Darmstädter Tagblatt 1923


24. September 1923

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Heſſiſche Neueſte Nachrichten
Morgenzeitung der Landeshauptſtadt
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Nummer 264
Montag, den 24. September 1923
186. Jahrgang

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Poincarés Sonntagsreden.
Poincaré verlangt guten Willen.
Paris, 23. Sept. (Wolff.) Anläßlich der Enthüllung eines
Kriegerdenkmals in Champenoux bei Nanch hielt Poincaré am
Vormittag eine Rede, deren weitaus größter Teil der Schilde=
rung
von Kriegshandlungen gewidmet war, die ſich in der Um=
gebung
von Nanceh während des Krieges abſpielten. Am Schluß
ſeiner Rede kam Poincars auf die Folgen der Ruhr=
beſetzung
zu ſprechen und behauptete, Deutſchland wolle die
realen Tatſachen nicht in Rechnung ſtellen. Man ſolle Deutſch=
land
reden und handeln laſſen und abwarten, bis es ſich von
den Tatſachen überzeuge. Wenn es am Rande des Ab=
grundes
ſtehe, ſei es immer noch Herr darüber, nicht hinein=
zufallen
. Den Abhang gleite man raſch hinab; der, der hinunter=
ſtürze
, ſei aber nicht Frankreich.
Paris 23. Sept. Die zweite der angekündigten Sonntags=
reden
hielt Poinearé heute nachmittag in Toul. Die Rede
beginnt mit einer Schilderung der auf die Feſtung Toul bezug
habenden Kriegshandlungen und ſpricht ſodann von angeblich
fortgeſetzten Beunruhigungen, denen die Bewohner der Stadt
der ehemaligen deutſch=lothringiſchen Grenze von 1871. bis 1914
ausgeſetzt geweſen ſein ſollen. Der Zuſtand, der damals geherrſcht
habe, habe niemals eine vollkommene Ruhe zugelaſſen und nicht
geſtattet, daß zwei benachbarte Nationen normale Beziehungen
unterhielten. Wenn nach einem neuen Kriege Deutſchland ge=
zwungen
worden ſei, Elſaß und Lothringen zurückzugeben, ſo
habe man ihm nicht einen Quadratzentimeter ohne den Willen
der Bevölkerung weggenommen. Es ſei mit einer Mäßigung be=
handelt
worden, für die die Geſchichte wenia Beiſpiele kenne.
Damit der Friede von worgen beſſer und ſicherer ſei als der von
geſtern dürfe aber das Deutſchland von morgen nicht mehr das
Deutſchland von geſtern ſein. Er befürchte, daß ſich Deutſchlands
Augen hierfür noch nicht völlig geöffnet hätten. Es zeige bei der
Ausführung ſeiner Verpflichtungen nicht den geringſten
guten Villen. (). Deutſchlands Wohlſtand ſei durch den
Krieg nicht ernſtlich angetaſtet worden. Die augenblickliche Kriſe
Deutſchlands unterbreche nur ſeiner Zahlungsfähigkeit, ohne ſie
für die Zukunft zu verringern. Es fehle Deutſchland, welches
ſeine Hilfsquellen und Arbeitskräfte behalten habe, nur der
Wille zum Erfüllen. (1) Frankreich ſei nicht freudigen Herzens
nach dem Ruhrgebiet gegangen. Es habe vor allen Dingen der
Pfandnahme nicht freudigen Herzens den Charakter einer wurden, wurde ein Ergebnis von größter Bedeutung erzielt,
militäriſchen Beſetzung gegeben. Deutſchland ſelbſt nämlich die Wiederherſtellung des gegenſeitigen Vertrauens zwi=
habe
die Geduld Frankreichs mürbe gemacht und ſelbſt die Not=
wendigkeit
der Strafmaßnahmen bewieſen. Man könne alſo und Argwohn beſtanden, war wenig Ausſicht auf eine wirt=
nicht
von einem militariſtiſchen Frankreich ſprechen, das Gefallen ſchaftliche oder politiſche Regelung in Europa vorhanden. Aber
an militäriſchen Experimenten finde. Solange Deutſchland die
Erfüllung hinauszögere (). werde Frankreich dort bleiben, wo ſung preisgegeben habe, daß die Beſetzung des Ruhrgebiets un=
es
ſei. Es gebe kein friedfertiges Volk und keine gutgläubigen
Menſchen, die Frankreich unrecht geben könnten. (1
Paris, 23. Sept. Von Toul aus begab ſich Poincaré
nach dem Prieſterwald, wo er ſeine dritte Rede hielt. Er
erklärte, daß der von der deutſchen Regierung befohlene Wider=
ſammenbrechen
. Deutſchland wiſſe das ſehr gut und es ſtellt mit Blattes fragt, was dieſe Mitteilung bedeutet. Heute vormittag
Beängſtigung feſt, daß ſich bei der Ruhrbevölkerung wachſende ſei eine von einer gewiſſen Seite aus Paris ſtammende Erklä=
Symptome der Müdigkeit und ſogar Erregung zeigen. Deutſch= rung abgegeben worden: Die britiſche Regierung werde ihre Kri=
land
bliebe nichts übrig, als feſtzuſtellen, daß der Widerſtand
nicht mehr dem Wunſche der Bevölkerung entſpreche und daher verfolgen. Unter dieſen Umſtänden, ſagt der Berichterſtatter,
die Verordnungen zurückgezogen werden könnten. Aber, nein, werde die Nuhrbeſetzung tatſächlich verziehen ſein, wenn es auch
ſo fuhr Poincars fort, Deutſchland will uns im Austauſch Vor= den Franzoſen möglich ſein werde, ſie weiter zu einem Maße
gleichkämen. Es würde ihm gefallen, ſagen zu können, daß Frank= werde, in einiger Zeit ſeine gewohnten wirtſchaftlichen Funk=
reich
nachgegeben hat. Um das Manöver zu vervolſtändigen, tionen gegenüber Deutſchland und der übrigen Welt wieder auf=
ſage
man jetzt, daß, wenn nicht bald eine Einigung erfolge, in
Deutſchland, ſich Kataſtrophen ereignen würden. Deutſchland der Beſorgnis nicht erwehren, daß, wenn nicht die größte Sorg=
werde
entweder eine Beute der Nationaliſten oder Bolſchewiſten, falt und Wachſamkeit beobachtet werde, England bei der Rege=
derungen
nicht einſchüchtern zu laſſen, es hat keinen Rückſchlag zu ordnung gelangen könne.
befürchten. Unſer Land hängt feſt an ſeinen republikaniſchen
gegen Anſteckung gefeit. Wir wünſchen aber natürlich keinen Tod ſcheinlich erſt Dienstag oder Mittwoch verſammeln werde, um zu
gewöhnt, ſich ſelbſt zu regieren und hat ſein neues Gleichgewicht politik Stellung zu nehmen. Morgen wird Baldwin eine längere
unter Duldung der fortſchrittlichſten Parteien beibehalten, Frank= ſammlung des Kabinettsrates werden ſämtliche Miniſter, deren
reich hat es eben ſo eilig, wie Deutſchland und die Alliierten, die Teilnahme an der Konferenz feſtſteht, von Baldwin ein Schrift=
Zuckungen des paſſiven Widerſtandes aufhören. Frankreich werde. Der Korreſpondent des Blattes erblärt, man ſei in London übei=
fentlichen
Erklärungen. Wir haben nichts hinzuzufügen und Oppoſition könne man ſich nurr von denjenigen Seiten aus gefaßt
nichts zurückzunehmien.
Keine Kapitulation.
Daily Telegraph gibt heute in ſeinem Blatte umfangreiche In= eingeſunden habe,
formationen über den beabſichtigten raſchen Abbau de paſſiven
die beteiligten Organiſationen am kommenden Montag Beſpre=
chungen
mit der Reichsregierung abhalten und nach ihrer Rück=
kehr
entſprechende Proklamationen an die Bevölkerung erlaſſen amerikaniſchen Bürger an die deutſche Regierung wegen der im
würden, die nachträglich von der Reichsregierung bekräftigt wür= Laufe des Krieges erlittenen Verluſte belaufen ſich auf 1½ Mil=
den
. Von zuſtändiger Stelle wird beſtätigt, daß in der nächſten liarden Dollar. Der offizielle Vertreter der amerikaniſchen Pri=
genannten
Blattes zu wiſſen glaubt. Von der Vorbereitung rechnen. Der Vertreter fügte hinzu, daß er während ſeines
einer Kapitulation an der Ruhr kann keine Rede ſein.
Franzöſich=belgiſche Verhandlungsbaſis.
daß die franzöſiſche Regierung ſich heute auf Grund der An= gegeben, daß die Ruhrangelegenheit vor der Ausgabe einer neuen
regungen, die von Brüſſel ausgegangen ſeien, bereit erklärt habe. Währung beigelegt werden müſſe. Auf jeden Fall, ſo fuhr der
die Grundlage eines gemeinſamen franco=belgiſchen Planes zu amerikaniſche Beauftragte fort, ſcheinen alle gemäßigten Deut=
diskutieren
, für den Fall, daß Deutſchland ſich entgegenkommend, ſchen feſtentſchloſſen, der gegenwärtigen Situation ein Ende zu
ſ
zeigen ſollte.

Vom Tage.

In den Verhandlungen im Reichskohlenrat mit dem Wirtſchafts=
miniſter
wurde eine Einigung dahingehend erzielt, daß die Kohlen=
preiſe
einſtweilen unverändert bleiben.
Der geſtrige Sonntag iſt in Gleiwitz vollkommen ruhig ver=
laufen
; es iſt nirgends zu Anſammlungen oder Störungen gekommen.
Zu Zuſammenſtößen mit Angehörigen der Linksparteien kam es
geſtern abend in München beim Iſartalbahnhof, als Mitglieder des
Bundes Oberland einen Ausflug unternehmen wollten und in kleinen
Gruppen nach dem Marimilianum zu zogen. Auch am Mariahilfplatz
entſtand eine lebhafte Schießerei. In dem einen Falle wurde ein un=
Ieteiligter Schloſſer ſchwer verletzt.
Munition iſt bereits eingeſchifft.
reiche Manifeſte und Dokumente beſchlagnahmt.
Nationaliſten in der letzten Zeit ſehr energiſch geführt worden fein ſoll. zu den ſtammverwandten Franken, ſondern unterzeichnen täg=
Der Zwiſchenfall wird damit als erledigt angeſehen.
Der Verluſt der japaniſchen Marine infolge des Erdbebens wird, ren und ſich außerhalb des Reichsverbandes ſtellen.
amtlich auf 100 Millionen Yen geſchätzt.

Englands Haltung.
meldet: Sofort nach der Rückkehr Baldwins von der Zuſammen=
die
Beziehungen Englands zu Frankreich, aufwerfe. Der poli=
tiſche
Berichterſtatter des Blattes gibt dieſe Mitteilung, die er
als amtliche britiſche Anſicht über die Unterredungen zwiſchen
Baldwin und Poincaré in Paris bezeichnet, wörtlich wie folgt
wieder: Es wird erwartet, daß der Premierminiſter bald eine
gebnis der Zuſammenkunft, mit Poincaré in Paris bekannt zu
ſchen den Häuptern der beiden Regierungen. Solange Zweifel
es wäre falſch, anzunehmen, daß Großbritannien die Auffaſ=
rechtmäßig
iſt und außerhalb der Sphäre des Verſailler Ver=
trages
liegt. Das zwiſchen den beiden Premierminiſtern er=
zielte
Uebereinkommen bezieht ſich nur auf den Grundſatz der
Reparationen. Mit bezug auf die Methode der Bezahlung der
Frankreich beſteht auf Aufgabe des Widerſtandes. Reparationen beſteht jedoch keine vollſtändige Uebereinſtimmung.
Es wurde feſtgeſtellt, daß hinſichtlich des Zieles, Reparationen
von Deutſchland zu erhalten und das europäiſche Wirtſchafts=
leben
wieder herzuſtellen, zwiſchen den beiden Negierungen kei=
ſtand
nach und nach aufhöre. In einigen Wochen würde er zu= nerlei Gegenſatz beſteht. Der Berichterſtatter des genannten
tik der franzöſiſchen Ruhr= und Neparationspolitik nicht weiter
teile entreißen, die einer Mißbilligung unſerer bisherigen Politik der Unſichtbarkeit zu reduzieren, die es dem Nuhrgebiet geſtatten
zunehmen. Vom britiſchen Standpunkt könne man ſich jedoch
Frankreich, ſo führte Poincaré aus, braucht ſich durch ſolche Schil= lung der europäiſchen Angelegenheiten in eine tatſächliche Unter= lande. In der Wirklichkeit iſt in der Stimmung der Bevölkerung
* Paris, 23. Sept. (Priv.=Tel.) Der Londoner Korreſpon=
Einrichtungen und ſeinen parlamentariſchen Freiheiten. Wir ſind, dent der Times teilt mit, daß das engliſche Kabinett ſich wahr=
des
Schuldners. Deutſchland hat ſich anſcheinenv noch nicht daran, dem Revarationsproblem und außerdem zu Fragen der Innen=
noch
nicht gewonnen. Es hat ſeine alten Beamten und Generäle Ausſprache mit ſeinen Miniſtern haben. Am Tag vor der Ver=
Sache zu Ende zu bringen. Man müſſe aber mit den letzten ſtück über ſeine Pariſer Beſprechungen mit Poincaré erhalten. ßen Optimismus. Die Sache ſei nun überreif, ſagten ſie mir, und
keine Bedingungen im Voraus annehmen. Wir halten uns an zeugt, daß Baldwins Miniſterkollegen durchaus mit ſeinen den Eindruck wachte, zu wiſſen, was er will , Dr. Dorten,
das Brüſſeler Communigus, an unſer Gelbbuch und unſere öf= Unterhandlungen mit Poincaré einverſtanden ſein werden. Auf verſicherte mir, daß alle Gegner mitlaufen würden, wenn nur
machen, die ſeit mehreren Monaten die Meinungsverſchieden=
heiten
zwiſchen Frankreich und England unterſtreichen und wei= ſtreik auch der wichtigſten Betriebe drohten, ſobald nur über einen
ter verſchärfen wollen. Der Berichterſtatter bezeichnet es als
TU. Berlin, 22. Sept. Der Berliner Vertreter, des er am vergangenen Freitag aus Paris zurückkehrte, nicht mit mittel geſorgt hätte, aus der Hand eſſen . . Das mächtige Zen=
Widerſtandes im Ruhrgebiet. Es iſt dabei davon die Nede, daß 1½ Milliarden Dollar Anſprüche an Deutſchland.
TU. London, 22. Sept. Die Schadenerſatzanſprüche der
Woche Beſprechungen der Reichsregierung mit Vertretern des vatleute, der ſoeben aus Deutſchland zurückgekehrt iſt, erklärte
beſetzten Gebietes ſtattfinden. Sie bewegen ſich aber in einer einem Vertreter der Reuter=Agentur, daß die Amerikaner mit
ganz anderen Richtung, als der Verliner Vertreter des oben= einer reſtloſen Bewillgung hrer Forderungen in 18 Monatel Franzoſen und Engländer ſich in Laufonne bereits lange iber
Aufenthaltes in Deutſchland mit verſchiedenen hervorragenden
Perſönlichkeiten, unter anderem auch mit Herrn Dr. Streſemann,
Zuſammenkünfte hatte. Der Kanzler erklärte ihm, daß er ſich der
gegenwärtigen Situation des Reiches gewachſen fühle. Deutſche
TU. Paris, 22. Sept. Petit Pariſien meldet aus Brüſſel, Geſchäftsleute hätten dem Vertreter andererſeits zu verſtehen
ſetzen, da ſie andernfalls eine Kataſtrophe befürchten.

* Rheinland und Sonderbündler.
Von
G. Nypels, Amſterdam.
Der Berichterſtatter des Algemeen Handels=
blad
hat in den letzten Wochen die ſonder=
bündleriſche
Bewegung im Rheinland an Ort
und Stelle ſtudiert. Wir ſind in der Lage, das
Weſentliche ſeiner Eindrücke wiederzugeben.
Seit dem großen Verbrüderungsfeſt zwiſchen den rheiniſchen
Separatiſten von Smeets und den Herren des Comits du Rive
Engliſche Blätter melden, daß die Italiener bereits mit der Gauche du Rhin aus Paris in Aachen, wo man frazöſiſche Pro=
Räumung von Korfu begonnen haben. Artillerie und viel feſſoren die Stammperwandtſchaft aller Franken an der Seine,
der Mags und am Rhein predigen ließ, hat ſich viel verändert.
Wie die Bukareſter Blätter melden, wurden in den Räumen Man hat in Paris eingeſehen, daß man auf dieſe Weiſe niemals
faſziſtiſcher Organiſationen Hausſuchungen vorgenommen und zahl= zum Ziele gelangen würde, und deshalb den gelehrten und fried=
lichen
Herren dieſes Comités den Laufpaß erteilt und das
Drei Führer des indiſchen Nationalkongreſſes wurden von den Be= Wort den Generälen der Beſatzungsarmee überlaſ=
hörden
des indiſchen Staates Nabha verhaftet, wo die Agitation der ſen. Und dieſe halten keine Reden über ihre innige Bruderliebe
Die Pekinger Regierung hat eine Entſhäidigung von 35000 Dollar lich neue Verordnungen und Ausſetzungen, die die Rheinländer
wegen der Ermordung des Amerikaners Coltman in Kalgan bezahlt, ſo mürbe machen ſollen, daß ſie, wenn auch nicht aus Liebe zu
den ſtammverwandten Franken von der Seine, doch aus Ver=
zweiflung
ſich für die Unabhängigkeit ihres Rheinlandes erklä=
Die ſanfte Methode, der Herren des Comités hatte für
Paris zwei Nachteile: erſtens, daß faſt niemand ſie ernſt nahm
außer einer kleinen Gruppe moraliſch unter dem Durchſchnitt
ſtehender Sepavatiſten, und zweitens, daß man, als natürliche
Folge jener vorgeſchützten Verwandtenliebe, jenen Rheinländern
London, 22. Sept. (Wolff.) Der Evening Standard viel zu große Konzeſſionen machen müßte. Man konnte doch
kaum zuerſt verſichern: Ihr ſeid überhaupt keine Preußen, Ihr
kunft mit Poinearé wurde von maßgebender Seite in London ſeid Blut von unſerem Blut, das wir möglichſt ſchnell an unſer
eine wichtige Mitteilung gemacht, die ernſte Fragen, betreffeid Herz drücken wollen, und die Brüder dann noch ebenſo feſt
bezahlen laſſen und noch eine ebenſo große Anzahl franzöſiſcher
Soldaden auf einem in Frankreich unbekannten luxuriöſen Fuß
für den nächſten letzten Krieg unterhalten laſſen wie heute..
So hört man nichts mehr von dieſem freundlichen Locken
Gelegenheit ergreift, um ſeine Kabinettskollegen mit dem Er= der gutherzigen franzöſiſchen Profeſſoren, die ihren Mund ſtets
voll hatten über das Reich Karls des Großen, die franzöſiſche
machen. Obwohl dramatiſche Enzwickelungen nicht erwartet Kultur im Rheinlande uſw. . . . Nun haben das Wort nur noch
die Herren von Koblenz, die die furchtbaren Waffen des Ver=
kehrsverbotes
zwiſchen dem beſetzten und unbeſetzten Gebiete
und der Ausweiſungen weiter ſchwingen.
Nach meiner Feſtſtellung hat die ſeparatiſtiſche Bewegung ſo
gut wie gar nicht zugenommen, höchſtens an Bewegungsfreiheit.
Die Zahl der Separatiſten iſt nicht geſtiegen, doch die Gruppe,
die ſtets da war, aber ſich früher aus Furcht vor Repreſſalien,
der Bevölkerung und Verfolgung wegen Landesverrats durch die
deutſche Juſtiz nicht in vollem Umfange zu rühren wagte, iſt nun
viel brutaler geworden. Seit Beginn des Ruhrkrieges und der
ſtets ſteigenden Terroriſiewing der Rheinländer iſt der früher ſo
ſcheue Separatiſt ganz anders geworden. Jeden, den er bei den
Beſatzungsbehörden der Liebe zu Deutſchland oder feindlicher
Geſinnung gegen Frankreich anklagt, der fliegt über die Grenze.
Tauſende und Tauſende mußten einzig deshalb über die Grenze,
weil ſie den Smeets= und Dortenleuten im Magen lagen. Die
Franzoſen und Belgier wußten ſehr wohl, daß man einen
Rheinſtaat mit dem traurigen Menſchenmaterial, das die Separa=
tiſtenführer
hinter ſich hatten, nie verwalten könne. Aber zum
Aufſtöbern franzoſenfeindlicher Elemente, die ausgewieſen wer=
den
mußten, um den Widerſtand der deutſchen Eiſenbahner und
den Boylott der Bevölkerung gegen die Regieeiſenbahnen zu
brechen, waren ſie prächtig zu gebrauchen. Die kleine ſepara=
tiſtiſche
Minderheit konnte plötzlich auftreten, Verſammlungen
veranſtalten uſw. Der nationale Deutſche, der früher eine Sepa=
ratiſtenverſammlung
ſtörte oder einen Separatiſten verprügelte,
lief danals kein großes Riſiko. Aber heute heute zeichnet er
damit ſelbſt ſeinen Ausweiſungsbefehl. Das iſt der Grund für
die ſcheinbare Wiederbelebung des Separatismus im Rhein=
kaum
eine Veränderung eingetreten, außer in einigen ſchwer terro=
riſierten
Ecken der Eifel, in der Gegend von Trier und da und
dort unter den Bauern. Sonſt iſt nichts von einer Volksbewe=
gung
für Trennung vom Reiche zu bemerken. Selbſt jene Rhein=
länder
, die im Jahre 1919 eine Republik Rheinland innerhalb
des Reichsverbandes gründen wollten, denken nicht daran, das
mun zu tun, und ſie legen noch dieſelbe und abſolute Verachtung
für die Separatiſten vom Schlage der Smeets, Dorten und Mat=
thes
an den Tag. Die Separatiſten allerdings zeigen einen gro=
der
große Mann der Separatiſten der einzige übrigens, der
erſt einmal die Republik da ſei. Die Arbeiter, ſowohl die ſozia=
liſtiſchen
als die chriſtlichen, die immer wieder mit enem General=
ſeparatiſtiſchen
Staatsſtreich geſprochen wurde, würden, wenn
vielſagend, daß Lord Curzon ſich zur Begrüßung Baldwins, als man ihre Führer über die Grenze geſetzt und für etwas Lebens=
trum
, das ſich im Jahre 1919 von Bevlin habe umkaufen laſſen,
um die Sache des freien Rheinlandes zu verraten, ſeit ſtets
opportuniſtiſch, ſei am Tage vor der November=Revolution noch
monarchiſch, und am Tage nach der Revolution vollblutrepubli=
kaniſch
geweſen ... Von dieſer, Seite machte Dr. Dorten ſich
wenig Sorgen, da das Zentrum am Tage nach der Gründung
ſeiner Republik natürlich ſofort eine rheiniſche Zentrumspartei
bilden würde. Voyläufig ſei jedoch noch nichts anzufangen, da
die Engländer noch in Köln ſäßen und dort jede ſeparatiſtiſche
Aktion erſtickten. Aber es werde nicht mehr lange dauern, da die
das Rheinland geeignigt hätten. Frankreich machte Konzeſſionen
gegenüber den Türken, und die Engländer in der Rheinland=
frage
. Die Engländer hätten ſich nur die nötige Zeit ausbedun=
gen
, um ihre Figur gegenüber dem eigenen Volk und der Welt
zu retten.
Ich habe den Eindruck erhalten, daß ein Staatsſtreich im
Rheinland nicht ſo dicht vor der Türe ſteht, als man allgemein
des gonntags

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anzunehmen ſcheint. Frankreich hat meines Erachtens eine ſolche
Eile nicht. Es unterſtützt nur die eifrigen Separatiſten, die alle
möglichen Dienſte in der Ausnutzung der Regie, bei der Spio=
nage
unter der Bevölkerung uſw. leiſten, aber nur leiſe, ohne je
etwas Poſitives zu verſprechen. Man fährt fort, mit furchtbarer
Härte die Bevölkerung mürbe zu machen in der Hoffnung, daß
endlich doch auch einmal beſſere Menſchen von einem unabhängi=
gen
Rheinland zu ſprechen beginnen, als die heutigen Separa=
tiſten
.
Der Kölner Führer des Separatismus, Smeets, iſt, nach
dem Urteil der anderen, ſeit dem Anſchlag auf ihn geiſtiag er=
ledigt
. In einer Unterredung zwiſchen Dorten und dem neuen
Separatiſtenführer aus Düſſeldorf, Matthes, einem Erzfeind
von Smeets, wurde beſchloſſen, daß man die Dortenpartei ( Rhei=
niſche
Volksvereinigung) und die Matthespartei (Rheiniſche Un=
abhängigkeitspartei
Frei Rheinland) zu einem rheiniſchen Un=
abhängigkeitsverband
mit Anſchließung von Smeets vereinige.
Um die Führerſchaft in der künftigen Rheinrepublik ſtreiten
nun der Chefredakteur J. F. Matthes aus Düſſeldorf und
Dr. H. A. Dorten. Der Chefredakteur Matthes hat bereits
eine ſehr bedenkliche Laufbahn hinter ſich. Zu der Zeit, zu der
er unter die Waffen kommen ſollte, ſaß er in der Schweiz. Wäh=
rend
des Krieges war er Chauviniſt und Redakteur der Paſſauer
Zeitung, nach der Revolution wurde er Sozialdemokrat und
redigierte die ſozialdemokratiſche Volkszeitung in Aſchaffenburg.
Wegen Beleidigung des dortigen Bürgermeiſters wurde er zu
ſechs Monaten Gefängnisſtrafe verurteilt. Das Reichsgericht
verwarf ſeine Berufung, worauf Matthes nach Wiesbaden zog
und in franzöſiſche Dienſte trat. Bereits in Aſchaffenbura hatte
die ſozialdemokratiſche Partei ihn ausgeſtoßen, aber ſpäter wie=
der
aufgenommen. Im gegebenen Augenblick tauchte er wieder
in Deutſchland auf, bis ſeine drohende Verhaftung ihn zwang,
wieder nach dem beſetzten Gebiet zu flüchten. Hier wandte er ſich
an die Franzoſen um Schutz, nachdem er von der Düſſeldorfer
Geheimpolizei verhaftet worden war. Auf Befehl der Beſatzungs=
behörden
mußte er dann wieder freigelaſſen werden. Von Düſ=
ſeldorf
begab ſich Matthes nach ſeiner Freilaſſung nach Bonn.
So ſehen die Perſönlichkeiten aus, die ſich einbilden, daß
das fleißige Volk der Rheinlande ihnen in ihre ſeparatiſtiſchen
Abenteuer folgen ſoll.
In einer Unterredung mit dem großen neuen Führer und
verſchiedenen Dortenleuten verwunderte ich mich über die Naivi=
tät
dieſer Herren! Die ſprechen mit unerſchätterlicher Ruhe über
die Emiſſion neuen Geldes, aber es zeigt ſich, daß ſie nicht ein=
mal
wiſſen, wie das geſchehen ſoll, wer das tun ſoll, oder wer
oder was das garantieren ſoll. Sie debattieren über die Gren=
zen
des neuen Rheinlandes, als ob alle Weſtfalen nur danach

25 Milliarden Geldſtrafe.

Berlin, 23. Sept. Das Marktgericht des Potsdamer
Landgerichts verurteilte geſtern die Verwalter der Genoſſen=
ſchaftsmolkereien
in Lehnin und Beelitz an Ort und Stelle zu je
25 Milliarden Mark Geldſtrafe unter Einziehung des Ueberprei=
ſes
, weil die Molkereien in der vorigen Woche für ihre Produkte
höhere Preiſe nahmen, als ihnen nach der amtlichen Notierung
erlaubt war.
König Alfons von Spanien kaltgeſtellt.
TU. Paris, 22. Sept. Der Sonderberichterſtater des
Matin in Spanien macht ſenſationelle Angaben über die nähe=
den
Umſtände des von Primo de Rivera ins Werk geſetzten Ge=
waltſtreiches
. Der König, der den Generalhauptmann am Tage
nach der Revolution zu ſich berufen hatte, erklärte, er wünſche,
daß Primo de Rivera unter Einbeziehung von Ziviliſten zur
Bildung eines Miniſteriums ſchreite. Seine Bitte ſcheiterte aber
an der Feſtüigkeit des Diktators, der ſich entſchieden weigerte,
auch nur um ein Haar breit von ſeinem Programm abzuweichen.
Alfons XIII. beſjand ſo nachdrücklich auf ſeiner Bitte, daß
Primo de Riverg ihm kurz mit folgender Erklärung das Wort
abſchnitt: Ich habe in meiner Proklamation verkündet, daß wir
entſchloſſen ſind, a2 zu tun, um das Vaterland und den König
zu retten. Es bleikt nur ein Ausweg übrig, nämlich einen von
dieſen beiden Ausdrüsen zu ſtreichen. Der König gab hier=
auf
nach.
Direkte Verhandlungen zwiſchen Rom und Belgrad.
TU. Rom, 22. Sept. Der jugoſlawiſche Geſandte Antono=
witſch
hat geſtern dem Miniſterpräſidenten Muſſolini einen
Brief des jugoſlawiſchen Miniſterpräſidenten Paſitſch überreicht
als. Antwort auf einen Brief, den Muſſolini an Paſitſch perſön=
lich
gerichtet hatte. In dem Brief drückt der jugoſlawiſche Mi=
niſterpräſident
den Wunſch aus, daß die Verhandlungen zwi=
ſchen
den beiden Regierungen hinſichtlich des Fiumeproblems
von nun an direkt und unmittelbar geführt werden ohne das
Zwiſchenglied einer paritätiſchen Kommiſſion. Paſitſch iſt über=
zeugt
, daß e8 auf dieſem Wege leichter ſein wird, ein endgülti=
tiges
, zufriedenſtellendes Ahkommen zwiſchen den beiden Lin=
dern
abzuſchließen, mit dem Ziele, die guten Beziehungen zwi=
ſchen
den beiden Nationen zu feſtigen und die wirtſchaftliche Zu=
kunft
Fiumes ſicherzuſtellen. Hiermit treten die Verhandlungen
in der Fiumefrage in eine ganz neue Phaſe ein. Gerüchte,
wonach an der Fiumer Grenze i alieniſche Truppenbeſtände zu=
ſammengezogen
worden ſeien, werden von deu General Giar=

ſchmachteten, möglichſt bald unter die grün=eiß=rote Fahne des dino offiziell dementiert. Es ird erklärt, daß Italien ſeit min=
Herrn Matthes und Dr. Dorten zu kommen. Das ganze Ruhr= Leſtens 6 Monaten keinen einzigen Soldaten nach Iſtrien ge=

gebiet bis einſchließlich Dortmund wird rheiniſch! Frankfurt rufen zötte.
auch noch . . . Und ſie machten einander weiß, daß das ganze
rheiniſche Volk, daß alle Ruhrarbeiter, die Frankfurter, die Be= Die Hzilgaxiſche Aufruhrbewegung unterdrückt.
wohner der bayeriſchen Rheinpfalz ungeduldig auf das Ausrufen
der rheiniſchen Republik und die Ausgabe des rheiniſchen Geldes
TU Sofig, 23. Sept. Nach Mitteilungen der Regierung
warteten. Warten hat keinen Zweck mehr, die Sache iſt iſt die kommuniſtiſche Bewegung unterdrückt.
überreif! Sollte aus ſolch einem Dilettantismus von Aben= Sie hat mehrere hundert Todesopfer gefordert. Es
wurde der Belagerungszuſtand über das ganze Land verhängt.
teuern wohl je ein Staat geboren worden ſein?

Erweiterung der Beſetzung in Mannkeim.
IU. Mannheim, 22. Sept. Die Franzoſen haben das
Schloß als beſetztes Gebiet erklärt. Am Schloß wurde folgen=
der
Anſchlag angebracht: Die beſetzte Zone iſt wie folgt erweitert
worden: Rheinbrücke Ludwigshafen=Mannheim, Straße, welche
zum rechten Flügel des Schloſſes führt, Bismarckſtraße öſtlich
vom Friedrichspark, Ludwigsſtraße entlang des Friedrichsparks
bis zum Luiſenring, Straße und Bürgerſteig mit einbegriffen.
Die Räume im Innern des Schloſſes werden ſobald wie mög=
lich
ihrer Beſtimmung zurückgegeben.

Alle Aufſtändiſchen werden vor das Kriegsgericht
geſtellt. Unter den Verhafteten befindet ſich auch der kommu=
niſtiſche
General Wankoff, deſſen Sohn in den Kämpfen ge=
fallen
iſt. Die kommuniſtiſchen Abgeordneten wur=
den
verhaftet. Das Parlament wurde aufgelöſt und
die Regierung wird Ausſchreibungen für die Neuwahl erlaſſen.
Miniſterpräſident Zankoff überreichte die Geſamtdemiſ=
ſion
der Regierung. Zar Boris iſt in Sofia eingetroffen
und wird Zankoff mit der Bildung der neuen Regierung beauf=
tragen
, aus der nur der nationalliberale Miniſter Smilof aus=
ſcheiden
wird.
Schluß der Völkerbundstagung.

Zur innerpolitiſchen Lage.

Miniſterbeſprechung in Berlin. Poinearés
Reden.
Beim Reichskanzler fand geſtern nachmittag eine Miniſter=
beſprechung
ſtatt, die bis in die ſpäten Abendſtunden hinein
dauerte. Ein Teil der Miniſter war infolge Abweſenheit von
Berlin bei dieſer Beſprechung nicht zugegegen. Es verlautet,
daß irgendwelche entſcheidende Beſchlüfſe bezüglich
der heute und morgen in Berlin ſtattfindenden Verhandlungen
der Reichsregierung mit den Vertretern der beſetzten Gebiete
bzw. den Miniſterpräſidenten der Länder nicht gefaßt wor=
den
ſeien. Die Vertreter der beſetzten Gebiete haben
bis zur Stunde, entgegen allen diesbezüglichen Gerüchten, noch
keine Verhandlungen mit irgendwelchen Berliner
Stellen aufgenommen.
Die üblichen Sonntagsreden Poincarés haben
in Berlin eigentlich nicht überraſcht. Von zwei dieſer
Reden des geſtrigen Sonntags lohnt es ſich überhaupt nicht,
Notiz zu nehmen, und in der dritten, die er im Prieſterwalde
hielt, ſagte er das, was er bereits unzählige Mal an den ver=
ſchiedenen
Sonntagen der letzten Zeit wiederholt hat: Die Ver=
bündeten
ſind die Sieger, Deutſchland iſt beſiegt, Bedingungen
nehmen wir keine an. Das iſt kurz der Inhalt dieſer neueſten
Poincarerede.
Demgegenüber iſt immer und immer zu betonen, daß die
Reichsregierung an den aufgeſtellten Vorbedingungen für eine
eventuelle Aufgabe des paſſiven Widerſtandes feſthält und nie
und nimmer in eine bedingungsloſe Kapitula=
tion
einwilligen wird.
Streſemann über die Lage.
TU. Kopenhagen, 22. Sept. Reichskanzler Dr. Streſe=
mann
hat ſich einem Vertreter der National Tidende in Berlin
gegenüber über Deutſchlands jetzige und zukünftige
Lage geäußert. Der Kanzler erklärte, daß er für eine Verſtän=
digung
zwiſchen Deutſchland und Frankreich ſei, daß er für dieſe
Verſtändigung arbeiten wolle. Das endgültige Ziel ſei, Deutſch=
land
zur Freiheit zurickzuführen. Nach Deutſchlands nächſter
Zukunft befragt, erblärte der Kanzler, ſie hänge von den Deut=
ſchen
ſelbſt ab. Wir ſind ein zerrüttetes Volk, ein bedrücktes
Volk, aber kein zuſammengebrochenes Volk. Ungebeugt erwarten
wir die Zukunft.
Por den Berliner Beſprechungen.
Reichsbahnkonferenz in Gießen.
Berlin, 23. Sept. (Wolff.) Der Reichsverkehrsminiſter
Oeſer hatte geſtern die Vertreter der Reichsbahn des be=
ſetzten
und Einbruchsgebietes zu einer Beſprechung nach Gie=
ßen
eingeladen, wie dies früher ſchon in Elberfeld und Heidel=
berg
geſchah. Die Beratungen betrafen unter anderem dem
Stand des Abwehrkampfes, ſowie die Fürſorge für
die Ausgewieſenen. Die Konferenz war von dem Präſidenten
der betroffenen Direktionen, den Führern der Gewerkſchaften,
den Vertretern der im Abwehrkampf ſtehenden Perſonalgruppen
beſucht. Der Miniſter war von leitenden Beamten des Reichs=
verkehrsminiſteriums
begleitet. Im Anſchluß an den Empfang
der Beamten und Perſonalvertreter der in Gießen untergebrach=
ten
Reichsbahndirektion Trier begrüßte der Miniſter die grö=
ßere
Zahl neu ausgewieſener Eiſenbahner, die
meiſt mit Familien eben aus Trier und Umgebung eintrafen,
um von hier aus ihren Unterkunftsorten zugeleitet zu werden.
Die Berliner Sozialdemokraten gegen die
Koalition.

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Arbeit

Die vertriebenen Eiſenbahner.
Köln, 22. Sept. (Wolff.) Nach einer Ueberſicht über die
Maßnahmen der Beſatzung gegen die Eiſenbahner bis 8. Sep=
dember
wurden aus ihren Wohnungen vertrieben: 27819 Be=
dienſtete
nebſt 68821 Familienangehörigen, hiervon aus dem
altbeſetzten Gebiet 23 144 Bedienſtete mit 57 289 Familienange=
hörigen
, ausgewieſen wurden 22 606 Eiſenbahnbedienſtete mit
57 584 Familienangehörigen, hiervon aus dem altbeſetzten Gebiet
18 393 Eiſenbahnbedienſtete und 47 439 Familienangehörige, ver=
haftet
wurden 2327 Bedienſtete und 628 Familienangehörige, ver=
urteilt
ſind 305 Eiſenbahnbedienſtete und 191 Familienange=
hörige
, getötet 7 Eiſenbahnbedienſtete und 4 Familienangehörfge.
Geldſtrafen wurden in Höhe von 6 474 333 000 Mark und 194
Millionen Franken verhängt; hiervon entfallen auf das alt=
beſetzte
Gebiet 6 249 299 000 Mark. An Freiheitsſtrafen wurden
ausgeſprochen: 20 Jahre Zuchthaus, 334 Jahre 7 Monate Ge=
fängnis
, hiervon entfallen auf das altbeſetzte Gebiet 20 Jahre
Zuchthaus, 257 Jahre 8 Monate Gefängnis.

TU. Genf, 23. Sept. Die Völkerbundsverſammlung ſchloß
geſtern die Debatte über die Entgegennahme des Berichtes des
Rates, nachdem Profeſſor Maurray, ein engliſcher Maharadſchah
und ein chineſiſcher Delegierter geſprochen hatten. Die Ver=
ſammlung
nahm ferner den Bericht der Kommiſſion des Völker=
bundes
für Verkehrs= und Tranſitfragen entgegen und beſchäf=
tigte
ſich dann mit der Einberufung der zweiten internationalen
Verkehrskonferenz nach Genf, die für den 15. November vorge=
ſehen
wurde. Auf der erſten Konferenz in Barcelona war be=
kanntlich
auch Deutſhland zugegen, und es dürfte zu erwarten
ſein, daß es auch an der zweiten Zuſammenkunft teilnehmen
wird. Die Kommiſſion für geiſtige Sammelarbeit iſt geſtern
nachmittag zuſammengetreten und beſchloß, der Verſammlung
eine Vergrößerung ihrer Mitgliederzahl durch Aufnahme von
Vertreter derſchiedenſter Kulturen vorzuſchlagen. An Stelle
des ausgeſchiedenen Dr. Einſtein iſt ein Wiener Profeſſor als
Vertreter der deutſchen Kultur aufgenommen worden. Das
Oberkommiſſariat für die ruſſiſchen Flüchtlinge ſoll auch für das
Jahr 1924 beſtehen bleiben.

Berlin, 24. Sept. (Wolff.) Geſtern fand hier Bezirks=
parteitag
der Berliner Sozialdemokraten ſtatt. Vor zwei Wochen
war beſchloſſen worden, den ſächſiſchen Miniſterpräſidenten
Zeigner nach Berlin zu berufen, um vor den Berliner Funk=
tionären
über die ſozialdemokratiſche Politik in Sachſen zu
ſprechen. Die Berliner Funktionäre haben ſich geſtern in ihrer
Mehrheit hinter Zeigner geſtellt. Eine Reihe von
Anträgen, deren Tendenz ſich gegen die große Koalition im
Reichstag ausſpricht, wurde angenommen. Anträge über die
Abſetzung der Vorwärts=Redakteure gelangten nicht mehr zur
Erledigung und ſollen am nächſten Sonntag auf die Tagesord=
nung
geſetzt werden.
Der Parteiausſchuß der Sozialdemokratiſchen Partei hielt
geſtern gemeinſam mit der Demokratiſchen Partei Beſprechun=
gen
über die politiſche Lage ab. Zu den Putſchabſichten der
Kommuniſten erklärte Reichswehrminiſter Geßler, daß ſeine
Befehle im Falle von Putſchverſuchen an Klarheit und Deut=
lichkeit
nichts zu wünſchen übrig laſſen werden. Dasſelbe wäre
der Fall mit den Befehlen der Offiziere und Unteroffiziere.

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Heſſiſches Landestheater.
Kleines Haus. Sonntag, den 23. September:
Figaros Hochzeit.
Komiſche Oper von W. A. Mozart.
* Die Aufführung dieſes unvergleichlichen Meiſterwerks iſt
in der Hartungſchen Einrichtung fürs Kleine Haus ſeit vorigem
Jahre vorbildlich und beſtätigte heute ihren weit über Darmſtadt
hinausreichenden Ruf. Der Eindruck, den das geiſt= und humor=
ſprühende
Stück mit ſeiner göttlichen Muſik in unverwüſtlicher
Friſche immer aufs neue auslöſt, iſt in ſo vortrefflicher Darbie=
tung
ſchlechthin ein Hochgenuß.
Im Mittelpunkt der Teilnahme ſtanden die neu beſetzten
Rollen, die jedoch bereits ſo feſt eingefügt erſchienen, daß am
Geſamtſtil keinerlei Veränderung merkbar war. Paula Kapper
hat ſich als Suſanne ſchon im Vorjahre vorgeſtellt. Sie beſitzt
alle beſten Eigenſchaften für dieſe Rolle: Klugheit, behende Zier=
lichkeit
des Spiels, ausdrucksvolle Mimik und muſikaliſche Be=
herrſchung
. Sie hat eine kleine, jedoch feingeſchliffene Stimme,
die in den Enſembles gut trägt, in den Rezitativen nachgibt, in
den Arien warm klingt, und die ſie ſachgemäß zu behandeln ver=
ſteht
. Man hatte den Eindruck einer im Kunſtgeſang weit vor=
geſchrittenen
, ſehr ſicheren Künſtlerperſönlichkeit. Ihre heutige
Leiſtung war ein voller Erfolg.
Gertrud Gercke ſang die Gräfin. Ich bewunderte, wie
ihuer, ihre wundervolle Stimme, die für dieſe Rolle freilich
etwas beweglicher ſein dürfte, bedauerte nur aufs neue, daß es
dieſer ernſten Künſtlerin nicht gegeben iſt, über das Vorſchrifts=
mäßige
der Darſtellung hinaus Perſönliches zu geben.
Der Cherubin iſt Margerete Albrechts glücklichſte Rolle.
Wie ſie das Knabenhaft=Schelmiſche, Freche, Verliebte gibt und
mit ihrer ſüßen Stimme ausſtattet, iſt entzückend.
Was wir an Herrn Hölzlin als Figaro künſtleriſch be=
ſitzen
, erübrigt ſich, zu wiederholen. Auch heute bewährte er ſich
als ſchlechtweg meiſterlicher Darſteller dieſer prachtvollen Rolle.
Herr Heuſer, der eine anfängliche Indispoſition ſchnell über=
wand
, iſt ein in Auftreten, Spiel und Geſang vortrefflicher Graf
Almaviva. Die Chargenrollen der Marzelline und des Bartolo
ſind bekannte Glanzleiſtungen von Anna Jacobs und Herrn
Kuhn, denen ſich Herr Vogt als Baſilio gleichwertig zuge=
ſellte
. Herr Vogt iſt ein vielſeitiges Talent. Mit ſeiner ſcharfen
Auffaſſungsgabe, ſchöner, wohlgeſchulter Stimme, viel Humor
und Friſche wird er ſchnell größte Beachtung finden. Auch die
Vertreter des Richtens (Herr Möbus), des Gärtners (Herr

Welcker) und nicht zuletzt Hilde Baß als ſchmuckes Bärbchen
lobe ich gern und aufrichtig.
Joſeph Roſenſtock war der Meiſteroper ein feinſinniger
und begeiſternder Leiter. Er nahm mir nur viele Zeitmaße
etwas zu raſch.
vH.

Von der Million zur Centeſillion.
(Etwas von Rieſenzahlen.)
* Ein trauriges Geſchick zwingt alle Kreiſe unſeres Volkes,
heute mit zehn=, zwölf= und mehritelligen Zahlen zu jonglieren,
denn wir ſind ja nun leider auch bei jenen ſonſt den gewöhn=
lichen
Sterblichen unbekannten aſtronomiſchen Zahlen ange=
langt
, von denen Tſchitſcherin ſeinerzeit bei einer Darlegung
des ruſſiſchen Budgets ſprach. Wird doch ſogar berichtet, daß
ſchon einige ältere Frauen dem Zahlenwahnſinn verfallen ſind
und ins Irrenhaus gebracht werden mußten, weil ihnen dieſe
Nieſenziffern zu Kopf geſtiegen waren. Es gibt nur ein Volk
der Weltgeſchichte, das augenſcheinlich ein Vergnügen an großen
Zahlen gehabt hat. Das ſind die Inder, deren Zahlenbegabung
ſich auch darin äußerte, daß ſie die heutige Ziffernſchrift erfunden
haben. In Indien gab es bereits zu Buddhas Zeiten Zahl=
wörter
für alle Zahlen bis zu hunderttauſend Millionen, und
Buddha ſoll die Zahlwortbildung bis zur Monillion fortgeſetzt
haben. Der nächſte Schritt wäre dann die Centeſillion geweſen,
die durch eine Eins mit ſechshundert Nullen dargeſtellt wird.
Die Zahlenliebe der Inder offenbart ſich in ihrer Dichtung, wenn
von einem König erzählt wird, der 1000 Billionen Diamanten
beſaß, von einer Schlacht die Rede iſt, in der 10 000 Sextillionen
Affen kämpften, uns von Buddha berichtet wird, er habe
600 000 Millionen Söhne gehabt. Von dieſer Ausnahme abge=
ſehen
, kann man eine allmähliche Entwicklung des Zah=
lenſinns
in der Kultur feſtſtellen, die langſam bis zur Mil=
lion
anſteigt und ſich erſt in der Ausbildung der exakten Wiſſen=
ſchaften
zu Zahlenungeheuern, wie der Centeſillion, ausbildet.
Intereſſante Einzelheiten über dieſe Entfaltung der Zahlen=
begriffe
teilt G. Bergmann in einem Aufſatz der Leipziger Illu=
ſtrierten
Zeitung mit. Es gibt primitive Völker, die tatſächlich
nicht bis drei zählen können, ſo z. B. die Botokui, die ſchon
für zwei und drei ein und dasſelbe Wort haben und nur zwiſchen
eins und viel unterſcheiden. Die Baccaſiri, die am Eingu, einem
Nebenfluß des Amazonenſtroms wohnen, können nur bis ſechs
zählen und faſſen ſich, wenn ſie größere Zahlen nennen wollen,
in die Haare, um damit etwas Unzählbares auszudrücken. In
allen indogermaniſchen Sprachen zeigen die Zahlwörter für
1100 große Verwandtſchaft, während bei den Zahlwörtern für
1000 bereits ſtarke Verſchiedenheiten auftreten. Man hat daraus

mit Recht geſchloſſen, daß erſt in einer Kulturperiode, in der die
indogermaniſchen Völker ſich bereits getrennt hatten, das Be=
dürfnis
entſtand, eine ſo große Zahl wie 1000 ſprachlich auszu=
drücken
. Adam Rieſe, der berühmte deutſche Rechenmeiſter,
kennt um die Mitte des 16. Jahrhunderts das Wort Million
noch nicht, ſonderen umſchreibt es durch 1000X1000. Erſt im
18. Jahrhundert trat die Menſchheit eigentlich in das Zeitalter
der Millionen ein, und die Wörter Milliarde und Billionen
ſind noch viel ſpäter entſtanden. Bis in unſere Tage hatte man im
praktiſchen Leben ſelten mit mehr als 8ſtelligen Zahlen zu tun.
Erſt die Wiſſenſchaften, namentlich die Aſtronomie, erweiterten
unſere Zahlenbegriffe bis ins Ungeheuere, und ſo entſtanden die
Wortbildungen Trillion für eine 1 mit 18 angehängten Nullen,
Quadrillion für eine 1 mit 24 Nullen, Quinquillion Se=
quillion
, bis Centeſillion, wobei die letztere, mathematiſch ge=
ſprochen
, die 600. Potenz von 10 oder die 100. Potenz von einer
Million darſtellt, da eine Million die 6. Potenz von 10 iſt. Bei
wiſſenſchaftlichen Berechnungen finden dieſe Rieſenzahlen ihre
Anwendung. So beträgt z. B. das Gewicht der Erde 5 Quadril=
lionen
980 000 Trillionen Kilogr, oder 5960 Trillionen Tonnen.
Ein anſchaulicherer Begriff für dieſe geheimnisvollen Worte, die
ungeheuere Mengen von Einzelwerten darſtellen, läßt ſich aus
einigen Beiſpielen gewinnen. So durchläuft der Sekundenzeiger
der Uhr in einer Stunde 3600, in einem Tage 86400 und in einem
Jahre, zu 365 Tagen gerechnet, 31 536 000 Sekunden. 1 Million
Sekunden ergeben umgeformt demnach nur 11 Tage, 13 Stunden,
46 Minuten und 40 Sekunden, während für die Zurücklegung
von 1 Milliarde Sekunden bereits 31 Jahre, 159 Tage, 1 Stunde,
46 Minuten und 40 Sekunden erforderlich ſind. Eine Zeit von
1 Billion Sekunden hat das Menſchengeſchlecht in hiſtoriſchen
Zeiten überhaupt noch nicht erlebt, denn die Zahl entſpricht
einem Zeitraum von 31 709 Jahren, 289 Tagen, 1 Stunde, 46
Minuten und 40 Sekunden. Daß die Aſtronomie mit ſolchen
Zahlen operiert, iſt ja bekannt; zu ähnlichen Rieſenziffern führt
aber auch die Kombinationslehre. Das Skatſpiel, bei dem be=
kanntlich
32 Karten ſo unter drei Perſonen verteilt werden, daß
jede 10 erhält und zwei Karten als Skat gelegt werden, führt zu
der Frage, auf wievielfache Weiſe ſich die Karten verteilen laſſen,
und die Kombinationslehre gibt die Anzahl mit 2753 Billionen
264 408 Millionen 504 640 an. Um eine Vorſtellung von der
Größe dieſer Zahl zu geben, wird angeführt: Spielte die ganze
lebende Menſchheit von rund 1,5 Milliarden Seelen ohne Unter=
brechung
Tag und Nacht Skat, und zwar burchſchnittlich ein Spiel
in fünf Minuten, dann müßten zunächſt einmal alle Menſchen
52 Jahre, 139 Tage, 21 Stunden und 20 Minuten ſpielen, und
in den letzten 5 Minuten könnten 247 486 080 Menſchen als
Kiebitze zuſchauen, bis ſämtliche Kombinationen geſpielt wären,

[ ][  ][ ]

Rummer 264.

Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 24. September 1923.

Seite 3.

Maßnahmen gegen etwaige Umſturzverſuche.
Berlin, 23. Sept. (Wolff.) In der Oeffentlichkeit ſind
in der letzten Zeit wiederholt Gerüchte aufgetaucht über Bewe=
gungen
, die ſich gegen die Statsgewalt richteten und einen Um=
ſturz
vorbereiteten. Von verſchiedenen Seiten ſind nach dieſer
Richtung öffentlich auch Drohungen ausgeſprochen worden. An
der Stellung der Reichsregierung gegenüber etwaigen derartigen
Verſuchen kann ein Zweifel nicht beſtehen. Unter dem Vorſitz
des Reichspräſidenten hat geſtern eine Beratung ſtattgefunden,
an der der Reichskanzler, der Reichsminiſter des Innern, der
Reichswehrmimiſter und der Chef der Heeresleitung, General
von Seeckt, teilgenommen haben. Dieſe Beratungen hatten den
Zweck, alle Maßnahmen vorzubereiten, die notwendig werden
könnten, um derartige Beſtrebungen unſchädlich zu machen. Es
beſteht unter den verantwortlichen Faktoren der Reichsregierung
volle Uebereinſtimmung darüber, daß gegenüber jedem Verſuch,
die Staatsgewalt zu erſchüttern, von welcher Seite er auch kom=
men
mag, die ſofort erforderlichen Maßnahmen ergriffen und
die der Reichsregierung genügend zur Verfügung ſtehenden
Machtmittel des Staates eingeſetzt werden.
Die Thüringer Regierungskriſe.
Weimar, 22. Sept. Die ſozialdemokratiſche Landtags=
fraktion
beſchloß folgende Mitteilung durch ihre Verhandlungs=
kommiſſion
den Kommuniſten zugehen zu laſſen:
Die thüringiſche Landtagsfraktion und die Vertreter des Be=
zirksvorſtandes
des V. S. P. D. nehmen Kenntnis von dem Gang
der Verhandlungen ihrer Verhandlungskommiſſion mit der
K. P. D. Die Verhandlungskommiſſion wird beauftragt, die
K. P. D. daran zu erinnern, daß die erſten Verhandlungen auf
Wunſch der K. P. D. ausgeſetzt wurden, um ihr Zeit zu geben,
zu dem von der V. S. P. D. unterbreiteten Programm Stellung
zu nehmen. In der zugeſtellten Erklärung fehlt eine ſolche Stel=
lungnahme
. Es wird eine klare Antwort gewünſcht, ob die K.
P. D. bereit iſt, auf Grund dieſes Programms mit in die Regie=
rung
einzutreten oder eine Minderheitsregierung, die von der
V. S. P. D. zu ſtellen wäre, zu ſtützen.
Zur Beantwortung dieſer Mitteilung iſt den Kommuniſten
eine Friſt bis. Dienstag, den 25. September, geſtellt. Zugleich
wurde beſchloſſen, nächſten Mittwoch in Weimar eine Konferenz
der Landtagsfraktion und der Parteifunktionäre einzuberufen.
Die chriſtlichen Gewerkſchaften Bayerns gegen
Putſchgerüchte.
München, 23. Sept. (Wolff.) Der Landesausſchuß der
Chriſtlichen Gewerkſchaften Bayerns faßte in ſei=
wer
vorgeſtrigen Sitzung eine Entſchließung, die ſich gegen
Putſchgerüchte wendet. Es wird weiter darin zum Aus=
druck
gebracht, daß die Chriſtlichen Gewerkſchaften ihre Regie=
rungen
nachdrücklichſt unterſtützen werden, wenn es gilt,
eine Gewaltanwendung gegen den Staat und die Geſellſchaft zu
vereiteln, insbeſondere werden die ſtarken Gruppen der Mit=
gliedſchaften
in den ſtaatlichen Verkehrsanſtal=
ten
jeden gewaltſamen, rechtswidrigen Eingriff in die Betriebe
zu vereiteln wiſſen. Die Chriſtlichen Gewerkſchaften wollen
nuch in den Zeiten größter Not zum Vaterlande ſtehen und alle
reichszerſtörenden Einflüſſe zurückweiſen. Von der bayeriſchen
Regierung wird erwartet, daß ſie die angekündigten Maßnahmen
zur Erleichterung der Lebensmittelverſorgung rückſichtslos
durchführt.
Unruhen in Gleiwitz.
TU. Gleiwitz, 23. Sept. Der geſtrige Tag war für Glei=
witz
ein Kriſentag. Schon in den Vormittagsſtunden verließen
die Arbeiter der in Hindenburg gelegenen Gruben ihre Arbeits=
ſtellen
und ſchloſſen ſich zu einem Demonſtrationszug zuſammen,
der aber von der Schutzpolizei zerſtreut werden konnte. Große
Arbeiterwaſſen bewegten ſich darauf nach Gleiwitz, um mit den
hier arbeitenden Kollegen gemeinſam zu demonſtrieren. Ein Zug
von etwa 1215000 Mann bewegte ſich am Nachmittag durch
die Hauptſtraßen von Gleiwitz. Es kam zu einem Zuſammen=
ſtoß
mit der Polizei, wobei es einige Verwundete gab. Grund
zu den Unruhen ſollen die am Samstag den Arbeitern ausge=
zahlten
Vorſchüſſe von 70 bis 100 Millionen Mark pro Mann
gegeben haben. Sollten am Montaa nicht größere Vorſchüſſe ge=
zahlt
werden, ſo iſt mit weiteren Unruhen zu rechnen.
Links= und Rechtsradikale in Baden.
U. Karlsruhe 23. Sept. Aus Oberbaden wird
uns von zuverläſſiger Seite mitgeteilt: Die Bereitſchaftspolizei,
die in Lörrach eingeſetzt worden war, unterzog ſich, nachdem
ſie von Lörrach abgerückt war, verſchiedener polizeilicher Under=
nehmungen
in der Gegend des Wieſen= und Oberrheintals. Es
wurden dabei mehrere Kommuniſteneſter ausgehoben, Waffen
und Munition beſchlagnahmt und deren Beſitzer verhaftet. An=
dererſeits
wurden von derſelben Polizeibereitſchaft Spuren auf=
gedeckt
, die auch bereits verfolgt wurden. Sie führten dazu, daß

bei einer Reihe von Leuten, die als Rechtsradikale bekannt ſind,
unerlaubter Waffenbeſitz feſtgeſtellt wurde. Die Bereitſchafts=
polizei
entdeckte verſchiedne Maſchinengewehre und Munition
und beſchlagnahmte dieſe und verhaftete ihre Beſitzer. Ueber
dieſes Vorgehen in Ruft und in Eppenheim erfahren wir
weiter aus Ruft: Aus der Umgebung erſchien am letzten Don=
nerstag
ein Demonſtrationszug, meiſt aus Landwirten und Klein=
pächtern
beſtehend, um Forderungen wegen der Regelung des
Pachtverhältniſſes vorzubringen und um gegen die Landabgabe
zu proteſtieren. Der Oberamtwann verhandelte mit einer Ab=
ordnung
der Demonſtranten. Bei der Demonſtration wurde ein
Gendarm von der Menge niedergeriſſen und ſeiner Waffen und
Munition beraubt, die ſpäter dem Amtmann übergeben wurden.
Um die Täter zu verhaften, wurden mehrere Gendarmen tags
darauf nach Ruft entſandt, die jedoch von der Menge überwältigt
und im Rathaus feſtgeſetzt wurden. Der Amtmann begab ſich dar=
auf
mit einem Gendarmieaufgebot nach Ruft. Es gelang, die im
Rathaus feſtgehaltenen Gendarmen freizubekommen, ohne daß
die Bereitſchaftspolizei eingreifen mußte. Die Bereitſchaftspolizei
blieb jedoch in Ruft, da ſie am nächſten Nachmittag verſchiedene
Verhaftungen vornehmen mußte.
Wiedereinführung der Zrsungsbewirtſchaftung
für Geſchäftsräume.
Berlin, 22. Sept. (Wolff.) Der amtliche Preußiſche Preſſe=
dienſt
teilt eine Anordnung des Wohlfahrtsminiſteriums mit,
worin es heißt: Bei der Neufaſſung der Ausführungsbeſtimmun=
gen
zum Reichsmietengeſetz Anfang Juni dieſes Jahres machte
der preußiſche Miniſter für Volkswohlfahrt den Verſuch, die
Zwangsbewirtſchaftung im Wohnungsweſen auf einem Teil=
gebiet
aufzuheben, beſonders bei gewerblichen Räumen in reinen
Geſchäfts= und Induſtriehäuſern. Die Spitzenorganiſationen der
Vermieter ſagten überdies zu, ſich dafür einſetzen zu wollen, daß
dieſe Belaſtung einen gewiſſen Prozentſatz der Friedensmiete
nicht überſchreiten würde. Seit dem Inkrafttreten des Geſetzes
ſind unerwartet tiefgreifende Veränderungen der wirtſchaftlichen
Verhältniſſe eingetreten, welche zeigten, daß die Vorausſetzungen
für eine teilweiſe Aufhebung der Zwangswirtſchaft noch nicht
gegeben ſind. Es kommt hinzu, daß die Spitzenorganiſationen
der Vermieterverbände nicht ſtark genug waren, ihren Einfluß
auf alle Vermieter dahin geltend zu machen, die eingegangenen
Verpflichtungen bezüglich der beſtimmten Höchſtgrenze für die
Miete zu halten. Nach wiederholter Anhörung der beteiligten
Intereſſentenkreiſe entſchloß ſich der Miniſter für Volkswohlfahrt
nunmehr, die Beſtimmungen zum nächſtmöglichen Termin wieder
aufzuheben und auch die Räume in reinen Geſchäfts= und In=
duſtriehäuſern
inſofern der Zwangswirtſchaft zu unterwerfen,
als die Feſtſetzung der Mieten der ſtaatlichen Aufſicht unter=
ſtellt
wird.

Die Liebestätigkeit des deutſchen Zentral=
Ausſchuſſes für Auslandshilfe.
Berlin 23. Sept. (Wolff.) In allen den Kinderſpei=
ſungswerken
des Deutſchen Zentralausſchuſſes für Auslands=
hilfe
angegliederten Schulen und Anſtalten Deutſchlands fanden
einfache Feiern ſtatt, die den Kindern ein Bild der Liebes=
tätigkeit
vermitteln wollten, die vom Deutſchen Reiche und
von ausländiſchen Freunden zu ihren Gunſten geübt wird. Der
Mittelpunkt der großen Berliner Feier bildete eine vom Bezirk
Prenzlauer=Berg veranſtaltete Feſtlichkeit in der Brauerei König=
ſtadt
, wo 70 Schulen mit etwa 3500 Kindern vereint waren. Als
Vertreter des Reichsernährungsminiſters Dr. Luther erſchien
Miniſterialrat Dr. Boſe. Die Vereinigten Staaten entſandten
den Botſchaftsrat Robbins als Vertreter. Auch die Reichs=
und Landesminiſterien, ſo das Reichsminiſterium des Innern,
das Reichsgeſundheitsamt, das Reichsarbeitsminiſterium, das
preußiſche Miniſterium für Volkswohlfahrt waren vertreten. Auch
führende Perſönlichkeiten von amerikaniſchen und engliſchen
Quäkern wohnten bei. Sämtliche Kinder wurden mit Kakao und
Gebäck bewirtet.
Der Kampfder deutſchen Minderheiten in Polen
Kattowitz 23. Sept. (Wolff.) In einer in der deutſchen
Preſſe Polniſch=Oberſchleſiens veröffentlichten Erklärung des
Deutſchen Volksbundes für Polniſch=Oberſchleſien wird darauf
hingewieſen, daß durch das Genfer Abkommen Polen verpflichtet
ſei, bis zum 1. September Volksſchulen wie auch Gymnaſien
und Lyzeen für die deutſchen Minderheiten einzurichten. Bis=
her
ſei aber, heißt es in der Erklärung, im polniſchen Teile
Oberſchleſiens nicht eine einzige Volksſchule im Sinne des Gen=
fer
Abkommens eingerichtet worden, obwohl entſprechende An=
träge
friſtgemäß eingereicht wurden. Dieſe Anträge ſeien von
der oberſten Schulbehörde nicht einmal geprüft worden, ebenſo=
wenig
gebe es heute, fünfzehn Monate nach dem Uebergang der
Staatshoheit an Polen, in Polniſch=Oberſchleſien eine einzige
höhere Schule für die deutſche Minderheit.

Die Lage im amerikaniſchen Baugewerbe.
Von
Francis H. Siſſon, Newyork.
(F.E,S.) Die bedrohliche Lage im Baugewerbe der Vereinig=
ten
Staaten als Folge einer Forderung nach Bauarbeiten, der
mit den zur Verſügung ſtehenden Materialien und Arbeitskräften
nicht entſprochen werden konnte, liefert ein ſehr gutes Beiſpiel
für die Unſicherheit, die ſich für einen Induſtrie= und Gewerbe=
zweig
ergibt, wenn die Koften eine prohibitive Höhe erreichen
oder zu erreichen drohen. Die Abhilfe für einen ſolchen Zuſtand
bann entweder allmählich oder durch eine draſtiſche Einengung
der Tätigkeit und ſcharfe Neuregelung der Preiſe erreicht werden.
Daß die für das Baugewrbe ſo beſonders bedrohlichen Verhält=
niſſe
ſo allſeitig anerkannt worden ſind, gibt Anlaß zur Genug=
tuung
. Vereinte Anſtrengungen ſeitens der Vertreter verſchie=
dener
Intereſſengruppen ſind im Gange, um einen gewiſſen
Grad der Stabiliſierung herbeizuführen. Einige Wirkung haben
dieſe Bemühungen gezeitigt in der Hinausſchiebung von Bauten
oder auch dem Verzicht auf ſolche, über die noch kein Vertrag
abgeſchloſſen war; in manchen Fällen ſind ſogar die bereits be=
gonnenen
Arbeiten eingeſtellt worden. Mit einem ſofortigen
merklichen Rückgang der Koſten für Material und der Löhne
konnte für jetzt noch nicht gerechnet werden. Sofern jedoch das
erſte Ziel derjenigen Kreiſe, die um die Verhütung eines Zu=
ſammenbruches
im Baugewerbe bemüht waren, die Stabiliſie=
rung
war mit ihrer Auswirkung auf die allgemeine Wirtſchafts=
lage
, liegt die Befeſtigung der Preiſe für die wichtigſten Bau=
materialien
, wie ſie während der letzten Wochen zu beobachten
war, auf der angeſtrebten Linie. Das Baugewerbe iſt eine
Schlüſſelinduſtrie und von ſeiner Beſchäftigung hängt in ſtar=
kem
Maße eine lebhafte Geſchäftstätigkeit überhaupt ab. Die
Erzeugniſſe der Wälder, der Ziegeleien, Bergwerke und Stein=
brüche
und deren Weiterverarbeitung und Transport, die Imen=
einrichtung
, Bemalung, der Anſtrich uſw. der fertigen Bautem
ſie alle zuſammen berühren mehr oder weniger direkt jeden
Zweig des Wirtſchaftslebens.
Die Bereitwilligkeit der Vertreter der verſchiedenen unmittel=
bar
beteiligten Intereſſen der Produzenten von Baumaterial,
des Baumaterialhandels, der Bauunternehmer, Beſitzer, Kredit=
inſtitutte
und Arbeiter an einem Stabiliſierungsplan mitzu=
tun
, iſt ſehr beachtenswert, nicht nur wegen ihres direkten heil=
ſamen
Einfluſſes auf die Wirtſchaft, ſondern auch als Möglich=
keit
, durch ein lamgfriſtiges Bauprogramm jene wirtſchaftliche
Kriſe zu vermeiden, die in Amerika als Rückſchlag nach den
Hochkonjunkturzeiten gemeinhin einzutreten pflegt. Hier iſt im
Großen ein Beiſpiel dafür gegeben, wie heutzutage die unheil=
vollen
Folgen der zu weit getriebenen Konjunktur vermieden
oder doch vermindert werden können. Die jetzt unternommenen
organiſierten Bemüthungen, um einem drohenden Rückſchlag im
Baugewrbe vorzubeugen, ſind auch ein Symptom, wie ſehr plan=
mäßige
Maßnahmen allgemein noc tun, die einen ſolchen aus=
gleichenden
Einfluß auszuüben angetan ſind. Eine gleichmäßige
Verteilung der Arbeiten über das ganze Jahr iſt für das Bau=
gewerbe
ganz beſonders wünſchenswert. Die Löhne im Bau=
gewerbe
werden durch den in der ungünſtigeren Jahreszeit faſt
vollſtändigen Mangel an Beſchäftigung bedingt. Die Ulimatiſchen
Bedingungen ſchließen natürlich eine vollkommen gleichmäßige
Beſchäftigung aus: aber die ſtärkſten Schwankungen könnten doch
vernieden und allerhand Innenarbeit ſehr wohl im Winter er=
ledigt
werden. In den großen Srädten wirken auch die Umzugs=
termine
ſtark dahin mit, daß etwa auf die Quartalsanfänge zu
die Beſchäftigung beſonders ſtark wird. Als nachteilig haben ſich
endlich die ſehr rigoroſen Bedingungen erwieſen, die die Ge=
werkſchaften
hinſichtlich der Lehrzeit und Vorbildung der Bau=
handwerker
ſtellen und die wohl zum Nutzen Einzelner, nie aber
zum Wohle des Allgemeinintereſſes dienen.
Der größte Segen, der von einer einigermaßen weitgehen=
den
Stabiliſierung im Baugewerbe zu gewärtigen iſt, würde in
dem Beweis liegen, daß es möglich iſt, durch eine freiwillige
planmäßige Aktion einen nach den früheren Erfahrungen unbe=
dingt
drohenden Zuſammenbruch und eine mehr oder weniger
lange Depreſſionszeit zu vermeiden.

25jähriges Jubiläum der inneren Miſſion.
EU. Berlin, 23. Sept. Unter ſtarker Beteiligung aus dem
evangeliſchen In= und Auslande iſt der Zentralausſchuß für die
Innere Miſſion der evangeliſchen Kirche unter dem Vorſitz ſeines
Präſidenten zur Feier ſeines 75jährigen Beſtehens in Witten=
berg
zuſammengetreten. Man bemerkte unter den Gäſten den
Reichsminiſter Dr. Oeſer und andere Regierungsvertreter.
Reichsminiſter Dr. Oeſer ſprach im Namen der Reichsregie=
rung
und der preußiſchen Landesregierung der Inneren Miſſion
den Dank aus für ihre außerordentlichen Leiſtungen. Der Mini=
ſter
bezeichnete die Innere Miſſion der evangeliſchen Kirche als
Schrittmacher und unentbehrlichen Mithelfer in der öffentlichen
Wohlfahrtspflege.

* Münchener Kunſtbrief.
Die mit Salowe und Ariadne begonnene Richard
Strauß=Woche der Feſtſpiele wurde mit Elektra und dem
Roſenkavalier fortgeſetzt. Robert Heger dirigierte die düſtere
Tantaliden=Tragödie, in der Strauß eine ethiſche Höhe erreicht,
wie in keinem ſeiner übrigen Werke. Anna Bahr= Milden=
burg
ſang die Klytämneſtra und Bender den Oreſt. Das ſagt
genug. Beide ſind in keiner Weiſe zu übertreffen, ſowohl im
muſikaliſchen Ausdruck, als in der dramatiſchen Darſtellung und
der meiſterhaften Geſangskunſt. Leider mußte unſere unerreichte
Elektra Zdenka Faßbender abſagen und ſo hörten wir Jo=
hanna
Heſſe, die im letzten Augenblick eingeſprungen war, als
Elektra. Wenn wan bedenkt, daß ihre Leiſtung noch nicht mit
dem Stil der Münchener Aufführung vertraut ſein konnte, muß
man ihr doch höchſte Achtung zollen. Die Chryſothemis Nelly
Menzens und Depſers Aegiſth vervollſtändigten die Auf=
führung
zu einer ergreifend großartigen.
Im Roſenkavalier hörten wir Lola Artöt de Pa=
dilla
als Oktavian und Elſe Gentner=Fiſcher als Mar=
ſchallin
. Die erſtere bot eine ebenſo entzückende Verkörperung des
verliebten Knaben, als letztere eine menſchlich vornehme Auffaſ=
ſung
ihrer ſchwvierigen Rolle, beide ergänzten ſich zu künſtleriſcher
Vollendung. Wie Paul Bender den weinſeligen, im ſinnlich
derbſten Lebensgenuß verkommenen Ochs von Lerchenau geſtal=
tet
, iſt einfach unübertrefflich. Trotz aller Derbheit läßt er dem
adeligen Lüdrian doch noch den Schimmer ſeiner ariſtokratiſchen
Herkunft. Seine Leiſtung bedeutet, noch von ſeiner herrlichen
Geſangskunſt getragen, die Vollkommenheit.
Es iſt bewunderungswürdig, wie vielſeitig Hans Knap=
pertsbuſch
iſt. Mag er Beethoven, Mozart, Reger oder
Strauß dirigieren, ſtets vermag er ſich reſtlos in den Geiſt des
Tondichters zu verſetzen, deſſen Werk er nachzuſchaffen berufen
iſt. So war es auch hier. Seine Leiſtung bewies eine techniſche
Meiſterſchaft, die ſich mit der Lebendigkeit dramatiſcher Emp=
findung
, rhythmiſcher Beſchwingtheit und Grazie zu vollendeter
Harmonie vereinte.
Auch die zweite Ring=Aufführung hat Hans Knapperts=
buſch
geleitet, und es war gewiß kein Leichtes, nachdem Dr. Karl
Muck die erſte dirigiert hatte. Seine rhythmiſche Energie, ſeine
männliche Empfindungskraft und der aus dem Großen geſchaf=
fene
architektoniſche Aufbau des ganzen Werkes gaben uns die
Zuverſicht, daß das Erbe Wagners an der Münchener Staats=
oper
in guten Händen liegt. In Maria Müller, die aus
Prag zu uns gekommene jugendlich=dramatiſche Sängerin, lern=
ten
wir als Sieglinde eine Kraft kennen, die ſich durch ihre

warm leuchtende Stimme und die ſchöne Abgeglichenheit ihres
Geſanges als ein erfreulicher Geſinn für unſere Oper heraus=
ſtellte
. Dasſelbe gilt von Johanna Heſſe deren Brünnhilde
in großer Anlage das Beſte für die Zukunft hoffen läßt.
Die zweite Feſtaufführung des Paleſtrina wurde von Dr.
Hans Pfitzner perſönlich dirigiert und man konnte von An=
fang
an die viel ſtraffere, beſtimmtere Rhythmik, die von männ=
licher
Kraft gehaltene geſteigerte Energie feſtſtellen. Es war ein
überaus erhabener Genuß, dieſes die höchſte Vergeiſtigung dar=
ſtellende
Werk aus des Meiſters eigenen Händen zu empfangen.
Die darſtellenden Künſtler waren dieſelben wie bei der erſten
Feſtvorſtellung.
Kammerſänger Fritz Feinhals konnte in dieſen Tagen
ſeiner 25jährigen Zugehörigkeit zu unſerer Oper gedenken, eine
Feier, zu der ſich ehenſo der Künſtler als unſer Staatstheater
beglückwünſchen durften, denn wie Feinhals ein Podium erſten
Ranges für die Entwichlung ſeiner Kunſt hatte, ſo darf unſere
Oper ſtolz darauf ſein, an ihm einen der größten Baritons für
die Wagnerſchen Geſtalten wie Holländer, Wotan, Telramund,
Wolfram, Sachs, Kurwenal und Amfortas zu beſitzen. Sein
Wirken erſtreckt ſich aber viel weiter. Sein Don Giovanni, Fal=
ſtaff
, Hans Heiling, Rigoletto, Tonio, Borromeo ſind unüber=
treffliche
Leiſtungen. Die Meiſterſinger=Feſtaufführung gab
ihm Gelegenheit, als Hans Sachs ſeine unverbrauchten Mittel
zu entfalten, als ein wahrer Meiſterſinger.
Ein hervorragendes künſtleriſches Ereignis bedeutete die Ur=
aufführung
der neueſten Kompoſitionen Opus 32 Hans Pfitz=
ners
: vier Lieder nach Gedichten von Konrad Ferdinand
Meyer. Paul Bender ſang ſie mit ſeiner ganzen Meiſterſchaft,
begleitet vom Komponiſten. Das erſte, Huſſens Kerker mit
weltmüder Ergebung beginnend, entwickelt ſich zu feierlicher,
ſtimmungsſtarker Erhebung. Zu dieſem in überirdiſcher Verklärt=
heit
gehaltenen Liede ſteht der Säerſpruch mit ſeiner friſchen,
enengiſchen Rhythmiſierung in geradem Gegenſatz. Das ſchwie=
rigſt
erfaßbare der Vierheit iſt Eingelegte Ruder, freilich das
tiefſte von allen. Es erreicht eine wundervolle träumeriſche
Schönheit. Laß ſcharren deiner Roſſe Huf iſt ein ſtürmiſches
Lied von befeuerndem Schwung. Sowohl der Schöpfer dieſer
Lieder, wie auch der Sänger wurden mit begeiſtertem Beifall
ausgezeichnet.
Von ſeinen treuen Verehrern mit Jubel empfangen, bot uns
unſer ehemaliger Generalmuſikdirektor Bruno Walter den ſel=
tenen
Genuß, wieder einmal ſeine reife Kunſt am Klavier zu
bewundern. Ein Beethoven=Sonatenabend, den er mit dem
Wiener Geigenmeiſter Prof. Arnold Roſé veranſtaltete, gab
hierzu Gelegenheit. Die ſublimen Feinheiten des Klavierſpiels
Bruno Walters ſind eigentlich über jedes Lob erhaben, doch

drängt es uns beſonders, dieſes Abends zu gedenken, der in der
Vereinigung mit Roſés abgeklärtem, wahrhaft klaſſiſchem Kön=
nen
beſonders in der Kreutzerſonate das Höchſte bot.
Ebenfalls im Rahmen der Feſtkonzerte gab Sigrid One=
gin
einen Liederabend, an dem dieſe gottbegnadete Sängerin
ihre wunderbare Geſangskunſt und die ganze Majeſtät ihrer
herrlichen Stimme entfaltete. Unſer heimiſcher Liebling, Michael
Raucheiſen, der die Kunſt der Liedbegleitung auf die Höhe
unübertrefflicher Meiſterſchaft gehoben hat und eben von einer
Konzertreiſe nach Japan und China zurückgekehrt war, wurde
mit Sigrid Onegin begeiſtert gefeiert.
Die Konzertgeſellſchaft für Chorgeſang be=
reitet
unter ihrem neuen Dirigenten Dr. Hans Rohr Großes
für den Winter vor. Im Wechſel von Chor= und Orcheſterwerken
von Bach, Händel, Cornelius, Haydn, Hugo Wolf u. a. gedenkt
ſie under Mitwirkung erſter Soliſten zehn Konzerte und ein
großes Kirchenkorzert zu geben. Der künſtleriſche Mut der Kon=
zerdgeſellſchaft
, mit ſo umfaſſenden Plänen vor das Publikum zu
treten, verdient die größte Anerkennung und Förderung.
Das Staatstheater brachte im Künſtlertheater Shakeſpeares
Schauſpiel Maß für Maß zur Aufführung. Erwin Faber hat
darin in der Rolle des Angelos die deutſche Bühne um eine be=
deutende
dramatiſche Geſtalt bereichert. Lützenkirchen als
Herzog, Albert Fiſchel als Claudio und Annemarie Holtz
trugen zur Vollendung dieſer von Schönheit getragenen ſchwung=
vollen
Darſtellung ihr Beſtes bei.
Das Schauſpielhaus hatte zwei Erſtaufführungen: Heinrich
Ilgenſteins Luſtſpiel Kammermuſik und Klariſ=
ſas
halbes Herz von Max Brod. Das erſtere eine
ſchwankartige Hofgeſchichte voll luſtigſter Situationen und drama=
tiſcher
Spannung unterhielt das Publikum ausgezeichnet. Felix
Norfolk ſpielte die männliche Hauptrolle, Margarethe Frey
die verliebte Herzogin. Rudolf Hoch, dieſer vortreffliche Regiſ=
ſeur
, hatte die Aufführung glänzend inſzeniert. Klariſſas hal=
bes
Herz iſt ein geiſtvolles Plauderſtück aus dem Leben einer
Theaterdiva, voll Temperament und Leben. Leontine Sagan
aus Frankfurt a. M. bot als Klariſſa eine blendende Leiſtung
und eroberte ſich im Flug die Gunſt des Münchener Publikums.
In den Kammerſpielen gaſtierte Albert Steinrück
in Strindbergs Todentanz und Frau Warvens Gewerbe von
Bernard Shaw. In beiden Vorſtellungen waren die Kammer=
ſpiele
wieder auf ihrer alten Höhe. Steinrück bringt alle Mittel
wie kein zweiter für die Rolle des Edgar im Totentanz mit,
er hat ſie, ſeit wir ihn nicht geſehen, nur noch vertieft und plaſti=
ſcher
herausgearbeitet, ein Meiſter der ſtummen Geſte und des
wortloſen Spiels.
Klarg Ebert.

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Seite 4

Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 24. September 1923.

Mummer 264.

Stadt und Land.
Darmſtadt, 24. September.
* Wie man das Heim beleuchten ſoll.
Mit dem Herbſt werden die Tage wieder kürzer und wir ſind
wieder in höherem Maße auf das künſtliche Licht angewieſen. Da
heißt es nun, in ſeinem Heim die beſte und die praktiſchſte Be=
leuchtung
zu haben, denn das Licht trägt nicht nur viel zur Ge=
mütlichkeit
der Wohnung bei, ſondern es iſt auch für die Geſund=
heit
unſerer Augen von großer Bedeutung. Die Art der Be=
leuchtung
iſt dabei nicht ſo wichtig, wie man im allgemeinen an=
nimmt
, denn ſowohl elektriſches wie Gaslicht, aber auch die alte
Petroleumlampe ſpenden eine durchaus befriedigende Helligkeit,
wenn ſie nur richtig verwertet werden. Die richtige Beleuchtung
eines Raumes hängt von einer geſchickten Verteilung des Lichtes
ab, von der Verwendung direkter oder zurückgeworfener Strah=
len
. Direktes Licht, das von der Lichtquelle unmittelbar ausgeht,
biet eine klare, ſcharf umriſſene Helle und iſt für Arbeiten not=
wendig
, die an einem beſtimmten Ort vorgenommen werden.
Das indirekte Licht wird dadurch hervorgerufen, daß die Licht=
ſtrahlen
zuerſt an die Decke oder auf die Wand fallen und von
dort zurückgeworfen werden, ſodaß Decke und Wände die eigent=
lichen
Lichtquellen des Zimmers werden. Dies zurückgeworfene
Licht iſt weicher und hat unbeſtimmte Schatten. Ein Raum, der
zugleich gemütlich und doch gut beleuchtet ſein ſoll, muß genügend
viel indirektes Licht haben, um alle Teile des Zimmers deutlich
ſichtbar zu machen, und dieſes indirekte Licht iſt durch direktes
Licht zu ergänzen, das man zum Schreiben, Leſen und Hand=
arbeiten
braucht. Jeder Beleuchtungskörper, mag er nun an der
Decke oder an der Wand oder auf dem Tiſch ſich befinden, kann
ſo eingerichtet werden, daß er direktes, indirektes und gemiſchtes
Licht gibt. So wie die Natur die ſchönſte Beleuchtung beim Auf=
gang
und beim Untergang der Sonne aufweiſt, ſo iſt auch ein
Raum dann am angenehmſten durchhellt, wenn das Licht von
verſchiedenen Seiten und nicht allein von oben kommt. Die Ver=
wendung
der Beleuchtung wird zum größten Teil von dem Zweck
abhängen, dem der Raum dient. In einem kleinen Zimmer kann
eine durchſichtige Ampel, die an der Wand hängt, genügend direk=
tes
und indirektes Licht bieten. Im Arbeitszimmer wird man
für direktes Licht ſorgen müſſen, das auf die Arbeitsſtelle fällt,
und im Eßzimmer iſt eine beträchtliche Vereinigung von Licht
auf dem Tiſch notwendig. Da alle modernen Lichtquellen zu
grell ſind, ſo müſſen ſie irgendwie beſchattet werden, damit das
Licht nicht direkt in die Augen fällt. Bei der Auswahl der Ver=
kleidungen
und Lampenſchirme iſt ſehr viel mehr darauf zu achten,
daß ſie bei Licht angenehm und praktiſch ſind, und weniger da=
rauf
, daß ſie bei Tage gut ausſehen. Vor allem ſind Franſen
an den Lampenſchirmen zu vermeiden, denn dieſe rufen nur un=
ſichere
Schatten hervor, die den Augen unangenehm ſind. Der
Lampenſchirm ſoll das Licht ſo abtönen, daß es nur ein wenig
heller iſt als ſeine Umgebung, denn große Gegenſätze von Licht
und Dunkel ermüden das Auge. Aus dieſem Grunde iſt es auch
nicht ratſam, an einem hellerleuchteten Tiſch zu leſen, während
der übrige Raum ganz im Dunkel liegt, denn das aufblickende
Auge blickt aus dem Licht zu unvermittelt ins Dunkle. Dunkle
Decken und Wände ſind für die Beleuchtung ſtets ungeeignet, da
ſie zu viel Licht verſchlucken und die Zurückſtrahlung faſt unmög=
lich
mechen.
L. Mieterſchutz= und Mieteinigungsämter. Nach dem Reichsgeſetz
vom 1. Juni 1923 (das mit 1. k. Mts. in Kraft tritt) entſcheiden die
Amtsgerichte unter Hinzuziehung von 2 Beiſitzern je aus dem Kreiſe
der Hausbeſitzer und der Mieter (Untermieter). In Gemeinden, in
denen im Vereinsregiſter eingetragene örtliche Hausbeſitzer= oder Mie=
tervereine
beſtehen, ſind die Vorſchlagsliſten für die Beiſitzer von den
Vereinen aufzuſtellen und auf Erfordern dem Amtsgericht bis zum ver=
langten
Termin einzureichen, widrigenfalls Vermieter= und Mieterliſten
von den Gemeinden zuſammenzuſtellen ſind. Die Vorſchlagsliſten ſind
bis ſpäteſtens 25. d. M. an das für die Gemeinde zuſtändige Amts=
gericht
einzureichen. Das 1. Geſchäftsjahr endigt am 31. Dezember 1924.
Beiſitzer und Stellvertreter werden aus den eingereichten Liſten durch
das vom Amtsrichter in öffentlicher Sitzung gezogene Los beſtimmt.
Beſchwerdeſtelle für das Rechtsmittel der Rechtsbeſchwerde iſt das Ober=
landesgericht
Darmſtadt, das in Beſetzung eines Zivilſenates entſcheidet.
Wichtigere Entſcheidungen werden in Heſſiſcher Rechtſprechung und
Jur. Wochenſchrift veröffentlicht.
Der Brotpreis mußte wegen der Erhöhung des Mehl=
preiſes
, der weiteren Steigerung der Löhne, des Brenmaterials
und insbeſondere durch die bedeutende Erhöhung des jetzt auf
Goldmark baſierenden Preiſes abermals erhöht werden. Der
große Laib koſtet jetzt 5 800 000 Mark, ein Brötchen aus gemiſch=
tem
Brotmehl 250 000 Mark. (Siehe Anzeige.)
Schweizeriſche Liebesgabenſendungen nach Deutſchland können
ſeit kurzem ohne Rückſicht auf die Adreſſe des Empfängers als Poſt=
ſtücke
bis 10 Kilogramm oder als Frachtpoſtſtücke
bis 20 Kilogramm aufgegeben werden.
n. Strafkammer. Recht eigenartig liegt ein Fall, wegen deſſen der
26 jahrige vorbeſtrafte Händler Johann Boxheimer aus Lampert=
heim
und der 39 jährige Wirt Georg Wollmershäuſer von
Mannheim der ſchweren Urkundenfälſchung nebſt Betrug angeklagt
ſind. Sie beſtreiten unter allerlei Ausflüchten jede Schuld, wurden
aber des erſteren Verbrechens mit mildernden Umſtänden für über=
führt
erachtet, während man den Tatbeſtand der Schwindelei für nicht
völlig ausreichend erwieſen hielt. Das fragliche Verfahren (aus Vor=
gängen
des Jahres 1920 erwachſen) richtete ſich urſprünglich nur gegen
Boxheimer, und es kam als angeblich Geſchädigter gerade Wollmers=
häuſer
in Betracht, bis die frühere Hauptverhandlung den Sachverhalt
dahin aufklärte, daß auch Wollmershäuſer bei den zweifelhaften
Machenſchaften beteiligt geweſen ſei und anfänglich eine nicht ganz zu=
treffende
Richtung der Ermittlungen zu veranlaſſen gewußt habe.
G
G
Dn

B. treibt u. a. Geſchäfte mit Hunden und erwarb einen ſolchen vor
unbekannter Seite, worauf dieſes Tier mittelſt mannigfacher Vor=
ſpiegelungen
zu damals gutem Preiſe weiterveräußert wurde. Der
erwähnte Hund beſaß als erheblichen Fehler ſchlechtes Sehvermögen
bezw. war auf einem Auge ganz blind und bezüglich der Verwendung
als Jagdhund ungenügend, was bei jenen Händeln verſchwiegen wurde.
Nachdem der Hund ſo von Boxheimer auf Wollmershäuſer überge=
gangen
war, ſteckten beide bei dem ſpäteren Abſatz an andere Käufer
unter einer Decke, und ſie bedienten ſich zwecks Erhöhung des Wertes
jeweils fälſchlich angefertigter Stammbäume über Raſſeechtheit des
Tieres. Hiernach ſollte es aus dem Betrieb eines dortigen bekannten
Züchters ſtammen. B. hatte ſich heimlich von dieſer Stelle als Muſter
richtige Stammbäume und Formulare verſchafft, wonach die Falſifikate
hergeſtellt wurden. Die falſchen Urkunden wurden gegenüber zwei
Kaufliebhabern in Mannheim und Ludwigshafen gebraucht, und der
Preis des Hundes betrug damals über 1600 Mk. Die jetzige Verhand=
lung
endigte mit Verurteilung des Angeklagten Voxheimer zu 8 und
des Angeklagten Wollmershäuſer zu 4 Monaten Gefängnis.

Eine Warnung.
Vom Polizeiamt wird uns geſchrieben: In den letzten Monaten
erſchienen wiederholt in den hieſigen Tageszeitungen Angebote, wo=
nach
, meiſt unter der Firma Dr. med Holländers, Ambulatorium, Hei=
lung
von Geſchlechtsleiden ohne Queckſilber, ohne Berufsſtörung und
ohne Blutunterſuchung verſprochen und zugleich eine Aufklärungsbro=
ſchüre
gegen Einſendung eines beſtimmten Geldbetrages angeboten wird.
Nach den angeſtellten amtlichen Ermittelungen iſt der Beſitzer dieſes und
zweier weiterer Ambulatorien in Berlin und Hamburg ein Apotheker
namens Weinert aus Bleſen bei Schwerin, der die von ſeinem Schwie=
gerſohne
Tisquen angeblich erfundenen Arzneimittel herſtellt und ver=
treibt
und der ſchon früher wegen eines von ihm betriebenen Unterneh=
mens
mit den Behörden in Konflikt kam und vorbeſtraft iſt. Um den
Abſatz zu forcieren, hat er dies Ambulatorium gegründet und die Lei=
kung
dem approbierten Arzt Dr. Holländer übertragen. Dieſer Arzt
durfte nur die Tisquenſchen Arzneimittel verordnen, die dann von be=
ſtimmten
Apothekern zu hohen Preiſen an die ſich Meldenden geliefert
werden. Nach dem Tode von Dr. Holländer wurde das Ambulatorium
von Friedrich Mergenthaler in Frankfurt a. M., Sofienſtraße 111, als
alleinigem Geſchäftsführer der Firma Dr. med. Holländers Ambula=
torium
G. m. b. H. fortgeführt, zu deſſen Obliegenheiten der geſamte
Geſchäftsverkehr mit den Zeitungen und die Bezahlung der Rechnungen,
ſowie die Buchführung zählt. Die Unterſuchungen, Behandlungen und
Verordnungen der Tisquenſchen Arzneimittel werden von einem
Dr. med. Laske vorgenommen. Dieſem, ſeit Ende 1920 approbiert, wurde
als Kriegsteilnehmer die einjährige praktiſche Tätigkeit als Aſſiſtent nach
dem Staatsexamen erlaſſen, und er beſitzt, nach ſeinen eigenen Bekun=
dungen
, keinerlei ſpezielle Ausbildung auf dem Gebiete der Geſchlechts=
krankheiten
. Ebenſowenig beſitzt er über die chemiſche Zuſammenſetzung
der von ihm empfohlenen Medikamente keine nähere Kenntnis. Dr.
Laske beſitzt ſomit nicht die allergeringſten Vorausſetzungen eines Spe=
zialarztes
. Durch Urteil des Landgerichts Frankfurt a. M. vom 24. Febr.
1923 wurde der Geſchäftsführer Friedrich Mergenthaler wegen Ver=
ſtoßes
gegen Ziffer 4, Abſ. 1 und 5 der Polizeiverordnung vom 13. Sep=
tember
1902 zu einer Geldſtrafe von 600 Mark verurteilt, ſeine Revi=
ſion
durch Urteil des Kammergerichts vom 24. Juli 1923 koſtenpflichtig
zurückgewieſen.
Nach Anſicht des Kreisgeſundheitsamtes enthalten die verordneten
Mittel ganz indifferente Stoffe, denen eine ſpeziell heilende Wirkung
auf Geſchlechtskrankheiten nicht zukommen kann.
Abgeſehen davon, daß eine ſolche Fernbehandlung, denn um eine
ſolche kann es ſich meiſt nur handeln, ohne nähere Unterſuchung des
betreffenden Kranken erfahrungsgemäß für dieſen ſehr gefährlich wer=
den
kann, haben die verordneten Heilmittel im Gegenſatz zu den ſpeziell
für Syphilis erprobten Salvarſan= und Queckſilberkuren abſolut keinen
Einfluß auf die definitive und baldigſte Heilung der Geſchlechtsleiden,
von denen die Syphilis als die heimtückiſchſte Krankheit öfter auch ohne
Arzneimittel eine Spontanheilung zeigt, wobei äußere Erſcheinungen
fehlen, dabei aber immer noch die Pilze im Blute kreiſen, die ſich dann
ſpäter meiſt in den inneren Organen (Herz, Schlagadern, Gehirn,
Rückenmark) anſetzen und ſchwere Schädigungen hervorrufen können.
Es iſt daher im Verlauf einer ſolchen Erkrankung ohne fortlaufende
Blutunterſuchung unmöglich, feſtzuſtellen, ob die Syphiliskeime definitiv
aus dem Körper verſchwunden ſind und die Krankheit zur Heilung ge=
kommen
iſt.
Eine Heilung dieſer Krankheit ohne Blutunterſuchung und ohne ſpe=
zifiſche
Mittel iſt daher vom ärztlichen Standpunkt aus ein Unding, wie
dies auch in weiteſten Kreiſen der Bevölkerung bekannt iſt. Der Wert
eines ſolchen Heilangebots, ſei es auch unter arztlicher Deckadreſſe, wie
im vorliegenden Falle, richtet ſich daher von ſelbſt.
nr. Hechtsheim (Rheinh.), 21. Sept. Für 1923 ſollen als vor=
läufige
Gemeindeſteuern das 500 fache der Gemeindeſteuern von 1922
in fünf Zielen erhoben werden. Hier ſoll ein beſonderer Obſt= und
Weinbergſchütze angeſtellt werden.
th. Nierſtein a. Rh., 21. Sept. Diebſtahl. Ein hier auf der
Durchfahrt befindlicher Möbelwagen wurde nachts erbrochen. Es wur=
den
aus ihm verſchiedene Möbelſtücke entwendet. Die Diebe konnten
feſtgeſtellt werden.
R. Vilbel, 21. Sept. Die Gemeinde hat zur Beſchaffung von
Kartoffeln einen Kredit von 20 Milliarden arfgenommen. Ferner
wurde der Bau von 10 Einfamilienhäuſern beſchlöſſen. Auch ſoll dem
alren Projekt der Erlenbachregulierung als Notſtandsarbeit wieder
näher getreten werden.
Gießen, 22. Sept. Das Schwurgericht nimmt am Montag
ſeine Sitzungen für das dritte Vierteljahr auf. Es wird verhandelt
am Montag, den 24. September, vormittags 9½ Uhr, gegen Happel,
Marie, von Watzenborn, wegen Kindestötung; am Dienstag, 25. Sept.,
vormittags 8½ Uhr, gegen Koch, Ernſt Auguſt, von Stuttgart, wegen
Notzucht; am Mittwoch, 26. Sept., vormittags 8½ Uhr, gegen Jänke,
Fritz, von Groß=Luga, und Gaitſch, Arthur, von Lockwitz, wegen
Straßenraubes; am Donnerstag, 27. Sept., vormittags 8½ Uhr, gegen
Sauer, Wilhelm, von Zülshoff, wegen Mordes; am Freitag, 28. Sept.,
vormittags 8½ Uhr, gegen Herbel, Robert, von Pohl=Göns, wegen
Meineids.
R. Grünberg (Oberheſſen), 21. Sept. Die Gutſcheine der
Gemeinde tragen einen alten, aus dem Jahre 1846 ſtammenden Rat=
hausſpruch
, der alſo lautet: Hätten wir alle einen Glauben Gott
und gemeinen Nutzen vor Augen Auch guten Fried und recht Gericht
ein Ellen, Maß und Gewicht einerlei Münz und gut Geld
dann ſtünd es wohl in aller Welt!

Parlamentariſches.
* Der Petitionsausſchuß des Landtags iſt für Frei=
tag
, den 28. d. M., vormittags 10 Uhr, einberufen. Die Tagesordnung
umfaßt neben einer Reihe Anträgen und Vorſtellungen einen Antrag
Werner u. Gen., betr. Veröffentlichung der Teuerungszahlen in Heſſen,
einen Antrag Kaul, Widmann u. Gen., betr. die Bekämpfung von Wucher
und Preistreiberei, u. a.
* Dem Landtage ſind folgende Anträge und Anfragen zugegangen:
Die Abgg. Schreiber und Genoſſen beantragen, die Kammer wolle be=
ſchließen
, die Regierung zu erſuchen, umgehend durch außerordentiche
Maßnahmen die Brennſtoffverſorgung des beſetzten heſſiſchen Gebietes
in ausreichendem Maße ſicherzuſtellen. In der Begründung iſt geſagt:
Die Brennſtoffnot iſt nirgend größer als im beſetzten Gebiet, da deutſche
Kohlen infolge Nichtzahlens der Kohlenſteuer an die franzöſiſche Be=
hörde
der Beſchlagnahme verfallen und engliſche Kohlen infolge des
Stilliegens des Bahnverkehrs nur ſehr ſpärlich herangebracht werden
können. Da Rheinheſſen überdies keinen bezw. nur ſehr ſpärlichen Wald=
beſtand
hat, iſt auch eine Verſorgung mit Brennholz faſt ganz unmög=
lich
. Das beſetzte heſſiſche Gebiet geht einer Kataſtrophe bezuglich der
Brennſtoffbeſchaffung in dieſem Winter entgegen, wenn nicht der Heſſ.
Staat durch Bereitſtellung großer Brennholzmengen deren Einfuhr
in das beſetzte Gebiet möglich iſt im Wege außerordentlicher Maßnah=
men
jetzt noch vor Eintritt des Winters Vorſorge trifft.
Reich und Ausland.
Eröffnung der Frankfurter Meſſe.
Frankfurt a. M., 23. Sept. (Wolff.) Der erſte Tag der
Frankfurter Herbſtmeſſe ſtand naturgemäß unter dem Zeichen unſerer
wirtſchaftlichen und politiſchen Lage. Die Käufer waren zurückhaltend,
weil man abwarten will, ob die Reichsbank weiter energiſch auf dem
Deviſenmarkt eingreifen wird und weil man ferner an eine Klärung
der Ruhrfrage in den nächſten Tagen glaubt. Trotzdem war auf dem
Textilien= und dem Lederwarenmarkte und vor allem auch in Holz=
ſpielwaren
das Geſchäft zum Teil recht lebhaft und entgegen den ſon=
ſtigen
Erwartungen wurden hierin auch Geſchäfte nach dem Auslande
getätigt. Sowjetrußland iſt mit einer ſelbſtändigen Rohſtoffausſtellung
vertreten, und auch dort ſind einige Abſchlüſſe zuſtande gekommen.
Erſchwert ſind die Verhältniſſe auch dadurch, daß die hieſigen Banken
am Sonnabend und Dienstag ihre Schalter vollſtändig geſchloſſen halten.
Ueberreſte eines großen Mannes.
L. Wenn man den Untergrund großer Städte umgräbt, findet man
nicht ſelten menſchliche Gebeine. Als jüngſt in London Arbeiter eine
elektriſche Leitung legten, ſtießen ſie auf ein vollſtändiges Beinhaus.
An dieſer Stelle, die einer der belebteſten Kreuzungspunkte der eng=
liſchen
Hauptſtadt iſt, ſtand ehemals der Galgen von Tyburn, wo man
zu Beginn des 12. wie des 19. Jahrhunderts Mörder, Diebe, Ketzer
und Königsmörder hängte, die man ohne weitere Umſtände am Orte
der Prozedur begrub. Am 30. Januar 1661 ließ Karl II. in der
Weſtminſterabtei die Leiche Oliver Cromwells ausgraben, wo ſie ſeit
1658 ruhte. Bis zum Galgen geſchleift, wurde der noch in das Leichen=
tuch
eingehüllte Leichnam dort in die Höhe gezogen und blieb einen
vollen Tag den Beſchimpfungen der Volksmenge ausgeſetzt. Am Abend
hieb man ihm den Kopf ab und dieſer blieb während drei Jahre auf
dem Dach von Weſtminſter aufgeſtellt, von wo er auf geheimnisvolle
Weiſe verſchwand. Den Rumpf warf man in die unter dem Galgen
für die Verbrecher eingerichtete Grube. So befinden ſich unter den
Gebeinen gewöhnlicher Straßenräuber, die durch Londoner Erdarbeiter
ausgegraben werden, wahrſcheinlich auch die ſterblichen Ueberreſte
jenes großen Mannes, der einſt der Protektor war.

Frankfurt a. M., 22. Sept. Das Schauſpielhaus brachte
heute in einer Uraufführung Otto Zoffs Komödie Das Kaffee=
haus
heraus, die ſowohl in Inhalt und Vorwurf ſich an die italie=
niſche
Komödie des Carlo Goldoni La Bottega di caffe anlehnt. Ernſt
Roter hat dazu eine ſtimmungsvolle Muſik geſchrieben, die zum Teil
auch auf alte italieniſche Lieder zurückgreift. Das Werk fand eine recht
beifällige Aufnahme, ſodaß der Verfaſſer ſich ſowohl nach dem zweiten
Akt als auch am Schluß mehrmals dem Publikum zeigen mußte. Eine
tiefergehende Wirkung blieb ihm bei der dürftigen Handlung aber ver=
ſagt
. Von den Darſtellern ſei der feingezeichnete Don Marzio Toni
Impekovens hervorgehoben. Hans Avril war ein guter Interpret der
Roterſchen Muſik.
() Weinheim, 21. Sept. Herr Hauptlehrer Krautheimer
dahier wurde zwiſchen hier und Lützelſachſen auf ſeinem Rade von
einem daherraſenden Heilbronner Automobil, dem er nicht mehr aus=
weichen
konnte, überfahren und getötet. Heute wurde der rüſtige junge
Mann unter großer Beteiligung von Leidtragenden zur letzten
Ruhe gebettet. Der ſchwergeprüften Familie bringt man allgemeine
Teilnahme entgegen. Unterſuchung iſt eingeleitet, da der Autolenker
ermittelt werden konnte.

Gottesdienſt der iſraelitiſchen Religionsgemeinde.
Hauptſynagoge (Friedrichſtraße).
Laubhüttenfeſt.
Montag, den 24. Sept. Vorabendgottesdienſt 6 Uhr 15 Min.
Dienstag, den 25. Sept. Morgengottesdienſt 8 Uhr 45 Min. Pre=
digt
. Abendgottesdienſt 7 Uhr.
Mittwoch, den 26. Sept. Morgengottesdienſt 8 Uhr 45 Min.
Feſtesſchluß 7 Uhr.
Freitag, den 28. Sept. Vorabendgottesdienſt 6 Uhr 15 Min.
Samstag, den 29. Sept. Morgengottesdienſt 8 Uhr 45 Min.
Sabbatausgang 6 Uhr 55 Min.

Verſteigerungskalender.
Mobiliarverſteigerung, Dienstag, 25. September, vormittags
9 Uhr, Heidelberger Straße 18, Gartenhaus.

Druck und Verlag: L. C. Wittich. Verantwortlich für Politik und
Wirtſchaft: Rudolf Mauve; für Feuilleton, Stadt und Land‟
Reich und Ausland: Max Streeſe; für den Inſeratenteil:
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Darmſtadt, 22. Sept. 1923.
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[ ][  ][ ]

Die Fußballſaiſon in Blüte. Wien=Berlin 3:1.

A.=C.

Sportverein Darmſtadt Union Beffungen 12:0.
*e= Seinem geſtrigen Gegner in den Kreisligaverbandsſpielen,
einem Lokalrivalen der Spielabteilung Union der Turngemeinde
Beſſungen, war der Sportverein ſtark überlegen. Ohne aus ſich heraus=
zugehen
, führte die Liga=Elf des Sportvereins ein Spiel vor, an das
Union nicht im entfernteſten heranreichte. Alle Bemühungen ihrer=
ſeits
wurden ſchon bei jedem ernſthaften Anſatz für einen Erfolg im
Anfang von ihrem Gegner zerſtört, und ehe ſie ſich umdrehten, zog der
Sportverein unabläſſig mit dem Vall ihrem Tore zu. In kurzen Ab=
ſtänden
mußte der Torwächter zwölf mal den Ball ans ſeinem Heilig=
tum
holen, ohne daß auch nur ein einziges mal das Tor des Sport=
vereins
Gefahr lief. Die Turner=Mannſchaft gab ſich redlich Mühe,
ihrem erprobten Gegner jeden Erfolg ſtreitig zu machen, gegen das
beſſere Können war jedoch nicht aufzukommen. In die zahleninäßigen
Erfolge des Sportvereins teilten ſich Becker. Müllmerſtadt. Zärenz
und Stephan, die, wie überhuapt die ganze Mannſchaft, ein aut durch=
dachtes
Spiel zeigten. Das Spiel in ſeiner Geſamtheit entbehrte jedoch
ob der Ueberlegenheit des Sportvereins jeglichen Intereſſe3 und konnte
die zahlreichen Zuſchauer nicht begeiſtern. Es iſt bebauerlich, daß
die Zerſplitterung der Darmſtädter Fußballer zurzeit erneut Platz
greift und hierdurch der Liga=Mannſchaft des Sportvereins ernſthafte
Lokalgegner nicht aufzukommen vermögen. Auch werden Lokaltreffen
niemals den ſpieleriſchen Reiz haben, den gerade ſoiche Spiele für die
Einheimiſchen unbedingt haben müßten. Den beſten Beweis dafür
lieferte das heutige Spiel. In früheren Jahren war es in dieſer Be=
ziehung
in Darmſtadt hierin anders beſtellt.
Die Liggerſatz=Mannſchaft des Sportvereins ſpielte 5: 1 gegen die
Ligaerſatz des Vereins für Rafenſpiele. Die 5. Mannſchaft verlor
gegen den Fußballklub Union Ober=Ramſtadt mit 4: 1. Im Spiel
um die Gau=Jugendmeiſterſchaft trennten ſich Sportvereins 1. Jugend
und Germania Pfungſtadt 1. Jugend 1:1. In einem Privat=
ſpiel
2a Sportverein gegen eine Sondermannſchaft des Sportvereins
ſiegten die erſteren mit 5: 2.
Odenwald=Pfalz.
Bezirksliga:
Waldhof Feudenheim 2:1.
Pfalz=Ludwigshafen 03. Ludwigshafen 3:0.
Kreisliga:
Sp.=Kl. Käfertal Germania=Friedrichsfeld 0:1.
Hertha=Mannheim 05. Schwetzingen 3:1.
Lindenhof 07. Mannheim 1:0.
Sandhofen Weinheim 3:0.
Olympia=Lorſch Germania=Pfungſtadt 3:3.
V. f. L.=Neckarau Schwetzingen 1898 2:0.
Saar.
Saar=Saarbrücken St. Ingbert 1:1.
Völklingen Sportverein=Saarbrücken 3:2.
WürttembergBaden.
Stuttgarter KickersSportklub Stuttgart 1:0.
Heilbronn-Pforzheim 1:7.
Sportklub FreiburgSportverein Feuerbach 4:0.
Bayern.
1. F.=C. NürnbergFußballverein Nürnberg 1:1.
Bayern=MünchenMünchen 1860 3:4.
Wacker=MünchenM.=T.=V. Fürth 1:0.
Mitteldeutſchland.
Gutsmuth=Dresden06=Dresden 5:0.
Jahn=Dresden-Jahn=Gotha 3:0.
Vf. R.=ErfurtIlmenau 2:0.
Viktoria=MagdeburgSportklub=Magdeburg 5:1.
MerſeburgHalle 96 3:0.
Weſtdeutſchland.
Dortmund 1895Sportvereinigung Dortmund 4:0.
Sportklub Gelſenkirchen-V. f. R. Gelſenkirchen 2:1.
V. f. R. ElberfeldGronau 2:0.
Städteſpiel Wien Berlin 3:1 (1:1).
Im deutſchen Stadion in Berlin kam geſtern der Städtekampf Wien
Berlin vor ungefähr 60 000 Zuſchauern zum 26, Mal zum Austrag.
Die Wiener Fußballkultur zeigte von Anfang an ihre Ueberlegenheit.
Mit einem vom Verteidiger zurückgetretenen Ball kam Wien in der
dritten Minute in Führung. Berlin drückte nunmehr mächtig auf Tempo,
und der Halbrechte Scheck (Alemannia) führte in der 20. Minute den
Ausgleich herbei. Eckenverhältnis 5:1 für Berlin. Nach Wechſel zeigte
ſich die unbedingte Ueberlegenheit von Wien. Das zweite Tor für Wien
erzielte der Halblinke Bauer, das dritte kurz vor Schluß der Rechts=
außen
Neufeld (Hekrah). Schiedsrichter war der bekannte Holländer
Boas.
Der Länderkampf Oeſterreich=Ungarn, der in Budapeſt vor ſich ging,
wurde von Ungarn mit 2:0 (0:0) gewonnen.

(Von unſerem Frankfurter Fußballſonderberichterſtatter.)
Eintracht=Frankfurt-Kickers=Offenbach 3:2 (3:0).
Der Kampf endete mit dem knappen aber verdienten Sieg der
Frankfurter Mannſchaft, die durch gutes Zuſammenſpiel bei der Pauſe
bereits mit 3:0 in Führung war. Die zweite Hälfte fing mit gleichem
ſchönen Spiel an, zeigte aber dann verſchiedene unerfreuliche Momente,
Sportverein OffenbachSportverein Frankfurt 1:3.
Die Frankfurter ſpielten in Offenbach und ſiegten, wie vorauszu=
ſehen
war, nach leicht überlegenem Spiel mit 3:1. Gegen Schluß kamen
die Offenbacher ſehr ſtark auf, jedoch die gute Frankfurter Verteidigung
verhinderte den Erfolg. Der Sieg iſt den beiderſeitigen Leiſtungen nach
verbient, wenn auch zwei Elfmeter=Bälle gegeben wurden.
Hanau 93Fußballabteilung Helvetia=Frankfurt 3:4.
Aeußerſt ſcharfes Spiel um die Punkte, die beiden Parteien waren
abwechſelnd im Vorteil. Bis kurz vor Schluß konnte Helvetia mit 2:4
den Sieg halten, als ein für Hanau diktierter Elfmeter das Ergebnis
auf 4:3 brachte. Die Leitung des Spiels war einwandfrei.
Sportklub BürgelViktoria=Aſchaffenburg 1:0.
Aſchaffenburg erhielt heute ſeine zweite Niederjage und zwar genau
ſo wie die erſte, unverdient. Denn dem Spielverlauf nach waren die
Gegner nicht nur gleichwertig, Aſchaffenburg hatte zeitweiſe ſogar mehr
vom Spiel. Den Sieg für Bürgel ſchaffte Aſchaffenburg ſelbſt, deſſen
Läufer den unheimlichen Schuß ins Tor jagte. Das Spiel wurde von
Seiten des Sportklubs ſehr maſſiv durchgeführt, jedoch ahndete Lauth
(V. f. R.=Mannheim) alles mit Strenge, und war dem Spiel der richtige
Mann.
Kreisliga: V. f. R.=FrankfurtHeddernheim 2:1. Merkur= Frank=
furt
Sportfreunde=Frankfurt 1:5. OberurſelRödelheim 1:1. Olym=
pia
=FrankfurtEckenheim 1:3. Boruſſia=FrankfurtGermania=Frankfurt
1:3. SeckbachFechenheim 0:3.

Sportklub 1880 FrankfurtDarmſtädter Hockeyklub 7:0.
Nachdem der Tennis= und Rugbyſport den neuen Platz des Sport=
klubs
Frankfurt 1880 eingeweiht hatte, folgte geſtern eine andere Art=
des
Ballſpiels, der Hockeyſport. Leider hatte der Regen den Boden
etwas aufgeweicht. Die Herrenmannſchaft der Harveſtehuder hatte ab=
geſagt
, dafür ſprang der Darmſtädter Hockeyklub ein, allerdings
mit eingem Erſatz. Sportklub 1880=Frankfurt hatte in Iwen (früher
Bonner Hockeyklub) einen ausgezeichneten Torhüter. Die Darmſtädter
Mannſchaft ſpielte ſehr fair und zeigte gegen früher bedeutende Fort=
ſchritte
. Das Ergebnis iſt hauptſächlich der beſſeren Kombination zu=
zuſchreiben
.
Sportklub 1880=Frankfurt (Damen)Harveſtehude (Damen) 3:1.
Frankfurter Turnverein 1860Turnverein Sachſenhauſen 1857 ( Her=
ven
) 9:1, Damen 7:1.
Radrennen.
BerlinTreptow, 75 Klm.
1. Weiß 1:13,38; 2. Hevanow 1860 Meter zurück; 3. Thomas 2400
Meter zurück; 4. Stellbrink 8210 Meter zurück.
Hannover.
Stundenrennen: 1. Roſellen 72,210 Km.; 2. Ebert 440 Meter
zurück; 3. Schrefeld 6800 Meter zurück; 4. Hahn 8900 Meter zurück.
Rund um Leipzig, 200 Klm.
Klaſſe 4: 1. Paul Günther=Leipzig 7:03:28; 2. Goedecke=Leipzig
7:24:33.
Klaſſe B: 1. Keutſch=Leipzig 7:19:19; 2. Eiſermann 7:20:23.
Meiſterſchaftsrudern von Holland.
Den Hollandbecher gewann Günther=Amſterdam. Flinſch vom Frank=
furter
Ruderverein unterlag im Vorvennen gegen Wieterſe=Amſterdam.

Pferdeſport.
Krefeld.
Herbſtpreis, 50 000 Mark, 2000 Meter: 1. Eduard Schmidts
Ideakiſt; 2. Seeräuber; 3. Valens. Totaliſator: 26:10; Platz:
18.12 19:10. Ferner liefen: Trauerweide, Freigeiſt, Fataliſt, Allah.
Krefelder Ausgleich 10000 Mark, 1400 Meter: 1. See=
jungfer
; 2. Separator; 3. Tonkunſt. Totaliſator: 48:10, Platz:
13,12,21:10, Ferner liefen: Trapper, Minneſänger, Tutthahn, Senator
Watro.
Leipzig.
60 Jahre Ehrenpreis und 20 000 Mark, 2000 Meter: 1. Fa=
mulns
; 2. Rotdorn; 3. Staffelſtab. Totaliſator: 25:19; Platz:
15,18:10. Ferner liefen: König Midas, Graf Ferry.
Johanna=Park=Ausgleich, 11000 Mark 1400 Meter:
1. Kruſe=Hotzdorfs Verdene: 2. Markgräfin; 3. Maja. Totaliſa=
tor
: 42:10; Platz: 17,12:10. Ferner liefen: Alabaſter, Iſer, Nalog.
Regatten.
Im Reichsjugendwettrudern in Offenbach
gewann Undine den Schülervierer und =achter, letzterer gegen Ruder=
verein
, Hellas holte ſich den 2. Vierer.
Schwimmen.
Schwimmfeſt am Caumaſee in Flims (Graubünden).
I.. Das Programm wurde mit Bruſtſchwimmen für Junioren
und Senioren eröffnet. Beſonders fiel Kopp=Rorſchach auf, der, außer
Konkurrenz, durch ſein Gravlingtempo die Rekordzeit von 39 Sekunden
ſchwamm, vor Kern=Zürich, der mit 527), Sek. Erſter wurde. Eine be=
ſondere
Note erhielt das Feſt durch die Sprungkonkurrenz.
Im beliebigen Schwimmen auf 100 Meter ſchwamm wieder Kopp
(außer Konkurrenz) die kürzeſte Zeit, indem er, faſt noch ſchneller wie
ein Fiſch, für die 100 Meter nur 1 Min. 17 Sek. brauchte. Den Höhe=
bunkt
bildeten die Sprünge der Senioren (außer Konkurrenz). Es
ſprangen Koch (Aroſa), Finger (St. Gallen), Merk (Baſel), Dättweiler
und Tommer (erſchack). Die Auerbach=Sprünge und =Schrauben
fahen ſich nicht nur wundervoll an, ſie gaben auch ein getreues Bild
vom Können jedes Einzelnen. Sic; ſelbſt übertraf Koch (Aroſa) mit
einem Doppelſalto vom 7 Lieter hohen Dachgiebel der Badennſtalt.
Recht ſpannende Momente breciten weiter das Streckentauchen,
die Lagenſtafette und vor allem das Waſſerballſpiel
zwiſchen den beiden kombinierten Mannſchaften Chur und Rorſchach.
Eine humorvolle Pantonzime ſorgte für das heitere Moment, und ein
prächtiges javaniſches Feuerwerk bildete den Abſchluß des ſchön ver=
laufenen
Feſtes. Vertieten waren die Schwimmklubs von Zürich,
St. Gallen, Rorſchach, Chur und Aroſa.

Der Stand ber Turn= und Sportbewegung.
Der Deutſche Reichsausſchuß für Leibesübungen hat in ſeinem Jah=
resbericht
1922/23 auf die auß=rordentlich bedenkliche Tatſache hingewie=
ſen
, daß nach dem großen Aufſchwung der Turn= und Sportſache un=
mittelbar
im Anſchluß an den Krieg ein plötzlicher Stillſtand eingetreten
iſt. So hat ſich der Mitgliederſtand des Deutſchen Fußballbundes im
letzten Jahre nicht vermehrt, obwohl es ſich hier um das verbreitetſte
deutſche Voiksſpiel handelt, die Deutſche Turnerſchaft hat eine Vermeh=
rung
von nur 1,7 Prozent zu verzeichnen, und nunmehr gibt auch die
ſoeben veröffentlichte Statiſtik des Arbeiter=Turn= und Sportbundes
kund, daß dieſer um rund 10000 Mitglieder im erſten Quartal 1923 ab=
genommen
hat. Der Mitgliederbeſtand ging von 652 852 auf 643 624
zurück. Es wird Aufgabe der Reichs= und Staatsbehörden ſein, dieſe
für die Volksgeſundheit bedenkliche Lage durch zielbewußte Unterſtützung
der Turn= und Sportſache, insbeſondere durch Einbringung des Spiel=
platzgeſetzes
und Einführung der täglichen Turnſtunde zu unterſtützen.
Deutſche Automobil=Meldungen für Spanien.

Motorradrennen.

Gau 3a. A. D. A. C.

1. Karrer=Frankfurt (Dolf) Gaumeiſter, 1:13:40; 2. F. R. Kappel
(Dolf) 1:26:30; Walter (Cito) 2:01:10.
F. M. C. Klubmeiſterſchaft. 1. Karrer (Dolf) 1:13:40
2. Henke (Cito) 2:05:30; 3. Krug (N. S.U. mit Beiwagen) 1:24; 4. Geg=
heil
(Dolf) 1:34:50; 5. Joh. Heußler (Cito) 2:19.
Damenpreis: Fräulein Heuler (Jvans) 2:04.
M. C. O Klubmeiſterſchaft: 1. A. Peters (Viktoria) 2:26:30;
2. Pancher (N. S. U.) 1:39:30; 3. L. Stadtmüller (Viktoria) 2:31:30.
H. M. C. Klubmeiſterſchaft: 1. A. Langer (Harley) 1:52:20
(außer Konkurrenz); 2. P. Koch (Horch) 1:13:20; 3. Hecker (Hecker)
1:16:15.
Großer Preis von Berlin.

Olympiabahn Berlin, 50 Kilometer: 1. Tennigkeit=Berlin
(Derad) 35:37,5; 2. Hucke (Bekamo) 1150 Meter zurück; 3. Prybilski
Grade) 2300 Meter zurück.

Großer Preis von Hannover.
Vis 350 Kilometer, Fachklaſſe: 1. Wucker=Hamburg
(Zündapp) 59 Runden; 2. Dralle=Roſtock (Jag) 2800 Meter zurück;
2 Niſch=Hamburg (Dolf). Laienklaſſe: 1. Brenner=Hamburg
(Zündapp) 55 R.; 2. Winſon=Chemnitz (D.K.W.) 6000 Meter zurück.

Der Große Preis von Spanien um den Penia=Rhin=Preis, der auf
einer Rundſtrecke von Villafranca am 21. Oktober gefahren werden ſoll,
hat bisher folgende Nennungen erhalten: zwei Aga zwei Elizalde und
drei Talbot. Wahrſcheinliche Lenker der Elizalde ſind Fernande und
Felice de Biscaha, für Talbot ſind Segrave, der Sieger des diesjährigen
ſranzöſiſchen Großen Preiſes, Lee Guineß und Divo in Ausſicht ge=
nommen
.
Sporiliche Bücherſchau.
Die japaniſche Jiu=Jitſu=Kampfweiſe. Körper=
kultur
und Selbſtverteidigung von Polizei=Leutnant Stephan. 2. Aufl.
(Verlag Gerhard Stalling, Oldenburg i. O.), Preis Grundzahl 1 Mk
mal Schlüſſelzahl des Buchhandels. In überſichtlicher Form bringt das
auf Kunſtdruckpapier hergeſtellte Buch eine Zuſammenſtellung aller wich=
tigen
und leicht zu erlernenden Griffe der Jiu=Jitſu= Verteidigungs=
methode
. Ihre Beſchreibung, unterſtützt durch eine Reihe deutlich aus=
geführter
Demonſtrationsbilder, iſt ſo klar und ſo ins einzelne gehend,
daß die Schrift in den unſicheren Zeiten ein unentbehrlicher Ratgeber
zur körperlichen Selbſtverteidigung iſt. Von der Geſchichte dieſer japa=
niſchen
Kampfweiſe ausgehend, werden in vorbereitenden Uebungen die
einzelnen Widerſtandsübungen ausgeführt, die empfindlichſten Körper=
ſtellen
, die gefürchteten Handkantenſchläge, die zahlreichen Kunſtgriffe
und japaniſchen Geheimtricks erläutert und demonſtriert. Hieran an=
ſchließend
gibt der Verfaſſer eine vorzügliche, wohldurchdachte Auf=
ſtellung
der beſten Freiübungen zur Kräftigung des Körpers und eine
Beſchreibung der ſo wichtigen Selbſtmaſſage.

Wenn jemand eine Reiſe tut, ſo kann er was erzählen, und
wer den Umfang unſerer Reiſeliteratur kennt, weiß, daß un=
endlich
vieles über Wander= und Reiſerlebniſſe erzählt worden
iſt. Uns Deutſchen zumal ſteckt der Drang und die Sehnſucht nach
der Ferne Weiten tief im Blute. Das Köſtlichſte aber, was unſe=
ren
Reiſen und Wanderungen einen etwas abenteuerlichen Reiz
gibt, ſind jene flüchtigen Bekanntſchaften, die ſich mit leichter
Mühe überall in der Welt anknüpfen laſſen. Aus der bunten
Reihe meiner Beggenoſſen, mit denen ich oft nur für wenige
Stunden Bekanntſchaſt ſchloß, greife ich einige beſonders intereſ=
ſante
Geſtalten heraus.

Zwei Abenteurer.
Es wwar auf einer Kanuwanderfahrt im Sommer 1922, als
wir in Köln mit zwei öſterreichiſchen Kajakfahrern zuſammen=
trafen
. Linz an der Donau war ihre Vaterſtadt. Abenteuerluſtig
und ohne einen Heller in der Taſche hatten die beiden in Linz mit
ihren eigentümlich, überaus ſchmalen Fahrzeugen (ſogen. Linzer
Schnecken) ihre Fahrt donauſtromaufwärts begonnen. Der
Wunſch, der zunehmenden Verelendung ihres Landes Oeſter=
reichs
Not war dazumal groß zu entrinnen, mag mitbeſtim=
mend
zum Verlaſſen der Heimat geweſen ſein. Sie waren über=
dies
eine Millionenwette in Kronen eingegangen, ohne jede Mit=
nahme
von Geldmitteln Köln zu erreichen. Tagelang ernährten
ſich die beiden nur von Obſt, das ſie ſich oft mühſam erfechten,
manchmal aber auch auf eine andere Weiſe, um nicht zu ſagen
ungeſetzliche Art aneignen mußten. Braun wie die Kinder ſüd=
licher
Zone war ihre Hautfarbe, und die ehemals weißen Ruder=
hemden
hatten einen bedenklich ſchwarzen Unterton angenommen.
Bereitwilligſt gaben ſie uns Auskunft auf unſere Fragen nach
dem Woher und Wohin. Ihr Ziel war planlos. Als nächſtes
vielleicht Holland. Erleben und Schauen fremden Völker Land
und Sitten. Zu verlieren war nichts, nur zu gewinnen. Jugend
war der Quell ihrer Kräfte, die ſie alle Hinderniſſe überwinden
ließ.
Ein leichtlebig Blut.
Rudel, du leichtlebiges Wiener Kind! Du echter Sohn
Oeſterreichs! Deine Stimmung ſchwankte immer zwiſchen zwei

Extremen: Himmelhochjauchzend oder zu Tode betrübt. Lieber
alter Kumpan, Gefährte manch fröhlicher, ausgelaſſener Stunden
am Rhein. Nur kurze Zeit bliebeſt du, da rief dich berufliche
Pflicht nach Norden, nach dem meerumſchlungenen Holſtein. Du,
ein Kind der Praterſtadt, mußteſt wandern gegen den kühlen und
verſchtoſſenen Norden. Ich wußte, daß dir um dein Schickſal
bangte und deine Briefe von dort oben trugen ſchweres Leid.
Auch deine Geige, die du ſo meiſterhaft ſpielteſt, ſei verſtummt.
Vorſchollen biſt nun auch du .. .
Ein fahrender Geſell.
Faul und ftumm ſtreckt ſich eine kleine Ruderſchar am
Strande eines Altgewäſſers, wie der Rheinſtrom deren viele be=
ſitzt
. Verſunken in ſeliges Nichtstun! Ab und zu wechſelten wir
Scherzworte mit der badenden Dorfjugend. Die müden Sinne
aber erwachten, als an unſere Ohren ein Lied mit Lautenbeglei=
tung
drang. Verwundert ſchauten wir auf. Auf dem hohen
Rheindamm zog einſam und allein ein junger Menſch daher. Der
ſang und ſchlug in die Saiten, ſo friſch, ſo hell und ſo fröhlich,
als ob die ganze ſchöne Sommerwelt ihm gehöre. Er grüßte
freundlich und frug höflichſt an, ob es erlaubt ſei, ein Lied vor=
zutragen
. Und bald ſaß er mitten unter uns und ſang ein Lied
von Minne Leiden und Freuden. Er ſang es frei und ehrlich.
Um das ſeeliſche Gleichgewicht dieſes Menſchen würde mir nicht
bange ſein. Auch er war jung und arm. Gelaſſen ſprach er zu
uns: Wenn Urlanbszeit und Reiſegeld zu Ende ſind, kehre ich
zurück, aber erſt dann. Ein kurzer Händedruck und von dannen
ſchied er ..
Der Landſtreicher.
Ja, nur ein Landſtreicher, aber ein ganz abſonderlicher. Zu=
meiſt
pflegte man dieſer Kategorie von Zeitgenoſſen immer hübſch
weit aus dem Wege zu gehen. Wegen des Vertrauen erwecken=
den
Eindrucks nämlich! Auch gegenüber unſerem Landſtreicher
wäre dieſe Vorſicht wohl durchaus am Platze geweſen. Aber da
wir dem Landſtreicher diesmal nicht auf der Landſtraße, ſondern
in einem einſamen Hochgebirgstal, der Alpen antrafen, machten
wir eine Ausnahme und unterzogen dieſes Individuum einer
näheren Augenſcheinnahme, Zerlumpt, bärtig und ſtruppig ſtellte
ſich uns dieſer Geutleman als Landsmann, und zwar als Würt=
temberger
vor. Der Mann hatte eine gelungene Art zu wandern.

Man denke: Barfuß über Fels, Schnee und Eis! Seine Stiefel
trug er an den Schnürſenkeln in der Hand. Ein einfacher, grober
Sack vertrat die Stelle eines Ruckſacks. Ein dünner Bindfaden er=
ſetzte
die Tragriemen. Als wir einen Schneehang in Hochſtellung
herabſauſten, ſetzte ſich unſer gemütvoller Begleiter höchſt be=
quem
auf ſeinen Hoſenboden und rutſchte quietſchvergnügt den
Hang hinab. Ganz diskret frug er uns nach einem Unterkommen
für die Nacht. Große Anſprüche ſtelle er nicht. Wir brachten ihn
in einer uns bekannten Jagdhütte unter, die er als ein ideales
Nachtquartier bezeichnete, wie er ein ſolches ſeit langem nicht
mehr bezogen habe. Das dürfte wohl der Gipfel menſchlicher Be=
dürfnisloſigkeit
ſein. Ein einſetzender ſtarker Regen zwang auch
uns, kurzen Aufenthalt in der Hütte zu nehmen, währenddeſſen
unſer Naturburſche ſein frugales Abendmahl, beſtehend aus Käſe
und einem Stück Brot, verzehrte. Er befriedigte unſere Neugier
gern und erzählte, daß er ſich ſchon jahrelang mit kurzen Un=
terbrechungen
, während deren er ſeine Finanzen durch Arbeit auf=
zubeſſern
verſuche, im Gebirge herumtreibe und im letzten Früh=
jahr
ſogar ebenfalls barfuß über einen gefährlichen italie=
niſchen
Paß gelaufen ſei. Inzwiſchen hatten ſich drei Schönwet=
tertouriſten
, ein Herr mit zwei Weibſeln, mit hohen Alpenſtangen
bewaffnet, der Hütte genähert. Als der männliche Teil der Geſell=
ſchaft
unſer ſichtig wurde, Gott, wir waren auch nicht gerade ſa=
lonſein
, klaug ſein Grüß Gott bereits merklich gedehnt. Beim
Anblick unſeres Landſtreichers aber zog es der wackere Held doch
vor, mitſamt ſeinen Schutzbefohlenen zu verſchwinden. Unſer Va=
gabund
war aber auch in dem nur ſchwach erhellten Raum ganz
gefährlich anzuſchauen, und es durfte nicht Wunder nehmen, daß
beim Anblick einer ſolchen Baſſermannſchen Geſtalt Raub= und
Mordgeſchichten in dem Gedächtnis dieſer Leute eine Auffriſchung
erfuhren. Rinaldo Rinaldini aus Schwaben aber grinſte höh=
niſch
, als er die Verwirrung ſah, die er mit ſeiner Gegenwart an=
gerichtet
hatte. Auch wir mußten herzhaft lachen über dieſen
Lumpen=Streich. Wir hatten aber feſtſtellen können, daß unter
dem zerlumpten Gewand dieſes Stromers ein Herz ſchlug, das
für die ihn urigebenden Schönheiten der Natur empfänglich war.
Es gab zu allen Zeiten ſolche ruhe= und raſtloſe Individuen,
die kein Dach über dem Kopfe haben können und die die Land=
ſtraße
immer wieder aufſuchen. Die Landſtraße iſt ihr Leben,
mithin ihr Schickſal geworden.
H. Dillenburg, Mannheim.

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Seite G.

Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 24. September 1923.

Rummer 264.

Landwirtſchaft, Sartenbau, Kleintierzucht und Siedlungsweſen

Oktoberarbeiten im Obſi= und Gemüſegarten.
Die Zeichen, duß ſich die Natur zur Winterruhe rüſtet, mehren
ſich. Das Pflanzenleben ſchließt für Monate ab, wenigſtens ſo=
weit
es unſerem Auge wahrnehmbar wird. Die Knoſpen für das
nächſte Jahr ſind ſchon gebildet, aber ſie bergen ſich in ſicheren
Hüllen vor den Angriffen des Winters. Landwirt und Gärtner
dürfen jetzt noch lange nicht die Hände in den Schoß legen. Die
Wintergetreideſaat iſt zu beenden, ebenſo die Kartoffelernte. Die
Rübenernte beginnt erſt. Beim Einbringen der Kartoffeln achte
man darauf, daß die Knollen trocken ſind. Die Hauptbedingung
dauerhafter Lagerung iſt Fäulnisfreiheit. Daher dürfen nur ge=
ſunde
Knollen eingemietet werden. Mieten lege man auf trocke=
nen
Plätzen, möglichſt in leichtem Boden an, nicht zu tief und
nicht höher als 60 bis 80 Zentimeter dachförmig aufgeſchüttet.
Im Gemüſegarten wird die Ernte des Wintergemüſes fort=
geſetzt
, doch achte man darauf, daß alles vollſtändig ausreift.
Nicht zu früh ernten, iſt jetzt die Loſung. Froſt ſchadet dem Win=
terkohl
nicht, und auch die Wurze gemüſe vertragen ihn, ſolange
ſie in der Erde ſitzen. Für die Ernte ſind die Mittagsſtunden
trockener Tage am geeignetſten, damit nichts gefroren oder naß
eingebracht wird. Wurzelgewächſe läßt man nach dem Heraus=
nehmen
erſt etwas abtrocknen, ehe man ſie einwintert. Die Auf=
bewahrung
geſchieht je nach den Verhältniſſen in Kellern oder
Gruben. Für den Schutz der Setzlinge und ſonſtiger im Lande
bleibender Gemüſepflanzen lege man Laub, Reiſig, ſtrohigen
Dünger zum Bedecken bei drohender Froſtgefahr bereit.
Alle Beete, die nicht abgeräumt werden können, müſſen auch
jetzt noch von Unkraut freigehalten werden. Roſenkohl, Lauch,
Grünkohl und Schwarzwurzel ſind winterhart. Das abgeerntete
Land wird nach und nach umgegraben und gedüngt. Es bleibt
dann in rauher Scholle liegen, damit der Winterfroſt den Boden
aufſchließen kann. Wege und Raſen ſind von dem fortwährend
fallenden Laube zu befreien. Bohnenſtangen und ſonſtige über=
flüſſig
werdende Stützen entfernt man aus dem feuchten Erdreich,
um ſie geordnet in einem trockenen Raume auſzubewahren. Auch
alle Geräte, die man nicht mehr benutzt, ſind zu reinigen, inſtand
zu ſetzen und gut wegzuſtellen.
Man richte ſich mit den Arbeiten ſo ein, daß man bei Aus=
ſicht
auf Regentage den Winterſalat umpflanzt, Ausſaaten von
Spinat, Peterſilie, Karotten und Zwiebeln macht, Futtermittel
erntet und Thomasmehl und Kainit auf die Wieſen ſtreut. Vor
Eintritt des Froſtes kümmere man ſich auch um die Bewäſſerungs=
vorrichtungen
, damit Leitungen und Pumpen nicht zerſtört
werden.
Im Obſtgarten geht die Ernte des Winterobſtes zu Ende,
doch ſind die Früchte nicht wahllos abzunehmen, ondern je nach
Sorte und Reifegrad. Sehr ſpäte Sorten bleiben am Baume, ſo=
lange
die Witterung es irgend erlaubt. Einige Kältegrade ſcha=
den
dem Obſt nicht, wenn es nur nicht im gefrorenen Zuſtande
geerntet wird. Auch trocken müſſen die Früchte beim Abnehmen
ſein. Die Gelegenheit, bei der Erntearbeit gleichzeitig den Baum
auszulichten, wo es nötig iſt, ſollte man ſich nicht entgehen laſſen.
Die Stämme der Obſtbäume werden gereinigt und mit Leim=
ringen
verſehen. Dieſe ſind das ſicherſte Kampfmittel gegen den
Froſtſpanner. Nach dem Laubfall kann man Neupflanzungen
vornehmen und die alten Bäume beſchneiden. Die Baumſchei=
ben
, ebenſo die Beerenobſtpflanzungen werden jetzt gegraben, ge=
düngt
und beſchnitten.
Winterharte Zwiebeln.
Die früheſten Zwiebeln im Jahre erzielt man durch
Herbſtanbau geeigneter Sorten. Am meiſten hat ſich bei der
Ueberwinterung die allerfrüheſte, weiße Frühlingszwiebel be=
währt
. Man ſät den Samen von Mitte Auguſt bis Mitte Sep=
tember
ziemlich dicht auf ein Saatbeet, das mit kräftigem Kom=
poſt
durchſetzt iſt. Auf dem feucht und unkrautfrei zu haltenden
Beete entwickeln ſich die Pflänzchen bis Mitte Oktober ſo weit,
daß ſie auf ein nahrhaft zubereitetes Beet verpflanzt werden
können. Man ſetzt ſie in Reihen von 2025 Zentimetern Ent=
fernung
mit 1015 Zentimetern Abſtand und achtet dabei be=
ſonders
darauf, daß ſie nicht zu tief zu ſtehen kommen. Obwohl
die Pflanzungen der Frühlingszwiebel ſchon 20 Grad Kälte
ohne Schaden überſtanden haben ſollen, ſo empfiehlt es ſich in
rauhen Lagen doch, das Beet mit Laub, Reiſig oder mit Nadel=
ſtreu
, Torfmull u. dal. während den kälteſten Monaten leicht zu
decken. Im Frühjahr entwickelt die Sorte, ſobald das Leben in
der Natur erwacht, in kürzeſter Zeit kräftige grüne Schlotten.
Die glänzend ſilberweißen Zwiebeln aber erreichen ſchon Mitte
Mai in gutem Boden die Gänſeeigröße und ſind von vorzüg=
lichem
, kräftigem Geſchmack. Eine Dauerzwiebel für den Winter
iſt dieſe Sorte nicht, aber das iſt auch gar nicht nötig; wenn ſie
über den Zwiebelmangel der frühen Jahreszeit hinweghilft, ſo
hat ſie ſchon ihre Pflicht getan. Eine vorzügliche Winterzwiebel
iſt auch die goldgelbe, allerfrüheſte Taubenzwiebel. Dieſe wird
nicht verpflanzt, ſondern Ende Auguſt bis Mitte September
gleich an Ort und Stelle recht dünn in Reihen ausgeſät. Auch
iſt ſie ſchon im Mai reif zum Verbrauch. Eine andere, noch viel
zu wenig angepflanzte Winterzwiebel iſt die Winterhecke= oder
Schnittzwiebel, auch ewige Zwiebel, Johannes= oder Jakobs=
lauch
genannt. Ihre Zwiebel bleibt zwar klein, ähnlich wie bei
dem Schnittlauch, ſowie etwas weichlich, ſie iſt aber vom Mai
ab als Küchenzwiebel verwendbar und eignet ſich auch vortreff=
lich
als Gemüſegericht. Neben dem Schnittlauch gibt dieſe Art
die erſten grünen Zwiebelſchlotten im Jahre. Die Winterhecke=
zwiebel
wird ſelten auf eigene Beete gebaut; ſie eignet ſich vor=
züglich
zu Einfaſſungen und zur Ausnutzung der beſcheidenſten

Die Finanzen des Großherzogs.
Roman von Frank Heller.
Copyright bei Georg Müller Verlag, München.
(Nachdruck verboten.)
43)
Philipp verabſchiedete ſich mit einer leichten Verbeugung.
Paqueno, flüſterte der angebliche Graf von Punta Her=
moſa
, ner iſt verheiratet!
Ich habe es ſo verſtanden, Hoheit.
Kommt Ihnen das nicht wunderlich vor, Paqueno?
Warum denn, Hoheit?
Ich habe noch nie gehört, daß Journaliſten ſich auf ihren
Expeditionen von ihren Frauen begleiten laſſen.
Da er nach Minorca fährt, wo Revolution iſt, Hoheit,
vielleicht will ſie ihn noch ein letztesmal in Marſeille ſehen.
Sie haben recht, Paqueno.
Oder vielleicht iſt ſie auch Journaliſtin. Man hört ja heut=
zutage
ſo wunderliche Dinge von Frauen.
Dann würde ſie wohl mit ihm nach Minorca kommen,
aber er ſagte ja nichts davon. Wiſſen Sie, Paqueno, was mich
vorhin erſchreckte?
Was denn, Hoheit?
Als dieſer Profeſſor von einer Bedingung ſprach. Ich
glaubte, bei Gott, er meinte Bezahlung im vorhinein. Da wären
wir fein dageſtanden, Paqueno.
Ja, leider, Hoheit. Wir müſſen hoffen, ihn ſpäter bezah=
len
zu können. Augenblichlich haben wir wohl nicht mehr als
Summa 400 in der Kaſſe.
Ich glaube, Sie könnten ſagen 300, Paqueno da Sie ſo ſehr
auf die Wahrheit halten. Nein, das geht nicht! Dieſer Profeſſor
Pelotärd iſt ein Gentleman. Wiſſen Sie, was ich zu tun
gedenke?

Gartenhecken, nimmt mit jedem Standort vorlieb, ohne große
Anſprüche an den Boden zu ſtellen und bleibt ohne Winterſchutz
jahrelang an ihrem Platze ſtehen. Die Vermehrung geſchieht nur
durch Teilung der alten Zwiebelſtöcke im Herbſt oder Frühjahr.
Wer rechtzeitig Schalotten ernten will, kann dieſe auch als
Winterzwiebel behandeln. Sie iſt zwar nicht durchaus kältefeſt,
hält aber in Gegenden mit milden Wintern oder bei Deckung
mit Nadelſtreu, Torfmull oder verrottetem Dünger gut aus,
beſonders, wenn man die Vorſicht gebraucht, ſie nicht, wie ſonſt
üblich, flach zu legen, ſondern 68 Zentimeter tief in die Erde
zu bringen. Das geſchieht im Auguſt oder September auf je 12
bis 15 Zentimeter Abſtand in kräftigem Boden.
Der Beſenginſter als Nutzpflanze.
Auf lockerem, lehmigem Sand von Böſchungen findet man
häufig wildwachſend, oft in ſehr ausgedehnten Beſtänden einen
wenig beblätterten, immer grünen Strauch mit langen, ziemlich
gerade aufſteigenden rutenförmigen Zweigen. Es iſt der Beſen=
ſtrauch
oder Beſenginſter (Sarothamnus seoparius). An man=
chen
Orten werden die zähen Zweige zu Beſen und Flechtarbei=
ten
benutzt; aber die übrigen Werte dieſer Pflanze ſind noch
ziemlich unbekannt. Im Frühjahr bietet der Ginſterſtrauch,
wenn er mit ſeinen großen goldgelben Blüten beladen iſt, einen
prächtigen Anblick gerade in ſolchen Gegenden, die an Blüten=
ſchmuck
ſonſt nicht viel zu bieten haben. Dieſe Blüten ſind
außerdem eine reiche Honigquelle für unſere Bienen. Dem
Bienenzüchter iſt gar manches Feld= und Wieſenunkraut lieb,
das der Landwirt auszurotten ſtrebt; beim Ginſter durchkreuzen
ſich die beiderſeitigen Intereſſen nicht, der Landwirt zieht auch
Nutzen aus dem Ginſter, aber faſt ausſchließlich im Winter, wo
er die Ginſterzweige als Friſchfutter verwendet. Der Begründer
der deutſchen Landwirtſchaftswiſſenſchaften, Profeſſor Kühn=
Halle, hat wiederholt auf den großen Wert des Beſenginſters
als Futterpflanze hingewieſen. Er ſelbſt gründete eine Karakul=
ſchafzüchterei
auf ſeinem Gute Lindchen auf der Grundlage der
Ginſterfütterung und erzielte die günſtigſten Erfolge. Der Gin=
ſter
bietet den großen Vorteil, daß man die allerärmſten Boden
durch ihn ausnutzen kann. Er iſt, wie alle Leguminoſen, eine
ſtickſtoffbindende Pflanze, die arme Sandböden bereichert. Man
braucht ihr Wachstum nur durch eine Kaliphosphatdüngung zu
unterſtützen. Junge Ginſterſtauden wachſen verhältnismäßig
leicht an, ältere ſehr ſchlecht. Ratſamer iſt die Saat. Der im
Auguſt reifende ſchwarze Samen wird im Frühjahr am beſten
reihenweiſe ausgeſtreut und flach untergebracht. Im zweiten
Jahre gibt die Blüte der jungen Büſche ſchon eine kräftige
Bienenweide.
Ernährungsfehler beim Geflügel.
Ein tüchtiger Züchter verſteht es, bei ſeinen Tieren ſtets die
Freßluſt rege zu halten. Darauf kommt es ſehr viel an, denn
ſo lange ein Tier gern frißt, iſt es auch geſund. Mit der richti=
gen
Fütterung iſt es allerdings gerade in der Geflügelzucht
häufig noch recht ſchlecht beſtellt. Bequemlichkeit und Unwiſſen=
heit
ſind die Quellen von allerlei Fehlern. Namentlich bei länd=
lichen
Geflügelhaltern ſieht man oft, daß auf dem Hof ein großes
Gefäß mit einer angerührten Futtermiſchung zur beliebigen
Aufnahme bereit ſteht. Iſt es geleert, ſo wird es einfach von
neuem gefüllt. Kein Wunder, daß die Tiere ſich in den Ecken
herumdrücken und keine rechte Freßluſt zeigen. Das Huhn ver=
fettet
, Verdauungsſtörungen treten ein, Krankheit und Siechtum
ſind die Folgen. Ein ſolches Tier kann natürlich ſeine Schuldig=
keit
nicht tun. Wenn die Freßluſt trotz richtiger Fütterung ab=
nimmt
, handelt es ſich um eine krankhafte Erſcheinung. Alle
Krankheiten nehmen gewöhnlich in dieſer Weiſe ihren Anfang.
Meiſtens ſind es Verdauungsſtörungen, die dem Appetitmangel
zugrunde liegen. Solche hat man ſtets zu gewärtigen, wenn die
Futtermittel nicht einwandfrei ſind. Daher achte man beſonders
auf die ſogenannten Küchenabfälle. Nur zu oft werden unter
das Hühnerfutter Dinge gemiſcht, die ſchon mehr oder weniger
verdorben ſind. Verdorbene Reſte gehören nicht in den Futter=
trog
, ſondern auf den Düngerhaufen. Ebenſo dürfen nicht die
ausgeſchiedenen kranken Kartoffeln, verrottete Rüben, verſchim=
meltes
Korn u. dal. als Futter Verwendung finden.
Eine weitere Urſache von Verdauungsſtörungen kann der
Auslauf in ſich bergen. Das gilt ganz beſonders, wenn die Tiere
jahraus, jahrein nur immer ein und denſelben begrenzten Aus=
lauf
zur Verfügung haben. Wird dann auch noch eine verhält=
nismäßig
zu große Anzahl Tiere auf demſelben Raum gehalten,
ſo wird in ſehr kurzer Zeit der Boden durch die ausgeſchiedenen
Exkremente ſo verjaucht und verſeucht, daß es ein Wunder wäre,
wenn keine Verdauungsſtörungen und Krankheiten auftreten
würden. Bei beſchränkten Raumverhältniſſen muß der Auslauf
mindeſtens zweimal jährlich tief umgegraben werden. Beſſer iſt
es noch, wenn man zwei Tummelplätze einrichten kann, die dann
abwechſelnd in Gebrauch genommen werden.
Ein vorzügliches Mittel, den Verdauungsſtörungen und
Krankheiten vorzubeugen, iſt fleißige Arbeit und Bewvegung.
Ein Huhn, das morgens früh ſchon auf der Suche iſt und abends
ſpät den Stall erſt wieder aufſucht, iſt unbedingt geſund. Ver=
helfen
wir daher unſeren Tieren zu möglichſt andauernder
Tätigkeit. Ganz beſonders gilt das im Winter, wo ein beſon=
derer
Scharraum, in dem das Körnerfutter in die Einſtren ein=
geharkt
wird, unentbehrlich iſt. Ein ſehr empfehlensvertes
Mittel, die Verdauung zu fördern und Verdauungsſtörungen zu
beſeitigen, iſt zerſtoßene gewöhnliche Holzkohle. Ein Käſtchen
mit ſolcher ſollte in jedem Stall zur beliebigen Aufnahme bereit=
ſtehen
.

Von der Reiſe abzuſtehen, Hoheit? Ja. Das wäre das
allerbeſte. Das iſt ein tollkühnes Unternehmen, das ſehr, ſehr
ſchlecht ausgehen kann. Das Volk iſt aufgehetzt; und ohne
Waffen
Aber, Paqueno! Ehe ich einem anderen das Vergnügen
gönne, dieſe Revolution zu erſticken, will ich lieber gleich abdi=
zieren
oder Präſident Hernandez Treue und Gehorſam ſchwö=
ren
. Und dieſer Bekker! .. . Nein, aber ich eſſe nicht mit
einem Gentleman zu Mittag, den ich eventuell ſpäter um ſein
Geld bringen muß.
Bevor wir uns zu Tiſch ſetzen, gedenke ich ihm zu ſagen,
wie es mit uns ſteht.
Aber Hoheit, Hoheit!
Ja, Paqueno, das iſt das einzig Richtige.
Die Miene des alten Finanzminiſters wurde äußerſt un=
glücklich
. Aber er kannte von altersher den Starrſinn ſeines
Herrn und verzichtete mit einem Seufzer darauf, weiter auf ihn
einzuwirken. Schweigend gingen die beiden Herren zur Hallen=
türe
hinaus.
Underdeſſen war Philipp Collin, nachdem er das Mittag=
eſſen
beſtellt hatte, in das Zimmer geeilt, wo die angebliche
Madame Pelotard auf ihn wartete. Er hatte ſie noch nicht von
ſeiner Abreiſe benachrichtigt, und war ſich noch nicht einmal klar
darüber, was er mit ihr anfangen ſollte. Mr. Jacques hatte
nichts von ſich hören laſſen, und Philipp, der die Stunden des
letzten Tages damit verbracht hatte, ſich über alles den Kopf zu
zerbrechen, hatte ſich ihn auch darüber zerbrochen, was wohl aus
dem getreuen Chauffeur geworden ſein mochte. Er hatte die
Zeitungen durchforſcht, ohne irgend eine Notiz über das Aben=
teuer
zu finden, an dem er in Paris teilgenommen. Dies konnte
bedeuten, daß die myſtiſche Madame Pelotard mit ihrer wunder=
lichen
Behauptung recht hatte. Ueber mich wird nie etwas in
die Zeitung kommen.

Vieh=, Geflügel= und Bienenpflege im Oktober.
Im Stall verlangt die Futterfrage in erſter Linie Aufmerk=
ſamkeit
: Solange wie möglich gebe man Weide= und Grünfutter,
Niemals laſſe man das Vieh auf bereifte Wieſen gehen. Das
Grünfutter reiche man ſtets nur mit Beigabe von Trockenfutter.
Mit der Abnahme des Grünfutters, vermehre man die Gaben
von Dörrfutter; ſo wird ſich das Vieh ohne Störung an den
Wechſel gewöhnen. Bei Beginn der Winterfütterung mache man
ſorgfältig einen Futterüberſchlag, damit man ſich beizeiten ein=
richten
kann. Heu ſtrecke man zeitig mit Stroh, ſcheue ſich auch
nicht, die zum Strecken getrockneten Unkräuter, Kartoffelkraut
u. dergl. ab und zu in die Raufe zu legen. Vor allen Dingen
decke man den Bedarf rechtzeitig. Iſt man genötigt, viel Stroh
zu verfüttern, ſo vergeſſe man das Kraftfutter nicht. Wegen des
hohen Gehalts an Eiweiß und Fett tun Oelkuchen die beſten
Dienſte. Kleie iſt ſehr oft von zweifelhaftem Wert. Heute bilden
Mais und Maisprodukte, auch wenn ſie teuer ſind, die ſicherſten
Futtermittel. Hat man ſchon tragende Tiere, die nicht gemolken
werden, ſo gebe man weniger Kraftfutter. Grünfutter, das nicht
mehr getrocknet oder friſch verfüttert werden kann, machen wir
durch Einſäuern für den Winter haltbar. Die Stallungen wer=
den
nachgeſehen und zugdicht gemacht.
Für die Ziegen beginnt jetzt die Hauptbrunſtzeit. Zeigen Un=
ruhe
des Tieres, verändert klingendes Meckern und andere deut=
liche
Anzeichen den Eintritt der Brunſt an, ſo warte man noch
½ bis 1 Tag und führe dann das Tier dem Bocke zu. Wird eine
Ziege nicht trächtig, ſo wiederholt ſich die Brunſt nach zwei bis
drei Wochen. Wer mehrere Ziegen hat, tut gut, eine davon nicht
im Herbſt, ſondern im Frühjahr decken zu laſſen, damit die Ab=
melkzeit
in den Herbſt und Winter fällt. Die diesjährigen jungen
Ziegen läßt man noch nicht decken. Durch ſorgfältige Hautpflege
fördert man die Geſundheit der Tiere.
Auch bei Kaninchen ſei man mit Grünfutter nicht zu frei=
gebig
. Trockenfutter muß ſtets vorher gegeben werden. Gefro=
renes
, naſſes Grünfutter erzeugt Durchfall. Die zum Schlachten
beſtimmten Tiere werden ſo gehalten und gefüttert, daß ſie mög=
lichſt
ſchnell Fleiſch und Fett anſetzen. Am erfolgreichſten iſt die
Maſt in ( inzelſtällen. Die Zucht ruht faſt ganz, Winterzucht iſt
nur ein Aotbehelf für beſondere Ausnahmefälle. Zuchthäſinnen
dürfen in der Ruhepauſe nicht zu fett werden. Abends ſolle man
ſtets warmes Futter geben: Kartoffeln und gebrühte Kleie, friſche
Malztreber, gedämpfte Rüben mit Kleie und gebrühte Malzkeime
oder Obſttreſter und Futterbrot bieten genug Abwechſelung. Bei
eintretender Kälte ſchützen wir die Ställe vor Zugluft und Wind
durch Verhängen mit Strohdecken. Die in geſchloſſenen Hütten
gehaltenen Tiere verlangen auch bei kühlem Wetter nach friſcher
Luſt. Sie haben jetzt ſchon ihren Winterpelz an und vertragen
Kälte beſſer als ſchlechte Luft.
Dem Geflügel kann man jetzt wieder mehr Freiheit im Gar=
ten
laſſen, nur vom Kohl muß man es fernhalten. Beim Um=
graben
hält es reichliche Mahlzeiten an Würmern und Inſekten.
Vielfach haben die Tiere die Mauſer, noch nicht überſtanden,
gute Pflege und Fütterung iſt deshalb notwendig. Die Ställe
werden noch einmal gründlich gereinigt, Decken, Fußböden,
Wände, Türen, Neſter und Stangen tüchtig mit Kalkmilch ge=
tränkt
, damit das Ungeziefer im Winter nicht aufkommt. Eine
einmalige wöchentliche Reinigung in den kommenden Monaten
genügt dann. Die Frühbruten ſorgen für friſche Eier. Auf die
jungen Hennen, die zuerſt mit dem Legen beginnen, iſt zu achten,
denn ſie eignen ſich am beſten zur Zucht. Drei= bis vierjährigt
Hähne und Hennen werden vor Eintritt in die Mauſer für Markt
und Küche ausgemerzt. Junge Hähne bekommen Maſtfutter, be=
ſtehend
aus Buchweizen, Mais= und Gerſtenſchrot mit Mager=
milch
angerührt, und werden in einen halbdunkeln, nicht zu großen
Stall geſetzt. Ebenſo werden jetzt Puter zur Maſt beſtimmt.
Die Gänſe weiden auf abgeerntenten Rübenfeldern, abends
erhalten ſie Körner. Hört die Weide auf, dann beginnt die Stall=
fütterung
. Man kann ſie auch mit gutem Erfolge in kleinen Ab=
ſchlägen
auf dem Hofe halten. Sie bekommen Kohlblätter und
anderes Grünzeug, geſtampfte Mohrrüben und Weichfutter aus
gekochten Kartoffeln und Kleie, abends Hafer und Mais. Waſſer
muß reichlich vorhanden ſein. Vier Wochen dieſer Fütterung ge=
nügen
zur Fleiſchmaſt, wird mehr Fett gewünſcht, ſo werden die
Tiere weiter in enger Einzelhaft gehalten. Enten mäſtet man
ebenſo.
Die Tauben brüten, mauſern auch noch teilweiſe, wenn ſie
die Mauſer ſchon beendeten und ihnen noch große Stoppelfelder
zur Verfügung ſtehen. Sie gehen erſt gegen mittag aufs Feld,
man gibt ihnen aber kein Futter, um ſie nicht zu verwöhnen. Nur
an beſonders naßkalten Tagen kann man eine Ausnahme
machen.
Der Einwinterung der Bienen geht eine ſorgfältige Durch=
ſicht
der Stöcke voraus. Nur kräftige Völker, mit jungen, lei=
ſtungsfähigen
Königinnen ſind in den Winter zu nehmen; der
Wabenbau ſoll möglichſt drohnenzellenfrei ſein und 10 bis 12 Kg.
Futter enthalten. Dieſes muß von tadelloſer Beſchaffenheit ſein.
Honigſorten, welche in den Zellen ſteinhart werden, wie Raps=,
Senf=, Hederichhonig uſw., taugen nicht als Winternahrung, da
ſie Durſtnot und zuweilen Ruhr erzeugen. An ihrer Stelle gibt
man gekochte Zuckerlöſung. Damit die kleinen Nagetiere nicht
in die Stöcke eindringen können, werden die Fluglöcher jetzt
verengt. Setzt kaltes Wetter ein, wird das Fenſter durch eine
Strohmatte oder ein Mooskiſſen erſetzt. Unter die Waben ſchiebt
man einen geölten Karton, der, am Ende des Winters herausge=
zogen
, Nachricht vom Stande des Volkes gibt. . . .

Philipp fand ſie in ihrem Zimmer auf und abgehend. Als
er eintrat, eilte ſie ihm entgegen und rief:
Wo ſind Sie denn ſo lange geblieben? Ich habe Nach=
richten
von Jaques.
Philipp gratulierte.
Er hat ſich gerettet, aber er kann den Ort nicht verlaſſen,
wo er ſich verſteckt hält. Er hat Ihre Annonce geleſen und mit
einem Freund eine Botſchaft geſchickt. Ich habe den ganzen
Nachmittag auf Sie gewartet, um es Ihnen zu ſagen. Ich reiſe
morgen.
Und ich heute abend um halb elf Uhr. Es freut mich, daß
Mr. Jacques entkommen iſt und ſo vernünftig war ..."
Sie unterbrach ihn.

regeln. Vollen Sie mir ſagen, wiebiel ich Ihnen ſchuldig hin!
Philipp hatte nun ſchon Gelegenheit gehabt, den Charakter
ſeiner Begleiterin kennen zu lernen. Wäre es vor zwei Tagen
geweſen, ſo hätte er wahrſcheinlich an einer ſolchen Aeußerung
wie ihrer letzten Anſtoß genommen ſicherlich Ausflüchte ge=
macht
. Wie es nun war, lächelte er und nahm einen Bogen
Papier vom Schreibtiſch.
Rechnen wir alſo, ſagte er. Ein Billett nach Marſeille‟
Warten Sie, warten Sie. Sie gehen viel zu raſch, unter=
brach
ſie eifrig. Erſt im Café de la Pair ein Kognak.
Ja, ganz richtig, ſagte Philipp ernſt, ein Kognak, 1 Frk.
Dann ein Auto zum Hotel de lEcoſſe und zum Bahnhof
und 5 Franks für den Chauffeur.
Aber vom Auto muß ich die Hälfte bezahlen, wendete
Philipp mit dem gleichen Ernſt ein.
Neia, das iſt nicht richtig, proteſtierte ſie, und dann ver=
tieften
ſie ſich in Kalkuls. Endlich war ſie zufrieden und zog ein
kleines Portefeuille heraus.
(Fortſetzung folgt.)