Darmstädter Tagblatt 1923


11. September 1923

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Heſſiſche Neueſte Nachrichten
Morgenzeitung der Landeshauptſtadt
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Nummer 251
Dienstag, den 11. September 1923
186. Jahrgang

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Deutſche Bank und Darmſtädter 8 Nationalbauk

Die Währungsreform.
Ein Währungsgeſetz in Vorbereitung.
U. Berlin, 10. Sept. Im Laufe des heutigen Tages fin=
det
eine Kabinettsſitzung ſtatt, die ſich mit der Faſſung
des neuen Währungsgeſetzes beſchäftigen wird. Wie
wir hören, ſind die Verhandlungen über den neuen Geſetzentwurf
ſo weit gediehen, daß die Vorlage im Reichsfinanzminiſterium
bereits ausgearbeitet worden iſt. Man rechnet damit, daß be=
reits
in kurzer Zeit das Geſetz in Kraft treten wird.
Die Goldnotenbank.
Berlin, 10. Sept. (Wolff.) Das Reichskabinett be=
ſchäftigte
ſich in ſeiner heutigen Sitzung mit der Währungsfrage.
Eirſtimmig wurde beſchloſſen, die Löſung dieſer Frage auf dem
Wege einer Goldnotenbank zu ſuchen, die bei voller Selbſtändig=
keit
, bei unbedingter Unabhängigkeit von den Reichsfinanzen, in
organiſcher Verbindung mit der Reichsbank ihre Tätigkeit aus=
üben
ſoll. Die Arbeiten zur Errichtung der Goldnotenbank wer=
den
ſofort in Angriff genommen werden, damit die Bank ſobald
als möglich aktiv in Tätigkeit treten kann.

Vom Tage.
Der Reichskanzler wird vorausſichtlich am Mitt=
woch
auf die letzte Rede Poincarés öffentlich antworten.
Die Hannoverſche Techniſche Meſſe findet vom 8. bis
11. September d. J. in der Ausſtellungshalle der Stadthalle und im
Zoologiſchen Garten zu Hannover ſtatt.
Die Prager internationale Muſtermeſſe wurde ge=
ſchloſſen
. Sie hatte in geſchäftlicher Hinſicht einen größeren Erfolg als
die Frühjahrsmeſſe.
Wie der Quotidien mitteilt, werden 93 000 Soldaten des
Jahrgangs 1921 die dieſer Tage zur Entlaſſung kommen
ſollten und die ſich in der Hauptſache im Ruhrgebiet befinden, über
die vorgeſchriebene Zeit hinaus im Dienſte bleiben
müſſen, da General Degoutte die Aufrechterhaltung ſeines Truppen=
beſtandes
wünſcht.
Nach einer Havasmeldung aus San Francisco ſind ſieben amerika=
niſche
Torpedobootszerſtörer, in Honde, einem Punkte nördlich von
Sancta Barbara, infolge dichten Nebels geſcheitert.
Nach einer Havasmeldung aus San Francisco ſind alle geſchei
terten amerikaniſchen Torpedobootszerſtörer voll=
kommen
verloren. Die Zahl der Toten beträgt 25.
Der amtliche Mittelkurs für den Dollar betrug am 10. September
50 700 000 Mark.
Frankfurter Oollarkurs 55361900

England erwartet wichtige Entſcheidungen.

* London, 10. Sept. (Priv.=Tel.) Die Abendblätter ver=
öffentlichen
Informationen, wonach im Zuſammenhang
mit der Ruhrfrage ſehr wichtige Entſcheidun=
gen
zu erwarten ſind. In amtlichen Londoner Kreiſen wird
die Hoffnung ausgeſprochen, daß in den nächſten Tagen nähere
Mitteilungen über den weiteren Verlauf der Dinge gemacht wer=
den
könnten. Vorläufig könne nur geſagt werden, daß ſich die
engliſche und die franzöſiſche Politik in voller Uebereinſtimmung
befinde. Zugleich veröffentlichen die Blätter ein Telegramm der
Zentral News aus Berlin, worin behauptet wird, die deutſche
Regierung habe beſchloſſen, einen Vertreter nach Paris zu ent=
ſenden
, um feſtzuſtellen, zu welchen Konzeſſionen die franzöſiſche
Regierung bereit wäre. Die Bevölkerung des beſetzten Gebietes
hätte Anweiſung erhalten, den paſſiven Widerſtand einzuſtellen.
Welche Tatſachen den Andeutungen der amtlichen Londoner
Stellen über eine Verſtändigung mit Frankreich hinſichtlich des
Ruhrkonflikts zugrundeliegen, läßt ſich vorläufig nicht feſtſtellen.
Es ſcheint jedoch, daß die Beſprechungen über eine eventuelle Be=
teiligung
Englands an der Ruhrinduſtrie erhebliche Fortſchritte
gemacht haben. Obgleich Poincaré in offizielle Verhandlungen
über dieſen Gegenſtand erſt dann eintreten will, wenn über die
geſamten Fragen eine Einigung mit London erzielt worden ſei.
Dagegen iſt hier nichts darüber bekannt, daß es gelungen wäre,
die Schwierigkeiten hinſichtlich der Regelung der Schuldenfrage
zu mildern.
In den Blättern wird damit gerechnet, daß Baldwin bei
ſeiner Rückfahrt in Paris Poincaré einen Be=
ſuch
abſtatten wird. Unmittelbar nach der Ankunft Bald=
wins
in London wird das Kabinett über die Ergebniſſe der in
den letzten Wochen gepflogenen Verhandlungen beraten, und es
iſt möglich, daß dann kurze Zeit darauf eine alliierte
Konferenz zuſammentreten wird. Eine Beſtätigung
für dieſe Meldung, die jedoch wenig Wahrſcheinlichkeit für ſich hat,
liegt bis jetzt nicht vor. Jedenfalls aber iſt zu erwarten,
daß die Verhandlungen zwiſchen den Alliierten angeſichts der
Lage in Deutſchland in den nächſten Tagen eine entſchiedene
Wendung nehmen wird. Es verſteht ſich von ſelbſt, daß die Stel=
lung
der engliſchen Regierung gegenüber Frankreich bei dieſen
Verhandlungen infolge der eingetretenen Spannung mit Italien
ſchwieriger ſein wird, als ſie bisher ſchon geweſen iſt. Die letzte
Rede Poincarés wird denn auch nur allgemein dahin beurteilt,
daß ſie womöglich noch weniger Nachgiebigkeit erkennen läßt, als
die früheren Reden.
Der Standard ſchreibt, Poincaré zeige auch nicht die ge=
ringſten
Anzeichen, von dem Standpunkt abzuweichen, den er im=
mer
hinſichtlich der produktiven Pfänder eingenommen hatte. Er
will an der Ruhr bleiben, komme was da wolle, militäriſch oder
wirtſchaftlich.
Engliſche Vermutungen.
London, 10. Sept. (Wolff.) Der Berliner Berichterſtatter
der Morning Poſt ſchreibt: Obwohl alle in Betracht kommenden
Stellen erkennen, daß die Finanzen nicht wiederhergeſtellt wer=
den
können, ſo lange große Summen ſür die Aufrechterhaltung
des paſſiven Widerſtandes im Ruhrgebiet benötigt werden, ſo ſei
man doch entſchloſſen, nicht bedingungslos zu kapitu=
lieren
, da die Ueberzeugung herrſche, daß eine derartige
Kapitulation den wirtſchaftlichen und politiſchen Ruin für
Deutſchland bedeuten würde. Angeſichts der Tatſache, daß dieſe
Erwägungen der Oeffentlichkeit unterbreitet werden, ſowie daß
der Nation gezeigt werde, daß ihre Finanzen nicht in Ordnung
gebracht werden können, bis das Ruhrgebiet ſich wieder in deut=
ſchen
Händen befinde und Eiſenbahnen und Poſt ſich rentieren,
könne angenommen werden, daß ſich der Wegfür Verhand=
lungen
eröffne.

Gerüchte.
* Paris, 10. Sept. (Priv.=Tel.) Die Abendblätter, mit
Ausnahme der offiziellen Organe, ſind voller Meldungen über
Schritte, die die deutſche Regierung indirekt bei dem Pariſer
Kabinett undernommen habe, und über Beſprechungen, die der
franzöſiſche Botſchafter in Berlin in der Wilhelmſtraße geführt
haben ſoll. Auf Befragen am Quai d’Orſay wurde mitgeteilt,
Ddaß die deutſche Regierung bisher keine Eröffnungen gemacht
habe und daß der franzöſiſche Geſchäftsträger ſich mit der Reichs=
Tegierung nicht ins Benehmen geſetzt habe,

Paris dementiert.

* Paris, 10. Sept. (Priv.=Tel.) In hieſigen politiſchen
Kreiſen wollen die Gerüchte nicht verſtummen, daß Deutſchland
auf irgend eine Weiſe verſuchen wolle, durch direkte Verhandlun=
gen
mit Frankreich zu einer Einigung zu gelangen. Beſonders
unterſtrichen wird die Meldung eines engliſchen Blattes, wonach
dem franzöſiſchen Botſchafter in Berlin ſeitens der deutſchen
Regierung Vorſchläge gemacht worden ſeien. Am Quai dOrſay
will man hiervon offiziell nichts wiſſen, aber man weiſt darauf
hin, daß alles darauf ſchließen laſſe, daß entſcheidende Schritte
unmittelbar bevorſtänden und daß der Kampf im Ruhrgebiet
ſeinem Ende zuginge. Zu der ebenfalls aus engliſcher Quelle
ſtammenden Meldung, die deutſche Regierung beabſichtige, einen
Vertreter nach Paris zu entſenden, um hier zu ſondieren, wird
an hieſiger zuſtändiger Stelle erklärt, daß hiervon nicht das
mindeſte bekannt ſei.
Lord Cecil bei Baldwin.
TU. Paris 10. Sept. Lord Cecil weilte am Sonntag
bei Baldwin in Aix les Baines. Die beiden Staatsmänner ver=
handelten
über die durch den italieniſch=griechiſchen Konflikt ge=
ſchaffene
Lage und die Erfolge der gemeinſamen Bemühungen
des Botſchafterrats und des Völkerbundes. Insbeſondere unter=
hielten
ſich beide über die Frage, ob die Debatte über die Zuſtän=
digkeit
des Völkerbundes der italieniſchen Regierung opportun ſei
oder nicht.
Muſſolini nimmt an.
Paris, 10. Sept. (Wolff.) Nach einer Havasmeldung aus
Rom hat Muſſolini dem italieniſchen Botſchafter in Paris
folgendes Telegramm übermittelt, damit er es der Botſchafter=
konferenz
zuſtellt: Ich bitte Sie, der Botſchafterkonferenz mitzu=
teilen
, daß die königliche Regierung von der Note Kenntnis ge=
nommen
hat, die die Konferenz an Griechenland gerichtet, und
daß ſie dieſelbe angenommen hat, indem ſie von neuem ihre
früheren Erklärungen beſtätigt, nämlich, daß ſie Korfu und die
benachbarten Inſeln räumen wird, ſobald Griechenland alle ver=
langten
Reparationen voll und endgültig zur Ausführung ge=
bracht
hat,
Ein neuer Zwiſchenfall.
Nom, 10. Spt. (Wolff.) Stefani meldet aus Italien: Der
italieniſche Militärattachee Peronne befand ſich mit demitalieniſchen
Marinattachee Matteucci und dem Oberſten Gandina in Zivil
in einem Gaſthof, als er hörte, wie in einer benachbarten Geſell=
ſchaft
beleidigende Aeußerungen über Italien fielen. Peronne
ſtellte den Sprecher zur Rede. Dieſer beſaß die Anmaßung, ſeine
beleidigenden Aeußerungen aufrecht zu erhalten, worauf ihn der
Major ohrfeigte. Der Beleidiger ſuchte wieder zu ſchlagen, wurde
aber von dem Marineattachee, der ihn mit ſeinem Stock ſchlug,
daran gehindert. Die anderen Perſonen, die zur Geſellſchaft des
Sprechers gehörten, verhielten ſich korrekt und bedauerten die
Aeußerungen des Sprechers. Die italieniſchen Offiziere verließen
darauf den Gaſthof. Der italieniſche Geſandte beſchwerte ſich beim
Außenminiſter wegen des herausfordernden Verhaltens griechi=
ſcher
Staatsangehöriger gegen Angehörige der auswärtigen Miſ=
ion
. Der Miniſter ſprach ſein lebhaftes Bedauern über den Zwi=
ſchenfall
aus.
Eine neue Partei in Italien.
TU. Rom, 10. Sept. Die Muſſolini naheſtehenden Blätter
weiſen übereinſtimmend darauf hin, daß Muſſolini die Beſetzung
von Korfu ohne Mitwirkung des Parlaments durchgeführt habe.
Sie machen Andeutungen, daß der Parlamentsausſchuß für
Auswärtige Angelegenheiten ohne weiteres ſeine. Zuſtimmung
nachträglich erteilt habe. Gleichzeitig wird die Bildung einer
rechtsſozialſtiſchen Gruppe gemeldet, die ſich die Rone nennt,
und die für Verbindung faſziſtiſcher und ſozialiſtſcher Grundſätze
tätig ſein will. In einer Ausſchußſitzung der Gruppe, die geſtern
ſtattfand, wurde die Einberufung eines Kongreſſes nach Rom ge=
fordert
. Die Gruppe will vor allem gegen die Sozialiſten anderer
Länder, die die Regierung Italiens des Imperialismus beſchul=
digen
, auſtreten. Muſſolini, dem von der geſtrigen Tagung eine
Mitteilung zuging, hat erklärt, er ſei von der Neubildung begei=
ſtert
. Er ſagte, endlich gibt es in Italien Sozialiſten, die nicht
mehr gewillt ſind, ſich zu Agenten des Auslandes zu machen,

Fa 4
nanonaieund internattongte Jugend.
Von
Dr. Walther Croll, Berlin.
Gotha, 9. September 1923.
Heut, ging es hier und auf den Bahnen Thüringens ſehr
lebhaft zu. Eine Reihe vaterländiſcher Organiſationen hatte für
Sonntag, den 9. September, nach Gotha zu einem Deutſchen
Tag eingeladen. Man hatte einen feierlichen Umzug und eine
große öffentliche Verſammlung auf dem Marktplatz geplant. Am
Sa astag mittag hatte die thüringiſche Landesregierung, die im
weiteren Verlauf dieſer Woche im Landtag zu Weimar um ihr
Leben kämpfen wird, plötzlich den Umzug und die Verſamm=
lung
unter freiem Himmel derboten. Die Schupo war mit zahl=
reichen
Laſtkraftwagen und ſogar mit einem Panzerauto erſchie=
nen
, um die Gefahr abzuwenden. Die thüringiſchen Kommu=
niſten
hatten den Deutſchen Tag zum Anlaß genommen, um
ihrerſeits für die Proletarierdiktatur und für ein Bündnis mit
Räterußland zu demonſtrieren. Wo immer die Organiſationen
der national und der international geſinnten deutſchen Jugend
miteinander in Berührung kamen, gab es Tätlichkeiten: in den
Straßen Gothas und vor den beiderſeitigen Hauptquartieren,
am Bahnhof, auf den Eiſenbahnhalteſtellen, auf denen die Be=
ſucher
des Deutſchen Tages und der Gegenveranſtaltung zu=
bzw
. ausſtiegen. Es gab beiderſeits eine Anzahl Verwundeter
und auf ſeiten des Jungdeutſchen Ordens einen Toten; die
Kommuniſten hatten eine kleine Gruppe von Teilnehmern des
Deutſchen Tages am Samstag abend hinterrücks überfallen
und einem jungen Burſchen mit ſchweren Knüppeln die Schädel=
decke
eingeſchlagen. Am Abend des 9. September konnte man auf
verſchiedenen Stationen der Linie GothaErfurt beobachten,
wie jugendliche kommuniſtiſche Arbeiter den in ihre Heimatorte
abrückenden Jugendbündlern mit Knüppeln nachſetzten und die
um vieles jüngeren Burſchen und Mädchen mißhandelten.
Lohnt es ſich nun überhaupt, angeſichts der furchtbaren Ge=
fahr
, welche über den Köpfen des deutſchen Volkes ſchwebt, den
Kampf, der innerhalb der deutſchen Jugend tobt, ernſt zu neh=
men
? Was ſich am Sonntag in Gotha abgeſpielt hat, iſt ſymp=
tomatiſch
für unſer ganzes Volk. In anderen Ländern hätte das
Unglück der Niederlage und der feindlichen Vernichtungspolinik
ausſchließlich den nationalen Sinn im Volke belebt; in
Deutſchland in dem Lande der Ideologien und der Fremd=
tümelei
hat ein Teil der Jugend ihre nationalen Ideale über
Bord geworfen und ſucht das Heil in der Verwirklichung grauer,
ſtarrer Theorien. Die national geſinnte deutſche Jugend ſucht
aus dem Bewußtſein der deutſchen Erniedrigung und des deut=
ſchen
Elends den Willen zu Taten und Opfern zu entzünden;
die international geſinnte Jugend begrüßt mit einer Art fana=
tiſcher
Freude den politiſchen und wirtſchaftlichen Verfall Deutſch=
lands
als eine Art Fegefeuers für das beſſere Jenſeits einer
internationalen Seligkeit. Wer es ruhig mitanſieht, wie ſich
unſere Jugend in zwei Heerlager teilt, die ſich bis aufs Blut
befehden, und wer die Möglichkeit, ſie zu gemeinſamem Kampfe
anzuſetzen, hat, ſie aber nicht ausnutzt, lädt eine ſchwere Verant=
wortung
auf ſich. Es war bisher ſchwer zu beweiſen, daß unſer
ganzes Volk von einem gemeinſamen Schickſal bedroht iſt und es
daher nur gemeinſam gerettet werden kann. Die internationaliſti=
ſchen
Schwärmer haben ihrer Gefolgſchaft eingeredet, man
brauche nur entſchloſſen in das Portemonnaie der Beſitzenden
zu greifen, um aller Miſere ein Ende zu bereiten. In dieſen
Wochen wird die Probe aufs Exempel gemacht. Es war gewiß
nicht überflüſſig, wenn den Beſitzern der Produktionsmittel zu
Gemüte geführt wurde, daß, vom nationalen Standpunkte ge=
ſehen
, der Beſitzer der induſtriellen, kommerziellen und landwirt=
ſchaftlichen
Unternehmungen in erſter Linie der ſeinem
Volke verantwortliche Sachwalter iſt. Andererſeits
aber iſt es höchſte Zeit, daß der Aberglaube an die unbegrenzte
Belaſtbarkeit der Sachwerte ausgerottet wird. Die Maſſen der
kommtniſtiſchen Arbeiterſchaft werden ſchon in den allernächſten
Wochen und Monaten am eigenen Leibe ſpüren, daß die Wirt=
ſchaft
nicht nur Lohnzahlerin, ſondern auch Er=
nährerin
des ganzen Volkes iſt. Es hat Sinn, den
Ueberverzehr einzelner Verbauchergruppen zu bekämpfen; es hat
dagegen keinen Sinn, den wirtſchaftlichen Unternehmungen die
Erträge zu ſperren und ihnen Kapital und Betriebsmittel über
ein beſtimmtes Maß hinaus fortzunehmen. Die Erfahrung, daß
die Plünderung Deutſchlands durch äusländiſche Raubvögel und
durch inländiſche Schakale und Hyänen allen Deutſchen
die Lebensnotwendigkeiten verkümmert, wird ſich ſehr bald ein=
ſtellen
. Dann gilt es, dieſe Erfahrung richtig auszumünzen. Die
heilloſe Selbſtzerfleiſchung des deutſchen Volkes, von welcher
der Kampf zwiſchen der nationalen und der internationalen Ju=
gend
nur eine beſonders draſtiſche Erſcheinungsform iſt, wird
wenn auch vielleicht erſt nach krampfhaften Zuckungen in der
furchtbar wachſenden gemeinſamen Not ihr Ende finden.

Der ſerbiſch=italieniſche Konflikt.
TC. Paris, 10. Sept. Der Daily Telegraph ſchreibt: Dem
Datum des 15. September ſieht man in griechiſchen und verbün=
deten
diplomatiſchen Kreiſen mit einigen Befürchtungen entgegen.
An dieſem Tage läuft das von Muſſolini an die ſerbiſche Regie=
rung
gerichtete Ultimatum ab. Belgrad hat dieſes Ultimatum
abgelehnt, und es hängt ſehr davon ab, ob nun Italien die in
dem Vertrag vorgeſehene Entſcheidung durch die Schweiz angr=
kennen
wird. Die ſerbiſchen Blätter ſtellen feſt, daß die italie=
niſche
Regierung die Beſetzung von Fiume im Auge habe. Es
wird behauptet, daß die militäriſchen Vorbereitungen Italiens
nach dieſer Richtung weit über die Vorbereitungen der Beſetzung
von Korfu hinausgehen. Ein überraſchendes Zuſammentreffen
iſt es, daß man in Serbien für Mitte dieſes Monats auch einen
Angriff bulgariſcher Freiſchärler erwartet.
* Paris, 10. Sept. (Priv.=Tel.) Wie man hier annimmt,
hat Poincaré Paſitſch verſprochen, daß er in Rom vermitteln
werde. Sollte dieſe Vermittelung erfolglos bleiben, ſo ſoll Süd=
ſlawien
den Schweizer Schiedsſpruch anrufen, der in der Frage
von Rapallo vorgeſehen ſei. Italien erklärt jedoch, daß es dieſen
Schiedsſpruch nicht anerkennen werde, da er für die Feſtſetzung
der Grenze nicht vorgeſehen ſei.

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Seite 2.

Darmſtädter Tagblatt, Dienstag, ben 11. September 1923.

Nummer 251.

Enthüllungen aus dem Saargebiet.
Der Konflikt in der Freien Bauernſchaft.

m. Saarbrücken 10. Sept. Wie ſchon gemeldet, iſt in
der Bauernſchaft des Saargebiets ein Konflikt ausgebrochen,
weil dem Vorſtand undeutſche Beſtrebungen zum Vorwurf ge=
macht
wurden. Dieſer Vorwurf richtete ſich beſonders gegen das
Landesratsmitglied Wagner=Picard. Der Vorſtand trat zurück,
da Wagner ſein Mandat nicht niederlegen wollte. Bei der Neu=
wahl
hat dann Wagner kein Mandat erhalten. Es müſſen alſo
ziemlich ſchwere Anſchuldigungen erhoben worden ſein, daß ſie
einen ſolchen Ausdruck in der Oeffentlichkeit finden konnten.
Von einem Vertreter der Freien Bauernſchaft wurde der Verſuch
gemacht, es ſo hinzuſtellen, als ſei an der Meldung kein wahres
Wort. Er unterließ es jedoch, eine Berichtigung an die Zeitungen
zu geben.
Vielmehr wurden in der Landeszeitung ausdrücklich die
Vorgänge als den Tatſachen entſprechend bezeichnet und darauf
hingewieſen, daß Wagner ein Vetter des durch den
Meineidsprozeß bekannt gewordenen Dr. Hec=
tor
iſt. Wagner ſei ſtets ein willfähriges Werkzeug der dunklen
Politik Hectors geweſen und habe auch in Beziehungen zu dem
aus dem Fuchs=Machaus=Prozeß ſattſam bekannten
Major Richert geſtanden. Wagner beſaß in den Bauern=
kreiſen
des Saargebiets ziemlich großen Einfluß und benutzte
dieſen dazu, um für ſeinen Vetter, deſſen Poſition ſtark gefähr=
det
war, ein Vertrauensvotum durchzuſetzen. Mit dieſem Vor=
gehen
fiel er der Einheitsfront der politiſchen Parteien gegen
Hector in den Rücken. Es ergab ſich für den Einſichtigen klar,
daß Wagner im Fahrwaſſer eines weſtlichen Kurſes ſchwamm.
Wie erinnerlich ſein dürfte, gingen Haus= und Grundbeſitzer
mit den landwirtſchaftlichen Organiſationen bei der Wahl zu=
ſammen
und ſtellten eine gemeinſchaftliche Kandidatenliſte auf,
auf der Wagner als erſter ſtand. Neuerdings rückte auch der
Haus= und Grundbeſitzerverband von ſeinem Spitzenkandidaten
ab, nachdem bereits vorher ſchon Erklärungen veröffentlicht wor=
den
waren, daß dieſe Partei mit der ſaarländiſchen Wirtſchafts=
partei
nicht das geringſte zu tun habe. Der Konflikt in der
Freien Bauernſchaft hat alſo auch im Haus= und Grundbeſitzer=
verband
eine Klärung geſchaffen, und die Abſchüttelung Wag=
ners
wird als ein Auftakt zu den kommenden Neuwahlen be=
trachtet
. Es iſt möglich, daß auch die deutſche Bauernſchaft des
Saargebietes wieder Anſchluß an die politiſchen Parteien ſuchen
und finden wird.

Die Separatiſten.

Unruhen und Zwiſchenfälle in Bonn.

TU. Paris 10. Sept. Ein Teil der Pariſer Preſſe ver=
öffentlicht
in ziemlich ſenſationeller Aufmachung Berichte über die
geſtern ſtattgefundene Verſammlung der Separatiſten. Die Zahl
der Teilnehmer wird vom Journal mit 3000, vom Echo de Paris
mit 4000 beziffert. Letzteres Blatt erklärt, daß es zwiſchen
einer Separatiſtengruppe und einer Anzahl Natio=
naliſten
zu einer heftigen Schlägerei kam, in deren
Verlauf mehrere Perſonen verletzt wurden. Die deutſche Polizei,
die den Ordnungsdienſt verſah, habe, wie das Echo de Paris be=
hauptet
, untätig beiſeite geſtanden. Die Menge legte ihr gegen=
über
eine ſehr feindſelige Haltung an den Tag. Zur Verſtärkung
herbeigeholte Beamte wurden von der Volksmenge mit Zwiſchenru=
fen
und Johlen empfangen. Die Beamten wagten nicht einzu=
greifen
. Es ſei unverſtändlich, bemerkt der Korreſpondent des
Blattes, wie der Bonner Polizeipräſident es ſich herausnehmen
konnte, in einem der franzöſiſchen Behörde an demſelben Tage zu=
geftellten
Bericht die Behauptung zu wagen, daß die Separatiſten
an den Unruhen Schuld ſeien, und dieſe eine Anzahl Männer
mit vorgehaltenen Revolvern bedroht hätten.
Zum Schluß der Rede des ſeparatiſtiſchen Parteiſekretärs
Sturm ereigneten ſich neue Unruhen, in deren Verlauf ein
franzöſiſcher Sicherheitsinſpektor am Kopf
verletzt wurde; ein anderer franzöſiſcher Inſpektor, der mit
Stockſchlägen traktiert wurde, habe nur leichte Verletzungen er=
litten
. Im ganzen ſeien 25 Perſonen verwundet und
12 feſtgenommen worden. Es iſt ganz auffallend, daß der
Korreſpondent des Echo de Paris mit keinem Wort die Anweſen=
heit
des franzöſiſchen Sicherheitsaufgebots erwähnt, während der
Berichterſtatter des Journal zugibt, daß die franzöſiſche Be=
ſatzungsbehörde
ſchon zu Beginn der Verſammlung eine be=
trächtliche
Truppenmenge in der Nähe des Verſammlungsortes
zuſammenzog und auch Tanks auffahren ließ.

Gebt zum Deutſchen Volksopfer!

Das Deutſche Volksopfer iſt die Empfangsſtelle von Gegen=
gaben
als
Opfer für Opfer,
die uns von unſeren eigenen Volksgenoſſen gebracht werden. Wir
entledigen uns durch Spenden zum Deutſchen Volksopfer nur
eines geringen Teils der tiefen Dankesſchuld, die wir den Kämp=
fern
an Rhein und Nuhr abzutragen haben, die inmitten von
Verfolgung und Demütigung, von Mißhandlung und Leiden zäh
und ſtarr um Deutſchlands Ehre ringen.
Gebt zum Deutſchen Volksopfer! iſt daher für jeden Deut=
ſchen
eigentlich eine beſchämende Mahnung. Die Ergebniſſe der
Sammlung zeigen denn auch, daß der ſpontane Opferwille für die
Bedrückten an Ruhr und Rhein eine

Rieſenſchäden in Japan.
Wiederaufbau der zerſtörten Gebiete.

TU. Paris, 10. Sept. Wie aus Nagaſaki amtlich gemeldet
wird, beziffert ſich bis jetzt die Zahl der Toten auf 1350 000.
Die Zahl der zerſtörten Häuſer beträgt 316 000.
TU. Pgris 10. Sept. Aus Oſaka wird gemeldet: Die ja=
paniſche
Regierung hat geſtern in einer Kabinettsſitzung beſchloſ=
ſen
, 350 Millionen Yen für den Wiederaufbau der Wohnhäuſer
in den zerſtörten Gebieten zur Verfügung zu ſtellen. Man hofft,
mit dieſer Summe die notwendigſten Ausgaben beſtreiten zu
können.

vaterländiſche Angelegenheit

geworden iſt, der ſich alle Kreiſe unſeres Volkes ohne Unterſchied
angeſchloſſen haben und noch anſchließen. Aber wir dürfen nicht
nachlaſſen. Wir dürfen nicht glauben, mit einem dankbaren Ge=
denken
und mit einer Spende für die Helden in den beſetzten Ge=
bieten
unſere Pflicht erledigt zu haben. Die Männer, Frauen
und Kinder im beſetzten Rheinland, Heſſen, Baden, in der Pfalz
und in Weſtfalen opfern ſeit Jahren und Monaten täglich, ſtünd=
lich
unter den grauſcmſten Erlebniſſen und Verhältniſſen.
Es iſt nicht wahr, daß das Deutſche Volksopfer ſeinen hohen
Zweck, im Dienſte der notleidenden Brüder an Ruhr und Rhein
zu wirken, nicht erfülle. In zahlreichen amtlichen und privaten
Berichten, die dauernd bei der Reichsgeſchäftsſtelle des Deutſchen
Volksopfers, bei dem preußiſchen Miniſter für Volkswohlfahrt
und anderen amtlichen Stellen eingehen, wird die

Wirkung des Deutſchen Volksopfers

in den beſetzten Gebieten voll anerkannt. Wenn gelegentlich un=
verantwortliche
Kräfte das Vertrauen zu dieſem ſozial und natio=
nal
gleichbedeutenden Hilfswerke zu untergraben ſuchen, ſo kann
nur angenommen werden, daß hier vom feindlichen Auslande
her eine Verdächtigungspropaganda mitſpielt, die unſere Volks=
ſtimmung
zum Schaden unſerer geſchloſſenen Abwehr zerſetzen
und die freudige Teilnahme unſerer Volksgemeinſchaft und be=
ſonders
auch des Auslandes am Deutſchen Volksopfer hinter=
treiben
will.
Das beſte Zeugnis für die Wirkung des Deutſchen Volks=
opfers
in den beſetzten Gebieten iſt, daß die Franzoſen ſeine
Hilfsleiſtungen eiferſüchtig verfolgen. Sie ſelber machen alle An=
ſtrengungen
, die geknechtete Bevölkerung durch einzelne Maß=
nahmen
ſozialer Fürſorge zu gewinnen. Da iſt ihnen die

großangelegte Fürſorge,

die das Deutſche Volksopfer durch die geſchulten und geübten
Wohlfahrtsämter und die bewährten freien Wohlfahrtsorganiſa=
tionen
den Hilfsbedürftigen an Ruhr und Rhein angedeihen läßt
im höchſten Maße unangenehm. Es ſtört ihre Propaganda, mit
der ſie die Bevölkerung für das Frankreich der Menſchenliebe‟
einfangen wollen.
Die reichlich ausgeſchütteten Spenden aus dem Deutſchen
Volksopfer haben den Franzoſen bisher einen dicken Strich durch
ihre Rechnung gemacht. Neben dem Elend und der Not, die ge=
lindert
werden, bleiben die Gemüter und die Herzen ſtark, weil
ſie fühlen, daß Deutſchland hinter ihnen ſteht, für das ſie dulden
und kämpfen.
Darum laßt nicht nach am Deutſchen Volksopfer!

Kartoffelſendungen fürs Ruhrgebiet.

Deutſche Geiſeln auf Regiezügen.

EU. Sterkrade 10. Sept. Für die Stadt Strekrade wur=
den
33 Geiſeln namhaft gemacht, die auf den Regiezügen mit=
jahren
müſſen. Wie wenig ſorgfältig bei der Aufſtellung der
Ziſten verfahren wird, geht daraus hervor, daß zwei Einwohner
Kamhaft gemacht wurden, die bereits vor Jahren geſtorben ſind.

Berlin, 10. Sept. (Wolff.)) Kartoffelſendungen
und ſonſtige Lebensmittel können nach allen Eiſenbahn=
ſtationen
des beſetzten Gebietes, auch den nicht mehr in
deutſchem Betrieb befindlichen, aufgegeben werden, da für den
Abtransport von den Randbahnhöfen geſorgt iſt. Zwechmäßig
benutzen größere Verfrachter für Kartoffelſendungen nach dem
Rheingebiet ſowie den am Dortmund=Ems=Kanal gelegenen
Stationen zur Entlaſtung der Eiſenbahn den Waſſerweg. Der
Rhein=Herne=Kanal iſt für den deutſchen Verkehr nicht benutzbar.

Eiſenbahnunglück auf der Regie=Bahn.

FU. Koblenz, 10. Sept. Auf der Regiebahn ereignete ſich
am Samstag abend ein ſchweres Eiſenbahnunglück.
20 Wagen eines Güterzuges riſſen ſich bei der Station Witterich
aus einem Zuge los und rollten mit großer Geſchwindigkeit zum
Bahnhof Duisburg, wo ſie auffuhren und zerſchellten. Der Platz
wurde durch farbige Truppen abgeſperrt. Die Zahl der Toten
und Verwundeten konnte nicht feſtgeſtellt werden.

Der veränderte heilige Berg.

TU. London, 10. Sept. In Japan iſt man außerordent=
lich
beunruhigt darüber, daß der berühmte heilige Berg des
Landes, der Vulkan Fujiyama, der ſeit dem Erdbeben in einem
Wolkenmeer verſchwunden war, jetzt in völlig veränderter Geſtalt
wieder ſichtbar wurde. Dieſe Tatſache, ſowie das Verſchwinden
und jetzige Wiederauftauchen einer Inſel in der Nähe von Yoko=
hama
laſſen darauf ſchließen, daß die Neubildung der Erdober=
fläche
an der japaniſchen Küſte noch nicht beendet iſt. Der Vulkan
auf dem Fujiyawa beſindet ſich in lebhafter Tätigkeit.

Neue Erdſtöße.

FU. London, 10. Sept. Nach einer Tokioer Meldung über
Neu=York iſt der Vulkan der im Meere verſunkenen Inſel
Oſhima wieder in die Höhe gekommen und in Tätigkeit getreten.
Am Freitag, faſt zu derſelben Zeit wie in der Vorwoche, wurden
in Tokio neue ſchwere Erdſtöße verſpürt.

Seuchenbekämpfung.

TU. Paris, 10. Sept. Die franzöſiſche Regierung hat den
Gouverneur von Indochina angewieſen, ſofort ſämtliche Vorräte
an Serum, an Anti=Cholera und an Anti=Dysenterie ſowie
Impfmaterialien nach Japan zu entſenden, wo insbeſondere in
Yokohama Seuchen ausgebrochen ſind.

Schießereien.

Das Fiasko von Genf.

* Der Fall Jaup‟

Ein Kulturbild aus den Tagen des Miniſters v. Moſer.
Von Wilhelm Müller in Darmſtadt.

Miniſter v. Moſerwar ein Mann, der es mit ſeinen Amts=
pflichten
genau nahm und überall da, wo er Mißſtände antraf,
mit ſicherer und feſter Hand verbeſſernd zugriff. Wohl kein heſ=
ſiſcher
Miniſter hatte ſo viel Reformpläne, keiner war von einem
ſolchen Eifer, das Beſte fürs Land zu erreichen, erfüllt, wie er.
Das zeigt ſich auf den mannigfaltigſten Gebieten, die ihm als
leitenden Miniſter des landgräflich heſſiſchen Staatsweſens
unterſtellt waren, im Großen wie im Kleinen. Bei all dieſen Re=
formen
ging er von dem zwar ſelbſtverſtändlichen, aber leider
ſehr häufig vergeſſenen Grundſatz aus, daß die Staatsmaſchine=
rie
nur dann richtig funktioniert, wenn ſie von einem Stabe tüch=
tiger
und in ihrem Handel und Wandel einwandfreier Beamten
in Gang gehalten wird.
Wie der Miniſter im Blick auf das Staatsganze reformierend
vorging, hat er auch in Einzelfällen energiſch zugegriffen, wenn
er ſah, daß Verbeſſerungen am Platze waren. Ein charakteriſti=
ſches
Beiſpiel bietet der Fall des Hofpredigers Jaup, mit dem
ſich die folgenden Zeilen befaſſen ſollen.
Georg Daniel Jaup, geboren in Darmſtadt als
Sohn des Regiſtrators Johann Bathaſar Jaup, hatte ſeit 1735
in Gießen Theologie ſtudiert, war 1743 bis 1749 Feldprediger in
den Niederlanden und im letztgenannten Jahre Hofdiakonus,
ſpäter aber Hofprediger an der Schloßkirche zu Darwſtadt ge=
worden
. Was Jaup als Geiſtlicher und Seelſorger geleiſtet hat,
ſcheidet bei der folgenden Betrachtung aus. Wir werden uns
vielmehr nur mit der äußeren Seite ſeiner Lebensführung be=
faſſen
, die freilich nicht ſo geweſen zu ſein ſcheint, wie man es
von einem landgräflich heſſen=darmſtädtiſchen Hofprediger hätte
erwarten dürfen. Jaup war nämlich, wie die Akten ergeben, ein
ſehr ſchlechter Wirtſchafter und, was eigentlich noch ſchlimmer
iſt, dem Trunk ergeben. Daß dies keine einſeitige Behauptung
ſeiner Gegner iſt, geht aus Jaups eigenem Bekenntnis hervor,
wenn er einmal ſagt: Wann jemahlen ein Menſch bey der aller=
treuſten
Verwaltung ſeiner Aemter und Bedienungen durch aller=
lei
unvorhergeſehene Zufälle in ſeinen häuslichen Um=
ſtänden
derangiert worden, ſo kann ich meine Perſon
zum Beiſpiel darſtellen (1764).
Als Urſache dieſes Unglücks gibt er an, daß er ſich 1749 mit
der einzigen Tochter des Kriegskommiſſars Mattern in ein
eheliches Verlöbnis eingelaſſen habe. Statt daß ihm aber dieſes

Verhältnis Lebensglück gebracht hätte, iſt gerade das Gegenteil
eingetreten, wofür er den Tod ſeines Schwiegervaters und alles,
was ſein Ableben an damals in ganz Darmſtadt allſeits be=
kannten
Folgen nach ſich zog, verantwortlich macht.
Jaups Schwäche war, daß er nicht haushalten konnte. Ge=
wiß
befanden ſich die Beſoldungsverhältniſſe jener Zeit in einem
kläglichen oder ſogar mehr als kläglichen Zuſtand. Denn auch
der damalige hochangeſehene Oberhofprediger Friedrich Wilhelm
Berchelmann (16791754) war, was ſein Gehalt anbe=
traf
, nicht auf Roſen gebettet und hatte gar manchmal über völ=
ligen
Tiefſtand ſeiner Kaſſe zu klagen. Was aber Berchelmann
trotz ſeines ſtets gaſtfreien Pfarrhauſes es wurde ſcherzhafter=
weiſe
das geiſtliche Wirtshaus genannt und trotz ſeiner
zwölfkörfigen Kinderſchar glücklich vermieden hat, das war ge=
rade
Jaups Unglück, nämlich das fortgeſetzte Schuldenmachen.
Jaups jährliche Beſoldung betrug nach einer Beſoldungs=
note
von 1756: 800 Gulden in bar, 26 Malter Korn, 21 Malter
Gerſte, 15 Malter Spelzen, 6 Ohm Wein, 5 Gänſe, 11 Hühner
und 21 Klafter Holz. Da er eine Dienſtwohnung beſaß, wurden
im jährlich 120 Gulden in Abzug gebracht. Auch iſt ihm der Wein
nicht in natura geliefert, ſondern mit 45 Gulden veranſchlagt
worden. Was er hiernach noch zu beanſpruchen hatte, hat für
ſein Auskommen offenbar bei weitem nicht ausgereicht.
Um aus ſeinen Verlegenheiten herauszukommen, hat Jaup
alle möglichen Wege eingeſchlagen: Mit beweglichen Bitten wen=
det
er ſich an den Landgraſen, daß er ihm ſeine Beſoldung er=
höhen
oder aus beſonderer Gnade Zuſchüſſe gewähren möge. Den
Beſoldungswein, der mit Geld abgelöſt war, will er wieder in
natura haben. Weil anſtelle der ehemaligen drei zurzeit nur
zwei Hofprediger vorhanden ſind, glaubt er auch hier eine jähr=
liche
Zulage von 100 Gulden beanſpruchen zu können. Ferner
bittet er, ihm den Nachlaß des fürſtlichen Mundkochs Sie=
bold
als Gnadengeſchenk angedeihen zu laſſen, da er nach dem
Ableben der Witwe Siebolds der nächſtberufene Erbe hierfür
ſei. Als ſein Sohn im Jahre 1766 zum Studium nach Göttingen
ging, entſtanden weitere Ausgaben, weshalb die landgräfliche
Gnade aufs neue angerufen werden mußte.
All dieſe Forderungen zu erfüllen, war nicht möglich, doch
haben es die zuſtändigen Behörden keineswegs an Entgegenkom=
men
fehlen laſſen. In ernſtere Verwicklungen geriet Jaup im
Jahre 1769, wo ein Prozeß wit dem Juden Wolffskehlen,
der auf dem Wege des Vergleichs beendet wurde, den Hofprediger
nötigte, über ſein ganzes Jahresgehalt im voraus zu verfügen.
Auch noch andere Kreditgeber haben den Hofprediger um dieſe
Zeit mit ihren Forderungen bedrängt, ſo der Mainzer Hof=
gerichtsrat
Bolle, der Schutzjud Gundersheim und der

Münſter, 10. Sept. (Wolff.) In Lünen iſt heute ein
dem Arbeiterſtande angehöriger Mann von einem franzöſiſchen
Poſten erſchoſſen worden.
An der Straße nach Weithmar wurden geſtern vom Lippe=
ufer
ſechs Schüſſe von unbekannten Tätern abgegeben, durch die
ein franzöſiſcher Poſten verletzt wurde. Als Sanktion wurde ver=
fügt
, daß bis heute mittag 12 Uhr die Amtsverwaltung mit einer
weißen Fahne auf der Lippebrücke zu erſcheinen habe und ſich
entſchuldigen ſolle.
Paris, 10. Sept. (Wolff.) Nach einer Havasmeldung aus
Düſſeldorf iſt in der Nacht vom 9. September, gegen 7 Uhr, auf
den franzöſiſchen Poſten, der an der Bücke von Bork, nördlich von
Waldrot ſteht, durch Perſonen, die in einem Gehölz, das in der
Nähe der Brücke auf dem rechten Ufer der Lippe liegt, Hand=
granaten
geworfen worden. Der Soldat ſei leicht verletzt wor=
den
. Als Sanktion iſt der geſamte Nachtverkehr im Gebiet nörd=
lich
von Waldrot verboten worden. In derſelben Nacht iſt ein
Deutſcher, der die Lippe auf einem Boot von Düren aus über=
queren
wollte, und der auf den üblichen Anruf nicht gehalten
haben ſoll, von der franzöſiſchen Schildwache durch einen
Gewehrſchuß getötet worden.

London, 10. Sept. (Wolff.) Garvin ſchreibt im Obſer=
ver
über das Fiasko von Genf, die hiſtoriſche Freundſchaft
zwiſchen England und Italien habe einen ſolchen Schlag erhal=
ten
, daß es lange dauern werde, bis ſie ſich davon erholen würde.
Die diplomiatiſche Grundlage der neuen britiſchen Politik mit
Bezug auf das Ruhrgebiet wurde zerſtört. Rom ſei ge=
zwungen
, Paris mehr Unterſtützung in der Ruhr=
frage
zu geben, im Austauſch gegen die Unterſtützung, die
Paris Rom in der italieniſch=griechiſchen Frage gebe. Der
augenblickliche Völkerbund ſei dem Selbſtmord nahe ge=
kommen
. In keiner Frage wagte der Bund, gegen Frankreich
aufzutreten. Er ſtand beiſeite, während das Ruhrelend ſich acht
Monate hinſchleppte und weit mehr Tötungen von Menſchen, die
ebenſo unſchuldig waren wie die Opfer von Korfu, verurſachte
und unſägliche Leiden und Schäden verbreitete. Wenn es beine
Ruhrindaſion gegeben hätte, hätte auch keine Beſchießung Kor=
fus
ſtattgefunden. Die Frage von Leben und Tod für Europa
ſei, ob der Völkerbund von dem, was er jetzt iſt, zu dem gemacht
werden ſolle, was er ſein müßte. Der Völkerbund werde niemals
ſeines Namens oder ſeiner vitalen Zwecke fähig ſein, bevor er
nicht Deutſchland und Rußland unter gleichen Bedingun=
gen
zu ſeinen Mitgliedern zähle.

Peruquier Weil, lauter Leute, an die ſich Jaup offenbar in
Zeiten größter Not gewandt hat, die ihm wohl auch vorüber=
gehend
ausgeholfen haben, um ihm aber nachher nur um ſo hef=
tiger
mit ihren Anſprüchen zuzuſetzen.
In ein kritiſches Stadium geriet Jaups Angelegenheit, als
Miniſter Moſer der 1772 an die Spitze der Staatsverwal=
tung
getreten war, mit der Sache befaßt wurde. Jaup hatte wie=
der
einmal eine Bittſchrift, diesmal an den Landgrafen ſelber,
eingereicht, worauf Moſer zum Gutachten aufgefordert wurde.
Der Miniſter äußerte ſich hierauf am 28. Januar 1773 in einem
Bericht, der wie alles, was er ſchreibt, für die Kenntnis dieſes
hervorragenden Mannes von höchſtem Intereſſe iſt. Der eigen=
händig
geſchriebene Bericht lautet:
Euer Hochfürſtliche Durchlaucht haben über anliegendes
Memsrial des Herrn Hofpredigers Jaup mein untertänigſtes
Gutachten zu erſtatten gnädigſt anbefohlen. Die Klagen dieſes
Mannes über den geringen Gehalt ſeiner Beſoldung ſind an und
vor ſich ungegründet, da er nach dem von ihm ſelbſt gefer=
tigten
Etat allein an Geld auf 640 Gulden ſteht, daneben noch
eine ſchöne Hausbeſtallung an Naturalien bezieht und auf Acei=
dentien
mit rechnen kann, überhaupt aber höher als ein Regie=
rungsrat
dient, der bey weit ſchwererer Arbeit den ganzen Tag
in den Akden liegen muß. Daß er aber freilich nicht auslangt,
daran iſt ſeine luxurioſe und ſchlechte Haushaltung ſchuld, wes=
wegen
ihm ſchon vor ein paar Jahren 460 Gulden an ſeiner Be=
ſoldung
mit gerichtlichem Arreſt belegt worden und er hundert
Jahre alt werden müßte, wann er bei ſeiner einmal gewohnten
Lebensart und jetzigen Beſoldung ſeine auf viele 1000 Gul=
den
ſich belaufende Schulden tilgen wollte, ſeine als=
dann
als Bettelleute dem Publico zur Laſt zurücklaſſende arme
Kinder nicht einmal mit zu rechnen.
Die Lebensart dieſes dem Trunk ſo ſehr ergebenen Mannes,
die Niederträchtigkeiten, womit er dieſe Schulden gemacht, und
die tägliche zum Vorſchein kommende Schlechtigkeit ſeiner Auf=
führung
haben ſein Amt und Poſten ſo verächtlich gemacht, daß
der allgemeine Wunſch dahin geht, ihn dieſer öffentlichen Schmach
zu entziehen, die Hofgemeine aber von einem ſolchen Manne zu
befreien und an einem dritten Ort ihm noch die Möglichkeit zu
verſchaffen, bei einer eingezogenen Lebensweiſe ſeine Schulden
allmählig tilgen zu können. Er ſelbſt hat in dieſer Hinſicht und
Selbſterkenntnis bei Euer Hochfürſtlichen Durchlaucht ſchon unter=
tänigſt
angeſucht, ihm das Metropolitanat zu Nordenſtadt in
der Herrſchaft Eppſtein auf den Erledigungsfall gnädigſt zu con=
feriren
, ſo ihm aber damals abgeſchlagen worden. Das Geheime
Ratscollegium, in welchem ich die Sache zur gemeinſamen Berat=
ſchlagung
vorgetragen, wünſcht mit mir, daß E. K. D. 2nn. greis

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durch
purde ve
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erletzt wor
ebiet nörd=
ſt
iſt ein

TU. Weimar, 10. Sept. Auf dem 60. Deutſchen Genoſſenſchafts=
tag
wurd heute folgende Entſchließung zur Wirtſchaftslage gefaßt:
1. Die kataſtrophale Zerrüttung unſerer Wirtſchaft bedroht in beſon=
derem
Maße den gewerblichen Mittelſtand und ſeine Organiſationen.
Die Erfahrungen des vergangenen Jahres, insbeſondere der letzten
Wochen, zwingen alle Wirtſchaftskreiſe zur vollſtändigen Umſtellung der
Betriebsweiſe. Dazu gehört in erſter Linie die allgemeine Einführung
eeines feſten Wertmaßſtabes. Vorbedingung für die Möglichkeit einer
wirtſchaftlichen Gſundung iſt eine beſtändige Währung, die ihrerſeits von
einer endgültigen Löſung des Reparationsproblems abhängig iſt. Bis
dahin müſſen Aushilfsmittel wie Goldmarkrechnung, Goldmarkkonten=
führung
die ſchlimmſten Schäden der Markentwertung vermeiden helfen.
2. Die Benutzung einer feſten Rechnungseinheit wird die Erſchöpfung
der Wirtſchaftskraft und Wirtſchaftsmittel offen legen. Sie wird dadurch
ein Zwang und ein Anſporn zu geſteigerter Leiſtungsfähigkeit und Spar=
ſamkeit
.
3. Die Notwendigkeit tiefgreifender Steuerleiſtungen zum Ausgleich
des öffentlichen Haushaltes und zur Erhaltung des Eigenlebens von
Reich, Länder und Gemeinden wird voll anerkannt. Es wird für die
Grundlage der Steuerbemeſſung und Steuerzahlung die Einführung
eines feſten Wertmaßſtabes gefordert. Nur dadurch iſt eine gerechte Be=
laſtung
nach der Leiſtungsfähigkeit ſichergeſtellt, die dem wirtſchaftlich
Schwachen die Lebensmöglichkeit beläßt.
4. Zur Durchführung dieſer Notwendigkeiten iſt eine zielbewußte und
einheitliche Wirtſchaftspolitik unerläßlich. Sie muß vor allem für eine
gleichmäßige Rechnungsgrundlage der Goldmark ſorgen und zunächſt ein=
mal
die ſofortige Eröffnung von Goldmarkkonten bei der Reichsbank und
im Poſtſcheckverkehr durchführen.
5. Die zum einſeitigen Vorteil von Konventionen und Kartellen dik=
tierten
Zahlungen und Lieferungsbedingungen müſſen durch ange=
meſſene
, ebenfalls möglichſt gleichmäßige und dadurch kontrollierbare,
Vereinbarungen erſetzt werden.
6. Auch im Kleinhandel iſt die wirtſchaftlich berechtigte und notwen=
dige
Berechnung eines auf Goldmark=Grundlage ermittelten Preiſes an=
zuerkennen
. Die entgegenſtehenden Hemmungen der Geſetzgebung ſind
aufzuheben.
7. Vor uns liegt eine unüberſehbare ſchwere Zukunft. Die derzeitige
ſchleichende Wirtſchaftskriſe wird zweifellos bald in ihrem ganzen er=
ſchreckenden
Umfang offenbar werden. Dem Mittelſtand wird dabei echte
Aufopferungs= und verantwortungsvolle genoſſenſchaftliche Arbeit un=
entbehrlicher
denn je ſein. Alle Genoſſenſchaften müſſen ſich darauf ein=
richten
, mit einem Bruchteil ihres früheren Goldmarkkapitals ihre Auf=
gaben
zu erfüllen und die Unkoſten ohne die heutigen ungewöhnlichen
Einnahmen zu decken.
8. Die Kreditgenoſſenſchaften haben mit äußerſter Vorſicht und Ge=
wiſſenhaftigkeit
die Kreditfähgkeit ihrer Schuldner zu prüfen und müſ=
ſen
den Spartrieb auch im eignen Intereſſe mit allen Mitteln fördern.
Jede nur möglche Betriebsverbeſſerung iſt ſchnellſtens einzuführen.
9. Die Warengenoſſenſchaften müſſen durch eine energiſche endgültig
dem Goldmarkſtand entſprechende Erhöhung ihres Geſchäftsanteiles den
durch die bisherige Preis= und Kreditpolitik entſtandenen Betriebs=
kapitalverluſt
ausgleichen, damit ſie auf der neuen Verrechnungsbaſis
ihren Mitgliedern mehr als je die erforderliche genoſſenſchaftliche Hilfe
gewähren können.
10. Die Baugenoſſenſchaften müſſen dafür Sorge tragen, daß die
bewährte genoſſenſchaftliche Form nicht durch den Eigennutz von Mit=
gliedern
gebrochen wird, damit ſie in der Lage ſind, ſobald eine vernünf=
tige
Wohnungs= und Baupolitik durchgeführt iſt, auch ihrerſeits ſich
maßgebend an dem Wiederaufbau des Wohnungsmarktes zu beteiligen.

Geheime Sitzung des Völkerbundsrates.

Genf, 10. Sept. (Wolff.) Der Präſident des Völkerbund=
rats
Iſhi hat an den Präſidenten der Botſchafterkonferenz in Pa=
ris
folgendes Telegramm geſandt: Der Völkerbundsrat beehrt
ſich, der Botſchafterkonferenz den Empfang ihrer Mitteilung vom
7. September zu beſtätigen (Note der Botſchafterkonferenz an
Griechenland). Er ſtimmt mit der Botſchafterkonferenz in dem
Beſtreben überein, den griechiſch=italieniſchen Zwiſchenfall ſo bald
wie möglich beendet zu ſehen und ſtellt mit Vergnügen feſt, daß
das vom Völkerbundsrat übermittelte Dokument dem Totſchafter=
rat
nützlich war. Der Völkerbundsrat dankt der Botſchafterkon=
ferenz
dafür, daß ſie ihn von ihren Beratungen unterrichtet hat
und hofft, auch über das Ergebnis der getroffenen Entſcheidun=
gen
auf dem Laufenden gehalten zu werden ſowie über die Bera=
tungen
, die hierüber noch ſtattfinden können.

Genf, 10. Sept. (Wolff.) Der Völkerbundsrat hielt heute
eine ſtreng geheime Sitzung über den griechiſch=italieniſchen Kon=
flikt
ab. Einer ſeiner Mitglieder erklärte nach der Sitzung, daß ſich
der Konflikt auf dem Wege der Regelung befände, daß man aber
noch Geduld haben müſſe. Der Völkerbundsrat beauftragte ſei=
nen
Präſidenten, morgen in der Völkerbundsverſammlung eine
kurze Erklärung über den Stand der Verhandlungen zu geben.
Der griechiſche Vertreter Politis erklärte im Laufe der Rats=
ſitzung
, daß die Deponierung von 50 Millionen Lire bei der
Schweizer Nationalbank als Garantie für eine an Italien be=
zahlte
Schädigung morgen erfolgen werde.

Abrüſtung.

FU. Paris, 10. Sept. Vom kommenden 1. Oktober ab wer=
den
drei neue Tankregimenter in die franzöſiſche Armee ein=
geſtellt
tverden. Sie werden ihren Standort in Portiers, Angou=
leme
und Rouen erhalten.

Darmſtadt, 11. September.
Indexziffern.

Von Dr. Rompel, Direktor des Statiſtiſchen Amtes in Mainz.

In den jetzigen Zeiten der enormen Geldentwertung ſind Index=
ziffern
d. h. Meßziffern zum Meſſen der Größe der Geldentwer=
tung
, allmählich für jeden, der im wirtſchaftlichen Leben ſteht, unent=
behrlich
geworden. Als Mitte Januar 1920 der erſte bedeutende Sturz
der Mark eintrat, wurden ſolche Meßziffern zuerſt von privaten, ſpäker
von amtlichen Stellen berechnet. Man ging meiſtens aus vom 1. Januar
1920 und ſetzte die ſpäter ermittelten Preiſe zu den Preiſen an dieſem
Tage in Beziehung. Mit der ſtets ſtärker einſetzenden Geldentwertung
ſeit Herbſt 1921 verließ man allmählich dieſen Ausgangspunkt und zog
die Vorkriegszeit (das Jahr 1913 oder die Friedensmonate der Jahres
1914) zum Vergleich heran. Dadurch erzielte man eine genaue und
feſte Orientierungsgrundlage. Bei dieſen Indexziffern handelt
es ſich faſt immer um die Feſtſtellung der Größe der inneren
Geldentwertung, d. h. um Feſtſtellung der Kaufkraft der Mark
im Inland im Vergleich zur Vorkriegszeit. Die innere Geldentwer=
tung
iſt eine Folge der äußeren Geldentwertung, die ſich
kundtut durch die Deviſenpreiſe durch die Preiſe, die wir für
die ausländiſchen Zahlungsmittel zahlen müſſen. (Die wertbeſtändige
Deviſe iſt der Dollar; er hat gegenüber der Vorkriegszeit ſeinen
vollen Geldwert behalten. Deshalb mißt man die äußere Geldentwer=
tung
am beſten am Dollarſtand. Die genaue Feſtſtellung der äußeren
Geldentwertung erfolgt durch Berechnung von Indexziffern für den
Dollarkurs.) Die innere Geldentwertung wird demeſſen ſowohl an
dem Stand der Großhandelspreiſe (durch Großhandelsinderziffern),
wie an dem Stand der Kleinhandelspreiſe (Kleinhandelsindexziffern,
Indexziffern für die Koſten der Lebenshaltung).
Großhandelsindexziffern wurden zuerſt von der
Frankfurter Zeitung, ſpäter auch vom Statiſtiſchen Reichsamt be=
rechnet
. Die Deutſche Großhandelsindexziffer des Statiſtiſchen Reichs=
amtes
berückſichtigt die Preiſe von 18 Lebensmitteln und 20 Induſtrie=
ſtoffen
, alſo von insgeſamt 38 Waren. Von dieſen ſind 16 Inlands=
waren
und 22 Auslandswaren. Bekannter iſt die vom Statiſtiſchen
Reichsamt berechnete Reichsindexziffer für die Koſten
der Lebenshaltung (kurz Reichsindexziffer genannt). Die
Grundlage für letztere bilden die für 560 Gemeinden des Reiches be=
rechneten
Teuerungszahlen. In ein vom Statiſtiſchen Reichsamt auf=
geſtelltes
Warenverzeichnis werden an zwei Stichtagen im Monat die
Preiſe eingetragen unter Hinzuziehung von Arbeitgeber= und Arbeit=
nehmervertretung
. Auf Grund dieſer Preiſe berechnen die Statiſtiſchen
Landesämter die Teuerungszahlen der einzelnen Städte und über=
mitteln
ſie dem Statiſtiſchen Reichsamt. Die Teuerungszahlen geben
den abſoluten Betrag an, den eine fünfköpfige Familie (zwei Erwachſene,
drei Kinder) für eine beſtimmte, vom Statiſtiſchen Reichsamt aufgeſtellte
Normalration innerhalb vier Wochen für Ernährung, Wohnung, Hei=
zung
und Beleuchtung aufzuwenden hat. Bei der Aufſtellung dieſer
Ration wurde von den Verhältniſſen der Nachkriegszeit ausgegangen,
d. h. die höherwertigen, teueren Nahrungsmittel ſind nur in ſehr ge=
ringem
Umfange berückſichtigt worden, dagegen in verhältnismäßig ſehr
großen Mengen die geringwertigen, billigeren Lebensmittel, wie
Kartenbrot und Kartoffeln. Dies iſt der Grund, warum die Teuerungs=
zahlen
und die auf ihr aufgebaute Reichsindexziffer hinter den tatſäch=
lichen
Preisſteigerungen zurückbleiben. Das Verhältnis der höher=
wertigen
Lebensmittel zu der geringwertigen innerhalb der Ration
müßte zugunſten der erſteren geändert werden. Dann erſt könnten die
Tenerungszahlen ein getreues Spiegelbild der Teuerung geben. Für
71 Städte, für die ein ſogenannter ſtatiſtiſcher Eildienſt eingerichtet
worden iſt, werden ſeit Mai 1922 auch die Bekleidungskoſten bei Be=
rechnung
der Teuerungszahlen berückſichtigt. Auf Grund der Teuerungs=
zahlen
dieſer ſogenannten 71 Eildienſt=Gemeinden wird eine Durch=
ſchnitts
=Reichsteuerungszahl berechnet und zu der Durchſchnitts= Reichs=
teuerungszahl
für 1913 in Beziehung gebracht (d. h. letztere wird gleich 1
geſetzt, deshalb dividiert man erſtere einfach durch letztere). So erhält
man die Reichsindexziffer für die Lebenshaltungskoſten. Die Reichs=
indexziffer
iſt alſo eine Verhältniszahl. Sie gibt an das Vielfache der
Koſten der Lebenshaltung gegenüber der Vorkriegszeit. Um die Reichs=
indexziffer
für den Durchſchnitt jeden Monats zu erhalten, nahm man
das Mittel aus der Indexziffer für den Stichtag im erſten und dem
Stichtag im letzten Drittel des Monats. Je ſchneller die Geldentwer=
tung
fortſchritt, um ſo mehr blieb dieſe Monats=Indexziffer hinter den
wirklichen Verhältniſſen zurück, weil die Entwertung gegen Ende des
Monats nicht mehr berückſichtigt wurde. Deshalb ging man ſeit Juli
dieſes Jahres dazu über, die Reichsindexziffer auf Grund der Er=
hebungen
in 29 Städten für einen Stichtag in jeder Woche (Montag)
zu berechnen und zu veröffentlichen.
In folgendem ſei eine kurze Ueberſicht über die neueſten Index=
ziffern
gegeben.
I. Die äußere Geldentwertung.
Dollarkurs. Judex des Dollarkurſes

1913
1923
1. April
1. Mai
1. Juni
1. Juli
1. Auguſt
5. September

4.20

21 047
21 621
74 563
159 600
1097 350
20 050 000

5 211
7 529
17 753
38 000
261 274
4 773 810

Die äußere Geldentwertung wird auch vielfach gemeſſen an dem
Goldzollaufgeld oder dem Goldankaufspreis der
Reichsbank. Das Zollaufgeld wie der Galdankaufspreis werden
aber nach dem Stand der Deviſen feſtgeſetzt, und zwar nur in beſtimmten
Zeitabſtänden (das Zollaufgeld nur alle Woche, der Goldankaufspreis
noch in größeren Zeiträumen). Deshalb erfaßt derjenige,, der ſich nach
dieſen beiden Sätzen richtet, die äußere Geldentwertung einmal nur
aus zweiter Quelle, ſodann auch in unvollſtändigem Maße.

1913
1923
Mai
Juni
Juli

Die innere Geldentwertung.
Deutſcher Großhandels= Reichsinder für die
Koſten der Lebenshaltung
indes

Dieſe Zahlen gelten für den Monatsdurchſchnitt,
Zahlen für den betreffenden Stichtag:
183 510
30. Juli
31. Juli
483 461
6. Auguſt
7. Auguſt
13. Auguſt
663 880
14. Auguſt
20. Auguſt
1 246 598
21. Auguſt

die folgenden

27. Auguſt

71 476
149 531
436 935
753 733
1183 434

Die Reichsindexziffer, die aus dem Durchſchnitt der Teuerungs=
zahlen
von 71, bezw. 28 Gemeinden berechnet wird, gibt natürlich von
der wirklichen Teuerung in den einzelnen Gebieten nur ein unvoll=
kommenes
Bild. Hinter der Teuerung im beſetzten Gebiet
bleibt ſie ſtark zurück.
Die Wochenbedarfs=Indexziffer iſt ſtets höher als die Kleinhandels=
Indexziffer, weil ſie ja auch die Bekleidung berückſichtigt.

Ernannt wurden: am 6. September: der Polizeiverwaltungs=
Inſpektor Otto Stegmüller aus Erbach i. O. zum Polizeiverwal=
tungs
=Oberinſpektor, die Polizeioberſekretäre Johann Heiſer aus
Gabsheim (Kreis Oppenheim) und Richard Scharmann aus Ober=
Mockſtadt zu Polizeiverwaltungs=Inſpektoren, die Polizeiſekretäre Hein=
rich
Gebhardt aus Harreshauſen (Kreis Dieburg) und Johannes
König aus Offenbach a. M. zu Polizeioberſekretären, die Polizeiober=
aſſiſtenten
Rudolf Knoch aus Heuchelheim (Kreis Gießen) und Wilhelm
Kuſter aus Darmſtadt zu Polizeiſekretären, der Polizeiaſſiſtent Fritz
Recht aus Bretzenheim (Kreis Mainz) zum Polizeioberaſſiſtenten und
der Polizeiamtsgehilfe Karl Bingel aus Friedberg zum Polizei=
aſſiſtenten
, ſämtlich mit Wirkung vom 1. Oktober 1923 an.
In den Ruheſtand verſetzt wurden: am 6. September 1923: der
Polizeiverwaltungsoberinſpektor Wilhelm Kaiſer zu Darmſtadt und
der Polizeiverwaltungsinſpektor Stephan Pfeffer zu Gießen auf ihr
Nachſuchen unter Anerkennung ihrer dem Staate geleiſteten langjährigen
treuen Dienſte mit Wirkung vom 1. Oktober 1923 anz am 7. September
1923: der Polizeioberwachtmeiſter Philipp Kaiſer zu Friedberg auf
ſein Nachſuchen unter Anerkennung ſeiner dem Staate geleiſteten Dienſte
mit Wirkung vom 1. Oktober 1923 an.
Eröffnung der Opernſpielzeit. Die Spielzeit wird am Mittwoch
mit einer Neueinſtudierung und Neuinſzenierung des Roſenkavalier
von Richard Strauß eröffnet. In dieſem Roſenkavalier iſt das eigen=
artige
Leben Wiens, der Stadt, die eigentlich zwiſchen den Ländern
liegt, halb deutſch, halb italieniſch, halb abendländiſch, durch die immer
alles Leben der Welt ging, mit ihrer eigenen Lebenskultur, von einem
öſterreichiſchen Dichter in Wort und einem öſterreichiſchen Komponiſten
als Muſik eingefangen. Der Vorverkauf für die erſte Vorſtellung be=
ginnt
heute, Dienstag, den 11. September, um 10 Uhr an der Tageskaſſe
des Großen Hauſes.
Die Auszahlung der Renten= und Hinterbliebenenbezüge
an diejenigen Empfänger, die ihren Wohnſitz in Darmſtadt haben,
erfolgt künftig durch die Landeshypothekenbank, Paulusplatz 1.
Alſo nicht mehr wie ſeither durch die Hauptſtaatskaſſe.
Das Mineralwaſſerſteuergeſetz tritt außer Kraft. Vom
Hauptzollamt Darmſtadt wird uns mitgeteilt: Durch
Geſetz, betr. Abänderung einzelner Verbrauchsſteuergeſetze, vom
11. Auguſt 1923 (veröffenulicht im Reichsgeſetzblatt 1923, Nr. 71,
Seite 771), wird das Geſetz, betr. die Beſteuerung der Mineral=
wäſſer
und künſtlich bereiteten Getränke, vom 26. Juli 1918 bzw.
8. Oktober 1922, mit Wirkung vom 1. September 1923 außer
Kraft geſetzt. Daraus ergibt ſich, daß der Bezug von Grund=
ſtoffen
, die Herſtellung, ſowie der Abſatz der betreffenden Erzeug=
wiſſe
vom 1. September 1923 ab frei von jeder amtlichen Ueber=
wachung
ſind. Betriebe, die Mineralwäſſer oder ſonſtige künſtlich
bereitete Getränke, ſoweit ſie nicht unter das neue Bierſteuer=
geſetz
fallen (wie Malzauszüge uſw.) herſtellen, ſind daher auch
nicht mehr anmeldepflichtig.
Der Ankauf von Reichsſilbermünzen durch die Reichsbankanſtalten
findet vom 10. September ab bis auf weiteres zum 2 400 000fachen Be=
trage
des Nennwertes ſtatt.
Die Kirchenſteuer für die evangeliſchen Gemeinden Darmſtadt
und Befſungen für 1923, die im Betrag von 12 Prozent auf die Ein=
kommenſteuer
(nicht auf das Einkommen) des Jahres 1922 ausgeſchlagen
war, ſollte im Auguſt dieſes Jahres, zunächſt für die beiden erſten Ziele,
zur Erhebung kommen. Infolge der Entwertung der Mark, die ſeit
Auguſt 1922 um das Zehntauſendfache gefallen war, hätte ſie einen ſo
geringen Ertrag ergeben, daß die evangeliſchen Gemeinden unſerer Stadt
einen nur ganz verſchwindenden Bruchteil ihrer Bedürfniſſe damit hätten
decken können. Vor einigen Wochen beſchloſſen daher die kirchlichen
Körperſchaften, ſie um das Dreifache zu erhöhen. Leider mußte man
ſchon gleich darauf erkennen, daß dieſe minimale Erhöhung lange nicht
ausreichte. Dazu kam ſeit Ende Auguſt ein neuer jäher Markſturz, der
faſt ins Bodenloſe zu gehen ſcheint. Bei dieſer Sachlage wurde vor
etlichen Tagen eine weitere Erhöhung beſchloſſen, die für die beiden
erſten, im Auguſt fällig geweſenen Ziele das Dreihundertfache des ur=
ſprünglichen
Betrages, für die beiden noch ausſtehenden Ziele das Fünf=
hundertfache
betragen ſoll. Dieſe Staffelung erfolgte mit Rückſicht auf
die Steuern, die das Reich gerade jetzt neu erhoben hat, und auf die
Steuerzahler, die davon beſonders betroffen worden ſind. Solche Kreiſe
der Bevölkerung, die es ſahen, wie die evangeliſchen Gemeinden und ihre
Anſtalten chriſtlicher Liebestätigkeit, die Krankenſchweſternſtationen,
Kleinkinderſchulen uſw., ſchwerſte Not litten, und mit freiwilligen Gaben
und Darlehen nur auf das Notdürftigſte ihr Leben friſten konnten, hat=
ten
es ſchon lange bedauert, daß man von einer Erhöhung der Steuer
abgeſehen hatte! Wer bedenkt, was jetzt die Mark wert iſt, wird die im
Verhältnis dazu noch außerordentlich geringe Kirchenſteuererhöhung gern
tragen. (Näheres ſiehe Bekanntmachung im Anzeigenteil.)

digſt gefallen möchte, bey dem täglich zu vermutenden Ableben
des etlich und 80jährigen Metropolitans Pfeiffer den Hof=
prediger
Jaup auf dieſe Stelle zu verſetzen. Es trägt ſolche 600
Gulden und darüber ohne die Accidentien, der Herr Hofprediger
käme in eine eingezogene Lebensart, von denen aus dem geiſt=
lichen
Landkaſten genießenden 250 Gulden könnte ihm zu Be=
friedigung
ſeiner Gläubiger noch etwas ad dies vitae gelaſſen
werden und die Hofgemeinde könnte ſtatt ſeiner mit einem er=
baulicheren
und mehr exemplariſchen Geiſtlichen verſehen werden.
Kein anderes Mittel, ihm zu helfen, iſt aber nicht wohl ausfindig
zu machen. Es dependirt jedoch alles von E. H. D. höchſteigenem
gnädigſtem Wohlgefallen.
Als Landgraf Ludwig IX. hierauf von Pirmaſens
aus entſchied, daß Jaup die Stelle von Nordenſtadt erhalten
ſolle, ſobald ſie erledigt ſein würde, war Jaup mit dieſem Er=
gebnis
in höchſtem Maße unzufrieden. Die dortige Beſoldung,
ſo entgegnete er, beſtünde meiſt aus Pfarrbeſoldungsäckern, von
deren Bebauung er und ſeine Frau nichts verſtünden und die
ohne große Nachteile nicht verpachtet werden könnten, ganz ab=
geſehen
davon, daß er auf dem Dorf ſeine Kinder nicht erziehen
könnte, ſondern ſie mit vielen Koſten in die Stadt ſchicken müßte.
Er bat alſo, ihm das vakant werdende Metropolitanat,
das der Stadt näher gelegen ſei, zu erteilen.
Moſer, deſſen Geduld erſchöpft war, erwiderte darauf am
23. März 1773: Herr Jaup zielt, ohne es zu nennen, auf
Großen=Gerau, woſelbſt der Metropolitan Walther
ſeinem Ermeſſen nach nähere Hoffnung zur Ewigkeit, als der
Metropolitan Pfeiffer zu Nordenſtadt hat. Die angeführten
Gründe wollen nichts ſagen, da ſich jeder Landpfarrer in dem
berührten Fall befindet und jeder zu lernen anfangen muß, auch
in Nordenſtadt das Feld ſo gut wie anderwärts verlehnet wer=
den
kann. So viel iſt aber richtig, daß Sereniſſimus ernſtlich
wollen, daß die Hofgemeinde von dieſem Manne befreiet und
ein mehr exemplariſches und ſeine Lehre mit ſeinem Wandel zie=
rendes
Subjectum an deſſen Stelle geſetzt werden ſolle. Daher
ich kein Bedenken hätte, nach ſeinem Verlangen favorabiliter bei
Sereniſſimo anzutragen, dann je eher man ihn los wird,
je lieber wirds dem ganzen Hof ſeyn.

Der Volkshumor im Vornamen.

Da die übrigen Mitglieder des Geheimen Ratskollegiums
mit dem Vorſchlag ihres Präſidenten einverſtanden waren, bekam
Jaup noch in demſelben Jahre die Pfarrei Groß=Gerau. Er hat
ſich aber weder erholen, noch über die Veränderung recht erfreuen
können. Denn ſchon im folgenden Jahre 1743 iſt der vom Unglück
ſchwer geplggte Mann aus dem Leben abgerufen worden.

* Die Möwen ſehen alle aus, als ob ſie Emma hießen.
Dieſer Vers Chriſtian Morgenſterns beruht, ſo überraſchend er
klingt, auf der Tatſache, daß wir mit Namen ganz beſtimmte Vor=
ſtellungen
verbinden. Wir wundern uns manchmal, wenn wir
einer Perſönlichkeit begegnen, von der wir nur den Namen bis
dahin kannten; wir hatten uns nach den klanglichen Beziehun=
gen
eine ganz andere Erſcheinung vorgeſtellt. Es dünkt uns ganz
ſelbſtverſtändlich, daß ein Heinrich anders ausſieht als ein Oskaz,
und eine Elſe anders als ein Gretchen. Bei der Bildung dieſer
feſten Vorſtellungen, die wir mit Vornamen verbinden, iſt meiſt
die oder jene Geſtalt des Bekanntenkreiſes wirkſam. Es gibt
aber auch beſtimmte geſchichtliche und dichteriſche Geſtalten, deren
Namen unſere Vorſtellung beeinfluſſen, und die Volksanſchauun=
gen
, Sprichwort und Volkshumor haben gleichfalls eifrig mit=
gearbeitet
, uns gewiſſe Vorurteile bei Vornamen einzuhämmern.
Wer z. B. Fridolin heißt, muß ein ſanfter und frommer
Jüngling ſein, da bei dem Namen ſofort die erſte Zeile aus
Schillers. Gang nach dem Eiſenhammer mitklingt. Ein Gott=
fried
gilt immer als eine ehrliche Haut, denn einmal hat der
Name ſchon einen ſolchen biederen Klang, und dann denkt man
unwillkürlich an den Helden unter den Kreuzfahrern Gottfried
von Bouillon, oder an den ehrlichen Götz von Berlichingen, wie
ihn uns Goethe geſchildert. Komiſch iſt es, wenn unſere Küchen=
fee
Iſabella oder Kunigunde heißt, weil die Geſchichte dieſe
Namen Herſcherrinen und Ritterfräuleins reſerviert. Die Zu=
ſammenſtellung
eines ſeltenen Vornamens mit einem gewöhn=
lichen
Nachnamen iſt ein beliebtes Mittel zur Komik, ſeitdem
Fontane den merkwürdigen Zuſammenklang von Perey Hei=
mann
entdeckte. Der Volkshumor aber hat beſtimmten Vor=
namen
eine ganz beſtimmte Bedeutung ausgeprägt. Für ihn
iſt jeder Peter ein langweiliger und ungeſchickter Menſch, wo=
bei
auch der Peter Schlemihl der Dichtung mitwirkt. Der
Kaſpar dagegen iſt ein vergnügtes Gemüt, und zwar rührt die
luſtige Rolle, die der Kaſperle immerdar geſpielt hat, von dem
Mohren unter den heiligen drei Königen her, der den Namen
Kaſpar führte und bei den Aufzügen mit ſeinem geſchwärzten
Geſicht ſtets für den Spaß ſorgte. Auch der Michel iſt für den
deutſchen Volkswitz ein gutütiger, aber einfältiger Tropf. Dazu
hat auch das im 18. Jahrhundert viel geſpielte Luſtſpiel vom
Vetter Michel beigetragen, und es iſt eine zwar wenig ſchmei=
chelhafte
, aber ernſte Form der Selbſterkenntnis, wenn das
deutſche Volk ſich ſelbſt mit dem Namen Michel, benannte
wegen ſeiner Gutmütigkeit, Geduld und Nachgiebigkeit.

Der Fritz gilt ſtets für einen tollen Geſellen, wobei man
wohl weniger an den alten Fritz denkt, als an den Fritz aus
dem Struwwelpeter der von dem Hund gebiſſen wird. Als
eigenſinnig iſt der Nickel,, der Nikolaus verſchrien, wobei
wohl ſein Auftreten in der Volksſage eine Rolle ſpielen mag,
ebenſo wie beim Rupprecht, der bei den Kindern, die er vor
Weihnachten beſucht, Angſt und Furcht erregt. Dagegen gilt der
Heinrich für ſanft trotz Gretchens anklagendem Aufruf im
Fauſt: Heinrich, mir graut vor dir! Zwei Namen, die keine
beſonders ſchmeichelhafte Vorſtellung erwecken, ſind Chriſtoph
und Matthias. Der Chriſtoph wird zum Chriſtoffel, zum
Stoffel oder Töffel, und bezeichnet als ſolcher das Urbild eines
täppiſchen Menſchen. Der Matthiaswird als Matz ein plau=
derhafter
und nichtsnutziger Geſelle, der aller Welt ſeine Mätz=
chen
vormacht. Der Jakob dagegen kommt ſich als der wahre
Jakob ſehr groß vor, eine Redensart, die auf die mittelalterlichen
Wallfahrten zum Grabe des heiligen Jakob von Kompoſtella
zurückgeht: Man ſah auf die Wallfahrtsſtätten der anderen heili=
gen
Jakobe mit Geringſchätzung herab und bezeichnete dieſen ſpä=
niſchen
Jakob als den wahren‟ Nichtsdeſtoweniger nennt man
einen armen Schuft einen Schubjack und der Rabe, die ſchwär=
zeſte
Seele in der Vogelwelt, heißt mit Vorliebe Jakob. Der
Thomas iſt immer ungläubig nach der Geſchichte des neuen
Teſtaments; unter Wilhelm ſtellt man ſich einen wohlbeleib=
ten
Menſchen vor. Der Lorenz galt früher als der Typus des
Faulpelzes, ſo daß man jeden trägen Menſchen einen faulen
Lenz nannte, aus welcher Abkürzung des Lorenz dann der
Faulenzer entſtanden iſt. Den Wenzel dachte man ſich krie=
chend
höflich und leitete aus dieſem Vornamen das Wort Schar=
wenzeln
ab, das aber eigentlich mit dem Wenzel nichts zu tun
hat, ſondern eine Weiterbildung nach dem italieniſchen. Wort
Servent, d. h. Diener, iſt. Der Hans, früher ein beliebter Bauern=
wame
, erſcheint im Märchen als dumm und glücklich; daher die
Namen Prahlhans und Großhans Zum Hans gehört die
Grete, und damit kommen wir auf die Frauennamen, unter
denen der der Grete mit der Eigenſchaft der Faulheit behaftet
iſt. Wurde doch ſogar die rieſige Kanone, mit der der erſte Hohen=
zoller
in der Mark die Mauern der Ritter niederlegte, die faule
Grete genannt. Ueberhaupt iſt man mit den Mädchennamen
nicht gerade galant. Die Gertrud iſt dick und ungeſchickt, wes=
halb
man von einem plumpen weiblichen Weſen Trudel oder
Trutſchel ſagt. Die Lieſe gilt für dumm, ebenſo wie die
Katharine, und bei der Suſanne nimmt man Einfalt, Be=
quemlichkeit
und wehleidiges Gehaben als ſo ſelbſtverſtändlich an,
daß man eimfach von jemanden ſagt: Das iſt eine Suſe‟

[ ][  ][ ]

Seite 4.

Darmſtädter Tagblatt, Dienstag, ben 11. September 1923.

Rummer 251.

Die Gebühren der Schornſteinſeger. An die Stelle der Sätze der
Bekanntmachung vom 1. September 1923 treten mit Wirkung vom
10. September 1923: 1. für die Kehrbezirke der Städte Darmſtadt,
Mainz, Offenbach und Gießen das 750 000fache, 2. für die übrigen Kehr=
bezirke
des Landes das 800 000fache der Grundgebührenſätze der Be=
kanntmachung
vom 8. Mai 1922 (Reg.=Bl. S. 111). Die von den Zah=
lungspflichtigen
jeweils zu erhebenden Geſamtgebührenbeträge können
auf volle 5000 bezw. 10 000 Mark nach oben aufgerundet werden. Wird
die Zahlung der Gebühren nicht innerhalb 5 Tagen nach erfolgter An=
forderung
geleiſtet, ſo iſt der Schornſteinfegermeiſter berechtigt, Zahlung
der Gebähren unter Zugrundelegung der am Zahlungstage geltenden
Schlüſſelzahl zu verlangen.
Der Zentralausſchuß für Innere Miſſion der deutſchen evange=
liſchen
Kirche iſt eine Zuſammenfaſſung aller in Deutſchland vorhandenen
Organiſationen der Inneren Miſſion. Ihm gehören 45 Landes= und
Provinzialausſchüſſe für die Innere Miſſion an, ferner etwa 70 große
Fachverbände und Vereine, darunter als die bedeutendſten: Konferenz
Dt. Evangeliſcher Digkonenanſtalten mit 18 Brüderhäuſern und 3000
Diakonen, der Kaiſerswerther Verband Dt. Diakoniſſenmutterhäuſer mit
65 Mutterhäuſern und viele andere Mutterhäuſer mit zuſammen 35000
Schweſtern, die Evangel. Frauenhilfe, der Dt. Evangel. Frauenbund und
alle anderen evangeliſchen kirchlichen Frauenverbände Deutſchlands mit
zuſammen über eine Million Mitgliedern, der Verband der Dt. Krüppel=
anſtalten
, die Konferenz der evangel. Anſtalten für Idioten und Epilep=
tiker
mit 34 Anſtalten und 15 000 Betten, die großen Jugendverbände
der männlichen und weiblichen Jugend mit faſt einer Million Mit=
gliedern
, der evang. Reichserziehungsverband mit 600 Anſtalten und
30 000 Plätzen, der Verband der Kindererholungsheime und Heilſtätten
mit 156 Anſtalten und 12 000 Betten, ferner eine große. Anzahl anderer
Anſtalten und Häuſer für Jugendliche, die evang. Arbeiter= und Ar=
beiterinnenvereine
, der Deutſche Herbergsverband mit 350 Herbergen
und 12 000 Plätzen, 29 evang. Arbeiterkolonien mit 4000 Plätzen, der
ebang. Hauptverein für Dt. Anſiedler und Auswanderer mit 40 Be=
ratungsſtellen
, die ev. luth. Auswanderermiſſion in Bremen und Ham=
burg
, das Komitee für Dt. Evang. Seemannsmiſſion, der Dt. luth. See=
mannsfürſorgeverband
, die Evang. Geſellſchaft für die proteſtantiſchen
Deutſchen in Amerika, der Dt. evang. Verein zur Förderung der Sitt=
lichkeit
, der Dt. Sittlichkeitsbund vom Weißen Kreuz, der Dt. Bund ev=
kirchlicher
Blaukreuzverbände und eine Reihe von Gefängnisgeſellſchaften.
e. Stadtmifſion. Am kommenden Samstag, Sonntag und Montag
wird hier ein ilmvortrag über die Bodelſchwinghſchen Anſtalten
in Bethel bei Bielefeld gehalten. Dieſes weltbekannte Werk chriſtlicher
Nächſtenliebe, von dem Ströme des Segens auf unſer Volk ausgegangen
ſind, wird in prächtigen Laufbildern gezeigt und ſeine Entſtehung und
Einrichtung erklärt werden. Allenthalben wo der Film vorgeführt
wurde, nahmen die Beſucher einen tiefen Eindruck von der Not der
Bethelkranken, von dem Leben und Treiben dort mit nach cHhauſe. Auch
der Liebesdienſt der Betheler Brüder und Schweſtern und die Arbeit
unter den Heimatloſen und der gefährdeten Jugend kommt zur Dar=
ſtellung
. Zur Deckung der Unkoſten und zur Unterſtützung der Anſtalten
wird eine Eintrittsgebühr von 500 000 Mark erhoben. Für ſämtliche
Darmſtädter Schulgruppen finden je vier Sondervorſtellungen am Sonn=
tag
und Montag uachmittag ſtatt. Kleinrentner, Altvenſionäre und alle,
die den angegebenen Betrag nicht erübrigen können, ſind zu einer unent=
geltlichen
Vorführung am Sonntag vormittag um 11 Uhr eingeladen.
Für Jugendliche, ohne Unterſchied des Bekenntniſſes und der Partei, fin=
det
eine beſondere Veranſtaltung am Samstag abend 8½/= Uhr mit er=
mäßigtem
Eintrittsgeld (50 000 Mk.) ſtatt. Erwachſene haben am Sonn=
tag
und Montag abend jedes Mal um 8½ Uhr Gelegenheit, das Werk
dieſes Vaters der Innern Miſſion kennen zu lernen.
Turngemeinde Beffungen 1865, Darmſtadt e. V. Der Vortrag des
Herrn Pol.=Ob.=Lt. Götzinger über ſeine Erlebniſſe auf dem kleinen
Kreuzer Königsberg während des Weltkrieges fand am Samstag ſtatt.
Eine ſtattliche Anzahl Turner und Turnerinnen hatten ſich eingefunden
und folgten aufmerkſam den Ausführungen des Vortragenden. Zu dem
Vortrag ſelbſt iſt zu bemerken, daß die Königsberg in den Jahren
1905/06 in Dienſt geſtellt wurde, um zunächſt der Heimatflotte anzuge=
hören
. Im Jahre 1912 wurde das Schiff als Auslandskreuzer umge=
baut
. Nach dem Umbau wurde, Königsberg nach Oſtafrika geſchickt, wo
es das einzige Kriegsſchiff Deutſchlands war, wenn man das kleine Ver=
meſſungsſchiff
Möve nicht rechnet. Königsberg hatte eine Beſatzung
von 450 Mann. Was dieſer kleine, geſchützte Kreuzer leiſtete, iſt nicht
allgemein bekannt. Wie ſchon geſagt, gehörte die Königsberg zur Oſt=
afritaſtation
war ſo ziemlich auf ſich ſelbſt angewieſen und verſah haupt=
ſächlich
Wachtdienſt. Ende Juli 1914, als noch niemand an Krieg dachte,
erſchienen ſchon drei engliſche Kreuzer vor Dar es Salam, dem damaligen
Liegeplatz der Königsberg, um das Schiff zu kapern. Durch geſchicktes
Manöverieren gelang es dem Schiff nach Norden zu entkommen. Auch
hier wurde es aufgeſpürt, und wußte der Führer abermals zu entkom=
men
, und zwar wieder nach Dar es Salam. Königsberg verlegte jetzt
ſeinen Ankerplatz in einen Arm der Rufiji, und von hier aus gelang es
Königsberg, bei einem Vorſtoß den engliſchen Kreuzer Pegaſus
nebſt einem Patrouillenboot zu vernichten. Der Mangel an Kohle ſetzte
den Unternehmungen ein vorzeitiges Ende. Durch Flieger wurde das
Verſteck der Königsberg entdeckt und von den Engländern, die inzwi=
ſchen
ihre Flotte auf 21 Schiffe gebracht hatten, beſchoſſen. Als Königs= 8 Uhr, im Städtiſchen Saalbau eine öffentliche Verſamm=
berg
das Feuer nicht mehr erwidern konnte, wurde das Schiff auf Be=
fehl
des ſchwerverwundeten Führers geſprengt. Am 15. Juli 1915 ver=
ſank
die Königsberg‟. Die unverwundete Beſatzung trat zur Schutz=
truppe
=Abteilung Lettow=Vorbeck über, dem eine ſolche Verſtärkung nur
willkommen war. Solche belehrenden Vorträge ſollten öfter gehalten
werden. Dem Herrn Pol.=Ob.=Lt. Götzinger ſei auch an dieſer Stelle
nochmals der Dank ausgeſprochen.
Preußiſch=Süddeutſche Staats=Lotterie. Da die Ziehung der drit=
ten
Klaſſe auf den 18. und 19. September 1923, alſo um eine Woche ver=
ſchoben
wurde, iſt dementſprechend auch die Einlöſungsfriſt der Loſe um
dieſe Zeit verlängert und zwar auf Dienstag, den 11. September 1923
abends 6 Uhr. Bis dahin muß die Erneuerung zu dieſer Klaſſe plan=
mäßig
unter Vermeidung des Anſpruchsverluſtes erfolgt ſein. Gleich=
zeitig
wird darauf aufmerkſam gemacht, daß eine nochmalige Erinnerung auszahlungen für das ganze Jahr 1923 bitten wir, unſeren einkaſſieren=
durch
Poſtkarte wegen der hohen Porto= und Material=Speſen nicht er=
folgen
kann.
Lokale Veranſialtungen.
Die hlerunter erſchelnenden Notizen ſind ausſchließlich als Hinweiſe auf Anzeigen zu betrachten,
in keinem Falle irgendwie als Beſprechung oder Kriti.
Bodenreformer. Jugendherberge. Jugend=
gruppe
. Heute abend 8 Uhr Gemeindehaus: Bericht über Ludwig=
ſtein
Hoher Meißner. (Näheres Anzeige.)

Polikuſchka.

Polikuſchka, der unterſte aller Leibeigenen, ein Ortsfremder, dient als
Stallknecht der Herrſchaft von Pokrowskoje. Mit ſeinem jungen Weib
Akulina und den Kindern hauſt er in einem Verſchlag, der noch ſchlech=
ter
iſt als die anderen im Winkel des Geſindes. Er trinkt gern,
und wenn etwas herumliegt, ſo läßt er es mitgehen auf dem Weg zum
Hehler und Dorfwirt. Oft ſind die nahe dabei, denen das Herumlie=
gende
gehört, und vergelten Polikuſchka mit Bauernfäuſten und Tritten
die Nachbarn höhnen und Akulina ſchwindet vor Gram dahin es
ſtört ihn weder in ſeinem Wandel noch in ſeiner Fröhlichkeit. Die
Herrin des Dorfes will ihn ermahnen; er hat Tränen für ſie bereit
und die Beteuerungen, die ſie hören will, aber wahr iſt, daß er ſelbſt
gerührt iſt.
Dann ſoll das Dorf Rekruten ſtellen, eine gute Gelegenheit für die
Bauern, ſich von Polikuſchka zu befreien. Da verweigert die gnädige
Frau ihre Genehmigung, ſie läßt Polikuſchka abermals holen, ſie glaubt
an Polikuſchkas Reue, ſie iſt die einzige, die zu ihm Vertrauen hat und
ſo ſchickt ſie ihn ſtatt zu Soldaten zum Gärtner in die Stadt für ſie
Geld zu holen, viel Geld: 1617 Rubel.
An Stelle Polikuſchkas ſoll ein Neffe des Kirchenälteſten Dutlow zu
den Rekruten gehen: ein Jungverheirateter. Die Herrin hat befohlen,
daß die, welche drei Söhne im Hauſe haben, unter ſich das Los ziehen,
und ihn trifft es. Für wenige 100 Rubel wäre ein freiwilliger Stell=
vertreter
zu beſchaffen, aber die gnädige Frau weiß das nicht, das
Leben der Leibeigenen iſt ihr unbekannt, und dem alten Dutlow lohnt
es nicht, den Neffen loszukaufen, der ſeit der Jugend ihm als Knecht
dient. Polikuſchka fährt zur Stadt einer luſtigen Kleinſtadt, ein
Jahrmarkt iſt da, mit einem Guckkaſten und vielen Händlern abends
liegt er dann mit dem großen Geldbrief auf dem Ofen in der Gaſt=
ſtube
des Kaufmanns und wartet, bis es Morgen wird zur Rückkehr;
keinen Augenblick kann er ſchlafen mit dem Gelde der Herrin. Mitter=
nacht
wird es: da kommen zum Kaufmann die Aelteſten von Pokrowskoje,
die die Nekruten zur Stadt bringen. Zehn Jahre und länger währt der
Dienſt im Heere des Zaren und wenige nur kehren zurück; ſo iſt es
eilig, die Rekruten abzuliefern, ehe ſich einer ein Leid tut. Auch iſt
Dutlows Neffe nicht fügſam: er will nicht verſtehen, daß ſein Leben
weniger wert iſt, als das Geld für den Erſatzmann und tobt in der
Gaſtſtube. Aber ſie überwältigen und binden ihn, und bald ſchlafen alle,
Nur Polikuſchka nicht, ihn bedrückt die Nähe des Mannes, der für
ihn Soldat wird. So ſchleicht er hinaus, und als die Dämmerung
kommt iſt ſein Wagen weit draußen auf dem Heimweg. Auch der Schlaf
kommt nun endlich. In der Mütze trägt Polikuſchka den Geldbrief aber
zu alt iſt der Stoff und zu oft geflickt, um dem ſchweren Briefe Wider=
ſtand
zu leiſten. Während Polikuſchka träumt vom Danke der Her=
rin
, den Silberrubeln und dem ſchönen Hauſe, in dem er nun wohnen
mag fällt der Brief mit der Mütze zu Boden.
Als Polikuſchka erwacht, iſt er vor den erſten Häuſern von Pokrows=
koje
. Seine Hand greift zur Mütze und kommt durch das leere Futter. Die
Landſtraße jagt er zurück keine Spur von dem Briefe. Einen gan=
zen
Tag vermißt Pokrowskoje den Polikuſchka das Vertrauen der
Herrin wird unſicher, mit harten Befehlen ſchickt ſie die Mägde zum
Winkel‟. Dann kehrt Polikuſchka heim: Akulina hat nicht Zeit,
auf ihn zu achten und glaubt ihm, daß alles in Ordnung iſt. Wieder
kommt eine Magd, Polikuſchka zur Herrin zu befehlen. Akulina hebt ge=
rade
das Jüngſte in den Badetrog, da geht Polikuſchka, von der Türe
her ſegnet er die Kinder. Er geht auf den Boden, greift noch einmal in
die Mütze, legt das Kreuz ab und erhängt ſich. Die Tiſchlersfrau ent=
deckt
den Toten. Akulina eilt hinauf, das Jüngſte bleibt im Badetrog
und ertrinkt. Da wird Akulina irrſinnig; ſie lacht nur noch, ſo daß
auch die Nachbarn ſich nicht mehr halten können. Dutlow findet das
Geld am Wege und bringt es der Herrin, ſie ſchenkt es ihm, aber noch
immer verweigert er, den Neffen loszukaufen. In dieſer Nacht kommt
zu Dutlow die Erſcheinung Polikuſchkas, wirft ſich auf ihn und würgt ihn
und verlangt das Geld zurück, aber er gibt es nicht; Kreuze und
Segensſprüche kennt er, die vertreiben Geſpenſter. Und doch iſt Dutlow
dann ſo weit, daß er vom Trödler einen Erſatzmann für den Neffen
billig erſteht: ein luſtiger Kerl iſt es, der beim Trödler ſchläft und
verhandelt wird, ehe er aufwacht. Branntwein liebt er und Fröhlich=
keit
, als wäre er ein Zwillingsbruder Polikuſchkas. Auf dem Heimweg
treffen Dutlow und der Neffe noch einmal Polikuſchka: die Särge des
Mannes und des Kindes, die einige Nachbarn hinausbringen in die
Einſamkeit.
Dieſer Rollenfilm, von beſten ruſſiſchen Filmſchauſpielern unter den
ſchwierigſten Umſtänden geſtellt, iſt einer der beſten ſeiner Art. Tech=
niſch
einwandfrei rollt dieſes Drama aus dem dunklen Rußland vor den
Augen der Zuſchauer ab und enthüllt ein Kulturdokument von erſchüt=
terndem
Ausmaß. Eine ganz meiſterhafte Milieuſchilderung paart, ſich
mit höchſt entwickelter Kunſt der Darſtellung, die allerdings dem Vor=
wurf
und der Notwendigkeit entſprechend Kulturen zu zeichnen ſtark
realiſtiſch iſt, jedoch in keiner Weiſe irgendwie abſtoßend. Dieſer Film iſt
Dn
gute Kunſt und vermittelt überzeugend Leben.

Aus den Parteien.
Deutſche Volkspartei. Wir machen erneut darauf auf=
merkſam
, daß am Donnerstag, den 13. September, abends
lung ſtattfindet, in der der 1. Landesvorſitzende Herr Abg. Rechtsanwalt
Dingeldey, M. d. L., über: Die Regierung Streſe=
mann
ſprechen wird. Es iſt Pflicht aller unſerer Parteifreunde
wenn irgend möglich, an dieſer Verſammlung teilzunehmen und nach
Kräften in Bekanntenkreiſen für ſie zu werben.
Es bedarf wohl keiner beſonderen Erläuterung, daß die furchtbare
Geldentwertung den ſchnellen Eingang möglichſt großer Mit=
gliederbeiträge
für die Landespartei dringend notweidig macht.
Leider iſt immer noch eine Anzahl unſerer Mitglieder mit den Bei=
trägen
für das dritte Quartal 1923 rückſtändig. Wir bitten dringend,
dieſe Beiträge umgehend auf der Landesgeſchäftsſtelle,
Wilhelminenſtr. 5, zur Zahlung bringen zu wollen. Bei Vor=
den
Vertrauensleuten, eine der Geldentwertung entſprechende Nach=
zahlung
leiſten zu wollen. Die Beiträge für das letzte Quartal dieſes
Jahres werden im Laufe des kommenden Monats erhoben.
Deutſiche Demokratiſche Jugendgruppe, Darm=
ſtadt
. Profeſſor Dr. Julius Goldſtein der Verfaſſer des Buches
Naſſe und Politik, ſprach über dieſes Thema in der Jugendgruppe.
Er verſtand es, in ſeinen ſehr klaren und ſachlichen Ausführungen vor=
trefflich
die zur Diskuſſion ſtehende Materie von der wiſſenſchaftlichen
Seite zu beleuchten, und dieſer das Verhältnis, von Raſſe und Politik

von der Seite gegenüberzuſtellen, wie es aus parteipolitiſchen Gründen
von antiſemitiſchen Fanatikern hingeſtellt wird. Dieſe ſagen, daß Na=
tion
gleich Raſſe, gleich Abſtammungsgemeinſchaft ſei, während jedoch
Nation nur der Triumph des Geiſtes über die Raſſe iſt, denn alle großen
Nationen der Welt, insbeſondere Europas, ſeien ein Gemiſch verſchiede=
ner
Naſſen, darin mache auch die deutſche keine Ausnahme. Schrieb
doch ſelbſt die konſervative Kreuzzeitung im Jahre 1849 in Nr. 172, als
es ſich darum drehte, einen deutſchen Einheitsſtaat zu bilden: Nur die
hohlſten Schwärmer und Poeten können bei dem Volke der Deutſchen an
ein Volk gleicher Abſtammung denken. Nicht einmal für die älteſte
Zeit wäre eine ſolche Vorſtellung richtig. Im 12. und 13. Jahrhundert
wohnten noch rechts der Elbe faſt ausſchließlich ſlawiſche, litauiſche und
wendiſche Stämme, die ſich nach und nach mit Germanen vermiſchten.
Sie ſind darum nicht minder deutſch wie z. B. die Bewohner des Rheines.
Auch unſer weſtlicher Nachbar, Frankreich, ſetzte ſich aus vielen Raſſe=
Elementen zuſammen, die ſich noch heute nachweiſen laſſen. Nation iſt
eben ein ſeeliſcher Zuſtand einheitskultureller, Schickſalsgemeinſchaft. Die
falſche Theorie der Antiſemiten hat uns in Verſailles viel geſchadet, als
man ſie auf die Bewohner der Reichsgrenzen anwandte. Antiſemitismus
lebe nur von der Verzerrung und Entſtellung geſchichtlich gewordener
Verhältniſſe, und iſt für viele Größen von ehedem ein geeignetes Mittel,
die eigene ſchwere Verantwortung auf andere, in dieſem Falle unſere
jüdiſchen Mitbürger, abzuwälzen. In dem ſeeliſch kranken Zuſtande, in
dem ſich unſer Volk zurzeit befindet, finden dieſe falſchen Propheten zu
leicht Gehör.
Beſonders ſei noch auf die am kommenden Mittwoch ſtattfindende
Verſamulung aufmerkſam gemacht, in der Freund Leoff aus Mainz
über Organiſationsfragen ſpricht.
Regimentsnachrichten.
Verein ehem. Unteroffiziere des ehem. Heſſ.
Leib=Drag.=Regts. 24. Auf die am Mittwoch, den 12. Auguſt
1923 ſtattfindende Vollverſammlung im Vereinslokal, abends 8,30 Uhr,
wird ganz beſonders hingewieſen und um vollzähliges Erſcheinen gebeten,
Kunſtnotizen.
Ueber Werke, Künſiler und künſtieriſche Veranſtaltungen, deren im Nachfiehenden Erwähnung
geſchleht, behält ſich die Redaktion ihr Urteil vor.
Dr. Lomer, der als einer der beſten wiſſenſchaftlichen Forſcher
auf dem Gebiete des Okkultismus gilt, bei deſſen Vorträgen die Säle
die Zahl der Wißbegierigen, die ihm zuſtrömen, kaum zu faſſen ver=
mögen
, wird hier am 12. September im Turnhallenſaal, abends 8 Uhr,
über das Thema: Tote, die wiederkehren (Tatſachen und Beweiſe),
ſprechen. Dr. Lomer vertritt eine neue Wiſſenſchaft, die den Mut hat,
auch den verfemteſten Dingen ins Geſicht zu ſehen und ſie ſo zu zeigen,
wie ſie wirklich ſind. Er führt kühn auf ein Gebiet, das von Seiten der
zünftigen Wiſſenſchaft noch als abenteuerlich abgelehnt oder nur zaghaft
beſchritten wird. Karten bei Konzert=Arnold, Wilhelminenſtr. 9,

Arheilgen, 10. Sept. Als Leiche geländet wurde am
Samstag Nachmittag das Dienſtmädchen Roth aus Arheilgen, das in
Darmſtadt in Stellung war und ſich aus der Wohnung heimlich entfernt
hatte. Liebeskummer dürfte das Mädchen in den Tod getrieben haben.
Oppenheim, 10. Sept. Eine Spende aus Amerika im Be=
trage
von 55 Dollar iſt dieſer Tage der hieſigen Stadt zugegangen von
Frau Eliſe Goldenberg, geb. Feiſt, einer geborenen Oppenheimerin.
Mainz, 10. Sept. Tödlicher Unfall. In der Rheinſtraße kam
es zwiſchen einem Radfahrer und einem Auto zu einem Zuſammenſtoß.
Der Radfahrer geriet unter das Auto, wurde hierbei ſchwer verletzt und
iſt im Krankenhaus alsbald an den Verletzungen geſtorben.
Alsfeld, 10. Sept. Nachdem ein früherer Vertrag über den Ver=
kauf
des ſtädtiſchen Elektrizitätswerkes hinfällig ge=
worden
war, weil die Käufer die feſtgeſetzten Zahlungsfriſten nicht ein=
hielten
, hat der Stadtvorſtand in ſeiner jüngſten Sitzung einem neuen
Kaufvertrag zugeſtimmt. Danach erwarb die Firma Johann Henkel II,
Holzhandlung und Dampfſägewerk in Lauterbach, das Maſchinen=
Inventar des Werkes zum Preiſe von 30 Milliarden. Grundſtück und
Gebäude verbleiben im Eigentum der Stadt.

Parlamentgriſches.
Der Geſetzgebungs=Ausſchuß des heſſiſchen Landtages
trat geſtern vormittag, nach den Ferien wieder zuſammen. Zunächſt
wurden durch die Regierungsantwort für erledigt erklärt: die Vor=
ſtellung
Jakob Hanitſch Offenbach a. M., betr. Vormundſchaft über die
Ehefrau Theodor Müller zu Offenbach die Vorſtellung der Ehefrau
Marg. Luckhaupt zu Darmſtadt, betr. Erlaß einer Gefängnisſtrafe für
ihren Mann, die Vorſtellung Georg Kiſſel (Gau=Algesheim), betr. Straf=
erlaß
, die Vorſtellung Franz Mann zu Frankfurt, betr. Straferlaß
ſeiner Ehefrau, die Vorſtellung Fr. Weitzel, M. Biſchoff und J. Vollmar
zu Kaichen, betr. Straferlaß, die Vorſtellung Friedr. Henß zu Offen=
bach
, betr. Begnadigung ſeines Sohnes und die Vorſtellung des heſſi=
ſchen
Landgemeindetages, Kreisgruppe Offenbach, zu Mühlheim, betr.
Neuordnung der Baubehörden. Die Vorſtellung des Vereins der höhe=
ren
Beamten der inneren Staatsverwaltung Heſſens, betr. die Orgaui=
ſation
der inneren Staatsverwaltung Heſſens wird der Regierung als
Material für den Ausſchuß überwieſen, der die Verwaltungsgeſetze
vorbereitet. Angenommen wurde der Entwurf eines Geſetzes der
die Gebühren der Rechtsanwälte betrifft. Ein Antrag Kaul (Soz.):
1. die Zentrale für Mutter= und Säuglingsfürſorge in ſtaatliche Ver=
waltung
zu nehmen, wurde abgelehnt, 2. desgleichen dem Arbeits=
ausſchuß
ſelbſtändige Verwaltungskörper zu wählen, wurde ebenfals
abgelehnt. Auf Wunſch des Antragſtellers wurde ſodann 3., die
Zentrale für Mutter= und Säuglingsfürſorge dem Arbeits= und Wirt=
ſchaftsminiſterium
anzugliedern, zur ſpäteren Beratung zurückgeſtellt,
Die Beratungen werden nachmittags 3 Uhr fortgeſetzt. Nach=
mittagsſitzung
. Zugeſtimmt wurde der Niederſchlagung des
Strafverfahrens gegen Joh Peter Dreißigacker und Lorenz Breuer in
Bettenb ch. Die Vorſtellung J. Weißer, Offenbach, die Immunität
der Landtagsabgeordneten aufzuheben, die verantwortliche Zeitungs=
redakteure
ſind, wurde abgelehnt. Ferner wurde die Vorſtellung A.
Schmidt, Crumſtadt, abgelehnt, wegen Erlaß ſeiner Strafe, jedoch
ſtellt der Ausſchuß der Regierung anheim, nach Verbüßung der Hälſte
der Strafe das Geſuch erneut wohlwollend zu prüfen. Die Vorſtellung
Juſtizrat Lindt in Darmſtadt, betr. Erlaß eines Brandſchaugeſetzes,
wird der Regierung als Material überwieſen, und die Vorſtellung des
Nechtsanwalts Dr. Blank zu Oppenheim, betr. Pachtſchutzordnung, wird
durch die Regierungsantwort für erledigt erklärt. Die Beratungen
werden am Dienstag vormittag fortgeſetzt.

E

Die Finanzen des Großherzogs.
Roman von Frank Heller.
Copyright bei Georg Müller Verlag, München.
31)
(Nachdruck verboten.
Die Stimme unter dem Schleier war ſehr zaghaft und ſcheu.
Ich ich weiß nicht. Ich kann ja doch nicht auf Ihre Zeit
Beſchlag legen. Sie kennen mich doch nicht . . ."
Er beugte ſich vor und betrachtete ſie ernſt.
Vovons, ſagte er, ich glaubte, wir wären in dieſem Punkte
einig. Ich kenne Sie nicht, und wenn Sie nicht wollen, werde ich
Sie auch nie kennen lernen. Aber ich weiß, daß Sie in Bedräng=
nis
ſind und überdies ohne Geld. Wenn Sie mich noch immer
dafür halten, wofür Sie mich zuerſt nahmen, ſo haben Sie die
Güte, und zögern Sie nicht länger, ſondern ſagen Sie mir, was
ich tun kann. Meine Zeit ſteht vollſtändig zu Ihrer Verfügung.
Als er dies ſagte, warf er unwillkürlich einen Blick auf ſein
Uhrarmband. Es war jetzt über ſieben, er hatte alſo kaum
anderthalb Stunden in Paris für ſich, wenn er den Abendexpreß
nicht verſäumen wollte, in dem ſein Schlafcoupee reſerviert war.
Bei dieſem Gedanken zuckte er vor Staunen über ſich ſelbſt zu=
ſammen
. Was in aller Welt hatte er eigentlich mit dieſer jungen
Dame zu ſchaffen, die der Zufall ihm in den Weg geführt hatte.
Sie war jung, hilflos und hatte entzückende blaue Augen ...
aber wenn ihm noch vor einer Stunde jemand geſagt hätte, daß
er um dieſe Zeit etwas anderes tun würde, als bei Voiſin dinie=
ren
, er hätre ihm ins Geſicht gelacht. Er war es wahrhaftig
nicht gewohnt, den Ritter junger unbekannter Prinzeſſinnen zu
ſpielen, und wären ſie noch ſo blauäugig und unglücklich . ..
Aber, allons . . . das Diner bei Voiſin konnte unterbleiben".
dies einemal, und ihre kleinen Angelegenheiten konnten ihn doch
nicht hindern, den Zug zu erreichen.
Er hatte mit keiner Miene ſeine Gedanken verraten und die
unbekannte, die durch den Schleier ſein Geſicht aufmerkſam
ſtudiert hatte, ſchien einen plötzlichen Entſchluß zu faſſen.
Wenn ... wenn . . . Aber Sie haben ſicher keine Zeit
frei?
Er nickte beruhigend.
Und Sie wollen mir helfen? Ohne Fragen zu ſtellen?
Ich bin kein Detektiv, ſagte er kurz.
Sie bereute offenbar ihre letzte Aeußerung und bat mit
einem ſtummen Blick durch den Schleier um Entſchuldigung.

Würden ... würden Sie mich dann ins Hotel d’Ecoſſe
bringen?
Nichts anderes! Er lachte laut über den Kontraſt zwiſchen
dieſem einfachen Wunſche und dem Zögern, mit dem ſie ihn vor=
gebracht
hatte, rief den Kellner und bezahlte. Dann ſteckte er
ſeine Zeitungen ein, und ſie ſtanden vom Tiſche auf. Als ſie die
Trottoirkante erreicht hatten und er gerade im Begriff war, ein
Auto anzurufen, rief ſie haſtig:
Kein Auto . . . Nehmen Sie eine Droſchke!
Ja, warum denn um Himmels willen? Er ſtarrte ſie an.
Hatte ſie nach ihren heutigen Abenteuern eine Idioſynkraſie gegen
Autos?
Ich habe gehört, daß das billiger ſein ſoll . . ."
Er brach in ein ſchallendes Gelächter aus und rief das erſte
Auto an, das vorbeipaſſierte.
Madame, ſagte er. Sie ſind zu rückſichtvoll gegen mich,
es iſt dies eine Eigenſchaft, die Ihr Geſchlecht mir ſonſt nicht in
übertriebenem Grade gezeigt hat. Um Sie zu beruhigen, kann
ich Ihnen ſagen, daß ein Auto und eine Droſchke abſolut gleich
teuer ſind.
Sie waren nicht mehr als hundert Meter gefahren, als er
ihre Hand auf ſeinem Nockärmel ſpürte. Er wandte ſich ihr zu
und betrachtete ſie fragend.
Verzeihen Sie, ſagte ſie. Aber . . . es iſt mög . . . mir
iſt etwas eingefallen.
Er neigte den Kopf zum Zeichen, daß er ihr folgte.
Ja, vielleicht ſind meine Feinde in dem ſchwarzen Auto vor
mir ins Hotel gekommen und warten doch auf mich . . . was
ſoll ich tun ach, ich weiß nicht, was ich tun ſoll!
Er ſtarrte ſie an, zum zweiten Male ernſtlich nachdenklich.
Was waren das für Feinde, die ſie da hatte? Steckte er da viel=
leicht
, den Kopf in eine unangenehme Affäre eine Polizei=
affäre
? War ſie wirklich eine Schwindlerin? Die Erinnerung
an verſchiedene Banditenaffären der letzten Zeit tauchte einen
Augenblick in ſeinem Hirn auf, bis eine andere Erinnerung ſie
verdrängte zwei feuchte blaue Augen und ein treuherzig
lächelnder Mund. Bah, was bildete er ſich für Dummheiten ein?
Apachen= und Banditenmädchen ſie war ſo jung, kaum zwan=
zig
Jahre . . . aber die betreffenden Apachen beiderlei Geſchlechts
pflegten auch nicht gerade ſteinalt zu ſein . . . und ſo ſchön. . . ."
Madame, ſagte er, wenn Sie wollen, werde ich ausſteigen
und im Hotel rekognoſzieren. Seien Sie beruhigt, ich werde
keine Fragen über Sie ſtellen. Sie haben mein Wort. Aber

Ihre Feinde wollen Sie mir ihr Signalement geben, ſie
zögerte ſichtlich, oder ſoll ich lieber auf eigene Fauſt operieren?
Sie nickte dankbar und lehnte ſich in die Autoecke zurück.
Fünf Minuten ſpäter waren ſie vor dem Hotel. Der junge Herr
ſprang heraus und eilte in die Halle des Hotels.
Nach zwei Minuten, kehrte er mit gefurchter Stirn zurück.
Sie ſtarrte ihn aus dem Dunkel des Autos ängſtlich an.
Nun? fragte ſie mit zitternder Stimme.
Ja, Madame, ſagte er. Sie haben Pech. Das rote Auto
Ihr Auto iſt vor etwa 20 Minuten aufgetaucht, mit dem
ſchwarzen dicht hinterdrein. Das ſchwarze Auto hatte das Pech
gehabt, von einer Pferdedroſchke aufgehalten zu werden, ſo daß
das rote eine halbe Minute Vorſprung bekam. Kein Menſch ver=
ließ
das rote Auto, aber das ſchwarze ſetzte, bevor es weiter fuhr,
zwei Herren ab, die nun in der Halle ſitzen und offenbar auf Sie
warten.
Sie wurde leichenblaß und murmelte:
Zwei Herren, wie ſehen ſie denn aus?
Der eine iſt baumlang, gelb wie eine Zitrone und hat, wo
er nicht gelb iſt, einen ſchwarzen Bart. Er trägt ein Jackett. Der
andere iſt klein; dick und rot, hat blaue Augen und ein blaues
Sakkokoſtüm.
Seine Stimme war, während er dies ſagte, ziemlich kalt, die
Sache begann für ſeinen Geſchmack zu myſteriös zu werden. Jetzt
machte er eine Pauſe und betrachtete ſie. Es ſchimmerte feucht
durch ihren Schleier, und in der Stille, die ſeinen Worten folgte.
hörte er ein unterdrücktes kleines Schluchzen. Wieder erlangten
ſeine weicheren Gefühle die Oberhand, er ſtürzte in das Auto
und legte die Hand auf ihre Schulter.
Mein Gott, mein armes Kind, ſagte er erregt. So weinen
Sie doch nicht! Was iſt es denn? Was will man von Ihnen?
Ich meine ... was kann ich für Sie tun?. Was wollen Sie,
ſprechen Sie?
Sie machte ſich langſam von ſeiner Berührung frei und
richtete ſich auf.
Nein, nein, ſagte ſie. Verlaſſen Sie mich! Sie haben ſchon
mehr für mich getan, als Sie ſollten: Vielleicht, kann ich es
Ihnen nie vergelten. Ich weiß, daß ich jetzt für Sie ausſehen
muß wie eine Verbrecherin, die vor der Polizei flüchtet. Aber
ich ſchwöre Ihnen, daß ich das nicht bin . . . laſſen Sie mich jetzt
gehen!
(Fortſetzung folgt.)

[ ][  ][ ]

Nummer 25 1.

Darmſtädter Tagblatt, Dienstag, den 11. September 1923.

Seite 5

Reich und Ausland.
Aus der Reichshauptſtadt.
Zuſammenſtoß von Chauffguren mit Polizei=
beamten
. Unter dem Einfluß genoſſenen Alkohols beläſtigten einige
Autodroſchkenführer am Stettiner Bahnhof vorübergehende Paſſanten.
Als Beamte der Schutzpolizei eingreifen mußten ſprang einer der Droſch=
kenbeſitzer
dem Beamten an die Gurgel und bearbeitete ihn mit beiden
Fäuſten. In der Notwehr mußte der Beamte von ſeiner Seitenwaffe
Gebrauch machen, wobei er ſeinem Angreifer einen Finger abſchlug. Die
Rettungsſtelle leiſtete die erſte Hilfe.
Ein Scheckbetrügerpärchen treibt in Groß=Berlin ſein
Unweſen. Eine Frau Jeannette v. Griesheim, deren Mann im Welt=
krieg
gefallen iſt, kam aus Rumänien nach Berlin und ſtieg in einem
Hotel am Potsdamer Platze ab. Hier wurde ihr auf ungeklärte Weiſe
vom Zimmertiſch weg die Handtaſche geſtohlen, die u. a. ihren Paß und
ein Scheckbuch der Commerz= und Privatbank enthielt; ferner Briefe und
Aufzeichnungen, aus denen hervorgeht, wo Frau v. Griesheim früher
einmal gewohnt hat. Seit dem Diebſtahl erſcheint nun ein Mann, der
ſich Ernſt v. Griesheim nennt und eine frühere Wohnung der Familie
angibt, in Geſchäften, macht große Einkäufe und bezahlt mit einem ge=
ſtohlenen
Scheck, für den natürlich keine Deckung vorhanden iſt. Die
Geſchäftsleute werden dadurch ſicher gemacht, daß bei Nachfragen die
Wohnungsangabe beſtätigt wird. In einem Geſchäft in der Charlotten=
ſtraße
erbeutete der Schwindler neuerdings für 25 Millionen Pelzſachen.
In einigen Geſchäften kaufte eine Frauensperſon unter dem Namen der
Beſtohlenen ein, in anderen das Pärchen gemeinſam. Den Betrügern
ſind ſchon hunderte Millionen in die Hände gefallen.
Sturmſchäden an der Nordſee.
Durch die Sturmflut ſind am Dammbau nach Sylt ſchwere
Schäden verurſacht worden. Die Bodenverluſte betragen etwa 60 000
Quadratmeter. Von den Steindecken iſt die ſüdliche unbeſchädigt, wäh=
rend
die nödliche infolge Unterſpülung des Kleinbodens zum großen
Teil zuſammengebrochen iſt. Von den beiden Baggern iſt der eine auf
den Damm geſpült. Zwölf Leichen ſind in den letzten Tagen an dem
Deich der Köge angeſchwemmt worden. Ein Bewohner der Hallig, der
während des Sturmes von Hooge nach Föhr ſegeln wollte, trieb in der
Richtung auf Bongfiel ab. Kurz vor Bongfiel, als ſchon Rettung nahte,
wurde er vom Maſt erſchlagen und ſtürzte ins Waſſer. Nach dem Sturm
bietet der Weſterländer Strand ein ganz verändertes Bild. Die Wandel=
hallen
ſind verſchwunden, die großen Sandberge, herrührend von der
Verlängerung der Strandmauer, nach dem Sund hinweggeſpült. Die
ſchweren Steinpackungen vor der Mauer ſind zum Teil bloßgelegt, haben
ſich aber augenſcheinlich ausgezeichnet bewährt. Im großen und ganzen
kann man ſagen, daß die Strandmauer dem gewaltigen Anprall des
Orkans gut ſtandgehalten hat. Insbeſondere iſt durch den Bau der
Sicherung des Südendes der Mauer eing große Kataſtrophe verhindert
wvorden.
Durch den letzten Sturm ſind der Landwirtſchaft in Dith=
marſchen
große Schäden zugefügt, da bis zu drei Viertel des Körner=
ertrages
auf dem Felde durch die Gewalt des Sturmes ausgeſchlagen
iſt. Das Korn einzelner Aecker kann nicht gedroſchen werden, da die
Unkoſten für die Dreſchmaſchinen nicht herauskommen würden. Der ſtän=
dig
in Zwiſchenräumen niedergehende Regen ſtört den Schnitt des hoch=
reifen
Getreides ungemein. Die Näſſe verhindert auch die Arbeit der
Mähmaſchinen. An vielen Stellen ſind Handmäher tätig. Das Laub
der Kartoffelfelder erhält, eine ſchwarze Farbe, ein Zeichen, daß die
Pflanzen von der Seuche befallen ſind; die Ausſichten auf eine gute
Ernke, die anfangs beſtanden, vermindern ſich immer mehr.
Von einem Adler überfallen.
Der Corriere della Sera meldet aus Como: In der Villa des
Geometers Rumi bei Dongo hat ſich ein eigentümlicher Fall ereignet.
Der Sohn des Geometers, Ingenieur Guido Rumi, ſchlief in einem
Zimmer bei offenem Fenſter, als er plötzlich durch ein ſonderbares,
ſtarkes Geräuſch aufgeſchreckt wurde. Zu ſeinem Entſetzen ſah er, daß
durch das offene Fenſter ein junger, aber ſehr kräftiger Adler ins Zim=
mer
geflogen war und ſich auf den Liegenden zu ſtürzen drohte. Der
Ingenieur ſprang raſch entſchloſſen auf, rang mit dem Adler, und es
gelang ihm, ihn zu erwürgen.

Briefkaſten.
G. m. b. H. Unſerer Anſicht nach hat das Finanzamt die ihm allein
mögliche Antwort gegeben. Laſſen Sie doch ruhig feſtſtellen, ob nichts
da iſt. Andernfalls müßte gerichtliche Entſcheidung angerufen werden.

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(T,7431

Wetterbericht der Gießener Wetterwarte.
Wettervorherſage für Mittwoch, 12. September.
Wolkig bis heiter, trocken, warm.

Tageskalender.
Union=, Reſidenz=Theater, Palaſt=Lichtſpiele: Kinovorſtellungen.

Druck und Verlag: L. C. Wittich. Verantwortlich für Politik und
Wirtſchaft: Rudolf Mauve; für Feuilleton, Stadt und Land,
Reich und Ausland: Max Streeſe; für den Inſeratenteil;
J. V. A. Fleiſcmann, ſämtlich in Darmſtadt.

Sport, Spiel und Turnen.
Fußball.
Sportverein Darmſtadt Liga=Erſatz Schupo.
Am Mittwoch, den 12. d8. Mts., nachmittags 5,15 Uhr, treffen ſich
auf dem Sportplatz am Finanzamt die Liga=Erſatz=Mannſchaft des
Sportverein 98=Darmſtadt und die Erſte Mannſchaft der Schutzpolizei.
Die Polizeimannſchaft, die in letzter Zeit ſehr gut in Form iſt, ſchlug
dieſelbe doch vor kurzer Zeit Eintracht=Darmſtadt mit 2:1 und am
vergangenen Samstag die Ligamannſchaft der Union (Turngemeinde=
Beſſungen) nach überlegenem Spiel mit 5:1 wird ſicherlich einen
ſchweren Stand haben, um auch ehrenvoll bezw. ſiegreich gegen die
Reſerve des Sportvereins abzuſchneiden. Die Mannſchaft der Schupo
tritt zu dieſem Spiel komplett in ſtärkſter Aufſtellung mit ihrer bisher
gut bewährten Mannſchaft gegen die Liga=Erſatzmannſchaft an, um die
im vergangenen Jahre erlittene Niederlage durch die Ensgraber= Mann=
ſchat
des Sportvereins, wieder gut zu machen. Aber auch die Ligaerſatz=
Mannſchaft des Sportvereins wird alles aufbieten, um ihren guten Ruf
zu wahren, nach der Liga=Mannſchaft ihres Vereins mit eine der beſten
Mannſchaften Darmſtadts zu ſein. Auf den Ausgang dieſes Spieles
darf man geſpannt ſein. Vorausſichtich iſt es das letzte Spiel der Polizei=
Mannſchaft in dieſem Jahre, da ihre Spieler bei ihren Vereinen an den
jetzt beginnenden Verbandsſpielen teilnehmen.
Eintracht Darmſtadt I Sportvereinigung Arheilgen, 2:4 (1:4).
Auf dem Eintracht=Platze trafen ſich bei herrlichem Wetter obige
Mannſchaften. Zu Anfang legt Arheilgen ein ſchnelles Tempo vor und
die Eintracht=Mannſchaft muß alles daranſetzen, ſich dieſer Angriffe zu
erwehren. Doch auch der hieſige Sturm iſt nicht müßig und kann nach
ſchönem Zuſammenſpiel durch Seeber in Führung gehen. Die Freude
ſollte aber nicht lang währen, denn Arheilgen kann durch gut plazierten
Schuß ausgleichen, um gleich darauf (abſeits?) das zweite Tor zu er=
zielen
. Bei einem weiteren Vorſtoß der Arheilger ſteht das Reſultat
3:1. Pockrandt, Eintracht=Torhüter, hätte dieſen Erfolg verhindern
können, doch entgleitet der Ball ſeinen Händen. Eintracht kommt all=
mählich
zur Beſinnung, aber Pech verfolgt die Mannſchaft. Kurz vor
Halbzeit iſt Arheilgen zum vierten Male und zwar durch ſeinen Halb=
rechten
, erfolgreich. Mit 4:1 geht es in die Pauſe. Jetzt ſcheint Schwung
in die Eintracht=Mannſchaft gekommen zu ſein und man ſieht wunder=
ſchöne
Kombination. Aber das Schmerzenskind, der Sturm, iſt zu un=
beholfen
. Arheilgen wird in die Deffenſive zurückgedrängt und der
Torhüter muß manchen Schuß halten. Das Zuſammenſpiel Darmſtadts
wird von Minute zu Minute beſſer und nur vor dem Tor fehlt der ge=
ſunde
Schuß, weshalb es auch zu keinem Erfolg kommt. Das Spiel
wird nunmehr offener und Pockrandt muß rettend eingreifen. Es geht
dem Ende zu und noch immer hat Eintracht kein Tor aufgeholt. Doch
einmal noch ſollte es gelingen, Rauſch I erzielt bei einem Gedränge
den zweiten Treffer. Vor Schluß kommt Mühlbach I durch, jedoch der
Torhüter hält. Dem Spielverlauf nach hätte die Eintracht=Mannſchaft
ein unentſchiedenes Reſultat verdient. Der Schiedsrichter konnte gut
gefallen.
Fußballklub Germania=Eſchollbrücken.
Das am Sonntag auf dem Sporpplatz in Eſchollbrücken ausgetra=
gene
Spiel verlief in ſchönſter Weiſe. Wie vorausgeſagt, konnte Eſcholl=
brücken
ſeinen Gegner in Schach halten. Jugenheim reichte es trotz
großer Anſtrengungen nur zum Ehrentreffer, den P. Schneider ſchön
einſchoß. Dieſem Tor konnte Eſchollbrücken durch die Gebrüder Hechler
und Bitſch 5 Tore entgegenſtellen. Das Spiel der 1. Jugendmann=
ſchaft
beider Vereine endete mit dem Siege von 4:1 Toren für Eſcholl=
brücken
.
Radfahren.
Ernſt Wolf, Klubmeiſter des Velozipedklub 1899.
Das Hch. Becker=Erinnerungsrennen, zugleich der dritte Lauf zur
Klubmeiſterſchaft des Velozipedklub 1899 nahm den erwarteten Verlauf
und ſah den Verteidiger dieſes Titels Ernſt Wolf als glatten
Sieger.
Um die beiden nächſten Plätze kämpften Baumert und Dingeldein,
wobei erſterer im Endſpurt zu Fall kam, ohne ſich jedoch ernſthaft zu
verletzen. Dicht auf folgte W. Bender; Beck und Thöt mit weiteren
kleinen Abſtänden. Die Zeiten ſind ſehr gute zu nennen: 1. Ernſt
Wolf 2 St. 32 Min., 2. Dingeldein 2 St. 39 Min., 3. Baumert 2 St.
39 Min., 5 Sek., 4. W. Bender 2 St. 39 Min., 10 Sek., 5. Beck 2 St.
41 Min., 6. Thöt 2 St. 42 Min., 30 Sek., 7. Moltke 2 St. 49 Min.,
30 Sek., 8. Maſer 2 St. 49 Min., 31 Sek. Senioren: Gg. Becker, F. F.
Walckenhorſt 2 St., 52 Min., 30 Sek. (totes Rennen).
Siewener.
Lawy=Tennis.
Das am Sonntag, den 9. September, ftattgefundene Städtewettſpiel
Frankfurt=Darmſtadt endete mit dem Siege Darmſtadts. (16 zu 9 Punk=
ten
.) Für Darmſtadt ſpielten die Herren: Schüler, Daub, Hofmann,
Köhler, Reuter, Sior, Diefenbach, Eſche, Werner, Heß, Samesreuter;
die Damen: Fr. Schüler, Frl. Nöllner, Frl. Goldſchmidt, Frl. Wiſſell,
Frl. Maintzinger.

ist es eine besondere Wohltat, den Kopf zu waschen. Schweiß und
Schmutz verstopfen die Hautporen, die Kopfhaut kann nicht aus-
1ünsten und die Folge ist vermehrter Haarausfall. Regelmäßige
Waschungen mit dem ärztlich empfohlenen und altbewährten
Schaumpon mit dem schwarzen Kopf beseitigen alle 2
Schäden, erhöhen das körperliche Wohlbefinden und geben den
Haar seidigen Glanz sowie üppige Fülle. Beim Einkauf achte man‟
stets auf die Schutzmarke Schwarzer Kopf nur sie bietet
jewähr für das echte und gute Fabrikat. Uberall erhältlich.

Amerikanlsche Reglerungsdampfer
MAcM NEM VORK
von Southampton Cherboung
LEUIATHAN
18. September, 9. u. 30. Oktober, 20. Novbr., 11. Dez.
Von Bremen üb. Southampton u. Cherbourg nach New Vork
GEORGE WASHINGTON
28. November
21. September,
24. Oktober,
President Arthur . . . . . 12. Septbr. 19. Oktober-
America . . . . . . . . . . 26. Septbr. 31. Oktober
President Roosevelt . . . 3. Oktober 7. Novbr.
President Fillmore . . . . 4. Oktober
President Harding . . . . 10. Oktbr. 14. Novbr.
Abfahrt von Southampton und Cherbourg 1 Tag später
Alles Nähere durch untenstehende Adressen
Vorteilhafte Gelegenheit für Güterbeförderung
UNITED STATES LINES
BARLIN WS
Cgfch
DAENSTADN
Unter den Linden 1
Frankfurtorsasse 12/14
General-Vertretung: Norddentscher Llovd, Bremen.

Stimmen aus dem Leſerkreiſe.
(Für die Veröffentlſchungen unter dieſer Ueberſchrift übernimmt die Redaktion kelnerlei Ver=
antwortung
; für ſie bleibt auf Grund des § 21 Abſ. 2 des Preſſegeſetzes in vollem Umfange
der Einſender verantwortlich.) Einſendungen, die nicht verwendet werden, können nicht
zurückgefandt, die Ablebnung nicht begründet werden.
Dringende Anfrage an die Stadtverwaltung der Stadt Darmſtadt.
w. Da vorausſichtlich die Verſorgung der hieſigen Bevölkerung
mit Winterkartoffeln auf Schwierigkeiten zu ſtoßen ſcheint,
indem jetzt ſchon zahlreiche Landwirte ihren langjährigen Kunden, die
ſchon 15 bis 20 Jahre von dieſen mit Winterkartoffeln verſorgt wurden,
die Mitteilung zugehen laſſen, daß ſie dieſes Jahr nicht in der Lage
ſind, die ſonſt alljährlich benötigten Kartoffeln zu liefern; als Grund
wird u. a. angeführt, es ſei bekannt gemacht worden, daß vorläufig
keine Winterkartoffeln ausgeführt werden dürften, wegen der vielen
Flüchtlinge und Ausgewieſenen, welche ſich in den betreffenden Orten
befänden. Deshalb iſt die Frage wohl berechtigt, ob die hieſige Stadt=
verwältung
nicht in der Lage und gewillt iſt, hier helfend als Retter
in der Not einzugreifen. Man ſollte doch annehmen, was in anderen
Städten der näheren Umgebung möglich iſt, könnte auch hier in Darm=
ſtadt
möglich gemacht werden, und der Dank der ſorgenden Hausfrauen
wäre der ſonſt ſo hilfsbereiten Stadtverwaltung ſicher. In Betracht
zu ziehen wären hierbei in erſter Linie diejenigen Familien, denen es
an jeder Möglichkeit fehlt, ſich mit Winterkartoffeln in genügender
Menge einzudecken. Iſt doch ein großer Teil der näheren Umgebung
unſerer Stadt beſetzt und ſchon hierdurch mancher Familie, die ſonſt
aus dieſen Orten ihre üblichen Winterkartoffeln bezogen, die Möglich=
keit
genommen, ihren Bedarf zu decken.
Die Stadtverwaltung müſte hier ſobald als möglich an3 Werk
gehen. Auch wäre hier ein Feld geboten für die vielen Erwerbs= und
Arbeitsloſen in hieſiger Stadt, welche ſich hier nützlich betätigen
könnten.
Wie z. B. u. a. der Gemeinderat des Städtchens Michelſtadt
für ſeine Einwohner ſorgt, geht aus folgender Zeitungsmeldung hervor:
Der Gemeinderat hat beſchloſſen, die Verſorgung der Bevölkerung
mit Winterkartoffeln inſoweit durch die Stadt zu organiſieren,
als ſich die Bevölkerung nicht aus eigener Möglichkeit oder durch den
privaten Bezug von Kartoffeln genügend eindecken kann. Am Schalter
der Bürgermeiſterei liegt eine Liſte offen, in die ſich alle diejenigen
eintragen laſſen können, die ihre Kartoffeln durch die Stadt beziehen
vollen. Die Stadt plant den Abſchluß von Lieferungsverträgen in der
näheren und weiteren Umgebung, um dadurch die erforderliche Einfuhr
von Kartoffeln zu ſichern.
Das Kreisamt müßte alsbald eine Bekanntmachung erlaſſen, in
welcher die Erzeuger auf die große Not in den Städten hingewieſen
und auf ihre heilige Pflicht im Intereſſe des Vaterlandes aufmerkſam
gemacht werden. Auch dem frühzeitigen Einmieten, um im nächſten
Frühjahr einen höheren Preis zu erzielen, ſowie dem Verſchieben von
Kartoffeln müßte durch die ſofortige Verfügung vorgebeugt werden.
Im vorigen Herbſt wurde von den Erzeugern vielfach geäußertt
Wir haben keine Leute und es fehlt uns an dem nötigen Fuhrwerk;
wir fahren die Kartoffeln an die Bahn, da ſind wir alles los!
Es müßte ein den Zeitt erhältniſſen angemeſſener Preis feſtgeſetzt
werden, einesteils, um den Erzeuger zu bewegen, die Stadtbevölkerung
mit Kartoffeln zu verſergen, andernteils, um dem Wucher keinen Vor=
ſchub
zu leiſten.
Es ſei deshalb aus den oben geſchilderten Gründen nochmals an
die Stadtverwaltung die dringende Bitte gerichtet, hier eine Verſorgung
der Stadtbevölkerung mit Winterkartoffeln zu organiſieren und die
nötigen Maßnahmen hierzu alsbald zu ergreifen, ehe es zu ſpät iſt.

Die heutige Rummer hat 8 Seiten

Wir zeigen in dank-
barer
Freude die glück-
liche
Geburt eines präch-
tigen
Sonntagsmädels an
Fred C. V. Pfeitter
und Frau Marie
Sonntag, den 9. Sept. 1923
(*24552

Die glückliche Geburt eines
Sonntagsmädels
zeigen in dankarer Freude an
Oberstlentnant a. D. Raith
Polizeimajor
und Frau Frida Raith
geb. Binsack
9. September 1923
(*24557

Todes=Anzeige.
Verwandten, Freunden und Be=
kannten
hiermit die ſchmerzliche
Mitteilung, daß unſere innigſt=
geliebte
Tochter, Schweſter und
Schwägerin
Lina Roth
plötzlich im blühenden Alter von
21 Jahren unerwartet aus dem
Leben geſchieden iſt.
Darmſtadt, 10. Sept. 1923.
Die tieftrauernden Hinterbliebenen:
Eltern, Geſchwiſter u. Schwägerinnen
Die Beerdigung finder Dienstag
Nachmittag 3½ Uhr auf dem Wald=
friedhof
ſtatt,

Wolfgang Friedrich ist da
Dr. F. Noack
und Frau lrma
10. September 1923
R4)


Lilly Strauß
Robert Marx
VERLOBTE
Frankfart Darmstadt

/
Ida Marz
Kurt Buny
VERLOBTE
Mannheim
Darmstadt
(*24441

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Darmſtädter Tagblatt

11. September 1923 Nr. 231

Handelsblatt

Handel und Wandel in Heſſen.
h. Chemiſche Fabrik Budenheim A.=G., Mainz.
Einer außerordentlichen Generalverſammlung wird Kapitalsverdoppe=
lung
von 30 auf 60 Mill. Mk. vorgeſchlagen.
Wirtſchaftliche Rundſchau.
h. Badiſche Geſellſchaft für Zuckerfabrikation
Waghäuſel=Mannheim. Zum Handel und zur Notierung an
der Berliner Börſe ſind 235,2 Mill. Mk. Stammaktien zugelaſſen wor=
den
. Das geſamte Grundkapital beſteht aus dieſen Stammaktien und
6,72 Mill. Mk. Vorzugsaktien. In der Zwiſchenbilanz vom 27. Februar
ſtehen Neuanlagen mit 87 Mill. Mk., Debitoren mit 2429 Mill. Mk.,
Bankguthaben mit 795 Mill. Mk., Vorräte und Materialien mit 2575
Mill. Mk., landwirtſchaftliche Werte mit 1029 Mill. Mk., offene Reſerven
mit 13,6 Mill. Mk., Gläubiger mit 4196 Mill. Mk., Akzepte mit 507
Mill. Mk. und Bankſchulden mit 917 Mill. Mk. verzeichnet.
Schneider u. Co. A.=G., Fabrik elektrotechniſcher
Spezialartikel, Heidelberg=Kirchheim. Die in Heidel=
berg
abgehaltene Generalverſammlung beſchloß die Erhöhung des bis=
herigen
Grundkapitals von 25 um 20 auf 45 Mill. Mk. Das Aktien=
kapital
beſteht nunmehr aus 42 Mill. Mk. Stammaktien und 3 Mill.
Mark Vorzugsaktien mit mehrfachem Stimmrecht. Die neuen, ab
1. Januar 1924 dividendenberechtigten Stammaktien wurden von dem
Bankhaus Schwab, Nölle u. Co. in Eſſen=Münſter in einem Poſten
von 15 Mill. Mk. übernommen mit der Verpflichtung, ſie den alten
Stammaktionären folgendermaßen anzubieten: 1. gegen Einlieferung
von 10 Dividendenſcheinen für 1923 kann austauſchweiſe eine neue
Stammaktie bezogen werden; 2. auf je 5 alte kann eine neue Stamm=
aktie
zum Kurſe von 1 Dollar pro Aktie erworben werden. Der Dollar=
betrag
iſt in Mark bezahlbar und berechnet ſich nach dem Mittelkurs
des Geld= und Briefkurſes der Berliner Börſe am Tage des Eingangs.
Den Aktionären iſt es zu Abriegelung des Dollarriſikos geſtattet, ſchon
jetzt den Gegenwert an das genannte Bankhaus abzuführen.
h. Lahrer Induſtriewerk A.=G. Lahr (Baden). Der
Aufſichtsrat beantragt die Erhöhung des Grundkapitals um 138 auf
150 Mill. Mk. durch Ausgabe neuer Inhaber=Stammaktien. Daneben
ſollen 4000 Stück Vorzugsaktien zu je 10 000 Mk. mit 10 Prozent Vor=
zugsdividende
und 10 fachem Stimmrecht geſchaffen werden.
Meſſen.
* Die letzte deutſche Herbſtmeſſe 1923. Die Reihe der
Herbſtmeſſen des Jahres 1923 wird euch diesmal durch Frankfurt ab=
geſchloſſen
, deſſen in ſtetem Wachstum begriffene Meſſeſtadt ihre Tore
vom 23. bis 29. Scptember geöffnet halten wird. Wiederum wird die
Frankfurter Internationale Meſſe eine in allen Abteilungen vorzüglich
beſchickte Muſterſchau von Erzeugniſſen aller Induſtriezweige aufzu=
weiſen
haben, die berufen erſcheint, zwiſchen Angebot und Nachfrage
den gewünſchten Ausgleich zu ſchaffen und trotz aller Nöte der Zeit
Produktion und Handel neue Anregungen zu vermitteln. Der Umſtand,
daß auch diesmal die Frankfurter Meſſe die Kampagne der Großmärkte
beſchließt, verleiht ihr beſonderes Gewicht. Vor der langen Spanne
der Wintermonate wird ſie die letzte Möglichkeit zur Deckung vor=
handenen
Bedarfs und zur Orientierung über die Lage am Waren=
markt
geben. Dabei iſt auf der Frankfurter Internationalen Meſſe für
Beſchickung und Einkauf die Tatſache beſonders günſtig, daß die auf ihr
ausſtellungs=organiſatoriſch vorbildlich aufgebaute, nach Branchen klar
und überſichtlich geordnete Muſterſchau dem Meſſegeſchäft alle Voraus=
ſetzung
für eine reibungsloſe Abwicklung auf kürzeſten Wegen gewähr=
leiſtet
. Alle Auskünfte erteilt das Meßamt.
Warenmärkte.
wb. Frankfurter Getreidemarkt vom 10. Sept. Im Gegen=
ſatz
zur vergangenen Woche geſtaltete ſich der heutige Fruchtmarkt recht un=
ſicher
, da die Deviſen eine ſchwankende Haltung aufweiſen. Die höchſten
Preiſe gegenüber den letzten Notierungen konnten ſich nicht erhalten,
und es wurden Abſchlüſſe entſprechend des Dollars billiger gehandelt.
Ein größeres Geſchäft konnte ſich zunächſt nicht entwickeln, da die Käufer
äußerſt vorſichtig geworden ſind. Für Mehl beſtand zwar Nachfrage,
die Forderungen waren aber zu hoch für größere Abſchlüfſe. Weizen,
Roggen lagen ruhig. Hafer und Gerſte wenig beachtet. Sehr erſchwert
iſt das Geſchäft für Futtermittel, da die Preiſe ſich nur mäßig ab=
ſchwächten
. Amtliche Notierungen. Betreide, Hülſenfrüchte
und Biertreber ohne Sack, Weizenmehl, Noggenmeil und Kleie mit Sack.
Preis je 100 Kilogramm. Die Preiſe verſtehen ſich für alsbaldige Liefe=
rung
, Parität Frankfurt a. M. Weizen, Wetterauer 165180 Millionen
Mark, Roggen 135145 Millionen Mk., Hafer, inländ. 120140 Mil=

Muder cie rn ie eranleiee e ere i
Markgegenwert von f1. 18½/2.
wb. Berliner Produktenbericht. Am Produktenmarkt
war das Angebot wegen der unverändert feſten Deviſenpreiſe wiederum
nur geringfügig. An Nachfrage für Getreide mangelte es bei durchweg
höheren Geboten nicht, doch hielten ſich die Umſätze in engen Grenzen.
Die Preiſe ſtellten ſich faſt durchweg höher, namentlich aber für Rog=
gen
, Gerſte und Mehl. Auch für Futterſtoffe wurden zumeiſt höhere
Preiſe angelegt.
Börſen.
* Frankfurter Börſenbericht vom 10. September
1923. (Eigener Bericht.) Während die neuen Deviſenmaßnahmen der
Regierung die Finanz= und Wirtſchafts=Peſſimiſten zwei Tage lang
ſchwankend gemacht hatten, gab die letzte Sonntagsrede Poincaré dieſem
Peſſimismus wieder Nahrung. Der Dollar gelangte, unter dem Ein=
fluß
dieſer Rede mit Mark 55 500 000 zur Notiz. Der Reflex hiervon
war ſelbſtverſtändlich eine feſte Effekten=Börſe, da die Spekulation, die
in den letzten Tagen eher abgabeluſtig war, ſich heute wieder umſtellte,
was ſich in vermindertem Angebot auf den meiſten Gebieten fühlbar
machte. Dazu kamen die fortdauernden Aufkäufe in den Rheiniſchen
Großwerten, die heute wieder Nekord=Kurſe erzielten.
Am Montanmarkt waren höher: Deutſch=Lux 160 Mill.,
Mannesmann 150 Mill., Phoenix 400 Mill., Gelſenkirchener und Har=
pener
geſtrichen Geld, Oberbedarf 140 Mill., Caro 100 Mill., Laura
90 Mill.
Chemiſche Werte weiter ſcharf hauſſierend, Bad. Anilin plus
60 Mill., Griesheimer und Höchſter plus 450 Mill., Rütgerswerke plus
55 Mill., Goldſchmidt plus 140 Mill., Chem. Mainz plus 70 Mill., Elber=
felder
plus 65 Mill. Es gingen Gerüchte von beſonderen Transaktionen
des Farbſtorff=Konzerns um.
Am Elektr. Aktienmarkt ſtand wieder im Vordergrunde
Felten u. Guieaume mit einer Steigerung von 700 Mill., Schuckert plus
500 Mill., Ediſon u. Bergmann, Lahmeyer und Licht u. Kraft 1030
Mill. Proz. gebeſſert. Voigt u. Haeffner, die als zurückgeblieben gelten,
plus 5 Mill.
Von Bauwerten Wayß u. Frehtag und Holzmann zirka 10
Mill. höher. A.3.P. plus 75 Miill. rat. Die Werte der weiter verarbei=
tenden
Induſtrie wieſen durchgehend Kurserhöhungen auf, jedoch mehr
auf Käufe des Publikums als der Spekulation, die für dieſe Werte kein
beſonderes. Intereſſe bekundete.
Von Metallwerten: Metallgeſellſchaft plus 100 Mill., Rhein=
metall
plus 130 Mill.
Zucker=Aktien zirka 12 Mill. höher, Schiffahrtsaktien etwas
vernachläſſigt.
Am Bankaktien=Markt waren Deutſche Bank mit einer
Steigerung von 30 Mill. bevorzugt. Man verweiſt auf den wertvollen
Ueberſee=Bank==Beſitz, Metallbank plus 100 Mill. rat. Ausländiſche Ren=
ten
waren wenig verändert.
Der Einheitsmarkt wies bei ſtarken Publikumskäufen weitere
Kurserhöhungen und zahlreiche Rationierungen auf.
Als beſonders geſteigert ſind zu nennen: Maſchinen Breuer, Chem.
Brokhus, Chem. Albert, Jetter u, Scherer, Ultramarin und Weiler ter
Meer. Zum erſtenmal notiert Liga Gummi mit 15 Mill. rat.
Der freie Verkehr bewegte ſich in feſter Haltung man hörte
hier: Allgemeiner Bankverein 700 000, Beckerſtahl 135180 Mill.,
Beckerkohle 135170 Mill., Benz 3545 Mill., Brown Boveri 1620
Mill., Continentale Handelsbank 3 Mill., Frankf. Handelsbank 900 000,
Georgi 3 Mill., Growag 3,33,6 Mill., Hanſa Bank 5 Mill., Hanſa
Lloyd 1118 Mill., Kayſer Waggon 3,5 Mill., Kreichgauer Maſchinen
6,5 Mill., Krügershall 130160 Mill., Mez Söhne 15 Mill., Petroleum
160190 Mill., Kabel Rheydt 150170 Mill., Ufa 1820 Mill. An
der Nachbörſe erhielt ſich die feſte Tendenz.
Der Frankfurter Börſenvorſtand teilt mit: Die Prü=
fung
von Coupons findet für die Folge jeweils Donnerstag, beginnend
mit dem 13. September 1923 von 12 bis 1 Uhr im Zimmer 48 der Han=
delskammer
(Vörſenabteilung) derart ſtatt, daß die Coupons dort den
Mitglieders der Coupons=Kommiſſion vorgelegt und nach Prüfung ſofort
wieder mitgenommen werden können. Bei Vorlage der Coupons iſt ein
genaues Verzeichnis der eingereichten Coupons (Art der Coupons=
Nummern, Fälligkeit, Beträge uſw.) abzugeben. Auf Grund dieſer Ver=
zeichniſſe
erfolgt die Ausfertigung der Lieferbarkeitserklärungen gegen
die entſprechende Gebühr in der bisher üblichen Art und Weiſe. Wei=
ter
teilt der Börſenvorſtand mit: Jeder Börſenbeſucher, gleichgültig ob
er annimmt, daß er den kontrollierenden Börſen=Portiers perſönlich be=
kannt
iſt oder nicht, iſt verpflichtet, ſtets die ihm ausgeſtellte Börſenkarte
bei ſich zu führen.

wb. Berliner Börſenſtimmungsbilb. Die am Ende
der Vorwoche eingetretene leichte Beſſerung des Markkurſes hat leider
keinen Beſtand gehabt, ſo daß die Deviſenpreiſe bei leichten Schwankun=
gen
ſich auf dem bisher erreichten hohen Stand behaupten konnten. Unter
dieſen Umſtänden ſetzte ſich die Anpaſſung des Kursſtandes an die Geld=
entwertung
weiter fort. Die Kursſteigerungen erreichten aber lange
nicht das enorme Ausmaß wie in der Vorwoche. Sie hielten ſich für
die meiſten Papiere unter 50 Millionen Prozent und betrugen für
ſchwere Montan= und Induſtriewerte über 100 bis 250 Millionen. Von
den Induſtrie= und Bankaktien rückten die bisher noch verhältnismäßig
niedrig im Kurs ſtehenden Papiere mehr in den Vordergrund. Valuta=
papiere
behaupteten bei leichten Schwankungen ungefähr ihren Kurs=
ſtand
. Bei nachlaſſenden Umſätzen traten ſpäter leicht Schwankungen
ein, ohne daß die Grundſtimmung von ihrer Feſtigkeit einbüßte.
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500000
615000
10000
460000
9900
810000
90000
600000
80000
164000
43000
65000
25000
40000
90000

Hämtliche Zahlen verſtehen ſich mit 1000%=

Europäiſche Staatspapiere,
a) Deutſche
O Reichsanleihe. . . . . . . . . . . ."
oaoo-
3
co--
20

4½% IV. und V. Schatzanweiſ.
½% VI.X.

Sparprämienanleihe .. . . . . . . ."
40 Preuß, Konſols .........
caoa-
33½
.......
4% Bab. An: unk. 1935.... . .
v. 1907.... ..
½20
4% Bahern Anleihe ........."

% Heſſen unk. 1924 ........
B½% ............


3
% Württemberger ..... ...."
b) Ausländiſche.
% Bosnien L.=E.=B. v. 1914
% L.=Inveſt.=Anl.v. 1914
½% v. 1902......... .."
% .....
5% Bulgar. Tabak 1902 ... .."
½% Griech. Monopol ....."
½%0 Oeſt. Staatsrente v. 1913
ab 1918 ..........."
½% Oeſt. Schatzanweiſ., ſtfr.
v. 1914 ....... . ........
%/ Oeſt. Goldrente .. . . . . . .."
% einheitl. Rente ....."
O Rum. am. Rente v. 03 ..
½% Goldrente v. 13 ...
4%o am. konv. ...."
% v. 05 ..

2 Türk. (Admin.) v. 1903 .
% (Bagdab) Ser. L.
II..
% v. 1911, Bollanl. ..
½%0 Ung. Staatsr. b. 14..
Goldrente ......."
Staatsr. v. 10....
Kronenrente .. . ..
Außereuropäiſche.
%o Mexik. amort. innere. . . . .
konſ. äuß. v. 99 ..
S
4% Gold v. 04, ſtfr. ..
3% konſ. innere .. . . . ."
½% Irrigationsanleihe,
5% Tamaulipas, Serie 1 ....
Oblig. v. Transportanſt.
4% Eliſabethbahn ſtfr. . . . . . .
0 Gal. Cari Ludw.=Bahn
% Oeſt, Südb. (Lomb.) ſtfr.
20
,6% Alte Oeſtr. Süldb. (Lomb.).
2,6%Neue
20 Oeſt. Staatsb. v. 1883...
4% Oeſt, Staatsb. 1. b, 8. Em.
9. Em. ...

7. 9.
10
200
8000
G
5000
115
200
350
48
30

20000

3000

10.9
5ö0
250
10000
G
5000
150
350
300
G
35
C
900

19000
7000
30000

2000

4500
18000
800
12000
12000
3500
6000
80000
96000
95000
90000
9500
13000
12000

200
80000
380
95000
6000

3500

15000
3000
9000

82500

11500
12000

Oblig. v. Transportanſt. (Ftſ.)
30 Oeſt. Staatsb. v. 1885 ..
8% Oeſt. Staatsb. b. Erg. Netz
v. 1895 ...
4% Rudolfb. (Salzkammerg.).
4½% Anatolier I............"
3% Salon Conſt. Jonction. . .
3% Salonique Monaſtir .....
5% Tehuantepee . . . . . . . .. . ..

4½%0
Pfandbriefe.
o Frankf. Hyp.=Bank 1920...
8½2
4% Frankf. H. Krd.=Ver. 1921
4% Mein. Hyp.=Bank 1922 ...
1922 ...
Pfälz.
1923 ...
Rhein.
verl. ..
8½%0
Südb. Boden=Cred.=Ban!
München 1906 ..

4%0 Heſſ. Ldhhp.=Bank Pfdbr.
3½% Heſſ. Ldhyp.=Bk. Pfdbr.
4% Heſſ. Ldhyp. Kom. Obl....
Deutſche Städte.
4% Darmſt. v. 1919 bis 1925..
3½% Darmſt. v. 1905 ..... .."
40 Frankfurt v. 1913..... .."
8½% v. 1903 .......
4%0 Mainz. v. 1919 bis 1926..
Bank=Aktien.
Bank für Brauinduſtrie .... .."
Barmer Bankverein ....... .."
Berliner Handelsgeſellſchaft ..
Commerz= und Privatbank ...
Darmſtädter u. Nationalbank.
Deutſche Bank ..............
DeutſcheEffekten= u. Wechſelbank
Deutſche Vereinsbank ........
Disconto=Geſellſchaft ... . ... . ."
Dresdener Bank ............"
Frankfurter Bank ..........."
Metallbank. . . . . . . . . . . . . . . .. .
Mitteldeutſche Creditbank ....."

Oeſterreichiſche Creditanſtalt . . 7800 7750 Reichsbank=Ant. .. . . . . . . . ..." 6000 S Rhein. Creditbank ... . . . . . . .. 8000 20000 Süddeutſche Disconto=Geſellſch. 35000 Wiener Bankverein .. . . . . ..." 5000 5500 Bergwerks=Aktien.
Berzelius .. . . . . . .. .... ..... 80000 Bochumer Bergb.
- 8 Buderus.. . . . 222000 480000

Dt. Luxemburger .

2000
3500
80000
500
85000
7000

Eſchweiler Berowerks=Akt.. . . .
Gelſenkirchen Bergw. ... . . . . ."
darpener Bergbau .........."
Kaliwerke Aſchersleben .. . . ..
Weſteregeln ......."
Lothringer Hütte .. . . . . ......
Mannesmann Röhren........
Mansfelder .. .. .............
Oberbedarf .. . . . . . .. ........
Oberſchleſ. Eiſen (Caro) ......"
Phönix Bergbau ............"

7.9.
125000

50000
350000

6000
28000
300000
40000
70000
90000
20000
5000
160000
45000
5000
200000
25000

10. 9.
140000
2000
155000
52500
360000

Bergwerks=Aktien (Fortſ.)
Rhein. Stahlwerke,
Riebeck Montan.. . . . . . . . . . .
Tellus Bergb.= u. Hütten=Akt.
Ver. Lautahütte. . . .

840000

1000000
C

180000
300000
600000
140000
240000
600000

12000
40000
55000
80000
125000
50000
10000
150000
70000
10000
300000
42000

1000000
750000

232000
380000
1000000

Aktien induſtr. Unternehmung.
Brauereien
Henninger Kempf=Stern . . . . . .
Löwenbrän München . . . . . .
Schöfferhof (Bindingl ........
Werger ............."

Akkumulat. Berlin . . . . . . . . ."
Adler & Oppenheimer .. . . . .."
Adlerwerke (v. Kleyer)....... 18000
A. E. G. Stamm. . . . . . . . . . . . .
Anglo=Continental=Guano .. ..
Aſchaffenburger Zellſtoff ...."
Badenia (Weinheim) .. . . . .
Badiſche Anilin= u. Sodafabrik
Bad, Maſchf. Durlach ........"
Bad. Uhrenfabr. Furtwangen.
Baſt Nürnberg .. .. .. .. . . . . . 16000
Bayriſch. Spiegel ..........."
Beck & Henkel (Caſſel) ......."
Bergmann El. Werke .. .. . . . .
Bing. Metallwerke. . . . . . . . . .
Blei= u. Silberh. Braubach ..."
Brockhues, Nieder=Walluf. ..
gementwerk Heidelberg
Karlſtadt .. . . . .
*
Lothringen (Metz). 40000
Chem. Werke Albert . . . . . . . . . 300000
Griesheim Elektron ...
Weiler=ter=mer.
Daimler Motoren ......"
Deutſch. Eiſenhandel) Berlin .. 54000
Dt. Gold= u. Silberſcheideanſt.
Dingler, Zweibrücken .... . . . . 15000
Dresdener Schnellpreſſen .... . 13600
Dürkoppwerk (Stamm).. . . . . .
Düſſeld.=Ratinger (Dürr.) ... . 16000
Dyckerhof & Widm. Stamm.. 40000
Eiſenwerk Kaiſerslautern ... ..
Eiſenwerk L. Meher jr. .. . . . .
Elberfelder Farb. v. Bahcr ... 200000
Elektr. Lieferungs=Geſ. . . . . . . . 35000
Licht und Kraft ..... . 51500
Elſäſſ. Bad. Wolle.. .... . ... . ."
Emag, Frankfurt a. M. .. . . . . 5000
Emaill= & Stanzw. Ullrich .... 16000
Enzinger Werke ... . . . . . .....
Eßlinger Maſchinen .. . . . . . . . 32000
Ettlingen Spinnerei ......"
Faber, Joh., Bleiſtift.. . . . .. . .
Faber & Schleicher.. . . . . . . .."
Fahr, Gebr., Pirmaſenz . . . . . . 37000
Felten & Guillegume, Carlsw
Feinmechanik (Jetter) ... . ..
Feiſt Sektlellerei Frankf. a. M.
Frankfurter Gas.. . . . . . . . . . ."
Frankfurter Hof ...........
Fkſ. Maſch. Pokorny & Wittek.

7.9. 10.9. 850000 28000 28000 1 250000 340000 9300 180000 30000 26000 60000 80000 155000 10000 11000 235000 290000 20000 150000 20000 115000 38000 60000 25000 30000 700000 200000 250000 190000 270000 16000 66000 170000 270000 20000 20000 40000 15000 25000 16000 28000 275000 50000 65000 8000 37000 45000 1 90000 75000 8000 16000 70000 300000 1600000 200000 300000 6000 15000 15000 25000 12000 14000 11000 20000 20000 45000

Ganz, Ludwig, Mainz
Beiling & Cie. .......

Gelſenkirchen Gußſtahl
Goldſchmidt Th. . .. . . .

Gritzner Maſchin. Durlach ..."
Hammerſen (Osnabrück)......"
Hanfwerke Füſſen ..........."
Heddernheimer Kupfer ... . . ..
Heyligenſtaedt, Gießen ......."
Hilpert Armaturenf. . . . . . . . . . .
Hindrichs=Auffermann
150000 Hirſch Kupfer u. Meſſ.
Hoch= und Tiefbau
77000 Höchſter Farben ..
Holzmann, Phil.
Holzverk =Induſtr.
Hotel A.=G., München
Hydrometer Breslau.
Jnag. . . . . . . . . .."
Junghans Stamm. .
Karlsruher Maſchinen.
Klein, Schanzl. & Becker .....
32000 Konſervenfabrik Braun ......
Krauß & Co., Lokom. . .
54500 Lahmeher & Co.
Lech Augsburg.
Lederw. Nothe
Lederwerke Spicharz
Löhnberger Mühle".
Lüdenſcheid Metallw ..
Lux’ſche Induſtrie ...
Mainkraftwerke Höchſt
23000 1 Mequin, Butzbach
Metall (vorm. Dannhorn) Nrbg
Meher, Dr. Paul...
Miag, Mühlenb., Frankf. a. M. 18000
Moenus Stamm. . . .
Motorenfabr. Deutz..
Motorenfabrik Oberurſel ....."
Neckarſulmer Fahrzeugwerke".
Neckarwerke Eßl. Stamm. . . .

Neawerke Frankfurt a. M. ..

eter-linion 2 Nahſer zuuurra=
Philipps A.=G. . . . . . . . . . . . . . . 15000
Porzellan Weſſel .......... ..
Reiniger, Gebbert & Schall ..

Metall, Vorzüge ..
Rhenania, Aachen .. . .."
Riedinger Maſchinen
Rückforth, Stettin ..
Rütgerswerke ....."
Schleußner (Frankfurt a.M.) .
Schneider & Hanau
Schnellpreſſen Frankenthal..
Schramm Lackfabrik. . .
Schuckert Elektr. (Nürnberg).."

7. 9. 10. 9. 8000 6000 180000 20000 45000 90000 30000 15000 18000 450000 10000 190000 22000 140000 160000 20000 40000 18000 120000 30000 38000 21000 24000 10000 65000 40000 30000 50000 9000 15000 30000 45000 25000 20000 90000 12000 12000 50000 24000 6000 50000 18000 12000 f./ 30000 181000 180000 12000 115000 10000 9000 30000 26000 400000

10000 Buckerfabr. Waghäuſel.

10000 Schuhfabrik Berneis=Weſſe.
15000 Schuhfabrit Herz..........
Schuhf Leander Offenbach ...
320000 Seilinduſtrie Wolff......
19000 Sichel & Co., Mainz.........
60000 Siemens Elektr. Betriebe ....
68000 Siemens Glasinduſtrie .......
100000 Siemens & Halske .........."
40000 1 Stöckicht=Offenbach=Gummi .. .
30000 Süddeutſche Immobilien .....
Thüringer elekt. Lief.-Geſ., Gotha
25000 Uhrenfabrik Furtwängler .....
25000 Beithwerke in Sandbach ....."
230000 V Verein f. Chem. Induſtr. Main=
33000 Verein. deutſch. Olfabr. Mannh.
Gummifabr. Bln.=Frkf.
Pinſelfabr. Nürnberg ..
Ultramarin .. . . . . . . . . .
Zellſtoff, Berlin. . . . . . .
Vogtländ. Maſch. Vorzüge....
Stämme. . .
42000 Boigt & Haeffner Vorzüge ....
Stämme. . . .
20000 Boltohm Seil...
r100009 Wahß & Frehtag.
60000 Wegelin Rußfabrik ..
Zellſtoff Waldhof Stamm..
Frankenthal.
Heilbronn",
Offſtein".
35000
Rheingau".
30000
Stuttgart".
120000
He
18000 Schantung E. B. ..........."
27000 Süddeutſche Eiſenbahn=Geſ...
25000 Hapag (Paketfahrt) ........."
Nordd. Lloyd ...............
70000 Oeſterr.=Ungariſche Staatsbahn
Unnotierte Aktien.
30000
Beckerkohle
D-
Beckerſtahl
DDosa-
Benz.. . . . . . ..........
130000 Brown Boveri .............
12000 b Cont, Handelsbank .........."
Hanſa Lloyd ........ .......
16000 Kabel Rheydt ..............
Karſtadt R. .......... ... ...
Petroleum, Dtſche. ..........
20000. ) Raſtatter Waggon ..........."
21000
Text.=Ind. (Barmen (Tiag) ...
50000 ) ufa Film".


r200000
240000
Mae Rue
Bahnbedarf ............
13000, 1 Dampfkeſſel Rodberg.. .. .
190000
Helvetia Konſervenfabrik. . ... .
19000 Gebr. Lutz .................
15000 Motorenfabrik Darmſtadt .. . .
40000 Gebr. Roeder ...............
Venuleth & Ellenberger ......"
900000 Growag. ...

7. 9.
10000
7000
5500
75000

6000
6000
8000
12000
18000
150000
40000
13000
22500
75000
25000
10000
11000
22000
30000
47000
60000
60000
60000
60000
60000
60000
60000

25000

400000
72000

95000
95000
18000
2700
11000
14000
7500

4500
17000
Maice
9000
10000
15000
75000
13009
14000
20000
4950c

10. 9.
22000
9000
85000
6000
600000
10000
8000
10000
G
26000
200000
G
17000
150000
27500
15000
16000
28000
35000
97000
80000
75000
70000
76000
72000
70000
75000

50000
G
460000
100000
G
120000
120000
17000
2900
13000
16000
7500
160000
11000
8500
19000
Mie
15000
15000
16000
125000
35000r
18000
30000
3500

Bankgeschaft
Fernsprecher 1308, 1309

11 D 11 2 2 1OT
Aktien / Renten / Deuisen / Sorten

DarierGer
1 Luisenplatz 1

raa

[ ][  ][ ]

Nummer 15

11. September 1923

Beilage zum Darmſtädter Tagblatt
Undäunanf

Die größte deutſche Naturaliſtin.
Clara Viebig bringt ſeit mehreren Jahrzehnten in unermüd=
lichem
Fleiße Romane und Erzählungen auf den Büchermarkt,
und nun iſt gar eine Ausgabe ihrer Geſammelten Schriften
bei der Deutſchen Verlagsanſtalt in Stuttgart erſchienen, eine
zweite, achtbändige Ausgabe, nach der vor zwölf Jahren erſchie=
nenen
erſten, ſechsbändigen Sammlung. Und wenn auch der ge=
ringwertige
Roman Es lebe die Kunſt in die neue Sammlung
nicht aufgenommen und durch ein ſpäteres Werk erſetzt worden iſt,
ſo wird die neue Ausgabe quantitativ den Werken Clara Viebigs
aus dem letzten Jahrdutzend merkwürdig wenig gerecht. Das
gibt zu denken. Und zeigt wieder einmal, daß die kraftvollſte und
reifſte dichteriſche Produktion auf der aufſteigenden Seite der
Lebensbahn geboren wird.
Die Ausgabe enthält die Romane Das tägliche Brot,
Einer Mutter Sohn, Rheinlandtöchter, Die vor den Toren
Die Wacht am Rhein Das Kreuz im Venn, Das ſchlafende
Heer und einen Band der Eifelnovellen. Es fehlt bedauerlicher
Weiſe Das Weiberdorf, der einzige Roman der Viebig, der
einen großen komiſchen Zug hat. Dafür hätten wir die
Rheinlandtöchter gern gemißt. Geſellſchaftsromane ſchreiben
andere Frauen auch. Die beſten Werke der Clara Viebig aber
wiſſen im großen geſellſchaftlichen Bilde mit allen oft zufälli=
gen
naturaliſtiſch aufgezeichneten Einzelheiten den Menſchen,
ſeine Seele und ſeine Leidenſchaft zu geſtalten und ſo dem Ge=
wirre
der Figuren und ihrer kleinen Schickſale einen ſeeliſchen,
einen dichteriſchen Inhalt zu geben, der ſich über alle photogra=
phiſche
Treue den konſequenten Naturalismus weit erhebt. Ihre
Dichtung erhebt ſich vor allem über das Zufällige einer pedanti=
ſchen
Wirklichkeitsmalerei. Ihr Werk iſt mit dem großen Stoffe
tiefer Menſchlichkeit geſpeiſt. So iſt, beiſpielsweiſe, ihr berühm=
ter
Großſtadtroman Das tägliche Brot über die genaueſt aufge=
zeichneten
Erlebniſſe zweier vom Lande nach Berlin gezogener
Dienſtmädchen, ſondern ein in machtvoller Kompoſition und
trefflichem Aufbau geſtaltetes, mit heißem epiſchen Atem darge=
botenes
Bild des Daſeinskampfes einer Geſellſchaftsſchicht. Hier
erkennt man am deutlichſten die Einflüſſe Emil Zolas, denen
Frau Viebig unendlich viel verdankt. Daneben iſt ihr aber eine
Empfindungstiefe zu eigen, wie ſie kaum eine andere Schrift=
ſtellerin
unſerer Tage beſitzt. Das zeigt ſich vornehmlich bei ihrer
Geſtaltung urweiblicher Probleme, wie in Einer Mutter Sohn
dem Buche der Mutterſehnſucht, die von einem Adoptivkinde Er=
füllung
erhofft, aber Enttäuſchung erleben muß, da die ange=
borenen
Triebe des Knaben ſtärker wirken als die aus=
gleichende
und übertünchende Erziehung. Die Dinge ſind hier
freilich ein wenig übertrieben, da das Leben ſeine Probleme nicht
ganz ſo gradlinig löſt wie Frau Viebig das hier darſtellt. Neben
ihren Schickſalsbüchern ſtehen ihre Kulturromane, vornehmlich
Das ſchlafende Heer, das den polniſch=deutſchen Gegenſatz be=
handelt
und ſehr traurige Wahrheiten dartut; ferner die Wacht
am Rhein die vor 70 ſpielt. Ein drittes der Clara Viebig ur=
eigenes
Gebiet ſind die Romane und Novellen aus Eifelland und
Venn, dem düſteren Moor, von dem ſchon in Einer Mutter
Sohn eindrucksvoll die Rede war. Es gelingt ihr hier mit gro=
ßer
dichteriſcher Kraft, Landſchaft und Menſchenſeele in ſo inniger
Harmonie zu zeigen, daß der Menſch in ſeiner Erdgewachſenheit
und Erdgebundenheit, mit elementarer Gewalt deutlich wird.
Dazu kommt, gerade hier ſehr fruchtbar, Frau Viebigs Fähigkeit,
Landſchaft zu malen. Wenn ſie bei der Menſchen= und Schickſals=
geſtaltung
mit großem Glücke Atmoſphäre deutlich macht, ſo ge=
lingt
ihr die Landſchaftsſchilderung nicht nur rein maleriſch, ſon=
dern
bewegt und lebendig. Die Landſchaft, die ſie ſchildert,
wächſt vor dem Leſer, und auch die Stimmung iſt bei ihr lieber
etwas Werbendes als etwas ſchon zuſtändlich Gewordenes.
Richard Rieß.

* Wilhelm Wei gan d.
Von Erich Bockemühl.
1862 geboren, hat der Dichter die Sechzig überſchritten. Das
heißt alſo, daß er den Naturalismus der neunziger Jahre als
ſchaffender Menſch erlebte, daß er die mancherlei Ismen an ſich
vorübergehen ſah und immer in wachſender Reife blieb, der
er von Anfang war: Wilhelm Weigand, ein Dichter und
Romancier liebenswürdig=freundſchaftlicher und zugleich lebens=
tiefer
Art.
Weigands Seele lebt ſehr im Vergangenen. Sein Auge iſt
dunkel, aber in die rückwärtigen Blickfelder fernſter Perſpektiven
fällt das Licht des heutigen Tages: Wir fanden wenige Dichter,
in denen die Vergangenheit ſo ſtark potent gegenwärtig iſt. Es
iſt dieſes Dichters Art, das kleine Unſcheinbare am Wege zu
ſehen, in ſoinen Beziehungen die Schönheit des Ganzen zu
erkennen und zu zeichnen. Und gerade wie das ſcheinbar Neben=
ſächliche
vergangener Ziviliſationen in ſeinen Wer=
ken
deutlich iſt, das iſt ſo ausnehmend charakteriſtiſch in den
großen Romanen, in denen allen die Zeit und die Zeiten in ganz
eindringlicher Weiſe in ihren ſpezifiſchen Eigenarten ſichtbar wer=
den
. Ob Weigand lyriſche Gedichte und beachtenswerte Dramen
ſchuf: Ganz erfüllt hat er ſich in ſeinen epiſchen Proſawerken,
im Roman, deſſen formative weitgedehnte Möglichkeit ihm be=
deutſam
iſt, für deſſen Ausentwicklung als Kunſtwerk er ſich ver=
pflichtet
fühlt: Der Romandichter ſteht mit freien Blicken vor
der verwirrenden Fülle des Geſchehens, und wenn er das reine
Auge des Künſtlers hat, wird er mehr als bloßer Märchen=
erzähler
: er wird zum Seher, zum Denker, zum Hiſtoriker, in
deren Schöpfungen der Geiſt der Zeit reiner waltet, als in dem
trüben Leben der Menge, deſſen Niederſchlag wir in den Zei=
tungen
und den Stimmen des Tages vor uns haben‟ . . . und
an anderer Stelle des beachtenswerten Aufſatzes: Die Form iſt
nichts, der ſchöpferiſche Geiſt iſt alles , welches im anderen
Sinne, aber durchaus im Gedankengange Weigands dahin zu
deuten iſt, daß im Hinblick eben darauf, daß der ſchöpferiſche
Geiſt ſeine Form ſchafft, die Form wiederum alles iſt: Und
wiederum iſt die Form nichts in der inneren Verpflichtung des
Künſtlers, Verpflichtung iſt nur der ſchöpferiſche Geiſt. Dieſer
Ernſt der tieferen Auffaſſung, den Roman über den Typus der
Unterhaltungsliteratur zur Dichtung zu erheben, iſt ausgeprägt
in ſeinem Werk. Weigands Seele iſt groß genug, in ſeinen
Dichtungen nicht das eine, etwa der Hiſtoriker oder der Denker
oder der Pſychologe zu ſein: Wer das letzte große Werk Wunni=
hun
kennt, weiß, in welch vollendeter Art er alles in einem iſt.
Wie in allem das Leben an ſich das ihn zur Geſtaltung
drängende Problem iſt, das fragwürdige eigenartige Leben von
einſt und heute. Ganz äußerlich in der Kombination, wenn
man ſo will prägt ſich das im Ring dem Novellenkreis, in
der Art der Rahmenerzählung aus, da ſowohl die Berichte der
Pariſer Kochkünſte wie die Schickſale alter Geigen u. a. Bezie=
hung
zum Leben des alten freiherrlichen Sonderlings haben,
und auch in Wunnihun ſind die einzelnen Kapitel wie abge=
ſchloſſene
Erzählungen, und nicht minder iſt in dem Roman
Die Löffelſtelze die alte Chronik in ganz beſonderen Bezie=
hungen
einverwoben ins gegenwärtig flutende Leben und Er=

leben des Anſelm von Löffelſtelz. Wenn ich in dieſen Ausfüh=
rungen
das Geiſtig=Stoffliche des Geſamtwerkes andeute, ſo hebe
ich erneut hervor, wie alles darin Darſtellung iſt. So er=
ſtaunlich
das Wiſſen Weigands iſt, tiefer iſt ſein Erfühlen des
immer Zeitlich=Speziellen, alſo der geiſtigen Grundlagen vergan=
gener
Epochen, aus denen das Kulturell=Ziviliſatoriſche nur Er=
ſcheinung
iſt. Und weiter iſt dieſes Wiſſen (ſelbſt der außen=
ſeitigſten
Dinge, wie Kleidungs= und Speiſegewohnheiten) aſſi=
miliert
in ſeiner, des Dichters, ſpeziellen Individualität, ſo daß
die Romane trotz ihrer perſönlich arabeskenhaften Form
(Wunnihun nennt er ſelbſt Roman=Arabeske) eine mannigfach
durchſchlungene Einheit aus Innen, aus der Intuition her ſind.
Dieſe Seele gibt ſomit das Gepräge: Er liebt offenbar die
Sonderlinge, die vor dem wirklichen Leben die irgendwie
Richtigen ſind, er liebt aber zudem alles Lebendige (und wie
es in den Künſten aller Zeiten ſich ausprägt) und erhöht es in
eine ganz eigene Sphäre der Schönheit, indem er Idlliſches ins
Weltgroße weitet und über alles Sentimentale hinaus man
ſprach von Nachfolge Goethes in die reine Schön=
heit
des Traumes verklärt, das doch wieder in anderem
Erkennen die reinere Wirklichkeit iſt. Romantiſches
Fabulieren iſt ſeine Liebe, den alten Münchhauſen
wieder einmal und hier als den Anwalt verliebter Seelen auf=
treten
zu laſſen, iſt gewiß gewagt, aber wenn es irgendwo im
künſtleriſchen Urſächlichkeiten gelungen iſt, ſo in der Erzählung
Frauenſchuh, nach der ein 1920 erſchienenes Novellenbuch
ſeinen Namen hat. Die Lieblichkeit duftdurchwebter ſommer=
licher
Roſengärten hinzuzaubern, Frauenſchönheit muſikaliſch er=
klingen
, zu laſſen im Rhythmus ſeiner überaus nüancierten
Sprache mit wenigen Sätzen eine Landſchaft zur Erkenntlich=
keit
fränkiſcher Natur (daraus er ſtammt) hinzumalen, wie in
Weinland vor allem, ſeinem früheren Buch, das gelingt ihm
alles in ſeltener Plaſtik. Und in allem, was er ſchreibt, iſt der
Dichter beſtimmend: Der Sprachſchaffende, der ſowohl in den
philoſophiſchen Elementen des Dialogs, den großen Kurven des
Rhythmusſtromes wie in der Bildſchönheit freundlicher Lyrismen
ſeine menſchtümlich gründende Eigewart offenbart. Weſentlichſt
aber iſt der große Blick, die Ueberwölbung der Werke: Das
Menſchentum das von aller Moral und kleinlichen Bewer=
tung
befreite Menſchentum. Es geſchieht überaus viel in den
Büchern, Schickſale ſchauervoller Lebenstragik, und dem zeitlichen
Weſen iſt Weigand ſo nah, daß er z. B. in Wunnihun das
ganze Leben der Großſtadt mit allen Erſcheinungen modernen
Gelderwerbs in der Technik des materiell krankhaften Gründer=
tums
darſtellt. Aber es iſt alles (im oft beſchaulichen Ton
ſeiner Erzählweiſe) dargeſtellt, wie leidenſchaftslos, wie nur be=
ſtätigend
, daß es ſo iſt, ſo ganz ohne irgendwelches Reſſentiment.
Es iſt die große Weisheit, die immer lächelnd iſt, wenn auch in
Reſignation, aber es iſt die Weisheit, die nicht Altersſchwäche
und Verzicht (vor allem nicht moralkluge Ueberheblichkeit) iſt,
die ſtärkſte Bejahung des Seins, die andererſeits gegründetes
Menſchentum großer Seele iſt.
Ich habe Weigands weſentliche Proſawerke genannt: ſie ſind
in Georg Müllers Verlag, München, erſchienen. In meiner
Arbeit, die die beſondere Art Weigandſcher Dichtung im Ganzen
kennzeichnen ſollte, will ich auf die Interpretation der Inhalte
verzichten. Der Dichter kann (zu neuem Schaffen immer bereit)
befriedigt auf ſein Geſamtwerk ſchauen, in dem er und das
möchten viele erkennen ein Dichter iſt, der deutſches Sein aus
den unbeſtimmbaren Sonderheiten deutſcher Seele, vergangenes
wie gegenwärtiges Leben, geſtaltet hat in den Werken, die jedes
wieder im beſonderen ein ſchönes Zeugnis deutſchen Geiſtes ſind,

Neue Bücher
F.N. E. Iſtel: Die moderne Oper vom Tode Wag=
ners
bis zur Gegenwart (18831923). B. G. Teubner in
Leipzig=Berlin 1923. (Aus Natur und Geiſteswelt Nr. 495.) Die
Neuauflage des ſchätzenswerten Führers von Iſtel hat die Kapitel über
die Wagnernachfolge, die romaniſche (franzöſiſche und italieniſche) Oper
und den hoffnungsfreudigen Ausblick der erſten Faſſung unverändert
übernommen, wurde dann aber in dankenswerter Weiſe durch ein um=
fangreiches
Kapitel: Die Oper ſeit Ausbruch des Weltkrieges, aus der
Feder des Direktors der Muſikabteilung der Berliner Staatsbibliothek,
Prof. Dr. Wilhelm Altmann, ergänzt. Während Iſtel mit Erfolg
großen Ueberblick in die Werke der von ihm behandelten Zeit bringt,
ohne auf genauere Beſprechung der wichtigſten und beliebteſten Werke
zu verzichten, hebt Altmann aus der neueſten Zeit vor allem das
Schaffen von R. Strauß und H. Pfitzner hervor, und zählt dann die
übrigen an deutſchen Bühnen aufgeführten Werke nach der alphabeti=
ſchen
Reihenfolge ihrer Komponiſten auf, auch hier inhaltlich und
muſikaliſch auf Einzelnes näher eingehend. Wenn auch die Einheitlichkeit
durch die verſchiedene Einſtellung und Darſtellungsweiſe beider Auto=
ren
gelitten hat, ſo hat das Werk doch das hohe Verdienſt, den ernſthaft
ſich intereſſierenden Laien die Möglichkeit zu geben, Ordnung in das
Chaos der Einzelerſcheinungen zu bringen und durch die Stellung=
nahme
ſo bedeutender und vorurteilsloſer Fachleute reiche Anregung
zu ſchöpfen, ſind doch ſelbſt Neuaufführungen aus dem Frühjahr 1923
ſchon berückſichtigt. Auch als Vorbereitung und Einführung vor dem
Hören eines neuen Werkes kann das trotz der knappen Form inhalts=
reiche
Büchlein gute Dienſte leiſten.
FF.N. Friedrich Brückmanns Volkslieder aus dem
kleinen Roſengarten von Hermann Löns. Für eine
Singſtimme komponiert. Ausgaben mit Harfe, Klavier und Laute,
Darmſtadt. Chriſtian Arnold. Ueberall, wo die Lönslieder von
Brückmann geſungen wurden es ſei nur an die prachtvollen Darbietun=
gen
von F ju Kuhn=Liebel mit Begleitung der vorzüglichen Harfeniſtin
Frl. Fiſcher erinnert haben ſie lebhaften Beifall und wohlverdiente
Anerkennung gefunden. Die ſchlichte Volkstümlichkeit der Melodien, ihr
warmer Empfindungsinhalt und die geſchmackvollen, feinharmoniſierten
Begleitungen verſchmelzen mit den wertvollen Dichtungen zu einheit=
lichen
Kunſtwerken. Der Verlag entſprach daher dem Bedürfnis weiter
Kreiſe, wenn er die 20 wertvollen Lieder in würdiger Ausſtattung der
Oeffentlichkeit zugänglich macht.
FE.N. Hugo Leichtentritt. Deutſche Hausmuſik aus
vier Jahrhunderten. Ausgewählt und zum Vortrag eingerich=
tet
, nebſt erläuterndem Text. Berlin, Max Heſſe. Für die meiſten
Muſikfreunde beginnt die Tonkunſt mit Händel und Bach, was vorher
muſikaliſch war, iſt ihnen dunkel oder höchſtens auf dem Umwege über
Kultur= oder Literaturgeſchichte angedeutet worden. Dieſem Mangel
abzuhelfen, hat der Verfaſſer eine reizvolle Auswahl von Muſikſtücken
älterer Zeiten getroffen, die Werke für das häusliche Muſizieren geſchickt
bearbeitet und ſo reichlich Gelegenheit gegeben, deutſche Muſik des aus=
gehenden
Mittelalters und der Renaiſſance= und Barockzeit kennen zu
lernen. Neidhard von Reuenthal, Wiclaw, Fürſt von Rügen und Der
Wolkenſteiner vertreten in Originalweiſen den Minneſang, mehrſtim=
miges
Volkslied, kunſtvolle Madrigale und volkstümliche Lieder in Nach=
ahmung
neapolitaniſcher Popularkunſt, vertreten die Blütezeit mehr=
ſtimmigen
Geſangs und ermöglichen durch untergelegte Klavierauszüge
auch den Nichtſingenden das Studium. Das 17. Jahrhundert iſt beſonders
mit Sololiedern von Heinrich Albert und dem genialen Adam Krieger
vertreten, und Geſänge aus Opern von Reinhard Keiſer, dem Hamburger
Originalgenie, und aus Kantaten Telemans führen bis in die Zeit der
anfangs genannten Altmeiſter. Auch die alte Tanzmuſik und die Klavier=
ſuite
des 17. Jahrhunderts ſind in reizvollen Beiſpielen vertreten.
Jedem, der ſein häusliches Muſizieren nach dieſer Richtung hin vertiefen
will, ſei darum die reichhaltige, ſchön ausgeſtattete und zum Geſchenk be=
ſonders
geeignete Sammlung warm empfohlen.
FF.N. Max Auer: Anton Bruckner. Amalthea=Verlag.
Zürich=Leipzig=Wien. Die neue, vorzügliche Bruckner=Biographie benützt
die Quellenſammlung für die große, mehrbändige, noch nicht vollendete
Monographie von Auguſt Göllerich und iſt ſowohl in der Treue des
biographiſchen Materials als auch in der Vollſtändigkeit der erwähnten

und beſprochenen Werke vorbildlich. Vorurteilsloſe, überflüſſige Pole=
mik
vermeidende Darſtellungsweiſe, gerechtes, klares Urteil bei alle=
Liebe und Verehrung für den Meiſter und ſein unvergängliches Werk=
ſind
beſondere Vorzüge des Buches. Die Sinfonien und die wichtigſten
übrigen Kompoſitionen werden an der Hand zahlreicher Muſikbeiſpiele
ſo analyſiert, daß der gebildete Muſikliebhaber reiche Anregung erhält
und ſich trefflich für das Hören dieſer Meiſterwerke vorbereiten kann.
Vorzügliche Verzeichniſſe, zahlreiche Abbildungen und mehrere treffliche
Handſchriftproben machen das Buch für den Laien und Fachmann gleich
anziehend. Mancherlei Zeugniſſe von dem Eindruck Brucknerſcher Orgel=
improviſation
, die Wiedergabe ſeiner Antrittsvorleſung an der Wiener
Univerſität berichten auch in dankenswerter Weiſe über Weſenszüge des
Meiſters, die aus ſeinen Werken nicht zu uns zu ſprechen vermögen.
Bei der großen Bedeutung, die Bruckner für das Darmſtädter Muſik=
leben
gewonnen hat, ſei den Verehrern ſeiner Kunſt dieſe ausgezeichnete
Biographie warm empfohlen.
* Geſchichten aus der Geſchichte. Herausgegeben don
Julius R. Haarhaus, Leipzig, Deutſcher Verlag G. m. b. H.. Die
von Haarhaus herausgegebene Sammlung Geſchichten aus der Ge=
ſchichte
, von der Ende des vorigen Jahres 24 Nummern mit zwanzig
Werken vorlagen, wurde in dieſem Jahre um 10 Numern mit 7 Werken
vermehrt: Guſtav, Adolf. Müller ſchildert in der Erzählung
Im Kerker des Sokrates die letzten Tage des griechiſchen Weiſen,
Kurt Delbrück gibt in der dramatiſch bewegten Novelle Wilhelm
von Oranien und die ſchöne Gilline eine Epiſode aus der Zeit der
Befreiungskriege der Niederlande, Franz Adam Beyerlein
behandelt in zwei Fortſetzungen ſeines Fridericus Rex in
geiſtreich ausgewählten Bildern den großen König als Feldherrn ſowie,
deri Prozeß des Müllers Arnold‟. Der Herausgeber wählt als
Helden der Erzählung Um eine Königskrone den weſtfäliſchen Edel=
mann
und Abenteuerer Theodor von Neuhof, der im April 1736 zum
König von Corſica ausgerufen wurde, aber im November 1738 fliehen
mußte und auch ſpäter ſeine Königskrone nicht behaupten konnte und
im Dezember 1756 zu London ſtarb. In geiſtvoller und feſſelnder
Weiſe behandelt Alfred. Schirokauer Napoleons erſte Ehe
und Hans Bongaxdt in der Erzählung Ein großer Prinz aus
kleiner Zeit den Prinzen Louis Ferdinand von Preußen und deſſen
Heldentod bei Saalfeld am 10. Oktober 1806, ein Werk, das gerade
jetzt als zeitgemäß bezeichnet werden kann, ſind doch gleichſam ihr Leit=
motiv
die Worte Scharnhorſts: Tapferkeit, Aufopferung und Stand=
haftigkeit
ſind die Grundpfeiler eines Volkes; wenn für dieſe unſer
Herz nicht mehr ſchlägt, ſo ſind wir verloren. Bei der Auswahl der
neuen Bänden hat der Herausgeber wiederum ſeine glückliche Hand
bewährt, ſie verdienen, wie die ganze Sammlung, wärmſte Empfehlung.
Prof. Dr. K. Eſſelborn.
* Die Nor der deutſchen Wiſſenſchaften und der
geiſtigen Arbeiter. Von Dr. Georg Schreiber, Univerſi=
tätsprofeſſor
in Münſter. 149 Seiten. Verlag von Quelle u. Meyer
in Leipzig. 1923. Unſerem Volke droht geiſtige Erſtarrung. Wir
ſtehen inmitten der ſchwerſten Wirtſchaftskriſis, deren Größe ron Monat
zu Monat zunimmt. Die Ifolierung Deutſchlands durch den Friedens=
vertrag
von Verſailles bedroht nicht nur das geiſtine Leben unſeres
Volkes, ſondern Europas überhaupt. Spenglers düſterer Ausblick ge=
winnt
immer mehr an Gewißheit. Wie groß die Gefahr bereits gewor=
den
iſt, zeigt die vorliegende warmherzige Arbeit. Wir ſehen, wie auf
allen Gebieten unſeres geiſtigen Lebens die Fortführung des bereits
Erreichten immer ſchwieriger wird, und welche Folgen unſere Notlage
auch für das Ausland durch Bedrohung der großen Wiſſenſchaftsunter=
nehmungen
zu zeitigen beginnt. Mögen die Ausführungen in weiten
Kreiſen Beachtung finden. Auch bei uns in Deutſchland ſtehen viele
dieſen Lebensfragen unſerer Kultur teilnahmslos gegenüber, ſtatt hel=
fend
einzugreifen zum Wohle der Geſamtheit.
* Rückblicke eines Siebzigjährigen, von Profeſſor
Eſſelborn. Zweite, neu bearbeitete Auflage. Verlag von Wilhelm
Engelmann. Leipzig 1923. Das vor einem Jahr erſchienene Büchlein
des Herausgebers der bekannten Lehrbücher des Hoch= und Tiefbaues,
des Maſchinenbaues, der Elektrotechnik und der Mathematik liegt in
zweiter, nen bearbeiteter Auflage vor. Manches iſt gekürzt, anderes er=
weitert
worden. Das Werkchen iſt gleichſam der Rechenſchaftsbericht
eines arbeitsreichen Lebens. Beſonderes Intereſſe erwecken die mitgeteil=
ten
Proben von Dichtungen des Verfaſſers, ſowie die Schilderungen der
Studienreiſen, die er während einer faſt dreißigjährigen Lehrtätigkeit
teils mit ſeinen Schülern, teils allein, in Deutſchland, der Schweiz und
Italien unternahm.
In der Fremdenlegion von Erwin Noſen (Verlag
Robert Lutz in Stuttgart). Die Volks= und Jugendausgabe von Erwin
Roſens Fremdenlegion iſt längere Zeit vergriffen geweſen; nunmehr
iſt die 21. Auflage erſchienen. Seit wir unter franzöſiſcher Gewalt
ſtehen, hat Frankreich durch ein ausgedehntes Werbenetz nur zu viele
Deutſche in die Fremdenlegion gelockt, wo ihnen in jeder Hinſicht das
härteſte Los bevorſteht, denn die Legion iſt unter gar keinen Umſtänden
und in keiner wie immer gearteten Lebenslage ein Ausweg, es ſei denn
der eines verkappten Selbſtmordes. Gegen das Werben der Franzoſen
auf unſerem eigenen Boden ſind wir machtlos; wir können nur immer
wiede: ſharnen und aufklären, und dazu iſt das Buch von Roſen, das
ſ iton vor dem Krieg von 5 deutſchen Miniſterien empfohlen wurde, am
beſten geeignet.
Fred Nelius: Spuk. Roman. (Grundpreis: Geheftet
3. M., gebunden 5. M. Verlag Dr. Eysler und Co. A.=G. in Berlin
SW. 68). Alle modernen Probleme: Spiritismus, Hypuoſe, die tiefen
Geheimniſſe des Seelenlebens ſpielen in dieſe Geſchichte einer Ehe hin=
ein
, die der bekannte Autor in ſeinem neuen Buche mit bildhafter Wahr=
haftigkeit
ſchildert. Ohne laſziv zu werden, leuchtet er tief in das
Sinnen= und Seelengeſchehen zweier komplizierter Naturen hinein, die
an der Verſchiedenartigkeit ihrer Temperamente faſt zerbrechen, um
ſchließlich doch nach hartem Kreuzesweg durch Schuld und bittere
Sühne zueinander zurückzufinden. Dieſe nachdenkliche Geſchichte iſt mit
ſoviel Liebenswürdigkeit und feinem pſychologiſchen Verſtändnis für das
Menſchliche und Allzumenſchliche geſchrieben, daß ſie Fred Nelius, der
ſeine Geſtalten auch hier wieder in ein lebenstreu geſehenes intereſſan=
tes
Milieu zu ſtellen weiß, viele neue Freunde erwerben dürfte.

Buchanzei gen
Das Wirtſchaftsleben Deutſchlands. Von Prof. Dr. K. Klaſſert. ( Wiſſen=
ſchaft
und Bildung, Heft 188.) 127 Seiten. (Verlag von Quelle u.
Meyer in Leipzig, 1923.)
Kaiſer Juſtinian. Von Prof. Dr. E. Grupe. (Wiſſenſchaft und Bil=
dung
, Heft 184.) 113 Seiten. (Verlag von Quelle u. Meyer in Leip=
zig
1923.)
Vom Griechentum zum Chriſtentum. Von A. Bauer, Profeſſor an der
Univerſität Graz. (Wiſſenſchaft und Bildung, Heft 78.) Zweite Auf=
lage
. 168 Seiten. (Verlag von Quelle u. Meyer in Leipzig, 1923.)
Kirchengeſchichte Rußlands. Von Prof. N. Bonwetſch. (Wiſſenſchaft und
Bildung, Nr. 190.) (Verlag von Quelle u. Meyer in Leipzig, 1923.)
Die materielle Wirtſchaft bei den Naturvölkern. Von Prof. Dr. M.
Schmidt. (Wiſſenſchaft und Bildung, Heft 185.) 168 Seiten. (Verlag
von Quelle u. Meher in Leipzig, 1923.)
Alte Reiſen und Abenteuer, Band 5: Chriſtoph Kolumbus, Die Ent=
deckung
Amerikas. Grundzahl geb. 2,50 Mk., in Ganzleinen 3,20 Mk.
(F. A. Brockhaus.)
Das Liebesfeſt des Waldfreiherrn. Ein Jagdidyll von Maximilian
Böttcher. Mit vierzehn Zeichnungen von Fritz von Forell. (Ernſt
Keils Nachfolger, Auguſt Scherl, G. m. H., Leipzig.)
Hanns Fiſcher: Rätſel der Tiefe‟ Die Entſchleierung der Kohle,
des Erdöls und Salzes. 160 Seiten mit 23 Abbildungen. Grund=
preis
gebrauchsfertig broſchiert 3.30 Mk., in Halbleinen 4 Mk. mul=
tipliziert
mit der jeweiligen Schlüſſelzahl des Börſenvereins. (L.
Voigtländers Verlag, Leipzig.)
In der Fremdenlegiom. Erinnerungen und Eindrücke vom Erwin
Roſen. Für Jugend und Volk bearbeitet von Nicolaus Henning=
ſen
. (Verlag von Robert Lutz in Stuttgart.)
Der neue Roman. Heft 10. (Verlag Gebr. Stiepel, G. m. b. H., Rei=
chenberg
i. B.)
Oskar A. H. Schmitz: Brevier für Weltleute. Eſſays über Geſellſchaft,
Mode, Frauen, Reiſen, Lebenskunſt, Kunſt, Philoſophie. (Verlag
Georg Müller, A.=G., München.)
Verantwortlſch: Max Streeſs

[ ][  ]

eite 8.

Darmſtädter Tagblatt, Dienstag, den 11. Sepleiber 1223.

Mummer 25 1.

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Zeugniſſe, kurzen
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beifügen. (*245201

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Hügelſtr. 32, 2. Stock.

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denw
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bei gutem Lohn
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Schloßgaſſe 1, (*27im

Tücht. Mädchen
geg. Höchſtlohn. Kleid.
und Schuhhilfe,
Herdweg 56½/, (*24567

Laufmädchen (*2453:
bis nach dem Spülen
geſ. Dieburgerſtr. 9, I

Saub. Schulmädchen
geſ. Schröder, (*2530
Magdalenenſtr. 6, I.

Ein Alleinmäds,

Nach Holland
ür deutſchen hod
herrſchaftl. Haushal
Mädchen

mit guten Umgangs
formen in erſte Stelle
zurUeberwachung des
Perſonals geſucht
Eilangeb. m. Lebens=
lauf
, Zeugnisabſchr
und Lichtbild unter
O. 68 Gſchſt. (*24607

Putzfrau

dreimal wöchentlich
je 3 Stunden geſucht
Frau Rutzen
*2) Rheinſtr. 23.

Männlich

Von größerer Maſchinen=
fabrik
in Darmſtadt wird
tüchtiger

Magazin=
Verwalter
geſucht, der befähig=
iſt
, einem größeren
Magazin= und Stahl=
lager
vorzuſtehen. Be=
werber
müſſen unbe=
dingt
über guteKennt=
niſſe
in der Eiſen= u
Stahlbranche verfüg.
u. Organiſationsbefähie
haben. Nur Herret
mit guten Erfahrung
und mit dem Karto=
thekweſen
vertraut,
woll, ſich mit Lebens
lauf und Zeugnisab=
ſchriften
melden unt
O. 35 an die Ge=
ſchäftsſtelle
. (7428it

Junger Mann aus ab 15. Oktob bei gut.

Geübte.

Hände

für Handhohlſäume
geſucht.
4581

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Herdweg 72.

Süicht. Mädchen
i. kleinen Haush. tags=
üb
. bei hoh. Lohn geſ.
Könlg, Hügelſtr. 75. (*

Stadt=
Reiſender

f. d. proviſionsweiſen
Verkauf von Papier=
waren
v. eingef Firma
geſ. Angeb. u. N 32
Geſchäftsſt. (7264ms
2

Zuverl. Mädchen
ſof. geſ. Guter Lohn,
gute Behandlg. Ang.
u. O. 59 an die Ge=
ſchäftsſtelle
. (*24599

Saub. Mädchen
Laden und Lauf=
mädchen
geſucht.
Hellmuth,
Ecke Eliſabethen= u. Wil=
helminenſtr
. (*24604

Tüchtige
Dreher u. Fräſe
zu ſofortigem Ein
tritt geſucht (744,
Heſſiſche Gießerei
u. Maſchinenfabrik
Larmſtadt.

I. Heutiger Eintrag im Handelsre=
giſter
B: Firma Goldſchmidt & Leh=
mann
, Aktiengeſellſchaft, gemäß Geſell=
chaftsvertrag
vom 2. Juli 1923. Sitz:
Groß=Zimmern. Gegenſtand: Handel mit
Häuten, Fellen, Rauchwaren, Leder und
ſonſtigen Rohprodukten. Die Geſellſchaft
iſt berechtigt, Zweigniederlaſſungen zu
errichten und ſich an anderen Handels=
unternehmungen
zu beteiligen. Grund=
kapital
: 24000 000 Mark, das in 2000
Stück Stammaktien und 400 Stück Vor=
zugsaktien
zu je 10000 Mark, die alle
auf den Inhaber lauten, eingeteilt iſt.
Die Vorzugsaktien haben folgendes Vor=
recht
: 1. Im Falle der Liquidation der
Geſellſchaft aus dem Liquidationsergeb=
nis
vorweg Befriedigung in Höhe des
Nennwertes ihrer Forderung zu erhalten
2. bei der Beſchlußfaſſung über folgende
Gegenſtände: a) Satzungsänderung,
b) Aufſichtsratswahlen, c) Auflöſung
der Geſellſchaft, je 12 Stimmen. Die
Aktien ſind zum Nennwert ausgegeben.
Die Ausgabe von Aktien zu einem höhe=
ren
Kurs als dem Nennwert iſt geſtattet
Der Vorſtand beſteht je nach den Be=
ſtimmungen
des Aufſichtsrats aus einem
dder mehreren Mitgliedern. Die Geſell=
ſchaft
wird, wenn mehrere Vorſtands=
mitglieder
vorhanden ſind, durch zwei
Vorſtandsmitglieder oder durch ein Vor=
ſtandsmitglied
und einen Prokuriſten
gemeinſchaftlich vertreten. Ferner können
wei Prokuriſten die Geſellſchaft gemein=
ſchaftlich
vertreten. Die Vertretungsbe=
fugnis
der ſtellvertretenden Vorſtands=
nitglieder
iſt die gleiche wie die der or=
dentlichen
Vorſtandsmitglieder. Der Auf=
ſichtsrat
kann, wenn der Vorſtand aus
mehreren Mitgliedern beſteht, dieſen oder
einzelnen von ihnen das Alleinvertre=
tungsrecht
gewähren. Vorſtand; Kau
mann Max Goldſchmidt und Max Leh=
mann
Witwe, Berta, geb. Weichſel, beid
in Groß=Zimmern, mit dem Recht, die
Geſellſchaft je allein zu vertreten. Die
vorgenannten Mitgründer der Geſellſchaft
bringen in ſolche ein und überlaſſen ſol=
ches
zur Belegung des Grundkapitals
das von ihnen ſeither unter der einge=
tragenen
Firma Goldſchmidt & Lehmanr
in Groß=Zimmern betriebene Handels=
geſchäft
mit allen Aktiven und Paſſiven
und der Befugnis der Fortführung der
Firma nach dem Stand der Bilanz vom
1. Januar 1923. Bewertet wird die Ein=
bringung
auf 24 000 000 Mark. Bekannt=
machungen
, insbeſondere die Berufung
der Generalverſammlung, erfolgen im
Reichsanzeiger. Gründer der Geſellſchaft,
die ſämtliche Aktien übernommen haben,
ſind: 1. Kaufmann Max Goldſchmidt,
2. deſſen Ehefrau Joſephine, geb. Mayer,
3. Kaufmann Sally Goldſchmidt, 4. Jo=
hanna
Goldſchmidt, ledig, 5. Bettina
Goldſchmidt, ledig, 6. Max Lehmann
Witwe, Berta, geb. Weichſel, 7. Kauſ
mann Julius Lehmann, 8. Kaufmann
Emanuel Lehmann, alle in Groß=Zim
mern. Den erſten Aufſichtsrat bilden:
1. Kauſmann Adolf Mayer=Reis in Luxem=
burg
, 2. Bürgermeiſter Heinrich Martin
Brücher in Groß=Zimmern, 3. Kaufmann
Louis Weichſel in Frankfurt a. M. Den
Kaufleuten Sally Goldſchmidt, Julius
Lehmann und Emanuel Lehmann, alle
in Groß=Zimmern, iſt Prokura erteilt.
Von den mit der Anmeldung eingereich=
ten
Schriftſtücken, insbeſondere dem Prü=
fungsbericht
des Vorſtandes und Auf=
ſichtsrats
und der Reviſoren, kann bei
dem unterzeichneten Gericht, von letzterem
auch bei der Handelskammer Offenbach
a. M. Einſicht genommen werden.
II. Heutiger Eintrag im Handels=
regiſter
A bei der Firma Johann Ge
org Lautz, Altheim: Die Firma iſt er=

loſchen.
III. Eintrag im Handelsregiſter A am
30. Auguſt 1923 bei der Firma Nikolaus
Schumann III. in Dieburg: Die Firma
iſt erloſchen.
(7426
Dieburg, den 6. Sept. 1923.
Amtsgericht.

Der III. u. letzte Teil

D.-1. Die Frau mit d. Milllonen
Dagestan Parls

Sensations- u Abenteuerfilm in 6 Alrten
In der Hauptrolle Ellen Richter
1oe Martin will Mensch werden
In der Hauptr. der best dressierte
Orang-Utang. (*24603
Natur im Film! Die Weinbergschnecke
Der II. Teil d. Abenteuerfilms
N.71. Die Frau mit den Millionen
Der Prinz ohne Land‟
Pömperlis Kampf mit dem Schneeschnh.
Die Rachefahrt des Erinven.

0Im 13. Heptember werden wir in Frankfurta M.,
W Laboratorium der Univerſitäts= Augenklinik
beim Städt. Krankenhaus, Frankfurt a. M.
Sachſenhauſen,
Eſchenbachſtraße 14,
anweſend ſein, um

Künſtliche Augen

nach der Natur für die
Patienten anzufertigen
und einzupaſſen, (II,7318
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Uebernahme unſeres Alleinvertriebes. Es
handelt ſich um Artikel volkswirtſchaftlicher
Bedeutung, die für Induſtrie, Landwirt=
ſchaft
und Behörden unentbehrlich ſind.
Herren, denen daran geleg. iſt, ſich eine ſelbſt=
ſtändige
angenehme Stellung zu ſichern und
denen ein Barkapital von einigen Millionen
zur Verfügung ſtehen, wollen ſich melden.
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ein älterer) ſehr gut genährte gemeinheit=
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vormittags 9", Uhr, verſteigere ich wegen
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1Kleiderſchrank, 1Kommode, 1Kanapee,
1oval. Tiſch, einige Stühle,1 Regulator,
2 Spiegel, 1 Nähtiſch, 1 Nähmaſchine,
1 Küchenſchrank, 1 Anrichte, 1 Küchen=
tiſch
und ſonſtige Haus= u. Küchen=
geräte
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Anzuſehen eine halbe Stunde vorher.
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zu mäßigen Preiſen. Tel. 1767. (7072a

Bekanntmachung.

Von dem mit Zuſtimmung des Herrn
Reichsminiſters der Finanzen und der
Länderregierungen ausgegebenen Notgeld
der Deutſchen Reichsbahn gelangen nunmehr
auch die bereits angekündigten 2= und 5=
Millionenſcheine in den Verkehr. Sie haben,
von der Wertbezeichnung abgeſehen, den
gleichenWortlaut wie die 1=Millionenſcheine,
jedoch eine Umlaufsfriſt bis 30. November
1923 und die Unterſchrift des Reichsverkehrs=
miniſters
Oeſer.
Bei dem 2=Millionenſchein ſind Reihe
und Nummer ſchwarz gedruckt. Der iris=
farbene
Untergrund grau=roſa=grau trägt
an der linken Seite die Wertbezeichnung
2 Millionen‟. Die Größe iſt 65X125 mm,
Reihe und Nummer des 5=Millionenſcheins
ſind braun gedruckt, der irisfarbene Unter=
grund
violett=grün=violett. Die Größe iſt
88X142 mm. Der Textdruck iſt bei allen
(J,7430
Scheinen weinrot.
Berlin, den 29. Auguſt 1923.
Der Reichsverkehrsminiſter.
ge3.: Oeſer.

Bekanntmachung.

Die für das Rechnungsjahr 1923 ange=
forderte
örtliche evangeliſche Kirchenſteuer
iſt für die beiden erſten Steuerziele dieſes
Jahres auf das 300fache und für die beiden
letzten Ziele auf das 500fache des im Steuer=
beſcheid
angeforderten Betrags erhöht
worden.
Bis zum 15. Oktober ds, Js. ſind die
beiden erſten Raten an das Finanzamt
Darmſtadt=Stadt (Finanzkaſſe) Poſtſcheck=
konto
Frankfurt a. M. 1214 bei Meidung
der Zwangsvollſtreckung zu entrichten.
Darmſtadt, den 10. September 1923,
Das Finanzamt Darmſtadt=Stadt.
Die Kirchenvorſtände
der Stadt=, Martins=, Johannes=, Petrus=
und Paulusgemeinde. (7436

Verſteigerung.

Donnerstag, den 13. Sept., und
Freitag, den 14. Sept. ds. Js., je=
weils
vorm. /,10 Uhr und nachm.
/,3 Uhr beginnend, verſteigere ich auf
Antrag in meinem Lokale

9 Ernſt=Ludwigſtr. 9

gegen ſofortige Barzahlung:
4 Betten, vollſtändig, 2 Sofas, ein
Diwan mit Umbau, 1 Rohrſeſſel, ein
Wiener Seſſel, 18 Stühle;
1 Doppelſchreibtiſch (Diplomat),
1 Pult mit 2 eiſ. Treſors, 1 Kinder=
pult
, 3 Archiv=Schränke (Zeiß), 1 Akten=
regal
, 2 Bücherregale, 1 Eckvorrats=
ſchrank
, 1 Galerieſchrank, 3 zweitürige
Kleiderſchränke, lack., 3 eintür. Kleider=
ſchränke
, 1 Garderobeſtänder, 1 Waſch=
ſchränkchen
, lack., 2 Kommoden, nußb.,
5 Tiſche;
1 Nähmaſchine für Hand= u. Fuß=
betrieb
, 1 Nähmaſchine für Handbe=
trieb
, 2 Regulatoruhren, 1 Partie Glas,
Porzellan und Küchengeſchirr;
1 Küchenſchrank, 1 Anrichte, zwei
Topfbretter;
(7423
1 Hobelbank, 1 Emailbadewanne,
1 Puppenwagen, 1 zweirädrig. Hand=
wagen
;
2 Gummiläufer, 2 St. Linoleum;
1gr. Partie (
ſehr gute Zett=u. Leibwaſche,
Herren= u. Frauenkleider; dieſes wird
Donnerstag, /3 Uhr, ausgeboten.
Beſichtig.: Mittwoch von 25 Uhr,
Darmſtadt, den 11. Sept. 1923.

Baab
Amtsgerichtstaxator.

Waſſer=
Hands brauſe

mit großer, runder
Schüſſel zu verkauf.
Näheres Grafenſtr 43
im Laden, (7439

Am Mittwoch, den 12. ds. Mts.,
vorm. 9 Uhr, ſoll im Verſteigerungs=
lokal
, Ludwigsplatz Nr. 8 dahier, eine
gepfändete
goldene Herrenuhr
öffentlich verſteigert werden. (7441
Darmſtadt, den 10. Sept. 1923.
Jungermann
Gerichtsvollzieher,