Tod er.öſt.
In tiefer Trauer:
Theodor von Zabern
Marie von Zabern.
Zürich=Darmſtadt, 12. Jan. 1924.
Die Beerdigung findet ſtatt
Diens=
tag vormitta: 11 Uhr vom Portal
des alten Friedhofs aus. (*1063
Heute nacht verſchied nach kurzem, ſchwerem
Leiden der Bankbeamte
Herr Otto Weitz.
Wir verlieren in dem Verſtorbenen einen treuen
und lieben Mitarbeiter, den wir durch ſein
freund=
liches Weſen, ſeine treue Pflichterfüllung und ſeine
beſcheidene und angenehme Art alle lieb gewonnen
hatten und dem wir ſtets ein ehrendes Andenken
bewahren werden.
Darmſtadt, den 12. Januar 1924. (*1003
Die Direktion und Angeſtellten der
Deutſchen Vereinsbank, Filigle Darmſtadt.
Dankſagung.
Allen Verwandten, Freunden und
Bekannten für die anläßlich des
Hinſcheidens unſerer lieben Tochter
Anna
bewieſene Teilnahme, ganz
beſon=
ders dem Männerquartett die
Eis=
talten für ihren erhebenden
Grab=
geſang unſeren herzlichſten Dank.
Karl Lang uebſt Angehörigen.
21012)
Todes=Anzeige.
Heute entſchlief nach langem,
chwerem Leiden meine gute,
treit=
ſorgende Frau, unſere liebe Mutter,
Tochter, Schweſter u. Schwägerin
Marie Speyer
geb. Götz
im Alter von 31 Jahren.
Die trauernden Hinterbliebenen:
Jakob Speyer nebſt Kind.
Die Beerdigung finder Montag,
den 14. Jan nachm. 2½ Uhr, auf
dem Friedhof Nieder=
Ramſtädter=
ſtraße ſtatt
Dankſagung.
Für die uns ſo zahlreich
dargebrachten Beweiſe inniger
Anteilnahme bei dem uns ſo
ſchwer betroffenen Verluſte
ſagen wir allen Verwandten und
Freunden herzlichen Dank.
Heinrich Schulz esst W
Familie Karl Mager.
Beinau
Haus
Maſſ. Mehrfamilienhaus mit Garter
hr preiswert, verläufli h.
Intereſſenten wenden ſich an
Notar-Prakt. BEISSVENTER
z. Bt. Potel Schmitz, Darmſtadt
Rheinſtraße 50,
967
Dankſagung.
(Statt Karten.)
Für die aufrichtige, herzliche und
ſo zahlreiche Teilnahme bei dem
Heim=
gang unſeres lieben Verſtorbenen
(*1030
ſagen innigen Dank
Bab. Arnheiter Bitwe
H. Metzler, Oberlandmeſſer, u. Frau
Gertrude, geb. Arnheiter, u. Tochter.
Nieder=Ramſtadt, 11. Jan. 1924.
Fay’s /A ächte (I.438
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(*V02
Den Rodlerfreuft nachEis u Schnee.
Steis aus. Quieta ein kaffee!
— Quiela —
Köstliche Püschungen mit Bohnenkarſſee.
Ai
C. E.459)
45
in B. Unblufiss Sprechstunge
13.
(Aufheben!) (Fortsetzung folgt.)
Ja, liebes Fräulein, auf dei Brettel zu
stehen und das Beinchen zu schwingen
mit solcnen Hühnera gen, das erforderd
allerdings viel Begeisterung für die hohe
und heilige Kunst. Nun reichen Sie mir
mal vertrauensvoll den Fuß. Deses
Hah-
nerauge sieht schlimm aus und ist auch
schlimm. Wenn Sie aber das in vielen
Millionen Fällen bewährte Kukirol
auf-
legen das Sie in jeder größeren Apotheke
und Drogerie bekominen, so wird es
eben-
so schnell vers hwunden sein wie jedes
andere und in einigen Tagen we den Sie
wie er so hinreißend schön tanzen wie
König David vor der Bundeslade. Ich
schneide grundsätzlich keine Hühneraugen,
sondern behanille sie nach dem Prinzip:
„Hühneraugen k ein und groß, wirst durch
Kukirol Du los”; denn Kukirol ist
unge-
fährlich, lindert sofort die Schmerzen und
verursacht niemals Blutvergiftungen.
Außer-
dem empfehle ich Ihnen gerade bei Ihren
Berufe das nerven- und muskelstä kende
Kukirol Fußbad Es verhütet das
Bren-
nen und Anschwellen der Füße nach gro-
Ben Anstrengungen, beseitigt aber auch
Fußschweiß und Wundlaufen. Zur
täg-
lichen Fußpflege ist es das beste Mittel,
weiche, ich kenne. — Wenn Sie die
über-
aus wichtige und lehrreiche Broschüre „Die
richtige Fußpflege‟" gratis und portofrei
zu erhalten wunschen, dann schreiben Sie
eine Postkarte an die
Kuktrol-Fabrik Groß-Calzs 828 bei Hagdeburg.
Lassen Sie sich niemals etwas anderes
als „auch sehr gut” eufreden, sondern
gehen Sie, wenn ein Geschäft die
millio-
nenfach bewährten Kukirol-Fabrikate nicht
führt, in das nächste. Die Eleine Mühe
lohnt sich bestimmt.
N8574
Nummer 13.
Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 13. Januar 1924.
St. Nieder=Ramſtadt, 10. Jan. Gemeinderatsbericht. Den
Geſuchen verſchiedener hieſiger Vereine um Erlaß der Vergnügungsſteuer
anläßlich der über die Feiertage ſtattgehabten Vergnügungen wird dem
Antrag der Kommiſſion entſprechend ſtattgegeben. Für eine andere
dem=
nächſt ſtattfindende Vergnügung des Arbeiterradfahrervereins wird auf
Anſuchen eine Vergnügungsſteuerpauſchalſumme in Höhe von 10
Gold=
mark feſtgeſetzt. — Ein Geſuch des Schreinermeiſters Keil um
Genehmi=
gung des Anſchluſſes an die Kraftſtromleitung des Gemeinde=
Elektri=
zitätswerks wird genehmigt. — Einem Tauſchantrag mit Andreas
Mül=
ler 4. zu Waſchenbach mit der Gemeinde zweas Herſtellung beſſerer
Weg=
verhältniſſe ſteht der Gemeinderat wohlwollend gegenüber. Es ſoll aber
nochmals eine Beſichtigung an Ort und Stelle ſtattfinden. — Dre
Ge=
meinderat befaßte ſich alsdann mit dem Punkt Neuverpachtung der
Ge=
meindejagd. Im allgemeinen war man ſich darüber einig, daß eine
frei=
händige Abgabe der Jagd wohl ſtattfinden könne, und daß hierbei in
erſter Linie auch die hieſigen Liebhaber Berückſichtigung finden ſollen,
an=
dererſeits aber auch die Intereſſen der Geſamtgemeindeangehörigen nicht
darunter leiden durfen. Mit Röckſicht darauf, daß ein von auswärts
eingegangenes Angebot dasjenige der hieſigen Pächter um ein
Beträcht=
liches überſteigt, konnte ſich der Gemeinderat endgültig nicht entſchließen,
und wurde die Sache auf eine ſpätere Sitzung vertagt. — Die Erbebung
vorläufiger Grund= und Gewerbeſteuern für das zweite Halbjahr des
Rechnungsjahres 1923 wurde im Sinne des Miniſterialamtsblattes
be=
ſchloſſen und für je 100 Mk. Steuerwert des Vermögens folgende
Aus=
ſchlagſätze feſtgeſetzt: a) gewerbliches Betriebskapital 1,5, b)
Gebäude=
beſitz — 4. c) land= und forſtwirtſchaftlich genutzter Grundbeſitz — 40
Goldpfennig. — Nachdem die Ausloſung des Holzes aus dem
Gemeinde=
wald an die holzbezugsberechtigten Familien ſoweit fertiggeſtellt iſt, daß
in aller Kürze mit der Ausgabe der Abfuhrſcheine begonnen werden
kann, beſchloß der Gemeinderat, als Abgabepreiſe 25 Prozent mehr wie
die für die Staatswaldungen geltenden Tarife zu erheben, zahlbar in
fol=
genden Terminen: a) 20 Prozent bei Einlöſung des Abfuhrſcheins, 40
Prozent am 1. März und der Reſt am 1. Juni I. Js. Im Verzugsfalle
tritt Verzinfung der Schuld zum jeweiligen Zinsfuße ein. Das
Stamm=
holz ſoll in folgender Weiſe verwertet werden: Buchenſtämme werden
alsbald öffentlich meiſtbietend verſteigert, Kiefernſtämme bleiben zur
Verfügung der Gemeinde ſelbſt. — In Anbetracht der immer geringer
werdenden Zahl der in die Volksſchule neu aufzunehmenden Kinder regt
die Gemeindeverwaltung aus Erſparnisgründen die Aufhebung der erſt
in den letzten Jahren neu geſchaffenen 9. Schulklaſſe an. Der
Gemeinde=
rat nahm hiervon Kenntnis und beantragt die Beibringung von
Unter=
lagen bis zur nächſten Sitzung. — Die Verſteigerung des Faſeldungs
zum Preiſe von 151 Goldmark und die Beſchaffung einiger Zentner Stroh
für den Faſelſtall werden genehmigt. Weiterhin wird die
Faſelviehkom=
miſſion beauftragt, bis zur nächſten Sitzung Vorſchläge über Abſchaffung
etwa entbehrlich werdender Ziegenböcke zu unterbreiten. — Von Seiten
eines Gemeinderatsmitgliedes wird noch die Beſchlagnahme eines
Zim=
mers im Hauſe Wambold bemängelt. Der Gemeinderat beſchließt, der
Wohnungskommiſſion anheimzugeben, ihren Standpunkt nochmals
nach=
zuprüfen. Nach Erledigung verſchiedener kleinerer Angelegenheiten
wurde die Sitzung geſchloſſen.
H. Ober=Ramſtadt, 11. Jan. Gemeinderatsſitzung. Vor
Eintritt in die heutige Tagesordnung entſpann ſich eine kurze
Geſchäfts=
ordnungsdebatte, zu der Bürgermeiſter Rückert einige Erklärungen
ab=
gab. Zum 1. Punkt der Tagesordnung legte die Verwaltung einen
Voranſchlag über Herrichtung der verlängerten Adlergaſſe vor. Der=
Koſtenaufwand beträgt nach dieſem ohne Einwalzen der Straße etwa
32 000 Goldmark. Die Herſtellung der Straße wurde dem Voranſchlag
entſprechend genehmigt und die erforderlichen Kredite bewilligt. In der
Frage der Feſtſetzung der Preiſe für Bauplätze wird beſchloſſen, daß ſich
die Bau= und Finanzkommiſſion mit den betreffenden Beteiligten
noch=
mals in Verbindung ſetzen ſoll, um eine Einigung auf 1 Goldmark pro
Quadratmeter zu erzielen. Kommt eine ſolche zuſtande, ſo erklärt ſich der
Gemeinderat jetzt ſchon hiermit einverſtanden. Für die Holzverteilung
1924 wurde folgende Kommiſſion gewählt: Gemeinderat Bendorf,
Fried=
rich, Finger und Gunkel. Ueber einen Antrag des Gemeinderats Gunkel,
Mitglieder des Ortsbürgervereins zu der genannten Kommiſſion hinzu=
Seite 2.
zuziehen, wurde mit dem Reſultat 11 gegen 5 Stimmen ſchriftlich
abge=
ſtimmt. Mit den von der Bürgermeiſterei ausgearbeiteten
Verſteige=
rungsbedingungen für die Holzverſteigerungen 1924 erklärt ſich der
Ge=
meinderat einverſtanden. Gleichzeitig mit denjenigen für die
Jagdver=
pachtung, die im Februar ds. Js. fällig wird. Ein Geſuch des Friedrich
Huthmann II. um Abgabe von Tarifholz für Bauzwecke, ſoll bis zur
zwiſchenzeitlichen Beſichtigung des Anweſens Huthmann durch die
Bau=
kommiſſion zurückgeſtellt werden. Dem Antrage des Peter
Württem=
berger III. auf Aufwertung ſeiner Vergütung als Wohnungsinſpektor
wird inſoweit entſprochen, als deſſen Vergütung für 1923 endgültig auf
2719 Milliarden feſtgeſetzt wurde. Hieran anſchließend wurde in die
Be=
ratung von Wohlfahrtsſachen eingetreten.
— Dieburg, 12. Jan. Geſangswett ſtreit. Der weithin
bekannte Geſangverein Sängerluſt feiert am 14., 15. und 16. Juni d. J.
ſein 60jähriges Stiftungsfeſt, verbunden mit nationalem
Geſangswett=
ſtreit. Durch die Wahl der Ausſchüſſe ſind die Vorbereitungen
einge=
leitet, die Rundſchreiben gehen den Vereinen in den nächſten Tagen zu.
Dieburg ſteht als Feſtort in gutem Rufe. Der feſtgebende Verein wird
es ſich auf Grund reicher Erfahrungen angelegen ſein laſſen, den
Wett=
ſtreit in jeder Richtung einwandfrei und ehrlich durchzuführen.
Erheb=
liche Geldpreiſe und zahlreiche Kunſtgegenſtände ſind den Siegern in
friedlichem Wetbewerb zugedacht. Außer den 3 Stadt= und 3
Land=
klaſſen iſt noch eine Abteilung für Quartettvereine und eine Abteilung
für nichtpreisgekrönte Vereine mit 2 Klaſſen vorgeſehen. Der
Dele=
giertentag findet am 17. Februar 1924, nachmittags ½2 Uhr, ſtatt.
9 Aus Starkenburg, 12. Jan. Der Abbau im
Volksſchul=
weſen wird mit Ende dieſes Monats beginnen. Am 1. Februar
wer=
den diejenigen 84 heſſiſchen Lehrer in den unverlangten Ruheſtand
tre=
ten, die das 65. Lebensjahr zurückgelegt haben. Gas manchem der alten
Herren wird es nicht leicht werden, den Stab unfreiwillig
niederzu=
legen. Wer ſo lange der Schule gedient hat, möchte die 59 Dienſtjahre
auch voll machen und meint, ohne ihn ginge es nicht ſo recht. In der
Zeit vom 1. Februar bis 1. April werden dann diejenigen in den
Ruhe=
ſtand treten, die kränklich, ſchon oft beurlaubt, gut geſtellt oder
unver=
heiratet ſind und das. 60. Lebensjahr bereits überſchritten haben. Am
1. April werden außerdem die Lehrer und Lehrerinnen abgebaut
wer=
den, die mittlerweile das 65. Lebensjahr erreicht haben. Die noch im
Dienſte befindlichen ſieben verheirateten Lehrerinnen werden dann auch
ausſcheiden. Um die ſozialen Zulagen erhöhen zu können, wird es
nötig ſein, die Bezüge der Lehrerinnen wieder auf den
vorrevolutionä=
ren Stand zu bringen, das heißt, ihnen das Gehalt wieder um ein
Fünf=
tel zu kürzen. Im Landesamt für das Bildungsweſen ſollen
diejeni=
gen Schulräte und Oberſchulräte ausſcheiden, die aus parteipolitiſchen
Rückſichten in ihr Amt berufen wurden. Es ſind dies die Herren Diehl
Friedrich und Hofmann. Auch mehrere Kreisſchulräte werden
der Abbauverordnung zum Opfer fallen müſſen. Welcher Wandel der
Zeiten! Vor noch nicht zu langer Zeit verlangte und erreichte man die
Beförderung eines Schulrats im Landesbildungsamt, damit die
Volks=
ſchule dadurch eine erhöhte Wertſchätzung erfahre. Man erließ
das neue Schulgeſetz, das die Gliederung des Schulkörpers in den
Städten mehr als nahe legte, ſchuf Förderklaſſen und Klafſen
mit erweiterten Lehrzielen, hob die Schulgeld zahlenden
Mittel=
ſchulen gegen den Willen der Bevölkerung auf, und jetzt muß man
Klaſ=
ſen zuſammenlegen, Leute entlaſſen, die noch Dienſt tun könnten und
wollen, und damit zugeben, daß man nach einem verlorenen Kriege
ſelbſt im Ueberſchwang der Gefühle doch mit Waſſer kochen muß!
— Offenbach, 11. Jan. In einer Sitzung der Deutſchen
Volks=
partei ſprach der Generalſekretär des Landesverbandes, Herr
Koll=
bach aus Darmſtadt, am geſtrigen Dienstag über die: Reichs= und
Landespolitik. Der Vortrag wurde außerordentlich beifällig
auf=
genommen. Im Anſchluß daran kam eine Reihe geſchäftlicher und
or=
ganiſatoriſcher Fragen zur Beſprechung. Es zeigte ſich, daß unſere
Ortsgruppe wohlgerüſtet in das Wahljahr 1924 eingetreten iſt.
N Offenbach, 12. Jan. Seit Jahren beſtand hier eine
kaufmän=
niſche Fortbildungsſchule der Handelskammer, die von
einem Studienrat im Nebenamte geleitet wurde. Vor mehreren
Jah=
ren wurde dieſe Anſtalt von der Stadt übernommen nachdem ſchon
vorher ein Leiter im Hauptamte angeſtellt war. Sie führt jetzt die Be=
zeichnung „Städtiſhe Handelslehranſtalt” und beſteht aus einem
ein=
jährigen und einem zweijährigen Lehrgang. Das Schulgeld für einen
Lehrgang beträgt ſeit einigen Monaten monatlich 0,50 Goldmark, ein
Betrag, der für 36 Lehrſtunden wöchentlich wahrlich nicht hoch genannt
werden kann. Als die Stadtverordneten=Verſammlung vor einigen
Wochen das neunte Schuljahr bewilligte, fragte ein Stadtverordneter
an, ob im Anſchluß daran die Handelslehranſtalt abgebaut werden ſolle.
Der Oberbürgermeiſter antwortete ausweichend, es handele ſich nur
darum, eine freigewordene Lehrerſtelle der Handeslehranſtalt nicht mehr
zu beſetzen. Der nächſten Sitzung der Stadtverordneten=Verſammlung
lag trotzdem ſchon ein Antrag der Stadtverwaltung vor, zunächſt den
unterſten Jahrgang des zweijährigen Lehrgangs der Handelslehranſtalt.
abzubauen. Die Erregung der Eltern, die ihre Kinder in die Anſtalt
ſchicken oder noch ſchicken wollen, iſt nicht gering. Die Induſtrie erließ
nämlich Schülern der Handelsſchule ein oder gar zwei Lehrjahre, je
nachdem ſie den einen oder anderen Lehrgang der S. hule beſucht hatten.
Schulmänner ſind auch der Anſicht, daß das neunte Schuliahr der
Volks=
ſchule nicht geſchaffen ſei, ein Jahr des Beſuches der Handelsſchule zu
erſetzen. Mehr politiſch eingeſtellte Leute behaupten, die
Sozialdemo=
kratie wolle, nachdem ſie die Mittelſchule beſeitigte, nun eine weitere
Standesſchule”, das heißt eine Schule mit Schulgeld beſeitigen. Sie
halten es für richtiger, man hätte vor dem Abbau der Schule die Kreiſe
der Eltern und der Induſtrie gefragt, wie weit ſie bereit ſeien, die
An=
ſtalt über Waſſer zu halten. Daß die Stadt die Anſtalt bei einem
Schulgeld von monatlich 0,50 Goldmark nicht weiter erhalten kann,
darüber iſt man ſich allſeitig einig. Vorerſt ſpielt ſich der Kampf in
einem Ausſchuß der Stadtverordneten=Verſammlung ab.
O Mainz, 11. Jan. Spende. Eine hieſige Schuhfirma übergab
der ſtädtiſchen Schulbehörde 100 Paar Schuhe zur Verteilung an arme
Kinder.
O Worms, 11. Jan. Städt. Statiſtik. Die Zahl der
Gebur=
ten betrug im abgelaufenen Jahr 972 (— — 46 im Vergleich zum
Vor=
jahr). Die Zahl der Eheſchließungen (551) iſt um 100 geſunken.
Da=
gegen iſt die Zahl der Sterbefälle um 22 auf 676 angeſtiegen.
Worms, 11. Jan. Unfall. Ein Perſonen=Auto der
Werger=
ſchen Brauerei kam, von Frankenthal kommend, auf der abſchüſſigen
Bobenheimerſtraße kurz vor dem Bahnübergang infolge des Glatteiſes
ſo ins Rutſchen, daß es ſich die Böſchung hinunter überſchlug. Das
Auto wurde vollſtändig zertrümmert. Die Inſaſſen und der Chauffeur
kamen mit Verletzungen davon.
Gau=Köngernheim (Rheinheſſen), 11. Jan. Der älteſte
Ein=
wohner des Ortes und der ganzen Umgebung, Feldſchütze Stumpf,
iſt über 100 Jahre alt, geſtorben.
(.) Wieſeck b. Gießen, 11. Jan. Erlaſſene Steuern. Der
hieſigen Darlehnskaſſe und dem Spar= und Vorſchußverein, deren
Ge=
ſchäftsverkehr gegenwärtig ruht, wurde ſeitens der Gemeinde die
Entrichtung der Grund= und Gewerbeſteuer erlaſſen.
A. Friedberg, 11. Jan. Geh. Schulrat Dr. Karg trat am
1. ds. in den Ruheſtand. Von der erſten Verwendung 1888 an war K.
ununterbrochen an Lehrerſeminarien tätig, als Lehrer des Deutſchen und
der Pädagogik und als Dircktor in Alzey und hier. Mit gediegenem
Wiſſen verband er ſeltenen Fleiß, war er einem ganzen Geſchlecht von
Lehrern ein treuer Führer, zu dem ſie auffahen, aber a. 1 ein Freund,
der ihnen Wohlwollen immer neu bewies. Als Direktor war er dem
Kollegium ſtets ein vornehmer Vorgeſetzter, ein Führer, der mit ſicherer
Hand und Takt zu leiten verſtand, dabei ein Mann der Stille, der in
beſcheidener Zurückgezogenheit ein Menſchenalter hindurch gewirkt hat.
Burkhards, 12. Jan. Beim Futterholen ſtürzte der 64jährige
Land=
wirt Heinrich Gambach vom Gerüſt ſeiner Scheune ab und zog ſich
einen Schädelbruch zu, an deſſen Folgen er bald nachher verſtarb.
Glauberg 12. Jan. Einen unliebſamen Abſchluß fand
eine hieſige Verlobungsfeier für viele Teilnehmer von hier und
aus=
wärts. Eine große Anzahl derſelben erkrankte an Paratyphus, der bei
einigen Patienten ſo ſchwere Formen annahm, daß ſie tagelang zwiſchen
Tod und Leben ſchwebten. Glücklicherweiſe kamen aber ſchließlich alle
mit dem Leben daron. Die Urſache dieſer Erkrankung ſoll auf den
Genuß von nicht einwandfreiem Fleiſch zurückzuführen ſein.
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Seite 8.
Nummer 13
Darmſtädter Dagblatt, Sonntag, den 13. Januar 1924.
Reich und Ausland.
Aus der Reichshauptſtadt.
Die Finanzen Berlins. Stadtkämmerer Dr. Karding nahm
Veranlaſſung, die Vertreter der Preſſe über den derzeitigen Stand der
ſtädtiſchen Finanzen zu unterrichten. Er betonte, daß er die Darſtellung,
die er geſtern im Haushaltsausſchuß, wo man ſich bekanntlich nicht zu
einer Erhöhung der Grundſteuern auf 100 Prozent bereitfinden konnte,
gegeben habe, leider nicht abſchwächen könne. Die Finanzlage der Stadt
habe ſich in den letzten Wochen dauernd verſchlechtert. Während man in
der Inflationszeit trotz aller Schwierigkeiten immer noch dank der
Kre=
dite des Reiches und der Beſoldungszuſchüſſe gerade durchgekommen ſei,
hätten dieſe Kredite nun ſeit November aufgehört und die Zuſchüſſe für
die Beſoldung ſeien ſtark zuſammengeſtrichen. Die Hilfe des Reiches
habe alſo ſo gut wie ganz aufgehört, und Preußen ſei ebenfalls außer
Stande, zu helfen. Die Situation ſei heute alſo für die Gemeinden noch
viel ſchwerer, obgleich ſie ſich auf manchen Gebieten der Goldwährung
angepaßt hätten. So bewegten ſich die Gebühren und die kleinen Steuein
ziemlich wieder auf dem Friedensniv au mit Ausnahme des Schulgeldes.
Anders liege es bei den großen Steuern. Die Anteile der Stadt an den
Einkommenſteuern würden zwar vom Reich in zufriedenſtellender Weiſe
gezahlt, aber mit den eigenen Steuern der Stadt, die früher das Rückgrat
des Haushaltes bildeten, der Gewerbe= und Grundſteuer, ſei es noch ſehr
kärglich beſtellt. Der enge Rahmen, der den Gemeinden auf dieſem
Ge=
biete gezogen ſei, mache es unmöglich, die Gewerbeſteuern noch ſtärker
anzuſpannen, während bei der Grundſteuer nur eine prozentuale
Er=
höhung in Frage komme. Die Stadt Berlin habe deshalb ihre Erhöhung
von 33 auf 100 Prozent verlangt, während in anderen Großſtädten
Grundſt=uern von 150 bis 200 Prozent als normal gelten. Der
Haus=
haltsausſchuß habe dieſem Antrag des Magiſtrats nicht zugeſtimmt.
In=
folgedeſſen habe er, der Kämmerer, erklären müſſen, daß die Stadt nun
nicht mehr in der Lage ſei, ihre Zahlungen rechtzeitig und voll zu leiſten.
Es ſei bereits Anweiſung erteilt worden, daß die Gehälter für die zweite
Januarhälfte nur zu 50 Prozent zur Auszahlung gelangen könnten. Die
Stadt ſei auch außerſtande, ſich auf Umwegen Geld zu verſchaffen, denn
es habe keinen Sinn, kurzfriſtige Darlehen aufzunehmen, wenn keine
Ausſicht auf neue Steuererträge beſtände. Die einzige Hoffnung ſei noch,
daß die Stadtverordnetenverſammlung angeſichts dieſer kataſtrophalen
Jage der Finanzen doch noch ein Einſehen haben würde. Dr. Karding
betonte hierzu, daß die Stadt ſich gegenwärtig weiter um Anleihen
be=
mühe und auch in der nächſten Zeit kleine Stücke zu 100 und 50
Gold=
mark von Inhaberanleihen durch die Giro= und Sparkaſſe ausgegeben
würde.
Heberfall auf einen Bankprokuriſten.
Ein Anſchlag auf den Bankprokuriſten einer Privatbank wurde in
der Jägerſtraße in Berlin verübt. In dem Hauſe Jägerſtraße 11
befin=
det ſich ein Bankgeſchäft, deſſen Prokuriſt Berger, ein älterer Herr, abends
nach Geſchäftsſchluß ſeit geraumer Zeit eine größere Menge Geld und
Deviſen mit nach Hauſe zu nehmen pflegte, um dieſe Werte vor
Ein=
brechern zu ſichern. Den folgenden Morgen brachte er alles aus der
Wohnung wieder mit ins Geſchäft. So kam er auch am Donnerstag
wieder um 9 Uhr mit der gefüllten Brieftaſche nach der Jägerſtraße.
Als er unten auf den herabkommenden automatiſchen Fahrſtuhl wartete,
um nach den Bankräumen hinaufzufahren, ſprach ihn ein gut gekleideter
junger Mann mit der Bitte an, ihn mit hinaufzunehmen, weil er oben
zu tun habe. In dem Augenblick, als der Fahrkorb unten ankam, erſchien
von der Straße her ein zweiter Mann. Jetzt drückten die Beiden den
ahnungsloſen Bankprokuriſten in den Fahrſtuhl hinein und ſchlugen die
Tür hinter ſich zu. Sofort fielen ſie über Berger her, drückten ihm den
Mund zu und würgten ihn, um ihn kampfunfähig zu machen und ihm die
volle Taſche zu entreißen. Berger wehrte ſich nach Kräften und obwohl
einer der Burſchen verſuchte, ihm ſeine Fauſt als Knebel in den Mund
zu ſtoßen, ſo gelang es ihm doch noch, um Hilfe zu rufen. So wurde ein
Bote, ein Radfahrer, der gerade die Treppe herunterkam, auf den Kampf
im Fahrſtuhl aufmerkſam. Als er die Tür aufriß, ſtießen die Räuber,
die jetzt von ihrem Opfer abließen, ihn beiſeite und entflohen, der eine
nach links, der andere nach rechts die Jägerſtraße entlang. Der
Rad=
fahrer nahm ſofort die Verfolgung auf. Auf ſeine Hilferufe ſchloſſen ſich
andere Leute an. So gelang es, wenigſtens einen der Flüchtigen zu faſſen
und nach der Revierwache zu bringen. Hier wurde er feſtgeſtellt als ein
Monteur Albert Schweigert aus Charlottenburg. Der Leiter des
Raub=
dezernates, Kriminalkommiſſar Werneburg, der mit mehreren Beamten
alsbald erſchien, nahm ihn auf der Revierwache ins Verhör. Der
Ver=
haftete, der mit Piſtole und Schlagring ausgerüſtet war, gab alsbald
zu, daß ſein Komplize, der entkommen war, indem er ſich die Verfolger
durch Bedrohung mit dem Revolver vom Leibe hielt, ſein Bruder,
Kon=
ditor Hermann Schweigert, war. Da dieſer nicht wiſſen konnte, daß ſein
Bruder ergriffen war, ſo vermutete man, daß er ſich nach Hauſe begeben
haben werde, um ihn zu erwarten. Das erwies ſich als richtig. Zwei
Stellen=Anzeigen
(Angebote und Geſuche), Penſionsanerbieten und
Ge=
ſuche uſw. für den Perſonal=Anzeiger des
Daheim
vermittelt zu Originalpreiſen prompt die
Geſchäfts=
ſtelle des „Darmſtädter Tagblatt”
Die Anzeigenpreiſe im Daheim betragen
gegen=
wärtig 60 Pf. für die einſpaltige Druck=Zeile (7 Silben),
bei Stellen=Geſuchen nur 40 Pf.
Das Daheim iſt über ganz Deutſchland und
an=
grenzende Teile deutſcher Zunge ſiark verbreitet. Sein
weltbekannter Perſonal=Anzeiger führt Angebot und
Nachfrage raſch zuſammen.
(465
Af
Beamte fanden den Geſuchten zu Hauſe und nahmen ihn ebenfalls feſt.
Es ergab ſich, daß noch ein Dritter im Bunde der Kaſſenbote Erich
We=
gener war, ein Burſche von 19 Jahren, der bei dem Bankgeſchäft
an=
geſtellt war. Durch ihn hatten die beiden Schweigert die Gepflogenheit
des Bankprokuriſten erfahren. Die Verhafteten ſind alle drei geſtändig.
Die Frankfurter Indexziffern.
Frankfurt a. M. Die von Dr. Moritz Elſaß berechneten
Index=
ziffern für Frankfurt a. M. betragen am 1. Januar d. J. 122,7 gegen
100 am 1. Januar 1914. (Alle Unterlagen auf Goldmark bezogen.) Die
Lebenshaltungskoſten ſind demnach 22,7 Prozent höher als vor genau
zehn Jahren. Die innere Kaufkraft der Goldmark bleibt damit um 19,3
Prozent hinter dem äußeren Geldwert, am Dollar gemeſſen, zurück.
Ge=
meſſen jedoch an den Koſten der Lebenshaltung in den hochvalutariſchen
Ländern iſt die innere Kaufkraft der Goldmark der äußeren noch immer
überlegen; oder anders ausgedrückt, die Lebenshaltungskoſten ſind in
den Ländern mit intakter Währung noch mehr geſtjegen. Die prozentual
größte Steigerung gegenüber der Vorkriegszeit weiſen die Koſten für
Heizung und Beleuchtung mit 70 Prozent auf, dann folgt die Nahrung
mit 50 Prozent. B=züglich der Unſtimmigkeit mit anderen Indexziffern
über die Lebenshaltungskoſten iſt zu beachten, daß die vorſtehende
Be=
rechnung die Vorkriegs=Lebensweiſe zur Baſis nimmt und nicht den
heu=
tigen beſcheideneren Lebensſtandard der Bevölkerung.
Frankfurt a. M. Beim Reinigen von Gaskeſſeln in der
Gas=
fabrik in der Schieleſtraße erlitt eine große Anzahl Arbeiter
Leucht=
gasvergiftungen. Sechs Arbeiter mußten erheblich vergiftet dem
Heiliggeiſthoſpital zugeführt werden. — Eines tragiſchen Todes verſtarb
am Mittwoch abend in der Schwälmer Straße, das in hohem Alter
ſtehende Ehepaar Robert Diener. Die beiden Leute hatten in der Küche
ihr Abdeneſſen bereitet. Dabei iſt vermutlich der alte Mann mit dem
Ellenbogen an den Gashahn geſtoßen und hat dieſen geöffnet. Das
aus=
ſtrömende Gas betäubte das Paar. Als man, durch den Geruch
aufmerk=
ſam geworden, in die Wohnung drang, fand man die Frau und den
Mann erſtickt vor.
Großfeuer auf den Werftanlagen der A.=G. Weſer.
Bremen. In der Nacht zum Samstag entſtand auf den
Werft=
anlagen der Aktiengeſellſchaft Weſer Großfeuer, das in kurzer Zeit die
Schiffstiſchlerei und =zimmerei vollſtändig einäſcherte. Bald nach
Aus=
bruch des Feuers ſiand das große hundert Meter lange Gebäude in hellen
Flammen, die an den gewaltigen Holzvorräten reiche Nahrung fanden.
Nach einſtündigen Bemühungen der Feuerwehren konnte der Brand auf
ſeinen Herd beſchränkt werden. Der Materialſchaden iſt erheblich.
Magnetiſche Stürme drohen.
Amerikaniſche Aſtronomen haben am öſtlichen Rand der Sonne
einen großen Sonnenfleck entdeckt, deſſen Durchmeſſer mehr als zweimal
ſo groß wie der Erdumfang ſein ſoll. Die Aſtronomen erklären, daß
man in einigen Tagen magnetiſche Stürme zu erwarten habe.
Sport, Spiel und Turnen.
Fußball.
Sp.=Vgg. „Union”=Darmſtadt gegen „Germania”=Pfungſtadt.
m= Nach dem unfreiwilligen Pauſieren der Fußballmannſchaften,
verurſacht durch die Witterungsverhältniſſe eröffnet die Sp.=Vgg.
„Union” heute nachmittag 2½ Uhr auf dem Hochſchulſportplatz den
Reigen der Kreisliga=Verbandsſpiele im neuen Jahr auf heimiſchenr
Boden. Ihr Gegner ſind die Pfungſtädter Germanen. Die
Mann=
ſchaft, ſowie deren Spielweiſe, ſind in Darmſtadt genügend bekannt und
erübrigt es ſich, viele Worte zu machen. Pfungſtadt zählt zu den
beſten Mannſchaften unſeres Kreiſes und hat ſeinem Namen alle Ehre
gemacht. Es ſei nur an die Spiele in Mannheim gegen den dortigen
V.f. R., oder an das zähe Ringen gegen Sportverein 98 in Pfungſtadt
rinnert. Es wäre verfehlt, Germania=Pfungſtadt nach dem letzten
Spiel in Darmſtadt zu beurteilen, denn dieſe Niederlage iſt zweifellos
auf den ungenügenden Erſatz zurückzuführen. Die Sp.=Vgg. Union
n ihrer derzeitigen Aufſtellung wird dieſe zwei wertvollen Punkte
nicht ſo ohne Weiteres freigeben, denn auch ſie befindet ſich immer
noch an einer gefährlichen Stelle in der Tabelle und wird alles
ver=
ſuchen, um ihren Tabellenſtand günſtiger zu geſtalten. Wir empfehlen
ben Anhängern des Fußballſportes dieſes Treffen zu beſuchen, das
ſicherlich reich an ſchönen Augenblicken ſein wird und die Gemüter
von Anfang bis zu Ende in Spannung halten wird. — Vormittags
11 Uhr treffen ſich die erſten Schülermannſchaften der Sp.=Vgg. Union
und Eintracht Darmſtadt auf dem Unionplatz.
Motorradſport.
Weltrekordfahrt mit dem Motorrad.
Die beiden Mitglieder des Hamburger Motorſportvereins, Löber und
Wohler, haben auf einem Eigenbau Löbers mit Jlo=Motor bom 1. bis
6. Januar in ununterbrochener 122ſtündiger Fahrt 3781 Kilometer
zurück=
gelegt. Die Fahrer, die ſich gegenſeitig ablöſten, hatten bereits nach
72ſtündiger Fahrt den im September auf der Avus geſchaffenen Rekord
mit 2232 Kilometern verbeſſert. Ebenſo wie Rad und Motor
bewähr=
ten ſich die Peters=Unionsreifen bei dieſer Gewaltprobe aufs beſte.
Zertreter: Aures & Co., Darmſtadt, Rundeturmſtraße 12.
Tageskalender.
Landestheater, Großes Haus, Anfang 6 Uhr, Ende 10 Uhr (
Son=
dermiete 15” und 22): „Aida”. Kleines Haus, Anfang 7 Uhr, Ende
10 Uhr (Sondermiete 130): „Die Freier”. — Orpheum, 734 Uhr:
Inkognito”. — Volkstheater, abends 8 Uhr: „Krone und
Feſ=
ſel”. — Velozipedklub 1899, nachm. 3½ Uhr, im Städt.
Saal=
bau: Winterſaalſportfeſt; abends 7 Uhr: Ball. — Reſtaurant
Sportkaffee: Konzert. — Hotel Darmſtädter Hof:
Konzert. — Hotel Schmitz: Konzert. —
Hochſchulſport=
platz nachm. 2½ Uhr: Germania=Pfungſtadt gegen Sp.=Vgg. Union=
Darmſtadt. — Union=, Reſidenz=, Zentral=Theater, Palaſt=Lichtſpiele:
Kino=Vorſtellungen.
Hauptſchriſtleitung: Rudolf Mauve
Verantwortl.” für Politik und Wirtſchaft: Rudolf Mauve
Verantwortlich für Feuill ton und Heſſiſche Nachrchten: Max Streeſe
Verantwortlich für Sport: Dr. Eugen Buhlmann
Verantwortlich für Schlußd en: Andreas Bauer
Verant rtlich für den Inſ ratente l: Willy Kuhle
Druck und Verlag: L. C. Wittich — ſämtlich in Darmſtadt.
Die heuzige Rummer hat 12 Eeiten
und Huterhaltungéblatt.
Ligaſpiel
Spielvereinigung Union
gegen
Germania Pfungſtadt
auf dem
Kochſchulſportplatz 2.30 Uhr
Eleltromonteur
in Stark= u.
Schwach=
ſtrom bewand., einige
Jahre in
Fernſprech=
anlagen tät. geweſen.
ucht Stellung event.
als Betriebsmonteur.
Ang unter D75 a. d.
Geſchäftsſt. (*1056
Weiblich
Meneln
2
aus der Konfitüren=, Kolonialwaren= unk
Tabakbranche, flotte Verkäuferin, mit
lang=
jähriger Praxis in erſten einſchl. Häuſern,
s. Zt. in ungekündigter Stellung, ſucht ſich
baldmöglichſt zu verändern. Gefl. Angebote
unter D 1 an die Geſchäftsſt ds. Bl. (356fgi
Strebſamer, tüchtige
Bolontärin f. Chem.
Unterſuchungsamt
geſ. Vorkenntn. nicht
erforderl. Höh.
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Es kommt das Kuechtlein Dunnerklaas.
„Was zu dir gehört, das wird freiwillig
deine Hütte ſuchen.”
Und Merete fuhr fort, ſich um ihren Knaben zu ängſtigen.
Peterle kränkelte nicht, er hatte nur ſo ein wunderlich geſetztes
Weſen an ſich und eine merkwürdig geſcheite Art zu denken und
zu beobachten. „Sieht er nicht aus, als ob er ſich nur zu mir
ver=
laufen hat?” dachte ſie öfter; „er gehört eigentlich ganz wo
anders hin.”
Der Vierjährige „ſah”, und zwar ſelbſtändig und auf eigene
Weiſe. Das merkte die Mutter jeden Tag; in den Eigenheiten
der Kunden, die in den Laden kamen, kannte er ſich beſſer aus
als ſeine Mutter. Die ſchwerhörige Frau mit der Warze an der
Lippe und dem ſcharzen Tute=Ohr in der Einholetaſche war ſeine
Freundin, ebenfalls die Fiſchfrau, die ihm „Röschen” geſchenkt
hatte, die kleine Schildkröte. Peterle liebte die alten Weiblein,
und war doch nichts Unkindliches an ihm.
„Heute hatte die Fiſchfrau einen neuen braunen Rock an”
ſagte Agnes gelegentlich. „Sind aber gelbe Kugeln drin” rief
das Knäbchen. Er hatte recht: es waren gelbe Punkte im Stoff.
Dann wieder ſchaute das Jüngelchen auf die vorbeiziehenden
Spreekähne und beobachtete die Menſchen, die darauf ihr Weſen
trieben. Malchen war ein wenig altklug geworden, vom ſteten
Umgang mit den Erwachſenen hatte es mancherlei angenommen,
was über ſeine Jahre hinausging. Damit überfiel es dann den
Geſpielen, der ihr in reinſter Kindlichkeit zuhörte und ſich, wenn
es ihm zuviel wurde, über ſein großmächtiges Buch hermachte.
Malchen kam und aß Peterles Butterbrot auf. Dann ſchaute der
Kleine den leeren Teller an, ſchaute das Malchen an und aß das
Reſtchen, das ihm ſeine Freundin großmütig zuſchob,
ſtill=
ſchweigend in ſich hinein.
„Du mußt Dein Butterbrot nicht von Malchen aufeſſen
laſ=
ſen”, ſagte Merete, die den Vorgang beobachtet hatte,
„Sie iſt aber ſo klein, Mutti.”
„Du biſt uicht viel größer.”
„Sie iſt aber ganz dünn, Mutti. Und ſie hat keine Sonne
in ihrer Stube.‟ Dabei ſpäzierte er auf den Lichtkringeln umher,
die durchs Schaufenſter über den Ladenboden fielen.
An der Mutter hing er mit Leidenſchaft. Als Merete eines
Tages einen kleinen Wortwechſel mit einem Großhändler zu
be=
ſtehen hatte, kam das Bübchen mit einem Tiſchmeſſer bewaffnet
hereingelaufen: „Ich ſteche Dich tot, Mann! Ich ſteche Dich tot!“
rief der kleine Knirps und ging dem Fremden zu Leibe ohne
Furcht vor dem großen Knotenſtock, den dieſer ihm entgegenhielt.
Auch die Straße gewann Einfluß auf das wachſende Kind.
Immer konnte man ihn doch nicht einſperren! Jedesmal nun,
wenn der kleine Mann vom Spielen hereinkam, brachte er ein
Erlebnis mit: „Du, Mutti, Nadlers haben einen anderen lieben
Gott als wir; ihr Vater hat einen auf dem Jahrmarkt gekauft,
und ſie können ihn an die Wand hängen.” Und Peterle bat um
einen „lieben Gott” den er auch an die Wand hängen könnte —
„dann wiſſen wir doch, daß wir ihn haben”, fügte er
nachdenk=
lich hinzu.
Ein andermal ſchaute er prüfend und forſchend die Mutter
an: „Gollſchen=Fritz hat jetzt eine andere Mammi bekommen, die
iſt noch ganz neu, die vorige haben ſie weggetan. Gollſchen Vater
ſagt, die iſt alt und taugt nichts mehr — — Du biſt aber noch
ganz neu, Mutti, Dich will ich behalten.” Und zärtlich
umklam=
merte er die ſchlanke Frau, als käme Gollſchen Vater, ſie „
weg=
zutun”.
Als er eines Tages mit Malchen zuſammen eine gründliche
Uinterſuchung des Rinnſteins vorgenommen, gab Merete beiden
miteinander ein Bad. Aufmerkſam betrachtete Peterle Malchens
kleine nackichte Leiblichkeit. „Abgeſchnitten oder immer ſo
ge=
weſen?” fragte er ſachlich.
Da mußte Merete über ihren kleinen Sohn lächeln, und ſie
nahm die Gelegenheit war, ihm über Männlein und Weiblein
ſchlichten Beſcheid zu geben. Zuweilen aber wußte ſie nicht, wie
ſie dem Büblein ſeine Erlebniſſe beleuchten oder eine Erklärung
darüber abgeben ſollte.
Sie las ihm die Geſchichte des Jüngling zu Nain vor, wie
Feſus zu dem Toten ſagte: „Jüngling, ich ſage dir, ſtehe auf!”
Peterle, der eben einen toten Sperling in der leeren
Herings=
tonne gefunden, beſchäftigte ſich lange und heimlich mit dem
Leb=
loſen und kam dann zur Mutter: „Ich hab’ immerfort zu ihm ge=
ſagt: Vöglein, ich ſage dir, ſtehe auf, — doch er ſteht nicht auf
und fliegen tut er auch nicht — —
Nie hätte Merete gedacht, daß ein Kind einem Erwachſenen
ſo viel zu denken gäbe, daß ein Kind ſo richtig zu folgern
ver=
möchte und daß ein Kind Wahres vom Unwahren und Echtes
vom Unechten ſo zu unterſcheiden verſtände. Sie mußte ſtets auf
der Hut ſein por ihrem kleinen Jungen. Wären nur ſeine Augen
nicht ſo groß und ſo wunderbar leuchtend geweſen.
Noch in keinem Jahr hatte es auf dem Höfchen ſo ſchlimn
gerochen, und noch in keinem Jahr hatte die junge
Geſchäftsinha=
berin ſo gut verdient! Wieder einmal war ausgiebiger Regen
niedergegangen, die Goſſen am Hauſe ſchwollen über und die
kleinen Straßenſtege wurden beinahe weggeriſſen; und wieder
wateten die Kinder in dem wärmlichen Waſſer, wo ſie Brettchen,
Papier= und Borkenſchiffchen ſchwimmen ließen. Peterle ſtand
vor der Tür und ſah dem Treiben zu. Er hätte gern eine Brücke
gebaut mit dem Holz, das Mutter im Verſchlag hatte, und er
dachte eben nach, wie ſich das bewerkſtelligen ließe, da kam eine
wunderliche Geſtalt um die Ecke, blieb vor dem Gemüſeladen
ſtehen und buchſtabierte an dem Schild herum.
Da war etwas in der Erſcheinung des fremden kleinen
Man=
nes, das die Aufmerkſamkeit des Bübchens ſoſort in Anſpruch
nahm. Die Brücke war vergeſſen, Peterle betrachtete hingegeben
dieſen Unbekannten; der trug einen Ranzen auf dem breiten
Rücken und mußte weit hergekommen ſein, denn er ſah über und
über verregnet aus. Der junge Beobachter machte ſich näher und
näher an ihn herau. Augenſcheinlich, der Fremde ſuchte etwas.
„Willſt Du zu uns?” fragte endlich der Bub und ſchaute
er=
wartungsvoll auf den Ranzenmann. Da fuhr ein Geſicht herum
mit ein Paar ſcharfen, klugen Augen; ein Kopf, der merkwürdig
tief zwiſchen den Schultern ſteckte, kam heraus und längte ſich auf
faltigem Hals gegen das ſtaunende Kind. Dann griff der Fremde
hinter ſich in die Rocktaſche und wickelte aus einem großen bunten
Taſchentuch ein Bildchen heraus:
„Kennſt Du das?” fragte eine knurrende Stimme.
„Das bin ja ich,” ſagte Peterle, „Mutter hat auch ſo eins,
komm nur herein, dann kannſt Du es beſehen.” Und er nahm
das Männlein bei der Hand. So traten ſie beide in die
Laden=
türe, ſtanden da und ſahen Frau Merete an, die Aepfel ausſuchte.
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des Hausbrandes, der Landwirtſchaft und
des Rleingewerbes freigegeben. Die
Vor=
ſtände der Verſorgungebezirke ſind nach
dieſer Bekanntmachung befugt, auch
weiter=
hin in Notfällen über den Bezug und die
Verteilung, Vorſchriften zu erlaſſen.
Die Dienſträume der
ſtäotiſchenKohlen=
ausgleichſtelle Alexanderſtraße 22, ſind von
Montag, den 14. ds. Mts. ab geſchloſſen.
Darmſtadt, den 10. Januar 1924.
3t,459) Der Oberbürgermeiſter.
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Donnerstag, den 17. Januar 1924,
vormittags 9 Uhr, werden im Fürſtenſaal
hier, Grafenſtraße 20, verſteigert:
A. Rutzholz, fm: Stämme: Lärche
II. Kl. 1,71, V. Kl. 13,56, Fichte Vb Kl
0,53, Derbſtangen: Fichte I. Fl. 0,33 aus
dem Domanialwald, Diſtritt Glasberg,
der Förſterei Beſſunger Forſthaus;
B. Brennholz, rm: Scheiter: Buche
175, Birke 2. Eiche 48; Rnüppel: Aſpe 2,
Birke 9, Buche 52, Eiche 18, Fichte 7
Lärche 8; Knüppelreiſig: Birke 5, Buche
45, Eiche 6: Stöcke: Buche 49, Eiche
Fichte 9, aus den Diſtritten Glasber
Kohlberg und Kellerwieſenſchlag der
För=
ſterei Beſſunger Forſthaus.
Die blau unterſtrichenen Numiern
kommen nicht zum Ausgevot.
Nähere Auskunft durch Herrn Förſter
Lolb zu Beſſunger Forſthaus.
Darmſtadt, den 12. Januar 1924,
Sberſörſterei Beſſungen.
Delp.
Bekanntmachung.
Durch rechtskräftigen Strafbeſcheid
des Finanzamts Darmſtadt=Stadt vom
10. Dezember 1923 wurde der Konditor
Wilhelm Barth in Darmſtadt,
Grafen=
ſtraße 27, wegen Einkommen= und Um
ſatzſteuerhinterziehung mit einer
Geld=
ſtrafe von 1000 Goldmark beſtraft.
Außerdem wurden ihm die Koſten des
Verfahrens auferlegt und die
Veröffent=
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Darmſtadt, den 8. Jan. 1924,
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Darmſtädter Tagblatt
13. Januar 1924 Nr. 13
Handel und Wandel in Heſſen.
Schuhfabrik Eugen Wallerſtein A.=G., Offenbach
a. M. Die Generalverſammlung beſchloß, von der Ausſchüttung einer
Tividende Abſtand zu. nehmen und den geſamten Reingewinn in Höhe
von 46 244 441 Mk. auf neue Rechnung vorzutragen. Der Vorſtand
teilte mit, daß zurzeit das Inland wie auch das Ausland das Werk
it Aufträgen in einem Umfange bedacht hätten, daß die derzeitige
Belegſchaft rorausſichtlich für einige Zeit voll beſchäftigt ſei. Hierdurch
erhoffe man eine verhältnismäßige Linderung der unproduktiven
Aus=
gaben und ſonſtigen Unkoſten. Die veränderten wirtſchaftlichen
Ver=
hältniſſe hatten es erforderlich gemacht, daß entſprechend der bisherigen
Bepflogenheit nicht nur feſtverkaufte Waren in Fabriklager genommen
wurben, ſondern auch eine größere Anzahl gangbarer Erzeugniſſe
ſtän=
dig auf Lager gearbeitet wurde, wodurch eine gewiſſe Stetigkeit in der
Prodnktion erzielt und den Bedürfniſſen der Abnehmer nach ſofort
greiſbarer Ware Rechnung getragen wurde. — Die ſchwierigen
Ver=
kehrsverhältniſſe und die ſonſtigen außerordentlich hohen Ausgaben
und der Wunſch der Abnehmer nach möglichſt ſchneller Gelegenheit für
Umwanölung ihrer jeweiligen Einnahmen in Waren und raſcher
Er=
ganzung ihrer Beſtände ließen es ratſam erſcheinen, in einigen der
wichtigſten Hauptabſatzgebieten Fabriklager zu errichten. Die Verkaufs=
Preiſe ſeien unmittelber nach dem Eintritt ſtabilerer
Währungsver=
hältni”e derart heruntergeſetzt worden, daß trotz der zum Teil über
Weltmarklpreis ſtehenden Materialpreiſe, der ſozialen und ſonſtigen
Laſten, der hohen Bankproviſionen und ſonſtigen Unkoſten das
Ver=
hältnis zu den Friedenspreiſen die Weltmarktſätze nicht überſchreitet.
Die Entwicklung des Auslandsgeſchäftes ſei auch nach der teilweiſen
Aufhebung der Ausfuhrkontrolle durch vollſtändige oder teilweiſe
Ein=
führverbote oder erhöhte Schutzzölle der für die Ausfuhr der Fabrikate
in Betracht kommenden Länder erſchwert.
* LouisDornaufſche Möbelfabrik A.=G. in Worms.
Laut Eintrag in das Handelsregiſter Worms iſt der Gegenſtand des
neu=
gegründeten Unternehmens die Herſtellung von Möbeln jeder Art, die
Uebernahme von Innenausbauten, ſowie der Handel mit dieſen und allen
fonſtigen Gegenſtänden der Innenausſtattung. Das Grundkapital der
Geſellſchaft beträgt 60 Mill. Mk. Vorſtandsmitglieder ſind Kaufmann
Willi Guckes in Worms und Kaufmann Theodor Immiſch in Worms.
Für die Einbringung aller Geſchäftsanteile der Geſellſchaft m. b. H.
gleichen Namens werden 10 000 Aktien zum Nennwert von 10 Mill. Mk.
und für die Einbringung eines Grundſtückes in der Gemarkung Worms
dem Beſitzer Weinhändler und Beigeordneten Philipp Beſt II. in
Arms=
heim, 7000 Aktien zum Nennwert von 7 Mill. Mk. gewährt. Die
Grün=
der der Geſellſchaft ſind Fabrikant Louis Dyrnauf in Fockenhauſen bei
Eppſtein (Taunus), Kaufmann Wilhelm Guckes, Kaufmann Theodor
Im=
uiſch und Kaufmann Wendelin Schneider, ſämtlich in Worms, ſowie der
Weinhändleu und Beigeordnete Philipp Beſt II. in Armsheim. Den
erſten Aufſichtsrat bilden Rechtsanwalt Richard Becker=Worms, Philipp
Beſr II., Armsheim, Fabrikant Ernſt Zilles, Kaufmann Wilhelm
Mann=
heimer und Ingenieur Georg Machemer, ſämtlich in Worms.
* Ludwig Wick u. Co., G. m. b. H. in Gießen. Genannte
Geſellſchaft wurde in das Handelsregiſter Gießen eingetragen.
Gegen=
ſtand des Unternehmens iſt der Erwerb, die Verarbeitung und der
Ver=
trieb von Lebensmitteln aller Art. Das Stammkapital beträgt 60 Mill.
Mk. Geſchäftsführer ſind die Kaufleute Ludwig Wick und Ferdinand
Jung, beide in Gießen.
Wirtſchaftliche Rundſchau.
Der Spritpreis. Von der Nachrichtenſtelle des
Reichs=
finenzminiſteriums wird uns geſchrieben: Seit dem 8. September 1923
hatte die Monopolverwaltung den Sprit für Trinkzwecke mit 600
Gold=
mark für 1 Hektoliter der ertet und davon 480 Mark als ſogen.
Hektolitereinnahme an das Reich abgeführt. Damit war eine auch im
belgiſchen Graubuch ausgeſprochene Forderung der Alliierten, daß der
Trinkſerit mindeſtens mit 500 Goldmark belaſtet werden müſſe, nahezu
erfüllt. Neuerdings hat nun der Monopolbeirat den Spritpreis von
600 auf 400 Mk. herabgeſetzt. Dieſe Maßnahme iſt nicht nur wegen
der Herabſetzung des Hertolitereinnahmeſatzes, ſondern auch wegen des
Areizes zu vermehrtem Alkoholgenuß nicht unbedenklick. Die
Reichsregierung hatte daher zu prüfen, ob ſie nicht kraft ihrer
außer=
ordentſichen Vollmachten dem Beiratsbeſchluß die Wirkſamkeit derſagen
ſolle. Hierauf mußte ſie jedoch angeſichts der Maßnahmen der
Rhein=
landkommiſſion verzichten. Durch die Verordnung Nr. 155 hat nämlich
die Rheinlandkommiſſion einmal die Einfuhr von Trinkſprit aus dem
ninbeletzten Gebiet vollſtändig geſperrt, andererſeits aber die
Eingangs=
abgaben für den über die Weſtgrenze eingehenden Sprit derart
herab=
geſetzt, daß dieſer Sprit nur mit rund 150 Goldmark belaſtet iſt und im
befetzten Gebiet in beträchtlichen Mengen zu Preiſen zwiſchen 200 und
300 Geldmark angeboten wird. Daraus ergibt ſich ohme weiteres eine
Trieibietung der Preiſe im unbeſetzten Gebiet und eine Lahmlegung
des Abjatzes an Monopolſprit. Hierauf hatte die Monopolverwaltung
bei ihren Verhandlungen mit dem Alkoholkomitee der
Rheinlandkom=
miffion nachdrücklich, aber ohne Erfolg hingewjeſen. Die Gegenſeite
bezeichnete den Preis von 600 Mk. als biel zu hoch. Bei dieſer
Sach=
lage ſieht ſich die Reichsregierung gezwungen, ſich mit dem Spritpreis
dun 400 Mk. vorerſt abzufinden. Sie wird jedoch darauf bedacht ſein,
den Spritpreis, ſobald die Verhältniſſe dies geſtatten, wieder herauf=
.....
zuſetzen.
* Der Zeutralverband des Deutſchen
Groß=
handels zum Goldmarkwechſelgeſetz., Zu dem vom
Reichsjuſtizminiſterium ausgearbeiteten Entwurf bemerkt der Verband:
Der Entwurf ſieht Goldmarkwechſel und =Schecks vor, die zum Kurſe
des Zahlungstages in Papier= oder Rentenmark zu zahlen ſind. Die
Reichsbank erklärt, ſolche Wechſel nicht zu diskontieren, weil es ihr an
Gegendeckung fehle, gleichen Standpunkt beobachten Privatbanken
hin=
ſichtlich Goldmarkſchecks. Der Verband meint, daß die Rechtsgrundlage
für ſolche Schecks und Wechſel geſchaffen werden muß; das Fehlen von
Goldmarkgirogeld ſei ein ſchwerer wirtſchaftlicher Mangel. Trotz
Ab=
lehnung der Großbanken würden ſich Banken finden laſſen. Bedenken
werden gegen § 4 erhoben, daß Wechſel oder Schecks entweder auf eine
Goldmarknote der Reichsbank oder einer Privatnotenbank lauten
könn=
ten. — Es wird nachſtehende Faſſung vorgeſchlagen: § 1. Wechſel
kön=
nen in der Weiſe ausgeſtellt werden, daß die zu zahlende Geldſumme
in Goldmark ausgedrückt wird. Als Goldmark gilt der Wert von
10/42 des nordamerikaniſchen Döllars. In gleicher Weiſe können über
Guthaben bei Banken, die in der im Abſ. 1 bezeichneten
Rechnungs=
einheit geführt werden (Goldmarkkonten) durch Uebertragung auf ein
anderes Goldmarkkonto oder durch Schecks (Goldmarkſchecks) verfügt
werden. § 2. Zahlungen auf Goldmarkwechſel und Schecks ſowie
Auszahlungen von Goldmarkguthaben haben in R.W. zu erfolgen. Der
Ausſteller kann durch einen entſprechenden Zuſatz Zahlung in
Renten=
mark beſtimmen. Für die Umrechnung in R.W. oder Rentenmark iſt
der Tag der Zahlung maßgebend. § 3. Lautet das Accept eines
Gold=
markwechfels anders als auf Goldmark, ſo wird der Wechſel einem
ſolchen gleichgeachtet, deſſen Annahme gänzlich verweigert worden iſt
der Acceptant haftet nach dem Inhalt ſeines Accepts wechſelmäßig.
§ 4. Enthalten Wechſel oder Schecks der im § 1 bezeichneten Art das
Wort „effektiv” oder einen ähnlichen Zuſatz, ſo iſt die zu zahlende
Geldſumme in Auszahlung New=Yort zu leiſten. In gleicher Weiſe
kann für ein Goldmarkkonto die Effektivklauſel vereinbart werden.
8 5. Die Reichsregierung wird ermächtigt, mit Zuſtimmung des
Reichsrats die zur Durchführung dieſes Geſetzes erforderlichen
Rechts=
verordnungen und allgemeinen Verwaltungsvorſchriften zu erlaſſen.
Es erſcheint weiterhin wünſchenswert, durch einen Zuſatz im BGB.
auch die Möglichkeit zu ſchaffen, daß Schuldverſprechen nach § 780
Schuldanerkenntnis § 781, Anweiſung § 783 und kaufmänniſche
An=
weiſungen § 363 HGB. auf Gold geſtellt werden können.
— Die oſtolerſchleſiſche Steinkohlenförderung.
Die pſtoberſhleſiſche Steinkohlenförderung belief ſich laut Induſtrie=
Kturier in der Zeit tom 10. bis 16. Dezember an 6 Fördertagen bei
einer durchſchnittlichen Leiſtung von 97 750 To. auf insgeſamt 586 502
To. (Vorwohe: 4 Tördertage 469 099 To.). Es verblieben innerhalb
Polniſch=Oberſchleſiens 220 400 To. (152 914). Nach dem übrigen Polen
gelangten 117 038 To. (87 085), nach Deutſch=Oberſchleſien 37 559 To
29 815), nach dem übrigen Deutſchland 112301 To. (43 895), nach
Deutſch=Oeſterreich 69 921 To. (47 173) Tſchechoflowakei 10387 To.
(11037), Ungarn 10 945 To. (5793), Danzig 5922 To. (1917),
Jugo=
flawien 448 To. (420), Rumänien 845 To. (982). Der Kohlenbeſtand
10,8 Proz. nicht geſtellt werden.
” Ablieferung von Exportdeviſen. In der Verord=
niung, betreffend Ausfuhrdewiſen vom 2. November (Reichsgeſetzblatt
Teil 1. Seite 1074) iſt feſtgeſetzt, daß mindeſtens dreißig Prozent des
Ausfuhrwerts an die Reichsbank oder an die Deviſenbank mit der
Aufgabe der Weiterleitung an die Reichsbanr abzuführen ſind. Der
Reichswirtſchaftsminiſter kann gemäß § 4 der Verordnung den
Hundert=
f.u anders feſtſetzen. Hierüber wird die Verordnung an Hand der
emzelnen Nummern des ſtatiſtiſchen Warenverzeichniſſes in dieſen
Tagen im Reichsanzeiger veröffentlicht. Die abgabepflichtigen Sätze
find uuter Berückſichtigung des Bedarfs für die unbedingt notwendige
Einfuhr auf ein für die Wirtſchaft tragbares Maß feſtgeſetzt worden
fo daß Ausnahmen von dieſen Sätzen nur in ganz beſonders
gelager=
ten wallen bewilligt werden können. Der Verordnung iſt inſofern
rück=
wirkende Kraft beigelegt worden, als ſie auch Anwendung findet, ſoweit
für die vor ihrem Inkrafttreten bereits erfolgte Ausfuhr ausländiſche
Zahlungsmittel noch nicht abgeführt ſind. Zahlreiche Anträge, die in
ven letzten Wochen wegen Befreiung von der Deviſenablieferungspflicht
geſtellt ſvorden ſind, dürften ſich durch die nene Verordnung erledigen.
Verlängerung der Bilanzfriſten für
Geſell=
ſchaften im beſetzten Gebiet. Läßt ſich bei Geſellſchaften,
deren Vermögen ſich zum größten Teil im beſetzten Gebiet befindet, der
Stand des Vermögens auch mit Hilfe von Schätzungen nuht darſtellen, ſo
kann im Falle eines dringenden Bedürfniſſes auf Antrag der
Geſell=
ſchaft die Oberſte Landesbehörde, in deren Bezirk die Geſellſchaft ihren
Sitz hat, die Friſt verlängern, innerhalb deren die Bilanz aufzuſtellen iſt.
* Keine Ermäßigung der Börſen=Umſatzſteuer.
Zu den Blättermeldungen, daß zwiſchen dem Börſenvorſtand und dem
Reichsfinanzminiſterium Verhandlungen über eine Ermäßigung der
Börſenſiempel= und Umſatzſteuer geführt werden, erfährt der Deutſche
Handelsdienſt an zuſtändiger Stelle, daß die Regierung von derartigen
Verhandlungen nichts weiß, und daß auch an eine Ermäßigung der
Börſen=Umſatzſteuer nicht gedacht iſt.
Aus Geſchäftsberichten.
* Ve band Deutſcher Faßfabriken. In dem
Jahres=
bericht des Verbandes der Deutſchen Faßfabriken wurden über die Lage
der deutſchen Faßinduſtrie nachſtehende Ausführungen gemacht: Für die
deutſche Faßinduſtrie bedeutet das Jahr 1923 ein ſehr ſchveres Jahr.
Der Inlandsabſatz ſowohl wie der Export erlitten ſtarke Einbußen
Eine Reihe von Betrieben wurde ſtillgelegt, alle übrigen konnten nur
ſtark eingeſchränkt arbeiten. Die Preiſe ſind mittlerweile ſoweit
geſun=
ken, daß ſie durchweg als unauskömmlich bezeichnet werden müſſen.
Trotz=
dem iſt eine Belebung der Geſchäfte nicht eingetreten. Ueber die
Aus=
ſichten für das Jahr 1924 läßt ſich heute noch kein treffendes Bild
zeich=
nen. Alles wird davon abhängen, ob die niedrigen Verkaufspreiſe
ge=
halten werden können und damit eine Belebung des Abſatzes kommt.
Die Vorausſetzung hierfür iſt ein entſprechender Rückgang der
auslän=
diſchen und inländiſchen Rohſtoffpreiſe, insbeſondere muß eine
Verbilli=
gung des deutſchen Rundholzes eintreten, das immer noch weſentlich
über Weltmarkpreis, vielfach ſogar mit doppelten und höheren
Friedens=
preiſen bezahlt werden muß.
Erwerbsgeſeliſchaften.
* Dieerſte Kapitalserhöhungnachdem Goldmark=
Bilanzierungsgeſetz. In der Generalverſammlung der
Han=
delsgeſellſchaft J. Springer u. Co. in München wurde die
Papiermark=
bilanz per 30. September 1923 vorgelegt. Sie ſchließt mit einem
Rein=
gewinn von 425 569 000 000 Papiermark ab — 8511 Goldmark.
Hier=
von werden 5000 Goldmark auf eigenes Kapitalkonto der
Goldmark=
eröffnungsbilanz vom 1. Oktober 1923 übertragen. Der Reſt ſoll als
Rücklagen und Tantiemen verwandt werden. Die G.=V. genehmigte die
Eröffnungsbilanz. Weiterhin wurde das Papiermark=Grundkapital der
Geſellſchaft auf 5000 Goldmark ermäßigt und dieſes dann durch
Aus=
gabe von 450 Stück Aktien im Nennwerte von je 100 Goldmark auf
ins=
geſamt 50 00 Goldmark erhöht.
Die Wirtſchaft des Auslandes.
8 Zur Teuerung in Frankreich. Zuerſt hieß es an der
Handelsbörſe, der Ernährungsminiſter Chéron, werde ſeine Demiſſion
geben. Er blieb, weil ſein Weggang eine Umgeſtaltung des Kabinetts
herbeigeführt hätte, und daß dieſes Verfahren wenig zweckmäßig erſchien.
Aber auf dem Kompromißwege hat man einen Lebensmitteldiktator
er=
nannt: Mr. Rimbert, ſeines Zeichens Militärintendant, mit dem
Auf=
trage, etwas in der Sache zu tun. — Dann iſt die Buttergeſchichte. Man
erinnert ſich eines gewiſſen amtlichen Communiques vom 31. Oktober,
worin Chéron die Einſtellung der Butterausfuhr ankündigte. Der
Ver=
band für Butter= und Eierausfuhr hatte ſich verpflichtet, die
Butteraus=
fuhr zu rationieren und im Notfalle jede Ausfuhr ins Ausland zu
unter=
binden. Ein amtliches Ausfuhrverbot erließ man nicht. Man konnte
von Chéron doch nicht verlangen, daß er eine Maßnahme traf, die ſeine
perſönlichen Wähler verdrießt. Aber die Ausfuhr wurde vielleicht doch
eingeſtellt? Sind Sie naiv! Ich könnte ein bedeutendes Haus der
Land=
ſchaft Cotentie (Nordweſtfrankreich) anführen, das die Hälfte ſeiner
Er=
zeugung ausführt. Und zum Ueberfluß, ſehen Sie, da iſt die Times:
Sie ſehen da den ganz regelmäßigen Kurs der auf dem Londoner Markt
verkauften franzöſiſchen Butter, der getreulich jeden Morgen durch den
Bericht der Pariſer Markthalle veröffentlicht wird. Da wir gerade vom
Marktpreis reden, werfen Sie, bitte, einen Blick auf die Marktberichte
der Pariſer Markthallen. Vor 14 Tagen galt Butter mittlerer Qualität
10,80 Fr. bis 15,40 Fr. das Kilo; ſie notiert heute 13 bis 17 Fr. Die
feinen Butterſorten, die 14,80 bis 17 Fr. notierten, ſind von 16,80 Fr.
auf 17,80 Fr. gegangen. „Aber die Butter iſt am Erzeugungsort im
Preiſe geſtiegen.” „Von wo gehen Sie aus? Sie wiſſen doch wohl, daß
es Paris iſt, das den Preis für alle Lokalmärkte macht.” — „Und ſehen
Sie: Ich kenne Spezereihändler von Verſailles, Tours, Orléans uſw.;
die bei jedem Schluß der Markthallen ſich die Preiſe telephonieren laſſen;
ſind dieſe geſtiegen, ſo ändern ſie ſofort die Preiszettel. Damit eine
Preisſenkung in Paris hervorgerufen wird, müßte man den
Warenein=
gang verſtärken. Aber in dieſer Jahreszeit geht die Erzeugung „
laug=
ſamer vonſtatten.
Vom Augenblick an, wo man Schutzzoll treibt, iſt es töricht die
Butter, die man nötig hat, ins Ausland gehen zu laſſen. „Das ſollte die
Regierung doch wiſſen.” „Chéron weiß das wahrhaftig nur zu gut.”
Ich ſage nicht: Chéron. Ich ſage die Regierung, ich ſage Pomncaré.”
„Trotz alledem! Sie würden doch nicht wünſchen, daß ſich Poincaré mit
unſerer Butter beſchäftigt. Dieſe Frage gehört nicht in den Verſailler
Vertrag.”
Schiffahrtsabkommen mit Soſjetrußland. Eine
aus Vertretern von England, Kanada und Holland gebildete Gruppe
von See= und Landtransportgeſellſchaften hat mit Sowjetrußland in den
Angelegenheiten der Erweiterung des Perſonenverkehrs nach Rußland
ein Abkommen abgeſchloſſen. Die Zentrale der Geſellſchaft wird ihren
Sitz in Moskau und Filialen in mehreren ruſſiſchen Städten haben.
— Loſe Zinsſcheine der mexikaniſchen Anleihen
nimmt das Deutſche Schutzkomitee der Beſitzer mexikaniſcher Anleihen
bei ſofortiger Einreichung zur Hinterlegung an, jedoch nur
ſolche, die vor 3. Januar 1923 fällig geworden und in dem früher
ver=
öffentlichten Reorganiſationsplan berückſichtigt worden ſind.
Hinter=
legungsſtellen ſind u. a. Darmſtädter uned Nationalbank, Deutſche Bank,
Dresdener Bank.
Meſſen.
* Die E=weiterungspläne der Kölner Meſſe. Die
vom Meſſeamt gegebene Anregung, die Anlage der Kölner Meſſe unter
Baukoſtenbeteiligung der an der Meſſe intereſſierten Induſtrie= und
Großhandelskreiſe zu erweitern, hat einen lebhaften Widerhall
gefun=
den. Bis heute haben ſich bereits annähernd 200 Firmen zur
Ge=
währung eines Baudarlehens bereit erklärt. Das Meſſeamt ſieht darin
erneut einen Beweis für die dringende Notwendigkeit einer Erweiterung
der Meſſe. Aus den Ausſtelleranmeldungen geht dor allem hervor,
daß den beiden Hauptgruppen der Meſſe, der Bekleidungsmeſſe (
Textil=
induſtrie und Schuhgewerbe), und der techniſchen Meſſe eine viel größere
Ausdehnungsmöglichkeit gegeben werden muß, als es die jetzigen
Raum=
verhältniſſe geſtatten. Ferner haben ſich viele Firmen des unbeſetzten
Gebiets gemeldet, die im Rheinland und Weſtfalen ihr Abſatzgebiet
haben und eine feſte Verbindung mit ihren alten Kunden durch
Betei=
ligung an der Kölner Meſſe aufrecht erhalten möchten. Das Meſſeamt
wird nunmehr, geſtützt auf das von Induſtrie und Großhandel
bekun=
dete Intereſſe an der Erweiterung der Meſſe, ſeine Pläne ausarbeiten,
dieſe dem Aufſichtsrat des Meſſeamts zur Genehmigung vorlegen und
wegen Hergabe von Baugelände an die Stadtverwaltung herantreten.
Bei dem Erweiterungsprojekt handelt es ſich um ein mehrgeſchofſiges
Meſſegebäude mit feſt eingebauten Muſterzimmern und Kojen und
mnodernen meſſetechniſchen Einrichtungen. Die Baukoſten werden
ſchätzungsweiſe 300—350 Goldmark für den Quadratmeter reiner
Aus=
ſtellungsfläche betragen. Jeder Ausſteller, der ſich an den Baukoſten
beteiligt, erhäut Anſpruch auf einen im Verhältnis zu ſeiner
Darlehens=
zeichnung ſtehenden ſtändigen Ausſtellungsplatz. Das Kapital ſoll mit
6 Prozent jährlich verzinſt und innerhalb von 10 Jahren, beginnend
mit dem dritten Jahr nach der Einzahlung wertbeſtändig zurückerſtattet
werden. Die Platzmiete in den neu zu ſchaffenden Rärmen wird nicht
höher ſein wie in den übrigen, unter weſentlich günſtignren
Bedingun=
gen errichteten Hallen der Meſſeanlage. Dabei haben. die Ausſteller in
dem neuen Meſſegebäude vor den übrigen Ausſtellern den Vorzug, daß
ſie ihre Meſſemuſter in der Zeit zwiſchen den Meſſen ſtehen laſſen
können. Da mit ziemlicher Beſtimmtheit angenommen werden kann,
daß das erforderliche Baukapital von den Ausſtellern aufgebracht wird,
und das Meſſeamt damit rechnet, daß der Aufſichtsrat der Kölner
Meſſe=
geſellſchaft und die Kölner Stadtverordneten ihre Zuſtimmung zu dem
neuen Projekt geben werden, wird das neue Meſſegbeäude ſchon bald
in Angriff genommen werden können.
* Deutſche Muſterausſtellung in Barcelona. Wie
der Deutſche Induſtrie= und Handelstag in Ergänzung früherer
Nach=
richten mitteilt, beſteht für angeſehene deutſche Firmen noch die
Möglich=
keit, ſich an der geplanten ſtändigen Muſterausſtellung in den Räumen
des Deutſchen Generalkonfulats in Barcelona zu beteiligen. Firmen, die
an dieſer Ausſtellung noch teilzunehmen wünſchen, ohne bisher einen
ent=
ſprechenden Antrag geſtellt zu haben, müßten ſich bis ſpäteſtens 30. d. M.
an die zuſtändige Handelskammer wenden, bei der auch die näheren
Ein=
zelheiten zu erfahren ſind.
* Die Erfurter Schuhmeſſe. Die Anmeldungen zu der
erſten Veranſtaltung dieſer Art am 20. und 21. Januar in Erfurt ſind
bereits ſo zahlreich eingegangen, daß mit der regſten Beteiligung der
Fabrikanten, Lieferfirmen und vor allem auch Abnehmerfirmen aus
allen Gebietsteilen Deutſchlands gerechnet werden kann. Während der
Meſſe finden verſchiedene Tagungen und Generalverſammlungen der
Schuhhandels=Verbände und Schuheinkaufsgenoſſenſchaften ſtatt.
‟” Erfolgreiches Ergebnis der Anmeldungen zur
Wiener Frühjahrsmeſſe 1924. Mit dem 31. Dezember 1923
iſt der Termin für Anmeldungen inländiſcher Firmen zur
Frühjahrs=
meſſe 1924 abgelaufen. Sie ergaben das Reſultat, daß ſämtliche
ver=
fügbaren Plätze in allen drei Meſſehäuſern in Anſpruch genommen
er=
ſcheinen, ein Erfolg, der ſich, mit Ausnahme der erſten Wiener Meſſe
(Herbſt 1921) ſonſt erſt mehrere Wochen nach Schluß des Anmeldetermins
eingeſtellt hatte. In einer Reihe von Branchegruppen wurde bedeutend
mehr Raum angefordert, als zur Verfügung ſteht, ſo beſonders in der
Möbelbranche, wo der dreifache Belagraum angefordert wurde, und in
der Ledergalanteriewarenbranche, wo die Anmeldungen die verfügbare
Belagfläche um mehr als 40 Prozent überſteigen. In den genannten
Gruppen erſcheint eine weitere Bewerbung um Plätze als vullkommen
ausſichtslos. In einer Anzahl anderer Gruppen beſteht noch die
Möglichkeit der Berückſichrigung für den Fall, daß die Meſſeleitung ihre
Abſicht, durch Zubauten neuen Raum zu ſchaffen, zur Verwirklichung
bringen kann.
Warenmärkte.
Von den ſüddeutſchen Waren= und
Produkten=
märkten. Im Warenhandel hat man der Entwicklung der
franzö=
ſiſchen Valuta lebhafte Beachtung zuwenden müſſen. Sie iſt
nament=
lich am Getreidemarkt ziemlich kräftig zur Geltung gekommen.
Nach=
dem die Froſtwitterung ſeit den Feiertagen eine ſtark befeſtigende
Wirkung ausgeübt hatte, weil zahlreiche Schiffe im Binnenverkehr
ſchützende Häfen aufſuchen mußren, ſo daß die Mühlen Bahnware zu
kaufen hatten und nachdem auch der Weltfrachtenmarkt ſich als
wider=
ſtandsfähig zu entwickeln begann, glaubte man mit einer längeren
Dauer der am Getreidemarkt eingetretenen Feſtigkeit rechnen zu ſollen.
Inzwiſchen hat nun aber Frankreich durch ein im Journal Officiel
veröffentlichtes Dekret angeſichts des Frankenrückganges zur
Erleich=
terung ſeiner Lebensmittelverſorgung den Zoll auf Getreide von 14
auf 7 Franken herabgeſetzt, eine Zollermäßigung, die für alle Eingänge
bis ſpäteſtens 4. Auguſt 1924 gilt. Die Folge war, daß die in der letzten
Zeit ſpärlicher gewordenen Angebote franzöſiſcher Mühlen am
ſüddeut=
ſchen Markt wieder ſtärker wurden. So wurden an der Karlsruher
Mittwochbörſe große Poſten Mehl faſt ausſchließlich franzöſiſcher
Her=
kunft gehandelt. Am Mannheimer Getreidemarkt verlief das Geſchäft
zu Wochenbeginn noch ſehr feſt. Als dann die franzöſiſchen Mehle zu
drücken begannen, hielten die Mühlen im Einkauf von Getreide zurück
und die Folge war eine allgemeine Abſchwächung gegenüber den
vor=
ausgegangenen Preiſen. Verlangt wurden zuletzt für die 100 Kg.
bahnfrei Manheim, in Goldmark: Weizen inländiſcher Herkunft 20,50
bis 21 (Wochenbeginn 21—22); ausländiſcher 21—22 (21—22,50) Roggen
inländiſcher 17,50 (17,50—18); Braugerſte 19,50—20,50 (19,50—21);
Hafer 15,25—16 (15,50—16.50); Mais mit Sack 20 (20—20,50);
Brau=
gerſte hatte zunächſt beſonders feſten Markt und wurde vorübergehend
bis zu 21 Gm. ab Stationen bezahlt, während jetzt die Forderungen
ab ſüddeutſchen Stationen nicht über 19 Gm. für ſchönſte Ware
hinaus=
gehen. Futtergerſte blieb weſentlich niedriger käuflich. Für ſolche mit
Geruch wurde nicht mehr als 16,50 Gm. geboten. Der ausländiſche
Markt hat eine weſentliche Veränderung nicht erfahren. Die aus
Ame=
rika vorliegenden Berichte wiſſen von einem günſtigen Saatenſtand zu
melden. In Argentinien blieb das Angebot weiterhin reichlich und die
Schätzungen der kanadiſchen Ernte lauten ziemlich hoch. Am
Mann=
heimer Markt wurden angeboten: Manitoba=Weizen I. loco
Mann=
heim, im Schiff, 22 Gm. die 100 Kg., Manitoba I von Amerika
abge=
laden Fl. 12,55, Manitoba II abgeladen von Amerika Fl. 12,25, dito
III Fl. 11,75, alles eif Notterdam, Amerikaniſcher Hard Weizen Fl.
12,75 cif Mannheim; La Plata 79 Kg. Roſario Januar=Februar Fl.
11,75 eif Rotterdam: ſüdruſſiſcher Azima=Weizen 10 Pud Fl. 12,25 eif
Mannheim; ſüdruſſiſcher Roggen 9 Pud 20/25 loco Holland, Fl. 9.85
cif Mannheim; auf Abladung Januar=Februar von Südrußland Fl.
9,55 eif Rotterdam; Calfox, La Plata und Amerikaniſcher Mais, loco
Mannheim, 20,25 Gm. mit Sack; weißer Natal=Mais, zu Saatzwecken
geeignet, 22 Gm., lco Mannheim je 100 Kg.
Das Mehlgeſchäft verlief unter den geſchilderten Umſtänden
ſchleppend. Die ſuddeutſchen Mühlen forderten für die 100 Kg.
Weizenmehl, Spezial 0, 30 bis 31,25, für Roggenmehl 25,50—26,50,
Futtermehl. 12,50; franzöſiſche Mehle waren ab Grenze bereits mit
125 fr. Fr. bezw. 29 Gm., mitteldeutſche Mehle in 65 Prozent
Aus=
mahlung mit 28,50 bis 26,50 Gm. ab Station erhältlich. Auch etwas
holländiſche Mehle waren noch im Markte.
Futtermittel lagen anfangs der Woche ziemlich feſt, ſchloſſei
ſich dann aber in der Hauptſache der rückgängigen Bewegung an. Füu
die Abſchwächung auf dieſem Marktgebiete machte man zum Teil
poli=
tiſche Erwägung, zum Teil den ſich verſchärfenden Geldmangel
verant=
wortlich durch den ſich die Abgabewilligkeit verſchärfte und die
Auf=
nahmefähigkeit der Konſumenten verringerte.
wb. Berliner Produktenbericht. Am Produktenmarkt
war, der Preisſtand im ganzen etwas befeſtigt. Die Landwirte ſind mit
Angeboten etwas zurückhaltender geworden. In Roggen fanden für
Rechnung der Reichsgetreideſtelle verſchiedentlich Käufe ſtatt. Die
Um=
ſätze in Weizen, Gerſte, Hafer und Mehl, ſowie in Futteroffen und
Hül=
ſenfrüchten blieben nach wie vor bei wenig veränderten Preiſen
gering=
fügig. In der Preisberechnung ſpielten die Frachten eine große Rolle,
Börſen.
* Börſenberichk bom 7. bis 12. Januar 1924 (
mit=
geteilt von der Deutſchen Bank, Filiale Darmſtadt). Die leichte
Hauſſee=
bewegung, die in den erſten Tagen des Monats eingeſetzt hatte, konnte
ſich in der Berichtswoche zunächſt nicht fortſetzen. Es machte ſich
viel=
mehr an den Effektenmärkten wieder verſtärktes Angebot bemerkbar,
das nur zu weichenden Kurſen Aufnahme fand. Neben großer
Un=
ſicherheit in der Beurteilung der ferneren politiſchen Entwicklung, iſt es
vor allen Dingen Geldmangel, der an der Börſe noch immer keine feſte
Tendenz aufkommen ließ, denn die verhältnismäßig niedrigen
Zins=
ſätze, die zurzeit für tägliches Börſengeld gefordert werden, dürfen
nicht darüber hinwegtäuſchen, daß unſere geſamte Wirtſchaft an einer
drückenden Kapitalnot leidet, die vielfach zur Veräußerung von
Sub=
ſtanzwerten zwingt. Es darf daher nicht wunder nehmen, daß immer
wvieder von Seiten der Induſtrie direkt oder auf dem Umweg über
das Ausland erhebliche Beträge in Aktien als den am leichteſten
reali=
ſierbaren Subſtanzwerten an die Börſe kommen und die zurzeit fälligen
Steuerzahlungen tragen natürlich ebenfalls dazu bei, Material an die
Effektenmärkte zu bringen. Auch das Publikum iſt zurzeit meiſt nicht in
der Lage, größere Beträge in Induſtriepapieren anzulegen und die
Spekulation, die in der Vorwoche vielfach gekauft hatte, war eher auf
den Abbau ihrer Engagements bedacht. Unter dieſen Umſtänden
brök=
kelten die Kurſe auf allen Gebieten mehr oder weniger ab und ſelbſt
die bevorzugten Spezialwerte dermochten in den meiſten Fällen ihr
Kursniveau nicht zu halten. Das Geſchäft war dabei während der
ganzen Wohe fehr klein, wie ſich auch die Kursveränderungen
durch=
weg in den engſten Grenzen hielten. Gegen Ende der Woche machte
ſich beſonders bei den Werten der Großinduſtrie eine leichte Erholung
bemerkbau, die eine Reihe von Papicren kleine Kursaufbeſſerungen
ein=
brachte. Be onders bevorzugt waren wiederum Bankaktien und die
Werte des Anilin=Kenzerns.
wb. Berliner Börſenſtimmungsbild. Die Nachfrage
nach Deviſen war heute etwas geringer und die Zuteilungen erfuhren
keine Veränderungen. Die Notierungen ſelbſt weiſen für die Nebenplätze
einſchließlich Amſterdam geringe Verſchiebungen nach oben und unten
auf, weil man beſtrebt war, ſie in Uebereinſtimmung mit der
Weltmarkt=
parität zu bringen. Vom Ausland lagen zumeiſt etwas höhere
Mark=
kurſe vor. Am Geldmarkt blieb die bisherige Flüſſigkeit bei
unveränder=
ten Sätzen beſtehen. Ueber Effekten war nichts zu hören.
Oeviſenmarkt.
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Darmſtädter Dagblatt, Sonntag, den 13. Januar 1924.
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.. . . . Brahms
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3. Leonoren=Quvertüre Nr. 3
. . Beethoven
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ländiſchen Feier herzlich eingeladen.
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3.— Mk. Für Nichimitglieder der Partel: 0,75 bis 7.30 Mk.
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Fein espei,eſchokolade, Milchſchokolade gro e Tafel, Ausnahmepr Tafel nur k. 10
Gezuckerte Mi.ch, Normaldoſe, Marke „Dzotritia‟. . . Ausnahmapreis Doſe nur 0.6)
Ungezuckerte Lollmilch, echte ſteril. dreifac fttte Kaffeemilch hohe Doſe nur 0.60
Ausnahmepreis hohe Ooſe nur (.45
Ungezuckerte Vollmilch, Naturamilch .
Fleisch- und Wurstwaren: Goldmart
Blütenweißer, feiter, geſalzener, dicker Speck Ausnahmepreis /,Pf ind nur 0.30)
Blütenweizer, feiter u. durchwachſ. ger. Speck Ausnahmepreis /.Pfund nur 0.:36
Feinſtes Corned beef, beſte fette Ware
Ausnahmepre 8 „ Pfund nur 0. 20
Feinſtes Corned beef in kleinen engl. Pfund=Doſen . . . . die ganze Doſe nur 0.8
Feinſtes Corned beef in kleinen runden Doſen, volles Gewicht . . . . Doje nur 1.04
Feinſtes Corned beef in großen engl. 6Pfund=Loſen, Ausnahmepreis Doſe nur 4.00
Feinze ausm. Leber= u. Blutwurzt, gobgelackt, in Fettdarm 1/.Pfd. nur 0.40,
Feinſte Hausm. echte Thür. Leber= u. Blutwurſt in Pfunddoſen, Doſe nue 1.2
Feinſte Hildesheimer= und Krakauerwurſt Ausnahmepreis 4 „Pfund nur 0.50
Feinſte Ceipelatwurſt, Salamwurſt, Tlockwurſt Ausnahmepreis 1/Pfund nur 0.50
Feinſter roher u. gekochter Oelikateß=Saftſchinken Ausnahmepr. 1 Pfd. nur 0.50
Feinſte Streich=Mettwurſt Braunſchweiger). . Ausnahmepreis 14P und nur 0.50
Liköre, Obst- und Gemüsekonsergen:
Feinſter Kümmel, Kirſchwaſſer, Zwetſchenwaſſer uſw.
Goldmark
Ausnahmepreis große Flaſche nur 3.00
Feinſter Kognaß, reiner Weinbrand (kein Verſchnitt) . .„Ausnahmepr. gr. Fl. nur 3.7 0
Feinſte geſchälte Birnen, halbe u. ganze Frucht. . . . Klodoſe Ausga mepr nur 1.00
ein e rote und ſchwarze Kirichen Kilodoſe
Ausnahmepreis nur 1.60
Feinſte Pfaumen und Zweiſchen in beſter Raffinade eingekocht Kilodoſe
Ausnahmepreis nur 1.00
Feinſte Gemüſeerbſen, Kilo=Doſ
Ausna mepreis nur 1.:0
K
[ ← ][ ][ → ] Entſchuldige ſich nur keiner damit, daß er in der langen Kette
zu unterſt ſtehe; er bildet ein Glied, ob das erſte oder das
letzte, iſt gleichgültig, und der elehtriſche Funke könnte nicht
hindurchfahren, wenn er nicht daſtände. Darum zählen ſie
alle für einen und einer für alle, und die letzten ſind wie
die erſten.
Hebbel.
* Geiſt, Tat und Führerſchaft.
Von Oskar A. H. Schmitz.
Wer heute das deutſche Leben aus der Vogelperſpektive
beobächtet, der wird aus dem Meer von theoretiſchem,
tenden=
ziöſem Geſchwätz und Scheintum zwei Felſen emporragen ſehen,
die zueinander in polarem Gegenſatz ſtehend, doch ſich in dem
einen Betracht gleichen, daß ſie beide Wirklichkeit ſind, der eine
Wirklichkeit der Tatſachen, der andere Wirklichkeit des Geiſtes.
Das einzige, was von der deutſchen Tatſachenwelt Krieg und
Revolution im Weſen unbeeinträchtigt überlebt hat, iſt die
In=
duſtrie. An ihrer Lebenskraft die des Staates meſſend, muß
man zu dem Urteil kommen, daß die Bedeutung des Staates
überhaupt im Abnehmen iſt. Während im Vordergrund des
öffentlichen Lebens ſeit Jahrzehnten der Kampf zwiſchen der
Staatsgewalt und den ſogenannten freiheitlichen Ideen alles
Intereſſe auf ſich zog, iſt im Stillen eine Umwandlung der
geſell=
ſchaftlichen Struktur entſtanden, die jetzt, wo ſie ihrer
Vollend=
ung entgegengeht, den verblüffenden Beweis liefert, daß das
wirkliche Leben ſich ganz wo anders als in der Parteipolitik und
den Parlamenten vollzogen hat. Seit langem beklagt man, daß
inmer weniger Begabung in den Staatsdienſt und in die
Par=
lamente ſtrömt, und hat dies, in der materialiſtiſchen
Weltauf=
faſſung befangen, damit erklärt, daß die Induſtrie ihre
Angeſtell=
ten ſo viel beſſer bezahlt. Das aber iſt eine ſekundäre Urſache.
Natürlich wird die höhere Begabung meiſt auch eine höhere
Lebensführung ſtärker als „ſtandesgemäß” empfinden, als der
brave Durchſchnitt, dem es nur auf eine ſichere Verſorgung
an=
kommt, oder der ſubalterne Ehrgeiz, dem die Freude, ſich überall
genannt zu hören, erlaubt, in Geldfragen vorläufig „Idealiſt”
zu ſein, ſo lange nun einmal Zeitungsruhm und hohe
Einnah=
men nicht gleichzeitig zu haben ſind. Der Hauptgrund dieſer
Flucht der Talente aus der Politik in die Wirtſchaft liegt
viel=
mehr darin, daß das Talent inſtinktiv zum Lebendigen drängt.
Der ſogenannte Volksſtaat, ſo lange er von Parteien abhängt,
läßt einer ſchöpſeriſchen Begabung noch weniger Spielraum als
ein eigenwilliger Monarch, denn alle Hemmungen, die hier durch
den Zufall eines einzelnen Charakters entſtehen, ſind dort zum
Grundſatz erhoben. „Wenn einer unter uns der Trefflichſte ſein
will, ſo ſei es nicht hier, ſondern anderswo,” war ſchon der
Wahlſpruch der atheniſchen Demokratie. Während des
Geſpen=
ſterkampfes zwiſchen Staatsmacht und Sozialdemokratie um
Rechte und Lebensführung der Arbeiterſchaft hat die Induſtrie
ganz von ſelbſt dieſem ungeheueren Menſchenheer, ohne ſich viel
um Theorie und Utopie zu kümmern, die Lebensmöglichkeiten
überhaupt erſt geſchaffen und, vom Tatſächlichen ausgehend,
ſeine Forderungen teils erfüllt, teils modifiziert; und wenn noch
nicht alles zum Beſten ſteht, ſo kommt es daher, daß die Gemüter
noch immer von den Phraſen jenes Geſpenſterkampfes erfüllt
ſind, der eine abſtrakte Solidarität des Proletariats aus dem
Nichts konſtruieren möchte an Stelle der einzig konkreten
Soli=
darität der an demſelben Werk Vereinten, mögen ſie Arbeiter,
Leiter, Unternehmer ſein. Jebenfalls aber iſt dieſe
Werkgemein=
ſchaft tatſächlich vorhanden, und wenn ſie auch noch nicht bewußt
genug erfaßt iſt, ja dieſe Hetzerei durch Parteidoktriuäre noch
verhindert wird, die allein Schuld trägt an der mangelnden
Be=
ſeelung des Arbeitsverhältniſſes, ſo hat dieſe Werkgemeinſchaft
den Beweis ihrer durch Theorie nicht zu zerſtörenden
Wirklich=
keit dadurch erbracht, daß ihre Exiſtenz völlig unberührt blieb
buich die Zeitereigniſſe, die außer ihr nichts unverändert
ge=
laſſen haben. Beamtentum, Handel, die freien Berufe, alles
dies trägt heute ein völlig anderes Antlitz als vor 1914. Nur
die Werkgemeinſchaft der Induſtrie iſt im Weſen dieſelbe
geblie=
ben, während ſie im Zufälligen ſofort zeitgemäße Formen
ge=
funden hat; und ſelbſt wenn den Franzoſen die Zerſprengung des
ganzen Landes in mehrere Teile vorübergehend gelungen wäre,
die Werkgemeinſchaft der Induſtrie hätte auch dies überlebt,
denn ſie iſt heute ſtärker, wichtiger als der Staat. Viele wollen
darin das größte aller Uebel ſehen, aber das Uebel beſteht nur
darin, daß dieſe Werkgemeinſchaft bisher nur der Induſtrie
ge=
lungen iſt. Schaffen die übrigen Berufe Aehnliches, und treten
Hann ihre Vertreter mit denen der Induſtrie zuſammen, ſo haben
wir ein ſachliches Parlament, eine Ständevertretung, neben der
das Parteiparlament ſo lange als Schatten weiter beſtehen mag,
als der Typus des ſubalternen Ehrgeizes vegetiert, der nicht zu
gut iſt für die dort noch zu erntenden Lorbeeren. Ich kann das
hier nicht weiter ausführen, muß vielmehr auf meine Broſchüre
„Das rätſelhafte Deutſchland” (Verlag Georg Müller) verweiſen,
das unter dem Eindruck der Ereigniſſe von 1918 nach rechts wie
nach links mehr Affekt entlädt, als ich heute gutheißen kann,
deſſen ſachlichen Inhalt ich aber voll aufrecht erhalte.
Die weſentliche Korrektur wird aber die Vorherrſchaft der
Induſtrie von einer anderen Seite erfahren müſſen, von dem
eingangs genannten geiſtigen Gegenpol unſeres tätigen Lebens.
Schon lange vor dem Kriege hat man die Kluft beklagt, die
zwi=
ſchen Geiſtigen und Tätigen bei uns beſtand. Aber war dies zu
verwundern? Soweit die Wiſſenſchaft Geiſteswiſſenſchaft iſt,
beſchränkte ſie ſich auf unſchöpferiſches Kompilieren und
Theore=
tiſieren, dem übrigens durch die Univerſitäten ſeine Anerkennung
ward; aber daß tätige Männer für ſolche Arbeit mehr als eine
fernbleibende Achtung aufbringen, iſt nicht zu verlangen. Kunſt
und Literatur waren durchaus der Erotik, der Senſation, dem
Kinogeiſt, der revolutionären Utopie verfallen. Fehlte dem
Tat=
menſchen die Berührung mit dem Geiſt, ſo konnte er ſie hier
gewiß nicht finden, denn zunächſt mußte ihn der Umſtand
ab=
ſtoßen, daß gerade das, was er kannte, das Tatſächliche, hier
durchaus verzerrt erſchien, und daran mußte wohl der ih
fremde Geiſt ſchuld ſein, der ſich dadurch wenig empfahl. Aber
war da wirklich Geiſt? Denken wir an die erſten Namen, die
über dem eben charakteriſierten Durchſchnitt ſtehen? Beſitzt der
moderne Dichter und Künftler im allgemeinen Geiſt? Er hat
beftenfalls Seele, und das führt durch den Kontraſt immer
wie=
der Tätige zu ihm, aber ein Licht werden ſie bei ihm ſelten
fin=
den. Was aber immer wieder ſein überzeugendes Gelingen
hemmt, das iſt das Fehlen des richtunggebenden Sinnes,
den Plato den Steuermann der Seelen nennt. Der ſchon
genannten Wiſſenſchaft hingegen fehlt in ihrem
Intellektualis=
mus wiederum das Seeliſche. Zwiſchen dieſen zwei Polen
pen=
delte unſer Geiſtesleben ohnemächtig und ohne jede Wirkung auf
das tätige Leben hin und her, obgleich ſeine Erzeugniſſe guten
Al 1tz hatten: Erfolg ohne Wirkung!
Seit dem Kriege ſcheinen aber doch immer mehr ernſte
Gei=
ſter zu erkennen, woran unſere Zeit krank iſt, an der Trennung
von Seele und Geiſt, deren Vereinung Weisheit wäre, daß uns
kein neues philoſophiſches Syſtem und ebenſo wenig ein neuer
Glaube helfen kann. Der „Geiſt” iſt nicht, wie die Jüngſten
glauben, an Programme gebunden, ſondern eine im Innern
wir=
kende Kraft, die ſich auch in einer Fabrik äußern kann und in
einem Buche nicht immer äußern muß. Statt daß die
Bücher=
ſchreiber den Geiſt gepachtet zu haben, die Praktiker ihn verachten
zu dürfen glauben, iſt eine Brücke zu ſchlagen zwiſchen geiftigen
und Tatmenſchen. Ein äußerlich noch ſo ſtarkes Werk bleibt
ſiun=
los, ſo lange ſeine Urheber ſich nicht eins wiſſen mit dem
ſchöp=
feriſchen Geiſt des Kosmos, den man auch das Göttliche nennen
kann, und mit dem alles, was ſinnvoll ſich geſtalten will, in
einem freilich nur ahnungsvollen Einklang ſtehen muß. Daß
Deutſchland den Sinn ſeines Weſens und Seins mehr und mehr
vergeſſen, erklärt das Unrecht, das ihm widerfuhr, ohne deshaib
etwa die Feinde zu entſchuldigen. Seiner Tüchtigkeit fehlte die
Ueberzeugungskraft. Ein Starker aber, der nicht überzeugt,
er=
ſchreckt alle und verbündet ſie untereinander. Nur wenn die
Tat=
menſchen dies erkennen, können ſie zu wahrhaftem Führertum
gelangen, das unſerem Volk ſo dringend not tut. Ihr bisheriges
Führertum iſt ihnen mehr burch den Zufall ihrer materiellen
Ueberlegenheit zuteil geworden und iſt darum nicht überzeugend
und wirkſam genug. Es handelt ſich darum, es zu vergeiſtigen,
die Syntheſe Geiſt, Seele, Tat zu ſchaffen. Allerorts erſcheinen
neuerdings Bücher, die in deutlicher Sprache dasſelbe fordern,
und lebendige Fingerzeige geben, ſo daß man das Recht hat, hier
bereits von einer neuen geiſtigen Wirklichkeit zu ſprechen, die
einen Gegenpol bildet zur Wirtſchaft, während zwiſchen beiden
bunt, aber gleich geiſtlos und wirklichkeitsfremd, unſer
aufgereg=
tes Kunſt= und Literaturleben ohne Wirkung verwogt. Ich will
nur Leopold Ziegler nennen, der in ſeinem Geſtaltwandel der
Götter (Verlag Reichl, Darmſtadt) einen Geiſt von
Spengler=
ſcher Expanſion vereint zeigt mit der Beſeeltheit des Myſtikers.
*Aus dem Reiche der Technik.
Von Ernſt Trebeſius.
Zwei Plauctenmaſchinen — Suggeſtions=Schallplatten
Neuartige Herſtellung hohler Nundhölzer —
Laſtkraft=
wagen mit Dampfbetrieb.
Das hervorragendſte aſtronomiſche Anſchauungsmaterial für
den Laien, wie es in dieſer Unübertrefflichkeit nirgends ſonſt
exiſtiert, iſt jetzt in Geſtalt zweier Planetarien dem Deutſchen
Muſeum in München einverleibt worden. Die eine der
Planeten=
maſchinen fußt auf dem Ptolemäiſchen Weltſyſtem (von
Clau=
dius Ptolemäus etwa 140 n. Chr. in Alexandria aufgeſtellt), das
die Erde in den Mittelpunkt der Welt ſetzte und Mond, Sonne
und alle Planeten um ſie kreiſen ließ, während die zweite
Pla=
netenmaſchine das kopernikaniſche Weltſyſtem (nach Nikolaus
Kopernikus, geb. 19. Februar 1475 in Thorn, geſt. 24 Mai 1543 in
Frauenburg) zur Grundlage hat, wonach die Sonne feſtſteht und
die Erde eine tägliche Bewegung in der Richtung von Weſten
nach Oſten um ihre eigene Achſe und eine jährliche in gleicher
Nichtung um die Sonne ausführt.
Das Ptolemäiſche Planetarium befindet ſich in einem
kuppel=
förmigen Dunkelraum von 9 Meter Durchmeſſer, der in 2 Meter
Höhe über dem Fußboden den tiefſchwarzen Münchener Horizont
zeigt, wie er ſich dem Auge von der Terraſſe des Deutſchen
Mu=
ſeums darbietet. Das Himmelsgewölbe dreht ſich um den in der
Mitte befindlichen Beobachter. Die Sterne werden durch 31
Pro=
jektionsapparate auf das Himmelsgewölbe projeziert. Die
täg=
liche Umdrehung des Himmelsgewölbes iſt auf 5 Minuten
ver=
kürzt. Damir werden Veränderungen am Sternenhimmel, in
der Natur erſt nach Stunden bemerkbar, ſchon nach einigen
Se=
kunden dem Auge dargeboten. Unaufhörlich tauchen im Oſten
neue Sternbilder herauf, um nach Erreichung ihres
Scheitel=
punktes im Weſten wieder zu verſinken. Mit dem Aufgang der
Sonne verbleichen die Sterne in deren Umgebung, doch bleibt
das Himmelsgewölbe hinreichend dunkel, damit der Stand der
Geſtirne auch am Tageshimmel dem Beobachter ſichtbar wurde.
Bietet das Ptolemäiſche Planetarium die ſcheinbare
Beweg=
ung der Erde um die Sterne dem Beſucher dar, ſo zeigt die
Pla=
netenmaſchine nach Kopernikus die wirkliche Bewegung der
Pla=
neten um die Sonne. In einem zylindriſchen Raum von zwölf
Meter Durchmeſſer hängt im Mittelpunkt die Sonne als kräftige
Lichtkugel. Die Sternbilder des Tierkreiſes ſind an der
zylin=
driſchen Wandfläche ſichtbar. Erde, Merkur, Venus, Mars,
Ju=
piter und Saturn umkreiſen die Sonne, wobei die Erde in zehn
Minuten ihre in der Natur ein Jahr währende Bahn um das
Zentralgeſtirn vollendet. Ein unmittelbar unter der Erde
be=
findlicher Wagen kann vom Beſucher beſtiegen werden, und
dieſer ſieht dann, rings um die Sonne fahrend, wie durch
Ver=
änderung ſeines Standpunkts die in Wirklichkeit ruhende Sonne
ſcheinbar durch den Tierkreis wandert.
Beide Planetarien ſind eine Stiftung der rühmlichſt
bekann=
ten Zeiß=Werke zu Jena.
Wohl jeder Laie, der ſchon einmal einem Vortrag über
Sug=
geſtion beigewohnt hat, iſt ohne Zweifel der Meinung, daß die
Suggeſtion an die Anweſenheit des Suggeſteurs geknüpft iſt.
Ganz im Gegenſatz zu dieſer Anſchauung iſt die Wiſſenſchaft zu
der Erkenntnis gekommen, daß der Suggeſteur durchaus nicht
anweſend zu ſein braucht, um Heilwirkung bei pſychiſchen
Stö=
rungen zu erzielen; es genügt ſchon, nach dem bekannten Wiener
Experimental=Pſychologen Fritz Paulſen, wenn der Kranke die
ſuggeſtiven Formeln aus dem Trichter eines Phonographen
ver=
nimmt. Zu dieſem Zweck muß der Pſychologe natürlich zuvor
ſeine Formeln auf die Schallplatte ſprechen und dieſe
Schall=
platte muß fabrikmäßig vervielfältigt werden. Und ſo hat ſich
denn auch ein Unternehmen gebildet, die Homophon=Company,-
G. m. b. H., Berlin SW. 48, die derartige Suggeſtionsplatten in
zurzeit 14 verſchiedenen Sprachen herſtellt und vertreibt. Wie
nun der Kranke die für ihn geeigneten Platten herausfinden ſoll
und ob er zu dieſem Zweck nicht doch den Rat eines Facharztes
benötigt, iſt freilich noch eine andere Frage, wie denn auch die
praktiſchen Erfolge dieſer neuen „Fernheil”=Methode zunächſt
mal abgewartet werden müſſen.
Das bisherige Verfahren, hohle Rundhölzer herzuſtellen,
beſtand bekanntlich darin, zwei Hälften als Halbrohre zu
ſchnei=
den und alsdann zuſammenzuleimen. Ein neues Verfadren
be=
ſteht nun darin, dünne Bretter unter Dampf und trockener Hitze
zum Nohr zu biegen und an den paſſend gehobelten Kanten zu
leimen. Natürlich können die Rohre nach dem neuen Verfahren
weit dünnere Wände erhalten und trotzdem größere Feſtigkeit
aufeiſen als bisher. Gegenüber einem vollen Rundholz von
gleicher Feſtigkeit mit einem Durchmeſſer von 102 Millimeter und
dem hohlen 9tundholz mit 130/140 Millimeter Durchmeſſer
be=
trägt der Gewinn an Gewicht 64 Prozent. Die dünnwandigen
Nohre ſollen im allgemeinen beſſere Haltbarkeit beſitzen als die
dickwandigen. Vor allem aber iſt ihre Feſtigkeit eine höhere.
Trotz des ſchier beiſpielloſen Siegeszuges, den der durch
Motor betriebene Kraftwagen in den letzten beiden Jahrzehnten
zu verzeichnen hatte, taucht immer mit wieder der Plan auf, den
älteren Antrieb für Kraftwagen, alſo die Dampfmaſchine, in
beſonderen Fällen wieder heranzuziehen. Es mögen da wohl in
erſter Linie die Geländefragen eine Rolle ſpielen und in zweiter
Linie die Brennſtoffpreiſe. Natürlich nimmt man ſich bei
der=
artigen Verſuchen, die in neuerer Zeit unternommen wurden,
nicht die alte Dampfſtraßenlokomotive zum Muſter, deren
Zug=
kraft zwar dem Laſtautomobil bedeutend überlegen, jenem aber
hinſichtlich der Geſchwindigkeit ſtark unterlegen iſt, ſondern man
nimmt den heutigen, durch Motor angetriebenen Laſtwagen zum
Vorbild, deſſen äußerer Aufbau möglichſt innegehalten wird.
Nur erfolgt der Antrieb durch eine Dampfmaſchine, die aus einem
Röhrenkeſſel geſpeiſt wird. Zwei ſolcher Wagen, wohl für die
Kolonien beſtimmt, wurden jüngſt auf einer Londoner
Ausſtel=
lung vorgeführt. Der eine dieſer Wagen iſt mit einem
liegen=
den Nöhrenkeſſel für 15 Atmoſphären Betriebsdruck, der im
Vor=
derwagen ruht, ausgerüſtet. Er vermag 200 Kilo Brennſtoff
und 820 Liter Waſſer mitzunehmen und 10 To. Geſamtgewicht
fortzubewegen.
Die Heideſtraße.
Von Erich Bockemühl, Drevenack bei Weſel.
bz. Die alte Heideſtraße. Breit zwiſchen den hohen Birken
und weit, weit bis in den grauſilberigen Dunſt des blauen
Himmels. Woher ſie kommt? — Aus der Welt, und ſie wandert
in die Welt, und wenn ſie in viele Wege mündet: Sie hat kein
Ende und kein Ziel als Wandern und kein Heimwärtsfinden.
Und das iſt ihr Schickſal: Alle Wege führen in die Welt — und
führen ſchließlich in ſich ſelbſt zurück. Und das iſt ihre Ruhe,
und drum iſt ihre Heimat überall. Und ſo verſtehe ich auch die
ſchöne, ausgeglichene Stille dieſes Spätſommerabends, ihr
fried=
lich=freundliches Lächeln unter dem rötlich gelben Schein der
Abendſonne. Denn, ob ſie auch in Zeiten ſo ſchwermutvoll ernſt
unterm leichten Gerinſel des ewig dämmergrauen, tagverlorenen
Heidenebels liegt — — immer predigt ſie die Stille, denn ſie hat
die Zeit, zu träumen und zu ſinnen, mehr wie die Straßen, an
denen die vielen Häuſer ſtehen, die ewig geſtört werden vom
Geratter der Bahnen und Wagen, und deshalb auch hat ſie die
ſchöne Weisheit wie alle, die ein gleiches langes Leben einſam
lebten, und darum liebe ich ſie, die alte Heideſtraße, und ſitze
gerne am Wege auf dem Stein in dieſen goldenen Herbſt=
Sommerabendſtunden und träume durch die Zeiten und das
Leben und horche den jahrhundertalten Worten vom Wandern,
Wandern immerfort, von den Heerzügen, die über ſie hinzogen
in keuchender Eile und ein andermal in der ſtampfenden
Sicher=
heit der Kraft, die die Blumen und das Gras zertraten, das doch
alle Jahre wieder wuchs . .. von dunklen Totenzügen und
bun=
ten Hochzeitsreigen von den Wagen der Arbeit, ſchweren
Karren, die tiefe Furchen zogen, und anderen, die leichter
roll=
ten, und von Wagen, die bunt von Kränzen und Liedern waren
„. und von ſchweren Schritten einſamer Wanderer, von
der=
hauchender Lebenskraft im Graben und vom Singen
jugend=
licher Freude, und von Kindern, die ſpielten, und Jungfrauen,
die träumten, und von Frühling, Sommer Herbſt und Winter
— — vom Leben immer, vom reichen, eilenden Leben, das immer
wie Wandern iſt — und das ſelbſt in der Stille und Traumruhe,
die ſo friedlich iſt wie eine alte Heideſtraße im Spätſommerglanz
unter uns und über uns und mit uns weitergeht und uns
fortzieht, wandernd, wandernd immer weiter in der Zeit, in die
Ferne — — und wohin? Alte Heideſtraße du, das weißt du
ſelber nicht bei all deiner übermenſchlichen Weisheit, das weißt
du nicht, und ich weiß es nicht — — wohin? In die Welt, in
die Unendlichkeit — — und einmal zu uns ſelbſt zurück? — —
In die Ferne weit geht unſer Leben, drüben, wo die ſilbergraue
Dämmerung leiſe übers Blut hin qualmt, dahin und weiter . .
Stilles Träumen, ausgeglichenes Zufriedenſein im letzten,
ſtillen Wiſſen — — Heiterkeit der ſonnenzarten Stunden".
lächelnd liegſt du da, von Schönheit überglüht — — — meine alte
Heideſtraße du.
Um deiner Schönheit willen lieb ich dich. Ich denke, daß
du es nicht weißt in Wintertagen, wenn deine nackten Birken in
der Kälte zittern und der Froſt dich zum kalten Schlaf
umklam=
mert, — aber dann biſt du ſchön, wenn die rote Sonne über den
Kiefern her ihr Blut über dich fließen läßt; kalte Pracht des
weißen Todes, über den des Lebens Sehnſucht melancholiſch
leuchtet. Winterſonne über deinen weißen Weiten: „
Strahl=
blühende Aſter des Schneefeldes”
Schönheit, Schönheit in deinen allerſtillſten Stunden
habe ich dich belauſcht, und ich weiß all deine Not und all dein
einſames Glück. Wenn der Novemberſturm die ſchwarzen Wolken
rollt und die Aeſte bricht, wenn der Nebel, der dünne, rieſelfeine
Heidenebel weit geſpannt iſt über die Einſamkeit, wenn die
Schwermut ſtöbut in den einſamen Nächten, da die Hunde von
fernen Gehöften bellen, und das Grauen aus den
Erlenſträu=
chern ſtiert am Moor, und die Irrlichtgeiſter ihre Schauerreigen
tanzen — — o die öde Einſamkeit deiner verlaſſenen grauen
Weite habe ich erlebt, wenn deine Birken wie ſtumme Männer
mit den langen Bärten in kalter Schweigſamkeit des
November=
abends ſtehen, und fern im Dunkel der Wagen rollt, der alle
tauſend Jahre einmal fährt . .
Aber alte Heideſtraße, wenn du deine Glieder wieder dehnſt
und reckſt im erſten neuen Licht — Frühlingsſtraße du, ſelig
ein=
gebettet in die neuen Farben des dunklen Grün, des feinſten
Braun und unterm Blau des Himmels, wenn der Birken Grün
wie Wölkchen ſich wiegt im leiſen Wind, wenn immer mehr
Blumen blühen an deinen Gräben und die Brombeerhänge grün
und weiß werden —, dann, an einem Morgen, iſt dein Feſt,
dann wirſt du alle Jahre jung zum neuen Leben.
Frühlings=
ſtraße, wie geheimnisvoll iſt dann das Nauſchen deiner Nächte.
Wenn die Birken weiße Jungfrauen ſind zu deinen Seiten und
die Kaſtanien am Kreuzwege Könige, die ihre Lichter tragen —
und die dem langen Zuge der Birken dann voranziehen aus
weißer Frühlingsdämmerung der Sonne zu, die ihre hellen
Lieder über deine Heide ſingt, — — das iſt dein Frühlingsfeſt
der erſten Maienſtunde; Kaſtanienkerzen leuchten vor dem
Jung=
fernzug ber Birken, und eine weiße Taubenſchar fliegt langſam
unterm Blau wie ſchwebendes Licht voran".
Ja, wie ich deiner Schönheit ſelige Märchen liebe — du
meine alte Heideſtraße, meine ſelig junge Frühlingsſtraße du.
. . Nun aber iſt Sommertag, und ich ſitze auf dem Stein
und träume von des Lebens Sinn und aller Schönheit, die nicht
enden, und von der alten Heideſtraße, die das Bleibende iſt im
Wechſel des Geſchehens, des Vergehens und Auferſtehens, und
vom Wandern, Wandern — — ewigen Wechſel aller Zeiten".
und ich bin nun aufgeſtanden, um heimwärts zu gehen. Nicht
den weiten Weg der grauen Ferne drüben, die letzte kurze Strecke
jenſeits zu dem Haus, das an der Biegung mitten auf dem Weg
zu ſtehen ſcheint Lieblich mit den grünen Läden und den weißen
Fenſterrahmen unter den Bäumen, deren Grün ſich wölbt über
dem kleinen Dach — und hoch, hoch daun das Blau mit den
Nummer 2
Unterhaltungsblatt und Frauenzeitung
Jahrgang 1924
* Frauenſollen, zwollen und =können.
Ein zeitgemäßes Kapitel.
Es mag vielen wie Ironie erſcheinen, wenn ſie bei der
heu=
tigen, bitter ernſten Zeit von Frauenſollen leſen.
Arbeitsloſig=
keit, Kurzarbeit oder gefürchtete Kündigung übt ſchweren Druck
auf den Einzelnen wie auf die Familie aus. Das Herz iſt
be=
ſchwert von nicht endenwollenden Sorgen. Die Schultern wollen
unter der phyſiſchen und pſychiſchen Laſt, die ihnen die
Zeit=
ſchwere aufbürdet, faſt zuſammenbrechen, und das Auge ſchaut,
wohin immer es ſich wendet, nur graue Schatten oder
undurch=
dringliche Finſternis. Die roſige Bride des Optimismus, die
namentlich die Frauen mit ihrer faſt unzerſtörbaren
Hoffnungs=
freudigkeit immer zur Hand hatten, wenn eines der Ihren voll
niederdrückender Schwermut und Verztveiflung die Luſt am
Leben zu verlieren ſchien, ſie ſcheint ſo gründlich „verlegt” zu
ſein, daß ſie auch bei eifrigſtem Suchen nicht zu finden iſt. Und
das alte, bekannte Dichterwort: „Wer nie ſein Brot mit Tränen
aß, wer nie die kummervollen Nächte auf ſeinem Bette weinend
faß, der kennt euch nicht, ihr himmliſchen Mächte!” haben in
die=
ſer ſchiveren Zeit ſchon Unzählige am eigenen Leibe erfahren.
Und nun die Aufforderung zum Frauenſollen, iſt ſie nicht ein
unmögliches Verlangen in unſerer düſteren Gegenwart? Gemach.
Die Freude, die Freudefähigkeit, konnte glücklicherweiſe ſelbſt
unter den zahlloſen Schickſalsſchlägen, die wohl keinen von uns
völlig verſchonten, nicht ſchwinden, nicht ertötet werden. Nur
an uns liegt es, ihr in unſerem Daſein wieder jene Rolle
zuzu=
ſchreiben, die ſie immer hätte ſpielen müſſen. Es vergeht wohl
kein Tag, und ſei er noch ſo dunkel, an dem wir nicht einen
Licht=
ſtrahl auſblitzen ſehen, eine, ſei es auch noch ſo geringe,
Gelegen=
heit zur Freude geboten erhielten. Ein Brief, ein lieblicher
Gruß aus der Ferne, ein teilnehmendes Wort aus
Freundes=
munde, eine empfangende Aufmerkſamkeit im Familien= oder
Freundeskreiſe, ein Zeichen echt menſchlicher Teilnahme bei
eige=
nem Mißgeſchick, Leid oder neuen Sorgen, ein warmer, feſter
Händedruck, im Vorübergehen raſch empfangen und
wieder=
gegeben, welche Fülle von kleinen Freuden oft ſchon an einem
Tage. Wie viel mehr aber könnte noch die Mutter als Erzieherin
und Hüterin ihrer Kinder an täglichen Freuden genießen und
ich an ihnen ſeeliſch wieder aufrichten, wenn ſie nur jede
Ge=
legenheit wahrnehme, ſie von ihren Kindern, dieſen echten
Freudebringern, auf ſich überſtrömen zu laſſen. Freilich muß ſie
auch den feſten Willen zur Freude haben. Verbietet ſie aber in
ihrem Unmut, gereizt und verbittert durch die Tagesſorgen und
enöte, jede Aeußerung der Luſt, jedes friſch aufquellende Lachen
ihrer Kinder, deren unzerſtörbare Heiterkeit, dann verſtopft ſie
damit ſelbſt jede erquickeude und lebenſpendende Quelle der
Freude, die ihr durch dieſe täglich von neuem zum Fließen
ge=
bracht wird. Sagt doch Raabe ſehr treffend: „Man ſpricht viel
zu leichtfertig vom Lachen in der Welt, ich halte es für eine der
ernſthafteſten Angelegenheiten der Menſchheit.”
Die kinderloſe oder alleinſtehende Frau aber, das junge
berufstätige Mädchen, das ſich fern vom Elternhauſe heute mit
ſo viel Tapferkeit und Beharrlichkeit im Lebenskampf behaupten
muß, auch ſie haben noch immer ſelbſt unter dem heutigen
ſchweren wirtſchaftlichen Druck, vieltauſendfältige Gelegenheit zu
kleinen Freuden, wenn ſie nur den feſten Willen haben, ſie zu
ergreifen, feſtzuhalten und in ſich aus= und weiterwirken zu
laſſen. Wo die Menſchen ringsum ſie ihnen verſagen, ſie ihnen
nicht bieten und bringen können, da bleibt ihnen ja immer noch
die ewig junge, unverändert gebefreudige Natur. Völlig
ver=
armt an Freuden ſind ſchließlich nur jene, die auch in ihr keine
Ablenkung vom eigenen Leid, keine Erholung, keinen Troſt mehr
finden. Ihnen bleibt freilich dann auch die köſtliche
Lebensweis=
heit verſchloſſen, die ſie auf Schritt und Tritt bietet: „Sei wie
der Vogel du, der kühn auf ein bewegt: Aeſtlein ſich ſetzt, zu
ſingen, der brechen fühlt den Zweig und dennoch weiter ſchlägt,
wohl wiſſend, er hat Schwingen. Eliſabeth Thielemann.
Der zeitgemäße Haushalt
* Der ſächſiſche Chriſtſiollen.
Wir haben in der Nummer vor Weihnachten das Rezept
eines einfachen Chriſtſtollens, veröffentlicht, das einer
in Heſſen lebenden Sächſin Anlaß gab zu geharniſchtem Proteſt.
Die geſchötzte Leſerin ſchrieb u. a.: „In Sachſen heißt es,
ent=
weder backen wir Stellen oder keine, aber ſolches Zeug, mit
Kartoffelmus, Süßſtoff und Salatöl, nein, ſo ein Gemiſch gibt
einfach keine ſächſiſchen Weihnachtsſtollen."
Wir haben dieſen Brief unſerer Mitarbeiterin zur Kenntnis
gegeben, und ſie hat uns darauf Nachſtehendes geantwortet:
„Sehr geehrte Redaktion! Mit größtem Intereſſe laſen wir
die Ausführungen der Frau F. W. Sie muß noch in
beneidens=
wert ſorgloſen Verhältniſſen ſich befinden, wenn ſie noch die
ſächſiſchen Weihnachtsſtollen in früherer, bekannt üppiger Weiſe
zu backen vermochte. In der heutigen Notzeit, die in Sachſen
wohl ganz beſonders ſchwer in Erſcheinung tritt und
Abertau=
ſende von Familien des gebildeten Mittelſtandes jeder
Möglich=
keit zum Stollenbacken überhaupt beraubte, wären dieſe ſicher
glücklich geweſen, wenn ſie Weihnachtsſtollen nach dem
betreffen=
den Rezept, alſo mit Streckung der Hefe durch Anſetzen derſelben
mit friſchgekochten Kartoffeln, wie im Rezept angegeben, Erſatz
des Zuckers durch Süßſtoff und Erſatz der Backbutter durch
Salatöl, hätten backen dürfen. Die Schöpferin des Rezepts, die
im Leipziger Hausfrauenverein mit über 6000 Mitgliedern als
Beraterin wöchentlich regelmäßig Sprechſtunden erteilt, hat
die=
ſes vereinfachte Stollenrezept nicht nur ſelbſt gründlich erprobt
(und erlaubt ſich eine Koſtprobe davon zur ſtrengen Kritik
einzuſenden), ſondern auch in einer ganzen Reihe kirchlicher
Frauenverbände über das Backen unter dem Drucke der
Teue=
rung zahlreiche Vorträge gehalten und nur eine Stimme des
Lobes über die Reſultate der erprobten Rezepte erhalten.
Frei=
lich, über den Geſchmack wird ſich immer ſtreiten laſſen. Aber
Sie ſelbſt, ſehr geehrte Redaktion, ſind, wie Ihre früheren
Schreiben betreffs der Speiſezettel bekunden, ebenfalls der
Mei=
nung, jedem Geſchmack Rechnung zu tragen, und es verrät
ja immer greßtes Intereſſe der Frauenwelt an einer
Frauen=
beilage, wenn ſich die Leſerinnen derſelben in der heutigen Zeit
zu Entgegnungen aufraffen. Vielleicht haben Sie die Güte, der
Cinſenderin, die wohl ſchen lange fern don Sachſen lebt, unſere
Zeilen mit der Koſtprobe zu übermitteln, damit ſie ſich überzeugt,
daß auch unter Einſchränkungen noch etwas Gutes entſtehen
kann.”
Dieſem letzten Wunſch haben wir aus — geſtehen wir,
egoiſti=
ſchen Gründen — nicht entſprochen. Wir haben der Einfachheir
halber die Koſtprobe ſelbſt geprüft und können nun aus
eigener Anſchauung beſtätigen, daß ſie ganz ausgezeichnet
mundete. Unſere Leſerinnen dürfen alſo nach wie vor den
Ne=
zepten unſerer Frauenbeilage Vertrauen entgegenbringen, und
wir erklären uns, trotz Arbeitsüberlaſtung, gerne bereit, in
kom=
menden Streitfällen wiederum das Schiedsrichteramt zu
über=
nehmen. Die Red.
Tiſchbeſtecke ſtets ſpiegelblank zu erhalten.
Bekanntlich paſſiert es auch der rührigſten Hausfrau, daß ihre
Beſtecke den ſchönen Hochglanz verlieren, weil ſie nicht
unmittel=
bar nach Gebrauch gereinigt und geputzt werden konnten.
Meſſer=
klingen ohne Politur werden aber, wie die Hausfrau weiß, viel
raſcher wieder blind und fleckig. Da möchte ich nun folgendes
einfache Verfahren empfehlen, den erwünſchten Hochglanz immer
wieder raſch zu erzielen. Man beſorge ſich ein etwa 5—8
Zenti=
meter breites und 15—20 Zentimeter langes Stück Filz (in
Schuhmacherbedarfs= oder Hutgeſchäften). Nachdem man nun
die abgewaſchenen Beſtecke raſch mit feuchtem Leinenläppchen
und Scheuerpulver ſilberweiß gerieben, abgeſpült und getrocknet
hat, ſtreue man etwas von dem trockenen Pulver dünn,
gleich=
mäßig auf den Filz und reibe Stück für Stück der Meſſer und
Gabeln nach dem „Strich” ſo lange, bis ſie wieder ſpiegeln.
Regelmäßig auf dieſe Weiſe poliert, behalten ſie nicht nur Glanz,
ſondern auch Schärfe und die Arbeit geht raſch vonſtatten. h.
Um ſchmutzigen Samt reinigen zu können
kocht man möglichſt in Regenwaſſer, auf 3 Liter gerechnet, 2
Rindsgallen, nußgroß zerſchnittene Seife und 1 Teelöffel Honig.
Nachdem die Löſung abgekühlt, legt man den Samt auf ein
naßgemachtes Brett, beſtreicht ihn gleichmäßig mit der Löſung,
wickelt ihn dann über ein mit Tuch bedecktes Nudelholz und rollt
ihn damit hin und her, bis er ſauber iſt. Dann ſpült man ihn
in reinem Waſſer, rollt ihn nochmals auf gleiche Weiſe, läßt ihn
halb trocken werden, befeuchtet ihn dann nochmals mit einer
ſchwachen Löſung von Hauſenblaſe und rollt ihn, zwiſchen Tücher
gelegt, bis er trocken iſt. Endlich bürſtet man ihn mit weicher
Bürſte nach allen Seiten hin, damit ſich der Samt wieder
auf=
richtet.
I.
Meerſchaumſachen reinigen. Ein Gefäß wird mit
Branntwein oder mit Spiritus gefüllt und die betreffenden
Gegenſtände hineingehängt, dann ein Deckel darüber gelegt und
das Gefäß an einen warmen Ort geſtellt. Nach 4—5 Tagen wird
die Flüſſigkeit erneuert und die Reinigung wiederholt. Nach
obermals 4—5 Tagen legt oder hängt man die Sachen in reinen
Weingeiſt, nachdem man ſie zwiſchendurch einige Male gründlich
mit einem Lederlappen abgerieben hat, um ſie nun endlich
herauszunehmen und abzutrocknen. Handelt es ſich um
Meer=
ſchaumſpitzen, ſo muß man einige Male ein Stückchen
aufgeroll=
tes und mit lauwarmem Waſſer befeuchtetes Löſchpapier durch
die Oeffnung ziehen.
Gußeiſerne Ofentüren, =Platten,
Kanonen=
öfen uſw. glänzend ſchwarz zu erhalten und zu
ſchwärzen. Mittelſtarkes Eſſigwaſſer wird mit „falſchem
Blei” vermiſcht, dann mit einer Bürſte auf die Gegenſtände
auf=
getragen und, wenn gut ausgetrocknet, mit wollenem Lappen
blank gerieben.
Falſche Wildſuppe. Einige kleinzerſchlagene
Suppen=
oder Bratenknochen werden mit einigen feinſcheibig geſchnittenen
Zwiebeln braun angebraten, darauf mit wenig Lorbeerblättern,
etwas Nelkenpfeffer, 1 Priſe Muskatnuß, 2 Wacholderbeeren,
Salz und Pfeffer 2—3 Stunden gekocht. Nun wird die
durch=
gegoſſene Suppe mit gebranntem Mehl gebunden und einem
Tee=
löffel voll Suppenwürze abgeſchmeckt und über geröſteten
Weiß=
brotwürfeln gereicht.
Paprika=Makkaroni. In einem Eßlöffel Fett oder
Oel röſtet man ein Viertelpfund in Scheiben geſchnittene
Zwie=
beln ſchön braun, fügt einen mäßig gehäuften Teelöffel voll
Paprika, einen halben Liter kochendes Waſſer, und das nötige
Salz bei, läßt die Zwiebeln weichdünſten und rührt ſie vorſichtig
unter ein halbes Pfund in Salzwaſſer dick ausgequollene
Mak=
karoni, die man nach Ueberbrauſen mit kaltem Waſſer gut
ab=
tropfen ließ. Noch 10 Minuten ziehen gelaſſen, richtet man die
ſehr würzige Speiſe auf heißer Platte an.
Speiſenzettel: Sonntag: Pfefferfleiſch. — Montag:
Paprika=Makkaroni. — Dienstag: Sauerkohl mit Erbsbrei. —
Mittvoch: Möhren mit weißen Bohnen. — Donnerstag:
Grünkohl mit Bratkartoffeln. — Freitag: Fiſch mit Senfſoße.
K
: Mannigfaltiges „5
V
T. Ein urzeitliches Schiff auf 300 Fuß Höhe. In Huſteren
(Norwegen) wurden bei der Ausbeutung eines Torfmoores
Ueberreſte, Kiel und Vorderſteven eines Holzſchiffes freigelegt,
die noch in einem frühen Stadium der Bearbeitung liegen
ge=
laſſen worden ſind, jedoch dem zugezogenen archäologiſchen
Ex=
perten die Schlußfolgerung ermöglichten, daß es ſich um eine
bisher unbekannte Schiffskonſtruktion aus einer vor der
Wikin=
gerzeit liegenden Periode handle. Merkwürdig iſt, daß das
Torfmvor 300 Fuß über dem Meere liegt.
T. Gegen die Abhaltung von Stiergefechten. Die geſamten
Tierſchutzvereine von Spanien haben ſich in einer Eingabe an
das Direktorium gewendet, in der diefes erſucht wird, in
Zu=
kunft die Stiergefechte zu verbieten.
L. Ein Rieſenpilz wurde in der Umgegend von Florenz
gefunden. Es handelt ſich um ein wahres Wunderſtück von 35
Zentimeter Höhe, einem Durchmeſſer von 54 Zentimeter und
einem Gewicht von über 20 Pfd. Leider wird nicht geſagt, von
welcher Sorte der reſpektable Schirm war.
Nummer 34
Aufgabe 67
Dr. Adv. Kraemer in Blomberg
(3, ehrende Erwähnung im Turnier des Alfiere di Re 1922.)
Weiß zieht und ſetzt in zwei Zügen matt.
Prüfſtellung: Weiß: Kc4 Dh2 Tb4 d5 Lbu f6 Sei Be3 c5 f2 (10);
Schwarz: Kf4 Tg3 Lc6 Sh3 h5 Ba4 b2c7 d6 e2 g4 g6 (12), 2+
Aufgabe 68
Paul Weyl in Leipzig.
(Leipziger Tageblatt 1915.)
Weiß: Kg5 Ta8 b4 Ba7 g3 (5);
Schwarz: Kal Td1 Lh7 Bd3 (4),
Matt in drei Zügen.
Löſungen der Aufgaben 53—58.
53. Roeſe, Urdruck (Kh5 Sd7 f4 Bd3 e3 (3; Kf5 Te6 Lf6 Bd6
e4 e7: 2+) 1. Sf4—e2. Ein kieines Beiſpiel für den
Schnittpunkt=
mechanismus Grimſhaw’s: gegenſeitiger Verſtellung vom ſchwarzen T
und I ohne weißen Opferſperrſtein.
54. Erlin, 1. Pr. Schuld=Ged. Turn. d. Niederl. Schb. 1921 (Kh7
Dd8 Te4 Lci g8 Bg5: Kd3 Suih4 Bc2c3 d4 e5: 34) 1. Dbé—
b6 Zugzwang 1. .. . Kd3xe4 2. Dbé—c6+. 1. .. . Sh4—f5 2. Db6
—b5+ 1. .. . Sh4—f3 2 Dbé—a6-+. 1.. . . Sh4 — anders 2. D(X)
g6. 1. . . . Sd1 — 2. T(X) e3 +. Vier wunderſchöne Mattbilder,
von denen die drei erſten (nach 1. . . . Ke4: und 1. . . . S15) drei „Echo”
wendungen darſtellen. Ein Meiſterwerk des großen Wieners, ein
Bei=
fpiel für die der böhmiſ hen verwandte Wiener S.hule.
55. F. Healey, 1. Pr. Briſtoler Turn, 1861 (Kh2 Dg6 Td1 13
La1 Sb6 f7 Ba3 c3 d2 d5 g2: Kc5 Lb5 Sb7 Ba4 c4 f4 g7 3+)
1. Ta1—h1!! Bugzwang 1. . .. Ld7, —e8! 2. Dg6—b11 Lb5, — 3.
Db1—g1, b4+. Das Neue an der Au gabe war die „Bahnung”:
der w. T räumt die erſte Reihe für die w. D in derſelben Richtung,
in der die D ſpäter nachfolgt. Der übrige Mechanismus der Aufgabe:
Dreiecksmarſch der w. D, idem der s L. zunächſt durch Zugzwang zum
Verlaſſen des Felds b5 und zur Freigabe der Wirkungslinie b1— b6,
dann durch Drohung zur feldverbauenden Rückkehr nach bö genötigt
wird — war ſchon vorher von anderem gebraucht. Es iſt ein glücklicher
Gedanke, dieſem Mechanismus die T=Bahnung aufzupfropfen, die
dabei zu voller Wirkung komnmt. Die Bahnung liegt ſehr verſteckt, da
ſie im erſten Zug in Vorausſicht erſt des dritten erfolgt. Die ſcheinbar
ungenügende Sparſamkeit bei der Verwendung weißer Steine (L a1
Tf3 Bd2: dient zur verſchirften Betonung der Idee, die ſpäter
gelegentlich ſparſamer, aber nie mehr ſo markant dargeſtellt worden iſt.
— Uebrigens eignet ſich der Mechanismus auch ſehr gut zur Darſtellung
der einfachen Feldräumung, wie F. Healey ſelbſt in der folgenden
Aufgabe, Sammlung von 1866 Nr. 61, zeigt, in der der w S die dritte
Wirkungslinie der W D verläßt. : Kc4 Da3 Lb6 Sc6 Ba5 g4; Ke4
L14 Sel Be5 g5; 3½. 1. Sc6—a7 Ld2. c1 2. Da3—f8 L(4 3. Df8
—a8 +.
56. Paluzie, G. C. 1916 (Kb5 Db1 Tg2 g4 Lh8 h1 Sa6 18 Bes
14; Kd5 Tf2 g3 La5 Sb2 h4 Bb6 d7 h6; 2+) 1. Tg4—g7 dr. 2.
TXd7+. Eine weiß=ſchwarze (1 Tg4—g7 Tg3—g6) und zwei
ſchwarz=
wei e Bahnungen (1. .. . Tg6 2. Tg5 und 1. . . . Tc2 2. Td2).
57. Neukomm Urdruck (Kb2 Df3 Taß d6 Lc3 Sh7 Bg2; Kf5
Lb5 14 Ba6 b3 e5 g7 h4;2+)1. Lc3—d2. Zwei Mattveränderungen.
58. Przepiorka, Schweiz.=Schztg. 1915 (Kel Dd2 Th5 Lc5 es
Sa3 e4 Bb4 b7 12; Ka6 Sb8 g4 Bat ct c6d3 e2: 34) 1. Se4—
16 dr. 2. Sf6—d7 1. . . . Sg4—e3 2 f2Xe3 1. . . . Sg4—e5.—h2 (.—
h6). 2. Th5XS. Uebergang zur Drohung. Schwierig.
Löſerliſte H. F., Dipl. ing. Mag Forbach in Berlin, Prof. Dr.
Reutzel (alle); Wilhelm Seey in Eberſtadt (53, 54, 57); M. Karpp (53);
Walter Schütze (56—58); Rolf Schmidthoff (57).
Anfragen, Beiträge, Löſungen u. dgl. nur an die
Schrift=
leitung des Darmſtädter Tagblatts mit der Aufſchriſt „Schach”.
Verantwortlich: Max Streeſe.
weißen Wolken, das Blau der weiten, o ſo unendlich
verträum=
ten Himmelsferne.
Wolken, meine ſeißen Wolken — — wohin ihr wandert,
Sehnſuchtskähne, weiße, holdüberhauchte Segel — o wohin,
wo=
hin . . . Aber wie ein Gewölbe faſt ſehe ich drüben die Straße
nun vor mir. Ein Gang zwiſchen Mauern, denn die weißen
Bir=
ken ſcheinen ſo dicht beieinander zu ſtehen, daß ſie ausſehen
beiderſeits wie eine weiße Mauer. Und darüber hängt dann
das ſchwanke, weiche Gras wie ſeidenes Haar —: die Zweige,
die wie Gras herniedergleiten bis zum grünen Grund des
Grabens.
Der Gang zum Glück? Iſt das kleine Häuschen hinter dem
Stacketzaun mit den Roſen das Glück?
Ach, es iſt alles ſo heiter. So — — ſorgenlos oder ſo
ſorgen=
überwunden frei, ſo unendlich überreich in der Sonne.
Wie ſich das weitet zu meiner Rechten nun: Heideland,
Felder, Buchweizen, roſaweiße Fläche über dem Grün — aber es
iſt viel zu ſtill, als daß die Kornfelder rauſchen. Wer feine Ohren
hat, der hört das ſilberne Flüſtern wohl — wiſpernde Lieder
vom ſchweren Reifen heißer Tage, von Sehnſuchtblau und roten
Tropfen Blut, von der wehen Not des reifen Glücks, da das Herz
ſo bang iſt in ſehnſüchtigem Warten. Aber wie das in ſatten
Farben ruhend da liegt, ſchillernd, glänzend, gleißend — — und
wo das Haferſeld nur grün ſcheint, da iſt’s doch noch wie ein
feiner grauer Nebel in den Riſpen — — und der Roggen iſt in
Schichten rot, grau, gelb. Und im Gras aus dem bronze=braunen
Duft wie von blondem Haar, leuchten weiße Kamille, blaue
Salbei, gelbes Kreuzkraut, rote Nelken — und die Heidelerche
fingt und aus der hohen Kiefer flötet die Droſſel die
ſchwer=
gequollenen, ſehnſuchtstrunkenen Abendlieder. Und von den
Höhen hinter dem Wald brummen die Kühe, lachen und ſchreien
die Kinder, und noch weiter ſtehen die Wälder ſchwarz unter den
kriſtallſcharfen Silhouetten des Horizonts. Und Sonne, Sonne,
wie die alles vergoldigt und die Birkenſtämme gleißen läßt,
Alte Heideſtraße, ja, ich verſtehe es ſchon, wie du ſo ſelig lächeln
mußt im Traume dieſer Stunden. Und mir iſt’s ſelbſt wie im
Traum, wie Erinnerungen einer ſeligen Kindheit, die ſich doch
und doch erfüllen könnte, — — nun, da die Dorfuhr acht mal
fchlägt und die Frau drüben mit den Kindern an der Hand die
Kühe vor ſich hertreibt in den Stall. O Reichtum, Glück —
Glück, Glück und ſelige Stille.
Alte Heideſtraße, wie oft biſt du dieſen Weg gegangen und
haſt alle Jahre dieſe Träume gehabt, du verſtehſt es, wie das Herz
des Einſamen aufglühen kann in ſchwermütigem Glück. Denn
alles Glück iſt Schwermut und Sehnſucht; denn es iſt nie, daß
wir es ganz umfaſſen können.
Reifende Jungfrau, des Sommers bunten Kranz im gelben
Haar, Augen braun, und auf weißem Kleid leuchtet der blaue
Strauß aus dunklen Kornblumen.
Alte Heideſtraße, wenn ſie über dich ſchreitet einmal in der
hellſten Nacht, daß ich es ſehen möge und ihr folgen könnte, um
ſelig im Glück zu zittern wie du unter ihrem königlichen
Schrei=
ten. Aber das wird nie ſein. Das iſt das große Glück, das nicht
für Menſchen iſt, das iſt All und reiner Geiſt und reine
Schön=
heit. Denn dies letzte iſt die Schönheit.
Sommertag — das Licht wie Seide, und die Stille ſummt:
wie du ſo ſtill dich breiteſt zwiſchen den grünen Birken — es iſt
wie Traum, zu ſchreiten leife ſtille Sommerftunden unter deiner
Birken leiſem Wiſpern — — ja, wie ich dich liebe, meine alte
Heideſtraße, meine ſtille Sommerſtraße du.
Und ſo will ich heimwärts gehen an den jungen Kiefern
vorbei, die ſo hell in der Sonne ſchimmern, und ich denke gerade
noch, daß meine alte Straße ſie nicht ſo ſehr liebt wie die rote
Heide, die ehemals daſtand, weit, weit erglüht wie das rote
Abendrot drüben hinter den Bergen — o, darin unterzutauchen
oder mit breiten Armen zu umfaſſen und über ſich zu breiten,
rot, ganz rot,alte Heideſtraße — Träumereien aus alter Zeit —
das iſt nun auch dir vergangen; aber auch die dunklen Augen
des Waldes ſind mir lieb, und die alten Kiefern, die wie eine
Wand daſtehen, haben mit dir den Sturm überdauert, der einige
deiner ſchönſten Birken ſchräg über dich warf wie die Sonne jetzt
die langen Schatten. Doch auch die Linde dort vor dem breiten
Haus und das Haus ſelbſt ſind ſehr alt geworden, und du ſahſt
die ſchwarzen Trauertücher vor der Tür hängen, mehrmals und
mehrmals — auch den Hochzeitsſchmuck der jungen Birkenzweige,
und du ſahſt manchen hinausziehen, und gingſt eine lange
Strecke mit ihm, bis du ihn dann doch verlorſt und nach vielen
Jahren einmal wiederſahſt in Frühlingstagen, wenn die alte
Linde ſüß durchſummt und durchduftet war — — und er hatte
die eine, die er gefunden, mitgebracht . . . Ja, das ſind
ver=
gangene Tage, die aber immer wiederkehren, wie Nebel und
Sonne — und nicht ſonderlich beachteſt du ſie, denn wer ſo alt
rſt, dem wird dies faſt zu gewohnten Dingen.
Alte Träumerin mit deiner ſchönen abendſtillen Weisheit—
lächelnd unter goldener Sonne gebreitet — unter allem Wandern
und ziellos heimatlichem Tun iſt doch die Ruhe — — irgendwo
und irgendwann. Nur daß man nie vergißt das Wandern der
weiten, weiten Ferne".
Aber ich will nun heimwärts gehen. Drüben das kleine
Haus im goldenen Sommerglück mit den roten Roſen und
gel=
ben Dahlien ſchon wartet auf mich. Es iſt meine liebe Ruhe im
zeitloſen Wandern der Ferne.
Aber nachher, wenn es blau und grau und dunkel wird über
der Heide, dann werde ich lange noch durch das Fenſter ſehen,
wenn weit in der letzten Ferne zwiſchen den Birken über der
Straße der blutrot große runde Heidemond wie aus
flammen=
dem Berg ſich hebt, dann will ich weit ſehen über deinen Weg,
weit, weit in die Ferne . . . meine liebe alte Heideſtraße du,
weisheitsvolle Träumerin deiner abendſtillen Sehnſucht —
weitz weit in die Ferne deiner unendlichen Wanderſchaft,