Darmstädter Tagblatt 1923


17. September 1923

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Heſſiſche Neueſte Nachrichten
Morgenzeitung der Landeshauptſtadt
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Nummer 257
Montag, den 12. September 1923 186. Jahrgang

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Beitreibung fällt jeder Rabatt weg. Banßkonto=
Deutſche Bank und Darmſtädter 8 Nationalbauk.

zwef.

Poincaré ſpricht.

Kein Entgegenkommen.
Paris, 16. Sept. (Wolff! Bei der Enthüllung des
Kriegerdenkmals in Dun=ſur=Meuſe hielt heute vormittag Poin=
caré
die erſte der für heute angekündigten beiden politiſchen
Reden. Poincaré erinnerte die Bewohner von Dun=ſur=Meuſe
an Goethes Hermann und Dortheg, in dem die Schrecken der
Auswanderung geſchildert ſeien. Er ſprach alsdann von dem
deutſchen Adler, der im Frieden noch nicht völlig die Gewohn=
heiten
abgelegt habe, die er im Kriege gezeigt. Es ſei zu hoffen,
daß er mit ſeinen großſpecheriſchen Manieren nur ſeine Ent=
täuſchung
verhüllen wolle. Ich begreife, ſo fuhr Poincaré fort,
daß es den Völkern, die den deutſchen Einbruch nicht erfahren
haben, ſchwer fällt, ſich die Leiden vorzuſtellen, die Frankreich
und Belgien, erdulden mußten. Keiner der vorgufgegangenen
Kriege hat auch nur annähernd eine Vorſtellung von dem geben
können, was eine ſeindliche Beſetzung bedeutet. Bei der Unter=
zeichnung
des Friedens haben ſich alle Allierten gegenſeitig das
Verſprechen gegeben, und das beſiegte Deutſchland hat es be=
ſchworen
, daß die begangenen Verbrechen nicht unbeſtraft bleiben
würden, und daß alle Schäden, die an Perſonen und an Sachen
durch den Einfall verurſacht wurden, repariert würden. Man
hat dieſe Schäden ſorgfältig aufgezählt, und in der Liſte ſtehen
nicht nur die Vernichtung von Immobilien und Mobilien, ſon=
dern
auch die Penſionen für die Kämpfer und deren Familien
und die ungenügenden Löhne für die Arbeiten, die man uns
aufgezwungen hat. Für manchen jedoch ſind alle dieſe Vor=
ſchriften
heute tote Buchſtaben. Weil die Deutſchen ihre Ver=
pflüichtung
verleugnet haben und wir es nun für gut halten, ſie
daran zu erinnern, kritiſieren und verdammen uns gewiſſe
Leute. Warum, ſo fragen ſie, geben wir unſere unzeitgemäßen
Reklamationen nicht auf, uarum halten wir uns ſo genau an
die Verträge?. Warum wollen wir unſere Forderungen nicht
von den Nationen reviſieren laſſen, die nicht im Kriege teil=
genommen
haben?
Wenn wir keine Kommiſſionen annehmen, die Deutſchland
von der Zahlung ſeiner Schulden befreit, dann bezeichnet man
uns als herrſchſüchtig in Anbetracht unſerer Forderungen und
macht uns Zudringlichkeit zum Vorwurf. Alles, was Deutſch=
land
unternahm, und was dazu diente, Frankreich zu ruinieren,
gehört der Vergangenheit an, und im Fluß der Ereigniſſe zählt
die Vergangenheit nicht mehr. Alles, was Deutſchland unter=
nahr
, um ſich ſeinen Verpflichtungen zu entziehen, wurde eben=
falls
vergeſſen, und auch das ſoll der Vergangenheit angehören,
und die Vergangenheit von geſtern liegt manchen ſchon zu fern.
Man will von unſeren Forderungen nicht mehr ſprechen, die
doch noch die Gegenwart ſind. Man hält es für übertrieben und
wendigkeit verſpüren, raſch entſchädigt zu werden.
Dieſe kleine ungerechtigkeit, müſſen wir, ohne unwillen hin=
nehmen
. Das verletzt die Franzoſen, die ſich eingebildet
haben, ſie würden um ihrer ſelbſt willen geliebt, und die ſich
nun enttäuſcht fühlen. Es wäre ein ſo großer Irrtum,
wenn wir uns einbilden wollten, daß unſere Freunde und nicht
wir ſelbſt die Verteidigung unſerer Intereſſen durchzuführen
haben, wie es unrecht wäre, zu befürchten, daß wir, indem wir
unſer Recht wahren, irgend jemand ſchädigen können. Unſere
Rechte ſind in den Verträgen niedergelegt, die unſere Allierten
unterzeichneten. Es würde keine Sicherheit in den Beziehungen der
der Völker geben, wenn die abgeſchloſſenen Verträge verleugnet
würden. Weder die neutralen Kommiſionen noch die inter= werdet Ihr doch wohl bereit ſein, das linke Rheinufer zu
nationalen Fideikommiſſion, auch nicht einmal der Völkerbund,
deſſen Aufgaben große ſind, hat dem Vertag von Verſailles die
Aufgabe zuerteilt, die Höhe der deutſchen Schuld feſtzuſetzen oder
die Bedingungen zu beſtimmen, unter denen ſie bezahlt werden
ſoll, ſondern einer beſonderen Kommiſſion, die Reparations=
kommiſſion
heißt, und deren Befugniſſe Deutſchland ausdrücklich
anerkannte. Wenn man daran denkt, ſie beiſeite zu ſchieben,
ſo geſchieht dies, weil man glaubt, daß ſie neuen Konzeſſionen
wenig geneigt iſt. Aber dieſe neuen Konzeſſionen würden den
übernommenen Verpflichtungen zuwiderlaufen, und das genügt,
damit wir uns dazu nicht hergeben. Wir haben Pfänder ausgeführt hat. Man trachtet nichtsdeſtoweniger danach, ſie ab=
in
der Hand, die wir behalten werden, bis wir
unſere Befriedigung erzielt haben.
Poincaré über die Garantien.
Paris, 16. Sept. (Wolff.) In ſeiner heute abend in
Brieulles=ſur=Meuſe gehaltenen Rede ſagte Poincaré u. a.:
ſchuldig gemacht und die die Allierten ſelbſt haben vornehmen
müſſen, um den Eindringling aus Frankreich zu vertreiben, die=
Verantwortung dafür tragen, ſo würden früher oder ſpäter die
jungen Deutſchen der alten Schule glauben, daß ſie um dieſen
Preis den Verſuch von neuem unternehmen könnten. Wenn
audererſeits das Deutſche Reich ſeine Militärkraft reorganiſieren
und ſich wieder bewaffnen könnte, würde es eines Tages ver=
ſuchen
, das Inſtrument, das es ſich geſchmiedet, wieder zu
benutzen.
und auch über die Aufrechterhaltung unſerer Sicherheit
wachen.
In beiden Fragen werden wir den Sperling in der Hand
nicht um der Taube auf dem Dache willen aufgeben. Deutſch=
land
hat tatſächlich ſeit mehreren Monaten die Tätigkeit der
Interalliierten Kontrollkommiſſion lahmgelegt. Deutſchland, das
heute in Maſſe Kanonen, Flugzeuge und Muniton, ſei es bei
ſich oder in andenen Ländern, herſtellen kann, Deutſchland, das
in einigen Jahren bewaffnet und zur Rebanche bereit wieder
vor uns erſcheinen kann, Deutſchland, das den Verſuch macht,
in der Welt unſere tapferen und treuen ſchwarzen Truppen zu
diskreditieren, weil es nicht will, daß wir eine Nation von 100
Millionen Menſchen ſind, und weil es ſich ſchmeichelt, uns raſch
durch ſeine Ueberzahl zu beherrſchen. Deutſchland gibt uns heute
Zuſicherungen mit Worten, die es für verlockend hält, und mit
Verſprechungen, von denen es Wunder erwartet.
Gewiſſe Publiziſten und Politiker haben einen Gedanken
aufgenommen, in der Hoffnung, daß wir ihn annehmen. Warum,

ſo ſagen ſie, könnten die rhein. Uferſtaaten ſich nicht vereinigen,
um ſich für eine beſtimmte Zeitperiode den Status quo zu garan=
tieren
? Würde dieſes Abkommen nicht für eine gewiſſe Zeit
Ruhe zum Atmen geben? Die Verfechter dieſer geiſtreichen
Kombinationen fügen auch hinzu, daß es bei unſeren Allierten
Leute gibt, die ſie vortrefflich finden und bereit ſind, ſie zu
empfehlen. Denken wir ſofort im voraus, aber laſſen wir nicht
zu, daß die Freunde Frankreichs ſich auf gefährliche Wege ver=
irren
. Mit der Schaffung des Völkerbundes hat der Frie=
densvertag
von Verſailles den Grundſatz aufgeſtellt, daß alle
Nationen, die daran teilnehmen, ſich gegenſeitig verpflichten, ihre
Gebiete zu reſpektieren. An dem Tage, an dem Deutſchland
endlich die Verpflichtungen, die es unterſchrieben, erfüllt haben
wird, ſteht es ihm frei, ſeine Zulaſſung zum Völkerbund zu ver=
langen
.
Ein Sonderpakt für die Rheingrenze
würde dem Text des Vertrages nichts hinzufügen, er würde
ſogar eine große Ungelegenheit ſchaffen und den aullgemeinen
Pakt ſchwächen, denn wenn er ſich nicht auf die Grenzen der
Tſchecho=Slowakei und Polens bezieht, würde man Deutſchland
im Oſten oder im Süden mehr Freiheit laſſen als im Weſten.
Es verſteht ſich von ſelbſt, daß Deutſchland, ſobald es einen
militäriſchen Heißhunger bekommen wird, ſeinen Angriff weit
vom Rhein ab beginnen und ſich gegen uns wenden wird, wenn
wir unſere Allierten ſchützen wollen. Das habe ich im vorigen
Jahre Lloyd George erklärt, als er uns vom Garantiepakt ſprach,
der nur für den Rhein und für einige Jahre Geltung haben
ſollte und im übrigen von keiner militäriſchen Sicherheit be=
gleitet
war. Um wieviel mehr müſſen wir den Deutſchen die=
ſelbe
Antwort geben, die uns heute dieſes trügeriſche Spinn=
gewebe
anbieten? Ein Garantiepakt, welches auch ſeine Unter=
zeichner
ſein mögen, kann für uns keinerlei praktiſchen Wert
haben, wenn er im Falle eines Angriffs keine raſche und wir=
kungsvolle
militäriſche Sicherheit garantiert. Vor dem Kriege
hat uns Großbritannien keinerlei militäriſche Mitarbeit ver=
ſprochen
. Es ſtand ihm frei, nicht zu intervenieren, ſelbſt wenn
Frankreich der Gegenſtand eines unbegründeten Angriffes ge=
weſen
wäre. Trotzdem hatten die militäriſchen und maritimen
Generalſtäbe Großbritanniens mit unſeren Generalſtäben ein
Abkommen getroffen, die im Falle einer britiſchen Intervention
ei nZuſamnenwirken geſtatten ſollten. An dem Tage, an dem
England Partei für Frankreich und Belgien ergriff, haben wir
auf Grund dieſer Konventionen gewußt, wo und in welchem
Maße es ſofort handeln werde. Wir waren trotzdem gezwungen,
lange Monate auf franzöſiſchem Boden und mit franzöſiſchen
Soldaten die ſchwerſte Laſt des Kriegs zu tragen. Garantiepakte,
die nicht auf einem techniſchen Abkommen analog den früheren
ermüdend, wenn wir als die am ſtärkſten Betroffenen die Not= beruhen, würden uns im Augenblick der Gefahr allein oder faſt
allein laſſen. Die Garantiepakte würden, wenn ſie unterzeichnet
ſind, überall als Friedensſymbol bezeichnet werden und man
würde ſich beeilen, uns zu erklären, daß wir nichts mehr zu
befürchten hätten, daß wir uns beeilen müßten, abzurüſten, und
wir würden, wenn die Stunde gekommen ſei, von einem zahlen=
mäßig
überlegenen, beſſer vorbereiteten und beſſer ausgerüſteten
Feind überfallen werden. Nein, ich danke!. Wenn man uns als
Garantie für unſere Sicherheit nur Patte dieſer Art bietet, ſo
bedeutet uns dieſer aufgeputzte Block (bloe enfarine) nichts, was
irgend von Wert wäre. Im übrigen wird uns dieſes Angebot
im allgemeinen nur mit dem konkreten Hinzufügen gemacht:
Wenn Ihr durch einen Haufen Unterſchriften geſchützt ſeid, ſo
abgelaufen ſind. So gedenkt man uns mit dem
Trugbild einer illuſoriſchen Garantie
um die poſitive Garantie zu bringen. Es iſt wohl bekannt, daß
ſämtliche Regierungen, die in Frankreich ſeit 1919 aufeinander
gefolgt ſind, erklärt haben, daß die Beſatzungsfriſten für das
linke, Rheinufer noch nicht zu laufen begonnen
hätten, da Deutſchland keine von den Vertragsbeſtimmungen
zukürzen. Wenn das gelänge, wären wir gezwungen, vor Ablauf
der vertragsmäßigen Friſten unſere Soldaten aus dem Glaeis
zurückzuführen, wo ſie Wache halten, um den Weltfrieden zu ver=
Ruhe neue Preſtige= und Eroberungskriege vorzubereiten. Das
iſt ein Ziel, zu dem wir uns nicht hergeben werden. Poincars
verſicherte, daß Frankreich die durch den Friedensvertrag ihm ge=
Wenn die Verwüſtungen (ſagte er), deren ſich Deutſchland währten Sicherheiten feſthalten werde. Da ſie nicht ewig ſeien
aber nicht geliefert worden wären, ſo werde es zu gegebener
jenigen nichts oder faſt nichts koſten würden, die die moraliſche Zeit gern mit ſeinen Allierten ſich bemühen, für die Zukunft an= ſolange in Laft, bis ihn der neugewählte Gouverneur, ein Feind
dere ausfindig zu machen. Aber weder in dieſer Frage noch in
gnügen.
Ein zweiter Sonntagsredner.
Paris, 16. Sept. (Wolff.) In Poperinghe ſprach heute
Wir müſſen alſo den Betrag unſerer Reparationen fordern der franzöſiſche Kriegsminiſter in Anweſenheit des belgiſchen
Kriegsminiſters aus Anlaß der Verleihung des franzöſiſchen könne, daß er aber im übrigen weiter beſtehen könne d. h. be=
Kriegskreuzes an die belgiſche Gemeinde Poperinghe. Er ſagte
zum Schluſſe ſeiner Rede, Deutſchland könne zahlen, wenn es
wvolle; was ihm aber fehle, ſei der gute Wille dazu. Durch die
Beſetzung des Nuhrgebiets habe Frankreich Deutſchland gegen=
über
die Tatſache bekräftigt, daß es Sieger ſei, und daß es ein
Gläubiger wäre, der entſchloſſen ſei Genugtuung zu verlangen, auszuüben, dazu hatten ſchon genügend Möglichkeiten beſtanden,
die es, wie die franzöſiſche und die belgiſche Regierung zu wie=
derholten
Malen erklärt hätten, nur dann freigäbe, wenn es
bezahlt ſei. Dieſe Pfänder könnte alſo Frankreich nicht aus der
Hand geben im Austauſch gegen neue Verſprechungen, ja ſelbſt
gegen Garantien, die ihm nicht gleichwertig wären. Es erwarte
weder Worte noch Kombinationen, die mehr oder weniger kom= ten= Die Transportation Aet, der das Gericht ſeine Entſtehung
promittierend ſeien, von ſeinem Schuldner, ſondern Zahlungen.
ben, deren Wirkſamkeit heute ſelbſt diejenigen nicht beſtreiten
könnten, die ſie nicht gebilligt hätten. Frankreich könne ſich nicht
mit einer halben Genugtuung, mit einem halben Sieg begnügen. Unſere heutige Nummer enthält den Sport des Honntags

Der Schiedsſpruch=Gedanfe
in den Vereinigten Staaten.
Von
Virgil Jordan, New=York.
Die Vereinigten Staaten verfügen über nur ganz wenige
Erfahrungen auf dem Gebiete der obligatoriſchen Schieds=
ſprechung
zum Zwecke der Beilegung von politiſchen, juriſtiſchen
oder ökonomiſchen Differenzen und keines dieſer Experimente
kaun eigentlich, als erfolgreich beezichnet werden. Der Amerika=
ner
hat allgemein eine ſtarke Abneigung gegen den Zwang und
eine gleich ſtarke gegen die Beilegung von Streitigkeiten ſeitens
einer dritten Partei. Sie möchten die Differenzen irgendwie un=
tereinander
ausgeglichen ſehen. Mit einer einzigen Ausnahme:
muß es ſchon Zwang oder Schiedsſpruch geben, dann für die an=
deren
. Das gemeine Intereſſe mag, das wird zugegeben, erfor=
dern
, daß ein Streitfall beigelegt wird; ſollte dann die dem ent=
gegenitehende
Partei es ablehnen, Vernunft anzunehmen, ſo ſoll
gegen ſie die volle Gewalt des Geſetzes zur Anwendung gelangen.
Daran iſ, an ſich nichts Selbſtſüchtiges oder Unfaires
darin ſpricht ſich nur ein Alluzmenfchliches aus, wovon den Ame=
rikanern
vielleicht noch etwas mehr geblieben iſt, als den alten
Völkern. Ties ſollte man jenſeits des Ozeans im Auge behalten,
wenn man von dem Lärm hört, den die Diskuſſion über den Bei=
tritt
der Vereinigten Staaten zum Haager Gerichtshof ausge=
löſt
hat, oder wenn man ſich der Abneigung entſinnt, die die Ver=
einigten
Staaten dem zentralamerikaniſchen Gerichtshof entgegen=
gebracht
haben, den die latein=amerikaniſchen Staaten zweimal
ins Leben zu ruſen verſucht haben. Die Vereinigten Staaten ſind
natürlich für internationale Gerichtshöfe und auch für deren obli=
gatoriſchen
Clgxakter, aber alles zur rechten Zeit, am rechten Ort
und zum rechten Zweck. Wenn ſie ſo ſehr für die zwiſchenſtaatliche
Schiedsgerichtsbarkeit ſind, ſollte man annehmen, daß ſie auch
einiges Talent oder gewiſſe Neigungen für die Schiedsſprechung
in innerſtaatlichen Angelegenheiten bekunden würden. Damit iſt
es allerdings nicht weit her; während des Krieges hatte ſich die
Regierung genötigt geſehen, in gewiſſen wichtigen Induſtriezwei=
gen
ſowohl Arbeitgebern als Arbeitnehmern. Daumenſchrauben
anzulegen, wenn auch auf relativ gelinde Art. Die dafür geſchaf=
fenen
Eiurichtungen wie das Kriegsarbeitsamt. (National War
Labor Noard) haben meiſt einen Kompromiß zu Gunſten der Ar=
beiterſchaſt
herbeigeführt, wobei die öffentliche Meinung auf ihrer
Seite war.
Im Jahre 1920 war ein obligatoriſcher Schiedsgerichtshof
für den Staut Kanſas errichtet worden, mit der Befugnis, bei
allen Lohndifferenzen innerhalb der Induſtrie einzugreifen, von
ſich aus die Löhne und die Arbeitsbedingungen feſtzuſetzen, Geld=
und Haftſtrafen über Unternehmer und Arbeiter zu verhängen,
die ſeiner. Entſcheidungen ſich nicht fügen würden, und nötigen=
falls
ſogar den Betrieb eines ſtillgelegten Werkes zu übernehmen,
um eine ununterbrochene Produktion ſicherzuſtellen, ſoweit es ſich
um lebenswichtige Unternehmungen handeln ſollte. Das Experi=
meut
von Kanſas war veranlaßt worden durch den damaligen,
faſt über die ganzen Vereinigten Staaten ſich erſtreckenden Berg=
arbeiterſtreik
, dem der Gouverneur dieſes Staates etwas Ent=
ſcheidendes
entgegenzuſtellen wünſchte. Kanſas iſt ein Staat von
weſentlich agratiſchem Charakter und verfügt über eine nicht ſehr
ausgedehnte Induſtrie, die andererſeits natürlich lebenswichti=
gen
Charakter ha:. Es war deshalb nicht ſehr geeignet für ein
Schiedsgerichts=Experiment, das dort auf geringere. Schwierig=
keiten
ſtoßen mußte, als in anderen Teilen der Union. In der
Tat hat ſich dieſes Schiedsgericht erwieſen; es iſt auch
nur bei wenigen wichtigen Fällen angezogen worden und
in dieſen Fällen es handelte ſich um den Eiſenbahnerſtreik
und den letzten Bergarbeiterſtreik hat es ſich um eine Aktion
räumen, bevor die durch den Friedensvertrag feſtgeſetzten Friſten herumgedrückt. Es iſt zum Gegenſtand lokalpolitiſcher Manöver
geworden und vom Gouverneur Allan, auf den es zurückgeht, bis
zu ſeiner Niederlage bei den letzten Wahlen benutzt worden, um
durch eine ziemlich gegenſtandsloſe Diskuſſion über die Verdienſte
und Gefahren der Schiedsgerichte Neklame auch über die Grenzen
ſeines Staates hinaus zu machen. Gewerkſchaften wie Unter=
nehmen
ſtrachen ſich gegen das Schiedsgericht aus, obwohl es
keiner der Paiteien auf die Füße getreten war, aber ſie meinten,
es könnte dies doch einmal tun.
In zwei beſonderen Fällen, wo der Kanſas Induſtrial
Court, wie dieſer Gerichtshof heißt, den Intereſſen einer der
beiden Seiten ein wenig näher trat, wurde ſeine Schwäche ſofort
offenſichtlich und damit war er ſchließlich zu völliger Bedeutungs=
lojigkeit
verdammt. Als der Führer eines lokalen Bergarbeiter=
teidigen
, und der deutſche Militarismus wäre imſtande, in aller verbands ſich weigerte, ſeine Genoſſen aufzufordern, die Arbeit
wieder aufzunehmen, wie ihm das Gericht aufgegeben hatte,
wurde er inhaftiert. Damit war natürlich keinerlei Kohle geför=
dert
, aber es brachte dem Gericht die Sympathien der Arbeitge=
ber
ein, die ſich jetzt beruhigt fühlten. Als der Fall dem Oberſten
und da diejenigen, die Frankreich 1919 verſprochen wurden, ihm Gerichtshof in Waſhington unterbreitet wurde, ging dieſer einer
Entſcheidung aus dem Wege und der Gewerkſchaftsführer blieb
der Schiedsgerichte, freiließ. Der andere Verſuch wurde gegen
der Reparationsfmge werde es ſich mit dem Scheine be= die Arbeitnehmerſeite unternommen: das Gericht verſuchte für
eine große Fleiſchpackerei Löhne zu erzwingen, die höher waren,
als was die Arbeitgeber anboten, oder wie ſie ſagten, ſich über
dem bewegten, was ſie zu zahlen vermöchten. Auch dieſer Fall
wurde vor das Oberſte Gericht gebracht und dieſes entſchied, daß
der Kanſas=Induſtrial=Court auf Grund der jetzigen amerikani=
ſchen
Verfaſſung einem Unternehmer keine Lohnſätze aufzwingen
fugt ſei, beide Parteien aufzufordern, vor ihm zu erſcheinen, eine
Entſcheidung zu fällen und die Streikenden zu beſtrafen, die ſich
ſolcher Entſcheidung nicht fügten, daß er aber Arbeitgeber nicht
beſtrafen und nicht zwingen dürfe. Dies herbeizuführen, d. h.
Streiks zu unterdrückten und Zwang gegen die Gewe kſchaften
Frankreich habe in Deutſchland Pfänder mit Beſchlag belegt, ſo daß die Entbehrlichkeit dieſes Gerichts erneut dargetan war.
Die Abneigung gegen einen zweiſchneidigen Appart für die
Beilegung von Lohn=Differenzen hat auch das Eiſenbahn=
Arbeitsamt lahmgelegt, das eingerichtet war, um Differenzen
zwiſchen den Ciſenbahngeſellſchaften und den Arbeitern zu ſchlich=
verdankt
, hat gleichzeitig einen beſtimmten Ertrag von den in=
Um dieſe zu erlangen, brauche es nur einer Politik treu zu blei= beſtierten Kapitalien feſtgeſetzt. Das Board beſaß jedoch nicht

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Seite 2.

Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 12. September 1923.

Nummer 257.

Vom Tage.

die Möglichkeit, Löhne feſtzuſetzen oder die Bahnen zu zwingen,
beſtimmte Löhne zu zahlen und Bedingungen wegen der Ar=
beitszeit
uſw. zuzuſtimmen. Es war ihm nur geſtattet, die
Bahnen öffentlich anzuprangern, falls dieſe ſich einer Entſchei=
dung
nicht unterwarfen. Als eine Geſellſchaft ſich weigerte, bei
der Wahl von gewiſſen Werkſtättenkomitees die Gewerkſchaften
anzuerkennen, und als ihr Verhalten vom Board mit ſcharfen
Aeußerungen gekennzeichnet wurde, wandte ſich die Geſellſchaft
an den Oberſten Gerichtshof. Dieſer entſchied wohl, daß ein ſol=
cher
Tadel von geſetzeswegen berechtigt ſei, die fragliche Eiſen=
bahn
aber fügte ſich auch dann dem Spruch des Board nicht.
Auf der anderen Seite hat das Board bei den Streiks der Eiſen=
bahnwerkſtätten
= und anderen Bahnarbeitern den ganzen gou=
vernemantalen
Apparat einſchließlich militäriſcher Streitkräfte
aufgeboten, um die Arbeiter zum Gehorſam zu zwingen.
Dieſe Erfahrungen haben dem Schiedsgerichtsgedanken in
der Union ſtarken Abbruch getan. Glücklicherweiſe aber hat er
ſich bei der Regulierung von geſchäftlichen Differenzen bewährt,
ſo daß es jetzt in New=York und einer ganzen Reihe von Städ=
ten
Schiedsgerichte privater Verbände gibt. Dieſe privaten
Wege, Differenzen aus der Welt zu ſchaffen, ſcheinen dem ameri=
kaniſchen
Prinzip des laiſſez faire eher zuzuſagen, das auch bei
der Frage der Regelung zwiſchenſtaatlicher Beziehungen mit=
ſpricht
und teilweiſe den Argwohn gegen den Völkerbund und
dem Haager Gerichtshof erklärt.

Die Freiheit der Preſſe.
Der Verein Deutſcher Zeitungsverleger
(Herausgeber der deutſchen Tageszeitungen) E. V. hat ſich ver=
anlaßt
geſehen, folgende Erklärung abzugeben:
In der letzten Zeit iſt vielfach und von verſchiedenen Ver=
bänden
der Verſuch gemacht worden, under Androhung von
Boykott und anderen Schädigungen bei einer Weigerung, Zei=
tungen
zur Veröffentlichutng von zum Teil umfangreichen Er=
klärungen
und Artikeln im einſeitigen Intereſſe der betreffenden
Verbände zu nötigen. Auf die gleiche Weiſe wird verſucht, die
Erörterung der Forderungen der Verbände und die freie Kritik
einzuſchränken oder zu verhindern.
Deshalb ſieht ſich die berufene Vertretng der deutſchen
Zeitungen zu der Erklärung veranlaßt, daß die Preſſe nicht die
Intereſſen einzelner Berufsklaſſen und ihrer Organiſationen zu
vertreten hat, vielmehr verpflichtet iſt, Fragen, wie beiſpiels=
weiſe
auch Beſoldungs= und Steuerfragen oder irgendwelche
wirtſchaftlichen oder politiſchen Forderungen und Reform=
vorſchläge
nach Maßgabe der Intereſſen des ganzen Volbes
in voller Freiheit zu beſprechen. Ueber die Aufnahme ingend=
welcher
Einſendungen rmiſſen allein die zuſtändigen und ver=
antwortlichen
Leiter der Zeitngen entſcheiden, die ſich die Frei=
heit
und die Grenze der Kritik lediglich durch ihre publiziſtiſche
Pflicht und die gegebenen Geſetze beſtimmen laſſen. Sie würden
ihre Pflichten gröblich verletzen, wenn ſie ſich durch Einwir=
kungsverſuche
wie die hier geſchilderten ingendwie beein=
fluſſen
ließen.
Verein Deutſcher Zeitungsverleger
(Herausgeber der deutſchen Tageszeitungen) E. V.
Die neuen Kohlenpreiſe.
Berlin, 16. Sept. (Wolff.) Am 14. September hat der
Reichskohlenverband und der Große Ausſchuß des Reichskohlen=
rats
eine Erhöhung der Kohlenpreiſe beſchlofſen, die durch die
außerordentliche Steigerung der Materialienkoſten und der
Lebenshaltungskoſten, die eine entſprechende Lohnerhöhung er=
forderlich
machten, nötig wurden. Die beſchloſſenen Erhöhungen
ſind von dem Reichswirtſchaftsminiſter zum Teil herabgeſetzt
worden. Die neuen Preiſe gelten mit Wirkung ab Montag,
den 17. September. Vo mgleichen Tage ab werden die Kohlen=
preiſe
nicht mehr in Papiermark, ſondern in Goldmark ver=
öffentlicht
und berechnet. Erfolgt die Zahlung in Papiermark,
ſo werden die Papiermarkbeträge nach der amtlichen Dollar=
notierung
an der Berliner Börſe (Mittelkurs zwiſchen Geld=
und Briefkurs, ein Dollar gleich 4,20 Papiermark) am Tage
nach Zahlungseingang in Goldmark gutgeſchrieben. Aus den
vom 17. September ab geltenden Preiſen verbleiben den Gruben
im Ruhrrevier für eine Tonne Fettförderkohle 19,26 Goldwark,
in Oberſchleſien für eine Tonne im Durchſchnitt aller Sorten
13,86 Goldmark, in Niederſchleſien 17,66 Goldmark, in Sachſen
D,30 Goldmark, in Ibbenbueren 17,20 Goldmark und in Mittel=
deutſchland
und Oſtelbien für eine Tonne Braunkohlembriketts
10,45 Goldmark. Die Verkaufspreiſe, die die Verbraucher zu be=
zahllen
haben, erhöhen ſich um den Betrag der Kohlenſteuer und
Umſatzſteuer und um den Beitrag für den Bergarbeiter=
wohnungsbau
. Sie betragen z. B. für eine Tonne Ruhrfett=
förderkohle
28,08 Goldmarh, während ſie im Durchſchnitt aller
Sorten in Oberſchleſien 19,81, in Niederſchleſien 23,38, in
Sachſen 27,59 und im Ibbenbueren 24,68 Goldmark ausmachen.
Hiernach ſtellt ſich der Verkaufspreis für eine Tonne oberſchle=
ſiſche
Flammſtückkohle auf 23,93 Goldmark, niederſchleſiſche Nuß I
gewaſchen (Fürſtenſtein) 27,14 Goldmark, ſchleſiſcher Stückkoks
auf 36,60 Goldmark, niederſchleſiſcher Gießerei=Stückkoks auf 42,48
Goldmark, Ruhrfettförderkohle 2808 Goldwark, Ruhrfettſtückkoks
37,21 Goldmark, Ruhrgroßkoks 141,01 Goldmark, mitteldeutſche
und oſtelbiſche Braunkohlenbriketts 14,58 Goldmark.

Die Reichsbank hat den Wechſeldiskont auf 90 Prozent und den
Lombardzinsfuß auf 10 Prozent feſtgeſetzt.
Der Zinsfuß der Darlehnskaſſen beträgt von heute ab allgemein:
1. für Darlehen ohne Entwertungsklauſel jährlich 108 Prozent, 2. für
Darlehen mit Entwertungsklauſel jährlich 10 Prozent. Die bisher ge=
währte
Ermäßigung der Zinsſätze für ſogenannte Vorzugsdarlehen
fällt künftig fort.
Der franzöſiſche Miniſter für öffentliche Arbeiten reiſt morgen
nach dem Ruhrgebiet. Er gedenkt, dort ſich zwei Tage aufzuhalten
und die in franzöſiſcher Regie betriebenen Kokereien und Zechen zu
inſpizieren.
Beamte der belgiſchen Militärpolizei haben am 6. September bei
der Reichsbanknebenſtelle in Jülich 18 984 750 000 Mk. beſchlagnahmt.
Der ſpaniſche Botſchafter in Berlin Soler verließ Berlin mit Urlaub,
um ſich über Paris nach Madrid zu begeben. Seine längſt vorbereitete
Reiſe hat mit den augenblicklichen Vorgängen in Spanien nichts zu tun.
Der ungariſche Geſchäftsträger in Paris dementiert die Meldung,
derzufolge in Ungarn Kriegsvorbereitungen im Zuſammenhange mit
der Fiumefrage getroffen würden.
Nach einer Havasmeldung aus Santiago de Chile iſt dort eine
japaniſche Handelsmiſſion angekommen, um den japaniſchen Erzeug=
niſſen
einen Abſatzmarkt zu erſchließen und gleichzeitig Rohſtoffe zu
ſuchen.
Die Polizei in Tokio ſchätzt die Zahl der Toten in Tokio und
Umgegend auf 77 82, die Zahl der Vermißten auf 120070. Mehr als
eine Million Flüchtlinge verließ Tokio.

Entlaſtung der Gerichte.
Berlin, 15. Sept. (Wolff.) Der Rechtsausſchuß des
Reichstags genehmigte den Enturf einer zweiten Verordnung
zur Entlaſtung der Gerichte. Dadurch wird für die Zuſtändig=
keit
der Amtsgerichte in bütrgerlichen Rechtsſtreitigkeiten eine
Erhöhung der bisher geltenden Wertgrenzen um das rund 150, für die Reviſionsſumme auf das 200 fache und für die
übrigen Wertgrenzen eine Erhöhung in entſprechendem Maße
vorgewommen. Die Verordnung tritt am 1. Oktober in Kraft.
Der Reichsjuſtizminiſter Dr. Radbruch erklärte, daß das Reichs=
juſtizminiſterium
demmächſt zu wertbeſtändigen Abgrenzungen
übergehen werde, falls dieſe Maßnahmen durch die geplante
Währungsreform nicht überholt ſein würden.
Aufhebung der Grenzſperre.
Paris, 16. Sept. (Wolff.) Nach einer Havasmeldung aus
Mainz hat die Rheinlandkommiſſion den Verkehr zwiſchen dem
unbeſetzten und dem beſetzten Deutſchland vom 16. September ab
wieder freigegeben.
Die Lage im beſetzten Gebiet.
Berlin, 15. Sept. Der Reichsmäniſter für die beſetzten
Gebiete, Fuchs, erklärte zu der letzten Verordnung der Rhein=
landkommiſſion
über die Beſetzung freier Beamtenſtellen durch
die Kommiſſion, daß angeblich die Rheinlandkommiſſion dieſe
Verordnung erlaſſen habe, weil ſie damit die Möglichkeit einer
geordneten Verwaltung gewährleiſten wolle. Wenn es
der Rheinlandkommiſſion um die Wiederherſtellung einer geord=
neten
Verwaltung zu tun ſei, ſo hätte ſie nichts anderes nötig,
als die ausgewieſenen Beamten wieder einzu=
ſetzen
. Aber alle Vertriebenen ſind ja nur deshalb ausgewieſen
worden, weil ſie ſich den Machtzielen der Rheinlamdkomiſſion
nicht fügen wollten. Die Verordnung der Rheinlandkommiſſion
kommt lediglich den Beſtrebungen der Separiſten
entgegen. Hinchtlich des paſſiven Widerſtandes ſagte der
Miniſter, das Rheinland und das Ruhrgebiet hätten überhaupt
keinen paſſiven Widerſtand geleiſtet, um zu der Reparationsfrage
ſelbſt Stellung zu nehmen, ſondern lediglich, um ſich einer
beabſichtigten Zerſtückelung Deutſchlands zu
widerſetzen. Zur Frage des Abbaues der Ruhrkredite er=
klärte
der Miniſter, die Arbeitnehmerſchaft des beſetzten Gebietes
brauche ſich wegen ihrer Zukunft nicht zu beunruhigen.
Die Reichsregierung werde ſelbſtverſtändlich auch weiterhin für
ſie ſorgen. Der Miniſter ſchloß mit den Worten: Seit Beginn
der Arbeit des Kabinetts war und iſt es ſein Beſtreben, den
Ruhrkonflikt wie überhaupt das geſamte Reparationsproblem
ſobald wie möglich zu einem ehrenvollen Ab=
ſchluß
zu bringen.
Oeviſeneinfuhr nach Rußland.
Moskau, 15. Sept. (Wolff.) In den Kreiſen der ruſ=
ſiſchen
Regierung wird, nach einer Mitteilung der ruſſiſchen
Telgraphen=Agentur geplant, die Einfuhr ausländiſcher
Valuten nach Rußland zu geſtatten. Es ſoll dem Volkskommiſſar
für die Finanzen vorbehalten bleiben, die Einfuhr der einzelnen
Valuten im Einklang mit den Forderungen der ſpeziellen
Valutapolitik zu vegeln.

Eine bedeutſame Erklärung des baperiſchen
Miniſterpräſidenten.
Berlin, 17. Sept. (Wolff.) In Tuntenhauſen ſprach ge=
ſtern
auf der Tagung des Bayeriſchen Bauernbunds Staatsprä=
ſident
Dr. Knilling. Er ſagte u. a.: Reichskanzler Dr. Streſe=
mann
hat die Abſicht zu erkennen gegeben, ſich mit ſeinem Teil
auf ein gutes Einvernehmen mit Bayern einzuſtellen. Wir war=
ten
auf Taten des neuen Kabinetts und hoffen daß
der Neichskanzler auch die nötige Kraft im gegebenen Augenblick
aufbringen wird. Zurzeit ſteht im allgemeinen Intereſſe die Füh=
lungnahme
des neuen Reichskanzlers mit Frankreich zum Zweck
der Löſung des Reparationskonfliktes. Der Reichskanzler hat
wiederholt betont, daß an der deutſchen Souveränität über das
Ruhrgebiet feſtgehalten werde, und daß das Ziel nur die Wieder=
gewinnung
des Ruhrgebiets ſein könne und dürfe. Aber es be=
ſteht
auch die Gefahr, daß bei dem großen Einfluß und dem Druck
von Links die Reichsregierung mehr abgedrängt werde als wie
ſie anfänglich wollte. Dies Bedenken haben wir nachdrücklich in
Berlin zum Audruck gebracht und erſucht bei weiteren Schritten
unſerem Bedenken Rechnung zu tragen. Die Grenze iſt für
Deutſchland Frankrei chgegenüber gezogen durch die nationale
Ehre und Würde und durch die Notwendigkeit der deutſchen Wirt=
ſchaft
. Von Knilling wies dann auf die Gerüchte hin, die von der
Diktatur von links oder von rechts ſprechen. Es hieße ſich auf alle
Möglichkeiten vorbereiten ohne den Boden von Ruhe und Ord=
nung
und Geſetzmäßigkeit zu verlaſſen. Jede Trennung vom
Reich weiſe man in Bayern weit zurück. Die vaterländiſchen Ver=
bände
ſeien entſtanden gegen militariſtiſche Gefahrn und gegen
kommuniſtiſche Umſturzpläne. Die vaterländiſchen Verbände
dürſten aber unter keinen Umſtänden jetzt verſchwinden. Es kön=
nen
ſchon bald Ereigniſſe eintreten, die die Zuſammenfaſſung al=
ler
daterländiſch eingeſtellten Verbände gebieteriſch erheiſchten.
Dazu iſt das vertrauensvolle Zuſammenwirken mit einer national
eingeſtellten Regierung nicht zu entbehren. Darum müſſen wir
für dieſe Geſchloſſenheit einer Bekämpfung und Unterdrückung
der kommenden Gefahr einſtehen, darum muß dies für jede
Reichsregierung Gegenſtand ernſter Sorge ſein. Wir Bayern
ſind nicht gewillt, den großen Sums mitzumachen. Es iſt zu be=
fürchten
, daß die allernächſte Zukunft uns Leiden und ſchwere
Prüfungen bringt, darum müſſen die ſtaatserhaltenden Kräfte
Bauerns ſich um die Reichsregierung ſcharen zum Schutze der
Ordnung.
Vorläufig keine Antwort an Frankreich.
Fortdauer der Berliner Verhandlungen.
U. Berlin, 17. Sept. Reichskanzler Streſemann wird
vorläufig auf die weueſten Kundgebungen Poincarés nicht ant=
worten
, ſondern wird abwarten, was der Verlauf und das Er=
gebnis
der Beſprechungen zwiſchen Poincaré und Baldwin bringt.
Ueber die Unzerredungen zwiſchen dem franzöſiſchen Botſchafter in
Berlin de Margeri und. Dr. Streſemann veröffentlicht
das Petit Journal eine offenbar beeinflußte Nachricht des In=
halts
, daß dieſe Unterredungen eine Entſpannung bedeuten, aber
noch zu keinem poſitiven Ergebnis geführt hätten. Um zu dieſer
Feſtſtellung zu komen, hätte das Petit Journal ſich nicht ſo
ſehr zu bemühen brauchen. Wenn das Blatt dann aber zu wiſſen
glaubt, daß dieſe Unterhaltungen ſeit einiger Zeit unterbrochen
ſeien, oder ſich auf die Behandlung nur laufender Geſchäfte be=
ſchränkten
, ſo iſt das, wie wir zuverläſſig hören, ebenſowenig
richtig wie die weitere Behauptung, daß die franzöſiſche Regie=
rung
die Abſichten der deutſchen Regierung nur aus der letzten
Reichskanzlerrede erkenne. Die Berliner Unterredungen be=
ſchränken
ſich ganz und gar nicht auf die Behandlung nrr laufen=
der
Geſchäfte, ſie ſind vielmehr zu bewerten als ein, wenn auch
in der Form loſer, ſo doch in der Sache ernſthafter Verſuch, dem
Konflikt an Rhein und Ruhr durch Verhandlungen ein Ende zu
machen.
Paris, 16. Sept. Marcel Faholle ſprach heute bei einer
Gedenkfeier auf der Lorettohöhe. Er erklärte u. a., die Ereigniſſe
der vier letzten Jahre lieferten den Beweis, daß Deutſchland
weder in ſeine hoffärtigen Geſinnung, noch in ſeinem Haß und
ſeinem Betrug nachgelaſſen habe. Das habe es gezeigt dadurch,
daß es ſich mit allen Mitteln bemühte, ſich ſeinen Verpflichtun=
gen
zu entziehen, und dadurch, daß es den ungeheuerlichſten
aller Bankerotts organiſierte, und ferner dadurch, daß es ſich
betrügeriſch von ſeinen ſämtlichen inneren Schulden freimachte
und daß es im eigenen eine künſtliche Armut ſchuf in der Hoff=
nung
, der Strafe zu entgehen. Frankreich werde am Rheine und
an der Ruhr bleiben, ſolange, bis Deutſchland gezahlt habe und
der Frieden geſichert ſei.

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* Kunſt und Keramik.
Lagarde: Das Ideal iſt nicht über den Dingen,
ſondern in den Dingen. Das Ideal iſt kein Lecker=
biſſen
, ſondern tägliches Brot. Daraus ergibt ſich
für mich die Folgerung, daß die Idealität aus den
Dingen des täglichen Lebens erwachſen muß.
Die Ausſtellung Kunſt und Keramik hatte für Samstag
abend zur feierlichen Eröffnung der erweiterten
Räume eine kleine, aber illuſtre Geſellſchaft geladen. Etwa
35 Herren. Großherzog Ernſt Ludwig, Männer der Wiſſenſchaft,
des literariſchen und künſtleriſchen Lebens, der Induſtrie, Kauf=
mannsſtandes
und behördlicher Vertretungen der Landeshaupt=
ſtadt
bildeten nach ihrer geiſtigen und beruflichen Einſtellung
einen Kreis, der den grundlegenden Fundus des Alten, mit
einem gleichen der Modernen, Weiterbauenden und Zukunft=
verheißenden
repräſentativ vereinte und deſſen Vorbild glückhaft
Brücken ſchlagen könnte, wollte man überall in deutſchen Lan=
den
und auf allen Gebieten in gleicher Einigkeit und Harmonie
ſich einen auf dem Boden gemeinſamen Schaffens zum Wieder=
aufbau
.
Illuſtre, wie die bisherige Formen verneinende, letzten
Endes aber ebenfalls einende Einladung, war die kleine Feier,
in beſter Auslegung des Wortes akademiſch, zu der der intime,
aber gut repräſentierende neue Vortragsſaal ſtimmungvermit=
telnden
Rahmen bot. Zwanglos ſetzte man ſich die notwen=
dige
geſellſchaftliche Etikette kam nur im feierlich=ſchwarzen An=
zug
zum Ausdruck , um das Adagio aus Beethodens wunder=
vollem
E=Moll=Quartett zu hören, das, vom Schnurrbuſch=
Quartett meiſterhaft wiedergegeben, die Feier ſinnig ein=
leitete
. Den geiſtig=künſtleriſchen Mittelpunkt der Feier bildete
eine Anſprache eigenen Charakters von Dr. Zeh=Heppenheim,
deren Grundpfeiler die oben wiedergegebenen Sätze Lagardes
bildeten. In markanten Zügen zeichnete der Vortragende zu=
nächſt
ein feſſelndes Bild eines rührigſten Glashändlers des 17.
Jahrhunderts, Georg Franz Kreylich, der bis zu ſeinem 60.
Lebensjahre ganz Europa bereiſte und das heimiſche Gewerbe
beſtimmend beeinflußte und der Stammherr des Hauſes
Hutſchenreuther wurde. Von dieſen primitiven Anfängen des
reizvollſten Zweiges des Kunſtgewerbes bis zu dieſen feſtlichen
Sälen, angefüllt mit erleſenen Koſtbarkeiten der gleichen Kunſt,
iſt ein gewaltiger Sprung nach vorwärts, iſt zwar, ſagte der
Vortragende, eine Kraftleiſtung allererſten Ranges, aber letzten
Endes nur beſchränkt auf eine Aktion der Muskeln, des In=

tellektes, des nackten Geſchäftsgeiſtes. Es war doch nur ein
Sprung unſeres Volkes aus einem noch blühenden Garten in
ein vecht dorniges Wüſtengelände, in dem wir uns heute alle ſo
blutig reißen. Dem Sprung fehlte der ethiſche Antrieb, der
geiſtige Schwung. Dann gab der Redner eine überzeugende Be=
gründung
dieſes Standpunktes. Im weſentlichen die Amerika=
niſierung
unſerer Wirtſchaftsformen unter Verleugnung der
kulturellen Struktur. Amerika hatte keine geſchichtliche Vergan=
genheit
, war nicht gebunden an kulturelle Vorſormen, an eine
geiſtige Kontinuität. Deutſchlands geiſtige Führer, Goethe vor=
weg
, freilich erkannten die drohende Gefahr der Entſeelung un=
ſeres
kulturellen Lebens. Und ihnen folgten vereinzelt
auch Männer der Wirtſchaft, aber ſie müſſen noch heute mit
ihren Reformbeſtrebungen gegen einen trüben Strom mit reißen=
dem
Gefälle ankämpfen. Ueber vornehmlich wiſſenſchaftliche,
auch techniſch=wirtſchaftliche Darlegungen, kam der Vortragende
dann zum Problem der Wirtſchaftsäſthetik, das hier an dieſer
Stätte in erſter Linie intereſſiert, das zu ſtrengen Forderungen
geiſtig erfaßter Qualitätsleiſtungen führte, wenn unſere Wirt=
ſchaftsformen
geſunden ſollen auf dem Geſamtbegriff Menſch
und Leben. Er ſagte: Wenn es nicht gelingt, unſer Wirtſchafts=
leben
wieder mit ſittlichen Kräften zu durchdringen und ſo zu
ſtärken, ſo werden die Tänzer ums goldene Kalb eines Tages mit
Entſetzen wahrnehmen, daß ſich ihr Leben nur um ein kümmer=
liches
Skelett ſinnlos wirbelnd gedreht hat. Mir war es
karum zu tun, eine nur flüchtige Skizze zu entverfen von der
Verworrenheit des wirtſchaftlichen Lebens, dem kein Nur= Wirt=
ſchaftler
mehr gewachſen iſt. Ich ſagte, der gewaltige Sprung
nach vorwärts war ein Sprung in verkehrter Richtung, weg
von einem immer noch blühenden Land in eine öde Wüſte. Da
aber für das organiſche Leben ein dauernder Aufenthalt in einer
Wüſte ſchlechterdings unmöglich iſt, ſo hat die Einſicht, ſagen
wir lieber die Notwendigkeit, aus dieſem verdorrenden Zuſtand
wieder herauszukommen, bereits hier und dort in der Wüſten=
tafel
unſeres Lebens rieſelnde Quellen angeſchlagen, auf daß
wenigſtens wieder Oaſen inmitten der Oede unſeres Daſeins
emporgrünen. Und ganz beſonders unſere keramiſche Induſtrie
hat ſchon vor Jahren vereinzelt und von Erfolg begleitete An=
ſtrengungen
gemacht, manch zartes Pflänzlein zu ſetzen, das trotz
der Kriegsnot zu einem blühenden Strauch emporgewachſen. Ich
brauche wohl nicht erſt auseinanderzuſetzen, wie gerade unſer
ſtilles, aber geiſtig immer regſames Darmſtadt in dieſem Kampf
um die Wahrung unſeres deutſchen Kulturlebens führend
vorangegangen iſt. Daß man nun dieſe Tradition in den Stür=
men
der Gegenwart nicht abreißen laſſen will, das muß wohl

jedem bewußt werden, der mit offenen Augen in dieſen Räumen
Umſchau hält.
Es iſt fürwahr eine kulturelle Tat, wenn es ein Einzelner
in dieſen beiſpiellos kritiſchen Zeiten wagt, den Kampf um un=
ſere
deutſche Kultur fortzuſetzen in der Erkenntnis, daß es nun
Aufgabe der Induſtrie und des Handels iſt, an die Stelle jener
hiſtoriſchen Faktoren zu treten, deren kulturelle Beſtrebungen im
Buche der Geſchichte nicht vergeſſen bleiben ſollen. Mögen nun
die Wirtſchaftsmächte der Gegenwart zeigen, daß ſie den Sinn
der Zeit erfaßt haben und gewillt ſind, die ſchöpferiſchen Per=
ſönlichkeiten
unſeres Volkes an einen Platz zu bringen, wie er
einſt in Darmſtadt dem Genie eines Olbrich offen ſtand; mögen
ſie noch rechtzeitig erkennen, daß es nicht möglich iſt, ohne ſich
ſelbſt zu untergraben, den geiſtigen Adel der Nation niederzu=
halten
, verkümmern zu laſſen. Soll wirklich der jetzt herrſchende
Wirtſchaftsgeiſt das traurige Geſchäft des blinden Hödur ver=
richten
, dem Lichtgott Baldur den tödlichen Streich gar zu ver=
ſetzen
! Möchten ſich doch unſere Realpolitiker zu der Erkenntnis
durchringen, daß in den Händen der dem geiſtigen Leben ver=
pflichteten
Menſchen ein unvergängliches Kapital liegt, das fau=
ſtiſche
Geld, wie es Spengler einmal genannt hat. Nur dann
erſt, wenn ſich das reale und gerade deshalb ſo problematiſche
Geld der Wirtſchaft verbindet mit dem fauſtiſchen, wird der erſte
Grundſtein gelegt werden zum Wiederauſbau, zum Neubau der
deutſchen Heimat. Und an dieſer Stätte, die uns heute zur feſt=
lichen
Einweihung geladen hat, ſoll in Zukunft jene Ideal= und
Realunion zwiſchen Wirtſchaft und geiſtiger Befruchtung erſtrebt
werden. Dieſe feſtlich erhellten Räume ſollen eine Heimſtatt
werden für Kunſt und Keramik. Möge die Zuſammenſtellung
dieſes Taufnamenpaares ein Symbol dafür ſein, daß an die=
ſer
Stelle endlich einmal gebrochen wird mit dem Widerſinn
der ſo unheilvollen Trennung zwiſchen angewandter und freier,
zwiſchen ſogen, höherer und niederer Kunſt. Unſere alten Töpfer=
meiſter
hatten zwar nicht ſo unrecht, wenn ſie ihr Handwerk
ſtolz verglichen mit dem des unſichtbaren Weltenbaumeiſters.
Es liegt ein gar tiefer Sinn in dem Sprüchlein, das ein öſter=
reichiſcher
Töpfer über der Tür ſeines Werkhauſes in einer Tafel
aus Ton angebracht:
Die Haffner ſind aller Ehren wert,
ſie erſchaffen wie Gott aus freier Ert.
Gott und Prometheus ſtehen der Sage nach als Tonbilder am
Anfang aller Künſte, als ſie den Menſchen ſchufen aus Lehm.
Aus der Beſchaffenheit der Töpferei können wir auch ſchlie=
ßen
auf die Kulturhöhe eines Volkes einer Zeit. Die edle Form

[ ][  ][ ]

Nummer 257.

Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 17. September 1923.

Stadt und Land.
Darmſtadt, 17. September.
Die Entthronung des Geldes.
Die größten Herrſcher ſind entthront. Nur das Geld iſt
nicht entthront. Es iſt vielmehr erſt recht unumſchränkter Herr=
ſcher
geworden. Bis in die letzten Wurzeln unſeres Volkes
dringt jetzt ſeine Macht. So ſchreibt H. von Lüpke in der Volks=
kirche
Und wer vermöchte den erfahrenen Kenner der Volks=
ſeele
Lügen zu ſtrafen? In derſelben Zet, die durch einen immer herumgeſprochen, was Bellachini jun. als Nachkomme des großen Alt=
deutlicher
in die Erſcheinung tretenden Zug zum Geiſtigen ſich meiſters der Zauberkunſt Bewunderungswürdiges zu leiſten imſtande
beſtimmen läßt, erleben wir einen Deſpotismus des Geldes, der
an Reichweite und Tiefenwirkung ſeinesgleichen nicht hat
wie wenn nie aus warnendem Munde das Wort geſprochen
wäre: Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.
Es iſt bekannt, wie das politiſche Leben immer mehr, und
gewiß nicht zu ſeinem Nutzen, von den wirtſchaftlichen Intereſſen
überwuchert wird. Es iſt nicht ebenſo bekannt, daß derſelbe
Prozeß heute auch die Werkſtätten des deutſchen Geiſtes, die
Studierſtuben, die Ateliers, die Redaktionen, die Studenten=
buden
, Univerſitäten und höhere Schulen ergriffen hat: Unerſetz=
liche
geiſtige Schöpferkraft wird hier aufgezehrt durch den täg=
lichen
Kampf um die nackte Exiſtenz. Und die ſtrenge Sachlich=
keit
und quellfriſche Unmittelbarkeit des Schaffens, ohne die es
geiſtiges Schaffen nicht gibt, geht verloren, wenn die Frage des
wirtſchaftlichen Sichüberwaſſerhaltens, d. h. eben die Geldfrage
immer mehr in den alles beherrſchenden Mittelpunkt rückt.
Man horche hinein in, unſere Familien. Wo iſt ſie ge=
blieben
, die deutſche Gemütlichkeit, die Namen und Lebensrecht
hat vom deutſchen Gemüt? Das Tiſchgeſpräch in unzähligen
deutſchen Häuſern wird vom Dollar regiert der Schulbub
bringt ja bereits die neuen Kurſe nach Hauſe; gehetzt von dem
täglich tolleren Tanz aller Preiſe, ſieht die Hausfrau und Mutter
die Spannkraft der Seele ſchwinden, die ſie braucht, um ihren
Hausgenoſſen Sonnenſchein und Behagen zu ſpenden. Die Kin=
der
ſelbſt werden in das widerliche Treiben hereingezogen: nie=
mand
kann ihre Hände und Herzen vor dem ſchmutzigen Gelde
bewahren! Gräßlichen Zwangsvorſtellungen gleich peinigen
Dollarſtand, Kurszettel, Goldmarkpreiſe, Tarife und Schlüſſel=
zahlen
das zu Tode erſchöpfte deutſche Volk.
Da der deutſche Staat ſeit einem halben Jahrzehnt in die
Hände fremder Völker gegeben iſt, klagen wir dieſe an, daß ſie
das Volk der Dichter und Denker zum Mammonsknecht ernied=
rigt
haben. Aber kein von außen kommendes Schickſal iſt ſo
übermächtig, daß nicht Kräfte der Selbſthilfe dagegen aufgeboten
werden könnten. Ein kleines Mittel: Man hört von Familien,
in denen ein Verbot beſteht, bei den gemeinſamen Mahlzeiten
über Preiſe zu reden. Könnte es nicht überall gute Sitte wer=
den
, daß man etliche Stunden am Tag jenen Niedrigkeiten den
Zutritt zum bewußten Seelenleben verwehrt? und dann: raſender Fahrt entgegenkommenden Heilbronner Automobil, dem
Schafft Eurer Familie, Euren Kindern, Euch ſelbſt doch wieder vom Rade geſchleuderte Hauptlehrer Krautheimer, aus Weinheim
mehr Stunden deutſcher Gemütsinnigkeit, wo aus den Schatz=
kammern
deutſchen Schrifttums geleſen und vorgeleſen, wo edle 30jährige Verunglückte wurde in bedenklichem Zuſtande in das Wein=
Hausmuſik getrieben, wo ſchlichte, geiſterfüllte Geſelligkeit ge=
pflegt
wird! Sie helfen gegen die Aushöhlung der Seele durch
Beruf und Wixtſchaft ein Gegengewicht und damit das innere
Gleichgewicht wieder zu finden.
Und darf nicht in dieſer Zeit vor allem anderen an den tief=
ſten
Wert der Religion erinnert werden, der allein wahre Wert=
beſtändigkeit
zu geben vermag? Manch einer würde durch ihn,
ohne ſich ſelbſt davon Rechenſchaft zu geben, in opferreichem Auf= Bericht des Einwanderungsbüros des Departments für Arbeit 522 919
ſtieg den Weg zu jener inneren Freiheit von den Dingen finden,
zu jener Weltüberlegenheit, die nach dem bibliſchen Wort hat, als zugelaſſen; in der gleichen Zeit wanderten aus der Union 81 450 (im
hätte ſie nicht, und Mangel leidet, als hätte ſie Ueberfluß. Damit
würde dann die ſicherſte Entthronung des Geldes von ſeinem an=
gemaßten
Herrſcherſitz gewonnen ſein.
Hefſiſches Landesthegter. Der Vorberkauf für die Aufführung
von Karl XII. Schauſpiel von Strindberg, in der Inſzenierung
von Guſtav Hartung, in zum Teil neuer Beſetzung, am Mittwoch, den
19. September, und für die Aufführung von Madame Butter=
fly
Oper von Puccini, am Donnerstag, 20. September, beginnt heute
Montag an der Tageskaſſe des Großen Hauſes. Preiſe für Karl XII.
330 Millionen, für Butterfly 550 Millionen.
Die Mietabteilung des Landestheaters ſteht für Reklama=
tionen
am Dienstag, Mittwoch und Donnerstag auf der Hauptkaſſe vor=
mittags
und nachmittags zur Verfügung.
Bühnenvolksbund. Die Bedingungen unſerer Theatermiete ſind
jetzt feſtgelegt und in der Geſchäftsſtelle bei Chriſtian Arnold, Muſika= wanderer ſtellten die Italiener mit 21 029, die Engländer mit 7929, die
lienhandlung am Weißen Turm, zu erfragen. Die Liſte liegt auch für
Neueinzeichnungen bis zum 21. September dort auf. Alle Mitglieder,
die bis dahin ihre Anmeldung nicht geſtrichen haben, ſind an die Miet=
bedingungen
gebunden und auf Grund ihrer Einzeichnung als Mitglie=
der
unſerer Theatergemeinde insbeſondere auch zur Abnahme der Kar=
ten
und Zahlung der Mietpreiſe verpflichtet. Aufgelegt ſind: 1. Eine
Vollmiete mit 12 Vorſtellungen (6 Opern und 6 Schauſpiele im Großen (Für die Veröffentlſchungen unter dieſer Ueberſchrift übernimmt die Redaltion keinerlei Ver=
Haus), 2. auf Wunſch eine Zuſatzmiete mit 6 Vorſtellungen im Kleinen der Einſender verantwortlſch.) Einſendungen, die nicht verwendet werden, können nicht
Haus. Die Zuteilung der Stücke erfolgt aus dem Spielplan des Lan=
destheaters
im Einvernehmen mit dem Vorſtand. Mitglieder, welche
der Geſchäftsſtelle bis zum 21. September keine Mitteilung machen, er= auf Anordnung und unter Aufſicht der Preisprüfungskommiſſion auf
halten nur die Vollmiete.
Ludwigſtein=Opfertag. Man ſchreibt uns: Jedes ideale Werk verkauft. Kurze Zeit darauf, als die Preisprüfungskomiiſſion fort
hat in dieſer Zeit mit ſchweren wirtſchaftlichen Sorgen zu kämpfen, war, wurde an einem anderen Stande, aber an demſelben Tiſth, für
die Jugendbewegung, das Denkmal für ihre gefallenen Brüder die ſpielten ſich wüſte Szenen ab. Cine wild gewurdene Frau, die mit einer

Burg Ludwigſtein bei Verleshauſen an der Werra aufzurichten.
Die Jugendbünde bemühen ſich nach beſten Kräften, den Bau zu
vollenden, aber ihre eigenen Mittel verſiegen bei den herrſchenden
kataſtrophalen Wirtſchaftsverhältniſſen. Wir wenden uns daher an
alle Freunde der Jugendbewegung mit der Bitte um Unterſtützung,
ſei es durch Geld oder Sachwerte jeder Art. Der 15. und 16. Sep=
tember
ſoll für Heſſen dem Ludwigſtein gewidmet ſein. Geldſpenden
können auf das Poſtſcheckkonto Nr. 26 199 Hannover, Ferdinand von
der Lippe, eingezahlt werden, oder in Zimmer 5 der Zentralſtelle für
Volksbildung und Jugendpflege in Heſſen, Darmſtadt, Mathilden=
platz
17.
Ein vergnügter Sonntagabend bei Bellachini. Es iſt eine alte
Tatſache: Das Gute bricht ſich immer Bahn. Hat es ſich doch ſchnell
iſt. Hatte man doch in den erſten beiden Vorſtellungen den Eindruck
gewonnen, daß man nicht alle Tage eine derartige Schau ſeltener Wun=
der
zu ſehen bekommt. Bellachini hat nicht nur verſtanden, durch ſeine
Experimente das Publikum in Staunen zu verſetzen, ſondern es auch
fertig gebracht, es als humoriſtiſcher Sprecher in Bann zu halten. Bel=
lachini
gab bekannt, daß ſein Gaſtſpiel, einen Tag verlängert
wird. Heute wird ein gänzlich neues Programm geboten. Ein weiteres
Verlängern des Gaſtſpiels iſt nicht möglich, da Bellachini in anderen
Städten angeſagt iſt.
Der Ankauf von Reichsſilbermünzen durch die Reichsbankanſtal=
ten
findet vom 17. September ab bis auf weiteres zum 5 500 000fachen
Betrag des Nennwertes ſtatt.
X Warnung vor Annahme verfälſchter Darlehnskaffenſcheine. Dar=
lehnskaſſenſcheine
mit dem Aufdruck einer erhöhten Wertangabe werden
in neuerer Zeit von Betrügern in den Verkehr gebracht. Vor der An=
nahme
dieſer verfälſchten Darlehnstaſſenſcheine wird gewarnt. Maß=
gebend
für alle Darlehnskaſſenſcheine iſt allein die im Schriftſatz ent=
haltene
Wertangabe.
Der Brotpreis mßte wegen der Erhöhung des Mehl=
pveiſes
und der weiteren Steigerung der Löhne, des Brennmate=
rials
uſw. abermals erhöht werden. Der große Laib koſtet jetzt
2 280 000 Mark, ein Brötchen aus gemiſchtem Brotmehl 90 000
Mark. (Siehe Anzeige.)
Pflegegelder in der Anſtalt für Schwach= und Blödſinnige
Aliceſtift bei Darmſtadt. Das in der Anſtalt für Schwach= und
Blödſinnige Aliceſtift bei Darmſtadt zu entrichtende Pflegegeld wird
mit Wirkung vom 1. September 1923 an wie folgt feſtgeſetzt: Für
jedes in die Anſtalt aufgenommene Kind iſt je nach den Vermögens=
verhältniſſen
des Zahlungspflichtigen und den Bedürfniſſen des Kindes
ein tägliches Pflegegeld von 1 440 000 Mark bis 1 680 000 Mark zu
entrichten. Selbſtzahler haben außerdem noch die vorgeſchriebenen
Kleidungsſtücke und Schuhe ſelbſt zu ſtellen. Erfolgt die Aufnahme auf
Koſten einer öffentlichen Kaſſe, ſo beträgt das Pflegegeld in jedem
Falle 1680 000 Mark täglich. Für beſondere Fälle iſt der Abſchluß
beſonderer Vereinbarungen zuläſſig. Für ſolche Kinder, für die ein
den Mindeſtſatz überſteigendes Pflegegeld erlegt wird und die Kleider
auf Grund beſonderer Vereinbarung nicht von den Angehörigen geſtellt
werden, iſt von dieſen ein im Einzelfall feſtzuſetzendes Kleidergeld zu
zahlen.
Von der Bergſtraße, 16. Sept. Auf der Landſtraße zwiſchen
Lützelſachſen und Weinheim wurde ein Radfahrer, von einem in
er nicht mehr ausweichen konnte, erfaßt und umgeworfen. Der
erlitt einen Schädelbruch und ſchwere innere Verletzungen. Der etwa
heimer Krankenhaus eingeliefert. Gegen den Führer des Heilbronner
Autos iſt Anzeige erſtattet.
Reich und Ausland.
Die amerikaniſche Einwanderung im letzten Rechnungsjahr.
Während des letzten Rechnungsjahres (bis 30. Juni) wurden laut
(im Jahr 1921/22 309 556) Einwanderer nach den Vereinigten Staaten
Jahre 1921/22 198 712) Perſonen nichtamerikaniſchen Urſprungs aus.
Von den Ankommenden waren 30/ 522 männlichen und 215 397 weib=
lichen
Geſhlechts, von den Rückwanderern 54 752 Männer und 26 698
Frauen. Nicht zugelaſſen wurden aus verſchiedenen Gründen 20 619
Perſonen und 3661 deportiert. Von den Nichtzugelaſſenen war bei
8239 Perſonen zu befürchten, daß ſie der öffentlichen Fürſorge anh im
fallen würden; 1409 durften nicht zugelaſſen werden, weil ſie vor der
Ankunft in den Vereinigten Staaten Arbeitsverträge abgeſchlöſſen
hatten, 2095, weil ſie (über 16 Jahre alt) nicht leſen und ſchreiben
konnten, 955 wegen anſteckender und anderer Krankheiten und 2680,
weil die Zulaſſungsquoten für ihre Länder erſchöpft waren. Von den
Zugelaſſenen ſtanden an der Spitze die Deutſchen mit 65543; es
folgen die Mexikaner mit 62 709, die Engländer mit 60 594, die Juden
mit 49 719, die Italiener mit 39 226, die Schotten mit 38 627, die Skau=
dinavier
(Dänen, Schweden, Norweger) mit 37 630, die Franzoſen mit
34 371, die Iren mit 30 386, die Polen mit 13 210. Die meiſten Rück=
Polen mit 5278, die Chineſen mit 3788, die Spanier mit 3193 und die
Griechen mit 3060 Perſonen. Haupteinwanderungshafen war Neuyoik,
wo 295 475 Einwanderer amerikaniſchen Boden betraten.

Stimmen aus dem Leferkreiſe.
antwortung; für ſie bleſbt auf Grund des 5 24 Abſ. 2 des Preſſegeſetzes in vollem Umfange
zurückgeſandt, die Ablehnung nicht begründet werden.
Zeitbilder vom Wochenmarkt. Am Samstag wurde
dem Wochenmarkte an einem Staude das Pfund Butter zu 25 Millionen
Am meiſten jedoch die Werke der Jugend. Seit Jahren bemüht ſich das Pfund 35 Millionen geſordert und bezahlt. An dem erſten Stand

anderen in Streit geraten war, entriß der Vutarfrnu das Butterneſſer
und drohte, der anderen Frau die Kehle abzuſchneiden. Für das Pfund
Brombeeren wurden gegen 8 Uhr 600 000 Mk. gefordert, eine halbe
Stunde ſpäter 700 000 Mk. Cine Frau kaufte um dieſelbe Zeit 2 Eier
zu je 1 200 000 Mk.; als ſie einen Nundgang durch die Stadt gemacht
hatte und kurze Zeit darauf zu dem Stande zurückkehrte, wurden für
das Ei 2100 000 Mk. gefordert. Das ſind Tatſachen, aus denen ſich jeder
ſelbſt die Schlüſſe ziehen möge.

Kartoffelhamſterei.
Bei der Kartoffelausgabe wurde von mir die Wahrnehmung gemacht,
daß eine Frau mit ihren zwei erwachſenen Töchtern ſämtliche Kartoffel=
ausgabeſtellen
beſuchten und überall 5 Pfund anſtandslos bekamen. Wie
ſteht es da rnit kinderreichen Familien, bei denen keine erwachſenen
Töchter zur Verfügung ſtehen? Wäre es nicht angebracht, daß bei einer
evtl. Wiederausgabe vielleicht Nummern der Lebensmittelmarken aufge=
rufen
werden?

Städtiſcher Saalbau.
Heute Montag, 17. Septbr., abends 8 Uhr
auf vielſeitigen Wunſch

wegen des großen Erfolges um einen Tag
verlängert.
Neu!
Neu!
der ſingierte Murg
Die Flucht aus dem Saratogakoffer!
Die große ſpirit. Demonſtration im Geiſterzelt!
V Karten im Vorverkauf von 46 Uhr an
der Tageskaſſe im Saalbau.
(7586

An alle
unſere Auftraggeber einſchließlich

Bei Aufgabe von Inſeraten jeglicher Art
muß ab heute der Betrag ſofort bezahlt werden. Rech=
nungserteilung
iſt uns infolge der ſtündlich weiterſchrei=
tenden
Geldentwertung nicht mehr möglich.
Die Darmſtädter Tageszeitungen:
Darmſtädter Tagblait
HeſſiſcheLandeszeitung-
Täglicher Anzeiger
Heſſiſcher Volksfreund

Tageskalender.
Landestheater, Großes Haus, 8 Uhr: Konzert Adolf Buſch=Quartett.
Kleines Haus, 4 Uhr und 8 Uhr abends: Eine Fuchsjagd durchs En=
gadin
. Vereinigte Geſellſchaft, abends 8½ Uhr: Mitglieder=
verſammlung
. Union=, Reſidenz=, Zentral=Theater, Palaſt= Licht=
ſpiele
: Kino=Vorſtellungen.
Druck und Verlag: L. C. Wittich. Verantwortlich für Politik= und
Wirtſchaft: Rudolf Mauve; für Feuilleton, Stadt und Land
Reich und Ausland: Max Streeſe; für den nſeratenteil:
J. V. A Fleiſcmann, ſämtlich in Darmſtadt.
De heutige Rummer hat 6. Seiten

der Hydria auf dem Kopf einer ſchlanken, ſtolz dahinſchreitenden
Griechin deutet uns wie in einem nationalen Symbol die leichte,
geiſtige und klare Natur der griechiſchen Bergbewohner, die
prunkloſe, die Materialſeele reſtlos hervorzaubernde Tonſchale
den eſoteriſchen Geiſt der oſtaſiatiſchen Welt, der rheiniſche Bart=
mannskrug
das derbe Volksleben der Gotik, der mit Perlmutter=
glanz
ſchimmernde Lüſter einer Majolikaſchüſſel das erwachte
Lebensgefühl der Menſchen der italieniſchen Renaiſſance, das
zarte, graziöſe Porzellanfigürchen die Geheimniſſe des Kabinetts
und Boudoirs.
Mögen nun in dieſen Räumen die Beziehungen zwiſchen
Kunſt und Keramik immer enger gekmüpft werden! Möge an
dieſer Stätte vor allem jene tiefe Kluft wieder überbrückt wer=
den
, die ein gewiſſenloſer, kulturell zerfahrener Handel aufriß
zwiſchen Käufern, Produzenten und Künſtlern!
Wenn aber heute der Typ des königlichen Kaufmanns, wie
er einmal genannt wurde, an Stelle des bloßen Krämers treten
ſoll, ſo muß ſich auch eine zielbewußte Pädagogik mit dem Han=
del
vereinen. Denn ohne intenſive Geſchmackspflege, ohne
Heranziehung von Käufern, die wirklich zu ſehen und recht zu
wählen vermögen, helfen alle Beſtrebungen nichts angeſichts der
allgemein herrſchenden kulturellen Desorganiſation. Guter Ge=
ſchmack
, d. h. der Sinn für das Echte, Weſenhafte, Lautere, muß
freilich angeboren ſein. Aber wie die beſte Saat in einem un=
gepflegten
Boden nicht aufgehen kann, ſich vielmehr das Unkraut
breit macht, ſo iſt es auch mit dem Qualitätsgefühl, das ohne
Pflege Gefahr läuft, mit dem Unkraut zuſammen emporzu=
wuchern
. An dieſer Stätte ſoll nun in zwangloſen Zuſammen=
künften
das künſtleriſche Gewiſſen geweckt werden, ſo daß Ge=
ſchmacksurteile
wieder zu Vorurteilen werden, deren rückwirkende
Kraft auf die Produktion nicht ausbleiben kann. Die ſnobiſtiſche
Unſicherheit und Anmaßung in künſtleriſchen Fragen muß wie=
der
der ſicheren Einſicht weichen in das, was wirklich not tut,
Sie ſelbſt müſſen mitarbeiten an der beſtmöglichen Geſtal=
tung
unſerer Umgebung. Erſt wenn von Ihrer Seite kritiſch
berechtigte Anregungen ausgehen, wird auch die Produktion
eines Tages genötigt ſein, ſich umzuſtellen, d. h. ſich einzuſtellen
auf Ihre Wünſche. Junge, aufſtrebende Künſtler ſollen hier
auch eine Heimſtatt finden für ihre neueſten Schöpfungen, Künſt=
ler
und Freunde der Kunſt ſollen ſich hier zuſammenfinden. Und
wenn uns bei ſolchen Zuſammenkünften der Wirt des Hauſes
vielleicht noch eine Taſſe Tee verabreicht, ſo wette ich,
daß ſich manches Eeſpräch anſpinnen läßt, an dem
ſelbſt ein gſiatiſcher Chajin ſeine Freude haben könnte.

Und mit welchen Mitteln dieſes Programm durchge=
führt
werden ſoll, ſagen Ihnen die feſtlichen Räume ſelbſt.
Was ſie vor anderen Verkaufsſtellen heraushebt, was überhaupt
unſerem Leben den richtigen Sinn und die wahre Daſeinsfreude
zu verleihen vermag, pulſt ſchon in ihnen: Rhythmus und
Wille zur Form. Das Chaos, das ſonſt in den Verkaufsſtätten
die Käufer ſo unſicher und ſo hilflos macht, iſt hier gebändigt.
Der Raum wird zum herrſchenden Ausſtellungsfaktor, und da=
mit
wird eine ſchon von der Darmſtädter Künſtlerkolonie ver=
wirklichte
Tvadition wieder aufgenommen. Wir empfinden
beim Durchſchreiten dieſer Räume die vorangegangene ſtille Ar=
beit
ordnender Hände, eines zielbewußten Geiſtes, aus unzähli=
cen
Gegebenheiten einen harmoniſchen Organismus aufzu=
kauen
.
Es liegt nun an Ihnen, mit beizutragen, daß der Sinn, mit
dem an die Ausgeſtaltung dieſer Keimzelle deutſcher Kunſt und
Kultur herangeg ngen wurde, nach außen hin zur notwendigen
Auswirkung komme.
Wir grüßen dieſe neue Kunſtſtätte im Heſſenlande und ihren
Schöpfer mit dem arabiſchen Segensſpruche, den wir auf der
herrlichſten ſpaniſch=mauriſchen Vaſe, der El jarro de la Alhambra,
leſen: 41 Jumn wal igbal‟. Glück und Heil.
Mozarts B=Dur=Quartett, wiederum vom Schnurrbuſch=
Quartett ganz ausgezeichnet wiedergegeben, beſchloß den offi=
ziellen
Teil der Feier und gab gleichzeitig Beweis der über=
raſchenden
Geeignetheit des neuen Raumes auch für intime
muſikaliſche Genüſſe, die er in Zukunft ebenfalls neben Wort und
bildender Kunſt vermitteln ſoll.
Der Beſichtigung der neuen Ausſtellung (auf die wir zurück=
kommen
) in den oberen und unteren Räumen, die von ziel=
bewußtem
Wollen zeugen und von eigenartigem, gut ſondie=
rendem
, gediegenem Geſchmack und künſtleriſchem Empfinden,
folgten Stunden geſelligen Beiſammenſeins, die im üblichen
geſellſchaftlichen Rahmen Gelegenheit gaben zu regem Gedanken=
und kritiſierendem Meinungsaustauſch. Gelegenheit aber auch
zu erinnernder, anerkennender und dankender Rede.
Bürgermeiſter Mueller tat vornehmlich das erſtere. Er
ließ die hiſtoriſche Vergangenheit des intereſſanten Hauſes auf=
leben
, das der großzügigen Stadterweiterung durch den erſten
Großherzog ſeine Entſtehung verdankt. Erbaut von Baumeiſter
Moller, urſprünglich in ſeiner vornehmen Lage dazu beſtimmt,
Miniſterhotel zu werden, hat es lange Jahre dem. Miniſter
Zimmermann, ſpäter Staatsminiſter Dr. Rothe als Wohnung

gedient. 1869 vom Vater des Stadtv. Ferd. Schmidt erworben,
wurde es zwar durch Architekt Hermann Müller zum Geſchäfts=
haus
umgebaut, diente aber auch als ſolches ſchon der Kunſt.
Gute Sammlungen des neuen Beſitzers nahm es auf, und Herr
Fabrikant Ferd. Schmidt ſetzte die Tradition ſeines Vaters
pietätvoll fort. Durch ſeine Vermittlung wurden die Näume des
Hauſes dann teilweiſe der Kunſtpflege in Heſſen zur Ver=
fügung
geſtellt. Als dieſe der Not der Zeit zum Opfer fiel, führte
Herr Heinz Heberer es wieder der Kunſt zu. Die Stadt
Darmſtadt, die ſtolz iſt auf ſolche Männer der Tat, beglückwünſcht
ihn zu dem heute Erreichten. In ein Hoch auf das Unter=
nehmen
und ſeines Inhabers klang die Rede aus.
Geheimerat Walbe ſprach als Mitglied der Techniſchen
Hochſchule. Mit feinem Humor zog der Redner eine Parallele
vom modern gewordenen ſpitzigen Dreieck der Einladungsform,
die im Innern ſchon wieder dem Rechteck näher komme. Wie
alles, was neu geboren wird, aufbaut auf der Vergangenheit,
wird es nicht lange dauern, dann wird dem rechten Winkel
wieder Gerechtigkeit wiederfahren auf unſerer ſchönen. Welt.
Ernſt werdend, gedachte der Redner dann des Großher=
zogs
, dem der Ruhm Darmſtadts als Kunſtſtadt in erſter Linie
zu danken iſt. (Lebh. Bravo!) Wenn die Kunſt in Darmſtadt,
was wir alle wünſchen, weiter leben und blühen wird bis in die
fernſten Zeiten, ſo iſt das dem Großherzog zu Lanken, der den
Grundſtein dazu gelegt hat.
Profeſſor Baruch=Neu=York gab ſeiner Bewunderung
über das neue Unternehmen in beredten Worten Ausdruck. Er
komme von München, wo er eine ſchöne Ausſtellung ſah, auf der
Zügel, Liebermann, Habermann vertreten ſind, alles 75 jährige
Künſtler, und ſehe nun Darmſtadt mit ſeiner machtvollen Be=
tätigung
junger Kunſt, ſehe tatkräftiges, begeiſtertes Schaffen
und Wirken, wer wolle da ernſthaft von einem Niedergang
Deutſchlands ſprechen! Im deutſchen Schaffen ſei Scele (im
Gegenſatz vielfach zu Amerika, ſeiner Heimat), die drängt macht=
voll
zur Sonne empor. Solange Deutſchland ſeine Seele nicht
verliert, wird es nicht untergehen!
Heinz Heberers herzliche Dankrede, verknüpft mit der be=
nechtigten
Bitte, ſeinem Unternehmen beiſtehen zu wollen, und
mit dem Gelübde, auch fernerhin in erſter Linie ein Förderer
der Jungen zu ſein, und mit dem beſonderen Dank an ſeinen
fördernden Mitarbeiter, Architekt Dieffenbach, und die
Firma Alter, ſowie den Weißbindermeiſter Dieter , beſchloß
den Abend, der verheißend das neue Unternehmen zum Leben
erweckte.
M. St.

[ ][  ][ ]

Darmſtädter Tagblatt

17. September 1923 Nr. 257

Handelsblatt

Der deutſche Außenhandel im Zuli 1923.
(Mengenzahlen.)
Auch im Juſi 1923 ſtand der deutſche Außenhandel im Zei=
chen
des Ruhreinbruchs und aller damit zuſammenhängenden
Ereigniſſe. Die noch immer andauernde Beſetzung der Zoll=
ſtellen
und die Vertreibung der Beamten hat die Außenhandels=
ſtatiſtik
wie in den vergangenen Monaten des Jahres lückenhaft
gemacht. Alle Zahlen, die gegeben, und alle Vergleiche, die mit
früheren Monaten und mit dem Vorjahre angeſtellt werden,
unterliegen daher dieſem Vorbehalt. Es betrug die
Einfuhr
Ausfuhr
Menge in 1000 Doppelzentner

Geſam. . ..
darunter:
Lebensmittel und Getränke .
Nohſtoffe u. halbfertige Waren

Juli
41 596
3 020
36 972

Juni
48 066
2 599
44 239
1590 1217

Juli
10 540

Juni
8897

903 758
462 5 253
3 174 2885

Fertige Waren
Die Folgen des Ruhreinbruchs zeigen ſich in der nach wie
vor außerordentlich hohen Kohlen= und Kokseinfuhr. An Stein=
kohlen
wurden beiſpielsweiſe annähernd 23 Millionen Tonnen,
d. h. wehr als das Doppelte des Monatsdurchſchnitts des Vor=
jahres
, eingeführt, ſo daß auch der Durchſchnitt der ſieben
Monate Januar bis Juli 1923 den doppelten Betrag der
Monatsdurchſchnittseinfuhr des Vorjahres überſchreitet. Bei
Koks iſt ſogar die Einfuhr mit 1,9 Millionen dz auf faſt das
8fache des Monadsdurchſchnitts des Vorjahres gewachſen. Die
Einfuhr von Eiſenerz hat ſich dagegen weiter vermindert und iſt
mit 1215950 dz gegenüber 1 787 900 d2 im Vormonat auf weni=
ger
als ein Siebenteil des Monatsdurchſchnitts des Vorjahres
gefallen, der 9 178110 dz betrug.
Andererſeits iſt wiederum eine gegenüber dem Monats=
durchſchnitt
des Vorjahres ſtark verminderte, wenn auch gegen=
über
dem Vormonat ein wenig geſtiegene Ausfuhr an Walz=
werkerzeugniſſen
und Eiſenwaren wurden nämlich im Juli
697 930 dz ausgeführt, im Vormonat 591 710 dz und im Monats=
durchſchnitt
des Vorjahres 1930 150 dz, an Maſchinen im Juli
276 220 dz, im Vormonat 182 470 d= und im Monatsdurchſchnitt
des Vorjahres 399 140 dz. Nicht weniger ſcharf drückt ſich der
Produktionsrückgang der deutſchen Eiſen= und Maſchinenindu=
ſtrie
darin aus, daß die Einfuhr von Roh= und Brucheiſen mit
mit 340880 dz weniger als die Hälfte der Monatsdurchſchnitts=
einfuhr
des Vorjahres (792830 dz), die Ausfuhr von Roh= und
Brucheiſen dagegen mit 538 160 dz mehr als das Doppelte der
Monatsdurchſchnittsausfuhr des Vorjahres (225 660 dz) beträgt.
Auch die Verminderung der Einfuhr an Getreide und
Futtermitteln und die Erhöhung der Einfuhr von Müllerei=
erzeugniſſen
und Fleiſch verdient Begihtung, gleich der Tatſache,
daß der deutſche Holzbedarf, zwar in geringerem Maße als im
Vormonat, aber in noch immer weſentlich höherem Umfange als
im Monatsdurchſchnitt des Vorjahres Befriedigung im Ausland
geſucht hat.
Wirtſchaftliche Rundſchau.
* Buderusſche Eiſenwerke A.=G., Wetzlar. Die
außerordentliche Generalverſammlung genehmigte Kapitalserhöhung
um 30 Millionen Mark auf 136 Miuionen Mark, von denen 12 Mil=
lionen
zum Umtauſch der 18 Millionen Mark Aktien der Maſchinen=
und Armaturenfabrik vorm. Vreuer & Co., Höchſt, Verwendung finden
ſoll. Bereits ¼ Breueraktien ſind zum Umtauſch eingereicht worden.
Ein weiterer Aktienbetrag ſoll zur Angliederung einiger Erzbergwerke
dienen, der Reſt zur Verfügung der Verwaltung bleiben. Das Stimm=
recht
der Vorzugsaktien wurde von 5 auf das 10fache erhöht, die Höchſt=
zahl
der Aufſichtsratsmitglieder von 17 auf 25 vermehrt.
* Falcon=Werke A.=G. In der G.V. vom 16. Auguſt
wurde beſchloſſen, für das zweite Geſchäftsjahr 1922=23 100 Prozent
Dividende auf die Aktien Nr. 1 bis 27 000 zu verteilen, ſowie für das
erſte Geſchaftsjahr von Januar bis Juni 1922 eine Nachzahlung von
50 Prozent auf einen Dividendenſchein der Aktien Nr. 1 bis 12000
auszuſchütten. Die Bilanz per 30. Juni 1923 weiſt folgende Zahlen
auf: Grundſtücke 106 200 Mk., Einfriedigungen, Fabrikgebäude, Kana=
liſation
, Anſchlußgeleiſe, Dampfheizungsanlagen ſtehen mit je 1 Mk.
zu Buche. Desgleichen Maſchinen, Werkzeuge, Modelle, Mobilien und
Einrichtungsgegenſtände. Werkswohnungen bilanzieren mit 14 Mill.
Mark. Lagerbeſtände waren in Höhe von 1 220 659 000 Mk. vorhanden,
der Kaſſenbeſtand, erſcheint in Höhe von 106 431000 Mk., Effekten
(Kriegsanleihen) mit 63 000 Mk., Debitoren ſind mit 921 818000 Mk.
ausgewieſen. Wechſel erſcheinen in Höhe von 25 Mill. Mk. Bei einem
Aktienkapital von 27 Mill. Mk. betrug der geſetzliche Reſervefonds
8 567 000 Mk., Steuerrücklage 101 Mill. Mk., ein Maſchinenerneue=
rungsfonds
97 519 Mill. Mk. Ein Beamtenunterſtützungsfonds iſt mit
5 Mill. Mk., ein Arbeiterunterſtützungsfonds mit 10 Mill. Mk. aus=
gewieſen
. Kreditoren hatten 1987 864 000 Mk. zu fordern. Der Brutto=
gewinn
einſchl. Vortrag aus 1922 erſcheint in Höhe von 676 849 000
Mark, Generalunkoſten erforderten 640 446 Mill. Mk., Abſchreibungen
und Rückſtellungen 85274 Mill. Mk., ſo daß ein Reingewinn von
51 128 Mill. Mk. verbleibt.
* Stahlwerke Oeſe A.=G. Die Geſellſchaft beruft zum
24. September eine außerordentliche Generalverſammlung, die über
weitere Kapitalserhöhung um einen von der Generalverſammlung
feſtzuſetzenden Betrag Beſchluß faſſen ſoll.
* Cröllwitzer Papierfabrik, Halle a. S. Die Ge=
ſellſchaft
beruft zum 25 September eine außerordentliche Generalver=
ſammlung
, die über Erhöhung des Grundkapitals um 6,5 Millionen
Stammaktien beſchließen ſoll.
* Georg A. Jasmatzi A.=G., Dresden. Die Geſellſchaft
beruft zum 6. Oktober G.V., die über Erhöhung des Aktienkapitals
um 50 Mill. Mk. Vorzugsaktien Beſchluß faſſen ſoll.

Ottavi=Eiſenbahn=Geſellſchaft Berlin. Ge=
neralverſammlung
am 25. September, 12 Uhr, im Geſchäftslokal der
Diskonto=Geſellſchaft, Berlin. Anmeldung bis 20. Septemeber.
* Maſchinenfabrik Gritzner Durlach. Die Geſell=
ſchaft
beruft ao. G.V. zum 9. Oktober, die über Erhöhung des Grund=
kapitals
, Feſtſetzung der Modalitäten der Kapitalserhöhung und Er=
höhung
des Stimmrechts der Vorzugsaktionäre Beſchluß faſſen ſoll.
* Metallätz=Werke A.=G., München. 2,4 Millionen Mark
ab 1. Januar 1923 dividendenberechtigte neue Aktien werden derart
zum Bezug angeboten, daß auf nominal 1000 Mark alte Stammaktien
nominal 2000 Mark neue zu 100 000 Prozent zuzüglich eines Pauſchal=
betrages
für Bezu gsrechtsſteuer und Börſenumſatzſteuer bezogen werden
können. Das Bezugsrecht iſt bis zum 18. September einſchließlich aus=
zuüben
.
* Bleiſtiftfabrik vorm. Joh. Faber A.=G., Nürn=
berg
. Anläßlich der Zulaſſung von 30 Mill. Mk. neuen Stamm=
aktien
an der Berliner Börſe teilt die Geſellſchaft mit, daß ſie in den
verfloſſenen Monaten des laufenden Jahres vollauf beſchäftigt geweſen
iſt. Der vorliegende Auftragsbeſtand, für den die Geſellſchaft aus=
reichend
mit Rohſtoffen eingedeckt iſt, ſichert Beſchäftigung für die
nächſten drei Monate. Die Zwiſchenbilanzziffern per 1. April 1923
teilten wir kürzlich mit.
h. Deutſch=Südamerikaniſche Export= u. Import=
A.=G. (Induſtriekonzern) Mannheim. Die außerordentliche
Generalverſammlung genehmigte einſtimmig die Erhöhung des Grund=
kapitals
um 31 Millionen Mark durch Ausgabe von 30 Millionen Mark
Stamm= und 1 Million Mark 10ſtimmiger Vorzugsaktien, beide mit Ge=
winnberechtigung
für das laufende Geſchäftsjahr. Die neuen Vorzugs=
aktien
werden von einem Konſortium zu 100 Prozent, die Stammaktien
zut 230 Prozent übernommen mit der Maßgabe, den Aktionären 15 Mil=
lionen
Stammaktien derart anzubieten, daß auf 2 alte Stammaktien eine
junge entfätk. Der Ausgabekurs iſt mit 100 000 Prozent in Ausſicht ge=
nommen
, wegen der Markſchwankungen wurde die endgültige Feſtſetzung
jedoch der Verwaltung überlaſſen. Die Kapitalserhöhung wurde mit den
angewachſenen Markverpflichtungen der Geſellſchaft bei ihren Bankver=
bindungen
begründet, die man abſtoßen will. Die reſtlichen Stamm=
aktien
ſollen freihändig verwertet werden. Das Grundkapital erhöht
ſich auf 62,3 Millionen. Ueber die Ausſichten wurde mitgeteilt, daß ſie
befriedigend ſeien, daß insbeſondere die überſeeiſchen Bureaus in Buenos
Aires und in Rio de Janeiro zur Zufriedenheit der Verwaltung arbeiten.
b Brückenbau Flender A.=G., Benrath. Die außer=
ordentliche
Generalverſammlung beſchloß zur Stärkung der Betriebs=
mittel
eine Erhöhung des Grundkapitals um 89 auf 125 Millionen
Mark. Weiter werden zur Abwendung von Ueberfremdungsgefahr 10
Millionen Mark Vorzugsaktien Litera B mit 10fachem Stimmrecht ge=
ſchaffen
. Eine Bankengruppe übernimmt die neuen Aktien, die ab
1. Januar 1923 dividendenberechtigt ſind, mit der Verpflichtung, 36
Millionen Mark neue Stammaktien den bisherigen Aktionären im Ver=
haltnis
von 1:1 zu einem Kurſe von 535 Goldmark zum Bezuge anzu=
bieten
. Die Goldmark wird berechnet nach dem amtlichen Mittelkurs
des Dollars am letzten Börſentage vor der amtlichen Notiz des Bezugs=
rechts
der jungen Flenderaktien. Die reſtlichen 53 Millionen Mark werden
von der Uebernahmegruppe zur Verfügung der Verwaltung gehalten
und zum Teil im Intereſſe der Geſellſchaft beſtens verwertet werden.
Nach Mitteilung der Verwaltung dürfte man unter Vorbehalt auch für
das laufende Geſchäftsjahr mit einem günſtigen Ergebnis rechnen.
* Teilung der Vevwaltung im Rheinhandels=
Konzern. In dieſem Konzern ſoll eine Teilung der Verwaltung
vorgenommen werden. Während Kommerzienrat Hanau die Köln=
Lindenthaler Metallwerke A.=G., Köln, die Optiſchen Werke vorm.
C. Schütz u. Co., Kaſſel, die Elbewerft, Hamburg, Elektr. und Hebel=
werkzeuge
A.=G., Köln, die Eiſen= und Stahlwerke Krone A.=G., Vel=
bert
, und andere Beteiligungen übernimmt und das alte Geſchäftshaus
der Muttergeſellſchaft in Düſſeldorf bezieht, führt Kommerzienrat Falk
unter Ausſchluß dieſer Werke den Konzern weiter. Aus einem großen
Teil der von letzterem übernommenen Geſellſchaften ſcheidet Kommer=
zienrat
Hanau als Geſellſchafter aus.
* Verdoppelung der Anilinpreiſe. Die Intereſſen=
gemeinſchaft
der chemiſchen Großinduſtrie ſoll mit Rückſicht auf die er=
ſchwerte
Rohſtoffbeſchaffung und die Steigerung der übrigen Selbſt=
koſten
für die in Goldmark berechneten Verkaufspreiſe ungefähr eine
Verdoppelung eintreten laſſen. In der Geſchäftslage ſollen auch in
dieſem Zweig Anzeichen einer Verflauung ſich bemerkbar machen.
* Handelshaus klaſſiſcher Briefmarken A.=G. in
Berlin. Die außerordentliche Generalverſammlung vom 12.: Sep=
tember
beſchloß, das Grundkapital zwecks Stärkung der Betriebsmittel
um 100 auf 300 Mill. Mk. durch Ausgabe von Stammaktien zu je
10000 Mk. zu erhöhen. Die neuen Aktien nehmen vom Beginn der
Tätigkeit der Geſellſchaft (März 1923) ab an der Dividende teil und
werden von der Firma Paul R. Schwerdtner zu pari mit der Ver=
pflichtung
übernommen, ſie den Beſitzern der bisherigen Stammaktien
in der Weiſe zum Bezuge anzubieten, daß auf nom. 20000 Mk. alte
10000 Mk. neue Aktien entfallen. Der Bezugspreis beträgt 5½½ Gold=
mark
; zahlbar in 6prozentiger wertbeſtändiger Anleihe des Deutſchen
Reiches. Die Aktionäre können aber auch den Bezugspreis in Papier=
mark
erlegen, wobei der Kurs der 6prozentigen wertbeſtändigen An=
leihe
zugrunde gelegt wird, der am Tage der Gutſchrift der Einzah=
lung
amtlich an der Berliner Börſe notiert worden iſt. Für die nicht
bezogenen Aktien hat die Abnehmerin ebenfalls 4½/s Goldmark alsbald
nach Ablauf der Bezugsfriſt an die Geſellſchaft abzuführen. Zur Be=
gründung
führten der Vorſitzende des Aufſichtsrates und das Vor=
ſtandsmitglied
Freiherr von Rheinbaben aus, daß die Kapitals=
erhöhung
lediglich durch den ſich ausdehnenden Geſchäftskreis der Ge=
ſellſchaft
bedingt ſei. Die Geſellſchaft arbeitet lediglich auf Goldmark=
baſis
und ſei hervorgegangen aus der Raritäten=Abteilung der Firma
Paul R. Schwerdtner. Die Geſellſchaft konnte bereits im März ihre
Geſchäfte im vollen Umfange aufnehmen und namhafte Gewinne er=
zielen
. Bei der internationalen Geſtaltung des Briefmarkengeſchäftes
ſei es notwendig, baldmöglichſt feſten Fuß im Auslande zu faſſen.
Ausſichtsreiche Verhandlungen in dieſer Hinſicht ſind angeknüpft. Es
iſt zu hoffen, daß der Geſellſchaft, dank dem Vertrauen, was ihr in
allen Fachkreiſen entgegengebracht wird, bald anſehnliches Auslands=
kapital
zur Verfügung ſtehen wird. Das Briefmarkengeſchäft trägt in
ſeinem Teil dazu bei, die Handelsbilanz Deutſchlands zu verbeſſern.
In den Aufſichtsrat wurde der Geſchäftsführer der Internationalen
Handelsbank Konſul Marx neu gewählt.

* Chemiſche Fabriken Harburg=Staßfurth, vorm.
Thörl & Heidtmann A.=G,, Harburg. Ein Teilbetrag von
7,5 Millionen Mark neuen ab 1. Juli 1923 dividendenberechtigten
Stammaktien wird im Verhältnis 1:1 (nominal 5000 Mark zu nominal
5000 Mark) zum Kurs von 190 000 Prozent zuzüglich Börſenumſatz=
und Bezugsrechtsſteuer angeboten. Das Bezugsrecht iſt bis zum
18. September einſchließlich auszuüben.
*Berechnung der Handelsvertreter=Proviſion.
Der Geſchätsführende Ausſchuß des Zentralverbandes Deutſcher
Handelsvertretervereine hat auf ſeiner letzten Sitzung für die Berechnung
der Handelsvertreterproviſion folgende Richtlinien aufgeſtellt: a) Bei
Geſchäften, die in effel iver Auslandswährung beglichen werden oder
auf der Grundlage auslündiſcher Währung abgeſchloſſen ſind, werden
die Proviſionsbetrage, wenn ſie an den Handelsvertreter in Papiermark
gezahlt werden, zu dem Kurſe des Tages umgerechnet, an dem die Aus=
zahlung
der Proviſion an den Handelsvertreter tatſächlich erfolgt. b) Bei
Geſchäften, die in Papiermark abgeſchloſſen ſind, iſt es angeſichts der
beſchleunigten Markentwertung ei Gebot von Recht und Billigkeit, daß
die vertretenen Firmen, wie es bereits auch üblich geworden iſt,
wöchentlich Abſchlagszablungen, ungefähr in Höhe der verdienten Pro=
viſion
an den Handelsvertreter regelmäßig zur Auszahlung bringen.
Geſchieht dies nicht, ſo muß erwartet werden, daß die vertretenen Fir=
men
dem Handelsvertreter die Geldentwertung in dem gleichen Maße
vergüten, in dem die Firmen dies bei nicht pünktlicher Zahlung des
Kaufpreiſes von ihren Abnehmern beanſpruchen. Dazu iſt zu be=
merken
, daß vielfach die Umrechnung der Proviſion in der Weiſe ge=
handhabt
wird, daß bei Papiermarkverkäufen die Papiermarkproviſion
nach Eingang der Zahlung in eine Edelvaluta umgerechnet und dem
Handelsvertreter gutgeſchrieben wird, ſo daß ſeine Papiermarkproviſion
vor Entwertung geſchützt iſt. Am Tage der Zahlung der Prov ſion
wäre dieſe dann nach dem an dem betreffenden Tage gültigen Kurſe in
Papiermark umzurechnen und dem Handelsvertreter zu überweiſen.
Auch dieſe Regelung hat die Zuſtimmung des Spitzenverbandes der deut=
ſchen
Handelsvertreter gefunden.
* Jahresbericht der Niederländiſchen Handels=
kammer
für Deutſchland. Als Jahresbericht der Niederländi=
ſchen
Handelskammer für Deutſchland iſt wiederum eine Broſchüre er=
ſchienen
, die neben den Berichten der verſchiedenen Büros der Kammer
auch wieder einige wertvolle Spezial=Aufſätze enthält. Der Präſident
der Kammer in Frankfurt a. V., Herr Vizekonſul H. W. ter Horſt, be=
ſpricht
die Frage der deuttſchen Konkurrenz in Holland, der Syndikus der
Kammer in Frankfurt a. M., Dr. Th. Metz, die Frage der Ueberfrem=
dung
Deutſchlands und die Teiluahme des niederländiſchen Kapitals,
während der zweite Syndikus der Kammer in Frankfurt a. M., Ihr
J. A. H. van der Does, einen ausführlichen Bericht über die Schlichtung
von Differenzen im deutſch=niederländiſchen Handelsverkehr durch die
niederländiſche Handelskammer in Frankfurt bringt. Aus den Berichten
über die Tätigkeit der herſchiedenen Büros geht hervor, daß die innere
Organifation ſich infolge ſtarker Zentralſierung einigermaßen geändert
hat. Das Hauptbüro für die Niederlande iſt allerdings nach wie vor
in Amſterdam, während ſich Frankfurt als Hauptbüro in Deutſchland
weiter entwickelt bat. Die früher ſeikſtändigen Büros ſind jetzt in
Deutſchland alle Frankf= a. M. uater/kordnet und arbeiten als Zweig=
ſtellen
des Frankfurter Büro8 in den Stüdten Düſſeldorf, Dortmund,
Hamburg, Mainz und München. Nur für das alte beſetzte Gebiet nörd=
lich
der Moſel beſteht noch ein ſelbſtäng’ges Büro im Rahmen der Ge=
ſamtkammer
in Köln mit einer Zweigſteile in Krefeld. Von der übrigen
Tätigkeit der Kammer ſei vor alſen Dingen erwähnt die Schlichtung von
Differenzen im deutſch=niederländiſchen Handelsverkehr, die hauptſächlich
in Händen des Frankfurter Büros war und bei der es der Kammer ge=
lang
, ungefähr 75 Prozent der Fälle auf befriedigende Weiſe zu löſen;
10 Prozent der Fälle mußten von dem Gericht erledigt werden, während
die reſtlichen Fälle, teils durch das Schiedsgericht der Kammer aus dem
Wege geſchafft worden ſind, teils wegen Konkurs des einen Partners
und ähnlichem nicht erledigt werden konnten. Erwähnt ſei auch noch,
daß die in Frankfurt gegründete Niederländiſche Treuhandgeſellſchaft
m. b. H. ſich der Kontrolle der Frankfurter Kammer unterſtellt hat, ſo
daß dieſe auch auf dieſes Unternehmen einen ausſchlaggebenden Einfluß
ausübt.
* Die Lage des amerikaniſchen Eiſen= und Stahl=
marktes
. Das amerikaniſche Fachblatt Iron Trade Review, Cleve=
land
(Ohio) kabelt über die Lage des amerikaniſchen Eiſen= und Stahl=
marktes
. Für den Aufbau Japans und anderer öſtlicher Länder wur=
den
insgeſamt 7½ Millionen Tonnen Material angefragt, darunter
hauptſächlich Röhren, Drahtſtifte, verzinkte Bleche. Eine Anzahl guter
Aufträge wurde bereits erteilt. Die zu erwartenden weiteren um=
fangreichen
japaniſchen Käufe werden eine weitere Befeſtigung des
Marktes herbeiführen. Von den amerikaniſchen Eiſenbahnen wurden
weitere 100 000 Tonnen Schienen beſtellt. In letzter Zeit hat der
Stahltruſt mehr als 200 000 Tonnen Schienenaufträge gemacht. Roh=
eiſen
, namentlich engliſches Eiſen mit niedrigem Phosphorgehalt, wird
weiter lebhaft gefragt. Der Preis ſtellt ſich um 2 Dollar niedriger
als der amerikaniſche Inlandspreis. Die Rohblockproduktion betrug
im Auguſt 2 797 000 Tonnen. Das Tagesausbringen ſtellte ſich 3 Proz.
niedriger als im Juli. Die Löhne für die 10=Stunden= Walzwerks=
arbeiter
wurden um 10 Prozent erhöht. Infolge Rückkaufs ging der
Preis für Ferromangan auf 109 Dollar, während von engliſchen Werken
117,50 Dollar verlangt werden.
* Ruſſiſche Waldkonzeſſionen der Gruppe L.
Haas. Nach ſowjetruſſiſcher Quelle ſoll der Rat der Volkskommiſſäre
ſich mit den Verhandlungen beſchäftigt haben, die der aus Rußland
zurückgekehrte Dr. Ludwig Haas für die Süddeutſchen Holzfabriken
(A.=G. Gebr. Himmelsbach, Löſchke u. Wagemann, Mannheim, Fuchs
u. Söhne, Karlsruhe, und Bruchſaler Geſellſchaft für den Holzhandel)
geführt hat. Des Rat der Volkskommiſſäre ſoll die vorherige Zu=
ſtimmung
zum Abſchluß des Vertrages gegeben haben, was die Aus=
beutung
der an der WollungaSybinſker Bahnlinie liegenden Wal=
dungen
von 900 000 bis 1 Million Hektar betrifft. Die deutſchen Kon=
zeſſionäre
haben den Ausbau und die Weiterführung der das Wald=
gebeit
durchſchneidenden Eiſenbahnlinie in der Länge von 320 Kilo=
meter
bis zur Station Kraſni=Holm übernommen. Das gefällte Holz
ſoll durch Sägemühlen und auf andere Weiſe verarbeitet werden. Ruß=
land
hat zurzeit großen Bedarf an Holzſchwellen zu Erſatzzwecken, der
ſich mit dem Ausbau des Eiſenbahnnetzes noch vermehren wird. Ein
Teil des gewonnenen Holzes und der Holzprodukte ſoll nach Deutſchland
ausgeführt werden. Dieſe Abmachung, deren einzelne Punkte noch dar=
gelegt
werden ſollten, gilt als erſte große Waldkonzeſſion. Ueber zahl=
reiche
andere Konzeſſionen von großem und kleinem Umfang ſollen
Verhandlungen gleichfalls im Gang ſein. Intereſſentengruppen werden
nicht angeführt.

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Darmfkädter Tagblatt
17. Sept. 1923 Nr.257
Derootden Somägt
Frankfurter Kanuregatta. Mannheimer Herbſtrennen. Polizeiſportverein Berlin Deutſcher Handballmeiſter.

Fußbalſ.
Sportverein Darmſtadt Fußballverein Weinheim 5:2 (Halbzeit 3:0).
e Aeußerſt zahlreiche Anhänger begleiteten am geſtrigen Sonntag
die Ligaelf des Sportvereins nach Weinheim, um ſie gegen den dor=
tigen
vorjährigen 4=Meiſter das erſte diesjährige Verbands=Spiel aus=
tragen
zu ſehen. Weinheim ſtellte, wie erwartet, eine aus lauter kräf=
tigen
Geſtalten gute Elf. Darmſtadt für Ellenbeck und Mahr, Trinkaus
im Tor und Fiſcher als rechter Läufer. Burkhardt, Karlsruhe, als Un=
parteiſcher
hatte keine Veranlaſſung einzuſchreiten. Beide Mannſchaſten
zeigten ein anſtändiges Spiel bei dem die techniſche Ueberlegenheit der
Daruſtädter niemals zu verkennen war. Gleich im Anfang gibt es heikle
Silugtionen vor dem Weinheimer Tor. Vor Müllmerſtadts und Beckers
Können, iſt das Tor jedoch immer einige Zentimeter zu klein. Endlich
nach zwuölf Minuten findet Müllmerſtadt das richtige hoch und das erſte
Tor iſt fertig. Gleich darauf verwandelt Bärenz eine präziſe Flanke
von Frick zum zweiten Treffer. Darmſtadt iſt andauernd überlegen.
Weinheim kommt ſelten über die Mitte. Kurz vor Schluß der erſten
Halbzeit ſchießt Müllmerſtadt im Durchbruch noch Nummer drei. Wein=
heim
geht in der erſten Halbzeit leer aus. Doch im Anfang der zweiten
Habbzeit ſieht auf einmal die Sache für die Darmſtädter einige zeitlang
rechſt ſchief aus. Weinheim legt ſich mächtig ins Zeug und läßt ſich nicht
aus Darmſtadts Hälfte drängen. Sie verſtehen es ausgezeichnet, eine
Schwächeperiode Darmſtadts auszunutzen und ſtellen im Handumdrehen
das Reſultat auf 3:2. Allmählich wird dies den Darmſtädtern zu viel;
ſie ſchaffen ſich wieder Luft. Müllmerſtadt, Bärenz und Becker ſtellen
je kurz hintereinander die Ueberlegenheit Darmſtadts wieder her, und
bei dieſem Torverhältnis bleibt es bis zum Schluß. Weinheim hatte im
Linksaußen, rechten Verteidiger und dem Tormann ſeine beſten Leute.
Im großen und ganzen war ihr Spiel gute 4=Klaſſe. Das Spiel der
Darmſtädter konnte heute nicht recht gefallen; vielleicht trug auch der
etwas kleine Platz die Schuld. Gute Leiſtungen boten Müllmerſtadt,
Becker und Bärenz, die das Weinheimer Tor in arge Bedrängnis brach=
ten
. Viele ausgezeichnete Angriffe dieſer drei wurden durch öftere Ab=
ſeitsſtellungen
ihrer Flügelleute in den günſtigen Momenten unterbun=
den
. Sonſt gebührt der Mannſchaft ein Geſamtlob. Hervorzuheben
ſeien Fiſcher und Trinkaus, die ſich recht gut einführten. Auch in
den weiteren am geſtrigen Sonntag ſtattgefundenen Verbandsſpielen,
zeigten ſich Sportvereins Mannſchaften im beſten Lichte. Keine
von allen ſechs Mannſchaften erlitt eine Niederlage. Die Liga=
erſatzmannſchaft
ſiegte über die Liggerſatz der Spielabteilung
Union der Turngemeinde Beſſungen mit 10:1. Die 3. Mann=
ſchaft
ſchlug die dritteMannſchaft des Vereins für Naſenſpiele Darm=
ſtadt
mit 6:4; die 4. Mannſchaft die 4. Mannſchaft des gleichen
Vereinz mit 4:3 und die 5. Mannſchaft die 1. Mannſchaft des
Sportklubs Meſſel unentſchieden mit 1:1. Alles in allem ein guter
Auſtakt des Sportvereins zu den diesjährigen Verbandsſpielen.
Spielabteilung Umion=T. G.B. gegen S.C. Olympia=Lorſch, 0:0.
Mit einem ſchönen Erfolge eröffnete die Spielabteilung Union
ihre Verbandsſpiele. Reich an ſpannenden Momenten, die teils Union,
teils Olympig im Vorteil ſahen, war das Spiel fair von Anfang bis
Ende. Wir wünſchen uns noch mehr ſolche Treffen im Intereſſe unſeres
Fußballſportes.
Zum Spielbeginn: Gleich von Beginn an ſetzte ein Höllentempo
ein. Lorſch verſuchte tonangebend zu ſein, was ihm nicht geingen ſollte.
Eine nie wiederkehrende Chance ließen die Unioniſten aus. Verteiltes
Feldſpiel, das auch Lorſch reiche Torgelegenheit bot, die jedoch nie aus=
genützt
werden konnten. So wurde Lorſch ein Elfmeter wegen Hände
zugeſprochen, den Bechtel an die Latte ſchoß. Kurze Zeit gelang es
Lorſch, das Spiel in Unions Hälfte zu legen und es entſtanden ganz be=
ängſtigende
Momente, die teils mit viel Glück geklärt werden konnten.
Die Spielabteilung Union kann mit dieſem Erfolg zufrieden ſein, iſt es
doch ein Beweis, daß die Mannſchaft ihren Mann ſtellt, wenn es gilt.
M.
Fußball=Abteilung der Freien Turngemeinde Darmſtadt.
Am geſtrigen Sonntag haben nun auch im 1. Bezirk der
Freien Spielvereinigung Heſſen=Naſſau die Ver=
bandsſpiele
eingeſetzt, nachdem in den anderen Bezirken dieſelben ſeit
14 Tagen ſchon in vollem Gange ſind. Durch die aus der Beſetzung ſich
ergebenden Schwierigkeiten mußte der Bezirk in vier Gruppen eingeteilt
werden, von denſelben fallen zwei ins beſetzte und zwei ins unbeſetzte
Gebiet. Darmſtadt iſt der Nordgruppe des unbeſetzten Gebietes zuge=
teilt
und hat als Gegner bekannte Sonderklaſſenmannſchaften, wie
Iſenburg, Dreieichenhain, Spendlingen (Nordgruppenmeiſter 22/23),
Pfungſtadt (Bezirksmeiſter BB). Während die zweite Mannſchaft
geſtern zu ihrem erſten Verbandsſpiele antreten mußte, durften die
ſämtlichen anderen Mannſchaften noch einmal der wohlverdienten Ruhe
pflegen. Gegner war Götzenhain 1. Mannſchaft. Reſultat: 2:2 (1:1).
Eckenverhältnis 9:2 für Darmſtadt. Darmſtadt verſchenkte durch Leicht=
ſinn
einen der ſo heiß umſtrittenen Punkte, indem die beiden Tore ( da=
runter
ein Eigentor) auf das Konto der Verteidigung zu buchen ſind.
* Privattelegramm unſeres Frankfurter Fußballberichterſtatters.
Bezirksliga:
Aus dem Mainkreis. Nun haben wir wieder unſere Volkskämpfe.
Wenn alle Spiele, wie heute am Anfang, ſo reibungslos und innerhalb
des Erlaubten weiter verlaufen, ſo iſt dies nur zu begrüßen und beweiſt,
daß Publikum und Spieler doch etwas fortgeſchritten ſind.
Fußballſportverein Frankfurt Sportklub Bürgel, 2:0.
Die Begegnung fand auf dem Sportplatz Bornheim ſtatt und ſah
den Platzbeſitzer nach Spielende als glücklichen Sieger. Das Spiel war
äußerſt ſchnell und die erſte Viertelſtunde derart aufgeregt, daß ſich die
Mannſchaften kaum fanden. Doch bereits in der vierten Minute macht
Reitz im Strafraum Hand, den Elfmeter verſchießt leichtſinniger Weiſe
Fah. Bei leichter Ueberlegenheit der Gäſte kommt die Pauſe. In der
zweiten Hälfte iſt der Platzbeſitzer etwas mehr im Angriff. Jedoch die
Verteidigung von Bürgel, insbeſondere Bender und Bringer im Tor
vereitelten alles. Es ſind noch acht Minuten zu ſpielen. Bickard von
Bürgel ſummelt zu lange, Strelke fährt dazwiſchen, ſchiebt plump, und
ein Ueberraſchungstor iſt fertig. Einige Minuten ſpäter ſtellt Strelke
durch Schuß das Ergebnis auf 2:0, ſomit den Sieg ſicherſtellend.
Fußballabteilung Helvetia Sportverein Offenbach 1:0.
Das Treffen ſah zwei äußerſt hartnäckige Gegner gegenüber, die ſich
von Anfang bis Ende ein verteiltes Spiel lieferten, bei dem beide
Parteien zahlreiche Eckbälle treten mußten. Durch Elfmeter wegen
Hand, den Fritz verwandelte, ſiegte Helvetig und brachte ſo die wichtigen
Punkte ein.
V. f. R. Kickers=Offenbach Hanau 93, 1:2.
Die Hanauer ſind von jeher in Verband=Spielen ein geſuchter Geg=
ner
. Auch heute bewieſen ſie wieder, daß jeder Verein mit ihnen rech=
nen
muß. Nach ſehr ſchnellem Spiel, das durch die Pauſe etwas reich=
lich
ſcharf wurde, gelang es, mit einem knappen Sieg über die nicht
ſchlecht ſpielenden Kickers auf deren eigenem Platz zu triumphieren.
Leider war das Publikum beiderſeits laut beim Spiel.
Viktoria=Aſchaffenburg Eintracht=Frankfurt, 0:0.
Mit keineswegs roſigen Gefühlen fuhr die ſtark erſatzgeſchwächte Ein=
tratchtelf
nach Aſchaffenburg, deſſen Verein in letzter Zeit durch ſeine
guten Spiele Aufſehen erregte. Wider Erwarten hielt ſich die Eintracht
nicht nur abteilungsweiſe ihrem Gegner leicht überlegen, was aus einem
Eckenverhältnis von 10:2 deutlich hervorgeht. Nur Betz im Aſchaffen=
burger
Tor verdient dieſer Verein das :0=Ergebnis. Für Eintracht iſt
es ein großer Erfolg, da verſchiedene Spieler nicht abkömmlich waren,
ein Teil der Mitwirkenden noch unter Verletzungen litten. Die beſten
Leute waren Knörzer in der Verteidigung und Kirchhain als Mittel=
läufer
, der alle übrigen überragte. Der Unparteiſche, ein Herr aus
Nürnberg, amtete ſehr gut.
Kreisliga:
Germania Frankfurt Turn= und Sportgemeinde Fechenheim, 2:1.
Olympia Frankfurt Fußbalgeſellſchaft Seckbach, 4:4.
Sportverein Viktoria Eckenheim Boruſſia Frankfurt, von Ecken=
heim
kampflos gewonnen, da Boruſſia unkomplett und verſpätet antrat.
SC. Rödelheim 09 Sportverein 08 Merkur, 030.
Sportverein Heddernheim Sportfreunde Frankfurt, 2:0 (J).
Oberurſel Vf.R. 01., Prankfurt, 1:1.
Nürnberger Fußballverein Bayern München, 2:3.
München 1860 Erſter F.C. Nürnberg, 0:1.
Schwaben Augsburg Wacker München, 0:3.
Ausland: F.C. Biel Spielvereinigung Fürth, 1:2.

Württemberg Baden.
Bezirksliga:
Phönix=Karlsruhe Feuerbach 3:1.
Sportklub=Stuttgart F.=Kl. Mühlberg 3:2
Sportterein=Stuttgart Birkenfeld 4:4 (Privatſpiel).
Kreisligg:
Baden=Baden Karlruher F.=C. 2:1.
Beiertheim Frankonig=Karlsruhe 3:2.
Pfalzkreis (Liga).
Fußballverein Speier Frieſenheim 7:0.
Odenwald.
Verein für Raſenſport=Mannheim Phönix=Mannheim 1:1.
Hertha=Mannheim Verein für Raſenſpiele=Heidelberg, 4:2.
Lindenhof 08 Sportklub=Käfertal, 3:2.
V.f. L.=Neckarau Sportvereinigung=Mannheim, 1:0.
Berlin.
Sportverein Ballſpielverein=Luckenwalde 2:1,
Union=Oberſchöneweide Hubertus 11 2:1.
Hertha Verein für Ballſpiele=Pankow. 3:1.
Vorwärts Wacker 3:0.
Saar.
Saarbrücken Urbach 5:1.
Boruſſia=Neunkirchen Trier 7:2.

Leichtathletik.

Sporsplatzweihe des Sportklub 1880=Frankfurt.
Alle Sportarten haben ihr Teil zur Weihe des Platzes beige=
tragen
. Als letzte die Leichtathletik mit den Internationalen. Die
ſporttechniſchen Anlagen geben für alle Uebungszweige das Beſte. Das
Uebrige bietet noch viel Bauplatzähnliches. Man hat nach Fertigſtellung
des Klubhauſes mit Erveiterung und Umbau begonnen, ſo daß das
neue Haus noch meh: der Mittelpunkt der ganzen Anlage wird. Nun
zum Sport. Der Sonntag wpar der Jugend und den Junioren vor=
behalten
. Hier wurden trotz der Abkühlung des Wetters Leiſtungen
geboten, die in manchem der Hervorhebung wert. Die Kämpfe, mit
großer Reklame eingeleitet, entſprachen jegoch nicht allen Erwartun=
gen
, da erſtens von Internationalität keine Rede war und zweitens
auch die gemeldeten deutſchen Kanonen zum größten Teil wegblieben.
So fehlten vor allem Houben und Bedarff und die Staffel von Char=
lottenburg
, ſo daß die Kämpfe mehr als Lokalmeeting zu werten ſind.
In den meiſten Wettkämpfen hatten ſich die beſten Frankfurter Jugend=
lichen
zu den Endläufen durchgearbeitet, allerdings in Geſellſchaft eini=
ger
Auswärtiger.
Die hervorſtechendſten Leiſtungen ſind:
1000 Meter: Leunig. Eintracht, in 2 Min. 48 Sekunden;
100 Meter: Stahl=Pforzheim in 118 Sekunden;
Speerwerfen: Oyſterbehn, Sportklub 1880, 48,10 Meter.
In der olympiſchen Staffel bot Sportklub 1880 mit 3 Minuten
48 Sekunden eine beachtliche Zeit für Junioren. Cipitelli lief hierbei
die 800 Meter in 2 Min. 5 Sek, und Speher die 400 Meter in 55 Sek.
Die Darmſtädter Jugend war im 100 Meter 05/06 mit Pabſt und
Numrich vertreten. Beide gewannen ihre Vorläufe mit 12,3 Sek.
Numrich unterlag im Zwiſchenlauf gegen die beiden Sieger des End=
laufs
. Pabſt gelangte in den Endlauf, der mit Oyſterbehn=1880, Stahl=
Pforzheim. Stärker=Eintracht beſetzt war. Die vier lieferten ein ſehr
ſchnelles Rennen, was in der Zeit 11,8 zum Ausdruck kommt. Pabſt
(Sportverein 98) wurde Vierter. Die vier Läufer kamen in einem
Abſtand von einem Meter ein. Zum Vergleich die Zeit des Junioren=
Siegers: 12,3 Sek. Engelhard H. hatte im 200 Meter für Junamannen
den ſchwerſten Vorlauf. Er unterlag gegen die beiden Sieger des End=
laufs
mit Bruſtbreite in 24,1 Sek. Der Endlauf brachte 23,9 Sek.
Engelhardt R. hatte im 1000 Meter 05/06 zahlreiche Geſellſchaft, die
alle faſt das Nachſehen hatten. Leunig (Eintracht) lief unter den Augen
ſeines Vaters ein Rennen für ſich und war bald allein auf weiter Flur.
In dieſem Rennen hatten die anderen Vereine nichts entgegenzuſetzen;
dafür waren aber die übrigen Wettkämpfe ausgeglichener.
Die Ergebniſſe:
100 Meter: Jugend 07/08: 1. Dietel=,80 12,4 Sek.; 2. Kauf=
mann
=,Eintracht 12,5: 3. Gruppe=,Eintracht 1,5 Meter.
500 Meter: Anfänger: 1. Cipitelli=,80 1:119: 2. Schüler=
Spp. Erlenbach 1:13,8; 3. Enk=Boruſſia Frankfurt, Bruſtbreite.
Kugelſtoßen: Damen: 1. Haux 851 Meter; 2. Erhardt
7:72,3; 3. Menges 7,59 alle 80.
Weitſprung G506: 1. Poß=,80, 6 Meter; 2. Rauch=,80,
5,66; 3. Bourquin=Eintracht.
60 Hürden 05/06: 1. Koß=,80 10 Sek.; 2. Flegenheimer 10,4;
3. Weſtermann=Eintracht, 2 Meter.
1000 Meter G5ſ06: 1. Leunig=Eintracht 2:48,7; 2. Nagel=
Boruſſia 30 Meter: 3. Prünelle und Bockenheimer= 80.
100 Meter Junioren: 1. Schmalz=,80 12,3 Sek.; 2. Gieß=
Spv. Offenbach; 3. Einwächter=Eintracht.
Weitſprung Damen: 1. Pieper=,Preußen Münſter) 4,84½
Meter; 2. Haux=,80/ 4,66; 3. Bühlmeier=Boruſſia 4,59.
Schwedenſtaffel (B= und C=Vereine): 1. Turngeſellſchaft
Sachſenhauſen 2:10,/4; 2. Kickers=Offenbach 2:15; 3. Jugendkraft=Hanau,
10 Meter.
200 Meter Jungmannen: 1. Blum=Boruſſia 23,9 Sek.;
2. Wagner=Boruſſia 24,2; 3. Schneider, Spv. Offenbach.
Speerwerfen 65/06: 1. Dyſterbehn=,80 48,5 Meter; 2.
Münch, Spkl. Gießen 38,52; 3. Moſer=Ballſpielkl. Oberrad, 35,54.
100 Meter Damen: 1. Junker, Tade, Kaſſel 13 Sekunden;
2. Haux=,80, 13:1; 3. Vühlmeier=Boruſſia.
Olympiſche Staffel: 1. Sportklub 80; 2. Eintracht;
3. Spv. Offenbach.
4X100 Meter Damen: 1. Boruſſia 54,8 Sek. 2. Spkl. 80.
100 Meter 05/06: 1. Stahls Fkl. Pforzheim 11,8 Sek.; 2. Dyſter=
behn
:80 11,9; 3. Störker=Eintracht, Bruſtbreite.
Schwedenſtaffel 05/06: 1. Eintracht, 2. Sportklub 80.
Die Kämpfe des Sonntags:
* Sportlich wurde wenig geboten; der Samstag konnte jedenfalls
mehr befriedigen. Die Auswärtigen hatten in letzter Stunde noch auf
den Start verzichtet, ſo daß Groß=Frankfurt unter ſich war.
Erſchienen war nur Wenninger zum Kugelſtoßen, Lehninger zum
Stabhoch, Holz zum Springen und Walſtadt zur Meile. Die Darm=
ſtädter
waren nur in den langen Strecken vertreten, wo der 2. Platz
von Kriechbaum hinter Walkert (Kaſſel) ſeine beſte Leiſtung ſchuf. Lei=
der
konnte die Einweihungsſtaffel (208200 Meter) von Darmſtadt
nicht beſtritten werden, da in der Alten Herren=Klaſſe zwei Leute fehl=
ten
, ſo daß die Staffel am Samstag abgeſetzt wurde.
Reſultate des Sonntags:
100 Meter: 1. Troßbach=Eintracht 11,4; 2. Eiſelt=Boruſſia,

200 Meter: 1. Troßbach=Eintracht 23,4; 2. Schröder=Boruſſia,
400 Meter: 1. Cipitelli 1880=Frankfurt 53,3; 2. Speher 1880,

2,5 Meter zurück.
3. Fiſcher=Gießen.
10 Meter zurück.
800 Meter: 1. Simon=Charlottenburg 2:3,9; 2. Cipitelli 1830=
Frankfurt, 4 Meter zurück; 3. Altenburger=Eintracht.
1500 Meter: 1. Kaufmann, Boruſſia=Frankfurt, 4:25: 2. Grün=
Eintracht, 30 Meter zurück; 3. Oeſterreich=Darmſtadt, Schneider= Offen=
bach
, totes Rennen.
7500 Meter: 1. Walpert=Kaſſel 24:25; 2. Kriechbaum= Darm=
ſtadt
. 300 Meter zurück.
Weitſprung: 1. Holz=Berlin 6:49; 2. Gieß=Offenbach 6:11;
3. Lipfert=Kaſſel 6:04.
Kugelſtoßen: 1. Wenninger=Pirmaſens 12:64; 2. Steinbrenner=
Frankfurt; 3. Hünneberger 11,69 Meter.
Diskuswerfen: 1. Steinbrenner=Frankfurt 41,50 Meter; 2.
Buchgeiſter=Freiburg 38,60 Meter, 3. Wenninger=Pirmaſens 38,30.
Speerwerfen: 1. Buchgeiſter=Freiburg 59 20 Meter, 2. Sal=
mon
=Boruſſia (Frankfurt) 50,80 Meter, 3. Goll, 1880=Frankfurt, 45,10.
Stabhochſprung: 1. Lehninger=Charlottenburg 3,65 Meter,
2. Schroeder=bberrad.
4X100 Meter=Staffel: 1. Eintracht=Frankfurt 43:6, 2. Bo=
ruſſia
4=Frankfurt. 10 Meter zurück, 3. Boruſſia B=Frankfurt, 2 Meter
zurück, 4. S.C. Gießen, 1 Meterl zurück.
3X1000 Meter=Staffel: 1. Eintracht=Frankfurt 8:35;
2. Boruſſig=Frankfurt, 120 Meter zurück.

4X400 Meter=Staffel: 1. S.C. Frankfurt 1880, 2. Bo=
ruſſia
=Frankfurt, 30 Meter zurück.
Einweihungsſtaffel. 20X200 Meter: 1. Eintracht=
Frankfurt, 8:14, 2= Boruſſia=Frankfurt, 320 Meter zurück.

Handball.

Die beutſche Meiſterſchaft im Handball.
In der Schlußrunde um die deutſche Handballmeiſterſchaft ſtanden
ſich geſtern in Berlin in der Schlußrunde Spielvereinigung Fürth und
Polizeiſportverein Berlin gegenüber. Nach zweimaliger Spielverlänge=
rung
gewinnt Berlin mit 2:1 (1:0).
Regatten.
4. Frankfurter Kanu=Regatta.
Einer=Kanadier (offen für Jungmannen): 1. Mannheimer K.=B.,
2. Frankfurter N.=V. 1865.
Einer=Kajak (offen für Jungmannen): 1. Kaſſeler K.=C., 2. Klub
Neckarau.
Faltboot=Doppelkajak (2 Herren): 1. Mannheimer K.=G., 2. Kanu=
Kluß Darmſtadt.
Einer=Kajak. Kreismeiſterſchaft des Oberrhein= und Mainkreiſes:
Wanderpreis. 1. Frankfurter K.=V., 2. Frankfurter N.=V. 3. Mannhei=
mer
K.=G.
Einer=Kajak. Kreismeiſterſchaft des Oberrhein= und Mainkreiſes;
1. K.=G. Neckarau; 2. Frankfurter Ruderverein.
Doppelkanadier (2 Herren): 1. Frankfurter K.=V., 2. Mannheimer
K.G. 3. Frankfurter R=V.
Doppelkanadier (1 Dame 1 Herr); Waſſerſportverein Hanſeat
Hamburg; 2. Waſſerſportabtlg. Sportkl. Viktoria=Hamburg; 3. Frank=
furter
Ruderverein.
Doppelkgjak (Dame und Herr): 1. Frankfurter K.=V., 2. Mannhei=
mer
K.=G. 3. Kaſſeler K.=C.
Doppelkanadier (2 Herren): 1. Viktoria=Hamburg, 2. Mannheimer
K.G., 3. Frankfurter R.=V.
Doptelkajak (2 Herren): 1. Kaſſeler K.=C., 2. Kaſſeler K.=C.
Dopdelkajak (2 Herren), Kreismeiſterſchaft: 1. Mannheimer K.=G.,
2. N.=G. Neckarau.
Doppelkanadier (2 Herren), Kreismeiſterſchaft: 1. Frankfurter R.=V.,
2. L.=G. Neckarau.

Pferdeſport.

Mannheimer Pferderennen. Dritter Tag.
(Von unſerem Mannheimer Sportberichterſtatter.
* Der Badiſche Rennverein in Mannheim hat ſich mit dem dritten
Tag ſeines Herbſt=Meetings einen guten Abgang geſichert. Im Gegenſatz
zu den beiden vorhergehenden Renntagen war das Wetter herbſtlich und
kühl, was aber dem Beſuch keinen Abbruch tat. In ſportlicher Hinſicht
ſtand der dritte Tag in keiner Weiſe hinter ſeinen Vorgängern zurück,
die Felder waren ſogar noch beſſer beſetzt. In der zweitjährigen Prü=
fung
zeigte W. Ullmanns Täbris, wohl der beſte Zweijährige Süddeutſch=
lands
, durch ſeinen ſicheren Sieg über ſieben Altersgenoſſen ſeine gute
Vorm. Die Entſcheidung des Neckar=Ausgleichs lag zwiſchen Major
Kraufes Roſario, der vom Start an führte, und Raits Naive und S.
Sachs Lirchbach. Sie lieferten ſich in der Gerade einen ſpannenden
Kampf, wobei Roſario die aufkommende Naive abwies, die jedoch Kirch=
bach
auf den dritten Platz verweiſen konnte. Das Karl Reis=Jagdrennen
brachte eine große Ueberraſchung mit dem Sieg von A. Chriſtmanns
Honved. Der hochgevette Ceſar endete im ungeſchlagenen Feld. Auch
das nächſte Nennen, der Nahe=Ausgleich ſah die rheinpfälziſchen Farben
des Stalles Chriſtmann=Frankenthal mit Domino ſiegreich. Während der
Ueberraſchungsſieg von Honved vom Totaliſator mit der höchſten Quote
des Tages. 100:10. belohnt wurde, brachte der Stallgefährte Domino
als Favorit nur 15:10. Reich an Zwiſchenfällen war das Hauptereignis
des Tages, das mit über einer Milliarde foreierte Nieſe=Jagdrennen, da
Konſul wieder ausbrach, diesmal jedoch ohne ſeinen Reiter in den Waſ=
ſergraben
zu werfen. Das war ſchließlich zwar an ſich keine Ueber=
raſchung
, aber bei dem nächſten Sprung wurde Pippin reiterlos. Mit
elegantem Sprung refüſierte ſie vor Fliegender Aar, der vom Start an die
Führung hatte. Fliegender Aar, der eine Kanüle trägt, gewann leicht
mit =weieinhalb Längen. Die größte Ueberraſchung des Tages für nicht
eingeweihte war der Sieg von Sachsnot im Moſelrennen, der die Füh=
rung
übernahm. Auch das letzte Rennen, das Kinzig=Rennen, endete mit
einem Sieg des Rheinpfälzer Stalles Meier=Frankenthal, deſſen Vertreter
Diana zwei Erfolge des Tages brachte. Die Einzelergebniſſe ſind fol=
gende
:
1. Zweijährigen=Preis. 10 000 Mark, 1200 Meter: 1. Ullmanns
Täbris (A. Seiffert); 2. Aida, 3. Seeit; ferner liefen: Eſtino, Roſenlee,
Martini, Wildfeder, Stau. fa. Tot.: 16:10, Platz: 11,13,13:16.
Neckarausgleich, 8000 Mk., 2000 Meter: 1. Major Krauſes Roſario
(Pfeiffer); 2. Naive, 3. Kirſchbach; ferner: Karl Manczy, Manrieo,
Karl Reis=Jagdrennen, Ehrenpreis und 80 000 Mark, 3000 Meter:
1. Stall Chriſtmanns Honved (Sanders): 2. Rübezahl; ferner Ceſar,
Bella Donna 2. Balti. Tot.: 100:10. Platz: 34,18:10.
Naheausgleich, 8000 Mk., 1600 Meter: 1. Domino (W. Milpener);
2. Meerweibchen; 3, Sternfels. Tot. :40:10. Platz: 13:10.,
Jagdrennenausgleich, 1700 Mk., 4200 Meter: 1. Fliegender. Aar
(Michgelis); 2. Orne; ferner: Conſul (ausgebrochen). 78:10. Platz:
20,12:10.
Rrxapreis, Ehrenpreis 15 000 Mk. 2400 Meter: 1. Juli s Meie
Jahn (Hecker);, 2. Felſenrieſe; 3. Blau und weiß; ferner Struma, Me=
tis
, Kofel. Tot.: 23:10. Platz: 16.21:10.
Mofelrennen, 8000 Mk., 1600 Meter: 1. R. Henrikes Sachsnot
(Horwan); 2. Hexenmeiſter; ferner Perpetua, Langguſte, Eil Tot.:
28:10. Platz: 14,14:10.
Kinzigrennen, 8000 Mk., 1450 Meter: 1. J. Mahers Diana (Göbel);
2. Trapper; 3. Dora; ferner liefen: Superba, Sambur, St. Linco;
Tot.: 24:10 Platz 13,13:10.
Marktaraf, Alarich. Tot. 30:10. Platz: 11,11:10.
Berlin=Grunewald.
1. Rennen: Okzidentrennen, 13000 Mk. 1600 Meter:
3. Ausleſe. Ferner liefen: Anita 2, Totaliſator: 34:10, Platz: 10.17:10.
Deutſches Saint=Leger, 80 000 Mark, 2800 Meter: 1. A. und C.
Weinbergs Ganelon, 2. Eigilbert, 3. Conſtanza; ferner: Bajuware,
Fallada. Totaliſator: 12:10. Platz: 112.16:10. 2½ Längen, Kopf
Saphirrennen, 8000 Mark, 1200 Meter: 1. Stall Oppenheims Mon=
faleone
, 2. Palamedes, 3. Heldraſtein. Ferner: Quarta, Patroklus.
Totaliſator 52:10, Platz: 17 13:10.
Weil=Ausgleich, 13 000 Mark, 2400 Meter: 1. Sklareks Milane,
2. Anakreon, 3. Perikles; ferner: Claudius, Nothung, Feligoff. Tota=
liſator
: 105:10, Platz: 31.40 %:10.

Radfahren.

Hannover. Dreierkampf: 1. Gottfried, 18 Punkte, 2. Oſter=
meher
, 9 P., 3. Brehmer, 5 P.
Chemnitz Großer Preis des Erzgebirges: 1. Jung=
hans
, 98,980 Km., 2. Müller=Köln, 91,529, 3. Sturm, 4. Ebert.
Braunſchweig: Niederſachſenpreis, 180 Alm.: Start und
Ziel in Braunſchweig. 1. Croll=Berlin, 5,36, 2. Rodis=Leipzig (Eine
Länge zurück), 3. Nebe, 5,37.
Sportliche Bücherſchau.
* Carl J. Luther: Schneelauf=Ausbildung. Be= g=
verlag
München 1923. Grundpreis 60 Mark). Der
Winterſport iſt nicht mehr Vorrecht einzelner Bevorzugter, er hat ſich
auch in Mitteldeutſchland zu einem Bedürfnis für viele entwickelt. Wen
einmal die ſchmalen Bretter durch raureif verhangenen Tannenwald ge=
tragen
haben, wer die zarten Farbtöne winterlicher Gebirgslandſchaft
empfinden durſte, der iſt dem Skiſport rettungslos verfallen. Schnee
und Kälte, der Schrecken des Stubenhockers, ſind ihm Lebenselement, in
friſchklarer Gebirgsluft ſucht und findet er Kraft und Erholung vom
Grau des Alltags. Das vorliegende Heft, vom Jugend= und Sport=
ausſchuß
des deutſchen Skiverbandes herausgegeben, führt den Unter=
titel
: Lehrplan für Trockenunterricht und Geländekurs. Er wendet ſich
im Gegenſatz zu allen bisherigen Lehrbüchern auch an den Kursleiter
und Schneelauflehrer. Wir wünſchen dem Buch, deſſen Aufbau uns ſehr
zweckmäßig erſcheint, eine eifrige Benutzung, da es gewiß dazu beitragen
wird, den Anfänger in kurzer Zeit beſſere Durchſchnittsleiſtungen er=
Dr. D.
zielen zu laſſen.

[ ][  ]

Seite 6.

Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 12. September 1923.

Nummer 257.

Landwirtſchaft, Sartenbau, Kleintierzucht

Das Umperedeln der Steinobſtbäume
kann bis. Ende September noch durch Okulation geſchehen, aller=
dings
nur auf vorjährige Triebe, bei alten Bäumen. Jedenfalls
liefert aber dieſe Veredlungsart ſichere Ergebniſſe, denn es laſſen
ſich mehrere Augen auf einen Trieb ſetzen, wodurch gleich im
vorhinein die Neubildung mehrerer Triebe zwecks Entwicklung
einer Krone vorhanden iſt. Um das Austreiben der Augen zu
verhindern, wodurch die Veredelung gefährdet wird, weil ſie im
Winter leicht erfriert, iſt es ratſam, nicht vor Auguſt zu veredeln.
Dann bleibt das Auge im Ruhezuſtand und kommt erſt im nächſten
Jahre zum Austrieb. Sicheres Gelingen der Veredlung iſt nur
durch die Verwendung gut ausgereifter Augen gewährt. Bei
Pfirſichen und Aprikoſen iſt zu beachten, daß die Sonne einwirken
muß, ſoll das Auge anwachſen. Die Veredlungsſtelle muß deshalb
frei liegen. Um der Okuliermade vorzubeugen, iſt das Anſtrei=
chen
der Veredlungsſtelle mit Baumwachs anzuraten. Das Auge
ſoll ohne ſtarken Holzſchild geſchnitten werden, weil ſonſt das An=
wachſen
erſchwert wird.
Auch Birn= und Apfelbäume können durch Okulation, am
Wurzelhals bei Sämlingen und in Kronenhöhe bei jungen Hoch=
ſtämmen
veredelt werden.
Zum Erſatz des Fruchtholzes.
Sind an Spalierbäumen durch einen zu langen Schnitt einige
Augen nicht ausgetrieben oder von Inſekten zerſtört, ſo kann
man noch im September Fruchtholz einſetzen. Wählt man dazu
Quirlholz, das mit Blütenknoſpen beſetzt iſt, ſo erntet man im
nächſten Jahr ſchon einige Früchte daran. Beim Schneiden des
Fruchtholzes muß man die Blätter ſofort beſeitigen. Der einzu=
ſetzende
Trieb wird mit einem Kopulierſchnitt verſehen, dann löſt
man die Ninde an der Seite der kahlen Stelle, ſchiebt das Frucht=
holz
ein, derbindet gut mit Baſt und verſtreicht die Wunde ſo, daß
keine Luft zu der Schnittfläche gelangen kann. Sind die Aeſte,
welche die kahlen Stellen aufweiſen, ſchon ſtark, und iſt die Rinde
etwas dick, dann muß man über dem Querſchnitt ein wenig Rinde
ſchräg abſchneiden, damit der Kopulierſchnitt ganz feſt auf dem
Holz aufliegt. Das Stückchen Rinde, welches man abſchneidet,
gibt nur eine kleine Wunde, die bald wieder zugeheilt iſt. Das
Einſetzen von Fruchtholz darf man aber nicht übertreiben, ſon=
dern
muß es auſ mehrere Jahre verteilen; wenn man nämlich
den kahlen Aeſten zu viele Wunden zufügt, ſo wächſt oft kein
F.
Reis an.
Schwarzwurzeln
werden bei zweijähriger Kultur im September geſät. Der An=
bau
geſchieht reihenweiſe bei 30 Zentimeter Reihenabſtand. Die zu
dicht aufgehenden Sämlinge ſind ſpäter auf 15 Zentimeter Entfer=
nung
auszuziehen, damit die ſtehenbleibenden ſich gut entwickeln
und ſich reichlich ernähren können, um möglichſt ſtark in den Win=
ter
zu kommen. Die Beete werden dann mit Kompoſt oder kur=
zem
Dünger überſtreut, damit die Pflanzen nicht durch Rauh=
fröſte
in ſchnceloſen Wintern zu leiden haben. Die weitere Pflege
im folgenden Jahr beſteht im fleißigen Behacken und Jäten der
Becte während des Sommers. Die Ernte findet im Herbſt ſtatt,
wenn man nicht vorzieht, die Wurzeln in der Erde zu laſſen und
nach Bedarf herauszunehmen, weil ſie ſich auf dieſe Weiſe beſſer
halten. Eine Hauptbedingung für die Kultur iſt tiefgegrabener,
lockerer Yoden, am beſten in alter Dungkraft oder mit verrottetem
Miſt oder Kompoſt gedüngt. Geeignete Sorten ſind außer der
gewöhnlichen Art die Ruſſiſche Rieſen= und Vulkanſchwarzwurzel.
Sie werden auch einjährig, und zwar im zeitigen Frühjahr ge=
K. B.
baut.
Entenmaſt.
Von F. Albrecht.
Zur Maſt verwendet man faſt ausſchließlich nur junge Enten,
und zwar werden die meiſten Enten im Alter von 10 bis 12
Wochen gemäſtet auf den Markt gebracht. Alle unſere modernen
Entenraſſen ſind zur Erzeugung derartiger Maſtjungenten ge=
eignet
, aber die Erzeugniſſe von beſonders für dieſen Zweck ge=
züchteten
Enten ſind natürlich bedeutend beſſer. Die Aylesbury=
und Duclairente geben unſtreitig die ausgezeichnetſten Maſt=
erzeugniſſe
, wenn ſie ſich auch für eine Maſſenaufzucht nicht in
der gleichen Weiſe eignen wie die amerikaniſche Pekingente. Zart=
fleiſchiger
und dabei ſchwerer iſt in dieſem Alter keine andere
Raſſe, aber die bedeutendere Fruchtbarkeit der amerikaniſchen
Pekingente, ihre Widerſtandsfähigkeit gegen Krankheiten, die ſie
gerade für die Maſſenaufzucht beſonders geeignet macht, erklären
leicht die Bevorzugung, die die amerikaniſche Pekingente in der
ganzen gebildeten Welt, ſobald Maſſenaufzucht zur Jungenten=
maſt
getrieben wird, erfährt. Die große Fruchtbarkeit dieſer Ente
verſetzt außerdem den Züchter in die Lage, zu einer Zeit Maſt=
jungenten
auf den Markt zu bringen, wenn er dafür die höchſten
Preiſe erzielt. Aber auch die leichteren Entenraſſen, z. B. die
Laufente, eignen ſich für dieſen Zweck, da die noch weit größere
Fruchtbarkeit der Laufente dem Mäſter eine Erzeugung von Maſt=
jungenten
das ganze Jahr hindurch ermöglicht. Allerdings ſind
derartige Maſtjungenten klein, aber trotzdeſſen oder vielleicht ge=
rade
dehalb finden ſie in unſeren deutſchen Verhältniſſen glatte=
ren
Abſatz als die Produkte der vorgenannten ſchwereren Raſſen.
Die erſte Aufzucht von Maſtjungenten gleicht bis zur fünften
Woche derjenigen der für Zuchtzwecke beſtimmten Kücken. Von
dieſer Zeit an reicht man ihnen dann Maſtfutter und hält die
Tiere, wenn größere Mengen in Frage kommen, bis zu 50 Stück
in Stallungen, die nur mit kleinen Ausläufen und einer kleinen
Badegelegenheit verſehen ſind, oder noch beſſer einem kleineren
abgegrenzten Teil vom fließenden Waſſer, damit das Gefieder
der Enten ſauber bleibt. Bis zum Alter von 10 bis 14 Wochen,
alſo bis zur beendeten Maſt bleiben die Tiere in dieſen Maſt=
ſchuppen
.
Vor dem Schlachten werden die Enten unterſucht, ob ein
voller Bruſtfleiſchanſatz vorhanden iſt, ob der Muskel nach dem
Schultergelenk zu nicht mehr auffallend rot durch die Haut ſchim=
mert
, was als Zeichen für eine ſchlechte Maſt gilt und ob das Ge=
ſieder
entſprechend entwickelt iſt. Zu dieſem Zweck hebt man den
Flügel ab und kontrolliert die Federbildung vom Flügelanſatz
nach dem Bruſtknochen und nach dem Rücken zu. Hier iſt die Ente
weniger befiedert, und gerade hier bilden ſich die Federn bei
jedem Federwechſel am ſpäteſten aus. Sind die Federn vollſtändig
ausgebildet, d. h. ſtecken ſie nicht mehr in einer Hülſe, die oft nur
an der Stelle zu ſehen iſt, wo die Feder an der Haut anſetzt, ſind
die Tiere ſchlachtreif. Der Laie muß verſuchen, in Bezug auf die
Federbildung ſich ein genaues Urteil zu bilden, wenn es in der
erſten Zeit auch ſchwierig erſcheinen mag; denn nichts macht eine
Maſtjungente minderwertiger, als wenn nach dem Schlachten mit
großer Mühe die halbausgebirdeten Federn entfernt werden
müſſen, was zuweilen nicht einmal möglich iſt, ſo daß das Er=
zeugnis
unanſehnlich wird. Dunkle oder wildfarbige Tiere mit
ſolchen Kielen überſät, ſind als gutes Erzeugnis nicht verkäuflich.
Die Tiere werden in den Maſtſtällen täglich drei= bis viermal
gefüttert, wobei ihnen ſoviel Futter gereicht wird, als ſie gierig
aufnehmen. Die Kröpfe müſſen nach jeder Fütterung gut gefüllt
ſein, was man durch Anfühlen feſtſtellen kann. Um Zeit zu ſparen,
gewöhne man ſich an, dieſes Taſten durch den Geſichtsſinn zu er=
ſetzen
, das iſt durchaus nicht ſo ſchwer, wie es den Anſchein hat.
Als Maſtfuttermittel werden Getreideſchrote verwendet, zu=
mal
Gerſten= und Haferſchrot, weniger Buchweizenſchrot, und aus
den beiden erſtgenannten Schroten, Fiſchmehl und einem Zuſatz
von Salz gebackene Brote. Die Anwendung derartiger Brote iſt
allerdings in den größeren Mäſtereien weniger verbreitet, obgleich
ſie vorzügliche Erfolge ſchafft, weil dieſes Futter leicht und ſchnell

verdaut wird. Dort finden gekochte Getreideſchrote zum aller=
größten
Teil Verwendung.
Obgleich viel darüber geſchrieben worden iſt und meiſt davon
abgeraten wird, Fiſchmehl zur Maſt zu verwenden, wird es doch
von größeren Maſtanſtalten bis eine oder einundeinehalbe Woche
vor dem Schlachten dem gekochten Getreideſchrot zugeſetzt, und
zwar mit beſtem Erfolge. Allerdings beträgt der Zuſatz nur 10
bis 15 Prozent der Geſamtfuttermenge. Zumeiſt wird nur
Waſſer zum Kochen der Getreideſchrote benutzt, obgleich die Er=
gebniſſe
bei Anwendung von Magermilch für dieſen Zweck weit
beſſer ſind. Ein leichtes Salzen des Maſtfutters iſt ſehr zu em=
pfehlen
, ebenſo die Abwechſlung mit verſchiedenen Schroten. Die
Tiere freſſen geſalzenes, abwechſlungsreiches Futter viel beſſer.
Das Brot wird in Waſſer oder beſſer Magermilch einge=
weicht
und den Enten in breiigem Zuſtande gereicht. Bis zur
Schlachtreife kann man dieſes Maſtbrot ausſchließlich und mit
gutem Erfolge anwenden.
Grit und Sand und immer friſches Waſſer ſind auch den
Maſtenten unentbehrlich. Außerdem muß man in bezug auf die
Futtertröge beobachten, daß ſie eher zu groß als zu klein ſind. Da
die Enten beim Freſſen außerordentlich viel vergeuden, iſt es
außerdem günſtig, ein Lattengitter vor den Trögen anzubringen.
Auch Grünfutter iſt zur Maſt nötig, wenigſtens ſollte man die
erſten 4 bis 5 Wochen reichlich davon verabreichen. Sowohl Fiſch=
als
auch Grünfutter verhindern das Auftreten von Rhachitis und
Beinſchwäche, aus dieſem Grund können die Enten beides ſchwer
entbehren. Derartig erkrankte Tiere ſind nur im ſeltenſten Fall
maſtfähig, aber an ihnen verdient der Mäſter nichts.
Kurz möge hier noch die Art zu mäſten Erwähnung finden,
welche in der Normandie hauptſächlich zur Anwendung kommt und
die auch den Rouenenten Weltruf verſchafft hat. Die Aufzucht
weicht etwas von der allgemein üblichen ab; darauf einzugehen,
würde aber zu weit führen. Die Tiere genießen während 6 bis
8 Monaten vollſtändig Freiheit, wie die Zuchtenten, bis kurz vor
Eintritt der Geſchlechtsreife. Dann werden ſie in kleineren Stal=
lungen
in He rden von 30 bis 60 Stück mit breiigem Teig gemäſtet.
Sehr häufig kommt die Gaveuſe (Stopfmaſchine) in Anwendung.
Auch dieſe Maſtart ſchließt Waſſer zur freien Verfügung nicht aus.
In der letzten Maſtwoche wird das Getreideſchrot oder Futter=
brot
mit Magermilch oder ſauerer Milch zubereitet. Beſondere
Mäſter für erſtklaſſige Erzeugniſſe der Rouenente ſetzen dieſem
Futterbrei noch Fett oder Ei zu. Auch die frei gemäſteten Tiere
erreichen bei dieſer Fütterungsmethode ein Gewicht, wie man es
mit keiner anderen Entenraſſe in Vereinigung mit zarteſtem
Fleiſch erzielt.
Die Maſt mit Gabeuſe iſt von kürzerer Dauer, gibt aber noch
größere Erzeugniſſe, und wie behauptet wird, noch größere Güte.
Der bekannte leichte, man mögte ſagen Hautgout des Bratens,
der nur der Rouenente als bewunderte Spezialität eigen iſt, wird
durch die monatelange Aufnahme des verſchiedenen Grünfutters,
der mancherlei Kräuter und der Kerbtiere erzeugt. Manche be=
haupten
, daß auch die Maſt großen Einfluß darauf hat, unſeres
Erachtens nach kommt dieſe aber weniger dafür in Betracht.
Wiederholt ſagten wir, daß das Fleiſch der Rouenente außer=
ordentlich
zart ſei, das aber darf nicht ſo verſtanden werden, als
ſei dieſe Zartheit derjenigen einer 12 Wochenente vergleichbar.
Der Unterſchied zwiſchen dieſen beiden Fleiſcharten iſt ungefähr
zu vergleichen mit dem, der zwiſchen Kalbfleiſch und prima ge=
mäſtetem
Ochſenfleiſch beſteht, oder für den Geflügelzüchter viel=
leicht
noch leichter verſtändlich zwiſchen Poulet und Poulard.

* Vom Ausſcheiden alter Hühner.
Die Junghühner ſind nun bald ſoweit nachgewachſen, daß ſie
unter die alten Beſtände gemiſcht werden können. Zumal die
Tiere aus den Frühbruten haben ſich während der warmen Mo=
nate
, wenn ihnen reichlich kräftiges Futter gereicht worden iſt,
gut ausgewachſen.
Mit der Einreihung des Nachwuchſes kommt nun die Zeit,
die alten Hühner nach und nach auszuſcheiden. Beim fortſchritt=
lichen
Züchter, bei welchem gute Kontrolle herrſcht und alle Tiere
nach dem Alter gut gekennzeichnet ſind, iſt dieſe Ausſcheidung ſehr
einfach und wohl kaum mit der Gefahr verbunden, daß man die
jungen Tiere ſtatt der alten ausmerzt. Unterbleibt aber die Al=
terskontrolle
, ſo kommt es gar nicht ſelten vor, daß ein Teil der
Hühner zu alt wird und Hennen bis zum 4. und 5. Lebensjahre
und noch länger durchgehalten werden. Hennen aber, die das
dritte Lebensjahr überſchritten haben, gehen faſt durchweg im Er=
trag
ſo ſtark zurück, daß der Wert der gelieferten Eier viel ge=
ringer
iſt als der Wert des von den Hennen verzehrten Futters.
Von vier= bis ſechsjährigen Hennen, wird, man bei rationeller
Fütterung kaum mehr als 50 Eier im Jahre erhalten; wenn aber
eine Henne nicht wenigſtens 90, 100 oder 120 Eier im Jahre lie=
fert
, macht ſie das Futter, wenn dieſes einigermaßen auf gute
Leiſtung zuſammengeſtellt iſt, nicht bezahlt. Befinden ſich in
einem Beſtand von 12 bis 15 Hühnern und ſolche Beſtände hat
ſchließlich jeder Kleinſiedler oder kleinſtädtiſche Hühnerhalter
5 alte Hennen, ſo können dieſe alten Tiere den ganzen Nutzen,
welche junge und gute Legerinnen bringen, wieder aufzehren.
In allen Wirtſchaften kann die Geflügelzucht bezw. die Ge=
flügelhaltung
rentabel gemacht werden, wenn man ſich die mit
geringen Koſten verbundene kleine Mühe macht, die Alterskon=
trolle
der Tiere einzuführen. Am einfachſten und ſicherſten wird
dieſe Kontrolle durch das Anlegen, von Fußringen ausgeübt.
Wenn den Hühnern freier Auslauf zur Verfügung ſteht, wie es
in vielen Wirtſchaften der Fall iſt, ſo braucht den Tieren während
der Auslaufmonate nicht viel zugefüttert, zu werden, und die
Hühnerhaltung kommt nicht ſehr teuer, weshalb ihr auch hinſicht=
lich
der wirklichen Rentabilität hier nur verhältnismäßig wenig
Wert beigelegt wird. Deſſenungeachtet iſt es aber grundfalſch,
wenn man aus dieſem Grunde die Kontrolle der Tiere reſp. die
Alterskennzeichnung unterläßt und auch die alten, für die Nutz=
leiſtung
ziemlich wertloſen Tiere im Beſtande mit fortſchleppt.
Weſentlich deutlicher tritt der Schaden, den unnütze Freſſer ver=
urſachen
, dort hervor, wo viel oder alles aus der Hand gefüttert
werden muß, und man ſollte dort auf keinen Fall verſäumen, vor
Eintritt des Winters die Ausſcheidung der über 3 Jahre alten
Hühner vorzunehmen.
Mit unbedingter Sicherheit kann dieſe Durchmuſterung nur
dort vorgenommen werden, wo die Alterskontroſe bereits einige
Jahre durchgeführt iſt; alſo alle Tiere ihre Alterszeichen tragen.
Meiſtens handelt es ſich nur um einen Verſuch, und man wird
dieſen am beſten heuer bei der Einreihung der Jungtiere in den
alten Beſtand machen. Hat man den Hennen erſt ein= bis zwei=
mal
Fußringe umgelegt, ſo wird man kaum mehr davon abgehen.

Der Haarwechſel der Kaninchen.
Zweimal im Jahre wechſeln unſere Kaninchen ihr Haarklei
gegen Ende Februar und Ende September. Dieſer Vorgang ſtell
an den tieriſchen Organismus hohe Anforderungen. Er ſoll di
Dauer von vier bis ſechs Wochen nicht überſteigen, geht er flot
von ſtatten, dann iſt er oft ſchon in drei Wochen beendet. De
Züchter hat die Pflicht, die glatte gleichmäßige Abwicklung dure
zweckmäßige reichliche Fütterung zu unterſtützen. Einſchneidend
Aenderungen in Wartung und Fütterung ſind jedoch zu vermeide
Im Herbſt handelt es ſich für das Kaninchen um die Bildun
des dichten, warmen Winterfelles, das es gegen die Witterungs
unbilden ſchützt. Das leichtere Sommerhaar wird abgeſtoßen und
durch ein neues, längeres und dichteres erſetzt; des weiteren ſorg
die Natur, da das ſogenannte Unterhaar die Unterwolle i
reichem Maße zum Vorſchein kommt. Dieſer Vorgang ſpielt ſich ur
ſo ſchneller ab, je mehr ſich die Tiere in Freiheit beſinden und den

Wetter ausgeſetzt ſind. Der Beginn des Haarwechſels meldet ſich
durch das Abſterben der Haare und Verblaſſen der Farbe an.
Schwarz und Blau geht in Roſt, Weiß in Hellgelb über, graue
Farben werden heller uſw. Um das Abſtoßen der Haare zu
fördern und die Haartätigkeit zu beleben, iſt ein wöchentliches
drei= bis viermaliges Bürſten mit einer harten Bürſte mit und
gegen den Strich notwendig. Angorakaninchen werden am beſten
beim erſten Anzeichen des Haarwechſelbeginns geſchoren. Der
ſtärkere Blutandrang nach der Haut macht die Tiere empfindlich,
ſie neigen zu Erkältungen und ſollen deshalb ſo viel wie möglich
an der friſchen reinen Luft, in entſprechenden Stallungen oder
Ausläufen gehalten und reichlich mit gutem nährſtoffreichen
Futter verſorgt werden. Beſondere Dienſte zum ſchnellen Durch=
haaren
leiſten tägliche Gaben von Oelkuchen (Lein oder Mohn),
ferner getrocknete Brenneſſelblätter, Spitz= und Breitwegerich und
Bärenklau. Bei ungenügender Fütterung oder plötzlichem Futter=
wechſel
gerät Haarwechſel und Umfärben oft ins Stocken, ſo daß
das alte Haar bis zum nächſten Haarwechſel ſtehen bleibt.
Haarende Tiere dürfen nicht zur Zucht verwandt werden,
Häſinnen dürfen auch nicht während der Tragezeit in den Haar=
wechſel
kommen. Die Jungtiere, die ſolche Mütter werfen, ſind
ſchwächlich und haaren ſich oft das ganze Jahr hindurch. Der
Haarwechſel iſt als beendet anzuſehen, wenn die Haare beim
Ueberſtreichen des Felles von ſelbſt in ihre urſprüngliche Lage
zurückfallen und keine Haare mehr ausgehen. Bemerkt ſei noch,
daß im Haarwechſel befindliche Kaninchen nicht geſchlachtet werden:
ſollen, weil unausgehaarte Felle keinen Wert haben.
Bienenwirtſchaftliche Mitteilungen.
Welche Völker zehren mehr, ſchwache oder
ſtarke? Es kommt hier hauptſächlich die Winterzehrung in
Betracht. Die Erfahrung beweiſt immer wieder, daß Schwäch=
linge
verhältnismäßig viel mehr Nahrung aufbrauchen als ſtarke
Völker. Sie müſſen bedeutend größere Anſtrengungen machen,
die winterliche Stocktemperatur auf normaler Höhe zu erhalten.
Dies kann nur auf Koſten des Heizmaterials der Zucker= oder
Honiglöſung geſchehen. Auf dieſen Umſtand iſt bei der herbſt=
lichen
Einwinterung gebührend Rückſicht zu nehmen. Schwäch=
linge
müſſen immer mehr erhalten als erſtarkte Familien.
Wer Pollenwaben für den Frühling auf=
hebt
, muß dieſe ſehr trocken bewahren. Pollen
zieht begierig Waſſer auf, ſchimmelt dann ſofort an und geht
ſpäter in Gärung über. Dann iſt er zur Bereitung des Futter=
breies
durchaus ungeeignet. Am ſicherſten auch von Mäu=
ſen
bewahren wir Pollenwaben auf, indem wir ſie frei=
ſchwebend
in einfachem Lattengeſtelle im zugigen Dachboden
aufhängen. So ſind ſie auch am ſicherſten gegen die ſo gefähr=
lichen
Wachsmotten, die den Pollen ſehr lieben, aber Zugluft
über alles verabſcheuen.
Bei der Einwinterung bzw. der Herbſtnach=
ſchau
muß den Honigkränzen über der Brut jed=
wede
Aufmerkſamkeit geſchenkt werden. Sie ſind
es, die im eigentlichen Winter zuerſt in Angriff genommen wer=
den
. Sie ſollen keinen kandierten oder ſehr zähen Honig enthal=
ten
und von entſprechender Mächtigkeit ſein. Wo etwas fehlt,
wird ſofort nachgeholfen. Ungeeigneter Honig wird ausgeſchleu=
dert
, und wenn er nicht mehr aus den Zellen zu bringen iſt,
müſſen mindeſtens zwei Waben ausgehängt und andere leere
an ihre Stelle gerückt werden. Dann wird ſofort mit Zucker=
löſung
aufgefüttert.
Bei den Vorbereitungen zur Einwinterung
muß beſonders darauf Bedacht genommen werden, daß die Völ=
ker
im Winter auch trocken ſitzen; ſonſt kommen ſie ungeheuer
geſchwächt in das Frühjahr. Völker, die zu nahe am Erdboden
ſitzen, erhalten wärmen Unterlage von Holzwolle, Moos oder
Papier, etwa 5 Zentimeter hoch. Die Abdichtung der Beuten
nach oben hin muß völlig luftdicht ſein. Kein Atom der Stock=
wärme
darf im Winter dort entweichen können. Alle nicht von
Bien beſetzten Rahmen werden aus der Beute genommen. Das
Fenſter kann belaſſen werden. Damit die Bienen nicht unmittel=
bar
am kalten Glaſe ſitzen, verbleibt eine einzige, nicht von Bie=
nen
belagerte Wabe als Schluß= oder Deckwabe am Fenſter.
Filzdecken oder Deckbrettchen? Wie würden bei=
des
für die Ueberwinterung beibehalten. Die Deckbrettchen
werden ſtets von den Bienen verkittet; ſie bilden den beſten Au=
ſchluß
für das winterliche Brutlager. Die Filzdecke oben auf
den Deckbrettchen hält dann ſehr warm. Wenn die Bienen trieb=
artig
fühlen, daß die Decke aufgelegt iſt, werden ſie zwiſchen den
Deckbrettchen einige Ritze ausbeißen, ſo daß die verbrauchte Luft
nach dem Filzkiſſen zu abgehen kann, ohne daß dabei irgend=
welche
Zugluft in der Beute entſteht. Filzdecken allein ſind ge=
fährlich
, weil ſich die Mäuſe leicht durchbeißen und dann im
Volke ſehr großen Schaden anrichten können.
Die Auffütterungdernackt bezogenen Heide=
völker
muß ſofort nach dem Eintreffen geſchehen. Jede Mi=
nute
iſt koſtbar. Wer zu lange wartet, nimmt den Bienen die
Möglichkeit, das gereichte Futter noch zu verdeckeln, wodurch
das Volk wintersüber leicht Waſſer aufnimmt, anſäuert und
von den Bienen nicht mehr genommen wird. Jedes nackt be=
zogene
Heidevolk erhält jeden Abend mindeſtens 2 Liter Zucker=
löſung
. Die Menge wird über Nacht vollſtändig aufgetragen.
Wieviel Löſung erhält ein nackt bezogenes
Heidevolk? Wenn wir annehmen, daß ein normales Volk
etwa 20 Pfund Innengut an Honig zur Ueberwinterung be=
darf
, ſo müſſen wir einem nackten Heidevolk reichlich 25 bis 30
Pfund Zuckerlöſung verabreichen. Dabei iſt Vorausſetzung, daß
dieſe Löſung im Verhältnis 1:1 hergeſtellt wird, d. h. wir nehmen
auf 1 Liter Waſſer gut 1 Kilogramm Zucker. Sehr empfehlens=
wert
wäre es, für jedes Heidevolk eine oder zwei bedeckelte
Honigwaben zurückzuſtellen, welche den Völkern dann im Früh=
jahr
eingehängt werden. Dann ſind ſie gegen jede Hungers=
not
gefeit.
Wann geſchieht die Herbſtnachſchau? Auf jeden
Fall nach der letzten nennenswerten Tracht und vor der Winter=
auffütterung
. Im Gegenſatz zur Frühjahrsſchau ſoll ſie ſich
über alle Standvölker erſtrecken. Im Herbſt müſſen geprüft
werden: Nahrungsvorräte, Weiſelrichtigkeit, Pollennahrung,
Volksſtärke, Wabenbau. Ueber den Befund wird genau Notiz
gemacht. Danach muß ſich der geſamte Betriebsplan im näch=
ſten
Frühjahr und Sommer richten.
J. W.
Ratgeber.
Anregung zu reicher Obſtbaumblüte. Unfrucht=
bare
Obſtbäume laſſen ſich zur Bildung von Blütenknoſpen
zwingen, wenn ihnen im September phosphorſäure= und kali=
haltiger
Dünger zugeführt wird. Dies geſchieht am beſten, indem
man ein Kilo 20proz. Superphosphat und einhalb Kilo 25proz.
ſchwefelſaures Kali in hundert Liter Waſſer auflöſt. Alle vier=
zehn
Tage erhalten Hochſtämme von dieſer Löſung zwanzig bis
vierzig, Formbäume zehn bis zwanzig Liter. Es werden zur
Aufnahme der Flüſſigkeit vierzig bis fünfzig Zentimeter tiefe
Bohrlöcher hergeſtellt, hauptſächlich unter der ſogenannten Kro=
nentraufe
.
Roſen, die nicht blühen. Es kommt nicht ſelten vor,
daß Roſen einen geſunden Wuchs zeigen und doch nicht blühen
oder ſchlecht entwickelte Blumen hervorbringen, obwohl die Sorte
an und für ſich zu den blühwilligen gehört. Solche Pflanzen kann
man zum Blühen zwingen, indem man ſie nach dem Blattfall im
Herbſt herausnimmt und an anderer Stelle, wenn auch ganz in
der Nähe des alten Standortes, neu pflanzt. Sofern ſich der Bo=
den
überhaupt für Roſen eignet, kann man ſicher ſein, daß die
umgepflanzten Sträucher im nächſten Jahre reich blühen.

en Ver
der Ein
ange
nungen,
1. Perſo