Darmstädter Tagblatt 1923


22. Oktober 1923

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Heſſiſche Neueſte Nachrichten
Morgenzeitung der Landeshauptſtadt
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Nummer 292
Montag, den 22. Oktober 1923
186. Jahrgang

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Die Not der beſetzten Gebiete.
Letzte Verſuche.
* Berlin, 22. Okt. (Priv.=Tel.) Zwiſchen dem Reich
den Ruhrinduſtriellen ſind in den letzten Tagen Verhand=
gen
hin und her im Gange, um die Möglichkeiten zur Fort=
ung
der Arbeit zu ſchaffen. Seit dem 21. Oktober ſtellt das
ch die Zahlung von Lohngeldern ein. Die Induſtriellen ſind
nicht mehr imſtande, ihre Betriebe aufrecht zu erhalten, da
chzeitig die Franzoſen verlangt haben, daß die Bergwerke
rückſtändigen Kohlenſteuern zahlen und die Reparations=
ſen
umſonſt zu liefern. Die Induſtriellen haben nun, um
nenloſes Elend zu verhüten, bei der Reichsregierung ange=
t
, wie ſie ſich dazu ſtellt, wenn es gelänge, ausländiſche Kre=
zu
bekommen, ſo daß die Induſtrie die Kohlenſteuer ſelbſt
auslagen könne. Sie ſei dazu bereit, wenn ihr dieſe Zahlun=
gutgeſchrieben
und auf beſtimmte Steuern angerechnet wür=
Die Erledigung hängt natürlich in erſter Linie davon ab,
es gelingt, derartige ausländiſche Kredite zu bekommen. Das
chskabinett ſteht aber auf dem Standpunkt, daß es dazu nur
Hand bieten könne, wenn für das Reich daraus keinerlei
ten erwachfen. Darüber hat auch am Sonntag der Reichs=
zler
noch mit Herrn Stinnes eine längere Ausſprache gehabt.
Die Reichsregierung hat übrigens die Aufmerkſamkeit des
en Kreuzes in den neutralen Staaten auf die große Ge=
yr
einer Hungersnot im Ruhrgebiet hingewieſen
dringend um Hilfe gebeten. Grundſätzliche Zuſtimmungen
en bereits aus den neutralen Staaten vor. Es beſteht alſo
fnung, daß das Rote Kreuz ſyſtematiſch eingreift und viel=
ſt
nach dem amerikaniſchen Vorbild in Belgien die Ernäh=
gder
Bevölkerung erleichtert.

Vom Tage.

Die Reichsregierung hat auf das baheriſche Vorgehen mit einem
Aufruf geantwortet, in dem ſie die Einſetzung des Generals Loſſow
zum Landeskommandanten der bayeriſchen Reichswehrteile als einen
Verfaſſungsbruch bezeichnet und das bayeriſche Verhalten in Deutſchlands
ſchwerſter Schickſalsſtunde für undeutſch erklärt. Ebenſo hat der Chef
der Heeresleitung General der Infanterie v. Seeckt einen Befehl er=
laſſen
, worin er die bayeriſchen Truppenteile an ihren dem Reich ge=
leiſteten
Treueid erinnert und ihnen befiehlt, ſich ſeinen Anordnungen
bedingungslos zu fügen.
Der Abdruck des Aufrufs des Generals v. Seeckt an den bayeriſchen
Teil der Reichswehr iſt für das geſamte Gebiet des Freiſtaates Bayern
verboten worden.
Zuverläſſigen Nachrichten zufolge verlautet, daß die bahriſche Regie=
rung
eine Reviſion der Weimarer Verfaſſung in föde=
raliſtiſchem
Sinne anſtrebt.
Wie wir hören, wird ſich der Reichsrat auf Antrag der mitteldeut=
ſchen
Staaten mit dem Konflikt zwiſchen Bayern und dem Reich befaſſen
und in einer vertraulichen Ausſprache verſuchen, eine Löſung zu finden,
um den Konflikt aus der Welt zu ſchaffen.
Die Rote Fahne iſt vom Reichswehrminiſterium erneut verboten
worden, weil ſie in ihrer geſtrigen Ausgabe trotz der erſt vor wenigen
Tagen dem Reichswehrminiſterium gegebenen Zuſicherung wieder zur
Bewaffnung der Arbeiterſchaft aufgefordert und den politiſchen General=
ſtreik
propagiert hat.
Die Reichsregierung hat in Paris gegen das franzöſiſche Verlangen,
die Wiedereinſtellung der Eiſenbahner von der Beitrittserklärung zur
Rheiniſchen Volkspartei abhängig zu machen, ſchärfſte Verwahrung ein=
legen
laſſen.
Am 21. Oktober ſetzte im Rheinland erneut die ſeparatiſtiſche Be=
wegung
ein. In Aachen, dem Hauptſitz der belgiſchen Beſatzungszone,
wurde die Rheiniſche Republik proklamiert. Aehnliche Bewegungen
wurden aus einigen anderen Ortn des Rheinlandes gemeldet.
Der Reichstagsabgeordnete Graf Kanitz iſt aus der deutſchnatio=
nalen
Volkspartei ausgetreten. Er begründet ſeinen Austritt mit der
Obſtruktionspolitik der deutſchnationalen Reichstagsfraktion gegen das
Ermächtigungsgeſetz, die er in der Notzeit des deutſchen Vaterlandes
nicht mitmachen will. Es verlautet, daß der Graf Kanitz als Miniſter
für das Ernährungsminiſterium auserſehen iſt.

Köln, 21. Okt. (Wolff.) Nach hier eingegangenen Mel=
gen
iſt in Aachen von den Sonderbündlern die Rhei=
che
Republik ausgerufen worden. Die öffentlichen
Dh5R A äude ſollen, in ihrer Hand ſein. Die Verbindungen mit
hen ſind unterbrochen.
nach E. Grün Köln, 21. Okt. (Wolff.) 11,40 Uhr vormittags. In
chen iſt von den Sonderbündlern die Rheiniſche Republik
gerufen worden. Heute nacht haben bewaffnete Sonder=
dler
, deren Zahl auf 2000 geſchätzt wird, überraſchend die
ntlichen Gebäude Aachens, vor allem Rathaus, Poſt und
ſierungsgebäude, beſetzt. Die Sonderbündler verſuchen, mit
Behörden in Verhandlungen einzutreten. Die Verhandlungen
En heute mittag zwiſchen 12 und 1 Uhr ſtatt.
Köln, 21. Okt. (Wolff.) 1 Uhr mittags. Nach den bis=
gen
aus dem übrigen Rheinland vorliegenden Nachrichten,
aus Bonn, Trier, Koblenz. Düffeldorf, Eſchweiler, Jülich,
lberg, Düren und Neuß handelt es ſich bei dem Aachener
ich um ein rein örtliches Unternehmen.
Wie der Nachener Handſireich geſchab.
* Paris, 22. Okt. (Priv.=Tel.) Eine aus Aachen hier
getroffene Depeſche vom 21. Oktober teilt mit, daß die rhei=
che
Republik heute früh in Aachen, dem Zentrum der
ſiſchen Beſatzungszone, proklamiert worden iſt. Die De=
he
enthält weder Einzelheiten über den Führer der Bewe=
g
, noch über die Zuſammenſetzung der prodiſoriſchen Re=
ung
, die in Aachen gebildet wurde.
Nachſtehend geben wir den Wortlaut dieſer Depeſche wieder:
rheiniſche Republik iſt in Aachen ausgerufer, worden. Alle
ntlichen Gebäude ſind heute früh um 4 Uhr von den Sepa=
ſten
beſetzt worden. Die rheiniſche Flagge wurde auf dem
haus und dem Landratsamt gehißt. Die Schupo hat keiner=
Widerſtand geleiſtet. Eine Proklamation teilt die vollzogene
ſache mit und verbietet jeden Widerſtand, jede Manifeſtation,
ie Plünderungen. Die proviſoriſche Regierung verſpricht
Bevölkerung, daß die Verſorgung und Arbeit geſichert iſt,
fordert die Einwohner auf, Ruhe und Würde zu wahren.
rheiniſchen Truppen werden nach dem Norden der
fiſchen Zone marſchieren und ſich dann der engliſchen Zone
jenden.
Nach den im Verlaufe des Vormittags eingetroffenen Mel=
gen
rührt die in der belgiſchen Zone ausgebrochene Bewegung
der von der Gruppe Dorten, noch von der Gruppe Smeets,
9 von der Gruppe Matthes, des Führers der rheiniſchen Se=
atiſtenpartei
Freies Rheinland her. An der Spitze der Be=
fung
befindet ſich vielmehr der in Separatiſtenkreiſen bekannte
hener Kaufmann Deckers, der früher der Gruppe Dorten
auch der Gruppe Smeets angehörte, ſich aber von dieſen
inte. Es iſt nichts Genaues darüber bekannt, ob er ſich nun
Gruppe Matthes genähert hat oder iſoliert handelt.
Der belgiſche Oberkommiſſar für die beſetzten Gebiete iſt in
hen eingetroffen und hat unverzüglich Maßnahmen ergriffen
den Fall, daß die Ruhe geſtört wird. Er erklärte dem An=
rer
der Bewegung, daß er neutral zu bleiben beabſichtige, und
er, da er ſich einer vollzogenen Tatſache gegenüber befinde,
Urheber der Proklamierung der rheiniſchen Republik als
die öffentliche Ordnung verantwortlich anſehe. Die in Brüſ=
anweſenden
Miniſter wurden von Theunis aufgefordert, ſich
einer Sitzung zu verſammeln. Das geſchah dann wenige
inden ſpäter unter dem Vorſitz von Theunis. Man nahm
r dem Bericht des Herrn Jaſpar, des Miniſters für natio=
ſe
Verteidigung, Kenntnis.

Frankenwährung im beſetzten Gebiet.
Brüſſel, 21. Okt. (Wolff.). Nach einer Meldung der
Agence Velge aus Koblenz hat die Rheinlandkommiſſion die
Eiſenbahnregie ermächtigt, auf Franken lautende Verkehrsſcheine
für Zahlungen an die Eiſenbahnen in den beſetzten Gebieten
auszugeben. Dieſe Verkehrsſcheine ſollen der Regie Währungs=
verluſte
infolge der Kursſchwankungen der Mark erſparen und
dazu dienen, aus dem Rheinland die franzöſiſchen und belgiſchen
Franken herauszuziehen, deren wachſender Umlauf zu einer
Inflation zu führen drohe.
Das Schickſal des beſetzten Gebietes.
Beſchlüſſe des Reichskabinetts.
Berlin, 21. Okt. Das Reichskabinett hat die letzten Be=
ſchlüſſe
über das weitere Vorgehen der Regierung gegenüber den
Alliierten und den Beſatzungsmächten im beſonderen gefaßt. Die
Regierung will, wie bekannt, von heute an die finanziellen Unter=
ſtützungen
für das Rhein= und Ruhrgebiet einſtellen. Da ihre
Bemühungen, mit den Beſatzungsmächten zu einer Verſtändi=
gung
über die Wiederaufnahme der Arbeit zu gelangen, erfolg=
los
geblieben ſind, iſt zu befürchten, daß die Bevölkerung des
Induſtriereviers außerordentlich ſchweren Tagen entgegengeht.
Die Reichsregierung hat ihre diplomatiſchen Vertreter in den
europäiſchen Ländern und in Waſhington angewieſen, die Regie=
rungen
, bei denen ſie beglaubigt ſind, auf den Ernſt der Lage
Deutſchlands aufmerkſam zu machen und darzulegen, daß die
Veranzwortung für die verhängnisvolle Entwicklung, die jetzt
im Ruhrgebiet angebahnt iſt, die Mächte trifft, die die Aufnahme
von Verhandlungen über die Wiederaufnahme der Produktion
abgelehnt haben.
Die Ausbeutung des Ruhrpfands.
London, 21. Okt. Ueber die Vorſchläge der engliſchen
Vertreter in der Rheinlandkommiſſion, welche zur Berichterſtat=
tung
hier eingetroffen ſind, iſt nichts Zuverläſſiges bekannt, ins=
beſondere
nichts, was den Verdacht des Mancheſter Guardian
beſtätigen würde, daß bie engliſchen Vertreter eine Teilnahme
an der franzöſiſch=belgiſchen Ausbeutung der Ruhrpfänder
empfehlen. Bisher ſchienen die engliſchen Vertreter die Schaffung
einer internationalen Inſtanz zu begünſtigen anſtelle der fran=
zöſiſch
=belgiſchen Regie.
Der Küſtriner Putſchiſten=Prozeß.
Berlin 22. Okt. Der Prozeß gegen die 14 Führer des
Putſches in Küſtrin vor dem Ausnahmegericht in Kottbus ſoll
nunmehr heute in der Kirche des dortigen Zentralgefängniſſes
beginnen. Ob für die Verhandlungen die Oeffentlichkeit ganz
oder teilweiſe ausgeſchlöſſen wird, ſcheint noch nicht endgültig
feſtzuſtehen. Auf jeden Fall, ſoll der Beginn des Prozeſſes
ordnungsgemäß im Beiſein der Oeffentlichkeit erfolgen.
Ruhrſpende aus Penezuelg.
Berlin, 21. Okt. (Wolff.) Einer Nachricht aus Venezuela
zufolge wurde dem Ruhrfonds ein Betrag, von 3355 amerikani=
ſchen
Dollars als Ergebnis einer dort veranſtalteten Sammlung
überwieſen. Die genannte Geldſpende, die der großen Opferwil=
ligkeit
nahezu aller Kreiſe der Bevölkerung, insbeſondere der
Auslandsdeutſchen zu verdanken iſt, wird als ein Zeichen war=
men
Mitgefühls mit dem tiefen Leide der ſchwer geprüften Ruhr=
bevölkerung
beſonders dankbar empfunden.

Reviſion der Weimarer
Perfaſſung?
(Von unſerer Berlinex Redaktion.)

Die Kundgebung, die am Samstag abend über die Zu=
ſpitzung
des Konflikts zwiſchen Bayern und dem Reich in Mün=
chen
ausgegeben wurde, mußte den Eindruck erwecken, als ob
der Bruch unvermeidlich und das Auseinanderfallen des Deut=
ſchen
Reiches nur eine Frage von Stunden ſei. Im letzten
Augenblick aber iſt die Kataſtrophe noch vermieden worden. Es
ſcheint, als ob die ſüddeutſchen Mittelſtaaten bereits am Sams=
tag
abend ihre Vermittelung aufgenommen und damit Erfolg
gehabt haben, da wohl auch Bayern erſt ſehr ſpät erkannte, daß
es unmittelbar vor dem Abgrund ſtand und nun doch den gefähr=
lichen
Sprung ſcheut. Jedenfalls iſt es dem Eingreifen der
mitteldeutſchen Staaten gelungen, Zeit zu gewinnen, und den
Reichsrat anzurufen, der ſeine guten Dienſte angeboten hat und
bereits in den nächſten Tagen zuſammentreten wird. Damit
hat ſich ſowohl Bayern wie das Reichskabinett prinzipiell ein=
verſtanden
erklärt. Die Reichsregierung konnte dazu auch die
Hand bieten, nachdem Bahern erklärt hatte, daß es nach ſeiner
Meinung die Reichsverfaſſung nicht verletzt habe, und ſich auch
entſchieden gegen die Auslegung wehrte, als ob es mit dieſem
Vorgehen ſeparatiſtiſche Ziele verfolgen würde. Das Reichs=
kabinett
hat mit Rückſicht darauf beſchloſſen, das Ergebnis der
Verhandlungen vorerſt abzuwarten, und keinerlei endgültige
Entſchlüſſe zu faſſen, falls nicht von baheriſcher Seite neue
Schritte geſchehen. Der Verſuch, der damit unternommen wird,
verfolgt den Zweck, die ſachlichen perſönlichen Gegenſätze auf das
verfaſſungsrechtliche Gebiet abzuſchieben und die Verärgerung
zwiſchen München und Berlin für die Gegenwart und die Zu=
kunft
dadurch auszuſchalten, daß den Einzelſtagten wieder grö=
ßere
Bewegungsfreiheit gegeben werden ſoll, alſo eine Riviſion
der Weimarer Verfaſſung in föderaliſtiſchem Sinne. Eine ſolche
Reviſion iſt nach Anſicht der bayeriſchen Regierung unvermeid=
lich
, damit den Ländern und Gemeinden ein Teil ihrer Steuer=
hoheit
zurückgegeben wird, und damit ſie ſich das Schuldenmachen
auf Koſten des Reiches abgewöhnen. Gegen eine Rückentwicke=
lung
des überſpannten Einheitsgedankens von Weimar wird ſich
wohl nirgends Widerſpruch erheben, wenn ſie ſich in vernünftigen
Grenzen hält. Es fragt ſich aber, wie weit die Bahern ihre
Forderungen ſchrauben werden. Jedenfalls aber bietet die ver=
trauliche
Ausſprache im Reichsrat doch vielleicht die Möglichkeit,
die Mißverſtändniſſe zwiſchen Bayern und dem Reich, die ſich
ſchon ſeit Jahren angehäuft haben, aufzuräumen. Es wäre ja
geradezu auch unverſtändlich, wenn über die Belangloſigkeit des
Verbots eines rechtsradikalen Blattes Bismarcks Werk zuſam=
menbrechen
ſollte.
* Die rheiniſchen Separatiſten
am Werk.
(Von unſerer Berliner Redaktion.)
Die Franzoſen und ihre Söldlinge benutzten die innere
Spannung, um neue Vorſtöße zur Gründung einer rheiniſchen
Republik zu machen. Am Sonntag iſt die Bewegung an ver=
ſchiedenen
Stellen aufgeflackert, ohne daß aber die Berliner
amtlichen Stellen wegen des Ausgangs beſondere Beſorgnis
hätten. In Aachen hat eine Horde von 23000 Mann die Re=
gierungsgebäude
beſetzt. Die Polizei hofft aber, aus eigener
Kraft die Eindringlinge herauswerfen zu können. Aehnliche
Bewvegungen werden aus Düren und anderen kleinen Orten ge=
meldet
. Der Bonner Stadtverwaltung war die Nachricht zuge=
gangen
, daß ein Separatiſtenhaufen im Anzug auf die Stadt
ſei. Sie hatte davon der franzöſiſchen Beſatzungsbehörde Mit=
teilung
gemacht, mit dem überraſchenden Ergebnis, daß darauf=
hin
die Polizei in Bonn ſchleunigſt entwaffnet wurde, offenbar,
damit ſie nicht imſtande ſei, irgendwelchen Widerſtand zu leiſten.
Die deutſche Regierung hat dagegen ſofort in Paris ſchärfſten
Proteſt einlegen laſſen. Herr Poincaré hat ſich wohl auch geſagt,
daß er mit ſolchen plumpen Mitteln nicht arbeiten dürfe. Jeden=
falls
iſt das Auswärtige Amt ſchon am Sonntag abend vom
franzöſiſchen Botſchafter unterrichtet worden, daß auf Befehl des
franzöſiſchen Miniſterpräſidenten die Bonner Polizei ihre Waf=
fen
zurückerhalte unter der Bedingung, daß ſie nicht auf harm=
loſe
politiſche Demonſtranden ſchießen würde. Mit dieſer kaut=
ſchukartigen
Einſchränkung kann man auf franzöſiſcher Seite die
weitere Entwickelung in Gemütsruhe abwarten. Wir wollen
hoffen, daß die Separatiſten, nachdem ſie erfahren haben, daß die
Polizei bewaffnet iſt, ihren Vorſtoß aufgeben. Wie eng die
Franzoſen mit den Sonderbündlern zuſammenarbeiten, davon
nur zwei Beiſpiele: In Berlin liegen Nachrichten vor, daß in
Mainz am Sonntag nachmittag bereits Anſchläge verbreitet
wurden, wonach die Ausrufung der rheiniſchen Republik in
Aachen von der Bevölkerung mit Jubel aufgenommen worden
ſei, wovon tatſächlich keine Rede iſt; und ein zweites: In Eram
iſt den deutſchen Eiſenbahnern auferlegt worden, daß ſie Mit=
glieder
der rheiniſchen Volkspartei würden und einen beſonders
hohen Beitrag bezahlten, wovon ihre Wiedereinſtellung abhängig
gemacht wurde. Die deutſche Regierung hat in Paris gegen die=
ſes
Vorgehen entſchieden Verwahrung einlegen laſſen.

Unruhen in Magdeburg.
Magdeburg, 21. Okt. (Wolff.) Infolge der hohen
Fleiſchpreiſe und wegen der Erhöhung des Brotpreiſes auf 1320
Millionen käm es hier zu Unruhen. In der Jakobſtraße ſam=
melte
ſich eine größere Menge an und erzwang bei den Bäckern
die Herausgabe des Brotes zu dem geſtrigen Preiſe von 715
Millionen. Die Schupo griff ein und zerſtreute die Anſammlun=
gen
. Bald darauf kam es auf dem Wochenmarkt zu Tumulten.
Auf dem Fleiſchmarkt wurden verſchiedene Verkaufsſtände um=
geworfen
, wobei die Demonſtranten ſich Fleiſch ohne Bezahlung
aneigneten. Die Schupo ſäuberte den Markt und die umliegen=
den
Straßen. Die Händler räumten fluchtartig ihre Stände.
W
Unſere heutige Nummer en
ort des Sonntags

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Seite 2.

Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 22. Oktober 1923.

Rummer 292

Unfpaang i ver bagelſcen Sue!

Berlin, 22. Okt. (Wolff.) Die durch das bayeriſche Vor=
gehen
geſchaffene Lage hat eine entſchiedene Entſpannung er=
fahren
. Eine neue Vereidigung der Truppen der 7. bayeriſchen
Diviſion hat nicht ſtattgefunden und iſt nicht geplant. Dem Ver=
nehmen
nach iſt beabſichtigt, die verſchiedenen in letzter Zeit zu=
tage
getretenen gegenſätzlichen Auffaſſungen zwiſchen dem Reich
und Bayern zum Gegenſtand einer Erörterung in einer Sitzung
des Reichsrats zu machen, um einen den Intereſſen des Reichs,
Bayern und den übrigen Ländern gerecht werdenden Ausgleich
zu ermöglichen.

Die Haltung der heſſiſchen Regierung.

Darmſtadt, 21. Okt. (Wolff.) Die heſſiſche Regierung
hat auf Grund der letzten Nachrichten über die innerpolitiſchen
Ereigniſſe ſofort mit Württemberg und Baden Fühlung ge=
nommen
. Morgen findet deshalb in Stuttgart eine Beſprechung
ſtatt. Die heſſiſche Regierung hält entſchloſſen an der Einheit
des Reiches feſt und wird alle Kräfte hierfür einſetzen.

Bayeriſche Verlautbarung über den FallLoſſow

München, 21. Okt. Die bayeriſche Regierung hat durch
ihre amtliche Korreſpondenz mitteilen laſſen, daß ſie den offi=
ziellen
Verkehr mit dem Reichswehrminiſter abgebrochen habe.
Dadurch iſt eine erhebliche Verſchärfung in den Beziehungen
zwiſchen Bayern und dem Reich entſtanden. Zum Verſtändnis
der Lage iſt es notwendig, die ganzen Vorgänge im Zuſammen=
hang
darzuſtellen. Ausgangspunkt des Konfliktes war ein Ar=
tikel
des Völkiſchen Beobachters in München, der ſchwere An=
griffe
gegen den Reichspräſidenten und den General v. Seeckt
enthielt, wobei unter anderem dem General Seeckt die Eigen=
ſchaft
eines nationalen Mannes abgeſprochen wurde. Von Ber=
lin
aus wurde daraufhin Herr v. Kahr erſucht, das Blatt zu ver=
bieten
. Das iſt aber nicht geſchehen. Herr v. Kahr begnügte
ſich mit einer Verwarnung. Der Reichswehrminiſter Geßler hat
infolgedeſſen von Berlin den Völkiſchen Beobachter verboten und
dem General von Loſſow befohlen, das Verbot auszuführen.
Herr v. Loſſow hat in einem offenen Telegramm an das Reichs=
wehrminiſterium
die Ausführung dieſes Befehls abgelehnt,
ebenſo aber auch für alle künftigen Fälle die Ausführung jedes
Befehls abgelehnt, der ihn mit der bayeriſchen Regierung in
Konflikt bringen könnte. Infolgedeſſen ſah Geveral v. Seeckt
ſich gezwungen, Herrn v. Loſſow mitzuteilen, daß er das Ver=
trauen
der Heeresleitung verloren habe, und hat ihn aufgefor=
dert
, ſeinen Abſchied einzureichen. Herr v. Loſſow hat ſich da=
mit
an die bayeriſche Regierung gewandt, die nach Berlin er=
klären
ließ, daß die Abberufung des Generals v. Loſſow von
ihr als unfreundlicher Akt gegen Bayern ausgelegt, werden
würde. In Berlin müßte man in dem Verhalten des Generals
v. Loſſow das Ende der militäriſchen Diſziplin erblicken. Trotz=
Lem hat der Reichskanzler ſich alle Mühe gegeben, den Konflikt
beizulegen, und Herrn v. Loſſow nahegelegt, von ſich aus einen
Schritt zu tun, der zur Entſpannung führen könnte. Der Reichs=
wwehrminiſter
iſt ſogar noch einen Schritt weiter gegangen und
iſt auf Anregung des bayeriſchen Generals Kreß von Kreſſenſtein,
nach Augsburg gefahren, um dort mit dem General Kreß in per=
ſänlicher
Ausſprache einen Ausgleich zu verſuchen. Herr v. Kreß
iſt nach München zurückgefahren in der Hoffnung, daß es ihm
gelingen würde, Herrn v. Loſſow zu einem freiwilligen Rücktritt
zu bewegen, hat dann aber ſpäter dem Reichswehrminiſter Geß=

ler mitgeteilt, daß dieſer Verſuch mißlungen ſei, während Herr
v. Loſſow ſofort von dieſer Unterredung dem bayeriſchen Mini=
ſterpräſidenten
und Herrn v. Kahr Mitteilung machte. General
v. Kreß hat darin einen Vertrauensbruch geſehen und hat die
Konſequenz gezogen, daß er ſeinerſeits den Abſchied nahm. Die
bayeriſche Regierung dagegen hat dieſen Brief des Generals
v. Loſſow zum Anlaß genommen, um daraus zu ſchließen, daß
das Reich die ſchärfſten Maßnahmen gegen Bayern vorbereitet.
Dem bayeriſchen Geſandten in Berlin, v. Preger, iſt amtlich er=
klärt
worden, daß davon keine Rede ſein könne. Trotzdem iſt
darauf von Bayern jeder mögliche Verkehr mit dem Reichswehr=
miniſter
abgebrochen worden. Die Reichsregierung behandelt
den ganzen Fall zunächſt als eine rein militäriſche Angelegen=
heit
und hat die Erledigung den militäriſchen Inſtanzen über=
wieſen
.

Eine Verlautbarung der Baheriſchen Bolkspartei.

TI. München, 22. Okt. Die Korreſpondenz der Bayeri=
ſchen
Volkspartei ſchreibt folgendes: Bayern hat den Konflikt
nicht geſucht. Wenn die Reichsregierung Bahern an die außen=
politiſche
Lage erinnern zu müſſen glaubt, ſo muß die Reichs=
regierung
daran erinnert werden, daß auch ſie die Rückſicht auf
dieſe außenpolitiſche Lage hätte davor zurückhalten ſollen, Bahern
zwangsläufig in den Konflikt hineinzubringen. Die Reichs=
regierung
ſoll ſich an Dr. Geßler wenden. Das unſelige Inder=
bindungſetzen
des Falles Loſſow mit den Ereigniſſen in Sachſen,
die für das bayeriſche Empfinden ſchwer beleidigende Gleich=
ſtellung
des bolſchewiſtiſchen Aufruhrs mit der Ordnungspolitik
in Bahern beweiſt, daß in Berlin die kühnſten Irrtümer über
das vorhanden ſind, was Bayern will. Nur weil wir Deutſch=
land
lieben, nehmen wir in dieſen Tagen der Drangſal den auf=
gezwungenen
Kampf mit einer irregeleiteten Regierung und vor
allem gegen die Verfaſſung auf, deren Geiſt Deutſchlands Wie=
deraufſtieg
verhindert. Um Deutſchlands willen ſetzt ſich Bayern
dem Verdacht aus, als ob es in dieſen Tagen, wo ganz Deutſch=
land
an einem Strang ziehen ſollte, mehr am ſeine eigenen In=
tereſſen
denke. Weil es um Deutſchland geht, wird dieſes
Deutſchland mit jedem Tage mehr erkennen, daß es ſich um ſeine
Sache handelt, wenn Bayern ſeinen Willen dem der Reichsregie=
rung
entgegenſetzt. Weil Bayern nur an Deutſchland denkt,
darf es in dieſer Stunde feierlich erklären, daß es nie und nim=
mer
darn denke, dem Reich die Treue zu brechen. Die Welt,
und vor allem die weſtlich des Rheins, ſoll wiſſen, daß am
21. Oktober von München aus nicht das Sigial für die Auf=
löſung
, ſondern vielmehr zu einem Neuaufbau des wankenden
Reiches gegeben wurde. Es iſt deutſcher Lebenswille, der uns
Bahern den Mut gibt, ganz Deutſchland aufzufordern, an
Bayern zu glauben und ſich nicht irreleiten zu laſſen von denen,
die uns in dieſen Tagen mit Verleumdungen überſchütten
werden.

Kein Bruch der Reichsverfaſſung.

* München, 22. Okt. (Priv.=Tel.) In den geſtrigen Abend=
ſtunden
hat der Generalſtaatskommiſſar v. Kahr folgende Kund=
gebung
erlaſſen:
Die Anordnung des baheriſchen Geſamtminiſteriums vom
20. Oktober 1923, durch welche die Dienſtenthebung des Generals
v. Loſſow für Bayern außer Wirkſamkeit geſetzt wird, ſtützt ſich
auf Art. 48 Abſ. 4 der Reichsverfaſſung. Sie ſtellt daher kei=
nen
Bruch der Verfaſſung, ſondern vielmehr eine mit
der Reichsverfaſſung in vollem Einklang ſtehende Maßregel dar.
Die Ernennung des Nachfolgers durch die Reichsregierung iſt
ſchon deshalb unmöglich, weil die bayeriſche Regierung unter
keinen Umſtänden die erforderliche Zuſtimmung erteilen würde.

Engliſche Beſorgnis über die Entwicklung der
Ruhrfrage.
London, 20. Okt. (Wolff.) Der Londoner Berichterſtatter
des WTB. erfährt aus engliſchen politiſchen Kreiſen, daß die
augenblickliche Entwicklung der Ruhlrfrage hier mit
großer Beſorgnis verfolgt wird. Die von der öffentlichen Mei=
nung
Großbritanniens empfundene Beunruhigung über den
Lauf der Ereigniſſe nach der Einſtellung des paſſiven Wider=
ſtondes
durch Deutſchland ſpiegeln ſich in der engliſchen Preſſe
wider und werden zweifellos beim Wiederzuſammentritt des
Parlaments klar zum Ausdruck kommen. Frankreich hat jedoch
die von ihm nach Aufgabe des paſſiven Widerſtandes erwartete
Mäßigung der Konſtruktivität aus hier unbekannten Gründen
loch nicht an den Tag gelegt. Wenn ſich auch die bisher von
Großöritannien eingenommene Haltung keineswegs in eine
poſitive Stellungnahme zugunſten Deutſchlands umgewandelt
habe, ſo ſei doch nicht zu verkennen, daß zahlreiche beſorgte Fra=
gen
bezüglich der Abſicht und Ziele der franzöſiſchen Regierung
laut würden. Dieſe Stellungnahme auf britiſcher Seite ſei noch
keineswegs endgültig, denn es liege auf der Hand, daß Poincaré
die britiſchen Zweifel in einer Stnde zu beheben ver=
ſtände
. Eines ſei jedoch ſicher:

Es könne nicht ſo weitergehen.
Es müſſe und werde etwas geſchehen, um den Brand, der den
für Großbritannien lebenswichtigen Handel völlig zu
zerſtören drohe, zu löſchen. Von britiſcher Seite wird nach=
drücklich
der Auffaſſung entgegengetreten, als liege es in der
Macht der augenblicklich hier tagenden Konferenz der Reichs=
regierung
, einen ſofort durchführbaren Plan aufzuſtellen, der es
ermögliche, einen entſprechenden Handel außerhalb des britiſchen
Reiches, der das Heilmittel für die in England herr=
ſchende
Not bedeute, zu finden. Die Reichskonferenz könne
wohl einen Grundriß eines Planes zur Förderung des Handels
außerhalb des britiſchen Reiches entwerfen laſſen. Die Früchte
würden aber erſt die nächſten Generationen ernten können. Das
Problem der Stunde ſei jedoch die tägliche Ernährung
und Bleſchäftigung der ungeheuren Maſſen der
engliſchen Arbeitsloſen. Dieſes Problem könne nur
gelöſt werden durch die Wiederherſtellung der normalen Verhält=
niſſe
auf dem Kontingent und damit der Märkte für den eng=
liſchen
Handel. Großbritannien könne daher einer Fortſetzung
der augenbliclichen Verhältniſſe nicht weiterhin ruhig zuſehen
ued werde nicht beiſeite ſtehen und ſeine Hände in Unſchuld
waſchen. Die äußerſt ſchwierige Stellung des deutſchen
Reichskanzlers würde voll anerkannt. Es würde der
auſrichtigen Hoffnung Ausdruck gegeben, daß es ihm gelinge, die
inneren und äußeren Schwierigkeiten, mit denen er zu ringen
hat, zu meiſtern bis zu dem Augenblick, der nach hier herrſchender
Anſicht kommen müſſe, wo ſich der von ihm eingeſchlagene Weg
als der richtige erweiſen würde.

London, 21. Okt. (Wolff.) Der Londoner Berichterſtatter
des WB. erfährt zu den von verſchiedenen Seiten kommenden
Mitteilungen über angebliche Abſichten der britiſchen Mitglieder
der Rheinlandkommiſſion, der britiſchen Regierung anzuraten,
mit den Franzoſen bei der Ausbeutung ihrer Pfänder mitzu=
wirken
und die im britiſchen Sektor, befindlichen Bahnen der
Regiebahn anzugliedern, es beſtehe keinerlei Veranlaſſung zu der
Annahme, daß die bisherige Haltung der britiſchen Regierung
in dieſer Frage in den Hauptlinien eine weſentliche Aenderung
erfahren werde. Die Beſorgniſſe wegen derartiger Maßnahmen,
die nur als Teil der allgemeinen und endgültigen Reparations=
regelung
mit Deutſchland in Betracht kommnen könnten, ſchienen
daher unbegründet zu ſein.

Thyſſen an General Oegoutte.

Mühlheim (Ruhr), 20. Okt. Fritz Thyſſen hat an General
Degoutte folgendes Schreiben gerichtet:

Mühlheim (Ruhr). An General Degoutte=Düſſeldorf. Herr
General! Nachdem ein Beauftragter der franzöſiſchen Ingenieur=
kommiſſion
an die Direktion der Aktiengeſellſchaft für Hütten=
betrieb
mit der Anregung herangetreten iſt, Verhandlungen
mit der franzöſiſchen Behörde, wie dies andere Induſtrielle getan
haben, über die Wiederaufnahme des Betriebes zu führen, be=
ehre
ich mich, Ihnen an Stelle meines Vaters, der mir infolge
ſeines hohen Alters die volle Vertretungsbefugnis und die volle
Verantwortung übertragen hat, folgendes mitzuteilen: Ich bin
als Privatmann nicht berechtigt, mit dem Vertreter dieſer frem=
den
Macht über eines der wichtigſten Rechte eines Staates, näm=
lich
über das Recht der Beſteuerung zu verhandeln und ſogar
den Betrag der Steuer an einen fremden Staat abzuführen.
Selbſt wenn ich zugebe, daß von der augenblicklichen deutſchen
Regierung zu der Frage der Rechtmäßigkeit der Ruhrbeſetzung,
die ſogar von alliierter Seite beſtritten wird, aus mir unbekann=
ten
Gründen nicht mit der nötigen Klarheit Stellung genommen
wird, ſo würde ich meine Pflichten als deutſcher Staatsbürger
aufs gröblichſte verletzen, wenn ich den klaren Pflichten einer
deutſchen Regierung aus anderen als nationalen Gründen die
größten Schwierigkeiten bereiten wollte. Nachdem ich Ihnen
meine Stellungnahme als deutſcher Staatsbürger zu den An=
regungen
der franzöſiſchen Ingenieurkommiſſion bekannt gegeben
habe, möchte ich Ihnen meine Auffaſſung für die Wiederauf=
nahme
des Betriebes nicht vorenthalten.
1. Zahlung der Kohlenſteuer ſeit Beginn der Beſetzung des
Ruhrgebietes,
2. Verpflichtung, für die Folge 40 Prozent des Wertes der ge=
förderten
Kohle als Steuer zu entrichten,
3. koſtenloſe Lieferung von 17 Prozent der Kohlenförderung zu
Reparationszwecken,
4. Beſchränkung der Ausfuhrmöglichkeit für metallurgiſche Pro=
dukte
, falls die franzöſiſche Miſſion dies für erforderlich hält.
Es iſt daher nicht einzuſehen, wie die deutſche Kohle, die in
ihren Produktionskoſten teurer iſt wie die engliſche, eine Steuer
abwerfen kann. Desgleichen, daß man die Abſatzmöglichkeit der
deutſchen Kohle und der daraus hergeſtellten Produkte vollends
unterbinden wolle. Die Lieferung von 17 Prozent der Förde=
rung
iſt unztöglich. Zuſammen mit der geforderten Steuer von
40 Prezent und der reſtlichen 53 Prozent der Förderung würde
dies die koſtenloſe Lieferung von 50 Prozent der Förderung be=
deuten
, falls man verſuchen wollte, die deutſche zu Weltmarkt=
preiſen
zu verkaufen. Ich möchte Sie, Herr General, ohne auf
die Cinzelheiten einzugehen, auf den Ernſt der Situation hin=
gewieſen
haben.
In dieſer Wertung zeichne ich mit dem Ausdrck
vorzüglicher Hochachtung
Fritz Thyſſen.

Amerika und der deutſche Hader.

Newyork, 21. Okt. Die Zeitungen bringen in ſenſa=
tioneller
Aufmachung die Nachrichten über die neueſten Konflikte
zwiſchen Bayern, Sachſen und dem Reich. Auch die Märkte
zeigen ſich davon berührt. Indeſſen beurteilen die Leitartikel
der Preſſe die Lage weſentlich kühler als die Wirtſchaftskreiſe.
Die Times erwartet nicht den Zerfall Deutſchlands, wenn die
ſtreitenden Parteien einigermaßen guten Willen aufbringen und
den Willen zur Verſtändigung haben. Die Evening Poſt be=
wundert
die Selbſtbeherrſchung, die das deutſche Volk angeſichts
der entſetzlichen außen= und innenpolitiſchen Situation zeige,
und warnt auch wieder Poincaré, den Bogen zu überſpannen.

Die Gründung der deutſcher
Rentenbank.

Berlin 21. Okt. Der Gründungsakt der Deutſo

Rentenbank iſt im Reichsfinanzminiſterium vollzogen word
Der Reichsfinanzminiſter Dr. Luther begrüßte die Gründer

einer kurzen Anſprache, in der er folgende Geſichtspunkte e
wickelte:
Der Entſchluß der Wirtſchaft, die Gründung der Deutſo
Rentenbank zu vollziehen, bedeutet einen entſcheidenden Sch
auf dem Wege zur Geſundung der deutſchen Zahlungsverhältn
und der deutſchen Finanzen. Die in dieſem Akt zum Ausdy
kommende Solidarität der Erwerbsſtände iſt die beſte Stütze
Vertrauens für das von der Deutſchen Rentenbank aus
gebende Zahlungsmittel. Die Deutſche Rentenbank wird du
die Emiſſion der Rentenbankſcheine dem Verkehr das von i
dringend benötigte wertbeſtändige Zahlungsmittel in dem Aug
blick verſchaffen, in dem durch die Hereinbringung der Ernte
Volksernährung in Deutſchland im neuen Wirtſchaftsjahr ſick
geſtellt werden ſoll. Nicht minder wichtig iſt die Entlaſtung,
ſich für die Reichsbank ergibt. Dieſe wird nunmehr infolge
löſung der ſchwebenden Schuld des Reiches Reichsbanknoten
entſprechendem Umfange aus dem Verkehr ziehen können.
hierdurch zu erwartende weſentliche beſſere Bewertung
Papiermark wird auf die Preisentwicklung einen mäßigen!
Einfluß ausüben und beruhigend wirken. Auch für die E
wicklung der Reichsfinanzen bedeutet die Errichtung der Rent
bank einen Wendepunkt, da das Reich auf die unbeſchränkte
anſpruchnahme der Notenpreſſe verzichtet hat. Darauf wähl
die Gründer den Aufſichtsrat und aus den Kreiſen der Aufſich
ratsmitglieder den Verwaltungsrat. Dieſer umfaßt folgei
Mitglieder: Dr. Brandes, Vorſitzender des Deutſchen Landw
ſchaftsrates, Dr. Auguſt Crone=Münzebrock, geſchäftsführen
Vorſtandsmitglied der Vereinigung der Deutſchen Bauernt
eine, Geh. Juſtizrat Hermann Dietrich, Vizepräſident des Reie
tages, Vorſitzender des Vorſtandes des Generalverbandes
Deutſchen Raiffeiſengenoſſenſchaften, Regierungsrat Otto G
nes, Anwalt des Reichsverbandes der Deutſchen Landwirtſche
lichen Genoſſenſchaften, Geh. Landesökonomierat Dr. Gg. He
Vorſtandsmitglied der Vereinigung der Deutſchen Bauernverei
Hermann Hillger=Spiegelberg, Vorſitzender des Reichslau
bundes, Dr. Guſtav Röſicke=Görsdorf, Vorſitzender des Reic
landbundes, Geheimrat Hermann Bücher, geſchäftsführen)
Präſidialmitglied des Reichsverbandes der Deutſchen Induſt
Dr. Karl Friedrich v. Siemens, Vorſitzender des Reichswi
ſchaftsrates, Dr. Kurt Sorge, Vorſitzender des Reichsverban)
der Deutſchen Induſtrie, Kommerzienrat Parl Millington=H
mann, Direktor der Deutſchen Bank, Franz Urbig, Geſchäf
inhaber der Disconto=Gefellſchaft, Otto Keinath, geſchäftsführ=
des
Präſidialmitglied des Zentralverbandes des Deutſck
Großhandels, Heinrich Grünfeld, Vorſitzender der Häuptgeme
ſchaft des Deutſchen Einzelhandels. Zum Präſidenten der De
ſchen Rentenbank wurde der ehemalige preußiſche Finanzmini
Dr. Lentze gewählt. Wie wir aus beteiligten Kreiſen v
nehmen, iſt die Satzung der Deutſchen Rentenba
fertiggeſtellt. Sie umfaßt zunächſt allgemeine Beſtimmungen u
einen Abſatz über den Geſchäftskreis, deren Inhaltz bekannt
Sie umſchreibt dann die Organiſation und Verwaltung. Orga
der Deutſchen Rentenbank ſind der Vorſtand, der Aufſichtsr
der Verwaltungsrat, die Generalverſammlung. Der Vorſta
beſteht aus mindeſtens zwei Mitgliedern und wird vom Verw=
tungsrat
ernannt. Der Aufſichtsrat beſteht aus wenigſtens
Mitgliedern. Den erſten Aufſichtsrau wählten die Gründer. Sei
Amtszeit dauert fünf Jahre. Nach Ablauf dieſer Zeitz wird 4=
Aufſichtsrat von der Generalverſammlung gewählt, und zw
unter Berückſichtigung der einzelnen Berufsſtände. Der Aufſicht
rat beſtimmt in der erſten auf ſeine Wahl folgenden Sitzung d:
Perſonen, die der Reichsregierung als Vorſitzender des Aufſich=
rats
vorzuſchlagen ſind. Der Aufſichtsrat kann aus ſeinen M
gliedern Ausſchüiſſe bilden und dieſe mit Wahrnehmtng ſein
Befugniſſe im Allgemeinen oder im Beſonderen betrauen.
kann einzelnen Mitgliedern, beſonders dem Aufſichtsratsvorſitze
den, beſtimmte Befugniſſe übertragen. Der Aufſichtsrat beſtimn
welche Geſchäfte vor dem Abſchluß ſeiner Genehmigung bedürfe
Er hat halbjährlich einen Bericht darüber zu veröffentlichen, d
die vorgeſchriebene Deckung der Rentenbriefe und der Rente
bankſcheine vorhanden ſind. Der Verwaltungsrat beſteht a.
mindeſtens 10 Mitgliedern. Den erſten Verwaltungsrat beſtell.
die Gründer aus der Zahl der Aufſichtsratsmitglieder. Sei
Amtstätigkeit endet mit der des erſten Aufſichtsrates. Von
an wählt der Aufſichtsrat der F. Z. zufolge jeweilig aus den v.
der Generalverſammlung gewählten Mitgliedern mindeſtens
Mitglieder des Verwaltungsrats. Beim Ausſcheiden von M
gliedern iſt der Verwaltungsrat berechtigt, ſich ſelbſt aus d
Zahl der Aufſichtsratsmitglieder zu ergänzen. Der Verwaltung
rat hat die laufende Oberleitung der Geſchäfte der Deuſch
Rentenbank. Er hat dem Vorſtand die erforderlichen Anwe
ſungen zu erteilen. Der Verwaltungsrat iſt vor allem bei de
mit dem Reiche und der Reichsbank erforderlichen Vereinbaru
gen über die Höhe und Bedingungen der Kredite zuſtändi
Innerhalb der erſten ſechs Monate nach Ablauf jedes Geſchäft
jahres findet eine ordentliche Generalverſammlung ſtatt, der
Zuſammenſetzung und Geſchäftsführung in den Satzungen au
führlich beſchrieben iſt. Das Geſchäftsjahr iſt das Kalenderjah

Der künftige Ernährungsminiſter.

* Berlin, 22. Okt. (Priv.=Tel.) Der Reichstagsabgeor
nete Graf Kanitz=Podangen, einer der größten oſtpreußiſch
Grundbeſitzer, iſt aus der Deutſchnationalen Volkspartei ausg
ſchieden. Er hat dieſen Schritt in einem Schreiben an de
Parteivorſitzenden begründet mit dem Hinweis, daß er ang
ſichts der Notlage des Reiches eine Politik der Obſtruktion, w
ſie von der Deutſchnationalen Fraktion beim Ermächtigung
geſetz getrieben worden ſei, nicht mitmachen könne. Graf Kan
hat nicht die Abſicht, ſich einer anderen Partei anzuſchließen. C
ſchweben, wir wir hören, auch mit der Reichsregierung Verhan
lungen, durch die er an die Spitze des Reichsernährungsminiſt
riums geſtellt werden ſoll. Eine endgültige Entſcheidung da
über iſt noch nicht gefallen.

Abänderung des Bankgeſetzes.

Berlin, 21. Okt. (Wolff.) In der heute abgehaltene
Sitzung des Zentralausſchuſſes der Reichsbank berichtete d.
Vorſitzende, Präſident Havenſtein, zunächſt über die Entwicklut
des Status der Reichsbank für die Zeit vom 24. September b
6. Oktober. Er legte ſodann mit längeren erklärenden Ausfü
rungen den vom Reichsbankdirektorium aufgeſtellten Entwu
einer Verordnung zur Abänderung des Bankgeſetze
vom 14. März 1875 dar. Der Entwurf zeigt gegenüber de
in der Generalverſammlung vom 9. Oktober vorgelegten und be.
ihr einſtimmig gebilligten einige Aenderungen, die dadurch no
wendig geworden ſind, daß die inzwiſchen auf Grund des E
mächtigungsgeſetzes verabſchiedete Verordnung über die Deutſd
Rentenbank vom 15. Oktober 1923 gegenüber dem damals vo
liegenden Geſetzentwurf über die Errichtung einer Währung:
bank mehrere weſentliche Aenderungen erfahren hat. D
Generalverſammlung vom 9. Oktober hatte für einen ſolchen F0
die Ermächtigung ausgeſprochen, daß die danach ſich ergebende
Aenderungen des Bankgeſetzes ohne Einberufung einer neue
Generalverſammlung lediglich von der Zuſtimmung des Zentra
ausſchuſſes abhängig gemacht werden ſollten. Der Zentralaus
ſchuß ſtimmte den Ausführungen des Präſidenten und dem Vei
ordnungsentwurf einſtimmig zu. Einzelheiten über den Inha.
der Vorlage mitzuteilen, verbietet ſich, ſolange der Entwurf de
Regeirung noch nicht vorgelegt iſt, was alsbald geſchieht.

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Rummer 292.
Darinſtädter Tagblatt, Montag, den 22. Okiober 1923.
Seite 3.
verurteilte. Schöffengerichtlich wegen ſchweren und einfachen
Unfall eines deutſchen Kreuzers.
Stadt und Land.
Diebſtahls im Rückfalle zu insgeſamt 2 Jahren Gefängnis, abzüglich
Aus Hamburg wird gemeldet: Der auf der Unterelbe ſtationierte

Darmſtadt, 22. Oktober.
Das Staatswerkjahr.
Als einen Weg zum Aufſtieg aus der wirtſchaftlichen Zer=
üttung
unſeres Volkes wie aus ſeiner ſozialen Zerklüftung und
Zuchtloſigkeit beſpricht die Zeitſchrift Deutſches Volkstum
euerdings den von Vertretern der verſchiedenſten politiſchen
tichtungen vorgeſchlagenen Gedanken einer Arbeitsdienſtpflicht
der eines Staatswerkjahrs. Bedeutſam iſt der Vorgang von
Zulgarien, wo dieſer Gedanke ſeit 1921 mit großem Erfolg für
en wirtſchaftlichen Wiederaufbau verwirklicht iſt, und zwar bei
leichmäßiger Einziehung von Teilen der verſchiedenſten Jahr=
änge
ohne Einſpruch der zur militäriſchen Ueberwachung ein=
eſetzten
Ententekommiſſion. Grundſätzlich wäre jeder geſunde
ſeutſche arbeitsdienſtpflichtig; befreit wären die verheirateten
frauen und im allgemeinen die Familienväter, ſo daß die Dienſt=
flicht
zugleich als Junggeſellenſteuer wirken würde. Die Durch=
ihrung
müßte in kleinem Maßſtab beginnen und ſich anfangs
uf ein Sommerhalbjahr beſchränken; Wohnungsbau, Urbar=
tachung
der 3½ Millionen Hektar deutſchen Oedlandes, Kanal=,
ſtraßen=, Feldbahnbau, Eindeichung von neu angeſchwemmtem
Tarſchland, Erntehilfe, Aufforſtung von Waldgebicten, Herſtel=
ung
von Stauwerken, Gewinnung von Brennſtoffen u. a. wären
ie von den Männern zu leiſtenden Arbeiten. Hierfür wären
jiedler= und Staatswerkerſchulen zu gründen, die zugleich auch
er Körperpflege, der nationalen Fortbildung und ſozialen Ver=
ihnung
dienen würden. Die weiblichen Arbeitsdienſtpflichtigen
ürden in Kranken= und Armenhäuſern, in Kinderheimen, ſo=
jie
durch Beſchäftigung mit hauswirtſchaftlicher Arbeit, Gar=
nbau
oder Kleintierzucht auf den Beruf des Weibes vorbereitet.
für plötzliche Notzeiten ſtände dann ein geſchultes Helferheer
ur Verfügung. Von entſcheidender Wichtigkeit ift natürlich die
ührerfrage. In wirtſchaftlicher Hinſicht käme das Staatswerk=
ihr
die Allgemeinheit weit billiger als Arbeitsloſenunterſtützung
nd hat ſich in Bulgarien ſofort bezahlt gemacht; in volkserziehe=
iſcher
Hinſicht wäre es unſchätzbar. Es gehörte freilich ſittliche
raft dazu, es ein= und wirkſam durchzuführen.

Heſſiſches Landestheater. Paul Kornfeld hat ſein neues Luſt=
ſiel
Allen gefallen iſt ſchwer dem Hefſiſchen Landestheater
Darmſtadt zur Uraufführung übergeben.
E Zur Sitzung der Stadtverordneten=Verſammlung am
onnerstag, den 25. Oktober 1923, nachmittags 5 Uhr, iſt fol=
ende
Tagesordnung feſtgeſetzt: 1. Die Gas= und Waſſer=
reiſe
. 2. Beitrag zum Verkehrsverein. 3. Herſtellungen im Ge=
äjude
des ehemaligen Ludwigsbahnhofs. 4. Mitteilungen.
* Schlüſſelzahlen auch im Lebensmittelhandel. Von heute
bwerden die dem Zweckverband des Frankfurter Lebensmittel=
andels
angehörenden Geſchäfte dazu übergehen, die Lebens=
tittel
zu Grundpreiſen zu verkaufen, welche mit einer täglich
ſtzuſetzenden Schlüſſelzahl vervielfacht werden. Dem Zweck=
erband
gehören an: die Konſumvereine, die Filialgeſchäfte, die
rganiſationen des Kleinhandels und des Großhandels. Die
frundpreiſe der wichtigſten Lebensmittel und die jeweils gel=
ude
Schlüſſelzahl ſollen in den Geſchäften veröffentlicht wer=
en
. Die Feſtſetzung der Grundpreiſe erfolgt durch eine Kom=
riſſion
, welcher außer den Vertretern des Lebensmittelhandels,
feitreter der Verbraucher und der Preisprüfungsſtelle ange=
ören
. Die durch dieſe Kmomiſſion feſtgeſetzten Preiſe dürfen
on den dem Zweckverband angehörenden Geſchäften nicht über=
hritten
werden.
RDV. Touriſtenwarenhäuſer auf den Bahnſteigen? Die ſchwindende
aufkraft des reiſenden Publikums, die den Reichsverkehrsminiſter ſchon
jederholt veranlaßt hat, die BahnhofZwirte zur Bereitſtellung wohl=
iler
Speiſen und Getränke anzuhalten, hat auch den Bahnhofs=
uchhandel
in eine Notlage gedrängt, und der Verein Deutſcher
ahnhofsbuchhändler erſuchte die Reichsbahnverwaltung, ihm eine Er=
eiterung
ſeines Betriebes zu geſtatten. Jetzt hat Reichsverkehrs=
iniſter
Oeſer den Bahnhofsbuchhändlern neben dem Druckſchriften=
rkauf
den Vertrieb anderer Gegenſtände, wie von Kochgeſchirren,
pirituskochern, Bechern, Ruckſäcken, Spazierſtöcken, Mützen und der=
eichen
, geſtattet; nur wo ein Wettbewerb mit den Bahnhofswirten
chr zu befürchten iſt, dürfen die Buchhändler auch Tabak, Schokolade
id Bonbons verkaufen. Auch gegen die Errichtung beſonde=
er
Verkaufspavillons hat der Reichsverkehrsminiſter nichts
nzuwenden, wenn die Verkehrsverhältniſſe des Bahnhofs es zulaſſen
id die Pavillons in geſchmackvoller, der Architektur des Bahnhofs an=
paßter
Form gehalten ſind. Die Errichtung von kleinen Waren=
fuſern
für den Reiſe= und Touriſtenbedarf beſteht bereits ſeit Jahren
if den größeren Bahnhöfen Oeſterreichs, der Tſcheho=Slowakei und
ngarns, und wenn die Verhaufshäuschen hübſch gebaut ſind und gut
rwaltet werden, dürfte die Neuerung auch vom reiſenden Publikum
grüßt werden.
n. Strafkammer. Recht empfindlich für die Angeklagten war der
bige Ausgang eines Berufungsfalles, der in erſter Inſtanz dem Land=
irt
Michael Schmitt aus Ober=Scharbach i. Odw. 10 Millionen Mk.
elsſtrafe und deſſen Ehefrau 5 Millionen Mk. Geldſtrafe eingetragen
itte. Sowohl, ihrerſeits als auch von der Staatsanwaltſchaft war
nes Erkenntnis angefochten, doch zogen die Sch.s das Rechtsmittel vor
* Verhandlung zurück und blieben derſelben fern. In ihrer Abweſen=
it
fand nochmalige Beweisaufnahme ſtatt und ließ mit Rückſicht auf
e betätigte Roheit eine Verſchärfung der Sühne angemeſſen erſcheinen.
ie Angeklagten waren dem 70jährigen Jagdhüter Peter Schwöbel von
* Tromm wegen einer gegen ſie erſtatteten Forſtfrevelanzeige aufſäſſig
id vegriffen ſich deshalb eines Tages gröblich an ihm. Als Sch. zu=
lig
am Schmittſchen Anweſen vorüberging, überhäufte ihn Frau S.
it Schimpfworten und hetzte den Hofhund auf ihn, während ihr Mann
aſt 30 Jahre jünger als Schwöbel und an Kräften weit überlegen)
n durch Fauſtſchläge uſw. mißhandelte. Das Berufungsgericht ahn=
te
die gemeinſame Tätlichkeit nebſt Beleidigung gebührend, indem es
chmitt zu fünf Monaten und ſeine Ehefrau zu drei Monaten Gefäng=

Unterſuchungshaft, verurteilt, ſtrebte der 41jährige Friſeur Adam
Steiger von hier mit gleich fadenſcheinigen Ausflüchten wie früher
den Freiſpruch an. Man hatte ihn abgefaßt, als er frühmorgens einen
in der Mauerſtraße in einem Hof abgeſtellten Ruckſack wieder abholen
wollte. Es befanden ſich zehn Hühner nebſt einem Hahn, ſowie Wäſche
darin, und alles war in der Nacht vorher in dem benachbarten Asbach
i. Odw. entwendet worden. Dreiſt leugnet Steiger dieſe Täterſchaft,
obwöhl er zur kritiſchen Zeit in jener Gegend ſich herumtrieb. Er will
die Sachen nächtlicherweile bei Nieder=Namſtadt von dem großen Un=
bekannten
in beſtem Glauben gekauft haben, und ſchildert die Begeg=
nung
mit Jenem derart, daß die völlige Erlogenheit zweifellos erſcheint.
Auch das Berufungsgericht war daher von der Täterſchaft des auf ſol=
chem
Gebiet erfahrenen Angeklagten überzeugt und beſtätigte die er=
wähnte
Strafe.
November=Fahrplan des Norddeutſchen Llohd Bremen. (Ohne
Gewähr.) 1. Bremen-Neu=York. a) BremenSouthampton
CherbourgNeu=York: Dampfer Preſident Rooſevelt, ab Bremen
7. November, Dampfer Preſident Harding ab Bremen 14. November,
Dampfer George Waſhington ab Bremen 27. November; b) Bremen
Neu=York direkt: Dampfer München ab Bremen 3. November
Dampfer Canopic ab Bremen 7. November, Dampfer Bremen ab
Bremen 17. November, Dampfer Sierra Ventana ab Bremen 21. No=
vember
, Dampfer Preſident Fillmore ab Bremen 21. November,
Dampfer Derfflinger ab Bremen 27. November, Dampfer München
ab Bremen 30. November. 2. Bremen-Philadelphia
Baltimore-Norfolk. Dampfer Hameln ab Bremen 2. No=
vember
, Dampfer Weſtfalen ab. Bremen 16. November, Dampfer
Porta ab Bremen 30. November, 3. BremenLa Plata.
Dampfer Sierra Nevada ab Bremen 17. November, Dampfer Werra
ab Bremen 1. Dezember. 4. Bremen-Braſilien. Dampfer
Hornfels ab Bremen 3. November, Dampfer Hornſund ab Bremen
24. November. 5. Bremen-Cuba-Galveſton. Dampfer
Hannover ab Bremen 17. November. 6. BuemenOſtaſien.
Dampfer Laomedon ab Bremen 3. November, ab Hamburg 10. No=
vember
, Dampfer Saarbrücken ab Bremen 10. November, ab Ham=
burg
17. November, Dampfer City of Canterbury ab Bremen 17. No=
vember
, ab Hamburg 24. November, Dampfer :. ab Bremen 24. No=
vember
, ab Hamburg 1. Dezember, 7. Bremen-Auſtralien.
Dampfer Göttingen ab Bremen 1. Dezember.

Parlamentariſches.
* Der Landtag verſendet einige Druckſachen, die zum größten Teile
bereits in den Ausſchüſſen verhandelt ſind. Neu iſt noch ein Antrag
Abg. Neumann, betr. die Weiterführung der Kinderſpeiſungen. Der=
ſelbe
beantragt, alsbald bei der Reichsregierung zu beantragen, daß die
Kinderſpeiſung mindeſtens in dem ſeitherigen Umfange weitergeführt
wird und daß das Reich, um die Kinderſpeiſungen zu ermöglichen, die
nötigen Zuſchüſſe einſtweilen bis zum Ende des Jahres mindeſtens in
dem gleichen Umfange wie ſeither gewährt. In der Begründung iſt
geſagt, die troſtloſe Finanzlage des Reiches laſſe befürchten, daß mit den
zu ergreifenden Sparmaßregeln der Reichszuſchuß für die Kinder=
ſpeiſungen
geſtrichen werden ſoll. Der Schaden für unſere notleidenden
Kinder würde unabſehbar ſein, denn es iſt unmöglich, daß irgend eine
Stelle die bisher durchgeführten Kinderſpeiſungen in ausreichendem Um=
fang
ohne Reichszuſchuß weiterführen kann. Angeſichts der ſteigenden
Not und des heranziehenden Winters ſei eine ſofortige Beſchlußfaſſung
notwendig.

n. Altheim bei Dieburg, 20. Okt. Tödlich verunglückt iſt
die hieſige Landwirt Chriſtian Appel Ehefrau in ihrer Hofreite durch
Sturz von einer Leiter. Sie hatte den darüber liegenden Hühnerſtall
nachgeſehen, beim Abſtieg brach eine reparierte Stelle, und Frau A.
erlitt derart ſchwere Schädelverletzungen, daß ſie zwei Stunden dar
in bewußtloſem Zuſtand verſtarb.
ot. Friedberg, 22. Okt. Die Grund= und Gewerbeſteuer
wurde nochmals auf das Zwanzigfache erhöht. Es findet eine Nach=
erhebung
für zwei Ziele ſtatt.
R. Gießen, 22. Okt. Aufgeklärter Diebſtahl. Der kürz=
lich
gemeldete Lagerdiebſtahl mehrer Ballen Kaffees iſt von der Poli=
zei
aufgedeckt worden. Als Täter wurde ein Angeſtellter der Firmen
feſtgeſtellt.

Reich und Ausland.
Aus der Reichshauptſtadt.
Ein Betrieb eigener Art war ſeit vielen Jahren die Pen=
ſion
Schwedt im alten Weſten Berlins, Körnerſtraße 11, benannt nach
ihrem Gründer. Dieſer war von Anfang an in der Wahl ſeiner Gäſte
nicht ſehr ſkrupelhaft. Er nahm alles auf, was kam, und die Penſion
Schwedt war ſchon lange ein Sammelpunkt von Berliner und internatio=
nalen
Verbrechern und Geſindel aller Art. So kam es, daß auch die
Kriminalpolizei ſtändig mit ihr zu tun hatte, und daß bei Ermittelungen
und in Gerichtsverfahren die Penſion Schwedt nicht ſelten eine Rolle
ſpielte, und genannt wurde. In aller Erinnerung iſt ſie noch aus dem
Mordprozeß Neißer, bei dem wieder einige ihrer Stammgäſte auf der
Anklagebank ſaßen. Der Begründer dieſes Betriebes iſt ſchon lange tot.
Er hatte ſo gute Geſchäfte gemacht, daß ſeine Witwe nicht daran dachte,
eine Aenderung eintreten zu laſſen, ſondern in alter Weiſe weiter wirt=
ſchaftete
, wie ja auch gerade dieſer Prozeß wieder einmal bewies. Das
Kuppeleigeſetz und in Verbindung mit dieſem die neueren Wohnungs=
beſtimmungen
wurden aber der alten Penſion nach und nach verhängnis=
voll
. Das Wohnungsamt beſchlagnahmte allmählich alle die Räume, in
denen die Kuppelei eifrig betrieben wurde und ſtellte ſich dem Magiſtrat
zur Verfügung. Zuguterletzt hatte nun auch Frau Schwedt noch aus=
ziehen
und bei Verwandten Unterkunft ſuchen müſſen.
Einen guten Fang machten Kriminalbeamte auf dem Stettiner
Bahnhof. Hier fiel ihnen ein älterer Mann auf, der mit einem jungen
Burſchen aus der Provinz kam. Die beiden ſchleppten ſich mit einem
ſchweren Ruckſack, aus dem Blut heraustropfte. Die Beamten vermute=
ten
, es mit Geflügeldieben zu tun zu haben und fanden ihren Verdacht
auch bald beſtätigt. Der Sack enthielt 21 Hühner und 2 Puten, die alle
friſch geſchlachtet waren. Die beiden wurden verhaftet und als ein ge=
wiſſer
Kraatz und ſein Neffe feſtgeſtellt, die ſich ſeit längerer Zeit woh=
nungslos
in Berlin aufhalten. Von hier aus unternahmen ſie ſtändig
Fahrten in die Provinz, um Geflügel zu ſtehlen. Bei der letzten Fahrt
hatten ſie einem Beſitzer bei Neu=Stettin den ganzen Stall ausgeräumt.

Vollkreuzer Forelle traf mit eingedrücktem Bug und Schaden an der
Verſchanzung ein. Der Kreuzer war zwiſchen Schulau und Lühe mit
einem Motorſchoner in Kolliſion gekommen. Der Schoner hat ſeine
Reiſe fortgeſetzt.
Anſchlag auf eine Eiſenbahnſtrecke.
Aus Hamburg wird gemeldet: Ruchloſe Eiſenbahnattentäter haben
verſucht, auf der Strecke HarburgHitfeld die Schienen aufzureißen.
Zwiſchen Block Glüſingen und dem Schrankenpoſten waren aus dem einen
Gleis 10, aus dem anderen 3 Hakenſchrauben gelöſt, 4 bezw. 8 Haken=
ſchrauben
mit Klemmplatzten ſchon entfernt und fortgeworfen.
Eine fette Belohnung.
Wertbeſtändige Belohnungen werden jetzt immer mehr üblich. Man
ſichert ſie aber nicht nur in Goldmark, ſondern zuweilen auch in ebenſo
wertvollen Lebensmitteln zu. So ſetzte kürzlich der Schloßbeſitzer von
Nahmgeiſt im Kreiſe Preußiſch=Holland, dem Einbrecher das Silberzeug
und wertvolle Schmuckſachen ſtahlen, als Belohnung eine oſtpreußiſche
Milchkuh aus bzw. deren Gegenwert. Der Beſitzer von Maldeuten im
Kreiſe Mohrungen, den Einbrecher ebenfalls ſchwer heimſuchten, hat für
deren Ergreifung und die Wiederbeſchaffung der Beute als Belohnung
ein fettes Schwein im Gewicht von drei Zentnern beſtimmt.
Unfall eines Poſtflugzeugs.
London, 21. Okt. Ein holländiſches Poſtflugzeug, das von einem
ruſſiſchen Piloten gelenkt wurde und drei jüngere deutſche Paſſagiere
mitführte, war infolge Röhrenbruchs auf dem Weg nach England zur
Notlandung gezwungen. Das Flugzeug vermochte auf den berüchtigten,
während der Ebbe freiliegenden Goodwin=Sandbänken niederzugehen.
Nach zweiſtündigem Warten wurden die Inſaſſen bei ſteigender Flut
durch einen engliſchen Dampfer mühſam an Bord genommen. Das Flug=
zeug
und ein Leil der Poſt und des Gepäcks ſind verloren.
Zuſammenlegung nordamerikaniſcher Dampferlinien.
Waſhington. Das amerikaniſche Schiffahrtsamt hat beſchloſſen,
fünf nordamerikaniſche Dampferlinien, die den Verkehr zwiſchen den
Vereinigten Staaten und England beſorgen, zuſammenzulegen und das
gegenwärtige Syſtem von geſchäftsführenden Agenten abzuſchaffen. Die
Agenten ſollen erſetzt werden durch einen oder mehrere Verladungsagen=
ten
. Das Schiffahrtsamt wird ſelbſt die Aufſicht über die Schiffe über=
nehmen
. Die Zahl der gegenwärtig im Verkehr befindlichen Schiffe ſoll
erheblich vermindert werden.

Stimmen aus dem Leſerkreiſe.
(Für die Veröffeniſlichungen unter dieſer Ueberſchrift übernimmt die Redaktſon keinerlei Ver=
antwortung
; für ſie bleibt auf Grund des § 21 Abſ. 2 des Preſſegeſetzes in vollem Umfange
der EEinſender verantwortlich.) Einfenbungen, die nicht verwendet werden, fönnen nicht
zurückgeſandt, die Ablebnung nicht begründet werden.
Anläßlich der ungeheueren Erhöhung der Lichtpreiſe durch
die Stadtverwaltung darf ich wohl den Blick der Oeffentlichkeit auf eine
Volksklaſſe richten, die unter den davon Betroffenen mit in erſter Linie
ſteht: die Studentenſchaft. Gerade hier in Darmſtadt iſt die
öffentliche Meinung über die wirtſchaftliche Notlage der Studenten,
foweit ſie deutſcher Nationalität ſind und ſich aus dem Mittelſtande
rekrutieren, durchaus nicht zur Genüge orientiert. Man betrachtet hier
den Studenten einfach als zahlungsfähiges Weſen, und dieſes Attribut
muß ihm eben ſchon deshalb zukommen, weil er überhaupt ſtudieren
kann. Nur Wenige wiſſen, daß die Mehrzahl der Studenten bisher
aus dem Stande der kleinen Beamten ſtammte, daß ein kleinerer Teil
noch mit Abſchluß des Studiums infolge verſäumter Kriegsjahre ſchwer
ringend beſchäftigt iſt, daß es etwa der Hälfte der hier anweſenden
auswärtigen Studenten ſchwer fällt, nur das Geld für die tägliche Mit=
tagsmahlzeit
im Studentenheim aufzubringen, daß ein Nebenerwerb
gerade gegen Ende des Studiums infolge Zeitmangels gänzlich aus=
geſchloſſen
iſt. Da iſt beiſpielsweiſe der Chemieſtudierende. Den
ganzen Tag iſt er im Laboratorium mit der Anfertigung der Diplom=
arbeit
, welche etwa ein Jahr in Anſpruch nimmt, beſchäftigt. Nur die
Abendſtunden bleiben ihm übrig zur Vorbereitung auf das mündliche
Examen. Das abendliche Arbeiten iſt jedoch durch die plötzliche Erhöh=
ung
des Lichtpreiſes mit einem Male glatt unmöglich ge=
worden
. Gerne hat man noch die eine oder andere Einſchränkung
auf ſich genommen, z. B. die Tatſache, daß man nun keinen warmen
Kaffee mehr morgens bekommt, weil das Heizgas nicht mehr zu bezah=
len
iſt; aber die plötzliche Wegnahme der häuslichen Arbeitsmöglichkeit
für mündliche Examina, das iſt eine Tatſache, deren ſchreckliche Trag=
weite
kaum zu überſehen iſt. Es bleibt einigen von uns kein anderer
Ausweg als der, das Studium wieder einmal abzubrechen bis vielleicht
zum Frühjahr, bis dahin irgend einem Erwerb nachzugehen, oder der
andere, wenig ehrenvolle Ausweg, nach Hauſe zu fahren und infolge
der hier fehlenden Arbeitsmöglichkeit den Eltern ein Vierteljahr lang
zur Laſt zu fallen.
Doch vorher möge die Stadtverwaltung einer Bitte Gehör ſchenken,
denn ſie iſt imſtande, aus dieſer ſpeziellen Notlage herauszuhelfen. Wir
bitten dringend darum, daß denjenigen Studenten, die nachweis=
lich
die Abendſtunden für ihre Vorbereitung zum Examen benötigen,,
die Preiſe für das Licht etwa auf ein Drittel ermäßigt werden, viel=
leicht
auf die Dauer von drei Monaten. Nur ſo kann uns geholfen wer=
den
. Iſt aber auch das nicht möglich, ſo können wir höchſtens noch um
Stundung der Monatsrechnungen bitten, oder aber wir müſſen, wie
oben erwähnt, das Studium im Winter aufgeben. Vorläufig aber
bleibt uns die Hoffnung, daß die Stadtverwaltung uns entgegenkommt,
wie dies auch in anderen Univerſitätsſtädten weitgehend geſchieht, und
dürfen wir in dieſem Sinne einer Beantwortung unſeres Geſuchs bal=
digſt
entgegenſehen.
Ein Student.

Tageskalender.
Landestheater: Großes Haus: Keine Vorſtellung. Kleines Haus
Anfang 7 Uhr, Ende 10 Uhr, (Sondermiete 11,2): Die Freier.
Union=, Reſidenz=Theater, Palaſt=Lichtſpiele: Kinovorſtellungen.

Druck und Verlag: L. C. Wittich. Verantwortlich für Politik und
Wirtſchaft: Rudolf Mauve; für Feuilleton, Stadt und Land
Reich und Ausland: Max Streeſe; für den Inſeratenteil:
J. V. A. Fleiſchmann, ſämtlich in Darmſtadt.

Die heutige Rummer hat 6 Seiten

Heſſiſches Landestheater.

Großes Haus. Sonntag, den 21. Oktober 1923.
Der fliegende Holländer.

Romantiſche Oper von Richard Wagner.
Viele lieben dieſe Oper mehr als alle Werke Wagners vor
iner Ring=Periode. Die leidenſchaftliche Ouvertüre, das titanen=
ifte
Selbſtgeſpräch im erſten Akt, der Aufbau des Duetts im
beiten und die Schluß=Apotheoſe ſind denn auch geniale Schöp=
ingen
von unbezwinglicher Kraft. Sie bleiben über den Zeit=
eſchmack
erhaben, wenn vieles Andere, ſelbſt die berühmten
höre, zu verblaſſen anfangen. Es ſind dies auch die Stücke der
artitur, die durchaus perſönlich in Erfindung und Ausdruck
ſcheinen. Sonſt ſteckt ja doch vieles Zeitgebundene, ſogar
Leherbeerhafte in dem Werk.
Auf das unzulängliche des Dramas wies ich im vorigen Jahr
in. Es behauptet ſich trotz aller Schwächen, weil die Legende
n Volksempfinden auch ohne Begründung zu feſt ſitzt, ja viel=
icht
weil ſie alle Begründung offen läßt.
Die Aufführung dse Werkes an unſerer Bühne iſt recht gut,
ber ohne packende Wirkung. Es liegt nicht ſo ſehr an den aus=
benden
Kräften, ſondern es kann ihr weſentlich nur geholfen
ſerden durch eine völlige Neuinſzenierung. Die Aufgabe wäre
ſckend, wenn auch koſtſpielig; Befreiung von der Illuſionsbühne
abei ſelbſtverſtändlich, das Experiment heute aber noch gewagt
nd verfrüht. So wird es denn eine Zeit lang noch beim Seit=
rigen
bleiben müſſen, und die veralteten Kuliſſen und Vorſatz=
ücke
halten die Oper in erſtarrter Geſtalt weiter feſt. Für die
itelrolle beſitzen wir in Herrn Biſchoff einen hervorragenden
Fertreter. Stimmliche Gewalt, durchdachter, dramatiſcher Aus=
ruck
, ſcharfe Phraſierung und Ausſprache zeichnen ihn aus. Für
ie trotz äußerer Kühle dem Holländercharakter eigene innerliche
Lärme hat er freilich keine Töne. Die Romantik fehlt. Sie
ehlt auch Eertrud Gerckes Senta und die Kraft perſönlichen
emperanients, um das Ueberſinnliche und das krankhaft Ueber=
pännte
dieſer ſentimentalen Figur deutlich zu machen, wenn
uch zweifellos ihre ſchöne Stimme vielfach zu erfreulicher Gel=

tung kam. Die Senta iſt eine der beſten Leiſtungen, deren die
Künſulerin fähig iſt, ſie bleibt indes in der Schablone ſtecken und
intereſſiert zu wenig. Herrn Hölzlins Daland iſt eine in Mimik
und Spiel vollendet abgerundete Charakterdarſtellung dieſes
Gauners in Biedermannsmaske, der ſeine geſangliche Leiſtung
nicht nachſteht. Den Erik gab Paul Verheyen. Stimmliche
Kraft, Intelligenz und perſönliche Auffaſſung, mit der der
Künſtler ſeine Rollen alle belebt, wirkten günſtig, konnten jedoch
die unglückliche Figur nicht retten. Die dankbare Steuermanns=
rolle
fang Eugen Vogt mit glänzendem Gelingen. Die kleine
farbloſe Rolle der Mary war bei Martha Liebel gut aufgehoben.
Der Spinnerinnen=Chor iſt heute kaum mehr erträglich,
jedoch ſchwer aufzufriſchen, während den Matroſenchören durch
Rhythmik, grotesken Ausdruck und Tanz, ſo wie es geſchah, neues
Leben verliehen werden kann. Geſungen wurden übrigens
Frauen= wie Männerchöre durchaus tüchtig.
Die Regie des Herrn Rabenalt klappte gut, die muſikaliſche
Leitung Michael Ballings war ſtark und großzügig. v. H.

*Kaiſer Friedrich und die Epileptiſchenfürſorge.
Nichts durchgeiſtigte das Weſen des einſtigen Kaiſers Friedrich
in höherem Grade, und zwar ſeit ſeiner früheſten Jugend, als die
Freude an der Wohlfahrt aller Volksſchichten So urteilte
über den zweiten deutſchen Kaiſer ein Mann, der Schulter an
Schulter mit ihm geſtanden hat auf der Walſtatt der ſozialen
Kämpfe und ſeine geiſtigen wie humanitären Beſtrebungen zu
würdigen wußte: Georg von Bunſen. Schon dem Knaben
war, wie aus dem Bericht eines ſeiner Erzieher hervorgeht, ein
lebhaftes Gefühl für die Schwachen und Elenden eigen=
tümlich
. So zeigte er ein beſonders lebhaftes Intereſſe nicht nur
für die Arbeiterkolonie Bodelſchwinghs in Bielefeld, ſondern auch
für die Verſorgung der armen Epileptiſchen in Bethel. Im
ſchlechteſten Wetter wohnte er der Grundſteinlegung der Zions=
kirche
für Epileptiſche in Bethel bei. Im ſtrömenden Regen das
edle Haupt entblößt, während ſich alle anderen mit Regenſchirmen
bedeckten, ſtand er da, und in dem ſchönen Bewußtſein, ein edles
Werk zu tun, das der leidenden Menſchheit zugute kam, lag es

wie ein milder Sonnenſchein mitten im Sturm und Regen auf
ſeinem Antlitz. Unſere ſämtlichen Epileptiſchen etwa 1000
an der Zahl, ſo berichtet Paſtor von Bodelſchwingh über den
Freudentag der armen Kranken, waren auf dem ſchönen Feſt=
platz
, unter den hohen Buchen im Walde verſammelt. Als der
Feſtzug der fremden Gäſte ſich ordnete, mit ihm vom Pfarrhaus
zum Feſtplatz hinaufzuziehen, wurde der Regen immer heftiger.
Der Kronprinz aber ſagte lächelnd mit dem fröhlichſten Geſicht:
Nun, es hört ja jetzt auf, ſachte zu regnen‟. Da die Urkunde
unmöglich draußen im ſtrömenden Regen unterſchrieben werden
konnte, ſo kehrte er unterwegs in unſerer Buchbinderwerkſtatt
ein, wo die Vergolder ihre Feuerchen hatten. Es machte unſeren
epileptiſchen Buchbindergeſellen und Lehrjungen große Freude,
wie ſorgfältig der Kronprinz perſönlich die Unterſchrift an ihren
Feuerchen trocknete und dann getroſt wieder in den Regen hin=
auszog
. Auf dem Feſtplatz angekommen, verſuchte ich es, wäh=
rend
der Herr Superintendent die Weiherede hielt, da alle Welt
Regenſchirme hatte, dem Kronprinzen auch von hinten her un=
bemerkt
den Regenſchirm über den Kopf zu halten; aber das
litt er nicht. Dagegen nahm er meinen kleinſten ſechsjährigen
Sohn bei der Hand und verſteckte ihn zur Freude der Anweſen=
den
dicht unter ſeinen Mantel. Beſonderen Eindruck machte es
unſeren Kranken, als er nun beim Gebet auch ſeinen Helm ab=
nahm
, gen Himmel blickte und mit fröhlichſtem Geſicht ſich den
Regen ins Geſicht pladdern ließ. Das haben ihm unſere Kran=
ken
in der langen Zeit nicht vergeſſen. Wenn man die Kinder
fragte: Was hat der Kronprinz für Euch getan?, dann war
nicht die Antwort: Er hat den Grundſtein für unſere Kirche ge=
legt
, ſondern: Er hat ſich für uns naßregnen laſſen; und ſie
aben von der Feier dadurch mehr gehabt, als wenn der ſchönſte
Sonnenſchein geweſen wäre‟. Die Kranken von Bethel haben,
als Kaiſer Friedrich in San Remo litt, durch einen aus ihrer
Mitte den ſchönen Vers malen laſſen, den er ſelbſt ſo liebte:
Wenn der Herr ein Kreuze ſchickt,
Laß es uns geduldig tragen.
Betend zu ihm aufgeblickt,
Wird den Troſt er nie verſagen,
Drum, es komme, wie es will,
In dem Herren bin ich ſtill.
W. Römheld.

[ ][  ][ ]

Darmſfädter Tagblaft

Handelsblatt

22. Oftober 1923 Nr. 29

Wirtſchaftliche Rundſchau.

* Export=Courier A.=G., Frankfurt a. M. Die außer=
ordentliche
Generalverſammlung hat die Erhöhung des Stammkapitals
um 100 Millionen auf 120 Millionen Mark beſchloſſen. Von den neuen
Aktien ſind 20 000 Stück Vorzugsaktien mit 15fachem Stimmrecht in den
ſteuerlich begünſtigten Fällen. 80 000 Stück ſind Stammaktien. Dieſelben
wurden von einem Konſortium unter Führung der Bankhäuſer Paul
Strasburger u. Co., Frankfurt a. M., und Arons u. Walther, Berlin,
übernommen. Den Aktionären werden die neuen Aktien im Verhältnis
1:2 angeboten. Der Geſchäftsgang der Firma iſt trotz der wirtſchaftlichen
Kriſe gut.
h. Tagro=A. G., Frankfurt a. M. Die ſeitherige Tagro.
Tabak=Großhandelsgeſellſchaft m. b. H., wurde in eine Aktiengeſellſchaft
mit 30 Millionen Mk. Aktienkapital umgevandelt. Zu den Gründern
gehören die erſten Frankfurter Zigarrenhandelsfirmen und erſte Firmen
der Branche aus dem Reiche.
h. Motorenwerk München=Mannheim. A. G. in
München. Das vor kurzem erſt um 80 auf 160 Millionen Mk. er=
höhte
Kapital ſoll bis um 340 auf 500 Millionen Mk. in der außer=
ordentlichen
Generalverſammlung am 12. November geſteigert werden.
* Benz u. Co., Rhein. Automobil= und Motoren=
A. G., Mannheim. Die Geſellſchaft bietet jetzt einen Teilbetrag der
neu zur Ausgabe gelangenden Stammaktien im Verhältnis 9:1 (bzw.
auf nom. 10 000 Mk. eine Aktie zu nom. 5000 Mk.) zum Bezuge an, und
zwar zum Kurſe von 10 000 Prozent. Die jungen Aktien ſind ab 1. 5.
d. Js. dividendenberechtigt. Das Bezugsrecht iſt bis zum 3. November
1923 auszuüben.
=d= Die badiſche Regierung droht eine Zwangs=
umlage
zur Kartoffellieferung an. Wie amtlich mitge=
teilt
wird, iſt es trotz eifrigſtem Bemühen der Regierung und mit Hilfe
der landwirtſchaftlichen Organiſationen den Stadtverwaltungen und den
Verbrauchergenoſſenſchaften, die Kartoffelverſorgung in den Städten
ſicherzuſtellen, noch nicht entfernt gelungen, die genügende Menge von
Kartoffeln aufzubringen. Ganz abgeſehen davon, daß es durch die hohen
Preiſe der großen Mehrheit der ſtädtiſchen Bevölkerung unmöglich iſt,
ſich mit Wintervorräten einzudecken, bleibt die Zufuhr von Kartoffeln
für den täglichen Verbrauch und für die allernotwendigſte Notſtands=
berſorgung
völlig unzulänglich. Vor dem Eintritt der Herbſtfröſte muß
unbedingt für eine genügende Kartoffelzufuhr geſorgt werden. Der
Miniſter des Innern hat deshalb die Vorſtände der Bezirksämter be=

h. Linoleumfabrik Maximiliansau (Pfalz). Die
Zulaſſung von 20 Mille Mk. Stammaktien Nr 125 000 4 1000 Mk. mit
Gewinnbeteiligung ab 1. Januar 1923 zum Handel und zur Notierung
an der Frankfurter Börſe beantragt.
h. Kammer=Kirſch A. G. für Edelbranntweine in
Karlsruhe. Das Unternehmen, eine Tochtergründung der Deut=
ſchen
Edelbranntweinſtelle in Karlsruhe, hinter der bekanntlich die badi=
ſche
, württembergiſche und heſſiſche Landwirtſchaftskammer, ſowie die
Deutſchen Klein= und Obſtbrennerverbände ſtehen, gibt zur Zeit ihre Kuvon am 1. März 1924 eingelöſt werden. Die Verloſung findet inne
Aktien aus. Es wird darauf aufmerkſam gemacht, daß dieſe mit Aktien,
die zufälligerweiſe gleichzeitig erſcheinen, nicht verwechſelt werden
dürfen.
=d= Neue Zahlungsbedingungen in der Kaliindu=
ſtrie
. Die Zahlungsbedingungen in der Kaliinduſtrie haben, wie wir
erfahren, inſofern eine Aenderung erfahren, als die Friſt der Zahlun=
gen
, die ſich bisher auf vier Tage erſtreckte, jetzt auf ſieben Tage ver=
längert
worden iſt. Der Abſatz im Kaligewerbe iſt äußerſt ungünſtig,
der Bedarf an Kali augenblicklich ſehr gering. Die große Zahl der
Feierſchichten gibt ein Bild für die kritiſche Lage des Kaligewerbes. Die
nicht überſehen. In jedem Falle zeigt das Kaligewerbe mit der Ver=
längerung
der Zahlungsfriſten gegenüber dem Konſum ein gewiſſes
Entgegenkommen.
* Wagengeſtellung für Kohle, Koks und Briketts
für den oberſchleſiſchen Bergbau. Geſtellt wurden 2316 Wa=
gen
, nicht geſtellt 0; Wagen beladen zurückbeliefert 2316.
teilte für das abgelaufene Geſchäftsjahr eine Dividende von 100 Proz.
Auf Wunſch ſteht den Akrionären für jeden fälligen Dividendenſchein
anſtelle der Barzahlung eine jüngſte Stammaktie der Geſellſchaft über
1000 Mk., ab 1. Juli 1923 dividendenberechtigt, zur Verfügung. Nun=
mehr
bietet die Verwaltung Einlöſung der Dividendenſcheine bis 9. 11.
einſchließlich gegen Zahlung der Börſenumſatzſteuer und einer Bezugs=
rechtsſteuerpauſchale
an.
* Porzellanfabrik Königszelt. Der letzten Aufſichts=
ratsſitzung
wurde der Abſchluß über das abgelaufene Geſchäftsjahr vor=
gelegt
. Ueber die Höhe der Dividende ſoll erſt in der zum 13. Nov.
einberufenen o. G.=V. Beſchluß gefaßt werden.
* A. G. vorm. Seidel u. Naumann, Dresden. Wir
berichteten kürzlich anläßlich der Einführung der Aktien an der Ber=

auftragt, die Bürgermeiſter ihrer Amtsbezirke zu einer Konferenz zu= liner Börſe ausführlich über die Geſellſchaft. Die letzte a.v. G.=V. be=
ſammenzuberufen
und ihnen den Ernſt der Lage noch einmal in drin= ſchloß Erhöhung des Aktienkapitals um 100 Millionen Mk. ab 1. Jan.
gendſter Form darzuſtellen. Tatſächlich ſind die Ernährungsverhältniſſe

in den Städten, wie bereits verſchiedene Teuerungsdemonſtrationen
zeigen, äußerſt kritiſch. Eine große Verantwortung liegt darum in dieſer
Zeit auf der badiſchen Landwirtſchaft. Sollte die Ermahnung der badi=
ſchen
Regierung ungehört bleiben, dann wird die Regierung gezwungen
ſein, eine Zwangsauflage zur Kartoffellieferung durchzuführen. Die
Regierung hat Auftrag gegeben, für die Ausſchreibung einer Kartoffel=
umlage
die notwendigen Vorarbeiten zu treffen. Nur wenn die Land=
wirtſchaft
freiwillig abzuliefern ſich bereit erklärt, kann die Regierung
auf die Durchführung dieſes Planes verzichten.
h. Homburger Eiſenwerk=A. G. vorm. Gebrüder
Stumm (Homburg, Saarpfalz). Nach dem Geſchäftsbericht ſtand das
abgelaufene Geſchäftsjahr in ſeinem erſtzen Teil unter dem Zeichen des
erweiterten Umlaufs des Franken im Saargebiet, und während der letz=
ten
drei Monate unter der Auswirkung der Ruhraktion und des ihr
parallel laufenden Streiks bei den Saarbergwerken, die empfindliche
Verluſte brachten. Der immer mehr ſich ſteigernde Bedarf an Franken
zur Beſchaffung von Rohmaterialien und die zurückgehende Möglichkeit,
Einkäufe in Mark zu tätigen, veranlaßten die Geſellſchaft, die Umſtel=
lung
des Abſatzes der Produktion nach valutaſtarken Ländern noch wei=
ter
durchzuführen, was im großen Ganzen gelungen ſei. Nach Tilgung
des Verluſtvortrages von 9,82 Millionen und nach 38,76 (i. V. 1,57)
Millionen Mk. Abſchreibungen verbleibt ein Reingewinn von 1548,1
Millionen, woraus 9000 Prozent Dividende verteilt werden. Die Aus=
ſichten
für das kommende Geſchäftsjahr waren in den erſten beiden Mo=
naten
, die noch in den Saarſtreik fielen, trübe, beſſerten ſich aber all=
mählich
, beſonders, nachdem der Export wieder aufgenommen werden
konnte.
h. Mologa, Holzinduſtrie A. G., Berlin. Zur Durch=
führung
der von der ruſſiſchen Regierung erteilten deutſchen Wald=
konzeſſionen
im Gebiete Mga=Rybinsk, über welche eingehende Angaben
in letzter Zeit durch die Preſſe gegangen ſind, iſt am 5. Oktober 1923
dieſe Geſellſchaft gegründet worden. Dieſe tritt, wie im Konzeſſions=
vertrag
vorgeſehen iſt, in die Rechte und Pflichten der Geſellſchaft für
die wirtſchaftlichen Beziehungen mit dem Oſten m. b. H., Berlin, ein,
die bekanntlich den Vertrag abgeſchloſſen hat. Die Gründer ſind neben
der Geſellſchaft für die wirtſchaftlichen Beziehungen mit dem Oſten
folgende Firmen: Gebrüder Himmelsbach A.G Freiburg, Deutſch=
Luxemburger Bergwerks= und Hüttenbau=A. G., Dortmunder Union in
Dortmund, Europäiſche Holzhandels=A. G. in Hannoyer, Gelſenkirchener
Bergwerks=A. G. in Gelſenkirchen, Koholyt=A. G. in Berlin, Verband
Badiſcher Papier=, Papp= und Zellſtoffabriken in Freiburg, A.G. für
Hoch= und Tiefbau in Eſſen, Bopp u. Reuther in Mannheim=Waldhof,
Grün u. Bilfinger A.G. in Mannheim, Oberrheiniſche Induſtriegeſell=
ſchaft
Joſeph Vögele u. Co. in Mannheim, Siemens=Bau=Union G.m.
b.H., Kommanditgeſellſchaft, Berlin, Schuchhardt u. Schütte. A.G. in
Berlin. Der Aufſichtsrat, deſſen Vorſitz Herr Reichskanzler a. D. Dr.
Wirth und in deſſen Stellvertretung Herr Staatsrat a. D. Dr. Haas
führt, beſteht aus folgenden Mitgliedern: Dr. Hermann Himmelsbach=
Freiburg, Oskar Himmelsbach=Regensburg, Joſeph Himmelsbach II.=
Freibura. Juſtizrat Dr. Abs=Bonn, Bergaſſeſſor a. D. Wenzel= Dort=
mund
, Generaldirektor Spindler=Hannover, Bergaſſeſſor a. D. Burgers=
Gelſenkirchen, Direktor Fehrmann=Berlin, Rechtsanwalt Dr. Fehren=
bach
=Freiburg, Baurat Dr. Bilfinger=Mannheim, Wilh. Vögele= Mann=
heim
, Direktor Dr. Kreß=Berlin, Lange=Hegermann in Bottrop, Prof.
Dr.=Ing. Ammann=Karlsruhe, Syndikus Bemb=Berlin. Der Vorſtand
beſteht aus Oberregierungsrat Becker=Berlin und J. Gottlieb=Petrograd.
h. Maſchinenfabrik Buckau A. G., Magdeburg. Im
Proſpekt über 20,25 Millionen Mk. neue Aktien ſind einige Zwiſchen=
Bilanzzahlen per 31. Mai d. Js. enthalten: Im Vergleich zur letzten
Jahresbilanz per 31. Dezember 1922 nennen wir folgende Zahlen:
Debetoren 2259 Millionen (202,5 Mill.), Bankguthaben 12000 Mill.
(514 Mill.), Kreditoren einſchl. 7900 Mill., Anzahlungen (218 Mill.)
11 200, (1334 Mill.). In dieſen 11 200 Millionen ſind 1005 Mill. Bank=
ſchulden
enthalten. Die Warenvorräte werden mit 500 Millionen be=
wertet
, hiervon entfallen 250 Millionen (40,6 Mill.) auf Nohmateria=
lien
und 250 Mill. (44,4 Mill.) auf Halbfabrikate. Während alſo Debi=
toren
und Kreditoren um etwa das Zehnfache geſtiegen ſind, haben die
Warenvorräte ſich nur verſechsfacht. Es iſt anzunehmen, daß auf die=
ſem
Konto erhebliche Reſerven ruhen. Das Effektenkonto weiſt einen
Zugang von 24,845 Mill. auf insgeſamt 25,818 Mill. auf. Hierunter ſind
enthalten: 10 Mill. Schutzaktien der Maſchinenfabrik Grevenbroich. Des
ferneren ſollen 898 900 Mk. Aktien befreundeter Maſchinenfabriken, ſo=
wie
Staatsanleihen und feſtverzinsliche Werte in dem überſchießenden
Betrag enthalten ſein. Die Umſätze der Geſellſchaft bezifferten ſich 1920
auf 83 Millionen, 1921 auf 142 Millionen und 1922 auf 2000 Millionen.
Die Geſellſchaft verteilte in dem letzten Geſchäftsjahre 100 Prozent Divi=
dende
und verfügt über einen ausreichenden Auftragsbeſtand, der eine
lohnende Beſchäftigung bis Jahresende ſichert. Die Verwaltung glaubt
daher unter den üblichen Vorbehalten auch für das erhöhte Aktienkapi=
tal
einen angemeſſenen Gewinn in Ausſicht ſtellen zu können.

1923 dividendenberechtigter Stammaktien auf insgeſamt 258 Millionen
Mark, wobei ein Bezugsrecht im Verhältnis 5:1 zu einem noch feſtzu=
ſetzenden
Kurs für die alten Aktionäre in Ausſicht genommen iſt. 38,4
Millionen Mk. ſollen verwertet und 30 Millionen Mk. bis Ende 1923
zur Verfügung der Geſellſchaft gehalten werden. Der Zeitpunkt der
Durchführung der Kapitalserhöhung bleibt der Verwaltung überlaſſen.
* Eilenburger Kattunfabrik A. G. Der Reingewinn
in Höhe von 305 Millionen Mk. wird in Anbetracht der hohen Unkoſten
bei der Verteilung einer Dividende nicht zur Ausſchüttung gelangen.
17,9 Millionen Mk. werden zur Abſchreibung, 19,6 Millionen Mk. der
Sonderrücklage, 97,8 Millionen Mik. einer Wohnungsbaurücklage zu=
gewieſen
und der Reſt von 151 Millionen Mk. auf neue Rechnung vor=
getragen
.
* Oppelner Portland=Zementfabrik vorm. F. W.
Grundmann, Oppeln. Die a.o. G.=V. genehmigte die Erhöhung
des Grundkapitals um 18 Millionen Mk. Sta=maktien, deren Begebung
dem Vorſtand und Aufſichtsrat zum geeigneien Zeitpunkt überlaſſen
bleibt. Den alten Aktionären ſollen 6 Millionen für das Geſchäftsjahr
1923 volldividendenberechtigter Aktien derart zum Bezuge angeboten
werden, daß auf 600 Mk. alte 3000 Mk. junge zu einem noch feſtzu=
ſetzenden
Kurſe bezogen werden können. Weitere 3 Millionen werden
im Intereſſe der Geſellſchaft verwertet, 9 Millionen gehen bei 25 Proz.
Einzahlung an die Dresdener Bank, Filiale Breslau, als Schutzaktien
über. Die aus der Kapitalserhöhung der Geſellſchaft zufließenden Mit=
tel
ſollen zur Abdeckung von Bankſchulden, zur Stärkung der Betriebs=
mittel
und zur techniſchen Vervollkommnung, insbeſondere zur Durch=
führung
der Elektriſierung der Fabrik dienen. Nach Mitteilung der
Verwaltung war der Geſchäftsgang und Abſatz bis Anfangs September
günſtig. Es ſei zur Zeit eine Stockung eingetreten, ſo daß künftig nur
an drei Tagen der Woche gearbeitet wird.
h. Norddeutſcher Lloyd, Bremen. In dem Proſpekt, auf
Grund deſſen 325 Millionen Mark Aktien an der Hamburger Börſe zu=
gelaſſen
werden, heißt es: Der Wiederaufbau der Flotte und der über=
ſeeiſchen
Verbindungen hat befriedigende Fortſchritte gemacht. Von den
im Anfang des Geſchäftsjahres 1922 noch im Bau befindlichen 23 Schif=
fen
ſind im Laufe des Jahres 7 Dampfer mit insgeſamt 49 499 Tonnen
fertig und in Dienſt geſtellt worden. Das Bauprogramm iſt evweitert
um zwei Frachtdampfer mit zuſammen etwa 12000 Tonnen; ferner
wurde der Paſſagier= und Frachtdampfer Bremen (10 826 Tonnen) an=
gekauft
. Im Laufe dieſes Jahres ſind die Dampfer München (13 326
Tonnen), Darxra (9475 Tonnen), Ludwigshafen (5918 Tonnen) und
Aachen (6274 Tonnen) fertiggeſtellt und den Betrieben übergeben wor=
den
. Bis Ende September ds. Js. werden ferner der zurzeit größte
Dampfer der deutſchen Handelsflotte Columbus (zirka 32 000 Tonnen),
des weiteren die Dampfer Erfurt (4201 Tonnen), Sierra Ventana
(zirka 11000 Tonnen), Elberfeld (zirka 6000 Tonnen), und Saar=
brücken
(zirka 9500 Tonnen), ſowie der zurückgekaufte Paſſagier= und
Frachtdampfer Derfflinger (9144 Tonnen) in Fahrt geſtellt werden, ſo
daß zu dieſem Zeitpunkt 9 Dampfer mit zirka 110 000 Tonnen ſich im
Bau befinden. Der Flottenbeſtand wird dann aus 231 Schiffen mit
zirka 390 000 Tonnen beſtehen. Der Wiederaufbau der Linien iſt bis
Mitte 1923 ſoweit vorgeſchritten, daß ein achttägiger Dienſt nach New=
York mit Paſſagier= und Frachtdampfern, ein dreiwöchentlicher Dienſt
nach Braſilien und La Plata, ein dreiwöchentlicher Frachtdampferdienſt
nach Braſilien, ferner ein monatlicher Dienſt nach Oſtaſien und ein drei=
monatlicher
Dienſt nach Auſtralien eingerichtet werden konnte. Im
März 1923 war die Reederei in der Lage, einen 18tägigen Dienſt nach
Baltimore und Philadelphia wieder einzurichten. Den weiteren Ausbau
des Liniennetzes und die Verſtärkung des eingerichteten Dienſtes betrah=
tet
die Reederei als ihre weſentlichſte Aufgabe, der auch die Verſtärkung
ihrer Mittel dienen ſoll. Neben dem Betrieb der eigenen Linien vertritt
die Reederei im Verkehr mit New=York die United States Line, ohne
daß ihre eigene Betätigung in dieſem Verkehr vertraglich eingeſchränkt
iſt. Für das laufende Jahr iſt unter dem durch die Zeitverhältniſſe
bedingten Vorbehalt mit einem befriedigenden Ergebnis zu rechnen.
* Oeſterr, Südbahn=Lombarden. Ueber die wichtigſten,
aus dem abgeſchloſſenen Südbahnakkord ſich ergebenden Aenderungen
macht die Wiener Börſenkammer nachſtehende Mitteilungen: Derzeit
ſind im Kursblatt der Wiener Börſe fünf Kategorien der Südbahn=
Prioritäten notiert, wobei die 4proz., auf Markwährung lautenden, aus
der Beſprechung ausſcheiden, weil ſie demnächſt zur Rückzahlung gekün=
digt
werden. Alle übrigen Typen zu urſprünglich 500 Frs. gleich 200
Gulden öſterreichiſcher Währung mit 3 Proz. bzw. 2,6 Nettoberzinſung
in Frs., deren Nennwert nach dem 1915er Sanierungs=Uebereinkommen
auf 325 Frs. gleich 312 Kronen unter Beibehaltung des gleichen Ku=
ponbetrages
geändert wurde, wodurch die Titres nominell 4 Prozent,
ferner die 5proz, in Frs. ſogen. Südbahngold, endlich die 4prozentigen
zu 500 Frs. oder 405 Mk. werden nunmehr mit vollkommen gleichen
Anſprüchen zum Umtauſch gegen neue entſprechende Titres aufgerufen
werden. Dieſe neuen Obligationen, welche die neue Firma Donau=
Save=Adria=Bahn zeigen werden, ſollen nur franzöſiſchen Text und

Nennwert uind Verzinſung in Goldwert aufweiſen; ſie repräſentier
Dresdner Bank, Filiale Frankfurt a. M., ſowie die Bankfirmen M. für Oeſterreich einen neuen Typus, als ſowohl der Nennwert wie d.
Hohenemſer und L. u. F. Wertheimber in Frankfurt a. M., haben die Kuponbetrag innerhalb gewiſſer Grenzen variabel iſt. Nach den zier
lich komplizierten Beſtimmungen des Akkords kann nämlich der Nen
wert und damit der Ausloſungsbetrag, der vorerſt mit 90 Goldfrank
feſtgeſetzt iſt, bis 112,5 Goldfranken ſteigen. Als Mindeſtgrenze iſt d
Betrag von 60 Goldfranken beſtimmt, doch dürfte eine Herabſetzu=
unter
90 Goldfr. kaum aktuell werden. Für den Kuponbetrag beträ
das Minimum 3,6 Goldfr. pro Jahr. Der Zinsanſpruch der neu
Titres wird rückwirkend auf den 1. Jan. 1923 geſtellt ſein, der er
halb von 46 Jahren ſtatt, erſter Termin 1. Dezember 1923. Die b
1. Jan. 1919 (einſchließlich) fällig geweſenen und nicht eingelöſten K
vons, welche ſich wohl überviegend in Händen der Franzoſen befind
dürften, werden mit 2 Goldfr, die ſpäreſtens aus der Zeit ſeit d
Siſtierung des Zinſendienſtes bis 1. Januar 1923 (einſchl.) ſtamme
mit 1/4 Goldfr. eingelöſt. Die Einlöſung dieſer rückſtändigen Kupo=
erfolgt
jedoch nicht auf einmal, ſondern innerhalb von 25 Jahren dur
Ausloſung der Einzelkupons. Dadurch wird ein neuartiges Handel
objekt entſtehen, nämlich verlosbare Kupons, von welchen ein beträdk
liches Quantum, zirka 4550 Millionen, im Umlauf ſind, auszuloſe
* Niederöſterr. Eskompte=Geſ., Wien. Eine zu
weitere Entwickelung der Preisverhältniſſe läßt ſich naturgemäß noch 30. 10. einberufene a. v. G.=V. ſoll über Erhöhung des Aktienkapita
von nom. 1 Milliarde auf 1,250 Milliarden durch Ausgabe von 6250
ab 1. 1. 24 dividendenberechtigter Aktien Beſchluß faſſen.
* Zur Beſſerung der bulgariſchen Währung. D
Lewa konnte ſich in der letzten Woche beträchtlich erholen; bemerken
wert ſchnell hat ſich die bulgariſche Valuta von den Folgen des komm
niſtiſchen Putſches freigemacht. Die ſchnelle Erholung, die einerſeits
* Plauener Spitzenfabrik A. G. Die Geſellſchaft ver= der feſten Poſition der neuen Regierung begründet ſein dürfte, iſt a
dererſeits auch durch die außerordentliche günſtige Ernte begünſtigt wo
den, die das Land in dieſem Jahre zu verzeichnen hat. Allein der grö
tenteils für den Exporxt vorgeſehene Tabakertrag wird auf mehr a
50 Mill. Kilo geſchätzt, wonach ſich ein Exportwert von ca. 100 Mi.
Schweizer Franes erzielen läßt. Auch die Weizenernte iſt in dieſe
Jahre ſo reichlich ausgefallen wie ſeit langem nicht. Man veranſchla
die für Ausfuhrzwecke verfügbare Menge an Weizen und ſonſtigen
ſenfrüchten auf ca. 500 0/8 Waggon. Hieraus wird erſichtlich, daß d
bulgariſchen Regierung, recht beträchtliche Deviſenmengen für etwai
Stützungsaktionen zugunſten des Lewa zur Verfügung ſtehen und es
zweifellos, daß ſie aus dieſer günſtigen Poſition heraus in letzter Ze
hierfür ergiebig Gebrauch gemacht hat; beſonders ſoll dieſe Taktik a
der Wiener Börſe angewandt worden ſein.
*Chinas Finanzen. Aus London wird gemeldet: Für d
erſten neun Monate des laufenden Jahres betragen die Nettoeinnahme
der chineſiſchen Finanzverwaltung 3,3 Mill. Shanghai=Taels mehr a.
in der gleichen Zeit des Vorjahres. Allerdings ſind die für den Schu
dendienſt aufzuwendenden Beträge bedeutend geſtiegen. Für die au
ländiſche Anleihe und die Boxerentſchädigung mußten 6,6 Mill. Shang
hai=Taels mehr aufgewendet werden als in den erſten neun Monate
des Vorjahres. Schuld an dieſer Steigerung der Ausgaben trage
die Verſchlechterung der chineſiſchen Währung, die großen, für die Boxe=
entſchädigung
zu zahlenden Summen in Gold und die Tatſache, daß iu
Juli 1923 größere Rückzahlungen auf die Reorganiſations=Anleihe vo
1913 fällig geweſen ſind.
* Reform der chineſiſchen Finanzen. Mitteilunge
zufolge hat die chineſiſche Regierung eine mit bedeutenden Vollmachte
ausgeſtattete Kommiſſion ernannt, die beſchleunigte Vorſchläge über di
Fundierung der ſchwebenden Schuld, die Beſeitigung des jährliche
Defizits, die Reform des Budgets durch Anpaſſung der Einnahmen de
Provinzen an die Bedürfniſſe der Zentralverwaltung und die Verbeſſe
rung der Verkehrswege machen ſoll, u. a. ſind der Kommiſſion beigege
ben der jetzige Außenminiſter, der Finanz= und Verkehrsminiſter, de
Generalinſpektor der Zölle, der Hauptinſpektor des Salzmonopols un
der Vertreter der Pekinger=Bankenvereinigung. Ferner iſt der fran
zöſiſche Finanzberater der chineſiſchen Regierung in der Kommiſſion ar
weſend. Durch dieſe Zuſammenſetzung ſcheint Gewähr geboten, daß di
Vorſchläge der Kommiſſion auch mit dem nötigen Nachdruck durchgeführ
werden, und ſomit dürſte das internationale Finanzkonſortium berei
ſein, die Regierung finanziell zu unterſtützen und beſonders das Eiſen
bahnnetz weiter auszubauen.
Ueber die Lage des amerikaniſchen Eiſen= un
Stahlmarktes kabelt das amerikaniſche Fachblatt Fron Trad
Review in Cleveland (Ohio): Der Eiſenabſatz beträgt zur Zeit etw
80 Prozent der Erzeugungsfähigkeit der Werke. Von den Eiſenbahne
wurden viele weitere Lokomotiven und etwa 50 000 Eiſenbahnwagen an
gefragt. Die Automobilinduſtrie iſt lebhaft beſchäftigt, ebenſo die Bau
induſtrie. Der Eingang von Aufträgen in Feinblechen iſt der höchſt
ſeit Mai. Ford fragt insgeſamt 15 000 Tons Profileiſen, für das Wer
in Detroit an. Die Stahlpreiſe ſind feſter. Von Japan wurden wei
tere 1520 000 Tons Feinbleche beſtellt, außerdem größere Mengen vor
Knüppeln und anderen Erzeugniſſen; über weitere umfangreiche Auf
träge wird verhandelt. Von Auſtralien wurden insgeſamt 1100 Eiſen
bahnen, von Indien 2000 Eiſenbahnwagen angefragt. Roheiſen notier
niedriger, und zwar Buffaloeiſen 22 Dollar, Birminghameiſen 20 Doll
Von Frankreich aus wurden 5500 Tons gußeiſerne Röhren für Lo=
Angeles in Auftrag gegeben. Der Markt in Ferrolegierungen iſt un
verändert ruhig. Die Schienenwalzwerke notierten ſchon Aufträge zu
Lieferung im Juni nächſten Jahres.

Börſen.

*Börſenbericht für die Zeit vom 15. bis 20. Okto
ber 1923 (mitgeteilt von der Deutſchen Bank, Filiale Darmſtadt). Die
Annahme des Ermächtigungsgeſetzes ließ zu Beginn der Woche die De
viſenkurſe zunächſt etwas nachgeben. Der Dollar, der in der Vorwoche
ſchon bis 7 Milliarden gehandelt worden war, kam am Montag mit
3,7 Milliarden zur Notiz, doch ſetzte um die Mitte der Woche eine neue
ſcharfe Aufwärtsbewegung ein, da die innerpolitiſche Lage durch den Kon=
flikt
zwiſchen Sachſen und dem Reich eine weitere Erſchwerung erfahren
hat und auch außenpolitiſch keinerlei Erleichterung zu bemerken iſt. Im
Zuſammenhang mit dieſer Entwickelung am Deviſenmarkt geſtaltete ſich
das Geſchäft in den Goldanleihen des Neiches äußerſt lebhaft. Da
immer dringender werdende Bedürfnis nach einem wertbeſtändigen Zah=
lungsmittel
rief hier eine ſehr ſtarke Nachfrage hervor, ſodaß dds ange=
botene
Material mehrmals nicht ausreichte und die Kurſe für Gold=
anleihe
und Dollarſchätze zuletzt ſogar über der Dollarparität lagen. Die
Effektenmärkte eröffneten ſchon am Montag, trotz der an dieſem Tage
etwas abgeſchwächten Haltung der Debiſen in ſehr feſter Stimmung, da
man an der Börſe glaubt, von der bevorſtehenden Einführung der Reu=
tenmark
eine ſtarke Aufwertung der in Goldmark ausgedrückt äußerſt
niedrigen Effektenkurſe erwarten zu dürfen. Inwieweit dieſe Hoffnung
berechtigt iſt, muß allerdings dahingeſtellt bleiben, da ja vorerſt die Pg=
viermark
noch als offizielles Zahlungsmittel beſtehen bleibt und ſomit
auch die Notierungen der Wertpapiere weiter in Papiermark erfolger
werden. Die Nachfrage war auf allen Gebieten ſo ſtark, daß Verviel=
fachungen
der Kurſe ſehr häufig zu verzeichnen waren und auf einzelnen
Märkten ſogar, die Regel bildeten, und das Kursniveau dürfte im ganzei
auch unter Berückſichtigung der gleichzeitigen Deviſenſteigerung eine fühl=
bare
Aufwertung erfahren haben, was umſo bemerkenſiswerter iſt, als
für Auslandsſeite nicht unbedeutende Verkaufsaufträge ausgeführt wor=
den
ſein ſollen. Für die ſtarke Beteiligung des inländiſchen Privatpubli=
kums
bei den Käufen dieſer Woche ſpricht auch die Tatſache, daß die
mittleren und kleineren Werte als diejenigen, die am meiſten zurückge=
blieben
ſind, durchſchnittlich weit höhere Steigerungen auszuweiſen haben,
als die ſeither favoriſierten ſchweren Papiere.

Todes=Anzeige.

Heute nacht 12 Uhr entſchlief
ſanft und Gott ergeben nach kurzem
aber ſchwerem Leiden unſereliebe,
gute Tochter, Nichte und Couſine

Marie Kalbſleiſch

geb. Humla
im Alter von 27 Jahren.
Im Namen d. trauernd. Hinterbliebenen:
Georg Humla und Familie.
Darmſtadt, 21. Okt. 1923.
Die Beerdigung findet Dienstag
3½ Uhr auf dem Friedhof Nieder=
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Darmffädter Tagblatt

Der
Doltder Somſägt

22. Oft. 1923 Nr. 292

A. u. C. Weinbergs Farneſina gewinnt den deutſchen Stutenpreis. Otto Schmidts deutſcher Jockeiſiegerekord.
Neuer deutſcher Refkord im 40 Klometerkauf. Ein Borkamef mit ädſchem Ausgang.

en, für die A
ie Tatſache, d

ien neun Ma
Ausgaben

jg Au. S

Pferdeſport.
Hoppegarten.
Um den Deutſchen Stutenpreis, die Hauptnummer
der Hoppegartener Pferderennen am Sonntag, bewarben ſich 10 Ver=
treterinnen
des Derbh=Jahrgangs. Das über 2400 Meter führende
Rennen war mit 657 Milliarden Papiermark ausgeſtattet. Gerda führte
n flottem Tempo mit etwa 3 Längen Vorſprung vor Lagune, ferner
Arglinda und Landung, die auf gleicher Höhe lagen bis zum Ende
der den Tribünen gegenüberliegenden Seite. Durch den Bogen kam
Is erſte Lagune vor Arglinda, der aufgerückten Farneſina u. Schwarze
Rute. Lagune bog noch als Erſte in die Gerade, doch war das Nennen
entſchieden, als am Berg Farnſina nach vorne ging, die dann überlegen
gewann. Der Wenbergſche Stalljockei Schmidt hat nunmehr in die=
em
Jahre 81 Siege gerittenſtſt 43 Rck. h fürHußauMLHW888 HW.
em Jahre 81 Siegesritte abſolviert und damit den im Jahre 1912 von
S. Bullock aufgeſtellten deutſchen Rekord überboten. Die Rennen er=
zaben
im einzelnen:
Edderitz=Rennen 4300 Mk., 1600 Meter: 1. Larins Agave
Krüger), 2. Habancia, 3. Oberfeldherr. 143:10; 13, 24, 18:10; ferner
Nong, Star, Elmado, Garis Korobi, Ceres, Herbitsturm. Mocaſ=
in
=Rennen. 11000 Mk., 1800 Meter: 1. Hauptgeſtüt Altefelds
Ferrara (Zimmermann), 2. Mortala, 3, Liaze, 42:10. Wald=
ried
=Rennen. 14000 Mk., 1100 Meter: 1. von Negeleins Pik=
ame
(Raſtenberger), 2. Hanſeat, 3. Sans Attout. 39:10; 16, 33, 15:10;
erner Rückgrat, Loſe, Tatkraft, Fontamora, Olifant. Hohenlohe=
deringen
=Rennen. 37000 Mk. 20 Meter: 1. Hauptgeſtüt
Utefelds Aberglaube (Zimmermann), 2. Cigilbert, 3. Rotdorn.
N:10; 15, 15, 17:10; ferner Liane, Königskinder, Hampelmann, Ang=
reon
. Jugend=Rennen. 5800 Mk., 1200 Meter. I. Abtg.:
Lebrins Kyon (Krüger), 2. Bardes Bruder, 3. Magroli. 2:10; 13,
5, 20:10: ferner Lebenslauf, Sonnenſchein II, Heimattreue, Goldmark,
lbendwolke, Eiſenritter, II. Abtg.: 1. von Opels Varrara (Jentzſch),
Lanfeha, 3. Mädchenjäger, 68:10; 22. 19, 28:10; ferner Kardinal II.
Armadila, Falſum. Hafis, Rüſtung. Deutſcher Stutenpreis.
5 000 Mk., 3400 Meter: 1. A. u. B. Weinbergs Farneſina (D. Schmidt),
Lagune, 3. Schwarze Kutte. 77:10; 23, 17. 31:10; 21, Länge. Ferner
Lonſtanza, Landung, Herda, Granate. Noſe Frlanda, Irmſch.
Pairo=Ausgleich. 680 Mk. 2400 Meter: 1. Stirtzels Vellejur
Huquenin), 2. Rhoderich, 3. Weistrutz, 88:10; 19. 15:10, ferner Palona,
Fredo, Kaſſiobaia, Grazie. Taugenichts. Preis vom Flies. 5500
Mk. 1000 Meter: 1. Geſtüt Weilheld M. Schmidt), 2. Fata Morgana,
Erzhalunke, 37:10: 46, N. 74:10; ferner Riviera, Teufelsville, Teu=
elskraut
, Mendaos, Amara, Gentamora, Rittergkademie, Madih, Riſtil.
/ Feierabend getötet.
De: im Großen Preis von Karlshorſt am Dienstag ſchwer geſtürzte
neunjährige Steepler Feierabend erhielt am Freitag abend die Gna=
denkugel
. Wie ſich erſt ſpäter herausſtellte, hatte Feierabend eine Ver=
etzung
des Rückgrates davongetragen.
Rennen in Neu=York.
Einem Telegramm aus Neu=York zufolge kam am Sonntag im
Belmonte=Park bei Neu=York das Match zwiſchen Papyrus, dem eng=
iſchen
Derby=Sieger und Zeo, dem Sieger im amerikaniſchen Derby,
um Austrage. Dem Zweikampfe wohnte eine rieſige Zuſchauermenge
ſei. Ungeheuere Wetten wurden abgeſchloſſen. Im Verlauf des Ren=
ens
ſtellte ſich der amerikaniſche Derbyſieger als das überlegene Pferd
ſeraus. Ohne daß es zu einem ſpannenden Endkampf kam, ſchlug der
Imerikaner leicht mit vier Längen den engliſchen Derbyſieger. Der=
Sieger erhielt 100 000 Dollar, der zweite 25 000 Dollar.

Leichtathletik.

Rund um Hamburg. 10 Klm.: 1. Boltze=Uhlenhorſter Herta,
2:14 Min. (bisheriger deutſcher Rekord 32:16). Es iſt aber zweifelhaft.
b der neue Rekord anerkannt wird, da die Bahnmeſſung ungenau ſein
oll. 2. Hufen=Hannover 33:06, 3. Frantſen 38:09.
*
Das Wiuterſemeſter der deutſchen Hochſchule für Leibesübungen,
as achte ſeit Beſtehen der Berliner Anſtalt, beginnt am 1. November.
*s ſind bereits jetzt 21 Neueinſchreibungen erfolgt, darunter 14 Herren,
Damen. Eine Neihe weiterer Geſuche liegt vor. Schluß der Imma=
rikulation
iſt am 15. November. Der Semeſterbericht der Hochſchule
ir das Sommerſemeſter iſt in Nr. 16/18 der Monatsſchrift für Turnen,
spiel und Sport erſcheinen. Semeſter=Verzeichnis und Bericht er=
ältlich
im Sekretariat der Hochſchule, Charlottenburg 9, Deutſches Sta=
ion
. Fernruf Wilhelm 5803.
Boxen.
Tragiſcher Ausgang der Kölner Boxkämpfe.
Die Kölner Boxkämpfe fanden leider ein unliebſames Ende. Beim
zauptkampf des Abends zwiſchen Schmitz=Köln und Schmidt=Mainz
onnte letzterer bereits in der vierten Runde ſeinen Gegner niederſchla=
en
, der ausgezählt wurde. Als er ſich nicht erheben konnte, veranlaßte
er anweſende Sportsarzt ſeine ſofortige Ueberführung ins Kranken=
aus
, wo er, ohne das Bewußtſein erlangt zu haben, verſchied. Die
ſodesurſache konnte bis jetzt noch nicht feſtgeſtellt werden.
Schwimmen.
Deutſche Schwimmer in Amerika.
Saus Luber=Berlin hat für den Monat Noombe: eine Eigladung
ach Buenos Aires erhalten, der er Folge zu leiſten gedenkt. Erſt vor
urzem hatte er in Skandinavien und Finnland ſein Können durch eine
eiſpielloſe Siegesſerie von neuem bewieſen. Außer Luber ſind noch für
as nächſte Frühjahr die deutſchen Schwimmer Frölich, Rademacher und
ſeinrich von Illinois Athetie Club nach Chicago eingeladen worden.

Wandern.
3

Turngemeinde Darmſtadt 1846. Eine ſtattliche Schar
janderfroher Turnerinnen und Turner fand ſich geſtern früh am Tier=
runnen
ein um die 6. Wanderung des diesjährigen Wanderjahres mit=
umachen
. Frohgemut machte man ſich auf den Weg über den Herr=
ottsberg
, Waltersteich nach der Papiermühle. Hier wurde erſtmalig
er Nuckſack ſeines Inhaltes erleichtert. Nun führte der Weg über Haus
zurgwald nach Nieder=Beerbach, Frankenhauſen und Neutſch. Hinter
jeſem Dörfchen war bald ein geeignetes, windgeſchütztes Plätzchen im
Balde gefunden, wo man Mittagsraſt halten konnte. Nach der leib=
chen
Stärkung füllte man die Zeit mit einigen Bewegungsſpielen aus.
in gehobener Stimmung und roten Wangen zog man mit einem fri=
hen
Wanderlied weiter. Bald war Ernſthofen erreicht und weiter
bber= und Nieder=Modau. Ein kleiner Anſtieg führte das Völkchen auf
en Breitenſtein, dem letzten Raſtplatz des Tages. Ueber Nieder= Ram=
adt
, Emelinenhütte ging es der Heimat zu, wo man bei Einbruch der
dämmerung anlangte. Die kleinen Regenſchauer konnten die gute
Stimmung nicht mindern, ſie wurden von der abgehärteten Schar leicht
rtragen. Dem Auge des Wanderers und Naturfreundes boten die
erbſtlich gefärbten Wälder entzückende Bilder, die klare Luft geſtattete
ute Fernſicht. Auch die Lungen der Städter konnten ſich in der wür=
igen
Waldesluft friſch ſtärken.
Nächſten Samstag abend findet ſich das Wandervölkchen mit den
nderen Abteilungen der T.G. D. 1846 im Tie=Saal zuſammen, um Tie
u halten. Dieſesmal ſind heitere Vorträge, muſikaliſche und geſangliche
darbietungen, wie auch eine Erzählung eines Aufſtiegs zur Zugſpitze
un der Vortragsfolge enthalten.
Auch Freunde und Göner dieſer Beſtrebungen ſind herzlich hierzu
ingeladen.

Rugbg.

Sportverein OffenbachEintracht=Frankfurt 6:3.
Sp.V. Offenbach-Eintracht=Frankfurt 6:3.
Sportklub Frankfurt 1880 II.Tv. Heidelberg I. 6:1.
Sportklub Frankfurt 1880 III.Tb. Heidelberg II. 3:0.
Komb. Heidelberger 15-Amateur Wien 28:10.

Fußball.

Turnen.

Der Mittelrhein=Turnkreis wird am 25. November im Frankfurter
Turnverein (Sandweg 4) eine Sitzung der Gauvertreter, des Kreisaus=
ſchuſſes
und des Kreisturnausſchuſſes abhalten, in der der Arbeitsplan
für das Jahr 1924 feſtgelegt werden ſoll. Es iſt beabſichtigt, den Kreis=
ſpielertag
noch im Laufe dieſes Jahres und den Kreisſchwimmertag im
Frühjahr 1924, beide in Frankfurt abzuhalten. Die Geſchäftsführung
des Mittelrheinkreiſes wird vorausſichtlich einem engeren Ausſchuß über=
tragen
, der in Frankfurt in regelmäßigen Abſtänden leicht zuſammen=
kommen
kann. Große Veranſtaltungen, wie ein Kreisturntag, verbieten
ſich von ſelbſt, ſo daß alle Turnarbeiten ſich mehr auf engere Kreiſe,
Vereine und Gaue beſchränken müſſen.

Hocken.

Sportverein Darmſtadt Verein für Raſenſpiele Pfungſtadt 6: 2.
e= Unter Leitung des Herrn Sichenberger vom F.C. Viktoria=
Aſchaffenburg ſtanden ſich geſtern auf dem Sportplatz am Böllenfalltor
die Ligamannſchaften des Sportvereins und des Vereins für Raſenſpiele
Pfungſtadt im fälligen Kreisligaverhandsſpiel gegerüber. Wenn man
auch in eingeweihten Kreiſen mit einem knappen Sie e der Darmſtädter
gerechnet hatte, ſo hat die Höhe des Ausganges des heutigen Treffens
zwiſchen beiden Vereinen doch etwas überraſcht. Sportverein fpielt
mit ſeiner Ligamannſchaft in den diesjährigen Verbandsſpielen eine
gute Note, und aller Vorausſicht nach wird ſie ſich auch bei den weite=
ren
Spielen von allen beteiligten Vereinen am beſten durchzuſetzen
wiſſen. Die Mannſchaft ſelbſt beſitzt eben gegen alle ihre Gegner doch
mehr Wettſpielerfahrung, was ihr niemand ſtreitig machen wird. Pfung=
ſtadt
, das von jeher immer einen guten und nie zu unterſchätzenden
Gegner abgab, hat dies auch heute beſtätigt. Die Mannſchaft, die mit
Erſatz antreten mußte, hielt ſich recht tapfer und war zuweilen viel
eifriger als ihr Gegner, der es gegen ſonſt mehr mit der Ruhe zu tun
hatte. Mit Eſſer und Rheinhardt im Pfungſtädter Sturm wäre ſicher
der Stand des Spieles bei Halbzeit 3:9 für Darmſtadt ein anderer
geweſen. Dem muß aber auch entgegengehalten werden, wenn Tacgezs
zahlreiche Lattenſchüſſe ihr Ziel nicht verfehlt hätten, das Reſultat ein
noch ganz anderes geworden wäre. Der naſſe und dadurch glatte Naſen=
boden
beeinträchtigte das Spiel ſehr, und mag auch dazu beigetragen
haben, daß um den Ball ſehr zaghaft gekämpft wurde. Pfungſtadts
beide Tore waren nette Einzelleiſtungen ihres Linksaußen Becker, der
überhaupt einer der beſten und ſchnellſten Leute der Pfungſtädter Mann=
ſchaft
geweſen iſt. Beide Tore hätte Ellenbeck verhüten müſſen. Sein
Gegenüber iſt, ſo ſehr ſeine Leiſtungen anzuerkennen ſind, für ſolche
Spiele, bei denen es manchmal hart auf hart geht, als Tormann zu klein
und noch zu jung. Sein Kollege aus Pfungſtadts Liggerſatz wäre ſicher
geeigneter geweſen. Alle ſechs Tore, die der Sportverein heute erzielte
waren für ihn nicht zu halten. Tacaez, der das Hauptverdienſt an dieſer
Torzahl hat, war auch ſonſt mit der beſte Mann beim Spiel, auch
Müllmerſtadt und Bärenz, die von den Flanken ſehr gut unterſtützt
wurden, zeigten wieder ſehr gute Leiſtungen. Im großen und ganzen
ein Spiel, bei dem Pfungſtadt öfters in ſeine Hälfte zurückgedrängt, der
Sportverein zeitweilig als überlegene Partei den Ton angab und ſich
trotz mancher gut eingeleiteter Angriffe Pfungſtadts nicht verblüffen
ließ. Der Schiedsrichter, einer der beſten aus dem Mainkreis, war gut.
Die zahlreichen Zuſchauer kargten bei guten Leiſtungen der einzelnen
Spieler beiderſeits nicht mit ihrem Beifall und gaben ſich zufrieden über
den Verlauf.
Im Ligagerſatzſpiel zwiſchen beiden Vereinen trennten ſich
die Mannſchaften mit einem Unentſchieden (1:1). Die dritte Mann=
ſchaft
des Sportvereins ſpielte in Lampertheim gegen den dortigen
Turn= und Sportverein 2:0, während die vierte Mannſchaft gegen die
bierte Mannſchaft der Sportvereinigung 1904=Arheilgen ihr Verbands=
ſpil
mit 0:2 Toren verlor.
Helvetia=Frankfurt Sportverein=Frankfurt, 0:1.
Helvetia mietete ſich für dieſes Spiel den Eintrachts=Sportplatz am
Riederwald, wo gegen 5000 Zuſchauer verſammelt waren, um obiges
Treffen mit anzuſehen. Leider hielt der Kampf nicht das, was man ſich
von zwei ſolch großen Gegnern verſprach. Es wurde ſchnell und eifrig
gekämpft. Die ſonſt gewohnte Höhe ihres ſpieleriſchen Könnens er=
reichten
jedoch beide Gegner nicht. Schuld daran war wohl der leidige
Kampf um die Punkte. Beiderſeits wurden eine Reihe Gelegenheiten
ausgelaſſen. Sportverein blieb glücklicher Sieger, als er durch einen
leichten Ball, den Stein einſchob, kurz nach der Pauſe in Führung ging.
Weitere heiderſeitige große Anſtrengungen führten zu nichts zählbarem
mehr. Munk=Feuerbach amtierte einwandfrei.
Hanau 93 Eintracht=Frankfurt, 3:2.
Nun iſt auch Eintracht geſchlagen. Schuld daran waren die ſehr
ſchlechten Platzverhältniſſe in Hanau. Dies ſoll jedoch den Sieg nicht
ſchmälern. Die Hanauer Mannſchaft, die aus lauter flinken Leuten be=
ſtand
, war ſelbſtverſtändlich ihrem ſchweren Gegner an Behendigkeit
über. Trotzdem ſtand das Treffen bis fünf Minuten vor dem Abpfiff
2:2. Eintracht machte den Fehler, ihren Gegner vollſtändig einzu=
ſchnüren
. Das Verhängnis kam ſchnell. Ein Durchbruch verſchaffte den
Hanauern den 3. Erfolg, den dieſe die letzten Minuten zäh hielten.
Sportverein=Offenbach Sportklub=Bürgel, 0:3.
Der erwartete Sieg der Bürgeler Elf blieb nicht aus. Bürgel war
den größten Teil des Sdieles im Angriff und ſiegte leicht mit 3:0.
Viktoria=Aſchaffenburg Kickers=Offenbach, 1:1.
Auch hier war der Plitz ziemlich grundlos. Kickers führten bis zur
Pauſe bei offenem, gleichmäßig verteiltem Spiel mit 1:0. Die zweite
Hälfte ſind die Bahern im Angriff. Bereits nach 10 Minuten iſt der
Ausgleich hergeſtellt. Zwei weitere erzielte Tore wurden vom Schieds=
richter
nicht gegeben und ſo trennten ſich beide Gegner mit dem unent=
ſchiedenen
Ergebnis.
Egelsbach-Niederrad 1:2.
LangenBieber 1:3.
MühlheimHeuſenſtamm 3:6.
SachſenhauſenHauſen .
V. f. L. Iſenburg Sp.=V. Klein=Steinheim 330.
V. f. B. Groß=AuheimGermanig=Niederrodenbach.
T.V. Damm 18631860 Hanau 1:9.
Viktoria=KahlRüla 0:0.
Sp.=Vgg. LangenſelboldHanau 94 2:1.
V. 7. B. Friedberg-Kickers=Aſchaffenburg 1:0.
Spielvereinigung=Fürth Fußballverein=Rürnberg, 0:0.
F.C.=Nürnberg Bahyern=München, 6:0.
Augsburg M. T. V.=Fürth, 0:4.
Pforzheim Freibung, 1:1.
Sp. C.=Stuttgart Phönix=Karlsruhe, 1:0.
Sportverein HanauGelnhaufen 03 2:1.
FeudenheimPhönis=Mannheim 5:0.
Waldhof V. f. R. Mannheim 3:1.
Phönix=LudwigshafenFußballklub. Ludwigshafen 4:4.
Pfalz=Ludwigshafen-Fußballklub Pirmaſens 1:1.
Herta=Mannheim-Fußballklub Käfertal 7:0.
Fußballverein WeinheimSportverein Arheilgen 6:0.
Sportverein DarmſtadtGermania=Pfungſtadt 6:2.
Fußballverein Frankenthal- Fußballverein Speher 2:2.
L. f. L. Pirmaſens Pirmaſens 05 2:1.
Ff.R. FrieſenheimUnion=Ludwigshafen 5:1.
Ludwigshafen 04Dckersheim 7: 1.
V.f.L. Neckarau-Germania Friedrichsfeld 3:0.
Union Mundenheim-Arminia=Rheingönnheim 3:1.
SandhofenOlympia=Lorſch 2:0.
Plankſtadt Schwetzingen 3:0.
Fußballverein Kaiſerslautern-Pirmaſens 03 6:1.
Vf.B. ZweibrückenPfalz=Zweibrücken 4:1.
Sportverein KaſſelKurheſſen Kaſſel 4:2.
Neunkirchen 09Büdingen 2:1.
St. IngbertSulzbach 1:0.
Fußballverein KarlsruheGermania=Durlach 5:3.
Frankonig=Karlsruhe Beierheim 6:0.
Gaggenau-V.f.B. Karlsruhe 2:1.
Eintracht StuttgartReutlingen 2:1.
Turn= u. Sportgde, HöchſtAlemannia=Griesheim 2:3.
Mainz GSpielvereinigung Wiesbaden 1:2.
VfR. Alemannia=Worms-Wormatia 0:1.
FV. Biebrich-Vereinigung Kaſtel 5:0.
Germanig=SchwanheimF.C. Unterliedersbach 2:0.

Das von uns angekündigte Spiel zwiſchen T.V. 1860=Frankfurt und
der Nürnberger Hockeygeſellſchaft fand nicht ſtatt. In letzter Stunde
erfolgte von den Bayern eine Abſage wegen der neuerdings ſtark ge=
ſtiegenen
Eiſenbahnfahrpreiſe.
Darmſtädter Hockeyklub I.Sportklub Frankfurt 1880 I. 7:4 (5:1).
Die trotz des wenig einladenden Wetters am Sonntag vormittag er=
ſchienenen
Zuſchauer wurden durch ein hochklaſſiges, ſchönes Spiel er=
freu
. Sportklub 1880 trat leider nicht mit der kompletten I. Mannſchaft
an, doch fügte ſich der Erſatz gut ein. Von den Kanonen fehlten vor allem
Theo Haag und Dr. Hörmann. Das Spiel beginnt im ſchärfſten Tempo
mit glatter Ueberlegenheit der Einheimiſchen. Die Verteidigung Paul I,
Thomſen kann ſich der ſtürmiſchen Angriffe nicht lange erwehren. Der
Darmſtädter Sturm, gut unterſtützt von der Läuferreihe, weiß, was es
gilt, und 5mal landet der Vall im Frankfurter Tor. Das wird den
Gäſten zuviel, in zähem Ringen holen ſie ein Tor auf. Nach Seiten=
wechſel
ändert ſich das Bild. 1880 ſetzt Dampf auf. Willi Haag reißt
ſeinen Sturm nach vorne. Die linke Seite, v. Biſſing, Benzinger liegt
ſtark im Angriff. Darmſtadt verteidigt verzweifelt, doch die 80er laſſen
nicht locker, Paul II als Mittelläufer zieht alle Regiſter ſeines großen
Könnens, er deckt glänzend ab und wirft ſeinen Sturm wieder und immer
wieder nach vorne. In regelmäßigen Abſtänden fallen 3 Tore für Frank=
furt
. 5:4. Die Spannung iſt groß. Wird D. H.C. das Spiel halten kön=
nen
, Beide Mannſchaften geben ihr Letztes. D.H.C. zieht mächtig los
und Frankfurt 1880 vermag dem Schlußtempo nicht zu folgen. Eine
Vorlage von Halbrechts ſchießt der Darmſtädter Halblinke zum 6. Tor
für ſeine Farben ein, und kurz vor Schluß erzielt er durch einen Fehler
von Paul 1 das 7. Tor. Frankfurt 1880 zeigte trotz des eingeſtellten Er=
ſatzes
ein hervorragendes Spiel. Allerdings machte ſich das Fehlen von
Theo Haag im Sturm ſtark bemerkbar, ſeine gefürchteten Schüſſe hätten
das Reſultat ſicher ſtark beeinflußt. In der Läuferreihe glänzte Paul II,
auch Bodesheim war ſehr gut. In der Verteidigung war Paul I. wie
immer, der Beſte. D. H.C. war dem Gegner an Siegeswillen überlegen,
das Spiol der erſten Halbzeit war ohne Tadel. Jeder gab ſein Beſtes,
und der Sieg iſt wohl verdient und entſpricht dem Spielverlauf. Die
Neuafſtellung des Sturmes bewährte ſich gut, von Endert auf Halblinks
ſchoß alle 7 Tore.

Motorradrennen.

Der Heffiſche Motorrad=Club Darmſtadt hielt
geſtern ſein Herbſt= und Schlußrennen ab. Die Rennſtrecke
betrug etwa 60 Kilometer und ging vom Böllenfalltor über Kurhaus
Trautheim, Ober=Ramſtadt, Reinheim. Lengfeld, Groß=Umſtadt, Die=
burg
nach dem Ziel Oberwaldhaus. Es wurden an die Fahrer, ſowie
Maſchinen die größten Anforderungen geſtellt, da bei ſtrömendem Re=
gen
und aufgeweichter Straße gefahren wurde. Auch dieſes Rennen
hat wieder gezeigt, daß der Heſſiſche Motorrad=Cluh außerordentlich
tüchtige Sportsleute beſitzt, die ſich die Freude am Sport nicht durch
die ſchlechte Witterung verderben ließen. Es herrſchte bei der Abnahme
die beſte Stimmung unter den Fahrern, und es war bewundernswert,
wie Abnahme und Start ſich muſtergültig abwickelten. Die Sportleitung,
die aus den Herren Hens Ludwig, Ga. Hahn. Gg. Fuchs. Willi Feidt
und Guſt. Stroh beſtand, hatte das Nennen muſtergültig organiſiert, ſo
daß von vornherein die glatte Abwickelung des Rennens gewährleiſtet
war. Auch die Streckenbeſetzung war durch Mitglieder,des Klubs aut
durchgeführt; die Kantrolle in Groß=Umſtadt war muſtergültig. Die
Heſſiſche Automobil=Geſellſchaft A.G. hatte eins von ihren flinken
Fahrzeugen in liebenswürdiger Weiſe der Oberleitung zur Verfügung
geſtellt. Der Wagen wurde von dem bekannten Rennfahrer E. Stroh
geſteuert. Es herrſchte unter den Fahrern große Begeiſterung, da den
Siegern in jeder Klaſſe wertvolle Ehrenpreiſe, durch Mitgliedeu des
Klubs geſtiftet worden waren. Es war ein heißes Ningen, da jeder
Fahrer ſich einen der ſchönen Preiſe ſichern wollte. Die Firma Tech=
nika
ſtellte in liebenswürdiger Weiſe den Fahrern das benötigte Benzin
und Del koſtenlos zur Verfügung. Nachdem die Abnahme ſich glatt voll=
zogen
hatte, ſtellten ſich über 30 Fahrer dem Starter. Punkt 9.30 Uhr
berließen die erſten Maſchinen den Start. Geſtartet wurde in fünf
Klaſſen in Abſtänden von 10 Minuten.
Klaffe 1 Gis 150 cem): 1. Philipp Huck auf Wanderer, 2. A.
Auth auf Flottweg, 3. Hch. Geil auf Buſſe.
Klaffe 2 (bis 250 cem): 1. Sch. Weichſel auf Dolf, 2. 9.
Kappel auf Dolf, 3. W. Schäfer auf Heilo.
Klaffe 3 (bis 350 ccm): 1. Ludwig Gräb auf Aſtoria, 2. Hans
Ripper auf Wanderer.
Klaffe 4 (bis 500 ccm): 1. J. Elliſſen auf Triumph=Ricardo,
2. Hans Lidwig auf Helios, 3. Ingelb. Meier auf N.S.U., 4. Ernſt
Gräb auf N.S.U., 5. Willi Storck auf Wanderer.
Klaſſe 5 (über 500 ecm): 1. Geo Wieſt auf Wanderer, 2. Rud.
Pecher auf Wanderer, 3. Thomas Ciſinger auf Wanderer.
Die ſchnellſte Zeit des Tages wurde von dem jungen Fahrer Geo
Wieſt auf Wanderer erreicht, der die 60 Kilometer lange Strecke in
46 Minuten 50 Sekunden zurücklegte.

Radfahren.

Herbſt=Schlußrennen des Darmſtädter Radſport=Clubs 1919.
Trotz einer ungünſtigen Witterung konnte das Rennen über 32,6
Kilometer, das auf der Strecke Darmſtadt Böllenfalltor Ober= Ram=
ſtadt
Roßdorf Gundernhauſen Dieburg Darmſtadt Ober=
Waldhaus zum Austrag kam, pünktlichſt 9 Uhr vormittags am geſtrigen
Sonntag ſeinen Anfang nehmen. Die 12 geſtarteten Fahrer wurden in
Minuten=Abſtänden während des anhaltenden Regens in folgender
Reihenfolge von den Startern nach dem Ziele zu entlaſſen: Fiſcher
Heinrich, Niebel, Pech, Ganß, Neſter, Dörr Wilhelm, Fiſcher Ludwig,
Darmſtädter, Kunz, Offenthal Adam, Arnold und Enders Joſef. Die
Fahrer Arnold und Enders, die vor Beginn des Rennens bereits die
Strecke von Dieburg bis Darmſtadt=Startplatz zurücklegen mußten, ſtar=
teten
als letzte und fuhren trotzdem eine tadelloſe Zeit. Die Befürchtung,
daß in dieſem Jahre infolge der ſehr ſchlechten Straßenverhältniſſe
und der ungünſtigen Witterung die Rekordzeiten der vorhergegangenen
Jahre nicht erreicht werden würden, wurde aufs angenehmſte enttäuſcht,
da der Sieger die Strecke in genau 60 Minuten durchfuhr. Auch die
Zeiten der übrigen Nennfahrer ſind im Verhältnis gegen die Vorjahre
ganz bedeutend beſſere und kann der D. R.C. ſtolz auf ſeine Rennmann=
ſchaft
ſein, die bewieſen hat, daß innerhalb derſelben ein richtiger ſport=
licher
Kern ſteckt, da ſie trotz des ſchlechten Wetters ihren Sportgeiſt ge=
zeigt
hat. Lediglich aus dieſem Grunde ſieht ſich der D.R.C. veranlaßt,
der ganzen Rennmannſchaft auch an dieſer Stelle für ihre Betätigung
ganz beſonders zu danken. Die Reſultate, die auf dem Oberwaldhaus
bekannt gegeben wurden, ſind folgen:e 1. Ganß 1 St., 2. Fiſcher Heinr.
1,2,20; 3. Neſter 1,2,40; 4. Offenthal 1,4,45; 5. Niebel 1,5,41; 6. Kunz
1,7,.15; 7. Pech 1,9,22; 8. Dörr 1,13,56; 9. Darmſtädter 1,13,58; 10.
Fiſcher Ludwig 1,15,10; 11. Enders 1,15,40. Fahrer Arnold, der einige
ſeiner Vordermänner auf der Strecke überholt hatte, wurde leider bei
Gundernhauſen infolge Schlauchdefekt zurückgeworfen und kam ſo als
letzter durchs Ziel.
Die Preisverteilung, verbunden mit einem gemütlichen Beiſammen=
ſein
, fand abends im Clublokal, Fürſtenſaal, ſtatt und war es dem alten
Vorſtand des D.R.C. vor ſeiner Generalverſammlung am Freitag, den
26. Oktober 1923, noch möglich, die Rennfahrer durch die ihnen zu=
ſtehenden
Preiſe zu ehren. Hoffentlich erhalten die Radſportler in nicht
mehr allzulanger Zeit die ſchon ſo lang erſehnte und ihnen mit Recht
auch zuſtehende Rennbahn, damit ſich die Rennfahrer vielleicht ſchon im
nächſten Jahre nicht nur auf der Straße, ſondern auch auf der Bahn im
friedlichen Wettbewerb einander meſſen können.
Der B.D.R. hat für das nächſte Jahr zwei große Juternationale
Fahrten bei der U. C. J. angemeldet und zwar den Großen Preis
von Deutſchland am 8. Juni über 300 Klm. mit Start ud Ziel
in Köln und eine Dreietappenfahrt Zürich-Berlin über
1000 Klm. am 17., 18. und 20. Juli.
Seine Sportwoche hält der B.DR. am 2. bis 5. Auguſt in
Frankfurt am Main ab.

[ ][  ]

Seite 6.

Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 22. Oktober 1923.

Nummer 292.

Landwirtſchaft, Sartenbau, Kleintierzucht und Siedlungswefer

Die Ueberwinterung der Wurzelgemüſe.

Von den Rübenarten ſind die roten Salatrüben und die
Runkelrüben am leichteſten zu überwintern. Man bewirft ſie
einfach mit Erde und deckt darüber Laub, Stroh oder ähnliche
Stoffe. Mangold, der den beiden genannten Arten verwandt iſt,
muß mit dem Kopf nach oben eingeſchlagen werden. Um Fäul=
nis
zu verhüten, legt man zuwächſt Tannenreiſig darüber, dann
Laub. Schwarzwurzeln überdauern den Winter leicht als feſt=
gewurzelte
Pflanzen im Lande, ſind aber empfindlich in der
Grube. Mohrrüben faulen leicht und ſind deshalb gut gegen
Näſſe zu ſchützen. Zu dieſem Zweck belegt man die Mieten mit
Brettern. Sehr begünſtigt wird das Faulen durch madige Rüben.
Stoppelrüben und Teltower Rüben leiden in der Grube meiſtens
an unenwünſchtem Auftrieb; ſie müſſen deshalb möglichſt flach
ausgebreitet werden, damit ſie kühl liegen. Trockenheit iſt dabei
natürlich auch geboten. In Käſten mit trockenem Sand ſind ſie
am beſten aufgehoben. Unſere Kohlrübe neigt auch oft zur Fäul=
nis
. Sie iſt ohne Erde aufzuſchichten und dann in der beſchrie=
benen
Weiſe zu bedecken. Das Trockenlegen iſt auch bei ihr eine
Hauptbedingung. Die ausſtrömende Feuchtigkeit des ſie un=
gebenden
Bodens iſt ihr dienlich, da ſie ſich darin friſch erhält.
Meerrettich hält ſich, irgendwo in die Erde gegraben und mit
Laub bedeckt, ſtets ſehr gut, er iſt ein nicht umzubringendes Ge=
wächs
, von dem jede Wurzelſpitze immer wieder austreibt.
Zichorien bewahren wir bloß auf, wenn wir die Blätter
verwenden wollen. Hierzu müſſen ſie mit dem Kopf nach oben
gut eingeſchlagen werden. So treiben ſie leicht und wachſen nach
dem Abſchneiden immer wieder nach. Die Wurzeln kann man
ſpäter noch an die Kaninchen verfüttern. Zur Gewinnung von
Kaffee=Erſatz werden die Zichorien im Spätherbſt herausgenom=
men
, gewaſchen, gebrockt, getrocknet und ſchließlih gebrannt und
gemahlen. Sind die Brocken getrocknet, ſo kann man die Gele=
genheit
zum Brennen abwarten, wenn nun ſie trocken und luftig
aufbewahrt.
Porree hält viel Kälte und Näſſe aus, ſo daß wir ihn an
einer beliebigen Stelle des Gartens einſchlagen können, um ihn
bei eintretendem ſtatken Froſt mit Lauh zu jedecken.
Beſondere Aufmerkſamkeit verlangt, dagegen der Sellerie,
denn dieſer iſt gegen die winterlichen Niederſchläge ganz beſon=
ders
empfindlich. Kopf oben, ſauber Reihe an Reihe eingeſchla=
gen
, legen wir 20 bis 30 Zentimeter über den Knollen Bretter
mit der üblichen Bedeckung. Brett für Brett wird dann beim
Verbrauch der Sellerie herausgenommen, und der zurückblei=
bende
immer wieder gut gegen Froſt geſchützt. Das Austreiben
der Blätter iſt bei dem Sellerie ſehr willkommen, da wir ſie auch
gebrauchen und die Knollenk noch ſchonen. Man nehme keines die=
ſer
Gemüſe zu früh heraus, denn dies beeinträchtigt ihre Halt=
barkeit
. Der Oktober ſollte als Erntemonat für Wurzelgemüſe
noch gar nicht in Betracht kommen, erſt Anfang November iſt
die richtige Erntezeit. Am beſten ſieht man es am Austreiben des
Gemüſes in der Grube, daß es zu früh herausgenommen wurde
und der Abſchluß im Lande noch nicht ſtattgefunden hatte. Außer=
dem
kommt das Gemüſe im November recht kühl und abgehärtet
in den Aufbewahrungsraum, und hat auch darum die beſte Aus=
ſicht
, ſich zu halten. Auch hat es in den letzten vier Wochen noch
bedeutend zugenowmen. Dann kommt es bei richtigetz Ueber=
winterung
darauf an, ſich beim Verbrauch der verſchiedenen Ge=
müfearten
nach der Haltbarkeit zu richten, damit möglichſt wenig
umkommt.
Das Einlagern geſchieht an regenfreiem Tage. Die Grube
wird in möglichſt trockenem ſandigen Boden angelegt, der keine
nicht völlig zerſetzten Dungſtoffe enthalten darf. Am beſten legt
man eine dem Vorrat entſprechende Zahl von kleinen Gruben=
abteilungen
an, deren jede nur wenige Zentner Rüben faßt, und
läßt zwiſchen den Abteilungen eine ſchmale Erdbank ſtehen. Die
Tiefe der Grube ſei höchſtens 50 Zentimeter. In ihr ſollen die
Rüben nie über einen Meter hoch aufgeſchichtet werden, am
beſten nur 50 Zentimeter hoch, ſo daß der Stapel mit der Erd=
fläche
in gleicher Ebene abſchließt und nur die Decke darüber
hinausreicht. In dieſer Art liegen die Rüben immer gleichmäßig
kühl und können ſich nicht erhitzen, beſonders wenn man, was
wichtig iſt und leider oft unterlaſſen wird, zwiſchen jede Schicht
Rüben ſoviel leichte Erde einſtreut, daß alle Zwiſchenräume da=
mit
ausgefüllt werden. Wer die Rüben ganz ſachgemäß ein=
lagern
und Raum ſparen will, darf ſich die kleine Mehrarbeit
nicht verdrießen laſſen, ſie ſchichtweiſe zu packen, glatt nebenein=
ander
. Es können dann keine Hohlräume bleiben. Iſt die Grube
gefüllt, wird einſtweilen nur ſoviel Erde daraufgebracht, daß der
Rübenſtapel eben bedeckt iſt. Erſt bei Eintritt ſtärkerer Fröſte
wird ſtärker mit Erde abgedeckt. 20 bis höchſtens 30 Zentimeter
hoch, und ſchließlich nach Bedarf eine Lage Laub, Moos, Nadel=
ſtreu
, Nadelreiſig oder Kartoffelkraut darüber, doch niemals
Dünger. Bei milder Witterung iſt dieſe Decke zu lüften oder
ganz abzunehmen. Das Einſtecken von Strohbüſchen als Luft=

Die Finanzen des Großherzogs.

Roman von Frank Heller.
Copyright bei Georg Müller Verlag, München.
(Nachdruck verboten.)

Der bin ich, und ich bin es nicht gewohnt, von einem frem=
den
Offizier in meinem eigenen Lande einem Verhör unterzogen
zu werden.
Sie täuſchen ſich, wenn Sie ghauben, daß Sie in Ihrem
igenen Lande ſind. Sie ſind in Rußland, da Sie ſich an Bord
ines ruſſiſchen Panzerkreuzers befinden, und hier befehle ich.
Sie kennen alſo dieſen Mann nicht?
Nein, erwiderte der Großherzog ebenſo kalt wie früher
nit einem verachtungsvollen Blick auf Herrn Marcovitz. Ich
abe ihn noch nie geſehen.
So, er hat mich noch nie geſehen. Er kennt mich nicht!
Beim lebendigen Gott, das iſt großartig! Und meine dreimal=
zunderttauſend
Peſetas die kennt er auch nicht, was? Die hat
er auch nie geſehen .."
Schtveigen Sie, Marcovitz! brüllte zum zweiten Male der
ange Offizier. Warten Sie, bis Sie an die Reihe kommen,
abe ich Ihnen ſchon geſagt, und hüten Sie ſich, dem, was ich
ſage, zuwider zu handeln. Sie ſind in Rußland, Marcovitz,
icht in Frankreich. Sie verſtehen den Unterſchied?
Der kleine Mann, der ſofort verſtummt war, ſah ihn mit
lugen an, in denen die ererbte Angſt von Generationen zu leſen
var. Ein Strähn ſeines ſchütteren Haares löſte ſich und fiel
m ins Geſicht. Der lange Offizier, der ihn ſchweigend fixiert
hatte, wendete ſich nun wieder dem Großherzog zu:
Dieſer Mann, ſagte er, mit einer Kopfbewegung nach
Herrn Marcovitz, kam in Marſeille an Bord, gerade als ich den
Befehl des Bootes übernommen hatte, und bat um eine Audienz.
ſch ſchlug ſie ihm ab, bis er mir durch meinen Adjutanten eine
ſeſchichte erzählen ließ von ſo unerhörter Art, daß ich ſie zuerſt
nicht glauben wollte, dann mußte ich mich aber aus Rückſicht für
Nußlands kaiſerliches Haus doch überzeugen, ob ſie wahr ſei
der nicht.
Eine Großfürſtin von Rußland ſtand vor zwei Jahren im
Begriffe, ſich mit dem Großherzog von Minorca zu verloben,
doch die Verlobung ſcheiterte an dem Widerſtande ihres hohen
Jaters. Die Prinzeſſin, die ſich merkwürdigerweiſe in beſag=
en
Großherzog verliebt hatte, obgleich ſie ihn nie geſehen, war
von romantiſchem und überſpanntem Naturell. Eines ſchönen
Tages ſchrieb ſie insgeheim einen Brief an ihn, der voll von
jenen unvorſichtigen Ausdrücken war, die ein junges Mädchen
bei ſolchen Anläſſen ſo leicht anwendet , . Es wäre ſeine

regler iſt bei dieſer zweckmäßigſten Art der Einlagerung ganz
überflüſſig und bietet nur dem Ungeziefer und den Nagern Un=
terſchlupf
und leichteren Zugang zu den Rüben. Das Eindecken
des Rübenſtapels mit Stroh, auf welches dann die Erde kommt,
wie bei den Kartoffeln, iſt nicht zwechmäßig. Rüben lagern und
halten ſich entſchieden beſſer und friſcher, wenn ſie allſeitig von
Erde umgeben ſind. Das Aufnehmen der Rüben aus der Grube
iſt einfacher und leichter, wenn es nicht von oben, ſondern von
der Seite her geſchieht.

Vernichtet die Schädlinge der Obſtbäume.

Wenn man die ſchädlichen Inſekten des Obſtgartens wirkſam
bekämpfen will, dann muß man vor allen Dingen die ſchlum=
mernde
Brut in ihren Winterherbergen zu treffen ſuchen. Am
grünenden, blühenden oder fruchttragenden Baum richtet man
nichts mehr aus. Auf vielen Obſtbäumen ſieht man im Winter
vereinzelt zuſammengeſponnene und gerollte Blätter an den
Zweigen. Dieſe Blätter beherbergen einen der größten Schäd=
linge
unſerer Obſtgärten, nämlich die Raupen des Goldaſters.
Schon in den erſten gelinden Frühlingstagen erwachen die
ſchwarzen, ſehr gefräßigen Räupchen aus ihrer Winterruhe, ver=
breiten
ſich über den Zaum und fallen verheerend über die kaum
entwickelten Blatt= und Fruchtknoſpen her. Der Obſtzüchter ſollte
nicht eher ruhen, als bis auch das letzte Geſpinſt von ſeinen
Bäumen entfernt und verbrannt iſt. Hierzu bietet ſich vom No=
vember
bis in den März hinein, alſo volle vier Monate, die beſte
Gelegenheit.
An den ſchwachen Zweigen der Birn= und Zwetſchenbäume
wird man bei genauem Abſuchen öfter kleine ſchwarze Ringe be=
merken
, die ſich feſt an die Zweige anſchmiegen. Die bei näherer
Beſichtigung leicht erkennbaren gelblich=weißen Punkte ſind die
Eier eines braunen Schmetterlings, des Ringelſpinners, aus
denen im Frühjahr raſch wachſende gefräßige Naupen auskrie=
chen
. Dieſe ſchwarzen Ringe ſind im Winter ſorgfältig abzuſcha=
ben
und die gewonnene Maſſe iſt zu verbrennen.
An den Stämmen der Bäume, beſonders in den Rindenſpal=
ten
und Borken der Apfelbäume, wird man oft kleine, ſchwamm=
artige
Gebilde finden, die einer ſchmutzigen Flechte ähnlich ſehen
und wie aus braunen Haaren zuſammengeſetzt erſcheinen. Dieſe
Gebilde ſind das gemeinſchaftliche Winterbett einer großen An=
zahl
von geblichen Eiern, die dicht aneinander liegen. Es han=
gelt
ſich um die Brutneſter des verderblichen Schwammſpinners;
ſeine gefräßigen Raupen ſind imſtande, da, wo ſie zahlreich auf=
treten
, die ganze Obſternte zu vernichten. Die ſchwammbedeck=
ten
Eierhäufchen ſind im Winter, abzukratzen und ebenfalls zu
verbrennen.
Endlich darf nicht vergeſſen werden, daß ein meiſt noch grö=
ßeres
Heer von Obſtbaumſchädlingen nicht auf dem Baum ſelbſt,
ſondern an ſeinem Fuß im Erdboden überwintert, wozu ſie im
Herbſt am Stamm hinabgewandert ſind oder ſich an Fäden von
den Zweigen hinabgelaſſen haben, zum Teil auch mit dem Fall=
obſt
und mit dem fallenden Laube zu Boden gelangt ſind. Hier
iſt das wirkſamſte Bekämpfungsmittel das ſorgfältige und tiefe
Umgraben der Baumſcheibe, in ziemlicher Entfernung um den
Baum herum, das ja ſchon aus anderen wichtigen Gründen im
Herbſt oder Winter nie verſäumt werden ſoll. Was dabei an In=
ſekten
nicht ſchon dem Gerät zum Opfer fällt oder von dem in
den Obſtgarten zugelaſſenen Hühnervolk verzehrt wird, fällt ſicher
dem Winterfroſt anheim.

Herbſipflege der Spargelbeete.

Im Oktober, oft auch erſt im November, nehmen die bis da=
hin
ſaftig grünen Spargelſchoſfe eine gelbliche Farbe an, ein Zei=
chen
, daß die Pflanze ſich zur Winterruhe vorbereitet. Alle in
den einjährigen Trieben noch vorhandenen nutzbaren Stoffe
wandern durch die Stengel in die ausdauernden Organe, in die
Wurzeln und in die Wurzelknoſpen. Dieſe Tatſachen lehren uns,
daß wir das Abſchneiden der Spargelſtengel erſt dann vornehmen
dürfen, wenn ſie vollſtändig gelb geworden ſind. Durch ein zu
frühzeitiges Abſchneiden würden der Spargelflanze viele wert=
volle
Stoffe verloren gehen. Nach dem Abſchneiden lockert man
die Beete oberflächlich; beſonders bei ſchwerem Boden darf dies
nicht verſäumt werden. Der November iſt auch der richtige Mo=
nat
zur Anwendung der Kopfdüngung auf Spargelbeeten. Ent=
weder
bedeckt man hierbei die ganze Oberfläche der Beete mit
Dünger, oder aber man gibt jeder einzelnen Spargelſtaude eine
beſtimmte Menge. Der Dünger ſoll humusreich und ſtark zer=
ſetzt
ſein; langer, friſcher, ſtrohiger Dünger eignet ſich ſchlecht zur
Düngung der Spargelbeete. Dem Rindermiſt iſt der Vorzug zu
geben, beſſer noch iſt aber ein an verweſten organiſchen Beſtand=
teilen
reicher Kompoſt. In Braunſchweig räumt man den Boden

Pflicht geweſen, den Brief zurückzuſenden, er tat es nicht. Seine
Lage, die ſchon von ſeiner Thronbeſteigung an prekär geweſen
war, war für den Augenblick verzweifelt, und . . . und nun
kommt Marcovitz Geſchichte. Für den Augenblick war ſeine
Lage ſo verzweifelt, daß er ſich durch einen Zwiſchenträger an
dieſen Marpovitz wendete, deſſen Adreſſe er durch dritte Hand
erhalten hatte und den Brief der jungen Prinzeſſin bei Mar=
covitz
verpfändete, der ein Geſchäft in dieſer Branche betreibt
. .. Er verpfändete ihn für dreimalhunderttauſend Peſetas, die
heuer gerade um dieſe Zeit zu bezahlen geweſen wären. In
Minorca brach die Revolution aus. Der Telegraphenkabel
wurde abgeſchnitten, und Marvocitz konnte ſich keine Gewißheit
über das Schickſal des Großherzogs verſchaffen. Er hatte den
Verdacht, daß die Revolution ein Bluff ſei, um die Gläubiger
des Großherzogs zu prellen, und er fürchtete, ſeine dreimalhun=
derttauſend
Peſetas, zu verlieren. Zufällig befand er ſich in
Marſeille, von wo er vergebliche Verſuche machte, nach Minorca
hinüberzukommen, als er erfuhr, daß ich auch da weilte. Er
ſuchte mich auf und erzählte ſeine Geſchichte. Im Hinblick auf
das kaiſerliche Haus von Rußland ließ ich ihn an Bord kommen,
und wir begaben uns nach Minorca, wo wir ſeltſamerweiſe
ſofort nach der Ankunft den Beſuch des Großherzogs erhielten,
der behauptet, die Revolution ſoeben erſtickt zu haben . .. Habe
ich mich deutlich ausgedrückt? Und wollen Sie mir ſagen, was
Sie zu erwidern haben?
Don Ramon, der äußerlich unberührt die Erzählung des
langen Offiziers angehört hatte, warf wieder einen blitzſchnellen
Blick auf Philipp. Philipp allein las die Angſt, die ihn erfüllte,
wieder nickte er raſch aufmunternd, und Don Ramon ſagte kalt:
Bevor ich antworte, möchte ich eines fragen: Iſt es die
Regel, daß ein Offizier der ruſſiſchen Marine augenblicklich eine
Geſchichte glaubt, die ein Mann von Herrn Marcobitz albekann=
tem
Beruf ihm auftiſcht?
Der lange Offizier errötete leicht bei ſeinem Tone und
ſagte etwas artiger:
Hoheit können überzeugt ſein, daß dies nicht der Fall iſt,
Hätte Marcovitz ſeine Geſchichte erzählt, ohne Beweiſe vorzu=
legen
, ich hätte ihn ſofort krummſchließen und erſchießen laſſen.
Aber er hat nicht ohne Beweiſe erzählt, ſchrie der kleine
Mann. Er hat nicht ohne Beweiſe erzählt! Marcovitz lügt
nicht, er nicht. Hoheit leugnen er verbeugte ſich mit ironi=
ſcher
Untertänigkeit vor Don Ramon , daß Hoheit mich ken=
nen
! Wollen Hoheit auch leugnen, daß Hoheit dies kennens!
Mit einer raſchen Bewegung zog er zwei oder drei zu=
ſammengelegte
Briefbogen aus der Taſche, entfaltete ſie und hielt
ſie Don Ramon vors Geſicht. Für einen Augenblick drehte ſich
alles um den Großherzog, und ſeine Augen ſuchten verzweif=

um jede Pflanze nach dem Abſchneiden der Stengel zehn Zen
meter tief weg und erſetzt ihn durch guten Kompoſt oder v

rotteten Kuhdung, der dann wieder mit einer dünnen Erdſchi
bedeckt wird.

Die Hoffnung auf Wintereier.

Die nötigen Vorbereitungen für eine reiche Eiererzeugu
im Winter laſſen ſich zwar nicht im Herbſt ſchnell und einf
treffen, aber mancher Rat und Hinweis kommt auch jetzt n.
nicht zu ſpät. Der praktiſche Hühnerhalter denkt von Beginn?
Frühſommers an dieſe Winterfrage und plant und ſamm
damit im Herbſt alles zur Hand iſt. Jetzt komnt die Zeit,
wir dankbar ſind für die im Mai geſammelten Maikäfer, für
getrockneten Löwenzahnpflanzen, die Ameiſenpuppen, die Bre
neſſeln, für all das Kleinzeug, was fleißige Kinderhände ſa
meln halfen und was uns nun unſere Arbeit erleichtert. Liel
die Anzahl Hühner noch weiter vermindern, wenn der Futterv.
rat gar zu klein iſt und die Ausſicht, Futter zu erhalten, geri
Drei gut genährte Hennen leiſten in jedem Fall mehr als ſe
hungrige. Von Bedeutung iſt immer das Alter der Henne be
Eierertrag. Hennen, die älter ſind als drei Jahre, füttert m
nicht durch. Wer im Winter nur einige Hühner halten kann,
wähle Junghennen aus der diesjährigen Brut. Die im Mi
und April geſchlüpften Hennen ſind jetzt bis Ende Oktober le=
reif
und ſind in der erſten kurzen Spanne am fruchtbarſten. 9
umſichtige Hühnerhalter hat für den Winter ſeinen Vorrat
gutem Kleeheu eingelagert, einen möglichſt großen Vorrat v
Brenneſſeln, Eicheln, Kaſtanien, Spargelſamen und ähnliche ni
liche Tinge. Die Hauptſache iſt, das den Hühnern zum Leg
unbedingt nötige Eiweiß zu verſchaffen. Ohne Eiweiß kei
Wintereier. Ein tvenig Fiſch, etwas Blut oder Fleiſchabf
etwas friſches Grün (Brenneſſeln) ſind die Gaben, um den C
trag bedeutend zu ſteigern. Eine weitere Vorbedeutung für d
Winterei iſt geſunde kräftige Bewegung der Legetiere in friſc
Luft. Es iſt deshalb nicht ratſam, den Hühnern frühmorge
reichlich Weichfutter zu geben, da ſie ſich gern ſehr vollfreſ
und danach faul und unluſtig werden, in den Stallecken hock
und ſich erkälten. Der Scharraum muß auch im Winter gepfle
werden. Sein Boden wird mit einer Blätterſtreu 10 Zentime
hoch bedeckt und das über Tag zu verabreichende Futter, n.
Sämereien, getrocknete, Maikäfer, Ameiſenpuppen uſw. wi
leicht darunter geharkt, abends vorher, wenn die Hühner e
der Stange ſitzen damit ſich die Tiere während des Vorm
tags ihr Futter ſelbſt ausſcharren können. Mittags reicht m
dann Grünfutter in Form von Kohlblättern, geſchnittenen Rüb
uſw. Die Abendkoſt beſteht dann aus warmem Weichfutter,
das man möglichſt fleiſchhaltige Küchenabfälle miſcht. Eine klei
Körnergabe iſt natürlich, wenn man hat, von großem Wert d
bei. Das Weichfutter gebe man nie zu feucht, es muß ſtets etw
krümelig ſein.

Obſibau und Bienenzucht.

Die Zahl der Obſtſorten, die ohne Beſtäubung kernlo
Jungfernfrüchte bilden, iſt ſehr gering. In der Haut
ſache kommt, das nur bei Birnen vor. Auch die Selb
befruchtung iſt nur ausnahmsweife wirkſam und nur dar

möglich, wenn Staubbeutel und Griffelnarben annähernd

gleicher Höhe liegen. Bei den meiſten Obſtſorten macht die ve
ſchiedene Länge und Reife der Staubgefäße und Griffel d
Fremdbeſtäubung unbedingt notwendig. In unſer
Breiten wird die Fremdbeſtäubung bei der klebrigen Beſchaffe
heit des Obſtblütenpollens nur durch Inſekten vermittelt, 5
ſich von Honig und Blütenſtaub nähren. Unter den blüte
ſuchenden Inſekten ſpielen die Honigbienen infolge ihr
maſſenweiſen Auftretens und ihrer Blütenbeſtäubung die wie
tigſte Rolle. Zwei Drittel bis drei Fünftel der jährlichen Ob
ernte (500 bis 700 Millionen Mark) verdanken wir den Honi
bienen, da infolge ihrer Mitarbeit Menge und Güte der Früch
weſentlich geſteigert werden. Deshalb muß dafür geſorgt we
den, daß eine wirkſame Fremdbeſtäubung unſerer Ob
anlagen möglich iſt. Das kann einmal dadurch geſchehen, de
Maſſenanpflanzungen einer Obſtſorte, vornehmlich an längere
Straßen, durch Zwiſchenpflanzung anderer Sort,
wiederholt unterbrochen und nicht zu früh oder zu ſpät blühen!
Sorten gewählt werden. Damit die Bienen ihre Aufgabe vo
kommen erfüllen können, müſſen alle maßgebenden Kreiſe ſi
die Förderung der Bienenzucht angelegen ſein laſſen, inde
man auf die Bekämpfung der Bienenſeuchen und Bienenſchä
linge und die Sicheruug der Bienenernährung vor und nach d
Obſtblüte durch vermehrte Anpflanzung honigſpendender 6
wächſe hinarbeitet.
(Aus Flugblättern zur Förderung der Bienenzucht vo
Prof. Zander in Erlangen. Mitgeteilt von Würth, Fehlheim
Dm

lungsvoll Philipp Collin, dann wendete er ſie den Papieren zu
die Marcovitz ihm vorhielt, und er fuhr auf, wie aus einel
Traum. Was ſollte das bedeuten? Sah er recht! Dieſe Papiet
. . . Dieſe Papiere! Das war ja nur eine plumpe Fälſchung! E
war ja kaum die Spur einer Aehnlichkeit weder mit ſeiner eig
nen Handſchrift noch mit der Handſchrift des unglückſelige
Briefes von ihr! Wie um ſich zu überzeugen, ob er wachte, he
tete er wieder den Blick auf Herrn Collin.
Er ſah, wie deſſen Augenbrauen ſich hoben und ſeine Lippe
ein Wort formten. In der nächſten Sekunde verſtand er, wa
für ein Wort es war!, B=r=i=e=ft=a=ſ=ch=e! Mit fieberhafter Han
riß er die Brieſtaſche heraus, die er vor einigen Minuten vo
Philipp für ſeine eigene bekommen hatte; eine Sekunde, und
hatte ſie geöffnet; noch eine Sekunde, und ſeine Augen ware
beim Anblick deſſen, was ſie ſahen, deſſen, was zu oberſt in de
Brieftaſche des Profeſſors lag, nahe daran, aus ihren Höhle
zu treten: der Brief!. Ihr Brief! Dieſer kleine, leichte Brie
der nun einen Monat lang, ſeit ſein Gewiſſen aus ſeiner Betäu
bung erwacht war, mit dem Gewicht eines Granitblocks au
dieſem Gewiſſen gelaſtet hatte! War es möglich? Oder wa
alles nur ein Traum ein ſchöner Traum?
Er ſchloß die Augen, und nach einer Zeit, die ihm ſelbſt un
endlich lange ſchien, während ſie tatſächlich nur einige Sekunde
dauerte, hatte er den Brief aus der Brieftaſche geriſſen, Maret
vitz beiſeite geſtoßen und ſich mit blitzenden Augen dem lange
Offizier zugewendet:
Wollen Sie ſo gut ſein, mir zu ſagen, was das iſt?
Der lange Offizier nahm den Brief, den der Großherzog ihr
reichte und ſah ihn an. Dann murmelte er:
Es kann ein Brief von meiner . . von der betreffende
Prinzeſſin ſein. Aber Mareovitz hat auch einen Brief mit ihre
Handſchrift und andere Papiere mit der des Großherzogs.
Marcovitz! Sie glauben einem elenden Wucherer meh
als dem Großherzog von Minorca! Wahrhaftig, ein Offizie
der ...
Erregen Sie ſich nicht! Ich ſchätze Herrn Marcovitz ebenſ.
hoch ein, wie Sie es tun aber es ſcheint mir ſo unglaublich
daß er es gewagt haben ſollte, eine ſolche Geſchichte auszuhecker
er weiß doch, was er riskiert ..
Der lange Offizier ſah Marcovitz an, ohne ſeinen Satz z1
beenden. Dieſer war beim Anblick des Briefes des Großherzog
bleich wie der Tod geworden. Bei den Worten des langen Offi
ziers begann er plötzlich, an allen Gliedern wie Eſpenlaub z:
zittern und eine Wortflut ſtrömte über ſeine Lippen.
Aber ich verſichere . . . ah. das iſt unerhört . . . er betrüg
Ew. Hoheit. er betrügt Ew. Hoheit! Mein Brief iſt der echte
der echte Brief... ſeiner iſt falſch . . er will betrügen!