3
2.
zeigenſchtäſſel 100 Millionen
Einzelnumier 3 Milliarden Mar=
Bezugspreis:
vöchentlich Tmaligem Erſcheinen vom 1. bis 1
nber 45 Milliarden Mk. und 1½ Milliarden Du
gebühr, abgeholt 45½/g Milliarden Mk., durch die
uren 16½ Milliarden Mk. frei Haus.
Poſtbezugs=
reibleibend) ohne Beſtellgeld 4,320 Milliarden M
ihlung 50 Milliarden Mk. Verantworilichkeit für
hme von Anzeigen an beſimmten Tagen wir
ſbernommen. Nichterſcheinen einzelner Nimmert
höherer Gewalit berechtigt den Bezieher nicht
irzung des Bezugspreiſes. Beſiellungen und Ab
ngen durch Fernruf ohne Verbindlichkeit für uns.
Poßſcheckonto: Franffurt a. M. 4301.
Heſſiſche Neueſte Nachrichten
Morgenzeitung der Landeshauptſtadt
Nachdruck ſämtlicher mit X verſehenen Original=Aufſätze und eigenen Nachrichten nur mit Quellenangabe „Darmſt. Tagbl.” geſtattet.
Nummer 305
Sonntag, den 4. November 1923
186. Jahrgang
Anzeigenpreis:
27 mm breite Zeile im Kreiſe Darmſtadt 150 Mark
Finanz=Anzeigen 200 Mark, Reklamezelle (92 mm
breit) 800 Mark. Anzeigen von auswärts 200 Mk.,
Finanz=Anzeigen 300 Mark, 92 mm breite
Reklame=
zeile 1000 Marf. Dieſe Preiſe ſind mit der jeweils
gültigen Schlüſſelzahl zu multiplizieren. — In
Falle höherer Gewalt, wie Krieg, Aufruhr, Streit
uſw., erliſcht jede Verpflichtung auf Erfüllung der
Anzeigenaufträge und Teiſfung von Schadenerſat
Bel Konkurs oder gerſchtlicher Beitreibung fäl
ſeder Rabatt weg. Bankonto: Deuiſche Bank und
Darmſtädter 8 Nationalbank.
jeue Sinanz= und Wirtſchafts maßnahmen
*
Stabiliſierung der Papiermark.
* Berlin, 3. Nov. (Priv.=Tel.) Die heutige
Kabinetts=
ng, die um 11 Uhr ſtattfand, beſchäftigte ſich ausſchließlich
Wirtſchafts= und finanzpolitiſchen Maßnahmen. Das
Reichs=
nett hat ſoeben beſchloſſen, die Papiermark ſofort in ein
s Verhältnis zu einem wertbeſtändigen Zahlungsmittel,
n das ſie zu einem beſtimmten Termin eingelöſt wird, zu
gen. Gedacht iſt an die Goldanleihe des Deutſchen Reiches
itbeſtändige Anleihe). Ueber die Höhe der Relation iſt
bis=
ein endgültiger Beſchluß noch nicht gefaßt, er ſteht aber
ittelbar bevor.
Noigelddeckung durch neue
Goldſchatz=
anweiſungen und Oeviſen.
Berlin, 3. Nov. Der Bedarf an wertbeſtändigen
hlungsmitteln iſt außerordentlich ſchnell gewachſen.
An=
rſeits ſtößt die Ausgabe von wertbeſtändigem Notgeld auf
wierigkeiten, weil der Betrag der Goldanleihe, der als
Unter=
für das wertbeſtändige Notgeld dient, auf 500 Millionen
dmark beſchränkt worden iſt und nicht erhöht werden darf.
dieſem Bedarf entgegenzukommen, hat ſich das
Reichsfinanz=
iſterium entſchloſſen, ſechsprozentige, im Jahre 1932 fällige
dſchatzanweiſungen bis zu einem Betrage von 300 Millionen
dmark auszugeben. Dieſe mit Zinsſcheinen ausgeſtatteten
itzanweiſungen werden nicht in kleinen Stücken ausgegeben.
Mindeſtbetrag lautet auf 25 Dollar, gleich 105 Goldmark. Die
itzanweiſungen ſind dazu beſtimmt, als Zahlungsmittel
ver=
dt zu werden. Sie können von Mitte nächſter Woche ab zum
iligen Kurs für die Auszahlung Neu=York bei den
Reichs=
ſtellen zum Zwecke der Begründung von Notgeld durch die
Ausgabe von Notgeld ermächtigten Stellen erworben werden.
zur Fertigſtellung der Stücke dient die von der Reichshank
lte Quittung als Unterlage. Mit Rückſicht auf dieſe
Weite=
g der Deckungsmöglichkeit muß der Declungsvermerk auf dem
geldſchein in Zukunft lauten: „Dieſer Notgeldſchein iſt gedeckt
Maßgabe der Beſtimmungen der Reichsregierung.”
R
Perorönung gegen den MitFrauch der
wirtſchaftlichen Machtftellzng.
Berlin, 3. Nov. Die Reichsregierung bat heute eine
Ver=
tung gegen den Mißbrauch der wirtſchaftlichen Machtitellung
usgegeben. Die Verordnung tritt am 25. November d. „.
Praft. Ihr weſentlicher Inhalt ergibi ſich aus einer der
ordnung beigegebenen Erläuterung, der wir folgendes
ent=
nen: Wie durch die Aufhebung wichtiger Teile der
Demobil=
uungsverordnungen die Beiveglichkeit auf dem Arbeitsmarkt
der hergeſtellt worden iſt, ſo ſoll die heut veröffentlichte
Ver=
tung gegen den Mißbrauch der wirtſchaſtlichen Machtſtellung
eſunde Hemmungen des freien Wettbeierbs beſeitigen. Die
eugungs= uns Preispolitik der Kartelle und Konventionen
eit vielen Monaten Gegenſtand heftiger Angriffe aus den
ſen der Verbraucher wie auch eines Teiles der Produzenten.
der kritiſchen Zuſpitzung, die die wirtſchaftliche Konjunktur
dem Sommer dieſes Jahres erfahren hat und durch welche
Preiſe einzelner deutſchen Produkte über den
Weltmarkt=
d hinausgetrieben worden ſind, beſteht ein allgemeines
In=
ſe daran, durch die Wiederherſtellung wirkſamer
Marktfrei=
eine ungünſtige Einſchränkung der Erzeugung, übermäßige
kozuſchläge und Preisſtellungen, die durch die tatſächlichen
duktionskoſten nicht begründet ſind, nachdrücklich zu
be=
pfen. Die Reichsregierung glaubt aber, zur Erreichung dieſes
ihr angeſtrebten Zieles nicht den Weg zur völligen
Zer=
merung der Kartelle, beſchreiten zu dürfen; wie es von
chen Seiten gefordert wird.
Wie durch die vorläufige Verordnung die Handhabe geboten
den ſoll, um die ſchädlichen Auswüchſe des Kartellweſens
aller Schärfe zu bekämpfen, ſo will ſie andererſeits dieſe
aniſationen durch ihre Reinigung dazu befähigen, der
An=
ntung einer lauteren Geſchäftsgebarung, der Verbreitung
oneller Produktionsmethoden und einer Vereinheitlichung der
isbildung zu dienen.
Die Durchführung der ſtaatlichen Kartellpolitik in der
vor=
enden Verordnung hat der Reichswirtſchaftsminiſter einem
zu ſchaffenden Kartellgericht übertragen. Wenn ein
Kartell=
rag die Geſamtwirtſchaft oder das Gemeinwohl gefährdet,
ann der Reichswirtſchaftsminiſter beim Kartellgericht die
nach=
liche Löſung des Vertrags beantragen oder den Beteiligten
Recht der friſtloſen Kündigung gewähren. Auch kann die
9tsgültigkeit aller künftigen Maßnahmen eines ſolchen Kartells
einer vorher zu erſtattenden Meldung an den
Reichswirt=
ftsminiſter abhängig gemacht werden. Von dieſen beweglichen
griffen abgeſehen, kann jedes Kartellmitglied ſeinen Vertrag
einem wichtigen Grund friſtlos kündigen. Als ein ſolcher gilt
unbillige Einſchränkung der wirtſchaftlichen Bewegungsfrei=
Um eine wirkſame Kontrolle zu ermöglichen, wird künftig
jeden Kartellvertrag eine ſchriftliche Form verlangt. Den
Ab=
mern, die zu unbilligen Geſchäftsbedingungen Abſchlüſſe
ge=
fen haben, kann das Kartellgericht, den Rücktritt, von ihrem
trag gewähren. Dieſes Recht iſt ihnen auch einzelnen
Unter=
mungen gegenüber gegeben, wenn eine Gefährdung der
Ge=
twirtſchaft oder des Gemeinwohls unter Ausnutzung einer
tſchaftlichen Machtſtellung vorliegt.
Das Kartellgericht wird beim Reichswirtſchaftsgericht gebil=
Ls entſcheidet in der Beſetzung mit einem richterlichen
Vor=
aden und vier Beiſitzern, die, um eine ſtrenge Objektivität zu
Nren, vom Präſidenten des Reichswirtſchaftsgerichts beſtimmt
den. Ein Beiſitzer iſt ein Reichswirtſchaftsgerichtsrat. Zwei
ſitzer werden aus den Wirtſchaftsgruppen der ſtreitenden
Par=
eutnommen. Der vierte Beiſitzer iſt eine ſachkundige
Per=
lichkeit, von der die unabhängige Vertretung des
Gemein=
s erwartet werden darf. Für die nichtrichterlichen Beiſitzer
* der Reichswirtſchaftsminiſter eine Liſte von Perſönlichkeiten
Die die notwendigen Erfahrungen für dieſes ſchwierige Wirt=
ſchaftsgebiet mitbringen und in ihrer Auswahl die Gewähr für
eine gerechte Würdigung der Geſamtintereſſen bieten. Die zurzeit
beſtehenden freien Schiedsgerichte in Kartellangelegenheiten ſollen
keineswegs ausgeſchaltet werden. Der Reichswirtſchaftsminiſter
kann vielmehr in geeigneten Fällen das Verfahren zunächſt vor
dieſen Stellen einleiten.
Preisſenkungen.
Berlin, 3. Nov. Zur Linderung der größten Not auf dem
Gebiete der Lebensmittelverſorgung ſtellt die Reichsregierung den
Ländern für die Milchverbilligung erhebliche Beträge zur
Ver=
fügung und überwies dem Zentralausſchuß der Auslandshilfe
Mittel, die für die Fortführung und Verſtärkung der mit Hilfe
des Auslandes durchgeführten Kinderſpeiſung dienen ſollen. Um
aber auch weiteren Kreiſen der Bevölkerung, die unter den
Ver=
hältniſſen ſchwer leiden, Erleichterungen zu verſchaffen, wird die
Reichsregierung in einigen beſonders dringenden Fällen eine
Kredithilfe in die Wege leiten, damit die vorhandenen
Lebens=
mittel leichter und möglichſt billig in den Verkehr gebracht
wer=
den. Auch auf den übrigen Wirtſchaftsgebieten ſicherte ſich die
Reichsregierung einen nachdrücklichen Einfluß auf die
Preispoli=
tik. So wurden in Goldmark gerechnet die Preiſe bei Kohlen um
25 Prozent, bei Bauſtoffen um 20 und 30 Prozent, bei Roheiſen
um 25 Prozent und bei gewiſſen Teilen der weiterverarbeitenden
Induſtrie um 20 Prozent niedriger geſetzt. Die Auswirkungen für
dieſe Preisſenkungen auf den anderen Wirtſchaftsgebieten können
ſich naturgemäß nur allmählich durchſetzen. Es iſt aber zu hoffen,
daß die Verbilligung der Rohſtoffkoſten der weiterverarbeitenden
Induſtrie in kurzer Zeit wieder eine größere
Wettbewerbsfähig=
keit und damit auch einen erhöhten Betätigungsgrad ſichern wird.
Durch eine andauernde Einwirkung auf die Preisprüfungsſtellen
und die fortgeſetzte Ueberwachung der wirtſchaftlichen Verbände
werden die vorhandenen Mißſtände im Warenverkehr bekämpft.
„
Wertbeſtändige Anteilſcheine der Reichsbahn.
* Berlin, 3. Nov. (Priv.=Tel.) Auch die Reichsbahn wird
durch die Herausgaße von wertbeſtändigen Geldſcheinen, die ſich
auf die (dgnieihe ſtützen, die Bezüge des Reichsbahnperſonals
nach und nach vertbeſtändig geſtalten. Damit die für den Umlauf
erferserlichen Zahlungsmittel bei den Kaſſen der Reichsbahn
ver=
fügbar ſind, wiid der Reichsverkehrsminiſter im Einverſtändnis
mit dem Neichsſinan iniſterium demnächſt wertbeſtändige
An=
teilſcheine über 9,47 ax4 Gold gleich ein Zehntel=Dollar, über
105 Mark Gold gleich ein Viertel=Dollar, ſowie über 2,10 Mark
Geid gleich ein Hal½=Solar herausgeben, die vorläufig als
Zah=
lungsnittel umla=;jhen und ſpäter in Schatzanweiſungen des
Reichez umzutguſe ſind. Dieſe Anteilſcheine ſollen vorerſt
lediglich zu Geha’ſts= und Lohnzahlungen verwendet werden.
Beamtengehälter und Maxkentwertung.
* Berlin, 3. Nov. (Priv.=Tel.) Im
Reichsfinanzmtiniſte=
rium fand am Samstag eine Zuſammenkunft zwiſchen
Regie=
rungstetretern und den Spitzengewerkſchaften über die am
Mon=
tag auszuzahlenden Beamtengehälter ſtatt. Die Regierung teilte
mit, daß die Meßzahl infolge der Markentwertung von 4 062000
auf 603000 erhöht werden ſoll. Dieſe Erhöhung iſt nach Angabe
der Spitzengewerkſchaften zu gering, da ſie keineswegs der
Geld=
entwertung angepaßt ſei. Die Regierungsvertreter erklärten
je=
doch, daß die Regierung weitere Erhöhungen nicht gewähren
könne.
Die Richtlinien der Kanzlerpolitik.
Auflöſung des Reichsausſchuſſes der deutſchen
Betriebsräte.
Berlin, 3. Nov. (Wolff.) Reichswehrminiſter Dr.
Geß=
ler hat folgende Verordnung erlaſſen:
Auf Grund des § 1 der Verordnung des Herrn
Reichs=
präſidenten vom 26. September wird der Reichsausſchuß
der deutſchen Betriebsräte mit Wirkung für das ganze
(gez.) Dr. Geßler.
Reich aufgelöſt und verboten.
Berlin, 3. Nov. Die demokratiſche Fraktion nahm in ihrer
Sitzung, die erſt um 249 Uhr begann, den Bericht ihres
Vorſitzen=
den über die Verhandlungen beim Reichskanzler entgegen.
Be=
ſchlüſſe wurden nicht gefaßt. Der Reichskanzler hat auch mit den
anderen Parteiführern der kleinen Koalition Fühlung genommen.
Wie wir erfahren, hat der Reichskanzler erklärt, daß die
freige=
wordenen Miniſterien vorläufig nicht wieder beſetzt werden
ſol=
len, mit Ausnahme des Miniſteriums des Innern, für das ein
Nichtparlamentarier in Ausſicht genommen iſt. Das
Reichstags=
plenum wird vorausſichtlich zunächſt nicht zuſammentreten. Die
große Koalition in Preußen ſoll möglichſt aufrecht erhalten
blei=
ben. Die Angelegenheit des Arbeitszeitgeſetzes ſoll vorläufig
ohne geſetzliche Feſtlegung geregelt werden. Bei den
Beſprechun=
gen wurde ferner feſtgeſtellt, daß die Reichswehr an der
thürin=
giſch=bayeriſchen Grenze für alle Fälle bereitſtehen werde, ſo daß
Uebergriffe illegaler Organiſationen aller Vorausſicht nach
unter=
bleiben dürften. Keinesfalls ſei an irgendein Nachgeben im Falle
Loſſow zu denken. Weiter wurde erneut betont, daß von einem
Aufgeben der Rheinlande nicht die Rede ſein könne.
Eine Erklärung des Reichspräſidenten.
* Berlin, 3. Nov. (Priv.=Tel.) Der Reichspräſident hat
bei einem Empfang des Vorſitzenden vom Republikaniſchen
Reichsbund zum Ausdruck gebracht, daß er die Sorge des Bundes
gen worden ſei. Im einzelnen habe er jedoch für die Ausführung
ſeiner Verordnung weder ſtaatsrechtlich noch ſachlich die
Verant=
wortung zu tragen. Man deutet dieſe Erklärung dahin, daß der
Reichspräſident in dieſer Frage ſeine vollkommene Neutralität
gegenüber allen Parteien zu wahren wünſche.
Die Poche.
Die innerpolitiſche Kriſe in der vergangenen Woche, die mit
dem Austritt der ſozialdemokratiſchen Miniſter aus dem
Reichs=
kabinett geendet, bedeutet einen Abſchnitt in der deutſchen
Ge=
ſchichte. Klar, furchtbar klar hat ſich erwieſen, daß unſere
parla=
mentariſchen Methoden die Handlungsfähigkeit jeder Regierung
bis zur Unerträglichkeit einengen, klar hat ſich auch erwieſen, daß
die Sozialdemokratie den Ernſt der Stunde nicht erkannt hat
und die deutſche Arbeiterſchaft wird daraus ihre Konſequenzen
ziehen müſſen. Eine Partei, die ſo reſtlos in der Stunde höchſter
nationaler Not verſagt, hat ausgeſpielt für alle Zeiten. Worum
handelte es ſich denn bei dem ganzen Konflikt? Die
ſozial=
demokratiſchen Miniſter und auch die einſichtigen Mitglieder der
Reichstagsfraktion hatten erkannt und offen zugegeben, daß unter
der Regierung Zeigner, deren Handlungen faſt ausſchließlich
von den Koynuniſten beſtimmt wurden, die Dinge in Sachſen.
eine unerträgliche Wendung nahmen und daß daher ein
ener=
giſches Einſchreiten des Reiches mit allen Mitteln geboten war.
Die Reichsregierung handelte, und als nun der radikale Flügel
der Partei ſich ſehr lebhaft bemerkbar machte, bekam wan Angſt
vor der eigenen Courage und zog ſich zurück. An dieſem klaren
Sachverhalt wird keine agitatoriſche Phraſe etwas ändern können.
Es liegt auf der Hand, daß die Entwicklung der letzten Woche
eine ſchwere Enttäuſchang für diejenigen bedeuten muß, die von
der parlamentariſchen großen Koalition die Anbahnung einer
Vetwirklichung des großen Ideals der Volksgemeinſchaft
er=
hofften. Die große Koalition iſt geſcheiiert; trotzdem waren
die=
jenigen im Recht, welche ſie ſtets geſordert haben, da ihr
Ge=
lingen unſere innere Entwicklung vielleicht um Jahre gefördert
haben würde.
Die Folgerungen, die ſich aus den letzten Ereigniſſen
zwangs=
läufig ergeben, ſind durchaus klar. Der Rücktritt der
ſozial=
demokratiſchen Miniſter bedeutet keineswegs den Rücktritt des
geſamten Kabinetts. Ein Kabinettswechſel mit all den
unerfreu=
lichen Begleiterſcheinungen, die wir ja alle zur Genüge kennen,
wäre unerträglich im gegenwärtigen Augenblick. Ob der
Reichs=
kanzler mit dem jetzigen Rumpfkabinett weiter regiert, oder
ob er ſein Kabinett erweitert, ſteht noch nicht feſt.
Entſcheidend aber für die Beurteilung der Geſamtlage iſt nicht
die Frage, welche parlamentariſchen Parteien hinter der
gegen=
wärtigen Reichsregierung ſtehen, ſondern welche Volkskreiſe
hinter ihr ſtehen, und wir ſind der Ueberzeugung, daß die
über=
wältigende Mehrheit des ganzen Volkes hinter der
Reichsregie=
rung ſteht, wenn dieſe nunmehr, frei von allen Hemmungen,
entſchloſſen und tatkräftig an die Löſung der großen Probleme
herangeht. Die Behebung der Währungsmiſere, die gegenwärtig
am Mark des Volkes zehrt, wird eine ungeheuer ſchwierige
Auf=
gabe ſein. Der geſtrige Beſchluß des Reichskabinetts, der einen
Verſuch darſtellt, das Abgleiten der Papiermark ins Bodenloſe
zu hemmen, iſt nur ein Anfang. Ebenſo ſchwierig, faſt noch
ſchwieriger, wird das Problem der unbedingt notwendigen
Pro=
duktionsſteigerung ſich geſtalten. Daß hierbei auch die
außen=
politiſchen Fragen eine entſcheidende Rolle ſpielen, braucht wohl
nicht weiter ausgeführt zu werden. Nur dann wird die deutſche
Wirtſchaft ſich ernſtlich erholen können, wenn ſie frei wird vom
franzöſiſchen Würgeſtrick.
Es iſt charakteriſtiſch für das deutſche Volk, daß gerade im
entſcheidenden Augenblick das allgemeine Intereſſe ſich
aus=
ſchließlich auf die Löſung der innerpolitiſchen Fragen
konzent=
rierte, ſo daß kaum noch irgend jemand daran dachte, daß es
doch der äußere Feind iſt, welcher das Leben des deutſchen
Volkes bedroht. Die unerhörten Vorgänge im beſetzten Gebiet
zeigen, was von den Franzoſen zu erwarten iſt. Angeworbene
Banditen vergewaltigen unler dem Schutz franzöſiſcher und
bel=
giſcher Bajonette die waffenloſe Bevölkerung der Rheinlande.
Die deutſche Polizei wird entwaffnet, und wenn ſie Widerſtand
leiſtet, zuſanmengeſchoſſen, und im ſtillſchweigenden
Einver=
ſtändnis mit der Interalliierten Rheinlandkommiſſion (ſprich: Herr
Tirard) verſucht ein franzöſiſcher General die urdeutſche Pfalz
vom Reich loszureißen. Das iſt die Aera des Friedens und
des Rechts, welche beginnen ſollte nach der iederringung des
deutſchen Militarismus‟. Das iſt die Freiheit der Völker, die,
ſcheinheilig im Munde geführt, niemals brutaler vergewaltigt
worden iſt! Zum Himmel auf ſchreit ein gequältes Volk, aber
ſein Ruf wird ungehört in der Welt verhallen, wenn es ſich
nicht ſelbſt zu helfen weiß. Die unerhörte Vergewaltigung des
Rheinlandes ſcheint ſelbſt in England Unbehagen hervorgerufen
zu haben, ſo daß man es für nötia befand, eine Note nach Paris
an den franzöſifchen Bundesgenofſen zu richten, in der man ſich
in ziemlich ſcharfen Worten gegen die offenen Anuexionsgelüſte
der Franzoſen wandte, und auch in den Vereinigten Staaten
ſcheint man mittlerweile erkannt zu haben, daß eine Fortführung
der gegenwärtigen franzöſiſchen Politik nicht nur eine ſchwere
Gefährdung des Weltfriedens darſhellt, ſondern daß eine
euro=
päiſche Wirtſchaftskataſtrophe auch für das Land der
unbegrenz=
ten Möglichkeiten gewiſſe recht unerfreuliche Konſequenzen haben
könnte. Man möchte wünſchen, daß weder in England und
Amerika, noch auch ſonſt irgendweo in der Welt Zweifel darüber
beſtünden, daß es ſo wie bisher nicht weitergehen kann, ſondern
daß einmal der Augenblick kocufteen muß, in dem auch die Geduld
des zermürbten deurſchen Volkes zu Ende iſt. In abſehbarer Zeit
wird in Frenkreich die Campagne für die im Frühjahr
ſtatt=
findenden Parl nentswahlen einſetzen. Töricht wäre es jedoch,
auf den Ausfall der franzöſiſchen Wahlen irgendwelche
Hoff=
nedgen zu ſetzen. Die franzöſiſche Politik iſt feſtgelegt, und auch
ein anderer Poliriker als Herr Poincaré wird nicht mehr den
Abg=und des Hafſes zu überbrücken vermögen, welchen die
Politik der Franzoſen während dieſer letzten Jahre zwiſchen
den beiden Nachbarvölkern bewußt aufgeriſſen hat.
Eine neue Sachverſtändigen=Konferenz, an der diesmal auch
amierikaniſche Vertreier teilnehmen, ſoll demnächſt
zuſammen=
treten. Liuß Herr Poincaré hat ſich nach einigem Zögern
ent=
ſchloſſen, zuzuſrinanen, nachdein die von ihm durchgeſetzten
Ein=
ſehränkungen des Konferenzprogramms deren Möglichkeiten ſo
eng unegrenzt hatten, daß der Diktator Europas von dieſer
Konferenz keine Behinderung ſeiner Pläne mehr befürchten zu
Müſſen glaubte. Ein ſchon mehrfach mit Erfolg durchgeführtes
Spiel ſolk von neuem beginnen. Fraglich aber muß es erſcheinen,
ob das deutſche Volk noch Zeit hat, abzuwarten, bis ſich
ent=
ſcheidet, ob es Herrn Poincare auch diesmal wieder gelingen
wird, die Angelſachſen gn der Naſe herumzuführen. Die Unge=
Seite 2.
Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 4. November 1923.
Rummer 305.
B Tgge.
An das Gewiſſen der Welt!
Proteſit gegen den Eingriff in Recht und
Frei=
heit der Rheinländer.
Köln, 3. Nov. (Nob.) In größter Not ruft das deutſche
Volk an Rhein und Ruhr das Gewiſſen der Welt an. Land
fremde Aufrührer, die nach Söldnorart gegen Geld ihr
Handwerk ausüben und ungehindert ſchwer bewaffner in
Lande umherziehen dürfen und auf Regiezügen befördeit
werden, wollen in fremdem Auftrage, das urdeutſche
Rheinland von dem deutſchen Vaterlande losreißen. Sie
üben Gewalt, Terror, Mord und Plünderung aus unter dem
Schutze franzöſiſcher und belgiſcher Bajonette.
Dies iſt genügend durch die Berichte der an=erikauiſchen und
engliſchen Journaliſten als Augenzeugen beſtätigt worden und
daraus ergibt ſich auch, daß in der von den Briten beſetzten
Zone nichts von dieſer ſeparatiſtiſchen Beivegung zu bemerken
iſt. Alle echten Rheinländer ohne Unterſchied lehnen dieſen
volksfeindlichen ſeparatiſtiſchen Ueberfall mit Entſchiedenheit und
Abſcheu ab. Er iſt keine Volksbewegung. Er iſt ein roher
Eingriff in das Recht und die Freiheit der deutſchen
Rhein=
länder. Die Signatarmächte des Vertrages von Verſailles haben
die Grenzen des Deutſchen Reiches und das Recht der
Bevölke=
rung am Rhein mit ihrer Unterſchrift garantiert. Daher
rufen wir die Regierungen und die Volksvertretungen dieſer
Mächte an, ſowie alle gerecht denkenden Menſchen der ganzen
Welt angeſichts des drohenden Zuſammenbruchs um ſchnelle
Hilfe. Es geht um das Leben von Millionen von Menſchen am
Rhein, die ſeit Jahren unendliches Leid, für ihr Vaterland
leiden. Es geht um das Geſchick und den Frieden Europas,
über den jetzt für lange Zeit entſchieden wird.
Das deutſche Volk an Rhein und Ruhr.
Die Lage in Nachen.
Paris, 3. Nov. (Wolff.) Nach einer vom Matin
ver=
öffentlichen Meldung aus Brüſſel hatsgeſtern nachmittag in
Aachen belgiſche Gendarmerie eine Verordnung der
Rhein=
landkommiſſion angeſchlagen, nach der das
Zuſammen=
ſtehen von mehr als 5 Perſonen verboten iſt. Es
werde gemeldet, daß Decker verſchwunden ſei.
Aachen, 3. Nov. (Wolff.) Soweit bis jetzt feſtgeſtellt
werden konnte, ſind bei dem Kampf um den Beſitz des Rathauſes
brei Tote zu beklagen, darunter ein ſtädtiſcher Arbeiten, der ſich
bei der Verteidigung des Rathauſes ausgezeichnet hatte. Die
Zahl der Verletzten, ſoweit ſie in die Krankenhäuſer eingeliefert
wurden, beträgt ungefähr 20.
Aachen, 2. Nov. (Wolff.) Die heutige
Stadtverordneten=
ſitzung ſtand, unter dem Zeichen der geſtrigen Ereigniſſe. Der
ſtellvertretende Oberbürgermeiſter Wickmann ſtellt feſt, daß eins
bewaffnete Bewegung zur Errichtung von einer vom Deutſchen
Reich losgelöſten Republik an der geſamten Bevölkerung nicht
die geringſte Stütze habe.
5
Pandalen.
Köln, 3. Nob. (Wolff.) Die Beſichtigung des Rathauſes
in Aachen ergab ein furchtbares Bild der Verwäſtung. Die
mit koſtbaren antiken Möbeln und Bildern ausgeſtatteten
Zim=
mer des Bürgermeiſters und Oberbürgermeiſters ſind in
vanda=
liſcher Weiſe demoliert. Im Kaiſerſaal des Rathauſes ſind
die herrlichen Fresken Alfred Rethels, ſtark beſchädigt. Im
Regierungsgebäude liegt alles planlos umher. In einem
Zim=
mer lurde noch ein großes Paket mit Notgeldſcheinen der Stadt
Aachen gefunden, das von den Separatiſten fortgenommen
wor=
den war und von ihnen überdruckt werden ſollte.
Sonderbündleriſches aus Ludwigshafen.
Ludwigshafen, 3. Nov. (Wolff.) Vor dem Stadthauſe
in Ludwigshafen ſammelten ſich geſtern abend eine Anzahl
Sonderbündler, um einen Angriff gegen dasſelbe zu
unternehmen, fah jedoch in letzter Minute von ihrem Vorhaben
ab. Die Anſammlung löſte ſich von ſelbſt auf, ſo daß die Polizei
nicht einzuſchreiten brauchte. Wie wir hören, ſoll die für geſtern
abend geplante Aktion heute, Samstag abend, zur Ausführung
gelangen.
Der Auzwärtige Ausſchuß bes Heichstsgs, ber für
Mon=
tag einberufen war, wird erſi ait Dienskag natmitsag eine Sitzung
aö=
halten.
Ueber die fernere Haltung der foziaideutokrgtifihen Warkei ſ=Fneit
der Borieärts, daß der Reichskanzler auif die Unterſtützung der
Sozial=
demokraten nicht mehr rechnen könne.
Das thüringiſche Kultusminiſterium hak angeordnet, daß der 9.
No=
vember, als Geburtstag der deutſchen Republik, als geſetzlicher
Feier=
tag gilt.
Die Ausgabe der Rentenmark und die Stillegung
der Notenpreſſe ſollen am 11. November erfolgen.
Die ſerbiſche Regierung beſchloß, dem Anſuchen Bulgariens, betr.
die Herabſetzung der von Bulgarien zu bezahlenden Requiſitionskoſten,
von 400 auf 300 Millionen Nevas ſtattzugeben.
Nachrichten aus Warſchau zufolge hat der polniſche Kriegsminiſter
ſein Abſchiedsgeſuch eingereicht, weil eine gewiſſe Summe für
militä=
riſche Zwege im Jahre 1924 weſentlich herabgeſetzt wurde.
Nach einer Havasmeldung aus Athen hat der Prozeß der
93 Offiziere, die für die Aufſtände derantwortlich gemacht wverden,
vor allem der Generäle Leonardopus und Gargalidis, dor dem
Kriegs=
gerickt von Eleuſis begonnen.
Nach einer Hadasmeldung aus Tanger werden aus Larraſch
Peſtfälle unter den Soldaten gemeldet.
Amtlicher Oollaxkurs 421030 000000
Die Stellungnahme der Deutſchnationalen.
TU. Berlin, 3. Nov. Aus der Deutſchnationalen
Volks=
partei erfahren wir: Die Deutſchnationale Volkspartei kann in
dem Plan, daß das Reichskabinett ſich auf eing=Mindeiheit der
ſogenannten kleinen Koalition ſtützen tolle, eine der Fröße der
Aufgabe entſprechende Löſung in keiner Weiſe erblicken. Sie wird
dem vielmehr einen einütigen und eniſchiedenen Widerſtand
ent=
gegenſetzen, weil von ſeiner Durchführung nur Unheil, für das
deutſche Volk zu erwarten wäre, Sieſer Tatſahe werden 4le
die=
jenigen Stellen Rechnung tragen zuiifen, die für die Löſung der
heutigen Kriſe und für die weiteren xSziten arf eine direkte
oder indirekte Mitwirkung der Deu7ionsien hoffen.
2
„
Bexlix4, Aegzimmen.
Berlin 3. Nov. Ber 8sazünats meint, jetzt ſeien die
Hoffnungen, die mran an 3s :”in außenpolitiſcher
Hin=
ſicht knüpſte, aufs ſchiverſe g=F.7 Innerhalb des Reichſes
ſei mit einem ſtarken Anen e7 Heartion zu rechnen. Di=
Grundlage für das zeis Feſes F:7, eine ſtürke ſozigteſtiſge
Partef.
Die Deuiſche Zes ung erhebt drei Forderungen
ange=
ſichts des Zuſanmenhus der Koalition: Sofortiger Räarritt
des Herrn Streſemann ſelß7:. Aucß Zie preuziſhe Reziexung
muß von Grund auf urngetoandelt werden. Es darf nicht
ge=
duldet werden, daß der Reichspräſident Ehert als Rückendeckung
für die in Oppoſition gehende Sozialdemokratie in ſeinem Amte
bleibt.
Die Kreuzzeitung ſchreibt: Für uns iſt das
Aus=
ſcheiden der Sozialdemokratie nicht nur ein Erfolg unſeres
Kampfes gegen das Dogma, man könne nur mit der
Sszial=
demokratie regieren, ſondern wir betrachten es gleichzeitig als
ein Zeichen für den allgemeinen Zuſammenbruch des
barxis=
mus. Das Blatt meint ferner, es wäre höchſt bedauerlich, wvenn
die ängſtlichen Demokraten und jene unſicheren
Zentrumssoli=
tiker noch einmal den preußiſchen Sozialzemokraten die
Mog=
lichkeit zu einer Zuſammenarbeit, wenn auch nur auf kurze Zeit,
bieten würden.
Die Deutſche Allgemeine Zeitung ſagt: Mit dem
Ausſcheiden der Sozialdemokratie aus der Reichsrelergeng iſt
ein Schritt vollzogen, der bei der gegenwärtigen nrlitzſchen
Geſamtkonſtellation unvermeidlich geworden war. Im vbrigen
tritt die Deutſche Allgem. Zeitung auch für die Ausſchreibung
von Neuwahlen ein.
Das Berliner Tageblatt ſchreibt: So wenig
erfreu=
lich der Zerfall der großen Koalition iſt, kann die Pokitik, die
jetzt betrieben werden muß, gar keine andere als die bisherige
ſein: im Innern wirtſchaftliche und währungspolitiſche Ordnung
zu ſchaffen, den Maſſen Brot und Arbeit zu geben und auf die
Wiederherſtellung verfaſſungsmäßiger Zuſtände in Bayern zu
dringen.
Ein bayeriſches Oementi.
Berlin, 3. Nov. Das durch Zeitungen verbreitete
Ge=
rücht, Bayern habe der Reichsregierung ein Ultimatum zugehen
laſſen, daß die befriſtete Einſetzung einer Diktatur verlangt
werde, andernfalls der Vormarſch der bayeriſchen Kräfte auf
Berlin befohlen werde, iſt nach fernmündlicher Mitteilung der
bayeriſchen Staatsregierung an den Reichskanzler völlig aus
der Luft gegriffen.
Zurückweiſung
der Peincarc’ſchen Vorwürſt
Erkiärungen des Reichskanzlers.
London 3. Nov. (Wolff.) Die Times veröffentlicht ei
deurſche Politik erheben hat, zurückwies. Der Kanzler erklä
dem Forreſpondeni,:
Die Behaupty:ig des franzöſiſchen Miniſterpräſidenten,
Fragkceich keine zerritorialen Vorteile in Europa aus dem
Kriex= gezogen hat, iſt nicht richtig.
Durch die Wicbe==ingliederung Elſaß=Lothringens mit
ſein=
ungeheuren Reichvuyg an Erzen und Kali und ſeiner hoche
wickelten Eiſen= und Stahlinduſtrie ſowie ſeiner Textilinduſt
hat ſiih die wirtſchaftliche Kraſt Frankreichs außerordentlich
ſtärkt. Allein die Möglichkeit der Eiſen= und Stahlerzeugung
Frankreich iſt gegenüber 1914 auf das Doppelte geſtiegen. Ar
ſonſt hat Frankreich — ich brauche nur an Oberſchleſi
und das Saargebiet zu erinnern — ſeine wirtſchaftli
Machiſtellung ausgedehnt.
Deutſchland hat nichts unverſucht gelaſſen, um der
Kapital=
flucht ins Ausland zu ſteuern,
und ich ſelbſt habe erſt kürzlich erblärt und wiederhole es je
daß ich nichts mehr wünſche, als das im Ausland befindli
Vermögen bis auf den letzten Pfennig für Staatszwecke here
zuziehen. Leider ſind die verſchiedenen Verſuche, die zur (
faſſung der im Auslande befindlichen, übrigens in ihrer H
fehr überſchätzten Kapitalien gemacht wurden, bislang vergeb
geteſen. Nicht nur wurden ſeinerzeit durch das Loch im Weſt
und ſpäter durch die Ruhrbeſetzung Möglichkeiten geſchaffen,
es den deutſchen Kapitalien geſtatteten, ins Ausland hinat
Zuſtrömen, ſondern auch die in anderen Ländern ergriffen
Maßnahmen gegen die ins Ausland abgewanderten Kapitali
find ergebnislos geweſen. Ich darf in dieſer Hinſicht nur
die eigenen Erfahrungen Frankreichs erinnern, die es mit ſein
Katitalfluchtgeſetz geniacht hat, deſſen Beſtimmungen doch un
ungleich günſtigeren Bedingungen erlaſſen wurden; trotzd
in ſije ber franzöſiſche Finanzminiſter im Februar in der fre
zöſichen Kammer erklären, daß nur auf der Grundle
internationaler Vereinbarungen wirkſam geg
die Kapitalflucht vorgegangen werden könne. Zu ſolchen in
nationalen Vereinharungen drängte Deutſchland — ich darf
uiiſwe Bennthungen während der Konferenz von Genua v
Beiſen — nah Kräften.
Der frautzöſſhe Giiniſterpräſident hat dann wieder von ein
ungeblichen jyſtematiſchen Bankerott Deutſchlands
erzühlt, wodurcz ᛋ uns unſeren vertraglichen Verpflichtun
entziehen wolltets. ie wiſſen, was Deutſchland geleiſtet
und Die die Verhältniſſe in Wirklichkeit liegen. Ich will da
unb ivie die Verhältniſſe in Wirklichkeit liegen. A
JaScn eine furchtbare Arbeitsloſigkeit, und
lexte): Tage werden es Ihnen gezeigt haben, welches Inter
das ganze Volk daran hat, aus dem ſtändigen Niedergang
Jiar: Zerauszukommen und wieder eine monetariſché Baſis
geEisien.
WSemt Poincars ſeine
Pfänderpolitik
zuerft mit dem mangelnden Erfüllungswillen und jetzt mit w
ierem Widerſtand, auch auf militäriſchem Gebiete, zu rechtferti
ſuch”, ſo ſetzt er ſich damit mit ſich ſelbſt in Widerſpruch. Bei
Vehlrptungen ſtehen mit den Tatſachen nicht im Eikla=
Deurſhland hat alles aufgeboten, um die vorgeſchriebenen G
nird Sachleiſtungen aufzubringen. Aber die von allen Seit
anerkannte Unmöglichkeit der Aufbringung der von Frankre
geſorderten Summen hat Deutſchland veranlaßt, unt ein Mo
toridm nachzuſuchen. Jetzt aber ſoll die Feſthaltung d
Pfänder aus militäriſchen Gründen gerechtfert
werden. Angeblich herrſcht in Deutſchland die „Schwar
Reichswehr” die eine furchtbare Macht bedeuten ſoll. Hi
über wurde ſchon vor einigen Tagen ein Communiqué herat
gegeben.
Die ſchweren wirtſchaftlichen und politiſchen Kriſen,
die Sie in Deutſchland beobachten, ſind nicht die Folge deutſe
Verhaltens oder falſcher Maßnahmen der Reichsregierung,
dern lediglich das Ergebnis der von der franzö
ſchen Regierung gegen uns angewendeten !
thoden. Läßt man uns im Ruhrgebiet und im Rheinland
beiten, zwingt man unſeren Landsleuten nicht gegen ihren au
drücklich und unzählige Male feierlich verkündeten Willen
ſeparatiſtiſche Bewegung auf, deren Führer auch
Ihrem Blatte als das größte Geſindel der Gegenwart bezeicht
wurden, regelt man die Reparationsbedingungen ſo, daß Deut
land ſie ertragen kann, dann werden auch die Erſchütterung
verſchwinden, durch die jetzt die Exiſtenz Deutſchlands bedroht
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Heſſiſches Landestheater.
Großes Haus. — Samstag, den 3. November.
Der Freiſchütz.
Romantiſche Oper von Kind, Muſik von K. M. v. Weber.
Bei uns iſt „Freiſchütz” meiſt die Lückenbüßer=Oper. Sie iſt
zu ſchade dafür. Indes iſt ſie ein Stück, das in Stil und Art ſo
unbedingt feſtſteht, bei dem um Himmelswillen keine Neuerungen
angebracht werden dürfen, ſo daß es zu ſteter Spielbereitſchaft
vorzugsweiſe geeignet erſcheint. Der Geſamteindruck der heutigen
Vorſtellung war warm. Freiſchützſtimmung iſt ſchnell hergeſtellt,
alles klappte gut. Für die Inſzenierung — von jeher Gegenſtand
des Jugendintereſſes — iſt die Illuſionsbühne unentbehrlich. Die
Muſik iſt mit den Einzelheiten der Bühnenbilder, insbeſondere
der Wolfsſchluchtſzene, die hier ausgeſprochene Programmuſik iſt
zu eng verwachſen. Dieſe Szene, ſo ſehr ihr Zurücktreten hinter
dem Ganzen erwünſcht iſt, kommt jetzt etwas zu nüchtern und
dürftig heraus. Es fehlt Romantik. Das Auge verlangt die
Bil=
der leibhaftig zu ſehen, die die Muſik illuſtriert: den wechſelnd
ſichtbaren MonddexWaſſerfall, Nachtvögel, Eule, Raben, die
Wildſau, Gewitter und Sturm. Auch der unſichtbare Chor des
wilden Heeres war kaut hörbar. Das alles dünkt mir nicht
lächerlich, ſondern geboten und durch Ueberlieferung geheiligt.
Falſch dargeſtellt ſind die Geſichte, die Max erſcheinen. Es ſoll
zu=
erſt der Geiſt der Mutter mit erhobenen Händen im Mondſchein
ſichtbar werden, der ſich ſodann in die Geſtalt Agathens
verwan=
delt. Mit aufgelöſten Locken, einer Wahnſinnigen gleichend, ſcheint
ſie im Begriff, ſich in den Waſſerfall zu ſtürzen. Max ſingt:
5!
„Zgathe! Sie fpringt in den Fluß! Hinab, ich mu
Max
klimmt hinab, jetzt erſt verfinſtert ſich der Mond. Am Schluß der
Szene hat Samiel die Hand Maxens zu faſſen, der ein Kreuz
ſchlägt, worauf der Schwarze verſchwindet. Von ſolchen klaren
Vorſchriften grundlos abzuweichen, iſt nicht richtig.
Die muſikaliſche Leitung Michael Ballings war
groß=
zügig angelegt und liebevoll durchgeführt. Entzückend klingen
iminer wieder die kammermuſikartigen Stellen im zweiten und
dritten Akt mit den Braiſchen und Cello=Solis. Die Muſik
dieſes echten deutſchen Singſpiels trägt die Züge eines
einzig=
tigen Weberſchen Genies von Geſchlecht zu Geſchlecht.
Agathe und Aennchen waren neu beſetzt durch Hedwig
Werle und Paula Kapper. Sie haben beſondere Eignung
für dieſe Rollen und bewieſen beide, daß ſie ſingen können. Es
Gud zwei grundmuſikaliſche Naturen, doll natürlichen Spiel=
Fents. Da gibts keine Schablone, alles iſt urſprüngliches
Empfinden, das ſelbſttätig ſeinen richtigen Ausdruck findet:
Echtes Künſtlertum! Hedwia Werle ſcheint mir in Geſtalt und
Weſen, in Spiel und Geſang eine nahezu ideale Agathe zu ſein.
Aber der Dialog! Da fehlt noch viel den beiden Damen.
Be=
ſonders ſchlimm wurde der Buchſtabe „r” behandelt. Die Lücke
muß die Geſamtleiſtung beeinträchtigen. Auch Herr Hagner
war neu als Eremit. Er konnte zum erſten Male ſeine ſehr
dunkel gefärbte ſchöne Stimme zeigen. Die übrige Rollenbeſetzung
iſt bekannt. Herrn Enehjelm hörte ich als Max ſchon
friſcher; Herr Kuhn war als Kaspar beſſer als jemals; Herrn
Welckers Ottokar ſteht nun feſt und ſicher, der Kuno Herrn
Peterſens und Herrn Ausfelders Samiel ſind bewährte
Leiſtungen; Herr Sauer aber iſt kein guter Kilian. Schön
klangen der Brautchor mit den Damen Baß, Stefanoda,
Porita und Doepuer als Soliſtinnen, wie überhaupt alle
unvergänglich friſchen Chöre zur guten Wirkung kamen.
Heute erhielten ausnahmsweiſe, die Damen
Blumen=
geſchenke.
v. HI.
Kleines Haus. — Samstag, den 3. November.
Scheiterhaufen.
Ein Kammerſpiel von A. Strindberg.
Die furchtbare Dämonie des Vereinſamten glüht in dieſem
Drama.
An der Leiche des Vaters offenbart ſich das grauſige
Un=
heil der Familie, und Strindberg, der von dem Leben und
der Liebe zu den Frauen Enttäuſchte, türmt die volle Schuld der
Mutter auf. Sie hat den Kreis der Familie vergiftet. Sie hat
den Gatten betrogen, ſie hat die Tochter mit dem Eidam
hinter=
gangen, ſie hat zu ihrem eigenen Vorteil die Familie frieren
und hungern laſſen. Schritt für Schritt enthüllt ſich nach dem
Tode des Vaters das furchtbare Bild. Während der Wind in
Fenſtern und Kacheloſen heult, hält der Sohn Gericht mit der
Mutter. Ihr, die alles zu leugnen ſucht, tritt die Stimme des
Toten in den Fetzen eines zerriſſenen Briefes mit ſchwerer
Au=
klage entgegen. Die Vorwürfe des Sohnes ſteigert die Tochter,
in freudloſer Jugend verkümmert.
Aus dem Uebermaß der Schuld und es Elendes kann nur
eine große Läuterung herausführen. An den Realismus des
Elendes ſchließt ſich die ſymboliſche Erlöſung; der
Scheiter=
haufen wird angezündet: „Alles muß verbrennen, ſonſt wären
wir nicht aus dieſem Elend herausgekommen.” Während die
Mutter den Sprung aus dem Fenſter getan, ſehen Bruder und
Schweſter eng umſchlungen dem freigewählten Tode in den
Fla=
men entgegen. Kindheits=Erinnerungen tauchen auf: „Es
wie am Weihnachtsabend, wenn wir in der Küche eſſen durfte
in den Kochtopf tunken konnten, an dem einzigen Tag, an de
wir uns ſatt eſſen durften, wie Papa ſagte.” So klingt d
graufe Drama verſöhnend in eine Erlöſung aus.
Es iſt um 1908 entſtanden, zu der Zeit, als Strindbe
ſich dem Myſtizismus ergeben hatte, als er chriſtlich=religiös
worden war: „Es iſt mir ergangen wie einem Seefahrer,
ausfuhr, geiſtig Neuland zu entdecken, und jedesmal, wenn
glaubte, ein unbekanntes Eiland zu finden, war’s bei nahem 3
ſehen unſere alte Bibel und das Teſtament. Ueber die al=
Weisheiten gibt es nichts.” —
Man kann gegen dieſes Kammerſpiel manche Einwendu
erheben, man kann die gehäufte Fülle von Schuld peinigend em
finden, man kann die einſeitige Verteilung von Licht und Sch
ten als undramatiſch anſehen, — als ein Ausbruch von Strin
bergs genialiſcher Dämonie iſt der „Scheiterhaufen” und
ſichten des Dichters mit Verſtändnis nachging und ſie in ein
nen Zügen wiedergab, ohne jedoch das Letzte an Unheimlicht
der Wirkung zuſammendfaſſend herauszuholen. Die Beleuchtu
durch den Lichtkegel erſcheint mir wenig glücklich; ſie traf w.
den bühnen=berühmten Schaukelſtuhl, der ſich allzu oſtentatid
Bewegung ſetzte und dadurch an Geſpenſterhaftigkeit verlot;
verdunkelte jedoch die Mienen der Spieler, die ſich meiſt auß
halb des Lichtkreiſes aufhielten. Die von Strindberg vors
ſehene Beleuchtung durch elektriſche Lampen dürfte für ſtärte
Nüanzierung die Möglichkeit geben.
in der ſchwierigen Rolle ſchöne ſchauſpieleriſche Mittel ſpiele
hatte jedoch nicht unbedingt jene Suggeſtivkraft, die in den Ba‟
der unheimlichen Frau zwingt; am ſtärkſten glaubt man ihr 2
erotiſche Wirkung, die ſie auf den Eidam ausübt, ſo, wenn
ſich im Walzer zum Tanze ſchwingt. Als Eidam kam Gerhe
Ritter; breitſch trig, toh, br tal, manchmal allzu brut
Ihm iſt Friedrich, der Sohn, äußerlich nicht gewachſen; in Ei
behrung und Leid hat er ſein Leben dahingeſchleppt, kis 2
Demaskierung erfolgt. Joſeph Gielen hat für ſolche neibe
geplagte Stiefkinder der Natur Weſen und Ton. Sympathiſ
der Schlichtheit des Spieles und der Wärme der Empfindüe
gab Eliſabeth Lennartz die Tochter,
L.
Nummer 305.
Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 4. Nobember 1923.
Seite 3.
ie Kolleftibeinladung an Amxtika.
Poincarés Antwort in London.
Britiſche Bedenken.
aaten im Zuſammenhang mit der vorgeſchlagenen
Repara=
weiterer Meinungsaustauſch über dieſen Punkt
et im Augenblick ſtatt. Die britiſche Abſicht ſei, daß die
tſchlands gleich Null ſei. Man ſei der Auffaſſung, daß die
ierung in dieſem Standpunkt teile.
Der Inhalt der franzöſiſchen Note.
Paris, 3. Nov. (Wolff.) Die franzöſiſche Regierung hat
rn abend die britiſche Note in der
Rheinland=
ge beantwortet. Sie ſoll erklären, die franzöſiſche
Re=
ung habe die ſeparatiſtiſche Bewegung nicht provoziert
unterſtützt. Sie beſchränke ſich lediglich darauf, die
Ord=
g in der von den Franzoſen beſetzten Zone aufrecht zu
erhal=
ohne in irgend einer Weiſe die Bevölkerung an der freien
ensäußerung zu hindern. Die Note entwickelt dann juriſtiſch,
der vom Foreign Office angeführte Artikel 27 des Verſailler
trages wohl die Grenzen feſtlege, aber ſie nicht garantiere.
Artikel beſchränke ſich darauf, die deutſchen Gebiete
feſtzu=
n, die den Verpflichtungen des Vertrages von Verſailles
rworfen ſeien und die es bleiben würden, ſelbſt wenn ſie ſich
Deutſchen Reiche losriſſen. Eine interalliierte Garantie könne
ſtillſchweigend eintreten, ſie müſſe ausdrücklich und formell
Jede Abänderung des territorialen Status quo, wie er im
trage vorgeſehen ſei, ſchließe übrigens nicht notwendigerweiſe
Verletzung des Verſailler Vertrages ein. Wenn zum Bei=
Rußland Deutſchland morgen angreife und ihm eine
Pro=
entreiße, dann würden die Alliferten nicht verpflichtet ſein,
Reiche zu Hilfe zu kommen und der Vertrag von Verſailles
de ſeinen ganzen Wert beibehalten.
Amerikaniſche Einwendungen.
London, 3. Nob. (Wolff.) Reuter meldet aus Waſhing=
Im Weißen Hauſe wurde namens des Präſidenten erklärt,
urſprüngliche Plan zur Unterſuchung der Zahlungsfähigkeit
tſchlands habe eine vollſtändige und umfaſſende
üfung der Frage vorgeſehen. Falls Einſchränkungen
er=
en ſollten, die nach Anſicht der amerikaniſchen amtlichen
Stel=
keine Hoffnung auf gute Ergebniſſe der Prüfung eröffnen
den, ſo würde wahrſcheinlich der amerikaniſchen Teilnahme
mit der ausdrücklichen Erklärung zugeſtimmt werden, daß dem Amtsgericht Schotten Johannes Kranz zum geſchäftsleitenden
Waſhingtoner Regierung von Anfang an der Anſicht ſei, daß Juſtizinſpektor bei dem Amtsgericht Schotten mit Wirkung vom 1. No=
Bemühungen, die Reparationsfrage in dieſer Weiſe zu regeln, Amtsgericht Reinheim Friedrich Daniel Eſcher, zum
Juſtizinſpekto=
ſichtslos wären.
Hughes' Standpunkt.
London, 3. Nov. (Wolff.) Während in unterrichteten Pfleger an der Landes=Heil= und Pflegeanſtalt Alzey mit Wirkung vom
ſen weiterhin angenommen wird, daß die Einſchränkungen der 1. Juni 1923.
zöſiſchen Regierung hinſichtlich der geplanten Sachver= gierungsrat Dr. Wilhelm Anton Diehl in Bingen auf Nachſuchen
noch der amerikaniſchen Regierung ein Hindernis für den vom 16. November 1923 an.
ammentrit; eines derartigen Ausſchufſes bilden werden,
be=
atsſekretär Hughes in einer Darlegung der amerikaniſchen della” „Figaros Hochzeit” gegeben wird. Die Vorſtellung beginnt bereits
ung zu dem den Repatationsausſchuß betreffenden Vorſchlag um 6½ Uhr und fällt der Zuſatzmiete IA zu. Im Großen Haus wird
nüber dem franzöſichen Geſchäftsträger in Waſhington klar= Unruhs „Louis Ferdinand” in der Inſzenierung von Guſt, Hartung
acht habe, daß die Vereinigten Staaten ſich von der geplanten gegeben. Die Vorſtellung beginnt um 6 Uhr.
erſuchung der Leiſtengsfühigkeit Deutſchlands zurückziehen Einführung der Steueraufwertung für alle Reichsſteuern macht die
Vor=
den, wenn das Proxxamif der Konferenz im Voraus von nahme von zeitraubenden Berechnungen in jedem einzelnen Falle
erfor=
alten haben: 1. Die Vexeinigten Staaten hätten angenom= der Erhebungsräume vorgenommen worden. Durch Verlegung der
daß Frankreich den Pian des Staatsſekretärs Hughes ohne, der Steuerbezirke 2 und 3 aus den Zimmern Nr. 36 und 43 der
Alexan=
ſchränkungen mit Bezug auf ſein Programm angenommen derkaſerne nach dem großen Saal des Vereinshauſes „Feierabend”
menkunft völlig fehlſchlagen würde, wenn die Sachverſtändi= Umſatzſteuer gewonnen werden. Ebenſo wird durch Verlegung der
Zahl=
verhindert würden, die gefamte Zahlungsfähigkeit Deutſch= ſtelle für Einkommenſteuer, Brotverſorgungsabgabe, Rhein=Ruhr=Abgabe
18 zu erörtern. 3. Die Vereinigten Staaten ſeien der Anſicht, und Kirchenſteuern des 6. Steuerbezirks aus den Kaſſeräumen des
ſei zwecklos, mit Konferenzen unter Beſchränkungen fortzu= Finanzamtsgebäudes Lindenhofſtraße 15 nach dem Feierabendſaal die
en. 4. Die Vexeinigten Staaten ſeien der Anſicht, daß die Möglichkeit geſchaffen, für die in dem Finanzamtsgebäude verbleibenden
ingungen des Verſailler Vertrages, die bei Einſtimmigkeit der Zahlſtellen im Bedarfsfalle noch Hilfszahlſtellen errichten zu können.
gung der Regierungen eine Verminderung der Reparationen, men eine raſche Abfertigung zu ermöglichen, dürſte hierdurch gebührend
hen, eine Erwägung der geſamten Reparationsſumme ge= Rechnung getragen ſein. Auf die im Anzeigenteil ſtehende
Bekannt=
n.
Siast and Lanz.
Barmſtadt, 4. November.
Die Gas=, Woſer= und Stromprtiſe.
— In Vertretung des Bürgerausſchuſſes haben die
London, 3. Nov. (Wolff.) Reuter berichtet: Die fran= Herren Rechtsanwolt Staedel und Dipl.=Jug. von
Lipp=
iſche Antwort auf die britiſche Note tom 31. Oktoßer, mann mit dem Miniſterium des Innern wegen dei Gas=,
den Entwurf einer Einladung an die Vereinigten Waſſer= und Strompreiſe verhandelt. Die Verhandlungen ſind
skonferenz empfahl, iſt jetzt in London eingetroffen, noch nicht abgeſchloſſen, aber es iſt dem Ausſchuß mitzeteilt
bereits mitgeteilt, beſteht Poincaré darauf, daß der worden, daß das Miniſterium die bisherige Ermäßigung
erſochungsausſchuß nur die augenblickliche Zah= noch nicht für ausreichend hält und bereit iſt,
dement=
gsfähigkeit Heutſchlands unterſuchen ſoll. ſprechende Schritte zu tun. Am Mondag oder Dienstag werden
die Verhandlungen des Ausſchuſſes mit dem Miniſterizun
fort=
dingungen Poincarés in hohem Maße die Arbei= geſetzt werden. Der Ausſchuß wird ſich dafür einſetzen, daß die
des Ausſchuſſes zunichte machen würden, da überall vorausbezahlten Gas=, Waſſer= und Strommengen in
geben werde, daß die augenblickliche Zahlungsfähigkeit voller Höhe angerechnet werden und daß für die noch
iſche Regierung in hohem Maße die Anſichten der britiſchen zu zahlenden Oktober=Ableſungen ein geringerer Preis eingeſetzt
wird, um der Bevölkerung zu helfen, bis ſich ihr Verdienſt der
ſteigenden Teuerung wieder einigermaßen angepaßt hat.
An unſere Leſer!
Wie bereits angekündigt, müſſen alle Bezieher, die
den Bezugspreis noch nicht entrichtet haben, nunmehr
Mk. 23 Milliarden
für die Zeit vom 1. bis 10. November bezahlen.
Unſeren Poſtbeziehern
wird am Montag oder Dienstag eine Nachnahme
in Höhe von
Mk. 50 Milliarden
vorgezeigt. Wer die Nachnahme nicht ſofort einlöſt,
hat keinen Anſpruch mehr auf Lieferung des Blattes.
Wir bitten dringend, keine andere
Zahlungs=
weiſe als die Nachnahmeeinlöſung vorzunehmen,
damit Unterbrechungen in der Lieferung des Blattes
vermieden werden.
(8021g0
Der Berlag des Darmſtädter Tagblaft.
— Ernannt wurden: am 17. Oktober 1923 der Juſtizinſpektor bei
vember 1923 ab, und am 18. Oktober 1923 der Juſtizinſpektor bei dem
bei dem Landgericht der Provinz Starkenburg zu Darmſtadt; ſmg .
Ok=
tober 1923 der Schulamtsanwärter Friedrich Roßbach aus Wien zum
Lehrer an der Volksſchule zu Breitenbrunn, Kreis Erbach i. T.= am
29. Oktober 1923 der Georg Dörſam aus Unter=Scharbach i. T. zum
— In den Ruheſtand verſetzt wurde: am 31. Oktober 1923 der Re=
Heſſiſches Landestheater. Es wird nochmals darauf aufmerkſam
n .Agenturmeldungen aus Waſhington, es verlaute, daß gemacht, daß heute im Kleinen Haus anſtelle von „Aleſſandro Stra=
Vom Finanzamt Darmſtadt=Stadt wird uns geſchrieben: Die
ncaré eingeſchränkt würde. Von maßgebender Seite verlautet, derlich. Um die Abfertigung der Steuerpflichtigen nach Möglichkeit zu
die Darlegungen des Stagisfekretär Hughes folgende Punkte beſchleunigen, iſt eine weitere Vermehrung des Erhebungsperſonals und
Zahlſtellen für Einkommenſteuer, Rhein=Nuhr=Abgabe und Kirchenſteuer
2. Die Vereinigten Sigaten ſeien der Anſicht, daß die Zu= Stiftsſtraße 51 hier, ſoll Raum für die Vermehrung der Zahlſtellen für
Den berechtigten Wünſchen der Steuerzahler, durch beſondere
Maßnah=
machung wird hiermit beſonders hingewieſen.
digenunterſuchung weder in den Augen der briti= unter Anerkennung ſeiner dem Staate geleiſteten Dienſte mit Wirkung
21 19,6 18,2 16,8 12,6 118 11 102 16,8 15,6 144 13,2 9,8 92 86 8 7,8 72 6,6 6 6,2 5,8 5,4 5 Städt. Akaßemie für Tonkunſt. Nachdem die Städt. Akademie
für Tonkunſt nunmehr ein Jahr beſteht, wird ſie am 7. und 8. November
abends 8 Uhr, im Saale der Städt. Akademie, Eliſabethenſtraße 36, mit
einem Vortragsabend vor die Oeffentlichkeit treten. Der erſte Abend iſt
beſtimmt für die Stadtverwaltung, die Stadtverordnetenverſammlung,
das Kuratorium und die Preſſe, während der zweite Abend dem
Publi=
kum zugänglich iſt. Die Kammermuſikklaſſe des Direktors wird einige
Werke zum Gehör bringen, die abwechſeln mit Vorträgen der
— Die Höchſtſätze der Erwerbsloſenunterſtützung betragen
in her Woche vom 29. Oktober bis 3. November 1923
wochen=
töglich in den Orten der Ortsklaſſen A.
Du. E
1. Für männliche Perſonen:
in Milliarden Mark
a) über 21 Jahre ..
z
b) unter 21 Jahren ...
2. Für weibliche Perſonen;
a) über 21 Jahre . . . . .
b) unter 21 Jahren
3. Als Familienzuſchläge für
a) den Ehegatten . .
b) die Kinder und ſonſtige
unter=
ſtützungsberecht. Angehörige.
Weitere Auszahlungen an Sozialrentner finden bei der
Stadt=
kaſſe am Montag, den 5. November, ſtatt wie folgt: 9—10 Uhr
Feſt=
ſetzungsbeſcheide Nr. 1—200, 10—11 Uhr Nr. 201—400, 11—12 Uhr
Nr. 401—600, 12—1 Uhr Nr. 601—800, 1—2 Uhr Nr. 801—1000, 2—3
Uhr Nr. 1001—1200, 3—4 Uhr Nr. 1201 und weiter.
Stenographie und Maſchinenſchreiben. Wir leiden trotz des
wirtſchaftlichen Niederganges an einem Mangel tüchtiger Stenographen.
Seit mehr als einem Jahrzehnt weiſen die Berufsverbände darauf hin,
und noch nie iſt es ihren Stellenvermittlungen gelungen, alle gemeldeten
Stellen für Geſchäftsſtenographen zu beſetzen, weil viele es verſäumen,
ſich dieſe unentbehrlichen Rüſtzeuge anzueignen oder in beiden Fächern
zu vervollkommnen. 90 vom Hundert aller Stellenloſen ſind
ſtenographie=
unkundig. Wer erſt mit Stenographie und Maſchinenſchreiben beginnt,
wenn er beide Fächer in ſeinem Berufe braucht, hat den für ſein
Fort=
kommen geeigneten Augenblick verſäumt. Fur die Zukunft ſorgen, iſt
heute ein Gebot der Vernunft. Die Kaufmänniſche
Steno=
graphen=Geſellſchaft „Gabelsberger” betrachtet es als
ihre vornehmſte Aufgabe, tüchtige Stenographen und Maſchinenſchreiber
heranzubilden und eröffnet, wie aus dem Anzeigenteil unſeres Blattes
erſichtlich, in ihren Unterrichtsräumen, Mathildenplatz 8, am Montag,
den 5. und Donnerstag, den 8. d. M., neue Kurſe in beiden Fächern,
worauf wir hiermit hinweiſen. Die Geſchäftsſtelle der genannten
Ge=
ſellſchaft gibt täglich bereitwilligſt Auskunft.
— Der Kirchengeſangverein der Johannesgemeinde hat, nachdem
ſeine Dirigentin, Fräulein Dr. Noack, einem ehrenvollen Rufe als
Muſik=
lehrerin an das Landeserziehungsheim in Hochwaldhauſen gefolgt iſt,
ſeinen früheren Dirigenten und Ehrendirigenten, Herrn Kammermuſiker
Guſtab Adam wieder für die Leitung des Vereins gewonnen. Er wird
den Verein zum erſten Mal wieder am Reformationsfeſt im
Vormittags=
gottesdienſt in der Johanneskirche dirigieren, wo der Verein u. a. den
wundervollen 43. Pſalm von Felis Mendelsſohn vortragen wird. Da
der Verein für den Wiiſter noch mehrere größere Aufführungen plant,
ſo am Totenfeſt die Exequien von Schütz und dann den Meſſias von
Händel, wäre es erwünſcht, wenn noch einige ſingbegabte Herren und
Damen den Chor verſtärkten. Heute Abend dirigiert Herr Adam die
Chöre der Johannes= und Martinsgeneinde zuſammen bei der
Luther=
feier des Evang. Bundes in der Stadtkirche.
ch. Verband der evangeliſchen weiblichen Jugend in Heſſen (E. V.)
Am Montag hielt im Marthahaus des Eliſabethenſtifts zu
Darm=
ſtadt der Verband ſeine diesjährige Herbſtverſammlung ab, die trotz
der Ungunſt der Zeiten verhältnismäßig gut beſucht war. In ſeinem
Jahresbericht konnte der Vorſitzende Pfarrer Strack=Wallernhauſen von
erfreulichen Fortſchritten des Verbandes im vergangenen Jahr
Mit=
teilung machen. Acht neue Vereine ſind hinzugetreten; außerdem hat
ſich ein neuer Kreisverband Süd=Heſſen gebildet. Unter den Berichten,
die von den einzeinen Kreisverbänden gegeben wurden, war beſonders
der des beſetzten Gebietes bedeutungsvoll, weil er von den großen
Schwierigkeiten, aber auch von dem hoffnungsvollen. Leben in der
Jugendarbeit des dortigen Gebietes Kunde gab. Im Jahre 1924 ſoll,
wenn es ſich ermöglichen läßt, ein Verbandsfeſt in Büdingen gefeiert
werden, das wegen ſeiner herrlichen Lage beſonders zum Feſtort
geeig=
net erſcheint. Zum Schluß hielt die Verbandsjugendpflegerin, Fräulein
Hein, einen Vortrag über das Thema: Unſere Vereinsabende.
Sie betonte, wie es notwendig iſt, dieſe koſtbaren Stunden für die
Jugend beſonders wertvoll zu geſtalten. Es gilt, durch die
Vereins=
abende die Jugend icht nur vor Schlechtem zu bewahren, ſondern ihr
Beſſeres zu bieten, als ſie draußen findet, ſie zu ſtärken und zu Kämpfern
für alles Gute heranzubilden, ſie zu gewinnen für die Königsherrſchaft
Feſu. Dies geſchieht durch gute Lieder und gute Lektüre, durch die
Pflege geſunder Freude und tiefen Gemütes, nicht zuletzt aber auch
durch ernſte Bibelarbeit. So darf man hoffen, daß aus der
Jugend=
pflege eine chriſtliche Jugendbewegung wird.
— Zahlen. Bis zur Billion ſind wir in unſeren Zahlbegriffen
be=
reits „emporgeſtiegen” mit immer ſchneller werdendem Tempo und wenn
das kommende wertbeſtändige Geld nicht Einhalt bringt, dann iſt es
Zeit, ſich im Reiche der Zahlen nach oben weiter zu orientieren. Früher
kannte ſich außer dem Aſtronomen in den Regionen über der Milliarde
niemand aus, jetzt weiß jedes Schulkind, daß 1000 Millionen 1 Milliarde
und 1000 Milliarden 1 Billion ſind. Dann kommt die Trillion. Sie iſt
aber nicht die Einheit für 1000 Billionen, ſondern für 1 Million
Billio=
nen. 6 Nullen müſſen an die Billion gehängt werden, dann wird eine
Trillion daraus. Es hat alſo die Million 6 Nullen, die Billion 12 (
da=
zwiſchen die Milliarde 9), dann die Trillion 18 (die Bezeichnung der
Zahl zwiſchen beiden mit 15 Nullen als Billiarde iſt nicht gebräuchlich).
Geht man noch weiter im Reich der Nullen, dann kommt man zur
Quattrillion mit 24 Nullen und nach weiteren 6 Nullen, alſo mit 30
Nullen, zur Quintrillion. Das mag für die nächſten beiden Monate
ge=
nügen.
* Wagners Lobengrin.
Allgemeines und Perſönliches,
von einem alten Kapellmeiſter.
(Schluß.)
Einige Jahre ſpäter, am 11. Oktober 1896, fand wiederum
Feſtvorftellung des „Lohengrin” ſtatt, als der Kaiſer und
Kaiſerin von Rußland zu Beſuch des Hofes in Darmſtadt
veilten. Außer den höchſten und allerhöchſten Herrſchaften
noch eine große Anzahl fürſtlicher Gäſte im Theater, und der
chauerraum bot einen wahrhaft feſtlichen Anblick. Was die
führung ſelbſt betrifft, ſo war auch ſie äußerlich noch
glän=
der ausgeſtattet als bisher, da bei dem Brautzug im zweiten
ſämtliche Vertreter und Vertreterinnen des Schauſpiels
ſtiſch mitwirkten. Im dritten Akt erſchienen König Heinrich
die brabantiſchen Grafen und Barone, die ihre
Krieger=
ppen anführten, hoch zu Roß.
Im Laufe der folgenden Jahre dirigierte ich noch manche
hengrin”=Vorſtellung, hie und da, wie auch ſchon früher, mit
ihmten Gäften, worunter Tenoriſten wie Heinrich Vogl, Max
arh, Charles Dalmores, Emil Götze u. a. ſich beſonders
aus=
meten. Als Telramund ſprang einmal Fritz Plank für
eren erkrankten Kammerſänger Georg Weber ein, und als
rud haben ſich wir die Leiſtungen einer Marianne Brandt,
ſe Jaide und Anna Bahr von Mildenburg als ganz
hervor=
end eingeprägt.
So kam das Jahr 1914 heran, in dem ich um meine
Penſio=
rung einkam und meine Theatertätigkeit ein Ende nahm.
hsunddreißig Jahre war ich als Dirigent im Darmſtädter
theater tätig geweſen, und da dünkte es mich, hauptſächlich in
Tſicht auf die jüngſte Entwicklung der Muſik, für die mir das
ſtändnis fehlte, daß es an der Zeit ſei, mein Amt jüngeren
iften anzuvertrauen. Aber noch oft beſuchte ich die
Vorſtel=
gen im Hoftheater und ſah auch hin und wieder den Lohen=
1, der mich immer von neuem berauſchte und entzückte. Es
freilich etwas anderes, jetzt ruhig und ſtill ſitzend zuzuhören,
wie früher das Werk intenſiv erlebend leiten zu dürfen, die
twirkenden zu begeiſtern, und, wie ein lebendiger Körper vom
Zichlag Leben und Bewegung erhält, vom Dirigentenpult aus
Geſamtkörper jenes Leben einzuhauchen, wodurch es ſich
Zuhörer mitteilt, ihm ſeine Schönheiten offenbart und ihn
höchſten Ekſtaſe hinreißen kann. Und manchmal an ſtillen
nterabenden, wenn ich allein zu Hauſe war, da kam es wohl
als erwachte etwas von der alten Sehnſucht in mir nach einer
Veranlaſſung, wieder einmal eine ſchöne Oper zu dirigieren. Da
. . es war an einem Sonntagmorgen (27. November 1922
wurde durchs Telephon vom Intendanten Hartung bei mir
an=
gefragt, ob ich, da Generalmuſikdirektor Balling dienſtlich verreiſt
und Kapellmeiſter Szell krank ſei, abends den Lohengrin
dirigie=
ren wolle. Es war wie ein Traum . . . . den Lohengrin! . . .".
und ich ſollte dirigieren! Natürlich ſagte ich zu. O, wie es mir
freudig und doch feierlich zu Mute war! Ich ging während des
Vormittags ins Theater, ließ mir die Partitr geben und
erkun=
digte mich nach etwaigen Sprüngen, doch mit Ausnahme des
letzten Enſembles im dritten Akt wurde das Werk ohne Kürzung
aufgeführt. Der Tag verging unter allerlei Erinnerungen an
frühere Zeiten und Aufführungen. Wie viele, die einſt
mitwirk=
ten, waren nicht mehr am Leben oder durch andere Kräfte erſetzt!
Ein neues Geſchlecht war herangewachſen! Aber das Werk, das
herrliche Werk, ſtand noch da in unveränderter, jugendlicher
Friſche und übte auf Jung und Alt noch immer ſeine
unverwüſt=
liche Zauberkraft aus. In gehobener Stimmung verließ ich
meine Wohnung, betrat das Theater, die Bühne und bald
dar=
auf den Orcheſterraum, wo ich mich freute, außer den jüngeren
Mitgliedern, noch manches altbekannte Geſicht zu begrüßen. So
ging ich ans Pult, orientierte mich über die Platzeinteilung der
verſchiedenen Inſtrumentengruppen, ſchlug die Partitur auf —
es war die alte, lithographierte Partitur, aus der ich ſo oft
diri=
giert hatte, — der Zuſchauerraum wurde dunkel, und nun gab
ich das Zeichen zum Anfang. Die getheriſchen Akkorde erklangen,
woraus ſich nach und nach dieſes erhabene Tonſtück entwickelt,
das ich nie, ohne daß es wie ein Heiliges über mich kam, dirigiert
habe. Oft habe ich gewünſcht, daß ein guter Sprecher das
Wagnerſche Programm, das ich oben erwähnte, vorher vortragen
möchte, damit jeder der Anweſenden mit dem inneren Auge den
poetiſchen Vorgang erblicke, den der Komponiſt, die Muſik in
Worte umdichtend, ſo herrlich beſchrieben hat. Freilich, auch
ohne erklärendes Wort führt das Vorſpiel den Hörer in höhere
Regionen ein, denn welches poetiſche Gemüt wäre nicht
empfäng=
lich für die weihevollen Klänge, die mit dem leiſeſten Pianiſſimo
anfangend, ſich immer voller und reicher geſtalten, die immer
herrlicher aufleuchten, und wenn man die höchſte Steigerung
erreicht glaubt, erſt ihren höchſten Strahlenglanz, entfalten,
um von da an wieder nachzulaſſen, und, wie ſie
ent=
ſtanden, ſich im zarteſten Pianiſſimo, dem duftigſten Aether
vergleichbar, wieder aufzulöſen. Mehr als je war ich heute
empfänglich für den myſtiſchen Zauber dieſes Vorſpiels, und
wie es verhallt war, bedauerte ich faſt, nun wieder auf die Erde
zurückkehren zu müſſen, zunächſt in die Ritterwelt, wo, wie über=
haupt auf der Erde, es ohne Hader, Kampf und Tod faſt
nie=
mals abgeht. Doch hieraus entwickelt ſich das Drama, auf deſſen
Hintergrund die Lichtgeſtalten ſich um ſo leuchtender abhelres
Die Aufführung verlief glatt und ſchön. Es würde, part,
weit führen, wollte ich verſuchen, alle die Stimmungeg ua
zugeben, die den Dirigenten beim Dirigieren eines Frud
bewegen, die ihn beglücken, ihn in Sorge verſetzenl. geſucht.
Steuermanns=Talent in Anſpruch nehmen, um auf36. (**”be
Gefahren vorzubeugen, oder ſie zu beſiegen oder au,5.
kurzum, alle Stimmungen zu erwähnen, die er in eddchen
Stimmung zuſammenfaſſen muß. Indem er dieſe pülen geſ.
auf die Darſteller und Ausführenden überträgt, wird /7. (D
daß die begeiſternde und beſeligende Kraft, die vom lich
ausgeht, ſich durch ihn als deſſen Medium auf den
trage. — Nur einen Moment möchte ich erwähnen, khalten
Ende des Werkes, da, wo Ortrud ihre letzte Drotz” „
Ben=
ſprochen hat, und Lohengrin am Ufer zum Gebet nied
charbeits=
ertönt im Orcheſter, getragen von prächtig=weicher ofs Land
das Gralsmotiv im feierlichen Eis=Dur und atmet hiſeirateter
heilige Größe und Erhabenheit, daß ich bei den breitenider
be=
des Viervierteltaktes, die man hier als Dirigent anzu= vorh.
7100
hat, oft an Paröfal denken mußte, wie er den von Klingi.sgo;
ihn gezielten Speer erfaßt und mit der heiligen Waffe das
chen des Kreuzes ſchlägt. Alles trifft hier zuſammen, uns *
hehrſten Gefühle ahnen und uns von ihnen durchſtrömen zu lafſ
Und hiermit ſchließe ich den Rückblick auf jene Aufführungen.
den Lohengrin, die für mich eine gewiſſe Bedeutung hatten und
meine Sympathie für das Werk noch erhöhten. Wohl gibt e
unter Wagners muſikaliſchen Dramen Werke, die den Lohengrin
an Kraft und Urſprünglichkeit übertreffen, wie z. B. der
Tann=
häuſer, oder die in bezug auf Tiefe und Stil=Vollendung
höher=
ſtehen, wie Triſtan, Meiſterſinger und Parſifal. Aber das
jugendliche Element, das den Lohengrin mit dem Zauber des
Märchens durchdringt, die Welt des Grales, die ſeinen Stoff
mit dem Schleier des Geheimnisvollen umwebt, macht dieſe
Oper zum Liebling der Jugend und demientſprechend — des
deutſchen Volkes. Es war dasjenige Werk, das nach den erſten
Aufführungen in Weimar in 1850 — eine Heldentat Franz Liſzts
ſofort einſchlug und Wagners Namen populär machte. Und
ſo lange es eine deutſche Oper gibt, wird mit Mozarts
Zauberflöte und Webers Freiſchütz Wagners Lohengrin zu den
Lieblingen gehören Aller, die Sinn für das Naipe, Kindliche
und Wunderbare haben und die ſich — ſei es im höchſten Alter
Freude an der Jugend und am Jugendlichen bewahrten.
W. de Haan.
Berlin, Oktober 1923.
Seite 4.
Darmſtädter Tagblatt, Sountag, den 4. Robember 1923.
Nummer 303
Goldayleihe=Rotgeld.
Pxopinzialtag der Probinz Starkenburg.
T
Von der Handelskammer Darmſtadt wird uns geſchrieben:
dortigen Stellungnahme, ein Goldanleihe=Notgeld ſeitens der dortigen / Vertretzu der Kreiſe und Provinzei, ſowie des Miniſteriums für Arbeit
delskammer Darmſtadt derartigem Notgeld gegenütber nicht Freiter auf= glieder guweſend ftnd, zerdent zu Urkundsverſonen die Herren Abgg.
recht erhalten bleiben. Auch die hieſigen Wirtſchaftskreiſe ſind dur) Beruhech und Schmettor gewählt. Dann wird in die
Tages=
den Beſchluß der Frankfurter Orgauiſationen gebunden, ſobald zie ordnung eiugetieten.
möglich 25 Prozent der Löhne und Gehälter in wertbeſtändigen
Zuh=
lungsmitteln auszuzahlen.
Gieſtern sormittag faud im Nathausſaale eine Sitzung des
Pro=
vinzialtags der Prodinz Staikenburg ſtatt. Der Vorſitzende, Herr Ge=
Nachdem für den Bezirk Frankfurt a. M., eutgegen der früheren 9eiutat Beſt eröffneie die Sitzung und begrüßte die anweſenden
Handelskammer geſchaffen worden iſt, konnte der Slandyurtt der Baſi= und BLirtſchaft, Nach Berleſung der Anweſenheitsliſte, nach der 36 Mit=
Zum Veranſchlag führt der Vorſitzende aus, daß dieſer nicht ein
Wirtichaf:lan in ſonſt gevohntem Sinne ſein kann. Daß der Voran=
Um die Wirrniſſe zu vermeiden, die bei der ſeitherigen Ausgabe ſihlag een heute beraten wird, beruht auf einem Beſchlußz des
Provin=
von nicht wertbeſtändigem Notgeld durch alle miglichen Stellen en=ſtan= zialausſ huſſes, der es den Mtitgliedern auz dem befſetzten Bebiet
er=
waren, wurde auf Veranlaſſung der Handelskummer Darmſtadt der möglichen ſollte, au der Tagung teilzuneisten. Leider hat nur eine
ſchluß gefaßt, das von der Frankfurter Handeiskammer herausge= Anzahl dieſer Herren es ermöglichen können, hierher zu kovemen. Die
ene Goldanleihe=Notgeld auch für den hieſigen Bezirk zu verwvenden. Hoffnung, daß der Herbſt 1933 eine Liſung der Kriſen bringen werde,
Da dieſes GoldanleiheNotgeld fü: den Bezirk Frankfurt a. M.=Hauau, hat ſich nicht erfüllt; wiu ſtehen heute Wirrniſſen gegerülber größer denn
wie auch für Offenbach, das den gleichen Beſchluß wie Darmſtadt gefaßt je. Ein Spiegelbild datzyn bietet auch der Voranſchlag, der kein Bild
hat, Gültigkeit hat, wird durch dieſen Cutſchluß der hieſigen Wirtſchafts= der tatſälflichen Verhältniſſe geben kann, weil die Zahlen üich fützlich
kreiſe ein in einem relativ großen Bezirk zirkulationsfähiges wertbefün= ändern. Die Probinz hat auch kein zigenes ieſtelerungsrechzt. Lin
der=
diges Notgeld geſchaffen.
artiger GSeſetzentwurf iſt ausgearbeitet, dem Landtag aber nihs vor=
Dieſes Goldanleißs=Notgeld wird vorausſichtlich Ende dieſer Woche gelegt worden. Die Provinz iſt darum gezwungen,
BetrieEsmitkelvor=
erſtmalig bei der Lohn= und Gehaltszahlung Verwendung finden ſchüſſe des Reichs in Anſpruch zu nehmen, um ihre Auſga”= löſen zu
können, ſoweit dies bei den Schwierigkeiten ſeiner Beſchaffung ſich ei= können. Die Vertreter werden erſucht, auf die Gemeinden dahin zu
möglichen läßt. Die Vorarbeiten hierzu ſeitens der Arbeitgeberver= wirken, daß die Pflegegelder für die Provinzialpflegeanſtalt dünktlicher
bände ſind bereits im Gange. Die Mitgliedsfirmen ſollen ihrem Ver= bezahlt werden. Der Verwaltungsherict des Provinzialausſchſſes für
band bis Montag mittag die Arbeitsſtundenzahl der letzten Noche, ſowie 1921, aus dem wir mangel3 Unterlagen Zahlen nicht wiebeegeben
die Anzahl ihrer Angeſtellten mitteilen. Zur Feſtſtellung des Bedarfs können, wird genehmigt, =benſo die Nechnung der Provinzialkaſſe und
wird es auch wichtig ſein, daß jede Firma ihrem Verband angibt, wie= der Provinzialpflegeanſtalt für 1921.
viel Goldanleihe ihr bereits zur Verfügung ſteht,
Da, entgegen ſonſtiger Uebung, der Preſſe der Voranſchlag nicht
Aus dem Merkblatt der Handelskammer Frankfurt a. M. ſei über zugänglich gemacht worden war, ſind wir auch hier nicht in der Lage,
dieſes Goldanleihe=Notgeld noch folgendes mitgeteilt:
Einzelheiten oder Zahlen mitzuteilen. Zum Kapitel Jugendpflege
beantragen die Abgg. Fladung und Gen. (K.P.D.), die hier zur
1. Wie ſieht das Goldanleihe=Notgeld aus?
Verfügung geſtellten Mittel zu zwei Dritteln den Arbeiterjugendverbän=
Es iſt gedruckt auf Waſſerzeichenpapier; der Fond beſteht aus
in=
einanderlaufenden Guillochen. Befondere Kennzeichen: ein durch Guil= den einſchl. der Kommuniſtiſchen Jugend, und nur zu einem Drittel den
lochen herausgearbeitetes, über den ganzen Schein laufendes Dreieck, bürgerlichen Vereinigungen zuzuteilen. Auf Anfrage des Abg. Dr.
10
Vertreter: Martin Mertens, Darmstadt, Heinrichstraße
zh. Auerbach (Bergſtr.), 2. Nov. Vertrauensbotum. O
letzien Gemeinderatsſitzung wurde dem Bürgermeiſter im Hinbli
Verdächriguagen mit 8 gegen 2 Stimmen das Vertrauen ausgeſpr
B Gernsheim, 3. Nov. Dem Zeutralverband der
Invaliden=
iveit eind Waiſen wurde von verſchiedenen Firmen Kohlen und
bereilligt. — Der au Dienstag nachmittag zu Berg fahrende Da
Rotterdam der holländiſchen Dampfſchiffahrtsgeſellſchaft fuhr
plötzlich einfallenden Nebels auf eine Sandbank am hieſigen
thsth auf. Sofork angeſtellte Flottmachungsverſuche durch den gr
Echineizer Raddampfer „Zürich” waren vergeblich, da der geſtre
Dampfer in ſeiner ganzen Länge feft auf Grund ſitzt. Mit we
diesbezüglichen Unteerehmungen dürfte es einſtweilen gutes
Bei=
haben, da der Rhein füllk. Der Schnuplatz des Unfalls war am geſ
Alierheiligentag das Ziel vieler Wanderluſtigen.
Aus dem Weſ=nißtal, 3. Nov. Wirtſchaften geſch
ſen. Infolge der horrend teueren Getränke, die nun mit Milli
reiinien, wird der Beſuch der Wirtſchaften immer geringer und es
ſich nicht mehr, die Wirtſchaften offen zu halten. Deswegen wir
Wirrfchſeft nach der anderen geſchloſſen. So hat auch die weit und
zorteillhaft bekannte und berühmte Wirtſchaft „Zur Fuchs;
Mühle” im Birkenauer Tal in den letzten Tagen den Betrieb
eing=ſtellt. Sie war ein Lieblingsplätzchen ungezählter Touriſter
Ausflügler.
A
ianefr 2u
h
Auf der linken unteren Seite befindet ſich neben den Unterſchriften der
Stempel der Handelskammer Frankfurt a. M. Auf den beiden
Seiten=
rändern iſt links die Serie und rechts die Nummer des betreffenden
Scheins angebracht.
Die Scheine ſind eingeteilt:
Serie 4 über Goldmark 2,10 — ½ Dollar, Untergrund prauge;
Serie B über Goldmark 1,05 — ¼ Dollar, Untergrund blau;
Serie C über Goldmark 0,42 — /. Dollar, Untergrund grün.
Die Rückſeite der Scheine iſt mit einem Frankfurter Bilde ausgeſtattet.
Unter dem Haus Braunfels, in dem die alte Frankfurter Börſe
ſtatt=
fand, iſt ein Frankfurter Kurszettel aus dem Jahre 1727 abgebildet.
Dieſer enthält Wechſelkurſe und Ziusſätze für Leihgeld. An ſeinem
Fuß ſteht in der damals üblichen italieniſchen Handelsſprache der
Wahr=
ſpruch: „Wechſel und Wind ändern ſich geſchwind”; ein Spruch, der bei
dem heutigen Schwanken der Kurſe mehr denn je aktuell iſt.
Bei der Annahme der Scheine iſt darauf zu achten, daß die Scheine
drucktechniſch in allen Teilen ſauber, das heißt nicht derſchlvommen oder
verwiſcht, ſind.
2. Wie erhalten die einzelnen Firmen das Notgeld?
Indem ſie ihre hieſige Bankberbindung veranlaſſen, Goldanleihe
des Deutſchen Reiches bei der Reichsbankhauptſtelle in Frankfurt a. M.
zu deponieren. Nach Abzug von 1 Prozent, die zur Deckung der
erheb=
lichen Druckkoſten beſtimmt ſind, erhält die betreffende Bank einen
ent=
ſprechenden Betrag des Goldanleihe=Notgeldes, den ſie darn ihren
hieſi=
gen Auftraggebern zuführt. Für dieſe Vermittelung werden die
hieſi=
gen Banken höchſtens ½ Prozent beanſpruchen. Es handelt ſich alſo im
Grunde genommen nur um eine Kleinſtückelung der Goldanleihe, um
dieſe auch für den Kleinzahlungsverkehr verwvendbar zu machen.
3. Wie erhält man Goldanleihe?
Am einfachſten, indem man ſeiner Bank den Auftrag gibt,
Gold=
anleihe zu kaufen. Die Bank berechnet dann den amtlichen Kurs und
die üblichen Speſen. Man kann ſie aber auch unter beſonderen
Be=
dingungen bei der Neichsbank kaufen.
4. Zu welchem Kurs wird die Goldanleihe oder da3 Goldanleihe=
Notgeld bei Gehalts= und Lohnzahlungen angerechnet?
Das Arbeitgeberkartell hat beſchloſſen, hierbei den Durchſchnittskurs
bom Freitag der Vorwoche, ſowie Monkag und Diensjag der laufenden
Woche zugrunde zu legen. Hierdurch wird erreicht, daß der Kurs, der
bei Umrechnung des wertbeſtändigen Teiles des Lohnes zugrunde gelegt
wird, auf den Kurſen der Tage baſiert, deren Preisniheau für die
Feſt=
ſetzung des Lohnes maßgebend war. Dies bedeutet bei der
Kursentwick=
lung der letzten Woche einen außerordentlich großen Vorteil für die
Arbeitnehmer.
5. Wie wird das Goldanleihe=Notgeld bei den Geſchäften in
Zah=
lung genommen?
Der hieſige Einzelhandel wird es zum letztnotierten amtlichen
Tages=
kurs als Zahlung annehmen. Dieſer Kurs gilk ſofort nach
Bekannt=
gabe, in der Regel von 3 Uhr nachmittags bis zur gleichen Stunde des
nächſten Tages. Der über dieſen Kurs errechnete Paviermarkbetrag
wird dann auf den Warenpreis angerechnet. Die Berechnung der
Waren=
preiſe in Papiermark wird weiterhin auf Baſis der Grundmark mal
Multiplikator erfolgen, es ſei denn, daß auch der hieſige Einzelhandel
von der in Preußen und Baden zugelaſſenen Goldmarkberechnung
Ge=
brauch machen wird.
Das Goldanleihe=Notgeld wird aber auch von den Banken gegen
Papiermark zum jeweiligen Kurs angekauft bzw. wenn dies möglich iſt,
auch in größere Stücke Goldanleihe koſtenlos umgetauſcht.
Dieſes Goldanleihe=Notgeld zu hamſtern oder für längere Zei=
hin=
zulegen, empfiehlt ſich keineswegs, da es kurzfriſtig zur Einlöſung
auf=
gerufen werden wird; denn es iſt klar, daß mit dieſem Aushilfsmittel
eine Löſung der beſtehenden Währungsnot nicht gefunden iſt. Es ſoll
vielmehr lediglich die Uebergangszeit bis zur Einführung der
Renten=
mark für das werktätige Volk erträglicher machen und einen gewiſen
Schutz vor den Schwankungen der Papiermarkkurſe bieten. Da die
her=
auszugebende Menge jedoch auf die hinterlegte Goldanleihemenge
be=
ſchränkt iſt, ſo muß von allen Seiten darauf geſehen werden, daß dieſes
1d raſch zirkuliert und ſeiner Funktion als wertbeſtändiges
Zahlungs=
erhalten bleibt.
G
Oſann teilt der Vorſitzende mit, daß die Mittel Hisher paritätiſch
verteilt wurden. Nach kurzer Debatte wird der Antrag abgelehnt. Die
Voranſchläge werden im übrigen genehmigt. — Auf Anfrage des Abg.
Saeng teilt der Vorſitzende mit, daß die Provinz an dem Rhein—
Main — Donau=Kanalprojekt nicht beteiligt iſt. Die Kanaliſierung des
Maines hat bisher zur Errichtung einer Anzahl von Stauwerken
ge=
führt, die zur Gewinnung von elektriſchem Strom nutzbar gemacht
wer=
den ſollen. Die Finanzierung dieſer Projekte macht allerdings ſehr
erhebliche Schwierigkeiten. In der Neckar=Kanaliſation iſt die eigentliche
Kanaliſation vorerſt zurückgeſtellt worden, um zunächſt die vorhandenen
Waſſerkräfte der Gewinnung elektriſcher Kraft dienſtbar zu machen.
Von der württembergiſchen Regierung wird dies Projekt ſehr energiſch
betrieben, und den Nutzen wird auch Heſſen ſpäter ſpüren. Weiterhin
erforderte das Kapitel Straßenherſtellung eine längere
De=
batte, in der allerlei Spezialwünſche vorgebracht wurden. Von einem
Abgeordneten wurde das Verbot der Automobilrennen bzw. deren
Ab=
hängigmachung von einem großen Beitrag zur Straßenherſtellung
ge=
fordert. Von verſchiedenen Seiten eid Beſ;häftigung der Axbeitsloſen
in der Straßenherſtellung gefordert.
Von den kommuniſtiſchen El” wird eine Reſolution
ein=
gebracht, nach der u. a. prels riſiie K—rxrügusſchüſſe anerkannt
wer=
den ſollen. Der Abg. Fladung wird i: einer Besri=dung
mehr=
fach erſucht, zur Sache 7u ſpre”f; und guu Lrhnung gerufen. Er kün=
**
digt u. a. an, daß die Arbeite4;caik, an her Syitze die Kommuniiten
den kommenden Auseinanderfzugen 4s=eßenenſals nicht mit Eiern
und Aepfeln werfen, fandern mit Maſchinengewehren ſchießen
werden. (Hört, hört!)
Von ſozialdemokrat:ſ Seite wird erfucht, zunächſt feſtzuſtellen, vb
der Provinzialausſchuß ſic) zur Abſtimmung über dieſe Ankräge
über=
haupt zuſtändig hält. — Voy; anderer Seite wird angeregt, in der
Ent=
wäſſerung des Riebs Arbeitsloſe produktiv zu beſchüfrigen.
Abg. Dr. Oſann: Erſt die Drohung des Abg. Fladung, in den
nächſten Tagen mit Maſchinengewehren auf uns zu ſchießen, veranlaßt
mich überhaupt, auf dieſe Ausführungen zu antworten. Es muß
an=
geſichts dieſer Drohungen und der Tatſache, daß die Kommuniſten
Ma=
ſchinengewehre im Beſitz haben, gefordert werden, daß
recht=
zeitig Abwehrmaßnahmen ergriffen werden. Das kann der
einzige Erfolg ſein, den die ſonſt ſehr konfuſen Ausfütz=ungen des
Kommuniſten zeitigen können. (Sehr richtig! Erregte Zwiſchenrufe
der Linken.)
Abg, Dr. Dehlinger teilt mit, daß das große Kulturprojekt der
Riedentwäſſerung zur Zeit noch ruhen muß wegen der Beſatzung, die
den Kulturbeamten die Einreiſe nicht geſtattet.
Abg. Granzien, Oberbürgermeiſter von Offenbach, nimmt den
Kommuniſten inſoweit in Schutz, als dieſer nur geſagt habe, wenn die
Bürgerlichen ſchießen, werden ſie — die Kommuniſten — mit
Maſchinen=
gewehren antreten. Es kommt im weiteren Verlauf zu erregten
Aus=
einanderſetzungen zwiſchen Granzien und der Rechten.
Der Provinzialtag beſchließt ſodann, daß er ſich nicht für
zuſtän=
dig hält, über den Antrag der Kommuniſten zu beſchließen.
Ein Antrag, die Betriebskoſten der Pflegeanſtalt von 10 auf 100
Milliarden zu erhöhen, um ein anderes Verhältnis herzuſtellen, wird
angenommen. Der Provinzialausſchuß wird ermächtigt, die Beträge der
Geldentwertung anzupaſſen.
Letzter Gegenſtand der Tagesordnung iſt Beitritt der Prodinz
zur Heſſiſchen Landesbank. Nach eingehendem Referat des
Vorſitzenden beantragt dieſer namens des Provinzialausſchuſſes, ſich an
der Landesbank zu beteiligen, vorbehaltlich der Regelung der
Einzel=
heiten und des Umfanges der Beteiligung, über die der
Provinzialaus=
ſchuß demnächſt mit der Bank verhandeln wird. Nach längerer Debatte In reibungsloſer und ſchneller Folge wurden den zahlreich anweſ
wird dem Antrag zugeſtimmt. Die Abgeordneten des Zentrums haben Klubmitgliedern ſpannende Damen= und Herrenwettkämpfe dargeb
ſich der Abſtimmung enthalten.
M. St.
Damit iſt die Tagesordnung erſchöpft.
Sport, Spiel und Turnen.
Hocken.
Der Darmſtädter Hockehklub ſpielt heute Vormittag 9,45
die erſte Mannſchaft der Turngemeinde Heidelberg.
Fußball.
Unioy=Darmſtadt gegen Sp.=V.=Arheilgen.
Zum fälligen Verbandsſpiel treffen ſich heute nachmittag halb
die Kreisligamannſchaften der obengenannten Vereine auf dem 1
platz an der Heidelbergerſtraße. Mit Lampertheim war es Arh
noch vergönnt, ſich für die Ligaklaſſe zu qualifizieren. In zähem R
fertigten ſie ihre Gegner ab und ſchickten ſie des öfteren mit r
Torſegen nach Hauſe. Der ſchußfreudige Sturm in dem Murman
gefährlichſte iſt, hat ſchon manchem Torwächter das Leben recht
gemacht. Neben dieſem ſind Sandoz und Bohl noch zu nennen, 1
Verein mit Erſterem ſtets ein feines und flinkes Paßſpiel ihr eigen
nen. In der Tabelle halten ſie zurzeit mit 4 Punkten die goldene
unb werden ſich auch ſo leicht nicht verdrängen laſſen. Nach de
bergangenen Sonntag, gegen V.f.R. gezeigten Leiſtungen der 1
mannſchaft dürfte auch diesmal wieder, in der Aufſtellung
Eckel
Walter Maher
Nahm Noller Berth
Gerſtenmeher
Dö
Seelbach Geher Gimbel, D.
der Kampf um die Punkte ein ſpannender und ſchöner werden.
Unioniſten, die nun wieder ſo langſam zu ihrer früheren Höhe gelo
werden mit der Zeit noch manchem Verbandsgegner bittere Pill
ſchlucken geben. Der Ausgang dieſes Spieles bleibt aber immerhin
ungewiß. Wie am vergangenen Sonntag, ſo wird auch diesmal y.
der Unionplatz ſeine Anziehung nicht verfehlen, zumal in Darm
Mauern zu dieſer Zeit kein weiteres Spiel ſtattfindet. Hoffen wir
daß uns die Verbandsbehörde einen guten Schiedsrichter ſendet, ſo
der Verlauf dieſes Treffens ein ebenſo faires ſein, als die vorg
gangenen Spiele.
Handball.
Sportverein 98 Darmſtadt I.—I. V. f. R. Kicker
Offenbach.
Dieſes Spiel, über das wir ſchon geſtern berichteten, findet
wie irrtümlich angegeben, auf dem Schuppplatze, ſondern um 3 Uh
dem „Stadion ſtatt. Der Name des auch auf anderen Gel
rühmlichſt bekannten Vereins bürgt für ein gefälliges Spiel.
können den Spielbeſuch nur empfehlen, denn es iſt dieſes Spiel
das intereſſanteſte, das am Sonntag in Darmſtadt ſteigt. Die
ſtärke der Offenbächer iſt nicht zu unterſchätzen, haben ſie doch am
gangenen Sonntag die Frankfurter Boruſſen mit 3:0 nach Hauſ
ſchickt. Auch Sportverein wird eifern, die ſo wertvollen Punkte
zu behalten. Deshalb, Sportsleute, geht am Sonntag nachmittag
am Stadion vorbei und zeigt, daß ihr auch an dieſem noch jungen
Intereſſe habt, zumal auch die Quantität der Zuſchauer eine Aneife
für die Spieler bedeutet.
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Leo
eaitil, Saullz
Kunſtnotizen.
Ueber Werfe, Künſiler und künſtieriſche Veranſtaltungen, deren im Nachſiehenden Grwähnung
geſchlebt, bebält ſich die Redakion ihr Urtell vor.
erwaltungsgerichtshof. Vorentſcheidung gegen den
Gemeinde=
erdinand Görnert in Ettingshauſen. Erſchienen: der Ge=
Romantifchner und Bürgermeiſter Keil von Ettingshauſen, als
Sach=
er und Zeuge Rechnungsrat Schiffnie=Gießen. Bürger=
Bei unil hat bei der Staatsanwaltſchaft Anzeige gegen Görnert
zu ſchade derſchlagung und Urkundenfälſchung erſtattet; dieſer war eine
unbedingt örnerts gegen den Bürgermeiſter wegen Unterſchlagung beim
angebracht vorausgegangen. Auf Erſuchen des Bürgermeiſters fand
vorzugswe Zeugen Schiffnie eine Kaſſerebiſion beim Gemeinderechner
ber ein beſonders gravierendes Reſultat nicht ergab. Görnert
Vorſtelluns hner der Feldbereinigung einen Betrag von 2000 Mk.
unter=
alles klapptGben. Darauf wieder Schritte zur Aufklärung durch
Rech=
des JugenLschiffnie. Für den angeblich unterſchlagenen Betrag will
Muſik iſt Invalidenmarken gekauft haben. Das Miniſterium des Innern
der Wolfsitſcheidung beim Verwaltungsgerichtshof beantragt. Es huben
zu eng bFolge Beweiserhebungen durch das Amtsgericht Laubach
ſtatt=
dem Gan, auch wurde ein Oberguatchten des inzwiſchen verſtorbenen
dürftig ntrollinſpektors Simon bei der Landesverſicherungsanſtalt
Daum=
der lezerhoben. Das Miniſterium für Arbeit und Wirtſchaft hat ſich
da=
ſichth ausgeſprochen, daß der Feldbereinigungsrechner als Beamter im
o Ihne des Heſſiſchen Ausführungsgeſetzes zum B.G.B. anzuſehen ſei,
wlch glaube ſich der Feldbereinigungskommiſſar zu erinnern, daß ſich
„bas Juſtizminiſterium gutachtlich in dieſem Sinne ausgeſprochen habe.
Doch follen die bezüglichen Akten nicht mehr vorzufinden ſein. Der
Vertreter des Staatsintereſſes verneint in eingehenden tatſächlichen
Ausführungen eine Verletzung der Amtspflichten ſeitens des
Gemeinde=
rechners, weil er einen Beweis gegen ihn nicht erbracht ſieht. Es ergeht
Urteil in dieſem Sinne, inſoweit Görnert als Feldbereinigungsrechner
tätig geweſen iſt, wird der Antrag auf Vorentſcheidung als unzuläſſig
abgewieſen.
— Die Beratungsſtunden der Mutter= und Säuglingsfürſorge in
Beſſungen finden ab Freitag, den 9. d. Mts. vormittags von 9 bis
½11 Uhr ſtatt. Die Beratungsſtunden des Weſtbezirks finden ab
Diens=
tag, den 6. d. Mts., nachmittags von ½4 bis ½5 Uhr in der
Eleonoren=
ſchule, Ecke Wendelſtadt= und Lagerhausſtraße (Eingang durch das Tor
Wendelſtadtſtraße), ſtatt.
— Preuß.=ſüddeutſche Klaſſenlotterie. 4. Klaſſe, 7. Tag.
In heutiger Ziehung wurden die Endzahlen 48 und 68 gezogen.
Mit welchen Gewinnen, iſt bei den zuſtändigen Einnehmern zu
erfahren.
— Berichtigung. In dem Bericht über die Sitzung des
Stadtver=
bandes der Frauenvereine iſt ein Irrtum richtig zu ſtellen. Statt: es
geht nicht an, daß viele den Weg zur Pallaswieſe machen, muß es
hei=
ßen: „zum alten Bahnhof”, da dort die Gutſcheine ausgegeben werden.
Es ereignete ſich dort, daß der Xreis der Kartoffeln plötzlich von 2 auf
3 Milliarden erhöht wurde, ſo daß viele ohne Kartoffeln umkehren
mußten, weil ihre kleine Barſchaft nicht mehr ausreichte.
— Zu dem Tanzabend von Trudi Moos, den die Freie
literariſch=künſtleriſche Geſellſchaft am Montag, den 5. November,
7½ Uhr, im Mathildenhöhſaale veranſtaltet, macht ſich bereits eine
leb=
hafte Karten=Nachfrage geltend. Bei den hohen Unkoſten, mit denen ein
ſolcher Abend jetzt verbunden iſt, dürfte es wohl für abſehbare Zeit die
einzige künſtleriſche Tanzveranſtaltung ſein, die in Darmſtadt außerhalb
des Landestheaters ſtattfindet. Die Begleitung der jungen Tänzerin hat
Kapellmeiſter Hanns Avril=Frankfurt übernommen.
Schwimnien.
Der Darmſtädter Schwimmklub „Jung=Deutſchland”
veranſtaltete vorgeſtern (Freitag) abend 7 Uhr im Hallenſchwim
klubinterne Einzel= und Staffelwettkämpfe, die in hervorragender
die Reichhaltigkeit und die Güte ſeiner Wettkampfmannſchaften ze
in die Reihenfolge der Nennen waren zugleich die diesjährigen De
klubmeiſterſchaften für Bruſt, Rücken, Seite und Beliebig eingeflo
Der gute Erfolg und das Beſtreben des Klubs, dem Darmſtädter 2
kum auch während der Wintermonate auf ſchwimmeriſchem
Gebiet=
regendſte ſportliche Kämpfe zu bieten, hat „Jung=Deutſchland” v
laßt, dieſe Wettkämpfe etwa monatlich zu wiederholen und ſie vom
ſten Male ab der Oeffentlichkeit zugängig zu machen. Dem Darmſt
Publikum wird hierdurch Gelegenheit gegeben werden, den ſport
Stand des in Deutſchland mit an erſter Stelle ſtehenden Darmſ
Schvimmklubs andauernd zu verfolgen. Der Zeitpunkt der nä
Wettkämpfe, die vorausſichtlich Mitte Dezember ſtattfinden werden,
rechtzeitig bekannt gegeben werden.
Paul
Mar
Parlamentariſches.
— Das Plenum des Landtags iſt, wie bereits kurz
ge=
meldet, zum Dienstag, 6. November, vormittags 10 Uhr, einberufen.
Inzwiſchen iſt nun auch die Tagesordnung erſchienen, die 71
Verhand=
lungsgegenſtände vorſieht. Von Wichtigkeit iſt beſonders Punkt 26:
Geſetzentwurf über die jeweilige Anpaſſung der außerhalb des
Staats=
voranſchlags bewilligten außerordentlichen Kredite und des
Betriebs=
ſtockes der Hauptſtaatskaſſe an den Geldwert und die Uebernahme von
Bürgſchaften; ferner die Beſchaffung von Mitteln zur Durchführung
des Geſetzes zur Verbeſſerung der Waſſer= und Bodenverhältniſſe des
Rieds im Kreiſe Groß=Gerau. Dem Landtag iſt ein Antrag des Abg.
Roß zugegangen, daß die Waiſengelder in Zukunft pränumerando auf
einen Monat nach dem jeweils geltenden Satz der Kriegswaiſen zur
Auszahlung gelangen. — Zu dem vom Finanzausſchuß beſchloſſenen
Geſetz, betr. Verpfändung von ſtaatlichem Grundbeſitz, wird die
Zuſtim=
mung des Geſamtminiſteriums erbeten. — Eine Negierungsvorlage ſieht
die Aufbringung der Mittel zur Handwerkskammer vor. Weitere
Ne=
gierungsvorlagen betreffen die Aenderung des Atikels 15 Abſ. 3 der
Städteordnung und des Art. 15 Abſ. 4 der Landgemeindeordnung vom
26. September 1923; ferner die Beſoldung der Beamten der heſſiſchen
Schutzpolizei, Erhaltung der Lupusheilſtätte in Gießen und des
Eleono=
renheims.
R
R
Bertreter: Aures & Co., Darmſtadt, Rundeturmſtraße
Kirchliche Nachricht.
Wartburgderein Darmſtadt. Vereinslokal: Gemeindehaus
Martinsgemeinde, Liebfrauenſtr. 6. Sonntag, den 4 Nov.: Re
mationsfeſt. Vorm. 10 Uhr: Mitwirkung des Wartburg=Poſau
chors in der Fohanneskirche. — Abends 8½4 Uhr: Reformations
(Luther=Abend), Familientreis. — Dienstag, abends 8½ Uhr: 2
beſprechſtunde.
ch. Griesheim, 2. Nov. Zahlungsmittelnot. Die hieſige
Bürgermeiſterei ſieht ſich genötigt, bekannt zu machen, daß die
Auszah=
lung der Unterſtützungen an Sozial= und Kleinrentner vorläufig unter=
bleiben müſſe, da die erforderlichen Geldmittel nicht beſchafft werden
konnten. — Die Bürgermeiſterei hat aus Erſparuisgründen
während der Wintermonate die durchgehende Arbeitszeit auf dem
Bür=
germeiſtereibureau eingeführt.
v. Eberſtadt, 1. Nov. Steuerliches. Die Erhebung eines
Zu=
ſchlags zur Grunderwerbsſteuer ab Oktober in Höhe von 3 Prozent iſt
der Gemeinde genehmigt worden. — Waſſerpreis. Der Waſſer=
preis für den abgelaufenen Monat beträgt 500 Millionen für den
Kubik=
meter. Die Wafſermeſſermiete beträgt 10 Millionen. — Die
Ge=
meindeapotheke iſt noch immer verwaiſt, ſeitdem der ſeitherige
Inhaber, Herr Apotheker Dambmann, geſtorben iſt. Dem Vernehmen
nach beabſichtigt man, einen fremden Apotheker hierher zu verſetzen. Die
Einwohnerſchaft und maßgebende Körperſchaften treten aber ohne
Aus=
nahme für Herrn Apotheker Becker ein, der ſchon jahrelang hier tätig
iſt, und fordern entſchieden, daß ihm die hieſige Gemeindeapotheke
über=
tragen wird.
Raace
Landestheater, Großes Haus, Anfang 6 Uhr, Ende 994
(B 6, b 3): „Louis Ferdinand”. — Kleines Haus, Anfang G½
Ende 9½ Uhr, (Zuſatzmicte IX,2): „Figaros Hochzeit”. —Orphe
734 Uhr: „Die Herren von und zu . .." — Karlsſtr. 16,I, ne
3½ Uhr: Bibelvortrag. — Gabelsberger
Stenograpl=
verein 1861, 3½ Uhr nachm., im Konkordiaſaal: Herbſtfeſt mit 2
Union=, „Reſidenz=, Zenualtheater, Palaſt=Lichtſpiele:
vorſtellungen.
Verſteigerungskalenber. — Montag, 5. November 1923.
Laubverſteigerung, vorm 9 Uhr, im Saale Heiligkreuz.
Druck und Verlag: L. C. Wittich. Verantwortlich für Politik
Wirtſchaft: Rudolf Mauve; für Feuilleton, „Stadt und La
„Reich und Ausland”: Max Streeſe; für den Inſeraten.
Willy Kuhle, — ſämtlich in Darmſtadt.
e3
Die heutige Rummer hat 6 Seiten
und Unterhaltungsbſatt.
wird als befriedigend bezeichnet.
Wirtſchaftliche Rundſchau.
Stinnes=Gruppe, Becker=Gruppe. Betreffs der
ungen über eine Annäherung der Stinnes=Gruppe an die
Becer=
de wird noch gemeldet, daß die Stinnes=Gruppe wegen der
Ueber=
des Kohlenlieferungsvertrags der Becker=Gruppe nach der Schweiz
ndlungen eingeleitet hat, und es wurde dabei auch eine
Beteili=
an der Schweizer Kohlenhandelsgeſellſchaft der Becker=Gruppe
ge=
ſt. Eine Uebernahme des Kohlenlieferungsvertrags wäre
natür=
it der Ueberne
rwerb einer anderen Zeche dieſer Verluſt ausgeglichen würde. Wie
je Verhandlungen, die ſchon ſeit langem ſchweben, gedienhen ſind,
ch nicht ſagen. Die Stinnes=Gruppe iſt ſchon im Schweizer
Koh=
idel beteiligt; ihre Stellung würde durch die Uebernahme der
glieferungen der Becker=Zeche weſentlich geſtärkt.
A.=G. Süddeutſche Lederwerke in St. Ingbert
rpfalz). Durch die Verordnung der Saarländiſchen
Regie=
kommiſſion, nachdem im Saargebiet ab 1. Juni 1923 die franzö=
Währung als alleiniges gefetzliches Zahlungsmittel zu gelten hat,
e Verwaltung die Bilanz nach franzöſiſchem Franken aufgeſtellt.
fabrikationsgewinn beträgt 127 097 Fr., Generalunkoſten erforder=
897 Fr., Abſchreibungen 8700 Fr., Reparaturen 19 463 Fr., ſo
n Reingewinn von 16 036 Fr. verbleibt, aus dem 5 Fr. Dividende
e Stamm vox je 10 000 Fr. ausgeſchüttet werden. Durch den 100 im Saargebiet mußte der Betrieb in St.
Ing=
rei Monate
ung hat die Genehmigung zu der notivendig gewordenen
Umſtel=
der Bilanz und des Aktienkapitals auf franzöſiſche Währung zu
n. Das Aktienkapital gliedert ſich in 25 000 Fr. Vorzugs= und 1,5
Fr. Stammaktien. 196 196 Fr. Kreditoren ſtehen 149 071 Fr.
ren und 758 000 Fr. Vorräte gegenüber.
Preß= Stanz=und Zieh=Werke Rud.
Schilling=
h A.=G., Nürnberg. Die Geſellſchaft fordert zum Bezuge
ten ab 1. 1. 23 dividendenberechtigten Stammaktien auf. Auf
Mk. 3000 alte Stamm= oder Vorzugsaktien entfällt eine neue
maktie von nom. Mk. 1000 zum Gegenwert von 8 —,50, zuzüglich
numſatzſteuer und Bezugsrechtsſteuer=Pauſchale. Das Bezugsrecht
zum 10. November einſchließlich auszuüben.
Eiſengießerei J. Roth, A.=G., Ludwigshafen
— Berlin. Das früher ſchon Jelbſtändige Unternehmen, das
Sitz nach Verſchmelzung mit einer Berliner Firma nach Verlin
t und die Ludwigshafener wie Oggersheimer Anlagen als
Zweig=
lafſungen weitergeführt hatte, iſt durch die Berliner Stammfirma
in eine ſelbſtändige Aktiengeſellſchaft umgewandelt worden ab
ober 1923. Sitz der neuen Aktiengeſellſchaft iſt nun wieder
Lud=
afen a. Rh. Das Aktienkapital beträgt 100 Mill. Mk., darunter
I. Mk. Vorzugsaktien, wurde von der Berliner Firma vollſtändig
ommen und bleibt reſtlos im Beſitz derſelben. Den erſten
Auf=
gr bilden: Direktor Alfred Staub (Berlin), Direktor Julius
Ra=
itz (Ve=lin), Rechtsanwalt Dr. J. Roſenfeld (Mannheim),
Bauk=
u Aebert Kappes (Mannheim), Rechtsanwalt Notar Hermann
n (Verlin). Zum Vorſtand wurde Direktor Carl Feuchtmann
igsßafen) beſtellt.
Diskontherabſetzung in Finnland. Unſer Stock=
* Korrefpondent meldet: Am 27. Oktober iſt der offizielle
Dis=
tz in Fienland, der erſt am 12. September von 8 auf 9 heraufgeſetzt
n war, wieder auf 8 ermäßigt worden.
Mk. Waren gegenüber. Der Geſchäftsgang war während des gasgen
Jahres flott und der Betrieb bei ſteigender Produktion voll beichäftigtz
die zufriedenſtellende Beſchäftigung hält zur Zeit noch an.
Waxenmärfte.
h. Mannheimer Wochenberichte. — Betreide. Wohin
die Markentwertung führt, weiß man heute noch nicht bei dem Mangel
an wertbeſtändigem Geld. is jetzt hat ſie ſo diel bewirkt, daß das
biß=
chen Unterneßmungsluft zu Beginn der Woche dollends erſtfiſt wurde.
Auch das Intereſſe für überſeeiſches Getreide mußte bei der Bylachauſſe
ais unrenitabel verſchwinden, zumal zum amtlichen Kurs keine Deviſen
für Betreideimport zugeteilt wurden und die Deviſen im freien Handel
gleich gau keine Einfuhrmöglichkeit zuließen. Aber auch die geringe
In=
teilung in Dollarſchatzantveiſungen und in Goldanleihen engten den
Bc=
ſchäftsverkehr mit inländiſcher Ware aufs ſtärkſte ein und brachte 2s mi
Schluß der Woche vollſtändig ins Stocken, da weder Käufer nsc)
Vei=
käufer eine Grundlage für eine Preisberechnung finden konnten. Die
Preiſe bewegten ſich zu Anfang der Woche faſt unverändert auf 310—350
für Weizen, gingen dann auf 400 Milliarden. Roggen war ſehr ſtark
ge=
ragt, aber das Angebot war noch kleiner als bei Weizen und erreihte
mit 380—400 Milliarden Mark nahezu den Weizenpreis. Gerſte
wurd=
nach 250—270 mit 350 und Hafer nach 210—240 mit 325 Milliarden
Mark Mitte der Verichtswoche gehandelt. Aber, wie bereits eingangs
geſagt, konnten zuletzt bei der ſprunghaften Markentwersung keine
Pre’s=
notierungen mehr feſtgeſtellt werden.
Mehl. Auf dem Mehlmarkt lagen die Verhältniſſe gleich.
Zu=
nächſt war das Angebot ſowohl von Mühle wie von zweiter Hand gut
und es wurde auch etwas zu 500—550 Milliarden Mark fü= Weizenmehl
Spezial Null und zu 425—450 Milliarden Mark pro Doypeizentner ab
Mühle abgeſetzt; aber zu Ende der Woche ſchrumpfte auf hier der
Narkt vollſtändig zuſammen und es kamen keine Preiſe zur Nenpung,
die ja auch jeden Augenblick anders hätten lauten müſſen.
Futtermittel. Auch der Futtermittelmarkt wurde von
den=
ſelben Motiven beeinflußt. Weizenkleie wurde mit 105—115, Rohmelaſſe
mit 60—70, Malzkeime und Biertreber mit 105—110 Milliarden Mark,
zur Hälfte mit Geid, zur anderen Hälfte in Tauſch mit Gerſte gehandelt,
ſpäter hörte das Beſchäft ebenfalls ganz auf. Von Rauhfüe=ireln
war Wieſenheu zu :0—75, Pretzitroh zu 60—70 und Bundftrax Fu —66
Milliarden Mark dro Dopvelzentner bis Mitte der Beri/ktsve am
Markt, dann fehlte jedes Angebot.
Tabak. Der Einkauf in Sandgrumpen und Sandblättern
ſchei=
terte auch in dieſer Woche an der Forderung der Pflanzer auf ſofortige
Zahlung, da hierzu das nötige Bargeld mangelte. Die hierzu
erforder=
lichen Summen können vom Handel nicht aufgebracht werden, w.shalb
ſich auch in Süddeutſchland eine Tabas=Kreditgeſellſchaft unter Führung
von erſten Firmen bildete, die den Tabakankauf finanzieren will. Die
Preiſe, die für Sandgrumpen und Sanöhlätter angelegt wurden, ſtiegen
von 30 bis auf 1000 Milliarden Mark pro Zeurner. Mit der
Markent=
wertung haben ſich bei der Fabzikation wiedee mehr Beſtellungen
einge=
ſtellt und die Fabrikation war etwas beſſer beſchäftigt. Nach alten
Ta=
baken zeigt ſich anſcheinend gute Nachf;age. e Rippen, die C*
e=
nur gegen wertbeſtändiges Geld abgegeben wurßer
Holz. Die Preisſteigerung hält hier E=it, it der
Gelbcnltber=
tung, und bei Verſteigerungen zeigt ſich ſtefs ei e ſiark= Nachſrage, die
das Angebot flott aufnimmt. In der Pfai c55 Miltiarden Mark
pro Ster ab Wald für Kiefern=Brennholz 13,
Wein. Dem Weingeſchäft fehlt es : Jeöen. Die meiſten
Winzer haben ſich eingekellert und ſitzen auf . Ware. Ji bes Pfalz
kamen Abſchlüſſe nur gegen Franken und Golö ark zuſtande, imn
Tauber=
grund kamen einige Verkäufe zu 70—82 Goidmark dro Hektoliter
zuſtande.
wb. Berliner ProdurtenEeric:. Am Prokuüenmarkte
war die Haltung ruhiger. Nahe Ware din teilseiſe ehr angebofen.
Bezüglich der Bezahlung gekauſter Wa=e heſtanh große Verieung,
weil das Verbor des freien Handels der (oldayleige die 1ang
der Zahlungsmittel für ſchon gebandelts oder neu zu erwcrde ½ ace
D 3. n In 3. R. aaar
Börſen.
örſenbericht vom 29. Oktober bis 3. November
wie siüt äönliche Mnäughine im Juli dieſes Jahres zu einer verſtärkten
erRlpRrsrtigen Steigeräiig der Dediſenkurſe geführt. Der Dollarkurs,
der ine Zeitlaag mit 5 Milliarden Mark feſtgeſetzt worden war, er=
2ichte zuu Freitag 3.:0 illiarden Mark, wobei die Nachfrage ſcharf
raF- erder i:5t., und die Marknstierungen der ausländiſchen
Plätze ben eisee aech wefentlich höheren Kurs. „Das unter dieſen
Umßänden immer ſtäre hervorrretende Bedürfnis nach einem
wert=
beſtändigei Zaßlungshrisei ließ gleichzeitig die Nachfrage nach der
Doſlargolßanleihe geini=ig zunehinen und trieb ihren Preis mehr und
ziehr üßer den Döllac;s hinaus. Uuch für die Haltung der
Effekten=
börſe war das allgemeine BBeſtreben nach einigermaßen wertbeſtändiger
Anjage bon ausſchlaggchender Bedcurung. Die Kursgeſtalrung war am
MNotag infolge von U7*mo=Realiſarion nicht einheitlich, zeigte aber
ſ=hof an der Mittwochörfe durchwveg eine ſehr feſte Tendenz und führte
am Freitag zu einer aigemeigen Aufwertungshauſſe, wie ſie ſelbſt in
der an ſenſntionellen ½sſprüngen reic.
ur letzten Vergangenheit noch
nicht dägsweſen war. Die adiere der greßen Induſtrien und allen
vor=
an wieder die Montanee erhöhten burhiveg ihre Kurſe auf das
fünf=
bis zehnfache, und miehrere der Hauprcerre konnten mangels Material
übeihaupt nicht notiert werden. Aehniice Kursſteigerungen hatten alle
wertbeſtändigen Anleihen ſowie die au=ndiſchen Renten aufzuweiſen.
Die kleineren Werte des Einheitsmar
:es und des Freiverkehrs hielten
mit dieſen Kursſprüngen meiſt nieht ganz Schritt, immerhin waren auch
hier die Kurſe, ſoweit eine Notiz zuſtande kam, etwa verdrei= bis
der=
fünffacht, ſo daß das Kursniveau im ganzen, auch in Goldmark
gerech=
net, eine gewiſſe Erhöhung erfahren hat.
wb. Berliner Börſenſtimmungsbild. Jür Dediſen
beſtand wieder ein allſeitig ſehr ſtarker Begehr, namentlich aus dem
Rheinland. Seitens der Reichsbank wurden die Kurſe im Verhältnis
zu den niedrigſten Auslandsnotierungen der Mark höher feſtgeſetzt bei,
nur 5 Prozent Zuteilung für die hauprſächlichſten Deviſen. Der
Dol=
lar ſtellte ſich auf 420 Milliarden.
Oeviſenmarkt.
Sämtliche Zahlen verſtehen ſich mit 1000%,
IIe
Belb
Afe
Geld Briei Amſterdam=Rotterdam .. 121595000.— 5003 —
12. 16 4588600.— —
165413
0 5 Brüſſel=Antwerpen ....." 561000.— 5693050.— 20948000.— hriſtignia . . . . . . . . . . . .." 46883600.— 7LfTü03.— 63441000 — 3759000.— topenhagen ... . . . . . . ." 53 66000.— 934000.— 30 17000.— 100.— Stockholm .. . . . . . . . . . . . 82194000.— 2608000 — 112119000.— 000.— Heiſingfors ......... ... 3379000.— 8421403. 72000.— 423000.— Flauen. .. . ... . .. ..... 13965000 — 14035000. 3953060.— 7000.— Londsn .. . .. . . . .. .... 196500 00. 1403506060. 955 90000. 947.0000. ek-Yörk .. .. . . . . . ..." 319-00000.— 0%00003 — 950000.— 21050 00.— Pdris .... .. . . .. .. ..." 354000.— 446000.— 24339009.— 461000.— Schweiz .. . . . . . . .. . . ..." 4663000.— 54937000. — 411000— 0.— Hanicn .. .. . . .. ...... 4089
Gc 41102000.—* 0.—
564 41000.—
56 WVier7:. D.=Oſterr. abg.) . . 39.— 44 1.- 598. AL Träg .. ....... ....." 9177000 922 000 — 9.—
124 53 1000.— 8 Subageft . . . . . . . . .. . .. 17556. 7641.- 294 U58.— Buenps=Aires.. . . . . . . .." 98754000.— 99247000.— 0—
13366 5000 —
1343: 10 aigarien ... . . . . . . .... ½z.
1000.— 7000. 3990000.— 0100000.— GJ- ........... 151620000. 2330000.— 04483000.— 2055 12000.— Fis e Janeiro ........ 279 0000.— 070000.—* 37905000 — 38095000 — Beixrad. . . . . . . . . . . .. .." 11974600.— 12039000.— 938000.— 4962000.— 3 19 Veiſabon. . . . . . . . . . . . . .. 369 1000.— 3709000. — 16559000.— 16641000.— SCſſu .......... ... ...." — —
Anmerkung: B. — Berlin, F. — Frankfurt,
Dr
Mai Eisenheimer
Leo Löser
VERLOBTE
mstadt, Saalbaustr. 10 Gelnhausen
BrRRe
tatt Karten
Paul Kollbach
Maria Kollbach
geb. Heinstein
VERMAHLTE
armstadt, den 3. Nov. 1923
ilhelminenstr. 22
(8033
Todes=Anzeige.
Freunden und Bekannten die
chmerzliche Mitteilung, daß es
Bott dem Allmächtigen gefallen
ſat, meinen lieben, guten Mann,
inſeren Schwager und Onkel
tach ſchwerem Leiden im 54.
Le=
gensjahre zu ſich zu rufen.
Frau Anna Sulfrian
Weinſt, z. Kaplan.
Die Beerdigung findet Montag,
den 5. Nov., nachmitt. 3½ Uhr,
von der Kapelle des Friedhofs
in, der Nieder=Ramſtädterſtraße
V
aus ſtatt. (*27268
Todes=Anzeige.
Geſtern abend 9 Uhr verſchied
tachlangem, ſchwerem mit großer
Beduld getragenem Leiden,
un=
ſer lieber, guter Bruder,
Schwa=
ger und Onkel
Kaufmann
im Alter von 70 Jahren.
dietrauernden Hinterbliebenen.
Stockſtadt a. Rh., 3. Nov. 1923.
Die Beerdigung findet Montag,
5. Nov., nachm. 2 Uhr, ſtatt. (8022
Heutte morgen verſchied ſanft
nach kurzem Krankſein mein guter
Mann, unſer treubeſorgter Vate
(8039
und Großvater
R.
Herr Beenhard Pitro
Bildhauermeiſter
im Alter von 64 Jahren.
In tiefer Trauer:
Mathilde Pitro Witwe
Marg. Lutz Witwe, geb. Pitro.
Beerdigung: Montag, 5. Novbr.,
2½ Uhr, auf dem Waldfriedhof.
Treffpunkt: Brücke Rheinſtr. 2 Uhr.
Im Handelsregiſter A: Gelöſchte
Firmen: Am 19 Oktober 1923: Konrad
Pietz Nachf., Darmſtadt; am 23. Okt.
1923: Jakob Berth, Darmſtädt, und
M. Herge Ludwig Heyl Sohn
Nach=
folger, Darmſtadt; am 24. Oit. 1923:
Peter Daum, Darmſtadt, Karl
Herz=
berger, Darmſtadt, und Georg Hch.
Wolf, Darmſtadt; am 26. Okt. 1923:
Georg F. Deumer, Darmſtadt, Georg
L. Hiſſerich, Darmſtadt, Guſtav
Schmitz, Darmſtadt, und Karl Heilig
& Co., Darmſtadt.
(799
Darmſtadt, den 26. Okt. 1923.
Amtsgericht Darmſtadt I.
Bekanntmachung.
Für die Steuerpflichtigen des II.,
III. und VI Steuer= oder Polizeibezirks
erfolgt die Erhebuug der
Einkommen=
teuer, Brotverſorgungsabgabe, Rhein=
Ruhr=Abgabe, ſowie der Kirchen= und
Kultusſteuern von Montag, den 5.
No=
vember 1923, ab in dem großen Saale
des Vereinshauſes „Feierabend”,
Stift=
ſtraße Nr. 51, dahier.
Von dem gleichen Tage an iſt die
Erhebung der Körperſchaftsfteuer,
ſowi=
der Rhein=Ruhr=Abgabe von
Körper=
ſchaftsſteuerpflichtigen, die ſeither in den
Kaſſeräumen der Alexanderkaſerne dahier
vorgenommen wurde, in die Kaſſeräume
des Finanzamtsgebäudes, Lindenhofſtr. 15,
(8034
dahier verlegt worden.
Darmſtadt, den 1. November 1923.
Finanzamt Darmſtadt — Stadt.
als
Habe mich hier, Waldstraße 18,
prakt. Zahnarzt
niedergelassen.
Dr. Hugo Schwab.
Spxechstunden vorlänfg Mittwochs und
Samstags 9—12½ u. 2—6 Uhr, Sonntags
9—11 Uhr.
Behandlung von Mitgliedern der
kauf=
männischen und Ersatzkassen. (*27273
uer
berkänfefte
Freilaufnabe
zu verkaufen. (*27284
Wienerſtr. 62, 2. St.
He
Schaftstiefel
zu verk. Hoffmann
Roßdörferſtraße 32
Hinterhaus, I. (*27e71
g
Ginokliaftas
Aktiengesellschaft
Georgenstraße
Fernruf 1010, 3000
Wir sind stets Käufer und Verkäufer für
1926 zu 120% rückzahlbar
Oonat Beidtsarwordänsot aud Beatbener Korbaup
lletztere zur Zeit nur auf der Grundlage des amtlichen
Berliner Kurses).
(*27210
Unſerer werten Kundſchaft
zur gefl. Kenntnis, daß wir unſere Schalter ab
5. November wie folgt geöffnet halten:
Vormittags /9— 1 Uhr
Nachmittags 3— 4 „
Samstags 1/9—12 „
Während der gleichen Stunden iſt auch das
Lloyd=Reiſebüro geöffnet.
Gleichzeitig empfehlen wir uns zur Ausführung
aller bankg ſchäftlichen Transaktionen zu kulanteſten
Bedingungen.
Rheinſtraße 17.
(8036
Rl
R
Hdeschlechtsleidenf
Blutuntersuchg. Ohne Berufsstörung. Kein Ouecksilber.
6
Spezialarzt Dr. Hollaenders
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Ambulaterium, Frankfurk a. H., Bethmannstr. 56.
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Sierdurch geben wir unſeren Aktionären
2) bekannt, daß die Generalverſammlung
vom 26. v. Mts. beſchloſſen hat, ein
Bezugsrecht von 4 zu 1, d. h. auf 4 alte
Aktien eine junge herauszugeben, und zwar
zum Kurſe von 5 Dollarcents,
vorbehalt=
ich der noch zu beantragenden Wührung
der Kapitalserhöhung im Handelsregiſter,
Das Bezugsrecht läuft vom 5.—20. Nov.
1923. In dieſer Zeit kann das
Bezugs=
recht während der Geſchäftsſtunden von
9—1 und 3—5 Uhr bei der
Geſellſchafts=
kaſſe ausgeübt werden. Bei der
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übung ſind, die Stücke oder
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(I,8022 E
Seite 6.
E
Liebe und Pflicht.
Romantiſche Erzählung aus dem ſiebenzehnten Jahrhundert.
Von E. St.
(Nachdrack verboten.)
4)
Er führte ſein erſchöpftes Tier in den Hof und band die
Zügel an einen Baunr.
„Glaub' zwar, ich werde dich nimmer in dieſem Lehen
be=
ſteigen”, ſprach er, den Hals des dampfenden Pſerdes klopfend,
„aber einen diebiſchen Kroaten ſollſt du nicht in die Hände fallen.
Dir vermach’ ich den treuen Fuchs”, fuhr er, zu Leuthold
gewen=
det, fort, „aber Du mußt ihn gut halten, mir zu Liebe, denn er
hat’s um mich verdient.”
Noch einen ſcheidenden Blick warf er auf das goliebte Tier,
welches dem Zuſamenſinken nahe ſchien, und folgte dann dem
voraneilenden Knaben in die Hütte,
Der Obriſt lächelte erfreut bei dem Anblick des ergrauten
Waffengefährten.
„Du bringſt keine gute Botſchaft, Veit?” fragte er, als dieſer
berſtummend an ſein Lager trat.
„Wollte Cott, ich könnte eine weniger ſchlimme bringen!
Die Schlacht iſt für die Schweden gewonnen; aber daß Ihr ſo
elendig und hilflos daliegen mißt, Herr Obriſt, das geht mir
doch noch mehr ans Herz. Ihr habt aber auch da kein gutes
Lager; erlaubet, daß ich’s beſſer zurichte.”
Er faltete bei dieſen Worten ſeinen eigenen Mantel
zuſan=
men und ſcheb ihn ſanft unter das Haupt ſeines Herrn, deſſen
dankbarer Blick ihn faſt zu Tränen brachte. Dann ſetzte er ſich
auf die bloße Erde, dem Lager gegenüber, und lehnte den
Rücken gegen die Wand.
„Erzähle mir, braver Veit”, ermahnte der Obriſt.
„Als
ich aus dem Kompfgetümel getragen wurde, war grade
Pappen=
heim mit ſeinen Reitergeſchwadern angelangt, und der Sieg
ſchien ſich auf unſere Seite zu neigen. Ich möcht’s noech hören
vor meinem Ende.”
„Euer Ende möge noch fern ſein, Herr Obriſt”, entgegnete
der Dragoner mit warmer Stimme. „Der tapfere Pappenzeim
aber konnte das Verlorene nicht wieder gewinnen. Ich ſah ihn,
wie er nit ſeinen Küraſſieren auf die erſchrockenen Schteden
einſtürmte wie ein unvermutetes Donnerwetter. Er war
herr=
lich und ſchrecklich anzuſehen, und die zwei Schwerter ſtanden
wieder auf ſeiner Sürn wie damals, als er in Magdeburg ein=
Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 4. November 1923.
Numwer 305.
drang und alles vor ſich niederſarf. Es heißt, er habe den
Schſpedenkönig aufgeſucht, unn an ihnn ſeine Klinge zu erproben
und zu ſehen, wer von ihnen der größte Kriegsheid ſei; — aber
der lag ſchon lange unter den Toten”.
„Der Schtyedenkönig tot? — Buſtav Adolf tot!” rief der
Obriſt mit angeftreug’: Stiimi uno richzete ſich auf. Seine
Augen furcelten, eine ſchhieil wieber erkiafferige Rötr trat au
ſein Ancitz, ais er die Borſchaft von dec blutigen Enße ſeines
Glaubensfeindeß erfuhr.
„Der Nönig tot!” ſeufzte Leuthold für ſich. Er konnte jich
nicht freuen über den Tod des edeln Glaußenshelden.
„Er ſteht vimnier wieder auf” bekräftigte der Korporaſ.
„Doch un3 war dawt nicht geholfen. Die Wut der Schweden
wuchs mit ſeinem Fall, und die Schlacht zntbrannte nur heftiger.
Eben ſanmreiten dir uns aufs neue, um die vorgedrungenen
feindlichen Regimenter" zher die Gräben zurückzuwerfen —
unſere Reihen tvaren dünne geworden —— da ſprengten
appen=
heims Küraſſiere wild afgelöſt an uns vocbei. „Alles verloren!
— Pappenheim erſchoſſen! — rette ſich, iner kann!” rieſen ſie uns
zu und derſchwanden im Nebel. In dieſem Augenöliske ſtreifte
eine Kugel meinen Nacken, eine andere fuhr wir in die Seite
und ich tpard von den undiderftehlichen Strome der Fliehenden
mit fortgeriſſen.”
Der Erzähler ſchrvieg; der Obriſt ſ.hlrß wie zum Schlafe die
Augen. Das Getöſe drauße hatte rgelaſſen, hoch hörte man
bisweilen den Hufjcſ eires verſprite Reiters. Der Nebel
war der dö=üiger Aacz usßen, uns 3 Feuer auf dem Herd
dem Erlöſchen nahe.
Ein janges Schtrcigen folah auf Beits Bericht, und der
herrſchende Herbſiſturne ½Fte auf die unregelmäßigen
Atem=
züge des Obriſten, treich: enißſich die Augen wieder aufſchlug
und ſagte:
„Der Hieanel hat Dichy hergeſhrt, Beit, zum Helfer des
armen Hnaien SSxi. *E fühl’s, wein Sründiein rükt ſchnell
heran. Da i DiS Teir/ Kilstetre sc, 1 53 fürder nicht
mehr der=ar, 7*2e it ihar inc „Mesa ein Schloß
NN
Tiefen3:Wz- Beil i.llhiFitx Ner Weib noch
Kind, doch M— 9 Hcltei 1074 Wr t die
Verwal=
tung. Z 7775 O 1Mf7 Weit ſte für den
verlaſſetie Jusskein ſ.Nrce ie für WePlut.”
Er Fte7t eini zini „e auf Zei; ℳnidyrt, aber er hörte
nur dag interdrüsfre Weisem Zesztie.
„Tröſte ici, zrüeitt Bohn” ernuv Heir von Tiefenbrunn.
„Unſer gefraiter Gsü4 11½ Dich ni geilaſſen; er gab Dir in
F
mir einen Beſchützer gegen die Bedrückung des ruchloſen Kroate
häuptlings, der Dich zu ſeinem Sklaven machen wollte; er
nim=
ſich der Veriaſſenen zreulich an. Wenn ich die Augen zuget
habe, dann mandere Dui getryſien Herzens mit dem biederen g
von dannen; er geiritet Dich an Ort und Stelle, und mein Vett
tirb auch ſeiner in gutem gebenten. Verſprichſt Du mir’s, Veit
Veit antporter: nicht.
Schlüfſt Du, alter Kriegsgenoß?”, frägte der Obr
abe nmals.
Keine Antwort, Leuthold rüttelte ihn und faßte ſeine Han
ſie wwac kält wie Eis. Er leuchtetze ihm mit einem Feuerbra
ins (Beſicht, — es war das Anulitz eines Entſeelten. Ein Sch=
H e
Leucholds ſagte den Obriſten genug.
„Gott habe ſeine Seele!” ſprach er feierlich. „Er war
braver Kriegsmann und ſeinem Herri treu bis zum Tod; dart
En K
werden ihm auch die Pforten des Himmelreichs geöffnet w
den, wenn er auch hinſchied ohne Beichte und Abſolution; n ſou 100ährige
hoffein, daß ich dort oben ein Plätzlein an ſeiner Seite fin=
Jetzt nunm wr die goldene Gnadenkette vom Halſe, Leuthol
der Herzog von Friedland’) hat ſie mir ſelber umgehängt / Aeder in
und ziehe mir den Siegelring vonm Finger. Damit gehſt Du a
— den
mein Schloß, — Gott wird Dein Begleiter ſein — und m ſeiſte und de
wird in Dir den Schützling des toten Herrn ehren.”
ſechen litere!
Leuthold umſchlang die Füße ſeines Wohltäters in ſpra W gentaltung
loſein Herzeleid.
Abhandlte
„Tue, wie ich Dir geſagt”, fuhr dieſer fort. „Ich befehle
ehniſſen ſ”
Dir”, ſetzte er hinzu, als der Knabe zauderte; da vollzog er er
gelten Mit
lich den traurigen Befehl mit zitternden Händen, barg die Ke
eniſſerende
unfer ſeinem Wams und ſteckte den Ring an ſeinen Zeigefine
über E
Dann" faßte er in ſtürmiſchem Jammer des Sterbenden erk
ſidigkeit
tende Hände und warf ſich neben das Lager nieder.
Noch ein tiefer Atemzug — und ſein zweiter Vater war ni ſWeh. be
mehr, und er befand ſich jetzt wieder allein in der weinn We ſweſſ
ſtoriſcher
allein bei dem geliebten Toten
Armer Knabe, das Unglück hat Dich frühe zu ſeinem Op WM Rt.
uls der
erkoren! Kaum begann jene Schreckenszeit, welche Dir alle,
Deinigen raubte, in dem jugendlichen Gedächtniſſe zu verdä ſoſhen ”o
zeichnetet
mern, ſo wird Dir der großmütige Beſchützer entriſſen, den
wie ein Sohn verehrteſt! Ins feindliche Leben unbarmher
heinrich
hinausgeſtoßen, irrſt Du einer ungewiſſen Zukunft entgegen
zu Tor
Armer Knabe, was wird Dein Schickſal ſein!
(Fortſ. folgt
7) Albrecht von Wallenſtein (1583—1634), kaiſerlie
Generaliſſimus, war im Jahre 1625 zum Herzog von Friedland erh
worden.
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und Bauſtoffe öffentlich meiſtbietend gegen
ſofortige Barzahlung verſteigert. (*27274
Finanzamt Darmſtadt (Reichsſchatzverwaltung),
über die Erhebung eines weiter
Brandverſicherungsbeitrags.
Das Miniſterium des Innern
angeordnet, daß im Hinblick auf
ſtetig fortſchreitende Geldentwert
an Stelle des mit Bekanntmachung v
17. v. M. zur Erhebung ausgeſchrieber
weiteren Brandverſicherungsbeitrags
100 000 fachen des in den Anforderur
zetteln vom April d. J. angegebenen 1
lagekapitals ein ſolcher in 3 000 000 fac
Höhe des erwähnten Umlagekapitals
hoben wird. Dieſer Beitrag iſt in ei /=
Summe in den erſten 15 Tagen
Monats November d. J. an die zuſtänd
Erhebeſtelle unaufgefordert bei Meidr
der Mahnung und Zwangsvollſtreckt
zu entrichten. Beſondere Anforderun
zettel hierüber werden den Gebäu
eigentümern nicht zugeſtellt. Iſt 3
lung bis zu dieſem Zeitpunkt nicht
folgt, dann iſt mit Aufwertung
Schuld nach Maßgabe der in Kürze
erwartenden heſſiſchen Bef=immungen
rechnen. Bereits auf die Bekanntmacht
vom 17., v. M. bezahlte. Beträge
100 000 facher Höhe des Umlagekapit
werden aufgerechnet.
Neben dieſem einmaligen Beitt
iſt in den erſten 15 Tagen des Mone
November d. J. noch das 4. Ziel
bereits angeforderten Beiträge für 19
beſtehend in einem Viertel des einfae
Betrages des Umlagekapitals und we
in einem Viertel des 20 fachen Betre
des Umlagekapitals, zu bezahlen.
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April d. J. mitzubringen.
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Ein Kapitel Sturm und Orang.
1 100jährigen Todestag von Heinrich Wilhelm von Gerſtenberg.
Von Dr. Fritz Mahlerwein.
Weder in den „Fragmenten”, noch in den „kritiſchen
Wäl=
den Kontakten Leſſingſcher Tradition, der „
Literatur=
fe” und des „Laokoon”, ſogar in der Animoſität gegen die
chen literariſchen Gegner — war Herder auf das Weſen und
Geſtaltung des Dramas ſeiner Zeit eingegangen, und auch
Abhandlungen über Shakeſpeare gehören zu den ſpäteren
ebniſſen ſeiner theaterwiſſenſchaftlichen Unterſuchungen.
Da=
gelten mit Recht als erſte, unzweideutig in die neue
ſhake=
riſierende Richtung weiſende dramaturgiſche Kundgebung die
efe über Shakeſpeare in den „Briefen über
Merk=
rdigkeiten der Literatur” von Gerſtenberg und
ſtenbergs „Ugolino” als erſte, dieſes neuerworbene
Shake=
reverſtändnis manifeſtierende dramaturgiſche Tat. An
lite=
iſtoriſcher Bedeutung von Leſſing ſowohl als Herder
über=
ſen, gilt Gerſtenberg ſomit, wenn nicht als Begründer, ſo
als der unmittelbare Vorläufer der nach Ugolino
einſetzen=
neuen und großen, durch unbegrenzte Shakeſpearebegeiſterung
gezeichneten Literaturperiode, der Zeit des Sturm und
ng.
Heinrich Wilhelm von Gerſtenberg wurde am 3. Januar
zu Tondern, in Schleswig, geboren. Er beſuchte das
Gym=
um zu Altona, ſtudierte 1757—1761 in Jena Jurisprudenz,
te, während des Feldzugs der Dänen gegen die Ruſſen, im
teinſchen Militär, 1760 als Kornett, 1766 als Rittmeiſter,
m als ſolcher 1771 ſeinen Abſchied und trat in den Zivildienſt.
H775—1783 lebte er als däniſcher Konſul in Lübeck, nach
als Direktor höherer Verwaltungsämter und des
Lotto=
zweſens, in Altona, wo er dieſe akademiſch=militäriſche und
merzial=politiſche Laufbahn ausgeſprochen ariſtokratiſchen
ihres am 1. November 1823, alſo heute genau vor 100 Jah=
Zeſchloß.
er Mann, deſſen äußeres Leben ſich derartig anſehnlich
ab=
lte, beſitzt in der Geſchichte der deutſchen Literatur eine
domi=
ende (Stellung in mehrfacher Hinſicht. — Als Jenenſer
Stu=
dichtete er natürlich „Idyllen” wie Geßner, trat in die
tſche Geſellſchaft ein und lernte auf Beſuchen in Leipzig die
ſeitigen und originalen Gellert und Weiße kennen, verehren
nachahmen in „Tändeleyen” (1759 bei Dyk in Leipzig
ſienen und 1763 in Amſterdam nachgedruckt), einer ſüßen
reontik, bis Goethe den Ruf der Freunde Gellert und Weiße
vernichtete, als er in den Frankfurter gelehrten Anzeigen
ündete, der „ſelige Gellert habe vom Dichten keine Ahnung”
wt, und einen jeden um ſeinen Dichterruhm bange machte.
Leſſing wurden die Tändeleien im 22. Literaturbrief, von
der im II. Fragment angezeigt und gerühmt. — Gerſtenbergs
täriſche Wandlung und neuen Korpsgeiſt bekunden 1763 die
iegslieder eines königlich=däniſchen
Grena=
rs bei Eröffnung des Feldzugs”, wobei Gleim mit
ßiſchen Grenadierliedern, ihren Brillantſtücken Schanze und
htparade, mit Getrommel und Pfeifenſpiel und dergleichen,
zweiten Male Einfluß ausübt. — Später, im Kopenhagener
is der Cramer, Sturz, Schlegel, Klopſtock, des Eutiner Voß
Zerſtenberg an der Herausgabe des „Hypochondriſt” von
Zacharias Jernstrup beteiligt, einer der vielen moraliſchen
henſchriften, die zuerſt England ſo zu ſeinem Ruhm
publi=
fe.
Noch eine 1765 von Freundeshand komponierte und
allen Bühnen beliebte dramatiſche Kantate, „Ariadne
Naxos”, eine melodramatiſche Singſpielſchöpfung, wie ſie
ſtouſſeaus Pygmalion zur Vollendung entfaltet wurde,
ent=
mt der Zeit, in der Gerſtenberg noch nicht ganz ſelbſtändige
eigne Wege beſchritt.
Das geſchah 1766 mit Veröffentlichung der „Briefe über
rkwürdigkeiten der Literatur”, einer Zeitſchrift.
dem Druckort pflegt man dieſe Zeitſchrift meiſt als „
Schles=
ſche” Merkwürdigkeiten zu bezeichnen. — In Aufſätzen
pole=
hen Charakters (im 22. Brief etwa) wird der immer ſtärker
ſich greifende Kitzel eigenmächtiger Umarbeitung berühmter
ſien” gegeißelt, werden die Begriffe Beleſprit und Genie
ſologiſch zu ſcheiden geſucht, die Begriffe Inſpiration, Illu=
Trug, Täuſchung rückſichtslos zur Definition herangezogen.
iſt bekannt, wie weit dieſe Terminologie auf die letzten Schrif=
Klopſtocks, dem Gerſtenberg in Kopenhagen aufs innigſte
unden war, befruchtend gewirkt hat.
Nach drei Richtungen ſuchten die Schleswiger
Merkwürdig=
n den Gang der deutſchen Literatur zu entwickeln und zu
ben.
Wer immer hinter den anderen hergeht, wird, nie an ihnen
vorübergehen.
Michelangelo.
Die erſten Briefe (2, 4, 5) weiſen auf Spenſer und bei dieſer
Gelegenheit auf Arioſt. Zwar lagen Hinweiſe dieſer Art im
Zeitgeſchmack, wurden zuvor Anregungen von Meinhard,
Mau=
villon und Unzer gegeben, und brachten nun eigene Töne in
Wielands kleineren Dichtungen zu einem Klingen, das in Oberon
vertieft wurde. Nur Heinſe wußte noch neben Wieland, welche
Fülle und Lebensfriſche im Arioſtſchen Vers pulſiere, den er in
Laidon bevorzugt, einer Hetärenphiloſophie verführeriſchſter
Grazie, die zur Bewunderung hinriß, aber in ihrem grellen
Na=
turalismus Wieland über den Schüler erſchrecken ließ und Goethe
befremdete. Im 22. und 23. Brief, wird die Herrlichkeit Don
Quixotes gewürdigt und analyſiert.
Ein zweiter Teil der Briefe (8, 11, 12 beſonders) ſteht im
Zeichen nordiſcher Götterſage, der Edda, altdäniſcher Volkslieder,
Pereys altengliſcher Balladenſammlung, frühen Mißtrauens
ge=
gen Macpherſons Oſſian. Aus dieſen Studien entſprang
Ger=
ſtenbergs „Gedicht eines Skalden”, das die Empfindungen eines
aus dem Todesſchlaf erwachten altnordiſchen Sängers in den
Farben nordiſcher Mythologie, Düſter und Nebelgrau, ziemlich
ſchwungvoll ſchildert. Es wird im alten „Lexikon deutſcher
Dich=
ter und Proſaiſten” (B. 6, S. 174) von Joerdens ausdrücklich
bezeugt, daß dieſes Gedicht erſtens zur Bardendichtung
Klop=
ſtocks und zweitens zum geſamten Bardenweſen und =Unweſent,
von deſſen Uebertreibungen mit Hauptbarden und Bardengeheul
Gerſtenberg ſich allerdings ſtets fern hielt, das Agens lieferte.
Das Bedeutſamſte der Merkwürdigkeiten aber liegt in den
vier Briefen (14—18), die den „Verſuch über Scakeſpeares Werke
und Genie” bieten. Vexändert hat Gerſtenberg dieſen Aufſatz in
eine vermiſchten Schriften aufgenommen. — Er geht aus von
einer ſcharf tadelnden Beurteilung der Wielandſchen
Shakeſpeare=
überſetzung und ſchließt deren Betrachtungen, wie ſie, da die
ham=
burgiſche Dramaturgie noch nicht geſchrieben war, in Deutſchland
bis dahin unerhört waren. Ueberaus feine Vergleiche, wie der
zwiſchen Othello und Youngs=revenge (einer Nachbildung des
Othello), bilden einen beſonderen Reiz der Arbeit. Shakeſpeares
Kunſt, bis in die geheimſten Tiefen der Leidenſchaften
hinabzu=
ſteigen, wird lebendig zur Anſchauung gebracht. Der Geiſt der
komiſchen Situation, der Geiſt der Groteske, ſogar der Geiſt der
Oper (wir werden an die lyriſchen Rhythmen und kriegeriſchen
Takte erinner:, aus denen Verdi die Othello=Arie: „Nun ach für
immer fahre wohl” wuchtvoll zuſammenfügte) und vor allem der
Geiſt der natürlichſten Seelenmalerei, der Natur, werden
geprie=
ſen. Es wird klar ausgeſprochen, daß der franzöſiſche Geſchmack
nur aus Furcht, zu dürſtig erſcheinen, ſeine Gebilde in
prun=
kende „goldne Feſſeln” kleide, und es wird die Zuläſſigkeit eines
Vergleichs des Dramas Shakeſpeares und des Dramas der
Al=
ten, mit innerſter Weſensverſchiedenheit begründet, beſtritten. In
olchen Aeußerungen liegt die folgenſchwere Bedeutung der
Ab=
handlung, über deren Tragweite kein Kundiger im Zweifel ſein
konnte. Alle Maßſtäbe der gangbaren Dramatik waren mit ihnen
zerbrochen. Alle Irrwege der Sturm= und Drangzeit nahmen
hier ihren Ausgang. Wohl durfte die althergebrachte
Klaſſi=
fikation umgeworfen, wohl durften den Wielandſchen plays und
den plump geſcholtenen, doch eigentlich mit unbeſtreitbarer
Grandezza erfüllten Haupt= und Staatsaktionen Gottſchedſcher
und älterer Schulen die tragedies, comedies, tragicomedies und
hiſtories Shakeſpeareſcher Kompoſitionsweiſe entgegengeſtellt
werden. Dieſe Kompoſitionsweiſe aber auf den ſchwankenden
und unbeſtimmten Begriff des „ergreifenden Seelengemäldes”
herabdrücken und gleichzeitig Shakeſpeare als den größten
Dra=
matiker aller Zeiten preiſen, hieß das Drama jener Zeit in den
Grundfeſten erſchüttern. — Es erhob ſich begreiflicher, ſtürmiſcher
Widerſpruch. Hatte doch gerade Leſſing in den Literaturbriefen
Shakeſpeare neben das Drama der Griechen der franzöſiſchen
Tragödie gegenübergeſtellt! Aber Leſſing war Gerſtenberg
freund=
lich geſinnt. Er kleidete ſeinen Einſpruch in die mildeſte, die
in=
direkte Form. Es bezieht ſich auf den revoltierenden
Gerſten=
berg, wenn er im 18. Stück der Dramaturgie ſagt, man hätte von
Wielands Ueberſetzungsfehlern nicht ſolches Aufheben machen
ſollen, und wenn er in der Schlußbetrachtung der Dramaturgie
den jungen Dichtern aufs wärmſte ans Herz legt („geblendet vom
plötzlichen Strahl und gegen den Rand eines Abgrunds
ge=
prallt”) mit Verwerfung der Geſetze der franzöſiſchen Tragik nicht
zugleich alle Geſetze der Tragik zu verwerfen. — Jedoch dieſe
Worte waren in den Wind geſprochen. Unmittelbar nach ſeiner
Abhandlung von 1760 dichtete Gerſtenberg ſeine Tragödie
Ugolino.
Das Grundmotiv dieſer Dichtung bietet Dante im 33.
Ge=
ſang des Inferno. Dort wird erzählt, daß der vom Haß des
Erzbiſchof Ruggiero verfolgte Herrſcher von Piſa, Ugolino,
mit ſeinen drei Söhnen, im ſchiefen Turm, dem Hungerturm,
eingeſchloſſen wurde und verſchmachtete. Die Schilderung vom
Kommen und Wachſen des Hungers und der brennenden
Ver=
zweiflung hat ſich Gerſtenberg zur Hauptaufgabe gemacht, die
Laokoongrudpe in die Dimenſion des Dramas als nerbenfolternd
hat dieſes ſchmerzhafte Moment des Dramas als nervenfolternd
empfunden und einen Unterſchied zwiſchen der divina comedia
gemacht, in der man von dieſer Senſation hört, und der tragedia,
in der alles ſenſationell geſchieht, und man hat geſagt, daß es
etwas anderes iſt, ob man Schreckliches hinter oder vor ſich
er=
blickt. Dieſen Anſichten verleiht Leſſing Ausdruck in einem Brief
an Gerſtenberg (25. 2. 1768), darüber berichtet Herder in der
all=
gemeinen deutſchen Bibliothek und Schiller in einem Brief an
Goethe (13. 3. 1801) über Ugolino: ein Werk ohne guten
Ge=
chmack, aber mit ſehr ſchönen Motiven, viel wahrem Pathos
und wirklich Genialiſchem, eben den ſchönen Dingen, die Schiller
ſchätzte.
Gerſtenberg war 30 Jahre alt, als er mit Ugolino hervörtrat.
Seitdem verſtummte er. Und zwar zu einer Zeit, in der Leſſing,
die jungen Stürmer und Dränger, und auch ſchon Schiller und
Goethe Werke produzierten, die die deutſche Bildungswelt aufs
tieffte bewegten und erſchütterten. Nur 1785 erſchien noch eine
größere Dichtung von Gerſtenberg, „Minona oder die
An=
gelſachſen”, ein tragiſches Melodram wenig erfreulichen
Zu=
ſchnitts. Es iſt heute kein Rätſel mehr, daß die Schaffenskraft
und Freude des Dichters, in Kantſche Philoſophie zeitweiſe zu
tief berſunken, an der Seite einer muſikliebenden Gattin und in
anſehnlichen Verwaltungsämtern, vorübergehend mißliche
finan=
zielle Verhältniſſe allmählich ſo ganz und gar eindämmten. Und
von der Urſache dieſes Verſagens eines künſtleriſchen Intellekts,
dem Herder das Außerordentlichſte verheißen hatte, nehmen wir
Notiz mit einer gewiſſen Ergriffenheit.
Den Ugolino lieſt heute niemand mehr. Im Panegyrikus
aber iſt zu dokumentieren, daß diefe Dichtung einen
unvergeß=
lichen Einſchnitt, einen Markſtein in der Geſchichte des deutſchen
Tramas bedeutet, und daß der Mann der Karriere däniſcher
Rittmeiſter und Senator in Lübeck mit der Verkörperung der
Ideen, die er in den „Briefen” propagiert hatte, mit dem
Trauer=
ſpiel Ugolino, der nachſtürmenden Jugend, die ihre Kunſt in
prahleriſcher Selbſtgefälligkeit Shakeſpeariſieren nannte, den
Sinn für Shakeſpeare geweckt hat, das Shakeſpeareverſtändnis
und die Shakeſpearebegeiſterung der „Geniezeit” des Sturm
und Drang.
C.K. Womit man die Zeit verſchwendet. Zu welch
ungeheu=
ren Ergebniſſen unbeachtete Kleinigkeiten führen können, zeigt
eine Berechnung, die einmal der Schriftſteller Tſchabuſchnigg
auf=
geſtellt hat. Er behauptet, daß die Menſchen jährlich die Frage
„Wie geht es Ihnen” oder „Wie befinden Sie ſich” mindeſtens
130 Billionen Mal ausſprechen. Die Menſchheit würde alſo auf
dieſe Höflichkeitsphraſen 2 166 666 666 Stunden oder 270 833 333
Arbeitstage verwenden. Des weiteren hat dieſer ausgeruhte Kopf.
herausbekommen, daß jeder Menſch in einer Geſellſchaft
wenig=
ſtens 10 Mal gähnt; in 104 Millionen Geſellſchaften wird alſo
52 Billionen Mal gegähnt. Rechnet man nun 2 Sekunden auf
ein einziges Gähnen, ſo verbraucht jenes Weltgähnen 311 111
Ar=
beitsſtunden. Wenn man ſich aber vergegenwärtigt, was in den
Parlamenten und Vereinen bei den langen Reden gegähnt wird,
o kann man ſich gar nicht vorſtellen, wieviel Zeit die
Abgeord=
neten und Vereinsbrüder dabei im Jahr verbrauchen.
— Schlechte Schrift. Es iſt eine bekannte Tatſache, daß die
ärztlichen Verordnungen unleſerlich ſind und daß nur die
Apo=
theker es fertig bringen, die Rätfel zu entziffern. Octabe
Mir=
beau beſaß einen Arzt, der auf dem Gebiete des Unleſerlichen
alle Rekorde ſchlug. Als er ihn nun einmal zum Frühſtück
ein=
lud, nahm dieſer uter der Bedingung an, daß er den Tag, an
dem er der Einladung Folge leiſte, ſelbſt ſchriftlich beſtimmen
dürfe. Als der bezügliche Brief ankam, konnte Mirbeau nur
un=
förmiges Gekritzel erkennen. Um ſicher zu gehen, trägt er ihn
zum Apotheker. Dieſer prüft das Schreiben lange, alsdann ſagte
er, indem er Mirbeau ein Fläſchchen hinreichte: „Macht ſieben
Franken."
*
Herbſtgold.
Von Eliſabeth Fauſt.
Sie hatten ſich gleich erkannt. Aber ſie ſaßen zu weit
von=
inder, um ſich über die vielen Köpfe weg anders als mit den
ſen begrüßen zu können. Nun war die Tafel aufgehoben und
Geſellſchaft zerſtreute ſich in Haus und Garten. Elfriede
e ſich raſch von den Uebrigen entfernt und war durch das
ere Gartenpförtchen hinausgeſchlüpft. Sie eilte den
Wieſen=
entlang, dem nahen Walde zu, der ſich in buntem
Herbſt=
iuck weit hindehnte, glühend im Feuerbrand der Sonne. Auf
m Baumſtamm ſetzte ſie ſich nieder und ſtützte den Kopf in
Hand. Weit, weit zurück ſchweiften ihre Gedanken. Ins
ne Jugendland . . . . Wann hatten ſie ſich zum letzten Mal
hen? War’s nicht vor fünfundzwanzig Jahren geweſen,
der Hochzeit des Paares, das heute die Silbermyrte
tückte? Das „damals” ſtieg vor ihrer Seele auf. In lachen=
Sonnenſchein hatte die Welt vor ihr gelegen. Selig hatte
die Stunde genoſſen, mit glücksgläubigen Augen in die
Zu=
ſt geſchaut, die ſich vor ihr weitete wie ein Märchenland voll
nder und Schönheit. Vohl war ſein Bild darein verſoben,
ſchattenhaft noch, auftauchend und wieder verſchwindend.
war ſo ſchön, das Heute — weshalb an morgen denken und in
Formen fügen, was ſo hold in roſiger Ferne ſchimmerte?
h eines anderen Bild gaukelte oft durch ihre Träume! Otto!
war ja noch ſo jung, ſo reich an Freundſchaft und Liebe —
eilte es nicht, ſich eines Herzens raſch zu verſichern. Und
Leben ſo ſchön! Konnte man heute noch Feſte feiern, die
inden genießen, wie damals in der lieben, kleinen alten
Uni=
itätsſtadt, ſo einfach und ſo quellfriſch fröhlich? Dieſe
Wan=
ungen durch Verge und Wälder, dieſe Kahnfahrten mit Ge=
und am Ziel ein Tänzchen, dieſe Winterabende mit leben=
Pildern oder Vorleſen mit verteilten Nollen. Das war
5 faſt nach ſchöner als die eigentlichen großen Vergnügen,
42 und Geſellſchaften, obwehl die doch auch denkbar gelungen
lefen! — Renate, ihre beſte Freundin, war die erſte, die
durch ihre Verheiratung aus dem frohen Kreife löſte. UInd
ihrer Hoehzeit war es faſt gemeſen, als mollte Hagen eine
cheidende Frage ſtellen. Aber ſie hatte ihm keine Celegenheit
Ausſprache gegeben. Nein — ſich nicht hinden, ehe man ſich
* ganz klar iſt. Und als ſie, die Brautführerin, hinter Re=
nate am Altare ſtand, war ihr die volle Erkenntnis gekommen,
was es bedeutet, vor Gottes Angeſicht ſich für Freud und Leid
einem Manne zu verbinden. Einem Einzigen ganz zu eigen —
Dann war ſie lange Zeit
das konnte ſie heute noch nicht.
auf Reiſen geweſen. Bei ihrer Rückkehr fand ſie Hagen nicht
mehr. Sein älteſter Bruder war plötzlich geſtorben, er hatte
ſeine Studien aufgeben und das väterliche Gur übernehmen
müſſen. „Er braucht eine reiche Frau, wenn er je
herauskom=
men will aus der verlotterten Wirtſchaft, die er vorgefunden.
So hatte ſein Vetter geſagt . . . . Die Zeit ging hin. Und eines
Tages war ſie Braut und bald zog ſie als ſeliges junges
Doktor=
rauchen in das traute, kleine Landſtädtchen. Immer reicher und
ſchöner wurde ihr Leben, bis
Elfriede ſchrak empor aus ihren Träumen. Schritte
ertön=
ten. — Hagen ſtand vor ihr. „Störe ich, gnädige Frau?” Sie
verneinte freundlich. „Sie waren ſo tief in Gedanken — —
Ich hielt Rückſchau in die Vergangenheit.”
„Sie war ſchön, unſere Jugendzeit”, murmelte er und
zer=
pflückte ein Reis.
Ja, golden, wie heute die Welt umher”, und ſie deutete in
die leuchtende Farbenpracht ringsum.
„Vergängliche Schönheit! Truggold!” Ein Sturmwind
und das nackte graue Gerippe kommt zutage‟
„Nein, nein!” Beſchwörend hob ſie die Hände. „Ich laſſe
mir mein Jugendland nicht ſchelten. Das war echt in all ſeinem
Glanz. Wenn ſpäter das Leben auch dunkle Zeiten hatte, das
ändert daran nichts. Was wir gehabt, bleibt unverlierbar!“
Leuchtend weilten ihre Augen in der blauen Ferne. Er blickte
ie lächelnd an:
„Sind Sie immer noch die kleine Zauberelfe, die alle
Trüb=
ſal verſcheuchen kann? Wiſſen Sie noch, wie twir alle immer zu
Ihnen kamen mit unſeren Nöten und Sorgen? Und Sie
wuß=
ten ſtets Hilfe und Rat”.
„O. längſt nicht immer.”
„Aber doch war man gleich wieder hoch in Ihrer Nähe! Sie
wußten alles nach der auten Seite zu drehen!“
„Das war unbewußter Eaoiemus. Weil ich ſelbſt froh war,
ollte ich meine Umgebung auch ſo ſehen. Verdrießliche Leute
hätten mich geſtört.”
Nun mußten ſie beide lachen.
„Ja, noch ganz die alte Elfe”, ſagte er und ſchaute ſinnend
auf ſie nieder, während ſie am Waldſaum entlang ſchritten.
Eigentlich hübſch war ſie nie geweſen, aber von jenem Liebreiz
umfloſſen, der unendlich mehr iſt als regelmäßige Schönheit. Die
zierliche Geſtalt mit den weichen, anmutigen Bewegungen, noch
faſt unverändert wie damals; im braunen, vollen Haar noch kein
Silberfädchen, die Augen voll Güte und Frohſinn.
„Darf ich fragen, wie es Ihnen ergangen iſt all die Jahre,
gnädige Frau?‟ Seine Stimme hatte einen warmen,
verhalte=
nen Klang. Einen Augenblick ſchaute ſie ihn ſchweigend an,
dann entgegnete ſie freundlich:
„Ja, das dürfen Sie gern. Es iſt mir ſehr, ſehr gut
gegan=
gen — trotz allem. Denn ich hatte ein großes, reiches Glück.”
„Sie hatten!” wiederholte er und es war wie
vorwurfs=
volles Grollen in ſeiner Stimme.
„Nicht jeder iſt ſo glücklich geweſen wie ich! Mußte ich
meinen Otto und unſeren Jungen auch hergeben —” ihr Auge
wurde dunkel und die Stimme zitterte — „viel zu früh — —
ſch hatte doch das Glück! Dies Bewußtſein, daß es einmal
mein war, macht mich ſtark und dankbar. Wie manche ſehnen
ſich ihr ganzes Leben lang vergeblich danach. Sagt man ſchon:
„Einen Augenblick im Paradies gelebt, iſt nicht zu teuer mit
dem Tod bezahlt” — ſo meine ich, jeder, der einmal ſo reich war
wie ich, müßte bis zum Lebensende daran denken, wie
bevor=
zugt er war und welche Verpflichtungen dies ihm auferlegt,
ſei=
nen Mitmenſchen gegenüber, die immer im Schatten geſtanden.
Zuerſt freilich — da iſt es ſchwer, aus der Sonne heraus
Bas das koſtet — darüber kann man nicht ſprechen.” Sie
ver=
ſtummte und ſenkte den Kopf. Dann ſagte ſie mit leiſem
Lächeln: „Auch damals hatte ich gleich wieder „Glück”, indem
große Anforderungen an mich geſtellt wurden — ſo ward ich
herausgeriſſen aus der Eefahr, nur meiner Trauer, meinen
Ge=
fühlen zu leben. Uind ſo iſts geblieben. Ich durfte immer
wie=
der anderen helfen, hald hatten meine Geſchwifter, bald Alte
und Einſame mich nötig — ſo habe ich keine Zeit, traurig oder
gar verkittert zu werden."
„Tanfere, kleine Frau” murmelte er. „Nicht mehr wie
an=
dere auch” wehrte ſie. Dann wandte ſie ihm voll das liebe
Ge=
ſichtchen zu: „Und wie war Jhr Lehen?"
„Harter Kampf”, preßte er zwiſchen den Zihnen hervor.
„Mit dem Abſchied von der Uniderſität habe ich alle Jugedluſt
begraben — und viel liebe Hoffnung!” Unſiher ſtreifte ſie ſein
Blick. Sie gewahrte es nicht und ſchaute ſtill lauſchend vor ſich
hin. Da raffte er ſich zuſammen und erzählte, wie er es habe
Nummer 43
Unterhaltungsblatt und Frauenzeitung
Jahrgang 1923
Die Weli der Frau
G
Sosi83
N
Die Umgeftaltung der Wohnung für die Pintermsngte.
Selbſt bei ſchon vorhandenen Kohlendorräten wird im
kommenden Winter äußerſte Sparſamkeit bei ihrem Verbrauch
walten müſſen. Es iſt deshalb ein Gebot der Klugheit für jede
Familie, die Wohnräume dieſen Verhältniſſen anzupaſſen.
Not=
wendig iſt dazu in erſter Linie eine Verſtändigung mit den
ande=
ren Mietern des Hauſes, um möglichſt gemeinſam zu
verein=
baren, daß alle über= und nebeneinander wohnenden Familien
ein und denſelben Raum während, des ganzen Winters
regel=
mäßig heizen, um nutzloſe Abkühlung desſelben durch darunter,
darüber und daneben liegende ungeheizte Näume zu verhüten.
Bei dieſer Verſtändigung muß die Lage des
Winter=
wohnraums weitgehendſt berückſichtigt werden. Er ſollte
möglichſt wenig Wandfläche nach außen oder nach dem
Treppen=
hauſe zu beſitzen; ebenſo ſollte jener vom ſtändigen Gebrauch
ausgeſchloſſen ſein, der zu viele Fenſter beſitzt oder einen oder
gar mehrere große ungeheizte Räume, womöglich Eckzimmer
an=
grenzt, da auch hier die gefürchtete ſtändige Abkühlung einiger
Zimmerwände erfolgt und die Temperatur in ihm dadurch
ſtän=
dig um einige Grad niedriger gehalten wird, als in einem völlig
geſchützt gelegenen Raume.
Nun muß das Hauptaugenmerk der ſorgfältigen Abdichtung
ſchlecht ſchließender oder klappriger Türen und Fenſter gelten,
Anbringung von Dichtungsſträngen (fertig käuflich) im Türfalz,
Auslegen der Fenſterrahmen entweder mit bleiſtiftſtarken
Glaſer=
kittroſlen, die zum Verhüten des Feſtklebens am Fenſterflügel
vor dem Schließen desſelben mit etwas Schlemmkreide beſtäubt
werden müſſen, oder auch Auslegen der Fenſterrahmen mit
fingerſtarken Watterollen, die man mit Leim oder Dextrin
feſt=
hält, ſind vorzügliche Sicherungsmaßnahmen zu dieſem Zweck.
Doch nicht nur am Fenſter ſelbſt, ſondern auch über oder unter
dem Fenſterbrett oder der Fenſterbank muß die eindringende
Kälte ferngehalten werden. Ein feſtgeftopftes ſchmales
Fenſter=
kiſſen oder Polſter in ganzer Breite des Fenſters iſt in dieſem
Falle ein wirkſames Schutzmittel gegen die ſtändige Abkühlung
des Zimmers durch die an dieſer Stelle ſo oft eindringende
Außenluft. Ein Fenſtermantel, reichlich handbreit über die
eigentliche Fenſterniſche ragend, und über dem Fenſterbrett
20—30 Zentimeter an Oeſen oder Schlingen befeſtigt, dient dem
Doppelzweck: einmal die wärmemindernde eindringende
Außen=
temperatur unter der faſt durchweg leichter gebauten
Fenſter=
wand unterhalb des Fenſterbrettes abzuhalten, zum anderen für
die fleißige Hausfrau einen behaglichen Fenſterplatz zu ſchaffen,
an dem ſie das Tageslicht möglichſt lange für notwendig
werdende Näh= und Flickarbeiten ausnutzen kann, ohne
Erkältung und deren meiſt oft recht verhängnisvolle Nachteile
fürchten zu müſſen.
Friedrich Salzmann.
Die Mode von heute.
Die moberne Sattelbluſe. Die einfache wie die
elegante Bluſe des kommenden Winters wird vorwiegend mit
eckiger oder runder Sattelpaſſe auf den Schultern ausgeſtattet
ſein. Vorder= und Rückenteile fügen ſich dieſer zumeiſt leicht
gereiht unter, wenn ſie nicht etwa handbreit in gleichmäßige oder
partienweiſe geordnete feine Bieſen abgenäht ſind, die dann erſt
auf der Bruſt ausſpringen. Die Sattelbluſe iſt faſt
ausnahms=
los ohne Schoß gearbeitet und wird vorwiegend unter Röcken
getragen, die einen Stoffgürtel von gleichem Material wie der
Rock beſitzen. Bei vorn ſeitlichem Schluß werden die Vorderteile
mit breitem faltigen Rebers oder ſchmalem Schalkragen garniert
und bei Rückegſchluß umrahmt die kragenloſe Bluſe bei mäßig
tiefem runden Ausſchnitt entweder ein ſchmaler Bubenkragen
oder ein kaum dreifingerbreites Pliſſee von feinem Glasbatiſt,
Mull oder Tüll. Als ſehr reizvoll konnten wir eine zarte,
ſilber=
graue Seidenſchiffonbluſe bewundern, auf Unterfutter von
lachsroſa Seide ſattelartig in feine Püffchen gereiht, die auf den
Reihftichen mit feinen Stahlperlen auf der Unterbluſe
feſtgehal=
ten wurden. Die gleichen Püffchen hielten auch in etwa
hand=
langer Breite den duftigen Oberärmel manſchettenartig auf dem
Seidenfutter feft, während ein ſchmales Seidenbändchen in der
Farbe der Unterbluſe den angeſetzten faltenreichen Volant von
Chiffon über dem Handgelenk zuſammenzuhalten ſchien, um
hier in flotter Schleife mit vielen Schlingen zu enden. Die Bluſe
ſchloß unſichtbar im Rücken, zeigte aber als Beſatz der
Anopf=
ſeite ziemlich dicht geſetzte, kaum erbſengroße halbrunde
Stahl=
knöpfchen.
E. M.
Pelz= und Krimmerrollen am Herbſtkoſtüm.
Sauber und korrekt ausgeführte Rollen in zumeiſt kaum miehr
denn Daumendicke ſcheinen von der Mode ganz beſonders
bevor=
zugt zu werden. In weißem, grauem und ſchwarzem Krimmer
oder aus Wolle in Schlingenſtich hergeſtellter Krimmerimitation,
in hellgelbem, hellbraunem und hellgrauem kurzhaarigem Pelz,
am eleganteſten in Nutria und Biber ausgeführt, zeigen ſich
ſo=
wohl die ziemlich engen Sport= und Straßenröcke und dazu
ge=
hörigen flotten geradlinigen Jacken, wie auch die im Rücken würzt und langſam zur Seite des Herdes fertig gedünſtet.
halbanliegend gearbeiteten Jacketts mit ſchmalem Gürtel, von
der Seitennaht ab vorn zuſammengehalten. Vereinzelt umrandet
die moderne Rolle links ſeitlich die übertretende loſe Vorderbahn
des Rockes und begrenzt ringsum den Rockrand oder ſchmückt mit Pflaumen. — Dienstag: Krautwickel.
eine loſe, rechts ſeitliche Stoffbahn, die, an ihren Enden
blei=
beſchwert, im Gegenſatz zu den flatternden modernen
Stoff=
bahnen der Spätſommerkleider, gerade und faſt unbewegt am
Dcmm Gn DE DTDCCOTT0
Die Frau im Sprichwert des Morgenlandes.
(0
O
Wären die Frauen um ihre Tüchtigkeit nur halb ſo
be=
ſorgt wie um ihre Schönheit — die Welt wäre glücklich.
Lieber in einen Abgrund fallen, als in der Weiber
Mund kommen.
*
Wenn die Frau das Glas zerbricht, bedeutet es Glück;
zerbrichts die Dienerin — Ungeſchick.
Zum Herzen des Weibes führt ein ſchmaler und ein
breiter Weg: Liebe und Schmeichelei,
O
Ein Haus mit einem Mauerriß kann ein Jahrhundert
ſtehen, ein Haus, worin die Frauen ſtreiten, fällt ein.
Doc!t
OcmeOco
Kleide hinabfällt. Beſonders ſchick wirkt ein deraikig
ein=
gerolltes Koſtüm, wenn auch die kleine filz= und ſamtbeſpannte
Glocke in völliger Uebereinſtimmung mit dem Koſtüm, von
glei=
chen Beſatz eingerollt iſt, oder ein Miniaturröllchen, in dieſem
Falle beſonders exakt gearbeitet, als einzige Garnitur an der
Verbindungsſtelle zwiſchen Hut und Kopfkrempe trägt. Sehr
flott wirkt dieſe Rolle, wenn ſie links ſeitlich zu einer kelken
ab=
ſtehenden Schleife verknüpft iſt, die ſcheinbar durch eine
ſpieß=
artige Silber= oder Goldagraffe am Hute feſtgehalten wird. Die
neue Mode bietet jedenfalls geſchickten Händen reichlich
Gelegen=
heit zur Verarbeitung noch vorhandener Krimmer= oder
kußz=
haariger Pelzreſte.
Gefundheitépflege.
Gegen Haarausfall und Kopfſchuppen. Eine
vorzüglich wirkende Salbe bereitet man aus 6 Gramm
Schwefel=
milch, 6Gr. Lanolin unß 44 Gr. Vafeline, oder läßt dieſe
Miſch=
ung in der Apotheke oder Drogerie herſtellen. Dieſe Salbe wird
abends mit nicht zu weichem Pinſel auf die Kopfhaut
aufgetra=
gen, wobei man nicht vergeſſen darf, daß die Kopfhaut vorher
wöchentlich zweimal mit Seifenſpiritus gereinigt werden muß.
C. F:
Behandlung der Kranken beim „Durchliegen”.
Das erſte Erfordernis iſt peinliche Sauber= und Trockenhaltung
der Wäſche, ſowie faltenloſe, glatte Unterlage. Gerötete Stellen
waſche man ſofort bei ihrem Auftreten mit berdünntem
Zitronen=
ſaft, Franzbranntwein oder Kampferſeirius. Bei längerem
Krankenlager iſt die Anſchaffung eines Luftkiſſens anzuraken, da
deſſen Benutzung das Durchliegen verhindert.
N. C.
Der zeitgemäße Haushalt.
Vorjährige Damenwinterhüte zu
moderni=
ſieren. Die durch Klopfen und Bürſten vom Staub befreiten
Filzhüte tauche man blitzſchnell in ein Becken mit warmen
Waſ=
ſer, ſo daß ſie naß, jedoch nicht völlig durchfeuchtet werden und
womöglich Appretur verlieren. Nun ziehe man ſie von innen
ſorgſam über die Fingerſpitzen und ſtreiche dabei alle
eingebeul=
ten und eingedrückten Stellen glatt. Wenn der Kopf auf dieſe
Weiſe wieder völlig rund geworden iſt, lege man den Hut auf
den Tiſch und plätte ihn mit den Fingerſpitzen ausſtreihens,
ſorg=
ſam nach dem „Strich”, um ihn ſchließlich durch Ausdehnen über
den beiden Daumen oder durch Rundbiegen der Krehp die
ge=
wünſchte neumoderne Form zu verleihen. Scharfe Umkniffe und
Biegungen der Krempe bügle man nach Wunſch noch beſonders
unter aufgelegtem feuchten Leinentuch ein. Iſt der Hut völig
ausgetrocknet, dann kann man ihn leicht durch. Ueberſprühen mit
Imaxfarben (Drogerie) im gewünſchten Ton mittels Fixateur
(Malutenſiliengeſchäft) eine völlig modegerechte Farbennuance
verleihen. Die obige Farbe iſt zu miſchen oder evtl. auf Wunſch
mit Spiritus zu verdünnen, wenn man ganz helle Farbtöne
er=
zielen will.
HI.
Haferflocken mit Aepfeln. In leicht geſalzenem
Waſſer ſetzt man die Haferflocken zum Kochen auf und fügt, wenn
ſie halb ausgequollen ſind, auf ein halbes Pfund ein Pfund in
Würfel geſchnittene geſchälte Aepfel, ein Stück Zimt, wenig Salz
und 1 Eßlöffel heiß aufgelöſten Süßſtoff bei. Man zieht dabei
ſofort die Aepfel leicht unter die Haferflocken, damit ſie mit dieſen
zuſammen gar werden, richtet ſie bergartig auf einer Schüſſel an
und bringe ſie, mit in Fett oder Margarine braun geröſtetem
geriebenen. Brot oder Semmel reichlich beſtreut, und mit
ge=
miſchtem Zucker und Zimt überſtreut, zu Tiſch.
Gulaſch von Pferdefleiſch. Das in große Würfei
geſchnittene Fleiſch wird ringsum in Mehl gewendet, in heißem
Fett mit reichlich Zwiebelſcheiben braun geröſtet. Nach und nach
wird möglichſt aufgelöſter Pflanzenextrakt oder
Knochenfleiſch=
brühe beigefügt, kräftig mit Pfeffer oder Paprika und Salz ge=
Speiſezettel.
Sonntag: Gulaſch von Pferdefleiſch.
Montag: Graupen
Mittwoch:
Sauer=
kraut und gelbes Erbsmus. — Donnerstag: Möhren mit
Kar=
toffeln. — Freitag: Klöße mit geſchmorten Pflaumen. —
Sams=
tag: Profoßkohl mit Aepfeln, Röſtkartoffeln.
Sche
Nummer 24
Aufgabe 47
Albert Oberhänsli in St. Gallen
(Deutſche Schachzeitung 1880).
b (
d
s
Weiß zieht und ſetzt in drei Zügen matt.
Prüfſtellung: Weiß: Kal Dg5 Td1 Sc4 e5 Bb2 C6 d7 (8);
Schwarz: Ket Ih8 Lb8 h7 Se7 Bf3 14 g7 (8); 3+.
Eine feine Aufgabe, zur Erinnerung an den vor 10 Jahren
ſtorbenen Verfaſſer,
Aufgabe 48
P. F. Blake in Warrington
(The Field 1922).
Weiß: Kh8 Db1 Tg5 h4 Lf7 Sa4 b8 Be3 f4 (9);
Schwarz: Kc4 Lc8 f8 Sa7 Bc3 c7 e6 g7 (8),,
Matt in zwei Zügen,
Partie 4.
Im Turnier zu Portsmouth im Augüſt d. J. geſpielt. Großmei
Aljechin wurde mit 19½ (!) aus 11 Partien Erſter. — Die Eröffn
iſt, nach tiefem Plan, überraſchend behandelt; der Schluß prachtt
allerdings in Partien von Lasker und Tarräſch ähnlich ſchon dagewe
17. Sb3 und dann 18. L.b5. Schn
entſchließt ſich daher zum O:
Drewitt einer Figur gegen drei Bauern
Sd7xc5
16....."
Lb6XC5
Unregelmäßig.
Weiß:
Schwarz:
Aljechin
d7—d5
1. Sg1—f3
2. B3—b4 Wirklich b2—b4. Der 17. d4Xe5
Gedanke wird ſofork klar: „Weiß nun einer der Bauern a3, e3 f
erſchwer: den wichtiger/ Buge 7—C5. kommt Schwarz wirklich auf ſ
e6
2...."
Rechnung; aber darin hat er
Sg8—16
3. Lc1—b2
wenig einbezogen, daß die Schr
Damit der L.18 zſehen kann. Nun des I.b2 bis g7 geöffnet wor
verliert Weiß einen Zug, durch iſt. Der folgende Zug des Wei
die Deckung von b4, aber einen „muß einen Bauern decken”, iſte
Zug, der in ſolchen Stellungen auf den König gerichtet.
ohnehin oft gemacht toird.
18. Tk1—13
Lc5Xa3
4. a3—a3
F—C5 Ein 19. Telxeß
Le8xc6
beſſeres Verfahren tsäre wohl 20. Ld3Xh7 +I Kg8Xh7
(7—CF, Le7, 00, jpäter b7—b6 21. Tk3—h3 + Kh7—g8
und dann c6—c5, um bei dem nun
folgenden Schlagfall mnit dem h= 22. Lb2Xg7! Aufgegebes; zu
Bauern zurücknehmen zu können, wvohl etwas frühzeitig, aber
I.:8Xo5 So Stellung iſt verloren. Zunächſ.
5. b4Xc5
hat Weiß glücklich erreicht, daß der der kecke Läufer wegen 23. Dg
ſchwarze o=Bquer gegen den wert= und Matt im nächſten Zuge n
loſeſten weißen Bauern (b2) abge= zu nehmen. Die beſte Verteieig
tauſcht wurde, ſtatt wie ſonſtüblich 22.... (7—f6 führt Aljechin
gegen den weißen Damenbauern folgt aus: 23. Lh6! Dh7
(04) Weiß erringt daher die Dh5! (man bemerkt, daß dieſer
Ueberlegenheit in der Bauernmitte, durch das Fehlen des Le8 ern
0—0 Farblos licht wird; er droht 25. Te
6. 62—63
geſpielt. Mit 6. . . . Sc6 konnte Kh8 26, Lg7 + Kg8 27. L16
uſw.) 24. . . . Lf8 25. Dg4+ I
Schwarz d5—d4 drohen,
7. C2—c4
Sb8—c6zu ſpät.
8. d2—d4
Lc5—b6
Dd8—e7
9. Sb1—d2
Tf8—d8
10. Lf1—d3
11. 0—0
Lc8—d7
12. Sf3—e5
Ld7—e8
Ta8—c8
13. 12—14
Ver=
Sté—d7
14. Ta 1—c1
legenheit! Der Zug entblößt den
König.
15. Se5xc6 Tc8Xc6
Al=
jechin vermerkt, daß er auf 15.. . . .
b7Xc6 mit 16. C4—c5 und 17.
Da4 die Belagerung des
Damen=
flügels fortgeſetzt hätte.
16. 64—c5. Dies gewinnt min=
(auf Königszüge gewinnt 26. Lh
18) 26. De6 +: Kr8 27. Df6
Ke8 28. Lg7: und gewinnt.
Hätte Schwarz im 19. Zug
Le8 ſtehen laſſen, ſo könnte
das Spiel ähnlich, doch bloß
einfachem Läuferopfer, entwicke
19.... b7Rc6 20. L.d3Xh7
Kg8Xh7 21. Tf3—h3 + Kh7-
22. Dd1—h5! f7—f6 Nicht 22.
k5 wegen der Wirkung des I.
auf g? (Matt in zwei Zügen)
Dh5—h8 +Kg8—f7 24. Th3—
oder auch 24. Tg3 nebſt 25.
—f3, und Weiß gewinnt.
(Partie und Anmerkungen n
deſtens die Qualität: 16. . . . La5 den „Baſler Nachrichten”).
Anfragen, Beiträge, Löſungen u. dgl. nur an die Schr
leitung des Darmſtädter Tagblatts mit der Aufſchrift „Scha
Verantwortlich: Max Streeſe.
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Mit
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Hür
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M5
zwingen wollen, weiter ſtudieren zu können. „Aber wenn man
vom erſten Morgengrauen bis zur ſinkenden Nacht wie ein
Acker=
knecht geſchafft, fallen einem die Augen zu bei den Büchern. Ich
mußte einen feſten Strich machen unter die Vergangenheit, wenn
ich überhaupt etwas leiſten wollte. Jahre ſchwerer Arbeit
folg=
ten. Endlich ging es langſam aufwärts. Die alte Scholle
ge=
hört nun wieder ganz unſerer Familie —. Ich habe eine gute
Frau und brave Kinder. — Aber was es gekoſtet hat, bis ich
ſo ward, wie ich jetzt bin — kann das eine Frau verſtehen? Die
geliebte Wiſſenſchaft aufgeben einem Beruf zuliebe, der einen
garnicht lockt? Alles über Bord werfen müſſen, was einem
das Leben lebenswert macht —!‟ Die ganze Leidenſchaftlichkeit
ſeines Weſens brach hervor, die ſie einſt an ihm gekannt, mit
der er hinreißen und erſchrecken, jedenfalls ganz in den Bann
ſeiner Perſönlichkeit zwingen konnte wie wenig Menſchen. Sie
konnte den Blick nicht von ihm wenden und ihre Mienen
ſpiegel=
ten aufs Lebendigſte die Empfindungen wider, die ſie erfüllten.
Sie ſtanden unter einer Birke, an deren ſchwanken Aeſten die
letzten loſen Goldblätter zitterten. Die Abendſonne ſpiegelte ſich
in den Fenſtern des Forſthauſes drüben. Weit ſchweifte der
Blick über die bunte Pracht der Wälder bis hin zu den
duft=
blauen Bergen. Still und weit lag die Welt — als wäre nur
Friede darin!
Wie das wohltat! Elfriede atmete in tiefen Zügen die
köſt=
lich herbe Waldluft mit ihrem Beigeſchmack von Moder und dem
Erdgeruch friſch umgeriſſenen Ackerlandes, das ſich vor ihnen
breitete. Er trat dicht neben ſie.
„Haben wir nicht ſchon einmal ſo nebeneinander geſtanden,
Frau Elfriede?”
Sie blickte auf, betroffen von dem Ton ſeiner Stimme.
Leidenſchaftlich fuhr er fort: „Damals waren Sie Elfriede —
und ich wollte fragen, ob ich Sie meine Elfriede nennen dürfe
. . Aber es kam anders . . ."
„Halten Sie ein, Hagen, ſo dürfen Sie nicht ſprechen.”
„Sie meinen, weil ich eine Frau habe? Ich ſagte Ihnen
ſchon, ſie iſt eine gute Frau und ſie weiß von Ihnen. Ich darf
es Ihnen ſagen, ein Mal im Leben, wie lieb ich Sie gehabt.
Das kann und darf Sie nicht beleidigen in dieſer Stunde der
Erinnerung! Liebe, kleine Elfe! Was hätte aus meinem Leben
werden können an Ihrer Seite — und in meiner Wiſſenſchaft.”
Er faßte ihre Hand und umklammerte ſie mit ſeinen ſtarken
Fin=
gern. „Waren Sie mir nicht auch ein wenig gut — damals?”
Wie weich dieſes trotzigen Mannes Stimme klingen konnte.
Bis ins Tiefſte erſchüttert ſtand ſie vor ihm.
„Ich ſagte Ihnen, wie glücklich ich war mit Otto.
„Und nie hat etwas für mich in Ihrem Herzen geſprochen?”
drängte er.
Da richtete ſie ſich voll auf und ſchaute ihm frei in die
flehen=
den Augen.
„Es iſt keine Stunde, wo man geſellſchaftliche Redensarten
macht. — Auch ich will wahr ſein. Ja, ich war Ihnen gut, ſehr
gut —” wie Sonnenſchein fuhr es über die harten Züge des
Mannes, — „aber ich war noch ſo jung. Sie gefielen mir”,
ein mädchenhaftes Rot ſtieg ihr ins Geſicht, — „aber Otto auch
— vielleicht, wenn Sie nicht gegangen wären —” in rührender
Hilfloſigkeit blickte ſie zu ihm auf. Stürmiſch griff er nach ihren
Händen. Doch ſie trat einen Schritt zurück und ſtand nun vor
ihm in der ganzen reinen Würde ihres Frauentums. „Dies
durfte ich Ihnen ſagen, ohne an meinem geliebten Mann
Un=
treue zu begehen. Er wußte und verſtand ja alles in meinem
Inneren. Und ich ſpar unſagbar glücklich mit ihm. Sie habe ich
aber auch nie vergeſſen, ich habe immer an Sie gedacht, als an
den lieben Freund meiner Jugend.”
Nun reichte ſie ihm ſelbſt die Hand. Er zog ſie an ſeine
Lippen und küßte ſie heiß und innig, zwei, dreimal.
„Ich danke Ihnen, Elfriede! Iſt auch alles anders
gekom=
men, als ich damals dachte unter dem blühenden Baume — jetzt
iſts Herbſt und die Blätter fallen.”
„Herbſtgold!” Friede! Verſöhnender Glanz nach den
Stür=
men des Jahres. Iſt das nichts?” Herzlich lächelte ſie ihm zu.
„Grüßen Sie Ihre liebe Frau von einer alten Jugendfreundin.”
„Bleiben Site meine Freundin, Elfriede‟. Seine Stimme war
dringend und fliehend. „Immer, Hagen, von ganzem Herzen!
Freundſchaft, digs Bewußtſein, mit Gleichgeſinnten feſt
verbun=
den zu ſein, gehlört ja zu unſeren köſtlichſten Gütern. Die kann
uns keiner raubſen.”
„Immer, bis zum Tod, in Treue verbunden.‟ Er umſch
mit ſchmerzhaft feſtem Druck ihre Hand. „Werden wir u
wiederſehen?“
Sie lächelte. „Ich hoffe. Aber wenn auch nicht — war
nicht ſchön ſo? Dieſes Wiederzuſammenfinden . . . ."
„Es war zu kurz! Wie viel, viel möchte ich Ihnen ſagen u
von Ihnen hören.” „Es war eine reine Freudenſtunde,
heller Klang aus höheren Regionen. Daran wollen wir uns h
ten, davon zehren. Golden war die Stunde wie der Tag.”
„Und vergänglich wie ſein Glanz”.
Sie ſchüttelte den Kopf. Dann pflückte ſie Buchenlaub u
Tannenzweige und reichte es ihm. „Ja, das bunte Laub ſe
bald ab, doch ſehen Sie die Knoſpenanſätze darunter? Und d
Immergrün der Tanne? Ueberall Hoffnung auf ein Komme
des, Neues!”
„Sie liebe Tröſterin! Ich danke Ihnen, Elfchen” Er nal
die Zweige. „Sie ſollen mir helfen bei all dem Schweren ebe=
„Das Herbſtgold ſoll hinüberleuchten über den dunklen W.
terweg in einen neuen Lenz.”
„Wird auch unſerem Volke ein neuer Lenz kommen? O
ſtill davon in dieſer Stunde, die der Vergangenheit gehörte.”
„Was vergangen, kehrt nicht wieder,
aber ging es leuchtend nieder,
leuchtets lange noch zurück.”
Sie ſagte die Dichterworte im Weiterſchreiten. Und
knüpften an und fanden überall gemeinſame Fäden, die zurd
leiteten in das ungetrübte Reich gemeinſamer Jugenderlebnit
Als ſie das Haus erreichten mit leuchtenden Augen und
len Geſichtern, empfing ſie die Hausfrau mit der Frage: „N1
wo ſind die beiden Ausreißer denn geweſen?”
„Im Sonnenlande unſerer Jugendzeit,” rief Elfriede u
umſchlang die Freundin.
„Ein ſchönes Reiſeziel, wahrlich! Das Beſte, was man eb
wählen kann. Wie wäre die Gegenwart zu ertragen ohne L
goldene Erinnerung?”
„Und ohne die Hoffnung! Die laſſen wir nicht. S
muß uns tragen mit ſtarken Schwingen — einem neuen Frühli!
entgegen!"