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 Heſſiſche Neueſte Nachrichten 
Morgenzeitung der Landeshauptſtadt 
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Nummer 284 
Sonntag, den 14. Oktober 1923 
186. Jahrgang
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Falle höherer Gewalt, wie Krieg, Aufruhr, Streie 
uſw., erliſcht ſede Verpſichtung auf Erfüllung der 
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ſeder Rabatt weg. Banklonto: Deutſche Bank und 
Darmſfädter 8 Nationalbank.
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 Die Sonderbündſer. 
Mißglückter Separatiſtenputſch in Mainz. 
Mainz, 13. Okt. (Wolff.) Heute nacht kurz vor 11 Uhr 
verſuchten Separatiſten mit grün=weiß=roten Armbinden, 
das Stadthaus zu ſtürmen. Die dort ſtationierte 
            Polizei=
wache in Stärke von vier Mann leiſtete den Eindringlingen 
Widerſtand, wobei auf beiden Seiten geſchoſſen wurde. Ein 
Polizeibeamter wurde durch einen Schuß in den 
            Ober=
chenkel verletzt. Auch auf ſeiten der Separatiſten 
jab es einige Verletzte, die von ihren Parteigängern vom 
Platz gebracht wurden. 
Por der Ausrufung der Rheiniſchen Republik. 
Franzöſiſche Wünſche. 
* Paris, 13. Okt. (Priv.=Tel.) Die „Liberté” will aus 
uverläſſiger Quelle erfahren, daß die Ausrufung der 
heiniſchen Republik nur noch eine Frage von Tagen 
ei. Die Führer der Abfallbewegung hätten zur 
            Aufrechterhal=
ung der Ordnung eine freiwillige Miliz organiſiert und dieſer 
Niliz 20 000 Karabiner zur Verfügung geſtellt, die ihnen von 
eiten der Berliner Regierung ſeinerzeit übergeben worden 
paren, um den Franzoſen Widerſtand zu leiſten. Die 
            Bewe=
ung werde angeſichts der Gemütsverfaſſung der rheiniſchen 
            Be=
ölkerung auf wenig Widerſtand ſtoßen und unblutig verlaufen. 
in allernächſter Zeit würden in allen größeren Städten des 
iheinlandes Maueranſchläge vorgenommen und die 
            Unabhän=
igkeit des Rheinlandes verkündet. Die Rheinlandwehr werde 
larmiert werden, um bei Tagesanbruch alle 
            Verwaltungs=
ebäude, Poſtanſtalten und größeren Werke, zu beſetzen. Die 
tichtigſten Aemter in den Verwaltungszweigen und andere 
            lei=
nde Stellen ſeien bereits vergeben.
Vom Tage.
 Der Umrechnungsſatz für die Abgabe der 
            landwirt=
ſchaftlichen, forſtwirtſchaftlichen und gärtneriſchen Betriebe 
(Landabgabe) beträgt für den 17. bis 19. Oktober einſchließlich 1080 
Millionen für je eine Goldmark. 
Der Aerzteindex für die Privatpraxis iſt von der 
            Honorar=
kommiſſion der Aerztekammer und des Großberliner Aerztebundes mit 
Wirkung vom 14. Oktober ab auf 400 Millionen feſtgeſetzt. 
Wie verlautet, fanden im Reichsernährungsminiſterium 
Beſppechungen mit Intereſſenten des Bäckereigewerbes ſtatt, die ſich mit 
den Forderungen der Regierungsparteien nach 
            Fort=
beſtehen der Zwangswirtſchaft für Brot befaßten. 
In Blankenburg a. H. und den umherliegenden Bezirken iſt der 
Generalſtreik ausgebrochen. Die Arbeiter fordern Goldlöhnung. 
Der Reichstag hat bei 347. Abſtimmenden (alſo mehr als die 
erforderliche Zweidrittelmehrheit) das Ermächtigungsgeſetzmit 
316 gegen 24 Stimmen angenommen bei 7. 
            Stimmenthal=
tungen. Damit iſt das Geſetz entgültig angenommen. 
Die Münchener Polizei belchlagnahmte in der Gaſtwirtſchaft des 
Gewerkſchaftshauſes dort eingelieferte Liſten und Verzeichniſſe, die von 
den Führern der Kommuniſtiſchen Partei Deutſchlands ausgegeben 
waren. Von den anweſenden Führern der K. P. D. wurden einige 
in vorläufige Schutzhaft genommen. 
Es beſtätigt ſich nunmehr, daß die neue Tanger=Konferenz 
am 22. Oktober in Paris ſtattfindet. 
Der Daily Mail=Truſt Ltd. kaufte für den Preis von 
6 Millionen Pfund Sterling eine Anzahl größerer 
            Zeitun=
gen an, darunter in London den Buening Standard, Daily Sketch und im Ruhrgebiet in Beratungen mit den Beſatzungsmächten 
            einzu=
den Sunday Herold ſowie mehrere führende Blätter Mancheſters. 
nem Poſten zurückgetreten iſt, hat beſchloſſen, ſich Ende des 
Monats nach den Vereinigten Staaten zu begeben. 
den 300 Millionen.
Annahme des Ermächtigungs geſetzes.
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 Berlin, 13. Okt. (Wolff.) Der Reichstag hat bei 347 
bſtimmenden (alſo mehr als die erforderliche 
            Zweidrittelmehr=
eit) das Ermächtigungsgeſetz mit 316 gegen 24 
timmen angenommen bei 7 Stimmenthaltungen. 
            Da=
it iſt das Geſetz endgültig angenommen. 
Reichstagsſtimmungsbild. 
Von unſerer Berliner Redaktion. 
Der Reichstag hat ſich durch Erledigung der Abſtimmung 
der das Ermächtigungsgeſetz in das öffentliche Intereſſe 
            plötz=
ch wieder zurückgeſchaltet, und zum erſten Male ſeit Monaten 
eine Menſchenanſammlung vor dem Hauſe zu beobachten 
            ge=
eſen, die mit Spannung das Ergebnis abwartete, um in 
            die=
m geſchichtlichen Augenblick wenigſtens in der Nähe zu ſein. 
m Haufe ſelbſt ging es wie in einem Ameiſenſchwarm zu. Die 
Handelhalle war überfüllt, der Saal beſetzt wie wohl kaum ſeit 
m Tage, da Fürſt Bülow wegen der Erbſchaftsſteuer den 
eichstag auflöſte. Von den Demokraten fehlte nur Graf 
            Bern=
orff, den ein Telegramm im Haag zu ſpät erreichte. Vom 
            Zen=
um waren zwei Herren krank. Dazu kam noch Herr Giesberts, 
r in Moskau iſt. Außerdem war Dr. Pfeiffer aus Wien 
            her=
dergekommen. Im ganzen hatte das Zentrum neun Mann mehr 
S am Donnerstag aufzuweiſen. Von der Deutſchen Volkspartei 
hlten drei Herren, zwei davon ſind erkrankt. Herr Stinnes und 
err Vögler ſind dagegen zur Stelle. Auch die Sozialdemokraten 
itten ihre Reſerven herangeholt, ſogar Dr. Köſter war aus 
iga herbeitelegraphiert worden. Sie hatten zudem verſtärkten 
raktionszwang beſchloſſen. Jedes Mitglied der Fraktion mußte 
itſtimmen und eine Karte mit Ja abgeben, da die Ausſichten 
gegen davon ſprachen, daß Bayern umfallen und auf 
            Anwei=
na aus München die deutſchnationale Obſtruktion mitmachen 
Ute. Von der Haltung Bayerns und der Mitglieder der 
            ſo=
aldemokratiſchen Fraktion hing das Schickſal des 
            Ermächti=
ingsgeſetzes ab. 
Pünktlich eröffnete Präſident Loebe die Sitzung. Da er mit 
mmuniſtiſchen Manövern rechnete, erinnerte er zu Beginn der 
itzung an die Geſchäftsordnung, die dem Präſidenten das Recht 
bt, das Wort zur Geſchäftsordnung nach freiem Ermeſſen zu 
teilen und die Redezeit auf fünf Minuten herabzuſetzen. Hierin 
itte er ſich auch nicht getäuſcht. Als erſter war der Kommuniſt 
töckert zur Stelle und verlangte die dringende Behandlung 
nes auf die ſozialdemokratiſche Pſyche gerichteten Antrages, 
r die Not der Erwerbsloſen im beſetzten Gebiet zum 
            Gegen=
ind hatte. Der Präſident verſuchte zu vermitteln und wollte 
eſen Antrag hinter die Abſtimmung zurückſtellen. Von rechts 
er wurde Widerſpruch erhoben, und damit war der Antrag 
genſtandslos. Die Kommuniſten waren geſchlagen und 
            revan=
ierten ſich wit einem vernehmlichen „Kanaillen!” und „Wenn 
hr nur reich werdet!” nach rechts hinüber. Als zweiter 
            Red=
r marſchierte der Kommuniſt Koenen auf, der die ſofortige 
ehandlung des Verbots der „Roten Fahne” verlangte. Auch 
eſer Vorſtoß wurde durch Widerſpruch abgewieſen, und ehe 
e Kommuniſten ſich von ihrer Ueberraſchung erholt hatten, 
hloß der Präſident das Wort zur Geſchäftsordnung. Der 
            Leid=
agende hierbei war Herr Ledebour, der jetzt an der Reihe war. 
1s alter Taktiker ſtellte er ſich aber raſch um und erbat das 
vort zur Abſtinmung, um nun die Hinausſchiebung der 
            Abſtim=
ung zu beantragen, bis der Reichskanzler ſich auf die 
            verſchie=
nen Anzapfungen über ſeine Beziehungen zu Bahern geäußert 
ibe. Der Kanzler aber ſchwieg. Herr Ledebour ſah ſich allein 
laſſen, und was er noch auf dem Herzen hatte, ging in dem 
(gemeinen Gelächter unter. Bevor nun die eigentliche 
            Abſtim=
ung begann, erhielt noch der Führer der Bayeriſchen Volks= 
(rtei, Abgeordneter Leicht, das Wort zu einer kurzen Erklärung. 
r ſtellte darin feſt, daß die Bayeriſche Volkspartei die 
            Obſtruk=
on nicht mitmachen werde. Sie werde gegen das Geſetz 
            ſtim=
en, aber im Saale bleiben, in der Hoffnung, daß die Reichs= 
Mexung alles tun werde, um die Beziehungen zu Bayern zu
Die Woche.
 beſſern. Die Hoffnung habe ſich bisher nicht erfüllt — das wird 
im Saale als ein Abſchwenken der Bayeriſchen Volkspartei 
            auf=
gefaßt, was ohne weiteres den Fall des Ermächtigungsgeſetzes 
bedeuten würde —, er drehte aber wieder ab und fügte mit 
            ſtar=
ker Betonung hinzu, daß trotzdem die Bayern an ihrer Haltung 
feſthalten werden. Dann waren alle Vorausſetzungen für die 
            Ab=
ſtimmung erfüllt. Die Schriftführer eilten mit den Dienern 
durch den Saal, um die Zettel einzuſammeln und unter — man 
kann ſchon ſagen atemloſer Spannung begann die Auszählung, 
während die Deutſchnationalen und die Kommuniſten den Saal 
verließen. In wenigen Minuten war die Arbeit vollendet. Der 
Präſident läutete und verkündete das vorläufige Ergebnis. 
Das bedeutete jetzt beine Ueberraſchung mehr. Abgegeben 
wurden 347 Karten. Die Vorausſetzungen des § 76 der 
            Verfaſ=
ſung waren alſo erfüllt, da von dieſen 347 Stinnen 24 mit 
Nein und 316 mit Ja abgegeben wurden, während ſich 7 der 
            Ab=
ſtimmtng enthielten. Der Präſident konnte alſo feſtſtellen, daß 
das Geſetz angenommen worden war, eine Feſtſtellung, die von 
der Mehrheit mit lebhaftem Beifall und von den Kommuniſten 
mit Pfuirufen aufgenommen wurde. Gegen das Geſetz ſtimmten 
die Bayeriſche Volkspartei, der Bayeriſche Bauernbund und die 
Deutſch=Hannoveraner. Blaue Zettel hatten einige Mitglieder 
der Deutſchen Volkspartei, darunter der Abgeordnete Stinnes, 
abgegeben. Man erteilte dann noch kurz Herrn Höllein das Wort 
zur Begründung eines kommuniſtiſchen Antrages, und befriedigt 
vertagte ſich der Reichstag, indem er dem Präſidenten die 
            Anbe=
raumung der nächſten Sitzung überließ. 
Berlin, 13. Okt. (Wolff.) Nachdem das 
            Ermächtigungs=
geſetz im Reichstag angenommen war, fand auch das Geſetz über 
die Vermögensſtrafen und =Bußen Annahme. Darauf vertagte 
ſich der Reichstag. Die nächſte Sitzung findet, wie der Präſident 
mitteilte, vorausſichtlich Ende der wächſten Woche oder Anfang 
der übernächſten Woche ſtatt. Alsdann wird ſich der Reichstag 
mit dem Arbeitsgeſetz zu beſchäftigen haben. 
Bayern verzichtet auf Einſpruch gegen das 
Ermächtigungsgeſetz. 
Berlin, 13. Okt. Der Reichsrat trat unmittelbar nach 
Schluß der Plenarſitzung des Reichstages zu einer öffentlichen 
tigungsgeſetz nach dem Beſchluß des Reichstags einverſtanden, 
ohne einen Einſpruch zu erheben. Der bayeriſche Geſandte von 
Preger erklärte, daß Bayern an ſeinem ablehnenden 
            Stand=
punkte feſthalte, aber angeſichts der Sochlage darauf verzichte, 
einen Antrag auf Erhebung von Einſpruch zu ſtellen. 
mungsergebnis der geſtrigen Reichstagsſitzung in einer 
            gerade=
zu verblüffenden Schnelligkeit nach Paris gelangte, begnügten 
ſich die Abendblätter ſümtlich nur mit der Wiedergabe der amt= Zuſtände die einzige mögliche Löſung darſtellt und von der 
            im=
lichen Hadasmeldung, ohne zu der Abſtimmung mit ihren innen= 
und außenpolitiſch tief einſchneidenden Folgen kritiſch Stellung 
zu nehmen. Offenbar war ihnen bis zu ihrem Erſcheinen 
            keiner=
lei Direktive ſeitens des Außenminiſteriums gegeben worden. Wir 
hatten Gelegenheit, eine ſehr maßgebende politiſche 
            Perſönlich=
keit über die Auffaſſung der hieſigen Regierungskreiſe zu dem 
Ergebnis zu befragen und konnten dabei feſtſtellen, daß man in 
hieſigen maßgebenden Kreiſen der Abſtimmung mit großer 
Spannung entgegengeſehen hat, wenn man auch glaubte, auf 
Grund der letzten Berliner Berichte mit der erforderlichen 
            Zwei=
drittelmehrheit rechnen zu können. Man war jedoch ſeiner Sache 
nicht ganz ſicher und hegte große Beſorgniſſe über das, was dann 
zu erwarten wäre, oder vielmehr, was dann überhaupt zu 
            ge=
ſchehen hätte. Ganz unverkennbar iſt das Unbehagen über eine 
ungewiſſe Zukunft infolge der ernſten Verhältniſſe in 
            Deutſch=
land, 
(Reichstagsbericht ſiehe Seite 3.)
 Innerpolitiſcher Hader hat, wie leider ſchon ſo oft in der 
deutſchen Geſchichte, wieder einmal in entſcheidenden Tagen und 
Wochen die Außenpolitik des Reiches aufs Schwerſte gelähmt 
und die Aufmerkſamkeit der deutſchen Oeffentlichkeit faſt völlig 
abſorbiert. Die Aufgabe des paſſiven Widerſtandes an Rhein 
und Nuhr bezeichnet, wie wir an dieſer Stelle ſchon eingehend 
ausführten, lediglich einen neuen Abſchnitt des Kampfes um die 
Lande am Rhein, keineswegs ſein Ende. Feierlich hatte Herr 
Poincaré vor aller Welt verkündet, daß nach der Beendigung des 
paſſitzen Widerſtandes Verhandlungen mit Deutſchland 
            einge=
leitet würden. Wohl niemand in Deutſchland hat ſich 
            irgend=
welchen Illuſionen über die Abſichten Herrn Poincarés 
            hingege=
ben, und auch die Reichsregierung dürfte keine allzugroßen 
            Hoff=
nungen auf ein Entgegenkommen des franzöſiſchen 
            Miniſter=
präſidenten geſetzt haben. Wenn trotzdem deutſcherſeits der 
            Ver=
ſuch gemacht wurde, den Konflikt mit dem weſtlichen Nachbarn 
auf dem Verhandlungswege zu bereinigen, ſo war dabei 
            offen=
bar der Gedanke maßgebend, daß in Anbetracht der allgemeinen 
politiſchen Lage das deutſche Reich zunächſt alle Möglichkeiten 
erſchöpfen müſſe. Schwerſte Belaſtung nationalen Ehrgefühls, 
aber bittere Konſequenz jener Torheit, welche glaubte, daß die 
Selbſtentwaffnung Deutſchlands eine neue Aera der Politik, eine 
Aera des Friedens und des Rechts einleiten werde. 
Nachdem bereits am 27. September die Reichsregierung den 
franzöſiſchen und belgiſchen Vertretern in Berlin die Erklärung 
abgegeben hatte, daß Deutſchland bereit ſei, über die Frage der 
Wiederaufnahme des normalen Verkehrs und Wirtſchaftslebens 
treten, und nachdem man es in Paris und Brüſſel nicht für nö= 
Der amerikaniſche Botſchafter Harvey, der von fei= tig gefunden hatte, von dieſer Erklärung irgendwelche amtliche 
Notiz zu nehmen, hat die Reichsregierung jetzt neuerdings in 
Paris und Brüſſel durch ihre dortigen Vertreter die gleiche Frage 
Der Dollarſchlußkurs in Neu=York betrug am Samstag 3 Milliar= unterbreitet. Während der belgiſche Miniſterpräſident eine 
            aus=
weichende Antwort erteilte, hielt Herr Poincaré es nicht mehr 
für nötig, ſeine Abſichten noch weiterhin irgendwie zu 
            ver=
ſchleiern. Nicht nur, daß er nach wie vor Verhandlungen mit 
Deutſchland ablehnt, ſondern er fühlt ſich ſeiner Sache bereits 
ſo ſicher, daß er die deutſche Regierung für das Ruhrgebiet 
            über=
haupt nicht mehr für zuſtändig erklärt. „Es iſt die Abſicht 
            Frank=
reichs und Belgiens, die Wiederherſtellung des früheren 
            Zu=
ſtandes durch direkte Verhandlungen mit der deutſchen 
            Wirt=
ſchaft und den deutſchen lokalen Behörden zu regeln. Dieſe 
            Re=
gelung geht allein Frankreich und Belgien und 
die Bewohner der beſetzten Gebiete an.” Mit 
            al=
ler Deutlichkeit erklärt man alſo, daß man Ruhrgebiet und 
Rheinland als losgelöſt vom übrigen Deutſchland betrachtet 
und keine Souveränität des Reiches gegenüber dieſem deutſchen 
Gebiet anerkennt. Vor nunmehr einem Jahre veröffentlichten 
wir die Denkſchrift jenes Herrn Dariac, die vom offiziellen 
Frankreich alsbald als eine Privatarbeit hingeſtellt wurde. 
Heute gibt die franzöſiſche Regierung offen zu, daß ſie völlig 
auf dem Boden der dort gemachten Vorſchläge ſteht. Aus der 
verſchleierten Annexion hat man bereits die erſten Folgen 
            ge=
zogen. Unter Verletzung der deutſchen Staatshoheit und aller 
Souveränitätsrechte des Reiches hat Frankreich mit einem 
            rhei=
niſchen großinduſtriellen Konzern Abmachungen getroffen, die 
auf ſofortige Wiederaufnahme der Sachlieferungen abzielen. 
Wenn der Phönix=Konzern, der ſich zu drei Vierteln auf 
            hollän=
diſches Kapital ſtützt, glaubt, bei einem ſolchen Geſchäft auf 
ſeine Rechnung zu kommen, ſo iſt das ſeine Sache. Etwas ganz 
anderes iſt es jedoch, ob das Deutſche Reich durch eine derartige 
Abmachung verpflichtet wird, die auf Grund eines ſolchen 
            Ver=
trages getätigten Sachleiſtungen zu bezahlen. 
Außenpolitiſche volle Klarheit zu ſchaffen, iſt nunmehr die 
Aufgabe der Berliner Regierung. Reichskanzler Dr. 
            Streſe=
mann hat ſelbſt in ſeiner Reichstagsrede vom 6. Oktober 
            er=
klärt, daß es eine Grenze der Geduld des deutſchen Volkes gäbe, 
Dieſe Grenze iſtnunmehr erreicht. Auf jenes 
            deut=
ſche Memorandum vom 7. Juni, welches ein ſo weitgehendes 
Angebot enthält, wie es noch niemals ein Volk gemacht hat, iſt 
bis heute noch nicht einmal eine Antwort eingegangen. Der 
Verſuch zu Verhandlungen über die Löſung des ſchwebenden 
Konflikts zu kommen, iſt reſtlos geſcheitert. Für die 
            Reichs=
regierung gilt es, aus dieſen Tatſachen die Konſequenzen zu 
ziehen. Der Vertrag von Verſailles iſt von Frankreich ſchnöde 
gebrochen, die Pariſer Abſichten unverhüllt ausgeſprochen. 
Die Anerkennung der verſchleierten Anexion der Rheinlande iſt 
es, die Herr Poincaré von der deutſchen Regierung verlangt. 
Niemals wird Regierung und Volk ſich dazu hergeben. 
Die geſtrige Reichstagsſitzung hat die innerpolitiſche „Kriſe 
beendet. Mit der verfaſſungsmäßig gebotenen 
            Zweidrittel=
mehrheit hat der deutſche Reichstag dem Kabinett Streſemann 
durch das vielbeſprochene Ermächtigungsgeſetz weitgehende 
            Voll=
machten erteilt. Der Weg zur Tat liegt damit offen, und mit 
Recht erwartet das deutſche Volk nunmehr energiſches Handeln 
Vollverſammlung zuſammen und erklärte ſich mit dem Ermäch= von ſeiner Führung. Der völlige Zuſammenbruch der deutſchen 
Währung hat Zuſtände geſchaffen, die nicht nur auf die Dauer 
unerträglich ſind. Die außerpolitiſche Aktionsfähigkeit kann nur 
dann wieder hergeſtellt werden, wenn auch im Innern mit 
            eiſer=
ner Energie Ordnung geſchaffen wird. Die Durchführung der 
Währungsreform auf Grund des ja bereits veröffentlichten 
Währungsbankgeſetzes dürfte eine der erſten Taten der Reichs= 
* Paris, 14. Okt. (Priv.=Tel.) Trotzdem das Abſtim= regierung nach Erlaß des Ermächtigungsgeſetzes ſein. Eine 
Zwiſchenlöſung wird damit geſchaffen, die ſicherlich noch 
            keines=
wegs das Ideal iſt, die aber in Anbetracht der kataſtrophalen 
merhin zu hoffen iſt, daß ſie in kürzeſter Friſt wenigſtens 
            eini=
germaßen ſtabile Verhältniſſe ſchafft. Hand in Hand mit 
            die=
ſer Währungsreform muß die Steigerung der Produktion gehen. 
Zielbewußte Führung darf nicht vor unpopulären Maßnahmen 
zurückſchrecken, insbeſondere nicht in der Stunde höchſter 
            natio=
naler Gefahr. 
Es wäre völlig verfehlt, wenn man die ſchweren Gefahren, 
welche für die Exiſtenz des deutſchen Reiches beſtehen, nicht klar 
ins Auge faſſen würde. „Wir ſtehen zum Reich und werden für 
die Einheit Deutſchlands bis zum Aeußerſten kämpfen”, ſo 
            er=
klärt zwar die neue ſozialiſtiſch=kommuniſtiſche Regierung in 
Sachſen in einem wortreichen Aufruf, der die Gefahr, welche 
dem Reiche gerade von dieſer Seite her droht, klar erkennen läßt. 
Der Triumph des Kommunismus, der ſehr wohl weiß, daß er 
bei einer ſolchen „Regierungskoalition” unbedingt der ſtärkere 
iſt, beweiſt zur Genüge, wie ernſt die Lage beurteilt werden muß. 
Der Reichskanzler hat in der ſchon weiter oben erwähnten 
programmatiſchen Rede beherzigenswerte Worte über das Ver=
Seite 2.
Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 14. Oktober 1923.
Mummer 284.
 hältnis zwiſchen Reich und Ländern geſprochen, denen 
            entnom=
men werden konnte, wie großes Gewicht die Reichsregierung auf 
ein reibungsloſes Zuſammenarbeiten mit den Regierungen der 
Länder legt. Wir hoffen aber, daß man in Dresden nicht 
            ver=
gißt, daß die Reichsverfaſſung auch Beſtimmungen enthält, 
welche der Reichsregierung Möglichkeiten des Eingreifens geben 
gegenüber die Reichsſicherheit gefährdenden Ländern, und von 
der Reichsregierung muß erwartet werden, daß ſie dieſe 
            Beſtim=
mungen gegebenenfalls rückſichtslos zur Anwendung bringt. 
Ein trübes Bild bietet die politiſche und wirtſchaftliche Lage 
unſeres Volkes. Gewaltige Aufgaben ſind es, welche der Löſung 
harren. Weitgehende Vollmachten hat der Reichstag der 
            Reichs=
regierung erteilt. Taten erwartet jetzt das deutſche Volk. M.
 Franzöſiſcher Peſſimismus. 
* Paris 13. Okt. (Priv.=Tel.) Nach Auffaſſung der 
            hie=
ſigen Kreiſe iſt in Deutſchland die Kriſe trotz der Annahme des 
Ermächtigungsgeſetzes durchaus noch nicht vorüber. Vielmehr 
gibt man der Befürchtung Ausdruck, daß Parteiintrigen und 
            ins=
beſondere die Haltung Bayerns dem Kanzler noch viel 
            Unan=
nehmlichkeiten bereiten werden. Es wird offen zugeſtanden, daß 
Herr Streſemann nur unter übermenſchlicher Anſtrengung ſeine 
finanziellen Pläne in die Tat umſetzen könne. Dies erwarte man 
in Paris als die allernächſte Maßnahme, ohne im Grunde an 
ihren Erfolg zu glauben. Zwar wollen die diplomatiſchen Kreiſe, 
die dem Quai dOrſay naheſtehen, ſich dieſem Peſſimismus nicht 
anſchließen. Sie wünſchen dem Kanzler vielmehr zu ſeinem 
            Be=
ginnen viel Glück. Aber immerhin glauben auch ſie nicht recht 
an ſeinen Erfolg. 
Für eine Diktatur in Deutſchland. 
Was die Pariſer „Information” von einer 
            Dik=
tatur erwartet? 
* Paris, 13. Okt. (Priv.=Tel.) Eim Mitarbeiter der 
Pariſer „Information” betonte heute die Notwendigkeit einer 
Diktatur Dr. Streſemanns oder einer anderen in Deutſchland; 
da nur eine Macht, die unabhängig von der inneren deutſchen 
Politik bliebe, verſuchen könne, Deutſchland aus ſeiner heutigen 
Lage zu befreien. Die wichtigſte Frage ſei, ob Streſemann die 
Kraft haben werde, die Methoden der deutſchen Nationaliſten, 
die das Rettungswerk verhindern, zu durchkreuzen. Ein erſter 
Schritt zur Beſeitigung der finanziellen Anarchie in 
            Deutſch=
land ſei die Einführung der Goldſteuer. Jetzt ſei es die Aufgabe 
des Reichskanzlers, der Reparationskommiſſion einen Plan 
            vor=
zulegen, der die Ausſicht eröffnet, das Elend und die 
            Arbeits=
loſigkeit in Deutſchland zu beſeitigen. Fraglich bleibt aber 
            da=
nach noch das geſchäftliche Vertrauen zu Deutſchland. Der 
            Ver=
faſſer des Artikels behauptet, daß viele Deutſche ſeit 1919 in den 
neutralen Ländern, vor allem in der Schweiz, ungeheuere 
            Men=
gen von Papiergeld verkauft haben, das dann nach England und 
Amerika ausgeführt wurde, die enorme Verluſte durch das 
            deut=
ſche Verſchulden erlitten hätten. Infolgedeſſen herrſche dort eine 
ſtarke Erbitterung. In der Schweiz allein ſei ſeit dem 
            genann=
ten Jahre Papiergeld in der Höhe von 15 Milliarden Goldmark 
umgeſetzt worden. Heute ſei in der Schweiz ſo gut wie gar kein 
deutſches Guthaben mehr vorhanden. 
Eine Konkursverwaltung für Deutſchland? 
Gerüchte über eine zu erwartende Note der 
Reichsregierung. 
* Paris 13. Okt. (Priv.=Tel.) Der Berliner 
            Korreſpon=
gent der Taily News gibt Gerüchte wieder, die über die zu 
            er=
wartende Note der deutſchen Regierung an die 
Reparationskommiſſion im Gange ſind. Danach glaubt 
man in einzelnen Kreiſen, daß die Reichsregierung die 
            Repa=
rationskommiſſion einladen werde, ſich von der kataſtrophalen 
Lage Deutſchlands ſelber zu überzeugen und zu entſcheiden, was 
zu geſchehen habe. In anderen Kreiſen erklärt man, daß die 
Note der Regierung geradezu von einem Bankerott 
Deutſchlands ſprechen und der Reparationskommiſſion 
nahelegen werde, eine Konkursverwaltung einzurichten. 
Belgien für Verſtändigung mit Deutſchland. 
* Paris 13. Okr. (Priv.=Tel.) Nach einer Meldung aus 
Brüſſel haben die franzöſiſche und engliſche Regierung ſich 
            ein=
verſtanden erklärt, daß ſich die Reparationskommiſſion mit dem 
belgiſchen Sachverſtändigenentwurf befaßt, der bekanntlich eine 
Reihe finanzieller Maßnahmen im beſetzten und unbeſetzten 
            Ge=
biet vorſieht. In einer halbamtlichen Note legt die Regierung 
ihren Standpunkt in dieſer Frage dar und betont, daß die 
            Ent=
würfe ihrer Anſicht nach geeignet ſeien, die Baſis für eine 
            wei=
tere Erörterung des Reparationsproblems zu bilden. Die 
            bel=
giſche Regierung ſtellt ſich nach wie vor auf den Standpunkt, daß 
die Verbündeten, wenn Berlin alle Vorausſetzungen für die 
            Er=
öffnung einer Ausſprache erfüllt haben werde, für eine Löſung 
des Reparationsproblems freie Hand haben müſſen. Obgleich 
der paſſive Widerſtand noch nicht als völlig beendet angeſehen 
werde, will das Brüſſeler Kabinett, daß man Deutſchland die 
 
Anbahnung von Verhandlungen erleichtere.
 Heſſiſches Landestheater. 
Großes Haus. — Samstag, den 13. Oktober. 
Louis Ferdinand. 
Ein Drama von Fritz von Unruh. 
Fritz von Unruh wird von der Welle der Zeit getragen. 
Dem Adel entſproſſen, Adjutant eines kaiſerlichen Prinzen, 
ſchrieb er 1912 das Drama Offiziere”, das den 
            ſoldati=
ſchen Konflikt zwiſchen der Pflicht zur Unterordnung und dem 
            Wil=
len zur Tat auf dem Boden der ſüdafrikaniſchen Kolonialkämpfe 
erwachſen läßt. Ihm folgte 1914 ein zweites Pflicht=Drama: 
„Louis Ferdinand. Prinz von Preußen” dem der 
Dichter den Wahrſpruch altpreußiſchen Geiſtes voranſetzte: „Wie 
über Sterne das Geſetz, erhebt ſich über Menſchen die Pflicht, 
groß und ernſt”. — Unruh zog ins Feld; aus den Leiden und 
Schrecken des Krieges entſtrömte ihm der Notruf: „Ein 
            Ge=
ſchlecht‟ Die Revolution mit der Erſchütterung aller 
            Ver=
hältniſſe folgte unk zog den Dichter in ihren Strudel. Chaotiſch 
wie die Zeit ſind die Dramen „Platz” und Stürme‟, 
chaotiſch in der Form wie im Ideen=Gehalt. Ob Unruh aus 
            die=
ſem Chaos herausfinden wird? Ob es ihm gelingen wird, 
ſich in innerer Harmonie und Klarheit über die Zeit zu ſtellen? 
Das Drama „Louis Ferdinand”, zunächſt von der Freien 
literariſch=künſtleriſchen Geſellſchaft durch eine Vorleſung mit 
Ebert und Gerda Müller in Darmſtadt eingeführt, erlebte dann 
im März 1921 hier ſeine erſte Bühnen=Darſtellung. Die geſtrige 
Auffuhrung brachte einige Neubeſetzungen. Die Rolle der „
            Pau=
line Wieſel”, iſt von Eliſabeth Horn auf Anne Kerſten 
            über=
gegangen. Frau Kerſten, deren Künſtlerſchaft ich im vorigen 
Winter in mehreren Aufführungen des Mainzer Stadttheaters 
ſchätzen lernte, iſt eine Schauſpielerin, die zu feſſeln weiß. Ihre 
Pauline Wiſel, das Sinnenweibchen, das Louis Ferdinand 
            um=
wirbt und für Napoleon ſich entzündet, hatte ſinnliche 
            Atmo=
ſphäre, hatte die gleißende Schmiegſamkeit der Schlange und 
hatte auch den echten Ton enttäuſchten Weibtums. Frau 
            Ker=
ſtens Begabuns ſcheint auf der Linie der Orska zu liegen. Sie 
dürfte eine überzeugende „Lulu” ſein. 
Als „Königin Luiſe” vereinigte Hedwig Sparrer 
            ſym=
pathiſche Schlichtheit des Spiels mit Wärme des Gefühles. Sie 
ſtellte gegenüber, der früheren Beſetzung einen Fortſchritt dar, 
was man von den neuen, jüngeren männlichen Kräften leider 
nicht ſagen kann.
 Berlin, 13. Okt. Amtlich wird gemeldet: Nachdem 
bereits vor einigen Tagen die Verordnung über die Zahlung 
der Steuern in Goldmark erlaſſen worden iſt, 
            beſchäf=
tigte ſich das Reichskabinett in ſeiner geſtrigen Sitzung mit der 
Frage der 
Bekämpfung der Preistreibereien der Kartelle und der 
Preiskonventionen. 
Die beteiligten Reſſorts ſind mit der Löſung dieſer Fragen 
beſchäftigt. Anſchließend daran kamen Richt linien für die 
künftige Wohnungspolitik zur Erörterung und 
            Be=
ſchlußfaſſung. Weitere Beſchlüſſe der Reichsregierung betreffen 
die ſogen. Demobilmachungsordordnungen, das ſind die 
            Verord=
nungen über die Einſtellung und Entlaſſung von 
Arbeitnehmern vom 22. Februar 1920, und über die 
            Be=
triebsſtillegungen vom 8. November 1920. In dieſen 
Verordnungen hat ſich die Reichsregierung von vornherein von 
dem Beſtreben leiten laſſen, die Produktivität der Wirtſchaft 
wiederherzuſtellen, ohne dabei auf den notwendigen Schutz der 
Arbeitskraft zu verzichten. Die Reichsregierung hat 
            des=
halb die geltenden Vorſchriften dahin ergänzt, daß in der 
            Sperr=
friſt von regelmäßig vier Wochen, die einer Betriebsſtillegung 
oder großen Betriebseinſchränkung vorausgehen müſſen, 
            Ent=
laſſungen von Arbeitnehmern nur mit Zuſtimmung der 
            Behör=
den maßgebend ſind, und daß die Behörden während dieſer 
Sperrfriſt auch die 
Streckung der Arbeit bis auf 24 Stunden 
vorſchreiben können. Auf der anderen Seite hat die 
            Reichs=
regierung in Artikel 1 der neuen Verordnung den § 12 der 
            Ver=
ordnung vom 22. Februar aufgehoben. Nach dieſer Vorſchrift 
war jeder Arbeitgeber gezwungen, die Arbeit in ſeinem Betrieb 
zu ſtrecken, wenn er auch nur einen einzelnen Arbeiter entlaſſen 
wollte. Das bedeutete eine Belaſtung für die Betriebe, die mit 
den Grundſätzen der Produktivität ſchlechterdings unvereinbar 
iſt. In den weiteren Vorſchriften der neuen Verordnung werden 
die landesrechtlichen Beſtimmungen über Betriebsſtillegung und 
Arbeitsſtreckung in den Betrieben für wirkſam erklärt. 
Eine weitere Verordnung der Reichsregierung ſchreibt die 
Erhebung von Beiträgen zugunſten der Erwerbsloſenfürſorge 
vor. Die Verordnung ſoll die Gewähr dafür bieten, daß die 
            Er=
werbsloſenfürſorge, die unterſtützende ſowohl wie auch die 
            pro=
duktive, und die öffentliche Arbeitsvermittelung trotz der 
            finan=
ziellen Notlage des Reiches in dem Maße fortgeführt werden 
kann, das aus politiſchen und ſozialen Gründen unerläßlich iſt. 
Die Beiträge der Arbeitgeber und Arbeitnehmer ſollen eine 
            be=
ſtimmte Höchſtgrenze von 20 v. H. des Krankenkaſſenbeitrages 
nicht überſteigen. Für Gemeinden mit großer Arbeitsloſigkeit 
treten ergänzend auch weiterhin das Reich und die Länder ein. 
Bemerkenswert iſt in der neuen Verordnung noch die 
            Beſtim=
mung, nach der der Erwerbsloſe gemeinnützige 
            Ar=
beit gegendie Unterſtützung zu leiſti hat. Soweit für 
Jugendliche Arbeitsgelegenheit nicht gegeben 
iſt, haben ſie ſich an den Einrichtungen zur 
            Fort=
bildung und Ausbildung zu beteiligen. Es wird 
            ſo=
mit zum erſtenmal der Grundſatz aufgeſtellt, daß die 
            Unterſtüt=
zung nicht ohne Gegenleiſtung gegeben wird, und es wird damit 
die Möglichkeit geſchaffen, brachliegende Arbeitskräfte noch 
            pro=
duktiver zu beſchäftigen. An allen Entſcheidungen, die aufgrund 
dieſer Verordnungen ergehen, ſind paritätiſche Ausſchüſſe von 
Arbeitgebern und Arbeitnehmern beteiligt. 
Auf die Tagesordnung einer Kabinettsſitzung am 
            kommen=
den Montag iſt die Beſchlußfaſſung über die Währungsfrage 
geſetzt. 
Verordnung über die Steueraufwertung und 
Pereinfachung des Beſteuerungs=Verfahrens. 
TU. Berlin, 12. Okt. Die angekündigte Verordnung des 
Reichspräſidenten über Steueraufwertung und Vereinfachung 
des Beſteuerungsverfahrens iſt heute herausgegeben worden. 
Die Verordnung ſtützt ſich auf Artikel 48 der Reichsverfaſſung 
und umfaßt 18 Paragraphen. Der Verordnung beigegeben iſt 
eine Begründung, die den weſentlichen Inhalt der Verordnung 
wiedergibt und in der es u. a. heißt: 
Die deutſche Privatwirtſchaft hat ſich auf wertbeſtändige 
Zahlungen eingeſtellt. Die öffentliche Wirtſchaft kann auf 
            Wert=
beſtändigkeit der dem Staat geſchuldeten Steuerleiſtungen nicht 
mehr derzichten. Auf der anderen Seite muß ſich der Staat auch 
bereitfinden, zuviel gezahlte Steuern wertbeſtändig 
            zurückzuzah=
len. Die Umſtellung der Steuerleiſtungen auf Wertbeſtändigkeit 
ſoll die Arbeit des Behördenapparates wieder fruchtbringend 
machen. 
I. Steueraufwertung. 
Bei der Behandlung der Steuerſchuld unter dem 
            Geſichts=
punkt der Aufwertung ſind drei verſchiedene Gruppen zu 
            unter=
ſcheiden:
 Walter Neymer gab dem Prinzen, wie früher, den Reiz 
der ſchlanken Erſcheinung, des vollen Organs, der 
            friſchquellen=
den Empfindung. Den gütigen, doch willensſchwachen König 
ſpielte Joſeph Gielen allzuſehr nach der intellektuellen Seite 
hin; Franz Schneiders „Kriegsrat Wieſel” ſteht auf der 
Grenze zwiſchen einer ſcharfen Charakteriſtik und Manier; 
            Vor=
ſichr iſt ſür dieſen begabten Künſtler geboten. 
Die Darſteller, namentlich Reymer, der trotz einer 
            Indiſpoſi=
ton die Rolle nach einer kurzen Unterbrechung durchführte, 
            wur=
den ani Schlufſe lebhaft gerufen. Fritz von Unruh, deſſen 
            An=
weſenheit angekündigt war, blieb unſichtbar. 
Z.
 F.N. Der erſte Kammermuſikabend des Schnurrbuſch= 
Quartetts im Kleinen Haus des Landestheaters war von 
ſtarkem Erfolg gekrönt. Wir beglüchwünſchen das Quartett, daß 
es nach der durch die ſchwere Erkrankung ſeines Leiters ihm 
            auf=
erlegten Pauſe wieder mit ſolcher Friſche an der Arbeit iſt. 
            So=
wohl die Qualität des Zuſamenſpiels und die freudige 
            Hin=
gabe der Künſtler, als auch die glückliche Auswahl der Werke 
machten das Zuhören zum wirklichen Genuß. 
Für Darmſtadt neu war das Streichquartett in D=Moll von 
Rezuicek, ein charaktervolles, mit reifem Geſchmack und 
            vollen=
deter Technik geſchriebenes. Werk im herkömmlich 
            roman=
tiſchen Stil. Harmoniſche Kühnheiten wie im „Ritter Blaubart” 
wird man vergebens ſuchen, dafür entſchädigt die geiſtreiche 
            the=
matiſche und motiviſche Arbeit, die prachtvolle Stimmführung 
und der breite, ſchöne Klang. Der erſte Satz iſt trotz des Moll= 
Geſchlechts ſo lebensbejahend, daß er faſt Dur=Charakter erhält 
und der kurze Schluß in der Haupttonart nach dem langen 
            paſto=
ralen Dur=Epilog geradezu überraſcht. Von Wohllaut und edler, 
elegiſcher Melodik getränkt breitet ſich der zweite aus, der vierte 
und letzte drängt mit heißem Atem zu immer größerer 
            Entwick=
lung, und einzig der menuettartige dritte ſcheint mir etwas in 
ſeiner ſtarken Anlage an klaſſiſche Vorbilder aus dem Rahmen 
zu treten — Rokoko neben Rowantik, in der das hübſche Trio 
wieder ſchwelgt. 
Zur Uraufführung gelangte dann ein Streichtrio in E=Dur 
des Mitgiedes vom Landestheaterorcheſter K. Steinmar, ein 
Werk von köſtlicher Friſche, blühender lyriſcher Melodik und 
            fei=
ner Kompoſitionstechnik. Hier offenbarte ſich reifes Können und 
glückliche Erfindung. Den beiden Violinen und der Bratſche 
wird eine erſtaunliche Klangfülle entlockt, und der Farbenreich=
 zen eine angemeſſene Aufwertung unter Berückſichtigung der 
Geldentwertung bei der Entſtehung der Steuerſchuld vornehmen 
2. Steuerſchulden, die im Jahre 1923, und zwar in der Zei
 1. Steuerſchulden, die bis zum 31. Dezember 1922 entſtanden 
ſind, werden grundſätzlich nicht aufgewertet. Sie bleiben daher 
mit Rückſicht auf die Geringfügigkeit der Papiermarkbeträge in 
der Regel unerhoben. Nur für Fälle der Steuerhinterziehung 
und anderer Nachforderungen ſoll der Reichsminiſter für 
            Finan=
können. 18 10). 
bis zum 31. Auguſt ds. Js. entſtanden ſind, werden mit einen 
Vielfachen des urſprünglichen Betrags aufgewertet. (S 9.) Se 
iſt das Hundertfache bei der Entſtehung der Schuld bis zum 
Mai 1923, das 30fache bei Entſtehung der Schuld im Juni 1923 
das 10fache bei Entſtehung der Schuld im Juli 1923 zu zahlen 
Steuerſchulden, die im Auguſt 1923 entſtanden ſind, werden mi 
dem einfachen Betrage ab 1. September 1923 angeſetzt. 
3. Volle Umſtellung auf ihren Geldwert erfahren die 
            Steuer=
ſchulden und die ſonſtigen Zahlungen auf dem Gebiete der 
Reichsſteuern, die nach dem 31. Auguſt 1923 entſtanden und bis 
zum Inkrafttreten der Verordnung noch nicht gezahlt ſind. (§2. 
Lauten ſie auf einen Papiermarkbetrag, ſo wird dieſer nac / 
einem vom Reichsfinanzminiſter feſtgeſtellten Umrechnungsſat 
auf Goldmark umgerechnet. Für die Umrechnung in Gold ſol 
die Entſtehung der Schuld maßgebend ſein, nicht die 
            Fällig=
keit. Der Zeitpunkt der Entſtehung der Steuerſchuld iſt 
            ungb=
hängig von den Zufälligkeiten der Veranlagungsarbeit. Er iſ 
für alle Steuerſchuldner gleicher Art derſelbe. Der Zeitpunh 
der Entſtehung der Steuerſchuld beſtimmt ſich für jede Steuerar, I mumn Ausuun 
beſonders. So iſt z. B. für die Abſchlußzahlungen auf die Ein= Elich in der leh 
kommenſteuer das Ende des vorangegangenen Kalenderjahres, un Verhano. 
für die Erbſchaftsſteuer der Tag des Erbfalls, für die 
            Grunder=
werbsſteuer regelmäßig der Tag des Eigentumsüberganges 
            maß=
gebend. Am Fälligkeitstag iſt der Papiermarkbetrag zu zahlen 
der dem Goldmarkbetrag, vervielfacht mit dem dann geltenden 
Goldumrechnungsſatz entſpricht. Iſt am Fälligkeitstag der 
Steuer die Schuld nicht getilgt, ſo werden von dem 
            Goldmark=
betrag 5 Prozent Zinſen für das Jahr hinzugerechnet. (8 1.) 
Zur Erleichterung der erforderlichen Geldbeſchaffung für die 
Steuerleiſtung ſoll dem Finanzminiſter die Möglichkeit gegeben 
werden, bei Zahlungen, die innerhalb einer beſtimmten Friſt zu 
leiſten ſind, den Goldumrechnungsſatz für maßgebend zu 
            erklä=
ren, der am Anfang der Friſt gilt. (§ 5, Abſ. 2.) 
Wie von nun ab das Reich ſeine Steuer wertbeſtändig 
            for=
dert, ſo wird es auch in Zukunft Beträge, die ihm zu viel 
            ge=
zahlt ſind, ivertbeſtändig erſtatten und vergüten. (§ 8.) 
Dies gilt für alle Zahlungen, und auch für nach dem 
31. Auguſt 1923 entſtandene Schulden. Für Erſtattungen und 
Vergütungen von Beträgen, die vorher im Jahre 1923 zu viel 
gezahlt ſind, iſt beſondere Umwertung vorgeſehen. Die 
            vorge=
ſehenen Grundſätze gelten für alle Zahlungen, die nicht bis zum 
Inkrafttreten der Verordnung bereits bewirkt ſind. (§ 9.) 
Was bis dahin gezahlt und erſtattet iſt, iſt erledigt.
den 10
 II. Steuergeldſtrafe. 
Iſt im Falle einer Hinterziehung oder einer anderen Zuwi= In 
derhandlung das Vielfache der Steuer als Strafe angedroht, ſo 
wird dieſer Vervielfachung die nach dem Grundſatz zu 1 
            aufge=
wertete Steuer zu Grunde gelegt. Die Strafe wird in Goldmarl / Die Bän 
ausgeſprochen. (§ 11.) 
III. Abwicklung der Vermögensſteuer und der Zwangsanleihe.
 er Abſ. 
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und 
(4.P.ON 
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Um 1 
Abſtimmu 
ehr als 
ſtimmt
 tung ſo geringſügig ſind, daß die Koſten ihrer Veranlagung und 
Erhebung außer jedem Verhältnis zum Ertrag ſtehen. 
            Ver=
mögensſteuer und Zwangsanleihe ſollen daher für die Zukunft 
als erledigt angeſehen werden. Verfahren, die dies betreffen, 
werden nur noch inſoweit durchgeführt, als ſich auf die Veranla= erfül 
gungen die Erhebung der Brotverſorgungsabgabe aufbaut. (8 19.) 
Die Annahme von Zwangsanleihe=Zeichnungen war be= Me 
reits am 8. September 1923 im Veranlagungsweg eingeſtellt, um ten die B 
Zeichnungen zur Ausnutzung des hohen Börſenkurſes zu ver= 
            Hann=
meiden. Die Vorſchriften des § 18, Abſ. 1, in Verbindung mit /Deutſcher 
8 12, Abſ. 2 des Entwurfs, ſollen die Rechtsgültigkeit dieſer 
Abg. 
Maßjahmen ſicherſtellen. 
non, das
 TV. Vereinſachung des Beſteuerungsverfahrens. 
Der Bereitſtellung des Verwaltungsapparats für die neuen wiſchenru 
Aufgaben dient die Ermächtigung in § 13, Nr. 1, finanzrechtliche ſtundent 
Streitigkeiten über kleinſte Beträge für erledigt zu erklären. Elend 
Unter dem gleichen Geſichtspunkt der Entlaſtung ſtehen die 
übrigen Vorſchriften des Abſchnitts 4. Von beſonderer 
            Bedeu=
tung iſt die Vorſchrift, daß für Landabgabe und andere 
            öffent=
liche=rechtliche Abgaben, die von Behörden der 
            Reichsfinanzver=
waltung verwaltet werden, in Zukunft das Recht der 
            Nieder=
ſchlagung bei enverhältnismäßiger Geringfügigkeit, ebenſo wie 
eine Reihe der übrigen Vereinfachungsbeſtimmungen 
            Anwen=
dung finden.
 Die Dikta 
und ſei d
 Die 
der 
            An=
zum 
neues 
ſiſten erh 
Gnäuberau
 tum der drei Sätze zeigt, wie der Komponiſt die Seele der 
            be=
nutzten Inſtrumente erlauſcht hat. Ueberſchwang des Gefühls, 
ſehnſüchtiges Hervorquellen ſchöner Melodieranken charakteriſiert 
den erſten Satz, der von ſeinen Hauptgedanken völlig beherrſcht 
wird und beſonders ſtark an der Tonalität feſthält. Ob es 
            öko=
nomiſch iſt, dem dreiteiligen Takt in dem Andante ein von 
            ver=
wandten dreiteiligen Rhythmen erfülltes Bild der Reſignation 
folgen zu laſſen und erſt im Schlußſatz rhythmiſch Gegenſätzliches 
zu bringen, mag dahingeſtellt ſein, an ſich feſſelt auch die 
            ſchmerz=
liche Unruhe des Andante durch die Prägnanz der Gedanken 
und das reizvolle Wechſelſpiel der drei Inſtrumente völlig, und 
ſein ſchöner C=Dur Seitenſatz iſt von herzlicher Wärme. Aus 
kurzen Motiven ſetzt ſich das Thema des Schlußſatzes zuſammen, 
der faſt ſcherzoartig jubelnd die frohe Stimmung des Anfangs 
aufnimmt und ſteigert. Der überaus herzliche Beifall, den das 
Werk fand, entſtammte wahrlich nicht nur perſönlichem oder 
lokalpatriotiſchem Intereſſe, und man wird ſich freuen, das Trio 
noch öfters zu hören. 
Mit dem wundervollen A=Moll=Quartett Opus 29 von 
Franz Schubert ſchloß der genußreiche Abend. Die Herren 
Schnurrbuſch, Jäger, Horn und Klammer hatten alle Werke aufs 
beſt: vorbereitet, und ganz beſonders in dem Trio ihres Kollegen 
erhob ſich ihr Zuſammenſpiel zu völligem Einsſein und zu 
            leben=
digſter Wirkung. Im erſten Satz von Reznicek fühlte man, daß 
ſie ſich noch einſpielten und einfühlten, und auch die leichte 
            Er=
müdung im letzten Schubertſatz ſei erwähnt. Das ſind Grenzen, 
die ſo vielbeſchäftigten Künſtlern, die faſt täglich ein anderes 
Werk ſpielen, geſetzt ſind und die ein ſolches Quartett von den 
Berufsquartetten, die oftmals mit der gleichen Vortragsfolge 
konzertieren, unterſcheidet. Um ſo mehr iſt es bewundernswert, 
daß in allen übrigen Sätzen die künſtleriſche Konzentration völlig 
auf der Höhe ſtand. Wir ſchließen uns uneingeſchränkt dem 
reichen Beifall an, den alle Darbietungen fanden.
Au
Kunſt, Wiſſenſchaft und Leben.
 Von der Handelshochſchule Mannheim. Profeſſor Dr. Otto 
Selz (Bonn) hat den an ihn ergangenen Ruf als ordentlicher 
Profeſſor für Philoſophie, Pſychologie und Pädagogik an der 
Handels=Hochſchule Mannheim zum kommenden Winter=
            Seme=
ſter angenommen. — Der ordentliche Profeſſor der 
            Betriebs=
wirtſchaftslehre Dr. Walter le Contre (Handels=Hochſchule
heim als Nachfolger von Profeſſor Dr. Mahlberg erhalten.
Königsberg) hat einen Ruf an die Handels=Hochſchule Mann=
[ ← ][ ][ → ]Nummer 284.
Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 14. Oktober 1923.
Seite 3.
 * 
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huld iſt 
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Der Ze 
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 Deutſcher Reichstag. 
* Berlin, 13. Okt.. (Eigener Bericht.) Am 
            Regierungs=
iſch Reichskanzler Dr. Streſemann, Miniſter Sollmann. 
Das Haus iſt ſtark beſetzt, ſämtliche Tribünen überfüllt. In den 
diplomatenlogen die Vertreter fremder Staaten. 
Präſident Loebe eröffnet die Sitzung 1 Uhr 20 Minuten 
ind gibt die Entſchuldigungen der Abgg. Lange=Hegermann (3.) 
ind Duſche, ſowie v. Bernſtorff bekannt. 
Abg. Stöcker (K.P.D.) beantragt zur Geſchäftsordnung, 
ofort den kommuniſtiſchen Antrag zu behandeln, der fordert, daß 
je bisher im beſetzten Gebiet erforderlichen Unterſtützungen auch 
veiterhin gezahlt werden. Der Reichstag müſſe ſich mit der 
            gro=
ſen Not im beſetzten Gebiet in erſter Linie beſchäftigen. Die 
Jage im beſetzten Gebiet ſei kataſtrophal. 
Präſident Loebe ſchlägt vor, den Antrag nach der 
            Erledi=
ung der Abſtimmungen zu behandeln. Es wird jedoch 
            Wider=
pruch erhoben und der Antrag iſt damit erledigt. (Anhaltender 
järm und erregte Zwiſchenrufe bei der K.P.D.. Der Abg. 
            Frö=
ich (K.P.D.) ruft: Kanaillen! Ihr wollt die Arbeiter 
            verhun=
ern laſſen! Wenn Ihr nur dabei reich werdet! — Der 
zwiſchenrufer erhält einen Ordnungsruf.) 
Abg. Koenen (K.P.D.) beantragt nummehr, einen Antrag 
uf Aufhebung des Verbots der Roten Fahne auf die 
            Tages=
rdnung zu ſetzen. Auch dagegen wird Widerſpruch erhoben und 
er Antrag iſt ebenfalls erledigt. 
Präſident Loebe ſchließt darauf die allgemeine 
            Geſchäfts=
rdnungsdebatte und erklärt, daß er die weiteren Meldungen 
ur Debatte nach der Abſtimmung zur Erledigung bringen werde. 
Abg. Ledebour= (bei keiner Fraktion) beantragt, die 
            Ab=
immung ſo lange auszuſetzen, bis der Reichskanzler Dr. 
            Streſe=
gann Auskunft gegeben habe auf die Frage, die der Abg. 
            Frö=
ich in der letzten Sitzung an ihn gerichtet habe. Es handelt ſich 
m Verhandlungen mit den Franzoſen. — Der Antrag wird 
            ab=
elehnt. 
Es folgt dann die Abſtimmung über das 
            Ermächti=
ungsgeſetz. Zu der Abſtimmung gibt der Abg. Leicht 
ür die Bayeriſche Volkspartei folgende Erklärung ab: Vor der 
Ubſtimmung über das Ermächtigungsgeſetz in der letzten Sitzung 
ſabe ich die Erklärung abgegeben, daß wir gegen das Geſetz 
timmen werden, daß wir aber das Mittel der Oppoſition, den 
Saal zu verlaſſen, nicht zur Anwendung bringen werden. Dabei 
at uns der Gedanke geleitet, daß die Regierung und die Parteien 
abei helfen möchten, die Konfliktsmöglichkeiten zwiſchen dem 
keich und Bayern auf ein Minimum zu reduzieren. Dieſe 
            Hoff=
ung iſt nicht in dem Maße erfüllt worden, wie wir es gewünſcht 
ätten. (Lebhafte Bewegung im ganzen Haus. Rufe der 
            Sozial=
emokraten: Wieder einmal Bayern!) Trotzdem halten wir an 
nſerer Stellungnahme feſt. Wir werden uns an der 
            Abſtim=
mng beteiligen, weil wir dadurch einen letzten Appell an die 
tegierung richten möchten im Sinne unſerer Erklärung. (Beifall 
nd Unruhe.) 
Präſident Loebe erklärt, daß er weitere Wortmeldungen 
icht zulaſſen werde. (Stürmiſcher Beifall. Lebhafter Proteſt 
es Abg. Ledebour.) 
Nunmehr wird in einfacher Abſtimmung Einleitung und 
teberſchrift des G=ſetzes gegen die Stimmen der 
            Deutſchnatio=
alen, der Bayer. Volkspartei und der Kommuniſten 
            angenom=
ven. — Die Schlußabſtimng über das Geſetz iſt namentlich. 
die Deutſchnationalen und Kommuniſten verlaſſen den Saal. 
die Bänke der Sozialdemokraten weiſen einige Lücken auf, die 
brigen Fraktionen ſind faſt vollzählig anweſend. 
Um 1.50 Uhr teilt Präſident Loebe das Ergebnis der 
Cbſtimmung mit: Abgegeben wurden 347 Karten, alſo ſind 
nehr als zwei Drittel der Abgeordneten anweſend. Es haben 
eſtimmt: 
24 mit Nein, 
316 mit Ja (Bewegung), 
7 haben ſich der Stimme enthalten. 
Es iſt alſo die weitere Beſtimmung des § 76 der Verfaſſung 
rfüllt, daß zwei Drittel der Anweſenden abgeſtimmt haben. Das 
zeſetz iſt angenommen. (Lebhafter Beifall bei der 
Nehrheit. Pfuirufe bei der K.P.D.) Gegen das Geſetz 
            ſtimm=
en die Bayeriſche Volkspartei, Baheriſcher Bauernbund, 
            Deutſch=
hannoveraner. — Enthalten haben ſich einige Abgeordnete der 
deutſchen Volkspartei, darunter der Abg. Stinnes. 
Abg. Frölich (K.P.D.) erklärt im Auftrage ſeiner Frak= 
Die Diktatur leite den Bürgerkrieg gegen die Arbeiterklaſſe ein 
nd ſei die Vorhut einer monarchiſchen Diktatur. (Lärm und 
tundentages und ſtößt die Arbeiter und Angeſtellten tiefer ins wohl ein Beamter ſich als Nebenregent gefühlt und — gleichviel aus wel= 
Elend. 
Die Entſchließung der Deutſchnationalen, wonach im Falle 
der Annahme des Geſetzes die Regierung erſucht werden ſoll, 
um Schutze der etwa zur Entlaſſung Gelangenden ſofort ein 
teues Angeſtelltengeſetz zu erlaſſen, wird abgelehnt. — 
            Ange=
iommen wird eine Entſchließung der Abg. Frau Dr. Lüders u. 
Hen., wonach die Unterſtützung nach dem Reichsausgleichsgeſetz 
ür kulturelle Vereinigungen erhalten bleiben ſoll, und einige 
veitere Entſchließungen. 
Unter Ablehnung eines gegenteiligen Antrags der 
            Kommu=
tiſten erhält Präſ. Loebe die Ermächtigung, die nächſte Sitzung 
inzuberaumen und die Tagesordnung feſtzuſetzen (nächſte oder 
ibernächſte Woche). — Schluß nach 2 Uhr. 
 Die Verordnung über die Kohlenwirtſchaft. 
TU Berlin, 13. Okt. Die Verordnung des 
            Reichspräſi=
denten über die Kohlenwirtſchaft vom 13. Oktober 1923 hat 
            fol=
genden Wortlaut: 
Aufgrund des Artikels 48 der Reichsverfaſſung wird 
            folgen=
ns verordnet: 
8 1. In Abänderung des 8 112 Abſatz 1 der 
            Ausführungs=
beſtimmungen vom 21. Auguſt 1919 zum Geſetz über die 
            Rege=
ung der Kohlenwirtſchaft (Reichsgeſetzblatt Seite 1449) wird 
zeſtimt, daß der Reichswirtſchaftsminiſter befugt iſt, die vom 
Reichskohlenverband feſtgeſetzten Brennſtoffpreiſe auch 
ohne vorherige Anhörung des Reichskohlenrats 
und des Reichskohlenverbandes herabzuſetzen. 
8 2. Das Kohlenſteuergeſetz vom 20. März 1923 
(Reichsgeſetzblatt Seite 193) wird aufgehoben. 
8 3. Dieſe Verordnung tritt mit dem 15. Oktober 1923 in 
Kraft. 
Berlin, 13. Oktober 1923. 
Der Reichspräſident. gez.: Ebert. 
Der Reichskanzler. gez.: Streſemann. 
Der Reichsminiſter der Finanzen. gez.: Dr. Luther. 
Der Reichswirtſchaftsminiſter. gez.: Dr. Koeth. 
Bergbau und Mehrleiſtung. 
Berlin, 13. Okt. (Wolff.) Gelegentlich der 
            Verhandlun=
gen über die Bergarbeiterlöhne, die am Donnerstag und 
            Frei=
tag in Berlin ſtattfanden, wurde auch die Frage der 
            Mehrar=
beit eingehend beſprochen. Die Leiter der Arbeitnehmer 
            drück=
ten hierbei ihre prinzipielle Zuſtimmung zur Notwendigkeit einer 
Mehrleiſtung auf dem Gebiet der bergbaulichen Produktion aus, 
behielten ſich aber ihre endgültige Stellungnahme bis zur 
            Ent=
ſcheidung durch die bevorſtehenden Revierkonferenzen vor. Die 
weiteren Verhandlungen über die Frage der Mehrarbeit ſollen 
deshalb erſt am kommenden Dienstag, im Zuſammenhang mit 
den dieſer Tage ſtattfindenden neuen Lohnverhandlungen, 
            ge=
führt werden.
 Die Politiſierung der Rechtspſiege. 
Eine Stellungnahme des Heſſiſchen Richtervereins.
*
 n. Darmſtadt, den 13. Oktober 1923. 
Zu einer außerordentlichen Tagung war heute der Heſſiſche 
Richterverein zuſammengetreten, um Stellung zu nehmen zu der 
Frage der Politiſierung der Rechtspflege und 
            wei=
terhin auch zu der Zurückſetzung des 
            Vorſtandsmit=
glieds Dr. Lehr. Richter aus allen Provinzen waren 
            er=
ſchienen, die Mitglieder des Oberlandesgerichts, des 
            Landge=
richts, der Staatsanwaltſchaft und der Amtsgerichte in Darmſtadt 
faſt vollzählig, darunter die Vorſtände dieſer Behörden, das 
Ehrenmitglied des Vereins, Geh. Oberjuſtizrat von Heſſert, im 
Ganzen etwa 90 Mitglieder. In ſeiner Eröffnungsrede wies der 
Vorſitzende, Landgerichtsrat Dr. Schneider darauf hin, daß das 
zahlreiche Erſcheinen beweiſe, daß Punkte zur Erörterung 
            ſtün=
den, welche ſchwer in das Rechtsleben eingreifen, daß es ſich um 
Tatſachen handele, welche eine tiefe Erregung unter der 
            Richter=
ſchaft ausgelöſt hätten. Um ſo mehr zieme es ſich, die Fragen 
rein ſachlich zu erörtern. 
Zur Frage der Politiſierung der Rechtspflege 
gab der Vorſitzende eine kurze Schilderung des Sachſtandes. Nach 
Inkrafttreten des Altersgrenzengeſetzes ſei bekannt geworden, 
daß zur Beförderung in die frei gewordenen höheren Stellen im 
Bereich der Juſtizverwaltung Beamte vorgeſchlagen werden 
            ſoll=
ten, welche noch lange nicht zur Beförderung ſtanden, lediglich 
wegen ihrer politiſchen Parteizugehörigkeit. Der Vorſtand habe 
es deshalb für ſeine Pflicht gehalten, in einer Eingabe das 
            Ju=
ſtizminiſterium auf die Gefahren hinzuweiſen, welche für die 
Rechtspflege daraus entſtünden, wenn politiſche Geſichtspunkte 
bei Beförderungen ausſchlaggebend ſein ſollten. Des weiteren 
ſei dann in Erfahrung gebracht worden, daß eine Deputation aus 
Mitgliedern der Republikaniſchen Beamtenbünde, darunter auch 
des Republikaniſchen Richterbundes, bei dem Staatspräſidenten 
vorſtellig geworden ſeien, und ihm eine Reſolution überreicht 
            hät=
ten, wonach nur wahrhafte und echte Republikaner in die höheren 
Stellen zu befördern ſeien, der Eid auf die republikaniſche 
            Ver=
faſſung genüge nicht, es müßte die Feſtſtellung der Zuverläſſigkeit 
der republikaniſchen Geſinnung gefordert werden. Tatſächlich 
wurde dann auch ein noch jüngerer, an ſich durchaus 
            charakter=
voller und befähigter Kollege aus dem Amtsgericht zum 
            Landge=
richtsdirektor befördert, welcher der Sozialdemokratiſchen Paxtei 
angehörte, unter offenſichtlicher Ueberfpringung einer ganzen 
Schar älterer, ebenſo für die Beförderung geeigneten Richter und 
andererſeits wurde ein anderer, der Deutſchen Volkspartei 
            an=
gehörender Beamter, ohne erſichtlichen Grund nicht zum 
            Ober=
ſtaatsanwalt ernannt, obwohl das Miniſterium ihn bereits dafür 
beſtimmt und ſeine verfaſſungsmäßige Zuſtimung dazu eingeholt 
hatte. — Dagegen ſtellte der Vorſitzende ausdrücklich feſt, daß die 
gegen ein hieſiges Mitglied des Richtervereins von verſchiedenen 
Seiten erhobenen Vorwürfe, er habe als Mitglied des 
            Republika=
niſchen Richterbundes in unzuläſſiger Weiſe gegen die 
            Beförde=
rung einzelner Beamter Stimmung gemacht, der Begründung 
entbehre, ſo daß für den Verein keine Veranlaſſung beſtehe, ſich 
mit dem Verhalten dieſes Mitglieds zu befaſſen. 
Zur Frage der Politiſierung der Rechtspflege ergriff 
zunächſt der älteſte aktive Richter des Landes, frühere langjährige 
Perſonalreferent im „Miniſterium Oberlandesgerichtspräſident 
Dr. Beſt das Wort. Seine Darlegungen waren ſo ſcharf, ſo klar 
und ſo überzeugend, daß ſie hier vollſtändig wiedergegeben 
            wer=
den mögen: 
Die richterliche Gewalt wird durch unabhängige Gerichte geübt. Das 
iſt ein grundlegender Satz der Gerichtsvexfaſſung. Der Richter ſoll von 
Gunſt und Ungunſt der Regierung unabhängig, nur dem Geſetze 
            unter=
worfen ſein, damit er unparteiiſch ſeines Amtes walten kann. Deshalb 
wird er nach der Gerichtsverfaſſung auf Lebenszeit ernannt und 
            des=
halb kann er nach ihr wider ſeinen Willen nur durch Richterſpruch ſeines 
Amtes enthoben, verſetzt oder zur Ruhe geſetzt werden. Aus dem 
            Grund=
ſatze folgt, daß auch der Ernennung und Beförderung des Richters nur 
ſachliche, nie parteipolitiſche Erwägungen zu Grunde gelegt werden 
            dür=
fen. Denn wenn letzteres geſchieht, iſt die Unparteilichkeit des Richters 
oder doch das Vertrauen in ſie bedroht. Gar viele Parteigenoſſen 
            for=
dern, daß der Richter, der als Parteimann auf dem Richterſtuhle ſitzt, 
ſich dort als ſolcher betätigt. Der politiſche Gegner wird deshalb auch 
einem ſachlichen Urteil mißtrauiſch gegenüberſtehen. Deshalb bedroht 
die Ernennung aus Parteirückſichten die Rechtspflege ſelbſt dann, wenn 
ion, das Geſetz bedeute die Aufhebung der Scheindemokratie, der Ernannte ſein Urteil durch ſie nicht beſtimmen läßt. Das hat man 
vordem gewußt und beachtet. Ich habe lange dem Miniſterium 
            ange=
hört und kenne keinen Fall, in dem andere als ſachliche Erwägungen 
Zwiſchenrufe. Das Geſetz bedeute die Beſeitigung des Acht= einer Anſtellung oder Beförderung zugrunde gelegt hätten. Bei ſo her 
Einſtellung war für Geſinnungsſchnüffelei kein Raum. Und wenn 
            gleich=
chen Motiven — die Uebergehung Andersdenkender gefordert hätte, dann 
wäre er über die Auffaſſung der Regierung und die Würdigung ſeines 
Tuns raſch und deutlich belehrt worden. Wie in Heſſen war es auch 
ſonſt im Reiche. Und das Ergebnis war eine Rechtspflege, die nur 
            Ver=
leumdung der Parteilichkeit zeihen konnte, und ein Nichterſtand, um den 
uns die Welt beneidet hat. Auch nach dem Umſturz hat man jahrelang 
an dem feſtgehalten, was allein dem Geſetz entſprach. Erſt jetzt iſt über 
etwa 35 zum Teil hochbefähigter Vordermänner hinaus ein Parteimann 
auf ein hohes Richteramt befördert worden. Nicht wie ein Parteiblatt 
glauben machen will, um „die Ochſentour” zu durchbrechen. Ein 
            Ver=
gleich zwiſchen dem Beteiligten ergibt die Unmöglichkeit ſolcher 
            Aus=
flucht. Und zudem iſt vorher nie beſtritten worden, daß ein rein 
            poli=
tiſcher Akt in Frage ſtand. Auch bei drei weiteren Ernennungen ſcheinen 
andere als ſachliche Motive mitgewirkt zu haben. Zwei von ihnen 
            wer=
den als Kompenſationen unter den Regierungsparteien und eine wird 
als Entſchädigung für vorher erlittene Unbill aufgefaßt. Das alles war 
neu, aber Manchem nicht überraſchend. Denn die ſtark einſeitige 
            Be=
ſetzung der Diſziplinargerichte war vorausgegangen und das Altersgeſetz, 
deſſen parteipolitiſcher Sonderzweck von vornherein klar war. Nie wäre 
Derartiges früher möglich geweſen. Und wenn eine Regierung es 
            ge=
wagt hätte, wäre ein Sturm in Parlament und Preſſe die Antwort 
            ge=
weſen. Auch jetzt iſt es unmöglich zu ſchweigen. Aber der Proteſt gilt 
nicht den Ernannten. Man erkennt, insbeſondere betreffs des 
            Land=
gerichtsdirektors, an, daß er befähigt, unterrichtet und nach keiner 
            Nich=
tung zu beanſtanden iſt. Niemand behauptet, daß andere als ſachliche 
Momente ſeine Parteiſtellung bedingen. Auch gegen die Perſonen der 
Miniſter iſt der Kampf nicht gerichtet. Die Richter ſind ſich der Achtung 
bewußt, die der Beamte den Trägern der Regierungsgewalt ſchuldet. 
Sie verkennen auch nicht, daß einwandfreie Sachlichkeit heute ſchwerer 
iſt als vordem. Im Gegenſatze zu den früheren ſind die Miniſter von 
heute tatſächlich von den Parteien in gewiſſem Maße abhängig. Die 
Forderungen dieſer Parteien ſind nicht immer bedenkenfrei, aber die 
Miniſter können ſie nicht ſchlechthin zur Seite ſchieben. Vor dem 
Geſetze jedoch muß die Erfüllung von Parteiwünſchen Halt 
machen. Und die Politiſierung der Juſtiz verletzt die Unabhängigkeit 
der Richter und damit das Geſetz. Sie gefährdet, wie ich gezeigt habe, 
die Unvarteilichkeit, ſte erſchüttert das Vertraueu, in die Rechtshflege 
und rührt damit an den Wurzeln des Rechtsſtaates. Noch weitere Uebel 
hat die Politiſierung im Gefolge. Sie gefährdet die Laufbahn 
            charakter=
feſter Männer, die ihre Ueberzeugung nicht wie einen Handſchuh 
            wech=
ſeln. Sie erzeugt ſehr bittere Gefühle und ſchädigt die freudige 
            Pflicht=
erfüllung, die der Dienſt erfordert. Weit betrübender wäre ein anderes 
Bild. Das Bild ſolcher, die um ihr Fortkommen zu retten, ihre 
            Ge=
ſinnung opfern. Wenigſtens nach außen hin. Politiſche Heuchelei und 
niedriges, verächtliches Strebertum ſind hier die Früchte der 
            Politiſie=
zung. Sie untergräbt auch die Kollegialität. Es vergiftet die 
            Atmo=
ſphäre, wenn man die Worte wägen muß, damit ſie nicht hinterbracht 
und rücklings zum Stricke gedreht werden. Was vom Richter gilt gilt 
auch vom Staatsanwvalt. Auch ihm iſt unparteiiſche Sachlichkeit oberſte 
Pflicht. Der Proteſt gilt jeder Politiſierung, gleichviel zu welchen 
Gunſten ſie erfolgt. Jede Ernennung und jede Beförderung aus ande= 
 
ren als ſachlichen Gründen iſt zu bekämpfen. 
Darauf eröffnete Generalſtaatsanwalt Geh. Dr. 
            Preeto=
rius in längeren treffenden Darlegungen die Grundſätze, welche 
er in einer 49jährigen Erfahrung im Staatsdienſt als Richter, 
Staatsanwalt und Vorſitzender der Prüfungskommiſſion für die 
Frage der Beförderung von Richtern kennen gelernt habe und 
wies überzeugend nach, daß bisher niemals ein Richter oder 
Staatsanwalt nur wegen ſeiner politiſchen Parteizugehörigkeit 
befördert worden ſei. Wenn man auch dem neu ernannten 
            Land=
gerichtsdirektor die volle perſönliche und ſachliche Eignung zu ſei=
 nem Amte unbedingt zuerkennen müſſe, ſo könne man doch nicht 
an der Tatſache vorbeigehen, daß ſeine Ernennung de facto eine 
rein politiſche Tat ſei. Nehme man die Richterliſte in die 
Hand, ſo laſſe ſich feſtſtellen, daß unter den 35 von Präſident Dr. 
Beſt als übergangen bezeichneten Beamten, ſelbſt bei ſtrengſter 
Wahrung aller Geſichtspunkte, mindeſtens 15 Beamte ſich 
            befän=
den, die ebenſo wie der neu Ernannte für das Amt geeignet 
            wä=
ren. Solle der alte Grundſatz „Juſtitia fundamentum regnorum” 
noch Geltung haben, ſo müſſe der Richterſtand frei bleiben von 
jeder politiſchen Färbung. 
Aus der anſchließenden Debatte, an welcher ſich verſchiedene 
Mitglieder beteiligten, ſei noch hervorgehoben, daß 
            Amtsgerichts=
rat Müller darlegte, der von ihm vertretene republikaniſche 
            Rich=
terbund lege Gewicht darauf, daß leitenden Stellen im 
            Juſtiz=
fach wegen ihrer politiſchen Bedeutung nur mit ſolchen Beamten 
beſetzt würden, deren unbedingte Zuverläſſigkeit zum 
            republika=
niſch=demokratiſchen Staatsgedanken feſtſtehe; für ihn und ſeine 
Freunde ſeien daher bei ihren Beſtrebungen nicht partei=, ſondern 
ſtaatspolitiſche Geſichtspunkte maßgebend. 
Die Verſammlung lehnte es im Weiteren ab, den 
            Ausfüh=
rungen einzelner Redner über eine Stellungnahme zum 
            republi=
kaniſchen Richterbund näher zu treten, da dieſe Frage nicht zur 
Verhandlung ſtünde, nahm vielmehr mit überwältigender 
            Mehr=
heit — gegen 6 Stimmen — eine vom Vorſtand eingebrachte 
            Re=
ſolution dahin an. 
Der Heſſiſche Richterverein umſchließt als reiner Fachverein 
            Ange=
hörige aller Parteien. Seinem Weſen nach muß er alle Beſtrebungen 
auf das entſchiebenſte bekämpfen, die ſeine Mitglieder nach politiſchen 
Geſichtspunkten bewerten. Ebenſo, wie er jede Abſicht zurückweiſt, 
            Mit=
glieder wegen ihrer politiſchen Geſinnung nicht anzuſtellen oder nicht zu 
befördern, ebenſo muß er ſich dagegen wenden, daß Mitglieder wegen 
ihrer gerade genehmen Geſinnung bevorzugt werden. 
Die Politik muß der Rechtspflege fern bleiben, ſonſt iſt ihre 
            Un=
parteilichkeit in Gefahr. Denn die Heraushebung politiſch genehmer 
Perſonen verfolgt, wenn auch unausgeſprochen, den Zweck, die 
            Recht=
ſprechung parteipolitiſch zu beeinfluſſen. 
Die Einführung der Parteipolitik iſt aber auch geeignet, die 
            ſeit=
herige Einheit des Richtertums zu gefährden, den Richterſtand zu 
            zer=
ſplittern, ſowie durch Geſinnungsſchnüffelei die Kollegialität zu 
            unter=
graben. Ein Zuſammenhalt aller Richter iſt aber bei den dem 
            Berufs=
beamtentum und der Unabhängigkeit der Rechtfprechung drohenden 
            Ge=
fahren nötiger denn je. Auch aus dieſen Gründen lehnt der Heſſiſche 
Richterverein alle auf Einführung der Parteipolitik in ſeine Kreiſe 
            ab=
zielenden Beſtrebungen rundweg ab. 
Zum 2. Punkt der Tagesordnung „Zurückſetzung 
            un=
ſeres Vorſtandsmitglieds Dr. Lehr” gab der 
            Vorſit=
zende an Hand eine Aeußerung des Landgerichtsrats Dr. Lehr 
folgende Sachdarſtellung: Bereits im Auguſt habe das 
            Miniſte=
rium bei Herrn Lehr angefragt, ob er eine Richterſtelle am 
            Ober=
landesgericht annehmen wolle, was dieſer bejaht habe; ſpäter 
ſei ihm auch noch mündlich eröffnet worden, er ſei ſowohl für 
die Stelle eines Oberlandesgerichtsrats wie auch anderer 
            Beför=
derungsſtellen geeignet. — Nachdem dann dem Miniſterium 
            be=
kannt geworden ſei, daß in Richterkreiſen die Abſicht beſtehe, einen 
außerordentlichen Richtertag einzuberufen, um zu der oben 
            er=
wähnten Beförderung eines Amtsgerichtsrats zum 
            Landgerichts=
direktor und zu dem Verhalten eines Mitglieds des 
            Richterver=
eins Stellung zu nehmen, ſei Kollege Lehr auf das Miniſterium 
beſtellt und ihm dort eröfnet worden, der Juſtizminiſter 
            beabſich=
tige ihn zum Oberlandesgerichtsrat zu ernennen, könne aber erſt 
dann eine endgültige Entſchließung faſſen, wenn er wiſſe, wie 
Lehr ſich zu beiden erwähnten Fragen ſtelle. Kollege Lehr habe 
darauf erklärt, er könne als Vorſtandsmitglied ſich der 
            Einberu=
fung des Richtertages nicht widerſetzen, wenn dies eine 
            genü=
gende Anzahl von Mitgliedern beantragt; das Verhalten des 
Mitglieds des Richtervereins könne er erſt bewerten, wenn die 
Sache genügend aufgeklärt ſei. Man habe ihm darauf erwidert, 
die Intereſſen des Miniſteriums und der Richter verlangten die 
Verhinderung des Richtertages, im Notfalle müſſe der Vorſtand 
ſeine Aemter niederlegen. Kollege Lehr habe letzteres Anſinnen 
als mit ſeiner Ehre nicht vereinbar abgelehnt. Als dann Herr 
Lehr eine Woche ſpäter wieder im Miniſterium vorgeſprochen 
habe, ſei ihm mitgeteilt worden, der Miniſter habe einen 
            dienſt=
jüngeren Richter zum Oberlandesgerichtsrat befördert, er halte 
zur Zeit die Beförderung eines Mitglieds des 
            Richtervereinvor=
ſtandes nicht für angebracht. 
Zur Sache ſelbſt äußerte ſich der Präſident des Landgerichts 
Darmſtadt Geheimrat Theobald, er habe bei der 
            Trag=
weite und Bedeutung dieſes Punktes für Richterverein, 
            Richter=
ſtand und die geſamte Rechtspflege es für ſeine Pflicht gehalten, 
als einer der älteſten Richter unter Hintanſetzung perſönlicher 
Rückſichten ſich zu äußern und damit das langjährige, ihm 
            ge=
währte Vertrauen der Richter zu rechtfertigen. Das 
            Ernennungs=
recht gebühre nach der Verfaſſung der Regierung; es bedürfe 
aber keiner Erörterung darüber, ob eine Kritik dieſes 
            Ernen=
nungsrechts berechtigt ſei, denn es käme hier nicht auf die 
            Tat=
ſache der Ernennung, ſondern auf die Begleitumſtände an, auf 
die Verhandlungen des Kollegen Lehr mit dem Miniſterium und 
das an ihn gerichtete und von ihm abgelehnte Anſinnen, eine 
Tagung des Richtervereins zu verhindern, evtl. ſein Amt als 
Vorſtandsmitglied niederzulegen; damit ſei zum Ausdruck 
            ge=
bracht, daß Vorſtandsmitglieder des Richtervereins wegen 
            pflicht=
mäßiger Ausübung ihres Amtes nicht befördert werden könnten. 
Da Dr. Lehr zwar für geeignet befunden, aber doch nicht ernannt 
worden ſei, müſſe man hier zu dem zwingenden Schluß kommen: 
poſt hoc, ergo propter hoc! 
Die Reichsverfaſſung gewährleiſte freie Meinungsäußerung 
und das Recht des Zuſammenſchluſſes. Folglich habe Kollege 
Lehr nicht gegen die Geſetze verſtoßen „ebenſowenig aber auch 
            ge=
gen die Moral, gegen den Takt und nicht gegen die der höchſten 
Tuſtizbehörde gebührende Ehrerbietung. Seine Ablehnung des 
Auſinnens ſei durchaus gerechtfertigt geweſen. Es hätte für das 
Miniſierium keine Veranlaſſung vorgelegen, die in Ausſicht 
            ge=
nommene Beförderung zu unterlaſſen. Im Gegenteil: die 
            Ueber=
zeugungstreue und der Mut, mit welchem er das für wahr und 
richtig Erkannte vertreten habe, ließen ihn neben ſeiner 
            anerkann=
ten Befähigung beſonders geeignet für die ihm zugedachte Stelle 
eines Oberlandesgerichtsrats ſcheinen. Er habe ſein und ſeines 
Srandes Anſehen gewahrt, ihm ſelbſt aber ſei ein offenbares 
Unrechr geſchehen. 
Der Vorſitzende des Republikaniſchen Richterbunds 
            Amtsge=
richtsrat Müller ſchloß ſich dieſen Ausführungen an und 
            be=
merkte, das dem Kollegen Lehr zugefügte Unrecht ſei ſonnenklar 
elwvieſen, er beantrage daher Annahme der inzwiſchen aus der 
Verſammlung eingebrachten Reſolution ohne weitere Debatte. 
Die Verſammlung nahm hierauf einſtimmig folgende 
            Reſo=
lution an: 
Durch Ariikel 118 und 130 der Deutſchen Reichsverfafſung iſt den 
Beamten das Recht der freien Meinungsäußerung und des freien 
            Zu=
ſammenſchluſſes gewährleiſtet. Das Anſinnen, das das Juſtizminiſterium 
an unſer Vorſtandsmitglied Dr. Lehr geſtellt hat, indem es, trotz ſeiner 
anerkanuten Vefähigung, ſeine Beförderung zum Oberlandesgerichtsrat 
von Erklärungen abhängig machen wollte, enthält eine Verletzung 
            die=
ſer Grundrechte. 
Wir danken unſerem Kollegen Dr. Lehr dafür, daß er ein ſolches 
Anſinnen entſchieden zurückgewieſen und dem Verein die Treue gehalten 
hat, ſelbſt auf die — jetzt zur Tatſache gewordene — Gefahr hin, eine 
Zurückfetzung in der Beförderung zu erfahren. 
Wie bedauern, daß das vertrauensvolle Zuſammenwirken, das 
            ſeit=
her zwiſchen Miniſterium und Richterverein beſtanden hat, hierdurch 
            ge=
ſtört iſt.
Seite 4
Darmftädter Tagblatt, Sonntag, den 14. Oktober 1923.
Rummer 284
 Von Ruhr und Rhein. 
Rückkehr der Eiſenbahner zur Arbeit. 
Ein Erlaß des Reichsverkehrsminiſters. 
Berlin, 13. Okt. (Wolff.) Der Reichsverkehrsminiſter 
hat eine Aufforderung an das im beſetzten Gebiet, anweſende 
Perſonal der zurzeit nicht im Betrieb der deutſchen Verwaltung 
befindlichen Bahnſtrechen gerichtet, in der dieſes aufgefordert 
wird, ſich am Mittwoch, den 17. Oktober, zur Wiederaufnahme 
des Dienſtes bei der Regie zu melden. Der Ablegung eines 
Dienſteides ſtände nichts entgegen, nachdem der Leiter der 
Regie öffentlich erklärt habe, daß die eidliche Verpflichtung 
            ledig=
lich einen rein beruflichen Charakter hätte. Nach dieſer 
            Erklä=
rung ſind nach der Abgabe eines Eides die gegen das Reich 
weiter beſtehen bleibenden Treuverpflichtungen nicht aufgehoben. 
Der Reichsverbehrsminiſter ſtellt feſt, daß die Regierung die 
Regie nur als eine vorübergehende 
            Verwal=
tung anſieht und daß der gegenwärtige Betrieb durch die 
            Re=
gie die Rechte des Deutſchen Reiches an den beſetzten Bahnen 
nicht berühre. 
Ein Aufruf der Eiſenbahnergewerkſchaften. 
Berlin, 13. Okt. (Wolff.) Zu dem Aufruf des 
            Reichsver=
kehrsminiſters erlaſſen die Eiſenbahnergewerkſchaften folgenden 
Aufruf an die Eiſenbahner des beſetzten Gebietes: Der 
            Reichs=
verkehrsminiſter hat, veranlaßt durch die Bedrängnis des 
            beſetz=
ten Gebietes, mit dem Erlaß vom 13. d. Mts. an das 
            Eiſen=
bahnperſonal die Aufforderung gerichtet, ſich vom 17. Oktober ab 
zur Wiederaufnahme des Dienſtes bei den Dienſtſtellen der Regie 
zu melden. Damit iſt der Kampf an Rhein und Ruhr, in dem 
ſeit neun Monaten die Eiſenbahner an vorderſter Stelle ſtanden, 
abgebrochen. Unſere Kollegen haben getan, was ihnen ihre 
Pflicht als deutſche Eiſenbahner gebot. Die Haltung der 
            Eiſen=
bahner, die in den Kampf um das große Ziel ſogar Freiheit und 
Heimat opferten, wird für alle Zeit ein Ruhmesblatt in der 
            Ge=
ſchichte des deutſchen Volkes bleiben. Es wird auch in der 
            Zu=
kunft Sorge der Gewerkſchaften ſein, ſich mit ihrer ganzen Kraft 
für die Intereſſen aller Eiſenbahner des beſetzten Gebietes, 
            ins=
beſondere auch für die Inhaftierten und Vertriebenen, 
            einzu=
ſetzen.
 Lebensmittelanruhen. 
Anſammlungen in Frankfurt. 
Frankfurt a. M., 13. Okt. (Wolff.) Heute kam es in der 
Stadt im Laufe des Vormittags verſchiedentlich zu 
            Anſamm=
lungen wegen der hohen Lebensmittelpreiſe. 
Die Ausſchreitungen konnten aber überall dank dem Eingreifen 
der Polizei unterdrückt werden. Zu größeren Zwiſchenfällen iſt 
es bis 12 Uhr mittags nicht gekomen. Die meiſten 
            Lebens=
mittelgeſchäfte hatten geſchloſſen. 
* Frankfurt a. M., 14. Okt. (Priv.=Tel.) Die 
            Lebens=
mittelunruhen nahmen geſtern nachmittag in der Altſtadt einen 
gefahrdrohenden Zuſtand an. Die Polizei mßte mit 
            Gummi=
knüppeln in ſchärfſter Weiſe gegen die Demonſtranten vorgehen. 
Zu Plünderungen iſt es bisher nicht gekommen. Etwa 25 
            Per=
ſonen wurden feſtgenommen. Am Spätnachmittag kam es auf 
dem Römerberg zu ſchweren Zuſammenſtößen zwiſchen den 
            De=
monſtranten und der Polizei, wobei ein Arbeiter durch einen 
Bruſtſchuß lebensgeſährlich verletzt wurde. 
Die Lage in Wiesbaden. 
Wiesbaden, 13. Okt. (Wolff.) Auch in den geſtrigen 
Nochmittagsſrunden kam es wiederholt zu großen 
            Men=
ſchenanſammlungen, die bis zum ſpäten Abend von der 
Polizei zerſtreut worden waren, wobei eine Anzahl 
            Verhaftun=
gen vorgenommen wurden. Heute vormittag iſt, abgeſehen von 
Menſchenanſammlungen vor dem Arbeitsamt, die Ruhe 
            nir=
gends geſtört worden. Ein Teil der Lebensmittelgeſchäfte hat 
wieder geöffnet, wo zu verbilligten Preiſen verkauft wird. 
Belagerungszuſiand über Höchſi. 
Höchſt, 13. Okt. (Wolff.) Die vergangene Nacht verlief 
hier, nachdem geſtern abend die franzöſiſche Beſatzungsbehörde 
den Belagerungszuſtand verhängte, ruhig. Heute morgen 
            ver=
ſchärfte ſich die Lage in den Vororten inſofern, als die bei den 
hieſigen Kanalnotſtandsarbeiten beſchäftigten Erwerbsloſen auf 
die umliegenden Vororte zogen. 
Ausſchreitungen in Kreuznach. 
Krenznach, 12. Okt. (Wolff.) Geſtern nachmittag kam 
es hier zu Ausſchreitungen Arbeitsloſer, die in der 
            Mann=
heimer Straße und in der Kreuzſtraße und an 6 großen 
            Geſchäf=
ten Fenſter einſchlugen und plünderten. Die franzöſiſche 
Beſatzungsbehörde hat den Belagerungszuſtand verhängt. 
Plünderungen in Düſſeldorf. 
Düſſeldorf, 13. Okt. (Wolff.) Geſtern abend wurden auf 
der Kölner Straße verſchiedene Geſchäfte, vornehmlich Schuh=, 
Konfektions= und Lebensmittelgeſchäfte, nach Einſchlagen der 
Fenſterſcheiben zertrümmert. Allenthalben ſah man Leute 
mit Schuhen, Kleidungsſtücken und Lebensmitteln eiligſt 
            davon=
laufen. Das war das Signal zu Plünderungen auch in 
anderen Stadtteilen. In der Hildebrandſtraße wurde eine 
            Le=
bensmittelgroßhandlung geplündert, wobei die Plünderer die 
Waren ſackweiſe fortſchleppten. Die Polizei, namentlich die 
grüne Polizei, erwies ſich als viel zu ſchwach, um dem 
Treiben Einhalt zu gebieten; ſie konnte ſich heute in 
den frühen Morgenſtunden nur darauf beſchränken, an den 
            ein=
zelnen geplünderten Geſchäften Poſten aufzuſtellen, um weitere 
Plünderungen zu verhüten. 
Plünderungen in Benrath. 
Benrath, 13. Okt. (Wolff.) Heute vormittag fanden 
Anſammlungen von Erwerbsloſen ſtatt. Die 
Menge verzog ſich nach dem Rathaus, welches geſchloſſen blieb. 
Hierauf ſetzte die allgemeine Plünderung der Geſchäfte 
ein. Männer und halbwüchſige Burſchen liefen mit Säcken voll 
Textilwaren auf dem Rücken, mit Anzügen, Tuchballen und 
            an=
deren Sachen nach ihren Wohnungen. Die Polizei war dem 
Treiben gegenüber machtlos. 
Erwerbsloſen=Oemonſtrationen in Görlitz. 
Görlitz, 13. Okt. (Wolff.) Geſtern nachmittag 
            veranſtal=
teten mehrere Hundert Erwerbsloſe einen 
            Demonſtrations=
zug durch die Hauptſtraßen. Der Zug wurde von der 
            Schutz=
polizei zerſtreut, ohne daß es zu Ausſchreitungen gekommen iſt. 
Im Anſchluß an den Demonſtrationszug bildeten ſich an 
            verſchie=
denen Stellen der Stadt bis in die Abendſtunden hinein noch 
kleinere Anſammlungen, die von der Schutzpolizei 
            eben=
falls noch ohne Waffengebrauch zerſtreut wurden. Mehrere 
            Rä=
delsführer wurden feſtgenommen, aber zumeiſt nach Feſtſtellung 
ihrer Perſon wieder entlaſſen.
 Lebensmittelunrußen in Oberhauſen. 
FU Oberhauſen, 13. Okt. Geſtern nachmittag 4 Uhr 
kam es in der Marktſtraße und am Altmarkt zu Anſammlungen, 
die gegenüber den Lebensmittelgeſchäften und Kaufhäuſern eine 
bedrohliche Haltung einnahmen. Infolgedeſſen wurden ſämtliche 
Geſchäfte geſchloſſen. In den Abendſtunden ging die blaue 
            Poli=
zei gegen die Demonſtranten mit blanker Waffe vor. 
Lebensmittelplünderungen in Leipzig. 
* Leipzig, 13. Okt. (Priv.=Tel.) Auch im Laufe des 
            heu=
tigen Tages dauerten die Anſammlungen in den verſchiedenen 
Stadtteilen fort. Wo ſich ein Kartoffelwagen ſehen ließ, 
            ſam=
melten ſich Hunderte von Perſonen und verlangten die 
            Heraus=
gabe von Kartoffeln. Die Markthalle war heute vormittag 
            ge=
öffnet. Als die erſchienenen Käufer die enorme Höhe der 
            gefor=
derten Preiſe erfuhren, ſtürmte eine große Anzahl Arbeitsloſer 
die Markthallengalerie und plünderte die Margarine= und 
            Fett=
ſtände. Vor der Markthalle wurden die Gemüſewagen 
            geplün=
dert. Als die Polizei erſchien, flüchteten die Plünderer. 
Auflöſung der proletariſchen Hundertſchaften 
in Sachſen. 
TU. Dresden, 13. Okt. Der Befehlshaber des 
            Wehr=
kreiskommandos 4, Generalleutnant Müller, hat heute an die 
ſächſiſche Regierung ein Schreiben gerichtet, in dem es heißt: 
Dem Wehrkreiskommando 4 ſind aus allen Teilen Sachſens, vor 
allem aber aus Weſtſachſen, von einwandfreien und ruhigen 
            Per=
ſönlichkeiten, ſowie von den Staatsbehörden Schilderungen über 
die Lage in den Hauptinduſtriegebieten zugegangen, aus denen 
hervorgeht, daß ein großer Teil der Bevölkerung ſtark unter dem 
Druck einer gewalttätigen Minderheit zu leiden hat. Die 
            Arbeit=
geber und die verſtändigen älteren Arbeiter fühlen ſich durch 
dieſe Minderheit, die vorwiegend aus radikalen Jungens 
            be=
ſteht, bedrückt und bis in ihr innerſtes Familienleben hinein 
verfolgt und bedroht. Das Wehrkreiskommando hat den Beweis 
erhalten, daß die ſognannten proletariſchen Hundertſchaften zum 
großen Teil den Rahmen für dieſe terroriſtiſchen Akte abgeben. 
Die Verhängung des Ausnahmezuſtandes hat nur äußerlich in 
Sachſen Ordnung geſchaffen. In manchen Gebieten haben ſich 
die Hundertſchaften um den Ausnahmezuſtand wenig gekümmert. 
Es unterliegt hiernach keinem Zweiſel, daß mit dem Aufhören 
des Ausnahmezuſtandes überall wieder die Hundertſchaften 
ſtärker denn je herbortreten werden. Die endgültige Geſundung 
des Landes kann nur herbeigeführt werden, wenn die 
            proletari=
ſchen Hundertſchaften ehenſo wie die anderen 
            Selbſtſchutzver=
bände aufhören. Ich ordnete daher ihre Auflöſung an. 
* Dresden, 13. Okt. (Priv.=Tel.) Die ſächſiſche 
            Regie=
rung hat gegen die Verordnung des Generals Müller, in der 
die Auflöſung der proletariſchen Hundertſchaften verfügt wird, 
Einſpruch erhoben. In dem Einſpruch wird erklärt, daß die 
Verordnung unwirkſam ſei, weil der Zivilkommiſſar heute 
            er=
nannt worden ſei und ſeine Gegenzeichnung fehle. 
* Leipzig, 14. Okt. (Priv.=Tel.) Wie gemeldet wird, iſt 
der Reichstagsabgeordnete Maier, der der 
            Sozialdemokrati=
ſchen Partei angehört, zum Zivilkommiſſar für Sachſen ernannt 
worden. 
Sozialdemokraten und Kommuniſten. 
Berlin, 13. Okt. In einer Betriebsratvollſitzung in 
            Ber=
lin wurde eine Entſchießung angenommen, worin die 
            proleta=
riſche Regierungsgemenſchaft von den Kommuniſten und 
            So=
zialdemokraten im Kampfe gegen die der Arbeiterſchaft 
            drohen=
den Gejahren gebilligt und weiter erklärt wird, die Berliner 
Arbeiterſchaft werde keinen Angriff auf das mitteldeutſche 
            Pro=
letariat dulden und jeden Angriffsperſuch mit dem 
            General=
ſtreik beantworten. 
Roßbach aus der Haft entlaſſen. 
* Leipzig, 14. Okt. (Priv.=Tel.) Der Staatsgerichtshof 
zum Schutze der Republik hat geſtern in einer geheimen Sitzung 
den Beſchluß gefaßt, den ehemaligen Oberleutnant Noßbach 
aus der Haft zu entlaſſen. Er war ſeinerzeit in Berlin 
            feſtge=
nommen worden, als er mit den Angehörigen der kurz vorher 
aufgelöſten Organiſation Roßbach eine geheime Verſammlung 
abhielt, in der umſtürzleriſche Pläne zur Sprache kamen. 
            Roß=
bach hatte zu dieſer geheimen Sitzung einige aktive 
            Reichswehr=
offiziere zugezogen, die dann dem Reichswehrminiſter davon 
Mitteilung machten. Der Staatsgerichtshof ſcheint bei ſeinem 
Beſchluß davon ausgegangen zu ſein, daß keine 
            Verdunkelungs=
gefahr vorliegt. Die Haftentlaſſung bedeutet nicht, daß das 
            Ver=
fahren gegen Roßbach eine Unterbrechung erleidet. Vielmehr 
ſind in den letzten Wochen wiederholt Vernehmungen, unter 
            an=
derem des Oberbefehlshabers der Reichswehr General v. Seeckt 
erfolgt. Die Ermittelungen werden trotzdem weiter fortgeſetzt.
 Die Freizonen=Angelegenheit. 
Schweizer Proteſt gegen das rechtswidrige 
Vorgehen Frankreichs. 
Bern, 12. Okt. (Wolff.) Schweizeriſche Depeſchenagentur. 
Das einſeitige Vorgehen Frankreichs in der 
            Zoll=
grenzfrage hat das Bundeshaus peinlichch berührt. Der 
Bundesrat hat ſich in ſeiner heutigen Sitzung mit der 
            neuge=
ſchaffenen Lage befaßt. Ueber das Reſultat ſeiner Beratungen 
wird ein Communigus die Oeffentlichkeit unterrichten. 
Laut Depeſchenagentur hat der Bundesrat beſchloſſen, gegen 
das einſeitige Vorgehen Frankreichs in der Frage der Freizonen 
Proteſt zu erheben und gleichzeitig die franzöſiſche 
            Regie=
rung zu erſuchen, ihre Einwilligung zu geben, daß die 
            Streit=
frage dem Internationalen Gerichtshof im Haag 
unterbreitet wird. 
Eine franzöſiſche Note. 
Paris, 13. Okt. (Wolff.) Hinſichtlich der Initiative der 
franzöſiſchen Regierung in der Freizonen=
            Angelegen=
heit, die einen ſcharfen Proteſt ſeitens der ſchweizeriſchen 
Regierung ausgelöſt hat, verbreitet der Quai d,Orſay eine Note, 
in der es heißt: 
Die vom Bundesrat gegebene Interpretation über das 
Freizonen=Abkommen ſei nicht richtig und ſtehe im 
            Wider=
ſpruch zu der Mitteilung der franzöſiſchen Regierung an die 
Schweizer Regierung. Die franzöſiſche Regierung habe 
            keines=
weas beabſichtigt, die mit der Bundesregierung gepflogenen 
            Un=
terhandlungen abzubrechen. Die Maßnahme, die ſie 
            getrof=
fen habe, hätte keinen anderen Zweck, als den intereſſierten 
            Völ=
kern zu geſtatten, ohne jeden Schaden das Ergebnis der 
            Ver=
handlungen abzuwarten, deren befriedigender Ausgang für beide 
Parteien die franzöſiſche Regierung erwarte. Unter dieſen 
            Um=
ſtänden will der Quai d’Orſay nach dem Communiqué nicht 
einſehen, warum die Angelegenheit dem Internationalen 
            Ge=
richtshof im Haag unterbreitet werden müſſe. Die diplomatiſche 
Diskuſſion ſei ja nicht beendet und in Paris habe man die 
beſte Abſicht, ſie bis zu einem völligen Einvernehmen fortzuſetzen, 
das die Jahrhunderte alten freundſchaftlichen Beziehungen 
            zwi=
ſchen Frankreich und der Schweiz nur noch verſtärken könne.
Stadt und Land.
 Darmſtadt, 14. Oktober. 
Wertbeſtändige Gas= und Waſſerpreiſe in Darmſtadt. 
E Von der Stadtverwaltung wird uns geſchrieben: 
            Nach=
dem neuerdings auch die Kohlenſyndikate dazu übergegangen 
ſind, Lieferungen nur noch gegen Goldmarkberechnung 
            auszufüh=
ren und ſomit alle Betriebsmaterialien der Städt. Gas= und 
Waſſerwerke in Goldmark nach dem Dollarkurs bezahlt werden 
müſſen, hat ſich die Stadtverwaltung genötigt geſehen, für die 
Gas= bzw. Waſſerlieferung die ſeitherige Berechnung eines für 
einen ganzen Monat gültigen, einheitlichen, feſten Preiſes zu 
verlaſſen und einen Gleitpreis einzuführen, der ſich aus 
Grundpreis und Entwertungsmultiplikator zuſammenſetzt. Die 
Verluſte, die den Werken aus der ſeitherigen Berechnungsart 
            er=
wachſen, liegen auf der Hand. Man vergegenwärtige ſich, welche 
Kaufkraft die Papiermark hätte, als die Stadt am 11. Septembee 
den Gaspreis auf 520 000 Mark je Kubikmeter feſtſetzte, und 
            wel=
chen Wert dieſer Betrag heute, am Ende des Verbrauchsmonats, 
noch hat. Der Doller, der neuerdings die Grundlage des 
            Koh=
lenpreiſes bildet und der am 11. September auf 76 807 500 Mark 
ſtand, iſt am 11. Oktober auf 7 180 000 000 Mark geſtiegen. Der 
Verbraucher, zu dem der Gasgelderheber erſt jetzt zum 
            Einkaſ=
ſieren kam, bezahlte in Wirklichkeit nur den hundertſten Teil 
            ſei=
ner wirklichen Schuld, denn nur den hundertſten Teil der Kohle 
kann das Gaswerk für den gleichen Papiermarkbetrag wieder 
eindecken. Es liegt auf der Hand, daß das ſo nicht weitergehen 
kann. Das ſeitherige Syſtem war haltbar, ſolange man die 
            Koh=
lenpreiſe in Papiemark berechnete und nur etwa monatlich oder 
vielleicht 14tägig änderte. Die jetzige Berechnung der 
            Kohlen=
preiſe in Goldmark macht eine der Geldentwertung folgende 
            Be=
rechnung der Gas= und Waſſerpreiſe zur unabweislichen Pflicht, 
da die ſonſt entſtehenden Verluſte von keinem Betrieb zu tragen 
ſind. Der Grundpreis für Gas bzw. für Waſſer wird dabei an 
Hand der ſeit langem ſchon in Gebrauch befindlichen 
            Kohlen=
klauſel ermittelt, dahingehend, daß bei einer 
            Kohlenpreisver=
änderung von 1 Mark je Tonne der Gaspreis ſich um 0,5 Pfg. 
und der Waſſerpreis ſich um 0,2 Pfg. verändert. Auf dieſe Weiſe 
errechnet ſich der Grundpreis für den Monat Oktober auf 27 Pfg. 
für Gas bzw. 25 Pfg. für Waſſer. Zufolge Beſchluſſes der 
            Stadt=
verordnetenverſammlung iſt jedoch der Grundpreis für Oktober 
mit Rückſicht auf die derzeitige Notlage breiterer 
            Bevölkerungs=
kreiſe für Gas und Waſſer einheitlich auf 23 Pfg. je Kubikmeter 
feſtgelegt worden. Dieſer Grundpreis iſt, wie der Grundpreis der 
Kohle, mit einem Multiplikator zu vervielfältigen, der ſich nach 
unten abgerundet ergibt aus dem Dollarwert am Tage vor der 
Zahlung dividiert durch 4,2. 
Während nun der Grundpreis für einen ganzen 
            Verbrauchs=
monat feſt ſein ſoll, ändert ſich der Papiermarkbetrag der 
            Zah=
lung mit jeder größeren Veränderung des Dollarwertes, 
            gege=
benenfalls von Tag zu Tag. Die Ableſung der Meſſer und das 
Einkaſſieren der Gas= bzw. Waſſerſchuld erfolgt fortlaufend, es 
iſt darum nicht möglich, an einem beſtimmten Tag zu dem 
            Ver=
braucher zu kommen. Dieſem wird zukünftig jedoch die 
            Möglich=
keit gegeben, den Tag der Zahlung ſelbſt zu beſtimmen dadurch, 
daß Gutſcheine auf 1 und 10 Kubikmeter Gas bzw. Waſſer 
            aus=
gegeben werden, die zum jeweiligen Tagespreis bei der 
            Haupt=
kaſſe der ſtädt. Betriebe im Schlachthofgebäude und bei den 
Nebenkaſſen in der Waldſtraße 6 und auf der Feuerwache (hinter 
der Stadtkirche) zu erhalten ſind. Die Zahlung der Schuld kann 
alsdann an den Erheber ſowohl in Papiermark zum Tagespreis 
als auch mit dieſen Gutſcheinen erfolgen. 
Um eine beſondere Berechnung der im vergangenen 
            Ver=
brauchsmonat geleiſteten Vorauszahlung nicht vornehmen zu 
müſſen, wurde dieſe in den Grundpreis einbezogen. Für 
            Abneh=
mer, der eine Vorauszahluna nicht geleiſtet haben, erhöhten ſich 
deshalb die Oktobergrundpreiſe um 50 Prozent. 
Die Stadt iſt ſich bewußt, daß durch die neue Berechnung 
eine ſehr ſchwere Belaſtung des Verbrauches eintritt. Sie mußte 
aber dieſen Weg gehen, weil er, wie bereits geſagt, die einzige 
Möglichkeit bietet, das Gas= und Waſſerwerk im Betrieb zu 
            hal=
ten. Was es aber bedeuten würde, wenn mangels Mittel keine 
Kohlen mehr beſchafft und das Gaswerk oder gar das 
            Waſſer=
werk geſchloſſen werden müßte, das braucht keinem einſichtigen 
Menſchen geſagt zu werden. Selbſtredend wird die Stadt in all 
den Fällen, in denen eine Unterſtützung erforderlich iſt, durch das 
Wohlfahrtsamt, wie ſeither bereits, helfend eingreifen. 
Um Betrugsmöglichkeiten zu verhindern, ſind die 
            Gelderhe=
ber angewieſen, nur ſolche Gutſcheine in Zahlung zu nehmen, 
ie auf der Rückſeite den Namen des betreffenden Verbrauchers 
tragen.
 — Ernannt wurden am 16. Auguſt 1923 der Lehrer Anton Ahl 
zu Klein=Gerau zum Lehrer an der Volksſchule zu Groß=Gerau; am 
13. September 1923 der Schulverwalter Karl Sieben aus Nieder= 
Olm zum Reallehrer an dem Alten Gymnaſium in Mainz mit 
            Wir=
kung vom 1. September 1923 ab; am 14. September 1923 der 
            Studien=
aſſeſſor Alfred Kappeſſer aus Alſenborn zum Studienrat an der 
Oberrealſchule in Worms mit Wirkung vom 1. September 1923 ab; am 
1. Oktober 1923 die Amtsgerichtsräte bei dem Amtsgericht Mainz Dr. 
Maximilian Münzenberger und Dr. Heinrich Friedenreich 
zu Landgerichtsräten bei dem Landgericht der Provinz Rheinheſſen, 
und der Amtsgerichtsrat bei dem Amtsgericht Wöllſtein Philipp Vogt 
zum Amtsgerichtsrat bei dem Amtsgericht Mainz; am 8. Oktober der 
Forſtmeiſter der Oberförſterei Heppenheim Forſtrat Cornelius 
            Gun=
trum zu Heppenheim a. d. B. vom 1. Oktober ds. Js. ab zum 
            vor=
tragenden Rat in der Abteilung für Forſt= und Kameralverwaltung des 
Miniſteriums der Finanzen mit der Amtsbezeichnung Oberforſtrat. 
— Die Stenographen=Vereinigung „Gabelsberger”=Darmſtadt, 
Eliſabethenſtr. 52, beteiligte ſich bei dem am 23. September in 
            Pfung=
ſtadt abgehaltenen Wettſchreiben des Gaues Bergſtraße und darf mit 
den dort errungenen Erfolgen zufrieden ſein, zumal ſie auch die dort 
gezeitigte Höchſtleiſtung wieder für ſich in Anſpruch nehmen konnte. Es 
wurden folgende Preiſe erzielt: 280 Silben (Höchſtleiſtung) Ehrenpreis 
Karl Böhmann, 220 Silben: 1. Preis Heinrich Böhmann, 180 Silben: 
Ehrenpreis Frieda Reinhardt, 160 Silben: 1. Preis Gretel Metzger, 
Wilhelm Herberg, Wilhelm Schlicht, 140 Silben: Ehrenpreis Emil 
Holletſcheck, 120 Silben: Ehrenpreis Anna Kräuter 1. Preis Fritz 
Kräuter, 100 Silben: 1. Preis Lulu Hirth, Ludwig Sauerwein, Agnes 
Groß, Chriſta Dierſen, 2. Preis Auguſte Stähr, 80 Silben: 1. Preis 
Frieda Kuntz, Auguſt Kurz. Die aktiven Mitglieder ſeien nochmals auf 
das Anfang November ſtattfindende Vereinswettſchreiben aufmerkſam 
gemacht. 
Nach Mitteilung der amtlichen Fürſorgeſtelle für 
            Kriegsbeſchä=
digte und Kriegshinterbliebene der Stadt Darmſtadt werden die 
            erhöh=
ten Zuſatzrenten für den Monat Oktober d. Js. für nicht im 
Erwerbsleben ſtehende Schwerbeſchädigte, Hinterbliebene, Altrentner 
und Altrentnerinnen am Dienstag, den 16. Oktober, vormittags von 
8½—12½ Uhr auf der Stadtkaſſe ausgezahlt. 
Rentenzahlungsverkehr beim hieſigen Poſtamt 1. Die 
            Unfall=
rentenempfänger mit Zulagen erhalten ihre Bezüge für die Zeit vom 
6. bis 31. Oktober d. Js. am Dienstag, den 16., von 8—12 Uhr und 
von 2—5 Uhr, in der Paketausgabe. Nach dem 16. finden 
            Auszahlun=
gen in der Rentenſtelle von 8½—12½ Uhr ſtatt. 
Fiſchereikarten. Klagen über mißbräuchliche Benutzung von 
Fiſchereikarten, insbeſondere bei Ausübung der Fiſcherei in den 
            ſchiff=
baren Strömen und Flüſſen, ließen es für angezeigt erſcheinen, für die 
Zukunft die Aufnahme der Perſonalbeſchreibung und des Lichtbildes des 
Inhabers in die Fiſchereikarte vorzuſchreiben. Von dem Erfordernis 
des Lichtbildes kann abgeſehen werden, wenn die Gültigkeit der Karte 
weniger als einen Monat beträgt und eine mißbräuchliche Verwendung 
nicht zu befürchter iſt. Dieſe Vergünſtigung wird beſonders bei Gäſten 
von Fiſchereiberechtigten und =pächtern Anwendung zu finden haben, 
die nur vorübergehend die Fiſcherei ausüben wollen. Das Lichtbild des 
Inhabers der Fiſchereikarte muß aus neuerer Zeit, ähnlich und gut 
erkennbar ſein. Es iſt in der Fiſchereikarte auf Seite 3 einzukleben 
und durch Abſtempelung derart mit der Karte zu verbinden, daß ein 
Loslöſen und Einfügen eines anderen Bildes ſofort erkennbar iſt. Die 
Uebereinſtimmung des Lichtbildes mit der Perſon des Inhabers der 
Karte und der eigenhändige Vollzug der Unterſchrift iſt vom Kreisamt 
zu beſcheinigen. Zur Erleichterung des Perfahrens bei der Ausſtellung 
der Fiſchereikarten kann dieſe auch durch die Ortspolizeibehörde des 
Wohnortes des Karteninhabers erteilt werden.
Nummer 284.
Darmſtädter Dagblatt, Sonntag, den 14. Oktober 1923.
Seite 5.
  
ufend 
dem 9
 Wochenſpielplan des Landestheaters vom 14.—31. Okt. hältniſſen iſt es umumgänglich notwendig, daß alles Brotgetreide 
Großes Haus. 
Sonntag, 7 Uhr, Ende 9 Uhr: „Elektra‟. D 4. 
Montag, 7 Uhr, Ende 9 Uhr: 1. Sinfoniekonzert. 
Dienstag, 7 Uhr, Ende gegen 10½ Uhr: „Louis Ferdinand”. 
Sondemmieten 15, 1 und 16, 1. 
Mittwoch, 7 Uhr, Ende 10½ Uhr: „Der Roſenkavalier”. B 4. 
Donnerstag, 7½ Uhr, Ende 10 Uhr: „Viel Lärmen um Nichts”. 
Sondermieten 17, 1 und 18, 1. 
Freitag: Geſchloſſen. 
Samstag, 7 Uhr, Ende nach 10 Uhr: „Der lebende Leichnam”. 
Sondermieten 14, 2 und 19, 1. 
Sonntag, 6½ Uhr, Ende 9½ Uhr: „Der fliegende Holländer”. 
Sondermiete 22, 1. 
Kleines Haus. 
Sonntag, 7 Uhr, Ende nach 9½ Uhr: „Schluck und Jau”, 
            Luſt=
ſpiel von Gerhart Hauptmann. Zuſatzmiete II 2. 
Montag: Geſchloſſen. 
Dienstag, 7 Uhr, Ende 9½ Uhr: „Aleſſandvo Stradella”, Oper 
von Flotow. Zuſatzmiete I 1. 
Mittwoch, 8 Uhr: Film: „Im Kampf mit dem Berge‟ 
Donnerstag, 7½ Uhr, Ende 9½ Uhr: „Die Abreiſe”, Oper von 
dAlbert; hierauf: Tanzbilder „Die Jahreszeiten”, Muſik von 
Schubert. Zuſatzmiete III 1.. 
Freitag, 7½ Uhr, Ende nach 10 Uhr: „Schluck und Jau”, 
            Luſt=
ſpiel von Gerhart Hauptwann. Zuſatzmiete X 2. 
Samstag, 7 Uhr, Ende 9½ Uhr: „Aleſſandro Stradella”, Oper 
von Flotow. Zuſatzmiete VT 2. 
Sonntag, 11 Uhr und 4 Uhr: Braunkohlen=Film. Abends 7 Uhr, 
Ende nach 9½ Uhr: „Schluck und Jau”. 
— Heſſiſches Landestheater. Spielplanänderung. Die für 
Dienstag angeſetzte Vorſtellung bom „Prinz Louis Ferdinand”, muß 
mit der für Donnerstag angeſetzten Vorſtellung von „Viel Lärmen um 
Nichts” vertauſcht werden. Die Mieteinteilung bleibt aber beſtehen, ſo 
daß die Sondermieten 15 und 16 am Dienstag „Viel Lärmen um 
Nichts”, die Sondermieten 17 und 18 am Donnerstag’ „Prinz Louis 
Ferdinand” erhalten. 
— Schülermieten im Heſſiſchen Landestheater. Das Landestheater 
gibt wie bisher auch für dieſe Spielzeit Schülermieten aus, deren 
            Be=
dingungen in allernächſter Zeit an die Schulen gelangen werden. 
* Die Immatrikulationstermine der Techniſchen Hochſchule 
Danzig haben am 10. Oktober begonnen. Die 
            Vorleſun=
gen nehmen am 15. Oktober ihren Anfang. 
L. Verkauf von Waren nach dem Ausland darf, wie bereits 
            mitge=
eilt, mit Wirkung vom 13. d. M. nur unter Preisſtellung und 
Bezahlung in der Währung des Empfangslandes oder in 
            nordamerika=
tiſcher, engliſcher holländiſcher oder Schweizer Währung erfolgen. Der 
Hegenwert der Ausfuhr darf nur im Intereſſe der deutſchen Wirtſchaft 
erwendet werden. Der Exporteur hat nach Eingang des 
            Ausfuhrge=
ſenwertes, jedoch ſpäteſtens innerhalb 1 Monat (bei Ueberſeegeſchäften 
nnerhalb 2 Monaten nach erfolgter Ausfuhr), 30 Prozent des 
            Ausfuhr=
jegenwertes in ausländiſchen Zahlungsmitteln der genannten Art an die 
ſteichsbank nach ſeiner Wahl gegen Reichsmark oder gegen 
            Reichsgold=
inleihe oder nach Einführung von Goldkonten bei der Reichsbank, 
            ge=
ſen Gutſchrift auf Goldkonto abzuführen. Nähere Beſtimmungen, wie 
Ausnahmebeſtimmungen, erläßt der Kommiſſar für die 
            Deviſenerfaſ=
ung, der auch Zuwiderhandlungen mit Ordnungsſtrafen (im Einzelfalle 
dis zu 10 000 Mark Gold) ahndet und den Umrechnungsſatz der 
            Gold=
nark in Papiermark feſtſetzt. 
* Neue Arbeiten von Mathilde Sittmann. In einem Schaufenſter 
der Buchhandlung Karl Heß Nachf., Alfred Hofer, hier Eliſabethenſtr. 2, 
ſt gegenwärtig eine Anzahl Porträtköpfe aus Privatbeſitz, ausgeführt 
von einer Darmſtädter Malerin, Mathilde Sittmann, 
            ausge=
tellt. Völlig unbeirrt von jeder Tagesmode auf dem Gebiete der Kunſt, 
jeht dieſe Malerin ſtill den Weg, den ihr ihre Perſönlichkeit 
            vor=
chreibt. In Ehrfurcht jeder, auch der kleinſten und feinſten Naturform 
tachzuſpüren und ſie in ebenſo liebevoller wie ſachlicher Schilderung 
eſtzuhalten. Dies ſcheint das Ziel, das ſie ſich namentlich bei dem 
orträt ſteckt. Eine faſt übergroße Gewiſſenhäftigkeit ließ Math. 
            Sitt=
nann dabei unabläſſig nach den ihr gemäßen Darſtellungsmitteln ſuchen 
ind führte ſo zur Ausbildung einer ganz individuellen Technik. 
            Haupt=
verkzeug iſt der Bleiſtift, dem ſich bald Oelkreiden, bald Waſſerfarben 
zur farbigen Belebung beigeſellen. Von beiden Darſtellungsarten, der 
einen Stiftzeichnung ſowol wie der aquarellierten Zeichnung, gibt die 
leine Ausſtellung Proben. Endreſultat des hingebenden Beobachtens, 
das Math. Sittmann erſtaunlich ſicher, faſt ohne jede nachträgliche 
            Ver=
beſſerung, den Stift führen läßt, iſt der ungezwungene, von jeder 
            Ver=
gröberung freie Ausdruck ihrer Porträtköpfe. So wird ihre Kunſt alle 
diejenigen beſonders ſympathiſch berühren, die feinſinnige Schilderung 
rſchaffener Naturform dem rein abſtrakten Bilden künſtleriſcher 
            Phan=
aſie, wie im Expreſſionismus, vorziehen. 
— Jungdeutſcher Orden. Die hieſige Bruderſchaft des Jungdeutſchen 
Irdens hatte ihre Brüder und Gäſte zu einer kleinen ernſten Feier 
            ge=
aden, um ihr neues Ordensheim ſeiner Beſtimmung zu übergeben. 
ſührige Hände hatten den bisher kahlen Raum mit den einfachſten 
Mitteln behaglich und wohnlich hergerichtet. Faſt zu klein erſchien er, ſtadt, 
als neben den zahlreichen Gäſten die Bruderſchaft Mannheim mit ihrem 
Banner erſchien. Kleineren muſikaliſchen Darbietungen und dem 
            ge=
neinfam geſungenen Ordenslied folgte die Weiherede des Großmeiſters. 
lticht mehr auf Gaſthaus und Reſtaurant angewieſen, kann nunmehr 
die Bruderſchaft im eigenen Heim wirken und ſchaffen und dort ihre ſelbſt. 
Häſte begrüßen. Aufbauend auf der frontgeborenen Kameradſchaft, foll 
das Heim ihr einen feſten inneren Halt geben, ihr ein Stützpunkt ſein 
bei der ſchweren Arbeit fürs Vaterland. Getreu ſeinem Vorbild, dem 
Deutſchen Ritterorden, will der Jungdeutſche Orden eine ſchwere und 
mühevolle Pionierarbeit leiſten, bis wieder das deutſche Manneswort 
mehr gilt als Verträge, und bis wieder frei der deutſche Rhein. 
 Die Finanzen des Großherzogs. 
Roman von Frank Heller. 
Copyright bei Georg Müller Verlag, München. 
(Nachdruck verboten.) 
„Bevor wir ans Land gingen,” fuhr der Großherzog fort, 
indem er jedes Wort betonte, „ſetzten wir uns mit einem 
            eng=
iſchen Panzerkreuzer in Verbindung und berichteten alles. 
Sie werden ihn noch vor morgen da haben, meine Herren, und 
Lann gratuliere ich Ihnen!“ 
Wieder wurde es für einige Sekunden ganz ſtill im 
            Zim=
mer. Der Großherzog ſchien ſein Ziel über alles Erwarden 
            er=
eeicht zu haben. Alle hatten ſie ſchon einen, der britiſchen oder 
franzöſiſchen Panzerkoloſſe die Inſel bei ſeinen Kreuzfahrten 
durchs Mittelmeer anlaufen ſehen, und ſie hatten haarſträubende 
Dinge über ihre Schießfähigkeit gehört. Sprach der Großherzog 
die Wahrheit, würde es alſo nicht lange dauern, bis die Strafe 
kam — und nach ſeinem ganzen Auftreten, hatten ſie keinen 
Zweifel daran, daß er die Wahrheit ſprach . . . Luis war bleich 
wie der Tod geworden, und die anderen fixienten mit ſcheuen 
Plicken zuerſt einander, dann den Großherzog, deſſen Geſicht 
blutig und mißhandelt, wie es von Herrn Becker war, 
            erſchrecken=
der denn je wirkte; zuletzt Herrn Becker, den Urheber dieſer 
ganzen Revolution, die jetzt einen ſo unglücklichen Ausgang 
nahm. 
Es dauerte vielleicht ein paar Minuten, dann begann Herr 
Becker ſich darüber klar zu werden, welches Los den geſcheiterten 
Revolutionsführer erwartet. Es begann mit einem Gemurmel 
des Schankwirtes Amadeo und der drei Männer, die Don 
            Ra=
mon nicht kannte; dann miſchte ſich Luis: Stimme halb 
            ſchluch=
zend vor Angſt in dieſes Gemurmel, und zuletzt kam der 
            grol=
kende Baß des ſchwarzen Sergeanten. Nieder mit dem Kerl! — 
Er iſt an allem ſchuld! Der Teufel ſoll ihn holen — geizig und 
feig! Was haben wir von der ganzen Revolution? — Wer hat 
daran gedacht . . Für einen Augenblick ſah es aus, als ob Don 
Ramon das Spiel raſcher gewonnen hätte, als er zu hoffen 
            ge=
wagt; einzelne Rufe: Gnade, Hoheit! ließen ſich verneh.nen. — 
Doch dann gelang es Herrn Becker, durch einen wilden 
            Stimm=
aufwand Gehör zu finden. 
Kameraden,” rief er, „keine Feigheit! Keine Angt! 
            Bet=
telt Ihr um Gnade bei dieſem hier? So behandle ich ihn (er 
hob die Hand, um Don Ramon ins Geſicht zu ſchlagen, aber ließ 
ſie vor dem neuen Ausdruck in den Zügen ſeiner Mitverſchwo= 
Tenen wieder ſinken), wenn ich will,” fügte er hinzu. „Taßt Ihr
 D Brotverſorgung. Unter den heutigen wirtſchaftlichen 
            Ver=
nur zur Brotverſorgung verwendet wird und nicht Zwecken dient, 
die nicht der unmittelbaren Ernährung der Bevölkerung zugute 
kommen. Eine Hauptgefahr in dieſer Richtung bildet die 
            Ver=
fütterung. Es iſt darauf hinzuweiſen, daß das Verbot der 88 44, 
49 des Geſetzes über die Regelung des Verkehrs mit Getreide 
aus der Ernte 1922 vom 4. Juli 1922, wonach die Verfütterung 
von Brotgetreide und daraus hergeſtelltem Mehl und die 
            Her=
ſtellung von Futtermitteln aus ſolchem Brotgetreide und Mehl 
unter Strafe geſtellt iſt, noch bis 31. Dezember 1923 gilt. Die 
wirtſchaftliche Lage läßt es auch geboten erſcheinen, das Verbot 
vorausſichtlich für das geſamte Wirtſchaftsjahr in Kraft zu 
            er=
halten. Eine derartige Regelung iſt in einem dieſer Tage dem 
Reichsrat zugehenden, vom Reichskabinett bereits gebilligten 
Geſetzentwurf zur Sicherung der Brotverſorgung im 
            Wirtſchafts=
jahr 1923/24 vorgeſehen. Die bei der derzeitigen 
            Preisentwick=
lung insbeſondere für Roggen einerſeits, Futtergetreide 
            anderer=
ſeits verſtärkte Gefahr, daß Roggen der verbotswidrigen 
            Ver=
fütterung zugeführt wird, zwingt daneben zu einer 
            beſon=
deren Verſchärfung der Strafvorſchriften für die Fälle, in 
denen die Verfütterung nicht beim Landwirt aus einer eigenen 
Ernte, ſondern von anderen, zum Beiſpiel den 
            Schweinemäſte=
reien, mittels erſt erworbenen Getreides erfolgt. 
Es iſt in der jetzigen ſchweren Zeit unſeres Vaterlandes für 
jeden Volksgenofen oberſte Pflicht, jede Vergeudung von 
            Brot=
getreide zu vermeiden. 
Nachzahlungen für Ruhegehaltsempfänger. Wir glauben, den 
Staatsbeamten im Nuheſtand und Hinterbliebenen von Staatsbeamten 
einen Gefallen zu erweiſen durch den Hinweis, daß bei der Landes= 
Hypothekenbank eine weitere Nachzahlung ab Montag bereitgeſtellt iſt. 
E Das Wohnungsamt veröffentlicht in der heutigen 
            Num=
mer einen Beſchluß der durch die Stadtverordnetenverſammlung 
kürzlich gewählten Wohnungs=Zuweiſungskommiſſion, wonach 
alle Diejenigen, die ſich rechtswidrig in den Beſitz einer Wohnung 
ſetzen, unnachſichtlich und ohne Rückſicht auf die Gründe, die den 
widerrechtlichen Einzug rechtfertigen ſollen — gegebenenfalls 
zwangsweiſe — wieder aus der Wohnung entfernt werden. Dieſe 
Maßnahme iſt unbedingt notwendig, nicht allein um dem Geſetz 
Geltung zu verſchaffen, ſondern auch um eine ordnungsgemäße 
Bewirtſchaftung auf dem Wohnungsmarkt zu gewährleiſten. 
—Steuerabzug vom Arbeitslohn. Die Verhältniszahl zur 
Berechnung der Ermäßigungen beim Steuerabzug beträgt ab 
14. Oktober 1323 — 32. Der Multiplikator für die Sachbezüge 
ab 16. Oktober 1923 beträgt — 5, d. h. es werden die ab 1. 
            Okto=
ber fälligen Wertſätze verfünffacht. Beiſpiel: Wert der 
            vol=
len freien Station für eine weibliche Hausangeſtellte ab 16. 
            Ok=
tober 1923: (28 200 000 Mark X 19 X 5 — 1440 000 000 Mark. 
— Bund der Kinderreichen. Der Bund führte ſeine Mitglieder in 
ſeiner Monatsverſammlung während eines 2ſtündigen Lichtbildervor= Nieder=Namſtadt zur Beſichtigung der Epileptiſchen Anſtalt ein. Treffen 
vorzüglich gelungener Lichtbilder ging die Wanderung zu einer Reiſe 
an die herrlichſten Punkte Oberbayerns und dann weiter ins heilige 
Land Tirol mit ſeiner ſchönen Hauptſtadt Innsbruck und dem nahen 
hiſtoriſchen Iſelberge mit dem Denkmal Andreas Hofers. Es war für 
die zahlreich Erſchienenen ein ſeltener Genuß, die herrlichen Szenerien 
— mit ewigem Schnee bedeckte Berge und wildes, zerklüftetes Gelände 
ſam, und ſchloß dann die gutbeſuchte Verſammlung. 
findet im Gewerbemuſeum (Neckarſtraße 2) in den Ausſtellungen von 
Nudolf Koch und Wilhelm Gerſtung eine Führung ſtatt. Der Eintritt ſich heute bekanntlich nach Goldmark und Dollar. Damit ſteht 
            einwand=
iſt frei. 
Rechtsanwalt Hans Soldan iſt durch Beſchluß des Präſidiums des 
— Die Anthropoſopliſche Geſellſchaft veranſtaltet Dienstag abend 
einen Vortrag. Geiſtesleben und Naturwiſſenſchaſt”, auf den In= Reichsfinanzminiſterium wurde die Lage dargelegt und ſofortige Abhilfe 
tereſſenten hingewieſen werden. (S. Anz.) 
— Orpheum — Frankfurter Operetten=Gaſtſpiel. Heute Sonntag, 
Uhr, Orpheumskaſſe von 3 Uhr ab. 
Tagesordnung zur öffentlichen Sitzung des Provinzialausſchuſſes 
der Provinz Starkenburg am Mittwoch, den 17. Oktober, vormit= gegenwärtigen Bruchteil=Gehalten noch nicht einmal Kartoffelvorſchüſſe 
tags 10 Uhr: 1. Geſuch des Johann Kopp zu Darmſtadt um Erlaub= gewährt werden dürfen, auch nicht gegen wertbeſtändige Rückzahlung, 
nis zum Betriebe einer Schankwirtſchaft im Hauſe Kiesſtraße Nr. 97. eine Maßnahme, die jeder einigermaßen noch lebendige Privatbetrieb 
2. Klage des Ortsarmenverbandes Darmſtadt gegen den Ortsarmen= ſeinen Arbeitern zubilligt. Gerade in der kritiſchſten und ſchwerſten Zeit 
Erlaubnis zur Anlage eines Triebwerkes im Stadtmühlbach zu Seligen= 
Kreiſes Darmſtadt am Dienstag, den 16. Oktober, nachm. 3 Uhr: 
Beitritt der Gemeinde Arheilgen zur Spar= und Darlehenskaſſe 
            da=
das engliſch beſetzte Gebiet (Brückenkopf Köln) lediglich von einem Dagegen erhebt der Ausſchuß ſeine warnende Stimme. — Bezüglich der 
gebührenfreien Geleitſchein abhängig gemacht wird (Verkehrsamt Köln, Vorgänge in der Stadtverordnetenverſammlung vom R. September 
Domhof 28), beträgt die Gebühr für die Ausfertigung der Einreiſe= ſtellt der Ausſchuß mit Bedauern feſt, daß die Stadtverwaltung ſich nicht 
genehmigung in das franzöſiſch beſetzte Gebiet ſeit dem 1. Oktober, entſchließen konnte, dem Stadtv. Werner als Techniker und Fachmann” 
fünf Goldmark. 
Euch von ihm und ſeiner drahtloſen Telegraphie ins Bockshorn 
jagen? Er lügt! Er lügt ganz einfach! Er verſucht, Euch ein= lächter aus. 
zuſchüchtern, das iſt alles! Und wenn er ſchon die Wahrheit 
redete! 
Wenn ein engliſcher Panzerkreuzer, vor morgen käme — zeigen können, was der Mühe wert iſt!“ 
werden wir beſſer behandelt werden, weil wir um Gnade 
            bet=
teln? Hat er nicht verſprochen, daß wir alle vor dem Abend 
gehängt werden? Wollt Ihr das verhindern, Kameraden — ſo und eine Dame trat über die Schwelle. Im nächſten Augenblick, 
gibt es nur ein Mittel: daß wir ihn gleich hängen! Die Toten 
plaudern nichts aus. Wenn wir ihn hängen, und das Boot, mit den Verſtand zu verlieren. 
dem er gekommen iſt, in den Grund bohren, möchte ich den 
            eng=
liſchen Panzerkreuzer ſehen, der uns etwas nachweiſen kann. 
Hängen wir ihn ſofort und begeben wir uns dann zum Hafen!” um. Alle ſtarrten ſie an. 
Herr Becker verſtummte, und der Großherzog ſah mit 
einem aus Erbitterung und müder Gleichgültigkeit gemiſchten Türe ſchlüpfte und in die Nacht hinaus verſchwand. 
Gefühl, daß er ſeine Abſicht erreicht hatte; aller Geſichter hatten 
bei ſeinen Worten aufgeleuchtet — ſie ſahen ein, daß er recht 
hatte! Der Großherzog hatte verſprochen, daß ſie alle gehängt worin die Schreckensherrſchaft der Republik 
würden, und war er am Leben, wenn das Panzerſchiff kam, ſo 
konnten ſie ſicher ſein, daß er Wort halten würde. Herr Becker 
hatte recht, er mußte gehängt werden, gleich, und ſeine Jacht / Soldaten zurief, ſeine Wache wieder aufzunehmen; dann wendete 
mußte man in den Grund bohren! Mochte dann der Panzer= er ſich mit einem Grinſen der Dame zu. Dieſe ſtand noch immer 
kreuzer kommen. 
Don Namon von ſeinem Sitz los und begann, ſich nach einer andern. Es war klar, daß ſie von dem, was vorging, nicht das 
Der ſchwarze Sergeant hatte den Waffenrock abgeworfen; es Wunſch, ſich tapfer zu zeigen, hin und herſchwankte. Mit noch 
war kein Zweifel, daß er die Funktion des Henkers zu überneh= einem Grinſen, das ſeinen ſchwarzen Bart entzweiſpaltete, ſagte 
men gedachte. Hätte ſeine Geſte es nicht gezeigt, ſo hätte man der Sergeant: 
es ihm von: Geſicht ableſen können. 
Helfershelfer ſich bereit machte, eine Leiter aufzuſtellen und den 
Strick an einem Nagel der Decke zu befeſtigen, hörte man durch wendete ſie ihre Augen ab, ohne zu antworten; in der nächſten 
Für einen Augenblick wurde es ſtill, und das Herz des Groß= auf ſeinem Seſſel ſaß, 
herzogs ſchnürte ſich vor Grauen zuſammen: das war der 
            Pro=
feſſor, der gerade zur rechten Zeit zurückkehrte, um der Exekution ſetzen ſtehen. Sah ſie recht? Gehörte dieſes blutige, 
            mißhan=
beizuwohnen. Was würde ſein Schickſal ſein? 
Der ſchwarze Sergeant lief zur Türe und rief mit erhobener ſie recht ſah, warum ſaß er gebunden hier?. Mitten unter dieſen 
Stimme: 
„Wer da?‟ 
„Ich, der Wachtpoſten,” erklang die undeutliche Antwort. 
„Ich habe jemanden da, der nach dem großherzoglichen Palaſt ſchehen? Warum ſind Sie gebunden? Warum hat man Sie 
fragt.” 
Der Sergeant ſchob langſam den Riegel zurück und öffnete, 
offenbar ohne recht zu verſtehen.
 — Ueber den Eiſenbahnunfall bei Dieburg wird uns noch 
amtlich geweldet: Am Freitag abend fuhr auf Bahnhof Dieburg 
infolge irrtümlicher Freigabe des beſetzten Gleiſes Perſonenzug 
Nr. 952 Frankfurt—Darmſtadt hinten auf einen im Bahnhof 
haltenden Güterzug. Im Perſonenzug wurden eine Perſon 
ſchwer und etwa zwölf Perſonen leicht verletzt. Sämtliche 
            Ver=
letzten wurden alsbald mit dem nächſten Perſonenzug nach 
Darmſtadt befördert. Während die drei letzten Wagen bei dem 
Güterzug ſchwer beſchädigt wurden, war der Sachſchaden bei dem 
Perſonenzug unbedeutend. Der Betrieb, der zunächſt eingleiſig 
aufrecht erhalten wurde, konnte nach einigen Stunden wieder 
zweigleiſig aufgenommen werden. — Die Verunglückten, 
von denen die Mehrzahl in Darmſtadt wohnt, ſind: Frau Frieda 
Titlow, ſchwerer verletzt; leichter verletzt ſind: Joh. Schmidt, 
Joh. Baptiſt Heintz, Lehrer Reineck, Stefan Wiringa, Anna 
Nachtkamp, Lina Zeller, Emma Modzek, (ſämtlich aus 
            Darm=
ſtadt)); Walter Bendorf (Ober=Ramſtadt); Marie Chriſtbacher 
(Auerbach a. d. B.); Edmund Strauß (Frankfurt) und Simon 
Siegmund (Hamborn i. W.). 
Die Höchſtiſätze der Erwerbsloſenunterſtützung 
betragen in der Woche vom 10. bis zum 16. Oktober 1923 
            wochen=
täglich in den Orten der Ortsklaſſen A B O Du. E 
1. Für männliche Perſonen: 
in Millionen Mark.
a) über 21 Jahre, ſofern ſie nicht im
Haushalt eines anderen leben . 165 155 145 135 b) über 21 Jahre, ſofern ſie in demHaushalt eines anderen leben. . 130 120 110 100 c) unter 21 Jahren ... .. 100 90 80 70 2. Für weibliche Perſonen:
a) über 21 Jahre, ſofern ſie nicht
im Haushalt eines anderen leben 130 120 110 100 b) über 21 Jahre, ſofern ſie in dem
Haushalt eines anderen leben". 110 100 90 80 c) unter 21 Jahren . .... 75 70 65 60 3. Als Familienzuſchläge für:
a) den Ehegatten . . . .. 60 55 50 B b) die Kinder und ſonſtige unter=
ſtützungsberechtigte Angehörige . 50 45 40 35
 Lokale Veranſtaltungen. 
Die dlerunter erſchelnenden Nofizen ſind ausſchließtich als Hinweiſe auf Anzeigen zu betrachten, 
in krinam Falle igendwie als Veſprachung oder Kritt. 
— Der Chriſtliche Verein Junger Männer 
            Darm=
ſtadt E. V. lädt ſeine Mitglieder und Freunde für heute Sonntag 
nachmittag zu einem Spaziergang durch den herbſtlichen Wald nach 
trags in die Schönheit und Erhabenheit der Alpenwelt ein. An Hand 1½ Uhr am Tierbrunnnen Nieder=Ramſtädter Straße) oder 2 Uhr am 
Böllenfalltor. 
Aus den Parteien. 
— Deukſche Demokratiſche Partei, Ortsgruppe 
Darmſtadt. Die Mitgliederverſammlung der Gruppe Beamten und 
mit idylliſchen Tälern — zu ſehen. Reicher Beifall lohnte den Redner. Arbeitnehmer beſchäftigte ſich am letzten Dienstag abend mit der Stel= 
Nachdem der Vorſitzende dem Redner gedankt, machte er auf die am lung des Beamtentums zur heutigen Lage. Je größer die Not von Volk 
Freitag, den 19. Oktober, ſtattfindende Generalverſammlung aufmert= und Vaterland, um ſo eifriger und pflichtgetreuer muß Beamten= und 
Arbeitnehmerſchaft auf ihrem Poſten ſtehen. Auf der anderen Seite 
dürfen ihr auch nicht die notwendigſten Exiſtenzmittel verſagt werden. 
— Gewerbemuſeum. Am Sonntag, den 14. Oktober, um 11 Uhr, Von dieſem Standpunkte aus betrachtet, iſt die letzte Neuregelung und 
Aufwertung der Bezüge völlig unzulänglich. Der geſamte Markt richtet 
frei feſt, daß ſich die Bezüge der Beamtenſchaft am letzten Montag im 
* Zulaſſung bei dem Reichsgericht. Der aus Mainz ausgewieſene Durchſchnitt auf ½/——, am Dienstag auf ½/—— am Donnerstag auf 
*/s0—ao der Friedensbezüge erſtreckte. Das ſind unhaltbare Zuſtände, 
Reichsgerichts zur Anwaltſchaft beim Reichsgericht zugelaſſen worden, zumal in der Herbſtzeit, da die allernötigſten Unterhaltsmittel für den 
Winter nicht beſchafft werden können. In einem Telegramm an das 
dringend erbeten. Ferner muß eine ſchnelle Beſeitigung der 
            Verzöge=
rungen in den Auszahlungen, durch die eine Entwertung auf geringe 
Bruchteile eintritt, erfolgen, namentlich auch für Ruheſtändler und 
den 14. Oktober, findet die letzte Aufführung „Die Poſtmeiſterin”, Witwen. Auch für die ſtaatlichen Tarifangeſtellten mit 14tägiger Ge= 
Operette in drei Akten, ſtatt. Vorverkauf: Verkehrsbureau von 11—1 haltszahlung iſt eine Aenderung herbeizuführen. Für Witwer mit 
eigenem Haushalt muß unbedingt die Frauenzulage gewährt werden. 
Eine geradezu ungeheuerliche Härte iſt darin zu erblicken, daß bei den 
verband Spachbrücken wegen Erſatz von Koſten für das Kind der dreht das Reichsfinanzminiſterium den Strick völlig zu. Das ſind die 
Marie Rückert zu Reinheim. 3. Enteignung von Baugelande in Nein= Früchte der Beamtenhetze, die von der D. Allg. und Frankf. Btg. ins 
heim. 4. Geſuch des Müllers Friedrich III, von Seligenſtadt um Werk geſetzt wurde. Die Beamten ſind nicht die Blutſauger und 
            Ver=
derber des Staates, wie jene „führenden” Zeitungen es hinzuſtellen 
            be=
liebten. Die ſitzen ganz anderswvo! Vielmehr iſt das Intereſſe der 
            Be=
amtenſchaft in allererſter Linie auf Erhaltung des Staates und der 
Tagesordnung zur öffentlichen Sitzung bes Kreisausſchuſſes des ſtaatlichen Ordnung im Rahmen ſozialer Gerechtigkeit gerichtet. Die 
Beamten= und übrige Arbeitnehmerſchaft, denkt nicht an Braten und 
Schaumwein, ſie erwartet nur Brot und Kartoffeln, die man ihr heute 
auch verweigert. Eine Fortſetzung der Lohn= und Gehaltspolitik im ge= 
RDV. Die Einreiſe ins beſetzte Gebiet. Während die Einreiſe in kennzeichneten Sinne muß raſch zu einer ungeahnten Kataſtrophe führen. 
den freigewordenen Sitz im Aufſichtsrat der Heag verſchaffen zu helfen. 
m 
Dann drehte er ſich um und brach in ein ſchallendes Ge= 
„Eine kleine Senorita,” rief er, „die um dieſe Zeit auf 
            Be=
ſuch in den Palaſt kommt! Gott ſei Dank, daß wir ihr ewas 
Kaum ſeinen Augen trauend, ſah der Großherzog die Türe 
weit geöffnet, ein Mann in Uniform wurde draußen ſichtbar, 
als ſie das Licht der Halle erreicht hatte, glaubte Don Ramon 
Es war Madame Pelotard. 
Sie trat in die Halle, langſam, verſtändnislos, und ſah ſich 
Niemand bemerkte, daß Luis Hernandez ſtumm durch die 
Sechſtes Kapitel, 
Minorca ihren Bonaparte findet. 
Der ſchwarze Sergeant verſchloß die Türe, indem er dem 
zwei Schritte vom Eingang mit weit geöffneten Augen, und ihre 
Ein wildes Gemurmel erhob ſich und wuchs an; man riß. Blicke irrten in der wunderlichen Verſammlung von einem zum 
Stelle umzuſehen, wo man die Exekution bewerkſtelligen konnte. Mindeſte verſtand, daß ſie zwiſchen Staunen, Furcht und dem 
„Was verſchafft uns das Vergnügen? Sollten Sie vielleicht 
Plötzlich, gerade als der Schankwirt Amadeo und einer ſeiner auch mit der geheimnisvollen Jacht gekommen ſein, Senjorita?” 
„Sie warf einen raſchen erſchrockenen Blick auf ihn, dann 
all den Lärm und die Erregung drei harte Schläge an die Türe. Sekunde hatte ſie den Großherzog erblickt, wie er da gebunden 
Raſch eilte ſie vorwärts, aber blieb dann ſofort voll 
            Ent=
delte Geſicht dem Manne, den ſie zu erkennen glaubte. Und wenn 
Menſchen, die ihr ſolche Angſt einflößten, daß ſie am liebſten 
geweint hätte? 
„Graf,” rief ſie auf franzöſiſch, „ſind Sie es? Was iſt 
            ge=
geſchlagen? Sagen Sie mir es doch!“ 
(Fortſetzung folgt.)
Seite 6.
Darmſtädter Tagblatt, Sonutag, den 14. Oktober 1923.
Nummer 284.
 Mit Stanley im dunkelſten Afrika. 
* Es war im Jahre 1871. Livingſtone war verſchollen. Der 
bekannte Miſſionar, dem die damalige Welt den größten Teil ihrer 
Kenntniſſe über das äquatoriale Afrika verdankte, war nach bielen 
            er=
folgreichen Reiſen wiederum im Jahre 1866 von Sauſibar aufgebrochen, 
um das Gebiet der großen innerafrikaniſchen Seen zu erforſchen. 
            Aber=
ſeit langer Zeit waren die Nachrichten ausgeblieben, ſo daß ſich Gordon 
Bennet, der Beſitzer des Neu=York Herald, entſchloß, Stanley 
            auszu=
ſenden, um Livingſtone, falls er noch am Leben, zu retten. Im Januar 
des Jahres 1871 landete Stanley in Sanſibar, wo er die 
            Vorbereitun=
gen zu ſeiner Expedition traf, die dann kurze Zeit ſpäter von 
            Baga=
moho aus den Vormarſch ins Innere des dunklen Erdteils antrat. Nach 
11 Monaten war der Zweck erreicht: in Udſchidſchi am Tanganfikaſee 
fand er den totgeglaubten Livingſtone! Noch mehrere Monate wurden 
der Erforſchung dieſes großen Sees gewidmet, ehe der Heimmarſch 
angetreten wurde. 
Dieſe geſchichtliche Begebenheit wird uns heute im Film im 
Union=Theater auf der Rheinſtraße vorgeſetzt. Eine 
            amerika=
niſche Geſellſchaft hatte das Zuſtandekommen dieſes Films in die Hand 
genommen und — ſowveit man heute ſchon ſagen kann — mit gutem 
            Er=
folg. 36 Akte in ſechs Abenden! Der erſte Teil zeigt die nachgedichtete 
Entſtehungsgeſchichte der Expedition und ihren Abmarſch auf dem 
            afri=
kaniſchen Feſtlande in „Deutſch=Oſtafrika”, ehe dieſes Gebiet unter 
            deut=
ſchem Schutz ſtand. Da der Film amerikaniſchen Urſprungs iſt, müſſen 
wir auch einige amerikaniſche Eigenſchaften mit in Kauf nehmen. Mit 
einem Rieſenbrand in Neu=York geht’s los. Wolkenkratzer, Feuerwehr, 
Damen, die ſich auf Telephondrähten von einem zum anderen der 
            him=
melhohen Häuſer begeben (im Hauptmoment reißt der Draht natürlich!), 
Männer, die unter Hintanſetzung jeglicher Ritterlichkeit ihre Damen im 
Fenſterrahmen des 125. Stockwerkes ſtehen laſſen, weil ſie ſich ſelber an 
plötzlich vorhandenen Tauen über die Straße ins gegenüberliegende 
Haus ſchwingen, und ähnliches mehr. Das alles hat ja mit Afrika 
eigentlich nichts zu tun, iſt aber doch recht artig anzuſehen. Wenn man 
auch weiß, daß der Held eines 36aktigen Afrikafilms noch nicht im erſten 
Akt in Amerika verunglücken darf, ſo kriegt man doch ein ganz 
            ange=
nehmes Gruſeln. Dann deht’s nach Sanſibar. Auch hier geht’s 
            ameri=
kaniſch zu. Eine amerikaniſche Reporterin, die Sklavenhändlern in die 
Hände fällt, gibt Anlaß zu wilden Hetzjagden; dabei ſpringen „ſie” und 
„er” aus dem dritten Stock ins Waſſer; der Held wird mehrfach von 
10 Arabern gleichzeitig angegriffen, Wände krachen, Menſchen fliegen 
durch die Luft und mit dem kleinen Finger ſeiner linken Hand ſchmettert 
unſer amerikaniſcher Held ſeine ſämtlichen Gegner zu Boden. 
Alle dieſe Schauertaten nimmt man aber gerne mit in Kauf für die 
gute Darſtellung der Expedition Stanleys. Die künſtlich geſtellten 
Bilder ſind gelungen und werden von vorzüglichen afrikaniſchen 
            Origi=
nalaufnahmen ergänzt. Noch nie ſah ich ſo hervorragende 
            Raubtier=
bilder, die teils der Handlung vorangehen, teils in geſchickter Weiſe 
eingeflochten ſind. Allein dieſe Bilder würden ſchon den Beſuch des 
Folms lohnen. Der begleitende Text iſt kurz und klas und erleichtert 
das Verſtändnis. 
Der zweite Teil dieſes Rieſenfilms führt uns Stanleys 
            Expe=
dition im afrikaniſchen Urwald vor. Es ſei vorausgeſagt, daß ich 
auch dieſen Teil wegen ſeiner guten photographiſchen Bilder für 
            ſehens=
wert halte. Er iſt aber nebenbei auch lehrreich. Er zeigt nämlich, 
wie es in Afrika nicht ausſieht. Man kann wieder einmal ſehen, welche 
kindliche Vorſtellungen die Amerikaner von allem haben, was ihnen 
fremd iſt. Unkenntnis und Reklameſucht laſſen ſie Gebilde geſtalten, die 
recht oft lächerlich wirken. Man ſcheint die Neger mit Indianern 
            ver=
wechſelt zu haben. Meines Wiſſens haben beide nur gemeinſam, daß 
man ihnen gleichzeitig mit Bibel und Schnapsflaſche zu Leibe rückt. 
(Bei den Indianern mit recht gutem Erfolg: es leben nur noch einige 
Tauſend!) In Amerika hat man aber auch äußerliche Aehnlichkeit 
            an=
genommen und die Requiſiten zu dieſem Film einer Schmiere entlehnt, 
die in Indianerſtücken macht. Neu=Yorker Gentleman=Neger erſcheinen 
in dieſer Aufmachung. Mit Pfauenfedern und anderem Badehoſenerſatz 
angetan, ſtellen ſie „wilde Völker” dar. Der Häuptling ſchwingt ſogar 
einen Tomahawk! Damit ihren zarten Füßen nichts paſſiert, tragen 
dieſe „Naturvölker” Sandalen und Turnſchuhe. Die Ausrüſtung 
            Stan=
leys iſt dieſer Aufmachung ebenbürtig. Ich möchte keinem raten, ſo 
zu reiſen. 
Der erſte Teil ſtand unter dem Zeichen der Akrobatik; im zweiten 
Teile dominiert die Schußwaffe. Die ungeheueren Leiſtungen 
            Living=
ſtones und Stanleys ſowohl als Miſſionar und als Forſcher wirken in 
dieſer veramerikaniſierten Darſtellung recht eigenartig. Daß zu dem 
wüſten Geknalle auch viele wilde Tiere gehören, iſt klar. Wie in dem 
Märchen ſpringen hier die Löwen im Urwald herum. Der ganze 
            Glo=
buis hat von ſeiner Fauna pumpen müſſen. Wenn auch rein 
            künſtle=
riſch ſehr ſchöne Bilder entſtanden ſind, ſo muß man doch lächeln, wenn
 blutrünſtige Löwen auf zwei Schritte Entfernung von jungen 
            Mäd=
chen in die Flucht geſchoſſen werden. Der dazu gehörige Jüngling macht 
es anders. Wie weiland Herakles den nemeiſchen Löwen erwürgte, ſo 
packt auch er eine Löwin, drückt ſie an ſeinen Buſen und deformiert ſie 
ſo lange, bis der Tod eintritt. Damit ihn das Bieſt nicht beißt, hält er 
ihm dabei die Hand vors Maul! Allen zukünftigen Afrikajägern kann 
ich dieſe Art, Löwen tot zu machen, nur aufs wärmſte empfehlen. Als 
ich in Afrika war, war dieſe Jagdart leider noch nicht aktuell. Ich 
—is. 
hätte ſie ſicher einmal verſucht.
 v. Nieder=Beerbach, 13. Okt. Kartoffel= und 
            Holzverſor=
gung. Dieſe zurzeit brennenden Fragen hat die hieſige Gemeinde 
auf die Weiſe gelöſt, daß ſie von den Landwirten Kartoffeln zur 
            Ver=
ſorgung der Bevölkerung angekauft hat und dieſen dafür Holz aus dem 
Gemeindewald nach einem ganz beſtimmten Verhältnis abgibt. 
Wixhauſen, 13. Okt. Um allen Kopfarbeitern, die ihrem 
            Wirkungs=
kreis infolge der Beſetzung fernbleiben müſſen, Gelegenheit zu weiterer 
Uebung zu geben, ferner alle übrigen Intereſſenten der 
            Schnellſchreib=
kunſt zuzuführen, ergeht an alle Intereſſenten der Mahnruf: Kommt 
und ſchickt Eure Kinder zu dem am 15. Oktober beginnenden 
            Unter=
richtskurſus in Stenographie. 
rh. Gernsheim, 13. Okt. Todesfall. Auf der Fahrt von 
            Gerns=
heim nach Groß=Nohrheim iſt der hieſige Lehrer Burtſchell von einem 
Schlaganfall tödlich betroffen worden. 
Mainz, 12. Okt. Der Buchdruckerſtreik, der hier am 
6. ds. Mts. wegen Lohnforderung der Buchdrucker ausgebrochen iſt, iſt 
noch immer nicht beendet. Von dem Streik ſind der Mainzer Anzeiger, 
das Mainzer Tagblatt und die Mainzer Tageszeitung betroffen, die 
nicht erſcheinen. Die Mainzer Tageszeitung hat ihr Perſonal 
            ausge=
ſperrt. Das ſozialdemokratiſche Blatt, die Mainzer Volkszeitung, iſt 
bekanntlich von der franzöſiſchen Beſatzungsbehörde verboten, ſo daß 
in Mainz ſeit dem 6. Oktober kein deutſches Blatt erſcheint. 
R. Selters; 13. Okt. Todesfall. Badedirektor Gabriel iſt an 
der Bahnſperre, als er im Begriff war, ſich nach Gießen zu begeben, von 
einem Hirnſchlag getroffen worden; er ſtürzte ſofort tot zuſammen. 
Direktor Gabriel hat ſich um die Hebung des Kurbetriebes große 
            Ver=
dienſte erworben. 
R. Gießen, 13. Okt. Lagerdiebſtahl. Aus dem Lager einer 
hieſigen Firma wurden zwei Ballen Kaffee im Werte von 200 Milliarden 
Mark entwendet. 
Reich und Ausland. 
Giftmörder Huber. 
München. Eine volle Woche lang verhandelte das 
            Schwur=
gericht München über eine Anklage wegen dreifachen Giftmordes und 
Giftmordverſuches gegen den 25 Jahre alten Laboratoriumsdiener 
            Ro=
bert Huber in München. Huber ſpielte gerne den großen Herrn, gab 
ſich als wiſſenſchaftlicher Hilfsarbeiter im Krankenhaufe München aus, 
ließ ſich als Doktor titulieren uſw. Im Winter 1918/19 lernte er auf 
einer Schneeſchuhfahrt die Münchener Großhändlerstöchter Reindl 
kennen und verlobte ſich mit einer derſelben. Dann ſoll er nach der 
Anklage Schwviegereltern und Schwägerin vergiftet haben. Nach dem 
Tode der drei heiratete er ſeine Braut, die keinen Argwohn hatte, und 
bezog die Wohnung der Schwiegereltern. Beſonders hartnäckig war 
der Kampf Hubers gegen das Leben ſeines Schwiegervaters, der ihm 
volles Vertrauen entgegenbrachte. Huber ſoll ihm künſtlich Rotlauf 
            er=
zeugt haben; davon genas er trotz der ſchweren Erkrankung durch 
            ärzt=
lichen Eingriff wieder. Darauf gab ihm Huber ſo lange Arſenik ein, 
bis er ſtarb. Bald darauf ſoll er das ſehr vermögende Ehepaar Grimm 
in Schlierſee durch Gift aus der Welt zu ſchaffen verſucht haben. H. 
ſtahl dann der Frau Grimm ihren wertvollen Schmuck, ſchraubte von 
dem Auto der Grimm die Hauptſteuerſchraube los und lockerte zehn 
weitere Schrauben, damit die Eheleute Grimm bei der erſten 
            Autoaus=
fahrt den Tod finden ſollen, wenn ſie dem Gift nicht erliegen ſollten. 
Die Pläne mißlangen, das Ehepaar Grimm wurde wieder geſund und 
veranlaßte die Feſtnahme des Huber, als er bereits alle Vorbereitungen 
zur Abreiſe in die Schweiz getroffen hatte. Huber leugnete die Taten, 
die ihm zur Laſt gelegt ſind. Der Staatsanwalt beantragte gegen den 
Angeklagten die Todesſtrafe und 15 Jahre Zuchthaus wegen eines 
            Ver=
brechens des Giftmordes und wegen zweier Verbrechen des verſuchten 
Mordes. Des weiteren ſeien Huber die bürgerlichen Ehrenrechte auf 
Lebenszeit abzuerkennen. Der Angeklagte iſt im Falle des Ehepaares 
Grimm wegen Giftmordverſuches zu 15 Jahren Zuchthaus und ebenſo 
viel Jahren Ehrverluſt verurteilt worden, dagegen erfolgte im Falle 
Reindl Freiſprechung, weil die Beweiſe nicht vollſtändig geweſen ſind.
 Sport, Spiel und Turnen. 
Handball. 
Heute nachmittag finden auf dem Finanzamtplatz der T. G.D. 46 drei. 
hochwertige Handballſpiele ſtatt. Um 1½ Uhr eröffnet die bis jetzt 
            un=
geſchlagene 1. Handball=Jugendmannſchaft der T.G.D. 46 den Reigen. 
Dieſelbe ſpielt gegen die bis jetzt unbekannte 1. Jugendmannſchaft des 
Turnsvereins Babenhauſen. Auf den Ausgang des Spieles kamn man 
geſpannt ſein. 
Anſchließend an das Spiel der 1. Jugend ſpielt die 2. Mannſchaft 
der T. G.D. 46 gegen die 1. Mannſchaft des Turnvereins Sprendlingen. 
Dieſes Spiel dürfte für Darmſtadt zu gewinnen ſein, da dieſelbe 
            ver=
ſtärkt antritt. 
Nach dieſem Spiel ſteht die 1. Mannſchaft der T.G.D. 46 der 1. 
Mannſchaft des Turnvereins Neu=Iſenburg, ebenfalls auf dem T. G.D.= 
Platz, gegenüber. Bereits im Vorjahr kämpften beide Mannſchaften 
hartnäckig um die beiden Punkte. Die Darmſtädter Mannſchaft hat ſich 
gegen das Vorjahr gebeſſert. Die Frage des Ausganges des 
            bevorſtehen=
den Spieles dürfte eine offene ſein. 
h. 
Stimmen aus dem Leſerkreiſe. 
(För die Veröffentlichungen unter dieſer Ueberſchrift übernimmt die Redaktion keinertei 
            Ver=
antwortung; für ſie bleibt auf Grund des § 21 Abſ. 2 des Preſſegeſetzes in vollem Umfange 
der Einſender verantwortlich.) — Einſendungen, die nicht verwendet werden, können nicht 
zurückge andt, die Ablehnung nicht bearündst werden. 
— Ein Familienbater verdient, i letzter Woche mit ſeiner Tochter 
zuſammen 2 Milliarden 877 Millionen. Er läßt ein Paar 
            Damenhalb=
ſchuhe beſohlen und beflecken, für am Freitag abzuholen; denn anders 
geht es nicht. Furchtbar, erſtaunt war er, als der Herr 
            Schuh=
machermeiſter den horrenden Betrag von drei Milliarden verlangte. Ich 
frage bei der Oeffentlichkeit an, was man verdienen müßte, um ſeine 
Familie von ſieben Köpfen zu ernähren, obendrein noch Kleider und 
Schuhreparaturen machen zu laſſen? Es werden doch auch neue Artikel 
gebraucht. Wie iſt das möglich?. Wo bleiben hier die 
            zuſtändi=
gen Stellen, um einzuſchreiten. Alles verlangt Goldmark und 
            Gold=
pfennige. Warum gibt man nicht der Arbeiterſchaft auch dieſe 
            Wäh=
rung, damit ſie ſich einigermaßen über Waſſer halten könnte? 
Ein kinderreicher Familienvater.
 Bertreter: Aures & Co., Darmſtadt, Rundeturmſtraße 12. 
Kirchliche Nachricht. 
Evang. Jugendgemeinſchaft. Montag, den 15. Oktober, nachm 
6 Uhr: Zuſammenkunft im Gemeindehaus der Kiesſtraße. 
Tageskalender. 
Landestheater Großes Haus, Anfang 7, Ende 9 Uhr (D 4): 
„Elektra”. — Kleines Haus, Anfang 7, Ende 9½ Uhr (Zuſatzmiete II.): 
„Schluck und Jau”. — Orpheum, abends 734 Uhr: „Die 
            Poſt=
meiſterin” — Union=, Reſidenz=, Zentral=Theater, Palaſt=Lichtſpiele: 
Kinovorſtellungen. 
Druck und Verlag: L. C. Wittich. Verantwortlich für Politik und 
Wirtſchaft: Rudolf Mauve; für Feuilleton, „Stadt und Land”, 
„Reich und Ausland”: Max Streeſe; für den Inſeratenteil: 
J. V. A. Flciſchmann, — ſämtlich in Darmſtadt. 
Die heutige Rummer hat 8 Seiten 
nnd Unterhaltungsblatt.
 Uasere am Sonntag, den 14.Okt. 
1923, nachm. /,3 Uhr stattfindende 
TRAUUNG in der Johanneskische 
beehren sich anzuzeigen 
Hans Modebach 
u. Frau Liesbeth 
geb. Kraft 
Darmstadt, Georgenste. 11,. 
(*26548
 Todes=Anzeige. 
Unſere gute Mutter 
(7843 
Frau 
Helene Lehmann 
geb. Simon 
iſt nach ſchwerer Krankheit ſanft 
verſchieden. 
Die Beerdigung findet ſtatt: 
Sonntag, den 14. Oktober 1923 
nachmittags 3 Uhr. 
Die trauernden Kinder.
 Todes=Anzeige. 
Am Freitag Morgen verſchied 
nach ſchwerem Leiden meine liebe 
Tochter, unſere gute Schweſter, 
Schwägerin, Tante und Nichte 
Unhadeig echier 
im Alter von 26 Jahren. 
Darmſtadt, 14. Oktober 1923. 
Beckerſtraße 27. 
Familie Anna Schmidt Bwe. 
und Angehörige. 
Beerdigung, am Montag, 15. Okt., 
nachm. 4 Uhr, Friedhof, Nieder= 
Ramſtädterſtr. (*26564
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fl. Abſatz (ſehr ſolide 
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Frau Karoline Schreiner 
geb. Suppes 
im 65. Lebensjahre durch einen ſanften Tod 
von uns genommen. 
Darmſtadt, den 13. Oktober 1923. 
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Martha Starke, geb. Schreiner 
Dr. med. Ferdinand Schreiner 
Marie Schreiner, geb. Metz 
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Schmerze ſagen wir von Herzen 
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Saubere 
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Tariflohn u Eſſengeſ. 
Waldſtr. 3, II. (*26549 
—Mänmlich 
Wir ſuchen per ſofort 
zuverläſſ., ehrl., ſaub, 
Laufjungen. 
BAHNBEDARF 
Akt.=Geſ., 
            Blumen=
thalſtraße 24. (*26542 
Siermarkt F 
Otſchr. Schäferhund 
mit gutem Stammb. 
u. Eintragungskarte, 
ſehr wachſam, ſelten 
ſchönes Tier, zu verk. 
Erbacherſtr. 15, Stb.; 
v. 10—11 Uhr. (*26545
Landwehrſtraße 31.
(*26486fsg
  
Gernnohenspengeiche Torſcheifte. 
für den Betrieb der 
 
Bäckereien in Stadt u. Land 
ſind in der Geſchäftsſtelle des Darmſtädter Tagblatts 
Rheinſtraße 23 zu haben.
 Neu zu vergeben 
iſt unſere hieſige 
Generalvertretung. 
In Frage kommt eine Perſönlichkeit (Dame 
oder Herr), die neben dem notwendigen 
Betriebskapital die erforderlichen 
            Ausſtel=
lungs= beztv. Verkaufsräume zur Verfügung 
hat. Größtmöglichſte Verkaufsunterſtützung 
und Einſchulung wird zugeſichert. — 
            Be=
werbungen an 
(II. St. 7817 
G. Wohlmuth & Co., 
Aktiengeſellſchaft 
Furtwangen (bad. Schwarzwald)
„Die Poſe
und Land;
 8. Td. 1227 
alttätsarbeit!
 erfeite 
erinnen 
tſtrickerinnet
 eiblich 
d. Fräulein
 Handel und Wandel in Heſſen. 
h. Konſervenfabrik Joh. Braun A.=G., 
            Pfedders=
heim bei Worms. In der Aufſichtsratsſitzung wurde beſchloſſen, 
einer auf den 5. November 1923 einzuberufenden außerordentlichen 
            Gene=
ralverſammlung die Erhöhung des zurzeit 95 Mill. Mk. betragenden 
Aktienkapitals um 32 Mill. Mk. Stammaktien vorzuſchlagen. Die neu 
zu ſchaffenden Aktien werden von einer Intereſſentengruppe 
            übernom=
men, ſodaß ein Bezugsrecht an die alten Aktionäre nicht in Betracht 
kommt 
h Wilh. Laaff, Konſervenfabrik A.=G., Mainz. In 
der außerordentlichen Generalverſammlung am 5. Oktober wurde eine 
Kapitalserhöhung um 47½ auf 60 Mill. Mk. beſchloſſen. Die jungen 
Aktien wurden von einem Konſortium übernommen mit der Maßgabe, 
daß auf eine alte zwei junge Aktien zu einem vom Aufſichtsrat und 
            Vor=
ſtand noch feſtz ſetzenden Kurs angeboten und der Reſt nach Weiſung 
des Aufſichtsrats im Einverſtändnis mit dem Vorſtand im Intereſſe der 
Geſellſchaft beſtens verwertet wird. 
Wirtſchaftliche Rundſchau. 
wb. Der Reichsbankausweis. Die Inanſpruchnahme der 
Reichsbank zum letzten Quartalsſchluß war, wie zu erwarten ſtand, ganz 
anßerordentlich groß. Nach dem Ausweis vom 29. September ſtieg die 
geſamte Kapitalanlage, um nicht weniger als 33 982,1 auf 
48 976,6 Billionen Mk. Der Hauptteil dieſer Steigerung entfiel 
            wie=
derum auf die Reichsſchatzanweiſungen, deren Beſtände auf Grund 
            enor=
mer Kreditanforderungen des Reichs um 32986,8 auf 45 216,2 Billionen 
Mark anſchwollen. Das Wechſelkonto nahm gleichzeitig um 1459,5 
auf 3660,1 Billionen Mk. zu, während die Lombardforderungen der Bank 
um 465,1 auf 98,5 Billionen Mk. abnahmen — im weſentlichen infolge 
Uebergangs vorübergehend auf die Reichsbank übernommener größerer 
Darlehen auf die Darlehnskaſſen des Reichs, deren Kontingent im Laufe 
der Berichtswoche erhöht wurde. Die neu beanſpruchten Kreditbeträge 
floſſen teilweiſe den fremden Geldern der Bank zu, die ſich um 10 813,9 
auf 16 966,6 Billionen Mk. vermehrten; zum größeren Teil wurden ſie 
der Bank in Zahlungsmitteln entzogen. 
Der Banknotenumlauf mußte nämlich in der letzten 
            Sep=
temberwoche mehr als verdreifacht werden, er hat ſich von 8627,7 auf 
28 228,8 Billionen Mk. erhöht. 
Der Goldbeſtand ging weiter um 25,3 Millionen auf 443,9 
            Mil=
lionen Goldmark zurück; die dem Goldkaſſenbeſtande der Reichsbank 
            ent=
nommenen Beträge fanden wiederum zur Deviſenbeſchaffung 
            Ver=
wendung. 
Die Reichsdarlehnskaſſen wurden in der Berichtswoche 
in Höhe von 648,8 Billionen Mk. neu in Anſpruch genommen, ihr 
            Dar=
lehnsbeſtand erreichte damit 941,1/ Billionen Mk. Sie führten einen 
entfprechenden Betrag an Darlehnskaſſenſcheinen an die Reichsbank ab, 
ſodaß deren Beſtände an ſolchen Scheinen auf 941,1 Billionen Mk. ſtiegen. 
h. Feiſt Sektkellerei A.=G., Frankfurt a. M. Die 
            Ge=
ſellſchaft beantragt Erhöhung des zurzeit aus 12 Mill. Mk. Stamm= und 
3 Mill. Mk. Vorzugsaktien beſtehenden Grundkapitals um bis zu 30 
Mill. Mk. Stamm= und 2 Mill. Mk. neue Vorzugsaktien, wobei den 
Aktionären ein Teil der neuen Aktien angeboten werden ſoll. Die 
            bis=
herigen 3 Mill. Mk. Vorzugsaktien ſollen eingezogen werden. 
h. Chemiſche und Pharmazeutiſche Werke Maher 
Alapin A.=G., Frankfurt a. M. Eine auf den 7. November 
einzuberufende außerordentliche Hauptverſammlung ſoll 
            Kapitalserhöh=
ung von 12,2 auf 25 Mill. Mk. beſchließen. Die alten Aktionäre 
            erhal=
ten ein Bezugsrecht von 3:1, der Reſt wird freihändig beſtens verwertet. 
wb. Edmund Grünewald A. G., Fxankfurt a. M. In 
der a.v. G.=V. der Edmund Grünewald A.G. wurde beſchloſſen, das 
Aktienkapital um 60 Millionen Mk. Stammaktien auf 120 Millionen 
zu erhöhen. Herr Direktor Hermann Levi (Deutſche Vereinsbank) iſt 
dem Aufſichtsrat zugewählt worden. 
h. Wayß u. Freytag A.=G., Frankfurt a. M. Zur 
            No=
tierung an der Frankfurter Börſe ſind aus der Emiſſion von 130 Mill. 
Mk. Stammaktien im Februar 80 Mill. Mk., die von einem Konſortium 
unter der Führung der Rheiniſchen Creditbank Mannheim zu 400 Proz. 
übernommen worden waren, zugelaſſen worden. In der Bilanz vom 
Ende Janaur wurden 2173 Mill. Mk. Kreditoren verzeichnet. Die letzte 
Dividende war 300 Proz. Nach dem Zulaſſungsproſpekt ſei ein günſtiger 
Abſchluß auch im neuen Jahre zu erwarten, da der Eingang von 
            Auf=
trägen befriedigend iſt und das Unternehmen im Ausland erfolgreich 
            be=
teiligt iſt. 
wb. Die Handelskammer Frankfurt a. M. hat mit 
Zuſtimmung des Herrn Miniſters für Handel und Gewerbe beſchloſſen, 
die Handelskammerbeiträge für das zweite Halbjahr des laufenden 
Rechnungsjahres in Goldmark, und zwar auf der Baſis des amtlichen 
Dollarkurſes zu Beginn des laufenden Rechnungsjahres — 21000 Mk., 
zu erheben. Der Goldmarkbetrag errechnet ſich ſonach in einfacher Weiſe 
dadurch, daß von dem Handelskammerbeitrag, der ſür das ganze 
            Rech=
nungsjahr 1923=24 in Papiermark zu zahlen wäre, vier Stellen 
            abge=
ſtrichen werden. Von dieſem Betrag werden als Abgeltung für den im 
September d. Js. an die Handelskammer direkt gezahlten Vorſchüſſe 
10 Prozent in Abzug gebracht. Die Handelskammerbeiträge aus der 
Steuer von dem Gewerbeertrag werden ſonach für das zweite Halbjahr 
1923=24 nicht mehr an die ſtädtiſchen Steuerzahlſtellen gezahlt, ſondern 
an die Handelskammer direkt, und zwar in monatlichen Raten am 1. 
jeden Monats auf Grund des am letzten des Monats notierten 
            Dollar=
kurſes an der Frankfurter Börſe, alſo erſtmals für den Monat Oktober 
am 2. November auf Grund des Dollarkurſes am 31. Oktober. Von 
Börſenbeſuchern werden die Beiträge entſprechend durch die Frankfurter 
Bank eingezogen. 
* Zuckerfabrik Fröbeln A.=G., Fröbeln. Auf Grund 
des G.=V.=Beſchluſſes vom 28. Sept. werden die Vorzugsaktionäre 
            auf=
gefordert, ihre Vorzugsaktien zwecks Umwandlung in Stammaktien bis 
zum 31. Oktober einzureichen. Gegen 3000 Mk. Vorzugsaktien wird eine 
Stammaktie über nom. 1000 Mk. mit Dividendenberechtigung 23/24 
            ge=
währt. Der Einreicher eines nicht durch drei teilbaren Aktienbetrags 
hat auf die Rückgabe des Spitzenbetrags zu verzichten. Je eine von drei 
ſolchen Vorzugsaktien wird nach ihrer Umwandlung in eine Stammaktie 
zum Börſenkurs und in Ermangelung eines ſolchen durch öffentliche 
Verſteigerung verkauft werden. Der Erlös wird dem Beteiligten 
            an=
teilsmäßig zur Verfügung geſtellt. Die nicht rechtzeitig eingereichten 
Vorzugsaktien werden zur Rückzahlung mit 115 Proz. gekündigt. 
Zwickauer Maſch.=Fabrik A.=G., Zwickau. Die 
ao. G.=V. beſchloß Erhöhung des Aktienkapitals um 1 Mill. 
            Vorzugs=
aktien und 19 Mill. Stammaktien auf insgeſamt 50 Mill., ſowie 
            Aus=
gabe von 30 Mill. Genußſcheinen. Den alten Aktionären wird ein 
Bezugsrecht im Verhältnis 3:1 zu 10 Mill. Proz. angeboten werden, 
während der Reſt der Aktien im Intereſſe der Geſellſchaft Verwertung 
finden ſoll. Ferner kann auf 2 alte Stamm= oder Vorzugsaktien 1 
            Ge=
nußſchein zu gleichfalls 10 Mill. Proz. bezogen werden. 60 000 Mk. 
Genußſcheine ſollen den Obligationären im Verhältnis 5:1 zu 10 Mill. 
Proz. unter der Bedingung angeboten werden, daß die Obligationen zu 
120 Proz. eingelöſt werden. 
Metallwaren=Fabrik vorm. H. Wißner A.=G., 
Zella=Mehlis. Wir berichteten kürzlich über den 
            Dividenden=
vorſchlag der Geſellſchaft. Nach dem jetzt vorliegenden Geſchäftsbericht 
für das mit dem 30. 6. abgelaufene Geſchäftsjahr beträgt der 
            Waren=
gewinn 4787 Mill. (i. V. 41,909 Mill.), auf Zinſenkonto 19,034 Mill. 
(i. V. 0,398 Mill.), andererſeits erforderten Unkoſten 3545 Mill. (i. V. 
33,479 Mill,), ſo daß ein Rohgewinn von 1261 Mill., gegen 8,827 Mill. 
i. V., verbleibt. Nach Abſchreibungen in Höhe von 203,8 Mill. (i. V. 
1.896 Mill.) verbleibt ein Reingewinn von 1058 Mill. (i. V. 7,081 
Mill.), aus dem eine Dividende, wie bereits gemeldet von 4000 Proz. 
auf das erhöhte Aktienkapital von 25 Mill. (i. V. 50 Proz. u. 30 Proz. 
Bonus auf 8,5 Mill) und 7½ Proz. auf die Vorzugsaktien zur 
            Aus=
ſchüttung gelangen. Einem Delerederefonds werden 49,85 Mill. 
            über=
wieſen und der Reſt von 7,595 Mill. (i. V. 0,163 Mill.) auf neue 
            Rech=
nung vorgetragen. In der Bilanz ſtehen ſämtliche Anlagen=Konten, 
mit Ausnahme des Grundſtück=Kontos, das mit 30000 Mk. erſcheint, 
mit dem Mindeſtwert zu Buch, nach Abſchreibung ſämtlicher Neu= 
Zugänge. Neu=Anlagen und Neu=Anſchaffungen. Debitoren werden 
„nit 2891 Mill. (i. V. 25,194 Mill.) ausgewieſen. Hierunter ſind Bank= 
Guthaben in Höhe von 1930 Mill. (i. V. 12,324 Mill.) enthalten. 
            Vor=
räte ſind mit 41,18 Mill. (i. V. 2056 Mill.) bewertet. Andererſeits 
            hat=
ten Kreditoren 1895 Mill. (i. V. 14,856 Mill.) zu fordern. In dieſem 
Betrage ſind Steuer=Rücklagen in Höhe von 500 Mill. enthalten. Der 
Reſerve=Fonds iſt durch das Agio der Kapitalserhöhung von 0,750 
Miſl. (i. V. auf 51,366 Mill.) angewachſen. Ueber das neue 
            Geſchäfts=
fahr äußert ſich die Geſellſchaft befriedigend.
 Neues Einlöſungsverfahren für engliſche 
Sanktionsgutſcheine. Die Heſſiſche Induſtrieſtelle, Berlin, 
teilt uns mit, daß vom 10. Oktober 1923 ab ein neues 
            Einlöſungsver=
fahren für die bei der Friedensvertragsabrechnungsſtelle zur 
            Präſen=
tation gelangenden engliſchen Sanktionsgutſcheine gehandhabt wird, um 
die Härten, die in der bisherigen Methode lagen und für den Exporteur 
oft mit großen Verluſten verknüpft waren, zu vermeiden. Das engliſche 
Sanktionsgeſetz ſchreibt vor, daß der engliſche Importeur 26 Prozent 
vom Werte der deutſchen Einfuhrwaren an das engliſche Zollamt des 
Einfuhrhafens bezahlen muß, über welche Abgabe vom engliſchen 
            Zoll=
amt ein Sanktionsgutſchein ausgeſtellt wird, den der engliſche Abnehmer 
dem deutſchen Exporteur unverzüglich einzuſenden hat, falls er die 
            Rech=
nung um 26 Prozent des Warenwertes kürzt. Unterläßt nun der 
            eng=
liſche Abnehmer die Zuſendung des Gutſcheines, ſo bleibt dem deutſchen 
Exporteur nur übrig, gerichtlich gegen ſeinen Abnehmer vorzugehen. 
Die deutſchen Exporteure ſind verpflichtet, die Sanktionsſcheine ſofort 
nach Erhalt aus England zu präſentieren. Bei längerer Spanne 
            zwi=
ſchen dem Ausſtellungstag in England und dem Präſentationstag iſt die 
Friedensvertragsabrechnungsſtelle berechtigt, die Einlöſung von der 
            Be=
weisführung des mangelnden Verſchuldens durch den Exporteur 
            ab=
hängig zu machen. Gegen Vorlegung des Gutſcheines bei der 
            Friedens=
vertragsabrechnungsſtelle erhält, der deutſche Exporteur den vom 
            eng=
liſchen Kunden gekürzten Betrag in Papiermark ausgezahlt. Mit 
            Rück=
ſicht auf die neuerlichen großen Markkursſchwankungen erfolgt jedoch 
            nun=
mehr die Auszahlung des Gegenwertes der Gutſcheine in 
            wertbeſtän=
diger Form. Die Umrechnung des Betrages geſchieht unmittelbar aus 
der Deviſe London in Goldmark über den Pfundkurs in Neu=York. Die 
Gutſcheine, die in der Zeit vom 1. bis Ultimo eines Monats eingehen, 
werden zum Monatsdurchſchnittskurs der Federal Reſerve Bank Neu= 
York des vorhergehenden Monats in Goldmark eingelöſt, welcher Kurs 
etwa am 4. jedes neuen Monats im Reichsanzeiger bekannt gegeben 
wird, und zwar erfolgt der Eintauſch nach Abzug von 3 pro Mille 
            In=
kaſſoproviſion gegen auf Goldmark lautende Urkunden, die von den 
Reichsbankanſtalten zum amtlichen Berliner Dollargeldkurs ohne Abzug 
von Zinſen eingelöſt werden. Die Vorlegung hat innerhalb 10 Tagen 
nach der Ausſtellung zu geſchehen. 
Nähere Einzelheiten gehen aus Merkblatt E der 
            Friedensvertrags=
abrechnungsſtelle hervor, das bei den Handelskammern einzuſehen iſt. 
Wir glauben, daß mit dem neuen Verfahren berechtigten Wünſchen der 
Exporteure Rechnung getragen wird. 
h. Optiſche Werke Schütz A.=G., Kaſſel. Die 
            Kapitals=
erhöhung um 53 auf 103 Mill. Mk. wurde gegen 1181 Stimmen 
            geneh=
igr. Die neuen 50 Mill. Mk. Stammaktien und 3 Mill. Mk. 6proz 
Vorzugsaktien gehen an die Rheiniſche Handelsbank m. b. H. in 
            Düſſel=
dorf (Rheiniſcher Handelskonzern des Kommerzienrates Falk) zu den 
von der Verwaltung vereinbarten Bedingungen. Die Geſellſchaft muß 
für den Ausgabekurs wenigſtens den Papiermarkwert von 1½ Schilling 
erlöſen. Den Inhabern der alten Aktien Nr. 1—6000 muß ein 
            Bezugs=
recht von 1:1 eingeräumt werden. 
h. Deutſche Nährflocken A.=A. in Breiſach. Die 
            Ver=
waltung beantragt Kapitalserhöhung um 1,5 auf 1,65 Milliarden Mk. 
durch Ausgabe von 15 000 neuen Aktien über je 100 000 Mk. bei einer 
auf den 29. Oktober einzuberufenden außerordentlichen 
            Generalverſamm=
lung. 
h. Sauerſtoffwerk A. G. in Kaiſerslautern. Die 
            Ver=
waltung beantragt Kapitalserhöhung von 32 bis auf 125 Mill. Mk. durch 
Ausgabe von neuen Stamm= und Vorzugsaktien bei einer 
            außerordent=
lichen Generalverſammlung am 26. Oktober. 
h. Germania=Linoleum=Werke A.=G. in 
            Bietig=
heim (Württemberg). Die Süddeutſche Diskontogeſellſchaft 
            Mann=
heim hat die Zulaſſung von 70 Mill. Mk. Inhaberſtammaktien, 70 000 
Stück 4 1000 Mk. Nr. 1—70 000 zum Handel und zur Notierung an der 
Mannheimer Börſe beantragt. 
*=d= Die ſchweizeriſche Werkzeugmaſchinenfabrik 
Oerlikon hat eine Intereſſengemeinſchaft mit der Magdeburger 
Werkzeugmaſchinenfabrik, die dem Stinnes=Konzern naheſteht, 
            eingegan=
gen. Wie es heißt, ſoll das Magdeburger Unternehmen einen Teil der 
Aktien der Werkzeugmaſchinenfabrik Oerlikon erworben haben. 
            General=
direktor Lauff von dem Magdeburger Unternehmen iſt in den 
            Verwal=
tungsrat des ſchweizeriſchen Unternehmens eingetreten. 
h. Gebr. Gänswein, Immobilien=, Handels= und 
Finanz=A.=G., Konſtanz. Die ſeit 1913 beſtehende und am 1. 
Januar 1923 in eine Aktiengeſellſchaft umgewandelte Firma hat an 
            Aus=
dehnung bedeutend zugenommen. Die Geſellſchaft unterhält innerhalb 
Deutſchland zirka 80 Niederlaſſungen und die Organiſation innerhalb 
Deutſchlands iſt bereits beendet. Im Ausland unterhält die Geſellſchaft 
Vertretungen in Holland, Schweiz, Deutſch=Oeſterreich, Tſchecho=Slowakei 
und Amerika. Die Geſellſchaft hat ferner Anſchluß an ein 
            Großhambur=
ger Haus gefunden, um mit demſelben eine wertbeſtändige Bank zu 
            grün=
den, die den ſpeziellen Zweck hat, Feingoldhypotheken zu plazieren, 
            Kre=
dite dem Mittelſtand zu verſchaffen uſw. Außerdem ſteht die Geſellſchaft 
kurz vor Abſchlüſſen mit anderen Geſellſchaften. 
— Ueber die Lage des amerikaniſchen Eiſen= und 
Stahlmarktes kabelt das amerikaniſche Fachblatt Iron Trade 
Review, Cledeland (Ohio): Die September=Rohblockproduktion entſpricht 
einer Jahreserzeugung von 41 Millionen Tons. Sie hat gegenüber 
Auguſt um faſt 3 Prozent abgenommen. Es iſt eine weitere leichte 
Beſſerung im Stahlabſatz feſtzuſtellen. Namentlich ſind die Eiſenbahnen 
mit umfangreichen Käufen von Schienen, Wagen und Oberbaumaterial 
am Markte. Das Vertrauen in die Feſtigkeit des Marktes iſt beſſer, 
obſchon die kleineren Walzwerke Preisnachläſſe gewähren. Im Auguſt 
wurden 163 000 Tons ausgeführt, 45 000 Tons eingeführt, hiervon 6000 
Tons engliſches Roheiſen. Die anhaltende Ueberrpoduktion an 
            Han=
delsroheiſen bewirkte ein weiteres Nachgeben der Preiſe, die für 
            Buf=
faloeiſen unter 23 Dollars, für ſüdliches Eiſen auf 20 Dollars gefallen 
ſind. Japan beſtellte weitere Mengen Feinbleche und anderes Material. 
Ferromanganmarkt unverändert; der Zwiſchenhandel bietet weniger 
Material an. Die Schienenwalzwerke buchten für das nächſte Jahr 
weitere belangreiche Aufträge. Der Stahltruſt arbeitet mit 90 Prozent 
ſeiner Leiſtungsfähigkeit an Rohblöcken. Die Nachfrage ſeitens des 
Automobil= und landwirtſchaftlichen Maſchinenbaues hat ſich gebeſſert. 
Von der Oelinduſtrie liegen Anfragen auf 50000 Tons Grobbleche 
vor. Der Baueiſenmarkt iſt ungewöhnlich lebhaft bei feſten Preiſen. 
Neugründungen. 
wb. Ili Intereſſengemeinſchaft induſtrieller 
und landwirtſchaftlicher Unternehmungen. A. G. 
Unter dieſer Firma wurde mit dem Sitz Berlin und einem 
            Grundkapi=
tal von nom. 220 Millionen ein Unternehmen gegründet, das ſich u. a. 
mit Gründungen von Geſellſchaften. Uebernahme von deren Aktien, 
Bildung von Intereſſengemeinſchaften, Vertretung von Beteiligungen in 
Geſellſchaften und dergleichen befaßt. Das Aktienkapital iſt von der 
Hamburger Handelsbank und dem Bankhauſe Gebr. Stern=Dortmund 
übernommen worden. Den erſten Aufſichtsrat bilden Generaldirektor 
Gerſchel, Vorſitzender, Gerhard Suckow, Direktor der Suckow=Dnisburg, 
A. G., ſtellv. Vorſitzender, Generaldirektor H. O. Beck, München, 
            Direk=
tor Brenner, Aufſichtsratsvorſitzender der Dresdener Privatbank, 
            Gene=
raldirektor Dr. Cremer, M. d.R., Präſident La Gro=Haag, Rechtsanwalt 
Dr. v. d. Heide, Direktor der Glanzfäden A. G., Bankier Louis Jacoby 
i. Fa. Gebr. Stern, General d. Inf. a. D. von Oven, Rittergutsbeſitzer 
Ruſtemeher, Tzſchecheln, Rechtsanwalt Dr. v. Scanzoni=München, 
            Ban=
kier Paul Schönwald, Geſchäftsinhaber der Hamburger Handelsbank, 
Erik Spemann, Direktor der Union, Deutſche Verlagsgeſellſchaft.
 h. Möve Rheinländiſche VerſicherungsA.=G., 
Bad Kreuznach. Die Generalverſammlung beſchloß 
            Kapitalser=
höhung um bis 80 Mill. Mk. 10 000 Aktien ſollen den alten Aktionären 
zu 250 Proz. angeboten werden. 
Dividendenvorſchläge. 
* Baumwollweberei Mittweida. Die Geſellſchaft 
            er=
zielte im abgelaufenen Geſchäftsjahr einen Betriebsgewinn von 
105 C16 533 Mk. gegen 5 148863 Mk. i. V. Nach Abzug von Unkoſten 
in Höhe von 49 949 614 Mk. i. V. 2 598 134 Mk., und nach 
            Abſchrei=
bungen von 918 114 Mk. verbleibt, einſchl. eines Vortrags in Höhe von 
133 289 Mk., ein Reingewinn von 54 282 195 Mk. gegen 2 533 389 Mk. i. 
Vorf. Hieraus ſoll eine Dividende von 1000 Proz., gegen 45 Proz. i. V., 
zur Verteilung gelangen.
 14. Oftober 1923 Nr. 284 
* 
Banken. 
h. Mitkeldeutſche Creditbank Frankfurt a. M. 
Die Zulaſſung der 455 Mill. Mk. neuen, auf den Inhaber lautenden 
Stammaktien zur Frankfurter Börſe wurde genehmigt. 
h. Saarländiſche Handelsbank A.=G., Saarbrücken. 
Unter Mitwirkung der Deutſchen Handelsbank A.=G. Frankfurt a. M. 
wurde in Saarbrücken die Saarländiſche Handelsbank A.=G. mit 500 000 
franz. Franken Kapital errichtet. Die Deutſche Handelsbank wird die 
Majorität des Aktienkapitals als dauernde Beteiligung übernehmen.
 h. Mannheimer Wochenberichte. Getreide. Die 
            An=
kündigung der Errichtung einer Währungsbank hat die Flucht aus der 
Mark nicht nur an den Deviſenbörſen, ſondern auch bei dem 
            Groß=
grundbeſitz vollſtändig gemacht. Die Anlieferungen an die 
            Produkten=
märkte bezw. die Abgabe, an Händler ſeitens der großen 
            landwirtſchaft=
lichen Betriebe gegen Papiermark hat aufgehört. Was in den letzten 
Tagen umgeſetzt wurde, war Ware, die ſich ſchon in dem Beſitz des 
            Han=
dels befand; aber auch dieſer war zuletzt gezwungen, von Verkäufen 
            ab=
zuſehen, da bei der von Minute zu Minute ſteigenden Markentwertung 
ein Verkauf mit großen Verluſten verknüpft ſein konnte. Das Geſchäft 
kam deshalb zuletzt ganz ins Stocken, und die bisher feſte Tendenz des 
Marktes wurde unregelmäßig. Die Preiſe erfuhren eine Steigerung 
gegen die Vorwoche um das Zehnfache hinaus und zwar Weizen von 
1,7—1,8 auf 17—19, Gerſte von 1,3—1,6 auf 13—16, Hafer von 1,3—1,5 
auf 14—16 Milliarden pro 100 Kilo bahnfrei Mannheim. Roggen, der 
zu Anfang der Woche noch mit 2,2 Milliarden Mk. notiert wurde, fiel 
infolge Mangels an jedem Angebot vollſtändig an der Notierung aus. 
Mehl. Das Mehlgeſchäft bewegte ſich auch in den engſten 
            Gren=
zen. Viele kleinere und kleine Bäckereibetriebe haben die Herſtellung von 
Weißgebäck ganz eingeſtellt, einmal, da ſie nicht mehr in der Lage ſind, 
ſich mit neuem Weizenmehl bei dem hohen Preis einzudecken, zum 
            an=
dern, da der Konſum faſt gar kein Weißgebäck mehr kauft und ſo ber 
dem geringen Abſatz ein Backen ſich auch nicht mehr lohnt. Der Handel. 
drängte ſich aber auch abſolut nicht zum Verkauf; ihm iſt ſeine Ware 
gleichfalls lieber als die Papiermarkmaſſen, für die er nicht mehr das 
bekommt, was er abgegeben hat. Die zweite Hand verkaufte Weizenmehl. 
Spezial=Null am Ende der Berichtswoche zu 26—30 gegen 3—3,8 und 
Roggenmehl zu 18—22 gegen 2,8—3,2 Milliarden Mk. pro Doppelzentner 
ab ſüddeutſche Mühle, was alſo eine geringere Preiserhöhung als beim 
Getreide bedeutet und worin auch die geringe Nachfrage und mäßiger 
            Ab=
ſatz zum Ausdruck kommt. 
Futtermittel. Der Markt war ſehr ſtill inbezug auf 
            Kauf=
abſchlüſſe. Käufer wie Verkäufer konnten ſich zu keinem Geſchäft 
            ent=
ſchließen. Weizenkleie war zu 6,0—6,5 gegen 0,7—0,8 Milliarden Mk. 
pro 100 Kilo ab ſüddeutſche Mühlen angeboten. Die Forderungen für 
Malzkeime und Biertreber bewegten ſich auf gleicher Höhe und in 
            glei=
chem Verhältnis zur Vorwoche. Am Rauhfuttermittelmarkt kam wieder 
Wieſenheu zu 1,2—1,3 und Preßſtroh ebenfalls zu 1,2—1,3 Milliarden 
Mark pro Doppelzentner waggonfrei Mannheim zum Angebot. 
Kolonialwaren. Das Bedarfsgeſchäft war klein, von 
            Speku=
lationsgeſchäften iſt ſchon lange keine Rede mehr, aber erſteres iſt bei 
den ſchwankenden Deviſen ſchon zu einem Spekulationsgeſchäft geworden. 
Die Tendenz blieb auch weiter ſehr feſt. Die auf Dollarbaſis berechnetei= 
Goldmarkpreiſe haben eine Erhöhung erfahren, die bei den 
            Papiermark=
preiſen in die Hunderte von Millionen, ja in die Milliarden geht. Kaffee, 
Santos, roh notierte zuletzt 3,0—3,1 gegen 2,9—3,1, gewaſchen 3,7—4,0 
gegen 3,5—3,66, Tee, mittel 7,9—8,9 gegen 7,75—8,75, gut 9,0—9,9 gegen 
8,8—9,5, fein 10—11 gegen 9,5—10,5, inländiſcher Kakao 3,0—3,5 gegen 
2,9—3,2, amerikaniſcher und holländiſcher 3,4—3,8 gegen 3,0—3,5, Burma= 
Reis unverändert 0/44, Weizengrieß 0,/45 und Hartweizengrieß 0,53 
Goldmark pro Kilo. 
Wein. Der Herbſt iſt in Württemberg, an der Bergſtraße und in 
der Pfalz in vollem Gange. Das Wetter war allerdings ſehr ungünſtig. 
Die Erträgniſſe ſind, wie ſchon berichtet, ſehr verſchieden; es gibt Glücks= 
und Mißherbſt. Der ſchöne September konte wohl die Qualität, aber 
nicht die Quantität fördern. In der Pfalz wurden Moſtgewichte von 
60—75 Grad nach Oechsle feſtgeſtellt. An Moſtpreiſen wurden geboten 
350—450 Mill. Mk. pro Logel (40 Liter), Portugieſermoſt wurde 
            ver=
kauft zu 310—320 Millionen Mk. die Logel. Die Kaufluſt war flau. Für 
1922er Weine wurden 20 Milliarden Mk. pro 1000 Liter bezahlt. Ayr 
Bodenſee erwartet man einen um ein Drittel geringeren Herbſt. Die 
Winzer fordern pro Liter 0,45—0,90 Goldmark, in der Heilbronner 
            Ge=
gend hörte man Forderungen von 220—250 Goldmark pro Hektoliter. 
Die letzten Gebote in der Pfalz lauteten ſchon auf 1,5—2 Milliarden pro 
40 Liter. Die Winzer lagern aber faſt alles ſelbſt ein. 
Obſt. Mit dem Beginn des Weinherbſtes läßt die Zufuhr zu den 
pfälziſchen Obſtmärkten nach, die Nachfrage bleibt aber ſtändig groß. Die 
Ernte iſt auch beendet. Bezahlt wurden in Millionen Mk. pro Pfund 
im Großhandel: Aepfel 20—30, Birnen 42, Zwetſchgen 9, Trauben bis 40. 
Tahak. Die weitere Markentwertung hat Preiserhöhungen um 
Milliarden gebracht. Von den beträchtlichen Mengen ſind noch wenige 
Tabake verkauft. Neue Sandgrumpen wurden zu 6—7 Milliarden gegen 
2—3 in der Vorwoche pro Zentner verwogen. Für 1922er Bauerntabake 
wurden pro Zentner 7 Milliarden Mk. bezahlt. Das Geſchäft hat ſich 
immer noch nicht recht entwickelt, da Pflanzer wie Händler zurückhaltend 
ſind. Die Händler verlangen für ihre verarbeitungsfähigen Tabake 38 
bis 45 holländiſche Gulden. Die Fabrikation hat ſchleppenden Abſatz zu 
verzeichnen. Groß= wie Kleinhandel kauft bei der unſicheren Lage und 
dem ſchlechten Abſatz nur wenig, zu größeren Käufen fehlt auch das 
            Bar=
geld. Rippen ſind ſtets geſucht. 
wb. Berliner Produktenbericht. Am Produktenmarkt 
war heute das Geſchäft ruhig. Die Preiſe ſtellten ſich merklich höher als 
geſtern. Die Forderungen in Dollar und Cents auf Baſis der 
            Gold=
anleihe waren wenig verändert. Seitens des Börſenvorſtandes hat eine 
Beratung wegen amtlicher Notierung der Preiſe in Dollar und Cents 
ſtattgefunden, doch iſt es noch zu keinem Ergebnis gekommen. Für 
            Rog=
gen erhielt ſich die Nachfrage ſeitens der Reichsgetreideſtelle.
 *Börſenbericht vom 8. bis 13. Oktober 1923 (
            mitge=
teilt von der Deutſchen Bank, Filiale Darmſtadt). Trotz der Aufgabe 
des paſſiven Widerſtandes hat es Frankreich bis jetzt abgelehnt, mit der 
deutſchen Regierung über die Wiederherſtellung normaler Verhältniſſe 
im Rhein= und Ruhrgebiet zu verhandeln, und ſcheint vielmehr auf eine 
völlige Zerſetzung des deutſchen Reiches bewußt hinzuarbeiten. Auch 
innerpolitiſch hat die Lage keine Erleichterung erfahren, da zwar 
            noch=
mals die Bildung einer Koalitionsregierung gelang, die Vorgänge im 
Reichstag bei der Beratung des Ermächtigungsgeſetzes jedoch ſofort 
            wie=
der zu einer Kriſis zu führen drohten. Unter dieſen Umſtänden erfuhr 
die Währungskataſtrophe in der abgelaufenen Woche eine weitere 
            furcht=
bare Verſchärfung. Der Dollar, der an der letzten Börſe der Vorwoche 
mit 620 Millionen Mark notiert worden war, erreichte zeitweiſe einen 
Kurs von ca. 7 Milliarden Mark, verzehnfachte ſich alſo in wenigen 
            Ta=
gen, und dieſes Kursniveau erfuhr ſchließlich nach ſtarken Schwankungen. 
bei einem Freitagskurſe von 5 Milliarden Mark nur eine geringe 
            Er=
mäßigung. Die Effektenbörſe folgte zunächſt dieſer Entwickelung nur 
zögernd, ſodaß am Montag die meiſten Kurſe nach Goldmark 
            umgerech=
net eher niedriger lagen, doch ſetzte an der Mittwochsbörſe eine ſehr 
lebhafte Kauftätigkeit ein, die auf beinahe allen Gebieten die Kurſe auf 
das drei= bis vierfache hinauftrieb und auch am Freitag trotz der 
            inzwi=
ſchen erfolgten zeitweiligen Abſchwächung der Deviſenkurſe weiter 
            an=
hielt. Neben Auslandsrenten waren in erſter Linie wieder die weſtlichen 
Montanwerte begehrt, ſodaß ſie durchweg Kursſteigerungen aufzuweiſen 
haben, die etwa der Markentwertung entſprechen. Daneben waren auch 
Chemiſche Werte ſowie Schiffahrtsaktien wieder bevorzugt. Auf den 
übrigen Märkten machten ſich an der Freitagsbörſe vereinezelt 
            Reali=
ſationen bemerkbar, ſodaß die Kursgeſtaltung ſchließlich nicht mehr ganz 
einheitlich war, doch überwogen überall die Kurserhöhungen bei weitem. 
Dies gilt beſonders auch vom Einheitsmarkt, an dem noch ſehr 
            zahl=
reiche unerledigte Kaufaufträge vorlagen und in vielen Fällen der 
            Ma=
terialmangel zu ſcharfen Rationierungen nötigte. 
wb. Berliner Börſenbericht. Deviſenpreiſe wurden 
            amt=
lich heute nicht notiert. Im freien Verkehr bewegten ſie ſich bei ſtillem 
Geſchäft auf der Höhe von geſtern abend, alſo 25 Milliarden für 
            Lon=
don und 5,5 Milliarden für Neu=York. Anſcheinend will man die weitere 
Entwickelung der Verhältniſſe abwarten und iſt deshalb in ſeinen 
            Dis=
poſitionen vorſichtig.
Vertreter: Martin Mertens, Darmstadt, Heinrichstraße 3
[ ← ][ ][ → ]Seite 8.
Darmſtädter Tagblatt, Soſntag, den 14. Oktober 1923.
Rummer 284.
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 Es iſt in letzter Zeit wiederholt 
            vor=
gekommen, daß Wohnungsſuchende, ohne 
die vorgeſchriebene Genehmigung des 
Wohnungsamtes zu beſitzen, in 
            Woh=
nungen eingezogen ſind. Wir warnen 
dringend vor ſolchen Eigenmächtigkeiten brücke), jeden Mitt= 
und weiſen darauf hin, daß laut 
            ein=
ſtimmigem Beſchluß der Wohnungs= Dr. med. Ziegelroth 
zuweiſungskommiſſion in allen derartigen 
Fällen unnachſichtlich die Näumung der 
Wohnung verlangt und gegebenenfalls 
im Wege des unmittelbaren polizeilichen 
Zwanges durchgeführt wird. Abgeſehen 
von den erheblichen Koſten und Gebühren, 
die durch ſolche Maßnahmen für den 
Räumungspflichtigen entſtehen, hat dieſer 
auch noch eine Zurückſetzung hinſichtlich 
ſeines Wohnungsanſpruches zu ge= 
(st783. 
Städtiſches Wohnungsamt.
 Alter Arheilgerweg, 
Fernſpr. 2222.
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 kann von Dienstag 
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„Prinz von Heſſen”. 
Die Grundpreiſe betragen von heute ab: 
Groß= u. kleinſt. Hausbrandkohle Mk. 0,50 
Induſtriekohle . . . . . . . . „ 0,30 
Feinkohle . . . . . . . . . . „ 0,10 
Der Preis für die Abgabe 
am Schwimmbad beträgt . . „ 0,70 
Die jeweiligen Multiplikatoren ſind 
bei der Stadtkaſſe, Schalter II, auf der 
Grube, Fernſprecher: Stadtamt 413 und 
am Hallenſchwimmbad zu erfahren. 
Darmſtadt, den 13. Oktober 1923. 
Die Verwaltung der Grube 
„Prinz von Heſſen”. (st7833
mit und
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 Die Erhebung von vorläufiger Grund= 
und Gewerbeſteuer für 1923/24.
 Zufolge Verordnung des Min ſteriums 
des Innern vom 19.v. Mts. und zur weiteren 
Ausgleichung derſtändig zunehmenden 
            Geld=
entwertung hat die Stadtverordneten=
            Ver=
ſammlung am 11. d8. Mts. beſchloſſen, an 
Grund= und Gewerbeſteuer für 1923/24 bis 
zur Neuveranlagung der Grund= und 
            Be=
triebsvermögenswerte zwei weitere 
            Steuer=
ziele auf Grund der 1922er 
            Vermögens=
veranlagung zu erheben.
 Die Ausſchlagsziffer für jedes Ziel der 
Grundſteuer beträgt . . . . . . . . . . .500 000 ℳ 
und der Gewerbeſteuer. . . . . . . . . 60 000 „ 
auf je 100 ,ℳ Vermögenswert,
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 Die Erhebung erfolgt ſofort, unter 
            Be=
nutzung des bisherigen Steuerzettels durch 
Stempelaufdruck der Stadtkaſſe. 
Das erſte Ziel iſt bis Ende Oktober mit 
dem in Erhebung befindlichen zweiten Ziel 
des letzten Ausſchlags, das neue zweite Ziel 
bis Ende November I. J8, fällig. 
Bei verzögerter Zahlung iſt für jeden 
Monat der Verzögerung ein Aufſchlag von 
10 v. H. zu zahlen.
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(*26539 
ſtelle.
 Darmſtadt, den 12. Oktober 1923. 
Der Oberbürgermeiſter. 
J. V.: Daub. (St7835
Kapp, Verſteigerer,
 Dienstag, den 16. Oktbr. 1923, 
vormittags 11½/, Uhr, wird in der 
            Faſel=
hofreite zu Ober=Namſtadt ein zum Sprung 
untauglich gewordener Eber meiſtbietend 
verſteigert. 
Ober=Ramſtadt, den 12. Okt. 1923. 
Heſſiſche Bürgermeiſterei. 
Rückert. 
(7840
 Der praktiſche Ratgeber 
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Gartenbau=Zeitſchrift deutſchlands 
Mit Beilage Geflügel= u. Kleinvſeh= 
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Gartenbau=Literatur vom Verlag 
Trowitzſch & Sohn, Frankfurt=Oder.
 Auf Beſchluß der Stadtverordneten= 
Verſammlung vom 11. Oktober 1923 wird 
für die Lieferung von Gas und Waſſer 
ein Grundpreis eingeführt, der mit einem 
der Entwertung der Papiermark 
            ent=
ſprechenden Multiplikator zu 
            verviel=
fältigen iſt. 
(st,7831 
Oktobergrundpreis für Gas u. Waſſer 
... 23 Pfg. je cbm. 
Multiplikator: Dollarwert (Brief) der 
Berliner Börſe am Tage vor der 
Zahlung dividiert durch 4,2. 
Um den Tag der Zahlung in das 
Belieben des Verbrauchers zu ſtellen, 
werden Gutſcheine lautend auf 1 und 
10 cbm Gas bezw. Waſſer ausgegeben. 
Dieſe Gutſcheine ſind erhältlich bei: 
der Hauptkaſſe der ſtädtiſchen Betriebe, 
Schlachthofgebäude, der Nebenkaſſe der 
ſtädtiſchen Betriebe, Waldſtraße 6, der 
Nebenkaſſe der ſtädtiſchen Betriebe, 
Feuerwache. 
Rechnung über die Gas= bezw. 
            Waſſer=
ſchuld wird in Zukunft nur noch in obm 
ausgeſtellt. Der Gegenwert kann an die 
Gelderheber ſowohl in Papiermark zum 
Tagespreis, als auch in Gutſcheinen 
geleiſtet werden. 
Vorſtehende Grundpreiſe ſind unter 
Einrechnung der geleiſteten 
            Vorauszah=
lung ermittelt, ſie erhöhen ſich um 50 
für diejenigen Verbraucher, die eine 
Vorauszahlung nicht geleiſtet haben. 
Darmſtadt, den 13. Oktober 1923. 
Direktion der ſtädt. Betriebe.
 Mobiliarverſteigerung. 
Dienstag, den 16. Oktober, vormittags 9". 
und nachm. 2, Uhr im Saale des 
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1mod. nußbpol. Schlafzimmer, 1 
            Klub=
ſofa (Rindleder), Tgraubblaue 
            Plüſch=
garnitur (Sofa u. 6 Seſſel), 
            Damen=
ſchreibtiſch, 1 Spieltiſch, kompl. Küche, 
2 Nähmaſchin. Ferner: Kleidungsſtücke, 
Bettwäſche, Vorhänge. Bücher, 
            Auf=
ſtellſachen und Küchengeräte aller Art. 
Anzuſehen 1 Stunde vorher. 
( 26560
 ſe de 
18 
mePl 
Dan 
I. Kü4
Nummer 41
 Datt dit 
A 
Darmſtädter Tagblatt
 (Brief1 de 
Betriebe, 
benkaſſe der 
raße 6, der 
Betriebe, 
ebmn 
Betriebe. 
erung,
 Richard Knies. 
Wer ſich aus der Welt der Realität fortſehnt, wer, 
            über=
täubt vom Haſten der Großſtädte, beſchwert von der herben 
Kargheit des deutſchen Nordens, ſich in ſonnigere Gefilde 
            flüch=
ten will, ans Herz der unvergänglichen deutſchen Romantik, der 
wandert wohl dem Süden zu, in die geſegnete Maingegend, ins 
Frankenland. Was ihm dort zum Erlebnis wird, die 
            Roman=
tik der kleinen alten Städtchen, blühende Landſchaft, derbes, 
lachendes Bauerntum, dies alles im dichteriſchen Kunſtwerk 
feſtzuhalten, ward einem bevorzugten Kind jener Gegend 
            zu=
teil, dem fränkiſchen Dichter Richard Knies. In ihm iſt Fülle 
und Vielfarbigkeit, Märchenbeſeeltheit und unbekümmerte 
Derbheit. Er braucht nur ſich ſelbſt zu dichten, um einer ganzen 
Landſchaft Leben zu verleihen. Knies, der wohlbeſtallte 
            Geo=
meter, deſſen Wiege in Offſtein bei Worms ſtand, hat uns einen 
heiteren Dorfroman beſchert, wie die deutſche Literatur nicht 
viele aufzuweiſen hat. Die Geſchichte von den Herlishöfern und 
ihrem Pfarrer Anſelmus Cyriakus Gottſchalk Huchebuk und 
ſeinen widerſpenſtigen Pfarrkindern, dem aufrühreriſchen 
            Hann=
jerri Knoldekob, dem folgeſchweren Schulhausneubau und 
            ſei=
nem luſtigen Zwiebeltürmchen, das ſchließlich Urſache einer 
            gan=
zen Dorfrevolution wird, iſt mit ſoviel urwüchſigem Humor, 
ſtrotzendem Leben, Spott ohne Bosheit, Innigkeit ohne 
            Senti=
mentalität erzählt, daß dieſe lachende Erzählung mundet wie 
ein erfriſchender Trunk und die prächtigen Bautypen ſich 
            un=
vergeßlich einprägen. Diefe Geſchöpfe des Dichters Richard 
Knies ſind lebendige Menſchen und ihr Erleben, wenn auch 
ſcheinbar ein Sturm im Waſſerglas — derſelbe Parteihader und 
Kampf um die Macht, der die größere Welt draußen 
            durchein=
ander rüttelt. Nur daß hier Güte als Allbezwingerin die 
            Gegen=
ſätze ausgleicht und ſiegreich bleibt. Güte als Urweſen der 
            Men=
ſchen uns glaubhaft zu machen, iſt des Dichters Kraft — Humor 
und Menſchenliebe ſpiegeln ſich in ſeinen Geſchöpfen — eine 
Wohltat iſt es, in der Welt dieſes Dichters zu atmen. 
            Rhein=
heſſe wie Wilhelm Holzamer ſcheint Knies zum würdigen 
Nachfahren des allzu früh Dahingegangenen berufen zu ſein. 
Holzamerſche Innigkeit, und Beſinnlichkeit — Verwachſenſein 
mit dem geſegneten Lande und ſeinen Bewohnern, findet man 
bei ihm, darüber hinaus aber eine urwüchſige Derbheit und 
echten, quellenden Humor. 
In Herlishofen: reifer, früchteſchwerer Sommer. Und 
            da=
nach überraſchend und nicht minder reizvoll ein zartes 
            Früh=
lingslied, das den ganzen Zauber des alten Städtchens 
            Mil=
tenberg atmet. In „Servaz Duftigs Frühlingswoche” ſingt 
und ſchluchzt ein Jugenderlebnis, das die Richtung von vier 
Menſchenleben beſtimmt, Rheinſtimmung, Mainzer Karneval, 
Jugendſeligkeit, Scheiden und Meiden und heimliche 
            Schickſals=
gewalt. Daß Eichendorff Pate geſtanden hat bei dieſem Werke 
und der Taugenichts ſegnend die Hände über Servaz Duftigs 
Lieben und Entſagen breitet, verrät der Dichter ſelbſt, und er 
darf es mit ruhigem Stolz, denn Eichendorff braucht ſich ſeines 
Patenkindes nicht zu ſchämen. Die mondbeglänzte Zaubernacht 
hält den Sinn gefangen, und die verſonnen rauſchenden 
            Brun=
nen klingen an unſer Ohr. Unter dieſer romantiſchen 
            Atmo=
ſphäre leidet aber keineswegs die bei Knies gewohnte ſcharfe 
Tharakterzeichnung der Menſchen, wie auch die Handlung nichr 
gehemmt und die Spannung nicht beeinträchtigt wird. Die 
            Hand=
tung rollt in einem eigentümlichen Parallelismus ab. In 
Servaz Duftigs reſigniertes Junggeſellenleben tritt plötzlich 
eine frühere Bekannte. Geſchichten alter Liebe werden 
            leben=
dig, neue Liebe erwacht, Vergangenheit wird Gegenwart, alte 
Leidenſchaften, umwoben von der fröhlichen Heiterkeit und 
ambrauſt von der tollen Karnevalsausgelaſſenheit rheiniſchen 
Lebens, erſtehen wieder, ſchwere Schuld ſteigt erſchütternd auf; 
inbrünſtige Liebe zur Natur ſtrömt wie Balſam, Stadt= und 
Dorfleben vermählen ſich, Idyllen und Abenteuer wechſeln ab; 
Dämmerung unergründlicher Geheimniſſe ſchattet in das helle 
Licht ſüßer Frühlingshoffnungen und zuletzt erfüllt ſich wie 
            un=
ter einem betäubenden Blitzſchlag das tragiſche Liebesſchickſal 
weier reifer Edelnaturen. Das alles ballt, entwirrt und 
            voll=
endet ſich in einer einzigen Frühlingswoche, und am Ende 
            ſtrah=
len die Fanfaren einer unüberwindlichen Lebens= und 
            Ewig=
keitsgläubigkeit. Den Inhalt dieſer ſüß=ſchmerzlichen 
            Frühlings=
woche ausführlicher erzählen hieße ihr den Duft rauben. Ein 
reiches Buch von ſatter leuchtkräftiger Farbe, großer 
            Lebenser=
fahrung und weisheitsvoller Güte, das man nicht ohne großen 
Gewinn aus der Hand legt, erfüllt von jener Reinheit, 
            Einfach=
heit, Herzenswärme und Lebensfriſche, die unſerer 
            ſchickſalsbe=
laſteten Menſchheit Sehnſucht iſt. 
Neben dieſen beiden größeren, bei der deutſchen 
            Verlags=
anſtalt in Stuttgart erſchienenen Werken hat Richard Knies eine 
Reihe Erzählungen und Kindergeſchichten geſchrieben, die ihren 
Schöpfer vorzüglich im Süden Deutſchlands volkstümlich ge=
 Ooooooeoeoeoeoeoooesooobogeeooeoegooeboco 
Worte zur Stunde. 
Nicht darum geht es heute, ob das Reich ſo wie es 
geworden iſt, dir lieb iſt oder leid. Es geht um Tod oder 
Leben des Reiches ſelbſt. In dieſer Entſcheidung gelten nicht 
G. Gefühlswerte, nicht Stimmungen, ſondern willige Einfügung 
O. der Glieder in die Geſamtheit, Zurückſtellung von allem, was 
G 
o. die Einheit zerbricht, vaterländiſcher Wille, ſittliche Tat der 
Abfindung mit harten Lebensnotwendigkeiten, Opfer der 
8 
. Eigenwünſche im Dienſte des Ganzen, geſchloſſenes Ver= 
G 
trauen. Das Deutſchlandlied darf nicht bloß geſungen, es 
o muß gelebt, es muß getan werden. Reich verloren, alles 
S. verloren. Auch das heute entſtellte und zerfleiſchte Reich iſt noch 
S. die einzige Bürgſchaft für die Freiheit der Zukunft. Darum 
O 
8 
g. haltet das Reich! 
D. Dr. Wilhelm Kahl, M. d. R. o 
6 
oooooooooooeooooooooeeoooooooogeeooooooee 
macht haben. In Hauſens Bücherei (herausgegeben von 
            Johan=
nes Mumbauer), Verlag Hauſen=Saarlouis) ſind erſchienen: 
Blümlein im Rauhreif. Erſtes Stück: Die Gitarre (1913); 
            zwei=
tes Stück: Das Dromedar (1915); Hähraſſa und 
            Siebengulden=
aas. Eine Nachtwächtergeſchichte (1910); Der Schrei der 
            Mut=
ter (1912); Die feierliche Zelle; Sonette (1916—17); im Verlag 
Tyrolia=Innsbruck: Sonderlinge von der Gaſſe (1910—17). 
Im „Literariſchen Handweiſer” (Verlag Gerder=Freiburg) 
hat der Herausgeber Dr. Guſtav Keckeis eine feine Würdigung 
des dichteriſchen Schaffens von Richard Knies veröffentlicht, der 
wir die folgende Einführung entnehmen: 
Er wurde am 12. Januar 1886 geboren. Seinen 
            Geburts=
ort Offſtein bei Worms mußte er ſchon verlaſſen, als er die Füße 
noch zaghaft breit ſetzte, um in dieſer Welt den Standpunkt zu 
behaupten. Er iſt aber gleichwohl noch vor dem Abſchied in 
einen Brunnentrog gefallen, vom Plätſchern und Murmeln des 
Waſſers ſchon früh betört, damit er mehr trockene Erinnerungen 
an das rheinheſſiſche Pfarrdorf hinausnähme ins kunterbunte 
Leben. 
Das war die Dichtertaufe; und wenn Richard Knies auch 
dieſen Ort, wo die Heimat ihr Herz hat, merkwürdiger Weiſe nie 
mehr mit leiblichen Augen wiederſah — des Dichters Traum 
hat „das” rheinheſſiſche Dörflein immer neu erſchaut. Und alle 
Liebe iſt ihm zugeflogen, das weit, weit dahinten im 
            unberühr=
ten Phantaſiegrund des Kindes ſtehen blieb. Es wurde die 
Wiege jener feinnervigen, träumerigen, vom Rauhreif des 
            Un=
verſtändniſſes irgendwie verletzten Kindergeſtalten, die Richard 
Knies aus dem Herzen wuchſen. Da iſt Gotthold Rehold, dem 
die Sprache des Kindes und des fallenden Regentropfens Muſik 
wird, und deſſen Ohr „voll ſeliger Berauſchung” in einer 
            Gi=
tarre Klang die Schwingungen ſeiner Seele wiederfindet. Und 
da leben „im äußerſten Dorfzipfel” die beiden kleinen 
            Verwach=
ſenen, die im Leid ſo unzertrennlich geworden ſind, daß man ſie 
unter einer einzigen Erſcheinung, der des doppelbuckligen „
            Dro=
medars”, zuſammen verſpottet. Aber Minchen Schäflein, das 
Märchenkind, macht aus dem Schimpfnamen ein 
            Freundſchafts=
ſymbol und dichtet vor ſeinem Schützling, dem blödſinnigen 
Duddeldeimchen” die häßliche Armhäuslerwirklichkeit in ein 
bloß verwunſchenes Daſein voll unſagbarer Schönheit um. Daß 
Duddeldeimchen daran glaubt und wie der kleine Richard Knies 
die Nixenſchlöſſer unterm Waſſerſpiegel ſucht, daß überhaupt all 
dieſe Inſtrumente der mächtigen Seele am Gegendruck der 
            nüch=
ternen Welt zerbrechen, iſt bezeichnend für des Dichters 
            Schaf=
fen und entſchleiert ſcheu und nur auf Augenblicke ſeine eigene 
Kindheit voll heimlicher Schönheit und gefährlicher Erregung, 
aber auch voll rätſelhaften Werdens einer Begabung. . . . 
Es ſcheint, als ob Richard Knies überhaupt für Bucklige und 
Verwachſene eine beſondere Zärtlichkeit hege, auch dann, wenn ſie 
älter geworden und dem „unſäglichen ſeligen Paradies” der 
Kindheit entfremdet ſind. Die körperliche Ungeſtalt dünkt ihn eine 
Verwunfchenheit, unter der die Seele wohl leidet, aber voller 
Sehnſucht iſt, aus der Stiefkinderſchaft des Lebens hinaus zu 
            ver=
ſtehender Liebe zu gelangen. Knies kennt das Leben — und 
            des=
halb gibt er dieſen vom Geſchick Mißhandelten den Erlöſungskuß 
der Dichtung. Bis in die Kauzhaftigkeit und Narrheit der Geiſtig= 
Buckligen forſcht Knies dann weiter nach der Schönheit der Seele 
welche unter der Wirklichkeit verborgen iſt wie der rechte Name 
unter dem Spottnamen, der nur obenhin, ſcharfäugigen und 
tiefern Sinnes doch blinden, weil ſchematiſierenden Welt. Die 
„Sonderlinge der Gaſſe” ſind Zeugen für dieſe Teilnahme des 
Dichters. . . ." 
Richard Knies miſcht einen Strahl von Heiterkeit in die 
ſinnendunkle Not des Sterbens, und er ſpinnt die Fäden dieſes 
Lichts weniger aus den Dingen, auf denen unſere werkeltätigen 
Augen ruhen, ſondern aus jenen, die wir im Alltagſtreben leicht
14. Oftober 1923
 überſahen. Er macht die Tür auf, nur ſpaltenweit, an die der 
gütige Gott lebenslang, aber leiſe klopfte, und läßt die Seele 
allein durchſchlüpfen, da der irdiſche Leib zu grob dafür iſt. Und 
wer unter den Geſtalten dieſes Dichters auch im Leben durch alle 
Gefahren hindurch ſich ſelbſt am treuſten blieb, hat, wie Servaz 
Duftig das kindliche Weſen nie ganz ertötet und iſt zeitlebens von 
einer märchenhaften Fee, Reinheit der Empfindung genannt, 
            be=
gleitet worden, ſo daß er vor dem Sterben ſteht wie der 
            Nacht=
wächter Peter Hinneſcheid in „Hähraſſa”, großäugig und 
            erwar=
tungsvoll: „Denn des Menſchen Todesſtunde iſt die Mitternacht 
zwiſchen Zeit und Ewigkeit; dann wird es Tag.” 
Dieſe Auffaſſung iſt ſonntäglich und in der Tiefe fromm, 
bleibt aber in ihrer Anwendung aufs Leben „luſtig und nicht 
duckmäuſig‟. Eine unzerſtörbare Feiertäglichkeit der Seele, die 
freilich den Vorſtellungen unſerer hartringenden Zeit mit 
            Poeten=
ſcheu ausweicht und den Arbeitstag überſpringt, verbindet des 
Dichters liebenswürdigſte Geſchöpfe mit ſeinem eigenen Weſen. 
Deshalb wird einſt die Summe ſeiner Werke auch eine Art 
            Auto=
biographie, weil Richard Knies heimiſch geworden iſt am Herzen 
ſeiner Geſtalten und dieſen bekennt, was er der Neugierde 
            dau=
ernd verſagen wird. 
Die Anfänge ſeines Poetentums fallen in Zeiten, in denen 
man wie viel von „Problemen” ſprach. Lange hatte Richard 
Knies bis zur Erkenntnis zu ringen: Der Dichter ſoll Schickſal 
geſtalten; zum Problemlöſen iſt er nicht da. Und über allem 
Schickſal ſoll er den Glauben an die Liebe ſtrahlen laſſen. Dann 
löſt ſich alles Problematiſche von ſelbſt!
 * Die geſchickte Weſpe. Wenn eine Weſpe im erſten Schreck, 
daß man ihr etwas tun will, ſticht und davonfliegt, bleibt der 
Stachel in der Haut des Geſtochenen ſitzen und reißt mit ſeinen 
Drüſen und ſonſtigem Zubehör aus dem letzten Hinterleibsringe 
der Weſpe heraus, ſo daß ſie an der Wunde meiſtens ſelbſt 
            zu=
grunde geht. Merkt ſie nun aber, daß der vermeintliche Angriff 
nicht ſo gefährlich war, dann fliegt ſie nicht fort, und müht ſich 
nur auf alle mögliche Art, den Stachel aus dem Stiche 
            heraus=
zuziehen, wobei ſie die ſonderbarſten Bewegungen und 
            Verren=
kungen macht. Schließlich bringt ſie es fertig, wie ich wiederholt 
beobachtet habe, daß ſie den Leib ſo ſtark wie einen Kreis krümmt 
und mit ihren eigenen Kiefern den Stachel herauszieht. 
            Kürz=
lich hatte ich mich wieder mal in meinen Arm ſtechen laſſen, 
aber diesmal bekam die Weſpe trotz aller Bemühungen den 
            Sta=
chel mit den Kiefern nicht heraus. Was tat ſie? Sie biß ihn 
dicht an meiner Haut durch und flog davon, gerade wie es ja 
von Füchſen und Ratten erzählt wird, daß ſie ihr in einem 
Eiſen gefangenes Bein abnagen und ſo entwiſchen. 
* Das zutrauliche Rotkehlchen. In meinem Garten niſtet 
ein Rotkehlchenpaar. Wir ſind gute Freunde miteinander. Kaum 
erſcheine ich im Garten, ſo begrüßt das Männchen mich von 
einem Zweige aus mit lautem, munterem Geſang und ſchaut 
mit ſeinen großen, klugen Augen neugierig hin, was ich 
            be=
ginne. Mache ich nun eine Arbeit, bei der ich mit der Erde nicht 
in Beührung komme, ſo fliegt es gleich anderswohin, behält mich 
aber ſtets im Auge, bis ich grabe oder reche, hacke, jäte oder etwas 
ſchaffe, wobei ich die Erde mehr oder weniger aufrühre. Sofort 
iſt es dicht bei mir, pickt und frißt in der aufgeworfenen Erde 
herum allerlei Kleingetier und auch Unkrautſämereien. Auf 
jeden neuen Aushub, den ich hinwerfe, ſtürzt es ſich eifrig und 
durchſtöbert ihn emſig. Ruhe ich mich aus, ſo ſetzt es ſich häufig 
auch auf das Arbeitsgerät oder auf meine Schuhe und wartet 
ſtill. Zu anderen Leuten kommt es jedoch nicht ſo, wie zu mir; 
die kennt es nicht genug, da bleibt es fern. Höre ich mit der 
            Ar=
beit auf und gehe ins Haus, dann dankt es mir noch von einem 
Baume aus kurz mit einem laut geſchmetterten Liede. In der 
Brutzeit kam das Männchen allein, pickte aber noch eifriger als 
ſenſt, ohne zu freſſen, und trug den gefüllten Schnabel zum Neſt 
zum Weibchen. Als die Jungen ausgekrochen waren, brachten 
die Eltern ſie, ohne zu zögern, in meine Nähe und zeigten ihnen 
die Nahrung. Mit ihren kurzen Flügeln und Schwanzſtummeln 
hüpften die Kleinen munter umher und fraßen dreiſt um mich 
herum. Größer und völlig flügge geworden, erſchienen ſie ſeltener, 
bis ſie endlich mehr und mehr von den Eltern weggeſcheucht und 
gar weggebiſſen hurden. Den ergiebigen Futterplatz wollten die 
Alten für ſich behalten. So war es im vorigen Sommer, ſo iſt 
es heuer. Daztiſchen, während dem Winter, war kein 
            Rot=
kehlchen zu ſehen, weder im Garten noch vor dem Fenſter meiner 
Wohnung, wo ſich faft ſtändig Meiſen, Finken und häufig ſogar 
Kleiber um den hingelegten Futterabfall ſtritten. Mit den erſten 
ſonnigen Lenztagen erſchien auch das Rotkehlchenpaar wieder, 
baute ſich ein neues Neſt und beſuchte mich bei der Arbeit.
 * Das Alte Schloß beiNieder=Beerbach. 
Novelle von Georg Ludwig Stüber, Nieder=Beerbach. 
Dort, wo ſich ſüdlich des Dorfes die Landſtraße durch ein 
Engtal hindurchzwängt, lag links auf einer Kuppe ſern, vom 
Getriebe der Welt in tiefem Waldſchatten — das Alte Schloß. 
Jetzt iſt es freilich nur noch ein Haufen wüſt 
            durcheinanderliegen=
der Steine, der uns an alte ſchöne Zeiten gemahnt, an Zeiten, 
in denen ſich hier eine trutzige Ritterburg erhob. Wuchtig und 
frei, dem Feinde ſtolz die Stirne bietend, ſtand ſie da, ein 
            Zei=
chen echten deutſchen Rittertums. Längſt vergeſſene, durch der 
Zeiten Lauf eingeebnete Wege führten zu ihr hinauf. Auf ihnen 
ſah man ſchmucke Ritter, fahrende Leute und Bauern der Burg 
zuſtreben. Ob ſie einen Auftrag zu erledigen hatten, ob ſie 
Unterkunft für die Nacht erheiſchten oder ob ſie mit einer Bitte 
zum Schloßherrn kamen, ſie alle wurden freundlich empfangen 
und ihren Wünſchen nach Möglichkeit Rechnung getragen. Dieſe 
Gaſtfreundſchaft war allgemein bekannt, und deshalb, wär es 
auch nicht Wunder zu nehmen, daß viele Wanderer die zahlreichen 
Vurgen der Umgegend mieden und auf dem Alten Schloß 
            ein=
kehrten. Hier fanden ſie, was ſie ſuchten; ſie konnten ſich von 
den Strapazen des Tages ausruhen und neue Kräfte für den 
Weitermarſch ſammeln. 
In jenen Zeiten ſpielte auch die Geſchichte, die ich jetzt 
            er=
zählen will. 
Winter wars. Hoher Schnee bedeckte Wald und Flur, und 
ein eiſiger Nordoſt fegte die ſpitzen Schneekriſtalle durch die 
            eng=
ſten Ritzen der Burg. Im Wohnzimmer derſelben ſaß am 
            war=
men Kamin Waldtraud, die Tochter des Ritters, und ſah ſinnend 
den Schneeflocken zu, die kniſternd an die Fenſterſcheiben 
            an=
ſchlugen. Sie mochte zwanzig Jahre zählen, war ſchlank und 
blond, doch ſchlicht gekleidet; kurzum der Typ einer Germanin. 
Ihr Vater hatte ihr kurz vorher in bittenden Worten 
            zu=
geſetzt, doch die Werbung Philipps vom Frankenſtein”, 
            anzu=
nehmen. Sie hatte ſich Bedenkzeit ausgebeten und kämpfte nun 
einen harten Kampf mit ſich ſelbſt, ob ſie ſich ein echtes Glück 
            er=
ringen oder nach des Vaters Wunſch an der Seite eines 
            unge=
liebten Mannes ihr Leben verbringen wollte. Waldtrauds Vater 
war mit den Angehörigen Philipps eng befreundet und oft rollte
 der Wagen derer vom Frankenſtein in den Burghof, um die durch 
Jahrhunderte gepflogene Freundſchaft aufs neue zu bekräftigen. 
Ritter Philipp war ein großer, kräftiger Mann, der in 
            man=
chem blutigen Strauß ſeine perſönliche. Tapferkeit gezeigt hatte, 
und der auch nach allen ſeinen Siegen immer großmütig gegen 
ſeine Feinde geweſen war. Sie hatte ihn immer geachtet und 
wußte an ihm eigentlich auch nichts auszuſetzen; und dennoch 
konnte ſie ſich nicht entſchließen, ſeine Frau zu werden, weil ihr 
das fehlte, was für ſie die Grundlage einer glücklichen Ehe war 
— nämlich die Liebe zu ihm. 
Des Sinnens müde, ſtand ſie auf, um an den kalten 
            Fenſter=
ſcheiben ihre erhitzte Stirne zu kühlen und in der Betrachtung 
der winterlichen Natur andere Gedanken zu faſſen. Es begann 
bereits zu dunkeln. Heulend fuhr der Sturm durch die Kronen 
der Bäume, daß ſie unter ſeiner Gewalt ächzten und ſtöhnten. 
Immer dichter fiel der Schnee, und der Froſt begann ſchon ſeine 
bizarren Zeichnungen in Geſtalt von Eisblumen an die Fenſter 
zu malen. Unwillkürlich ſchauerte ſie zuſammen und wollte ſich 
vom Fenſter wegbegeben. 
Da gewahrte ſie auf dem Fahrweg einen einſamen 
            Wande=
rer, der, in einen dichken Mantel gehüllt, langſam der Burg 
            zu=
ſtrebte. Er ſchützte ſein Geſicht mit den Händen vor den ſpitzen 
Eisnadeln, die der Wind unaufhörlich auf ihn niederſauſen ließ, 
und des hohen Schnees wegen konnte er nur mühſam vorwärts 
gelangen. Einige Zeit darauf hörte ſie auch ſein kurzes Klopfen 
am Haupteingang; aber ſo ſehr ſie ſich auch anſtrengte, ſie 
            ver=
mochte nichts zu verſtehen von dem Geſpräch, das er mit dem 
Torwart führte. Das Bellen der Hunde und das Heulen des 
Sturmes übertönten alles andere. Sie beſchloß daher, ihren 
Vater beim Abendeſſen nach dem Fremden zu fragen, und ging 
auf ihr Zimmer, um noch eine kleine Handarbeit zu beendigen. 
Sie hatte ſich über dieſer Arbeit verſpätet und war nicht 
tvenig erſtaunt, außer ihren Eltern und ihrem Bruder Rudolf 
auch noch den Fremden bei der Abendtafel vorzufinden. Ihr 
Bruder ſtellte ihn als Ritter Wolf von Pfalzburg vor, deſſen 
Schloß von welſchen Horden eingeäſchert worden ſei, und den 
man von ſeinen Beſitzungen vertrieben habe, weil er ſich 
            wei=
gerte, mit den romaniſchen Rittern gemeinſame Sache zu machen. 
Er war ſeither von Burg zu Burg gezogen, hatte ein 
            aben=
teuerliches Leben geführt, und gedachte bei beſſerem Wetter ſeine
 Reiſe wieder fortzuſetzen, da er hoffte, in der weiten Welt noch 
einmal ſein Glück zu machen. Er konnte 25 Jahre alt ſein, war 
mittelgroß und wußte ſein bisheriges Leben treffend zu ſchildern, 
ohne ſich ſelbſt in den Vordergrund zu rücken. Als er erzählte, 
wie er unverſchuldet ins Unglück geraten ſei und nun heimatlos 
in der Fremde umherirren müſſe, traten Waldtraud die hellen 
Tränen in die Augen, ſo ſehr war ſie von Mitleid für ihn 
            er=
füllt. Auch ihr Bruder hatte ſich raſch mit ihm befreundet und 
ihn bereits für den nächſten Tag zur Fuchsjagd eingeladen. 
So war es über eifrigem Geſpräch bald Schlafenszeit 
            ge=
worden, und der Schloßherr mit den Seinen wünſchte dem Gaſt 
eine angenehme Nacht. Ein Diener führte ihn in den erſten 
Stock, wo ein möllig warmes, freundlich möbliertes Zimmer 
feiner wartete. Sogleich begab er ſich zu Bett, denn er hatte von 
der vorhergehenden Nacht noch viel Schlaf nachzuholen. Er 
konnte jedoch nicht die erſehnte Ruhe finden, weil er immer und 
immer wieder an Waldtraud denken mußte; und jetzt ſchon war 
ihm klar, daß er ſein Herz an ſie verloren hatte. Da er aber 
heimatlos und ohne Beſitz war, nahm er ſich vor, ſich wohl im 
Zaume zu halten und Waldtraud nichts von ſeiner Liebe merken 
zu laſſen. 
Ueber ſolchen Gedanken ſchlief er endlich ein und erwachte 
erſt ſpät am nächſten Morgen. Das Wetter hate ſih nicht 
            geän=
dert. Dichter noch fiel der Schnee und unaufhörlich ziſchte der 
Sturm um die Zinnen der Burg. So mußte die Fuchsjagd 
            auf=
gegeben werden, und um ſich die Zeit zu vertreiben, erzählte man 
ſich und ſpielte Schach. 
Am Nachmittag bat Nudolf ſeinen Gaſt, ihm auf die 
            Rüſt=
kammer zu folgen. Hier beſichtigten ſie die Waffen und übten 
ſich auch gegenſeitig im Fechten. Da aber die Fechtweiſe des 
Fremden der des jungen Schloßherrn bei weitem überkegen war, 
war dieſer ſehr erpicht darauf, ſich dieſe Kniffe anzueignen. Er 
fragte deshalb Wolf von Pfalzburg, ob er ihm dieſelben nicht 
beibringen wolle. Wolf erklärte ſich auch ſofort bereit hierzu, 
da ihm dadurch Gelegenheit gegeben wurde, längere Zeit in der 
Nähe Waldtrauds zu verbringen. Erfreut über dieſe Zuſage, 
eilte Rudolf zu ſeiner Schweſter und bat ſie, zur Feier des Tages 
bei einbrechender Dämmerung im Wohnzimnter einige Lieder 
zu ſingen.
Nummer 41
Unterhaltungsblatt und Frauenzeitung
Jahrgang 1923
Die Welt der Frau
 Frau — Politik — Staat. 
Mit jedem Problem der Ziviliſation taucht auch das 
            Pro=
blem des Frauenrechts und der Frauenſtellung im Staat und 
in der Geſellſchaft auf. Kultur allein war nie maßgebend für 
den Wert einer Frauenbewegung; denn Kultur iſt der Ausdruck 
eines werdenden Weltgefühls, eines Strebens, mögliche Formen 
zu Wirklichkeit zu zwingen, nicht aber Wirklichkeit und 
            Vollen=
dung ſelbſt. Dies iſt Ziviliſation. Es liegt im Weſen eines 
Staates, der auf der Grundlage einer Weltbewegung, wie ſie 
die mittelländiſche war, ruht, die formale Bewegung ſelbſt zu 
verachten; darum gab es im vorigen Jahrhundert keine rechte 
Frauenbewegung. Erſt der Neuzeit des 20. Jahrhunderts 
            ge=
lang es, eine Umformung in der Weiſe zu vollziehen, daß man 
lernte, alle verfügbare Kraft für die Zeitaufgaben heranzuziehen. 
Mit dieſer Maßnahme war aber ſofort ein Urteil, eine 
            Ein=
ſchätzung und eine Bewertung gegeben. Noch ehe man 
            pſycho=
logiſch wertete, wurde praktiſch geſchätzt: Man erkannte den 
geiſtigen und ſittlichen Arbeitsfaktor in der Frau. So wurde 
aber bald nötig, dieſer Arbeit erſtens Bedingungen, und 
            zwei=
tens Entſchädigungen zu gewähren. Die Bedingungen ſtellte der 
Krieg zur Verfügung, die rechte Entſchädigung die Anerkennung 
der Gleichberechtigung des Weibes in Staat und öffentlicher 
Meinung. Das iſt kurz die Evolution. 
Es gibt geteilte Anſichten darüber, ob dieſer äußeren 
            Ent=
wickelung die innere Entwickelung parallel gegangen iſt, ob das 
Weib von innen heraus der ſtaatlichen Gleichberechtigung 
            ent=
gegengewachſen iſt, oder ob es ſich um ein Entgegenkommen nur 
äußerer Ziviliſation handelt. Man war geneigt, das Ergebnis 
der Wahlen als Kriterium der Reife anzuſehen. Das war aber 
von vornherein ein Schluß, wie er nur aus einem Theorem, das 
aus einem Pragmatismus ſtammt, geboren werden konnte; denn 
es iſt unmöglich, eine junge Bewegung nach Maßſtäben 
            geweſe=
ner Einrichtungen und vergangener Staatskunden zu bewerten, 
noch unmöglicher aber, eine individuelle Frauenbewegung 
            des=
halb nach dem Maß ihrer männerpolitiſchen Bewegung 
            einzu=
ſchätzen, weil im Weſen dieſer Bewegung der Imperativ einer 
Gleichberechtigung vergraben liegt. 
Frauenbewegung iſt Seelenbewegung, Männerbewegung iſt 
Formalismus, oder anders: Die erſte iſt Sorge mit dem Ziel des 
Glückes, die zweite Streben mit dem Weg des Wohles und 
Egoismus. Alſo die eine ſchlechtweg Ziel, die andere Weg. 
Darin liegt die Möglichkeit einer Beurteilung des 
            augenblick=
lichen Entwickelungsſtandes. Es handelt ſich nicht um ein 
            Krite=
rium der Reife politiſcher Einſichten und ſtaatserkenntlicher 
            Not=
wendigkeiten, ſondern um ein ſolches der ſittlichen Beziehung 
und der geſellſchaftlichen Funktion. Nur Beziehung und 
            Funk=
tion ſind Zielſetzungen; denn die Funktion beſitzt 
            Veränderlich=
keit bis zum Ziel des Unendlichen. Reife aber iſt Weg, 
            Neu=
tralität, alſo Zwiſchenform unſerer ſittlichen Extreme Gut und 
Böſe. Sprach man früher von einer Volksreiſe, ſo war dies 
erlaubt, denn man hatte nur die männliche Bewegung im Auge. 
Heute ſollte man dieſes Wort nicht ohne Unterſcheidung mehr in 
den Mund nehmen. 
Die Erkenntnis des Zieles beſagt, daß es eine politiſche 
            Er=
ziehung der Frau nur vom Standpunkt des Zieles ſelbſt gibt. 
Nehmen wir dieſes,Ziel als letzte religiöſe Offenbarung des 
ſtaatlichen Gemeinſamkeitsgefühls und der Sorge, ſo erkennen 
wir die Art einer Frauenpolitik, und die Weiſe, den Intellekt 
zu politiſcher Erkenntnis heranzubilden. 
Die Frau iſt in ihrem Weſen innerlich, Politik, äußerlich, 
Staat, formaliſtiſch. Es gibt zwiſchen den dreien nur eine 
            Be=
ziehung des Zweckes. Das Weib hat mit jeder Tat das Glück 
ihres neugeborenen Lebens im Auge und verfolgt mit Politik 
nur den Selbſtzweck, ihrem Kinde eine Zukunft zu geben. Dem 
Mann iſt Politik Selbſtinhalt. Das Vaterland ruht in der 
Frau; ſie hat weder Gleichgültigkeit noch Enthuſiasmus dafür; 
es iſt für ſie kein Problem, kein Begriff, keine Formſache, 
            ſon=
dern ſchlechtweg eine Mußtatſache, genau wie der Schlag ihres 
Herzens. Man hat es nicht ſo geſehen; aber der deutſchen Frau 
ging der Untergang des Vaterlandes undergleichlich nahe. Dem 
zukünftigen Menſchen, der ihrem Blute entſpringt, gibt ſie das 
Nährſalz vaterkändiſchen Denkens bis ins Mark. Das iſt keine 
geringe Hoffnung in der Reihe unſerer letzten Hoffnungen. 
Waldmar Penkert. 
Geſundheitspflege. 
Zweckmäßige Behandlung aufgeſprungener 
und riſſiger Haut. Vielen unſerer Hausfrauen pflegt das 
Herſtwetter mit ſeiner Witterung ein unerwünſchtes Geſchenk zu 
machen, das nicht nur ſchönheitsmindernd, ſondern auch von 
ſchmerzhafter Wirkung ſein kann: aufgeſprungene, riſſige Hände. 
Namentlich pflegen die Frauen davon betroffen zu werden, die 
durch längere Beſchäftigung mit fettentziehenden Stoffen, wie 
Sodawaſſer uſw., ihre Haut ſchädigen. Zumal, wenn dieſe nur 
flüchtig abgetrocknet, unmittelbar der rauhen Luft ausgeſetzt wird. 
Aber auch beſonders zarte, weiche Haut pflegt, ohne daß jene 
            Ur=
ſachen vorliegen, unter dem Einfluß der rauhen Herbſtluft 
            auf=
zuſpringen. Man vermeide daher nach Möglichkeit die allzu lange 
Hantierung in Sodawaſſer, trockene nach Beendigung derſelben 
die Haut ſorgſam ab und trage für eine ungehinderte 
            Abſonde=
rung der Talgdrüſen der Haut Sorge. Um rauhe Haut wieder 
geſchmeidig zu machen, fette man ſie entweder mit Lanolin ein, 
ebenſo leiſten abendliche Einreibungen der Haut mit Zitronenſaft 
ganz vorzügliche Dienſte und machen ſie weich und geſchmeidig. 
Dr. K. 
Waldtrand kam mit einer Harfe, nahm ſchweigend ihren 
Platz ein, und bald ertönten Minnelieder und alte 
            Kampf=
geſänge. Ihr ſchmelzender Sopran vermehrte noch die Wirkung 
dieſer Dichtungen, und Wolf war ganz im Banne ihrer Stimme. 
Oftmals glaubte er aus den Liedern, die ſie ſang, ihre Liebe zu 
ihm herauszuhören, aber es durfte ja nicht ſein — um ihretwillen 
nicht. Nachdem die Melodien verklungen waren, ſetzte man ſich 
zu Tiſch, und da ſich die Schloßherrin nicht ganz wohl fühlte, 
ſuchten alle gleich nach dem Eſſen ihre Zimmer auf. 
Der nächſte Tag war wie der vorhergehende, und auch die 
folgenden Wochen brachten keine weſentliche Aenderung des 
Wetters. Der Winter zeigte ſich in dieſem Jahre von ſeiner 
grimmigſten Seite. Faſt zwei Monate herrſchte eine bittere 
Kälte, und meterhoher Schnee verhinderte jeglichen Verkehr. Die 
Burgherren konnten nicht mehr der Jagd obliegen, ſondern 
            muß=
ten untätig im Schloſſe bleiben. Auch der Beſuch, den der alte 
Ritter auf dem Frankenſtein abzuſtatten gedachte, mußte des 
hohen Schnees wegen auf unbeſtimmte Zeit verſchoben werden. 
Man ſuchte ſich auf alle mögliche Weiſe Kurzweil zu 
            ver=
ſchaffen, doch oftmals herrſchte auch die Langweile vor. Rudolf 
und Wolf von Pfalzburg brachten meiſt die Nachmittage mit 
Fechten zu, während Waldtraud und ihre Mutter Handarbeiten 
anfertigten, wobei ihnen Rodger, der alte Burgherr, aus 
            Ger=
maniens ruhmreicher Vergangenheit erzählte. 
Nach den Mahlzeiten unterhielt man ſich immer noch etwas, 
und auch ſonſt bei gelegener Zeit traf man zuſammen, um ſich 
bei anregenden Geſprächen die Zeit zu verkürzen. Bei dieſen 
Gelegenheiten mußte Waldtraud immer die Schlagfertigkeit und 
das Wiſſen des Gaſtes bewundern. Mit der Zeit hatte ſie auch 
ihre Zurückhaltung abgelegt, ſie beteiligte ſich ſtets an der 
            Unter=
haltung, und mancher ihrer Blicke verriet Wolf, was ihr Mund 
nicht ausſprechen durfte — daß ſie ihn liebte, mit der ganzen 
Kraft ihres jugendlichen Herzens. 
Eines Tages, als Waldtraud mit ihrem Vater 
            zufälliger=
neiſe allein im Zimmer war, fragte dieſer, ob ſie dem jungen 
Frankenſteiner die Hand zum Lebensbunde reichen wolle. 
            Ent=
ſchieden wehrte ſie ab und ſagte ihm, daß ſie Philipp nicht lieben 
und daher auch niemals ſeine Frau werden könne. Falls er ſie 
jedoch dazu zwingen wolle, ſei ſie entſchloſſen, die Burg zu ver=
 Der zeitgemäße Haushalt. 
Blechdoſen zu öffnen, deren Deckel zu feſt klebt, wie 
es bei Wichſe, Wachs ut. ä. leicht vorkommt. Man legt die Doſe 
hochkant auf den Fußboden, ſetzt den beſtiefelten Fuß darauf 
und rollt mit ihm unter leiſem Drucke die Doſe einige Male hin 
und her. Dann ſpringt ſie bald auf oder läßt ſich leicht öffnen. 
Defekte Glacehandſchuhe tadellos 
            auszu=
beſſern. Viel leichter, als es manche Hausfrau glaubt, ſind 
ſie durch Einſetzen von kleinen Flicken in den Fingerſpitzen 
wieder zu erneuern. Zunächſt muß jener ſchmale Fingerteil, der 
an der Spitze zerriſſen iſt, in den Nähten ſorgſam vom übrigen 
Teil gelöſt werden, wobei ein ſchmales Trennmeſſer oder eine 
feine Stickſchere gute Dienſte leiſten. Nun wird die ſchlechte 
Stelle weggeſchnitten, quer herüber ein neues, aus einem 
            aus=
rangierten Handſchuh herausgeſchnittenes Stück mit ganz feiner 
Nadel und feinſtem paſſenden Seidenfaden mit dichten 
            über=
wendlichen Stichen aneinanderſtoßend, mit dem abgeſchnittenen 
Finger wieder vereint und die beiden Nähte wieder geſchloſſen. 
Riſſe am Handgelenk oder an der Daumenwurzel, beides Stellen, 
die bekanntlich ebenſo leicht wie die Fingerſpitzen zerreißen, 
            beſ=
ſert man ebenfalls ganz unauffällig durch Ein=, nicht Unterſetzen 
von Flicken aus. Bei dichtem Stich, feinſtem Garn und Nadel 
fällt dieſe Arbeit immer tadellos aus. Nur bei Einriſſen an 
den Fingerwurzeln ſollte man ein Erſatzſtreifchen unter die 
defekte Stelle nähen, um die Haltbarkeit des meiſt beſonders 
ſtark ſtrapazierten Gelenkwinkels der Handſchuhe zu erhöhen. 
Zum Schluß friſche man die angezogenen Handſchuhe mit flüſſigen 
Braunsſchen Handſchulfarben auf und reibe ſie, wenn völlig 
            aus=
getrocknet, mit einem Flanellappen glänzend. 
H. 
Gewaſchene Borſtenbeſen wieder haltbar zu 
machen. Nachdem man die Beſen und Handfeger aut in 
            lau=
warmem fetten Seifenwaſſer mit Zuſatz von etwas 
            Henkelbleich=
ſoda gereinigt hat, wozu man ſie mit den Borſten bis zum Holze 
in das Waſſer ſtellte und darin durchrieb, ſpült man ſie in 
kaltem Waſſer, dem man auf 1 Liter ¼ Pfund Algun zuſetzte. 
Durch dieſes Bad werden die weichgewordenen Borſten wieder 
hart und elaſtiſch und dadurch auch natürlich in ihrer 
            Gebrauchs=
dauer verſtärkt. 
I. 
„Schliffige” Kuchen ohne Verluſt zu 
            verwer=
ten. Man ſchneide ſie in dünne Scheiben, trockne dieſe im 
warmen Ofen und reibe ſie auf der Reibwaſchine. Nun 
            ver=
wende man die Hälfte von dieſem gehaltreichen Kuchenmehl oder 
Grieß mit dem gleichen Quantum friſchen Mehl zum Anrühren 
eines neuen Kuchens und wird ein ſchönes, lockeres Gebäck 
erzielen. 
M. 
Graupen mit Birnen und Kartoffeln. Dicke 
grobe Graupen läßt man mit wenig Salz dick ausquellen, 
            gleich=
zeitig ſetzt man halbierte, geſchälte Kochbirnen mit Zimt, 1 Nelke, 
etwas Eſſig und Zitronenſchale zum Kochen auf, miſcht ſie, wenn 
ſie recht rot gekocht ſind, mit den Graupen, fügt geſondert 
            gar=
gekochte, geſchälte, recht mehlige Kartoffeln bei und würzt das 
wohlſchmeckende Gericht mit gebratenem Speck und Zwiebeln, 
1 Teelöffel Appels Suppenwürze, wenig Pfeffer und Zucker 
oder Süßſtofflöſung. 
R. 
Kölner Schnitzel (ohne Fleiſch): ½ weichgekochten 
Weißkohlkopf hackt man fein, gibt 1 Ei oder 1 Teelöffel Trockenei, 
Meſſerſpitze Paprika, Salz, 1 geröſtete Zwiebel und ſoviel 
            ge=
riebene Semmel bei, daß ſich flache handgroße Schnitzel formen 
laſſen, die man mit wenig Fett auf beiden Seiten goldbraun bäckt. 
Speiſezettel. 
Sonntag: Roſenkohlgemüſe mit falſchem Haſen. 
Montag: Graupen mit Birnen. 
Dienstag: Kölner Schnitzel mit Zwiebelſoße. 
Mittwoch; Kohlrabi=Reis. 
Donnerstag: Möhren mit w. Bohnen. 
Freitag: Fiſchklößchen m. Tomatenſoße.
 laſſen und bei einem befreundeten Ritter Unterkunft zu ſuchen. 
Obwohl der Burgherr ſeine Tochter gern als Philipps Frau 
            ge=
ſehen hätte, lag ihm jetzt nichts ferner, als ſie mit einem 
            unge=
liebten Manne zu verheiraten. 
Die Abſage ſeiner Tochter bedrückte den Alten nicht wenig, 
denn er wußte ſchon jetzt, wie die Sache enden werde. Er 
wünſchte ſich deshalb nichts ſehnlicher, als daß die beſtehende 
Witterung recht lange anhalten möchte. Doch immer konnte es 
nicht Winter bleiben; ein warmer Südwind begann zu wehen, 
der Schnee ſchmolz, und langſam kam der Frühling ins Land 
gezogen. 
Nun ſah ſich Rodger gezwungen, auf der Nachbarburg ſeinen 
Beſuch zu machen. Froh darüber, daß er die Bürde, die ihn 
ſchon wochenlang bedrückte, nun endlich los werden ſollte, ließ 
er ſich, ſobald es die aufgeweichten Wege geſtatteten, ſein Roß 
ſatteln und ritt nach dem Frankenſtein. Er wagte es nicht, dem 
jungen Ritter die Abſage ſeiner Tochter perſönlich mitzuteilen, 
ſondern bat deſſen Bruder, dies in ſeinem Auftrage zu tun. Nur 
kurze Zeit verweilte er bei ſeinem Freunde und ſprengte bald 
wieder durch den Wald, befriedigt, die Sache, vor der ihm immer 
gebangt hatte, erledigt zu haben. 
Mit dem guten Wetter kehrte auch wieder frohes Leben in 
der Burg ein. Tagtäglich kamen Wanderer und fahrende 
            Sän=
ger. Sie erfreuten des Abends die Schloßbewohner mit ihren 
neuen Liedern und wußten auch viel zu erzählen von den 
            Gegen=
den, die ſie durchwandert hatten. 
Wolf und Waldtraud, die ſich immer mehr zu einander 
            hin=
gezogen fühlten, gingen oft zuſammen ſpäzieren. Eines Abends 
ſaßen ſie im Schloßgraben und betrachteten die untergehende 
Sonne, die mit ihren Strahlen die Wolken vergoldete und den 
Himmel blutigrot erſcheinen ließ. Wolf erzählte ihr, wieviel 
ſchöner noch dieſer Anblick von ſeiner früheren Burg aus war, 
wo nicht ein neuer Gebirgszug den purpurnen Abendhimmel 
den Augen des Beſchauers entzog. Aus ſeinen Worten fühlte 
Waldtraud ſeine Sehnſucht nach der Heimat heraus und, da ſie 
ihm nicht helfen konnte und auch nicht ſein Schickſal teilen durfte, 
konnte ſie ſich nicht mehr beherrſchen — ſie mußte weinen. 
(Schluß folgt.)
Schach
 8868 
.2.
Nummer 22
 Aufgabe 43 
Alberto Mari in Genua 
(1, Preis im Turnier der Italia Scacchiſtica 1922), 
a b d e t s
 C.K. Der Kampf um die niedrigen Abſätze. Der engliſche 
Orthopäde Sir Herbert Barker hat ſich in einer heftigen 
            Philip=
vika gegen die hohen Abſätze der Damenwelt gewendet und 
            er=
klärt, daß die Frauen durch dieſe „Marterwerkzeuge” verkrüppelte 
Füße bekommen müßten. Dieſer Vorſtoß gegen die hohen Abſätze 
hat aber die Entrüſtung ſämtlicher Modedamen und Tanzlehrer 
in England gefunden. Einer der führenden Londoner 
            Tanz=
profeſſoren erklärte, daß mit den niedrigen Abſätzen Plumpheit 
und Uneleganz in den Ballſaal einziehen werde. „Man ſtelle ſich 
das Ausſehen eines großen Damenfußes vor, der mit einem 
Schuh mit nierdrigen Abſätzen bekleidet iſt, und man wird 
            ſchau=
dern!” ſagte er. „Die Dame verliert dadurch die Anmut des 
Ganges und muß neben ihren beſſer beſchuhten Gefährtinnen 
            un=
ſchön wirken. Schuhe mit niedrigen Abſätzen machen die Füße 
doppelt ſo groß wie ſolche mit hohen. Dieſes Zugeſtändnis an 
die Hygiene könnten ſich daher nur Damen mit ganz kleinen 
Füßen geſtatten. Der niedrige Abſatz bedingt ein ſchweres 
            Auf=
treten und macht daher die anmutige Ausführung der 
            Tanz=
ſchritte ganz unmöglich, während der hohe Abſatz dem Gang 
etwas Beſchwingtes und Gleitendes verleiht. Eine Frau mit 
niedrigen Abſätzen geht ſo ungefüge wie ein Mann; ſie verliert 
ihren weiblichen Reiz, und man kann ſagen, daß ſie überhaupt 
nicht „angezogen” iſt. Zur eleganten Toilette ſind hohe Abſätze 
unumgänglich nötig; die ſchönſte Abendrobe wird ohne ſie ihren 
Eindruck verfehlen. Mehrere Modedamen erklären, daß ſie mit 
niedrigen Abſätzen überhaupt nicht gehen könnten und daher 
lieber verkrüppelte Füße in den Kauf nehmen, als Füße, die im 
Schuh unelegant ausſehen.
 Darmſtädter Silbenrätſel. 
a, dan, et, ge, ko, laa, low, li, land nau, ni, org, po, ra, te, the 
wa, zel. 
Aus vorſtehenden Silben ſind 7 Wörter von folgender Bedeutun 
zu bilden: 1. Berühmter italieniſcher Dichter. 2. Hunnenkönig 
3. Ehemaliger Reichsminiſter. 4. Däniſche Inſel. 5. Ruſſiſche 
Heerführer gegen die Bolſchewiſten. 6. Stadt in Bulgarier 
7. Männlicher Vorname. 
Die Anfangs= und Endbuchſtaben der gefundenen Wörter er 
geben, beide von oben nach unten geleſen, die im Volksmun 
übliche Bezeichnung eines bekannten Darmſtädter Denkmals. Th. 
Streichholz=Rätſel.
 Vorſtehenden Pinſel verwandle man durch Umlegung der 
Carl Deubel. 
fetten Hölzchen in eine Farbe. 
Rätſel. 
561. Das Wort wird vom Wort ohne Kopf aufgefreſſen. — Oht 
Fuß und neuen Kopf iſt es beim Eſſen — Für zahlreich 
Menſchen ein hoher Genuß. — Doch nimmſt Du ihm nochmal 
den jetzigen Fuß — Dann hörſt es einmal in jedem Eid — 
Im Meineid gar doppelt zu jeder Zeit. 
562. Die beiden erſten Silben, ſind in jedem Tal, — Jedoch auc 
öfters auf recht hohen Bergen. — Die dritte findet ſich ar 
Seeſtrand überall, — Die viert’ gehöret zu den Pflanzenzwerger 
— Im Frühling blüht das Ganze in den erſten beiden, 
Zuweilen leicht mit Silbe drei bedeckt, — Ein viertes. Doc 
die Tiere freſſen’s nicht mit Freuden, — Weil ihnen Silbe dre 
nicht richtig ſchmeckt. 
Auflöſungen. 
Figurenrätſel: 
I. 1. Mafor, 2. Mur, 3. Eli, 4. Gin, 5. Rum. 6. Baſel, 7. Eiche 
8. Krähe, 9. Eiſen, 10. Liane, 11. Spargel. 
II. 1. Weſpe, 2. Uhn, 3. Mai, 4. Oka, 5. Leo, 6. Joſef, 7. Topas 
8. Adele, 9. Erato, 10. Norma, 11. Flieder. 
„Julius Cäſar — Shakeſpeare‟. 
Silbenrätſel: 
1. Boa, 2. Oſel, 3. Liestal, 4. Leueit, 5. Erbach, 6. Nebo 
7. Feder. „Böllenfalltor”
 Weiß zieht und ſetzt in zwei Zügen matt. 
Prüfſtellung: Weiß: Kg8 Df7 Ta3 d7 La7 a8 Sg3 h3 Be2 /9); 
Schwarz: Ke3 Dd1 Ta5 d4 Lb3 g5 Sbl c5 Bd2 e7 (10); 2+ 
Eine groß angelegte Aufgabe. 
Aufgabe 44 
P. A. Orlimont in Germersheim. 
(Skakbladet 1920; Dr. Niels Höeg gewidmet), 
Weiß: Kf5 Db2 BbK c5 e7 (5); 
Schwarz: Kb8 Te8 Bb7 (3), 
Matt in drei Zügen, 
Löſungen der Aufgaben 29—34, 
29. Fink und Ua Tane, G. C 1920 (Ka8 Df5 Ta4 c7 Laz 
Saß e2 Bc6 e5 13; Kd5 Td3 Sb3 b4Bc4 d7 e3 e7 f6; 2+). 1 
Tc7—c8. — Wieder eine Häufungsaufgabe: dem ſchwarzen K 
            wir=
durch 8 verſchiedene ſchwarze Züge je ein Feld verſperrt, was Wei 
in 8fach verſchiedener Weiſe ausnutzt. Vor dem Erſcheinen dieſer Auf 
gabe zweifelte man, ob eine ſolche 8fache Feldverſtellung überhaup 
darſtellbar ſei. Die Verfaſſer haben nicht nur die Zweifel beſeitigt 
ſondern in einzigartiger Feinheit für die an ſich ſchon ſchwierige Dar 
ſtellung des Gedankens noch dazu die äußere Form einer Zugwechſel 
aufgabe gefunden. Die in der Anfangsſtellung, mit Schwarz am Zug 
gegebenen Matts bleiben beſtehen mit Ausnahme des einen nach 1. .. ." 
Sc6, das „verändert” wird (2. Sc7+ anſtatt 2, Td7 +). — Im ganzer 
ein ſprechendes Zeugnis für die amerikaniſche Schule, „wirklich ei= 
Meiſterſtück” (A. C. White). 
30. Punga, Baſl. Nachr. 1914 (Kc1 Db3 Td3 La4 Bc3 g3 göh4 
Ke4 Bd7 e5 e7 g4 h5; 3+) 1. Db3-e6 de 2. Lc2. — 1... 
Kd3:2. De5: — 1. .. . T 2. Kd2. Mit dem hübſchen Einleitungszu 
wird gleichzeitig die Dgeopfert und dem L. der Weg nach c 2 freigegebey 
31. Die Löſung erſcheint in 3 Wochen, ſ. Nummer 20 ber Schachecke 
32. Dr. Palkoska, Alf. d. Re 1922 (Kf6 Dh4 Tc3 e3 Sd5 g4 
Kd4 Tb5 La8 Sc2 ei Bb6 h7; 2+) 1. Kf6—t5 dr. Sf6 +. Wei 
ſetzt ſeinen K der Schachgefahr aus. Sd5 kann auf dreifache Art ge 
ſchlagen werden. 
33. Sprenger, Urdruck (Ka2 Da3 Td5 e2 Lh2 h5 Se7 g4 Bd 
g7: Ke6 Tg6 Le8 Set g3 Bc5 d7 g5:2+) 1. Td5Xc5. Freigab 
des Fluchtfeldes d6. Zugzwang. 
34. Eylmann. 2. Pr. Frankf. Turn. 1923 (Kh5 De2 Sb5 e5 Be 
16; Ke8 Da5 La3 BbTc5 c7 d5 15g4; 3+) 1. De2—a2, dr. 2. Dd5 
1. ... La3—b2 2. Da2—a4 (Le5; 3. Sd6+). 1. .. . C5—c4 2 
Da2 Xa3. — 1. Dd17 (dr. Dd5: und Da4) ſcheitert an c5—4 
2. D Le7: 
Löſerliſte: Prof. Dr. Reutzel H. F. (alle); R. Sprenger (29) 
Wilhelm Seeh in Eberſtadt (32, 33); Rolf Schmidthoff, Walter Schütz 
(32); W. Prager (33). 
Briefkaſten: J. M. in D. Beiträge erhalten. Wir antwortete: 
brieflich. — W. S. in E. Löſungen von 29 und 30 oben. Wegen 3 
bitten wir Nummer 20 zu vergleichen. Die Löſung von 38 iſt verfehlt 
1. Dd42 Ker! 
Anfragen, Beiträge, Löſungen u. dgl. nur an die Schrift 
leitung des Darmſtädter Tagblatts mit der Aufſchrift „Schach=
 Frarfreil 
3. 
üd 
i 
National 
Ruhrgebi 
weckenn 
ſtrielles 
würden d 
Ernähru 
Bährun 
fün 
wäre 
rie
Verantwortlich: Max Streeſe,