Darmstädter Tagblatt 1923


12. November 1923

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wöcheniſich 7maligem Erſcheinen vom 11. bls 17.
emper 110 Milliarden Mk. und 10 Milliarden Mi.
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5zahlung 50 Milſſarden Mk. Verantwortlichteit für
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Hefſiſche Neueſte Nachrichten
Rorgenzeitung der Landeshauptſtadt
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Nummer 343
Montag, den 12. November 1923 186. Jahrgang

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Halle, 12. Nod. Auf dem Landesparteitag der Deutſchen
l1spartei nahm am Sonntag Reichskanzler Dr. Streſe=
inn
das Wort. Er dankte zunächſt für den freundlichen
pfang in Halle, an dem ſich allerdings die Kommuniſten
enbar nicht beteiligt hätten, und erklärte ſodann, er werde
)t als Reichskanzler eine außen= oder innenpolitiſche
ogrammrede halten, ſondern er wolle ſich mit ſeinen Partei=
inden
ausſprechen über alle Dinge, die vorgegangen ſind ſeit
Uebernahme der Kanzlerſchaft und ſich mit allen Strömun=
auseinanderſetzen
, die in der großen deutſchen Oeffentlich=
miteinander
ringen. Kein Zweifel, ſo fuhr er fort: Wir
inden uns zuſammen in einem Augenblick
tiefſter innerer und äußerer Not.
zeigt ſich pra tiſch in einem dem Zuſammenbruch
en Zuſtand in wirtſchaftlicher und ſozialer
ziehung und in der höchſten Verwirrung poli=
cher
Leidenſchaften, durch die wir die Empfindung
en, als wenn wir uns in einem Fieberzuſtand beſinden.
e Urſachen müſſen wir auf eine Formel bringen. Letzten
des liegen ſie in der
außenpolitiſchen Bedrückung,
uns zu allen dieſen Taten innerpolitiſcher Bedrängnis ge=
rt
haben. Geſtern habe ich das zum Ausdruck gebracht, als
franzöſiſche Botſchaſter mit die Beſorgnis Frankreichs be=
te
vor einer Entwicklung, die führen könnte zu einem Sieg
extremen radikalen Elemente. Der franzöſiſche Miniſter=
ſident
legte Wert darauf, im Eingang dieſer Mitteilung
ären zu laſſen, daß es ihm fernliege, ſich in die innerpoli=
ſen
deutſchen Angelegenheiten zu miſchen. (Lachen.) Er
e allerdings die Möglichkeit, die deutſchen innerpolitiſchen
hältniſſe weſentlich zu ändern, nämlich wenn die franzöſiſche
itik eine derartige wäre, daß ſie uns das Leben ließe und
tit den Bedrängniſſen in Deutſchland entgegenwirkte. Ich
nde mich im Mittelpunkt der
Angriffe der Ertremen von links und rechts.
der kommen dieſe Bewegungen? Sie liegen nicht im deut=
Charakter begründet. Aber dier Jahre eines Krieges,
r Zeit, in der kein Volk je ſoviel Hunger und Ent=
rungen
hat erleiden wüſſen wie das deutſche, ein Frieden
Geſtalt weiterer Bedrückungen und weiterer natio=
(er Demütigungen, die auf Deutſchlands wirtſchaft=
n
und ſozialen Verfall hinarbeiten, laſſen es erklären, daß
ein geſundes Volk von Fieberſchauern geſchüttelt wird.
nicht in einer Verirrung des deutſchen Volkes liegen die
ichen, ſondern diejenigen, die jetzt ihre Beſorgniſſe bekunden
n. müſſen wir darauf aufmerkſam machen: Wer hat es dahin
ieben, daß wir ſolche Zuſtände haben? (Sehr richtig!) Aus
hen Wurzeln ſaugt dieſe Bewvegung ihr Leben? Nie werde
ich zu der Anſchauung bekennen, daß
der Kommunismus
iſcher Art, auf deutſche Verhältniſſe überführt, in Deutſch=
gewachſen
ſei, gewachſen auf einem Nährboden deutſche:
ha ung.
lein und bedeutungslos würde die Bewegung ſein, wenn
s die Möglichkeit gegeben wäre, wirtſchaftlich zu geſunden
und den Leuten Brot, Nahrung und Arbeit zu geben.
n hätten dieſe Sendboten nichts hinter ſich. Dann würden
Verziveifelten nicht dem erſten beſten Charlatan nachlaufen,
ihnen vorniacht, daß er die Zaüberforniel in der Hand habe,
ſie in ein beſſeres Land zu führen. Man nimmt uns die
lieder unſerer Produktion, trennt das wirtſchaftliche Leben
tſchlands, das angeſrieſen iſt auf Kohle und Erz, von den
en großen Gebieten dieſer Crzeugung ab. Darauf kann nur der
ſchaftliche, finanzielle und ſoziale Zuſammenbruch kommen.
die Verzweifelten ſich extremen Richtungen zuwenden, kann
wundernehmen. Wo ſoll
die Autorität einer Regierung
oſimen, wenn ſie von fremden Ländern täglich
Füßen getreten wird?
at jemals ein Land eine ſchmählichere Behandlung, eine
npflichere Bedrückung erfahren, wie Deutſchland nach 19182
So entſpringt der Rechtsradikalismus auch in unſerer Jugend
Gefühl über die Ohnmacht des Reiches, denen zu helfen,
vergewaltigt werden. Es bedarf nicht der Autorität von
lin aus, wenn man nur den Rheinländern ſelbſt die Möglich=
gibt
, ſich dieſes Geſindels in der Separatiſtenbewegung zu
ehren. Dann wäre alles ſofort erledigt. (Lebhafte Zuſtim=
g
.) Man gibt uns aber zunächſt die Verſicherung vollkom=
er
Autorität, entwaffnet dann aber die Schutzpolizei. Daß
Bewaffnung dieſes Geſindels nicht von
utſchland geliefert iſt, ſteht feſt.
S iſt erfreulich, daß die belgiſche Negierung ſich ihrerſeits
gen eine ſolche weitere Begünſtigung geäußert hat. Es iſt
eiter erfreulich, daß die engliſche Regierung erklärt hat, daß
n Rheinſtaat, geirennt von Deutſchland, eine Verletzung
S Verfailler Friedens ſei, die von England nicht auerkannt
i. Es iſt weiter erfreulich, daß man ſieht, daß auch das Ge=
iſſen
der Welt einmal ſchlägt, wenn unſer Recht in Be=
trachr
kommt.
ruf: Es wird Zeit!) Ja, wäre es früher ſchon ſo weit ge=
en
, dann brauchte es nicht der Sachverſtändigenkonferenzen,
aus dem Chaos unſerer Währung herauszukommen. Ich
mit einer Anzahl Mitglieder des Kabinetts hierher gefahren,
habe während der Fahrt das ganze Reichs= und Ruhrpro=
n
in ſeiner Wirkung auf Deutſchland mit denen beſprochen,
den Lingen am nächſten ſtehen, darunter mit dem heute
m Reichsminiſter des Innern ernannten Vor=
uden
des Provinziallandtags für Rheinland und Weſtfalen,

Oberbürgermeiſter Dr. Jarres aus Duisburg, der als erſter
Vorkämpfer Preußens und Deutſchlands im beſetzten Gebiet be=
kannt
iſt. Wie ſtehen
die Dinge im Ruhrgebiet?
Die Zechen ſind noch nicht in Betrieb. Dieſes eine deutſche Ge=
biet
hat über 2 Millionen Arbeitsloſe und 2 Millionen Kurz=
arbeiter
, 4 Millionen Menſchen, die arbeiten wollen, es aber
nicht können, nicht deshalb, weil wir die Produkte nicht brau=
chen
, ſondern weil der politiſche Druck ſie hindert, die Arbeit
wieder aufzunehmen. Die Verhandlungen über die
Ziederaufnahme der Arbeit haben zu keinem
Ergebnis geführt, trotzdem 6 Wochen nach Aufgabe des
paſſiven Widerſtands vergangen ſind. Als ich mein Amt über=
nahm
, war ich mir beivußt, daß der, der in die Breſche ſpringt,
ſeine ganze politiſche Exiſtenz und alles, was er ſich an Ver=
trauen
erworben hat, in kurzer Zeit verlieren kann.
Der iſt nicht Politiker, der kritiſiert, um ſich im gegebenen
Moment der Verantwortung zu entziehen, ſondern die Po=
litik
begint erſt da, wo die Verantwortung beginnt.
(Lebhaſter Beifall und Händeklatſchen.) Bei der Aufgabe des
paſſiven Widerſtandes glaubten wir, daß damit die Freiheit der
wirtſchaftlichen Betätigung im beſetzten Gebiet gegeben ſei. Das
iſt nicht erfolgt.
Man fordert jetzt
das wertbeſtändige Geld.
Sie glauben nicht, welch unüberwindlichie Schwie=
rigkeiten
die Währungsfrage in ſich birgt. Jeder hat eine
Löſung und erklärt, die Löſung des anderen führe zum Chaos.
Wenn wir das wertbeſtändige Geld vor Monaten geſchaffen hät=
ten
, dann hätten wir damit den paſſiven Widerſtand finanzieren
und alle Leiſtungen auf uns nehmen müſſen. Das wäre nicht
gegangen. In Bezug auf dieſe Frage, von der das ganze Leben
des deutſchen Volles abhängt, dürfen wir uns nicht zum Experi=
mentieren
drängen laſſen. Wir haben ein. Necht, daß das Wirt=
ſchaftsleben
in Ordnung kommt.
Kommen wir zu einem Chaos, ſo fällt die Verantwortung
auf die, die es dahin bringen, daß ein Volk, das arbeiten
will, nicht zur Arbeit zugelaſſen wird.
Wir wollen den Dingen ruhig ins Auge ſehen. Wenn das Ruhr=
gebiet
, eines der größten europäiſchen Produktionsgebiete, in
dieſen Zuſtand kommt, was ſollen wir da ſagen, wenn man beim
deutſchen Reichskanzler anfragt, woher es kommt, daß es in
Deutſchland rechtsradikale und ſonſtige Beſtrebungen gibt? Es
kommt ein weiteres Moment dazu:
Man verkehrt mit Deutſchland auf dem Wege der Friſtſetzung
für Autworten. Auf dem Wege des Diktats wurde uns in der
Angelegenheit der Regelung des Eiſenbahnweſens im beſetzten
Gebiet erklärt, Deutſchland habe vorbehaltlos anzunehmen. Wir
haben erwidert, dann verhandeln wir nicht. (Beifall.) Wir
haben die Wirkung geſpürt, indem man von der anderen Seite
erklärte, man wolle nicht über den Rechtsſtandpunkt diskutieren,
um Deutſchland ſeinen Rechtsſtandpunkt zu wahren. Man hat
weiter gefagt, die deutſche Antwort habe zu erfolgen bis am
nächſten Tage, 3 Uhr nachmittags. Darauf habe ich erklärt:
Ich lehne es als deutſcher Reichskanzler ab, mir vorſchreiben
zu laſſen, wann ich die Antwort zu geben habe.
(Stürmiſcher Beifall.) Die Verhandlungen ſind nicht daran ge=
ſcheitert
, ſondern weiter gegangen. Man muß ſich einrichten auf
die Anſchauung: Wir befinden uns im Elend und ſind ohn=
mächtig
. Wir haben den Krieg verloren.
Aber nicht verloren haben wir die deutſche Ehre. Wir ver=
langen
, daß ſie reſpektiert wird.
Der Reichskanzler kam dann auf die Frage der
Rückkehr des Kronprinzen nach Deutſchlaund
zu ſprechen, eine Frage, die nicht nur an Deutſchland, ſondern
auch an Holland herangetreten ſei. Unter lebhafter Zuſtimmung
der Verſammlung ſtellte der Hanzler feſt, daß dieſe ganze Frage
nur einedeutſche Angelegenheit ſei. Sie habe gar
nichts zu tun mit dem Kampf um die Republik. Wenn die Repu=
blik
ſo ſchwach wäre, daß ſie nicht die Anweſenheit deutſcher
Fürſten auf deutſchem Boden ertragen könne, dann ſei es keine
Republik. Er perſönliche ſtehe auf dem Standpunkt, daß der
Wunſch des Kronprinzen zu unterſtützen ſei, und er fügte hinzu,
daß der Kronprinz den Wunſch geäußert habe, ge=
rade
vom Kabinett der großen Koalition die Er=
laubnis
zur Rückkehr zu erlangen. Er möchte nicht
geduldet ſein, ſondern die Erlaubnis vom ganzen deutſchen Volk,
ohne Unterſchied der Partei und Auffaſſung, haben.
Die Politik der fortgeſetzten Unterdrückung habe dazu ge=
führt
, daß im Reiche nach neuen Formen und nach neuen Ideen
geſucht werde, um die Dinge zu meiſtern. Es erklingt
der Ruf nach der Diktatur.
Nach dem Artikel 48 der Reichsverfaſſung ſtehen dem Reichs=
präſidenten
und dem von ihm berufenen Männern größere
Nechte zu, als ſie bereits angewendet worden ſind. Angeſichts
der Schwere der Zeit und mit Rückſicht auf die jüngſten Ereig=
niſſe
iſt
die Regierung nicht in der Lage, den militäriſchen Aus=
nahmezuſtand
nufzuheben.
Gerade die Vorgänge der letzten Zeit ſind der Beweis dafür, daß
mit Fraktionsbeſchlüſſen und mit dem Standpunkt der Partei=
politik
nicht regiert werden kann. Nicht durch die Erklärung eines
Herrn Adolf Hitler zum Leiter der deutſchen Geſchicke meiſtert
man die Dinge. An dem Schaden, der durch dieſe Dinge im
Reich bewirkt worden iſt, werden wir noch lange zu tragen haben.
Der Reichskanzler wies den Vorwurf mit aller Entſchiedenheit
zurück, daß die Reichsregierung auch nur in einem Falle nicht
national gehandelt habe.

Zur Frage der Ernährung übergehend, ſtellte der
Reichskanzler feſt, daß der Ernährungsminiſter Dr. Kanitz wegen
ſeiner Stellungnahme gerade von der Partei am ſtärkſten ange=
griffen
nurde, der er bis dahin angehörte. Daraus könne man
erſehen, wohin es führt, wenn man ſeine Haltung von der partei=
politiſchen
Stellung abhängig machen würde.
Im weiteren Verlauf ſeiner Rede ſtellte ſich der Reichskanz=
ler
auf den Standpunkt,
daß die Reichsregierung nicht nur gegenüber Batzern, ſon=
dern
auch gegenüber anderen Ländern bis an die Grenze
des Möglichen gegangen ſei.
Die Regierung ſei bereit, in einzelnen Fragen den Wünſchen
der Länder entgegenzutommen. Wenn wir nicht zurückkommen
zu dem alten preußiſchen Geiſt, haben wir kein Recht auf eine
Wicdergeburt. Das iſt vollkommen klar. Es wird kein Volk in
die Höhe kommen, wenn nicht durch eigene Tüchtigkeit. Ich
möchte die Frage ſtellen: Wann hat das Kabinett, das meinen
Namen trägt, ſich vom marxiſtiſchen Geiſt leiten laſſen, und wann
hat das Kabineit jemals unter marxiſtiſchem Einfluß geſtanden?
Die große Koglition iſt geſcheitert durch die Füſion der Sozial=
demokraten
mit den Unabhängigen. Die Sozialdemokratie iſt
in die allergrößte morgliſche Belaſtung gekommen durch die Po=
litik
, die wir geführt haben, eben weil die Politik nicht einge=
ſtellt
war auf den Marxismus. Trotzdem bedauere c= daß die
große Koalition geſcheitert iſt.
Was die ſächſiſche Situation keunzeichnet, iſt, daß das
deutſche Volk begriffen hat, daß es ſich kein Erp.riment geſtgtten
kann, das die Produktion herabſetzt.
Ich möchte Marx verteidigen.
Ich habe ſeine Schriften gelefen. Ich möchte das eine ſagen, daß
Mair ſich die Durchführung ſeiner Ideen in Bezug auf die So=
zialiſierung
gedacht hat in der Zeit höchſter Honjunktur, aber
nicht nach einem verlorenen Krieg.
Laſſen Sie mich einen Augenblick auf die ſachliche,
praktiſche Arbeit des Kabinetts
eingehen, und es werden auch ſeine Gegner anerkennen, daß es
an Aktivität nicht gefehlt hat. Die Verhältniſſe ſind leider
nicht beſſer, ſondern ſchlimmer geworden, und ich kann nicht
ſagen, ob ſie ſchon auf dem tiefſten Puukt angelgugt ſind. Ich
möchte keine Illuſionen hervorruſen. Ich habe bereits im Reichs=
tag
als Abgeordneter geſagt: Der paſſive Wide ſtand iſt kein
Selbſtzweck, ſondern Mittel zum Zweck, um zu Veihandlungen zu
kommen. Generalſtaatskommiſſar von Kahr hat in ſeiner offi=

gekommen iſt, in wenigen Tagen oder Wochen zu beſeitigen. Ich
kann mich dieſer Erklärung nur anſchließen. Wir ſind auf dem

kehr kommen. Seit geſtern ſtreiken nun die Buchdrucker.
Es werden heute noch Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Ein
Arbeiter, der nicht zur Arbeit erſcheint, der dazu aufreizt, den
Druck der Noten einzuſtellen, muß als Landesverräter
behandelt werden.
Man ſtellte uns die Forderung,
die Militärkontrolle
wieder zuzulaſſen. Ich weiß nicht, was kontrolliert werden foll.
Ich weiß aber, daß wir nicht mehr in der Lage ſind, diejenigen
zu ſchützen, die etwa dieſe Kontrolle ausüben wvollen. Wir haben
die betreffenden Stellen darauf hingewieſen, daß eine Kon=
trolle
unmöglich ſei.
Neben der Währungsfrage ſtehen wir vor der Frage der
Balanzierung des Etats und des Abbaus der
Beamtenſchaft. Ehe wir uns die Finanzk ntrolle aufzwin=
gen
laſſen, iſt es beſſer, wenn wir ſelber Ordnung ſchaffen. Wir
müſſen über dieſe Kriſe kommen, ſonſt können wir nie geſunden,
ſonſt verfaulen ſir am eigenen Leibe.
Leiſtungen nach außen ſind ein Ding der Unmöglichkeit und
ſind auch recht unmöglich, weil wir Anſpruch haben auf
Wiederherſtellung der Ordnung an Rhein und Ruhr.
Die Beſetzung verſtößt auch gegen den Verſailler Vertrag, worin
keine Rede iſt von der Beſetzung des Ruhrgebiets, von einer
Eiſenbahnregie uſw.
Die Souveränität gehört uns.
So trübe wie heute war die Zeit nie. Wir ſtehen vor dem Win=
ter
und vor drohender Hungersnot. Dazu kommien noch Un=
ruhen
an derſchiedenen Orten. Ich glaube aber trotz alledem,
den Weg, der aus der Tiefe zur Höhe führt, zu finden.
Wir müſſen bei uns ſelber anfangen und poſitive Arbeit leiſten
anſtelle von Kritik. Wir ſollten uns das eine fagen, daß nicht
auf Grund des Materiellen allein die Beſſerung kommen kann.
Die außenpolitiſche Lage iſt ſo ſchwer wie nie zuvor. Was es
bedeutet, wenn wir getrennt bleiben von Rhein und Ruhr, iſt
gar nicht auszudenken. Es iſt der Kampf um das Rheingold.
Trotz alledem glaube ich an unſere Zukunft, wenn wir produk=
tive
Arbeit leiſten und eine Neuformung des geiſtigen Mittel=
ſtandes
erſtreben. Wir haben die Pflicht, uns als ganze Per=
ſönlichkeit
hinzugeben, damit die Saat aufgeht und unſere Nach=
kommen
glücklicher leben, als es uns jetzt beſchieden iſt. An die
Zukunft zu glauben, iſt unſer Recht.
Die Rede des Kanzlers wurde mit anhaltendem ſtürmiſchem
Beifall und Händeklatſchen aufgenommen. Der Vorſitzende brachte
dem Reichskanzler ein dreimaliges Hoch und auf das deutſche
Vaterland aus und unter Abſingung des Deutſchlandliedes ging
die Verſammlung auseinander. Vor dem Verſammlungslokal
war ein größeres Aufgebot von Sipo erſchienen, um die unge=
ſtörte
Abfahrt des Reichskanzlers zu gewährleiſten.
Wr
D

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Seite 2.

Darmſtädter Tagblatt, Moutag, den 12. Rovember 1923.

Rummer 313,

8
Heutſchlands Teparationsleiſtungen.
Was Deutſchland gezahlt hat.
Ueber den Umfang der bisherigen Leiſtungen Deutſchlands
aus dem Verſailler Vertrage herrſcht bekanntlich bei den Alliier=
ten
und Neutralen ein lebhafter Meinungsſtreit, läßt doch Herr
Poincaré keinen Sonntag vorübergehen, ohne Deutſchland der
Nichterfüllung und des mangelnden guten Willens zu beſchul=
digen
.
Es iſt deshalb wärmſtens zu begrüßen, daß der Münchener
Profeſſor für Nationalökonomie, Lujo Brentano, ſich der Aufgabe
unterzogen hat, von hoher wiſſenſchaſtlicher Warte aus die Frage
was Deutſchland gezahlt hat zu unterſuchen. Das Ergebnis
wiro unter vorſtehendem Titel in einem nur wenige Seiten um=
faſſenden
Schriftchen des Verlages Walter de Gruyter u. Co.,
Berlin und Leipzig, veröffentlicht.
Nach Brentano, der ſich für die Richtigkeit ſeiner Angaben
verbürgt, hat Deutſchland bis Ende 1922 an auf Reparations=
konto
anrechnungsfähigen und ſonſtigen Leiſtungen im Einzelnen
bewirkt:
Ueberblick über die deutſchen Geſamtleiſtungen.
A. Reparationsleiſtungen.

Barzahlungen
Kohlen und Koks
Kohlennebenprodukte
Farbſtoffe und pharmazeutiſche Artikel
Vieh
Landwirtſchaftliche Maſchinen
Wiederaufbaulieferungen
Wiederherſtellung der Univerſität Löwen
See= und Binnenſchiffe
Eiſenbahnmaterial . .
Laſtkraſtwagen
Verlauftes Kriegsmaterial (Schrotterlöſe) . .
Cngliſche Reparationsabgabe
Nichtmilitäriſcher Rücklaß an der Weſtfront . 1891 150 387
Privatkaßel
Abgegebene Wertpapiere
-
Saargruben

Abgetretenes Reichs= und Staatseigentum
Anteil an der Reichs= und Staatsſchuld
Abgetretene Forderungen
Der Liquidation unterliegendes deutſches Pri=
vateigentum
im Ausland .

B. Sonſtige nach Beſtimmung des Vertrages von
Verſailles auf Reparationskonto nicht anrech=
nungsfähige
Leiſtungen.

Staatskabel
Reichs= u. Staatseigentum in Eupen=Malmedy
Reſtitutionen und Subſtitutionen
Innere Beſatungskoſten
Koſten der Interalliierten Kommiſſionen
Abgelieferte Kriegsſchiffe
Nichtmilitäriſcher Rüalaß an der Oſtfront
Militäriſche und induſtrielle Abrüſtung".
Zahlungen im Ausgleichsverſahren .

Verſchiedenes

Goldmark
1 780 016 456
2 424 400 000
43 000 000
200 000 000


274 194 000
31040000

290 686 794
13 758 585

4 753 441 06
1927 943 774
115 673 853
200 000 000
163 160 122
77 800 000
392 642 671
1017 126 890
5032 106 932
644 414 415

8 60/)0n0 000
11 740000000
41612-55 107
Goldmark
609 744
150 000 000
446 250 000
895 000 000
94000 60
1 417000 000
1050 000 000
8 950 000 000
615 000 000
685 895 000
14 304 754 744
Insgeſamt Goldmark: 55 917 309 851
In der vorſtehenden Liſte ſind nur die direkten Leiſtungen
Deutſchlan s enthalten. Alle indirelten Schädigungen, die der
deutſchen Wirtſchaft durch den Vertray von Ver ailles verurſacht
ſind, haben darin keine Terügſichtigung geſunden. Ferner iſt der
rein wirtſchäftliche Wert der abgetretenen Gebiete unberücſich=
tigt
geblieben, obwohl dieſer Wert bei dem großen Umfange der
Gebiete und ihrer wirtſchaſtlichen Bebeutung ungeheuer groß iſt.
Daß man im übrigen im objektiv denkenden und urteilenden
Auslande, durchaus nicht der Meinung Poincarés iſt, beweiſen
außer den in der deutſchen Preſſe ſeinerzeit belanntgegebenen
Berechnungen des Inſtituts of Economies in Waſhington, die
Ausführungen Keynes im letzten Oktoberheft der Nation, in
denen er darlegt, es ſei ein unerhörtes Vorgehen, daß ſich in
einem gewiſſen Teil der Preſſe Anſchuldigungen gegen Teutſch=
land
fänden, es habe noch nichts bezahlt und habe ſich ſeiner
Verpflichtungen entziehen wollen. Tatſache ſei demgegenüber,
daß Teutſchland ungeheuer mehr geleiſtet habe, als Frank=
reich
1871.
Die 26prozentige Reparationsabgabe.
London 11. Nov. (Wolff) Evening Standard meldet:
Die deutſche Regierung gab unſormell zu verſtehen, daß ſie nicht
weiter die 2rozentige Reparationsabgabe auf die Waren aus
Deutſchland an das Britiſche Reich zahlen könne. Cs werde er=
wartet
, daß eine formellere amtliche Mitteilung ergehen werde.
Die Frage wird von den führenden Intereſſenten der City für
ſo wichtig gehalten, daß heute ein Meinungsaustauſch mit dem
Premierminiſter in dieſer Frage eröffnet wird.
G
Wrn
Heſſiſches Landestheater.
Großes Haus. Sonntag, den 11. November.
Triffan und Jſolde.
Handlung von Richard Wagner.
Das wunderkar ergreifende, erſchütternde Werk, deſſen
muſikaliſches Leben trotz aller dramatiſchen Schwächen bei jeder
Aufführung aufs Neue in unvergänglicher Friſche aufblüht,
bleilt Wagners Ewigkeitswerk, mit dem der Meiſter auf die
fernſte Nachwelt kommen wird. Es iſt mit ſeinem Herzblut

Vom Tage

die konſtrultiven Gedanken, von denen die Anlage des Werkes
ausging, derſchtinden vor einer Muſik, die aus innerſtem
Empſinden ſtammt, im Triſtan größte Urfprünglichkeit, ausge=
prägteſtes
, perſönliches Weſen trägt, und von unwiderſtehlicher
Kraſt leidenſchaftlichen Ausdruds iſt.
Kein Werk Wagners eignet ſich mehr zur Anwendung mo=
derner
Inſzenierung, als dieſes. Es iſt am wenigſten mit der
Illuſionsbühne verknüpft, das innerlichſte, menſchlich gültige
ſeiner Werke. So wurde denn auch an ihm der erſte Verſuch
moderner Ungeſtaltung gewagt; zuerſt durch Roller in Wien,
an deſſen Löſung ſich alle anderen ſtark anlehnen. Völlig ge=
glüct
ſcheint mir noch keine zu ſein, die großen Richtlinien aber
ſind gewonnen. In unſerer Einrichtung ſcheint mir der dritte
Alt am beſten gelungen, obwohl ich mir Farben und Beleuch=
tungen
anders denken könnte. Im zweiten Akt ſcheint mir die
Uebereinſtimmung mit der Muſik nicht erreicht. Die Steinmaſſen
der Burg drücken die Natur zurück, deren Waldeszauber,
Quellengemurmel, verborgener Einſamkeit in der Muſik beredter
Ausdruck gegeben iſt. Die Treppenanlage iſt ſo hoch, daß ſie
Spiel und Geſang der Darſteller ſtark beeinträchtigt und den
Zuhörer ſtört. Der erſte Akt iſt unlogiſch aufgebaut. Das kleine
Zelt beengt jeden Spielraum und führt die Darſteller, ſobald
ſie nach der Rampe ausweichen, aus dem Schiff heraus. Die
das Zelt nach beiden Seiten notwendig abſchließenden Vorhänge
ſind ſchiffstechniſch unverſtändlich.
In Herrn Verheyen beſitzt unſere Oper einen weit über
den Durchſchnit ragenden Triſtan, deſſen Mangel an ſtimm=
lichem
Glanz weitgemacht wird durch bewundernswerte Aus=
dauer
, muſikaliſche Sicherheit und durchgeiſtigte Aufſaſſung.

Der Reichspräſident ernannte den Oberbürgermeiſter Dr. Jar=
res
, Mitglied des preußiſchen Staatsrates, zum Reichsminiſter
des Innern.
Reges Leben herrſchte geſtern auf den Straßen Münchens. Die
Innenſtadt war durch ſtarke Poſten abgeſperrt. Irgendwelche Zwiſchen=
fälle
ſcheinen ſich bis in die ſpäten Abendſtunden nicht ereignet zu haben.
Geſtern morgen rückte die Reichswehr in Jena ein. Es fan=
den
Hausſuchungen u. a. im Gebäude der kommuniſtiſchen Zeitung ſtatt,
auch erfolgten eine Reihe von Verhaftungen. Die Polizeiſtunde wurde
auf 11 Uhr feſtgeſetzt.
Der Vorſtand der ſpzialdemokratiſchen Reichstagsfraktion
tritt Dienstag zur Bergtung der allgemeinen politiſchen Lage in Berlin
zuſammen. Nach dem Vorwärts iſt zu erwarten, daß er die Einberu=
fung
des Reichstags verlangen wird.
Nach einer Havasmeldung aus Rom halte es nach offiziellen Mittei=
lungen
der Vatikan für notwendig, daß das franzöſiſche Parlament ſich
über die endgültige Regelung der Beziehungen zwiſchen Staat und
Kirche in Frankreich ausſpreche.
Der Vizepräſident des polniſchen Staatsminiſteriums, Korfanty,
empfing geſtern die Vertreter der deutſchen Seimfraktion, die eine Reihe
von Wünſchen der deutſchen Bevölkerung, beſonders auf dem Gebiere
des Schulweſens, vortrugen. Korfanty erklärte, daß er die Verhältniſſe
kenne, die Angelegenheit wohlwollend prüfen und ſie dem Miniſterrat
unterbreiten werde.
Dem Telegraaf zufolge iſt bei einer Zuſammenkunft des Inter=
national
en Gewerkſchaftsbundes mit den internationalen
Berufsſekretariaten beſchloſſen worden, Maßregeln zu ergreifen, um
den Deutſchen Gewerkſchaftsbund finanziell zu unterſtützen.

Die ablehnende Haltung der Vereinigten Stagten.
Paris, 11. Nov. (Wolff.) Die Nachricht, daß Amerika ſich
aus den Verhandlungen über die Bildung einer Sachverſtändi=
genkonferenz
zurückgezogen habe, wird von der Morgenpreſſe
nur wenig kommentiert. Der Matin ſagt, was die Ameri aner
hätten erwartet, daß man ihnen Gelegenheit gegeben hätte,
das Problem des europäiſchen Wiederaufbaues, von der ſie ihre
eigene Proſperität mehr und mehr in Abhängigkeit gebracht fühl=
ten
, auf einer neuen Grundlage wieder zur Sprache zu bringen.
Sobald es ſich aber darum handle, gewiſſe Modali=
täten
des Friedensvertrages zu beſtimmen, er=
achteten
ſie ihre Anweſenheit als unnütz für die Alliierten und
als unfruchtbar für ſich ſelbſt und zögen es vor, beiſeite zu
ſtehen. Niemand könne ihnen das übel nehmen, beſonders
wenn man die grundlegenden Meinungsverſchiedenheiten be=
trachte
, die zwiſchen Frankreich, England und Belgien beſtehen.
Dagegen meint der ſozia iſtiſche Populaire, man könne den ern=
ſten
Charakter der amerikaniſchen Entſchlie=
ßung
nicht ſtark genug unterſtreichen. Da die Vereinigten Staa=
ten
es ablehnten, an der Sachverſtändigenkonferenz teilzuneh=
men
, ſei ihr Zuſammentritt praitiſch gegenſtandslos. Die Verant=
wortung
dafür werde in der ganzen Welt Frankreich aufgebür=
det
werden und die franzöſiſch=engliſchen Beziehungen würden in=
folge
dieſer Ereigniſſe ſich noch mehr verwickeln. Was Belgien
anbelange, ſo werse e3 mehr und mehr die Notwendigkeit er=
kennen
, ſich von Frankreich loszulöfen, das alle ſeine Wiederauf=
baupläne
zugrunge richte. Das Journce induſtrielle ſchreibt, an=

kaniſchen und engliſchen Intereſſen ſtark berührt würden, ſo
würde man in Bälde ſehen, daß neue Kombinationen auftauchen,
neue Vorſchläge gemacht und neue Manöver gemacht würden.
Paris, 11. Nov. (Wolff.) Nach einem Waſhingtoner Te=
legramm
des New York Herald wollen die Vereinigten
Staaten, nachdem Frankreich zweimak die Vorſchläge des
Staatsfekretärs Hughes nach einer Regelung der Reparations=
frage
zurücwies, ihre Politik, ſich nicht mehr mit den
europäiſchen Angelegenheiten zu beſchäftigen,
fortſetzen. Die Perſönlichkeiten des Staatsdepartements und des
Weißen Hauſes wollten klarmachen, daß ſie Frankreich für
den Abbruch der Verhandlungen verantwort=
lich
machen, da Poincaré, nachdem er erſt grundſätzlich den Plä=
nen
Hughes zuſtimmte, Beſchränkungen gefordert hätte, die jede
Enzucte zwealos gemacht hätten. Obzwar man vorgeſchlagen
habe, Amerika ſolle von Frankreich eine baldige Rege=
lung
ſeiner Kriegsſchulden verlangen, beſchloß
die Regierung, dieſe Zahlung augenblicklich nicht zu fordern. Die
oſizielle Meinung ſei, daß ein derartiges Verlangen eine nutz=
loſe
Spannung verurfachen und ergebnislos bleiben
würde.
Pariſer Echo.
Paris, 11. Nov. (Wolff.) Die Ere Nouvelle tritt den
geſtrigen Ausführungen nationaliſtiſcher Blätter, entgegen, die
die Ausbeutung des Ruhrgebiets und des Rheinlandes ohne
Rückſicht auf die Zuſtände in Deutſchland verlangen. Es beſtehe
die Unmöglichkeit, meint das Blatt, deutſche Gebiete zu einer
Art Kolonien zu machen, die in aller Ruhe für Frankreich ar=
beiten
, ohne von den Stößen berührt zu werden, die Deutſchland,
mit dem ſie durch alle Bande verknüpft ſeien, treffen.
Vmmmmmn
Die Iſolde Alice Orffs iſt in Auftreten und Spiel eine
großzügige, wundervolle Leiſtung. Die Vewältigung der unge=
mein
ſchrierigen geſanglichen Partie, für die ihr Stimmvermö=
gen
und Stimmklang, auch ihr künſtleriſches Temperament trotz
großer Reife die letzte Vollendung noch nicht erreichen kann,
ſcheint mir gleichwohl gegen das Vorjahr gewonnen zu haben.
Frau Orff hat große Spielbegabung, Bühnenblut und jene wohl=
tuende
Sicherheit in Erfaſſung und Durchführung der Rolle,
Tiefe ſeeliſche und geiſtige Durchdringung kam oft zu ergreifen=
dem
Ausdruck. Was fehlt, iſt Größe und Wucht perſönlicher
Leidenſchaft und vor allen geſangliche Durchbildung, die jedoch
auf gutem Wege zur Verbollkommnung zu ſein ſcheint. Ja,
man kann ſagen, daß von heute an ſich Hofſnungen zu erfüllen
beginnen. Manche Stellen der muſikaliſchen Behandlung waren
von köſtlicher Feinheit.
Die Brangäne Anna Jacobs iſt eine bekannte vorzügliche
Darbietung, ebenſo wie die des Kurwenals durch Herrn
Biſchoff. Dieſe ſtimmlich gewaltigen, ſeeliſch durchglühten
Künſtler=Offenbarungen ſind uneingeſchränkten Lobes wert.
Den König Marke, den Herr Hölzlin prachtvoll ſang und
vornehm darſtellte, wünſchte ich mir etwas älter in Maske und
Spiel. Die undankbare Rolle Melots, ſowie die des Hirten
und des jungen Seemanns führten die Herren Hoefflin,
Sauer und Weller dankenswert durch. Die Chöre klangen
markig und gut.
Des Meiſterwerkes überlegener muſikaliſcher Leiter war
Michael Balling, der mit ſeiner herrlich ſpielenden Künſtler=
ſchar
die wunderbare Partitur in allen ihren Schönheiten er=
klingen
ließ. Eine Triſtan=Aufführung gut vorbereitet, ge=
leitet
und durihgeführt wie die heutige verlangt von allen
Beteiligten ſo große, ernſte Hingabe, daß Dank das beherrſchende
V, HI.
Gefühl jedes genießenden Zuhörers ſein muß.
* Vom Kochherd zum Laboratorium. Der Weg vom Koch=
herd
zum Laboratorium bezeichnet die Entwicklung, die die Frau
in ihrer geiſtigen Laufbahn in den letzten Jahrzehnten zurück=
gelegt
hat. Hatte ſie ſich früher ſchon als die Herrin des Herdes
mit den wohlſchmeckenden und heilkräftigen Stoffen der Natur
beſchäftigt, ſo iſt ſie nun zu ihrer wiſſenſchaftlichen Unterſuchung
übergegangen. Ein engliſcher Gelehrter John Dean betont in
einem Aufſatz, daß ſich die Frau beſonders für die Arbeit im
Laboratorium eigne und auf dieſem Gebiet bereits Großes ge=
leiſtet
habe. Die männlichen Naturwiſſenſchaftler ſeien aufs
höchſte überraſcht von der Tüchtigkeit der weiblichen Aſſiſtenten

Die Intranſigenz Poincarés.
Genf, 11. Nov. (Wolff.) Im Journal de Genéve me
der Geſchichtsprofeſſor an der Univerſität Lauſanne Ed. Rof
eine Bedenken gegen die Intranſiganz Poincarés geltend.
ſei unbeſtreitbar, daß die Beſatzungsbehörden und ihre Trup=
mit
wohlwollendem Auge den Machenſchaften der Separatii
zuſähen und ihnen wertvolle Dienſte leiſteten. Trotzdem f.
die Sache der Separatiſten ſchlecht; denn der Augenblick ſei
paßt Auf dieſe Weiſe iſoliere ſich Frankreich. Da aber
Zahlung der Reparationen ſich unter allen Umſtänden auf
lange Reihe von Jahren erſtrecken werde, könne man ſich
Frankreich vorſtellen mit ſeiner ſtationären Bevölkerung von
niger als 40 Millionen, wie es durch 20, 30 oder 40 Jahre ein
Druck auf 70 oder 80 Millionen Deutſche ausübe? Selbſt
der günſtigſten Geſtaltung der Dinge müßte ſich Frankreich ei
militäriſchen Anſtrengung unterziehen, die es dem Ruin ent
genführen würde. In der Kriegsgeſchichte ſei es oft vorgeke
men daß ein General, der ſeinen Feldzugsplan vortrefflich an
legt hatte, den günſtigen Moment, eine Schlacht zu liefern,
paßt hat, und ſich ſo eine Niederlage zuzog, mit Verluſt a
Früchte ſeiner mühſamen Kombinationen.
Zuſammentritt der franzöſiſchen Kammer.
Paris, 11. Nov. (Wolff.) Der franzöſiſchen Kammer,
bekanntlich am 13. November die Arbeiten wieder aufnim
gingen folgende Interpellationen zu: Der Abgeordnete Pature
interpelliert die Regierung, was ſie zu tun gedenke, um die Z
der Soldaten zu beſchränken, die Deutſchland berechtigt ſei, un
den Fahnen zu halten, was ſie weiter unternehmen werde, dar
die interalliierten militäriſchen Kontrollkommiſſionen ohne
läſtigung ihre Aufgaben durchführen können. Der kommuniſti
Abgeordnete Marcell Cachin interpelliert über die Ergebniſſe
Ruhrpolitik und Maurice Parres über die Politik der Regiert
im Rheinland und endlich der reaktionäre Magne über die inn
Politik der Regierung.
Der Worowfki=Prozeß.
Lauſanne, 11. Nov. (Wolff.) In der heutigen Vorn
tagsverhandlung des Conradi=Prozeſſes kam es vor dem Schw=
gericht
zu einer ergebnisloſen, aber ſehr dramatiſchen Gegenüb
ſtellung der beiden Wrangel=Generale Dombowſki und Do
watow, die neulich die Methoden der weißen Armee ſchwer
laſtet hatten, mit einem anderen Wrangel=General Clayter
dem Leutnant Stubitzki, die zu Gunſten der weißen Armee a
geſagt hatten. Hierauf wurde wieder eine große Anzahl
früher in Rußland lebenden Schweizern vernommen, die in I
haften Farben Ausſchreitungen der Bolſchewiſten während
Revolution ſchilderten und gegen die an den Schweizern beg
genen Expropriationen und Mißhandlungen proteſtierten, t
bei ſie Einzelheiten über die Plünderungen der Schweizer
ſandtſchaft in Petersburg und die irttümliche Erſchießung ein
Mitgliedes der Geſandtſchaft gaben.
In der Nachmittagsſitzung wurden einige vor dem Un=
ſuchungsrichter
abgegebenen Ausſagen und die Briefe mehre
am Erſcheinen verhinderter Zeugen verleſen, darunter
Schreiben des franzöſiſchen Schriftſtellers Barbuſſe, der das
Worowſki begangene Verbrechen bra:, markte, des italieniſo
Miniſters di Ceſaro, der ſich günſtig über die Perſönlichkeit
Ermordeten ausſprach, und zweier ruſſiſcher antibolſchewiſtiſe
Gelehrten Sorokin und Pasmanik, die ſich beide nachdrückli
eingehend eines ausführlichen Materials gegen die bolſchei
ſtiſche Herrſchaft bedienten.
Die Zeugenvernehmung iſt damit abgeſchloſſen. Am Mon
Fortſetzung der Verhandlungen.
Die Beſchiagnahme des Dampfers Merkut
Moskau, 11. Nov. (Oſt=Expreß.) In Sachen der in
changelſk erfolgten Beſchlagnahme des deutſchen Dampfers M
kur hat der oberſte Gerichtshof die Reviſionsbeſchwerde der de
ſchen Reederei Schmidt=Flensburg verworfen und das erſte
teil beſtätigt. Das Schiff war von ſeinen ruſſiſchen Beſitzern
einer Zeit verkauft worden, als von der Sowjetregierung
Nationaliſierung der Schiffe bereits angeordnet war. Somit
die Beſchlagnahme beſtehen bleiben, obwohl der Dampfer n
dem erſten Vertauf ſeine Beſitzer mehrmals gewechſelt hatte.
Hilfsaktion ruſſiſcher Wiſſenſchaftler.
Moskau, 11. Nov. (Wolff.) Die Hilfsaktion der ruſſiſch
Wiſſenſchaftler zugunſten ihrer deutſchen Kollegen verläuft erſo
reich. In verſchiedenen Erholungsheimen wurden 70 Plätze
deutſche Gelehrte zur Verfügung geſtellt.
Verordnung gegen den Buchdruckerſtreik.
* Berlin, 12. Nov. (Priv.=Tel.) General v. Seeckt
läßt für den Wehrkreis 3 eine Verordnung, wonach die Arbe=
niederlegung
in den Betrieben zur Erzeugung von Bankn.
und Wertzeichen, ſowie ſolchen Materialien, die zu ihrer 5
ſtellung erforderlich ſind, verboten wird. Zuwiderhandlun=
ſowie
die Behinderung Arbeitswilliger werden mit Stra
bedroht.
und Mitarbeiter. Schon ſind ihre Namen in wiſſenſchaftlick
Berichten und Zeitſchriften häuſig genannt, ſchreibt er, in
letzten Jahreslericht des mediziniſchen Forſchungsrates fand
auf faſt jeder Seite der Name einer Frau. Eine Frau war
die vor kurzer Zeit in Wien entdeckte, daß die Rachitis dr
Mangel an Sounenlicht hervorgerufen wird. Zunächſt zweiſ
ten die hervorragendſten Aerzte an ihrer Behauptung, aber m.
hat nun allgemein anerkannt, daß ſie recht hat. Merkwürdig
weiſe ſcheint dieſe neue Laufbahn die Frauen weit mehr al
ziehen als die Krankenpflege, die ſchon ſo lange in ihren Händ
liegt, ja ſelbſt als der ärztliche Beruf. Während die Anwäl
rinnen für Stellungen in den wiſſenſchaftlichen Laboratorien
zahlreich ſind, daß man Warteliſten eingerichtet hat, herrſch.
Krankenhäuſern Mangel an weiblichen Aſſiſtenten. Das hal
zum Teil damit zuſammen, daß die Frau im Laboratoril
keſſer bezahlt wird und mehr Freiheit genießt, aber zweiſel
fühlen ſie ſich auch durch din Reiz der wiſſenſchaftlichen 7
ſchung angezogen, durch das Suchen nach Neuem und Unbekal
tem. Freilich wenn die Ehe winkt, werden dieſe Jüngerin!
der Wiſſenſchaft ihr auch untreu, und dieſe Verluſte d.
Heirat werden von den Profeſſoren ſehr ſchmerzlich empfunde
* Orientaliſche Zeitungsreklame. Der Orient iſt das Le
der blumenreichen Sprache und der überſchwenglichen Wend!
gen. Dieſer poetiſche Stil wirkt nun beſonders komiſch, we.
er auf moderne Verhältniſſe angewendet wird. So gibt
türkiſches Blatt in Konſtantinopel einen Teil ſeiner Nachric.
in engliſcher Sprache und preiſt dieſe Maßnahme an der SI
des Blattes folgendermaßen an: Wir erzählen in Engliſch
allerneueſten Neuigkeiten; verfaßt in vollkommenſtem Stil,
das, was eben erſt paſſiert iſt, blüht bereits in den Blum
beeten unſerer Spalten. Wird ein Mord begangen, ſo ho
wir es ſofort und enthüllen die Geheimniſſe, die zu dieſer III
führten. Stirbt ein mächtiger Häuptling, ſo melden wir
und ſtimmen auf ihn einen Trauergeſang an. Unſerer Red
tion gehören hervorragende Männer an, die mindeſtens ebel
gut ſchreiben wie Kipling und Dickens. In jeder Stadt hat
wir unſere Aufpaſſer, die alles ſehen und hören, was vorge
und unſere Anzeigen ſind ſehr billig.
L. Eine engliſche Herzogin als Arbeiterkandidatin. Die
witwete Herzogin von Warrwick bewirbt ſich als Kandide
der Arbeiterpartei um den freigewordenen Parlamentsſik
Leamington. Die Herzogin hat vor einigen Monaten einen
Landſitze in der Nähe von London den Arbeiterabgeordn
geſt
als Erholungs= und Ferienaufent!

[ ][  ][ ]

aten beurteilen wollte. Die Ausnutzung der Eiweißſtoffe beziffer

(
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Lung

Stadt und Land.
Darmſtadt, 12. November.
Kartoffeln oder Fleiſch.
Es ſoird in dieſem Winter manchem Haushalt ſo ergehen, daß er
ugsweiſe mit Kartoffelnahrung den täglichen Bedarf wird beſtreiten
en. Für die uns allen drohende Einſchränkung, die von Tag zu Tag
Harer wird, finden wir einen guten Troſt darin, daß wir auch bei
vorzugsweiſen Kartoffelnahrung dem Körper doch diejenigen Stoffe
führen in der Lage ſind, deren er bedarf. Der ſoeben verſtorbene
hmte Hygieniker Proſeſſor Karl Flügge. Geheimer Medizinal=
und Direktor des Hygieniſchen Inſtituts an der Berliner Univerſi=
ſagt
in ſeinem Grundriß der Hygiene (9. Auflage 1921, Walter de
yter u. Co.) über die Kartoffel folgende bemerkenswerte Sätze:
Auf Grund ihres geringen Eiweißgehalts, ſind die Kartoffeln diel=
angegriffen
und als Nährmittel in Mißkredit gebracht, jedoch mit
echt. Man betonte eben früher zu ſehr den Wert der Eiweißſtoffe
die Ernährung, während Fett und Kohlenhydrate gerade ſo gut not=
dige
Nährſtoffe ſind. Zur Lieferung von Kalorien ſind die Kartof=
vorzüglich
geeignet; der Körper ſetzt ſich bei Kartoffelnahrung mit
geringerer Eiweißzufuhr ins Gleichgewicht als zum Beiſpiel bei
tnahrung. Wollte man den Wert der Kartoffeln allein nach der
eißlieferung beurteilen, ſo wäre das nicht anders, als wenn man
Werte des Fleiſches nach den in demſelben vorhandenen Kohle=

auf 70, die der Kohlehydrate auf 90 Prozent. Die Kartoffeln ſind
Recht ein ſo beliebtes Nahrungsmittel, weil ſie ſehr gute, ſelbſt bei
iger Wiederholung keinen Widerwillen erregende Geſchmacksreize
n, vielf iche Verwendungsarten geſtatten und außerdem die Kohle=
ate
für verhältnismäßig billigen Preis liefern. Es iſt daher durch
rationell, wenn man den Nahrungsbedarf neben dem nötigen Ei
(namentlich neben einem geſiſſen Quantum animaliſcher Nahrung)
ntlich mit Kartoffeln deckt. Nur bei einem Fehlen ſonſtiger Eiweiß=
hr
und ausſchließlicher Kartoffelnahrung können Ernährungsſtörun=
auftreken
.
Beim Aufbewahren der Kartoffeln ſind verſchiedene Vor=
3maßregeln anzuwenden. Die rohe Kartoffel verliert beim Lagern
10 Prozent an Gewicht, teils durch Waſſerverdunſtung, teils durch
atmung von Kohlehydraten; am geringſten iſt dieſer Schwund in
kelen kühlen Räumen (Mieten). Unter null Grad ſiſtiert die Atmung,
Zuckergehalt wird geſteigert und es tritt leichter Fäulnis ein. Bei
zerer Wärme wird die Keimung befördert, und in den gekeimten
tofeln findet ſich das giftige Solanin: und zwar entſteht dies nach
ren Unterfuchungen durch beſtimmte Bakterien, die in den grauen
ſchwärzlichen Stellen gekeimter und verdorbener Kartofeln ſich reich=
vorfinden
,
Dieſe Verluſte an den geernteten Kartoffeln werden vermieden
h das Trocknen in den Kartoffeltrocknereien. Hier erfolgt zunächſt
Kochen in überhitztem Dampf, dann ein Preſſen zwiſchen eiſernen
zen zu papierdünner Schicht. Durch Abſtreifen wird die verkleiſterte
ſe in Flockenform entfernt, dann vermahlen und nach Möglichkei
den Schalen bereeit (Kartoffelwalzmehl).

Heſſiſches Landestheater. Mietnachzahlungen der
ndermieten. Heute Montag, den 12. November, iſt der letzte
für die Nachzahlung der Sondermieten. Es werden erhoben die
cäge der Sondermieten 14, 15 und 16, an der Tageskaſſe des Gro=
Hauſes für 1. Sperrſitz, an der Tageskaſſe des Kleinen Hauſes für

kang, Parterre und 1. Galerie.
Religionswiſſenſchaftliche Vorträge des Evangeliſchen Bundes.

istag abend ½6 Uhr wird im Gemeindebauſe Kiesſtraße 17 Profeſ=
D. Matthes den zweiten ſeiner apologetiſchen Vorträge halten
das religiöfe Erlebnis des Idealismus und das Chriſtuserlebnis
evangeliſchen Chriſten.
Orpheum. Der erfolgreiche Operettenſchwank Die Herren von
zu ... wird heute Montag und morgen Dienstag letztmalig ge
n. Für Mittwoch ſteht eine weitere Erſtaufführung bevor. (Siehe
eige.)
I. Paßweſen. Der ſchweizeriſche Bundesrat hat eine Totalreviſion
ſog. Konſularreglements vorgenommen, deren wichtigſte Neue=
darin
beſteht, daß die Päſſe, die bisher bloß für 1 Jahr Gültig
hatten, nun bis auf 5 Jahre erſtreckt werden können. (In Deutſch=
werden
ſie mit Gültigkeitsdauer von 2 Jahren neuerdings ausge=
). Die Erleichterung kommt beſonders der Grenzbevölkerung zuſtatten.
L. Zur Nachahmung empfohlen. In Illertiſſen (bayer. Reg.=
Schwaben) hat der Bürgermeiſter auf ſein ganzes Jahresgehalt
verzichtet und es der Sammlung, für die Armen zur Verfügung
Ut.
ZDV. Lichtbilözwang für alle Reichsbahn=Zeitkarten. In den letz=
Monaten ſtetig ſteigender Teuerung hat die Benutzung der Wochen=
Monatskarten auf der Reichsbahn, die gegenüber den Einzelfehr=
en
bedeutend billiger ſind, immer mehr zugenommen. Im Groß=
liner
Stadt=, Ning= und Vorortverkehr ſind ſchätzungsweiſe 80 Pro=
aller
Fahrgäſte Zeitkarten=Fahrer. Die Spannung der Preiſe hat
irgemäß die Betrugsverſuche zunehmen laſſen, und auf einzelnen
iner Strecken hatte ſich die Eiſenbahnverwaltung genötigt geſehen,
Lichtbildzwang einzuführen, wie er für die Zeitkarten der Straßen=
n
beſteht: die Monatskarten wurden durch eine Oeſe mit dem Licht=
des
Inhabers verbunden. Jetzt ſoll vorausſichtlich am 1. Jan.
der Lichtbildzwang auf ſämtliche Monats=, Schüler= und Wochen=
en
des Nah= und Fernverkehrs ausgedehnt werden. Man will jedoch
das etwas umſtändliche Verfahren des Oeſens verzichten und ein
es Verfahren einführen; es beſteht darin, daß Zeitkarte und Licht=
auf
einem Metallrahmen befeſtigt werden, und zwar vom Reiſen=
ſelbſt
durch einen mechaniſchen Verſchluß. Die Metallrahmen wer=
von
den Fahrkartenausgaben verkauft. Die neuen Zeitkarten wer
in Zukunft nur einſeitig bedruckt werden, damit die Rückſeite für
Anbringung des Lichtbildes frei bleibt.

Sorgen des Mlſtags.
Einſendungen aus dem Leſerkreis.*)
Broiverſorgung.
Eine wahrlich himmelſchreiende Sache: Das Reich gibt den Ländern
Möglichkeit, im Bedarfsfalle die Brotverſorgung wie bisher weiter=
ühren
, das heſſiſche Geſamtminiſterium beſchließt demgemäß die
rkenbrotverſorgung (die übrigens in Rheinheſſen gar nicht unter=
chen
worden iſt), und die Folge? Stillſchweigen der Stadtverwaltung,
tägliches, ſprunghaftes Steigen des Brotpreiſes 1 Gramm
warzbrot koſtet heute 80 Millionen Mark! und berechtigte maß=
Erbitterung der Bevölkerung. Da ſind uns auch lahme Zeitungs
ikel, in denen zu leſen iſt, daz in der Marke nicht das Heil liege‟
r daß das Unerträgliche nur (!) der exorbitante Preis ſei, kein
reichender Troſt, ſondern beſtärken nur die Ueberzeugung, wie ſie
jemein herrſcht, daß augenblicklich dem jetzigen Trei=
nſooder
ſo Einhalt geboten werden muß. Wenn der
rkauf von Brok dem wichtigſten Nahrungsmittel neben der Kar=
fel
weiteſten Kreiſen ungeſtraft unmöglich gemacht werden kann,
in möge die Stadtverwaltung ſich fragen, ob ſie dafür die Verant=
rtung
tragen will. Mit den bekannten Richtlinien iſt da nicht zu
fen, ſondern nur mit ſcharfem Zwang, wie vor dem 15. Oktober. Zu=
ſig
und möglich iſt dies aber, wie oben geſagt.
Zur Steuerung der Not.
Der berehrlichen Stadtverwaltung möchte ich folgenden Vorſchlag
kerbreiten: Wärs nicht praktiſcher und vor allem viel billiger, wenn
n, um der bitteren Nor vieler unſerer Mitmenſchen zu ſteuern, einen
entlichen Aufruf an die geſamte noch einigermaßen wohlſituierte
irgerſchaft zur Bereitſtellung von Freitiſchen erließe? Jeder, der es
Berſt kann, ſollte ein= oder zweimal wöchentlich ein Kind oder einen
udenten, oder eine ältere Dame oder älteren Herrn, die ſich nicht
hr felbſt verſorgen könnten, an ſeinen Tiſch nehmen.) Wo für 2
ute gekocht wird, kann ſchließlich auch noch ein Dritter oder Fünfter
teſſen. Die Gebenden müßten ſich auf dem Wohlfahrtsamt melden,
n wo ihnen dann je nach Stand und Wunſch, jemand zugeteilt wer=
n
könnte. Wer aus irgendwelchen Gründen niemand an ſeinem Tiſch

*) Für die Veröffentlichungen unter dieſer Ueberſchrift übernimmt die Redakiion
nerlei Verautwortung; für ſie bleibt auf Grund des § 21 Abſ. 2 des Preſſe=
geſetzes
in vollem Umfange der Einſender verantwortlich.
Zendungen, die nicht verwenlet werden, können nicht zurückgeſandt, die Ablehnung
nicht begründet werdeit.

Das Rüſſelsheimer Heimatmuſeum.
Von W. Sturmfels, Rüſſelsheim a. M.
* Das Heimatmuſeum iſt ein Werk des ſeit dem 22. Juni 1905 be=
ſtehenden
Heimatvereins Rüſſelsheim, deſſen Gründung durch den im
Weltkrieg gefallenen Lehrer Georg Wehr und den Schreiber dieſes Ar=
tikels
erfolgte. In ſeinen Satzungen bezeichnet der Verein als ſeine
Aufgabe die Heimatpflege in ihrem geſamten Umfang. Er will für die
Gemeinde eine Zuſammenfaſſung aller Beſtrebungen ſein, die einerſeit,
dem Wachhalten des Heimatgefühls, der vertieften Kenntnis der Heimat
auf allen Gebieten und der daraus erwachſenden Liebe zur Heimat die=
nen
, die andererſeits eine geiſtige Entfaltung des Einzelmenſchen auf
heimatlichem Boden erſtreben. Das Eigentümliche und Neue des Ver=
eins
aber liegt darin, daß er mit dem Ringen um dieſe ideellen Güter
aufs innigſte die ſelbſtloſe Arbeit um die materielle Hebung des Hei=
matortes
verbindet, um Verbeſſerung der wirtſchaftlichen Lage des Ein=
gelnen
wie der Geſamtheit, der Verkehrsverhältniſſe, der geſundheit=
lichen
Einrichtungen und anderer Dinge. Als Drittes kommt die Sorge
um die Heimat ſelbſt, um die Erhaltung ihrer Eigenart, um den Schutz
und die Pflege ihrer Natur, ihrer Kunſt und Geſchichtsdenkmäler.
Zur weſentlichen Unterſtützung und Förderung all dieſer Ziele und
Beſtrebungen haben wir das Heimatmuſeum aufgeſtellt, das in der Art
ſeiner Einrichtung ganz eigenartig ſein ſoll. Es ſtellt keine tote Samm=
lung
von Sehenswürdigkeiten vor, ſondern iſt als lebendige Illuſtration
der heimatlichen Erd=, Natur= und Menſchheitsgeſchichte angelegt. Den
Grundſtock zum Muſeum bildete eine ſchon vorhandene Sammlung des
OTLCCELmoa0
MeMmtaſtädier Hagemeincäft
Winternot / Kinderhilfe
9
ruft die Bevölkerung Darmſtadts zu einem gemeinſamen
Diiſowrr!
auf.
Die Not, jedem ſichtbar, heiſcht ſchnellſie u. größte Opfer! e
Gaben, wenn möglich wertbeſtändig, er=
beien
an die Geſchäfisſtelle Stadthaus
(Zimmer 26), auf Poſtſcheckkonto Frank=
furt
a. M. 68 505, an die hieſigen Banken
und an die Geſchäftsſielle ds. Blattes.
DEoLOCeEICCCIo
Vorſitzenden des Vereins, die im Laufe der Jahre ganz bedeutend er=
weitert
wurde. Alles, was auf obige Abſichten Bezug hat, birgt es in
folgenden 8 Abteilungen: 1. Sammlung von Naturgegenſtänden, 2. Fund=
ſammlungen
3. Karten= und Planſammlungen, 4. Bilderſammlungen,
5. Sammlung der Induſtrie=Erzeugniſſe, 6. Sammlung von Kunſt= und
kunſtgewerblichen Gegenſtänden, 7. Archiv, 8. Bibliothck
Von Naturobjekten z. B. ſind vorhanden: ausgeſtopfte Säugetiere
und Vögel, Schlangen, Schmetterlinge der Heimat, Proben von Tiefboh=
rungen
, Mineralien. In der Fundſammlung ſind ausgegrabene Gegen=
ſtände
aus vorgeſchichtlicher und geſchichtlicher Zeit in Hülle und Fülle
zuſammengetragen. In der folgenden Abteilung liegt eine Unmenge
von alten Karten aus aller Zeiten aus. Eine Menge Originalkarten
zur hiſtoriſchen Entwickelungsgefchichte der Heimat und ein Heimatatlas,
alle vom Vorſitzenden ſelbſt gezeichnet. Daneben Zeichnungen aller Art,
archäologiſche und geologiſche Karten, Pläne von alten fränkiſchen
Bauernhäuſern, Stadtpläne, Feſtungsgrundriſſe, Gemarkungskarten und
Waldkarten. Die umfangreiche Bilderſammlung bewahrt alle möglichen
Anſichten aus unſerem Heimatgebiet in Kupferſtich, Stahlſtich, Photo=
graphie
, Lithographie, Federzeichnungen und Aquarelle. Bilder von
bedeutenden Perſönlichkeiten, von alten Trachten, Wappen, Bauten.
Großes Intereſſe erweckt die Sammlung heimatlicher Erzeugniſſe, die die
Produkte in den verſchiedenſten Fabrikationsſtadien zeigt. An Kunſt=
und kunſtgewerblichen Gegenſtänden birgt unſere Sammlung alte Schlöſ=
ſer
, Leuchter, Kreuze, Türklopfer, Zinnteller, Fahenzegegenſtände aus
Flörsheimer, Kelſterbacher und Höchſter Fabriken, alte Uhren, Spinn=
räder
, Hechel, Hanfbreche, ſeidene Tücher, alte Bauernhandtücher, Haus=
und Küchengerate, alte Grenzſteine, Münzen, Notgeld, die verſchieden=
artigſten
Waffen. Was an Programmen, Zeitungen, Urkunden, Weis
tümern, Kauf= und Zunft= und Freiheitsbriefen, Flurnamennotizen (mit
Erklärung) geſammelt iſt, liegt im Archiv, worin ſich auch das Heldenbuch
befindet. Unſere umfangreiche und wertvolle Bibliothek beſteht aus über
3000 Bänden und umfaßt faſt alle Literatur, die über das Heimatsgebiet
erſchienen iſt, insbeſondere die Werke heimiſcher Schriftſteller und Dia=
lektdichter
.
Das Muſeum mit ſeinen verſchiedenartigen Sammlungen führt in
anregender Weiſe in den Werdegang der Heimat ein. Die mannigfachen
Umformungsprozeſſe der Heimat in den verſchiedenſten Zeiträumen, der
Wechſel der Beſiedlung des Gebiets zu allen Zeiten, die reiche geſchicht=
liche
Entwickelung der Heimat werden mit Leichtiakeit allen Erkennt=
nisſuchenden
offenbar. Darüber hinaus wirbt das Werk um Achtung de
Schönheiten der heimatlichen Natur durch Wort und Bild. Mit ſeinem
Archiv= und Büchermaterial unterrichtet es über den Wandel der Sit=
ten
und Gebräuche von der Vergangenheit zur Gegenwart. So ſtellt
unſer Muſeum den Mittelpunkt dar, von dem für jedermann Anregung
und geiſtiger Gewinn in Hülle und Fülle ausſtrömt. Auch für die Schule

bildet es eine unerſchöpfliche Fundgrube für einen intereſſanten und in
ſeinen Ergebniſſen nachhaltigen Unterricht. Dabei machen wir immer
wieder die Erfahrung, daß das Muſeum ein Anziehungspunkt wird für
die nähere und weitere Umgebung, ſomit einen Fremdenverkehr hervor=
ruft
, der unſerer Heimatgemeinde materiellen Nutzen zu bringen vermag.
Leider iſt der von der Gemeinde zur Verfügung geſtellte große Raum,
in dem das Muſeum bis dahin untergebracht iſt, für ſeine Zwecke viel
zu beſchränkt; wir brauchen zur günſtigen Aufſtellung der Sammlungen
mehr als vier gleichgroße Säle. Die Ungunſt der Verhältniſſe bringt
vorlaufig kaum eine Aenderung. Dadurch iſt die richtige Ausnützung
des Muſeums durch Erwachſene und Schule leider ſehr gehindert. Wir
hoffen jedoch auf die Zukunft.
O Aus bem Kreiſe Heppenheim, 10. Nob. Teuerung übe
2euerung. In dieſer Woche haben wieder bedeutende Erhöhungen
der Preiſe für Lebensmittel ſtattgefunden. Der Milchpreis erhöhte ſich
von 5 auf 15 Milliarden (Stallpreis), bei den Händlern koſtet das Liter
bereits 20 Milliarden; wie verlautet, wird ſie nächſter Tage abermals
aufſchlagen. Der Zentner Kartoffeln, der noch vor 14 Tagen zu 5 und
Milliarden zu haben war, koſtet heute 300 Milliarden und mehr. Der
Preis des Weißkrauts erhöhte ſich in kurzer Zeit von 55 auf 400 Mil=
liarden
pro Zentner. Der Laib Brot koſtet ſeit einigen Tagen die fabel=
hafte
Summe von 250 Milliarden. Daß viele kleine Leute ſich dieſe
Ausgabe nicht mehr leiſten können, iſt klar. Vom 12. ds. Mts. ab ſoll
es nach einer Bekanntmachung des Kreisamts wieder Markenbrot zum
Preiſe von 40 Milliarden geben. Der Preis des Rindfleiſches iſt auf
180 Milliarden pro Pfund in die Höhe geſchnellt. Auch auf deſſen Genuß
müſſen nun viele Leute des Mittelſtandes verzichten.
O Neckarſteinach, 10. Nov. Bahnbau. Es ſind 9 Jahre ver=
floſſen
, ſeitdem der Bahnbau NeckarſteinachSchönau beſchloſſen und
auch ausgeführt wurde. Die Bewohner des Steinachtales haben nun
den ſehnlichſten Wunſch, daß der Weiterbau der Bahn nun in Angriff
genommen werde. Die betreffenden Gemeinden haben deswegen bereits
eine dahingehende Eingabe an das Reichsverkehrsminiſterium, ſowie
an die Reichseiſenbahndirektion Karlsruhe gerichtet. In Anbetracht der
vielen Arbeitsloſen auch in unſerem Steinachtale wäre es ſehr erwünſcht,
wenn der Bahnbau bald beſchloſſen würde.
Reich und Ausland.
Zur Auswanderung nach Braſilien.
D.A.I. Der Staatspräſident von Sao Paulo hat kürzlich vor dem
Kongreß eine vielbeachtete Rede über die Einwanderungsftage gehalten,
die ſehr verführeriſch klang. Sie iſt verſchiedentlich dahin verſtanden
worden, als ob für deutſche Auswanderer, die nach der eigenen
Scholle ſtreben, demnächſt Freifahrtsmöglichkeiten nach Braſilien ſich
wieder auftun würden. Demgegenüber iſt das Urteil der Deutſchen
Zeitung von Sao Paulo vom 30. Auguft intereſſant, demzufolge Staats=
präſident
Dr. Waſhington Luis ein entſchiedener Gegner der Koloni=
ſation
ſein ſoll. Er kenne vielmehr nur eine Seite des großen Problems
der Einwanderung oder wolle wenigftens nur eine Seite gelten laſſen,
nämlich die Beſchaffung von Arbeitskräften für die Großlandwirtſchaft,
d. h. die Kaffeepflanzungsbeſitzer, über die der Weg des einwandernden
Bauern zur Betätigung auf eigener Scholle gehen ſoll. Er glaube, daß
man das Geld für die Koloniſation ſparen könne, wenn man dieſer
automatiſchen Entwickelung der Koloniſation Raum gebe. Danach
ſollen dem Staat Sao Paulo fortgeſetzt größere Einwanderermaſſen zu=
ſtrömen
, die befähigt und gewillt ſind, einige Jahre auf Kaffeepflanzun=
gen
zu arbeiten und jeden Gedanken an ſofortige Seßhaftmachung und
Selbſt indigkeit auf eigener Scholle aufgeben oder zum mindeſten um
Jahre verſchieben. Das Auswanderungsland, welches für den Staat
Sao Paulo für eine derartige Löſung des Einwanderungs= und Ar=
beiterproblems
hauptſächlich in Frage kommt, iſt Italien, wird aber
kaum jemals in nennenswertem Umfang Deutſchland ſein, deſſen Aus=
wanderer
mit den weit anſpruchsloſeren Italienern niemals konkurrieren
können und denen die Arbeit auf Kaffeepflanzungen wenig liegt. Ueb=
rigens
hat ſelbſt Italien als Auswanderungsland neuerdings Braſilien
gegenüber Bedingungen geſtellt, die man braſilianiſcherſeits abzulehnen
genötigt war.
Eine gute Verordnung in Jugoflawien.
D.A4.I. Der Innenminiſter hat an ſämtliche Obergeſpane eine Ver=
ordnung
erlaſſen, die ſich gegen das herausfordernde Benehmen der Mit=
glieder
nationaler Organiſationen den Angehörigen der Minderheit ge=
genüber
wendet. Das werde damit begründet, daß die Angehörigen der
nationalen Minderheiten nicht lohal und verläßlich wären. Die Geſetze
ſicherten aber den Minderheiten volle Gleichberechtigung und Freiheit.
Demzufolge könnten ſolche Angriffe nur als rohe Gewalt betrachtet wer=
den
, die in keinem Rechtsſtaat geduldet werden könnten, um ſo mehr, als
ein ſolches Vorgehen nicht geeignet ſei, das nationale Selbſtbewußtſein
zu wecken. Gegen wirklich illoyale Staatsbürger hätten die Staats=
behörden
nach dem Geſetz vorzugehen, nicht aber unverantwortliche Ele=
mente
nationaliftiſcher Verbände. Solche Angriffe dürften daher unter
keinen Umſtänden geduldet werden, gegen die Täter ſei mit aller Strenge
der Geſetze vorzugehen. Jeder Terror ſei unterſagt. Ausflüchte, daß
in den gegebenen Fällen die Täter nicht ermittelt werden können, be=
trachte
ich als wiſſentliche Verletzung der Amtspflicht von Seiten der
Amtsorgane, die ich für die Dienſtleiſtung im Polizei= und Verwaltungs=
dienſt
als unfähig erklären und gegen die ich mit der ganzen Strenge
des Geſetzes vorgehen werde. In ähnlicher Weiſe, ſo heißt es weiter,
werde der Innenminiſter gegen alle Kreis=, Gebiets= Komitats= und
Bezirksvorſtände vorgehen, wenn ſie auf ihrem Gebiet Umtriebe zulaſſen,
die gegen den Staat und die Staatseinheit gerichtet ſeien.
Das iſt eine Verordnung, die vorbildlich ſein kann, wenn ſie durch=
geführt
wird. Eine ähnliche Sprache möchte man auch den Innenmini=
ſtern
anderer Staaten wünſchen, die Minderheiten zu regieren haben.

Zucker, Grieß uſw. erkenntlich zu erweiſen, vorausgeſetzt, daß ſie dazu
in der Lage wären. Meines Erachtens würde das der Stadt weſentlich
billiger kommen, wie die koſtſpielige Neueinrichtung von ſo und ſo viel
Suppenküchen, bei denen die Brühe oft meiſtens mehr koſtet wie die
Brocken, und die Bevölkerung würde ebenfalls vielleicht lieber auf dieſe
Weiſe helfen, wie durch Bereitſtellung von Geldmitteln, die doch eben
überall knapp ſind. Was auf dieſe Weiſe geſpart würde, könnte dann
der Volksküche und der ſehr ſegensreich wirkenden Küche in der Artillerie
kaſerne zugute kommen. Hoffentlich findet dieſer Vorſchlag einer prak=
tiſch
denkenden Hausfrau Beachtung und Erwägung und ſollte er zur
Tat werden, dann Schande über alle diejenigen, die ſich angeſichts der
furchtbaren Notlage von einem ſolchen Liebeswerk ausſchließen würden,
vorausgeſetzt, daß ſie nur einigermaßen in der Lage dazu waren, es zu
übernehmen.
Nachzahlungen.
Sowohl die Handelskammer wie auch die Braudverſicherungskammer
erheben gegenwärtig pro 1923 die dritte Steuernachzahlung, und
zwar in ſtets ſteigenden Beträgen. Die Handelskammer nunmehr ſogar
in einer Zahlungswährung, die es gar nicht gibt, ſogenannte Goldmark=
währung
auf Dollarbaſis‟. Die Zahlungsfriſten ſind ſehr kurz bemeſſen
und bei Nichteinhaltung derſelben ſind enorme Zuſchläge vorgeſehen,
anſonſt Mahnung, Pfändung; es fehlt nur noch die Todesſtrafe.
Ob den beiden Inſtituten auch genügend bekannt iſt, wie ſchwer es
dem kleinen Geſchäftsmann eben wird, dieſen endloſen allgemeinen
Steuerlaſten allen gerecht zu werden, und ob man auch daran denkt,
welcher Zeitaufwand für den kleinen Geſchäftsmann erwächſt, der niht
in der Lage iſt, Perſonal mit der Zahlung der endloſen Steuern zu
betrauen, die man auch noch, nebenbei bemerkt, faſt jede einzelne in
einem anderen Lokal erhebt. Man wird vielleicht den Einwand machen
wollen, der betreffende Steuerzahler, deſſen Zeit es nicht erlaubt, oft
ſtundenlang in der Schlange zu ſtehen, ſolle ſich des Ueberweiſungsver=
fahrens
bedienen.
Schön, abeu wer vergütet ihm Ankauf einer Zahlkarte, und wer die
ſonſt nicht mehr erſchwinglichen Porkokoſten, womit nun auch noch die
Poſt den kleinen Mann vernichtend trifft. Außerdem muß man auf der
Poſt ſeit einiger Zeit faſt ſo lange ſtehen wie im Steuerbureau, denn
der eine Schalter iſt nicht auf, und am anderen hängt ein Schildchen;
Auf kurze Zeit geſchloſſen
Ueberdies ſind die Anſätze der Sieuern und die ſich daraus ergeben=
den
Minimalſätze ſowohl bei der Brandverſicherungskammer als auch
bei der Handelskammer in den meiſten Fällen viel zu hoch gegriffen, und
ganz beſonders trift dies bei der Landesbrandkaſſe zu, bei der der Be=
wohner
eines kleinen Häuschens, in welchem er die Steuerlaſten nicht
auf ſeine Mieter abwälzen kann, ſolche ganz allein zu tragen hat. Bei
den kleinen Häuſern machen die Grundſteuern und alle weiteren Laſten
die Erhaltung der kleinen Beſitze geradezu weiterhin unmöglich.
Bei allem guten Willen, unausgeſetzt Steuern zu zahlen, muß doch
dem kleinen Geſchäftsmann, als Teil des gänzlich ruinierten Mittel=

O. Weinheim, 10. Nov. Betriebseinſtellung. Die Ma=
ſchinenfabrik
Badenia hat 200 Arbeiter entlaſſen, 1000 ſind Kurzarbei=
ter
und arbeiten alle 14 Tage einen Tag. Auch die Holzinduſtrie liegt
brach. Da ſich auch in der Lederinduſtrie eine Kriſe bemerkbar macht
und in Bälde mit Kurzarbeit zu rechnen iſt, wird die ſchon herrſchende
Arbeitsloſigkeit noch bedeutend vermehrt werden. Todesfall. Der
Gründer der hieſigen Erziehungsanſtalt Benderſchule, die ſich ſeinerzeit
eines Weltrufes erfreute, Herr Dr. Heinrich Bender, iſt im 82. Le=
bensjahre
dieſer Tage geſtorben. Seine früheren vielen Schüler brach=
ten
ihrem hochbetagten Lehrer bis heute jederzeit die wärmſten Sym=
pathien
entgegen. Auf ſeinen Wunſch wurde er in aller Stille beigeſetzt.
Gm
ſtandes, wenigſtens ſo viel von ſeinem Einkommen belaſſen werden, daß
er ſich in der jetzigen ſchweren Zeit noch das ohnehin knappe tägliche
Brot kaufen kann.
Die betreffenden Inſtitute wollen das Vorgeſagte beherzigen und
durch Reorganiſation ihrer Betriebe gleich dem kleinen
Geſchäftsmann die dringend erforderlichen Einſchränkungen herbeiführen.
Ortskrankenkaſſe.
Schlecht muß es ihm ja gehen, dieſem Inſtitur; das merkt man
ſichon an den ungeheuer geſteigerten Beiträgen. Aber das dürfte man
denn doch wohl verlangen, daß das Publikum aus den Bekanntmachun=
gen
der Ortskrankenkaſſe klug werden kann! In Frage ſtehen jetzt die
Bekanntmachungen vom 31. Oktober, 5. und 8. November Ifd. Js. Man
könnte einen Preis ausſetzen für den, der jetzt weiß, was er für ſeine
Hausangeſtellte nur nicht Dienſtbote ſagen! allwöchentlich zu
zahlen hat. Welche Bewandtnis hat es mit dem Grundlohn im
Verhältnis zum Tagesverdienſt in der Tabelle vom 31. Oktober?
Und ſollte es wirklich wahr ſein, daß derjenige, der z. B. für Auguiſt
einen Beitrag von ½ Million zu leiſten hatte, für September rund
7,5 Milliarden und für Oktober horribile dietu gar rund 4,5 Bil=
lionen
Mark zu entrichten hätte? Man faßt ſich an den Kopf und fragt
ſich, wie viel ein Dienſtherr verdienen muß, um das leiſten zu können. .
Und nun ſoll man dieſe Summen überdies in Wochenzahlungen
noch ſelbſt hinbringen und vermutlich 1 bis 2 Stunden vor dem Kaſſen=
ſchalter
im Gedränge anſtehen, wie das bei den verbildlichen Ein=
richtungen
zur Ausgabe von Gutſcheinen für Strom, Gas und Waſſer
von der Heag und unſerer beſorgten Stadtverwaltung gewünſcht wird
O, es iſt ſchön geworden in unſerer Landeshauptſtadt! Wer das nicht
glauben will, der leſe den Landtagsbericht vom letzten Mittwoch. Aber
im Ernſt: Von der Ortskrankenkaſſe muß erwartet werden, daß ſie der
Tagespreſſe ſchleunigſt einen aufklärenden Artikel zur Verfügung ſtellt,
damit jeder Zahlungspflichtige, der überweiſen will alſo jede Woche
dies Vergnügen! auch weiß, wie viel Geld er mitzunehmen hat. Gewiß
kein unbilliges Verlangen.
Die Monats=Mietzahlung.

rühren. Deshalb unſer vermittelnder Vorſchlag: Man bereinbare all=
gemein
Zahlung am 15. des Monats mit Einſetzung des mittleren
(dritten) Monats=Lebenshaltungsindex; wenn man ſtatt deſſen nicht
etwas umſtindlicher in der Wirkung ſonſt gleich abwechſelnd in
einem Monar Vorzahlung mit dem erſten Index, und in dem
anderen Mongt Endzahlung mit dem letzten Indes wählen will,
B. K-

[ ][  ][ ]

Seite 4.

Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 12. November 1922.

Die neuen Poſttarife

Gültig ab 12. November 1923. (Ohne Gewähr).
Ausſchneiden!
Sämtliche Beträge ſind in Milliarden angegeben.

Aufheben!

Ortsverkehr
(kein Nach=
barorls
barorls=
verkehr
) Deutſcher Fernverkehr
einſchl. Sairgebiet,
Luxemburg, Oeſterreich,
Danzig, Memelgebiet Ungarn,
Tſchecho=
ſlowakei
Uebriges
Ausland Mife bis 20 g
bis 100 g
bis 250 g
bis 500 g 5
6
10
12 10
14
16
18 3
jede weiteren
20 g
20 W
jede weiteren
20 g 20
Meiſtgewicht2kg Poſtkarten . . . . . .. 24
18 Mne
(Sendungen über
1000 g nur für
ungeteilte Bücher
zuläſſig.) bis 25 g
bis 50 g
bis 100 g
bis 250 g
bis 500 g
bis 1000 g
bis 2000 g 2
22 je 50 g8 Geſchäftspapiere
und
Miſchſendungen bis 250 g
bis 500 g
bis 1000 g 15 (mindeſtens 40) Warenproben . . . . . bis 100 g
bis 250 g
bis 500 g 10
12 je 50 g 8
(mindeſtens 16) Mih bis 100 g 20 nur innerhalb Deutſchland ſowie
nach Danzig und Memel zuläſſig. Mi bis zum Meiſtgewicht von 5 kg 1 Million Mark bis zum
Meiſtgewicht
von 3 kg
1 Million Mk. je 500 g
Meiſtgewicht
3 kg

Zuſatzgebühren

Ellbrief (Ortsbz.):
20 mehr.
Eilbrief (Landbz.):
60 mehr.

Die Einſchreibgebühr
iſt auf 10 Milliarden Mk;
die Vorzeigegebühr für
Nachnahmen und Poſtauf=
träge
auf 5 Milliard feſt=
geſetzt
; die Einziehungs=
gebühr
für Nachnahmen

1 von jed. angefangenen
Tauſend der eingezog.
Beträge bleiht unver=
ändert
. Mindeſtbetrag
1 Million Mk. Aufrundg
überſchießender Beträge
auf volle Million. Mk.
Die Einziehungsgebühr
wird von dem einge
zogenen Betrag abge=
zogen
und muß daher
u. U. beider Nachnahme
oder Auftrag umme
von dem Abſender be=
rückſichtigt
werden.

Beträge

bis 1 Billion
5
10

für je weitere 10 Billion.
oder einen Teil davon
mehr . . . . . . . .

Poſtanwe ſungen

Zahlkarten

Verſicherungsgebühren

10
20

20

10

für Wertbriefe u. verſiegelte Wertpakete
2 für je 100

10 Millionen Mark für unverſieg. Wertpakete
zugelaſſen bis 50 Milliarden Mark.

Paketgebühren.

Pakete 1. Zone
bis 75 km 2. Zone
76-375 km 3. Zone
über 375 km Pakete 1. Zone
bis 75 km 2. Zone
76-375 km 3. Zone
über 375 km bis 3 kg 25 50 50 bis 13 kg 90 180 270 bis 5 kg 35 70 70 bis 14 kg 100 200 300 bis 6 kg 40 80 120 bis 15 kg 110 220 330 bis 7 kg 45 90 135 bis 16 kg 120 240 360 bis 8 kg 50 100 150 bis 17 kg 130 260 390 bis 9 kg 55 110 165 bis 18 kg 140 280
420 bis 10 kg 120. 180 bis 19 kg 150 300
450 bis 11 kg 140 210 bis 20 kg 160 320 480 bis 12 kg 80 160 240

Eilpakete: im Ortsbezirk 30 mehr, im Landbezirk 80 mehr.

Handel und Perfekr.
Wirtſchaftliche Rundſchau.

* Tabak= u. Zigaretten=Fabrik Lyra, Max Wa=
gowski
u. Co. A.=G., Saaubrücken. Die Verwaltung beantragt
Umſtellung des Grundkapitals in Frankenwährung und die Genehmi=
gung
der für den 1. 4. ds. Js. aufgeſtellten Eröffnungsbilanz. a. o.
G.=V. 20. 11.
* Bautzener Tuchfabrik, Bautzen. Die a. v. G.=V. ge=
nehmigte
die vorgeſchlagene Kapitalserhöhung um 48 Mill. Stamm=
Aktien und 2 Mill. Vorzugs=Aktien mit Dividendenberechtigung ab
1. 4. 23. Ein Teilbctrag von 24,5 Mill. der neuen Stammaktien wird
den alten Stammaktionaren im Verhältais 2:1 und den bisherigen
Vorzugsaktionären im Verhältnis 4:1 zum Gegenwert von 8 1 in
wertbeſtändiger Anleihe oder gegen Zahlung des Gegenwertes, umge=
rechnet
zum amtlichen Mittelkurs der Goldanleihe an dem Tage der
letzten Bezugrechts=Notierung in Berlin zum Bezuge angeboten. Die
reſtlichen 23,5 Mill. Stammaktien werden im Intereſſe der Geſellſchaft
Verwertung finden. Die Vorzugsaktien gehen zu 100 Prozent an die
Allgemeine Deutſche Treuhand=Geſ. A.=G., Dresden über. Der Ge=
ſchäftsgang
wird für das laufende Geſchäftsjahr als gut bezeichnnet bei
einem Auftragsbeſtand für eine ganze Reihe von Monaten.
UE n
G

* Deutſche Mineralöl=Induſtrie A.=G., Leipzig.
Die G=V. beſchloß Erhöhung des Grundkapitals um 700 Mill., wobei
den alten Aktionären ein Bezugsrecht im Verhältnis 1:1 zu 25 Gold=
pfennigen
eingeräumt wird. 500 Mill, ſollen im Intereſſe der Geſell=

ſchaft verwertet werden,
* J. D. Riedel A.=G. Berlin. Wir berichteten kürzlich über
die Kapitals=Transaktions=Beſchlüſſe der Geſellſchaft. Nunmehr wird
ein Teilbetrag von 40 Mill. neuen Stammaktien mit Dividendenberech=
tigung
ab 1. 1. 23 den alten Aktionären im Verhältnis 7:2 (auf Mk.
35 000 alte Stammaktien nom. Mk. 10 000 neue) gegen Erlegung von
8 5 in wertbeſtändiger Anleihe des Deutſchen Reiches, oder in 21
Nentenmark (nach deren Erſcheinen) für je nom. Mk. 1000 junge Aktien
zum Bezuge angeboten. Das Bezugsrecht iſt bis 27. 11. einſchließlich
auszuüben. Die Bezugsrechtsſteuer geht zu Laſten des Aktionars.
Aktienbcträge unter 7000 bleiben unberückſichtigt.
Oberſchleſ. Eiſen=Induſtrie A.=G. für Bergbau
und Hüttenbetrieb Linke=Hoffmann=Lauchhammer=
Werke. Ueber die Intereſſengemeinſchaft, über die die Generalver=
ſammlungen
beider Unternehmungen Beſchluß faſſen follten, berichteten
wir frühr bereits ausführlich. Die G=V. der beiden Geſellſchaften ge=
nehmigte
nun den Intereſſen=Gemeinſchaftsvertrag, der auf 30 Jahre
Gültigkeit hat. Die Karo=Hegenſcheidt wird das Geſchäftsjahr, das
bisher mit dem Kalenderjahr zuſammenlief, auf die Zeit vom 1. 10.30.
9. verlegen und zwar derart, daß das am 1. 1. 24 beginnende Rech=
nungsjahr
bereits vom 30. 9. 23 an läuft.

Wezel u. Naumann A.=G, Leipzig. Die G.B.
ſchloß Erhöhung des Grundkapitals von 17 auf 45 Mill. durch 9
gabe von Stammaktien, die ab 1. 1. 23 dividendenberechtigt ſind.
Teilbetrag von 7 Mill. ſoll den alten Aktionären im Verhältnis
zu einem noch feſtzuſetzenden Kurſe angeboten werden, während
reſtlichen 10 Mill. zur Verfügung der Geſellſchaft verbleiben.
* Ernemann=Werke A.=G., Dresden. Die a. o. G
beſchloß Kapitalserhöhung um bis 30 auf bis. 80 Mill. Ein Teil
neuen Aktien dient zum Umtauſch der Vorzugsaktien und Obligatio
in Stamm=Aktien. Der Reſt ſoll je nach Lage der Verhältniſſe
händig verkauft werden, ſo daß ein Bezugsrecht für die Aktionäre
in Frage kommt.
* Lingner=Werke A.=G., Duesden. Die Geſellichaft.
bereits früher in den Vereinigten Staaten intereſſiert war, hat
Meldung aus Dresden die Errichtung einer amerikaniſchen Toc
geſellſchaft unter dem Namen Odol=Chemital=Corp. in die Wege
leitet. Das neue Unternehmen ſoll die Fabrikation bereits aufgen
men haben,
Alexanderwerk A von der Nahmer A=G., R

ſcheid. Nach Abſchreibungen von 6,6 Mill. und nach Abſetzung
Unkoſten in Höhe von 10 Milliarden derbleibt ein Reingewinn

5184 Mill. (i. V. 8,8 Mill.). Die Geſellſchaft wird von der Verteil e
einer Dividende für das abgelaufene Geſchäftsjahr Abſtand nehn
2500 Mill. werden für Werkerhaltung, 1500 Mill. für Wohlfah
Zwecke zurückgeſtellt, der Reſt in Höhe von 1183 Mill. auf neue R
nung vorgetragen. In der Bilanz erſcheinen Debitoren mit 8030 9
(i. V. 64,5 Mill.), Bankguthaben mit 7785 Mill. (i. V. 0), Beſtände
16 793 Mill. (i. V. 48 Mill.), andererſeits hatten Kreditoren 22
Mill. zu fordern, während Akzept=Verpflichtungen in Höhe von
Mill. (i. V. 0) vorlagen. Im Geſchäftsbericht wird mitgeteilt, daß IN
erſte Hälfte des Jahres allgenzein befriedigend war, die zu M
Hälfte jedoch durch die Nuhrbeſetzung beeinträchtigt wurde. Ein 9
ſand aus den Remſcheider Werken und dem Wittner Werk war
innerhalb des beſetzten Gebietes möglich, ſo daß dieſe Abteilungen
größerem Umfange auf Lager arbeiten mußten. Daß immerhin
verhältnismäßig günſtige Umſätze erreicht wurden, iſt darauf zur
zuführen, daß es gelang, die im unbeſetzten Deutſchland lieg
Werke in Berlin und Derſchlag, ſowie das mit der Geſellſchaft i
tereſſengemeinſchaft ſtehende Rieger=Werk i. Ahlen in erhöhtem
zur Belieferung der Kundſchaft heranzuziehen. Die Geſ.Uſchaft
ſchäftigte zum Schluß des Geſchäftsjahres 2437 Beamte und Arbei
Lüdenſcheider Metall=Werke A.=G. vorm. J
Fiſcher u. Baſſe. Nach dem Beſchluß der G.=V. vom 20. 10. k.
digt die Geſellſchaft die Genußſcheine im Geſamtbetrage von 21,5
zur Rückzahlung zum 1. 1. 24 zum hunderttauſendfachen Ne
Die Geſellſchaft erklärt ſich jedoch bereit, je Mk. 1000 Genußſcheine W‟
1 Stammaktie umzuwandeln, ſofern dieſe bis ſpäteſtens 20. 11. ut
gleichzeitiger Zuzahlung des Gegenwertes von § 3 eingereicht weri
Die Bezahlung dieſer 3 3 hat in Reichs=Goldanleihe oder bei
wandlung von mindeſtens 5 Genußſcheinen auch in Dollar=Schatz
weiſungen zum Nennwert zu erfolgen; gleichzeitig werden die Star
und Vorzugsaktionäre aufgefordert, das Bezugsrecht auf die jun
Aktien bis einſchließlich 20. 10. auszuüben. Auf 4 alte Stamm=
Vorzugsaktien entfällt 1 neue Stammaktie zu nom. Mk. 1000
Kurſe von 1½ Dollar, zuzüglich Börſen=Umſatz=Steuer und eines
zu beſtimmenden Pauſchales für Bezugsrechts=Steuer. Der Bez
preis iſt in Reichs=Goldanleihe oder bei Bezug von mindeſtens 10 ne F
Aktien auch in Dollar=Schatzanweiſungen zum Nennwert zu zahlen. )
* Titania=Werke A.=G., Rudolſtadt i. Thüring
Die Geſellſchaft, die als Tochter=Unternehmen der Mix u. Geneſt
Herſtellung und zum Vertrieb ihrer Titania=Schreibmaſchinen
rie
wurde, beſchloß Erhöhung des Grundkapitals um 24 Mill. Stamm= n
1 Mill. Vorzugsaktien. Ein Teilbetrag von 15 Mill. wird den a
Aktionären in der Weiſe angeboten, daß auf 10000 alte Aktien 10
neue entfallen. Der Bezugspreis wird ſich auf 5. 3 für nom. 10
Mk. Aktien ſtellen. Die reſtlichen 9 Mill. werden im Intereſſe der
ſellſchaft durch das Konſortium beſtens verwertet, wobei 80 Prozent
Erlöſes an die Geſellſchaft abzugeben ſind.
Zu den neuen Goldmark=Stahlpreiſen.
dem vom Tchtpreis=Ausſchuß des Fein=Stahl=Bundes mit Wirkung
23. 10. feſtgeſetzten neuen Preiſe für Walzwerk=Erzeugniſſe ergibt
daß die Trennung in Preiſen für die Inlandsgeſchäfte beziv. mittell
Auslandsgeſchäfte fortgefallen und ſtatt deſſen eine Unterſcheidung
Preiſe für die beſetzten bezw. unbeſetzten Gebiete eingetreten iſt. Dau
fällt auch die damals vorgeſehene Berechnungsart, wonach der P
gemiſcht wird aus 70 Prozent des Inlandspreiſes und 30 Prozent
Ausfuhrpreiſes fort. Angeſichts dieſer Tatſache ergibt ſich dann,
eine Ermäßigung des Goldmark Eiſen=Preiſes nur für die unbeſ
Gebiete eingetreten iſt und der Preis für die beſetzten Gebiete unt
änderr bleibt. So ſtellte ſich z. B. bisher der Miſchpreis für St
auf 219 Goldmark. Diſer Miſchpreis kam zu Stande, indem 70
des Inlandpreiſes von 240 M. und 30 Proz. des Ausfuhrpreiſes
170 M. berechnet wurden. Der jetzt für die beſetzten Gebiete gültige E
eiſen=Preis ſtellte ſich auf 219, entſpricht alſo den bisherigen oben
nannten Miſchpreiſen. Eine Preisermäßigung iſt demnach nur ei=
treten
im unbeſeßten Gebiete, für das ſich der Stabeiſen=Preis auf
ſtellt. Da eine Aenderung der Richtbreis=Beſtimmungen nicht eit
treten iſt, ſind die Abnehmer verbflichtet, 30 Prozent des bisheri
Rechnungsbetrages innerhalb der üblichen Zahlungsfriſt in Deviſen
bezahlen, ſobald und ſoweit die Deviſenbeſchaffung nach den geſetlie
Beſtimmungen zuläſſig und möglich iſt. Die Zahlungsbedingung zwiſe
Erzeuger und Verbraucher bleiben unverändert.

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Mauve, für Feuilleton: Mar Streeſe Heſſiſche Nachricht
Max Streeſe, Sport: Dr. Eugen Buhlmann. Schl
dienſt: Andreas Bauer; für den Inſeratenteil: Wil
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Die hentige Rumzer hat G Seiten

Familiennachrichten

EAEN
Sc

Todes=Unzeige.
Verwandten, Freunden und Be=
kannten
die traurige Nachricht, daß
mein lieber, guter Mann, unſer
Vater, Schwiegerſohn, Schwager
und Onkel

ge
Heintich Arngts

nach langem mit großer Geduld
ertragenem ſchweren Leiden, wohl=
verſehen
mit den heiligen Sterbe=
ſakramenten
, im Alter von 32 Jah=
ren
ſanft verſchieden iſt,
Darmſtadt, Algringen i. Loth. Singhofen,
Hanau a. M., den 11. Nob. 1923.
Die tieſtrauernden Hinterbliebenen
Anna Arnold u. Kinder
Familie Emil Berger.
Beerdigung findet ſtatt. Dienstag
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Papier mit Waſſerzeichen wie oben, we
rotem Untergrund mit eingearbeite
Lokomotive. Text, Wertbezeichnt
ſchwarz, Nummer dunkelgrün, Ausgé
tag wie vor. Rückſeite unbedruckt. Gr.
(8
85X150 mm.

Iſt

SeſcM
dem Kr
i 5it
14.8

Rüter e=
9 Vor

Dien dor
Ne
leinerei
Boot
nal

Berlin, den 30. Oktober 1923.
Der Reichsverkehrsminiſter
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O
Tauſche Ziehharmo=

nika, Mandol., Trom=
pete
geg. Kartoffeln.
Finkernagel, (*27525
Schuchardſtr. 13 III.

O

Adheun

Uhr

Landestheat
Großes Haus.
Montag, 12. No
Zweites Konze
des Heſſ. Lande
theater=Qrcheſte
Anfang 7 Uhr,

Lenmrascce
tt. Schlafzim. zu ve
Gügeiſtr. 15, Lad. 680

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die
9.
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Hin

ſich

ihre
gült

*
9

armftädter Tagblatt

Der Tinttti Ohnn

12. Nob. 1923 Ar. 313

Fußball.
e Zwiſchenrunden um den D. F. B.=Pokal.
MitteldeutſchlandSüddeutſchland 0:3 (2:0).
Im Wackerſtadion zu Leipzig zeigte ſich Süddeutſchland von
ang an durchaus überlegen gegen Mitteldeutſchland. Der
eldeutſche Innenſtürmer verfagte vollſkändig. Süddeutſch=
war
ſtets im Angriff und erzielte in der 8. Minute das
bald darauf das zweite Tor durch Selbſttor der Mittel=
ſchen
. Der dritte Treffer erfolgte in der zweiten Hälfte.
V. B. BerlinNorddeutſchland 2:4 (2:0).
(uf der Berliner Olympia=Radbahn trafen ſich im Zwiſchen=
ſenſpiel
um den Bundespokal Norddeutſchland und Berlin.
der erſten Hälfte lieſerte die neu zuſammengeſtellte Berliner
ein ausgezeichnetes Spiel und erzielte in der 5. und 29. Mi=
durch
Lehmann zwei prachtvolle Tore. Die Norddeutſchen
en ſich zunächſt nicht zuſammen und ſtießen auf unüberwind=
Hinderniſſe in der Berliner Läuferreihe und Verteidigung.
der zweiten Hälfte ließen die Berliner Läufer merklich nach,
leichen der Sturm. Norddeutſchland konnte in den letzten
Ninuten infolge taktiſcher Fehler des ſonſt ausgezeichneten
iner Verteidigers Baches den Ausgleich herbeiführen. Das
I wurde dann um zweimal 15 Minuten verlängert. Es
anden Tumulte, da ein Teil der Zuſchauer mit der Leitung
Schiedsrichter Mangers=Düſſeldorf unzufrieden war, der
gens ſeines Amtes durchaus unparteiiſch waltete, vielleicht
manchen Situationen ſich nicht gewachſen zeigte. Nord=
ſchland
erzielte noch 2 Tore, und zwar dadurch, daß Berlins
eidigung klare Abſeitsſtellungen reklamierte und einfach
n blieb.
Freie Turngemeinde=Darmſtadt 1. Fidelio=Traiſa 1.
3: 2 (1 :0).
Geſellſchaftsſpiel in Traiſa. Darmſtadt mit reichlichem Er=
Darmſtadt, 2. Mannſchaft, Fidelio, 2. Mannſchaft, 1:3.
Mainbezirk.
r geſtrige Tag blieb in mehreren Bezirken ganz der Kreisliga
ehalten, hauptſächlich, um deren Lage durch ſtärkeren Beſuch
tärken. Außerdem beanſpruchte die Bundespokalzwiſchen=
e
mehrere Spieler von verſchiedenen Bezirksligavereinen.
er Bezirksligaklaſſe wurden in Süddeutſchland folgende Er=
iſſe
erzielt:
Nordmain=Kreis.
Rödelheim-Heddernheim 1:1.
V. f. R. 01 FrankfurtSportfreunde Frankfurt 0:0.
Olympia=Fran furtGermania 94=Frankfurt 0:4.
SeckbachEckenheim 2:0.
Oſtmain=Kreis.
Sanau 94Hanau 1860, 5:5.
V. f. B. FriedbergRüla 0.3.
Nickers=AſchaffenburgV. f. B. Groß=Auheim 0:6.
Odenwald Pfalz.
F.=C.=Pirmaſens V. f. B.=Mannheim 1:0.
Pfalz=Ludwvigshafen Phönix=Mannheim 3:2.
Nannheim=Waldhof 03. Ludwigshaſen 2:1.
B. f. L.=Neckarau Käferthal 3:0.
eindenhof 08. Schwetingen 10. 2:1.
Nannheim 07. Plankſtadt 2:0.
3. f. R.=Pfungſtadt Olympia=Lampertheim 4:2.
F.=V.=Weinheim V. f. R.=Darmſtadt 1:0.
p.=Vgg.=Arheilgen
Sp.=Vgg.=Sandhofen 1:1.
Heſſen Saar.
T. u. Sp.=Gde.=Höchſt Sp.=V.=Biesbaden 1:0.
Zoruſſia=Neunkirchen Alemannia=Worms 2:0.
Bayern.
5.=C.=Nürnberg M.=T.=V.=Fürth 4:1.
F.=C.=Nürnberg Schwaben=Augsburg 1:1.
Pfeil=Nürnberg F.=V=Rürnberg 83 1:0.
Württemberg.
zmünd V. f. B.=Stuttgart 2:0.
eintracht=Stuttgart Sportfreunde=S. art 1:0.
Städteſpiel.
köln Saarbrücken 8:3.
Rdma
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Veic

Schwimmen.
Freier Waſſerſportverein, Darmſtadt.
Am Samstag abend fand im Hallenſchwimmbad der erſte
Vereinswettkampf zwiſchen Heidelberg und Darmſtadt ſtatt.
Beide Vereine ſtellten ihre beſten Kräfte zur Verfügung, was aus
dem Reſultat zu erkennen iſt. Darmſtadt war überlegen im
Schwimmen, Heidelberg im Waſſerballſpiel. Die Veranſtaltung
verlief programmäßig. Wir werden dieſe Veranſtaltungen wäh=
rend
des Winters wiederholen und der Oeffentlichkeit rechtzeitig
bekanntgeben.
Die Ergebniſſe: Männerlageſtaffel, 1. Mannſchaft,
4 mal 2 Bahnen: Heidelberg, 2 Min. 477/= Sek., Darmſtadt,
2 Min., 50 Sek. Männerlageſtaffel, 2. Mannſchaft,
4 mal 2 Pahnen: Darmſtadt, 2 Min. 582 Sek.; Heidelberg,
2 Min. 59½= Sek. Männerſchwimmen, beliebig:
4 mal 2 Bahnen: Darmſtadt, 1Min., 41 Sek.; Heidelberg,
1 Min. 412/ Sek. Jugendlageſtaffel, 4 mal 2 Bah=
nen
: Darmſtadt, 1 Min., 532= Sek.; Heidelberg, 2 Min.,
P’s Sek. Jugend, beliebig, 4 mal 2 Bahnen:
Darmſtadt, 1 Min., 527. Sek.; Heidelberg, 2 Min.
Einzelwettkampf.
Bruſtſchwimmen, 2 Bahnen: Schneider= Heidel=
berg
, 262= Sek.; Klinger=Darmſtadt, 30 Sek. Seiten=
ſchwimmen
, 2 Bahnen: Wittmann=Darmſtadt, 26½s
Sek.; Graf=Heidelberg, 30 Sek. Rückenſchwimmen,
2 Bahnen: Lohrer=Darmſtadt, 28½= Sek.; Schneider=
Heidelberg, 282= Sek. Hand über Hand, 2 Bahnen:
Nachkamp=Darmſtadt, 23½/ Sek.; Tunat=Heidelberg, 25 Sek.
Waſſerballſpiele.
1. Mannſchaft Heidelberg 1. Mannſchaft Darmſtadt 7:3.
1. Jugend Heidelberg 1. Jugend Darmſtadt 5:3. Kombiniert
Heidelberg Kombiniert Darmſtadt 6:0.
Die Veranſtaltung wurde durch Kunſtſpringen von Eder=
Darmſtadt und volkstümliche Veranſtaltungen des Freien Waſ=
ſerſportvereins
=Heidelberg verſchönt.
Der Freie Waſſerſportverein=Darmſtadt beabſichtigt, im Win=
ter
derartige Veranſtaltungen, die rechtzeitig bekannt gegeben
werden ſollen, zu wiederholen.
Schwimmabteilung der Turngemeinde Darmſtadt 1846.
H. Die Schwimmabteilung der T.G.D. 1846 hielt am Samstag,
den 3. November d. J., im Turnhaus am Woogsplatz ihre diesjährige
Hauptverſammlung ab. Die Abteilung hat ſich im abgelaufenen Jahre
dank eines arbeitsfraudigen Vorſtandes und ei s ſehr rühri en
Schwimmausſchuſſes kräftig entwickelt und ihre Mitgliederzahl um das
Dreifache erhöht. Der ſeitherige geſchäftsführende Vorſtand und der
Schwimmausſchuß wurden in Anerkennung ihrer Geſchäftsführung bzw.
erfolgreichen Tätigkeit einſtimmig wiedergewählt. Ein mit großer Auf=
merkſamkeit
verfolgter Vortrag des ſportlichen Leiters über ſportliche
Charakter=Erziehung gab Zeugnis davon, daß die ſportliche Leitung in
guten Händen iſt. Den Schluß der Verſammlung bildete die Beratung
der Abteilungsſatzungen. Die Uebungsſtunden der Abteilung ſind
Mittwochs abends von 7 bis 8 Uhr (Trainingsmannſchaft) und Donners=
tags
abends von 8 bis 9 Uhr (allgemeiner Uebungsabend).
Ringen.
Ringkämpfe um die ſüddeutſche Meiſterſchaft.
In Nürnberg kamen geſtern die Entſcheidungskämpfe um die
ſüddeutſche Meiſterſchaft zwiſchen Maxvorſtadt=Nürnberg und
Apcllo=München zum Austrag. Die einzelnen Klaſſen ergaben:
Bantamgewicht: Ralet=München 0 P., Läucht= Nürn=
berg
2 P.
Federgewicht: Veuml=München 2 P., Kohler= Nürn=
berg
1 P.
Gemiſchtes Gewicht: Laßnigen=München 0 P., Kasper=
Nürnberg 1 P.
Mittelgewicht, Klaſſe A.: Hölzlein=München 2 P., Falk=
Nürnberg 0 P. Klaſſe B.: Löfle=München 1 P., Pöhlmann=
Nürnberg 1 P.
Schwergewicht: Buchner=München 0 P., Doeppel=
Nürnberg 2 P.
Das Geſamtergebnis iſt 7:5 für Nürnberg.

Leichtathletif.
Lehrkurs des Amtes für Leibesübungen.
Der vom Amte für Leibesübung ausgeſchriebene Lehrkurſus für
Leichtathletik beginnt Mittwoch, den 14. November 1923,
abends 7 Uhr, in der Sporthalle der Schupo: frühere Trainkaſerne,
Eſchollbrücker Straße. Die vorgeſchriebene Kleidung beſteht aus Woll=
ſweater
, Turn= oder Rennſchuhen. Die Teilnehmergebühr kann vor Be=
ginn
der erſten Lehrſtunde dem Geſchäftsführer bezahlt werden.
Disqualifiziert.
Renell=Sportklub Berlin, der bekannte Vierhundertmeter=
Läufer, und Huſen=Hannoverſcher Sportklub 1896 wurden wegen
Verſtoßes gegen die Beſtimmungen über Auslandsſtarte für ein
halbes Jahr disqualifiziert. Die Strafe läuft bis zum 9. Mai
1924.
Rugbg.
R. G. HeidelbergSportklub Frankfurt 1880 0:3.
Dank der Verteidigung, die zahlreiche Angriffe der Heidel=
berger
Dreiviertelſpieler zunichte machte, blieben die Frankfurter
Sieger. Sie mußten trotzdem den Ball im Gedränge öfters dem
Gegner überlaſſen, da die Leiſtungen der Stürmer nicht die
ſonſtige Höhe erreichten. Zeitweiſe lamen die Frankfurter Drei=
viertel
gut in Schwung, wobei Teo Haag den Sieg brachte.
Turnen.
Südweſtdeutſcher Turnerbund.
R- Der für Sonntag, den 11. November d. J., vorgeſehene
Bundesturntag, der in Oberroden bei Dieburg ſtattfinden
ſollte, iſt bis auf weiteres verſchoben worden.
Motorfahren.
I. Eidgenöſſiſcher Benzinerſatz. Die Verſuche der Her=
ſtellung
eines ſchweizeriſchen Brennſtoffes unter der doppelten
Kontrolle des Oberſten Grosjan, ſtellv. Direktor der ei g. Al=
koholregie
, und des Majors Lang, Chef des Automobildienſtes
der techniſchen Abteilung des Militärdepartements, haben zu vol=
lem
Erfolge geführt. Nach dem von Lang erſtatteten Bericht
werde der neue Brennſtoff die Schweiz vollſtändig un=
abhängig
vom Ausland in dieſer Hinſicht machen. Die
Erfindung ſtammt von einem Genfer namens Henneberg. Der
neue Brennſtoff erfordert keine Veränderung der Mo=
toren
.
Rieſenvermögen, die im Berufsſport verdient werden.
Mit der immer zunehmenden Bedeutung, die der Sport in unſe=
rem
täglichen Leben gewinnt, ſteigen auch die Werte, die hier angelegt
ſind, und die Verdienſte, die hier erworben werden, gewaltig. Bedenkt
uan, welch einer großen Induſtrie der Sport Nahrung verſchafft, wie
der öffentliche Verkehr, das Reklame= und Nachrichtenweſen dadurch ge=
fördert
werden, denkt man an die zahlreichen Berufe, die mit dem Sport
in Verbindung ſtehen, ſo kann man ſich die rieſigen Summen vorſtellen,
die dadurch in Umlauf geſetzt werden. Aber auch Einzelne verdienen
am Sport viel, und natürlich am meiſten in dem klaſſiſchen Lande des
Sports, in England. Eine Londoner Fachzeitſchrift führt dabei eine
Fülle von Beiſpielen an. Sie geht davon aus, daß bei einer Gerichts=
verhandlung
der berühmteſte amerikaniſche Blaſ ball=Spieler Babe‟
Ruth angab, daß er im Monat etwa 4300 Dollar verdiene. Dieſe ſtatt=
liche
Summe ſteht aber bei weitem nicht an der Spitze unter denen,
die im Sport verdient werden. Der Boxer Jack Dempſey erhielt in ſei=
nem
berühmten Kampf mit Carpentier ein Honorar von 300 Dollar
und außerdem noch 1000 Dollar für die Verfilmung des Kampfes. Man
hat berechnet, daß Dempſey ſeit dem Kriege alles in allem etwa 300 000 X
verdient hat. Die Summen, die alljahrlich in England bei Rennwetten
angelegt werden, ſind mit etwa 300 Millionen 2 berechnet worden. Kein
Wunder, daß auch die Jockehs z. T. rieſige Einkünfte beziehen. Ein
Gehalt von 10 000 2 im Jahr iſt für einen guten Rennreiter, nichts
Außergewöhnliches, und man hat berechnet, daß der erfolgreiche eng=
liſche
Jockey Steve Donoghue während einer einzigen Saiſon von 8 Mo=
naten
30 000 2 erhalten hat. Ein anderer Jockey, Frank Wootton, ver=
diente
ſchon mit 15 Jahren 15000 X im Jahr. Die beſten Billard=
ſpieler
verdienen ſehr viel Geld, und auch ſchon Spieler 2. Ranges er=
werben
leicht 1500 2 im Jahr, ſo groß iſt das Intereſſe an dieſem Spiel.
Die Berufsſpieler im Cricket und Fußball werden verhältnismäßig
ſchlecht bezahlt; der Fußballſpieler erhält 8 X die Woche und außerdem
Vergütungen, die ſich auf etwa 650 X im Jahr belaufen; der Criket=
ſpieler
verdient nicht mehr, wenn er nicht gute Preiſe gewinnt, die aller=
dings
ſtattliche Summen ausmachen. Die erſtklaſſigen Golfſpieler kön=
nen
länger bei ihrem Beruf bleiben als die meiſten anderen Sportleute,
die ſich raſch abnutzen; die beſten unter ihnen verdienen 2000 im
Jahr. Eine große Blüte hat in den letzten Jahren der Beruf des
Tennislehrers in England erreicht. Viele Berufsſpieler, die Stunden
geben, verdienen 2000 X jährlich und mehr, und ſelbſt die weniger be=
kannten
Lehrer des Racketts haben recht gute Einkünfte.
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Im Segeitoot über den Ozean.

ſich die D.A.Z. von ihrem Berichterſtatter aus Neu=York mel=
wollte
es der Zufall, daß drei der abenteuerlichſten Fahrten,
dem Kriege unternommen woden ſind, Mitte September in
faſt zu gleicher Zeit ihr glückliches Ende nahmen.
14. September kurz nach Sonnenuntergang erreichte das kleine
er Segelboot Sowitasgoth mit vier jungen Abenteu=
Vorarlberg nach 6ötägiger Fahrt über den Atlautiſchen Ozean
fen von Neu=York. Einen Tag ſpäter landete in unmittelbarer
n Neu=York bei Fort Totten im Sund von Long Island ein
ineres Boot, ein Segelboot mit einem einzigen Inſaſſen,
Boot in 142tägiger Fahrt ganz allein von Cannes im Mittel=
s
nach Amerika geſteuert hatte. Noch am ſelben Tage meldete
egraph die Ankunft zweier junger Mädchen in New=Orleans an
indung des Miſſiſſippi, die den Riefenfluß 2000 Meilen weit in
inzigen Paddelboot hinuntergefahren waren. Wie man ſich den=
n
, konnten die amerikaniſchen Zeitungen nicht genug von den
erlichen Fahrten dieſer modernen Argonauten berichten.
Inſaſſen des Vorarlberger Sowitasgoth waren der aka=
Bildhauer Franz Plunder aus Bregenz, der Kapitän Jo=
nsle
, gleichfalls aus Bregenz, Fred Jochum vom Lindauer
b und Peter Ledergerber, ein wackerer Schwabe vom
bergiſchen Ufer des Bodenſees. Zuſammen hatten die vier ihr
Fiſcherdorfe Hard am Bodenſee gezimmert nach dem Entwurfe
klunders. Die Sowitasgoth (alemanniſch für ſo weit es geht)
14 Meter lange, gaffellos getakelte Katſch von 3,18 Meter Breite,
Tiefgang und 12 Tonnen Waſſerverdrängnng. Das Schiff hat
aſten mit drei Segeln mit insgeſamt 76 Quadratmetern Flächen=
Für Notfälle iſt das Seegelboot mit einer Schraube und einem

ferdigen Motor verſehen.
ach verſchiedenen Probefahrten auf dem Bodenſee und ſchneller
rheinabwärts ſtach die Sowitasgoth am 28. Juni von Hamburg
e, legte flüchtig in Cuxhaven an und erreichte Dover nach ſtarkem
wind am 10. Juli. Am nächſten Tage ging die Fahrt weiter über
ſampton und Kap Lizard nach Madera, das nach Ueberwindung
artiger Nordwinde am 1. Auguſt angelaufen wurde. Dort wurden
ihnen Seefahrer aufs gaſtfreundlichſte vom deutſchen Konſul und
Leiter des Hamburger Kohlendepots empfangen. Am 4. Augunt,
S 8 Uhr, wurde Madera verlaſſen. Von dort verlief die Fahrt
ch ruhig bis zum 26. Breitegrad. Kurz nach Ueberquerung des
ängegrades ſetzten bösartige Gewitterſtürme mit Windſtärke von
eilen in der Stunde ein, die das kleine Boot in nicht geringe Ge=

fahr brachten. Damals fuhr die Sowitasgoth mit einer Geſchwindig=
keit
von 130 Seemeilen am Tage, aber kurz nachher trat Windſtille ein,
und der Motor mußte zu Hilfe genommen werden. Während dieſer
Zeit begegnete die Katſch faſt gar keinem Dampfer, da ſie die Segel=
fahrtroute
einhielt, doch in der Nähe der amerikaniſchen Küſte wurde es
belebter. Knapp zwei Tage vor Ankunft, in der Höhe von Atlantie
City, verſorgte der amerikaniſche Dampfer Lake Tippah die Vorarl=
berger
mit friſchem Lebensvorrat und Trinkwaſſer, obwohl noch genug
Vorrat an Bord war, um Neu=York ohne Not zu erreichen.
Im ganzen legte die Katſch mehr als 6000 Seemeilen zurück mit
einer durchſchnittlichen Tagesgeſchwindigkeit von 100 Meilex. Die Ent=
fernung
von Madera bis Neu=York betrug 3800 Seemeilen, die in weni=
ger
als ſechs Wochen bewältigt wurden, alſo immerhin ſchneller als die
erſte Fahrt des Kolumbus. In Neu=York wurden die abenteuerlichen
Seefahrer von ſportliebenden Amerikanern ſehr gaſtfreundlich empfan=
gen
, und ihre ſchmucke Katſch wurde im Pritatdock der Morſe Compang
in Brooklyn geborgen, wo ſie ſofort ein Anziehungspunkt für viele
Schauluſtige wurde.
Einen Tag ſpäter erreichte der franzöſiſche Leutnant zur See und
internationaler Tennisſpieler Alain J. Gerbault in einem von
Dixon Kemp vor 30 Jahren erbauten, engliſchen Kutter von knapy
30 Fuß Länge die amerikaniſche Küſte. Gerbault war allein am 5. April
d. J. von Cannes im Mittelmeer abgefahren und warf während ſeiner
142tägigen Fahrt nur einmal bei Gibraltar Anker aus. Das Boot iſt
ein typiſcher engliſcher Regattgkutter, 30 Fuß lang, 8½ Fuß breit, mit
einem Tiefgang von 7 Fuß, 10 Tonnen Waſſerverdrängung, und heißt
Fireereſt‟. Der Beſitzer ſegelt ſchon ſeit drei Jahren, ſeitdem er ſeinen
Abſchied von der Marine genommen hat, in ſeinem Boote auf dem
Mittelmeer herum und iſt als vorzüglicher Tennisſpieler an der Riviera
und anderswo bekannt. Für dieſe abenteuerlichſte aller ſeiner Fahrten
nahm Leutnant Gerbault an Mundvorrat mit: 10 Pfund Sal=fleiſch,
60 Pfund Zucker, 35 Pfund Schiffszwieback, 10 Pfund Tee, 36 Kannen
kondenſierte Milch und 65 Galonen deſtilliertes Waſſer nebſt den not=
wendigſten
Medikamenten und Rauchtabak.
Von Anfang an hatte er das denkbar ſchlimmſte Wetter, ſo daß ſich
die Ueberfahrt von Gibraltar geraden Kurſes nach Neu=York ſehr müh=
ſam
und gefahrvoll geſtaltete. Mehrere Male zerriſſen die Segel und
Taue, ſodaß die Takelage fortwährend ausgebeſſert werden mußte. Zwei=
mal
wurde der Kutter von enormen Sturzfluten überſchwemmt, worauf
ſich der Schiffsraum mit Waſſer füllte. Als ſchließlich die Pumpe zer=
brach
, mußte das Waſſer mit Schüſſeln ausgeſchöpft werden. Dann
kam eine lange Strecke von 1500 Seemeilen mit dem Wind im Heck,
während welcher Gerbault mit feſtgebundenem Steuer der Ruhe pflegen
konnte. Während dieſer Zeit las er viele Bücher, meiſtens Seeromane

oder Abenteuerergeſchichten, und nachts rauchte er oder überließ ſich
ſeinen Träumereien. Als Windſtille eintr.t, verlegte er ſich aufs Fiſchen.
Dann kam ein großes Unglück. Das Innere ſeiner Trinkg ſchirre
war nicht gehörig ausgeſcheuert worden, ſodaß ſein Trinkwaſſer zu faulen
begann. Dies geſchah ungefähr Mittwegs. Von da an mußte er ſich
auf eine Taſſe Kaffte tägliſch beſchränken. Nachher ſtellten ſich wieder
heftige Stürme ein mit Windſtärken von 1050 Seemeilen in der
Stunde, meiſtens Gegenwind, ſodaß der kleine Kutter einen ſchweren
Stand hatte und Gerbault phyſiſch ſchwer litt. Eine Reihe von Tagen
blieb er durchnäßt bis auf die Haut und zog ſich eine ſchwere Erkältung
zu, daß er 48 Stunden lang bewußtlos im heftigen Fieber lag. Den
Stürmen folgte glücklicherweiſe wieder Windſtille, während welcher er ſich
erholen konnte.
Am 84. Tage ſeit der Ausfahrt von Gibraltar begegnete die Fi=
recreſt
dem griechiſchen Dampfer Kyron, von dem der geplagte Mann
friſches Waſſer und Medikamente erhielt. Zwei Wochen ſpäter begegnete
er dem amerikaniſchen Dampfer Henriette, auf dem er einen halben
Tag gaſtfreundlich bewirtet wurde. Der Kapitän verſorgte ihn mit
friſchem Trinkwaſſer, Gemüſen und Obſt. Sieben Tage ſpäter lief er
in den Island=Sund ein und warf vor Fort Totten ſeinen Anker aus.
Dort wurde er von den Offizieren des kleinen Forts mit ſportlicher An=
erkennung
ſeiner Glanzleiſtung empfangen. Leutnant Gerbault will ſich
wieder einſchiffen, um nach Panama und in die Südſee zu ſegeln."
Die Fahrt der beiden Mädchen in ihrem Paddelboot den Miſſiſſippi
hinunter war nicht minder abenteuerlich. Das Boot heißt Minnehaba
(lachendes Waſſer) und die Mädchen heißen Evy Leſter und Lillian
Danielſon, beide Studentinnen an der Univerſität von Jowa, wo ſie ſich
zuerſt auf dem Jowafluſſe in ihrem 18 Fuß langen Paddelboot einſchiff=
ten
. Hundert Seemeilen ging es den Jowafluß hinunter und dann
durch einen Kanal in den Miſſiſſippi. Da es tagsüber meiſtens zu heiß
war, paddelten ſie lieber nachts und ſchliefen tagsüber auf Inſeln oder
unter ſchattigen Bäumen am Ufer.
So kam es, daß ſie während der mondhellen Nächte öfters auf Al=
koholſchmuggler
ſtießen, von denen ſie aber immer ſehr alimpflich be=
handelt
wurden, beſonders einmal, als ihnen beim nächtlichen Landen
auf einer ſcheinbar unbewohnten Inſel das Boot entglitt und ſtrom=
abwärts
trieb. Da gab es natürlich jungfräuliche Tränen, bis glück=
licherweiſe
die Schmuggler zum Vorſchein kamen und den verängſtigten
Mädchen wieder zu ihrem Boot verhalfen.
Die ganze Fahrt von Jowa City bis hinunter zum Golf von Mexiko
dauerte zwanzig Tage. Als die zwei Mädchen in Neu=Orleans ankamen,
verkauften ſie ihr Paddelboot, um für das Geld auf der Eiſenbahn in
ihre Heimatſtadt zurückzufahren. Beide erklärten ſich ſehr befriedigt
über den Erfolg ihrer Paddelfahrt und hofften, nach Beendigung ihrer
Studien noch größere Reiſen in fremden Gewäſſern zu unternehmen. .

[ ][  ]

Seite 6.

Darmftädter Tagblatt, Mo tag, den 12.

23.

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* Steuerſt ſemn und Währungsverfall.

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Ein zeitgemäßes Thema, über das Strutz in der Zeitſchrift
der Wiederaufbau (Nr. 50 vom 4. September) u. a. ſchreibt:

Für ſtabile oder ſelbſt noch für ſolche Währungsverhältniſſe,
wie wir ſie in den beiden eiſten Jahren nach Kriegsende hat=
ten
, würde die gegenwärtige Zuſammenſetzung des Reichsſteuer=
ſyſtems
, tuenn man es noch von einigen Schlacken reinigte, den
Anſorderungen, die man an ein gutes Steuerfyſtem ſtellen muß,
leidlich entſprechen, ſofern man bemickſichtigt, daß Notlagen, wie
ſie ſich aus dem Kriege und ſeinem Ausagug ergaben, dazu zuin=

gen, jeue Anforderungen auf ein beſcheid nes Maß herabzu=

ſchraulen. Der heutige Grad des Währungsverfalls kann aber
Geſic t3punkte in den Vordergrund treten laſſen, die eine andere
Beurteilung erheiſchen. Auf die Herſtellung des Gleichgewichts
im Reichshaushalt durch Steuern muß man auf abſehbare Zeit
von vornherein derzichtes, nicht aber darauf, aus den Steuern
wenigſtens ſoviel herauszuholen, als die Volls=wirtſchaft irgend=

ere eh elchle et eiſie
zu den Vert altungskoſten und zu ken den Steuerträgern oder
etwaigen zwiſchen dieſe und den Steuerfislus eingeſchobenen
Steuerzahlern oder=gar unleteiligten Stellen verurſachten Um=
ſtändlichkeiten
und Zeitvorluſten ſteht. (Ein Darmſtädter Bei=
ſpiel
bezüglich des Aufkommens und der Verwaltungskoſten
lietet die n uierdings erſt der Geldentvertung angepaßte ſtädti=
ſche
Wohnungsluxusſteuer. D. Ver.)
Falſch freilich iſt es auch, gerade in unſerer Lage Verein=
fachtzug
und Anpaſſung der Steiern an die Markentwuertung auf
dem Wege der Gewährung diskretionärer Befugniſſe an den
Reichsfinanzminiſter zu ſuchen. Der Finanzminiſter eines ban=
erot

nern, daß ſchon vor Jahrzehnten der konſervatibe große Natio=
nalökonom
Adoldh Waguer die Beſeitigung des Pridateigentums
am ſtädtiſchen Hausbeſitz als nicht unerwünſcht bezeichnet, hat,
und daß ſie verhältnismäßig am leichteſten durchzuſühren iſt!

Das bisherige Fehlen einer wirkſamen ſteuerlichen Erfaſſung
der Sachwerte wurde um ſo mehr als ein Unrecht empfunden,
weil man den Cindruck hat, daß auch die Erträge der Sachwerte
von der Einkommenſteuer nicht der Geldentwertung eut=
ſtrechend
er ußt werden, vielmehr, trotz der Voraus= und Nach=
zahlungen
und der Verdielfachung der erſteren vor den dem
Steuerabzug vont Arbeitslohn unterliegenden Cinkommen begün=
ſtigt
ſind. Allerdings wird dabei überjehen, daß ein ſehr großer
Teil der Arbeitseinkommen, nämlich das der Handarbeiter, ver=
hältnismäßig
ſehr viel mehr als ein erheblicher Teil der Beſitz=
einkommen
wenigſtens der nicht land= oder forſtwirtſchaſtlichen
der Markentwertung entſprechend geſtiegen iſt, und daß die
Arbeiter die Steuerabzüge im allgemeinen auf die Arbeitgeber
abwülzen. Mit dem rohen Mittel der Vorauszahlungen und
Zuſchläge wird man dem Uebelſtande, daß bei ſinkendem Geld=
wert
die Steuer bei ihrem Eingange weniger wert iſt, als bei
Entſtehung der Steuerſchuld bei der Einkommenſteuer nicht ab=
helfen
. Denn aus dem Einkommen des Vorjahres kann man
heutzutage weniger als je einen Schluß auf das des lauſenden
Jahres ziehen, auch nicht durch mechaniſche Vervielſachungen, und
je weiter man auf dieſem Wege geht, um ſo mehr häufen ſich die
Fälle, wo die Vorauszahlungen die ſich am Jahresſchluß erge=
benden
Steuern überſteigen, und damit die Arbeitslaſt der Fi=
nanzäuter
durch Herauszahlungen, an denen der Steuerpflichtige
überdies, infolge der inzwiſchen eingetretenen Geldentwvertung,
viel Celd verliert, vergrößert wird.

Laneftarſchen duſäande erſicht eite De uechrtclie daie
trolle des Parlaments gewährt zumal lei ſchwanlenden Mehr=
heiten
keinen genügenden Schutz. Glaubt der Geſetzgeber ohne
die Grundlagen einer Steuer berührende Ermächtigung an
die Finanzverwaltung nicht auskommen zu können, daun muß
ihm das eine Mahnung ſein, ſich zu fragen, ob er mit der gan=
zen
Steuer überhaupt auf dem richtigen Weg oder es nicht viel=
mehr
vorzuziehen iſt, auf ſie gänzlich zu verzichten. Wir haben
dieſen falſchen Weg noch zanz neuerdings auf ein:m Gebiet be=
ſchritten
, vvo ſich ein anderer zu einer Anpaſſung der Steuern
an die Markeniwertung bot, bei den Verbrauchsſteuern.
Statt Steuerſätze nach den Verkaufspreiſen halten auch die
nuen Vier=, Zucker=, Salz= und Spielkartenſteuergeſetze vom
9. Juli 1923 an feſten Steuerſätzen für die Mengen= bzw. Ge=
wichtseinheit
feſt. Bietet ſich bei den Verbrauchsſteuern in der
Beſteuerung nach dem Preiſe ein freilich auch nur mit Vorſicht zu
beſchreitender W.g zur Valoziſierung der Steuern, ſo iſt bei
ihnen auch ein Schutz des Steuerfislus gegen die Geldentwer=
tung
zwiſchen Entſtehung und Entrichtung der Steuerſchuld ver=
hältnis
näßig leicht möglich durch Verkürzung der Abrech=
nungsperioden
zwiſchen Steuerzahler und Steuerfiskus. Aber
ankererſeits muß man ſich vergegenwärtigen, daß damit die
Verwaltungskoſten ſteigen. Dasſelbe gilt bei ſtarken Steuer=
erhöhungen
und Beſteuerung nach den Preiſen, denn damit
ſt igt der Anzeiz zu Steuerhinterzehungen und =umgehungen.
Man muiß ſich daher, zumal erhebliche Steuererhöhungen
auch konfunierend ſwirken, fragen, ob bei der betreffenden
Verbraugsſteuer der Apparat und die Koſten der Verwal=
tung
und auch die ſchließlich unmittelbar oder mittelbar ſich
in Geldverluſten auswirkenden Beläſtigungen für die Steuer=
zahler
noch in richtigem Verhältnis zum Stenerertrage ſtehen,
nicht vielmehr wegen eines Mißverhältniſſes in dieſer Hinſicht
lieber auf die ganze Steuer zu verzichten iſt. Das letztere ſich
um ſo näher, nachd m wir in der Umſatzſteuer eine allgemeine
Verbrauchsſteuer haben, nelen der auch vom Standpunkt der Ge=
recktigkeit
Sond=verbrauchsſteuern nur Berechtigung haben, ſo=
weit
es ſich um nicht auch für die Unbemittelſten ſchlechthin un=
entlehrliche
Verbrauchsgeg nſtände handelt. Von dieſem Geſichts=
ſichtspunkt
aus hat man ſich zu fragen, ob nicht auf die Zünd=
waren
=, Leuchtmittel= und Salzſteuer zu verzichten
wäre, wie es mit der Mineralwaſſerſteuer ſchon geſchehen iſt.
Zu bejahen wäre die Frage allerdings nur, wenn die notwen=
digen
Verwaltungs= und Erhebungskoſten tatſächlich im Ver=
gleich
unverhältnismäßig hoch ſind, oder wenn Sicherheit dafür
geboten märe, daß die Aufhebung der Steuern wirklich den Ver=
brauchern
zugute käme, nicht den Produzenten. Dieſe Sicherheit
läßt ſich aber am allerwenigſten ſchafſen, wenn die Regierung,
ſo wie gegenwärtig, des Preisbildung in notwendigen Lebens=
bedürfniſſen
und damit der Ausbeutung der Verbraucher durch
Produzenten und Handel freie Hand läßt. Am ſchroffſten einan=
der
gegenüler ſtehen ſich infolge der nicht nur dem Sinken der
inländiſchn Kaufkraft der Mark, ſondern ſogar den Weltmarkt=
preiſen
voraneilenden Geſtaltung der Kohlenpreiſe die die
Steuer empfehlende finanzielle Ergiebigkeit und Wirtſchaftlichkeit
und der gegen ſie ſprechende Geſichtspunkt der Schonung unent=
behrlicher
Lebensb=dürfniſſe bei der Kohlenſteuer. Gerade
weil ſie ſich in ihren Erträgen am meiſten der Markentwer=
tung
anpaßt, wird man trotz ihrer Bedenklichkeit an ihre Beſeiti=
gung
nicht denken könn.n, wohl aber an eine ſtärkere Scho=
nung
des Hausbrands. Soll die Kohlenſteuer aufrecht=
erhalten
werden, ſo werden entweder den Zechenbeſitzern in der
Preisbildung noch engere Schranken zu ziehen oder es wird ein
Ausgleich durch eine Beſteuerung der Sachwerte zu ſchaffen ſein.
Mit letzterer iſt ja jetzt ein Anfang gemacht worden: in der
Lohnſteuer der induſtriellen, gewerblichen und Handelsbetriebe
und in der Abgale der Land= und Forſtwirtſchaft von 1½, Gold=

Man muß ſch darüber klar werden, daß die Einkommen=
ſteuer
vermöge der Art ihres Gegenſtandes mehr als jede andere
Steuer eine ſtabile Währung vorausſetzt. Denn ihr, auch die
Bemeſſungsgrundlage bildender, Gegenſtand iſt nicht, wie bei
den Vermögensſteuern, eine zu einem beſtimmten Zeitpunkt
greiſbar vorhandene reale Größe oder, wie bei den Verkehrs=
und Verbrauchsſteuern, ein ſich zu einem beſtimmten Zeitpunkt
vollziehender Vorgang oder der Gegenſtand dieſes Vorgangs,
ſondern ein fingierter: Das ſteuerbare Einkommen iſt ja nicht,
wie das ſteuerbare Vermögen, am Stichtage vorhanden, ſondern
es wird, wenn auch ohne ſich darüber klar zu ſein, tatſächlich fin=
giert
, daß ſich die ſämtlichen, ſich über das ganze Jahr verteilen=
den
wirtſchaftlichen Vorgänge, deren Ergebuis das Einkommen
bildet, an dem Stichtage vollzogen hätten; die am 1. Tage des
maßgebenden Jahres erzielte Einnahme oder geleiſtete Ausgabe
wird ebenſo behandelt wie die am letzten erzielte oder geleiſtete.
Den Verſchiedenheiten des ſchwankenden Geldwerts läßt, ſich
ſchlechterdings nicht Rechnung tragen, und durch die Voraus=
zahlungen
werden ſie eher verſchärft als gemildert. An ihnen
ſcheitert auch der Gedanke einer Valoriſierung der Einkommen=
ſteuer
in der Weiſe, daß der tarifmäßige Steuerbetrag im Ver=
hältnis
der zwiſchen Entſtehung und Tilgung der Steuerſchuld
eingetretenen Wertänderung der Mark umgerechnet wird.

Wirklich befriedigend wird man aus den dargelegten Grün=
den
das Problem, die allgemeine Einkommenſteuer im Einklang
mit einer ſtändig kataſtrophal ſchwankenden und ſinkenden Wäh=
rung
zu bringen, überhaupt nicht löſen können. Will man ſich
nicht mit einer Notlöſung begnügen, dann müßte man ſchließlich
auf die allgemeine Einkommenſteuer überhaupt berzichten und
den Cinkommenſteuergedanken auf das Arbeilseinkommen be=
ſchränken
, wo die Erhebung an der Quelle möglich iſt. Die Auf=
gabe
der Einkommenſteuer gegenüber dem Beſitzeinkommen und
gleichzeitig die der Beſteuerung der Sachwerte hätte dann die
entſprechend umzugeſtaltende Vermögens= und Vermögenszu=
wachsſteuer
zu übernehmen, die dann aber alljährlich zu veran=
lagen
wären. Mit der Verſchiedenheit der Maßſtäbe der Ver=
mögensſteuer
, gemeiner, Ertrags= und Geſtehungswert wäre
Schluß zu machen und als einheitlicher Maßſtab der gemeine
Wert vorzuſchreiben. Als dritte Hauptſteuer wäre die Umſatz=
ſteuer
beizubehalten und namhaft zu erhöhen, um die kleinen
und die unwirtſchaſtlich verbrauchten Einkommen zu erfaſſen.
Zu ergänzen wären dieſe Hauptſteuern durch Sonderverbrauchs=
ſteuern
auf Gegenſtände eines entbehrlichen Maſſenkontums
(geiſtige Getränke, Zucker und Tabak), durch ſehr hohe Luxus=
ſteuern
auf offenſichtliche und leicht feſtſtellbare zweifelloſe Luxus=
aufwendungen
ich denke z. B. an die lächerlich niedrige auch
nach dem Ruhropfergeſetz, viel zu niedrig beſteuerten Lurus=
automobile
, an Reitpferde, Luxusgaſtſtätten, aber auch an die
Kinos, für deren Beſuch namentlich unſere jüngere Arbeiter= und
Angeſtelltenſchaft unverhältnismäßig viel von ihrem ſich gerade
dadurch wie durch den Aufwand für Zigaretten, Obſt, Süßigkei=
ten
uſw. als unwirtſchaftlich hoch erweiſenden Arbeitsverdienſt
verſchwendet. Dagegen wäre mit ſteuerfiskaliſch nicht lohnenden
allzu großen Feinheiten der jetzigen Luxusſteuer aufzuräumen.
Den nicht in einem Vermögenszuwachs am Jahresſchluß in die
Erſcheinung tretenden Spekulationsgewinnen iſt nicht auf dem
Wege des 8 11 Nr. 5 Eink.=St.=G., ſondern nur durch Kapital=
verkehrsſteuern
unter Einführung einer Konzeſſionspflicht mit
Bedürfnisnachweis und Entziehbarkeit der Konzeſſion für Bank=
geſchäfte
beizukommen.
Ueberhaupt wird eine wirkſame Geſtaltung des Steuer=
ſpſtems
nicht möglich ſein obne gewiſſe ſehr einſchneidende wirt=
ſchaftspolitiſche
und wirtſchaftspolizeiliche Maßnahmen (Strutz
denlt an Höchſtpreiſe für notwendige Lebensbedürfniſſe mit
ſchärfſten Kontrollen und drakoniſchen Strafen).
Nachdem man den Währungsverfall ſo weit hat kommen
laſſen, foll man den Cinfluß ſteuerlicher Maßnahmen auf ſeine
Sanierung nicht überſchätzen und nicht die Steuerzahler, ſoweit
ſie nicht unbedingt leiſtungsfähig ſind, auch noch ſür die Uinter=
laſſungsfünden
und verkehrten Maßuahmen von Reichsregie=
rung
und Reichsbank abſtrafen!

Necheich 1e die Aal e Au durſchte iche ie eie.
hältnis den im Betrieb arbeitenden Sachwert, während der
Wehrbeitragswert nicht bloß veraltet iſt, ſondern, da er
bei der Land= und Forſtwirtſchaft der Ertragswert einer
weit zurückliegenden Zeit iſt, zu einer unberechtigten Be=
günſtigung
der einer ſolchen am wenigſten ledürftigen
Land= und Forſtwirtſchaft führt. Endlich fehlt unter den zu
beſteuernden Sachwerten der Hausbeſitz, der ebenfalls ge=
waltige
Wertſteigerungen in Papiermark erfahren hat und
es, unterſtützt von vielfach auf ſeinem Stand=
punkt
ſtehenden Vorſitzenden der gemeindlichen
Ausſchüſſe für Mietzinsbildung, verſteht, auch die
Mieten in unerträglicher Weiſe in die Höhe zu ſchrauben, dabei
mit der wenigſtens ſoweit es ſich nicht gerade um Arbeiter=
wohnungen
handelt unwahren Behauptung arbeitend, vor dem
Kriege hätten die Mieten durchſchnittlich ein Fünſtel des Ein=
kommens
abſorbiert. Die Hausbeſitzer mögen ſich daran erin=

* Ein Vorſchlag zur Vereinheitlichung
der Steuerverwaltung.

Reg.=Aſſeſſor Dr. Criſolli=Berlin ſchreibt in der N. St.=
Rundſchau:

Unſer heutiges Steuerweſen krankt an mangelnder Einheit=
lichkeit
. Die St.=Abg.=O. hat zwar einen klaren Behördenaufbau
und für alle Abgaben gemeinſame allgemeine Vorſchriften ge=
ſchaffen
. Damit iſt die Arbeit jedoch noch nicht getan. Daß
ſämtliche Beſitz= und Verkehrsſteuern eines Bezirks im allge=
meinen
von demſelben Amte nach den gleichen allgemeinen Vor=
ſchriften
ermittelt, feſtgeſetzt und erhoben werden, gewährleiſtet
weder eine übereinſtimmende Bearbeitung der einzelnen Steuern,
noch daß in formeller Hinſicht alle Maßnahmen, die mehrere oder
alle Steuerarten betreffen, gemeinſam vorgenommen werden.
Eine. Zuſammenarbeit findet nur anfatzweiſe
ſtatt. Cinkommen= und Vermögensſteuern werden in der glei=
chen
Abteilung bearbeitet. Ferner ſollen dieſe und die Abteilung
zur Bearbeitung der Umſatzſteuern ſich gegenſeitig über die Er=
mittlungsergebniſſe
berichten. Schließlich ſollen nach miniſteriel=
ler
Anweiſung ſämtliche Straſverfahren und nach der Beitr=O.
auch die Beitreibung ſämtlicher rückſtändigen Steuern von be=
ſonderen
Abteilungen erfolgen. Im übrigen arbeiten
die einzelnen Abteilungen jedoch faſt völlig

unabhängig boneinander und geht die Selbſtändi
der einzelnen Steuern ſoweit, daß ſie einzeln zum Soll ge
und ſogar in der Kaſſe von verſchiedenen Buchhaltern beark
werden.
Aus dieſer mangelnden Einheitlichkeit ergibt ſich ein Ne
einanderarbeiten der einzelnen Abteilungen, das u. 1. zu ei
der widerſprechenden Malnahmen oder Entſcheidungen
kann. Es brauchen nicht gleich Fälle zu ſein, in denen der
komntenbeſteuerung ein höherer Betrag zu Grunde gelegt iſt
der Umfatz nach dem Umſatzſteuerbeſcheid betragen hat.
häufiger kann es ſich ereignen, daß z. B. ein Kauſmann auf
gleichzeitig eingereichten Stundungsanträge bezüglich der Un
ſteuer einen ablehnenden und bezüglich der Cinkommenſ
einen genehrigen en Beſcheid erhält, oder daß er in einem
zen Zeitraum verſchiedene Male wegen verſchiedener Steuer
ſtände gemahnt oder mehrmals zur Vorlegung ſeier Bücher
verſchiebenen Abteilungen aufgeſorbert wird. Die verſchied
Anfragen, Veanſtandungen, Beſcheide und Mahnungen, die
verſchiedenen Abteilungen des Amts mitunter über dieſe
Fragen an denſelben Steuerpflichtigen ergehen laſſen, mi
als weitere Folge zu einer Verwirrung und Verärgerung
Steuerpflichtigen führen, die ſich in einem weiteren Sinken
Steuermark und einer Velaſtung des Finanzamts mit Anſp
und Beſchwerden auswirlen, weil die Steuerpflichtigen ſich
mehr herausfinden.
Endlich läßt es ſich bei getrennter Bearbeitung trotz
Sorgfalt nicht vermeiden, daß die von der einen Abteilung
machten Erfahrungen und getroffenen Feſtſtellungen der and
unbekannt bleiben, ſo daß dieſe im günſtigen Falle erſt
mühſelige Crmittlungen anſtellen muß. Daß dem Reiche
durch manche Cinnahmen entgehen, liegt ebenſo auf der 5
wie daß dadurch erhebliche Mehrausgaben für Beamte und
ſtige Verwaltungskoſten entſtehen, die bei einer ſtärteren Zu
menfaſſung geſpart werden können. Ich weiſe nur darauf
daß die Abrundung nach der Abrungsverordn
bei jeder einzelnen Steuer geſondert vorzut
men iſt, ohne Rückſicht darauf, ob nicht alle gleichzeitig fäl
Steuern einen runden Betrag ausmachen.
(Forrſ. f.

Rückfkellung für die Gewerbeſieuer des laufen
Geſchäftsjahres in der Einkommenſteuerbilen

Steuerſyndikus Stamm=Hannover behandelt dieſe
alle Geſchäftsleute wichtige Frage im Oltoberheft der A.e=
Viele Finanzämter ſtehen hier auf dem Standpunkt, daß in
in Frage tommenden Bilanz eine Rücſtellung für die Gewe
ſteuer auf Grund des Ergebniſſes des laufenden Jahres
zuläſſig ſei. Cine Gewerbeſteuerſchuld ſei am Ende des Ke
der=(Geſchäſts=)jahres noch nicht entſtanden, ſie trete erſt
die Veranlagung im folgenden Jahre für das folgende 9
nungsjahr ein (z. B. am 1. April 1923 für Ergebnis am
Dezember 1922. Dieſe Nechtsaufſaſſung bezeichnet Stamm
irrig. Abzuſtellen ſei auf die Frage, wann die Steuerſchuld
ſteht. Davon zu unterſcheiden ſei die Feſtſtellung der Höhe ?
Schätzung oder Veranlagung und die Fälligkeit. Hier ſei
der RAbg.O. entſcheidend. Die Steuerſchuld entſteht, ſobald
Tatbeſtand verwirklicht iſt, an den das Geſetz die Steuer ini
daß es zur Feſtſtellung der Steuerſchuld noch der Feſtſetzung
Betrages bedarf, ſchiebt die Entſtehung nicht hinaus.
zweiſelhaft entſteht alſo die Steuerſchuld mit dem Beginn
Steuerpflicht. Die Steuerpflicht hinſichtlich der Gewerbeſt
in Heſſen beginnt: 1. wenn der Steuerpflichtige ſeit minde
einem Jahre kein ſteuerpflichtiges Gewerbe in Heſſen betri
und daſelbſt Wohnſitz oder Sitz hat, mit dem Anfang des
die Betriebseröffnung folgenden Steuerjahres; 2. in allen
deren Fällen mit dem Anfang des auf die Betriebseröfſnung
genden Monats. Demnach laſtet die Gewerbeſteuer als Se
auf dem Betriebe des jeweiligen Geſchäftsjahres. Sie iſt
als Schuld wie alle anderen Schulden in die Bilanz des
laufenen Geſchäftsjahres einzuſtellen. Stamm verweiſt
Stützung ſeiner Anſicht noch auf eine Entſcheidung des Ne
Finanzhofes vom 3. Novymber 1921, die von weittragender
deutung für die geſamte Theorie und Praris der Abſchreibu=
und Nückſtellungen iſt. Ein Paſſivpoſten, der am Bilanzpfl
tage zwar noch keine rechtliche, wohl aber eine in ſichere Aus
zu nehmende wirtſchaftliche Verbindlichkeit darſtellte, kan
nach der geringeren oder größeren Wahrſcheinlich eit des
ſtehens einer rechtlichen Schuld mit einem entſprechenden
betrage am Endvermögen abgeſetzt werden. Selbſt wenn
alſo die Gewerbeſteuerrückſtellung nicht als eine rechtliche Se
anſehen wollte, ſo kann ſie doch in der Bilanz zum Ausdruck
men, weil ſie in ſicherer Ausſicht ſteht. Sie kann vom End
mögen abgeſetzt werden, da die Bilanz nach den Grundſ
des HGB. in erſter Linie eine Vermögensbilanz iſt, die 91
zeitig auch der Ermittlung des Geſchäftsgewinnes dient.
Klärung dieſer Frage iſt inſofern auch von großer Bedeut
als ſich nach der Einkommen= und Körperſchaftsſteuerveranla=
1922 bezw. den dabei feſtgeſetzten Steuerſätzen die Vorauszah
gen auf die Einkommen= und Körperſchaftsſteuer für 1923
die Höhe der Rhein= und Nuhrabgabe richten.

Die Entlafungsderordzung von 24. Oftober befl
Rechtsmittel, die vor 14. Oktober 1923 eingelegt wurden
ur h anhängig ſind, werden, ſoweit es ſich um Geldbeträge
delt, die nicht von vornherein auf wertbeſtändiger Grundlage
rechnet ſind, unter folgenden Vorausſetzungen für erledigt
klärt: 1. Beſchwerden, Einſprüche, Berufungen und Aufechtut
ſind erledigt, wenn der Streitwert am 13. Oktober nicht höher
1 Milliarde Mark war; 2. bei allen genannten Rechtsmitteln, d
Streitvert am 13. Oktober über 1 Milliarde bis zu 3 Millia=
Mark war, iſt das Verfahren unterbrochen; 3. des Verfa.
über Rechtsbeſchwerden iſt unterbrochen, wenn der Streit
am 13. Oktober 3 Milliarden Mark, nicht überſtieg. Iu
Fällen Nr. 2 und 3 kann der Rechtsmittelkläger das u.
brochene Verfahren binnen Monatsfriſt, die am 27. Nob.
zu Ende geht, wieder aufnehmen, widrigenfalls das Rechtsu
als erledigt gilt. Dieſe Beſtimmungen finden keine
wendung: 1. auf Rechtsmittel, die Veranlaguugen zut
kommen= und Körperſchaftsſteuer für 1922 betreffen, foweit
Veranlagungen die Grundlage für erhöhte Vorauszahl
und für Zahlung der Rhein=Ruhr=Abgabe bilden: 2. auf
ſchwerden gegen die im 8 3 des Geſetzes über Erhöhung
Vorauszahlungen auf Einkommen= und Körperſchaſtsſtener
9. Juli/11. Auguſt 1923 bezeichneten Beſcheide; 3. auf Re=
mittel
im Steuerarreſtverfahren; 4. auf Rechtsmittel, die 2
ſtreckungs= oder Ergänzungsbeſcheide (8 3 Steuernachſichtsgeſ
vom 3. Januar 1920).

T. Aus Entſcheidungen des Reichsfing
ofs: Ein Zeitungsverleger iſt für den
Zeitungsausträger zuſtehenden Träger!

nicht umſatzſteuerpflichtig, wenn dieſer im einze
Fall ſeinem Monatsbetrage nach feſtſteht und den Bezie
durch Vordruck am Kopfe der Zeitung allgemein bekannt 2
ben wird. Dies gilt insbeſondere dann, wenn der Zeitut
träger vom Bezieher monatlich den Geſamtbezugspreis ein!
den Trägerlohn für ſich zurückbehält und nur den Reſt dem
leger abliefert.