Darmstädter Tagblatt 1923


05. November 1923

[  ][ ]

eigenſchläüſſel 100 Millionen

nummer 3 Milliarden Mark

Bezugspreis:

ſcheniſich Tmaligem Erſcheinen vom 1. bis 10.
zer 45 Millarden Mk. und 1½ Milliarden M
gebühr, abgeholt 451/s Milliarden Mk., durch die
en 16½ Milliarden Mk. frei Haus. Poſtbezugs=
zbleibendl
ohne Beſtellgeld 4,320 Milliarden Mi.
ſlung 50 Milliarden Mi. Verantworlichkeſt ft
me von Anzeigen an beſimmten Tagen wird
ernommen. Nichterſcheinen einzelner Nummer
höherer Gewalt berechtigt den Bezieher nich
zung des Bezugspreiſes. Beſtellungen und Ab=
igen
durch Fernruf ohne Verbindlichkeit für uns.
Poſtſcheckolto: Frankfurt a. M. 1301.

Heſſiſche Neueſte Nachrichten
Morgenzeitung der Landeshauptſtadt
Nachdruck ſämtlicher mit ½ verſehenen Original=Aufſätze und eigenen Nachrichten nur mit Quellenangabe Darrſt. Tagbl. geſtattet.
Nummer 306
Montag, den 5. November 1923
186. Jahrgang

Anzeigenpreis:
27 mm breite Zeile im Kreiſe Darmſtadt 150 Mart
Finanz=Anzeigen 200 Mark, Reklamezeile (92 mm
brei) 800 Mark. Anzeigen von auswärts 200 Mk.,
Finanz=Anzeigen 300 Mark, 92 mm breite Reklame=
zeile
1000 Mark. Dieſe Preiſe ſind mit der
weils
Pi
gültigen Schlüfſelzahl zu multipizieren.
Falle höherer Gewalt, wie Krieg, Aufruhr, Sire
ſw., erliſcht ſede Verpſichtung auf Erfüllung der
Anzeigenaufträge und Teiſfung von Schadenerſatz
Bei Konkurs oder gerichtlicher Beſtreibung fält
jeder Rabatt weg. Bankkonto: Deutſche Bank und
Darmſtädier 8 Nationalbank.

voincarés Sonntagsreden.
ſcarés Rechenkünſte. Frankreichs Vorbehalte in
der Sachverſtändigen= und Rheinlandfrage.
Paris, 4. Nov. (Wolff.) Miniſterpräſident Poincaré
heute wieder zwei Reden. Bei der Einweihung des Krieger=
nals
in Brive behauptete er nach der gewohnten Polemik
die raffinierte Illohalität Deutſchlands, Frankreich
ebisher erſt 244 Millionen Goldmark erhal=
Zu dem Plan des Sachverſtändigen=Ausſchuſſes zur Ab=
ung
der deutſchen Zahlungsfähigkeit betonte er, daß Frank=
ſeinen
Verbündeten ſeine Freundſchaft habe bekunden
n, als es dieſe Perſpektive im Prinzip zugelaſſen habe. Die
ißworte Poincarés galten der Sicherheitsfrage. Bis=
ei
nichts an die Stelle der in Verſailles verſprochenen Sicher=
pakte
getreten. Zu welcher politiſchen Organiſation künftig
das deutſche Volk gelangen möge, Frankreich werde darühe=
en
, daß neue Angriffe für immer unmögliaz gemacht würben,
kreich habe niemals verſprochen, die deutſche Verfaſſung
auch nur die Reichseinheit gegen die Deutſchen ſelbſt in
tz zu nehmen. Die Initiative der deutſchen Länder überhebe
llliierten der Verpflichtung, untereinander die Beſtimmungen
Friedensvertages innezuhalten.
Die zweite in Tulle gehalzene Rede hatte hauptſächlich inner=
iſchen
Charakter. Poinegrs verſprach, im gegebenen Zeit=
t
der Forderung eines großen Zukunftsprogramms für die
tenden Wahlen nachzukorinen, aber augenblicklich ſei die
lkampagne noch nicht eröffnet. Bevor man an die nächſte
laturperiode denke, mnöge man zuerſt bemüht ſein, die noch
beendete in Ordnung und methodiſcher Arbeit abzuſchließen.
eßlich beklagte ſich der Miniſterpräſident, daß die deutſche
ſalität, anſtatt die Gläubiger in einem gemeinſamen Vor=
i
einander näher zu bringen, nur Verzögerungen und
ſankungen in ihr Zuſamnenwirken hineingetragen habe,
kreich habe ſomit täglich doppelte Mühe, ſich ſo freundſchaft=
vie
möglich mit ſeinen Alliierten zu verſtändigen und ſeine
aligen Feinde zur Kapitulation zu zwingen.
lie Befugniſſe des Sachverſländigen=Ausſchuſſes.
Paris, 5. Nov. (Priv.=Tel.) Der diplomatiſche Mit=
ter
der Havasagentur hat über den Stand der Verhandlun=
über
die Einſetzung eines Sachverſtändigenausſchuſſes fol=
es
erfahren: Die engliſche Regierung habe durch ihren Bot=
ter
zur Kenntnis gebracht, es wäre unzweckmäßig, in der
ktiveinladung an die Vereinigten Staaten die von Poincaré
ulierten Aenderung vorzunehmen. Nach engliſcher Auffaſ=
würden
Poincarés Einſchränkungen dazu angetan ſein, die
inigten Stagten von der Teilnahme an der Konferenz abzu=
n
. Poincarés Antwort ſei geſtern nachmittag der engliſchen
chaft überreicht worden. Nach franzöſiſcher Auffaſſung dürfe
Sachverſtändigenausſchuß keine ausgedehnteren Kompeten=

ailles beſtimme, es könne Deutſchland kein. Zahlungserlaß
einmütige Zuſtimmung der in der Kommiſſion vertretenen
dte gewährt werden. Unter dieſen Umſtänden werde Frank=
für
ſeinen Teil einfach dadurch, daß es von ſeinem Veto=
Gebrauch mache, es in der Kommiſſion ablehnen, eine Her=
zung
des Geſamtbetrages der deutſchen,Verpflichtungen zu=
ſſen
, die die Reparationskommiſſion am 1. Mai 1921 auf 132
iarden Goldmark feſtgeſetzt habe. Dagegen würde Frank=
gegebenenfalls
mit Abänderungen des Londoner Zahlungs=
ts
in Form eines Zahlungsaufſchubs einverſtanden ſein.
Sachverſtändigenausſchuß könnte die deutſchen Zahlungen
für einen ſehr beſchränkten Zeitraum, jedoch nicht endgültig
tzen, und es laſſe ſich unmöglich ſchon jetzt vorausſehen, über
de Wirtſchaftskräfte Deutſchland, in einem Jahre verfügen
de, während es allefdings heute ganz ſicher ſei, daß ſeine
izielle Leiſtungsfähigkeit tatſächlich ruiniert ſei. Frankreich
e ſich andererſeits mit keiner Herabſetzung ſeiner Forderun=
an
Deutſchland ohne Gegenleiſtungen einverſtanden erklären.
Note Poincarés an Amerika.
1C. Paris, 5. Nov. Poincaré hat in der Frage des
anten Sachverſtändigenausſchuſſes eine Note nach Waſhing=
geſandt
, die der Wafhingtoner franzöſiſche Botſchafter heute
Staatsdepartement überreichen ſoll. Hier wird erklärt, daß
offiziellen Erwiderung der amerikaniſchen Regierung für das
andekommen des Ausſchuſſes die größte Bedeutung beizu=
en
ſei.

Beigien für eine Geſamtregelung des
Reparationsproblems.
* Paris, 5. Nov. (Priv.=Tel.) Dem Brüſſeler Korreſpon=
en
des Temps zufolge hat die belgiſche Regierung den leb=
en
Wunſch, das Zuſtandekommen des Sachverſtän=
enausſchuſſes
irgendwie zu ermöglichen, wobei ſie von
Ueberzeugung ausgeht, daß für eine raſche politiſche Löſung
Reparationsproblems die Mitarbeit der Vereinigten
aaten unerläßlich iſt. Es unterliegt keinem Zweifel, fügt
Korreſpondent hinzu, daß in Brüſſel die Neigung beſteht, das
eitsfeld der Sachverſtändigen, allerdings unter Ergreifung
iſſer Vorſichtsmaßnahmen, zu erweitern, und nicht nur auf
Prüfung der gegenwärtigen Leiſtungsfähigkeit Deutſchlands zu
9ränken. Im einzelnen glaubt man, daß eine Behandlung
Geſamtproblems ſich nicht umgehen laſſen würde, und zwar
me es weniger darauf an, die Zahlungsfähigkeit Deutſchlands
die nächſten 20 oder 30 Jahre zu berechnen, als in der Haupt=
e
darauf, private oder öffentliche Einnahmequellen des Reiches
ſindig zu machen und ferner zu ermitteln, in welchem Umfang
für Zwede der Wiedergutmachung verwendet werden können.
dieſer Abſicht müſſe eine eingehende Unterſuchung über di=
rſche
Geldreform, die Möglichkeit der Finanzkontroller der
Eſchen Guthaben im Ausland, ſowie den Privatbeſitz und die
ywerte im Deutſchen Reiche ſelbſt und ſchließlich über die
rantie für eine internationale Anleihe angeſtellt werden.

Vom Tage.

Die Neu=Yorker Börſen haben den Handel in Mark=Deviſen ein=
geſtellt
.
Der Berliner Börſenvorſtand wird heute vormittag zu=
ſammentreten
, um darüber Beſchluß zu faſſen, daß, ſoweit noch nicht
effektive Stücke der Goldanleihe geliefert werden können, Kaſſen=
quittungen
der Reichsbank lieferbar ſein ſollen.
Der Auswärtige Ausſchuß des Reichstags, der für Mon=
tag
einberufen war, wird erſt am Dienstag nachmittag eine Sitzung
abhalten. D:: Termin für die Plenarſitzung bleibt zunächſt für Mitt=
woch
beſtehen.
Wie wir hören, wurde der frühere Miniſterpräſident Zeigner
zum Landgerichtsdirektor beim Landgericht Dresden ernannt.
Die geſtrige Münchener Trauerfeier für die 13 000 im Weltkriege
gefallenen Söhne der bayeriſchen Landeshauptſtadt nahm mit der Grund=
ſteinlegung
für das Kriegerdenkmal einen programmäßigen Verlauf.
Ludendorff und Hitler waren bei der Feier nicht zugegen.
Der Außenminiſter Jaſpar hat geſtern den Leiter der belgiſchen
Ruhrdelegation Hennegart empfangen, der ihm ausführlich Bericht über
die Verhandlungen mit der Stinnes=Gruppe erſtattete. Der Vertrag
mit Stinnes wird nach ſeiner Meinung am Mittwoch unterzeichnet.
Nach einer Meldung des Intranſigeants aus Turin läuft in Italien
das Gerjicht um, daß in Griechenland in den letzten 24 Stunden ernſte
Ereigniſſe eingetreten ſeien. Der König ſoll von den Revolutionären
gefangen genommen worden ſein.

744
Sparmaßnahmen des Reichsſparkomm Nars
Herabminderung des Perſonalbeſtands.
Verſchmelzung mehrerer Aemter.
Berlin, 3. Nov. (Wolff.) Nach dem Vorſchlage des
Reichsſparkommiſſars wurde nunmehr die Reichsanſtalt
für Maße und Gewichte mit der phyſikaliſch=
techniſchen
Reichsanſtalt verſchmolzen. Dadurch
werden 16 Beamte und 28 Hilfskräfte entbehrlich. Entſprechend
werden ſich die Koſten für die Geſchäftsbedürfniſſe, Unterhaltung
der Bücherei, Laboratorium, Inſtrumente, Poſt=, Telegraphen=
und Fernſprechgebühren vermindern. Desgleichen werden Wohn=
räume
verfügbar. Auch das zum Geſchäftsbereich des Reichs=
miniſteriums
des Innern gehörende Reichswanderungs=
amt
iſt vom Sparkommiſſar geprüft mit dem Ergebnis, daß
der Perſonalbeſtand dieſer Behörde um über ein Drittel
derringert wird. Seit der Prüfung ſchieden bereits 29 Be=
amte
und Angeſtellte aus. Eine entſprechende Regelung gilt
auch für die Anforderungen des Reichskommiſſariats
für die Reparationslieferungen im ſogenannten
Anforderungsverfahren.
Die Reichsregierung iſt bereit, ſowohl in denjenigen Fällen,
in denen alliierte Beſteller die Durchführung von Verträgen im
freien Sachlieferungsverkehr gegen Barzahlung wünſchen, zwi=
ſchen
den Vertragsparteien in dieſer Richtung zu vermitteln, als
auch etwaigen Wünſchen der alliierten Regierungen auf Erfül=
lung
der noch nicht erfüllten Verträge im freien wie im gebunde=
nen
Verkehr nach Möglichkeit entgegen zu kommen, ſofern ihr
binnen drei Wochen eine Mitteilung der alliierten Regierungen
hierüber zugeht und die Reſtzahlung in bar zugeſtanden wird.
Die Reichsregierung iſt ſich der ſchweren Folgen, welche die Ein=
ſtellung
dieſer Zahlung für die deutſche Wirtſchaft haben wird,
durchaus bewußt. Die finanzielle Lage zwingt jedoch zu durch=
greifenden
Maßnahmen, um den Staatshaushalt und die Wäh=
rung
zu ſanieren und die Exiſtenzmöglichkeit des deutſchen Vol=
kes
zu erhalten. Dieſe Maßnahmen ſetzen voraus, daß das Ver=
hältnis
von Einnahmen und Ausgaben des Reiches zunächſt ins
Gleichgewicht gebracht wird, ſo daß der einſchneidende Schritt
dieſer vorläufigen Zahlungseinſtellung ſich nicht vermeiden ließ.
Stabiliſierung der Mark.
TU. Berlin, 5. Nov. Halbamtlich wird gemeldet: Am
geſtrigen Sonntag hat beim Reichsfinanzminiſter unter Mitwir=
kung
des Reichswirtſchaftsminiſters eine eingehende Beſprechung
mit Sachverſtändigen über die Markſtabiliſierung ſtattge=
funden
. Zugrunde lag der geſtrige Beſchluß des Reichskabinetts,
ein feſtes Mindeſtumrechnungsverhältnis zwiſchen einem wert=
beſtändigen
Geld und der Papiermark herzuſtellen. Es handelt ſich
dabei um eine begrenzte Papiergeldmenge, da bekanntlich mit dem
Inkrafttreten der Rentenmark die Notenpreſſe zum Stillſtand
kommt. Die Sachverſtändigen haben die Abſichten der Regierung
einmütig als praktiſch durchführbar bezeichnet und ſo beſtimmte
poſitive Vorſchläge gemacht, daß eine endgültige Beſchlußfaſſung
der Reichsregierung in kürzeſter Friſt erfolgen kann. Aus den
Kreiſen der Sachverſtändigen iſt zugleich mit großem Nachdruck
gefordert worden, daß gegen ungenehmigtes Notgeld, mit aller
Schärfe eingeſchritten wird, und daß das genehmigte Notgeld
nach weiterer Befriedigung des dringendſten Bedarfs an Zah=
lungsmitteln
ſofort eingezogen werden muß.
Ng
Münzzener Auffaſſung der Berliner Regierungskriſe.
TU. München, 5. Nov. Die Löfung, die die Regierungs=
kriſe
im Reich nach dem Ausſcheiden der Sozialdemokraten aus
der Reichsregierung gefunden hat, hat in amtlichen bayeriſchen
Kreiſen ſtark enttäuſcht. Nach den hieſigen Auffaſſungen gibt man
ſich in Berlin einer Täuſchung hin, wenn man glaubt, mit einer
der Schwere der Aufgabe nicht gerecht werdenden Zwiſchenlüſung
Reich und Volk politiſch und wirtſchaftlich auf dem gegenwärtigen
Zuſtand retten zu können. Man glaubt hier, daß man in Berlin
von den altgewohnten Parteirückſichten abſehen müſſe, und daß
der pſychologiſche Augenblick für die Einſetzung einer nationalen
Diktatur gekommen ſei. Man betrachtet in München die Frage der
Regierungsbildung durch den gegenwärtigen Zuſtand, nicht als
gelöſt, glaubt vielmehr, daß die wirkliche Löſung mehr als je im
Vordergrund der politiſchen Notwendigkeiten ſtehe.

Ein früherer preußiſcher Fahrſieiger als Stroh=
mann
Richerts.
Aus dem Saargebiet gehen uns von zuverläſſiger Seite Mit=
keilungen
zu über Vorbereitungen zu einem Separatiſtenputſch,
hinter welchem der in den letzten Monaten viel genannte ſranzö=
ſiſche
Putſchmajor Richert ſteht. Richert wurde bekanntlich,
ngchdem ſeine Putſchpläne in Bayern durch den Fuchs=Machhaus=
Prozeß aufgedeckt wurden, nach Kolmar i. E. ſtraſverſetzt,
was ihn aber nicht hindert, ſeine Propagandatätigkeit im Saar=
gebiet
unvermindert fortzuſetzen. Nachdem er ſich durch ſeine
zahlreichen Mißerfolge davon überzeugen mußte, daß er keiner=
lei
Einfluß auf die Saargebietsbevölkerung gewinnen und nur
mit Hilfe erheblicher Frankenbeträge ſich einige unſaubers Krea=
turen
kaufen konnte ſelbſt mit der Saarbund=Gründung er=
lebte
er ein Fiasko änderte er ſeine Methoden. Mit Hilfe des
früheren Kgl. Preußiſchen Fahrſteigers Reinhard, in
Saarbrücken verſucht er jetzt, eine Separatiſtenbewegung à la
Dorten und Genoſſen ins Leben zu rufen. Am vergangenen
Freitag fand im Hotel Monopol in Saarbrücken eine Sitzung
ſtatt, an der, wie bisher feſtgeſtellt wurde, folgende Herren teil=
nahmen
: Der oben genannze Reinhard, Heimburger=
Saarbrücken, Dr. Köhl=Saarbrücken (früher in Straßburg i.
E., nicht zu verwechſeln mit dem Ingenieur Köhl, einem alten
Saarbrückner), Ingenieu: Wertz, Simon, beide in Saar=
brücken
, ein gewiſſer Reppert und Schwartz, beide in
Friedrichsthal. In dieſer Sitzung wurde die Art beſprochen, in
welcher man die Separatiſtenbewegung im Saargebiet in Gang
ſetzen will. Es wurde mitgeteilt, daß der ſogen. Wirtſchafts=
bund
in Saarlouis dieſe Beſtrebungen unterſtütze und daß die
kürzlich gegründete Zentralkaſſe für Handwerkerkredite den:
gleichen Zwecke diene. Die letztere Gründung iſt auf Anregung
und mit Unterſtützung der franzöſiſchen Saargrubenverwaitung
erfolgt, in deren Etat Richert bekanntlich als Berghauptmann
geführt wird. Ein beſonderes Intereſſe für dieſe Gründung be=
kundete
auch der ſtellvertretende Vorſitzende der franzöſiſchen
Bergwerksdirektion, Kabitén Saint Claire de Vikle. In

über den Stand der Saarfrage hielt. Schlußfolgernd ſagte er
damals: Nachdem die Bergwerke in franzöſiſchen Beſitz über=
gegangen
ſind, der franzöſiſche Franken und der franzöſiſche
Schulunterricht im Saargebiet eingeführt ſind, gehört das Saar=
gebiet
eigentlich jetzt ſchon zu Frankreich. Jetzt gilt es, dieſe Tat=
ſache
durch einen äußeren Anlaß vollſtändig zu machen.
Major Richert iſt ſich bewußt, daß er im Saargebiet nur
etwas erreichen kann, wenn er ſein Endziel völlig verſchleiert,
wenn er ſelbſt völlig im Hintergrund bleibt. Deshalb hat er
den erwähnten Reinhard vorgeſchoben, der jetzt faſt ſtändig zwi=
ſchen
Saarbrücken und Kolmar hin und her fährt, um mit Ri=
chert
die Richtlinien der Aktion zu beſprechen. Reinhard war
früher Kgl. Preußiſcher Fahrſteiger auf Grube Dudweiler im
Saargebiet und ſpäter Einfahrer in Krefeld. Als ihm auf die
Erfindung eines eiſernen wandernden Grubenausbaues ein
Patent erteilt worden war, ſchied er aus dem preußiſchen Staats=
dienſt
aus. Er übernahm ſpäter, begünſtigt durch den damaligen
Kgl. Bergrat Langer, den Abbau von Kohlenflözen und den
Betrieb von Querſchlägen auf der Grube Viktoria im Saar=
gebiet
. Mit Hile ſeiner Erfindung, die er hierbei in Anwendung
brachte und ſonſtiger Vergünſtigungen ſeitens der Bergbehörde,
wurde Reinhard bald ein reicher Mann. Sein Ehrgeiz, auch ge=
ſellſchaftlich
eine Rolle zu ſpielen, wurde befriedigt, als es ihm
gelang, Mitglied des Saarbrücker Zivilkaſinos zu werden, das
ſich durch ſeine beſondere Exkluſipität auszeichnet. Inzwiſchen
iſt man aber dort auf ſeine Franzoſenfreundlichkeit aufmerkſam
geworden. Sein außerordentlicher Einfluß, den er ſowohl in
der Regierungskommiſſion wie auch in der Oberſten Polizeiver=
waltung
des Saargebiets beſitzt, geht ſoweit, daß gewiſſe Mani=
pulationen
, die er in ſeinen geſellſchaftlichen Beziehungen zur
franzöſiſchen Bergbehörde anwandte und den Verdacht der
Unterſchlagung und des Betruges aufkommen
ließen, keine ſtrafrechtliche Verfolgung fanden.
Auf ſeine Veranlaſſung ſind zahlreiche Ausweiſungen ihm unbe=
quemer
Perſonen zurückzuführen. Bezeichnend ſind auch ſeine
Beziehungen zu dem franzöſiſchen Agenten Kolmansperger,
der vor einigen Monaten wegen Anſtiftung zum Mord gelegent=
lich
des Bergarbeiterſtreiks zu mehrjähriger Zuchthausſtrafe ver=
urteilt
wurde.
Der Plan des Majors Richert geht dahin, mit Hilfe von
Reinhard und Genoſſen und verſchleierter Organiſationen eine
Bewegung ins Leben zu rufen, die auf die Ausrufung eines
autonomen Saarſtgates mit Anſchluß an den von General de
Metz erſtrebten autonomen Pfalzſtaat abzielt. Die beabſichtigien
Gründungen derer von de Metz und Richert ſollen einem großen
Staate von Teilen Lothringens und des Elſaß angegliedert und
damit eine Art franzöſiſcher Bundesſtaat gegründet werden.
Dieſem Plan ſoll auch Tardieu ſympathiſch gegenüberſtehen, der
den dahin zielenden Beſtrebungen ſeine Förderung ange=
deihen
läßt.
Mathes proteſtiert gegen die Ausweiſung
der Sepgratiſten.
* Paris, 5. Nov. (Priv.=Tel.) Matthes hat an die In=
teralliierte
Rheinlandkommiſſion wegen der von den belgiſchen
Behörden am Freitag in Aachen ergriffenen Haltung ein Proteſt=
ſchreiben
geſandt, in dem unter anderem ſteht: Das Verhalten des
belgiſchen Delegierten in Aächen iſt um ſo befremdlicher, als man
uns im Voraus die Neutralität der Beſatzungstruppen zugeſagt
hatte. Wir legen feierlich Proteſt gegen den von dem belgiſchen
Delegierten in Aachen erteilten Befehl.
Gr
Unſere heutige Nummer enthält den Sport des Sonntags

[ ][  ][ ]

Seite 2.

Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 5. November 1923.

Nummer 306

zunibe.

Der amerikaniſche Botſchafter in Paris für ein
Eingreifen Amerikas.
Paris, 4. Nov. (Wolff.) Der amerikaniſche Botſchafter
in Paris, Herrick, ſprach heute bei der Einweihung eines Krieger=
denlmals
in Navarin. Er ſagte u. a.: Die Lage in Europa
intereſſiere zurzeit Amerika ebenſo ſtark wie die europäiſchen
Ereigniſſe von 191417, wenn ſie auch weniger tragiſche Emp=
findungen
in ihm wachrufen. 1917 ſeien die Vereinigten Staa=
ten
gezwungen worden, in den Krieg einzugreifen durch das, was
ſie für ihr Intereſſe hielten, und dieſer Glaube habe ſich auf ihre
moraliſche Entrüſtung geſtützt. 1923 appellierten dieſelben Kräfte
an Amerika, daß es bei einer Wiederherſtellung des Gleich=
gewichts
in der Welt helfe. Laſſe ſich dieſes Werk ohne die Ver=
einigten
Staaten vollführen? Die Logik der Ereigniſſe ſei ſtärker
als der Wunſch irgend jemandes, und die Lebensintereſſen eines
Landes ſtärker als die perſönlichen Préferencen ſeiner Staats=
männer
oder ſeiner Bürger. Wegen derſelben Motibe, um
derentwillen wir gekämpft haben, wegen der Hoffnungen, die wir
gehegt haben, wegen des letzten Zieles, für das unſere Männer
gefallen ſind, iſt unſer Schickſal, ob wir es wollen oder nicht,
heute in erheblichem Grade an das der anderen Nationen ge=
bunden
. Dieſes Problem erweckt auf allen Seiten Murren und
Streitigkeiten der Politiker. Wer den Verſuch macht, ſich ihrer
zu bedienen, um politiſche Vorteile zu erlangen, beſudelt das
Gedächtnis der Toten, die wir ehren wollen.
Eine Baldwin=Rede in Mancheſter.
TU. London, 4. Nov. Baldwin beſuchte geſtern Man=
cheſter
. Er wurde von einer großen Menge begeiſtert empfangen.
Lord Derby gab ihm zu Ehren ein Frühſtück, trank auf die Ge=
ſundheit
des Premiers und ſagte, er trage die größte Verantwor=
tung
, die wohl jemals auf einem Preiierminiſter gelaſtet hätte.
Baldwin antwortete, er hätte ſich verpflichtet gefühlt, ſich ſeinem
Lande zur Verfügung zu ſtellen. In dieſem Sinne der Verant=
wortung
werde er auch verſuchen, einige ſchwierige Probleme der
Gegenwart zu löſen. Ich gehe daran wie zu einem Prozeß: ich
riskiere meinen Hals.
London, 4. Nov. (Wolff.) Baldwin ſagte in ſeiner
geſtern abend in Mancheſter gehaltenen Rede weiter, das Wirt=
ſchaftsſyſtem
Englands müſſe weniger auf Grundſätzen, als auf
Zweckmäßigkeiten beruhen. Wenn das Arbeitsloſenproblem in
Angriff genommen werden ſolle, müſſe man zu einſchneiden=
den
Maßnahmen greifen. Zu ſeinen Zolltarifvorſchlägen
und zu dem Plan der wirtſchaftlichen Entwickelung des Reiches
müſſe eine Unterſuchung der beſten Art hinzutreten, wie dem
Ackerbau geholfen und die Anbaufläche in Großbritannien ge=
ſichert
werden könne. Die Märkte, die Großbritannien, in der
Vergangenheit gehabt hätte, ſeien ihm verſchloſſen oder beſchränkt
worden. Deshalb müſſe engliſcherſeits eine Regierungsaktion
erfolgen, um dieſe Märkte zu öffnen. Baldwin ſagte, er wünſche
Vollmacht zu erhalten, um mit anderen Ländern zu verhandeln
und vernünftige Abmachungen durch Handelsverträge zu erzielen.
Man müſſe dafür ſorgen, daß die britiſche Induſtrie nur fairen
Wettbewerben ausgeſetzt ſei. Er habe ſeine Methode der Be=
kämpfung
der Arbeitsloſigkeit dargelegt, andere Leute empfehlen
andere Methoden. Die Entſcheidung werde das Land zu fällen
haben.
London, 4. Nov. (Wolff.) In einer Rede in Cardiff über
die Vorſchläge betreffs Einführung eines Tarifs auf Fer=
tigwaren
zum Schutze der einheimiſchen Indu=
ſtrie
ſagte der Schatzkanzler Melville Chamberlain, niemand
wünſche bereits Neuwahlen, aber wenn die Regierung der Alter=
native
gegenüberſtehe, ihre Verſprechungen zu brechen oder die
Entſcheidung des Landes herbeizuführen, dann könne ſie nicht
darüber im Zweifel ſein, welchen Weg ſie zu gehen habe.
Das Abkommen der Firma Krupp mit der Micum.
Dortmund, 3. Nov. (Wolff.) Die Verhandlungen der
Micum (Interalliierte Kontrollkommiſſion) mit den Werken
des Ruhrgebiets werden dem Vernehmen nach auf folgender
Grundlage geführt: Frankreich verlangt, daß 18 Prozent der
Kohlenproduktion der Ruhrzechen an Franchreich abgeführt wer=
den
. Als Maßſtab hierfür dient die Jahresleiſtung an Repa=
rationskohlen
auf Grund des Spaa=Abkommens vom Jahre 1921.
Die Prioritätsklauſel wird vorläufig aufgehoben, um den Berg=
nerken
die Möglichkeit zu geben, ſich zu finanzieren und den
Geſamtbetrieb wieder aufzunehmen. Ferner fordert Frankreich
eine Kontrolle ſowohl für den Kohlenverſand wie für die Pro=
duktion
. Die Transporte fallen zu Laſten der die Reparatio=
nen
leiſtenden Firmen. Die Micum behält ſich vor, nötigen=
falls
einen Prozentſatz der vorhandenen Kohlenmenge anzufor=
dern
. Die Zollſätze nach Deutſchland bewegen ſich zwiſchen 5
und ½ Prozent. Die Kohlen nach dem unbeſetzten Gebiet ſollen
frei herausgehen, und es ſoll nicht mehr exportiert werden, als
der Monatsleiſtung 1922 entſprach. Im Falle eines Abkommens
ſoll die Freigabe aller metallurgiſchen Produkte erfolgen. Das
Abkommen der Firma Krupp, das, wie bereits gemeldet, vor=
geſtern
zum Abſchluß kam, iſt auf dieſer Grundlage zuſtande ge=
kommen
. Hierbei wurde ausdrücklich von der Micum betont,
daß es ſich nur um ein vorläufiges Abkommen handele, und daß
man, wenn ſich irgend eine Beſtimmung als undurchführbar
herausſtelle, zu neuen Verhandlungen bereit ſei.

Der Prozeß gegen die Mörder Worowskhs.
* Lauſanne, 5. Nov. (Priv.=Tel.) Vor dem Schwur=
gericht
in Lauſanne beginnt heute der Prozeß gegen den Mörder
des während der zweiten Lauſanner Konferenz am 10. Mai er=
ſchoſſenen
Sowjetdelegierten Worowski, dem Rußlandſchwei=
zer
Conradi und ſeinen Mitverſchworenen, an dem Attentat,
den Sekretär der Alten ruſſiſchen Roten=Kreuz=Organiſation in
Genf, Polunin. Bei dem Attentat wurden, wie bekannt, auch
der Preſſecheſ der Sowjetdelegation Arens, ſowie der Sekretär
Worowstis, Dewilkowski, durch Schüſſe verwundet. Zu dem
Prozeß ſind 30 Zeugen geladen. Ebenſo groß iſt auch die Zahl der
in= und ausländiſchen Journaliſten, die ſich angemeldet haben.
Die Abſperrungsmaßnahmen werden außerordentlich ſtreng ge=
handhabt
. Man rechnet mit einer Prozeßdauer von 10 Tagen.
England durch die revolutien jre Bewegung
in Griechenland beunruhigt.
Athen, 4. Nov. (Wolff.) Nach einem in den Blättern
veröffentlichten Communique teilte der britiſche Ge=
ſchäftsträger
unter der ausdrücklichen Erklärung, daß er in
keiner Form in die inneren Angelegenheiten Griechenlands ein=
greifen
oder diesbezügliche Ratſchläge erteilen wolle, dem Er=
ſuchen
der griechiſchen Regierung entſprechend, mit, daß nach
den ihm zugekommenen Informationen die Anſicht ſeiner Regie=
rung
dahin gehe: die britiſche Regierung würde mit lebhafter
Unruhe jede revolutionäre Bewegung betrachten, die
den Sturz der Dynaſtie herbeiführen würde. Er wolle
nicht glauben, daß die gegenwärtige griechiſche Regierung Maß=
nahmen
treffen wolle, die die Zukunſt Griechenlands ſo ſchwer
belaſten würden.
Der ſüdſlaviſche Geſcäftsträger teilte Preſſe=
vertretern
mit, daß er dem General Pangalos in einer freund=
ſchaftlichen
Unterhaltung auseinander geſetzt habe, man wäre in
Südſlawien beunruhigt angeſichts der Ereigniſſe, die
ſich in Griechenland abſpielten, und zwar nicht aus dynaſtiſchen
Intereſſen, ſondern als Nachbarland angeſichts der großen
gemeinſamen wirtſchaftlichen Belange. Unter dieſem Geſichts=
punkt
verträten die zuſtändigen Kreiſe Belgrads die Anſicht, daß
eine Aenderung der griechiſchen Verfaſſung
nicht den wohl verſtandenen Intereſſen des griechiſchen Volkes
entſprechen würde und von den Nationen, die in freundſchaft=
lichen
Bündnisbeziehungen zu Griechenland ſtänden, nur mit
Bedauern betrachtet werden könnte.
Polens Entdeutſchungspolitik.
Berlin, 4. Nov. (Wolff.) Der polniſche Außenminiſter
Seyda erteilte auf eine Interpellation der Abgeordneten der
Nationalen Partei wegen der Ausweiſung polniſcher
Arbeiter aus Deutſchland eine Antwort, in der er die
bekannten Maſſenausweiſungen von Reichsdeut=
ſchen
aus Polen als Vergeltungsmaßnahmen gegen Aus=
weifungen
polniſcher Arbeiter aus Deutſchland hinſtellt. Dem=
gegenüber
iſt folgendes zu bemerken: Die Ausweiſungen pol=
niſcher
Staatsbürger aus Deutſchland, die übrigens zum großen
Teil, aber nicht ausſchließlich, Arbeiter betrafen, waren durch=
weg
ſachlich begründet, in vielen Fällen durch ſchwere ſtrafrecht=
liche
Delikte der Ausgewieſenen. Die polniſchen Gegenauswei=
ſungen
betrafen durchweg unbeſcholtene Reichsdeutſche, außer=
dem
war der polniſchen Regierung amtlich mitgeteilt worden
daß die deutſchen Ausſveiſungen in etwa 70 Fällen überhaupt
nicht vollſtreckt worden ſeien und daß die deutſche Regierung
zur Zurücknahme weiterer Ausweiſungen unter der Voraus=
ſetzung
entſprechenden Entgegenkommens der polniſchen Regie=
rung
bereit ſei. Die polniſche Regierung hat die Verhandlungen
hierüber durch ihre Haltung zum Scheitern gebracht, ſo daß die
grodeske Situation entſtand, daß die polniſchen Behörden Repreſ=
alien
für Ausweiſungen aus Deutſchland vollſtreckten, die, wie
ihr amtlich zur Kenntnis gebracht worden war, überhaupt nicht
vollzogen worden waren.
Schon aus dieſem in der deutſchen Preſſe wiederholt klar=
gelegten
Sachverhalt geht hervor, daß die polniſche Regierung
die Maſſenausweiſungen von Reichsdeutſchen nicht lediglich im
Intereſſe der polniſchen Arbeiter in Deutſchland vornahm, ſon=
dern
daß dieſe Maſſenausweiſungen dem Zweck der Ent=
deutſchung
der ehemals preußiſchen Gebiete dienten. Der
polniſche Außeuminiſter hat nun aber in ſeiner Beantwortung
der betreffenden Interpellation ſelbſt den weiteren Beweis für
dieſe Auffaſſung geliefert, indem er den Abſchluß eines Ab=
kommens
mit Deutſchland zur Regelung der Ausweiſungs=
frage
als ausſchließlich im deutſchen Intereſſe liegend abge=
lehnt
hat. Wäre es der polniſchen Regierung wirklich um den
Schutz der noch zu Zehntauſenden in Deutſchland befindlichen
polniſchen Arbeiter gegen Ausweiſung zu tun, ſo könnte ſie
dieſes Ziel nicht beſſer erreichen, als durch den Abſchluß eines
entſprechenden Abkommens mit Deutſchland, das, wie dies bei=
ſpielsweiſe
in dem deutſch=tſchechoſlowakiſchen Abkommen ge=
ſchehen
iſt, die Ausweiſungsgründe genau feſtſetzen und begren=
zen
würde. Die Ablehnung einer derartigen Regelung durch
die polniſche Regierung wirkt wie eine Beſtätigung der Annahme,
daß es ihr nur darum zu tun iſt, freie Hand für ihre Ent=
deutſchungspolitik
zu behalten.

Der Reichskanzler über das Verhältnis de
Reichs zu Bayern.
Der Mancheſter Guard
London, 4. Nov. (Wolff.)
veröffentlicht eine Unterredung ſeines Berliner Berichterſtatt
mit dem Reichskanzler Dr. Streſemann, worin dieſer ſich
die außen= und innerpolitiſche Lage geäußert hat. Bezüg
Bayerns erklärte der Kanzler, er gebe die Hoffnung nicht
daß mit der bayriſchen Regierung auf der Grundlage einer al
meinen Erörterung des Verhältniſſes von Reich und Vung
ſtaaten eine Löſung der gegenwärtigen Differenzen getro
werden könne, die dann von ſelbſt wohl die Erledigung der 9
ſonalfragen bringen dürfte, die nach außen am meiſten her=
getreten
ſeien. An eine bewaffnete Erhebung Bayerns ge
das Reich, von der in manchen ausländiſchen Kreiſen die
ſei, glaube in Deutſchland kein Menſch, ebenſowenig an
Abſicht der verantwortlichen bayriſchen Staatsmänner, ſich
Reich loszulöſen. Dagegen ſeien politiſche Strömungen
Bayern vorhanden, die die bayeriſche politiſch rechtsſtehende C
ſtellung Deutſchland aufzwingen wollten und die ſich zu die
Zweck der ſogenannten vaterländiſchen Verbände und der reg
ſtehenden Parteien bedienten. Ihnen komme zugute, daß
Deutſchland gegenwärtig die politiſchen Strömungen weit
rechts gingen. Er glaube aber nicht, daß ſie ſtark genug ſ.
um die gegenwärtigen Verhältniſſe zu ändern oder ſie im F
ihres Sieges auf die Dauer zu behaupten.
Die demokratiſche Fraktion in Preußen für
große Koalition.
Berlin, 4. Nov. (Wolff.) Die Demokratiſche Frakt
des Preußiſchen Landtags trat am Sonntag vormittag zu ei
Sitzung zuſannmen. In mehrſtündiger Ausſprache wurden
brennenden politiſchen Tagesfragen eingehend erörtert.
Kriſe im Reich und die Not im beſetzten Gebiete ſtanden
Vordergrund. Das Ergebnis der Ausſprache fand ſeinen Nieſ
ſchlag in einer einmütig angenommenen Entſchließung:
Die verbrecheriſchen Gewalttaten von Frankreich unterſt
ten die Separatiſten und brachten neue Not über die Bevölkerr
an Rhein und Ruhr. Die Einheit und Geſchloſſenheit zu erl
ten, iſt das wichtigſte Gebot, worauf die preußiſche Politik
zuſtellen iſt. Für Preußen geht die Not ſeiner beſetzten Geb
allem anderen vor. Der Wille zur Volksgemeinſchaft, der
der Zuſammenfaſſung aller auf dem Boden der republikaniſe
Verfaſſung ſtehenden Parteien in der Großen Koalition
lebendigen Ausdruck kommt, iſt deshalb heute notwendiger de
je. Die Große Koalition in Preußen bewährte ſich nach d
noch kürzlich im Landtag abgelegten Zeugnis aller beteilig
Parteien in zwei Jahren ihres Beſtehens als Trägerin der ſt
gen Entwickelung zur Feſtigung der ſtaatlichen Ordnung. Ur
dieſer Entwickelung iſt Preußen heute das ſicherſte Bolln
deutſcher Einheit. Dieſe Stellung darf am wenigſten in die
Augenblick durch parlamentariſche Kriſen geſchwächt werden.
entſpricht auch nicht der Bedeutung Preußens, die eine ſelbſt
dige Politik im Rahmen der Reichsverfaſſung erheiſcht, die
ſammenſetzung ſeiner Regierung abhängig zu machen von
Entwickelungen im Reich, oder gar von den Stimmungen
zufälligen Machthaber in München. Nicht im Kampf gegen
Reich, für partikulariſtiſche Sonderrechte, wird die deutſche C
heit verteidigt; in der Durchſetzung der verfaſſungsmäßi
Staatsgewalt, in dem Gemeinſchaftsgefühl des ganzen Vol
liegen die Wurzeln ihrer Kraft.
Dienſtenthebung des Polizeioberſten Schützinger
Dresden, 4. Nov. (Wolff.) Das Wehrkreiskommando
teilt mit: Der Befehlshaber im Wehrkreiskommando I
hob den Polizeioberſten Dr. Schützinger bis auf weiteres v
Dienſt. Maßgebend hierfür war, daß verſchiedene Anläſſe
der letzten Zeit gezeigt haben, daß es Schützinger ſeiner gan
Einſtellung nach ſchwer fällt, ſich in die Unterſtellung der Poli
unter das Wehrkreiskommando zu finden. Damit beſteht in
Perſon Dr. Schützingers eine Schwierigkeit für das glatte ;
ſammenarbeiten zwiſchen dem Wehrkreiskommando und der P=
zei
, da ſein Verhalten naturgemäß auch Unklarheit und Unſid
heit über die Dienſtauffaſſung der ihm untergeordneten Beam
zur Folge haben muß.
Dunkſe Treibereien.
* Berlin, 5. Nov. (Priv.=Tel.) In den Reihen des All
meinen Deutſchen Beamtenbundes, der auf freigewerkſchaftlich
Boden ſteht, wird gegenwärtig angeſichts der Zuſpitzung der
nerpolitiſchen Lage für einen Streik der Eiſenbahner Propagat
gemacht. Die Leitung des Bundes ſteht dieſen Treibereien n
ſympathiſch gegenüber. Die Führung dieſer Bewegung liegt
allem in den Händen des bekannten Eiſenbahner=Streikführ
Menne. In dieſen Tagen iſt den Vertrauensleuten der im
gemeinen Deutſchen Beamtenbund organiſierten Eiſenbahner
vertrauliches Schreiben zugegangen, in dem Richtlinien für
wehrmaßnahmen der Reichsgewerkſchaft deutſcher Eiſenba.
beamten und Anwärter im Falle innerpolitiſcher Verwircklung
gegeben werden.

RA
en P
90 zantigel
P
Git
Ae
Rie ice
M 2
A Se
züt M0 2 2
Hne e
Ao e
z, porcht
WW oce
A n
ühr. Oie
S
N
100

Heſſiſches Landestheater.
Kleines Haus. Sonntag, den 4. November.
Figaros Hochzeit.
Komiſche Oper von L. da Ponte, Muſik von W. A. Mozart.
Die Opernleitung iſt infolge reichlicher angeworbenen Per=
ſonals
in der Lage, viele Rollen wechſelnd zu beſetzen. Dieſer
glückliche Zuſtand feſtigt den Spielplan, ſchützt vor Ueberlaſtun=
gen
und gibt Künſtlern wie Publikum Förderung und Anregung.
Das Verfahren birgt aber auch Gefahren. Heute ſang Frau
Jack die Gräfin. Es war ein Verſuch, der mißglücken mußte,
weil die Künſtlerin trotz aller Begabung und großem muſikaliſchen
Können hierzu noch nicht reif iſt. Der Fall liegt ähnlich wie
bei Frau Orff im vorigen Winter. Pauline Jack beſitzt eine
ſehr ſchöne Stimme, die in allen Lagen ausgeglichen, kunſtgerecht
behandelt wird, genügend beweglich und warm iſt. Die Aus=
ſprache
iſt noch ſchlecht, Phraſierung iſt gut, und die Klangfarbe
hat ein n eigenen Reiz. Auch an muſikaliſcher Sicherheit fehlt
es nicht. Ihr Verſagen hat ſeinen Hauptgrund in ihrer gar
nicht begründeten Befangenheit, einer Unſicherheit im Auftreten
und Spiel. Angeborenes Bühnenblut fehlt; es fällt ihr ſchwer,
in den Rollen zu leben und ganz aufzugehen, ſie fühlt ſich ver=
kleidet
als die Gräfin, nicht als die Gräfin ſelbſt, jede ihrer Be=
wegung
n wirkt ängſtlich, unfrei, unperſönlich. Sie faſſe Mut,
denn ſie ſcheint unbedingt ausſichtsvoll. Man laſſe der Künſt=
lerin
, die offenbar von reiner Konzerttätigkeit herkommt, Zeit
zur Einfindung und Entwicklung. Man gebe ihr kleinere Rollen,
die ſie, ſtüſenweiſe vorſchreitend, zur Höhe führen werden. Denn
eine ſolche Stimme, dieſe feine Perſönlichkeit und ehrliches künſt=
leriſches
Streben ſcheinen j:der Förderung wert.
Den Baſilio gab in Vertretung des kranlen Herrn Vogt
Hans Buſſard aus Karlsruhe, der ſchon kürzlich als Bar=
barino
in Stradella, mit einer glänzenden Leiſtung einge=
ſprungen
war. Auch heute bewährte ſich der vorzügliche Künſtler
in Maske, Spiel und Geſang aufs Trefflichſte.
Die übrige Beſetzung war gellieben und ergab in der hüb=
ſchen
Inſzenierung eine nahezu vollendete, in ihrer Wirkung
ſtets aufs n ue hinze ßende Vorſtellung dieſes unerreicht herr=
v
. H.
lichen Werles unſeres unſterblichen Mozarts.

Münchener Kunſtbrief.
Nach langer Pauſe hatten wir wieder einmal die große
Freude, Bruno Walter am Dirigentenpulte zu ſehen. Er
dirigierte das Orcheſter des Nationaltheaters, dem er ſo lange
vorgeſtanden war, in einem Konzert im Odeon, in dem er
Mozarts Jupiter=Symphonie, Mendelsſohns Sommernachts=
traum
=Ouvertüre und auch Beethovens Fünfte zur Aufführung
brachte. Die begeiſterten Ovationen, die das Publikum ſeinem
dereinſtigen Liebling darbrachte, bewieſen, daß es ſeine Ver=
dienſte
in dankbarer Erinnerung behalten hatte.
Einen überaus herrlichen Genuß gewährte ein Kirchen=
konzert
, das der Chor der Sixtiniſchen Kapelle in
Nom in der feſtlich geſchmückten Michaeliskirche gab. Schon die
ganze Feſtverſammlung gab der Veranſtaltung einen feierlichen
Charakter. In der Apſis ſaßen der Kardinal=Erzbiſchof Dr. von
Faulhaber, Staatskommiſſar von Kahr, General=Intendant Geh.
Rat Zeiß, Generalmuſikdirektor Knappertsbuſch, Dr. Hans
Pſitzner und faſt alle Vertreter der Kunſtwelt in den Reihen
der Lauſchenden. Die 50 Sänger in ihren roten Talaren und
treißen Spitzenchorhemden belebten den Geſamteindruck zu einem
ckönen Bilde. Es war altitalieniſche Muſik, die ſie boten.
Paleſtrina, da Vittoria und Orlando waren dabei. Monſignore
Nafaelo Caſamiri, der maestro di capella, und ſeine
Societa polifonico Romana leiſteten das Höchſte an italieniſchem
Kirchengeſang und beide werden in München unvergeßlich
bleiben.
Ein Gegenſtiick bildete das in dem ſchönen Raume der evan=
geliſchen
Lukaskirche veranſtaltete Konzert des Thomanen=
chors
aus Leipzig under der Leitung ihres derzeitigen Kantors,
des größten Meiſters der Orgel unſerer Zeit, Karl Straube.
Dieſer noch aus den Tagen vor der Reformation beſtehende
erſte deutſche Kirchenchor der Leipziger Thomaskirche, deſſen be=
rühmteſter
Kantor Joh. Seb. Bach war, iſt ein gemiſchter Chor
von 70 Sängern im Alter von 10 bis 20 Jahren. Die im Alumnat
der Thomasſchule erzogenen Schüler empfangen durch die Ver=
einigung
von humaniſtiſcher und muſikaliſcher Bildung eine
muſ kaliſche Kultur, auf der der Ruhm dieſes Chores beruht.
Der Titel Kantor zu St. Thomae iſt der höchſte Ehrentitel,
den ein deu ſcher Muſiker tragen kann. Sein Träger iſt ein
Glied eines erlauchten Kreiſes im Reiche der Geiſter. So betrat

man mit Ehrfurcht den Kirchenraum, doch wurden alle Erſ
tungen übertroffen. Was die Thomaner an Klangreinheit, mu
kaliſcher Zucht und rhythmiſcher Sicherheit leiſteten, zwang
hoher Bewunderung Sie ſangen durchweg Werke ihres klaſſiſc
Meiſters Joh. Seb. Bach und ſeines Großoheims Johann Be
Bach’ſche Muſik war es auch, die uns das erſte Konzert
Konzertgeſellſchaft für Chorgeſang unter Leitl
ſeines neuen Dirigenten Dr. Hanns Nohr bot. Es waren
beiden elementaren Feſtkantaten 79 und 80: Gott der Herk
Sonne und Schild und Ein’ ſeſte Burg iſt unſer Gott. D
letztere Feſt= und Trutzkantate iſt ſo recht geeignet, in unſer
Tagen der vaterländiſchen Not und Schmach das deutſche Kre
gefühl und Selbſtvertrauen zu ſtärken. Die gigantiſche Chor
juge über das Thema der Feſten Burg, die in 228 Takten 1
der Einzelfugen durch einen Kanon mit dem Thema in
Vergrößerung beſchließt, gehört zu dem Größten, das Joha
Sebaſtian Bach geſchaffen hat. Die Aufführung war eine gle
zende und Dr. Hanns Rohr hat ſich damit raſch das V
trauen und die volle Anerkennung der ernſten Muſikfreu=
Münchens erworben. Zwiſchen den beiden Kantaten ſtand d
Gerühmte Violinkonzert in E=Dur und das von Walt
Braunfels meiſterhaft geſpielte 5. Brandenburgiſche Konze
Felix Verber, der den feſtlichen Veranſtaltungen 1
Sommerhalbjahres mit den vom Berber=Quartett un
Mitwirkung von Philipp Haas geſpielten ſo ſelten gehör!
Quintetten von Bruckner und Kaminski den Ausklang gegeb
hatte, leitete die kammermuſikaliſche Winterſpielzeit mit eine
gemeinſam mit Walter Lampe veranſtalteten Beethobe
Scnaten=Abend ein. Es war reinſte Kunſt, die uns da, I
immer, wenn di ſe beiden Meiſter ſich vereinigen, die Sorg
des jetzt ſo grauſamen Alltags vergeſſen ließ.
Das ſeltene Jubiläum ſeines 25 jährigen Beſtehens kon!
das aus den Herren Kammermſikern Joſef Höfe Idl
Kirſchner Philipp Haas und Hans Weber
ſiehende Höſe=Quartett feiern. Das größte Verdiel
dieſer bodenſtändigen Quartettvereinigung iſt ihr unermüdliche
vorkämpferiſches Eintreten für die Kammermuſik Max Rege
der denn auch ihr Jubiläums=Konzert gewidmet war.
Der Singchor des Nationaltheaters hatte
ſein erſtes von Konrad Neuger geleitetes Konzert H4
dels Meſſias gewählt. Amalie Merz=Tunn

[ ][  ][ ]

e*

M
*0
Mieh

Rummer 30G.

K.

Le- 1343.

Stadt und Land.
Darmſtadt, 5. November.
n. Reichsdiſziplinarkammer. Die geſtrige Verhandlung unter Vor=
des
Senatspräſidenten am Oberlandesgericht Lang richtete ſich
n den Poſtſchaffner Friedrich Mucke aus Bingen, der eben eine
dortigen Schöffengericht erhaltene Gefängnisſtrafe von 8 Monaten
hüßt. Sie iſt ihm zuteil geworden, weil er im Dienſt Auslands=
fe
beiſeite ſchaffte, erbrach und ſich deren Dollarinhalt aneignete,
in etwa 18 Fällen erwieſen iſt. Dieſer unredliche grobe Vertrauens=
h
hatte die weitere Ahndung aus dem Reichsbeamtengeſetz im Ge=
e
, und es wurde demgemäß nunmehr auf Dienſtentlaſſung mit Ge=
rung
eines Halbjahrsgehalts erkannt,
n. Schwurgerichtsvorſitz. Zu Vorſitzenden der gleichzeitig am 3. 12.
Js., vormittags 9.30 Uhr, beginnenden vierten ordentlichen Tagung
Schwurgerichte Darmſtadt, Mainz und Gießen wurden die Land=
chtsräte
Dr. Fuchs=Darmſtadt, Dr. Krug=Mainz und Willen=
her
=Gießen erngunt.
n. Strafkammer. Vollmilch, die an die Offenbacher ſtädtiſche Säug=
sſtelle
geliefert war, erwies ſich Ende vorigen Jahres des öfteren
igelhaft, und nach dem Ergebnis der chemiſchen Unterſuchung ſo=
abgerahmt
als auch gewäſſert. Dieſe Vollmilch ſtammte aus dem
riebe des etwa zwanzig Kühe beſitzenden Landwirts Georg Cid=
nn
V. von Richen i. Odw., und es kam daraufhin zur Anklage
n dieſen, ſowie ſeine Ehefrau wegen vorſätzlicher Nahrungsmittel=
älſchung
. Als Belaſtungszeuge tritt u. a. der damals bei C. be=
ſtet
geweſene, jetzt eine Gefängnisſtrafe für Rückfallsdiebſtahl ver
ende Schweizer Heiſer auf, der aber ſelbſt keineswegs einwandfsei
heint. Er beſaß nämlich auf ſeiner Stube zwei eigene kleine But=
naſchinen
und ſoll mitunter Butter verkauft haben, während deren
kunft dunkel iſt. Die beiden Angeklagten beſtreiten jede abſichtliche
fahrläſſige Machenſchaft an jenen Lieferungen, und es wird ihnen
erdem Uebertretung der für den Kreis Dieburg gültigen Milch=
jaufsordnung
dahin zur Laſt gelegt, daß die Sicherung der Verſand=
nen
mittels Plombe, Siegelung oder ſonſtwie unterlaſſen wurde.
Angeklagten wurden ſchuldig befunden, fahrläſſigerweiſe die der=
chte
, minderwertige Milch in den Verkehr gebracht zu haben. Am
öffengericht war dies nur gegen E. ſelbſt der Fall, und man erkannte
t dafür, ſowie wegen der erwähnten Uebertretung auf je 300 000
rk Geldſtrafe, ſprach aber die Ehefrau frei. Staatsanwaltſchaftliche
ufung veranlaßte die nochmalige Beweisaufnahme; es blieb be
Fahrläſſigkeit nach Artikel 11 Nahrungsmittelgeſetzes, und Frau E.
ede ebenſo für überführt erachtet. Ihr wie ihrem Manne lag die
ade bei der Beſtimmung für Kinder doppelt gebotene) Verpflich=
g
hinſichtlich der Milchbeſchaffenheit ob, und E. ſelbſt war für geord=
en
Verſandt allein noch haftbar. Die Fahrläſſigkeit trugen beiden
imehr je zwei Wochen Haft ein, und die Geldſtrafe E.s weger
vertretung der Milchverkaufsordnung wurde auf 10 Milliarden Mark
ht. Als achſpiel kürzlich ſtattgehabter Verhandlun, war gegen
39 Jahre en, diebſtahlsrückfälligen Sattler Karl Pyfl. Stau=
ch
aus Malnz und die mit ihm umherziehende geſchiedene Peter
ckler Ehefrau Marie geb. Weber von Stockſtadt a. Rh. noch ein
tals ausgeſetzter Anklagepunkt zu erledigen. Das gemeingefährliche
ar hatte ſich an verſchiedenen Orten der Provinz diebiſch und bzw.
leriſch betätigt (der Z. konnte nur Letzteres nachgewieſen werden).
jetzige Fall beſtand in einem zu Stockſtadt durch St. verübten
ebſtahl mehrerer Schmuckſachen, von denen er Einiges der Z. ſchenkte.
Urteil lautet mit Einbeziehung der früheren Strafe gegen die Z.
Monate 2 Wochen und gegen St. auf 2 Jahre 4 Monate Gefäng=
nebſt
5jähr. Ehrverluſt. Zwei unter Ausſchluß der Oeffentlichkeit
handelte Anklagen hatten Verbrechen gegen § 176,3 St. G.B. zum
enſtand, und es lag bei dem 27jährigen Mechaniker Jakob Hanf
Viernheim außerdem noch Beleidigung vor. Er hatte die dortige
gend durch ſein ärgerniserregendes Gebaren unſicher gemacht, ſchützte
r nachher Erinnerungsloſigkeit vor. Der ärztliche Sachverſtändige
ärte ihn für gemindert zurechnungsfähig, was beim Strafmaß Be=
ſichtigung
fand. Der Angeklagte wurde bezüglich beider Anklage=
ikte
ſchuldig erachtet und zu ſechs Monaten Gefängnis, ab=
lich
drei Monate Unterſuchungshaft, nebſt 10 Milliarden Mk. Geld=
fe
evtl. weiteren 10 Tagen Gefängnis verurteilt, was er ſofort an=
innte
. Die andere Verhandlung richtete ſich gegen den 55jährigen
enbahnſchaffner i. R. Johann Traiſer von Wiebelsbach i. Odw.
endigte mit Verurteilung, in die zuläſſige Mindeſtſtrafe von 6 Mo=
en
Gefängnis für eine Tat mit mildernden Umſtänden.
* Vom heiligen Bureaukratismus. Der genännte Heilige trabt
immer gemächlich auf ſeinem Amtsſchimmel, unbekümmert um die
ſenzahlen, die um ihn herumſchwirren. Davon eine kleine Probe:
Sommer wurde die Nacherhebung der Wohnungsbauabgabe be=
oſſen
. Das Finanzamt forderte von der Gemeinde X. die letzte Hebe
ſe ein und ordnet den Ausſchlag des Nachtrags an. Mitte Oktober
dieſer Ausſchlag beendet. Die Hebrolle wird dem Kreisamt zur Voll=
barkeitsermächtigung
zugeſtellt, und von dieſer Behörde Mitte
ober 1923 der Gemeinde zugeſtellt mit dem Auftrag, die ausgeſchla=
e
Wohnungsbauabgabe von ſage und ſchreibe einer Million
eihundertfünfzigtauſend Papiermark von 820 Zah=
gspflichtigen
zu erheben! Wäre der Gemeinderechner nun eben=
s
ein verknöcherter Bureaukrat, wie die vorderen Inſtanzen, dann
ze er durch ſein Perſonal die 820 Anforderungszettel ausfertigen,
h den Ortsdiener den Pflichtigen zuſtellen, und müßte dann ſehen,
er zu dem Gelde kommt. Er iſt aber ein vernünftiger Mann, greift
ſeine Weſtentaſche und legt den Betrag in die Kaſſel Genau ſo iſt
fahren worden bei Hunderten anderen Gemeinden.
Ein milder Winter in Sicht, Nach Mitteilungen aus dem
tertal (Tirol) ſind Anzeichen, daß wir einem milden Winte=
gegengehen
, vorhanden: Die Schwalben ſeien noch in größerer Anzahl
handen, die noch nicht an Abreiſe denken. Vogelbeerbäume mit roten
ſchten und gleichzeitigem Blütenſtande bieten Nahrung. Die Jäger
en, daß Rehe, Füchſe und Haſen noch immer Sommerkleidung tragen.
den Höhen blühen noch immer die Alpenblumen, die Vegetation iſt
hlich. Die kleinen Waldtiere, die ſonſt um dieſe Zeit ſchon längſt
dem Sammeln von Wintervorräten beſchäftigt ſind, zeigen noch gar
te Geſchäftigkeit und gehen nicht auf Vorräte aus. Alle dieſe An=
ſen
deuten darauf hin, daß der Winter 1923/24 ein milder und wohl
h ein ſchneearmer ſein wird.

Eeite

Aus den Parteien.
Deutſche Volkspartei. Der Frauenausſchuß der Deut=
ſchen
Volkspartei veranſtaltete am Donnerstag nachmittag eine Ver
ſammlung bei Sitte, die ſich eines ſehr guten Beſuches erfreute. Die
Vorſitzende erledigte zunächſt den geſchäftlichen Teil mit verſchiedenen
Hinweiſen und Vorſchlägen für die bevorſtehende Winterarbeit. Die
große Not wird den Frauen ganz beſondere ſoziale Aufgaben ſtellen.
Sodann ſprach Herr Generalſekretär Kollbach eingehend, über die
Lage des Reichs, die im Innern und nach außen Anlaß zu ſchwerſter
Sorge gibt. Der unſelige Parteihader iſt der beſte Bundesgenoſſe
unſerer Feinde, die in Ruhe abwarten, daß das Reich zerfällt. Selbſt
die größte Not ſcheint uns nicht mehr einigen zu können. Redner ge
dachte mit beſonderer Wärme der braden Deutſchen am linken Rhein=
ufer
und in der Pfalz, die ſo unſäglich Schweres für ihr Vaterland er=
dulden
. Das unbeſetzte Deutſchland ſollte einig und geſchloſſen hinter
ihnen ſtehen und ſie wenigſtens innerlich ſtützen. Statt deſſen bekämpfen
Rechts= und Linksradikale die Regierung; Bahern und Sachſen wollen
eigene Wege gehen und die Autorität des Staates untergraben. Wann
werden wir endlich zur Einſicht kommen? Mit Intereſſe und innerer
Bewegung folgte die Verſammlung dem Vortrag. Die Vorſitzende wies
darauf hin, daß für den Winter eine fortlaufende Reihe von Vorträgen
über die jeweilige politiſche Lage für die Frauen der Partei
geplant iſt. Eine Liſte zur Einzeichnung liegt bei der Geſchäftsſtelle
auf. Mit warmem Dank an den Redner ſchloß die Vorſitzende die Ver=
ſammlung
.
Deutſche Demokratiſche Partei. Am Dienstag, den
6. November 1923, findet im Parteilokal, Waldſtraße 45, abends 8,30
Uhr, eine Vorſtandsſitzung ſtatt.

An unſere Leſer!
Wie bereits angekündigt, müſſen alle Bezieher, die
den Bezugspreis noch nicht entrichtet haben, nunmehr
Mk. 23 Milliarden
für die Zeit vom 1. bis 10. November bezahlen.
Unſeren Poſtbeziehern
wird am Montag oder Dienstag eine Nachnahme
in Höhe von
Mk. 50 Milliarden
vorgezeigt. Wer die Nachnahme nicht ſofort einlöſt,
hat keinen Anſpruch mehr auf Lieferung des Blattes.
Wir bitten dringend, keine andere Zahlungs=
weiſe
als die Nachnahmeeinlöſung vorzunehmen,
damit Unterbrechungen in der Lieferung des Blattes
vermieden werden.
(8027go
Der Verlag des Darmſtädter Tagblatt.

Parlamentariſches.

* Dem Landtag iſt eine Anfrage der Abgg. Kindt und D. Dr.
Diehl (Deutſchnatl.) zugegangen. Die Anfrage lautet:
Iſt der heſſiſchen Regierung bekannt, daß in Offatzbach entgegen
den klaren Anordnungen des Wehrkreiskommandos IV von Sozial=
demokratie
und Kommunismus gemeinſame rote Hundertſchaften ge=
bildet
wurden und exerzieren? Was hat ſie dagegen getan oder gedenkt
ſie zu tun, um die Staatsautorität zu wahren?
Iſt der heſſiſchen Regierung bekannt, daß in Gießen der rote Terror
ungehinderk von Polizei oder anderen ſtaatlichen Organen ſich in letzter
Zeit breit gemacht hat, die Geſchäfte brandſchatzte, den Polizeidienſt an
ſich riß und durch mit roten Armbinden gekennzeichnete Leute ausüben
ließ, die jedoch das Brandſchatzen bis zum Sonnabend nicht abzuſtellen
vermochten? Was hat ſie dagegen getan oder gedenkt ſie dagegen zu
tun, um die Staatsautorität wieder herzuſtellen;
Iſt der heſſiſchen Regierung bekannt, daß ſeit vier Wochen in Ober=
Ramſtadt rote Hundertſchaften ungehindert ihr Unweſen treiben, daß
ſie Probealarm und Uebungen abgehalten haben und Andersdenkende
bedrohen und an Leib und Gut ſchädigen, ohne daß die Gendarmerie
eingreift und was gedenkt ſie zu tun, um die Staatsautorität wieder
herzuſtellen?
ds. Heppenheim a. b. B., 4. Nov. Sprengſtoffdiebſtähle.
In den letzten Tagen iſt in verſchiedenen Steinbrüchen der näheren und
weiteren Umgebung mehrfach nachts in den Sprengkammern der Stein
brüche eingebrochen worden und eine größere Zahl von Exploſivkörpern
entwendet worden.
O Birkenau, 3. Nov. Eine traurige Erſcheinung. Wegen
der ungeheueren Preiſe für Licht, Feuerung und Entlohnung des Diri=
genten
hat der Vorſtand des Geſangvereins Eintracht mit ſchwerem
Herzen beſchloſſen, ſeine Tätigkeit bis auf weiteres einzuſtellen. Andere
Vereine werden in Bälde denſelben Weg gehen müſſen.
Birkeuau, 3. Nov. Eine edle Tat. Der Bäcker, Landwirt
und Wirtſchaftsbeſitzer Peter Eberle hat einen Wagen Kartoffeln,
etwa 20 Zentner, der hieſigen Bürgermeiſterei unentgeltlich zur Vertei=
lung
an hieſige Arme zur Verfügung geſtellt. Hoffentlich folgen noch
andere dieſem ſchönen Beiſpiele nach. Diebſtahl. Einem hieſigen
Landwirt wurden auf offenem Felde in aller Frühe 12 Körbe voll Kar=
toffeln
geſtohlen. Der rührigen Tätigkeit unſeres Feldſchützen Schuch
gelang es, die zwei Diebe ausfindig zu machen und zur Anzeige zu
bringen. Dem Beſtohlenen konnten die Kartoffeln wieder zurückgegeben
werden.

Reich und Ausland.
Preischaos, auf dem Berliner Lebensmittelmarkt.
Auf dem Berliner Lebensmittelmarkt herrſchte am Samstag ein
vollkommenes Preischaos.) In den Markthallen konnte man gleichartige
und gleichwertige Waren zu ganz verſchiedenen Preiſen kaufen. Be
Fleiſch und Fetten gab es Preisunterſchiede von 20 Milliarden je Pfund.
Zum Erſatz für das teuere Fleiſch verſuchten viele Käufer, am Geflügel
martk einzukaufen; aber auch hier waren die Preiſe unerſchwinglich
Hanſe ſtiellten ſich über eine Billion das Stück. Am Fiſchmarkte waren
die Preiſe gegenüber geſtern verdoppelt.
Umfangreiche Viehdiebſtähle.
Von der Berliner Kriminalpolizei wurden vier Melker feſtgenom=
men
, denen umfangreiche Viehdiebſtähle auf märkiſchen Gütern, Leſon=
ders
denen in Oſthavelland, nachgewieſen ſind. Die Bande arbeitete in
der Welſe, daß einer der vier abwechſelnd auf einem Gute als Melker
ſia eikeſtellen ließ und, wenn er ſich über die Verhältniſſe unterrichtet
harte, ſeine Spießgeſellen benachrichtigte, die dann mit ihm zuſammen
das Vieh abſchlachteten und nach Berlin ſchafften.
Ein zweiter Anſpach=Prozeß.
Vor der dierten Strafkammer des Landgerichts 1 Berlin fand am
Dienstag die zweite Verhandlung gegen den Dokumentenfälſcher Erich
Anſpach ſtatt. A. wird beſchuldigt, drei Einfuhrbewilligungen gefälſcht
zu haben. Vor Eintritt in die Verhandlung beantragte der Anklage=
vertreter
, Staatsanwaltſchaftsrat Dr. Banning, wiederum den Aus=
ſchluß
der Oeffentlichkeit. Die Verteidigung widerſprach dieſem Antrag,
denn es handele ſich jetzt nicht um Staatsverträge, ſondern um einfache
Fälſchungen. Der Angeklagte gab folgende Darſtellung des Sachver=
halts
: Zu Anfang des Jahres 1921 ſtellte ich mit einigen Freunden ver=
ſchiedene
gefälſchte Verträge her, einen polniſch=finniſchen und einen
polniſch=franzöſiſchen Saatsvertrag. Dieſe Verträge ſollten an die
Tſchechoſlowakei weitergeleitet werden, um Polen politiſche Schwierig=
keiten
zu machen. Dieſer Vorgang kam zur Kenntnis des preußiſchen
Staatskommiſſars für die öffentliche Sicherheit Dr. Weismann; dieſer
erklärte, daß er nichts weiter veranlaſſen werde, wenn ich die Verträge
ausliefere, und der Tſchechoflowakei gegenüber Schweigen bewahren
würde. Ich lieferte Reg.=Rat Schwarz mein Maäterial aus. Unter die=
ſem
Material befanden ſich auch einige Einfuhrformulare. Es wußte
damals niemand, daß Einfuhrfälſchungen begangen waren. Der Vor=
ſitzende
hält dem Angeklagten einen von ihm verfaßten Entwurf eines
Schreibens vor, in dem der Reichswirtſchaftsminiſter beſtätigt, daß A.
ſeit kurzem das Nachrichtendezernat der Reichspreſſeſtelle inne habe.
Das Gericht kam zu einer Verurteilung Anſpachs wegen einfacher Ur=
kundenfälſchung
und erkannte auf eine Zuſatzſtrafe zu der am 30. Okt.
verhängten dreifährigen Gefängnisſtrafe von ſechs Monaten. Ein be=
ſtimmtes
Motiv für die Fälſchung hat ſich bei Anſpach nicht ermitteln
laſſen. Es kann ſein, daß er es nur aus Großmannsſucht getan hat
um als der größte und berühmteſte Fälſcher des Jahrhunderts zu gelten.
Die öſterreichiſche Lebensmittelhilfe für Deutſchlaub.
Die offizielle Aktion der Deutſchen Arbeitsgemeinſchaft und des
Bundes der Reichsdeutſchen in Oeſterreich für eine durchgreifende Lebens=
mittelhilfe
für Deutſchland gelangt jetzt zur Ausführung.
Der Arbeitsausſchuß hat die Verſendung der Lebensmittelpakete
zwei Wiener Geſellſchaften, der Agrumaria Import=Aktiengeſellſchaft
und der Mittel= und Oſteuropäiſchen Handels=Aktiengeſellſchaft in Wien,
übertragen. Der geſchäftsſührende Direktor der letzteren Geſellſchaft
Herr Rudolf Links, iſt in Berlin eingetroffen, um die erganzenden
Arbeiten im Verein mit den zuſtändigen Behörden und Körperſchaften
durchzuführen. Der Grundgedanke der Lebensmittelhilfe iſt ähnlich der
ſeinerzeit in Amerika geſchaffenen Einrichtung: Es ſind zunächſt fünf
verſchiedene Thpen Pakete zu 5 Kilogramm brutto und eine Type zu
10 Kilogramm brutto feſtgeſetzt. Die Preiſe ſind einſchließlich Portr
Verpackung, Expedition und Verſicherung für Type I 58 000, für Type I
68 000, für Type III und TV 78 000, für Type V 105 000, für Type V
(10 Kilogramm brutto) 145 000 öſterreichiſche Kronen. Gegenüber den
zur Zeit geltenden Berliner Preiſen bedeutet das eine Ermäßigung un
1520 v.H. Die Pakete enthalten in verſchiedenen Zuſammenſtellungen
raffinierten Zucker, Speiſefett, Vollreis, Weizenmehl, Hülfenfrüchte,
Kondensmilch, zum Teil auch Kakao, Kaffee, Corned=Beef und Sar=
dinen
. Auswahl und Verſendung der Lebensmittel ſtehen unter Kon=
trolle
des Arbeitsausſchuſſes. Jedes Paket iſt gegen Beſchädigung,
Diebſtahl, Raub und Plünderung verſichert, ſo daß bei Verluſt der Sen=
dung
voller Erſatz gewährleiſtet iſt.
Jedermann, der Freunde, Bekannte, Verwandte in Oeſterreich hat,
kann ſich an ſeine deutſche Privatadreſſe ein ſolches Paket zuſenden
laſſen. Der Abſender in Oeſterreich erhält in jeder Tabaktrafik (Tahak
Verkaufsſtelle) einen vom Arbeitsausſchuß ausgeſtellten-Poſterlagsſcher
den er bloß auszufüllen und mit der Adreſſe des deutſchen Empfängers
auf der Rückſeite zu verſehen hat, um ſodann bei irgend einem Poſtam
den entſprechenden Betrag einzuzahlen. Jeder ſonſtigen Mühe hinſicht=
lich
Einkauf, Verpackung, Transport, Verkehr mit den Behörden iſt der
Abſender enthoben.
Wie wir hören, beabſichtigt der Arbeitsausſchuß auch die Beliefe=
rung
von Organiſationen, Intereſſenvertretungen, Unternehmungen
und Firmen aller Art in der Weiſe durchzuführen, daß ſolche Intereſſen=
ten
die Liſte der zu beliefernden Perſonen den genannten Geſellſchaften
aufgeben und den Geſamtbetrag, der der Liſte und der gewählten Type
entſpricht, bei der Oeſterreichiſchen Poſtſparkaſſe zur Einzahlung brin=
gen
. Ueberdies wird angeſtrebt, daß auch Einzahlungen in Deutſchland
in wertbeſtändigem Gelde ſtattfinden können. Herr Direktor Links von
der Mittel= und Oſteuropäiſchen Handels=Aktiengeſellſchaft in Wien
wird noch etwa acht Tage in Berlin (Hotel Briſtol) verbleiben und iſt
gern bereit, allen Intereſſenten etwa gewünſchte nähere Auskunft zu
erteilen.
Tageskalender.
Landestheater, Großes Haus, Anfang 7, Ende 9½ Uhr ( Sonder=
miete
15,3 und 16,3): Fauſt. Kleines Haus, Anfang 7½ Uhr,
Ende 9½ Uhr, (Zuſatzmiete V,3): Der Scheiterhaufen.

Druck und Verlag: L. C. Wittich. Verantwortlich für Politik und
Wirtſchaft: Rudolf Mauve; für Feuilleton, Stadt und Land
Reich und Ausland: Max Streeſe; für den Inſeratenteil;
Willy Kuhle, ſämtlich in Darmſtadt.

Die heutige Rummer hat 6 Seiten

neſtine Färber=Straſſer, Anton Kohmann
d Julius Heß ſangen die Soli, vier herrliche Stimmen,
ſich zu himmliſcher Harmonie ergänzten. Das erhabene Werk
te denn auch under ſeinem trefflichen Leiter eine überwoälti=
Le Wirkung aus.
Dem gegenüber wirkte Verdis Requiem durch die
uſikaliſche Akademie und den Münchener
hrergeſangverein unter der überlegenen und tempe=
nentvollen
Leitung Robert Hegers in ſeinem opernhaften
athos modern. Die Aufführung mit Anna Erler=
chnaudt
, Amalie Merz=Tunner, Karl Erb und
tlius Heß ſtand, ſowohl was die Einzel= als was die Ge=
ntwirkung
betrifft, auf impoſanter künſtleriſcher Höhe.
Das hervorragendſte muſikaliſche Ereignis der jüngſten
ochen war das erſte Konzert der Muſikaliſchen Aka=
emie
, die Hahdns Symphonie in G=Dur mit dem Pauken=
lag
, Mozarts Kleine Nachtmuſik und Beethovens 2. Sym
ſonie auf ihr Programm geſetzt hatte. Hans Knapperts=
ſutſch
hatte die Fülle von Wohlklang in klarſter Linienführung
ifs feinſte abgetönt. Die Kleine Nachtmuſik wurde von ganz
einem Orcheſter geſpielt, das Mozarts ſchwärmeriſche Liebens=
ürdigkeit
und bewegliche Anmut zur vollen Geltung brachte
id dennoch war das Ganze nicht weichlich, ſondern voll männ=
hen
Geiſtes. Dieſe Männlichkeit, die Knappertsbuſchs Wirken
1szeichnet, äußert ſich vor allem in der ſtrengen Zucht und
Iſziplin des Zuſammenſpiels. Sie adelte beſonders Beethovens
Shmphonie, die Knappertsbuſch mit abſoluter Klarheit und
ndendem Rhythmus zu einer Monumentalität und drama=
ſchen
Spannung, die aus ſtärkſtem ſeeliſchen Erleben kommt,
ſtaltete.
Das größte Erlebnis, das die Schaubühne dem andächtigen
uſchauer außer Goethes Fauſt zu bieten vermag, iſt Strind=
ras
tiefproblematiſche, gedankenſchwere Dichtung Traum=
Piel‟. Das Münchener Schauſpielhaus brachte unter Her=
line
Körners Leitung dieſe wunderbare Dichtung zur
Siederaufführung nach langer Pauſe. In dieſer Dichtung bul=
ekt
Strindbergs eigenes Herz, zucken ſeine Schmerzen und
imet ſeine Sehnſucht. Er hat darin ſein Allermenſchlichſtes in
e erhabenſte Form ſublimiert. Indem er die Schmerzen der
inzen Menſchheit leidet, führt er dieſe zur Erlöſung. Die zu
dit hinführende Erlöſungsidee iſt der Wegweiſer. Aus den

langen Wirrniſſen und träumhaften Viſionen dieſes einzig=
art
gen Werkes ſchält ſich wie ein klarer Kern die Erkenntnis:
Es iſt nicht leicht, Menſch zu ſein und zu Gott zu finden.
Das Schauſpielhaus hatte unter Rudolf Hochs Regie
dem überwältigend reichen Stoff eine würdige Geſtaltung ge=
geben
. Ein großes Verdienſt hieran hat Herr Stern, deſſen
Bühnenbilder ſehr zu der Stimmung, die die Dichtung erheiſcht
beitrugen.
Frl. Tiedemann wirkte als Indras Tochter durch ihr
beſeeltes Spiel. Herr Wohlbrück ſpielte den Offizier mit
Ernſt und Würde. Alles in Allem hatte das Schauſpielhaus
einen Abend, der ſeinen beſten zur Seite geſtellt werden kann,
was in dieſer Zeit des ſchwerſten Kampfes um Sein oder Nicht=
ſein
der deutſchen Schauſpielkunſt als doppeltes Verdienſt an=
gerechnet
werden muß.
Das Reſidenztheater hatte als Erſtaufführung Herbert
Eulenbergs beſtbeleumundetes Stück Alles um Geld
in dem unſer Guſtav Waldau wieder eine Rolle hat, in der
er auf ſeinem Wege, ſich immer höher über ſich ſelbſt zu ent=
wickeln
, wieder ein gewaltiges Stück hinaufgeſtiegen iſt. Mit
leiſen Worten, ſtillen Szenen und echtem Gefühl ſtellt der Dichter
das große Problem, den Kampf zwiſchen dem Idealismus und
Materialismus unſerer Zeit, auf die Bühne. Es iſt das Werk
eines echten Dichters, dem die vornehme Künſtlerſchaft Guſtav
Waldaus, der das Kleine und Lächerliche des Alltagslebens in
Tragit umwandelt, die uns alle beherrſcht, zu vollem Erfolge
verhalf.
Wie auf allen Gebieten, ſo herrſcht auch auf demjenigen des
Theater= und Konzertlebens die ſchwerſte Not. Man frägt: Wie
lange noch? Tiefbetrübend und bezeichnend für unſere Lage iſt,
daß auf der Liſte der durch den Notbund geiſtiger Arbeiter Unter=
ſtützten
Namen von allererſtem Klange ſtehen, Künſtler von
hervorragendem Ruf. Wie lange noch?
Klara Ebert.
Krefelder Staditheater.
Uraufführung Otto Brües: Der Prophet von Lochau.
Dies Drama iſt nicht nur im Thema, ſondern auch im Auf
bau ein durchaus deutſches Stück. Der von tiefem Glauben an
die Wahrheit ſeiner Abzirkelungen beſeelte Träumer, alſo der

ſchlechthin deutſche Menſch, findet durch das Hemmnis der Welt
und durch ſein im Walde geläutertes Ich zu der letzten Be=
ſinnung
auf ſeine Berufung zurück: die Apotheoſe unbedingter
Ehrlichkeit. Mehr über dies neue Werk von Brües zu ſagen,
tut nicht not. Man konſtatiert nur, daß es einen bedeutenden
Fortſchritt gegen die früheren Dramen darſtellt. Dramatiſche
Hochſpannung iſt nicht da, dafür aber eine ſehr wirkungsvolle
Entwicklung, die durch zeitweiſe arelle Blitze dramgtiſchen Lebens
weſentlich unterſtützt wird . Und nun hoffen wir, daß der letzte
dramatiſche Schwung Otto Brües zu dem bleibenden deutſchen
Nationaldrama verhelfen möge. Der Anſatz iſt gemacht, die Ein=
ſtellung
iſt gegeben: nun komme pulſendes Blut, wogendes Leben
Die Aufführung am Krefelder Stadttheater unter der Leitung
des Intendanten Otto Maurenbrecher dürfte kaum über=
boten
werden. Tiefſte Durchdringung, reſtloſes Erleben gab var
allem Peter Eſſer (Düſſeldorf) als Gaſt.
Alſo nochmals: wir erhofſen viel, ſehr viel von Otto Brües,
faſt ein Uebermenſchliches. Aber Hoffnungen auf ihn haben
noch nie getäuſcht: ſo möge auch dieſe letzte in Erfüllung gehen.
Chriſtian Jenßen.

Kunſt, Wiſſenſchaft und Leben.
Ernſt Blaß hat ſoeben ein vieraktiges Schauſpiel
Mohammed beendet, in dem das religiöſe Problem des revo=
lutionären
Schöpfers ſeine dichteriſche und dramatiſche Geſtal=
tung
gefunden hat. Das Werk wird im Bühnenvertrieb von
Paul Caſſirer, Berlin, erſcheinen.
Eine Uraufführung in Villa Wahnfried.
In der Muſikhalle der Villa Wahnfried in Bahreuth fand eine
intereſſante muſikaliſche Uraufführung ſtatt. Es wurde zum
erſten Male das große dioliniſtiſche Tongemälde Siegfried in
drei Bildern für Violine allein von Guſtav Mäurer aufge=
führt
; eine eigenartige Neuerſcheinung in der Violinliteratur,
Das Werk enthält Bühnenſzenen aus Nichard Wagners Sieg=
fried
, füllt einen Konzertabend aus und ſtellt die höchſten An=
forderungen
an den Ausführenden. Es iſt Frau Coſima Wagner
gewidmet, welche die Widmung mittels eines Dankſchreibens
durch Siegfried Wagner annahm. Mäurer trug infolge Ein=
ladung
Siegfried Wagners die ſchwierige Kompoſition in An=
weſenheit
der Familie Wagner und einiger hervorragender
Muſiker ſelbſt vor,

[ ][  ][ ]

Darmſtädter Tagblatt

Wirtſchaftliche Rundſchau.

Georges Geiling, Bacherach a. Rh. 30 Mill. Stamm=
aktien
des Unternehmens wurden an der Berliner Börſe zugelaſſen.
Der Kurs ſtellte ſich bei ſcharfer Repartierung auf 30 Milliarden Pro=
zent
, wobei auf jede Order 1 Stück zugeteilt wurde. Die Aktien werden
bereits ſeit mehreren Jahren in Frankfurt gehandelt, zuletzt zum Kurſe
von 24 Milliarden Prozent. Unter Zugrundelegung des Dollarkurſes
vom gleichen Tag bedeutet dieſer Betrag eine Bewertung des geſamten
Unternehmens mit ca, 480 000 Goldmark. Bei einem Vergleich mit dem
Kurs der Aktien per Ende 1921 bei einem Kurſe von 545 Prozent und
einem Dollarſtand von 186 ergibt ſich ein damaliger Goldwert von
743 000 Goldmark. Die Geſellſchaft wurde 1912 als A.=G. errichtet;
ſie betreibt die Bearbeitung und den Vertrieb von Schaumweinen, ſowie
alle damit zuſammenhängenden Geſchäfte. Das Grundkapital betrug
urſprünglich 0,8 Mill., bei Kriegsausbruch 1 Mill., nach verſchiedener
Erhöhungen Ende 1921 6 Mill. Seither wurden zur Stärkung der
Betriebsmittel weitere 24 Mill. Stammaktien geſchaffen und zwar
9 Mill. im Dezember 1922, 15 Mill. im März 1923. Außerdem ſind zum
Schutz gegen Ueberfremdungsgefahr 1 Mill. Vorzugsaktien mit fünf=
zehnfachem
Stimmrecht vorhanden. Zum gleichen Zweck dienen 9 Mill.
Schutzaktien, die laut G.=V.=Beſchluß vom 1. 6. 23 emitiert wurden, mit
25 Proz. Einzahlung einem Bankenkonſortium überlaſſen und bis auf
weiteres gebunden ſind. Das Grundkapital der Geſellſchaft beſteht nun=
mehr
aus 39 Mill. Stamm= und 1 Mill. Vorzugsaktien, ſo daß in den
bekannten Fällen den 30 000 Stimmen der 30 Mill. Stammaktien, 15 000
Stimmen der 1 Mill. Vorzugsaktien und 9000 Stimmen der mit 2,25
Mill. eingezahlten 9 Mill. Stammaktien gegenüberſtehen. Der Geſamt=
Immobilienbeſitz der Geſellſchaft liegt in Bacherach und umfaßt 7500
Quadratmeter, wovon 2000 überbaut ſind. Die im Jahre 1898 geſchaffe=
nen
Kellereien wurden in den letzten beiden Jahren weſentlich vergrö=
ßert
. Neue Keller ſollen ſich noch im Bau befinden. Der Proſpekt fedoch
enthält keinerlei Angaben über Zahl, Umfang und Leiſtungsfähigkeit
der vorhandenen Keltereigeräte, Apparate und Maſchinen, ſowie Kellerei=
einrichtungen
. In der Bilanz ſtehen dieſe Poſten mit dem Mindeſtwert
zu Buch. In der Bilanz per 31. 12. 22 ſind Immobilien mit 2,82 Mill.,
Mobilien, Keltereigeräte, Fäſſer und Maſchinen ſtehen, wie bereits er
wähnt, mit dem Mindeſtwert zu Buch. Effekten und Beteiligungen
erſcheinen in Höhe von 3 Mill. In dieſen Poſten ſind die Beteiligungen
der Geſellſchaft an ihren Tochterunternehmungen enthalten, u. a. die
Mehrheit der Union=Sektkeltereien A.=G., Würzburg, die im Mai 1922
gegründet und deren Aktienkapital ſeit März 1923 6 Mill. beträgt. Für
das Geſchäftsjahr 1922 zahlte dieſes Tochterunternehmen 25 Proz. Di=
vidende
. Ferner iſt die Geſellſchaft beteiligt an der Viktor Cliquot
Quenardl u. Co. Nachf. A.=G., Bacherach, die ebenfalls 1922 errichtet
und deren Aktienkapital ſeit März 1923 4 Mill. beträgt. Für 1922
ſchüttete dieſe Geſellſchaft eine Dividende von 30 Proz. aus. Ferner iſ
die Geſellſchaft beteiligt an der Georges Geiling u. Co., Towarzystow=
Akeyjne i. Poſen. Dieſe Geſellſchaft wurde im Juli 1923 gegründet
und zwar mit einem Aktienkapital von 150 Mill. Stammaktien und 7,5
Mill. Vorzugsaktien. In der Bilanz ſind die Beteiligungen mit 3 Mill.
anſcheinend zum Nennwert, eingeſetzt. Unter den Paſſiven erſcheint ein
Werk=Erhaltungskonto in Höhe von 2 Mill. Die Geſellſchaft hatte im
Februar 1918 von dem durch die elſaß=lothringiſche Regierung eingeſetz=
ten
Liquidator der franzöſiſchen Firma Deutz u. Geldermann i. Hagenau
i. Elſ., deren dort gelegene Betriebsanlagen und Vorräte zu dem in
Raten zahlbaren Preiſe von 4,68 Mill. erworben. Nach der Beſetzung
Elſaß’ ſetzte die franzöſiſche Regierung die Firma Deutz u. Geldermann
ohne weiteres Verfahren in ihren früheren Beſitz wieder ein. Auf
den genannten Kaufpreis waren inzwiſchen 3,45 Mill. bezahlt, wovon
das Reich im Entſchädigungsverfahren im Jahre 1921 2 Mill. zurücker=
ſtattete
. Außerdem hatte die Geſellſchaft für den Verluſt von Vorräten
Maſchinen und Waren, die ſie von Bacherach nach Hagenau brachte,
gegen den Fiskus Anſpruch auf Entſchädigung in Höhe von 2,73 Mill. er=
hoben
, auf die die Entſchädigungsleiſtungen noch ausſtehen, dieſe For=
derungen
ſind in der Bilanz nicht beſonders ausgewieſen, müſſen aſſo in
den Debitoren enthalten ſein. In der Bilanz vom 31. 7. 23 erſcheinen
Debitoren mit 508 Mill., einſchließlich 237 Mill. Bankguthaben. Dem=
gegenüber
erſcheinen Kreditoren mit 166 Mill., einſchließlich 5 Mill.
Bankſchulden. In der Bilanz per 31. 12. betrugen Rohfabrikate und
Halbfabrikate 12,13 Mill., fertige Fabrikate 3,45 Mill.
Wie der Proſpekt annimmt, waren die Mengen der am 31. 7. 23
vorhandenen Weine und Waren etwa die gleichen wie im Dezember
1922. Der Geſchäftsgang im laufenden Jahre wird als zufriedenſtellend
bezeichnet.
h. Schwarzwald A.=G. für Feinmechanik und Elek=
trotechnik
in Schwenningen. Die in dieſem Jahre mit 42
Mill. Mk. Kapital gegründete Geſellſchaft will ihr Stammkapital um
bis zu 100 Mill. Mk. Stammaktien und um bis zu 5 Mill. Mk. Vor=
zugsaktien
erhöhen. Ferner wird Firmenänderung beantragt. Zur Be=
ſchlußfaſſung
über beide Anträge wird eine außerordentliche General=
verſammlung
auf den 19. November einberufen.
* Neue Richtlinien des Reichsverbandes der
deutſchen Induſtrie für die Goldumrechnung. Die
Richtlinien des Reichsverbandes der deutſchen Induſtrie für die ein=
heitliche
Durchführung der Goldrechnung, wie ſie am 21. September
beſchloſſen wurde, haben nach Stellungsnahmen aus der Induſtrie ſowie
Verhandlungen des Reichsverbandes über die Ausdehnung ſeiner Richt=
linien
auf die Geſamtwirtſchaft Veranlaſſung zu einer Ergänzung ge=
geben
. Der nunmehr geltende Wortlaut der Richtlinien iſt folgender:
Goldrechnung wird ausgeſtellt in Goldmark oder in Dollar. 1 Dollar
gleich 4,20 Mark. Die Zahlung erfolgt durch Goldgiroüberweiſungen,
Goldſchecks, Goldwechſel, Deviſen, ſoweit geſetzlich zuläſſig, Rentenmark
Dollarſchatzanweiſungen, Goldanleihe und nach freier Vereinbarung
ähnlicher Anleiheſcheine. Die Gutſchrift von Zahlungen in dieſen Zah=
lungsmitteln
erfolgt nach den jeweiligen Beſchlüſſen des Reichsverbands
der deutſchen Induſtrie. Solange und inſoweit Zahlungen in den an=
geführten
Werten nicht erfolgen können, wird der Papiermarkbetrag
zum Dollarbriefkurs (für telegraphiſche Ausführung Neu=York) des dem
Zahlungs=Eingangstage nachfolgenden Berliner Börſentages in Gold=
mark
umgerechnet. Soweit es die kalkulatoriſchen Grundlagen geſtatten,
wird zur Vermeidung von Buchhaltungsarbeiten und Unkoſten den
Verkäufer empfohlen, ſich mit dem Käufer allgemein oder für den Ein=
zelfall
über eine andersartige Abdeckung der Reſtbeträge zu verſtändi=
gen
. Solange und inſoweit die offizielle Dollarnotierung nicht den tat=
ſächlichen
Verhältniſſen entſpricht, ſoll eine Repartierungsklauſel aus=
nahmsweiſe
zugelaſſen werden. Die grundſätzliche Vorausſetzung für
die Ausnahme prüft eine vom Reichsverband der deutſchen Induſtrie
einzuſetzende Kommiſſion. Mit dem Weſen der Goldrechnung unverein=
bar
und unzuläſſig ſind Beſtimmungen, wonach der nach dem Rech=
nungsdatum
oder einem anderen Datum umgerechnete Pabiermarkbetrag
als Mindeſtbetrag für die Zahlung der Goldrechnung in Papiermark
beſtimmt wird. Für Banküberweiſungen und Schecks gilt als Tag des
Zahlungseingangs derjenige Tag, an welchem beim Verkäufer die Gut=
fchriftsanzeige
eingeht. Bei Zahlungen nach Fälligkeit werden unter
Vorbehalt der Geltendmachung anderer Rechte Bankzinſen und Koſten
be rechnet. Ueber die Verwertung der verſchiedenen Zahlungsmittel
wyrde vom geſchäftsführenden Ausſchuß der Kartellſtelle folgender Be=
fchln
ß gefaßt: Die Rentenmark wird zum Nennwert angenommen. Gut=
ſchrif
, von Deviſen erfolgt grundſätzlich zu dem am Zahlungs= Abgangs=
tage
½’ttbekannten amtlichen Briefkurs der Berliner Börſe. Bei Zah=
lungen
in Dollar erfolgt die Annahme zum Nennwert. Bei Zahlungen
in anderen als in Dollardeviſen kann nach freier Vereinbarung die
Gutſchrift gemäß der Neu=Yorker Notierung dieſer Deviſen erfolgen.
Gutſchrift von Dollarſchatzanweiſungen, Goldanleiheſcheinen und ähn=
lichen
Anleiheſcheinen erfolgt nach freier Vereinbarung zum Nennwert
oder zu dem am Zahlungs=Abgangstage letztbekannten amtlichen Ein=
heitskurfe
der Berliner Börſe.

U0

* Ludwig Weſſel A.=G., Bonn. Die a. v. G.=V. beſchloß
Erhöhung des Aktienkapitals von 7,2 Mill. auf 10 Mill. Den alten
Aktionären wird, ein Bezugsrecht zum Preiſe von 20 Goldmark pro

Aktie eingeräumt werden, in einem Verhältnis, das nach Maßgabe der
zu vergebenden Kapitalserhöhung ſo bemeſſen ſein ſoll, daß 1 neue Aktie
auf 4 bis zu 8 Stammaktien bezogen werden kann. Ein etwa verbleiben=
der
Reſt ſoll beſtmöglichſt im Intereſſe der Geſellſchaft Verwertung fin=
den
. Die jungen Aktien nehmen an der Dividende ab 1. 1. 23 teil. Das
Stimmrecht der Vorzugsaktien wurde vom achtfachen auf das zehnfache
erhöht.
tu. Eine Gründung der Linke Hoffmann Lauch=
hammerwerke
in Holland. In Amſterdam wurde mit 3 Mil=
lionen
Gulden unter dem Namen Mif. voor Jizer en Staal en Spoor=
weg
=Induſtrie eine neue Geſellſchaft gegründet. Es handelt ſich um ein
Tochter=Unternehmen der LinkeHoffmann-Lauchhammer=Werke, die
ihrerſeits mit der AEG. und der Otto Wolf=Gruppe in Verbindung
ſtehen.
Zittauer Maſch.=Fabrik A.=G., Zittau. Die Geſell=
ſchaft
wird von einer Verteilung einer Dividende in anbetracht der
Höhe der Unkoſten Abſtand nehmen.

tu. Uebertragung preußiſcher Elektrizitätsan=
lagen
an eine Geſellſchaft. Im geſtrigen Reichsanzeiger wird
nunmehr das Geſetz veröffentlicht, laut welchem das Staatsminiſterium
ermächtigt wird, für die Stromverſorgung im Weſerquell= und Mainge=
biet
eine Geſellſchaft mit dem Sitze in Kaſſel zu gründen, mit der Maß=
gabe
, daß ſämtliche Aktien in den Beſitz des Staates gebracht werden und
deren Veräußerung nur mit Zuſtimmung des Landtags möglich iſt, fer=
ner
, daß die aus Staatsmitteln im Weſerquell= und Maingebiet herge=
ſtellten
Anlagen (Kraftwerke, Hochſpannungsleitungen. Umſpannwerke

nebſt Zubehör mit allen Rechten und Pflichten, einſchl. des Kapitaldien
ſtes der bisher vom Staate aufgewendeten Mittel der Geſellſchaft zu
übereignen und damit und mit einer Bareinlage von 10000 Goldmark, be=
meſſen
nach einem Verhältnis von 4,20 für den Dollar, nach dem letzter
amtlichen Mittelkurs der Berliner Börſe für Auszahlung Kabel New=
York, das Aktienkapital voll abzugelten, für die von der Leitung auf=
zunehmenden
Darlehen Bürgſchaft bis zur Höhe von 2 Millionen Gold=
mark
zu übernehmen, ſowie die Staatsanlagen in Dörverden, nebſt Hoch=
ſpannungsleitungen
, mit Umſpannwerken, der A.=G. Großkraftwverke
Hannover zu übereignen.

Triptis= A. G. in Triptis (Thür.). Im Zulaſſungspro=
pekt
über nom. S Millionen Mk. neue Aktien der Geſellſchaft an der
Berliner Börſe berichtet die Geſellſchaft über einen befriedigenden Ab=
ſatz
im laufenden Geſchäftsjahr, ſo daß auch auf das erhöhte Aktien=
kapital
mit einem zufriedenſtellenden Ergebnis gerechnet werden kann.
Das Grundkapital beträgt nunmehr 20 Millioeen Mk. Stammartien
und 1 Million Mk. Vorzugsaktien. Das Geſchäftsjahr iſt das Kalender=
jahr
. Das Grundkapital, welches bei der Gründung 1 Million Marl
betrug, wurde allmählich, zuletzt im Jahre 1922, auf 13 Millionen Mk.
erhöht. Gegenſtand des Unternehmens iſt die Fabrikation von Ge=
brauchsporzellan
und anderen keramiſchen Artikeln und die Gewinnung
der dazu erforderlichen Rohprodukte. In der Bilanz per 31. 12. 1922
werden die Effekten und Beteiligungen mit 17 037 951 Mk. aufgeführt
Hierunter befinden ſich folgende Unterbeteiligungen: nom. 2 625000 M.
Aktien der Steatit Magneſia=A. G. Nürnberg=Berlin, 2500 000 Mark
Obligationen der Gewerkſchaft Deutſchland in Oelsnitz, 419 000 Nik.
Aktien der Porzellanfabrik C. M. Hutſchenreuther A. G. in Hohenberg
a. d. Eger, 1 015 000 Mk. Aktien der Porzellanfabrik Gebrüder Kühnlenz
A. G. in Kronach, 525 000 Mk. Aktien der Keramik, keramiſche Werke
A. G. Bonn, 800 000 Mk. Aktien der Bank für keramiſche Induſtrie A. G.
in Dresden, 822000 Mk. Aktien der Fein=Steingut=Fabrik Max Roßler
A. G. Roddach (Koburg), c.K. 105 000 der Altrohlauer Porzellanfabrik
in Karlsbad und 2 955 000 Mk. Aktien der A. G. Wickwerke, Vereinigte
Fabriken Merkelbach u. Wick. Dieſe Unterbeteiligungen dürften nich
mittlerweile durch Ausübung des Bezugsrechts auf junge Aktien weſent=
lich
erhöht haben. In der Bilanz per 31. 12. 1922 erſcheinen Grund=
ſtücke
, Fabrikgebäude, Wohnhaus, Maſchinen, Utenſilien, Gleiſe, Gefährte
und Wagen ſowie Lichtaulagen mit je 1 Mk. Kaſſenbeſtände werden
mit 822000 Mk. ausgewieſen. Debitoren einſchließlich 26 363 000 Mk.
Bankguthaben mit 140 972 000 Mk., Vorräte (fertige Ware, Materialien
mit 1637 000 Mk. Bei einem Aktienkapital von 12 Millionen Mark
Stamm= und 1 Mill. Mk. Vorzugsaktien betrug der Reſervefonds
10 Mill. Mk., der Reſervefonds II 3 Millionen Mark. Ein Inſtand=
ſetzungskonto
erſcheint in Höhe von 25 Mill. Mk., Rücklage für Penſions=
fonds
und Wohlfahrtszwecke erſcheint mit 5 Mill., Debitoren einſchl.
Anzahlungen ſind mit 82 753 000 Mk. ausgewieſen. Die Gewinn= und
Verluſtrechnung zeigt folgendes Bild Einſchließlich Vortrag aus 1921
betrug der Fabrikationsgewinn einſchl. der Erträgniſſe aus Zinſen und
Effektenbeſis 98 953 000 Mk., Unkoſten einſchl. Rückſtellung für Steuerr
erforderten 34 214 000 Mk., Reparaturen 6 514 000 Mk., Abſchreibungen
1770 000 Mk., ſo daß ein Reingewinn von 55 857 000 Mk. verblieb. Die
Zwiſchenbil anzziffern per 30. Juni 1923 beziffern ſich: Guthaben bei
Banken 182 039 000 Mk., Außenſtände 1007 000 000 Mk., fertige Waren
150 Millionen Mk., Materialien 50 Mill. Mk. Andererſeits betrugen
Kreditoren einſchl. Anzahlungen der Kundſchaft 766 287 000 Mk. bei
einem Aktienkapital von damals 12 Mill. Mk. Stammaktien und 1 Mill.
Mk. Vorzugsaktien. Die Umſätze ſtellten ſich 1920 auf 7 321 039 Mk.,
1921 auf 12384 283 Mk.; und 1922 auf 274 320 658 Mk. Die in Triptis
mit Eiſenbahnanſchluß gelegene Fabrik beſteht aus einem Komplex aus
dreiſtöckigen maſſiven Gebäuden bei einem Flächenraum von etwa 20000
Quadratmeter. Die Betriebskraft wird erzeugt durch zwei Dampfkeſſel
von zuſammen 125 Quadratmetern Heizfläche und zwei Dampfmaſchinen
von 220 Pferdeſtärken, welche zwei große Maſſenmühlen mit den nöti=
gen
Hilfsmaſchinen, zwei Chamottewerke, zwei Dynamomaſchinen zur
Erzeugung des elektriſchen Lichtes und die Dreherei treiben. Zu dem
Werke gehören zwölf Brennöfen, ſowie Maler= und Druckerſäle, die
Schmelzen, ſowie die verſchiedenen Lagerräume und Schuppen. Die
Arbeiterzahl beträgt zur Zeit etwa 400 Perſonen.

Meſſen.

* Internationaler Südfrüchten=Markt (Muſter=
Meſſe in Innsbruck. Vom 19. bis 24. November ds. Js. findet
in Innsbruck in den Stadtſälen ein internationaler Südfrüchtenmarkt
ſtatt. Dieſe Meſſe, die ausſchließlich für den Großhandel beſtimmt iſt,
ſoll die Erzeuger und Händler des Südens in direkten perſönlichen Ver=
kehr
mit ihren Hauptabnehmern, den Importeuren des Nordens bringen.
Gehandelt werden folgende direkten und verarbeiteten Naturerzeugniſſe
der ſüdlichen Länder: Agrumen, Obſt, getrocknete Südfrüchte, Gemüfe,
Feld= und Gartenfrüchte, (Ortaglie), Gemüſe=, Frucht= und Fiſchkonſer=
ven
, Oliven=Oele, feine italieniſche Käſe, Deſſertweine. Anfrager
und Anmeldungen ſind an die Geſchäftsſtelle der Innsbrucker Meſſe,
Innsbruck, Landhaus, zu richten. Ausführliche koſtenloſe Proſpekte wer=
den
auf Verlangen zugeſendet.
tu. Eine deutſche Sonderausſtellung auf der näch=
ſten
Prager Meſſe. Die Prager Meſſe beginnt einen ausgeprägt
internationalen Ckarakter zu bekommen. Die Meßleitung legt Wert dar=
auf
, nicht nur eine Schau der inländiſchen, ſondern auch der auslän=
diſchen
Erzeugniſſe zu veranſtalten, und zwar ſollen letztere in einer
Abteilung zuſammengefaßt werden.
Die Meßleitung hat ferner der
Wunſch geäußert, daß auch eine deutſche Sektion zuſtande kommt, zumal
gerade verſchiedene Gebiete der deutſchen Induſtrie, z. B. Buckdruck=
maſchinen
, Solinger Stahlwaren, chemiſche, optiſche und elektrotechniſche
Erzeugniſſe, Apparate der Chirurgie uſw., gute Abſatzmöglichkeiten in
der Tſchecho=Slowakei beſitzen. Die Organiſation der deutſchen Son=
derausſtellung
iſt der Verlag: Meſſe und Ausſtellung, Berlin NW. 25,
Dreyſeſtraße 18, bei der nähere Auskünfte eingeholt werden können..
Es ſind eine Reihe von Sondervergünſtigungen für die deutſchen Ausſtel=
ler
vorgeſehen.

5. November 1923 Nr. 30

Banken.

u. Spirituoſenbank A.=G., Karlsruhe, Gegenſtar
des neuen Unternehmens iſt die bankmäßige Finanzierung von G
ſchäften und Betrieben, die ſich auf die Erzeugung, Bearbeitung, Ve
wertung oder den Vertrieb von Spirituoſen erſtrecken. Beteiligung
gleichen oder ähnlichen Unternehmungen. Das Grundkapital beträgt
Mill. Mk., eingeteilt in 300 Inhaberſtammaktien a. 100 000 Mk., au
gegeben zum Nennwert. Gründer ſind: Firma A. H. Winkelhauſe
Werke A.=G., Magdeburg, Firma C. T. Hünlich A.=G. in Wilth.
Regierungsrat a. D. Freiherr Otto v. Hertling (Berlin), Direktor Pa
Kamrath (Berlin), Kaufmann Siegfried Brünn (Berlin=Schönebere
Die Mitglieder des erſten Aufſichtsrates ſind: Dr. jur. Auguſt Weh
(Berlin), Generaldirektor Gotthardt Seifert (Stargard), Kaufma
Artur Schick (Saarbrücken), Kaufmann Leo Schick (Saarbrücken), R.=
Dr. Guſtav Schulz (Ludwigshafen) und die vorgenannten Gründer
lich und Winkelhauſen.
* Bank für elektr. Unternehmungen, Zürich.
G.=V. nahm nach einſtimmiger Genehmigung des Geſchäftsberichtes u
der Bilanz (6 Proz. Dividende) den von der Verwaltung vorgeſchlagen
Reerganiſationsplan an. Danach werden die Vorzugsaktien von no=
1000 Frs. auf 500 Frs. und die Stammaktien von 250 Frs. g
50 Frs. herabgeſetzt. Der letzte Betrag erhöhte ſich durch Umtauſch v
Genußſcheinen bei den neuen Aktien auf 60 Frs. Die Valutaderlu
in Höhe von 51,2 Mill. Frs. ſowie die geſamten deutſchen Beteiligung
von nom. 150 Mill. werden vollſtändig abgeſchrieben. Als offene
ſerde bleiben 5,1 Mill. Frs. und als ſtille Reſerve 4,9 Mill. Frs. D
neue Aktienkapital von 51,5 Mill. Frs. ſetzt ſich nunmehr zuſammen a=
einem
Einheitskapital, wobei die ehemaligen Vorzugsaktien Lit. A.
von den Stammaktien Lit. B. nur durch die verſchiedenen Nomine
unterſcheiden. Die Geſellſchaft hat nach wiederholten Reorga=
ſationen
nunmehr nach Abſchreibung des geſamten deutſch
Stammaktienkapital lag zum größten Teil in deutſchen Händer
durch die ergriffenen Maßnahmen die Nationaliſierung des Untecn
mens faſt erreicht; denn das geſamte alte Stammaktienkapital macht ne
Durchführung des angenommenen Reorganiſationsplanes nur n=
9 Prozent des neuen Geſamtkapitals aus. Dieſe Verſchiebung zeigt
auch bei der Zuſammenſetzung des zwanzigköpfigen Verwaltungsrate

G0

Spot.
Eilt

dem nur zwei deutſche Mitglieder angehören, Dr. von Gwinner
Karl Fürſtenberg. Der Vorſitzende wies darauf hin, daß das Geſche
der Elektro=Bank auf ihrer neuen Baſis geſund ſei, da drei Jahre hi
durch die geſetzliche Tilgungsrate auf die Kursverluſte von je 3,1 Mi
Frs. aus dem Geſchäftsertrag beſtritten werden konnte. Die Paſſit

ſuen iot
RAS
9
A
iſt be
zihands
nan
HWSe


6
W8
W

der Geſellſchaft ſollen vor allem die Wiederinſtandſetzung und Erw
terung der während des Krieges vernachläſſigten Anlagen und die W
dereinbringung der erlittenen Verluſte ſein.
L. Wiener Bankverein. Von der durch die a. o. G. 2. Auguſt d. J. erteilten Ermächtigung zur Erhöhung des Aktie
kapitals von 15 auf 21 Milliarden Kronen teilweiſe Gebrauch macher
gibt der Wiener Bankverein 1 Million Stück neue Aktien zu 3000
Nennwert mit Dividendenberechtigung ab 1. Januar 1924 aus, die
Verhältnis von 1 neuen zu 5 alten Aktien zu 140 000 Kronen zum
zug angeboten werden. (Friſt: 27. Oktober bis einſchl. 7. November).

tide

E.

Neugründungen.

E=d=Süddeutſche Tabak=Kredit=A.=G., Stuttgau
Unter dem Namen Süddeutſche Tabak=Kredit=A.=G., Stuttgart wur
in Stuttgart eine für das Tabakgewerbe bedeutſame Gründung dr
zogen. Es haben ſich nämlich die bekannten Herſtellungsfirmen t
Tabakerzeugniſſen (Waldorf=Aſtoria, Zigarettenfabrik Stuttgart, Zub
München, Auſtria München, Mayer=Mannheim, Greinter=Heilbronn 1
Raulino u. Co., Bamberg) mit einigen prominenten Tabakhändlern
ſammengeſchlofſen, um unter Mitwirkung der Allgemeinen Berlin
Garantiebank durch Gewährung von Krediten, vor allem an die Här
ler, dem drohenden Erliegen der Tabakbranche zu ſteuern. In der
ſicht der durch die Initiative des Kommerzienrats Malt von der W.
dorf=Aſtoria=A.=G. ins Leben gerufenen Geſellſchaft liegt vor allem au
ein planvolles Zuſammenarbeiten aller am Tabakgewerbe intereſſier,
Kreiſe, wobei zunächſt hauptſächlich der Uebergang von Papiermark
Goldmark, der ſich bei der bevorſtehenden Goldbanderolierung ſehr en
findlich bemerkbav machen wird, dem Händler und Konſumenten erlei
tert werden ſoll. Dieſem Gedanken dient auch die bereits erfolgte Ar
gabe von wertbeſtändigen Gutſcheinen der Waldorf=Aſtoria=Zigärett
fabrik. Dieſe auf Goldmark lautenden Gutſcheine werden nur in 2
Maße ausgegeben, als eine Deckung in Rohtabak vorhanden iſt. N
ihrer Mitteilung hat die Firma mit dieſem Verfahren bei dem Kle
handel und bei den Konſumenten ſo gute Ergebniſſe erzielt, daß ſie
Erweiterung der Gutſcheine auf den Bezug ſämtlicher Rauchwaren pla
Die Ausgabe diefer Scheine ſoll ſpäter von der Süddeutſchen Tab
Kredit=A.=G. erfolgen. Die Gründung dieſer Geſellſchaft bedeutet a
einen Verſuch mit ſoliden kaufmänniſchen Mitteln und fußend auf ei=
geſunden
Grundlage die Hebung und Belebung der Tabakbranche in
Wege zu leiten, die ſie einerſeits vor der Vertruſtung bewahrt und (
dererſeits befähigt, ausländiſchen Rohwarenangeboten gegenüber e
kreditfähige Poſition einzunehmen. Mit dieſer Abſicht tritt das ue
Unternehmen, deſſen Intereſſentenkreis ſich bald weiter ausdehnen d
in die Reihe derer ein, denen es mit dem Ausbau des deutſchen V
ſchaftslebens wirklich ernſt iſt. Das zunächſt auf 10 Millionen 2
feſtgeſetzte Grundkapital wird in Aktien eingeteilt, deren größter 2
ſolange von der Verwaltung einbehalten wird, bis eine im Sinne
gedeihlichen Entwicklung des Unternehmens liegende Verwertu
möglich iſt.
wb. Kochelwerk, A. G. für chemiſche Erzeugniſſ
Berlin. Unter Führung der Hindag, Handelszentrale für Ind
ſtrieerzeugniſſe A. G., Berlin, und der Rütgerswerke A. G., Verlin,
wie unter Mitwirkung der Oechelhäuſer u. Landé Bankkommanditgeſe
ſchaft, Berlin, wurde die Kochelwerk=Aktiengeſellſchaft für chemiſche (
zeugniſſe, mit dem Sitz in Berlin und Werk in Kochel (Oberbayer.
gegründet. Die neue Aktiengeſellſchaft übernimmt die ſeit zwei Jah=
in
Kochel betriebene Farbenfabrik der Kochelwerk=Geſellſchaft für che
ſche Erzeugniſſe m.b.H. mit ihren Aktiven und Paſſiven und wird
in erſter Linie der Fabrikation von Kalkfarben nach dem neuen V
fahren von Dr.=Ing. W. Eberlein widmen, durch welche das bisheri
Verwendungsgebiet für Kalkfarben ganz erheblich erweitert wird.
Kapital des neuen Unternehmens beträgt nom. 500 Millionen Ma
Der Vorſtand der Geſellſchaft beſteht aus den Herren Direktor Rob
Schenk und Direktor Berthold Korff. Den erſten Aufſichtsrat bil=
Herr Generaldirektor Karl Pieler, Generaldirektor der Induſtrieb
A. G. Berlin, als Vorſitzender; Herr Generaldirektor Hubert Scherkan
Generaldirektor des Oſtelbiſchen Braunkohlenſyndikats Berlin, als ſte
vertretender Vorſitzender; Herr Dr.=Ing. W. Eberlein, Mancheſte
Herr Direktor Adolf Friemel. Direktor der Hindag‟. A. G. Berli
Herr Direktor Karl Müller, Direktor der Rütgerswerke A. G. Berli
Herr Bankdirektor Dr. Ringleb, Dixektor der Oechelhäuſer u. Lan=
Bank=Kommandit=Geſellſchaft Berlin, Herr Konſul A. Schinzing
Kaiſerl. japaniſcher Konſul, Berlin, Herr Generaldirektor Dr. Tittle
Generaldirektor der Gewerkſchaft Steinkohlenwerk Vereinigte Glü
hilf=Friedenshoffnung, Hermsdorf i. Schl., Herr Baukdirektor Edmur
Wolfſohn, Direktor der Darmſtädter und Nationalbank, K.=G. a.
Berlin.

(de

Wetterbericht der Gießener Wetterwarte.

Wettervorherſage für Dienstag, 6. November:
Teilweiſe bewölkt, ſtrichweiſe Niederſchläge in Schauern, nachts k

Hiermit die traurige Nachricht, daß es Gott dem
Allmächtigen gefallen hat, meine liebe, gute Frau,
unſere treubeſorgte Mutter, Tochter, Schweſter,
Schwägerin und Tante

Tilli Lung, geb. Reineck

nach langem, ſchwerem mit großer Geduld ertragenem
Leiden im 38. Lebensjahre heute zu ſich zu rufen.
Die tieftrauernden Hinterbliebenen:
Direktor Dr. Guſtav Lung
Robert Lung
Familie Lehrer Reineck.
Gr.=Gerau und Darmſtadt, 3. Nov 1923.

Die Beerdigung findet Dienstag, den 6. November,
nachmittags 2 Uhr, auf dem Friedhof an der Nieder=
(8040
Ramſtädter Straße ſtatt.
Von Beileidsbeſuchen bitten wir Abſtand zu nehmen.

Schatzanweiſung

über 24 Dollar am
Paradeplatz verioren.
Gegen hohe Belohn
am Fundbüro abzu=
geben
. Vor Ankauf
wird gewarnt, (8041

Männlich

Buchhalter
älterer Herr ( Pen=
ſionär
), d. noch arbeits
fähig iſt, aufs Land
geſucht Verheirateter
Herr ohne Kinder be=
vorzugt
. Wohn. vorh
Angebote u U 100
Geſchäftsſt (**7B:sgol

Landestheater.
Großes Haus.
Montag, 5. Nov.
Sondermiete 153 u. 16
Fauſt
in urſprüngl. Geſtalt
von W. Goethe.
Anf. 7, Ende n. 9½ Uhr.
Preiſe: 15-150 Milliard.

Kleines Haus. (V808
Zuſatzmiete V‟.
Zum 1. Male wiederholt

Der Scheiterhaufen
von A. Strindberg.
Anf. 7½, Ende 9½ Uhr.
Preiſe: 25-125 Milliard.

Stütze geſucht!

Ein mit gut. Empfehlungen verſehenes
beſſ. jüd. Mädchen, das kochen kann,
für älteres Ehepaar nach Treyſa (Bez.
Kaſſel) geſucht. Angenehme Stellung,
Hausmädchen vorhanden. Bewerbungen
erbeten an Hugo Strupp, Frankfurt
a M., Mauerweg 36, I.
(I,8023

Wohnungstauſch.

Biete ſchöne 2 Zim=
merwohnung
in
Mannheim
in beſter Lage.
Suche entſprechende
2-3 Zimmerwohn. in
Darmſtadt.
Näheres in der Ge=
ſchäftsſtelle
, 18006a

Geſucht für ſofort
2 Zimmer

behaglich eingerichtet,
in gutem Hauſe, mögl
Alleinmieter. Angeb.
an Ferdinand Faber,
Landesiheater. (*2748go

für den Betrieb der

teien Weinst and Lun

ſind in der Geſchäftsſtelle des Darmſtädter Tagblat!
Rheinſtraße 23 zu haben.

[ ][  ][ ]

*½

Darmftädter Tagblatt

Sdnt

3. Nob. 1923 Nr. 306

N
Hus e

Jaumeiſterſchaft im Zweier=Radbaliſpiel. Berliner Hockeyklub ſchlägt Sportklub Frankfurt. Deutſchland gewinnt
gegen Norwegen. Anerfreuliche Vorfäle beim Kußbalſpiel.

2Wr

W

Fußball.
Sportverein Darmſtadt Olympia=Lampertheim. 1:1.
e Ein Spiel, wie es nicht ſein und wie es ſich nicht wieder=
en
ſollte, trug die Ligamannſchaſt des Sportvereins am geſt=
en
Sonntage in Lampertheim aus. Der vom Verband ange=
te
Schiedsrichter blieb aus, das Los fiel auf einen anweſenden
rmſtädter Herrn, der ſich keine Geltung zu ſchaffen verſtand.
iſt bedauerlich, daß von den maßgebenden Perſonen der
rbandsbehörde bei den von ihnen angeſetzten Verbandsſpielen
mand zugegen iſt, wo ſolche Szenen von Eingeweihten vor=
sgeſagt
werden. Daß ſich jeder vernünftig denkende Menſch
ter ſolchen Umſtänden nicht für den Fußballiport begeiſtern
in, liegt auf der Hand. Das ſollte man doch bedenken. Zum
ſiel ſelbſt läßt ſich wenig ſagen, da jeder gut gemeinte Verlauf
rch Drohungen und Schreien eines vollkommen aus Nand und
nd geratenen Publikums zunichte gemacht wurde. Lampert=
ms
flinke Mannſchaft verdarb ſich jeden günſtigen Eindruck
rch fortwährendes reklamieren und unſauberes Spiel, gegen
z der Schiedsrichter nicht einſchritt. Er wurde von den Zu=
auern
mit nicht wieder zu gebenden Zurufen und Drohungen
acht und ſah ſich ſelbſt bei jeder Entſcheidung gegen die Laui=
theimer
Mannſchaft von zahlreichen Elementen bedroht. Das
g mitbeſtimmend geweſen ſein, warum er ein zweites Tor für
rmſtadt nicht gelten ließ. Die Darmſtädter ſpielten gut und
lten ſich bei allem Kampf um den Ball ſehr zurück, um jedes
gehen des Gegners unter den obwaltenden Umſtänden zu ver=
iden
. Dieſer Standpunkt war verſtändig. Mit eins zu eins
ren trennten ſich beide Mannſchaften. Dieſes Reſultat trug
ſentlich zur Beruhigung der Gemüter bei.
Es iſt die Pflicht der zuſtändigen Verbandsbehörde, hier ein=
II nach dem Rechten zu ſehen und durch energiſche Schritte eine
jederholung derartiger Vorkommniſſe zu vermeiden, die nur
zu angetan ſind, den Fußballſport in Mißkredit zu bringen. Es
andererſeits die Pflicht jeden echten Sportmauns und des
ortliebenden Publikums, mehr Selbſtzucht zu üben.
Union DarmſtadtSp.=V. Arheilgen 0:0.
Fl. Mit dieſem Ergehnis trennten ſich die beiden Vereine
dem geſtrigen Verbandsſpiel auf dem Unionplatz. Die trotz
z regneriſchen Wetters zahlreich erſchienenen Zuſchauer konn=
zufriedengeſtellt
werden, denn beide Mannſchaften lieferten
von Anfang bis zu Ende ein ſchönes Spiel. Sp.=V. Arheil=
i
, der gleich nach Beginn ein eifriges Tempo vorlegte, hatte
nächſt, begünſtigt durch den Wind, mehr vom Spiel, konnte
er dieſen Vorteil nicht ausnutzen. Langſam wurde das Spiel
sgeglichen und es entwickelte ſich ein Feldſpiel, das zeitweiſe
de Toxe bedrohte. Beide Mannſchaften verpaßten die ſchön=
n
Torgelegenheiten. Von einer Ueberlegenheit einer Partei
in man nicht reden. Es wären höchſtens die letzten 10 Minu=
für
Union zu buchen, in denen dieſe alles aufbot, den Sieg
erringen. Das Spiel wurde von Herrn Seltſam=Heidelberg
eitet, der zur Zufriedenheit ſeines Amtes waltete.
Die Liggerſatzmannſchaft, die noch in letzter Minute zuſam=
engeholt
wurde, um den unerwarteten Gegner Lampertheim
nigſtens nicht kampflos fortzuſchicken, verlor gegen dieſen 1:0.
der unrühmliche Abſchluß der Bezirksliga=
ſpiele
im Mainkels.
Sp.=V. FrankfurtKickers Offenbach 3:1 (2:0).
Auf dem Sportplatz Bornheim lieferten ſich Sp.=V. Frank=
t
und Kickers Offenbach einen Kampf um die Punkte, der
tweilig nicht nur das Maß des Erlaubten überſchritt, ſondern
gar in unſauberes Spiel ausartete. Schuld war nicht zuletzt
ßer den Spielern der Schiedsrichter Späth=Mannheim, der
l zu wenig eingriff und erſt, als es zu ſpät war, energiſch
rde. Beide Tore für Sporwerein erzielte Strehlke denen
Offenbacher bis zur Pauſe nichts entgegenſetzen konnten.
der zweiten Hälfte iſt zunächſt Offenbach in Front und kann
ch durch einen Elfmeter, den Gröner verwandelt, ein Tor auf=
len
. Doch nach kurzer Zeit ſtellt wiederum Strehlke nach guter
rlage von Klumpp das Spielergebnis auf 3:1. Im allge=
inen
war Sportverein die techniſch und taktiſch beſſer ſpielende
annſchaft. Ihr Sieg war verdient. Offenbach ſpielte nur gut
der Verteidigung, während der Sturm vollſtändig zuſammen=
nglos
wirkte. Zu geſchloſſenem Vorgehen kam er nie. Grö=
r
allein kann die Sache nicht machen. Ueber die unſauberen
ichen ſchweigt man am beſten im Intereſſe des Fußballſports.
ir ſollte die Behörde endlich mit eiſerner Fauſt dazwiſchen=
zren
, ehe größere Unglüicksfälle vorkommen.
zportklub BürgelEintracht Frankfurt 0:2 (0:1) abgebrochen.
Eintracht weilte zum Vorſpiel in Bürgel und holte ſich dort
verdient eine Niederlage. Die Bürgeler zeigten das in der
zten Zeit ſo oft gerügte ſcharfe Spiel. Eintracht kam diesmal
t einem blauen Auge davon. Nicht weniger als vier Ver=
tzte
hatte die Maunſchaft aufzuwei en, ſo daß ſich der Schieds=
hter
genötigt ſah, das Spiel 15 Minuten vor dem Schluß der
dielzeit abzupfeifen. Das Spiel fing vielverſprechend an. Ein=
icht
war im Angriff. Gegen Mitte der erſten Halbzeit, nach=
m
bereits Eintracht in der zweiten Minute Egly wegen ſchwe=
Verletzung verloren hatte, gibt Klemm ungenau zurück und
irgel führt durch Selbſttor 1:0. Der weitere Spielverlauf war
i offenem Spiel ein gleichwertiges Treffen, bis in der 20. Mi=
te
Trumpp, Eintrachts Torwächter, infolge Zuſammenpralls
tſchwerer Gehirnerſchütterung vom Platze ge=
agen
wurde. Trotzdem kämpfte Eintracht mit neun Mann
eiter, und man ging bei dieſem Stand, in die Pauſe. Die
leite Hälfte des Spiels zeigte ungefähr das gleiche Bild. Trotz
r Minderzahl der Spieler hält Eintracht nicht nur das Spiel
fen, ſondern erzielt ſogar durch gute Angriffsgelegenheiten drei
ken, die nicht verwertet werden. Nachdem einige Minuten
bielzeit verfloſſen waren, kam es zu einem neuen Zuſammen=
ß
. Klemm iſt der Leidtragende. Eintracht kämpft mit nur
ſch acht Mann. Beutler prallt mit einem Bürgeler Spieler
ſammen. Der Unparteiiſche entſcheidet Elfmeter. Fürwahr
ne harte Entſcheidung gegen acht Mann. Der Elfmeter bringt
üirgel den zweiten Erfolg. Nach weiteren 10 Minuten iſt es
chönfeld, der mit ſchwerer, Schienbeinverletzung
m Platze getragen wird, worauf der Unparteiiſche den Kampf,
Eintracht nur noch ſieben Spieler zur Verfügung hat, ab=
eift
.
Wenn hier die Behörde nicht ganz energiſch eingreift, ſo
irfte es in Zukunft um die In ereſſen des Fußhallſports ſehr
Ulect beſtellt ſein. Spieler wie Publikum bedanken ſich beſtens
r derartige lebeusgefährliche Spiellveiſe.
Viktoria AſchaffenburgHelvetia Frankfurt 3:2 (1:2).
Die Uieberraſchungsmannſchaft der Helvetia brachte es als
ſte fertig, die ſpielſtarke Viktorig auf eigenem Platze zu beſiegen.
elbetia kam in vollſtändig neuer Aufſtellung. Die jungen Erſatz=
ute
ſpietten mit großem Cifer. Der kuade Tieg ſt dem Spiel=
erlauf
nach verdient. Die Spielleitung war ſehr objektid
nd gut.

Sportverein Offenbach-Hanau 93.
Offenbach zeigte auch geſtern, daß das 1:1 vom bergangenen
Sonntag gegen die Eintracht nicht ganz unberechtigt war. Die
Mannſchaft hat ſich anſcheinend gefunden und lieferte auch geſtern
ein Spiel, bei dem nur die beſſere Stürmerreihe der Hanauer
Länderkampf Deutſchland Norwegen, 1:0.
Der Fußball=Länderkampf Deutſchland gegen Norwegen, der
urſprünglich in Berlin hatte ausgetragen werden ſollen, aber=
nach
Hambura derlegt wurde, weil Berlin, kurz darauf die
Zwiſchenrunde um den Bundespokal hat, ſtand unter der Leitung
Mutters (Holland). Die deutſche Mannſchaft irat in folgender
Aufſtellung an:
Stuhlfaut
(1. FC. Nürnberg)
Riſſe
Bache
(DSC. 99 Düſſeldorf) (Wacker 04 Berlin=Tegel)
Schmnidt
Kalb
Krauſe
(1. FC. Nürnberg) (1. FC. Nürnberg) (Holſtein Kiel)
Leip. Reißmann
Harder
Wieder Sutor
(Guts Muts Dresden) (Hamb. Sp.=V.) (1. FC. Nürnberg)
Harder, der disqualifiziert war, erhielt Spielgenehmigung. Er
ſchoß das ſiegbringende Tor, leiſtete aber als Sturmführer nicht
das Erwartete. Sehr gut waren Stuhlfaut im Tor und der Ver=
teidiger
Riſſe (Weſtdeutſchland), gegen den der Berliner Bache
etwas abfiel. In der Läuferreihe ſtach noch beſonders Schmidt
(Nürnberg) hervor, der beſſer als Kalb ſpielte. Im allgemeinen
ſtrengte ſich die deutſche Mannſchaft ſehr an. Der Sieg iſt
verdient.
Odenwald Pfalz.
Sp. Vgg. Blankenſtadt V.f.S. Neckarau 1:1.
Lindenhof 08 Germania Friedrichsfeld 4:0.
V.f.B. Heidelberg Schwetzingen 1910 1:0.
Sp Vgg. 07 Mannheim Sp.Cl. Herta Mannheim 3:1,
F.V. Weinheim Olympia Lorch 7:0.
Sp. Vgg. Mundenheim V.f.B. Frieſenheim 1:1.
Germania Ludwigshafen Union Ludwigshafen 1:0.
Arminia Rheingönnheim Concordia Ludwigshafen 1:0.
St. Cl. Pirmaſens V.f.R. Kaiſerslautern 1:0.
K.A.V. Pirmaſens V.fB. Zweibrücken 2:0.
Olympia Kaiſerslautern Pirmaſens 03 2:0.
Sp.Cl. Käferthal Vorwärts Mannheim 2:0.
Mainkreis.
Hedernheim V.f.R. Frankfurt 1:2.
Sportverein Frankfurt Merkur Frankfurt 6:1.
Germania Frankfurt Boruſſia Frankfurt 7:1.
Fechenheim Seckbach 2:1.
Eckenheim Olympia Frankfurt 2:0.
Baden.
Freiburg Phönix Karlsruhe 2:0.
Phönir Ludwigshafen
T. u. Sp.V. Waldhof 2:2.
F.G. 03 Ludwigshafen Phönix Mannheim 5:2.
V.fR. Mannheim Pfalz Ludwigshafen 2:1.
V.f.R. Feudenheim T.Cl. Pirmaſens 3:0.
Württemberg.
Pforzheim Sp.C. Stuttgart 3:2.
Mühlburg Kickers Stuttgart 3:2. (11))
Feuerbach Heilbronn 1:3.
Bayern.
Bayern München 1860 München 3:3.
M. T. V. Fürth Wacker München 4:1.
F.V. Nürnberg T. V. Augsburg 1:1.
Heſſen Saar.
Saar Saarbrücken Büdingen 4:1.
F.V. Saarbrücken Idar 4:1.
Saarlouis Gerichsweiler 1:0.
Völklingen Merzig 5:0.
Boruſſia Neunkirchen Sp.Cl. Wiesbaden 9:0.
Kreuznach Sobernheim 4:0.
Eintracht Trier Wittlich 1:0.
T.V. Biebrich Trier 05 2:0.
T. u. Sp.V. Höchſt Alemannia Worms 2:0.
Hocken.
Hockeyklub Berlin Sportklub 1880=Frankfurt, 5:2.
Die erſte Mannſchaft des Sportklubs 80=Frankfurt weilte am
Sonntag in Berlin, wo ſie ſich mit dem Berliner Hockeyklub maß.
Berlin trat in ſtärkſter Aufſtellung an. Bei Frankfurt fehlte der
Torwächter Iven, der durch Rehn, dem Torwächter der zweiten
Mannſchaft des Berliner Hockeyklubs, nicht genügend erſetzt war.
Die Berliner lieferten ein glänzendes Spiel und zeigten kein
Zeichen von Schwäche in der Mannſchaft. Das größte Verdienſt
an dem Erfolg hatte Lichtenſtein im Tor, der jeden Angriff ab=
wehrte
. Sehr gut war ferner der Berliner linke Flügel. Die
Frankfurter zeigten ein ſehr ſcharfes Spiel, das an die letzten
Leiſtungen keineswegs heranreichte,
Darmſtädter Hockeyklub I Tgde. Heidelberg I 5:7 (4:4).
II. Der Darmſtädter Hockeyklub iſt in der erſten Halbzeit
überlegen und führt bald 4:2. Die Heidelberger zeigen gute Ein=
zelleiſtungen
und es gelingt ihnen, gegen die unaufmerkſam ſpie=
lende
Darmſtädter Hintermannſchaft den Ausgleich zu erzielen.
Nach Seitenwechſel greift der D. H.C. flott an und drängt einige
Zeit. Ein Tor iſt der Erfolg. Dann kommt Heidelberg wieder
auf. Die flinken Stürmer ſuchen nach wie vor einzeln durchzu=
brechen
, und erzielen weitere 3 Tore, die leicht zu verhüten waren.
Rugby.
Sportklub Offenbach I Eintracht Frankfurt I 6:15 (6:3).
Wanderpreis für den Nugbyſport.
Die Ortsgruppe Frankfurt des Deutſchen Reichsausſchuſſes
für Leibesübungen hat einen wertvollen Wanderpreis geſtiftet,
der aljährlich unter den der Ortsgruppe angeſlloſſenen Ver= Automobilklub erſtehen laſſen, der ſeinerzeit lange erſprießlich
einen, dem Frankfurter Turnverein 60, Sportklub 80, Eintracht
Frankfurt und Sportverein Offenbach, zum Austrag kommen
ſoll. Der Preis wurde dem 1. Vorſitzenden des Deutſchen
Rugbyverbandes. Paul Simon, Frankfurter Turnverein, bereits gen Verhandlungen wurde der HRAC. als Ortsgruppe des
ausgehändigt. Für die Stiftung hatte ſich beſonders Dr. Peter ADAC. aus der Taufe gehoben. Die erſte Hauptverſammlung
Freh bemüht.
Billardweltmeiſterſchaft.
der Meiſterſchaſtskämpfe auf den Titelhalter Kope (Amerika),
der ſein Penſum mit 500 Punkten als erſter erreichte. Hagen= A
locher brachte es auf 424, wies aber mit 121 die höchſte Serie
auf. Am dritten Tage fertigt Hagenlocher den Franzoſen Cont,
der nur 131 Prnkte machte, überlegen ab. Des Deutſchen Höchſt=
erie
war hier 117. Eine Ueberraſchung war die Niederlage von
Hope, der von ſeinem Landsmann Cochrau leicht geſchlagen
wurde, und zwar mit 230 Punkten. Der Sieger hatte Serien
von 146. 25 und 80.

Radfahren.

Die Jugend des Velociped=Clubs 1899 in Front!
Das Saaſſportfeſt des Frankfurter R. V. Quartett am
Samstag, den 3. November, das faſt ganz im Zeichen der Ju=
den
Sieg brachte. Auch hier geſiel der Schiedsrichter ſehr gut, gendwettkämpfe ſtand, iſt vorüber. Mit großer Spannung er=
wartete
man allſeitig im Gau IX das erſte Auftreten der Darm=
ſtädter
Jugend im neuen Sportjahr 1923,/24, die ihren alten Ruf
als ungeſchlagen und damit als beſte Jugendmannſchaft im
Bunde Deutſcher Radſahrer zu verteidigen hatte. Wir hatten an
dieſer Stelle bereits berichtet, daß bei der erſten Konkurrenz in
der Saiſon 1923/24, vor etwa 3 Wochen in Hanau, die Jugend
des V. C. D. infolge Erkrankung in letzter Minute auf den Start
verzichten mußte und den ſicheren erſten Preis, nach Frankfurt
ſchwinden ſah. Umſo geſpannter war man auf den Jugendtag
des R.V. Quartett, da hier der Sieger von Hanau gegen
Darmſtadts Jugend antreten ſollte. Die erſte Jugendmannſchaft
des V. C. D., beſtehend aus W. Nagel, K. Lotz, H. Platſchek,
O. Redel, W. Nöſinger, F. May, K. Merſchel und Fr.
Veber, hat die in ſie geſetzten Erwartungen glänzend
erfüllt und fertigte ihren hartnäckigſten Gegner, den R.V.
Wanderluſt Frankfurt, überlegen ab. Die erſte Jugendmann=
ſchaft
des V.C. D. erreichte hierbei eine bisher nie gewährte Punkt=
zahl
und ließ den zweiten Sieger mit einem im Saalſport außer=
ordentlichen
Punktunterſchied hinter ſich. Die neu zuſammen=
geſtellte
z weite Jugendmannſchaft, die ebenfalls unter der Lei=
tung
des beſtbekannten Fahrwarts Louis Har ſteht, trat in der=
ſelben
Konkurrenz erſtmalig an die Oeffentlichkeit. Auch dieſe
Mannſchaft, beſtehend aus Senft, Leisler, Fuhrländer,
Zulauf1, Roßmann, Zulauf2, Seibert und Schub=
kegel
, hielt ſich vorzüglich und wurde mit einem ganz knappen
Punktunterſchied von nur 8/100 Punkten Dritter hinter den ſeit
Jahren eingefahrenen Frankfurtern. Gewiß ein ſchöner und viel=
verſprechender
Anfangserfolg.
Außer den Jugendwettbewerben hatte noch die Austragung
der Gaumeiſterſchaft im Zweier=Radballſpiel
großes Intereſſe erweckt, ſtanden ſich hier doch wieder die alten
Rivalen Germania Frankfurt, R. C. Oberrad und R.V. Wander=
luſt
Frankfurt gegenüber. Nach äußerſt ſcharfem, aber diesmal
ſchönen Spiel blieben, in dieſem Jahre zur Abwechſelung die
Frankfurter Germanen überlegene Sieger, die gegen
Oberrad mit 7i4 und gegen Wanderluſt mit 9:3 Toren gewannen.
Die Reſultate:
Jugendmannſchaften:
1. Velociped=Club 1899 Darmſtadt 1. Mannſchaft 9.80 Punkte.
2. R.V. Wanderluſt Frankfurt 1. Mannſchaft 8,82 Punkte,
3. Veliciped=Club 1899 Darmſtadt 2. Mannſchaft 8,74 Punkte.
4. R.V. Germania Höchſt a. M. 1. Mannſchaft 8.40 Punkte.
Gaumeiſterſchaft im Zweier=Radballſpiel:
R.V. Germania Frankf. (Fahrer J. Breunig, G. Landmann).
Siewener.
Darmſtädter Radſportklub 1919.
Der Darmſtädter Radſportklub 19, der zurzeit etwa 400 Mit=
glieder
zählt, hat einem Wunſche der Rennmannſchaft Rechnung
getragen und einen Beiſitzer, der ausſchließlich die Intereſſen der
Rennfahrer vertritt, in den Vorſtand berufen. Der neu gegrün=
dete
Sportausſchuß legte das klaſſiſche Rennen des D. R.C. Rund
um die Ludwigshöhe auf den zweiten Pfingſtfeiertag feſt. Der
D.RC. wird gemäß einem Beſchluß ſeiner 4. ordentlichen
Generalverſammlung kein Mittel unverſucht kaſſen, um die
Stadtvertualtung für den gerechten Wunſch der Radfahrer nach
der Liennbahn zu gewinnen, damit nach Möglichkeit ſchon im
nächſten Jahre die erſten Bahnrennen beſtritten werden löunen.
Rennen auf der Berliner Olympiabahn.
Obwohl der Verband Deutſcher Radrennbahnen bei An=
drohung
ſtrengſter Strafen Startverbot für die vom Deutſchen
Reunfahrerverband auf der Berliner Olympiabahn ausgeſchrie=
benen
Nadrennen verhängte, wurden die Rennen dennoch ge=
fahren
. In dem Kampf zwiſchen dem Beſitzer der Olympiabahn
und dem V. D. R., der alle Veranſtaltungen auf Berlins ſchönſter
Anlage jedesmal verbot, ſind die Rennfahrer ſtets die Leid=
tragenden
geweſen; denn ihnen entging jeglicher Verdienſt. Die
Rennen ſelbſt brachten fehr ſchönen Sport. Im Preis der Ertra=
klaſſe
wurde Lewanow nach etwa 10 Kilometer durch Lenk=
ſtangenbruch
ſeines Schrittmachers von Wittich von der Spitze
verdrängt, der unangefochten gewann. Weiß belegte den dritten
Platz vor dem anſtelle von Thomas eingeſprungenen Schrefeld
und Sawall. Das Hauptfahren für Flieger ſicherte ſich Hahn
leicht vor Mündler und Abraham.
Die Ergebniſſe: Preis der Extraklaſſe, 1 Stunde, 1. Wittich
67,9 Kilometer: 2. Lewanow 66 93 Kilometer; 3. Weiß 65,92 Kilo=
meter
; 4. Schrefeld 61.,52 Kilometer: 5. Sawall 57,27 Kilometer.
Hauptfahren der Erſten: 1. Hahn; 2. Mündler; 3, Abraham.
Hauptfahren der Zweiten: 1. Behrend: 2. Redlitz.
Neugründung des Heſſiſch=Naſſauiſchen
Automobiſt ubs.
Lang gehegte Wünſche und Erwartungen gingen endlich in
Erfüllung. Die ſchnelle Durchführung der mit dem Auto=
mobilſport
zuſammenhängenden Fragen und Geſchehniſſe ließ
ſchon lange einen Zuſammenſchluß aller Herrenfahrer in Frank=
furt
als notwendig erſcheinen. Täglich konnte die Erfahrung ge=
macht
werden, daß eine ſehr große Anzahl von Automobiliſten
überhaupt keiner Korporation angehörte, während es doch gilt,
vorwärts zu ſtreben zur Erreichung wirtſchaftlicher und geſetz=
licher
Vorteile und Linderungen. Der rührige Gau 3u des
ADAC. konnte infolge der allgemeinen Klubziele nicht allen
Wünſchen gerecht werden, die ihm von ſeiten ſeiner Mitglieder
zugingen, da Forderungen pekunjärer Art nur von Ortsgruppen
getragen werden können. Schon vor dem Kriege hatte man die=
ſen
Umſtänden Rechnung getragen und den Heſſiſch=Naſſauiſchen
wirlte. Als 1915 der private Automobilketrieb ein Ende fand,
fiel der Klub den Zeitverhältniſſen zum Opfer. Nah langjähri=
gab
den Satzungen ihre Zuſtimmung. Er lehnt ſich als Stütze
an den Gau 3a an und wird dadurch berufen ſein, deſſen ge=
plante
nationale und internationale Kon’urrenzen zur Turchfüh=
Der Deutſche Hagenlocher traf in New=York am erſten Tage rung zu bringen. Der Vorſtand ſetzt ſich aus folgenden Herren
zuſammen: 1. Vorſ. E. Kroth: 2. Vorſ. Dr. Beißer; Schatzmeiſter
A. Wuck; Sportleiter W. Schikorr; Preſſe Mac Link.

Briefkaſien.
Die Herren Berichterſtatter bitten wir, nur
einfeitig beſchriebene
Manuſkripte einzuſchicken.

1.d.

[ ][  ]

Seite G.

Darzſtädter Tagblatt, Montag, den 5. Rovember 1923,

Rummer 306.

Die Pfanzung und Pſlege des Pfirſichs.

Die frühe Fruchtbarkeit des Pfirſichbaumes empfiehlt ſeine
Pflanzung nanientlich zwiſchen Kernobſtbäumen, die ihr traz=
bares
Alter und ihre volle Entwickelung erſt erreichen, wenn die
Pfirſichpflanzen ſchon ihre Pflicht erfüllt haben und wieder ber=
ſchwinden
können.
Die vielverbreitete Anſicht, daß Pfirſiche in Kord= und
Mitteldeutſchland nur an warmen Hauswänden in Spalierform
erfolgreich gezüchtet werden können, iſt irrig. Der Baum eignet
ſich ganz vorzüglich zur Buſchkultur, und auch als Hochſtamm
kann er in geſchützten Gärten unbedenklich angepflanzt werden.
Soll er Hauswände ſchmücken und nutzbar machen, ſo wähle
man beim Einkauf drei= bis vierjährige Fächerbäume, die ein=
fach
breit formiert werden können. Die Fächerform iſt entſchie=
den
lohnender als das in Italien gezogene Spalier, das kurzen,
ſachverſtändigen Schnitt zur Erhaltung der regelmäßigen Form
vorausſetzt und daher viel mehr Arbeit macht, als der einfache,
breit formierte Fächer.
Büſche werden am beſten als einjährige Veredlungen, die
zumeiſt gut verzweigt ſind, angepflanzt und Hochſtämme eben=
falls
in junger, wüchſiger Ware mit ein= oder zweijährigen
Kronen.
Mäßiger Schnitt iſt der Geſundheit des Baumes dienlich
Nach der Pflanzung und in den erſten Jahren ſind natürlich
die langen, weidenartigen Ruten des Pfirſichs kräftiger zurück=
zuſchneiden
, etwva bis zur Hälfte des Jahrestriebes, damit ein
feſtes Aſt= und Traggerüſt für die ſpäteren Einten geſchaffen
wird.
Iſt das erreicht, ſo beſchränkt ſich der Schnitt ſpäter auf Aus=
lichtung
der Kronen und Entfernung trockener Triebſpitzen.
Stärkere Aeſte und abſterbendes Holz nimmt man am beſten im
Sommer aus den Bäumen. Größere Wunden verheilen raſcher,
wenn der Saft fließt, und der Baum bleibt geſünder.
Für gute, aber nicht übermäßige Düngung mit altem, ver=
rottetem
Miſt oder Kompoſt iſt der Pfirſich dankvar. Er hat auch
wie alles andere Steinobſt ein hohes Kalkbedürfnis, und öftere
Kalkung des Bodens iſt der Geſundung und Lebensdauer des
Baumes ſehr förderlich.
Zur Blütezeit iſt kräftig zu wäſſern, wodurch ein beſſerer
Fruchtanſatz erzielt wird. Erſcheinen die Früchre in überreicher
Menge, ſo ſind ſie, wie ſie annähernd walnußgroß geworden,
entſprechend auszudünnen. Die verbleibenden Früchte werden ſich
dann um ſo größer und ſchöner zu wahren Edelpfirſichen aus=
bilden
.
Nur wenn im Herbſt gepflanzt wird, iſt im erſten Jahr für
Winterſchutz der Bäume zu ſorgen. Ein Eindecken mit Tannen=
reiſig
iſt dann erforderlich. Von den frühreifenden Pfirſichen
iſt Alexander weitaus die beſte und anbauwürdigſte Sorte. Der
Baum iſt wüchſiger als Amsden, ausreichend winterhart und
ſehr fruchtbar. Die ſchöne Frucht, Anfang Auguſt reifend, iſt
groß, ſonnenwärts prachtvoll gerötet, ſüß und überfließend ſaftig.
Wenn ſich das Fleiſch auch nicht glatt vom Stein löſt, ſo iſt die=
ſer
einzige Uebelſtand doch zu unbedeutend, um den anderen
vortrefflichen Eigenſchaften der guten Sorte Abbruch zu tun.
Auch iſt nicht zu vergeſſen, daß die meiſten anderen Pfirſiche
ebenſowenig ſteinlöslich ſind wie Früh=Alexander.
Außer Alexander ſind Amsden, Triumph, Eiſerner Kanz=
ler
und Proskauer Pſirſich gute, anbauwürdige Sorten, die un=
ſeren
normalen Winter ſchutzlos überdauern.

Wie ſoll man Zwiebein aufbewahren?

Kropfkrankheiten bei Tauben.

Ein Erfolg der deutſchen Schädlingsforſchung
im Ausland.

Unter den zahlreichen Schädlingen des Tees und des Fieber=
rindenbaums
auf Java ſpielen die Milben eine große Rolle.
Wohl unterliegen die von dieſen Spinnentierchen angerichteten
Schäden greßen Schwankungen. Nicht jede Plantage wird von
Milben heinng=ucht uns titunter können Jahre vergehen, ehe
wieder nennens’verte Schäden bemerkbar ſind. Vorhanden ſind
die Milben aber faſt überall, aber vielfach nur in Mengen, die
praktiſch bedentungslos ſind. Tritt dann aber wieder einmal
eine abnorm lange Trockenperiode ein, dann wächſt ihre Zahl
und der Pflanzer ſieht mit Schrecken, wie ſich die Blätter ſeiner
Teeſträucher keäuſeln und abfallen oder loie die jungen China=
pflänzchen
kränkeln und tot gehen. Bei einem derartigen katha=
ſtrophalen
Auftreten der Schädlinge hat nun Regierungsrat a. D.
Dr. Kempski, landwirtſchaftlicher Sachverſtändiger in Poer=
baſari
te Pengalengan auf Java, nach ſeinem Bericht in den
Nachrichten der Landwirtſchaftlichen Abteilung der Farben=
fabriken
vorm. Friedr. Baher u. Cie., Leverkuſen bei Köln am
Rhein Verſuche mit verſchiedenen Bekämpfungsmitteln durch=
geführt
, von denen ſich Solbar, ein Schefelpräparat obiger
Firma, vorzüglich bewährte. Nicht nur in den eigenen Verſuchen
Kempskis hat Solbar im Gegenſatz zu den anderen verwendeten
Präparaten, deren Wirkung unbefriedigend war, ſowohl die
Milben als auch deren Eier abgetötet, auch an der Tee= Verſuchs=
ſtation
Buitenzorg und an der China=Verſuchsſtation Tjinjiroan
wurden dieſelben günſtigen Erfahrungen mit Solbar gewonnen,
Erfahrungen, die ja auch in Europa bei tieriſchen und pilzlichen
Schädlingen mit dieſem Präparat gemacht werden konnten, nk.

Das erkältete Huhn.

9½

R9

9

eſt

lleber die Aufbewahrung der Zwiebel, finden wir in der
Zeitſchrift Land und Frau einen beachtenswerten Aufſatz.
Beror man die Zwiebeln in ihren Aufbewahrungsraum bringt,
laffe inan ſie vollkommen ausreifen und gut an der Luſt abtrock=
nien
. Der Aufkewahrungsrqum ſoll am beſten eine Temperatur
von 12 Grad im Winter haben. Wenn wan die Zwiebeln vor
Froſt ſchützen kann, iſt dies zu empfehlen, wo dies nicht möglich
iſt, darf nuan ſie im gefrorenen Zuſtande nicht bewegen, wodurch
ſie ſofort leiden und in Fäulnis geraten. Läßt man ſie aber un=
berührt
auftauen, dann zieht der Froſt wieder aus, ohne Scha=
den
zu hinterlaſſen. Man ſollte Zwiebeln nicht zu dicht lagern,
23 Schichten iſt das höchſte, was man wagen ſollte. Durch eine
zu hohe Lagerung erwärmen ſich die Zwiebeln leicht und fangen
an zu faulen. So lange es die Witterung erlaubt, ſollte der
Aufbewahrungsraum reichlich gelüftet werden, und es iſt am
beſten, wenn bis zum Froſteintritt ſtändig die Fenſter offen
ſtehen, doch ſo, daß bei kleinen Niederſchlägen der Regen nicht
eindringen kann. Vor Näſſe müſſen die Zwiebelu unter allen
Umſtänden geſchützt bleiben. Von Zeit zu Zeit müſſen ſie ver=
leſen
und etwa angefaulte entfernt werden, da dieſe, wenn man
ſie im Haufen läßt, leicht die ganze Umgebung anſtecken und ſo
einen größeren Schaden verurſachen.
nk.

Niebrige Stachel= und Sohannisbeerbäumche

Erkrankungen des Kropfes ſind bei Tauben nicht ſelten,
namentlich bei ſolchen, die ſtändig im Schlag gehalten werden
Die häufigſte Urſache ſolcher Leiden iſt darin zu ſuchen, daß die
eingeſperrten Tiere in der Regel zu reichlich Weichfutter im Ver=
hältnis
zu Körnern bekezunen. Sie verzehren dann leuht mehr

als nöri.: Die aufgenommene Futternenge wird zu langſam
derdaz:, Jc: ein Reſt im Kropfe ſäueit und verdirbt. Nach
einige Jei: zeigt ſich das auch äußerlich. Aus den Naſenlöchern
quiüt einie dickſchäumige, ſtinkende Maffe. Der Kropf iſt ange=
ſchhvollen
und fühlt ſich weich an.
Max muß dann verſuchen, durch leichtes Maſſieren und
Zneten den Kropfinhalt du h den Schnael hinanuszubefördern.
Man ſei aber vorſichtis hahei und ſ.tz: Zie Kur nicht allzulange
fort, da ſonſt leicht ein (ifficken des Tieres eintreten konn. Iſt
der Kropf entleert, ſo läßt i den Patienten einen Tag faſten,
darauf ſtrenge Diät. Weiöfuter unr in geringen Gaben, ſtets
friſches Trinkwaſſer.
Iſt der Kropf dagegen hart und fent, ſo liegt eine Ver=
ſtopfung
vor, veri durch einſeitige, übermäßige Körner=
fütterung
. Auch der 2 ngungsweg ztviſchen Kiszf und Magen
kann ſich verſtopfen, z. P. durch rauhe grobe Grünfutrerteile.
Hier hilft das Aneten leicht. Eine Heilung iſt unter diefen Um=
ſtänden
äußerſt langtierig. Eine ſichere Rettung verſpricht nur
ein Einſchnitt in den Krepf. wodurch man den harten Inhalt
entfernt. Dieſe Operation iſt aber nur vyn einem Sachkundigen
auszuführen und nur bei ſehr wertvollen Tieren anzuraten.
Handelt es ſich um nicht gerade unerſetzliche Tiere, ſo ſchlachtet
man ſie am beſten.
Eine dritte Art der Kropferkrankung kann eintreten, wenn
ein Paar ſeine Jungen ſchon in den erſten Tagen verliert. Zu
ihrer Ernährung bildet ſich nämlich im Kropf der Eltern ein
Futterbrei. Können die Alten dieſen nicht los werden, damn
entſteht eine Reizung des Kropfes. In ſoſhen Fällen ſchiebt
man am beſten Junge aus anderen Bruten unter: i7 dies nicht
möglich, läßt man die Tiere einige Tage hunge:.

Eine Erkrankung, die meiſt durch Erkältung entſteht, iſt der
ſogenannte Pips des Huhns, eine katarrhaliſche Entzündu ig der
Rachen= und Naſenſchleimhaut, die ſich durch Heiferkeit, Suiſten
und Röcheln äußert. Geht der Katarrh auf Zunge und siehl=
kopf
über, ſo tritt bedenkliche Atemnot ein, die Tiere ſchleudern
mit dem Kopf hin und her, ſchnappen nach Luft und ſtoßen kla=
gende
Laute aus. Durch die innere Hitze und das Atmen mit
offenem Schnabel trocknet die Zunge ſtark ein, ſo daß ſie ſich,
beſonders an der Spitze, mit einem hornartig erhärteten Häut=
chen
bedeckt.
Nun beſteht die unſinnige Sitte, den kranken Hühnern den
Schnabel weit aufzureißen und mit Hilfe eines ſcharfen Meſſers
die durch die Krankheit ausgetrocknete und erhärtete Zungen=
haut
abzuziehen. Dieſe Operation iſt ebenſo überflüſſig wie
grauſam. Um den Pips zu behandeln, hält man die Tiere warm,
läßt ſie in einem hellen, reinen, vor Zugluft geſchützten Stall,
füttert ſie nicht mehr mit Körnern, ſondern mit warmem,
breiigem Futter, gibt ihnen Fettkügelchen ein, in welche etwas
feingeſtoßenes Holzkohlenpulver gemiſcht wird, weicht die ver
klebten und verkruſteten Naſenlöcher mit warmem Waſſer auf
und ſtellt ihnen friſches Trinkwaſſer vor, dem man auf den Liter
etwas Eiſenvitriol (3 bis 4 kleine Kriſtalle) oder einen halben
Eßlöffel voll Salzſäure zuſetzt. Bei dieſer Behandlung wird die
Atemnot bald behoben, die Krankheit beſſert ſich zuſehends, und
die Heilung erfolgt in kurzer Zeit.

Wiſt man ſich nicérige Stänunchen bei Stachel= und
hannisbeerbflanzen ſelbſt heranziehen, verfährt man folgend
maßen: Bei der Beerenernte kennzeichnet man ſich die Str.
cher, die die beſten und geſchmackvollſten Beeren tragen, du
Anbinden eines Stückchens kräftiger, bunter Schnur: haben di
über Sommer unten am Wurzeihals Ausläufer gebildet,
trennt man ſie im kommenden Frühjahr ab, verſetzt ſie auf
beſonderes Beet für ſich und zieht daraus einrutige Stämmd
hecan, indem man alle feitlichen jungen Triebe oder Augen 1
ſcharfem Meſſer don unten ab bis auf 20 bis 30 Zentimeter H=
über
der Erde entfernt, auch fleißig Nachſchau hält, um n
Zweigbildungen zu unterdrücken. Oberhalb dieſes Maßes I=
man
die ſeitlichen Triebe wachſen, ſo daß ſich eine kleine Kr=
bildet
. Wird der Mitteltrieb zu lang, dann wird er gekaß
ohne richtigen Schnitt, der alle Jahre, felbſt im Sommer we
erforderlich zu wiederholen iſt.

Bekämpfung der Engerlinge.

Engerlinge ſuchen mit Vorliebe die Erdbeerpflanzen he
und vernichten ſie durch ihren Fraß der Wurzelkrone. Währ=
des
Tragens der Erdbeeren gegen die Engerlinge vorzugeh
iſt ſehr ſchwierig, weil dies nicht nöglich iſt, ohne die Pflan,
zu beſchädigen. Am beſten iſt es, wenn im ſpäteren Herbſt
Pflanzen auf ein noch nicht mit dieſen Schädlingen verſeuch
Stück Land umgepflanzt werden. Beim Graben muß jeder e
zelne Engerling vernichtet werden. Ratſam iſt eine Düngu
des Landes mit Kalk. Wo es angeht, Hühner in den Garten
laſſen, iſt dies eines der beſten Miitel gegen die Plage, da
für das Infekt eine ganz beſondere Vorliebe haben.

Reinigungsausflüge.

Wie verhalten wir uns bei winterlichen Flügen der Biene
Sind ſie willkommen oder ſchädlich? Ja und Nein, denn
kemmt dabei viel auf die Zeit an, man weiß nie, wie lange
Winter dauern wird, deshalb begünſtigen wir die Ausflüge
Spätherbſt und Vorwinter. Im Nachwinter wiederum
ſolche Flüge die größte Wohltat für die Bienen. Im eigentlicd
Winter aber, Dezember und Januar, ſehen wir derartige A=
flüge
gar nicht gern, weil ſie immer eine gewiſſe Unruhe in
große Familie bringen. Der Winterknäuel löſt ſich, viele Bier
fliegen ſchon vorzeitig ab und erſtarren, und ſehr häufig mi
ten wir die Erfahrung machen, daß nach ſolchen Flügen die A
ker wieder ſtark in das Brutgeſchäft eintraten, noch kaum vi
wöchentlicher Ruhepauſe. Dann folgt in der Regel und trotz
Reinigung die Ruhr.
Ein Einſperren und ſtrenges Zürückhalten der Bienen al
könnte verhängnisvoll werden. Wir begünſtigen die Flüge n
nicht abſichilich.
Bei Spätherbſtflügen haben wir ganz wenig Umſtände. 2
ſehen nus darauf, daß in der Flugöffnung keine bedenkli
Stauung eintritt. Es wäre zweckmäßig, die Fluglochſicherung
währens der Dauer des Fluges ganz zu entfernen. Auch v
geſtelte Blenden können fortgenommen werden. Verand
ſin nach vorn völlig zu öffnen. Sind im Nachwinter die 2
di gungen günſtig, dann bieten wir alles auf, daß ſich möglie
alie Völker am Stande am Fluge beteiligen. Dann heißt
Lähen auf! Blenden weg! Dem Lichte und den belebend
Sonnenſtrahlen ungehindert Zugang zu den Beuten geſtatt
Die Zölker, die ſich dann doch noch ruhig verhalten und keine L
zu Ausflügen zeigen, reizen wir nicht weiter, weil ſie ſicherl
kein Bedürfnis zu Ausflügen haben.
Im eigentlichen Winter, wenn noch Schnee die Umgebu
des Bienenhauſes bedeckt, wäre auf folgendes Rückſicht
ReFten:
Noch vor dem zu erwartenden Fluge ſind die Bodenbele
fortzunehmen und durch andere, vorerwärmte zu erſetzen.
Hurc verleiten wir die Bienen nicht, Totengräbergeſchäfte
ihren eigenen Kameraden zu tun, eine Arbeit, die manch
eſigen Tierchen das Leben koſtei. Wenn die Fluglochſicher:
gen entfernt werden müſſen, ſo muß das unbedingt vor d
Fluge geſchehen. Veränderungen am Flugloch und Auffli
brette während des Fluges können ſehr mißliche Folgen hab
Unter dem Ausfluge iſt der Schnee mit alten Kleidern, Ded
oder Holzwolle zu bedecken. Dadurch bauen wir einer Men
von Bienen Rückzugsbrücken zum ſchützenden Knäuel. Währe
des Fluges unterſuchen wir das Füllmaterial zwiſchen Fenſ
und Türe der Käſten und techſeln es mit trockenem, wenn
feucht erſcheint. Niemals ſtellen wir uns bei ſolchen Flüg
in die unmittelbare Fluglinie und ſtören überhaupt die Bien
möglichſt wenig. Nach dem Aufhören des Fluges beachten n
beſonders jene Völker, die ſich kange nicht beruhigen woll
deren Bienen ſuchend an der Vorderwand umherirren. Sie ſi
bringend der Weiſelloſigkeit verdächtig und bedürfen bei gün
ger Witterung einer eingehenden Unterſuchung. Nach völli
Einſtellung des Fluges aller Völker wird alles am Stande
die urſprüngliche Ordnung gebracht, beſonders darf die Flir
lochſicherung niemals überſehen werden.

Liebe und Pflicht.
Romantiſche Erzählung aus dem ſiebenzehnten Jahrhundert.
Von E. St.
(Nachdruck verboten.)
5)
Es iſt unmöglich! ſtammelte er aufſpringend er kann
nicht tot ſein! Er ſprach ja eben noch!

Haſtig fachte er das Feuer wieder an, daß es hoch aufpraſſelte
und einen unheimlichen Tag in der Hüte hervorzauberte. Sein
Auge hing an dem verſteinerten Antlitz, welches ſonſt ſo gütig
jächeln konnte; ſein Mund lallte des Entſchlafenei Namen, ſeine
Hände umſchlangen ſeinen Hals; aber er erweckte den Toten
nicht. Dort ſaß auch der alte Dragoner, die Arme über der Bruſt
gekreuzt, nit herabgefunkenem Haupte; auch er war nicht mehr
unter den Lebenden.

Da ſtand der Kuabe langſam auf, faltete fromm die Hände
und betete für die abgeſchiedenen Seelen. Hierauf ſetzte er ſich
in ſtillem Gram zu den Füßen des Entſchlafenen nieder.

Nicht lange verharrte Leuthold in dieſer Ruhe. Der Gedanke,
die ehrwürdigen Leichen könnten von den räuberiſchen Händen
des nachziehenden Soldatenvolks in ihrer Ruhe geſtört oder gar
dem Zahne eines hungrigen Wolfes zur Beute werden, gab ihnr
plötzlich neue Kraft und Entſchloſſenheit. Er ſchürte, das Feuer

zu hellen Flammen an, ergriff das an ſeinem Gürtel hängende
Stilet und wühlte damit den feſten Lehmboden der Stube auf.

Nur langſam förderte die Arbeit mit dem kümmerlichen Werk=
zeug
; ſeine Hände waren wund, ehe noch ein Dritteil des müh=
ſomen
Werkes zuſtande gebracht war, und ſo wenig er die bren=
nenden
Schmerzen ſeiner blutenden Finger achtete, ſo emſig er
beyiht war, die aufgewühlten Erdſchollen mit den Händen aus
der Grube zu ſchaufeln, ſo ſiegte doch zulet die Ermattung über
ſeinen jugendlichen Körper, und er hielt erſchöpft inne, um neue
Kräfte zur Erfüllung der frommen Pflicht zu ſammeln.
Der Schein der Flamme, welcher durch die vielen Spalten
und Lücken der Hütte ſchimmerte, lockte indeſſen neue Gäſte her=
bei
. Es waren dies drei verſprengte Büchſenſchützen aus dem

Wallenſteiniſchen Beere, welche jetzt leiſe vor dem Eingang berat=
ſchlagten
. Einer von ihnen ſchlich auf den Zehen herbei und
lugte vorſichtig durch die Oeffnung, welche die Stelle eines
Fenſters vertrat, und als er nur einen Knaben erblickte, winkte
er ſeinen Kameraden, herbeizukomnien. Sie träten ein und fahen
erſtaunt auf Leuthold, welcher eben ſeine traurige Beſchäftigung
begonnen hatte. Ihre Blicke weilten jedoch nicht lange auf ihm.
ſie fielen vielmehr begierig auf die beiden Leichname, deren
Kleidung ihre Beuteluſt mächtig erweckte.

Den beſorgten Leuthold war ihr begehrliches Mienenſpiel
nicht entgangen. Schnell wandte er ſich an den einen, deſſen Ge=
ſichtszüge
die meiſte Menſchlichkeit vermuten ließen, und ſprach
mit einer Feſtigkeit, welche ſonſt einen Knaben ſeines Alters
fremd iſt:
Kameraden, Ihr ſeid Deutſche, das ſehe ich aus der Farbe
Eures Regiments, auch dieſe Toten, ſind es, die im Dienſte
unſeres Kaiſers ſtarben: Du wirſt nicht zugeben, daß jemand ihre
Ruhe ſtöre und ſie ihrer Kleider beraube. Suchet Ihr Beute,
ſo nehmiet hier er reichte ihm die Börſe hin, welche ihm der
Obriſt vor der Schlacht zur Aufbewahrung gegeben hatte ,
doch das übrige laßt unangetaſtet.

Die zuberſichtliche Anrede und das dargebotene Gold ſtimmte
die Soldaten zu Leutholds Günſten. Sie teilten den Inhalt der
Börſe unter ſich, und derjenige, deſſen Mienen das meiſte Zu=
trauen
erweckten, klopfte dem Geber wohlwollend auf die
Schulter.
Wollen Dich nicht ſtören, ſprach er freundlich. Wir ſind
gut deutſch, öſterreichiſche Landeskinder, die laſſen die Toten in
ihrem Frieden. Packt an, Kameraden, redete er zu dieſen, der
Kleine bringt die ſchwere Arbeit nicht allein fertig; wir wollen
ihm helfen.
Mit dankbarem Staunen fahe Leuthold, daß die beiden
andern dieſer gutmütigen Aufforderung Folge leifteten. Sie
gebrauchten rüſtig ihre kurzen Seitengewehre ſtatt der Schaufeln,
und ehe noch eine Stunde verfloſſen war, war eine Grube
vollendet, gerade geräumig genug, die Leichen aufzunehmen.
Ein braver Soldat darf nicht unbegraben liegen, ſagte der
erſte, als Leuthold ihm dankbar die Hand ſchüttelte; hoff wohl,
den Liebesdienſt ſoll mir ein anderer guch leiſten.

Sie faßten nun ehrerbietig den Leichnam des Obriſten. Ler
hold verhüllte deſſen Geſicht und ſtützte ſein Haupt. So legt
ſie ihn in die Ruheſtätte, zu ſeiner Seite den treuen Veit; da
breiteten ſie den Mantel über beide, und bald bedeckte die Eri
don des Knaben Tränen begoſſen, das beſcheidene Grab.
Die Soldaten blieben, bis der Morgen granete, dann ſchi
ten ſie ſich an, weiterzugehen. Auf die Frage, ob Leuthoid u
ihnen ziehen wolle, fchüttelte er verneinend das Haupt. So zos
ſie fort, als der graue Morgenhimmel durch das verfallen
Dach ſchauete. Der Zurückgebliebene warf ſich knieend auf d.
Grab und betete nochmals gläubig, für das Heil ihrer Scele
Dann ſtand er gefaßter auf und warf Feuerbrände in das bür
Sharrenwerk des Schindeldaches; bald drang der dunkle Qun
wirbeind hervor, und plötzlich ſchlugen die Flamnen in hei
Lohe wogend und ſauſend auf.
Eine düſtere Zufriedenheir zeigte ſich in Leutholos Angeſich
mit verſchränkten Armen ſtand er da und ſahe, wie die Flamt
von Balken zu Balken ſprang und bald das ganze Dach n
einem glühenden Strome übenvallte. Erſt als die Hitze ſein
Scheitel zu verſengen drohte, erſt als das Gebälk droben krachet

angefaeht, jetzt auch das Innere der aus Holz gebauten Hür
erfaßten. Das Dach praſſelte herab, noch einmal ſchlua 2
feucige Lohe hoch empor dann ſanken auch die Wände, ur
ein dampfender Gluthaufen wölbte ſich über dem Grabe.
Eure Ruhe wird niemand ſtören, murmelte der Knabe b.
ſüh hin. Schlafet ſanft! Er hätte mit den Hingeſchieden
tauſchen mögen.
Noch eine Zeitlang ſtand er regungslos. Endlich wand
er ſich weg und ging.
Er kam an der Stelle vorbei, wo Veit ſein Rößlein angebu=
den
hatte. Es lag da, alle Viere von ſich geſtreckt. Leutho
ſtreichelte ſeine Mähne. Armer Fuchs, du haſt deinen Herk
nicht überleh, ſprach er mitleidig und hob dann ſeine Blic
auf; ſie ſtreit: rings über Verwüſtung und Leichen. Doch i
Oſten beſchien der Frühſtrahl ſo freundlich die kahlen Fluren=
dort
hinaus lenkte er ſeine Schritte.
"
(Fortſetzung folgt.)