ſtung
bnisord=
mſtadt.
Fried=
bAleeuße
remſtadt.
vur=
ſie
ſie=
indn
Sont
ränkter
Einzelnummer 200000 Mark
Bezugspreis:
Bei wöchentl. 7 maligem Erſcheinen (freibleibend)
monat=
ſch 1410000 M und 90000 M. Abtragegebühr, Abholen
1450000, durch die Agenturen 4500 000 M. frei Haus.
Be=
ſellungen nehmen entgegen: die Geſchäftsſitelle
Rhein=
ſtr. 23 (Fernſprecher 4, 2390 u. 2394), die Agenturen und
alle Poſſämter. Verantwortichkeit für Aufnahme von
Anzeigen an beſimmten Tagen wird nicht
übernom=
men. Nichterſcheinen einzelner Nummern infolge
höherer Gewalt berechtigt den Bezieher nicht zur
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zung des Bezugspreiſes. Beſtellungen und
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jungen durch Fernruf ohne Verbindlichkeit für uns.
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Heſſiſche Neueſte Nachrichten
Morgenzeitung der Landeshauptſtadt
Nachdruck ſämtlicher mit X verſehenen Original=Aufſätze und eigenen Nachrichten nur mit Quellenangabe „Darmſi. Tagbl.” geſtattet.
Nummer 249
Sonntag, den 9. September 1923
186. Jahrgang
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Finanz=Anzeigen 450000 M., Reklamezeille (92 mm
breit 1400000 M. Anzeigen von auswärts 450000 M.,
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zeile 1800000. Anzeigen nehmen entgegen:
Geſchäfts=
ſtelle Rheinſtraße 23, die Agenturen und
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expeditionen. Im Falle höherer Gewalt, wie Krieg,
Aufruhr, Streik uſw., erliſcht jede Verpflichtung
auf Erfüllung der Anzeigenaufträge und Leiſtung
von Schadenerſatz. Bei Konkurs oder gerichtlicher
Beitreibung fällt jeder Rabatt weg. Bankkonto.
Deutſche Bank und Darmſtädter 8 Nationalbank.
Aufrufgegendie Ruhrbeſetzung.
Der Verſailler Vertrag, ein Inſtrument der Unwahrheit.
Die Sache der Gerechtigk eit iſt eine Sache der
ganzen Menſchheit.
Zürich, 8. Sept. (Wolff.) Die Züricher Poſt
veröffent=
licht einen von Akademikern, Angehörigen wiſſentſchaftlicher
Be=
rufe, Parlamentsmitgliedern und höheren Offizieren erlaſſenen
Aufruf gegen die Ruhrbeſetzung. Dieſer lautet:
„Seit mehr als einem halben Jahre halten Frankreich und
Blegien das Ruhrgebiet mit militäriſcher Gewalt beſetzt. Keine
Macht in Europa und in der Welt ſcheint ſtark genug oder
ge=
willt zu ſein, dieſem Zuſtand entgegenzutreten. Auch die Uleine
Schweiz kann es nicht. Aber die politiſche Ohnmacht enthebt
uns, Neutrale und Schweizer, nicht der Pflicht, gegen dieſe
Be=
ſetzung, die eine wehrloſe friedliche Bevölkerung unter der
Knechtſchaft fremder Willkür hält, unſere Stimme zu erheben.
Wir halten den Verſailler Vertrag für ein Inſtrument der
Un=
wahrheit und Ungerechtigkeit, weil er auf der unwahren
Be=
hauptung beruht, daß Deutſchland allein Schuld am Kriege ſei.
Aber ſelbſt wenn alle Laſten, die Deutſchland auferlegt worden
ſind, gerecht wären, könnten wir nicht ohne Entrüſtung das
Ver=
fahren hinnehmen, nach dem der Sieger ſeine Macht geltend
macht. Mit aller Welt hatten wir erwartet, daß nach Beendigung
des Krieges, der für Recht und Freiheit geführt ſein ſollte, die
Streitigkeiten unter den Staaten wie unter Gleichberechtigten
zum Austrag gebracht würden. Statt deſſen ſehen wir, wie eine
mächige Partei, um ſich ihre vermeintlichen Anſprüche zu
er=
zwingen, die andere, die ſich entwaffnet hat, mit Kriegsmacht
überzieht und unter das Schreckensregiment der Säbelherrſchaft
ſtellt.‟ Der Aufruf ſchließt: „Wir ſind nicht im Stande, der
Ungerechtigkeit mit Gewalt zu wehren, aber es ſoll nicht geſagt
werden können, daß wir ihr ſtumm und teilnahmslos
zuge=
ſehen haben, weil ſie nicht unmittelbar uns ſelbſt betrifft. Die
Sache der Gerechtigkeit iſt eine Sache der
gan=
zen Menſchheit.”
der Einführung der neuen Währung wie mit der
Frage der Deriſenerfaſſung zu beſchäftigen. In der Debatte, die
ſich bei der Beratung der Währungsfrage entſpann, verſchloß man
ſich nicht den mannigfaltigen Schwierigkeiten, die ſich der
Ein=
führung der Goldnoten entgegenſtellen. Obwohl
end=
gültige Befchlüſſe noch nicht gefaßt wurden, war man der Anſicht,
daß die Ausgabe von Goldnoten das Zweckmäßigſte ſei. Die
Frage, ob zu dieſem Zwecke eine Goldnotenbank gegründet
wer=
den ſoll, iſt noch offen. Das Reichsfinanzminiſterium wird ſofort
an die Ausarbeitung eines Entwurfs gehen, in dem der Plan
einer Ausgabe von Golönoten im einzelnen dargelegt werden ſoll.
Außer mit der Währungsfrage beſchäftigte ſich das
Kabi=
nett, wie erwähnt, mit der Deviſenerfaſſung. Hierbei
tpurde die nsch geſtern abend ausgegebene Verordnung des
Reichspräſidenten in ihrem endgültigen Wortlaut feſtgelegt.
Berlin, 8. Sept. Die
Regierungsverhandlun=
gen über die Schaffung einer wertbeſtändigen
Währung wurden heute Vormittag fortgeſetzt. Man hofft,
ſoch heute zum Abſchluß der Vorverhandlungen zu kommen, ſo
daß das Reichskabinett Anfang nächſter Woche mit der
endgülti=
gen Kodifizierung beginnen kann.
Die Grundlage der neuen Währung.
Beſeitigung der Defizitwirtſchaft. —
Beſchrän=
kungder Staatsausgaben. — Vermögensabgabe.
— Schaffung eines Münzfonds. — Aufnahme
einer Auslandsanleihe. — Goldmarkfür Papier.
TU. Berlin, 8. Sept. Der Währungsausſchuß des
Reichs=
wirtſchaftsrats ſetzte geſtern ſeine Beratungen über die
Grund=
lage der neuen Währung fort. Nach Anhörung der
Sachverſtän=
digen wurde mit 7 gegen 4 Stimmen bei einer Stimmenthaltung
folgende Entſchließung angenommen: Die Erhaltung des
wertbeſtändigen Zahlungsmittels iſt nur
mög=
lich, wenn die Defizitwirtſchaft beſeitigt wird.
Die Ausgaben des Staates, insbeſondere für den
Ruhr=
kampf, müſſen auf das unbedingt notwendige Maß
be=
ſchränkt werden. Für die Uebergangszeit ſind die
Mittel durch eine Vermögensabgabe zu ſchaffen. Das
neue wertbeſtändige Zahlungsmittel muß auf der Grundlage
von Gold oder einem Deviſenfonds gebildet werden. Alle
an=
deren Projekte ſind abzulehnen, weil das Notenmonopol in die
Hände privater Berufsſtände übergehen würde. Nach
Feſt=
legung des Höchſtbetrages der Noteninflation wird der
Gold=
beſtandder Reichsbank mit den aus den Maßnahmen der
Deviſenablieferung eingehenden ausländiſchen
Zah=
lungsmittel zu einem Münzfonds vereinigt. Dieſer wird
auf Grund von Sachwertbelaſtung durch eine ausländiſche
An=
leihe nach Möglichkeit erhöht. Auf Grund des Münzfonds
wer=
den Goldnoten ausgegeben. Ein Einlöſungsrecht des
umlaufenden Papiergeldes zu einem dem Tagespreis
entſprechenden Kurs gegen Gold oder andere
Gold=
zahlungsmittel wird erklärt. Die Reichsbank
bleibtgutonom.
Vom Tage.
Im Poſtminiſterium finden Beſprechungen über die neuen
Gebüh=
renerhöhungen ſtatt. Die neuen Sätze werden wahrſcheinlich noch
in der dritten Septemberwoche eingeführt werden.
Die Abteilung Ia des Berliner Polizeipräſidiums hat auf Grund
der 88 14 und 7 des Geſetzes zum Schutz der Republik den
Betriebs=
rätekongreß verboten. Um Unruhen nud Putſche zu vermeiden,
iſt die geſamte Schutzmannſchaft Berlins in erhöhte
Alarm=
bereitſchaft geſetzt worden.
Der Zentralverband der Gaſtwirte von Groß=Hamburg
hat wegen der in Ausſicht genommenen Getränkeſteuer
be=
ſchloſſen, am 15. September, ſämtlichem Perſonal zu
kündigen und am 8, Oktober ſämtliche Geſchäfte zu
ſchließen.
Bei verſchiedenen Stellen in der Pfalz wurden geſtern 16
Mil=
liarden Notengelder von den Franzoſen beſchlagnahmt.
— Rechtsanwalt Reeber wurde geſtern vom Kriegsgericht Landau zu
einem Jahr Gefängnis verurteilt.
In Eſſen haben die Franzoſen eine Bekanntmachung
ange=
ſchlagen, die die Annahme von Reichsbahngeld verbietet.
Das Reichsbahngeld ſoll ohne weiteres weggenommen werden.
Zu=
widerhandlungen gegen die Verordnung werden mit Strafe bedroht.
Der König von Griechenland, erklärte in einer
Unter=
redung mit dem Sonderberichterſtatter des Daily Expreß,
Griechen=
land ſei durch Kriege erſchöpft und wolle Frieden. Die Serben
ſeien empört, da ſie der Anſicht ſeien, daß Italien bereit ſei, ſie in Fiume
anzugreifen. Der Haß gegen die Italiener ſei ſo groß, daß, wenn
Ser=
bien Krieg mit Italien hätte, die Kroaten ſich mit den Serben, mit denen
ſie augenblicklich Streit hätten, verbünden würden.
Der engliſche Gewerkſchaftskongreß in Plymouth
nahm eine Entſchließung an, worin für die Wiederaufnahme voller
dip=
lomatiſcher und Handelsbeziehungen mit Rußland eingetreten wird.
Die ſüdafrikaniſche Delegation, iſt unter Führung des Generals
Smuts zur Teilnahme an der britiſchen
Reichskon=
ferenz nach London abgereiſt.
Reuter meldet aus Nagaſaki, daß alle Konſulate in
Yoko=
hama durch Erdbeben und Feuer zerſtört ſind.
Berlin, 8. Sept. (Wolff.) Um der Reichsgetreideſtelle
die baldige Beſchaffung erheblicher Mengen Brotgetreide aus
dem Inlande zu ſichern, und den Landwirten die Möglichkeit zu
geben, ihre Getreide in wertbeſtändige Zahlungsmittel
einzu=
tauſchen, hat der Reichsminiſter für Ernährung und
Landwirt=
ſchaft im Einvernehmen mit dem Reichsminiſter der Finanzen
die Reichsgetreideſtelle ermächtigt, Brotgetreide, das ihr noch im
Laufe des Septembers angeboten wird, mit Goldanleihe zu zahlen.
Damit ferner der Landwirt in der Lage iſt, die von ihm nach
dem Geſetz über die Beſteuerung der Betriebe vom 11. Auguſt
1923 in Gold zu leiſtende Landabgabe gewiſſermaßen mit ſeinem
Getreide zu bezahlen, ſind die Finanzkaſſen gleichzeitig
angewie=
ſen worden, dieſe Goldanleiheſtücke zur Tilgung der Landabgabe
als Zahlung in Gold im Sinne des genannten Geſetzes zum
Nennwert anzunehmen. Zu dieſem Zweck werden die von der
Reichsgetreideſtelle in Zahlung gegebenen Goldanleiheſtücke mit
einem Begleitſchreiben verſehen, das einen entſprechenden
Ver=
merk für die Finanzkaſſen enthält. Der Landwirt hat daher die
Wahl, ob er Goldanleiheſtücke zur Tilgung der Landabgabe oder
in anderer Weiſe verwenden will. Es darf erwartet werden,
daß die Landwirte ſowohl im eigenen Intereſſe als auch im
Intereſſe der unbedingt erforderlichen Beſchaffung einer
aus=
reichenden Getreidereſerve durch die öffentliche Hand von der
ihnen gebotenen Möglichkeit in umfaſſenden Maße Gebrauch
machen.
Beamtenabbau.
Ein Geſetzentwurf in Vorbereitung.
* Berlin, 8. Sept. (Priv.=Tel.) Soeben erfahren wir
von einem Geſetzentwurf über den Beamtenabbau,
der ſich gegenwärtig im Reichsfinanzminiſterium in
Vorbe=
reitung befindet. Der Entwurf ſieht ſieben Fälle zur
Be=
ſchleunigung des Abbaues der Beamtenſchaft vor, und zwar:
1. Verſetzung von Reichsbeamten über 65
Jah=
reninden Ruheſtand;
2. Penſionierung von Reichsbeamten im Alter
von über 60 Jahren;
3. bei planmäßig abbauenden Behörden wird die
einſtwei=
lige Verſetzung entbehrlicher Reichsbeamten in
den Ruheſtand erfolgen;
4. freiwillig ausſcheidende, lebenslänglich
angeſtellte Beamte können, ſofern ſie für die Verwaltung
entbehrlich ſind, auf ihren Antrag aus dem Dienſte ausſcheiden;
5. an Beamte, die nicht lebenslänglich angeſtellt ſind und
ent=
laſſen werden oder freiwillig ausſcheiden, können
Abfin=
dungsſummen gewährt, werden, die für jedes geleiſtete
Dienſtjahr ungefähr ein Monatseinkommen betragen, bei
Beam=
ten mit 16 und mehr Dienſtjahren aber den Höchſtbetrag des
14fachen Monatsgehaltes erreichen;
6. Zuſchüſſe zu den Umzugskoſten, können in den
Fällen 4 und 5 gewährt werden;
2. auch Verſorgungsanwärtern kann bei ihrem
Ausſcheiden ein dreifaches Anfangs=
Monatseinkom=
men als Abfindung gewährt werden.
Aehnliche Maßnahmen ſollen durch Reichsgeſetz auch für die
Läuder als bindend erklärt werden,
Poincaré.
Von unſerem Pariſer Korreſpondenten.
Das nachſtehende Charakterbild Poincarés aus
der Feder unſeres Pariſer Berichterſtatters wird
un=
ſere Leſer ſehr intereſſieren. Den Namen des
Ver=
faſſers zu nennen, müſſen wir uns verſagen, um
ſeiner Tätigkeit keine Schwierigkeiten zu bereiten.
Die Schriftleitung.
Was er ſagt und wie er es ſagt, es klingt niemals
ange=
nehm. In der Sache und in der Form iſt er ganz regellos. In
dem Land, in dem die Schönrederei als Tat genommen wird,
wo die berühmten Sprecher ſtundenlang zu reden wiſſen, ohne
das Geringſte zu ſagen, in dieſem Land iſt auch Poincaré,
ſelt=
ſamer Weiſe, ein gefeierter Redner geworden. Und er macht
doch gar keine Phraſen, ſeine Reden ſind oratoriſch gar nicht
aufgebaut, es gibt darin kein kunſtvolles Steigen der Gedanken
und keine großartigen Höhepunkte: Alles geht wild
durchein=
ander. Poincaré ſpricht ganz anders, als etwa ſein Feind und
Vorgänger Briand: Briand ſchmeichelt ſich mit ſeinem ſüßen
wundervoll weichen Bariton ins Herz des Hörers, Briands
Stimme betört, Poincarés Organ iſt metalliſch=hart und es
ſchnei=
det wie ein Meſſer. Poincaré ſpricht immer ziemlich unvorbereitet.
Dem Vielbeſchäftigten bleibt wenig Zeit, an ſeine zahlloſen
Reden zu denken. Jedenfalls lieſt er ſeine Reden niemals ab,
bei der längſten und wichtigſten Rede ſtützt er ſich nicht auf die
kleinſte Notiz. Er kann ſich das leiſten, denn er iſt
wahrſchein=
lich der geübteſte forenſiſche Redner Frankreichs, und er verfügt
über eine ſeltene Gedächtniskraft, Und ich glaube, wenn er
Muße hätte, ſeine Rede, ehe er ſie hält, zu Papier zu bringen,
er würde beſtimmt in jedem Satze von der Niederſchrift
ab=
weichen und noch wütender und heftiger angreifen — den
inne=
ren und den äußeren Gegner. Sein Temperament — ſtändig
von einem tauſendpferdigen Motor geheizt — ſprengt alle
par=
lamentariſchen Gepflogenheiten. Obwohl Miniſterpräſident und
Miniſter des Aeußeren und Mitglied der Akademie und Ex=
Präſident der Republik, macht er, wenn andere ſprechen, dauernd
Zwiſchenrufe und pöbelt ſich auch während den ganzen langen
Kammerſitzungen mit den Abgeordneten herum. Dabei kann
kein Menſch behaupten, er wäre würdelos. Seine Reden
ent=
wickeln ſich etwa, wie ſich ein heftiges Gewitter im Hochgebirge
entlädt. Ein Blitz, ein Krachen, eine Weile Ruhe, dann neue
Blitze, neues Donnern, dann ein langes Grollen, dann wieder
etwas Stille, dann wild, dann noch wilder, wie wenn es die Welt
zerſtampfen wollte. Das alles von einem Mann, der von den
Siebzigern nicht mehr weit iſt. Alſo etwa wie Clemenceau?
Nein! Beide ſind intranſigeant, aber Clemenceau iſt doch
an=
ders: amüſanter, äſthetiſcher und — obgleich man ihn den Tiger
nennt — harmloſer. Clemenceaus Hauptwaffen ſind der Spott
und die Fronie. Clemenceau iſt ſarkaſtiſch, iſt boshaft, iſt
witzig, iſt geiſtreich und darum in ſeiner Katzenart gelegentlich
ſpieleriſch. Man merkt: es macht ihm Spaß, ſich mit ſeinemn
Opfer zu unterhalten, ehe er es frißt. Poincaré iſt wie ein
brutaler Boxer, der ſeinen Feind mit überlegener Kraft ganz
roh anfällt. Keine Rückſicht für den Gegner. Keine Rückſicht
auch auf die Galerie der Zuſchauer, die ſozuſagen für ihr
Ein=
trittsgeld etwas ſehen wollen.
Ueberhaupt iſt Rückſichtsloſigkeit die weſentlichſte von
Poin=
carés Eigenſchaften. Er iſt rückſichtslos als Miniſterpräſident,
er kennt auch nicht die Höflichkeit der diplomatiſchen Sprache, die
für jeden anderen Miniſter des Aeußeren ſelbſtverſtändlich iſt,
er kennt keine Rückſicht auf die langjährigen Bundesgenoſſen,
keine Rückſicht auf ſeine nächſten Mitarbeiter. Viele tauſende
von Beamten hat er entlaſſen, zahlloſe plötzlich zwangsweiſe
penſioniert, den meiſten, die bleiben durften, hat er in dieſen —
auch in Frankreich ſündhaft teuren Zeiten — die Gage
her=
undergeſetzt. Er ſpart wütend, rückſichtslos, unbekümmert
da=
rum, ob es der Landesverwaltng gut tut, oder nicht. Im
Lande der klaſſiſchen Höflichkeit und der klaſſiſchen
Unaufrich=
tigkeit iſt er grob, wie ein deutſcher Hausknecht, und von einer
Unzweideutigkeit, die wirklich nichts zu wünſchen übrig läßt.
Er behandelt einen Direktor in ſeinem Auswärtigen Amt, oder
auch einen Botſchafter wie ein ordinärer Schloßherr einen
Land=
briefträger behandelt. Herr Botſchafter, es gefällt Ihnen nicht,
das auszuführen, was ich Ihnen befehle? Sie können ruhig Ihre
Demiſſion geben! Sie wird beſtimmt und gerne angenommen!
. . . So etwa iſt er mit allen. Mit den Parteien in den
Par=
lamenten ſpringt er keinesfalls beſſer um. Ich verlange
Hand=
lungsfreiheit! Ihr wollt nicht? Vertrauensfrage! Und das bei
jeder Kleinigkeit. Immer entſchloſſen, die Tür zuzuſchlagen.
Aber in Haltung und Miene die Drohung? Wartet, Ihr
Kerle! Verlaßt Euch darauf: Ich komme wieder!
Rückſichtslos auch gegen ſich ſelbſt. Er macht faſt alles allein.
Er lieſt jede Zeitung, jede Revue, jede Note, die ins Ausland
geht und vom Ausland kommt. Diktiert, korrigiert, ſchreibt,
telephoniert und telegraphiert den ganzen Tag und mehr als
die halbe Nacht. Unter Briand war im Auswärtigen Amt
gegen Mittag noch kein hoher Beamter zu finden. Und um
eins war ſchon keiner mehr da. Des Nachmittags dasſelbe. Von
Poincaré iſt in den franzöſiſchen Miniſterien der achtſtündige
Arbeitstag eingeführt worden — für ſeine nächſte Umgebung und
für ſich die achtzehnſtündige Arbeitszeit. Die meiſten Beamten
müſſen jetzt in der Praxis weit länger als acht Stunden im
Büro ſitzen, ſoviel wird ihnen von Poincaré aufgeladen, daß
ſie unter der Laſt ſtöhnen. Poincaré verhandelt perſönlich mit
den fremden Geſandten, und er empfängt perſönlich mehrmals
am Tage die Pariſer Journaliſten und allwöchentlich ein
paar=
mal, je nach Bedarf, die auswärtige Preſſe. Poincaré iſt in
Frankreich keineswegs beliebt. Man ſchätzt ihn als Könner, als
Arbeiter, als Vaterlandsfreund. Man weiß zwar, daß er als
Advokat großer Induſtriegeſellſchaften viel Geld verdiente, man
weiß aber auch, daß er wie ſchmutzige Geſchäfte gemacht hat, wie
die meiſten ſeiner Pariſer Standesgenoſſen. Man achtet ihn,
man ſchätzt ihn, aber er wird auch ſehr gehaßt und noch mehr
gefürchtet. Man findet ihn vielfach ganz unfranzöſiſch, und die,
die ihn genau kennen, nennen ihn den franzöſiſchen
Ludendorff oder den Demi=Boche. Jedenfalls hat er
kei ne Freunde. Und das iſt ſeine Hauptſtärke. In Frankreich
machen einen die politiſchen Freunde ſchwach. Die Freunde
wol=
len immer etwas von einem Miniſter haben. Sie haben immer
Geſchichten: Geldgeſchichten, Wählergeſchichten,
Frauengeſchich=
ten — gerade in dieſem Lande, wo in der Politik der Grundſatz
gilt: Pag dbistoires!
Reichsregierung und Währungsreform.
Noch keine Entſcheidung. — Goldnotenpläne.
TU. Berlin, 8. Sept. Geſtern nachmittag 5 Uhr trat das Zahlung des Broigetreides mit Goldanleibe.
Reichskabinett zu einer Sitzung zuſammen, um ſich ſowohl mit
Seite 2.
Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 9. September 1923.
Nummer 249.
Hat dieſer ſtarke Poinears gar keine Schwächen?. Dochl
und was für Schwächen! Seine politiſche Kurzſichtigkeit iſt
eine Plage für die ganze Welt, führt ganz Europa ins Unglück.
Dann leidet er an einer unerhörten Ueberſchätzung der Pariſer
Preſſe. Er glaubt offenbar, man könne mit den Pariſer
Bou=
levard=Blättern, die äußerſt geſchickt, aber höchſt leichtfertig und
gewiſſenlos oberflächlich gemacht ſind, Frankreich und die Welt
auf die Dauer beherrſchen. Ob vohl er ſelbſt hundertfach beſſer
ſchreibt, als die Pariſer Preſſeleute, behandelt er jeden Pariſer
Journaliſten wie einen kleinen Gott. Einen eigenen oder
frem=
den Botſchafter läßt er zuweilen ſtndenlang antichambrieren.
Ein Pariſer Journaliſt wird kaum je Anlaß haben, ſich darüber
zu beſchweren, daß ihn „Gott Raymond” habe länger als fünf
Minuten warten laſſen. Die deutſchen Journaliſten könnten vor
Neid vergehen, wenn ſie ſähen, wie ſanft der brutale Poincaré
mit ihren Pariſer Kollegen umgeht. Und vielleicht könnten ſogar
die deutſchen Miniſter in dieſem Punkt von Herrn Poincaré
lernen".
Liebt Poincaré keine Karten? Keinen Wein? Keine
Frauen? Nichts von alledem! Er iſt verheiratet — ſeit Jahren
lebt er in glücklicher, kinderloſer Ehe mit einer Lothringerin,
mit einer Frau, die heute etwa 45 Jahre zählt und noch immer
ſehr hübſch iſt. Sie war einmal ſeine Klientin, er hatte ihren
Scheidungsprozeß geführt und ſich dabei in die Dame verliebt.
Man erzählt in Paris viele Geſchichten von der Madame
Poin=
caré. Und man behauptet, Monſieur Daudet, der Führer der
franzöſiſchen Nationaliſten von ganz rechts, hätte Herrn
Poin=
caré manchmal mit der Veröffentlichung ſolcher Geſchichten
ge=
droht, wenn Poincaré eine andere Politik machen wollte. Und
dieſe Drohungen hatten ihre Wirkung niemals verfehlt".
Wird Poincaré noch lange bleiben? Iſt ſeine Stellung
durch den Ruhrkonflikt ſtärker geworden, oder iſt ſie erſchüttert?
Droht ihm Gefahr von den Linksparteien in Frankreich oder von
der ganz Rechten? Oder vom gemäßigten Loucheur? Die
Si=
tuation iſt ſo: Während die führenden Politiker Frankreichs
(die Briand, Millerand, Barthou) in ihrer politiſchen Jugend
Sozialiſten geweſen ſind, bekannte ſich Poincaré niemals zu den
Lehren von Karl Marx. Aber während er ein Feind der
kom=
muniſtiſchen Internationale iſt, hat er kaum etwas gegen die
gemäßigten Sozialiſten und garnichts gegen die radikalen
Demo=
kraten. Und mit dieſen beiden Gruppen ſteht er garnicht ſchlecht.
Zudem ſind die Linksparteien in Frankreich einſtweilen in der
Minderheit. Ferner: Die in der Kammer von Tardieu geführte
rechteſte Rechte weiß genau, daß ſie ſich nicht lang an der Spitze
halten könnte, zumal, da Tardieu kein Poincaré, iſt. So iſt am
gefährlichſten für die Alleinherrſchaft des Herrn Poincaré Herr
Loucheur, der frühere Wiederaufbauminiſter, in Deutſchland
be=
kannt durch ſeine Verträge mit Rathenau. Im übrigen iſt die
Wahrheit die: Poincarés Stellung war objektiv nie beſonders
ſtark und iſt heute nicht ſchwächer, als ſie war. Frankreich iſt
noch immer das Land der politiſchen Ueberraſchungen.
Unbe=
rechenbar ſind die Menſchen, die Majoritäten in der
franzöſi=
ſchen Kammer bilden. Eines Tages, urplötzlich, können dieſe
Leute von der ihnen weſensfremden und im Grunde höchſt
un=
ſympathiſchen Art Poincarés gemtg haben. Und ſicherlich
wer=
den die deutſchen Leſer eines Morgens in ihren Blättern ganz
unvorbereitet die Nachricht vorfinden: „Raymond
Poin=
caré iſt gefallen!“
Forderungen des Gewerkſchaftsbundes.
Berlin, 8. Sept. (Wolff.) Der Allgemeine
Deut=
ſche Gewerkſchaftsbund hat ſich am 7. September mit der
gegenwärtigen Wirtſchafts= und Finanzlage beſchäftigt. In der
Ausſprache wurde einmütig zum Ausdruck gebracht, daß die
Ret=
tung nur noch zu erwarten ſei von einer baldigen
endgülti=
gen Negelung des Reparationsproblems in
Ver=
bindung mit der Löſung des Ruhrkonflikts, ſowie von der
ſo=
fortigen Einführung einer neuen feſten
Wäh=
rung in einer Form, daß dem neuen Zahlungsmittel Vertrauen
und Wertbeſtändigkeit geſichert ſind. Daran müſſe ſich eine
be=
ſchleunigte Erfaſſung der Sachwerte und die
dring=
lichſte Vorbereitung großer produktiver
Not=
ſtandsarbeiten anſchließen, um der drohenden
Ar=
beitsloſigkeit vorzubeugen. Entſchließungen zur Währung
und zur Arbeitsloſenfrage mit ſpeziellen Vorſchlägen ſollen, der
Reichsregierung ſofort unterbreitet werden.
Beamten=Proteſt.
Darmſtadt, 8. Sept. Die am 6. September zu Tauſenden
im Städtiſchen Saalbau verſammelten Beamten des Ortskartells
Darmſtadt des Deutſchen Beamtenbundes erblicken in der
Ein=
ſtellung der viereljährlichen Vorauszahlung der Bezüge eine
Ver=
letzung verbriefter Rechte und eine unberechtigte, dem
Volksgan=
zen nichts nützende, insbeſondere die Markentwertung nicht
auf=
haltende wirtſchaftliche Verſchlechterung der Lage der Beamten.
Sie verlangen deshalb die Beibehaltung des bisherigen
Auszah=
lungsverfahrens, in welchem ein gewiſſer Ausgleich gegen das
völlig ungenügende Realeinkommen liegt. Die Verſammlung
weiſt jeden Verſuch, die wirtſchaftliche Grundlage der Beamten
zu untergraben oder die wohl erworbenen Beamtenrechte
anzu=
taſten, aufs Entſchiedenſte zurück.
Die Mordaffäre von Sanina.
Der Entſcheid der Botſchafterkonferenz. — Mitteilung an den Völkerbund. — Reparationen
und Sanktionen. — Griechenland zahlt.
Paris, 8. Sept. (Wolff.) Die Mitteilung, die die
Bot=
ſchafterkonferenz an den Völkerbund gerichtet hat,
hat folgenden Wortlaut:
Die Votſchafterkonferenz hat die Mitteilung erhalten, die der
Völkerbundsrat ihr am 6. September übermittelt hat. Die
Bot=
ſchafterkonferenz dankt dem Rat dafür, daß er ihr wichtige
Grund=
lagen für eine Bearbeitung geliefert hat und die Ehre, dem Rat
den Wortlaut der Note mitzuteilen, die ſie heute an die
grie=
chiſche Regierung richtet:
Die Botſchafterkonferenz hat von den Noten Kenntnis
ge=
nommen, die die griechiſche Regierung ihr in Beantwortung ihrer
eigenen Note über die Ermordung des Vorſitzenden der
albani=
ſchen Grenzkommiſſion und der übrigen Mitglieder der
italieni=
ſchen Delegation übermittelt hat. Sie nimmt beſonders davon
Keuntnis, daß Griechenland erklärt, daß es, wenn
ſeine Verantwortlichkeit bewieſen wird, alle
Re=
parationen annimmt, die die Botſchafterkonferenz für
gerechtfertigt hält, ſowie, daß die griechiſche Regierung die
Er=
nennung einer Unterſuchungskommiſſion vorſchlägt, die den
Auf=
trag haben ſoll, die Suche nach den Schuldigen zu beſchleunigen.
In dieſer Beziehung ſtellt die Botſchafterkonferenz feſt, daß das
Attentat vom 27. Auguſt, das einen ausgeſprochen
politiſchen Charakter hat, auf griechiſchem
Ter=
ritorium begangen worden iſt, und daß die Perſonen,
die dieſem Attentat zum Opfer gefallen ſind, von der
Botſchafter=
konſerenz mit einer offiziellen Miſſion beauftragt waren und zwar
im Einderſtändns mit der griechiſchen Regierung, die die
Sicherheit dieſer Perſonen ſicherzuſtellen hatte,
und ſtell weiter feſt, daß dieſe Perſonen der italieniſchen
Delega=
tion in der Kommiſſion angehörten. Die
Botſchafterkon=
ferenz iſt der Anſicht, daß ein derartiges
Atten=
tat, das unter ſolchen Umſtänden begangen
wor=
den iſt, direkt unter die Verantwortlichkeit des
Staates fällt, auf deſſen Gebiet das Attentat
ſtattgefunden hat. Sie beſchließt aus den angeführten
Gründen, von der griechiſchen Regierung die nachſtehend
aufge=
zählten Reparationen und Sanktionen zu verlangen:
1. Die höchſte Militärbehörde wird bei den
Athe=
ner diplomatiſchen Vertretern der drei
alliierten Mächte, deren Delegierten die Grenzkommiſſion
bilden, Entſchuldigungen vorbringen.
2. Zu Ehren der Opfer wird in der katholiſchen
Kathe=
drale in Athen in Gegenwart der Mitglieder der
griechiſchen Regierung ein Trauergottesdienſt
abgehalten.
3. Am Tage des Trauergottesdienſtes kommen Schiffe der
drei interalliierten Mächte, die italieniſche Seediviſion an der
Spitze, nach 8 Uhr morgens auf der Reede von Phaleron an.
Die griechiſche Flotte grüßt die italieniſche,
die engliſche und die franzöſiſche Flotte mit
21 Schüſſen, nachdem die Schiffe der drei Mächte auf der
Reede von Phaleron vor Anker gegangen ſind. Dieſer Salut
wird Schuß für Schuß von den interalliierten Schiffen
unmit=
telbar nach dem Trauergottesdienſt erwidert, während deſſen
Dauer die Flaggen der griechiſchen Flotte und der Schiffe der
drei Mächte auf Halbmaſt ſtehen.
4. Wenn die Leichen der Opfer in Preveſa an Bord des
Schiffes gebracht werden, erweiſt eine griechiſche
For=
mationmit Fahnen die militäriſche Ehre.
5. Die griechiſche Regierung verpflichtet
ſich, die Suche nach den Schuldigen und ihre
exem=
plariſche Beſtrafung mit aller wünſchenswerten
Schnellig=
keit ſicherzuſtellen.
G. Eine Sonderkommiſſion, die ſich aus
Delegier=
ten Frankreichs, Großbritaniens, Italiens und Japans, unter
dem Vorſitz des japaniſchen Delegierten zuſammenſetzt,
kon=
trolliert die von der griechiſchen Regierung in
dieſer Angelegenheit eingeleitete Unterſuchung, die
ſpäteſtens bis zum 27. September durchgeführt ſein muß. Dieſe
Sonderkommiſſion hat alle Vollmachten von der griechiſchen
Be=
hörde zu verlangen, daß ſie alle Unterſuchungen, Verhöre und
Zeugenvernehmungen vornehme. Die Kommiſſion wird ihre
Berichte und ihre Schlußfolgerungen der Botſchafterkonferenz
unterbreiten. Die griechiſche Regierung
gewähr=
leiſtet die Sicherheit dieſer Kommiſſion auf
ihrem Gebiet. Sie gewährt ihr alle Erleichterungen zur
Erfüllung ihrer Aufgabe und beſtreitet alle Koſten, die der
Kommiſſion dadurch erwachſen. Die
Botſchafterkonfe=
renz fordert übrigens ſchon jetzt die albaniſche
Regie=
rung auf, alle nützlichen Maßnahmen zu treffen, damit die
Kommiſſion hinreichend bevollmächtigt iſt, wenn ſie es für
not=
wendig hält, ſich auf albaniſches Gebiet zu begeben und im Ein=
verſtändnis mit den albaniſchen Behörden dort alle
Nachfor=
ſchungen anſtellen kann, die hier geeignet ſind, die Suche nach
den Schuldigen und ihre Beſtrafung zu erleichtern.
Die griechiſche Regierung verpflichtet ſich, der
italieniſchen Negierung für die Ermordung ihrer
Delega=
tion eine Entſchädigung zu zahlen, deren Höhe der
ſtändige internationale Gerichtshof im Haag im ſummariſchen
Verfahren feſtſetzen wird, wobei ſich der Gerichtshof auf, den
Bericht der Kommiſſion ſtützen wird, von dem im S 6 die Rede
iſt. Dieſer Bericht wird dem Gerichtshof durch die
Botſchafter=
konferenz mit deren Stellungnahme überſandt werden. Die
griechiſche Regierung hinterlegt unverzüglich als Kaution
bei der Schweizer Nationalbank eine Summe von 50 Millionen
italieniſcher Lire. Dieſe Hinterlegung findet auf folgende
An=
weifung ſtatt: „Ganz oder teilweiſe der italieniſchen Regierung
nach dem Beſchluß des internationalen Gerichtshofes
auszu=
händigen!“
Die Botſchafterkonferenz nimmt davon Kenntnis, daß die
ita=
lieniſche Regierung verſichert, daß die Beſetzung Korfus und der
benachbarten Inſeln keinen anderen Zweck hat, als Genugtuung
für die Forderungen zu erhalten, die ſie der griechiſchen
Regie=
rung vorgelegt hat, und daß dieſe Forderungen ſich mit den
Be=
dingungen decken, wie ſie oben von der Botſchafterkonferenz
for=
muliert ſind, und fordert die griechiſche Regierung auf,
unver=
züglich gleichzeitig und getrennt jedem der diplomatiſchen
Ver=
treter der drei obengenannten Mächte in Athen die reſtloſe
An=
nahme der Bedingungen zur Kenntnis zu bringen.
Der hoffnungsvoll geſtimmte Völkerbund.
Genf, 8. Sept. (Wolff.) Die meiſten Mitglieder des
Völkerbundsrates hielten heute Nachmittag eine inoffizielle
Be=
ſprechung ab, in der ſie zu der Note der Botſchafterkonferenz
Stellung nahmen. Sie beurteilten, wie man hört, die Lage
optimiſtiſch und ſind der Anſicht, daß die Räumung Korfus
nicht mehr lange auf ſich warten laſſen könne. Das ſpaniſche
Ratsmitglied, Quinones de Leon, auf deſſen Vorſchlag
in der Ratsſitzung vom 6. September die Note der
Botſchafter=
konferenz Bezug nimmt, iſt nach Paris gereiſt, um mit dem
Präſidenten der Botſchafterkonferenz Rückſprache zu nehmen.
Weiter wird gemeldet, daß Baldwin, der in Aix=les=
Bains zur Kur weilt, vorausſichtlich morgen mit Robert
Cecil in Evian, auf der franzöſiſchen Seite des Genfer Sees,
ſich treffen wird. In den Kreiſen der Delegierten hat die Note
der Botſchafterkonferenz eine ſtarke Entſpannung hervorgerufen.
Man zweifelt nicht an der Annahme der Note durch
Griechen=
land. Es verlautet weiter, daß man die Tendenz verfolgt, die
Frage der Zuſtändigkeit des Völkerbundes hinauszuziehen bis
zur Regelung, oder ſie ſpäter theoretiſch durch den internationalen
Gerichtshof regeln zu laſſen.
Paris, 8. Sept. (Wolff.) Wie der Sonderberichterſtatter
des Temps aus Monza berichtet, hat Muſſolini ſeiner
Be=
friedigung über den Beſchluß der Botſchafterkonferenz
Aus=
druck gegeben. — Der Temps iſt von der Sitzung der
Bot=
ſchafterkonferenz ſehr befriedigt und meint, es laſſen ſich
ver=
ſchiedene gute Lehren daraus ziehen.
Ein neuer Zwiſchenfall.
EU. Rom, 8. Sept. Die Abendblätter melden aus Korfu:
Seeleute aus Patras berichten, daß während, einer
italien=
feindlichen Kundgebung das Gebäude der dortigen italieniſchen
Ge=
ſandtſchaft von Griechen in Brand geſteckt wurde. Die italieniſche
Kolonie habe ſich zur Wehr geſetzt, wobei es auf beiden Seiten
Opfer gegeben habe. Das italieniſche Viertel wird von der
grie=
chiſchen Polizei bewacht und beſchützt. Einzelheiten fehlen noch.
Die engliſchen Intereſſenim Mittelmeer bedroht
* London, 8. Sept. (Priv.=Tel.) Berichte engliſcher
Konſularbehörden beſagen, daß Muſſolini auf Korfu über
acht=
tauſend Mann habe landen laſſen, die ſofort damit begonnen
hätten, im ſchnellſten Tempo mit ſchwerſten Kalibern die Inſel
und alle ſtrategiſch wichtigen Punkte zu befeſtigen und auf den
am höchſten gelegenen Plätzen Flugplätze für Fluggeſchwader
an=
zulegen. Es bedarf kaum des Hinweiſes, daß dieſe Art, eine
vorübergehende Beſetzung durchzuführen, die verantwortlichen
engliſchen Marineaitoritäten veranlaßt, die Lage im öſtlichen
Mittelmeer mit geſpannteſter Aufmerkſamkeit zu verfolgen.
es
zwoß
ſeiten der übri
ſei, die Berat
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wertet.
Operatz
land
würde
Deutſchla
Entwe
Länd
ſtehen.
Birk
Nei
Der deutſche Briefmarkenſammler und
Marken zweiter Wahl.
Ein ſchmerzliches Kapitel für den deutſchen Sammler: darf
ein echter Sammler Marken in ſeinen Album kleben, die nicht allen
Anforderungen genügen? Marken zweiter Wahl, denen ein
Zähn=
chen ſtumpf geworden, denen die Schere des Poſtbeamten an einer
Seite oder gar an allen vieren ins Markenbild geraten, die einen
„Nadelſtich” oder einen häßlichen Stempel haben? Oder gar ſolche,
die in der Klinik eines Markenflickers aus zwei oder drei
an=
deren zuſammengeleimt worden ſind? Vor zehn Jahren iſt dieſe
Frage nach lebhaftem Kampf entſchieden worden. Entſchieden
— geweſen! Es galt als Makel für den Sammler, wenn er ein
ſolches Stück in ſeiner Sammlung hatte. Freilich unterdeſſen
haben ſich die Zeiten geändert. Zwiſchen jener Anſicht und heute
liegt ein verlorener Krieg und ein wirtſchaftliches Beben.
Tau=
ſende von Sammlern haben aus Not verkaufen müſſen und die
meiſten dieſer wohlgepflegten Sammlungen ſind ins Ausland
ge=
glitten. Auf Nimmerwiederſehen! Bereits 1919 und 1920 trat bei
den Händlern ein empfindlicher Mangel an gutem
Durchſchnitts=
material, noch mehr aber an klaſſiſchen Stücken ein. Die
über=
raſchend ſtarke Zunahme der Sammler hat den Markenhunger
noch vermehrt. Hunderttauſende von Sammlern ſind neu
er=
ſtanden. Wo ſollen die ihr Material hernehmen? So viel gutes
Material wäre, auch wenn nichts ins Ausland gewandert wäre,
gar nicht aufzutreiben, um alle neuen Sammler
zufriedenzu=
ſtellen. Es bleibt alſo für ſie gar nichts anderes übrig,
als Marken zweiter Wahl für albumberechtigt
anzuſehen. Das werden Sammler vom alten Schlag bitter
empfinden. Sie werden ſich nur ſchwer entſchließen können, durch
Marken zweiter Wahl ihre tauſend ſchönen Stücke zu beleidigen.
In dieſer Beziehung iſt in der letzter Zeit ein ſtarker Wandel
zu bemerken. Man braucht bloß einmal die Auktionskataloge der
letzten Monate durchzuſehen. In dem Katalog einer erſten
Ber=
liner Firma ſind z. B. von 72 Marken von Bayern 24 Stück nicht
erſter Wahl. Sogar ein Münchener Katalog hat unter 256 Bayern
36, die nicht fehlerlos ſind. Er enthielt u. a. einen ſchwarzen
Einſer, ſämtliche Nänder angeſetzt und ſtark geſtempelt” Und
der brachte es auf 85 000 Mark, während Prachtſtücke mit 320 000
Mark weggingen. Bei der Auktion des Dresdener Tages wurde
ein Stick mit Bruchfehler als „feinſt” bezeichnet.
Sammlungen, die ausſchließlich ausgeſuchtes Material
enthalten, werden in Zukunft in Deutſchland und auch im
Aus=
land ſehr ſelten ſein. Der Sammler, der, ſogen wir einmal vom
kuturhiſtoriſchen Standpunkt aus ſammelt — und der ſteht
meiner Anſicht nach am höchſten — wird einen Nadelſtich und
einen knappen Rand an und für ſich micht ſehr tragiſch nehmen.
Die Marken ſind doch nicht als Albumſtücke — Briefmarkenſtaaten
wie z. B. Danzig verachtet der echte Sammler! — ſondern als
Frankaturzeichen geſchaffen worden. Wir ſammeln doch keine
Eckränder und Maxkenzähnchen, ſondern Dokumente des
Verkehrs=
lebens! Und wer aus künſtleriſchen Gründen ſammelt, der müßte
doch, jvenn er Geſchmack hat, die Hälfte aller Marken aus ſeinem
Album reißen. Den Kinkerlitzchen iſt in dem letzten Jahren eine
zu große Bedeutung zugemeſſen worden, womit durchaus nicht
beſtritten werden ſoll, daß ſchön geſchnittene Stücke im
allgemei=
nen knapp geſchnittenen vorzuziehen ſind. Aber oft hat ein
knapp=
randiges Stück wegen ſeiner friſchen Farbe und ſeines deutlichen
Stempels mehr Wert als ein breitrandiges, dem dieſe Vorzüge
fehlen. Vor einiger Zeit iſt eine Bayern 12 Er grün — ein
tadel=
loſes Exemplar mit gutem Rand, ſchönem Stempel, hat auf der
gleichen Auktion 31 000 Mark gebracht — um 240000 Mark
weg=
gegangen, nur weil ſie an allen Rändern noch Teile der
Nach=
barmarken hatte. Das iſt Verrücktheit. Ein Menſch, der einen
ſolchen Preis für dieſe Kinkerlitzchen zahlt, iſt kein echter
Samm=
ler. Wenn ich dieſe Marke hätte, würde ich ihr die häßlichen
An=
hängſel der Nachbarmarken abſchneiden, ehe ich ſie ins Album
klebte.
Unſere Marken ſind doch ſchließlich nichts anderes als kleine
Altertümer. Und unſere Liebhaberei nichts anderes als die, die
einen anderen alte Stühle oder Meißner Porzellan ſammeln läßt.
Wird ein Schmler alter Meißner Porzellane eine ſeltene Meißner
Taſſe nicht ſeine Sammlung aufnehmen, weil ſie einen Sprung
hat? Nein! Warum ſollen wir ſo pedantiſch ſein?
E. Herold=München.
Die Werkſtatt eines vorgeſchichtlichen
Höhlenbildhauers.
* Eine einzigartige Entbeckung, die einen
Ein=
blick in die Tätigkeit eines vorgeſchichtlichen Plaſtikers gewährt,
iſt in einer Höhle in der Nähe von Toulouſe gemacht worden. In
der außerordentlich ſchwer zugänglichen Höhle von Saint=
Mar=
tory entdeckte ein junger Prähiſtoriker Norbert Caſteret
Ton=
modelle von verſchiedenen Tieren, die in Europa ſchon lange
aus=
geſtorben ſind, aber hier in vorgeſchichtlichen Zeiten vorhanden
waren. Malereien und Schnitzereien in Elfenbein und Knochen
ſind ja ſchon vielfach in franzöſiſchen und ſpaniſchen Höhlen
ge=
funden worden, aber Tonformen waren bisher noch kaum ent=
deckt. Die Höhlenbewohner, die hier künſtleriſch tätig waren,
ge=
hörten den „Magdalenien” an, einer vorgeſchichtlichen Epoche,
die etwa 20000—25 000 Jahre zurückliegt. Die romantiſche
Ge=
ſchichte der Entdeckung ſchildert der Profeſſor für Anthropologie
an der Univerſität zu Toulouſe, Graf Heuri de Begonen, deſſen
Schüler der Entdecker iſt: „Die unterirdiſche Quelle eines kleinen
Zufluſſes der Garonne bildet eine Höhle, die viel zu hoch liegt,
als daß der Zugang ſo ohne weiteres möglich wäre. Caſteret,
der ein tüchtiger Schwimmer iſt, ſchwamm öfters den Fluß bei
Saint=Martory herauf bis zu der Grotte, wo ſie verſchwindet.
Eines Tages war der Waſſerſtand niedriger, ſo daß er in die
ſonſt ganz vom Waſſer ausgefüllte Höhle eindringen konnte. Mit
einer elektriſchen Lampe auf dem Kopf ſchwamm er wohl drei
Kilometer den unterirdiſchen Fluß entlang und entdeckte auf der
rechten Seite eine trockene Galerie, die offenbar nur gelegentlich
überſchwemmt war. Er kletterte hinauf, und das erſte was er ſah,
war die Form eines Bären, der aus Ton modelliert war,
aber keinen Kopf hatte. Er drang nun weiter vor und
ent=
deckte in der mittleren Höhle rohe Wandgemälde von Tieren
und eine ganze Menge von Tonmodellen. Neben der
pla=
ſtiſchen Darſtellung des Bären ohne Kopf lag ein wirklicher
worden wäre. An der Wand der Galerie lehnten zwei große
tönerne Darſtellungen zweier Tiere aus der Katzenfamilie,
wahr=
ſcheinlich Höllkenlöwen, wie man aus den Haarbüſcheln ſchließen
kann, die der Künſtler am Ende ihrer Schwänze wiedergegeben
hat. An einer anderen Stelle lagen drei große Pferde, und
an=
dere tönerne Formen, die ſchwerbeſchädigte Tiere darſtellten.
Da=
mit iſt zum erſten Mal die Verkſtätte eines
vor=
geſchichtlichen Bildhauers gefunden worden. Das
ſeltſamſte aber iſt, daß alle dieſe Tierplaſtiken verſtümmelt waren,
und zwar ſchon zu der Zeit, da der Künſtler ſie ſchuf. Dieſe Höhlen,
in denen Tiere dargeſtellt ſind, werden alſo wahrſcheinlich Stätten
der Zauberei geweſen ſein. Wie heute noch die Eskimos, die
India=
ner und afrikaniſche Stämme, ſo benutzten die vorgeſchichtlichen
Menſchen die Tierdarſtellungen zu magiſchen Zwecken. Wir können
uns dieſe Menſchen der Magdalen=Zeit in ihren dunklen Höhlen
vorſtellen, wie ſie, beleuchtet mit Renntieröl gefüllten Lämpchen,
ihre primitiven Religionsbräuche ausübten. Dabei verwundeten
und verſtümmelten ſie die Bilder der Tiere, vor denen ſie ſich
fürchteten oder die ſie fangen wollten. Sie glaubten damit auf die
Tiere einen Zauber auszuüben und ſie zu verwunden. Löwen und
Bären ſuchten ſie ſo zu beeinfluſſen, weil ſie ſie ſürchteten, Pferde
und Biſons, weil ſie ihrer zur Nahrung bedurften‟. Die
Bedeu=
tung der neuen Funde iſt durch die Gutachten hervorragender
Prähiſtoriker, wie des Abbé Breuil, erwieſen. Weitere
Unter=
ſuchungen, die ſich bei der Lage der Höhle ſehr ſchwierig geſtalten,
werden ausgeführt.
Nummer 249.
Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 9. September 1923.
Seite 3.
hemmenden Maßnahmen: Aufhebung der Außenhandelskontrolle
Griechenland übernimmt die Verpflichtungen.
und Ausfuhrabgaben.
Deutſche Schickſalsgemeinſchaft.
Der Hanſa=Bund iſt ſich bewußt, der gegenwärtigen Reichs=
EU. London, 8. Sept. Einer Meldung aus Genf zu=
olge hat Griechenland mit der Durchführung der ihm von der
Botſchafterkonferenz auferlegten Verpflichtungen begonnen. Der
geforderte Betrag von 50 Millionen iſt in der Schweizer
Nationalbank hinterlegt worden.
Engliſche Preſſeſtimmen.
London, 8. Sept. (Wolff.) „Daily Mail” ſchreibt zu der
Entſcheidung der Botſchafterkonferenz im italieniſch=griechiſchen
Konflikt, dieſe Entſcheidung ſtelle einen vollſtändigen
Triumph für Muſſolini dar. Die Bedingungen der
Zotſchafterkonferenz hätten ſicherlich nikts gemein mit dem
vor=
ſeſchlagenen Kompromiß”, das der Botſchafterkonferenz am
Don=
terstag vom Völkerbund überſandt wurde.
Auch das Arbeiterblatt „Daily Herald” erklärt, die
ita=
ieniſch=griechiſche Frage ſei in Paris im Sinne der
ita=
ieniſchen Bedingungen „geregelt” worden. Der
Völ=
erbund ſei übergangen worden und die Pläne der Feinde des
Völkerbundes ſeien geglückt. Die dringende Frage ſei jeßt: Was
vird der Völkerbund tun?
„Daily News” ſchreibt, wenn es ſich als wahr erweiſen
ollte, daß die Botſchafterkonferenz ſelbſt erſucht habe,
Griechen=
and Strafen und Reparationen aufzuerlegen, und vor allem,
venn es ſich beſtätigt, daß ſie gebilligt hat, daß Italien Korfu
ſeſetzt hält, bis Entſchädigungen gezahlt ſind, ſo würde die
Bot=
chafterkonferenz und die Regierungen, aus denen ſie ſich
zuſam=
nenſetzt, einer flagranten Uſurpation der Funktionen
des Völkerbundes und eines ſchweren Bruches der
Völkerbundsſatzungen überführt ſein. Italien, Frankreich und
Broßbritannien würden vor der Welt als die Mächte daſtehen, ſamer Steuerquellen die Notſteuermaßnah ien ſchon zum
näch=
die dem Völkerbund einen tödlichen Schlag verſetzten. Sie
vürden auch angeſichts ihrer Haltung in Genf einer
unbegreif=
ichen Doppelzüngigkeit überführt werden, die alles Vertrauen von
eiten der übrigen Mitglieder zerſtören würde, und dazu angetan
ei, die Beratungen in Genf zu einem plötzlichen und
verhängnis=
vollen Ende zu bringen.
Die Finanzlage Oeſterreichs und Deutſchlands.
gen Verhandlungen des Völkerbundskommiſſars über die
Finanz=
eform Oeſterreichs hat ſich der vom Völkerbund in Wien
ein=
geſetzte Finanzkommiſſar Dr. Zimmermann einem Mitarbeiter
der Pariſer „Information” gegenüber über die Finanzlage
Oeſterreichsund Deutſchlands ausgeſprochen; er ſagte:
Die vom Völkerbund in Oeſterreich unternommene Aktion
ibertrifft in ihren Erfolgen alle Erwartungen. Es zeigt ſich,
daß unſere Auffaſſung zu peſſimiſtiſch war. Die völlige
wirt=
chaftliche Wiederherſtellung Oeſterreichs wird ſich ohne
Zuhilfe=
nahme der vom Völkerbund verlangten und von den Mächten
gegebenen Garantien vollziehen. Der Erfolg der Anleihe für
Oeſterreich beweiſt, welchen Kredit das Land bereits heute wieder
genießt. In der Tat iſt der Voranſchlag für das Erträgnis der
ſtaatlichen Pfänder übertroffen worden. Ebenſo hat das
Steuer=
biliſierung der Krone veranſchlagt worden war. Dr.
Zimmer=
mann rühmte weiter den Mut des Kanzlers Seipel, dem es
ge=
lungen ſei, die ſtaatlichen Ausgaben in einem für, das Budget
entſprechenden Ausmaße einzuſchränken.
Auf die Frage, ob man die für Oeſterreich angewandte
Methode auch für Deutſchland anwenden könnte, erwiderte Dr.
Zimmermann, zweifellos. Nur könne von einer Stabiliſierung
der Mark bei ihrem heutigen Stande nicht mehr die Rede fein.
Eine Stabiliſierung der Krone war möglich bei einem Stande
des Dollars von 70000. Die Mark iſt aber bereits zu ſehr
ent=
wertet. Trotzdem, erklärte Dr. Zimmermann, daß eine ähnliche
Operation, wie ſie in Oeſterreich vorgenommen wurde, in Deutſch=
(and noch viel ſchnelleren und überraſchenderen Erfolg haben
würde. Abgeſehen von den großen natürlichen Reichtümern
Deutſchlands ſei zu bedenken, daß der deutſche Staat durch die
Entwertung des Geldes völlig amortiſiert wurde und daß die
Länder und Städte in Deutſchland tatſächlich ohne Schulden
da=
ſtehen. Die finanzielle Lage Deutſchlands ſei in
Wirklichkeit heute beſſer als im Jahre 1914.
Ent=
ſcheidend ſei die Frage, wie weit man die Abwanderung
des Kapitals aus Deutſchland aufhalten könne.
Dr. Zimmermann erklärte, daß er an die Wirkſamkeit von
Dro=
hungen gegen die Kapitalflucht nicht glaube, ſondern daß nur die
Wiederherſtellung des Vertrauens eines Landes zu ſich ſelbſt
darin Wandel ſchaffen könnte.
Ausfallende Eilzüge.
Frankfurt, 8. Sept. (Wolff.) Die Eiſenbahndirektion
teilt mit, daß durch die Beſetzung von Vohwinkel ſich der
Eilzugverkehr nicht aufrecht erhalten läßt. Eine Anzahl von Eil= fördernden Auswirkungen innerhalb der geſamten Wirtſchaft.
jügen Köln—Hamm, Köln—Recklinghauſen, Vohwinkel—Hamm
uſw. fallen mit ſofortiger Wirkung aus.
Wechſelſeitige Verpflichtungen der Wirtſchaft
und des Staates.
Forderungen des Hanſa=Bundes.
Das Präſidium des Hanſa=Bundes hat nach einem Bericht
ſeines Präſidenten, Dr. Herm. Fiſcher, M. d. R., ſeine
Auf=
faſſung zur gegenwärtigen Lage in folgender Erklärung
zuſam=
mengefaßt:
„Staat und Wirtſchaft ſind in untcennbarer
Schickſals=
gemeinſchaft miteinander verbunden. Iſt es Pflicht des
Staates, die politiſchen Vorausſetzungen für eine
erfolg=
reiche volkswirtſchaftliche Arbeit zu ſchaffen, ſo iſt es
Pflicht der Wirtſchaft, ihre geſamte Kraft in den
Dienſt des Staates zu ſtellen.”
Für den Augenblick ergeben ſich hieraus folgende
wechſel=
ſeitigen Verpflichtungen, deren Erfüllung der Hanſa=
Bund mit allem Nachdruck fordert:
1. Pflichten der Wirtſchaft.
1. Weitmöglichſte Förderung der währungspolitiſchen
Maß=
nahmen der Reichsregierung durch Zeichnung der Goldanleihe
des Reiches. Der Erfolg der Goldanleihe iſt die Vorausſetzung
für die Wiederherſtellung feſter Rechnungsgrundlagen im
Wirt=
ſchaftsleben und für die Schaffung wertbeſtändiger
Zahlungs=
mittel.
2. Erfüllung der auferlegten’ Steuerpflichten. Trotz der
un=
bedingten Notwendigkeit, zur Vermeidung der Zerſtörung
bedeut=
ſten Zahlungstermin der Leiſtungsfähigkeit der einzelnen
Wirt=
ſchaftsgruppen anzuaſſen, beſteht für den Augenblick die
ſelbſtver=
ſtändliche nationale Verpflichtung der Wirtſchaft zur
weitmög=
lichſten Erfüllung der auferlegten Steuerlaſten.
3. Ordentliche, ſorgſame Preisgeſtaltung. Kampf gegen die
unberechtigten Auswüchſe, die ſich in einzelnen
Wirtſchafts=
gruppen durch übertriebene Entwertungszuſchläge zur Sicherung
gegen das Währungsriſiko zeigen.
4. Steigerung der Produktivität und der Arbeitsleiſtung des
Paris 8. Sept. (Priv.=Tel.) Im Anſchluß an die geſtri= Einzelnen im unbeſetzten Deutſchland zu größtmöglichſtem
Aus=
gleich des Produktionsausfalls im beſetzten Gebiet.
5. Anpaſſung der Lebensführung an die in der verarmten
deutſchen Volkswirtſchaft gegebenen Vorausſetzungen. Das
Real=
einkommen des Volkes muß durch eine zielbewußte Lohn= und
Gehaltspolitik auf eine dieſer Verarmung entſprechende
Grund=
lage geſtellt werden. Arbeitgeber und Arbeitnehmer müſſen
ge=
meinſam gegen jede Ueberteuerung auf dem Gebiete der Lohn=
und Gehaltspolitik ankämpfen, da dieſe nicht aus dem
Arbeits=
nutzen der volkswirtſchaftlichen Arbeit gezogen weiden kann,
ſon=
dern auf der Aufzehrung des Produktionskapitals beruhen müßte.
Nur ſo kann ausreichende Arbeitsmöglichkeit geſichert werden.
2. Pflichten des Staates.
1. Schnellſte Durchführung der von der Reichsregierung
an=
ergebnis das Doppelte deſſen erreicht, was bei Beginn der Sta= gekündigten währungspolitiſchen Maßnahmen (
Goldrechnungs=
verkehr, Goldmarkbilanz, wertbeſtändiges Zahlungsmittel).
2. Späteſtens mit dem Beginn des neuen Haushaltsjahres
iſt die Geſamthaushaltung des Reiches und vor allem die
Ver=
anlagung und Zahlung der direkten Steuern auf wertbeſtändige
Grundlage zu ſtellen.
3. Bis zum nächſten Zahlungstermin iſt die Anpaſſung der
Notſteuermaßnahmen an die ſteuerliche Leiſtungsfähigkeit der
ein=
zelnen Erwerbsgruppen durchzuführen; vor allem bei der
Be=
triebsſteuer Aufbau der Steuerpflicht auf dem Verhältnis
zwi=
ſchen Lohnſteuerſumme und ſteuerpflichtigem Umſatz, ſowie
Staf=
felung der Vorauszahlungsmultiplikatoren für Einkommen= und
Körperſchaftsſteuer unter Rückſichtnahme auf die
Wirtſchafts=
gruppen, die durch die verfehlte Wücher= und Preispolitik bereits
erhebliche Subſtanzverluſte erlitten haben.
4. Zu Beginn des neuen Haushaltsjahres ſind die
Geſamt=
aufwendungen des Reiches, der Länder und Gemeinden durch
eine rückſichtsloſe Sparſamkeitspolitik in den Rahmen
einzu=
fügen, der durch die Verarmung der deutſchen Volkswirtſchaft
gegeben iſt. Bis zum gleichen Termin ſind durch Neuordnung
des finanzwirtſchaftlichen Verhältniſſes zwiſchen Reich, Ländern
und Gemeinden die Vorausſetzungen für eine völlige
Ausſchal=
tung der bisherigen Zuſchußwirtſchaft des Reiches zu ſchaffen.
5. Ausſchaltung der aus der Demobilmachungszeit
übernom=
menen unökonomiſchen Belaſtungen des Produktionsprozeſſes:
Aufhebung der Demobilmachungsverordnungen. Sofortige
geſetz=
liche Regelung der Arbeitszeitfrage unter Zulaſſung von
Ueber=
ſchreitungen des Sſtündigen Arbeitstages auf tariflichem oder
be=
hördlichem Wege.
6. Schaffung der Vorausſetzungen für eine Neubelebung des
Baumarktes angeſichts der ſich daraus ergebenden produktions=
7. Aktive Exportförderung zur Ueberwindung der
gegenwär=
tigen Stockung der Ausfuhr anſtelle der bisherigen, den Export
regierung die Löſung der ihr obliegenden ſchweren Aufgaben mit
allen ihm zur Verfügung ſtehenden Mitteln erleichtern zu müſſen.
Er erwartet, daß die Reichsregierung alles tun wird, was der
freien Entwickelung aller wirtſchaftlichen Kräfte und der
Siche=
rung eines kräftigen wirtſchaftlichen Neuaufbaues im Intereſſe
des Staates zu dienen vermag. Das Präſidium des Hanſa=
Bun=
des hat beſchloſſen, zum 14. Oktober 1923 nach Berlin eine
allge=
meine Hanſa=Tagung zu berufen zur Bekundung des
rückhalt=
loſen Arbeitswillens der im Hanſa=Bund vereinigten
Wirt=
ſchaftskräfte.
Die Goldanleihe wertbeſtändig.
Anſehnliche Kursgewinne.
Berlin, 8. Sept. Wie wir aus Bankkreiſen hören, geht
ſo=
wohl die Zeichnung auf die Goldanleihe des Reiches als auch
die Ablieferung der Deviſen auf Grund der bisherigen
Verord=
nungen über die Deviſenabgabe in recht befriedigender Weiſe vor
ſich. Was die Goldanleihe anlangt, ſo wird ſie ſeit einiger Zeit
per Erſcheinen gehandelt, und zwar zu einem Kurſe, der dem
Dollarkurſe in einem gewiſſen Abſtande folgt, aber ihn doch,
ebenſo wie die Dollarſchatzanweiſungen, nicht erreicht.
Immer=
hin können die frühzeitigen Zeichner der
Goldan=
leihe bereits aus den jetzigen „Vorkurſen” erſehen, daß ſie
recht anſehnliche Kursgewinne erzielt haben.
Japans Seemacht vernichtet.
Die politiſchen Nachwirkungen.
FU. Tokiv, 8. Sept. Heute kann man ſchon überblicken,
daß die Kataſtrophe auch ſchwere politiſche Nachwirkungen hat.
Japan wird in Zukunft nicht mehr den erſten Rang einer
See=
macht einnehmen wie ſeither, da durch das Erdbeben zum
minde=
ſten ein großer Teil ſeiner Flotte ſchwer beſchädigt worden iſt.
Die zwei Kapitalsſchiffe „Aci” und „Mikaſa” ſind von der
Springflut verſchlungen worden.
Japan und die britiſche Reichskonferenz.
* Londox, 8. Sept. (Priv.=Tel.) Die britiſche
Reichs=
konferenz, die in London im nächſten Monat abgehalten werden
ſoll, wird wahrſcheinlich weitgehende Neuerungen zu treffen
haben, nachdem Japan durch das Erdbeben zu einer Flottenmacht
dritten Nanges herabgeſunken iſt. Durch die Zerſtörung der
Dockanlagen und Werkſtätten wird Japan auf lange Zeit hinaus
nicht in der Lage ſein, ſeinen Rang als eine Flottengroßmacht
zu behaupten. Man vergleicht die Wirtſchaftslage Japans mit
der Fankreichs und Belgiens nach dem Kriege. Durch die
Zerſtö=
rung faſt ſeiner geſamten Wirtſchaft und Induſtrie werden ihm
auch die Mittel fehlen, Schiffe für ſeine Flotte im Ausland
bauen zu laſſen. Obwohl über die Agenda der britiſchen
Reichs=
konferenz das ſtrengſte Stillſchweigen gewahrt wird, iſt es doch
bekannt, daß ſich die Beſprechungen hauptſächlich um das
Pro=
blem der Verteidigung des Stillen Ozeans drehen werden. Man
meint natürlich eine Rüſtung gegen Japan. Nichts anderes
hät=
ten die bcabſichtigten großen Ausgaben für die Herſtellung einer
Flottenbaſis in Singapoxe beabſichtigen können. Obwohl Japan
öffentlich nie genannt wurde, war es doch das Schreckgeſpenſt, das
im Vordergrund des britiſchen Intereſſes ſtand. Jetzt wurde in
einem Augenblick das Flottenabkommen von Waſhington
unnö=
tig durch einen Schlag der Elemente, der Japan zerkrüppelte und
die japaniſche Flotte ausſchaltete.
Der auſtraliſche Miniſterpräſident Bruce erklärte
Preſſe=
vertretern vor ſeiner Abreiſe nach Auſtralien, daß der
Reichs=
konferenz als Hauptaufgaben die Feſtſetzung einer gemeinſamen
Verteidigungspolitik und einer gemeinſamen auswärtigen
Poli=
tik vorlägen. Seit Jahren ſchwebe dem Reiche der Plan vor,
eine Reichsflotte zu ſchaffen, die ſtark genug wäre, alle britiſchen
Intereſſen zu ſchützen, ohne die Hilfe Japans zu benötigen.
Auſtralien machte bisher keinen Hehl aus ſeiner Beſorgnis über
die aggreſſiven Pläne Japans im Stillen Ozean. Durch das
Unglück ſei ein bedeutender Wechſel eingetreten, und man erwarte
daher, daß die Beratungen der britiſchen Reichskonferenz
ent=
ſcheidende Neuerungen bringen werden.
Japans Wiederaufbaugeſetzgebung.
TU. Tokio, 8. Sept. Drei kaiſerliche Erlaſſe ſind
heraus=
gegeben worden. Nach der erſten Verordnung wird derjenige,
der den jetzigen Zuſtand des Landes dazu benutzt, unberechtigte
Gewinne zu machen, zu Gefängnis oder hohen Geldbußen
ver=
urteilt. Nach der zweiten Verordnung wird ein 30tägiges
Mo=
ratorium, ausgenommen für Löhne, eingerichtet. Nach der
drit=
ten Verordnung werden Gefängnisſtrafen und Geldbußen gegen
den angedroht, der Gerüchte verbreite, die geeignet ſind, die
öffentliche Ordnung zu ſtören.
Gold=Hamſierer.
*Der „Hamſterer” als eine ganze Volksklaſſe iſt während des
Krieges aufgekommen, zunächſt als es galt, bei der allgemeinen
Lebensmittelnot ſich die nötige Nahrung ſicher zurückzulegen.
Doch auch damals ſchon fing man an, aus dem „Strumpf” der
armen Witwe, in dem ſie ihre Goldſtücke bewahrte, einen großen
Sack zu machen, und ſeit das Gold ſo völlig aus dem Verkehr
ver=
ſchwunden und infolge der ungeheueren Geldentwertung die
Sehnſucht aller geworden iſt, mag es noch mehr als bisher
ge=
hamſtert worden ſein, wenn es nicht durch Deviſen erſetzt wurde.
Das Aufhäufen und Verbergen von Geld erklärt ſich in unſeren
wirren Zeiten aus der Wertunbeſtändigkeit unſerer jetzigen
Wäh=
rung, aber das Hamſtern von Gold iſt nicht erſt eine Erſcheinung
unſerer Tage, ſondern es entſpricht einem Urtrieb, der zu allen
Zeiten wirkt und auch in Ländern, die ſich der beſten Valuta
er=
freuen. Von ſolchen merkwürdigen Goldhamſterern plaudert eine
engliſche Zeitſchrift. Da gab es z. B. in Somerſet eine
ſtadtbe=
kannte Perſönlichkeit, die „Halbkronen=Saunders” genannt wurde.
Der Mann hieß ſo, weil er alle Leute bat, ihn in
Halbkronen=
ſtücken zu bezahlen. Nach ſeinem Tode wurde auch der Grund
dieſer Bitte offenbar. Sein Erbe ſuchte nach den Münzen, die
der Vater ſo fanatiſche geliebt hatte, konnte aber nichts finden.
Da fand er Aufzeichnungen ſeines Vaters, die mit „Türpfoſten=
Rechnung” überſchrieben waren. Nun ſuchte er nach und fand in
einem hohlen Türpfoſten des Hauſes mehr als 4000 Halbkronen,
die der Alte hier aufgeſpeichert hatte. Ein Bettler, namens John
Hamond, der in Nottingham ſcheinbar in größter Armut lebte,
hatte in ſeiner kleinen Kammer eine große reich verzierte
mar=
morne Urne ſtehen, von der er ſich nicht trennte, weil ſie die Aſche
ſeines geliebten Weibes enthielt. Man wußte, daß ſeine Frau
ihm ein beträchtliches Vermögen hinterlaſſen hatte, aber kein
Menſch ahnte, wo das hingekommen ſei. Als er ſtarb, ſchafften
ſeine Verwandten die Urne weg, um ſie auf dem Friedhof
beizu=
ſetzen. Es fiel aber auf, daß ſie ungewöhnlich ſchwer war; man
öffnete ſie und fand darin einen Sack, der Goldmünzen im Werte
von 1700 T enthielt. Die ganze Höhlung um dieſen Sack war mit
Bündeln von Banknoten ausgeſtopft, und im ganzen zog man aus
der Urne des Bettlers die immerhin beträchtliche Summe von
3000 X hervor. In einer kleinen Penſion im Londoner Eaſt=
End wohnte ein beſcheidenes altes Fräulein, das größere
Sum=
men von Verwandten erhielt und augenſcheinlich viel ſparen
mußte. Als man aber nach ihrem Tode ihr Zimmer durchſuchte,
fand man nichts. Man entdeckte nur einen großen Sack, in dem
das alte Fräulein eine Menge alter Briefe aufbewvahrt hatte. Die
enttäuſchten Erben ſchütteten den Inhalt des Sackes ins Feuer.
Aber als die Flammen die alten Umſchläge umleckten, da öffnete
ſich einer, und — ein paar Pfund — Noten fielen heraus. Nun
ſuchte man zu retten, was noch zu retten war und entdeckte in
den alten Umſchlägen lauter Banknoten, der größte Teil war
frei=
lich bereits verkohlt. Einen noch merkwürdigeren
Aufbewahrungs=
platz hatte ein Goldhamſterer ſich erwählt, der vor einigen Jahren
in einem Londoner Vorort ſtarb. Unter den wenigen
Gegen=
ſtänden ſeiner Hinterlaſſenſchaft befand ſich eine alte Uhr, die ſein
Wirt wegen nicht gezahlter Miete beſchlagnahmte. Er ſchickte ſie
zu einem Uhrmacher, um ſie wieder in Gang bringen zu laſſen.
Dieſem fiel auf, daß die Gewichte entfernt und an deren Stelle
zwei lange ſchmale Leinwandſäcke angebracht waren. Es zeigte
ſich, daß die Säcke mit Goldmünzen gefüllt waren. Ein
Altbücher=
händler hatte ſeiner Tochter ans Herz gelegt, daß ſie ſechs dicke
Bände, die hinten in einer Reihe ſtanden, nie verkaufen ſollte.
Nach ſeinem Tode holte die Tochter die alten Folianten herunter
und fand, daß es gar keine Bücher waren, ſondern Kiſten, die
ſämtliche Erſparniſſe des Alten enthielten.
Wie man Milliarden vom Meeresgrunderettet.
* Fünf Jahre lang hat die engliſche Admiralität in
gedul=
diger Arbeit ſich bemüht, die 5½ Millionen 2 in Goldbarren und
die ½ Million in Silberbarren, die im Jahre 1917 mit dem
Dampfer „Laurentic” untergingen, zu bergen, und dies iſt auch
bis auf Barren im Werte von 16 000 4 geglückt. Werden dieſe
24 Goldbarren nicht noch in den allernächſten Tagen ans Licht
ge=
hoben, ſo werden ſie wohl für immer auf dem Meeresgrunde
ruhen, denn das Einſetzen des ſchlechten Wetters erſchwert die
Tätigkeit der Taucher außerordentlich, und eine neue Eröffnung
der Arbeiten im kommenden Sommer dürfte ſich nicht lohnen.
Einer der Offiziere des Bergungsſchiffes, Leutnant Williams,
hat in einem engliſchen Blatte genaue Angaben über die Art
und Weiſe gemacht, in der dieſe Gold= und Silberſchätze dem
Meere abgerungen wurden, und bietet ein intereſſantes Bild der
modernen Bergungstechnik. „Es iſt nicht viel Romantik bei
die=
ſer Suche nach Gold in den Tiefen des Ozeans,” ſagte er. „
Zu=
nächſt war die Sache ſehr ſpannend, aber als dieſelben Arbeiten
jahraus, jahrein andauerten, wurden ſie allmählich langweilig,
und wir ſind froh, daß unſere Aufgabe gelöſt iſt. Man glaubt
vielleicht, daß die „Laurentic” auf dem Meeresgrund noch
ziem=
lich ſo lag, wie ſie vor ſechs Jahren unterging, aber in
Wirklich=
keit iſt die „Laurentic” heute überhaupt kein Schiff „mehr,
ſon=
dern ſie iſt durch den ungeheuren Waſſerdruck vollkommen
platt=
gedrückt und ihr Ausſehen auf dem Meeresboden ähnelt einem
rieſigen eiſernen Pfannkuchen. Nachdem das Wrack in ſeiner
Lage auf dem Boden des Ozeans feſtgeſtellt war, wurde ein
ge=
naues Modell des Schiffes angefertigt, und an dieſem erhielten
alle Taucher genaue Aufſchlüſſe über die Lage der beiden
Eiſen=
kammern, in denen ſich die Gold= und Silberbarren beſanden.
Das Aufſprengen dieſer rieſigen Geldkäſten war eine ſchwierige
Arbeit. Wir machten alle möglichen Verſuche, zunächſt ohne
Er=
folg. Schließlich gelang es, die Kammern mit Hilfe elektriſcher
Ladungen zu ſprengen. Nachdem die Sprengladung gelegt
wor=
den war, wurde ein Drahtzünder an ihr befeſtigt, und am
ande=
ren Ende war eine Metallſcheibe. Der Taucher, der die Ladung
gelegt hatte, brachte die Scheibe mit nach oben und händigte ſie
dem Kapitän aus, der ſie dann wieder ins Waſſer warf, wodurch
die Leitung geſchloſſen wurde, ſo daß nun die Exploſion erfolgte.
Bei jeder Kammer mußten 20 Sprengladungen zur Exploſion
gebracht werden, bevor das Gold freilag. Um zu der zweiten
Kammer zu gelangen, die auf der anderen Seite der Maſchine
ſich befand, mußten die Maſchinen Stück für Stück zerſtört
wer=
den. Das Heraufbringen des Goldes geſchah auf die Weiſe, daß
jeder Taucher einen Eimer mitnahm, der ſich an einem Kabel
be=
fand. Er brauchte eine Minute, um auf den Meeresgrund zu
kommen; dann arbeitete er eine Stunde. Sobald er auf das
Gold geſtoßen war, hob er die Barren in die Eimer und gab
dem wachthabenden Offizier ein Signal, der das Gold
herauf=
ziehen ließ und es dem Kapitän übergab. Hatte er nach Ablauf
einer Stunde alles in ſeinem Bereich befindliche Gold geborgen,
ſo ließ er den Eimer in der Nähe der Stelle, wo das Gold lag,
ſtehen und ſtieg ſelbſt empor. Dadurch half er dem nächſten
Taucher, den Ort raſch zu finden. Während das Hinabſteigen der
Taucher innerhalb einer Minute erfolgte, nahm das
Wieder=
hinaufkommen 40 Minuten in Anſpruch. Das Heraufziehen
er=
folgte in Abſtänden von je 20 Fuß, und dazwiſchen wurde
jedes=
mal Halt gemacht, damit ſich der Taucher an die Abnahme des
Waſſerdrucks gewöhnen konnte. Nnur einmal hatten wir einen
Unglücksfall bei einem Aufſtieg. Der Taucher verlor nämlich
einen Stiefel und kam mit den Füßen zuerſt empor. Er war
be=
wußtlos, und um ihn an den Luftdruck zu gewöhnen, wurde er in
einen Tank gebracht und Luft hineingepumpt, bis der Luftdruck
derſelbe war, wie der unter Waſſer; dann wurde der Druck ganz
allmählich verringert, bis er wieder zum Bewußtſein erwachte.
Man ſtellt ſich vor, daß wir uns unſeren Weg auf dem
Meeres=
boden zwiſchen ſchauerlichen Skeletten und furchtbaren
Unge=
heuern bahnen mußten; das war aber nicht der Fall. Wir
fan=
den nur ab und zu ein paar Schädel und Knochen; aber der
größte Teil der Leichen war entveder von der Strömung
weg=
geſpült oder von den Fiſchen verſpeiſt. Auch die Bewohner der
Tiefe waren ganz harmlos.”
Seite 4
Rummer 249.
Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 9. September 1923.
Darmſtadt, 9. September.
* Grenzgang.
Ein wundervoller Spätſommertag! Durch das Grün des
vol=
len Blätterdaches, das der Herbſt ſchon leicht in ſein leuchtendes
Farbengewand zu tauchen beginnt, goldene Sonnenſtrahlen, die
unzählige lichte Flecken auf den weichen dunſtenden, duftenden
Moos= und Blätterboden wirft. Glitzernde Tauperlen an
ſaftig=
grünen Gräfern und Buchen= und Eichenblatt und Fichten= und
Tannennadeln. Ein Duft, ſo würzig und geſund und erfriſchend
wie ein Jungbrunnen. Das iſt unſer herrlich=ſchöner Wald,
trotz allem und allem. Iſt die einzige Stätte, in der das Herz
aufgeht und man Sorgen und Leid vergißt, vergeſſen muß.
Iſt die Stätte, da man wirklich nicht vom Dollar und von
Fett=
preiſen ſprechen ſollte, ſo wenig, wie im Gotteshaus. Das iſt
Darmſtadts Stolz und Reichtum, ſein köſtlichſter Beſitz, den
nichts erſetzen kann, den ihm auch niemand nehmen kann.
In Jahrhunderte alter geheiligter Tradition, die keine noch
ſo ſchwere Not bringende Zeitſpanne durchbrechen konnte, war
dieſer Wald alljährlich das Ziel der Stadtväter, der Aelteſten
und Feldgeſchworenen. Zu ihm pilgerten ſie, wenn ſie in jedem
Jahr einmal die Grenzen der Stadt abſchritten im „Grenzgang”
und hier fanden ſie ſich zuſammen zu ernſtem Tun uud zn
frohem Umtrunk. Hier traten auch alle die, die ſich in politiſchem
Gegenſatz in Wort und Schrift befehdeten, einander näher und
alle Teile zogen menſchlich wertvollen Gewinn aus dieſen
Zu=
ſammenkünften. Daß der Urväter Sitte und Brauch geehrt und
hoch gehalten wird auch in Zeiten tiefſter Bedrängnis und
bit=
terer wirtſchaftlicher Not, iſt ein ſchönes Zeichen, das man nicht
gering achten ſollte. Es bringt auch heute noch ſeeliſchen Gewinn,
wenn der „Grenzgang” als ſolcher auch ſeine eigentliche
Zweck=
bedeutung verloren hat. Heute vielleicht mehr denn je, denn
mehr denn je prallen ja noch immer die Gegenſätze aufeinander
und vieles ſchleift ſich doch ab, gleicht ſich aus in der engeren
Beziehung von Menſch zu Menſch. Schließlich verfolgen doch
alle ein gemeinſames Ziel, nur die Wege es zu erreichen, ſind
ja ſo verſchieden. —
Von der Landskronſtraße aus ging der Grenzgang geſtern
an vielen herrlichen Ausſichtspunkten vorbei (deren einige den
Blick allerdings ins beſetzte Rheingebiet öffneten), über die
Marienhöhe zur Wilbrandshöhe. Auf teilweiſe ganz
verſchwie=
genen, jedenfalls nicht oft betretenen Pfaden zum Prinzenberg,
dann den Oberramſtädter Grenzweg entlang zur
Walderholungs=
ſtätte am Beſſunger Forſthaus. Hier war das Ziel des
Wald=
ganges. Hier wurde nach flottem dreiſtündigem Marſch geraſtet
und ein Glas ſchäumenden Gerſtenſaftes zu dem berühmten,
leider ach ſo ſelten gewordenen Darmſtädter Nationalgebäck, dem
„Wurſtweck” bot die, wenn auch beſcheidene, ſo doch heiß
be=
gehrte Labung. (Die ſchönen Zeiten des „Hirſcheſſens” ſcheinen
leider auf abſehbare Zeit vorbei!) Jedem Teilnehmer wurde
ſein Wurſtweck zugeteilt und mit Argusblichen überwachte
Ober=
meiſter Finger die gerechte Verteilung und ſchob etwaigen —
Hamſtergelüſten unerbittlich den Riegel vor.
Oberbürgermeiſter Dr. Gläſſing begrüßte namens der
Stadtverwaltung die Teilnehmer in launiger Rede, die aber zum
Schluſſe in tiefernſtem Trauegelöbnis ausklang und in der
ern=
ſten Mahnung zu Einigkeit in den ſchweren Zeitnöten. Wie die
ſtolzen Stämme des herrlichen Waldes ſich durch die Treue und
Einigkeit, die ſie verbindet, ſtützen und ſchützen gegen Stürme
und Wetter, dem der Einzelne erliegen würde, ſo ſollte die
Einigleit, die Treue, alle Deutſchen zuſammenſchweißen, dann
werden wir auch die Stürme überſtehen, die gegenwärtig über
unſer geliebtes Vaterland dahinbrauſen. Des Redners Hoch
galt der Vaterſtadt. Eine treffliche Jungfernrede hatte ſich
Stadtv. Kolb, der bisher im Plenum nicht zu Wort kam, für
die ſchönere Gelegenheit des Grenzgangs aufgeſpart. In
launig=
ſatiriſchen Verſen ließ er die Hauptredner der
Stadtverordneten=
ſitzungen und die Preminenten der Stadtverwaltung ihre
Stecken=
pferde vorreiten. Es wurde kaum einer verſchont. —
Beigeord=
neter Ritſert der „Gas= und Waſſermann” ſprach den
Hausfrauen Troſt= und Mahnworte. Wenn das Gas auch teuer
ſei, gut kochen könne man doch darauf und das ſei mehr wie je
die Hauptſache. Sein Hoch galt den „Stadtmüttern” den
weib=
lichen Stadtverordneten, die übrigens vollzählig erſchienen waren.
— In deren Namen dankte Frau Stadtv, Dr. Brückner und
ſpäter Frl. Graſinski in längerer Rede, die Scherz und
Ernſt geſchickt vereinte.
Köſtliche Gaben ſeines Dichtertalentes ſpendete — ſtürmiſch
bejubelt, wie immer — Robert Schneider. Wie er im
ge=
liebten Heinerdialekt in politiſcher Satyre über das Wetter ſprach
und wie er dann über ſeinen Schädel philoſophierte, das war
ein ſo köſtlicher, tiefangelegter, vom Ernſt der Zeit überhäufter
Humor, daß man immer wieder gefeſſelt wurde.
So verliefen die ſchönen Stunden ungetrübt und raſch. Die
Seßhafteren und die Glücklichen, denen am freien
Samstagnach=
mittag die Stunde der Frohnde nicht mehr ſchlug, machten noch
einen Abſtecher nach Roßdorf, um etwa Verſäumtes nachzuholen.
Wie’s denen erging, vermag ich nicht zu berichten. M. St.
Mietabteilung des Heſſiſchen Landesthegters. Den Mietern hat
bis jetzt eine Benachrichtigung über die Zuerteilung ihrer Plätze noch
nicht zugeſtellt werden können. Bisherige Mieter erhalten, namentlich
die Einrichtung einer neuen Miete: „F. die hauptſächlich aus
Neuanmel=
dungen gebildet wird und deren Vorſtellungen in der Hauptſache am
Montag ſtattfinden, im übrigen aber beweglich bleiben ſollen, notwendig
gemacht. Die Ausgabe der Mietkarten und Erhebung der erſten Rate
(für den erſten und zweiten Mietabſchnitt) findet Dienstag, den 11. und
Mittwoch, den 12. September, von 3—6 Uhr nachmittags ſtatt. Die Preiſe
werden, wie angekündigt, nach dem Lebenshaltungsindex vom 31. Auguſt
(rund 1,2 Millionen, gegenüber 1,84 Millionen in dieſer Woche)
be=
rechnet.
— „Polikuſchka‟. Am Sonntag, um 4 Uhr nachmittags und 8 Uhr
abends, läuft im Kleinen Haus zum erſten Mal der Film „Polikuſchka‟
Mit dem Schickſal des Leibeigenen erſtehen in dieſem Film das ruſſiſche
Dorf und die Kleinſtadt. Vielleicht iſt dies der erſte Film, der das Werk
eines Dichters vollkommen wiedergibt: die Geſchichte vom Helden aus der
Hefe des Volkes — und die Tragödie des Geldes und aller Menſchen,
die unter ihm leiden und zu Grunde gehen. Sie betrifft jeden Menſchen.
Dazu hat dieſer erſte Film der neuen Produktion aus Moskau noch einen
Vorzug: er zeigt ein neues Land, neue Geſichter und eine neue
Dar=
ſtellungskunſt: die Kunſt des vollkommenen Zuſammenſpiels, durch die
das Moskauer Künſtlertheater bereits die europäiſche Bühne entſcheidend
beeinflußt hat und die hier zum erſten Mal auf den Film übertragen
iſt. Der größte ruſſiſche Schauſpieler, Moskwin, ſpielt den Polikuſchka.
— Der Steinach=Film läuft heute um 11 Uhr vormittags und 6 Uhr
abends zum letzten Male im Kleinen Haus.
— Die erſten Aufführungen im Landestheater. Das Landestheater
eröffnet die diesjährige Spielzeit am Mittwoch, den 12. September, mit
einer Neuinſzenierung von Nichard Strauß” „Roſenkavalier”, das
Schauſpiel folgt am Freitag, den 14. September, mit Shakeſpeares
„Viel Lärmen um Nichts”, das ſeit 1898 in Darmſtadt nicht mehr
gege=
ben wurde, mit der Muſik von Wolfgang Erich Korngold, die zum erſten
Mar zu Gehör kommen wird. Der Spielplan der erſten Zeit wird
außer=
dem im Großen Haus von Aufführungen der vergangenen Spielzeit in
der Oper „Lobetanz”, „Elektra”, „Butterfly”, im Schauſpiel „Karl XII.‟,
„Louis Ferdinand”, als Neuheit die für Darmſtadt erſtmalige
Auffüh=
rung von Tolſtois „Lebendem Leichnam” bringen. Das Kleine Haus
er=
öffnet am Sonntag, den 23. September, mit „Figaros Hochzeit” am 24.
folgt ein Tanzabend, ſpäterhin aus der vergangenen Spielzeit
Eichen=
dorff3 Freier, von Neuheiten im Schauſpiel Gerhart Hauptmanns
„Schluck und Jau”, (zum erſten Mal in Darmſtadt) und Hindemiths
Tanzſpiel, deſſen Muſik anläßlich der Muſikwoche im Juni dieſes Jahres
zur Uraufführung kam. Der Tageskartenverkauf für „Roſenkavalier”
beginur am Dienstag, den 11. September.
— Kultusſteuer. Die für das Kalenderjahr 1923 angeforderte
Kul=
tusſteuer der iſraelitiſchen Religionsgemeinde Darmſtadt iſt auf das
Dreihundertfache des angeforderten Betrags erhöht worden. (Näh. ſiehe
Bekanntmachung.)
Unbeſtellbare Pakete. Die Zahl der Pakete, die weder dem
Empfänger ausgehändigt, noch an den Abſender zurückgegeben werden
können, iſt immr noch recht bedeutend. Damit die Pakete den
Empfän=
gern auch dann zugeſtellt werden können, wenn die Aufſchrift unterwegs
abgefallen oder unlesbar geworden iſt, iſt durch die Poſtordnung
ange=
ordnet worden, daß die Abſender ſtets in die Pakete obenauf ein Doppel
der Aufſchrift zu legen haben.
— Pfadfinder, Ortsgruppe Darmſtadt. Zu dem Vortrag des Herrn
Ludwig Lautz „Von Konſtanz bis Berchtesgaden” hatte ſich eine
zahl=
reiche Zuhörerſchar eingefunden, ſo zahlreich, daß ſelbſt der größte
Hör=
ſaal nicht ausreichte, und Viele an der Tür umkehren mußten. Der
jugendliche Vortragende wies kurz darauf hin, was die Pfadfinder mit
ihren Wanderungen bezwecken wollen. Dann führte er an Hand
zahl=
reicher Lichtbilder ſeine Zuhörer am Bodenſee entlang nach Füſſen und
Garmiſch=Partenkirchen. Nach einer Beſteigung der Zugſpitze ging es
weiter nach Mittenwald zum Walchenſee, Chiemfee und Berchtesgaden.
Den Schluß bildeten einige Bilder vom Starnberger See und München.
Er machte auch auf zahlreiche Unglücksfälle aufmerkſam, die ſich
beſon=
ders in dieſem Jahre ereignet hatten, und warnte eindringlich davor,
ohne genügende Vorbereitung und Ausrüſtung leichtſinnig den Berg
be=
ſteigen zu wollen. Anſchließend zeigte er noch einige Zeichnungen, die
zwei 13jährige Pfadfinder auf der Wanderung angefertigt hatten, und
ſchloß mit der Verſicherung an die anweſenden Eltern, daß ſie ihre Söhne
ohne Befürchtungen an den Pfadfinderwanderungen teilnehmen laſſen
könnten, da ſie dort immer gut aufgehoben ſeien. Der Vortrag wurde
mit lebhaftem Beifall aufgenommen.
— Orpheum. Gaſtſpiele Neues Opertttentheater Frankfurt a. M.:
Heute Sonntag, 9. September, letzte Aufführung der Operette: „Der
Vetter aus Dingsda‟. (Näheres ſiehe Anzeige.)
— Die Stenographenvereinigung „Gabelsberger”, Eliſabethenſtr. 52,
eröffnet am 11. und 14. September ds. Js., abends 8 Uhr, in ihren
Un=
terrichtsräumen neue Kurſe in Stenographie und Maſchinenſchreiben.
Durch erſtklaſſige Unterrichtskräfte (ſtaatlich geprüfte Lehrer der
Steno=
graphie) iſt einem Jeden eine gute Ausbildung gewährleiſtet.
Anmel=
dungen werden in der erſten Stunde entgegengenommen. Syſtem=,
Wie=
derholungs=, Redeſchrift= und Diktatkurſe jederzeit. (Auf die heutige
Anzeige wird beſonders hingewieſen.)
0- Ruhrkinder in Starkenburg. Die aus dem Abſendekreis
Elber=
feld=Barmen ſtammenden, gegenwärtig in Starkenburg untergebrachten
Ruhrkinder, werden Mitte dieſes Monats wieder in ihre Heimat
zurück=
geſandt. Die Kinder, die aus der Duisburger Gegend ſtammen, folgen
Ende September nach. Tagtäglich kommen eben Kinder=Sonderzüge aus
Süddeutſchland durch Darmſtadt, wo ſie größtenteils auf dem Bahnhof
verpflegt werden.
Lokale Veranſtaltungen.
Die hierunter erſcheinenden Notizen ſind ausſchließlich als Hinweiſe auf Anzelgen zu befrachten,
in ſeinem Falle irgendwie als Beſprechung oder Kritik.
— Programm für das heutige
Promenadenkon=
zert im Herrngarten ab 11 Uhr (Weber). Abt: Waldandacht.
Möllen=
dorf: Parademarſch. Offenbach: Ouvertüre zu Die ſchöne Helena. von
Suppé: Des Hirten Morgenlied, Solo für Piſton (Herr Buslau).
Lortzing: Paraphraſe über Es war eine ſchöne Zeit. Ziehrer: Wiener
Bürger, Walzer. Aenderungen bleiben vorbehalten.
Aus den Parteien.
Deutſche Volkspartei. Der Große Ausſchuß der
Orts=
gruppe Darmſtadt der D.V.P. trat am Montag, den 3. September,
zu einer Ausſprache über die politiſche Lage zuſammen. Faſt ſämtliche
Mitglieder, dazu einige ausgewieſene führende Parteifreunde aus
Rhein=
heſſen, hatten der Einladung Folge geleiſtet. Der erſte Vorſitzende, Herr
Abg. Rechtsawalt Dingeldey, erſtattete das politiſche Referat des
Abends und erzielte mit ſeinem überſichtlichen, in gewohnter Meiſterſchaft
durchgeführten Vortrage, einen nachhaltigen, ſtarken Eindruck. — Die
ganze verhängnisvolle Entwicklung des Reparationsproblems bis auf den
heutigen Tag erfuhr eine packende Schilderung. Es wurden die Ziele
und Methoden des Gegners beleuchtet und gezeigt, in welcher Weiſe und
mit welchen Ergebniſſen ſich die bisherigen deutſchen Regierungen zu
dieſen Fragen geſtellt hatten. Die Regierung Cuno namentlich und ihr
Kampf wider die Beſetzung des Ruhrgebiets, wurde eingehend beſprochen.
Der furchtbare Ernſt unſerer Lage mußte dargetan und die finanziellen
Erforderniſſe, namentlich auch größte ſteuerliche Opfer, hinſichtlich ihrer
Notwendigkeit, durchaus bejaht werden. Bei Kennzeichnung der
inner=
politiſchen Kriſe, die den Rücktritt Cunos und die Bildung der Großen
Koalition unter Führung Streſemanns brachte, konnte der Redner mit
aller Deutlichkeit und beweiskräftig die mannigfaltigen Angriffe und
Un=
terſtellungen gegenuver der Deutſchen Volkspartei und ihrem Führer
Streſemann zurückweiſen. Erneut wurde betont, daß Cuno, der bis
zu=
letzt die Unterſtützung der Deutſchen Volkspartei und namentlich auch
Streſemanns beſaß, gegenüber dem Vorſtoß der Linken, ſchließlich aus
eigenem Entſchluß heraus zurücktrat. Streſemann, ſpontan gerufen von
der bürgerlichen Arbeitsgemeinſchaft und getragen von dem einſtimmig
ausgeſprochenen Vertrauen der Reichstagsfraktion, bildete ſodann die
große Koalition. Ihre grundſätzliche und ausdrückliche Bejahung ſeitens
der D.V.P. liegt ſeit dem Stuttgarter Parteitag von 1921 feſt. Auf
Grund dieſes Tatſachenmaterials wurden die z. T. demagogiſchen
An=
griffe, namentlich auch von rechts her, gebührend gekennzeichnet und die
Kommentare, die ſich mit der Zuſammenſetzung der heutigen Regierung
befaſſen, auf das rechte Maß zurückgeführt. Mit einer Kennzeichnung der
Stuttgarter Rede des Kanzlers und der Aufforderung zur
Gefolgſchafts=
treue und aufrichtendem Vertrauen, ſchloß der Vortrag, dem reicher
Bei=
fall zuteil wurde. — An der anſchließenden Ausſprache beteiligten ſich
die Herren Scholtz, Staatsanwalt Petry, Generalſekretär
Koll=
bach, Landgerichtsrat Altendorf, Abg. Dr. Oſann und
Ober=
reallehrer Kahl. Ihre Ausführungen betonten zumeiſt die Richtigkeit
der vorgetragenen Anſchauungen oder ergänzten den Vortrag noch
wei=
ter. Lebhafteſte Anteilnahme zeigt ſich immer wieder für die beſonderen
Leiden der beſetzten Gebiete. — In einem kurzen Schlußwort konnte
Herr Rechtsanwalt Dingeldey eine hocherfreuliche, einmütige „
Auf=
faſſung der Verſammlung gegenüber den vorgetragenen politiſchen
Fra=
gen feſtſtellen. Es wurde beſchloſſen, in allernächſten Zeit eine allgemeine
Verſammlung in Darmſtadt zu veranſtalten.
— Jugendgruppe der Deutſchen Volkspartei.
Rückblickend und zuſammenfaſſend ſei einiges über die Veranſtaltungen
der Gruppe während der letzten Zeit geſagt. Solange man die Abende
im Freien zubringen konnte, fanden die regelmäßigen Zuſammenkünfte
auf dem Zimmerplatz des Herrn Haury ſtatt, den dieſer wie im
ver=
gangenen Jahre wieder liebenswürdigerweiſe zur Verfügung geſtellt
hatte. Hier wurde ein Vortrag des Herrn Generalſekretärs Kollbach
zum Erlebnis, als er zur zahlreich verſammelten Jugend in markigen,
zu Herzen gehenden Worten ſprach von deutſcher Not an Rhein und
Ruhr, im Abenddunkel ſprach von der Not des Vaterlandes.
Wetter=
leuchten mochte anzeigen, welch ſchweren, ſtürmiſchen Zeiten das Reich
entgegengeht, aber nach dieſem die Seele des Volkes reinigenden
Gewit=
ter konnte auch jener Stern als Lichtupnkt für eine beſſere Zukunft in
unſerem Daſein gedeutet werden. Der folgende Abend vereinigte die
Mitglieder zu einem fröhlichen Spaziergang, während am Sonntag, den
12. Auguſt, Eppertshauſen das Ziel einer Wanderung war, um hier zum
Beſuch eines aus Worms ausgewieſenen Freundes Stunden heiterſter
Freude zu verleben. In dieſe Tage fielen wichtige politiſche Ereigniſſe,
die am folgenden Mittwochabend das Thema bildeten für einen Vortrag
des Herrn Scholtz, wobei die Auslaſſungen von Zeitungen verſchiedenſter
politiſcher Richtung beſonderer Betrachtung unterzogen wurden und
da=
durch für die Einſtellung der Parteien zur Lage manches Wiſſenswerte
vermittelt werden konnte. Um ſchöne Tage und noch billige Fahrt
aus=
zunutzen, waren am Sonntag, den 19. Auguſt, Wolfsſchlucht und
Neckar=
tal zur Wanderung auserſehen. Während des Vormittags genoß man
bei ſtrömendem Regen und ſtürzenden Waſſermaſſen die etwas feuchte
Romantik dieſer Schlucht, zum Nachmittag aber ſah lachender
Sonnen=
ſchein friſchfröhliche Jugend im Kampf mit ſtarker Neckarſtrömung, ein
Tag ſchönſter Erinnerung. Am nächſten Verſammlungsabend führte
wieder ein Spaziergang in die nahen Wälder, und am Mittwoch, den
29. Auguſt, nun wieder im Feierabend, erfreute die zahlreich
anweſen=
den Hörer das 15jährige Mitglied Ludo Petry durch einen geſchichtlichen
Vortrag „Bilder der türkiſchen Geſchichte”, der in ebenſo meiſterhafter
Weiſe dargeboten wurde wie die vorhergegangenen mit den Themen
Elſaß=Lothringen, Schleswig=Holſtein, Polen. In allen Vorträgen wurde
ein umfaſſendes Bild gegeben über die geſchichtliche Entwickelung der
be=
ſandelten Gebiete und ihre heutige Stellung im Rahmen der ſie
begren=
zenden Reiche, eine Aufgabe, der ſich der jugendliche Redner mit
bewun=
dernswertem Fleiß unterzogen hatte, wobei eigene Meinung und
treffen=
des Urteil die Bedeutung der Vorträge erhöhte. Ein 5. Vortrag iſt in
Ausſicht genommen und wird allſeits mit Intereſſe erwartet. Die 7.
dies=
jährige Wanderung am Sonntag, den 2. ds. Mts., eine Bummelfahrt,
führte abſeits von Menſchentreiben in Waldeinſamkeit und blühende
Heide, und bot auch dieſer Tag dem Auge manch landſchaftliche
Schön=
heit und dem Magen manch erfriſchenden Genuß. Am letzten Abend war
nan zwanglos zuſammen bei Scherz und Spiel und Muſik. Für
kom=
menden Mittwoch, den 12. ds. Mts., hat ſich als Redner Herr
Letten=
baur freundlichſt zur Verfügung geſtellt, der durch jahrelangen
Aufent=
halt in den Balkanländern in der Lage iſt, ein getreues und vielſeitiges
Bild zu geben von Land und Leuten, ihrem Leben und ihren Gebräuchen.
Diesmal wird Herr Lettenbaur Schilderungen aus Serbien, Bulgarien,
Rumänien bringen, die ſicher viel Intereſſantes bieten dürften.
Mit=
glieder wie Freunde der Partei ſind gern willkommen. Ferner wird
noch einmal auf die Einladung zum badiſchen Landesjugendtag am
Sonntag, den 16. ds. Mts., in Karlsruhe aufmerkſam gemacht und um
weitere Anmeldungen gebeten.
*se. Das Sonntagsbuch dem deutſchen Chriſtenvolke zur
Er=
bauung, Belehrung und Unterhaltung, dargeboten von Rudolf Eckart.
42 Abbildungen uſw. Verlag Chriſtian Belſer, A.=G., Stuttgart. Ein
Sonntagsbuch im wahren Sinne des Wortes, das in jedem
Chriſten=
menſchen Stunden der Erbauung und Erhebung zu vermitteln geeignet
iſt. In Poeſie und Proſa und in ausgezeichneten Abbildungen nach
Federzeichnungen ziehen Sonntagsgedanken und Sonntagsſtimmungen
in dem Leſer vorüber, erſchallen Sonntagsgeſänge in Liedern und
Ge=
ſängen. Schlichte, erhebende und belehrende Volkserzählungen ſind
eingeflochten. Es iſt, als ob die gottesfürchtige Großmutter Kindern
und Enkeln Sonntagsandachten im Familienkreiſe ſpendet. Nur
aus=
gezeichnete Schriftſteller und Dichter ſind in dieſem herrlichen Buch zu
Wort gekommen, deſſen größter Vorzug darin beſteht, daß es nicht
fröm=
melnd iſt oder ſein will. Was es an Erbauung und Erhebung gibt, iſt
in dem ſchlichten, aber ſchönen Rahmen guter Volksliteratur und
Volks=
dichtung gehalten. Es iſt ſo recht ein Buch für unſere Zeit, für alle
Stim=
mungen und für alle Charakteure, die ſich nicht abgewandt haben von
Gottesfurcht und Chriſtenglauben.
* Romulus. Von Karl Gjellerup. 192 Seiten.
Novellen=
bibliothek. (Verlag von Quelle u. Meyer.) „Romulus”, die Tragödie
eines Pferdes eine flammende Anklage gegen menſchliche
Unbarmherzig=
keit, iſt zweifellos eines der ſchönſten Kunſtwerke, die Gjellerup je
ge=
ſchaffen, ein Kabinettsſtück dichteriſch vollendeter Erzählerkunſt.
* Das Okkulte. Von Graf Hermann Keyſerling, Graf
Kuno Hardenberg, Carl Happich. Darmſtadt 1923. Otto Reichl=Verlag.
Preis: Grundzahl 6 Mk. — „Von der richtigen Einſtellung
zum Okkulten” ſpricht Graf Keyſerling eingangs des Buches und
trifft damit das Wichtigſte, das zunächſt über das Okkulte zu ſagen iſt.
Die notwendige Einſtellung des kritiſch Prüfenden auf die Harmonie
der Experimentierenden iſt außerordentlich ſchwierig, und daran
ſchei=
tern auch die meiſten Verſuche, die reſultatlos verlaufen. Nur wer über
die gleiche Organiſation verfügt, kann das Erleben des Okkultiſten teilen,
Die Wiſſenſchaft des Okkultismus iſt, in unſerem Zeitalter neugeboren,
noch viel zu jung, um jetzt ſchon zu einem irgend wie klar erkannten
Ergebnis gelangen zu können. Den Weg zu dieſer Forſchung gewieſen
zu haben, iſt das Verdienſt von Keyſerlings Abhandlung. Dieſe, von
tiefgründigem Denken geleitete Schrift wird noch bereichert durch
wert=
volle Literaturhinweiſe. — Carl Happich geht nun in ſeiner Arbeit
„Experimente und ihr Gewicht” näher auf das Befondere der
Medium=
wiſſenſchaft ein und ſucht deren Weſen zu ergründen. In ausführlicher
Weiſe werden die Verſuche mit dem Medium H.=B. beſchrieben, deren
Vorgang hier protokollariſch wiedergegeben iſt. Ergänzend hierzu ein
Kapitel über phyſiognomiſches Hellſehen. Die durchaus wiſſenſchaftliche
und ſcharf kritiſche Behandlung des ganzen Stoffes verleiht dem Buch
eine erſte Stellung in der Fachliteratur. — Abſchließend ſpricht Graf
Hardenberg über „Medialität und Künſtlertum”. Das Thema
wird in der künſtleriſchen Form geiſtvoller Dialoge behandelt und
ſchließt mit einer E. T. A. Hofmanniade, die ein großes Fragezeichen
hinterläßt.
— Der eiſerne Beſtond in betriebswirtſchaftlicher und
ſteuerlicher Beziehung unter Berückſichtigung des
Geldentwvertungs=
geſetzes vom 20. März 1923. Von Dr. Franz Findeiſen, Profeſſor der
Betriebswirtſchaftslehre an der Handelshochſchule Nürnberg. Band IX
der Bücherei für Bilanz und Steuern. (Grundpreis 3,60 Mk. 1923,
Induſtrieverlag Spaeth u. Linde, Berlin C. 2.) Nachdem die
Einfüh=
rung der Goldmarkrechnung erhebliche Schwierigkeiten gezeitigt hat, iſt
das Problem der Rechnung mit eiſernen Beſtänden in den Vordergrund
gerückt. Das Buch zeigt, daß hier tatſächlich ein Weg vorliegt zur
Ver=
meidung der Scheingewinne nicht nur am Anlagevermögen, ſondern
auch an dem betriebsnotwendigen Warenlager. Die Unternehmung
muß ſich dieſer Rechnung bedienen, will ſie eine Vergleichsbafis für
ihren Vermögensſtand finden und will ſie den tatſächlich erzielten
Ge=
winn feſtſtellen. In ſteuerlicher Beziehung werden Wege gezeigt, um
der ungerechten Wegſteuer von Vermögensbeſtandteilen als Gewinn
Einholt zu tun. Das Problem iſt von Bedeutung auch in
währungs=
ſtabilen Zeiten, ja ſelbſt für die Goldmarkrechnung, zur Errechnung
des richtigen Betriebsgewinns. Die Arbeit füllt ſo eine Lücke aus, die
Wiſſenſchaft und Praxis in gleicher Weiſe empfanden.
Brunner, Prof. Dr. W., Von Stern zu Stern.
(Aus „Natur und Geiſteswelt”). 92 Seiten in 80 mit 27 Bildern im
Text, in farbigem Umſchlag. Leipzig 1923. Grundpreis M. 2.—. Unter
den populären Schriften über Aſtronomie iſt dieſes Buch ein Novum.
Der Verfaſſer bringt Schilderungen, wie der Weltenraum ausſehen
würde, wenn man ihn von den einzelnen Plaueten unſeres
Sonnen=
ſyſtems betrachten würde. Das Buch iſt alſo als Ergänzung der
bis=
herigen aſtronomiſchen Literatur für Laien anzuſprechen. Es ſetzt keine
beſonderen Kenntniſſe voraus, ſondern ſpricht in leicht verſtändlicher
Vorſtellung zu dem Leſer. Zur Einleitung dient ein „Ausblick vom
Erdſtern‟. Dann folgt eine Betrachtung unſerer Erde, wie ſie ſich
einem Mondbewohner darſtellen würde. Dann führt uns der Verfaſſer
auf den Mars. Nach ihm von einem zum andern Planeten bis zu
Jupiter und Saturn. Die ungeheueren Entfernungen dieſer Planeten
von unſerer Sonne kann man erfaſſen, wenn man lieſt, wie die
Wir=
kung unſeres wärme= und lebenſpendenden Zentralhimmelskörpers auf
dem Saturn für unſer menſchliches Empfinden überhaupt nicht mehr
zu ſpüren iſt. Das Buch erleichtert das Verſtändnis für alle kosmiſchen
Erſcheinungen.
wl „Schule und Schulleben”. Von Prof. Dr. Gandig.
Quelle & Meyer in Leipzig, 1923. der Gedanke, daß Schule keine
Veranſtaltung, ſondern Lebensſtätte ſei, iſt das bedeutſamſte Leitmotiv
der Gaudig’ſchen Pädagogik. Es gilt, daß die Schule einzelne
Lebens=
gebiete, wie das der Arbeit, des Spieles, der Feier, des Wanderns,
der Gemeinſchaft uſw. nach den ihnen inneſvohnenden Lebensgeſetzen
zu je beſonderem Eigenleben geſtalte. „Deutſche Erziehung”, „
Schul=
ſtimmung”, Schulgeſinnung” „Lehrerfreuden neuen Stils” werden ſo
pädagogiſche Motive, die das ſchöpferiſche Denken Gaudiags anregen.
Vor allem aber foll der Strom nationalen Lebens die Schule
durch=
fluten und das Schulleben damit einmünden laſſen in den großen
Kulturprozeß. Was im Werden einer neuen Erziehung an pädaoggiſcher
Sehnſucht aufgeſtanden iſt, fängt Gaudig in ſeiner Gedankenwelt ein,
ſchmilzt es mit Eigenem zuſammen und weiß ihm in erſtaunlicher
Sprachkraft, Gehalt und Geſtalt zu geben. So lohnt das Buch nicht
nur mit reichſtem Gewinn für Anregungen, ſondern gewährt auch
hohen literariſchen Genuß.
„Woran erkennt man die wichtigſten Stilarten?”
Von Robert Bücheler. Mit 160 Abbildungen. Stuttgart, Greiner
& Pfeifer. Ein Führer für Laien, der allerdings auf eine
wiſſen=
ſchaftliche Wertung keinen Anſpruch machen darf, iſt dieſes Buch mit
ſeinem auf das notwendigſte beſchränkten Text und ſeinen recht guten
Abbildungsmaterial. Das Weſentlichſte der Stilkunde wird
heraus=
gegriffen und ſoll zu weiterem Studium anregen. Falſch gewertet und
dadurch zu kurz behandelt iſt das deutſche Barock und Rokoko mit ſeinen
weitgehenden Einflüſſen in Architektur und Dekoration. Eine gute
Ergänzung zu dem volkstümlich gehaltenen Text bietet das
Vokabu=
larium der techniſchen Ausdrücke und Fremdworte am Ende des Buches.
Buchanzeigen.
Tairoff: „Das entfeſſelte Theater.” Inhalt: Pro domo ſua:
Dilet=
tantismus und Meiſterſchaft: Die innere Technikt des Schauſpielers;
Die äußere Technik des Schauſpielers; Der Regiſſeuer; Die Literatur
im Theater: Die Muſik im Theater; Die ſzeniſche Atmoſphäre: Das
Koſtüm; Der Zuſchauer. Guſtav Kiepenheuer Verlag, Potsdam.
Grundpreis 8.—.
Weltfchüpfung und Weltanſchauung, von Prof. Dr. Wilhelm Liepmann.
(Berlin 1923, Volksverband der Bücherfreunde.)
Tſchernow — Sawinkow=Nopſchin — Lenin — Trotzki — Radek —
Lunatſcharsky — Dzerſchinsky — Tſchitſcherin — Sinowjew —
Kame=
new. Mit 9 Porträtswiedergaben. 1.—3. Tauſend. (Franz S hneider,
Verlag, Berlin, Leipzig, Wien I und Bern.)
Heſſiſches Landesmuſeum Darmſtadt. Kunſt= und hiſtoriſche
Samm=
lungen. Die Glasmalereien. Mit 5 Holzſchnitten von W. Harwerth
nach Scheiben aus der Ritterſtiftskirche in Wimpfen am Neckar.
(Darmſtadt 1923, Gedruckt bei Wilh. Gerſtung, Offenbach am Main.)
Unſere Herrſcherin, die Zeit von Friedr. Carl Freudenberg. (Druck und
Verlag der Univerſitäts=Buchdruckerei J. Freudenberg, Heidelberg.)
Die Gefahren der Alpen. Erfahrungen und Ratſchläge von Emil
Zſigmondy und Wilhelm Paulcke. Siebente Auflage, bearbeitet, ſeit der
vierten Aufl. von W. Paulcke. (München, Bergverlag Rudolf Nother
1922.)
Schneeläufer=Ausbildung. Lehrplan für Trockenunterricht und
Ge=
ländekurs. Herausgegeben vom Jugend= und Sportausſchuß des
Deut=
ſchen Skiverbandes und bearbeitet von Carl J. Luther. (Bergverlag
Rudolf Rother, München 1923.)
Der neue Kraftſport. 1. Teil; Vorbereitungen und Grundlagen von
Theodor Siebert. (Dr. Fritz Frommel, Verlag, Ludwigsburg 1923.)
Das Paradies der Tiere. Alte und neue Tiergeſchichten, Tiermärchen
und Fabeln. Herausgegeben von Carl W. Neumann. (Quelle und
Meyer in Leipzig.)
Rummer 249.
Darmſtädter Tagblatt, Sonutag, den D. September 1923.
Seite 5.
Die Höchſtſätze der Erwerbsloſenunterſtützung betragen
in der Woche vom 5. bis 11. September 1923 wochentäglich:
in den Orten der Ortsklaſſen
1. für männliche Perſonen
a) über 21 Jahre, ſofern
ſie nicht im Haushalt Mk.
b) über 21 Jahre, ſofern
ſie in dem Haushalt
eines anderen leben 2030000 1890000 1750 000 1610000
c) unter 21 Jahren . . 1460000 1340000 1 220000 1100 000
2. für weibliche Perſonen
a) über 21 Jahre, ſofern
ſie nicht im Haushalt
eines anderen leben 2030000 1890000 1750000 1610000
b) über 21 Jahre, ſofern
ſie in dem Haushalt
eines anderen leben 1660000 1540000 1420000 1300000
e) unter 21 Jahren. .1120000 1050000 980000 910000
B. als
Familien=
zuſchläge für
a) den Ehegatten . . . 860000 780000 700000 620 000
b) die Kinder und
ſon=
ſtige
unterſtützungs=
berechtigte
Angehö=
rige = .. 710000 640000 570000 500 000
B
eines anderen leben 2 450000 23000000 2150 000 2000 000
Kunſtnotizen.
Ueber Werke, Künſiler und künſfleriſche Veranſfaltunge
geſchiebt, behält ſich die Redakt
ſon ihr Arteil vor.
— „Tote, die wiederkehren” (Tatſachen und Beweiſe),
lautet der Titel eines hochintereſſanten und überall von Tauſenden
be=
ſuchten Vortrages von Herrn Dr. med. Georg Lomer, welcher hier
im 12. September im Turnhalleſaal, abends 8 Uhr, gehalten wird. Der
geiſtvolle Redner verſteht es in ganz beſonderer Weiſe, das Publikum
zu feſſeln, und ſo iſt es erklärlich, daß in jeder Stadt ein geradezu
un=
geheurer Andrang zu dieſem Vortrag iſt. Karten bei Konzert=Arnold,
Wilhelminenſtraße 9.
St. Nieder=Ramſtadt, 8. Sept. Gemeinderatsbericht. Eine
ſtundenlange Debatte entſpann ſich wiederum über die Aufbringung der
Koſten des Beſtattungsweſen und der Faſelhaltung. Bisher wurden
dieſe in vollem Umfange von der Gemeinde aufgebracht. Die durch die
Geldentwertung eingetretene ungeahnte Höhe dieſer Koſten warf nun die
Frage auf, wie die Gemeinde finanziell zu entlaſten ſei. Im Prinzip
einigte man ſich dahin, nur noch einen gewiſſen Tel der Koſten auf die
Gemeinde zu übernehmen. Der Reſt der entſtehenden
Beſtattungs=
koſten muß durch die Beteiligten getragen werden, die ſich hiergegen
wieder dadurch ſichern können, daß ſie dem neu zu gründenden
Sterbe=
kaſſeverein beitreten. Andererſeits wird zur Deckung des Fehlbetrags
bei den Faſelhaltungskoſten ein Deckgeld erhoben. Beſtimmte Beſchlüſſe
ſollen aber erſt in der kommenden Sitzung gefaßt werden. — Unter
Auf=
hebung des Beſchluſſes vom 23. v. Mts. wird einem Anſinnen des
Kreis=
amtes entſprechend der Zuſchlag zur Grunderwerbsſteuer von bisher
1 auf 3 Prozent mit ſofortiger Wirkung erhöht. — Das Einzugs= und
Feuereimergeld wird auf wertbeſtändiger Grundlage feſtgeſetzt dergeſtalt,
daß das Briefporto für einen einfachen Fernbrief der Berechnung
zu=
grund gelegt wird. — Der Beitrag zum Heſſ. Schutzverein für entlaſſene
Gefangene wird auf 1000 000 Mk. erhöht. — Die Neubeſchaffung eines
Ziegenbocks wird beſchloſſen und mit dem Ankauf Gemeinderat Caſtritius
und Aug. Hanſt beauftragt. — Dem Vertrag mit der Anſtalt für
Epi=
leptiſche wegen Unterhaltung der Gräber für die in der Anſtalt
ver=
ſtorbene Pfleglinge wird zugeſtimmt. — Bürgermeiſter Appel berichtet
auf diesbezügliche Anfrage hin, daß die Gemeindeſchweſter Pfeifer trotz
vorſchriftsmäßiger Ladung vor dem Unterſuchungsausſchuß nicht
erſchie=
nen ſei, es vielmehr vorzog, in Urlaub zu gehen, ohne auch hierüber der
Verwaltung rechtzeitig Mitteilung gemacht zu haben. Dies Verhalten
wurde ſcharf mißbilligt und beſchloſſen, der Schweſter zu eröffnen, daß
ſie nach Rückkehr von ihrem Erholungsurlaub ihren Dienſt inſolange
nicht wieder anzutreten hat, als der Unterſuchungsausſchuß und der
Ge=
meinderat über die vorgebrachten Beſchwerdefälle ihre Entſcheidung nicht
gefällt haben. — Eine Eingabe des H. Koch wegen einer Mietſtreitſache
gegen die Hausbeſitzerin wird für erledigt erklärt, da in dieſer Sache
der Gemeinderat nicht zuſtändig iſt.
* Nieder=Ramſtadt, 8. Sept. Wegen der auch in hieſiger Gemarkung
in der letzken Zeit ſich mehrnden Klagen über Beſchädigungen
von Wäldern, Schutzhäuſern, Bänken und dergleichen durch ſog.
Wandervögel und andere Touriſten, wurde auf Vorſchlag des
Gemeinde=
rats eine „Freiwillige Bergwacht” gebildet. Dieſer gehören zunächſt
acht Herren an, die dieſer Tage durch das Kreisamt auf den Polizei= und
Feldſchutz amtlich verpflichtet wurden. Es wird daher jetzt gegen alle
diejenigen, die ſich Vergehen dieſer Axt zuſchulden kommen laſſen,
unnach=
ſichtlich vorgegangen werden.
r. Pfungſtadt, 7. Sept. Grund= und Gewerbeſteuer. Der
hieſige Gemeinderat hat, weil die Stadtkaſſe infolge der Teuerung
er=
höhter Betriebsmittel bedarf, die Erhebung eines weiteren
Steuer=
betrages beſchloſſen. Der zuletzt gezahlte Betrag iſt demnach ſofort in
doppelter Höhe zu entrichten.
r. Babenhauſen, 7. Sept. Die Lebensmittelpreiſe ſchnellen,
wie überall, auch hier gewaltig in die Höhe. So iſt geſtern der
Milch=
preis von 184 000 Mark für das Liter auf 460 000 Mark von den
Land=
wirten feſtgeſetzt worden. Der Stallpreis beträgt allerdings nur 400 000
Mark, ohne 15 Prozent Zuſchlag geben die Bauern aber keine Milch ab.
— Das Pfund Butter koſtet in der hieſigen Molkerei ſei geſtern 5,1
Mil=
lionen Mark. Seit einigen Wochen wird dieſer wichtige und koſtbare
Brotaufſtrich nur auf Butterkarten durch die Molkerei ausgegeben. Jede
Haushaltung erhielt eine Karte, die zum Bezug von ¼ Pfund Butter alle
vier Tage berechtigt. Der Andrang an den Ausgabetagen iſt ſtets ſo
ſtark, daß die Leute, in langer Polonäſe ſtehend, oft ſtundenlang warten
müſſen.
ro. Seligenſtadt, 7. Sept. Die Grummeternte iſt im vollen
Gange. Seit Tagen hat man allgemein mit dem zweiten Grasſchnitt
begonnen. Für die Erntearbeiten hat man drei Termine feſtgeſetzt. Das
Mähen mit der Mähmaſchine war nur am geſtrigen Tage erlaubt. Mit
den Enteergebniſſen ſind die Landwirte im allgemeinen zufrieden.
0- Kelſterbach a. M., 7. Sept. Der Floßverkehr auf dem
Main hat in letzter Zeit etwas nachgelaſſen, dagegen hat der
Schiffs=
verkehr zugenommen. Die Schiffe befördern größtenteils Bauſtoffe,
ins=
beſondere Holz.
A. Offenbach, 7. Sept. Die geſtrige
Stadtverordneten=
ſitzung eröffnte der Oberbürgermeiſter mit der Mitteilung, daß
Stadtverordneter Heerd ſein Amt aus Geſchäftsüberlaſtung niederlegen
wolle. Sein Nachfolger auf der Zentrumsliſte iſt ein Portefeuiller aus
dem Stadtteil Bürgel. Es iſt dies bereits die zweite Veränderung, die
in der Zuſammenſetzung der Verſammlung zu verzeichnenn iſt. Bei der
Benennung neuer Straßen beantragten die Kommuniſten, eine Straße
Karl Liebknecht=Straße zu nennen. Unter Heiterkeit der Verſammlung
machte ein deutſchnationaler Stadtverordneter darauf aufmerkſam, daß
ſich die umgetaufte Kaiſerſtraße immer noch großer Beliebtheit erfreue.
Selbſt die Frau des Sozialdemokraten Dr. Katz glaube ſie nicht
entbeh=
ren zu können. Der Standpunkt der Sozialdemokraten ſcheine ſich alſo
demjenigen der Bürgerlichen zu nähern. Dr. Katz wehrte ſich gegen eine
Geſinungsänderung und ſchloß dabei mit der für einen
Sozialdemo=
kraten unmöglichen Wendung: „Es waren zwei Königskinder!” was
nochmals ſtürmiſche Heiterkeit auslöſte. Eine ganze Anzahl von Abgaben
und Gebühren wurden der Geldentwertung angepaßt, indem man ſie
wertbeſtändig machte. Man will dadurch einerſeits die Stadt vor
Ver=
luſten ſchützen, andererſeits die Stadtverordnetenverſammlung und ihre
Ausſchüſſe entlaſten. Für die Abgabe von Licht und Kraft aus dem
Elektrizitätswerk beſtand ein ſolcher Schlüſſel ſchon immer. Die
Wert=
beſtändigkeit wirkt aber auf manchen Betrieb ſehr hemmend ein. So
war vor einigen Wochen beſchloſſen worden, die Deckgebühren für Kühe,
Schweine und Ziegen auf 120, 60 und 10 Pfund Hafer feſtzuſetzen. Die
Folge davon war eine ſo geringe Benutzung der Faſeltiere, daß die
Deck=
gebühren geſtern um ein Drittel ermäßigt werden mußten. Die
Hunde=
ſteuer wird künftig in Goldmark erhoben. Der erſte Hund koſtet 3, der
zweite 5, der dritte 8, der vierte 12 Mark uſw. Die Vorlage der
Ver=
waltung ging bedeutend weiter. Die Verwaltung hat Notſtandsarbeiten
zuſammengeſtellt, die 342 Milliarden erfordern würden. Es wurde
be=
ſchloſſen, zunächſt 100 weitere Notſtandsarbeiter einzuſtellen. Ueber die
Lieferung des Auguſtzuckers kam es zu einem heftigen Zuſammenſtoße
zwiſchen dem Kommuniſten Seekamp und dem Oberbürgermeiſter.
See=
kamp warf dabei dem unbeſoldeten Beigeordneten Kappus Unfähigkeit
vor. Da der Oberbürgermeiſter den Beigeordneten in Schutz nahm,
wurde Seekamp noch heftiger. Er meinte dabei, die Regierung Cuno
gehöre nicht nur vor den Staatsgerichtshof, ſondern aufs Schaffott. Die
Milch muß hier immer noch bei den Händlern abgeholt werden; das
Reihenſtehen dabei war die Veranlaſſung zu der Forderung, daß dieſer
Mißſtand aus der Kriegszeit endlich beſeitigt werden müſſe. Die
Stim=
mung war allgemein für Abſchaffung des Abholens und des
Reihen=
ſtehens.
Offenbach, 8. Sept. Das Polizeiamt ſchreibt: In hieſiger Stadt
wurden in den letzten Tagen verſchiedene gefälſchte Notgeldſcheine
der Stadt Offenbach über eine Million Mark verausgabt. Die
Ermitte=
lungen der Kriminalpolizei führten auf die Spur von zwei Perſonen,
die unter dem dringenden Verdacht der Täterſchaft feſtgenommen wurden.
Es wurden bei ihnen einige noch nicht ganz fertige Falſchgeldſcheine ſowie
verſchiedene Formulare und die erforderlichen Stempel uſw.
vorgefun=
den. Die Beiden wurden dem Gericht zugeführt.
R.Klein=Karben (Oberh.), 7. Sept Tödlicher Unfall. Hier
wurde ein Kind, das hinter einem Wagen herlief, von einem aus
ent=
gegengeſetzter Richtung kommenden Prſonenauto überfahren. Die Räder
gingen dem Kind über den Kopf hinweg, ſodaß der Tod ſofort eintrat.
R. Gießen, 7. Sept. Naturalien=Bezahlung. Auch bei
den Zeitungen ſcheint ſich jetzt das Bezahlen in Naturaliefn einzubürgern.
So geben der „Niddaer Anzeiger” und der „Grünberger Anzeiger”
be=
kannt, daß ſie die Abonnementsgelder in Naturalien entgegenehmen.
Das erſtgenannte Blatt gibt als Feſtpreis 2 Liter Milch oder 3 Eier
oder 200 Gramm Butter oder 10 Pfund Kartoffeln oder 2 Pfund
Wei=
zen an.
Bad=Salzhauſen, 7. Sept. Für die Kinder der hier wohnenden
Ausgewieſenen iſt eine Schule errichtet worden, die von einem
ebenalls ausgewieſenen Lehrer gehalten wird. Der Unterricht findet im
Konzertſaal ſtatt.
Reich und Ausland.
Erfindermefſe.
Mannheim. Die vierte deutſche Erfindermefſe
wurde geſtern Vormittag im Roſengarten eröffnet. Vertreter von Staat
und Stadt, Handel und Induſtrie, hatten ſich zur Eröffnung
eingefun=
den. Der erſte Vorſitzende des Reichsverbands Beirer begrüßte, die
Erſchienenen. Aus ſeiner Anſprache ging hervor, daß zum erſten Male
eine Herbſtmeſſe veranſtaltet wurde nach dreijährigem Beſtehen der
Frühjahrsmeſſen. Der Erfinder mit ſeinen Neuerungen und
Verbeſſe=
rungen wurde in den Mittelpunkt der Meſſe geſtellt. Der Zweck ſoll ſein,
dem Erfinder durch Freiplätze Gelegenheit zu geben, ſeine Gedanken
weit zu verbreiten, um ſie Käufern des In= und Auslandes zugängig
zu machen, um Deutſchland den Großverkaufsmarkt zu verſchaffen, den
der deutſche Erfinder, die deutſche Induſtrie und die deutſche Wirtſchaft
ſo unendlich nötig hat, iſt es doch letzten Endes der Neuheitenmarkt, der
den internationalen Großkäufer anlockt. Die Belebung des
Außenhan=
dels wird in erſter Linie durch den Ausbau der Erfinder=Abteilung
an=
geſtrebt. Auch bei der Induſtrie=Ausſtellung wurde mehr als bisher auf
die Ausſtellung von Neuheiten geſehen, die geſetzlichen Schutz genießen.
— Es folgte ſodann ein Rundgang durch die Ausſtellung, die allerdings
in der Zahl der Ausſteller etwas zurückbleibt gegen das Frühjahr. Der
Katalog verzeichnet 234 Nummern. — Der Samstag=Nachmittag bot den
Meſſebeſuchern einen außergewöhnlichen Genuß.; Im Nibelungenſaal
fand ein Radio=Konzert ſtatt, d. h. es wurde drahtlos übermittelte Muſik
zu Gehör gebracht.
Von einer Eiſenbahnüberführung auf den Bahnkörper geſtürzt.
Mannheim. Beim Spielen auf der Lindenhofüberführung über
das Geländer auf den Bahnkörper geſtürzt iſt der 9 Jahre alte
Volks=
ſchüler Karl Walther. Er zog ſich durch den Sturz eine Augenverletzung
und eine leichte Gehirnerſchütterung zu.
Bei einem Bettler, der deswegen feſtgenommen werden mußte, weil
er einen Hundertmarkſchein, den ihm eine Frau geſchenkt hatte, zerriß
und ſchimpfend zu Boden warf, und dadurch eine Anſammlung
hervor=
rief, wurden 15 Millionen 113000 Mark gefunden, ein Betrag, der
zweifellos vom Betteln herrührt.
Finanzkataſtrophe in Rathenow.
In der Rathenower Stadtverordnetenverſammlung teilte der
Ma=
giſtrat mit, daß er nicht mehr imſtande ſein wird, am 1. Oktober die
Beamtengehälter zu zahlen. Die Stadt ſtehe vor dem finanziellen
Zu=
ſammenbruch. Sämtliche weiblichen Angeſtellten ſollen entlaſſen und,
wenn es geht, der Landarbeit zugeführt werden. Die Beamten haben
bei der letzten Zahlung ihr Gehalt nur noch in Notgeld erhalten. Zur
Sprache kam ferner, daß bei der Beſchaffung von ausländiſchem
Gefrier=
fleiſch für die Stadt der Geſchäftsführer Zeisberg der
Viehverwertungs=
genoſſenſchaft 100 Dollar Schmiergeld von einer Hamburger Firma
er=
halten hat. Zeisberg iſt aus ſeinem Amte entfernt worden.
Geldſchrankknacker.
Von Geldſchrankeinbrechern wurde in der Nacht zum Donnerstag der
Verein Berliner Buchdruckereibeſitzer in der Friedichſtraße 239
heim=
geſucht. Gewerbsmäßige Verbrecher, die ſich auf noch nicht geklärte
Weiſe Eintritt in die Räume verſchafften, erbrachen den Geldſchrank und
erbeuteten rund 25 Milliarden, hauptſächlich in 2=Millionenſcheinen ohne
Nummer. Für die Ermittelung und Ergreifung der Täter iſt eine
Be=
lohnung von 100 Millionen ausgeſetzt, für die Wiederbeſchaffung des
geſtohlenen Geldes 10 Prozent des Wertes. Mitteilungen an
Kriminal=
kommiſſar Bünger, im Zimmer 89a des Polizeipräſidiums.
Eine Milliarde für den ehrlichen Finder.
Am Dienstag wurde auf dem Wege von der Theatinerſtraße bis zum
Hotel Continental in München ein Platinanhänger mit einer großen
Perle, zwei großen Brillanten und mehreren kleinen Brillanten verloren.
Den koſtbaren Gegenſtand fand ein Studienprofeſſor, der ihn dem
Ver=
luſtträger zuſtellte. Der ehrliche Finder erhielt die hohe Belohnung von
einer Milliarde Mark.
Jüngſt berichteten wir von der Feſtnahme eines in der Barerſtraße
wohnenden Ehepaares unter dem Verdacht, ihrer Zwangsmieterin, einer
Schauſpielerin, Silbergegenſtände im Milliardenwerte
geſtohlen zu haben. Das Ehepaar wurde, da kein Nachweis erbracht
werden konnte, auf freien Fuß geſetzt. Der Diebſtahl, der in der Zeit
von Ende März bis Mitte Auguſt verübt wurde, iſt noch ungeklärt.
Geſtohlen wurden u. a. eine ſilberne Halsbandſchließe mit erbſengroßer
Perle und Brillanten, ein Zweipfennigſtück in Gold gefaßt,
brillanten=
beſetzt, mit der Gravierung „Lille, 3. Okt. 1914” ein 20 Zentimeter hoher
Silberpokal mit einem Wappen, ein 2½ Pfund ſchwerer ſilberner
Brot=
korb, ein ſilberner, ovaler Empirekorb im Gewicht von etwa 1 Pfund,
ein 3½ Pfund ſchwerer ſilberner Weinkühler mit Wappengravierung,
ſilberne Deckel u. a. Für die Ermittelung der Diebe wird eine
Beloh=
nung von 500 Millionen Mark zugeſichert.
Ein Haus in die Luft geſprengt.
Hilperrsau. Während der Hausbeſitzer und Nagelſchmied
Wil=
helm Black vor dem Hauſe arbeitete, wurde plötzlich das Dach des
Hauſes in die Höhe gehoben, und kurz darauf ſtürzte das ganze Haus
zuſammen. Der im gleichen Hauſe wohnende Paul Fritz hatte aus noch
unbekannter Urſache mit einer Patrone das Haus in die Luft geſprengt,
nachdem er ſich vorher in Sicherheit gebracht hatte, während ſeine Frau
nur mit Mühe ſich aus dem zuſammenſtürzenden Hauſe retten konnte.
Enorme Zuckerpreiſe in Rußland.
Die Moskauer Zeitungen berichten, daß der Zuckermangel in
einzelnen Gegenden des ruſſiſchen Reiches einen gewaltigen Umfang
an=
genommen hat, und daß die Zuckerpreiſe ſtändig ſteigen. Der
Zucker=
mangel im Gouvernement Smolenſt erinnert an den Salzmangel im
Winter 1919 und Frühjahr 1920. In Smolenfk iſt der Preis für
Stück=
zucker im Kleinhandel vom 15. Juli bis zum 5. Auguſt um 175 Prozent
geſtiegen. Die Preiſe für Streuzucker ſind in derſelben Zeit ſogar um
330 bis 360 Prozent geſtiegen. In vielen Dörfern iſt bereits gar kein
Zucker mehr vorhanden. Während der Smolenſker Bauer vor 1
½Mo=
naten für ein Pud Roggen 3 Pfund Stückzucker oder 5 Pfund
Streu=
zucker kaufen konnte, kann er gegenwärtig nur 1½ Pfund Stückzucker
oder 1½ Pfund Streuzucker für ſein Pud Roggen erhalten. Infolge des
Zuckermangels hat die Spekulation am freien Markt eine ungeheuere
Ausdehnung erfahren. Der Unterſchied zwiſchen den Zuckerpreiſen der
Genoſſenſchaften und des privaten Einzelhandels beträgt 20 bis 25
Pro=
zent. In Kaluga koſtete ein Pud Stückzucker am 7. Auguſt 3 Milliarden
Rubel.
Der Glöckner der Kapuziner=Kirche.
Auf eigenartige Weiſe ſind katholiſche Familien in Budapeſt von
einem Schwindler geſchädigt worden. Bei ihnen erſchien ein Mann und
gab ſich als der Glöckner der Ofener Kapuziner=Kirche aus. Er
jam=
merte den Leuten vor, daß er vom Orden kein Gehalt beziehe und nur
auf die Gelder angewieſen ſei, die er für das Läuten der Glocken bei
Beerdigungen und Traumeſſen erhalte. Er erbat eine Unterſtützung
und verſprach, für ſeine Wohltäter emſig die Gocken zu läuten. Auf
dieſe Weiſe erhielt er viele Tauſende von Kronen. Als aber das
Glockenläuten zu der verſprochenen Zeit nicht erfolgte, wurden die
Wohl=
täter ſtutzig und machten der Polizei Mitteilung. Dieſe ermittelte den
Pſeudoglöckner in einem ſtellungsloſen Zimmergeſellen, der dieſen
Schwindel mit Erfolg bei einer ganzen Reihe von katholiſchen Familien
durchgeführt hatte.
Fünf Generationen am Leben.
In der ſchwediſchen Provinz Oeſtergötland iſt der überaus ſeltene
Fall paſſiert, daß fünf Generationen ein und derſelben Familie
gleich=
zeitig am Leben ſind. Der jüngſte Sproß dieſer zehn Familien iſt erſt
anderthalb Jahre alt, während die noch am Leben befindlichen Ur=
Ur=
großeltern noch nicht älter als 84 Jahre alt ſind. Ihr Töchterlein, die
glückliche Urgroßmutter, zählt 65 Jahrz, während die dazugehörige
Mutter erſt 42 Jahre alt iſt.
Sport, Spiel und Turnen.
Ausſchuß für Leibesübungen in Darmſtadi.
— Nach der Sommerpauſe wird der Ausſchuß für Leibesübungen am
nächſten Donnerstag im Hauſe der Turngemeinde am Woogsplatz wieder
zuſammentreten. Die Beratungen gelten hauptſächlich der finanziellen
Lage, Erhöhung der Beiträge und der Wiederherrichtung der Rennbahn
an der Heidelberger Straße. Hinſichtlich des letzten Punktes liegen
ent=
ſprechende Anträge des Velozipedklubs, des Radſportklubs und des
Motorradklubs vor, welche die alte zum Teil abgetragene Radrennbahn
inſtand ſetzen wollen, ſoweit möglich unter Selbſtarbeit dre Mitglieder.
Da die drei Klubs mit einer ſicheren Berzinſung der Anlagekoſten
rech=
nen, wird auch der Vorſtand des Ausſchuſſes das Vorhaben unterſtützen;
es müßte aber zuvor Erſatz für die derzeitigen Platzinhaber geſchaffen
werden. Letzten Endes liegt die Entſcheidung der Frage bei der Stadt=
St.
verwaltung als Eigentümerin des Geländes.
Schwimmen.
Zum heutigen Bezirksſchwimmfeſt.
Der Beſucher des Städtiſchen Hallenſchwimmbades wird in den
letz=
ten Tagen überraſcht geweſen ſein ob der reichen Tätigkeit der an dem
Bezirksſchwimmfeſt teilnehmenden Vereine. Dieſe haben ihre letzten
Rüſtungen beendet und erſcheinen heute wohlgerüſtet zum Kampf. Kurz
etwas über die Kämpfe ſelbſt: Eröffnet wird die Wettkampffolge mit
einer Jugendbruſtſtaffel, deren Ausgang vollkommen offen ſteht, wenn
wir nicht den Klub als Favorit bezeichnen wollen. Eine Reihe
intereſſan=
ter Einzelkämpfe ſchließt ſich an, wornuter das Knabenſpringen
haupt=
ſächliche Bedeutung hat. Nicht weniger wie 12 Teilnehmer haben ſich
gemeldet. Adolf Mayer, T. G.D. 1846, wird ſich den Sieg ſo leicht nicht
nehmen laſſen. Der Wettkampf 7 bringt uns eine Junior=Lagenſtaffel
über 4X50 Meter und ſcheint ein heißer Kampf zu werden. Auch im
Jugendſpringen dürfte dem Zuſchauer nur Gutes geboten werden. Der
Wettkampfreigen wird am Nachmittag mit einer Jugendlagenſtaffel
er=
öffnet, wozu jeder Verein nur ſein beſtes Material ſtellt. Einige
in=
tereſſante Einzelrennen bringen uns zur Knabenlagenſtaffel, zum
Ju=
gend=Junior=Bruſtſchwimmen, zur Damen=Jugendbruſtſtaffel und zur
Juniorenbruſtſtaffel, alles äußerſt ſpannende Kämpfe. Ein ſchöner
Mäd=
chenreigen der Mädchen von der Turngemeinde wird den Schönheitsſinn
des Zuſchauers zufrieden ſtellen. Den Schluß bilden einige Staffeln von
wechſelſeitigem Können und Siegen. Auch der Liebhaber des
Waſſer=
ballſpieles wird zum Schluß auf ſeine Rechnung kommen. Alles in allem
ein Wettſchwimmen, das alles bringt, was feſſeln kann, und wird ein
Beſuch deshalb ganz beſonders empfohlen.
Fußball.
Schon wieder iſt die Eintracht=Mannſchaft im Stich gelaſſen worden.
Turnverein 1846 Mannheim hat abgeſagt. In letzter Minute gelang
es, die hier gern geſehene Sportvereinigung Arheilgen nach hier zu
ver=
pflichten. Da beide Vereine als fair bekannt ſind, dürfte ein ſchöner
Kampf zu erwarten ſein, und wird der Beſucher reichlich auf ſeine Koſten
kommen. Spielbeginn 3.30 Uhr Sonntag nachmittag.
H. H.
Lawn=Tennis.
Sonntag, den 9. Sept., findet auf den Plätzen am
Böllenfall=
or ein Städtewettſpiel zwiſchen Frankfurt (Club Palmengarten) und
dem Tennis= und Eisklub ſtatt. Beginn 3½ Uhr.
S.
Vertreter: Aures & Co., Darmſtadt, Rundeturmſtraße 12.
Gottesdienſt der iſraelitiſchen Religionsgemeinde.
Hauptſynagoge (Friedrichſtraße),
Neujahrsfeſt.
Montag, den 10. Sept.: Vorabendgottesdienſt 6 Uhr 45 Min. Pred.
Dienstag, den 11. Sept.: Morgengottesdienſt 7 Uhr 45 Min. —
Predigt 9 Uhr 15 Min. — Abendgottesdienſt 7 Uhr 30 Min.
Mittwoch, den 12. Sept.: Morgengottesdienſt 7 Uhr 45 Min. —
Predigt 9 Uhr 15 Min. — Feſtesausgang 7 Uhr 30 Min.
Gottesdienſt an den Wochentagen: Morgens 6 Uhr 30 Min. —
Abends 5 Uhr 45 Min
Tageskalender.
Orpheum 72/ Uhr: „Der Vetter von Dingsda” —
Herrngar=
ten 11 Uhr: Promenadenkonzert. — Geſellſchaft Eiche,
5 Uhr, im Mathildenhöhſaal: Tanz. — Rummelbräu: Tanz
und Konzert. — Union=, Reſidenz=, Zentral=Theater, Palaſt=
Licht=
ſpiele: Kinovorſtellungen.
Verſteigerungskalender. — Montag, den 10. September.
Grummetgrasverſteigerung, vorm. 11 Uhr, im Prinz
Emils=
garten, nachm. 3 Uhr: im Schloßgarten. —
Brennholzver=
ſteigerung, vorm. 9 Uhr, im Rathausſaal zu Groß=Zimmern. —
Grummetgrasverſteigerung, nachm. 1 Uhr
Zuſammen=
kunſt auf der Kreisſtraße Eſchollbrücken—Crumſtadt, Los Nr. 2.
Druck und Verlag: L. C. Wittich. Verantwortlich für Politik und
Wirtſchaft: Rudolf Mauve; für Feuilleton, „Stadt und Land”
„Reich und Ausland”: Max Streeſe; für den Inſeratenteil:
J. V. A. Flciſcmann, — ſämtlich in Darmſtadt.
Die hentige Rummer hat 8 Seiten
nnd Unterhaltungsblatt.
Seite 6.
Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 9. September 1923.
Rummer 249.
Die Finanzen des Großherzogs.
Roman von Frank Heller.
Copyright bei Georg Müller Verlag, München.
(Nachdruck verboten.)
29)
Dreieinhalb Millionen Pfund, wenn wir Peſetas mit
Franks gleich rechnen, was ſicherlich zu hoch iſt. Was machen
45einhalb Prozent dieſes Betrages, Mr. Jſaaes? Kaum
ein=
dreiviertel Millionen Pfund, wenn Sie die Sache kaufen wollen,
wie ſie ſteht und geht. Aber das brauchen Sie gar nicht, wenn
Sie nicht ſvollen. Für einen Teil der Darlehen, zum Beiſpiel
das auf das Mineralwaſſer oder eines, das auf die
Languſten=
fiſcherei gegeben wurde, haben Sie gar keine Verwendung. Alle
beide ſind in Marſeille emittiert. Marſeille können wir alſo
übergehen, wenn wir den Coup machen. Angenommen, daß wir
nur 75 Prozent der ſämtlichen Staatspapiere kaufen, ſind Sie
abſoluter Herr über den minorcaniſchen Staat; für ein und ein
drittel Millionen Pfund. Hat es Sie nie gelüſtet, den Zauber
unumſchränkter Macht zu fühlen, Mr. Iſages? Und ſich noch
dafür in einer Weiſe bezahlen zu laſſen, die jeden Geizhals grün
vor Neid machen muß. Ueberdies brauchen Sie Ihre 1 350000
Pfund gar nicht allein zu riskieren; wenn ich auch nur ein
armer Profeſſor bin, ich risKere auch, was ich kann.”
„Wieviel?” fragte Mr. Jſaaes lächelnd.
„10000 mindeſtens,” ſagte er ernſthaft. „Aber ſehen Sie
ſich ſetzt meine Detailziffern an!“
Mr. Jſaaes, der ſich an den Schreibtiſch geſetzt hatte,
be=
gann ſie zu prüfen, zuweilen ſeinen wunderlichen Gaſt mit
langen Blicken fixierend, dann wieder mehrere Minuten lang
Ziffern auf ein Blatt Papier hinwerfend. Profeſſor Pelotard,
der müde in ſein Lederfauteuil zurückgeſunken war, rauchte ſeine
Zigarre zu Ende und zündete ſich eine neue an. Von draußen
hörte man das dumpfe Vormittagsbrauſen Londons. Plötzlich
begannen die Glocken einer nahegelegenen Kirche zu dröhnen,
und Mr. Jſaaes erhob ſich.
God dam me, Profeſſor,” ſagte, er langſam. „Ich glaube
wahrhaftig, Sie haben das Goldet gefunden, wie Sie ſagen.
Vielleicht wird mich das, was ich tue, noch reuen, aber ich will
mich wieder einmal auf Ihre Schlauheit verlaſſen. Auf jeden
Fall mache ich das größte Geſchäft meines Lebens.”
„Bis jetzt,” ſchaltete Herr Collin ein, „bis jetzt, Mr. Jſaacs!
So allmählich werden wir ſchon noch größere machen.”
„Wenn uns dieſes nicht umſchmeißt,” ſagte Mr. Jſaaes
trocken.
Die Details müſſen wir nach meiner Wahl in meinem Kreiſe
durchgehen. Man wählt morgen, wie Sie wiſſen. Bis dahin
haben Sie mein Verſprechen, daß ich Ihnen an dem Tage, an
dem Sie alles in Ordnung haben, eine Million
dreimalhundert=
fünfzigtaufend zur Verfügung ſtelle.
„Eine Million dreimalhundertfünfzigtauſend,” korrigierte
Philipp Collin, „Sie vergeſſen meinen Beitrag.”
Der große Finanzmann lachte, und ſein weißhaariger Gaſt
verſchwand mit müden Schritten und geſenktem Kopfe durch die
gepolſterte Doppeltür.
Drittes Kapitel,
worin der Leſer ſich in Paris befindet und eine geheimnisvolle
Dame kennen lernt.
Man ſchrieb den 4. März 1910. Es war halb ſieben Uhr
abends, und ein zarter Nebelſchleier ſchwebte über Paris. Den
Ueberſchwemmungen der Seine, die gerade vorüber waren, war
entzündeter Sonnenſchein gefolgt, der die Weltſtadt tagsüber in
Wogen von weißem Licht und Sonnenrauch hüllte, hingegen
waren die Abende kalt und nicht ſelten neblig.
Auf den Boulevards brauſte der Verkehr an dieſem
März=
abend in einem ununterbrochenen Strom. Die Laternen der
Automobile kreuzten ſich wie Fäden eines verwickelten
orien=
taliſchen Muſters, von der Sekunde gewoben, um von der
näch=
ſten Sekunde zerriſſen zu werden. Die Motoromnibuſſe
rumpel=
ten ſchwerfällig und ungeſchlacht dahin, und hie und da wankte
eine Pferdedroſchke in müdem Begräbnistakt vorbei. Das Geſicht
des Kutſchers unter dem weißen Wachstuchhut war rot und
ver=
ſchwollen, und der Kopf des Pferdes neigte ſich müde zu Boden.
Das heiſere Kreiſchen der Zeitungsverkäufer durchſchnitt alles,
ſogar den Lärm der Autobuſſe: La Preſſe, un ſou la Preſſe! Die
Geſchäfte gingen daran, zu ſchließen, und die elektriſchen
Rekla=
men leuchteten auf, flackerten, erloſchen und entzündeten ſich von
neuem, in einer eſig grün=rot=weiß=ſtrahlenden Serie. Vor den
Cafés ſaßen trotz der Kälte getreue Scharen von
Boulevand=
habitués bei ihrem Abſinth oder Vermouth.
An einem der Tiſchchen vor dem Café de la Paix ſaß ein
eleganter junger Herr von vier= oder fünfunddreißig Jahren bei
einem Abſinth. Sein Geſicht war offen und freundlich, er hatte
einen ſchwarzen Schnurrbärt und kluge ſchwarze Augen. Ob er
Franzoſe war oder nicht, ließ ſich ſchwer entſcheiden, der Kellner,
mit dem er einige Worte gewechſelt hatte, würde darauf
geſchwo=
ren haben, und der allgemeine Typus des jungen Herrn hätte
dieſe Anſicht bekräftigt, während die Kleidung und ein paar
eng=
liſche Zeitungen, die neben ihm lagen — Börſenzeitungen"
anzudeuten ſchienen, daß er Engländer war.
Er ſaß etwas zurückgelehnt da. Sein Tiſchchen ſtand in der
äußerſten Reihe und war dort das einzig beſetzte. Ab und zu
bekam er von einem Vorübergehenden einen Puff, aber es ſah
aus, als merkte er ſolche Epiſoden kaum.
Sein Geſicht lächelte beſtändig mit einem gewiſſen Ausdrucke
der Selbſtzufriedenheit, hie und da warf er einen raſchen Blick
auf ſeine Zeitungen, und dann verſtärkte ſich das Lächeln. Es
ſah aus, als träumte er und als wären ſeine Träume beſonders
angenehmer Natur.
Es war jedoch beſtimmt, daß dieſe Träume ein raſches Ende
nehmen ſollten.
Ein grellrot lackiertes Auto mit weißen Laternen bog
plötz=
lich um die Ecke Rue Auber. Die Geſchwindigkeit war ſo ſtark,
daß es ſich bedenklich auf die linke Seite neigte. Nun machte es
eine plötzliche Wendung zum Trottoirrand des Cafés de la Paix
Noch lange bevor es ſtehen bleiben konnte, flog die Türe auf, und
jemand, in einen langen Automantel gehüllt, ſprang heraus.
Die Türe flog wieder zu, und das rote Auto, das gar nicht ſtehen
geblieben war, nur die Fahrt etwas verlangſamt hatte, machte
wieder eine plötzliche Wendung nach dem Boulevand des
Capu=
eines, vermied um Haaresbreite mit einer Pferdedroſchke zu
kolli=
dieren, und verſchwand, von den Flüchen des Kutſchers gefolgt,
mit ſeiner urſprünglichen raſenden Geſchwindigkeit auf die Place
de UOpera.
Das Ganze hat kaum dreißig Sekunden in Anſpruch
genom=
men. Der junge Mann an dem Cafétiſchchen, der das linke
Augenlid leicht gehoben hatte, um die Szene zu betrachten, ſetzte
ſich plötzlich gerade auf. Das Vorhergehende war eine banale
Boulevandepiſode geweſen, was nun folgte, war um ſo mehr
darnach angetan, ihn aus ſeiner Verſunkenheit aufzurütteln.
Bevor noch das rote Auto die Place de lOpera erreicht hatte,
hatte die Perſon, die herausgeſprungen war, ein paar haſtige
Schritte, — Sprünge hätte man ſagen können —, über das
Trot=
toir gemacht, an dem der junge Herr mit dem ſchwarzen
Schnurr=
bart ſaß, und ſich, ohne eine Sekunde zu zögern, an ſeinem
Tiſche niedergelaſſen. Im nächſten Augenblick legte ſich eine
be=
handſchuhte kleine Hand auf, ſeinen Rockärmel, und er ſpürte
einen warmen Atemhauch in ſeinem rechten Ohr. Dann, als er
ſich etwas gefaßt hatte, hörte er ein kurzes haſtiges Flüſtern:
„Retten Sie mich, Monſieur, wenn Sie ein Gentleman ſind.
Man hat mich in meinem Auto verfolgt — vielleicht iſt es mir
gelungen, ſie irrezuführen. Tun Sie nichts dergleichen . .
Sehen Sie aus, als wenn ich in Ihrer Geſellſchaft wäre . .
ſprechen Sie mit mir, als wäre ich Ihre . . . Freundin . . . ah,
mein Gott, da ſind ſie.”
All dies hatte kaum eine halbe Minute gedauert, jetzt
ver=
ſtummte die Stimme, und der Griff der behandſchuhten kleinen
Hand um ſeinen Arm wurde feſter, er fühlte den Druck ihres
Daumens und Zeigefingers durch ſeinen Ulſter, und der Atem
der Unbekannten an ſeiner Wange ging heiß und keuchend. Als
er der Nichtung ihrer Blicke durch den Automobilſchleier folgte,
ſah er, daß ein ſchwarzes Auto mit lautlos arbeitendem Motor
plötzlich an der Ecke einige Schritte von ihnen aufgetaucht war.
Beachten Sie den friſchen Duift und die große
Schazmkpaft von Keuapto,
1,7391
Familiennachrichten
Margarete Lunderstedt
Kurt Schubert
cand, dipl. ing.
VERLOBTE
Darmstadt
Mathildenstr. 1.
Neusorge
(Schlesien).
(*24340
Todes=Unzeige.
Nach kurzem Krankenlager
ent=
ſchlief ſanft im 72. Lebensjahremein
treuſorgender lieber Mann, unſer
lieber Vater, Großvater, Bruder,
Schwiegervater u. Schwager, der
Hofkoch i. Penſ.
Ludwig Kloß.
Darmſtadt, den 8. Sept. 1923,
Im Namen
der trauernden Hinterbliebenen:
Minna Kloß, geb. Goebel.
Die Beerdigung findet am
Mon=
tag, den 10. Sept. 1923, nachm.
3 Uhr, von der Kapelle am alten
Friedhof, Nieder=Ramſtädterſtr.,
aus ſtatt.
(k24491
Für, dir uns erwieſene innige
Teilnahme beim Hinſcheiden unſeres
lieben Entſchlafenen ſagen wir auf
dieſem Wege herzlichen Dank. (*24501
Frau D. Chriſt u. Höhne.
Statt Karten.
Für alle wohltuenden Zeichen
von Teilnahme und die ſchönen
Blumenſpenden ſagt herzlichen
(24507
Dank
Frau Martha Friedlaender.
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Dankſagung.
Wir übernehmen laufend:
Füir die vielen Beweiſe herzlicher
Teilnahme beidem Hinſcheiden meiner
liebenGattin,unſerer Tochter, Schweſter
undSchwägerin ſagen wir unſeren
in=
nigſten Dank. Ganz beſonderen Dank
Herrn Pfarrer Zimmermann für die
troſtreichen Worte am Grabe, der
Schweſter der Stadtgemeinde für die
liebevolle Pflege, der Gewerkſchaft
DeutſcherLokomotivführer,
derFrauen=
vereinigung der Turngeſellſchaft 1875,
ſowie für die vielen Kranzſpenden
und Allen, welche ſie zur letzten
Ruhe geleitet haben.
(*24497
Die trauernden Hinterbliebenen:
Heinrich Becht
Familie Philipp Sturmfels
„ Adolf Becht.
Darmſtadt, 7. September 1923.
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9. September 1923Nr. 249
Dondeisdra
Oie Frageder Anerkennung Sowſet=Rußlands
durch die Vereinigten Staaten.
Auf eine Anfrage von Samuel Gompers, dem greiſen
Präſi=
benten des amerikaniſchen Gewerkſchaftsbundes, der heute wohl
als der ſenilſte unter allen Arbeiterführern der Welt daſteht, ob
eine Anerkennung Sowjetrußlands durch die Vereinigten
Staa=
ten „drohe”, hat der Staatsſekretär Hughes in einem längeren
Schreiben geantwortet, daß, da Sowjetrußland fortfahre, „das
Recht auf Eigentum zu ignorieren und wider die weſentlichen
Grundſätze der zwiſchenſtaatlichen Beziehungen zu verſtoßen, da
keine Beſſerung ſtattgefunden habe in der Richtung, daß das
Sowjetregime eine ſtabile Regierung ſichere und dem Volk ſeine
Rechte gewährleiſte oder den Schutz von Perſonen oder
Ver=
mögen von Bürgern anderer Länder garantiere, die
Geſchäfts=
beziehungen mit Rußland aufzunehmen ſuchen”, von einer
An=
erkennung auch fernerhin keine Rede ſein könne. Wenn auch die
„neue Wirtſchaftspolitik eine teilweiſe Rückkehr zur Freiheit der
Wirtſchaft darſtelle”, ſo blieben doch die bürgerlichen Freiheiten
des Volkes ohne die Garantie eines Geſetzes unſicher, bleibe die
Preſſe auch fernerhin unter der Kontrolle des Sowjetregimes
und bleibe die Arbeiterſchaft dem Staat auf Gnade und
Un=
gnade ausgeliefert.
„Die Grundtatſachen der ruſſiſchen Lage haben einen tiefen
Eindruck auf die Bewohner der Vereinigten Staaten gemacht,”
fährt der Hughesſche Brief fort und deutet an, daß dem
Staats=
departement von vielen Seiten die Anvegung zugekommen iſt, die
Beziehungen zu Rußland wieder aufzunehmen. Aber gerade
wegen der Freundſchaft der Vereinigten Staaten für Rußland,
behauptet Hughes, „ſolle nichts getan werden, was einer
Billi=
gung der tyranniſchen Maßnahmen entſpricht, die man in
Ruß=
land anwendet, noch etwas unternommen werden, wodurch die
gradweiſe Wiedergewinnung ſeines Rechts, in Freiheit zu leben,
dem ruſſiſchen Volke vorenthalten werden könnte‟. In der Folge
unterzieht dann Hughes die Enteignungspolitik der ruſſiſchen
Regierung einer ſcharfen Verurteilung. Noch bedenklicher als
die Konfiszierung amerikaniſchen Eigentums in Rußland ohne
Ausſicht auf Entſchädigung iſt in ſeinen Augen „der vollgültige
Nachweis, daß diejenigen, die in Moskau das Heft in Händen
haben, ihre alte Abſicht nicht aufgegeben haben, die beſtehenden
Regierungen in den übrigen Ländern zu ſtürzen, wo immer dies
möglich ſei” Solange man in Rußland bei einer derartigen
Politik beharre, erklärt das Hughesſche Schreiben, „können bloße
wirtſchaftliche Erwägungen oder die Schaffung einer etwas
ge=
beſſerten wirtſchaftlichen Lage”, die rechtlichen Seiten der
Ange=
legenheit nicht aus der Welt ſchaffen. Nur die Verſicherung, daß
die ruſſiſchen Gewalthaber ihre Verſuche, „die Einrichtungen der
Demokratie zu ſtürzen”, aufgeben werden, und der Beweis ihrer
guten Abſichten könnten die amerikaniſche Regierung bewegen,
ihren Standpunkt hinſichtlich der Anerkennung einer Aenderung
zu unterziehen.
Dieſes Schreiben macht zur Genüge klar, daß der
Stand=
punkt des Staatseigentums hinſichtlich der Anerkeunung
Sowjet=
rußlands ſeit März d. J., als Hughes zuletzt ſeine Auffaſſung
dargelegt hatte, oder überhaupt ſeit ſeiner erſten Stellungnahme
keinerlei Aenderung erfahren hat. Es macht ſogar den Eindruck,
als ob die ſich verſtärkende Bewegung zugunſten einer
Anerken=
ung, zu deren Wortführer ſich die progreſſiven Senatoren Borah
und Brockhart gemacht haben, den Staatsſekretär eher noch in
ſeinem Entſchluß verſteift hätte, nicht etwa, weil er in der Art
von Gompers fürchtet, daß der Bolſchewismus den Organismus
einer in dreißig Jahren erſtarkten Arbeiterbewgung ernſtlich
be=
drohen könnte, ſondern weil er in erſter Linie Juriſt iſt und weil
für ihn gegen die juriſtiſche Seite der Angelegenheit alle anderen
Erwägungen zurückſtehen müſſe. Dem guten oder beſſeren Willen
anderer Faktoren der amerikaniſchen Meinung gegenüber, haben
bis jetzt die Juriſten die Oberhand behälten.
Die finanzielle Lage der Republik Chile.
Chile iſt eines von den Ländern, das durch jede herrſchende
Welt=
wirtſchaftskriſis am meiſten in Mitleidenſchaft gezogen wird. Dies gilt
in ganz beſonderem Grade von den Finanzen der Republik, denn
dieſel=
ben ſind faſt ausſchließlich auf die Ausfuhrzölle auf Salpeter und die
Einfuhrzölle auf Manufakturwaren aufgebaut, während die direkten
Steuern demgegenüber ſehr zurücktreten. Jede Kriſis muß daher von
den ſchwerſten Folgen für die Finanzen des Staates ſein. Daß dieſes
Syſtem ungeſund iſt, haben die führenden Wirtſchaftler längſt eingeſehen.
Gegenwärtig ſchwebt ein Geſetzentwurf in den Kammern, der die
Ein=
kommenſteuer in Chile einführen ſoll.
Die im Jahre 1920 in Südamerika ausgebrochene ſchwere
Wirtſchafts=
kriſis iſt noch nicht überwunden, doch mehren ſich die Anzeichen, daß Chile
beſſeren Zeiten entgegengeht. Die Zolleinnahmen für den Mai 1923
be=
trugen auf die Einfuhr und Ausfuhr zuſammen 9,6 Millionen
Papier=
peſos, d. h. 3,1 Millionen mehr als im gleichen Monat des Vorjahres.
Seit 10 Jahren iſt die Einnahme noch nie ſo hoch geweſen. In den
erſten vier Monaten dieſes Jahres zuſammen, waren die Einnahmen
viermal ſo hoch als in der gleichen Zeit des Vorjahres.
So iſt es dem Staat denn auch möglich geworden, ſeinen Aufgaben
einigermaßen wieder gerecht zu werden und das Budget zu erhöhen.
Dieſes belauft ſich für 1923 auf 385,2 Mill. Peſos Papier und 85,5 Mill.
Goldpeſos (zu 18 d).
Handel und Wandel in Heſſen.
h. „Nheinland”=Transport= und
Rückverſiche=
rung A.=G., Mainz. Die Geſellſchaft beantragt Kapitalserhöhung
auf eine Milliarde ſowie Beſchlußfaſſung über Abänderung der Firma in
Rheinländiſche Verſicherungs=A.=G.
h. Motor= und Fahrzeugfabrik A.=G. Gießen. Mit
1 Milliarde Grundkapital wurde dieſes neue Unternehmen gegründet.
Der erſte Aufſichtsrat beſteht aus den Herren Willi Ermert=Neunkirchen.
Ernſt Ermert=Neunkirchen und Bankier Wilhelm Bachmann=Gießen.
Wirtſchaftliche Rundſchau.
h. Frankfurter Geſellſchaft A.=G., Frankfurt a. M.
Eine außerordentliche Generalverſammlung beſchloß, das Aktienkapital
von 100 auf 400 Mill. Mk. zu erhöhen. Ein Bankkonſortium, beſtehend
aus der Darmſtädter und Nationalbank und dem Bankhaus. Delbrück,
Schickler u. Co., übernimmt die Aktien, ſoweit ſie nicht von der Stadt
Frankfurt beanſprucht werden. Der Uebernahmekurs iſt auf 150 000
Prozent feſtgeſetzt worden. Die Stadt ging von vornherein davon aus,
daß ſie unter allen Umſtänden die Mehrheit in der Gasgeſellſchaft haben
muß, und es iſt daher beſtimmt worden, daß ſie zunächſt 51 Prozent der
neuen Aktien übernimmt, innerhalb 5 Wochen ſollen dann weitere 30
Prozent an ſie übergehen. Anſtelle der ausſcheidenden
Aufſichtsratsmit=
glieder Stadtrat a. D. Franze und Stadtverordneter a. D. Wedel
wur=
den Stadtrat Landmann und Stadtverordneter Dr. Goldſchmidt in den
Aufſichtsrat gewählt.
h. Voigt u. Häffner A.=G., Frankfurt a. M. Der auf den
29. September einberufenen außerordentlichen Generalverſammlung ſoll
die Erhöhung des Aktienkapitals um 100 Mill. Mk. vorgeſchlagen
wer=
den. 40 Mill. Mk. ſollen den Aktionären im Verhältnis von 5:1 zu
einem Preiſe angeboten werden, der dem Gegenwert von einem halben
Dollar entſpricht, während der Reſt zur freien Verwertung beſtimmt iſt.
h. Süddeutſche Bauinduſtrie A.=G. Mannheim.
Die Geſellſchaft beantragt Erhöhung des Aktienkapitals um 250 auf 450
Millionen Mark.
* A.=G. für Eiſen= und Bronzegießerei vorm. Karl
Flink, Mannheim. Die Geſellſchaft beantragt Kapitalserhöhung
um 20 auf 35 Millionen Mark.
h. Süddeutſches Eiſen= und Mekallwerk A.=G.
Mannheim=Wallſtadt. Der am 22. September ſtattfindenden
außerordentlichen Generalverſammlung wird die Erhöhung des
Grund=
kapitals um 100 auf 250 Mill. Mark vorgeſchlagen.
h. Pfälziſche Nähmaſchinen= und
Fahrräder=
fabrik vorm. Gebr. Kayſer in Kaiſerslautern. Das
Kapital wurde durch Generalverſammlungsbeſchluß vom 23. Juli d. Js.
auf 65 Mill. Mark erhöht. Von den neuen Stammaktien können auf
1000 Mark alte 1000 Mark neue Stammaktien mit
Dividendenberech=
tigung vom 1. Otober 1922 ab zum Kurſe von 4000 Prozent nebſt einer
Pauſchale für Bezugsrechts= und Börſenumſatzſteuer bezogen werden.
Die neuen Stammaktien werden in Abſchnitten über 1000 und 5000 Mk.
ausgefertigt. Das Bezugsrecht iſt vom 1. bis 14. September auszuüben
in Kaiſerslautern und Mannheim bei der Rheiniſchen Cxeditbank, in
Frankfurt a. M. bei der Deutſchen Vereinsbank und dem Bankhaus
M. Hohenemſer.
* Steatit Magneſia A.=G., Nürnberg. Die Aktien der
Geſellſchaft, die in näherer Beziehung zu den deutſchen Ton= und
Stein=
zeugwerken Berlin=Charlottenburg ſtehen (letztere beſaß am 31. Dezember
vorigen Jahres von dem damals 42 Mill. Mk. betragenden
Aktienkapi=
tal 19,5 Mill. Mk.), ſollen demnächſt durch die Bankfirma Gebr.
Arn=
hold in den offiziellen Verkehr der Berliner Börſe eingeführt werden,
nachdem die Aktien bereits ſeit Auguſt vorigen Jahres einen Markt im
Freiverkehr hatten, wo ſie am letzten Börſentag mit zirka 8 Mill. Proz.
bewertet wurden. Die Geſellſchaft iſt im Jahre 1921 durch Fuſion
ver=
ſchiedener Geſellſchaften und zwar: der J. von Schwarz A=G.,
Nürn=
berg, der Steatit A.=G., Lauf, der vereinigten Magneſia=Comp, und
Ernſt Hildebrandt A.=G., Berlin=Pankow und der Firma Jean
Stadl=
mann u. Co., Nürnberg, enſtanden. Sie erzeugt in der Hauptſache
Speckſtein= und Steatit=Fabrikate, Iſolationen für elektriſche Zwecke ſowie
Gas= und Acethlenbrenner und ähnliche Artikel. Außer den näheren
Beziehungen zur Deutſchen Ton= und Steinzeugwerke=A.=G. ſcheinen auch
Beziehungen zur Porzellan=Induſtrie zu beſtehen, denn im Aufſichtsrat
ſind je ein Direktor der C. Hutſchenreuther A.=G. und der Triptis A.=G.
vertreten. Neben dem verhältnismäßig umfangreichen und
weitver=
zweigten Beſitz an Fabrikationsſtätten und Speckſteingruben verfügt die
Geſellſchaft über eine Reihe von Beteiligungen. Das Werk Nürnberg,
in dem die Zentralverwaltung der Süddeutſchen Werke untergebracht
iſt, ſtellt hauptſächlich Zündkerzen für Motore, ſowie Preſſolit her. Von
den drei Werken in Lauf dient das eine der Fabrikation von
Stanzar=
tikeln und Steatit, das andere zur Herſtellung von Gas= und
Acetylen=
brennern. Das Werk Kohlenbrunn ſtellt Stanzartikel aus Speckſtein und
Porzellan ſowie Hochſpannungskörper her. Ferner beſteht ein Werk in
Berlin, in dem Glühkörperringe ſowie Mundſtücke für Gasbeleuchtung
hergeſtellt werden. Außerdem iſt noch in Form einer beſonderen G. m.
b. H. das Weißenſee=Werk vorhanden, in dem Fayence=Stanzartikel für
Exportzwecke fabriziert werden. Daneben beſitzt die Geſellſchaft zwei
Speckſteingruben in Süddeutſchland. Neben einer Reihe kleinerer
Be=
teiligungen wurden im Mai d. J. der Geſellſchaft ein Teil der jungen
Aktien der Porzellanfabrik Rofenthal überlaſſen, als Gegenwert für
den 5öproz. Anteil an der Adam Weber u. Co., G. m. b. H., die
gemein=
ſam weiter betrieben werden ſoll. Diefe Transaktion hat, wie wir
ſei=
nerzeit berichteten, eine beſondere Bedeutung, da durch ſie die Steatit=
Geſellſchaft in den Intereſſengemeinſchafts=Vertrag der Porzellanfabrik
Roſenthal eingetreten iſt und innerhalb dieſer Geſellſchaft die
Herſtel=
lung von Iſoliermaterial aus Steatit übernehmen ſollte. Die geſamten
eigenen Anlagen, ſowie auch die Beteiligungen ſtanden in der letzten
Jahresbilanz per 31. Dezember 1922 nur mit 1 Mill. Mk. zu Buche. Auch
abgeſehen hiervon bot der letzte Jahresabſchluß über den wir ausführlich
berichteten, ein günſtiges Bild. Einem Umſatz von 1396 Mill. Mk. in
den eigenen Werken ſtand ein Rohgewinn des eigenen Werkes in Höhe
von 258 Mill. Mk. gegenüber, was einem prozentualen Nutzen von zirka
18,5 Proz. entſpricht, wobei wohl anzunehmen ſt, daß die Geſellſchaft
durch Bildung ſtiller Reſerven den Rohgewinn herabgeſetzt hat, da es
ausgeſchloſſen erſcheint, daß die Geſellſchaft angeſichts der Verzweigtheit
der einzelnen Fabriken mit einem Warenvorrat von nur 6,67 Mill. Mk.
auskommen konnte. In der Zwiſchenbilanz per 30. Juli 1923 werden
Warenvorräte auf 600 Mill. Mk. geſchätzt, eine Summe, die im Vergleich
mit den übrigen Bilanzziffern gleichfalls als niedrig erſcheinen muß.
Es erſcheinen nach Durchführung der Kapitalserhöhung Bankguthaben in
Höhe von 6,642 Milliarden Mark, Debitoren mit 3,137 Milliarden Mk.
Forderungen an Tochtergeſellſchaften in Höhe von 906 Mill. Mk.,
wäh=
rend andererſeits Kreditoren mit 1,418 Milliarden Mk. ausgewieſen
ſind, worin 167 Mill. Mk. auf Forderungen der Tochtergeſellſchaften
entfallen. Der ordentliche Reſervefonds hat durch Zuführung des
Er=
löfes der im Intereſſe der Geſellſchaft verwertenden jungen Aktien eine
Erhöhung von 69 Mill. auf 2263 Milliarden Mk. erfahren. Ueber den
kaufenden Geſchäftsgang wird mitgeteilt, daß der Abſatz bisher den
Er=
wartungen entſprochen habe, ſo daß unter dem üblichen Vorbehalt mit
einem befriedigenden Ergebnis gerechnet werden darf.
* Tilgung von Auslandsſchulden in Polen. Die
polniſche Regierung hat im Laufe dieſes Jahres nachſtehende
auslän=
diſchen Schuldbeträge zurückbezahlt: 2 Mill. Holl. Gulden. 1 820000
Dollar an die Vereinigten Staaten und 4 Mill. Polniſche Mark
an Italien. An Zinſen wurde ein Betrag von 915 250 Dollar
entrichtet. In Polniſcher Mark umgerechnet beträgt die Geſamtſumme
der bezahlten Schulden 700 Milliarden,
* Die Lage des amerikaniſchen Eiſen= und
Stahl=
marktes. Das amerikaniſche Fachblatt Jron Trade Review,
Cleve=
land., Ohio, kabelt über die Lage des amerikaniſchen Eiſen= und
Stahl=
marktes: Die Auguſt=Roheiſenproduktion betrug 3 442 000 Tonnen gegen
3 684 000 Tonnen im Juli und iſt ſeit Februar, die niedrigſte Ziffer.
273 Hochöfen ſind unter Feuer, 50 weniger als im Juni. Der Streik in
den „Anthrazit=Kohlengruben hat den Markt nur wenig berührt.
Gießereikoks ſtieg um 1—2 Dollar. In der Hochofeninduſtrie wurde die
Wirkung durch Ausblaſen von Hochöfen wieder ausgeglichen. Der
Stahlmarkt beſſert ſich; die einlaufenden Anfragen laſſen für den Herbſt
ein lebhaftes Geſchäft erwarten. Sowohl der Stahltruſt als auch die
unabhängigen Werke haben die Preiſe für Fein= und Weißbleche für das
letzte Vierteljahr unverändert gelaſſen. Der Preis beträgt für
Weiß=
bleche 5.50 Dollar für die 100=Pfund=Kiſte. Roheiſen wird bei ruhiger
Marktlage lebhafter gekauft. Britiſches Roheiſen mit niedrigem
Phos=
phorgehalt wird mit 28.50 Dollar einſchließlich Zoll angeboten und hält
ſich unter den amerikaniſchen Notierungen. Der Ferromanganpreis
er=
mäßigte ſich um 5 Dollar. Die Eiſenbahn beſtellte über 350 Tonnen
Schienen zur Lieferung im nächſten Jahr.
Banken.
h. Handels= und Gewerbebank A.=G. Frankfurt
am Main. Die außerordentliche Generalverſammlung genehmigte
die beantragte Kapitalserhöhung von 50 auf 200 Mill. Mark. durch
Aus=
gabe von 6 Mill. Mark Vorzugsaktien mit 25fachem Stimmrecht und
144 Mill. Mark Stammaktien mit halber Gewinnbeteiligung für das
laufende Geſchäftsjahr. Den alten Aktionären wird ein Bezugsrecht
von 1:2 zu 150 000 Prozent, die bei weiterer Dollarſteigerung über 12
Mill. hinaus noch erhöht werden ſollen, gewährt. Die reſtlichen Aktien
werden beſtens verwertet. Ein Antrag, den Bezugskurs niedriger
an=
zuſetzen, wurde abgelehnt. Nach Mitteilung der Verwaltung belaufen
ſich die Umſätze in Frankfurt auf 150—200 Milliarden pro Tag.
Anleihen.
* Kündigun g der Danziger Stadtanleihen zu
pari. Die Stadt Danzig macht von dem ihr nach dem Inhalt der
Schuldverſchreibungen zuſtehenden Recht der Totalkündigung aller im
Umlauf befindlichen Stücke Gebrauch. Für die Anleihen von 04, I., II.,
III. von 09 und 11. Uebrig bleibt demnach die 4proz. von 1919, die
zu=
letzt am 13. Auguſt mit 450 000 Prozenk notierte. Die von der
Pari=
kündigung betroffenen Anleihen waren bis in die neueſte Zeit hinein
Geld, die 4proz. von 04 notierte am 6. Auguſt noch 130 000 Prozent
und die 3½proz. 5000 Prozent Geld. Die ſchon ſeit Jahr und Tag
be=
ſtehende Hochbewertung der Anleihen (Ende 1922 ſchon 1150 Prozent)
war neuerdings im Zuſammenhang mit den Plänen auf Schaffung einer
eigenen Danzigar Währung geſchaffen worden.
Dividendenvorſchläge.
* Oktavie=Eiſenbahngeſellſchaft. Der Bruttogewinn
für das Geſchäftsjahr 1922/23 ſtellt ſich auf 145 788 Pfund Sterling (i.
V. 109 514 Pfund Sterling). Nach Abſchreibungen von 73 064 Pfund
Sterling (i. V. 61056 Pfund Sterling), auf Werkanlage und Inventar
ſowie nach Zuführung von 6000 Pfund Sterling (i. V. 4800 Pfund
Sterling) zum Reſervefonds verbleibt ein Reingewinn von 66 715 Pfund
Sterling (i „V. 43 675 Pfund Sterling), aus welchem 71/ Prozent
Divi=
dende — 1½ Schilling pro Anteil ausgeſchüfttet werden ſoll.
Warenmärkte.
h. Mannheimer Wochenberichte. Getreide: Während
in Vorkriegsjahren und auch im Vorjahr, nach teilweiſer Aufhebung der
Zwangswirtſchaft, um dieſe Zeit ein lebhafter Handel in neuer Ernte
ſtattfand, herrſcht jetzt an den Produktenmärkten zwar ein lebhafter,
auf=
geregter Verkehr, aber kein Geſchäft. Für die Markverſchlechterung gibt
es anſcheinend kein Halten mehr und die Zerrüttung der deutſchen
Wirt=
ſchaft wird von Tag zu Tag ſtärker. Vom Produzenten über den
Groß=
handel bis zum kleinſten Händler wird im Verkauf größte Zurückhaltung
ausgeübt und ſelbſt die notwendigſten Lebensmittel nur rationiert
ab=
gegeben. Was heute an Kaufabſchlüſſen getätigt wird, ſind reine
Angſt=
käufe, um nicht ganz auf dem Trockenen zu ſitzen und das kaufkräftige
Publikum ſucht aus Furcht vor einer Hungersnot zu hamſtern. Das neue
Getreide iſt nicht nur an Quantität gegenüber dem Vorjahr reicher,
ſon=
dern auch an Qualität beſſer. Es wird deshalb auch höher als alte
Ware bewertet. Die Großgrundbeſitzer haben ihre eingenommenen
Gel=
der ſtets rechtzeitig wertbeſtandig anzulegen verſtanden, während die
mitt=
leren und kleinen Landwirte das Geld zu Hauſe aufſtapelten und es ſo
der rapiden Geldentwertung ausſetzten. Dieſe Erfahrungen haben die
als geſchädigt ſich haltenden Produzenten dazu geführt, ihr überflüſſi
Getreide nicht abzuſtoßen, ſondern es für beſſere Zeiten aufzuheben.
fragt ſich nur, ob ſie klug damit tun: denn einmal können durch den
Mangel an landwirtſchaftlichen Produkten in den Städten leicht Unruhen
entſtehen und zu Raubzügen auf das Land führen, zum anderen ſteigen
bei jeder weiteren Geldentwertung die induſtriellen Artikel, wie Kohle,
Eiſen, Salze uſw. ſtärker im Preiſe als die landwirtſchaftlichen.
Ver=
nünftiger für die Landwirtſchaft wäre es deshalb, ſchon jetzt Getreide zu
verkaufen, um ihren Dünger, ihre Maſchinen uſw. ſich anzuſchaffen.
Wenn man bisher ſchon an große Preisſprünge gewöhnt war, ſo
über=
trifft die dieswöchige Steigerung doch alles bis jetzt Dageweſene, beträgt
ſie doch das nahezu Vierfache. Inländiſcher Weizen wurde mit 120—150
gegen 38—43, alte inländiſche Gerſte mit 75—85 gegen 27—29, neue
Gerſte mit 90—100, gegen 28—30, alter Hafer mit 85 und neuer mit. 90,
gegen 24—26 Mill. Mk. in der Vorwoche, pro 100 Kilogramm, bahnfrei
Mannheim, notiert. Roggen kam überhaupt nicht zur Notierung und
für neue Gerſte lautete die Notiz nominell. Die Tendenz war ſehr feſt,
aber unregelmäßig.
Mehl. Die Mühlen halten ſich bei der derzeitigen Martlage vom
Handel vollſtändig fern und nur die zweite Hand befriedigt die
Nach=
frage, die aber auch nicht mehr allzu groß iſt, nachdem bei dem hohen
Preisſtand Kleinhändler wie Bäcker nicht mehr imſtande ſind,
Weizen=
mehl einzukaufen. Sie erklären ganz offen, daß ſie ihren Vorrat noch
verkaufen, bezw. verbacken und dann Schluß machen. Daraus wäre
zu ſchließen, daß Weizenmehl ſchließl. ganz vernachläſſigt, deſto mehr aber
Roggenmehl geſucht würde. Roggenmehl wurde mit 150, gegen 50, und
Weizenmehl mit 200—250, gegen 65—70 Mill. Mk. pro Doppelzentner
ab Mühlenſtation bezahlt.
Futtermittel. Das Angebot wird auch hier immer kleiner
Von den bisher ſchon wenig genannten Artikeln wurden Weizenkleie und
Rohmelaſſe nur noch nominell genannt, erſteres mit 40—50 und
Roh=
melaſſe mit 28—32 Mill. Mk. pro 100 Kilo, Biertreber war zu 36 Mill.
Mk. käuflich. Die zweite Heuernte fiel ſehr gering aus. Heu kam nicht
zum Angebot, Stroh verteuerte ſich wie die anderen Artikel, Preßſtroh
von 5 auf 13—14 und Bundſtroh von 4—4,5 auf 11,5—12,5 Mill. Mk. pro
Doppelzentner waggonfrei Mannheim. Für Raps nannte man einen
Nominalpreis von 120—140 Mill. Mk. pro 100 Kilo.
Kolonialwaren. Die Deviſenſteigerung hat das Geſchäft voll
ſtändig zum Erlahmen gebracht. Man konnte nicht ſchnell genug ſich der
Geldentwertung anpaſſen, und ſo ſah man von Verkäufen lieber ab. An
derſeits waren dem Kleinhandel die geforderten Preiſe zu hoch, weshalb
auch das reine Bedarfsgeſchäft noch kleiner wurde. Da die Preiſe ſick
ſtändig veränderten, ſind die zuletzt genannten Zahlen ſchon weit
über=
holt.
Tabak. Nachdem die Berichtswoche dem Tabak noch ſehr günſtig
war in bezug auf die Witterung, ſind die Tabake gut ausgewachſen und
gereift. Auf der badiſchen Hardt und in den Herbſtorten wurde mit dem
Brechen des Frühtabaks begonnen. Ferner hat die Ernte des Vorbruchs
begonnen. Soweit bis zetzt zu beurteilen iſt, liefern die gebrochenen Ta
bakblätter ein brauchbares Material. Von 1922er Tabaken ſind einige
hundert Zentner zu 100 Millionen Mark pro Zentner verkauft worden.
Bei der ſteigenden Valuta iſt der Markt in alten Tabaken ſehr feſt und
die Preiſe anziehend. Auch Rippen erfreuen ſich ſehr reger Nachfrage,
doch ſind ſie nur in Guldenwährung käuflich. In der Fabrikation iſt
et=
was Nuhe eingetreten.
Obſt. Die Zufuhren auf den pfälziſchen Obſtmärkten reichen trotz
ihres großen Umfangs nicht aus, um die Nachfrage zu befriedigen.
Da=
bei fällt doch das rechtsrheiniſche Gebiet, das früher ein ſtarker Bezieher
pfälziſchen Obſtes war, ganz aus. Bezahlt wurden für Zwetſchen 250 000
Mark. Pfirſiche 300 000—400 000 Mk., Mirabellen 200000 Mk., Aepfel
100 000—200 000 Mk., Birnen 150 000—180 000 Mk., Fallobſt 40000 bis
60 000 Mk., Gurken 30 000—40 000 Mk. pro Stück.
Wein. Das Wetter war den Trauben günſtig. Der Bratemonat
iſt nun herangerückt; er bringt nun die Entſcheidung, ob der diesjährige
Jahrgang ein „ſaurer” oder „ſüßer” ſein wird. Die Portugieſer gehen
ſchon der Reife entgegen, die weißen Trauben dagegen ſind noch in der
Entwicklung, und nur in beſonders günſtigen Lagen fangen ſie an, heller
zu werden. Die Preiſe ſind nun in die Milliarden übergegangen. Die
vereinigten Weinbergbeſitzer von Herxheim a. Berg erzielten für 1922er
Weißweine pro 1000 Liter 0,705—1,270 Milliarden Mark, für 1921er
Weißweine 1,051—3,05 Milliarden, für 1922er Portugieſer 540—675
Mil=
lionen, für 1922er Rotwein 709 Millionen Mark.
wb. Berliner Produktenbericht. Die beträchtliche
Beſſe=
rung des Markpreiſes in Neu=York drückte am Produktenmarkte im
Vor=
mittagsverkehr ſehr empfindlich. Als ſpäterhin die Befeſtigung des
hie=
ſigen Deviſenfreiverkehrs bekannt wurde, ſetzte eine Aufwärtsbewegung
ein, die die Preiſe für Getreide dem geſtrigen Stand wieder näherte.
Es herrſchte aber allſeitig große Zurückhaltung. Gerſte und Hafer
fan=
den mehr Beachtung, andere Artikel zeigten unregelmäßige Haltung.
Börſen.
* Frankfurter Börſenbericht bom 3. bis 5. Sept.
(Mitgeteilt von der Deutſchen Bank, Filiale Darmſtadt.) Weder die
programmatiſchen Erklärungen des Reichskanzlers, in denen er durch
die währungspolitiſchen Maßnahmen und Pläne der Regierung
ver=
mochten den Sturz der Mark bis jetzt aufzuhalten. Dieſer hat vielmehr
in der abgelaufenen Woche ein ſo raſendes Tempo erreicht, daß die
Deviſenkurſe heute früh rund fünfmal ſo hoch ſind als am Ausgang der
Vorwoche. Da die außenpolitiſche Lage ſeither keine weſentliche
Aen=
derung erfahren hat, ſo iſt dieſer weitere ungeheure
Währungszuſammen=
bruch wohl in der Hauptſache auf wirtſchaftliche Urſachen zurückzuführen.
Al3 ſolche ſind in erſter Linie der große Deviſenbedarf der Induſtrie
und die außerordentlich ſcharfe Nachfrage nach ausländiſchen
Zahlungs=
mitteln aus dem Rheinland zu nennen. Daneben trugen Nachrichten
über die Einführung einer neuen Währung ſei es nach dem
Helfferich=
ſchen Plane auf Grund der Roggenwertrentenbriefe oder unter
Erfaſ=
jung der geſamten Auslandswerte und Edelmetalle auf Goldbaſis das
ihrige dazu bei, die Mark ins Bodenloſe ſinken zu laſſen. Die auf
ſolche Weiſe außerordentlich ſcharfe Markfluchtbewegung, wirkte ſich
auch an den Effktenmärkten aus, und führten hier zu einer äußerſt
leb=
haften Nachfrage nach Sachwerten aller Art, dies um ſo mehr, als die
Furcht vor einer möglichen Beſchlagnahmung der Valutenwerte vielfach
die Spekulation veranlaßte, Auslandswerte gegen deutſche Induſtrie=
Aktien umzutauſchen. Wiederum waren dabei alle Montanwerte bevor=
zugt, ſo daß ſie etwa dem Ausmaß der jeweiligen Deviſenſteigerung
ent=
ſprechend, ihre Kurſe erhöhen konnten. Daneben ſtanden auch die Werte
der Chemiſchen Induſtrie, mit im Vordergrund des Intereſſes, da man
von einer geplanten Beteiligung engliſchen Großkapitals auf dieſem Ge=
biet wiſſen wollte. Aber auch an anderen Märkten wie an dem der
Schiffahrts= und Bank=Aktien, und in etwas geringerem Maße bei den
Maſchinen= und Metallwerten, waren Kursverdoppelungen und
Verdrei=
fachungen an der Tagesordnung, und am Einheitsmarkt ſind ſcharfe
Ra=
tionierungen zur Regel geworden.
wb. Berliner Börſenbericht. Die ſtarke
Rückwärtsbewe=
gung des Dollars auf Grund der geſtrigen Neu=Yorker Marknotierungen
machte im Freiverkehr heute wieder einer kräftigen Steigerung Platz,
Bei vielfacher Nachfrage zogen die Deviſenkurſe vormit=
zuſtande.
auf 48 Mill.
Bankgeschaft
Fernsprecher 1308, 1309
1 1LDOr 2 1ON
Aktien / Renten / Devisen / Sorten
DarlViotder
1 Luisenplatz
Seite 8.
Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 9. September 1923.
Rummer 249.
Ke
Bis einschließlich Dienstag
Der große Albertini-Film! (7352fg
Die Schlucht des Todes
Sensations- u. Zirkusfilm in 6 Akten mit
Luclano Albertini
Lpa de Putti, Trude Hofmann.
— Bobbys Kraftpillen —
Orpheum
ihr
Tel.
Ludwigshöhe — vol.
Heute ab 7 Uhr:
(7415
Unterhaltungsabend
mit Tanz.
Sportplatz=Reſtaurant
Tel. 2900 am Böllenfalltor Tel. 2900
Heute Sonntag, den 9. September
Konzert
Anfang 4 Uhr. ( 24506) Anfang 4 Uhr.
Teleph.
Rhein=
ſtr. 108 Rummelbräu 2519.
Jeden Sonntag nachm. 4—7
und abends 8—11 Uhr
KONZERT
Eintritt frei. (*24471) Eintritt frei.
Geſellſchaft „Reichsadler
Darmſtadt
Sonntag, den 9. Sept., im Perkeo
Herbſtfeſt mit Tanz
Kapelle Weſp ( 24482
Anfang 4 Uhr nachm. Der Borſtand.
Konkordiaſaal
Heute Sonntag, nachm. 4 Uhr C aug
Gr. Tanzvergnügen
Wander=Freunde
gegr. 1921.
Heute Sonntag
Großes Tanzfeſt
im Hanauer Hof.
Anfang 7 Uhr! (*24376) Anfang 7 Uhr
Am Donnerstag, den 13. Sept.
abends 8 Uhr, ſpricht im
Städtiſchen Saalbau
Rechtsanwalt
Dingeldey, M. d. L.
über:
Die Regierung Streſemann
Freie Ausſprache. Jedermann willkommen.
Deutſche Volkspartei.
7416gd) Der Vorſtand.
Mittwoch, 12. Sept., abends 8 Uhr,
Turnhalle, Woogsplatz (7419
„Tote, die wiederkehren”
(Tatſachen und Beweiſe)
Vortrag v. Dr. mod. Georg Lomer.
A. d. Inh. Der Kampf um d. Seele,
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Dienstag, den 11. September
Mittwoch, den 12. September
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geschlossen.
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Donnerstag, den 13. September, von 8 Uhr
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Bekanntmachung.
Wir bringen hiermit die durch die zuſtändigen
Behörden genehmigten Aenderungen des Tarifs
vom 3. Sept. d8. Js. der Darmſtädter Straßen=
und Vorortbahn zur allgemeinen Kenntnis.
Fahrpreiſe in tauſend Mark angegeben.
Abteilung 1:
Nachlöſekarten koſten . . . . . . 400
Abteilung 2
wird wie folgt geändert:
Fahrpreis für barzahlende Fahrgäſte:
200
1 und 2 Teilſtrecken . . .
3 bis 5 Teilſtrecken . .
„. . 400
6 und 7 Teilſtrecken . . . . . . . . 600
8 und mehr Teilſtrecken . . . . . . 800
für eine Perſon.
Für 3 bis 5 Teilſtrecken gibt es
Fahrſchein=
heftchen zu 3600 für 10 Fahrten.
Die Teilſtrecken müſſen zuſammenhängen und
hintereinander durchfahrbar ſein.
Zu 8 12 E. Für allgemeine Zeitkarten.
A. Monatskarten.
1 und 2 Teilſtrecken . . . . . . . 8000
3 bis 5 Teilſtrecken . . . . . . . 16000
6 und 7 Teilſtrecken . . . . . . . 24000
8 und mehr Teilſtrecken . . . . . 32000
Innenverkehrskarten, perſ. . . . 16000
Stadtnetzkarten, perſönlich . . . . 20000
für eine Perſon und einen Kalendermonat.
Zu § 12 E, Ziffer 4. Für unperſönliche
be=
ſondere Zeitkarten wird monatlich ein Zuſchlag
von 4000 für jede Karte erhoben.
Zu § 12 F. Für Schüler und
Schüler=
innen.
B. Schüler=Monatskarten.
1 und 2 Teilſtrecken".
.. 5000
3 bis 5 Teilſtrecken.
. 10000
6 und 7 Teilſtrecken . . .
„ . 15000
8 und mehr Teilſtrecken . . . . . 20000
für eine Perſon und einen Kalendermonat.
C. Schüler=Wochenkarten.
1 und 2 Teilſtrecken".
1100
3 bis 5 Teilſtrecken . . . . . . . 2220
Woogs=Pol.=Wache. 6 und 7 Teilſtrecken . . . . . . . 3320
8 und mehr Teilſtrecken . . . . . 4440
für eine Perſon und Kalenderwoche.
Zu 8 12 G. Wochenkarten
a) für täglich 1 Hin= und Rückfahrt:
1 und 2 Teilſtrecken . . .
1600
Span. Konv. geſucht. 3 bis 5 Teilſtrecken . . . . . . . 3200
Angeb. u. O, 1 a. die 6 und 7 Teilſtrecken . . . . . . . 4800
Geſchäftsſt. (24458 8 und mehr Teilſtrecken . .. . . . 6400
b) für beliebig viele Fahrten:
1 und 2 Teilſtrecken . . . . . . . 1800
3 bis 5 Teilſtrecken . . . . . . . 3600
6 und 7 Teilſtrecken . . . . . . . 5400
8 und mehr Teilſtrecken . . . . . 7200
für eine Perſon und eine Kalenderwoche gültig
an Werktagen. Falls Feiertage, an denen die
Wochenkarten keine Gültigkeit haben, in eine
Woche fallen, wird der Preis der Karten
ent=
ſprechend ermäßigt.
Fahrſchein=Heftchen
für 3—5 Teilſtrechen mit dem
Stempel=
überdruckh Heag auf dem Tarif=Buchſtaben
V koſten Mk. 3600.
Auf Heftchen mit dem
Stempelüber=
druck Heag auf dem Tarif=Buchſtaben U
(1800 Mk.) werden von den Schaffnern
Zuſatzſcheine (roter Aufdruck 5 Teilſtrecken)
zu Mk. 180 und für Heftchen mit dem
Stempelüberdruck Heag auf dem
Tarif=
buchſtaben T (1080 Mk.) Zuſatzſcheine (roter
Aufdruck 11 Teilſtrecken) zu Mk. 250
aus=
gegeben.
Alle anderen Fahrſchein=Heftchen mit
geringerem Wertaufdruck haben keine
Gültigkeit mehr.
In Begleitung eines barzahlenden
Fahr=
gaſtes hat je ein Kind unter 6 Jahren freie Fahrt,
für 2 Kinder unter 6 Jahren iſt ein Fahrſchein
zum normalen Fahrpreis zu löſen. Für Inhaber
von Zeitkarten, Fahrſchein=Heftchen uſw. hat dieſe
Vergünſtigung keine Geltung.
Zu § 12 K.: Für Marktkörbe in
beſon=
deren Marktzügen.
Für je einen Marktkorb bis zu 25 kg Gewicht
werden 100 erhoben. Mitbeförderte Perſoner
haben den normalen Fahrpreis zu entrichten.
Zu 8 40, 41, 42. Für Beförderung von
Ex=
preßgut für jedes Stück 200 für angefangene
25 kg einſchl. Steuer.
Vorſtehende Tarifänderung tritt für den
Bar=
tarif, Monatskarten u. Wochenkarten am 10. Sept.
1923 in Kraft.
Für allgemeine Zeitkarten, einſchl.
Schüler=
karten, iſt die entſprechende Nichzahlung für die
Zeit vom 10. bis 30. September innerhalb 5
Tagen (vom 10. Sept. ab gerechnet) zu leiſten,
im anderen Falle die Karten ihre Gültigkei
verlieren.
(7395
Darmſtadt, den 8. Sept. 1923.
Die Direktion
der Heſſiſchen Eiſenbahn=A.=G.
Die Frau mit den Millfonen
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Die Beute des Erenyen. 7Akt.
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der Arbeitszentrale fürErwerbsbeſchränkte
erledigt vorübergehende Arbeiten und
Be=
ſorgungen jeder Art durch zuverläſſige
Kräfte gegen eine amtlich feſtgeſetzte Ver=
(st7392
gütung.
Fernruf Stadtamt.
Kündigung der Schuldverſchreibungen
der Heſſ. Eiſenbahn=A.=G.
vom Jahre 1912.
Auf verſchiedene von Inhabern unſerer
Schuldverſchreibungen geäußerte Bitten
hin hat der Aufſichtsrat unſerer
Geſell=
ſchaft genehmigt, daß entgegenkommender
Weiſe für diejenigen Stücke der bereits
gekündigten 4½igen
Schuldverſchreibun=
gen ſowohl als der 4½,%igen
Schuld=
verſchreibungen vom Jahre 1919 und
1920, die bis zum 10. Oktober zur
Ein=
löſung eingereicht werden, der 100fache
Betrag des Nennwertes ausgezahlt wird.
Die Friſt zur Einlöſung wird keinesfalls
verlängert. Alle ſpäter eingehenden
Stücke werden nur zum Nennwert
über=
nommen.
Die Einlöſung erfolgt bei unſerer Kaſſe
in Darmſtadt, Luiſenſtr. 14, ſowie bei
der Darmſtädter & Nationalbank,
Darm=
ſtadt, und bei der Deutſchen Bank,
Darmſtadt.
(7401
Heſſiſche Eiſenbahn=A.=G.
Bekanntmachung.
Die für das Kalenderjahr 1923
ange=
forderte Kultusſteuer der iſraelitiſchen
Religionsgemeinde Darmſtadt iſt auf
das Dreihundertfache des angeforderten
Betrags erhöht worden. Bis zum 25.
Sep=
tember 1923 ſind die beiden erſten Raten
im dreihundertfachen Betrag an das
Finanzamt Darmſtadt=Stadt (
Poſtſcheck=
konto Frankfurt a. M. 1214) bei Meidung
der Zwangsvollſtreckung zu entrichten.
Darmſtadt, den 8. Sept. 1923 (7407
Der Vorſtand
der iſrael. Religionsgemeinde,
Finanzamt Stadt.
Darmſtädter Tagblatt
Nummer 36
9. September 1923
Deutſche Gegenwartsſchriftſtellerinnen.
TX.
* Emma Vely.
Um die nämliche Zeit, da Paul Lindau die Erſtlinge des
„Berliner Romans” hinausſchickte, hatte auch die aus
Frank=
furt a. M. in die Reichshauptſtadt übergeſiedelte E. Wely jenes
Berlin entdeckt, das nicht nur im Salon zu finden iſt, das man
aufſuchen muß in den Kellerwohnungen, den Mägdeherbergen,
den Aſylen für Obdachloſe, den Volksküchen uſw. Für die
„Familienblätter” eigneten ſich dieſe aus dem unmittelbaren
Leben aufgegriffenen Typen kaum. Denn auch vor den
Nacht=
ſeiten ſchreckte die Verfaſſerin nicht zurück, und das eben lieh
ihren Studien, Skizzen und größeren Erzählungen den Stempel
ungeſchminkter Wahrheit. In manchen ihrer Berliner
Erzäh=
lungen erſcheint ſie deswegen als die Bahnbereiterin und
Vor=
läuferin der Viebig.
Wenn ſie einmal in dem Großſtadtroman „Gelbſtern”
das Leben einer Konfektioneuſe ſchildert, ſo bringt uns das Buch
„Kleine Füße” das Schickſal eines aus der Provinz nach
Berlin, gereizt von allen möglichen falſchen Vorſtellungen,
ver=
zogenen Schuhmachers. In Hannover hatte er mit ſeiner Familie
ſein beſcheidenes, aber gutes Auskommen und vor allem eine
geſunde Wohnung. In Berlin hauſt er in einem feuchten Loch.
Das Geld aber — ſagt man ihm — liegt hier auf der Straße.
Nur ihm fehlt es an Geſchick, es aufzuheben. Dabei geriet er
noch in die Netze einer gewiſſenloſen Kokette, die den
Provinz=
gimpel nach allen Regeln ihrer Zigeunerkunſt auszuziehen
ver=
ſteht, um derentwillen er ſeine Erſparniſſe angreift und die ihm
dann den Laufpaß gibt, ſobald, der reiche Liebhaber erſcheint.
Der Mann, der, verblendet von ſeiner Leidenſchaft, gewiſſenlos
an Weib und Kindern gehandelt hat, gerät dann ſchließlich unter
die Wagenräder des Pärchens. Als Frau Vely den packenden
Stoff als Volksſtück für die Bühne bearbeitete, entſchloß ſie ſich
feierlich für einen ſogenannten „guten Ausgang‟. Der betörte
Mann kehrt noch in zwölfter Stunde zu ſeiner Pflicht zurück. E.
Vely verſteht ſich famos auf die Wahl von Titeln. „Kleine Füße‟
z. B. ſtreift ſofort das Thema. Mit den „kleinen Füßen” der
Gauklerin, für welche der Meiſter ein Paar Schuhe anzufertigen
hatte, begann für ihn das Verhängnis.
Der Roman „Die Tänzerin” entwirft das wenig
be=
neidenwerte Los einer talentvollen Frau, deren Kunſt von
ihrem Gatten ſchamlos ausgenutzt wird und die, in ſcheinbarem
äußeren Glanz, erſt nach vielen ſchweren Jahren ihres
Sklaven=
lebens die perſönliche Freiheit zurückerhält.
Eine Künſtlerin, und zwar eine gefeierte Bildhauerin, ſteht
gleichfalls im Mittelpunkt des jüngſten Opus „Morgen iſt
auch ein Tag”. Und zwar ſchaut uns aus dieſem
Roman ſo etwas wie Bekenntnis und Generalbeichte an.
Bis=
her machte die Autorin von dem Recht der Selbſtporträtierung
kaum Gebrauch. Nur daß hier und da ein Zug auf eigene
per=
ſönliche Erfahrung deutete. Aber die dunkellockige „Madel
Gre=
neta”, das iſt — natürlich etwas umſtiliſiert — Frau Emma
Vely ſelbſt mit ihren äußeren und inneren Erlebniſſen. Wer
das aber nicht weiß, der genießt in der Lektüre die ſtille, zähe
Energie einer Frau, die, frühzeitig in den Lebenskampf
hinein=
geſtoßen, dieſen mutvoll, ohne jedwede ſentimentale
Anwandlun=
gen aufnimmt und, allen Widerwärtigkeiten zum Trotz, ſiegreich
durchführt. Perſönliche Herzenswünſche müſſen zurücktreten,
auch der Gedanke an eine zweite Heirat, denn die Bildhauerin
hat ſich die Aufgabe geſtellt, mit ihrem Sohne zu leben und
dieſem, ſo viel es geht, die ſchädigenden väterlichen Einflüſſe fern
zu halten. In der großen Welt, auf den internationalen Sam= den befiederten Bewohnern der Luft auch Feinſchmecker, die nur
melplätzen der Geſellſchaft, wo die alleinreiſende und auf ſich
ge=
ſtellte Frau von erotiſchen Glücksjägern nur zu leicht als
Frei=
wild angeſehen wird, bereitet Madel Greneta den ſtürmiſchen
Werbern manche Enttäuſchung. Einer unter ihnen, der begabte
Archäologe Hans Claude, kommt nie über dieſe Abſage hinaus
und zerſtört ſich, obwohl er als Menſch wie als Wiſſenſchaftler
die glänzendſten Ausſichten hat, aus einem gewiſſen trägen
Fatalismus heraus ſein Leben, während die Frau, die
Künſt=
lerin, deren Dornenwege ungleich härter ſind, als Siegerin aus
allen Gefahren und Nöten hervorgeht.
Als E. Vely ihre ſchriftſtelleriſche Laufbahn begann, hatten
die meiſten deutſchen Autoren — Spielhagen, Heyſe und Fontane gen nur Mäuſe vorſetzten, brachten die Eltern in der folgenden
ausgenommen — jene weitmaſchige, behäbige Ausdrucksweiſe,
die es nicht eilig hat, das vorgeſteckte Ziel zu erreichen. Aber
der Velyſche Stil wies gleich das raſche, flotte Tempo auf, das
zur Zeit des Auto= und Flugzeugverkehrs paßt. Das hat für ſie
nur den unſchätzbaren Vorteil, daß ſie auch als Siebzigerin noch
über unverbrauchtes Handwerkszeug verfügt und ſich nicht zum
alten Eiſen werfen läßt.
Falſchmünzer.
Skizze von Hanns Heidſieck.
Eine grämliche Treppenſchlange wand ſich zu dem Atelier
es Lithographen Frank Stein empor. Dieſes Atelier ſprang
us dem Dach nach vorne und glotzte mit blinden Scheiben über
ie Straße. Frank Stein ſaß gebückt, wie eine Katze, die
ſprung=
aft iſt. Er war ein häßliches Männchen mit ſtechenden
Kugel=
uugen. Hier ſaß er wie eine Qualle in einem Aquarium.
Neben ihm reckte ſich eine Handpreſſe auf. Mit verſchlungenen
Armen. Ein Stapel Papier türmte ſich, dem Stein Blatt um
Blatt entnahm, um es in die Preſſe zu legen. Ein Hebel knurrte
vie ein gereizter Hund. Stein aber lächelte, wobei ſich ſein
Mund zu einem Grinſen verzog. So grinſt ein Leichtathlet,
denn er den Gegner geworfen hat.
Eben horchte Stein auf. Nur einen Augenblick. Dann wurde
uinf mal in beſonderer Weiſe an die Türe geklopft.
Er ſprang und ſtolperte vorwärts. Daß zu dieſer Zeit
Ed=
ar, ſein Sohn, erſchien, war nicht in der Ordnung.
Edgar, Kavalier rom Kopf bis zur Sohle, ſtreckte dem Vater
die Hand entgegen. Er atmete aufgeregt und ſchluckte nach
Vorten.
„Weißt du ſchon — — der ſchwarze Jakob iſt heute nacht
obs gegangen, als er eben in der Bar einige Fünftauſender
um=
bechſeln wollte.”
Der alte Stein zog den Jüngeren ärgerlich aus der Türe
erein:
— Vorwärts — — erſt abgeſchloſſen — — hol mich der
eufel — — alſo der ſchwarze Jakob —
„Ja”, erwiderte Edgar und nahm einen Stoß 5000=
Mark=
ſcheine zur Hand, die der Vater eben verfertigt hatte. Da klopfte
Nun möge aus mir werden, was da wolle; wenn nur
das aus mir wird, was meiner Natur nach aus mir werden
ſoll, ſo werde ich das Rechte.
Richard Wagner.
Wiſſenſchaft und Technik:
C.K. Deutſchland in der Ausnutzung der Waſſerkräfte voran.
Die Ausnutzung der Waſſerkräfte, bei der immer größer
werden=
den Kohlennot der Welt, eines der wichtigſten Probleme der
Zukunft, hat gerade in letzter Zeit bedeutende Fortſchritte
ge=
macht. Eine Schätzung, die von der kanadiſchen Regierung
durch=
geführt wurde, beziffert die gegenwärtig nutzbar gemachten
Waſſerkräfte der Erde mit 15—16 Millionen Pferdeſtärken. Da
man den geſamten Energieverbrauch auf 120 Millionen
Pferde=
ſtärken ſchätzt, ſo iſt das etwa der achte Teil der Betriebskraft,
die aus dem Waſſer gewonnen werden kann. Die Vereinigten
Staaten beſitzen über 28 Millionen P.S. Waſſerkräfte, von
denen aber nur 7 Millionen ausgenutzt werden. Kanada hat
von dieſen verfügbaren 27 Millionen P.S. 3,4 Millionen in
Be=
trieb genommen: Frankreich nutzt von ſeinen 5,6 Millionen nur
0,9 Millionen P.S. aus, während Deutſchland, das nur über
1,5 Millionen P.S. verfügt, bereits 0,62 P.S in Betrieb
genom=
men hat. Norwegen, das mit ſeinen 5 Millionen einen großen
Schatz von Kräften beſitzt, hat 1,2 Millionen P.S. ausgenutzt.
Deutſchland, das zu den mit Waſſerkräften am ſtiefmütterlichſten
bedachten Ländern gehört, hätte nach dieſer Schätzung bereits
faſt die Hälfte verwertet, und würde danach in der Ausnutzung
der Energievorräte an erſter Stelle ſtehen. Dazu bemerkt aber
die „Zeitſchrift des Vereins deutſcher Ingenieure”, daß die in
Deutſchland verfügbaren Waſſerkräfte höber anzuſetzen ſind und
nach den neueſten Berechnungen 3,5—4 Millianen Pſerdeſtärken
betragen. Auch iſt zu berückſichtigen, daß die ausgebauten Kräfte
bei uns durch viele Kleinanlagen verzettelt ſind. Immerhin
ſteht Deutſchland voran; nach ihm kommen die Schweiz, die
Ver=
einigten Staaten, Italien und Norwegen als die Länder, die
den größten Teil ihrer Waſſerkräfte zur Energiegewinnung
her=
angezogen haben. In Norwegen hat man ſich die günſtigen
Ver=
hältniſſe beſonders zunutze gemacht, da hier 400 000 Pferdeſtärken
lediglich für die Gewinnung von Luftſtickſtoff, Salpeterſäure und
andere Stickſtoffverbindungen gebraucht werden. Frankreich hat
nur 11 Prozent, Großbritannien gar nur 8 Prozent ſeiner
Waſ=
ſerkräfte verwertet.
C. K. Das Papierland der Zukunft. Der größte Herſteller
von Zeitungspapier wird vom nächſten Jahre an Kanada ſein.
Dieſe Vorherſage wird in einem Bericht des kanadiſchen
ſtatiſti=
ſchen Amtes gemacht. Der Bericht beziffert die Erzeugung von
Papiermaſſe für 1922 mit einem Wert von 31 157077 X, was
eine Steigerung um 800 000 X gegen 1921 bedeutet. 104
Papier=
fabriken ſind gegenwärtig in Kanada in Tätigkeit, von denen 48
nur Papiermaſſe, 38 nur Papier und 28 Maſſe und Papier
zu=
gleich erzeugen. Die Menge der hergeſtellten Papiermaſſe belief
ſich 1922 auf 2150251 t im Werte von 21417153 S; davon wurden
1081 364 t Zeitungspapier hergeſtellt.
Der Naturfreund
C. K. Feinſchmecker der Vogelwelt. Es gibt Vögel, die alles
freſſen, was ihnen vor den Schnabel kommt; es gibt aber unter
ganz beſtimmte Gerichte zu ſich nehmen und ihrem Speiſezettel
eine große Abwechslung verleihen. Die meiſten
inſektenfreſſen=
den Vögel werden jede andere Art Nahrung verſchmähen, wenn
ſie Mehlwürmer erlangen können, denn dieſe ſind die größte
Delikateſſe. Manche Bögel freſſen eine beſtimmte Nahrung nur
im Winter und ändern ihre Speiſe im Sommer vollſtändig. Der
Brachvogel z. B. ſucht im Winter, wie der engliſche Ornithologe
Oliver G. Pike beobachtet hat, ſeine Nahrung im Sand der
Küſten, aber mit Eintritt des Frühlings begibt er ſich in die
Berge und verzehrt nun ganz andere Dinge. Pike beobachtete
das Neſt einer braunen Eule, die ihren Jungen jede Nacht
andere Nahrung brachte. Während ſie die eine Nacht ihren Jun=
Nacht den Kleinen nur Käfer und in der dritten Nacht nur
Maulwürfe. Sie wollten augenſcheinlich ihren Kindern die
ver=
ſchiedenſten Nahrungsmittel vorſetzen, um ihren Geſchmack
mög=
lichſt reich auszubilden. Nur ein einziger Vogel, der
Inſekten=
freſſer iſt, bequemt ſich dazu, eine zeitlang vegetariſch zu leben.
Das iſt der junge Kuckuck, und dieſer wird dazu vom Hunger
gezwungen. Die meiſten jungen Vögel folgen ihren Eltern, wenn
ſie das Neſt verlaſſen, noch einige Wochen, und dieſe helfen ihnen
es. Beide fuhren zuſammen. Der Alte drückte auf einen Knopf
unter dem Tiſch. Zwei Hebelarme ſtreckten ſich aus der Wand
hervor, eine Tapetentür ſperrte ihr Maul auf — — und im
näch=
ſten Augenblick waren Tiſch und Preſſe verſchwunden.
„So — bitte!” ſagte der alte Stein mit einem zyniſchen
Lächeln, „mach auf!”
Draußen ſtand ein Beamter vom ſtädtiſchen
Elektrizitäts=
werk. Im Hauſe ſei Kurzſchluß geweſen. Er müſſe die Leitung
prüfen.
Aber das ſei wohl nicht nötig”, meinten Stein Vater und
Sohn. Etwas haſtig. Der Beamte ſah ſie verwundert an.
Warum ſollte er nicht? Es halte nicht lange auf.
Seine Blicke kletterten an den Drähten empor, taſteten
Wände, Schalter und Steckdoſen ab.
„Hm”, ſagte er, und noch einmal „hm”.
Stein ſenior wechſelte mit ſeinem Sohn einen vielſagenden
Blick.
Der Beamte entfernte ſich, nachdem er/das Licht einige Male
au= und abgedreht hatte.
Die Schlangentreppe knarrte, als er hinunterſchritt.
Edgar ſchaute ihm noch einen Augenblick nach. Er ſtand auf
dem Treppenabſatz und ſchien in ſein Buch eine Notiz zu machen.
Der alte Stein ſtand am Fenſter.
„Verteufelt!” hüſtelte er, „ich will mich hängen laſſen, wenn
das nicht mit dem ſchwarzen Jakob zuſammenhängt!“
Edgar zuckte zuſammen:
„Vadder, du meinſt —
„Weiß der Deuwel, was die ihm verſprochen haben, wenn
er alles verrät — — und er wußte doch —
Aber er iſt niemals hier oben geweſen — —
Der Alte räuſperte ſich und duckte den Jungen mit einer
ver=
ächtlichen Handbewegung.
„Meinſt du, der wußte nicht — —2 Wir müſſen jetzt handeln.
beim Sammeln der Nahrung. Wenn die Eltern ſie dann
ver=
laſſen, ſind ſie imſtande, ſich ſelbſt ihre Leckerbiſſen zu beſorgen.
Der junge Kuckuck aber ſitzt, wenn er das Neſt verläßt, auf einem
vorſtehenden Zweige und erhält alles Futter von den
Pflege=
eltern. Dieſe aber kümmern ſich häufig nicht mehr um ihn, und
da er nicht die geringſte Ahnung hat, wie er ſich Inſekten
be=
ſchaffen ſoll, ſo greift er wohl oder übel in ſeinem Hunger zu
Gräfern und anderem Grünzeug, um ſich zu ernähren. Hat er
aber erſt einmal herausbekommen, wo es Inſekten gibt, dann
verſchmäht er jede vegetariſche Nahrung.
Mannigfaltiges
86968
F.P.S. Die reichſten Leute und die größten Vermögen der
Welt. Eine Liſte der zur Zeit reichſten Leute der Welt iſt
natur=
gemäß ſchwer aufzuſtellen, denn erſtens ſchwankt die Höhe der
Vermögen ſtändig, und zweitens ſind ſie für den
Draußenſtehen=
den und oft für den Beſitzer ſelbſt ſchwerlich genau feſtzulegen.
Die Neu=York Times hat gleichwohl den Verſuch gemacht, auf
Grund von Sachverſtändigen=Schätzungen eine ſolche Liſte
auf=
zuſtellen, in der perſönliche Vermögen in Höhe von 100
Mil=
lionen Dollars und darüber erſcheinen. An der Spitze ſteht
Henry Ford, der amerikaniſche Automobilfabrikant, deſſen
Ver=
mögen bei einem perſänlichen Einkommen von 119 Mill. Doll.
auf 550 Mill. Doll. geſchätzt wird; es folgen John Dr. Rockefeller
mit 500 Mill., der Herzog von Weſtminſter mit 150—200 Mill.,
Sir Baſil Zacharoff mit 100—125 Mill., Hugo Stinnes, Percy
Rockefeller, Baron H. Mitſui, Baron K. Jwaſaki, J. B. Duke,
George F. Baker, der Gaekwar von Baroda und T. B. Walker
mit je rund 100 Mill. Doll. Von den Namen, die in ihrer
Mehr=
zahl dem deutſchen Leſer unbekannt ſein werden, wird ein
Nähe=
res weiter unter erzählt. Zunächſt wäre noch einigen anderen
Namen nachzugehen, die goldenen Klang haben und in dieſer
Aufſtellung fehlen. Da iſt zunächſt eine Reihe von
Familien=
vermögen, wie das der Rothſchilds, das auch zwiſchen 250 und
500 Mill. Doll. geſchätzt wird, der Guggenheims in Höhe von
200 Mill., der Vanderbilts in Höhe von 75—100 Mill. Dollars,
der Weherhaeuſers in Höhe von 100. Mill. Doll. und der Aſtors,
deſſen Schätzung gar zwiſchen 100 und 700 Mill. Doll. ſchwankt,
der Mellons in Höhe von 75 Mill. Doll., von denen zwei Drittel
dem gegenwärtigen Schatzſekretär gleichen Namens gehören
kürften. In die Gruppe der Familienvermögen, die noch ſchwerer
zu überſehen ſind als die perſönlichen, gehören eigentlich auch
die Rockefellers und wahrſcheinlich auch die der beiden
japani=
ſchen Multimillionäre in der obigen Aufzählung; wenn man
will, ſogar das Fordſche Vermögen, das in der Hauptſache aus
der „Ford Motor Co.” beſteht, die Henry Ford und ſeinem
Sohn Edſel gehört und die nach einem Stand vom 28. Februar
d. J. einen Wert von 536 351 939 Doll. darſtellte, wobei
Tochter=
geſellſchaften noch nicht eingerechnet ſind. Bei John Dr.
Rocke=
feller ſollten die 500 Mill. eingerechnet werden, die er bis einſchl.
1921 für ſeine Stiftungen hergegeben hat. Damit würde ſein
Vermögen die Höhe von einer Milliarde Dollar erreichen. Das
Vermögen des Herzogs von Weſtminſter beſteht in
Liegenſchaf=
ten; trotzdem er in den letzten Jahren aus ſeinem Beſitze die
berühmten Bilder von Gainsborough und Reynolds nach
Nord=
amerika verkaufen mußte, um ſeinen Steuerverpflichtungen
nach=
kommen zu können, bleibt er doch der reichſte Mann Englands.
Sein Beſitz umfaßt zwar nur 30 000 Acres, aber von dieſem iſt
ein großer Teil in London belegen, wo 1 Quadratmeter einen
Wert bis zu 60 Pfund hat. — Sir Baſil Zacharoff iſt der am
meiſten von Geheimniſſen umwobene Millionär. Allerdings hat
ſein Vermögen eine recht ſolide Baſis. Die engliſchen
Rüſtungs=
werke Vickers gehören zum größeren Teil ihm, wie auch die
Aktienmehrheit des Kaſinos in Monte Carlo. Er iſt Direktor
von Barclays Bank in London und Hauptaktionär der Nohal
Dutch= und Shell=Gruppe. Das Stinnesſche Vermögen
bezeich=
net die amerikaniſche Unterſuchung als das ſeinem Charakter
nach ungeſichertſte. Die beiden japaniſchen Millionäre haben
große Finanz=, Handels= und Schiffahrtsintereſſen; der
Reich=
tum des anderen Orient=Millionärs, des Gaekwar von Baroda,
trägt richtigen Märchencharakter mit ſeinen Diamanten,
Teppi=
chen und Prunkgegenſtänden. Wie man ſich vielleicht erinnert,
hat er während des Krieges England ein großes Hoſpitalſchiff
zum Geſchenk gemacht. Das Vermögen von J. B. Duke rührt
in der Hauptſache aus dem Tabakhandel her; George F. Baker
iſt Hauptaktionär der Firſt National Bank in Neu=York. T. B.
Walker in Minneapolis iſt der unbekannteſte unter den
Millio=
nären unſerer Liſte; er nennt große Waldungen im Nordweſten
und an der Pazifikküſte ſein Eigen. Vor zehn Jahren hätte eine
ſolche Liſte der reichſten Männer der Welt ein ganz anderes
Ausſehen gehabt und würde Namen eingeſchloſſen haben wie
Andrew Carnegie (7 1919) mit 300 Mill. Doll., Frederick
Weher=
haeuſer (F 1914) mit 300 Mill. Doll., John Jak. Aſtor (F 1917)
mit 100 Mill. Doll., H. C. Frick (F 1919) mit 150 Mill Doll.,
W. K. Vanderbilt (F 1920) und J. P. Morgan ſen. (7 1913) mit
je 100 Millionen Dollars.
Ob du es glaubſt oder nicht, der Beamte iſt ein Spitzel geweſen!
Jetzt heißt es, alle Scheine hinausgeſchafft. Aber vorſichtig!”
Nach einem abermaligen Druck auf den geheimen Knopf ſpie
die Wand den Tiſch wieder aus. Stein raffte die Scheine
zuſam=
men. Dann ſchälte er eine Kupferplatte aus der Preſſe hervor.
Alles dies ordnete er zu einem Paket und verſchnürte es.
„Nimm’s unter den Rock und mach dich zu Anni. Hier bei
uns darf man nichts finden. Ich lege ſofort eine andere
Platte ein.”
Als Edgar das Haus verließ, ſchlich ihm ein Paſſant auf der
anderen Straßenſeite, ohne daß er es merkte, nach.
Er ging eine Weile zu Fuß. Dann ſprang er auf die
Elek=
triſche. Neben dieſer Elektriſchen fuhr die ganze Zeit, etwas
hinterhaltend, ein Auto mit.
Edgar ſprang an einer Straßenecke herunder. Der Verkehr
war hier lebhaft. Eine Flut von Menſchen haſtete im blinden
Strudel dahin.
Eine Kolonne feudaler Hotelgebäude ſchluckte Menſchen und
ſpie ſie auch wieder aus.
In einem dieſer Hotels wandte ſich Edgar an den Portier.
Ob die Baronin Ottſtedt zugegen ſei? Man bedaure. Edgar
drückte dem Portier ein Papier in die Hand, das in der
Reichs=
druckerei gergeſtellt wurde.
„Ich werde nach oben gehen. Die Baronin wird wogl nicht
lange bleiben.”
Er ſchwebte nach oben. Der Liftboy grinſte. Die
Etagen=
abſätze ſackten nach unten.
Edgar trat in den Raum, den ſeine Schweſter als Baronin
Ottſtedt bewohnte. Die betreffenden Papiere hatte man
ſeiner=
zeit einer neugebackenen Baronin für ein Bündel guter,
nagel=
neuer Hunderttauſendmarkſcheine (Firma Stein u. Co.)
ab=
gekauft.
Nummer 36
Unterhaltungsblatt und Frauenzeitung
Jahrgang 1923
88
Die Welt der Frau
Meſſe und Mittelſtandshilfe.
Für den einſichts= und verſtändnisvollen Beobachter iſt es
ſchon ſeit la igem klar, daß die Not des Mittelſtandes zum
Him=
mel ſchreien würde, wenn dieſer nicht voll ſtiller Reſignation und
falſcher Scheu und Zurückhaltung immer noch zu verbergen ſuchte,
wie tief er ſchon im Elend ſteckt. Die verſchiedenen ſogenannten
Mittelſtands= und Kleinrentnermeſſen, =Baſare und =Verkäufe,
wie ſie je nach der Gegend genannt werden, auf denen Stück um
Stück bisherigen wertvollen Beſitzes veräußert wird, um die
drückendſte Not zu lindern, ſie ſind in Wirklichkeit eine ſehr
zweifelhafte Hilfe. Wohl ſteuern ſie von Zeit zu Zeit
augenblick=
lichſter, brennendſter Not, aber einesteils trägt die raſende
Geld=
entwertung ſchon oft nach Tagen dazu bei, in den Verkäufern
bittere Reue über die Verringerung ihres Beſitzes zu wecken,
anderſeits ſie ſchon wieder zu neuer Erwägung über den nächſten
Verkauf zu zwingen. An das immer näher rückende Ende ihrer
gänzlichen Entblößung von allem Wertvollen ihrer Habe können
und dürfen ſie nicht denken, wenn ſie nicht völliger Verzweiflung
anheimfallen ſollen.
Vor dieſem letzten, die ſchuldlos verarmten
Mittelſtands=
ſchichten zu bewahren, haben ſich ſchon ſeit langem Behörden und
prirate Vereinigungen eingeſetzt. Die erſteren durch finanzielle
Unterſtützungen und Erleichterungen, die letzteren durch
Beſchaf=
fung von Verdienſtmöglichkeiten für ungelernte und ungeübte
Kräfte. Mit welch freudigem Eifer, Geduld, Ausdauer und
Zähigkeit ſelbſt ſchwierige Techniken von ſchon bejahrten Frauen
des Mittelſtandes ſchließlich doch gemeiſtert werden — dieſe
Er=
fahrung iſt immer wieder ein Beweis dafür, wie viel
ungebro=
chene Lebenskraft und ſtarker Lebenswille noch in unſerem
Mit=
telſtand vorhanden iſt, um ſich vor dem Untergange zu retten.
Das bisher nach dieſer Richtung hin Gezeitigte kann und
wird freilich auf die Dauer nicht ausreichen, da immer neue
Echichten derarmen, die Not des Mittelſtandes täglich wächſt,
neue Abſatzmöglichkeiten für das durch neue
Verdienſtmöglich=
keiten für die weiter verarmten und dieſen Stätten als letzte
Hilfe zutreibenden Kräfte des Mittelſtandes geſchaffen werden.
Für dieſe Notwendigkeiten bot aber die ſoeben ſtattgefundene
Leipziger Muſtermeſſe eine Fülle wertvollſter Anregungen.
Haben doch auch auf ihr wieder eine ganze Reihe tatkräftiger und
zielbewußter Vereinigungen, wie Einzelunternehmer und
Unter=
nehmerinnen aufs Neue bewieſen, was in dieſer Beziehung, bei
Würdigung aller in Frage kommenden Faktoren, zum Beſten
erwerbſuchender Frauen und Mädchen des Mittelſtandes zu
er=
reichen iſt. Einige von ihnen, die bis einige Hundert Kräfte
be=
ſchäftigen, betonen ausdrücklich, daß es gerade Ehrlichkeit, zäher
Arbeitswille und Pflichttreue der Töchter und Frauen des
Mit=
telſtandes ſeien, die ihnen beim Ausbau der gewählten
Induſtrie=
ztbeige oder kunſtgewerblichen Spezialgebiete in hohem Maße
zu ſtatten kommen.
Wir können uns ſehr wohl vorſtellen, daß z. B. die
vorzüg=
lichen Arbeiten des Offizierhaus=Kunſtgewerbes Berlin, die auf
der Leidziger Meſſe ausgeſtellt waren, wertvolle Anregungen
für ähnliche Unternehmungen auch in anderen Städten bieten
könnten. Das gleiche gilt von den einzigartigen Gold=
Relief=
malereien, der Kunſtwerkſtätte Fr. Schultz=Berlin=Steglitz, durch
welche Frauen und Töchter des Mittelſtandes einen völlig
aus=
reichenden Verdienſt erzielen und, wie wir hörten, fortgeſetzt noch
neue Kräfte beſchäftigt werden können. Trotz merkbarer
Zurück=
haltung der Einkäufer, die durch die wirtſchaftlichen Verhältniſſe
bedingt wurde, war doch immer wieder feſtzuſtellen, daß
aus=
geſprochene Neuheiten in kunſt= und geſchmackvoll gehäkelten,
ge=
ſtrickten und geſtickten Jumpern, Kinderjäckchen, Kleidern, Jacken
und Mützen, wie ſie namentlich die Werkſtätten für Mode und
Kunſtgewerbe, Berlin WV. 57, die entzückenden Kinderkleider aus
Wittenberg a. E., die farbig ſorgſam abgeſtimmten
handgeweb=
ten Taſchen, Mützen, Gürtel und Gürtelbehänge von Bauer,
Berlin=Charlottenburg, die wundervollen Jumpers und feinen
reizvoſl gemuſterten Filets des Verbandes ſchleſiſcher
Textil=
künſtlerinnen=Breslau, die wundervoll, vielgeſtaltige Margarten=
Technik, Dresden, von der man nicht ſagen konnte, ob man die
feinen, ideenreichen Perl= und Spitzentechniken oder den
effekt=
vollen Kiſſen=Stickereien den Vorzug geben ſollte, doch recht
guten Abſatz fanden, Anwendungsmöglichkeiten hier wie dort.
Wir köunten uns auch ſehr gut vorſtellen, daß die vielſeitig
anwendbaren Relief=Paſtinellfarben von Conrad und Höhne=
Nürnberg z. B. wundervollſtes Material zum Bemalen
vor=
nehmer Gefellſchaftskleider, Schals uſw. bieten würden, die als
Spezialität von irgend einer Mittelſtandshilfe hergeſtellt werden
könnten, zumal die Technik leicht erlernbar und für dieſen Zweck
umſonſt an Ort und Stelle gelehrt würde. Anregungen an
Arbeits= und Verdienſtmöglichkeiten jedenfalls in Hülle und
Fülle, auf der letzten Leipziger Herbſt=Muſtermeſſe für den, der
ſie zu dieſem Zwecke durchforſchte. Die Mittel zur Verwirklichung
etſvaiger Pläne, bei energiſcher Inangriffnahme und
gründ=
lichem Ausbau der Idee, wären ſicher auch noch heute von den
Vehörden zu erlangen, da ja mit ihrem Ausbau eine merkbare
Entlaſtung ihrer Unterſtützungskaſſen erreicht und die
Mittel=
ſtandsſchichten ſelbſt durch auskömmlichen Verdienſt vor Ver=
K. G. M.
zweiflung bewahrt werden könnten.
Aus der Kinderſtube.
Eine unhygieniſche Verhüllung des
Kin=
derwagens. Neuerdings verhüllen überzärtliche Mütter
ihren Kinderwagen mit einem großen Tüllſchleier, der
mehr oder weniger elegant ausgeſtattet, nicht nur über
das aufgeſpannte Verdeck, ſondern auch bis zum Griff
hin den ganzen Wagen verhüllt. Sie wollen auf dieſe
Weiſe Inſekten von ihrem Kinde fernhalten und
beden=
ken nicht, daß durch das zumeiſt dichte Gewebe die Luft nicht
mehr ungehindert zirkulieren und dem Kinde zuſtrömen kann.
Der Unterſchied der Lufttemperatur vor und hinter dem Schleier
iſt oft ſo groß, daß er ſelbſt an der Hand wahrgenommen
wer=
den kann. Kein Wunder, daß deshalb ſo mancher der auf dieſe
Weiſe „geſchützten” Säuglinge an warmen Tagen wie in Schweiß
gebadet in ſeinem Kiſſen liegt, wenn er nicht durch energiſches
Schreien ſein Unbehagen verrät. Derartig erhitzte Säuglinge
können ſich natürlich dann beim Aufnehmen ſelbſt an warmen
Tagen erkälten. Will alſo die junge Mutter die neue Mode
mitmachen, dann wähle ſie wenigſtens den Tüll zum Schleier
ſo großmaſchig, wie möglich oder ſorge durch ein entſprechendes
Zurückſchlagen, daß wenigſtens durch den ſo geſchaffenen Spalt
Dr. S.
dem Kinde reine Luft zuſtrömen kann.
Die Fußbekleidung unſerer Kinder im
Som=
mer. Leuchtende Ferben und ſtark kontraſtierende farbige Effekte
faſt an den geſamten Strümpfen für unſere Kinder, ob ſie ſich als
Söckchen für die Kleinen darbieten oder als Knieſtrümpfe für die
Großen. Nur derbe Gebrauchsſtrümpfe für Schule und Haus
ſind in Braun und Schwarz gehalten. Vom kräftigen Stiefel
wer=
den die Mütter im Sommer ganz abſehen, wenn es gilt, die
Kin=
derfüße zu bekleiden. Der halbe Promenadenſchuh oder viel öfter
der weit ausgeſchnittene Spangen= oder Ohrenſchuh wird dafür
von ihnen bevorzugt. Farbiges Schuhwerk wird jedenfalls viel
mehr wie ſchwarzes als Fußbekleidung für die Kinder angeboten,
und zwar neben Lehmfarbig und Sandgrau Gelb,
Havanna=
braun, Dunkelbraun, Juchtenrot und ein ſattes Blau. Allen
die=
ſen neuen Formen iſt erfreulicherweiſe ein ziemlich breiter, flacher
Abſatz eigen, dem ſich noch eine breite Spitze zugeſellt, ſo daß der
Kinderfuß wenigſtens noch vor Verunſtaltung geſchützt iſt.
Hoch=
elegant wirken wieder weit ausgeſchnittene, ſandalenartig
nied=
rige Lackſchuhchen mit leuchtend gelbem Stepprande und einer
zierlichen Similiſchnalle, ſowie ein dunkelblauer Lederſchuh mit
zwei ſich kreuzenden Spangen und weißem Vorſtoß, zum
mittel=
blauen, leuchtend gefärbten Strumpfe getragen. Beide
auffal=
lende Neuheiten ſind natürlich für feſtliche Gelegenheiten
be=
ſtimmt.
J. R.
Der zeitgemäße Haushalt.
Sommerwäſche ohne Raſenbleiche zuwaſchen.
„Gutos Einweichen iſt halbes Waſchen” das ſollten alle jene
Hausfrauen berückſichtigen, die ohne Raſenbleiche klare,
blüten=
weiße Wäſche erhalten möchten. Staub, Schmutz und Hautfett
an der Leibwäſche, dieſe und noch verſchiedene andere Flecke an
den Hand= und Wiſchtüchern, namentlich der Küche, Gras= und
Blumenflecke an weißen Schürzen, Leibchen, Kleidern, Höschen
und Röckchen der Kinder, ſie alle ſollen und müſſen beim Waſchen
entfernt werden ohne Anwendung chemiſcher Mittel, durch welche
die Wäſche ſelbſt bei größter Schonung mehr oder weniger leidet.
Da heißt es denn, ſorgſam und lange genug einweichen, um
ſchmutzlöſend und fleckenerweichend auf die Wäſche einwirken zu
können, ehe ſie zur eigentlichen Behandlung kommt.
Nach alter Hausfrauenerfahrung wirkt nun eine lauwarme
Bleichſoda=Löſung am gründlichſten löſend. Sie ſollte am Abend
zuvor angeſetzt, die ſchmutzigſten Stücke zuerſt, die nur leicht
an=
geſchmutzten zuletzt, alſo obenauf, darin eingeweicht werden, um
bis zum nächſten Morgen durchzuziehen. Am Waſchtage bringt
man dann nur eine leichte, kalte Perſillöſung: 1 Eßlöffel voll
auf 3 Liter Waſſer gerechnet, mit der leicht aus dem Sodawaſſer
geriebenen Wäſche, langſam zum Kochen, läßt ¼ Stunde leicht
fortwallen und etwa noch 1 Stunde ziehen. Dann einmal warm
und mehrmals kalt geſpült, bis das letzte Waſſer klar bleibt,
wird die ſo einfach und ohne beſondere Mühe gereinigte Wäſche
auch ohne Bleiche jenen ſchneeigen Schimmer beſitzen, den jede
Hausfrau an ihr ſo beſonders hochſchätzt.
Sehr haltbare Knopflöcher in Trikotwäſche
herzuſtellen. An den genau bezeichneten Stellen zeichnet
man mit Blei oder farbiger Kreide und Lineal die Größe des
Knopfloches auf, ſchiebt zwiſchen Oberſtoff und Untertrittleiſte
ein Stückchen weichen Batiſt oder ein Stück Hemdentuch und
ſteppt nun mit feinem Stich zwei bis dreimal um das Knopfloch
herum mit der Nähmaſchine den Stoff feſt zuſammen. Wird nun
das Knopfloch eingeſchnitten, dann kann es ſich weder ausdehnen
noch ausfranſen.
Das Abtoaſchwaſſer von Fleiſch, beſonders von Leber,
Herz uſw. ſollte jede Hausfrau zum Gießen von
Zimmerpflan=
zen aufheben und nicht, wie es ſonſt üblich iſt, achtlos weggießen.
Denn dieſes beſitzt eine außerordentlich gute Düngekraft,
beſon=
ders, wenn das Fleiſch, wie vom Wild, „blutfriſch” iſt.
Vorzügliche Sellerieſuppe (Abendbrotgericht).
Ein halber, großer Selleriekopf, roh geſchält und klein
zerſchnit=
ten, wird halb gar gekocht, dann 1 Pfund rohe Kartoffeln in
Stückchen geſchnitten, beigefügt, die fertige Suppe recht klar
zer=
quirlt, mit gebratenem Speck, Zwiebeln und gewiegtem
Sellerie=
kraut und reichlich geröſtete Semmel= oder Brotwürfel, und
wenn möglich, geſchnittene Blut= oder Knackwurſt dazu gereicht.
Gefüllter Reisauflauf. In die feuerfeſte Form,
ebenſogut aber auch in einen handhohen Tiegel, gut mit Fett
ausgeſtrichen und mit Semmel ausgeſtreut, wird zunächſt eine
daumendicke Lage kalt aufgequirlter Reis gegeben. Darüber
ebenſoviel feingewiegtes Cornedbeef oder andere Fleiſchreſte mit
geröſteter Zwiebel und ebenſolcher geriebener Semmel, Pfeffer
und Salz vermiſcht, obenauf wieder daumendick Reis gebreitet,
Butter= oder Fettflöckchen darüber gelegt und das Ganze mit
zwei Taſſen Waſſer auf ½ Pfund Reis gerechnet, übergoſſen,
in dem 1 Eßlöffel Tomatenmus verquirlt wurde. In heißer
Röhre bei guter Oberhitze 1 Stunde gebacken, wird der Auflauf
mit ſaurem Salat, Kürbis oder Gurken ſerviert.
H.
Speiſezettel:
Sonntag: Rindsröllchen mit Profoßkohl.
Montag: Gurkengemüſe mit Bratkartoffeln.
Dienstag: Gefüllter Reisauflauf.
Mittwoch: Hefenklöße mit Heidelbeeren.
Donnerstag: Möhren mit grünen Erbſen und Abſtechklöße.
Freitag: Gebackene Prinzeßkartoffeln.
Samstag: Buttermilchkartoffeln.
Plötzlich trat ein Kavalier in die Stube. Ohne anzuklopfen.
Er fragte nach der Baronin.
Edgar war zuſammengefahren. Er machte eine eckige
Be=
wegung mit ſeiner Hand.
„Bitte ſehr”, erwiderte er, „ich weiß allerdings nicht —‟
„v. Hanſtein”, ſtellte ſich der andere vor. „Sie ſind der
Bru=
der von der Baronin? Ehrt mich. Ich bin nämlich ein Freund
dieſer Dame und komme, um ſie — hm — zu warnen!“
Edgar taſtete unwillkürlich nach ſeinem Paket. Er hatte ein
Gefühl, als ob ſich unter ihm der Boden bewegte. „Wovor
war=
nens” fragte er geradezu barſch.
„Hm — — im Vertrauen, Herr Stein — —ich bin über alles
genau unterrichtet. Kurz: die Polizei iſt dahinter gekommen. Es
wäre nicht ratſam, wenn Ihre Schweſter —”
Er ſprach den Satz nicht zu Ende. Stein hatte ſich
aufgerich=
tet. Er kam ihm entgegen.
„Sie wiſſen alſo
„Aber ſelbſtredend, liebſter Herr Stein. Wie geſagt — im
Ver=
trauen — Ihre Frau Schweſter hält große Stücke auf mich. Und
da komme ich nur, um ihr zu ſagen, daß ich, ſofern ſie irgend
welches belaſtende Material hier verborgen hält, gerne bereit bin,
das an mich zu nehmen. Bei mir iſt es ſicher.
„Es iſt gut, daß Sie das ſagen”, erwiderte Edgar nervös,
„ich war eben im Begriff — — aber wir warten am beſten, bis
meine Schweſter kommt.”
„Wenn es nur nicht zu ſpät iſt — — wiſſen Sie zufällig, ob
ſie hier irgend etwas verborgen hält?”
„Höchſtens dort in dem Sekretär” erwiderte Stein.
„Das genügt mir, Herr Stein” ſagte der Fremde plötzlich in
einem ganz anderen Ton mit zyniſchem Lächeln, und legte Edgar
ſeine Hand auf die Schulter, während er gelaſſen ſeiner Taſche
mit der anderen Hand einen Revolver entnahm, „ich darf Sie
wohl bitten, mir im Namen des Geſetzes zu folgen!“
Edgar wand ſich wie eine Schlange zur Tür. Aalglatt waren
ſeine Bewegungen — ſein Auge blieb in das des plötzlich
er=
kannten Gegners gebohrt.
Der Revolder knackte. Edgar holte zum Stoß aus. Im
ſelben Augenblick wurde die Tür aufgeriſſen und ein anderer
Herr hatte den Verhafteten von hinten am Kragen gefaßt.
Eine Stunde ſpäter traf Edgar mit ſeiner Schweſter in einer
Haftzelle zuſammen. —
Inzwiſchen war der alte Stein allein zurückgeblieben. Er
bohrte ſeinen Blick in die Wände. Und horchte. Irgendwo ging
etwas vor ſich. Ungewiſſe Kräfte ſpannten ſich gegen ihn.
Er taſtete nach dem geheimen Schrank. Der Druckknopf
ſprang wie eine Naſe aus der Wand vor. Ihm war, als ob der
Boden erzitterte. Aber es waren ſeine eigenen Knie.
Da flog ein Schlagſchatten über das Glasdach. Es knirſchte
— er fuhr empor. Aus der Höhe, für den Bruchteil einer
Sekunde, hatte eine Grimaſſe niedergegrinſt.
Das war es!
Der alte Stein ſchlüpfte der Türe zu. Er klinkte den Riegel
mit zittrigen Fingern nieder —
Schatten krochen die alte Stiege herunter. Lichtreflexe jagten
über die Stufen.
Stein ſtolperte. Seine Hand flatterte mattblöde ins Leere.
Kopfüber ſchlug er nach unten. Ein Treppenabſatz keilte ſich ihm
in die Stirn.
So lag er lange. Erſt nach Stunden fand ihn die arme
Veronika, die ihre armſeligen Tage oben neben dem Glasdach
beſchloß.
Stein atmete keuchend, als ihm das Weib über die Stirne
ſtrich.
Dann rief ſie um Hilfe. Als die Nachbarn erſchienen, hauchte
der Alte eben ſeinen Geiſt aus.
Nummer 12.
Schach
Aufgabe 33
Rudolf Sprenger in Darmſtadt
(Urdruck).
d
Weiß zieht und ſetzt in zwei Zügen matt.
Prüfſtellung: Weiß: Ka2 Da3 Td5 e2 Lh2 h5 Se7 g4 Bd6 g7 (10);
Schwarz: Ke6 Tg6 Les Set g3 Bc5 d7 g5 (8); 2+.
Aufgabe 34
Edmund Eylmann in Eiſenach
(2. Preis im Problemturnier des Deutſchen Schachbunds
Frankfurt a. M 1923).
Weiß: Kh5 De2 Sb5 e5 Be7 16 (6)7
Schwarz: Ke8 Da5 La3 Bb7 c5 c7 d5 15 g4 (9).
Matt in drei Zügen.
Der Verfaſſer des Zweizügers, in Darmſtadt als ſtärkerer Spieler”
bekannt, bringt, wie man ſieht, auch hübſche Aufgaben zuwege; die oben
wiedergegebene, uns freundlichſt zur Erſtveröffentlichung überlaſſen,
wird beſonders ihres nicht gauz gewöhnlichen Einleitungszugs wegen
eine harte Nuß zu knacken geben. Beim Dreizüger muß ſich der Löſer
vor einigen ſtarken Verführungen hüten.
Nachtrag zur Löſerliſte: Rolf Schmidthoff (20).
Briefkaſten J. P. Ueber Ihren, bisher leider noch nicht
erfolg=
reichen, Löſereifer ſind wir ſehr erfreut. In 29 kommt auf 1. ef+Kd6
2. Lb4+: Sb3—c5. Die Stellung von 30 iſt in der vorigen Nummer
berichtigt. — K. Sch. Bei Ihrem Verſuch, Aufgabe 20 mit 1. Tb3 +
zu löſen, entgeht Ihnen anſcheinend, daß auf a6 ein ſchwarzer B ſteht.
Anfragen, Beiträge, Löſungen u. dgl. nur an die Schriftleitung
des Darmſtädter Tagblatts mit der Aufſchrift „Schach”,
Zahlen=Rätſel.
84 gs W 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107 108 109 110 111 112 113 114 115 Die Zahlen ſind ſo zu
ordnen, daß die 3
wag=
rechten und die 3 ſenkrechten
Reihen als Summe je 700
ergeben. Die fett gedruckten
Zahlen behaupten ihren
Platz.
Carl Deubel.
Darmſtädter Silbenrätſel.
bach, berg, chen, du, eul, gelb, ing, jee, kir, na, rauſch, rei, ſche, wer.
Aus vorſtehenden Silben ſind ſechs Wörter von folgender
Be=
deutung zu bilden: 1. Fluß in Galizien, im letzten Krieg vielgenannt.
2. Ort im Kreis Erbach. 3. Arſen= u. ſchwefelhaltiges Mineral.
4. Frucht. 5. Pflanzengattung. 6. Stadt in Böhmen.
Die Anfangs= und Endbuchſtaben ergeben, beide von oben nach
unten geleſen, einen empfehlenswerten und viel beſuchten
Ausſichts=
punkt in unmittelbarer Nähe unſerer Stadt.
Auguſt Thomas.
Rätſel.
556. Ein jeder Menſch, faſt jedes Tier — Hat’s Wort. — Haſt Du’s,
mit rdarin, an Dir — Schaff’s fort! — Dann biſt Du’s los, —
Eh’8 wird zu groß.
557. Drei Silben hat das Unkraut nur. — Die dritte Silb’ iſt im
Geſchmack — Das Gegenteil der beiden andern. — Doch wer
auch nur die kleinſte Spur — Der roten Beere koſten mag.
Der kann leicht bald ins Jenſeits wandern.
558. Wer als das männliche Wort — Oefters das ſächliche Wort —
Reichlich erhält und behält, — Der ſchaut vergnügt in die Welt.
Streichholz=Rätſel.
Durch Umlegung der
fünf fetten Hölzchen bilde
man einen Vogel.
Carl Deubel.
Zitaten=Rätſel.
Aus jedem der folgenden 7 Zitate iſt ein Work auszuwählen.
Die 7 erhaltenen Worte ergeben ein Zitat aus Schillers Wilhelm Tell.
1. Er liebt die Welt, das Strahlende zu ſchwärzen.
2. Die Unſchuld hat eine Sprache, einen Siegerblick, der die
Verleumdung mächtig niederblitzt.
3. Wohl dem, der ein tugendſam Weib hat.
4. Lebensweisheit ſucht ihr Glück im engſten Kreiſe.
5. Beflügelt ſchwingt ſich der Geiſt in alle Himmel auf.
6. Selig, wer ſich vor der Welt ohne Haß verſchließt, einen
Freund am Buſen hält.
7. über alles Glück geht doch der Freund.
Auflöſungen.
Ergänzungs=Rätſel.
Kaſten, Pappel, Aachen, Marder, Kaffee, Mantel — „ſparen!”
Silbenrätſel:
1. Hades, 2. Elbing. 3. Leihe, 4. Finow, 5. Ebolf, 6. Tanne,
7. Douglas, 8. Elbe, 9. Nathan, 10. Amalie, 11. Urban.
„Helfet den Ausgewieſenen”.
Verantwortlich: Mgx Ktreeis
vollſtär
den, die
ayrichtete
unterzeich
Deutſchlan
nicht nur
der zu er
Einrücken
tereſſen