Darmstädter Tagblatt 1923


09. September 1923

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Fried=

bAleeuße
remſtadt.
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Heſſiſche Neueſte Nachrichten
Morgenzeitung der Landeshauptſtadt
Nachdruck ſämtlicher mit X verſehenen Original=Aufſätze und eigenen Nachrichten nur mit Quellenangabe Darmſi. Tagbl. geſtattet.
Nummer 249
Sonntag, den 9. September 1923
186. Jahrgang

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von Schadenerſatz. Bei Konkurs oder gerichtlicher
Beitreibung fällt jeder Rabatt weg. Bankkonto.
Deutſche Bank und Darmſtädter 8 Nationalbank.

Aufrufgegendie Ruhrbeſetzung.
Der Verſailler Vertrag, ein Inſtrument der Unwahrheit.
Die Sache der Gerechtigk eit iſt eine Sache der
ganzen Menſchheit.
Zürich, 8. Sept. (Wolff.) Die Züricher Poſt veröffent=
licht
einen von Akademikern, Angehörigen wiſſentſchaftlicher Be=
rufe
, Parlamentsmitgliedern und höheren Offizieren erlaſſenen
Aufruf gegen die Ruhrbeſetzung. Dieſer lautet:
Seit mehr als einem halben Jahre halten Frankreich und
Blegien das Ruhrgebiet mit militäriſcher Gewalt beſetzt. Keine
Macht in Europa und in der Welt ſcheint ſtark genug oder ge=
willt
zu ſein, dieſem Zuſtand entgegenzutreten. Auch die Uleine
Schweiz kann es nicht. Aber die politiſche Ohnmacht enthebt
uns, Neutrale und Schweizer, nicht der Pflicht, gegen dieſe Be=
ſetzung
, die eine wehrloſe friedliche Bevölkerung unter der
Knechtſchaft fremder Willkür hält, unſere Stimme zu erheben.
Wir halten den Verſailler Vertrag für ein Inſtrument der Un=
wahrheit
und Ungerechtigkeit, weil er auf der unwahren Be=
hauptung
beruht, daß Deutſchland allein Schuld am Kriege ſei.
Aber ſelbſt wenn alle Laſten, die Deutſchland auferlegt worden
ſind, gerecht wären, könnten wir nicht ohne Entrüſtung das Ver=
fahren
hinnehmen, nach dem der Sieger ſeine Macht geltend
macht. Mit aller Welt hatten wir erwartet, daß nach Beendigung
des Krieges, der für Recht und Freiheit geführt ſein ſollte, die
Streitigkeiten unter den Staaten wie unter Gleichberechtigten
zum Austrag gebracht würden. Statt deſſen ſehen wir, wie eine
mächige Partei, um ſich ihre vermeintlichen Anſprüche zu er=
zwingen
, die andere, die ſich entwaffnet hat, mit Kriegsmacht
überzieht und unter das Schreckensregiment der Säbelherrſchaft
ſtellt. Der Aufruf ſchließt: Wir ſind nicht im Stande, der
Ungerechtigkeit mit Gewalt zu wehren, aber es ſoll nicht geſagt
werden können, daß wir ihr ſtumm und teilnahmslos zuge=
ſehen
haben, weil ſie nicht unmittelbar uns ſelbſt betrifft. Die
Sache der Gerechtigkeit iſt eine Sache der gan=
zen
Menſchheit.

der Einführung der neuen Währung wie mit der
Frage der Deriſenerfaſſung zu beſchäftigen. In der Debatte, die
ſich bei der Beratung der Währungsfrage entſpann, verſchloß man
ſich nicht den mannigfaltigen Schwierigkeiten, die ſich der Ein=
führung
der Goldnoten entgegenſtellen. Obwohl end=
gültige
Befchlüſſe noch nicht gefaßt wurden, war man der Anſicht,
daß die Ausgabe von Goldnoten das Zweckmäßigſte ſei. Die
Frage, ob zu dieſem Zwecke eine Goldnotenbank gegründet wer=
den
ſoll, iſt noch offen. Das Reichsfinanzminiſterium wird ſofort
an die Ausarbeitung eines Entwurfs gehen, in dem der Plan
einer Ausgabe von Golönoten im einzelnen dargelegt werden ſoll.
Außer mit der Währungsfrage beſchäftigte ſich das Kabi=
nett
, wie erwähnt, mit der Deviſenerfaſſung. Hierbei
tpurde die nsch geſtern abend ausgegebene Verordnung des
Reichspräſidenten in ihrem endgültigen Wortlaut feſtgelegt.
Berlin, 8. Sept. Die Regierungsverhandlun=
gen
über die Schaffung einer wertbeſtändigen
Währung wurden heute Vormittag fortgeſetzt. Man hofft,
ſoch heute zum Abſchluß der Vorverhandlungen zu kommen, ſo
daß das Reichskabinett Anfang nächſter Woche mit der endgülti=
gen
Kodifizierung beginnen kann.
Die Grundlage der neuen Währung.
Beſeitigung der Defizitwirtſchaft. Beſchrän=
kungder
Staatsausgaben. Vermögensabgabe.
Schaffung eines Münzfonds. Aufnahme
einer Auslandsanleihe. Goldmarkfür Papier.
TU. Berlin, 8. Sept. Der Währungsausſchuß des Reichs=
wirtſchaftsrats
ſetzte geſtern ſeine Beratungen über die Grund=
lage
der neuen Währung fort. Nach Anhörung der Sachverſtän=
digen
wurde mit 7 gegen 4 Stimmen bei einer Stimmenthaltung
folgende Entſchließung angenommen: Die Erhaltung des
wertbeſtändigen Zahlungsmittels iſt nur mög=
lich
, wenn die Defizitwirtſchaft beſeitigt wird.
Die Ausgaben des Staates, insbeſondere für den Ruhr=
kampf
, müſſen auf das unbedingt notwendige Maß be=
ſchränkt
werden. Für die Uebergangszeit ſind die
Mittel durch eine Vermögensabgabe zu ſchaffen. Das
neue wertbeſtändige Zahlungsmittel muß auf der Grundlage
von Gold oder einem Deviſenfonds gebildet werden. Alle an=
deren
Projekte ſind abzulehnen, weil das Notenmonopol in die
Hände privater Berufsſtände übergehen würde. Nach Feſt=
legung
des Höchſtbetrages der Noteninflation wird der Gold=
beſtandder
Reichsbank mit den aus den Maßnahmen der
Deviſenablieferung eingehenden ausländiſchen Zah=
lungsmittel
zu einem Münzfonds vereinigt. Dieſer wird
auf Grund von Sachwertbelaſtung durch eine ausländiſche An=
leihe
nach Möglichkeit erhöht. Auf Grund des Münzfonds wer=
den
Goldnoten ausgegeben. Ein Einlöſungsrecht des
umlaufenden Papiergeldes zu einem dem Tagespreis
entſprechenden Kurs gegen Gold oder andere Gold=
zahlungsmittel
wird erklärt. Die Reichsbank
bleibtgutonom.

Vom Tage.
Im Poſtminiſterium finden Beſprechungen über die neuen Gebüh=
renerhöhungen
ſtatt. Die neuen Sätze werden wahrſcheinlich noch
in der dritten Septemberwoche eingeführt werden.
Die Abteilung Ia des Berliner Polizeipräſidiums hat auf Grund
der 88 14 und 7 des Geſetzes zum Schutz der Republik den Betriebs=
rätekongreß
verboten. Um Unruhen nud Putſche zu vermeiden,
iſt die geſamte Schutzmannſchaft Berlins in erhöhte Alarm=
bereitſchaft
geſetzt worden.
Der Zentralverband der Gaſtwirte von Groß=Hamburg
hat wegen der in Ausſicht genommenen Getränkeſteuer be=
ſchloſſen
, am 15. September, ſämtlichem Perſonal zu
kündigen und am 8, Oktober ſämtliche Geſchäfte zu
ſchließen.
Bei verſchiedenen Stellen in der Pfalz wurden geſtern 16 Mil=
liarden
Notengelder von den Franzoſen beſchlagnahmt.
Rechtsanwalt Reeber wurde geſtern vom Kriegsgericht Landau zu
einem Jahr Gefängnis verurteilt.
In Eſſen haben die Franzoſen eine Bekanntmachung ange=
ſchlagen
, die die Annahme von Reichsbahngeld verbietet.
Das Reichsbahngeld ſoll ohne weiteres weggenommen werden. Zu=
widerhandlungen
gegen die Verordnung werden mit Strafe bedroht.
Der König von Griechenland, erklärte in einer Unter=
redung
mit dem Sonderberichterſtatter des Daily Expreß, Griechen=
land
ſei durch Kriege erſchöpft und wolle Frieden. Die Serben
ſeien empört, da ſie der Anſicht ſeien, daß Italien bereit ſei, ſie in Fiume
anzugreifen. Der Haß gegen die Italiener ſei ſo groß, daß, wenn Ser=
bien
Krieg mit Italien hätte, die Kroaten ſich mit den Serben, mit denen
ſie augenblicklich Streit hätten, verbünden würden.
Der engliſche Gewerkſchaftskongreß in Plymouth
nahm eine Entſchließung an, worin für die Wiederaufnahme voller dip=
lomatiſcher
und Handelsbeziehungen mit Rußland eingetreten wird.
Die ſüdafrikaniſche Delegation, iſt unter Führung des Generals
Smuts zur Teilnahme an der britiſchen Reichskon=
ferenz
nach London abgereiſt.
Reuter meldet aus Nagaſaki, daß alle Konſulate in Yoko=
hama
durch Erdbeben und Feuer zerſtört ſind.

Berlin, 8. Sept. (Wolff.) Um der Reichsgetreideſtelle
die baldige Beſchaffung erheblicher Mengen Brotgetreide aus
dem Inlande zu ſichern, und den Landwirten die Möglichkeit zu
geben, ihre Getreide in wertbeſtändige Zahlungsmittel einzu=
tauſchen
, hat der Reichsminiſter für Ernährung und Landwirt=
ſchaft
im Einvernehmen mit dem Reichsminiſter der Finanzen
die Reichsgetreideſtelle ermächtigt, Brotgetreide, das ihr noch im
Laufe des Septembers angeboten wird, mit Goldanleihe zu zahlen.
Damit ferner der Landwirt in der Lage iſt, die von ihm nach
dem Geſetz über die Beſteuerung der Betriebe vom 11. Auguſt
1923 in Gold zu leiſtende Landabgabe gewiſſermaßen mit ſeinem
Getreide zu bezahlen, ſind die Finanzkaſſen gleichzeitig angewie=
ſen
worden, dieſe Goldanleiheſtücke zur Tilgung der Landabgabe
als Zahlung in Gold im Sinne des genannten Geſetzes zum
Nennwert anzunehmen. Zu dieſem Zweck werden die von der
Reichsgetreideſtelle in Zahlung gegebenen Goldanleiheſtücke mit
einem Begleitſchreiben verſehen, das einen entſprechenden Ver=
merk
für die Finanzkaſſen enthält. Der Landwirt hat daher die
Wahl, ob er Goldanleiheſtücke zur Tilgung der Landabgabe oder
in anderer Weiſe verwenden will. Es darf erwartet werden,
daß die Landwirte ſowohl im eigenen Intereſſe als auch im
Intereſſe der unbedingt erforderlichen Beſchaffung einer aus=
reichenden
Getreidereſerve durch die öffentliche Hand von der
ihnen gebotenen Möglichkeit in umfaſſenden Maße Gebrauch
machen.
Beamtenabbau.
Ein Geſetzentwurf in Vorbereitung.
* Berlin, 8. Sept. (Priv.=Tel.) Soeben erfahren wir
von einem Geſetzentwurf über den Beamtenabbau,
der ſich gegenwärtig im Reichsfinanzminiſterium in Vorbe=
reitung
befindet. Der Entwurf ſieht ſieben Fälle zur Be=
ſchleunigung
des Abbaues der Beamtenſchaft vor, und zwar:
1. Verſetzung von Reichsbeamten über 65 Jah=
reninden
Ruheſtand;
2. Penſionierung von Reichsbeamten im Alter
von über 60 Jahren;
3. bei planmäßig abbauenden Behörden wird die einſtwei=
lige
Verſetzung entbehrlicher Reichsbeamten in
den Ruheſtand erfolgen;
4. freiwillig ausſcheidende, lebenslänglich
angeſtellte Beamte können, ſofern ſie für die Verwaltung
entbehrlich ſind, auf ihren Antrag aus dem Dienſte ausſcheiden;
5. an Beamte, die nicht lebenslänglich angeſtellt ſind und ent=
laſſen
werden oder freiwillig ausſcheiden, können Abfin=
dungsſummen
gewährt, werden, die für jedes geleiſtete
Dienſtjahr ungefähr ein Monatseinkommen betragen, bei Beam=
ten
mit 16 und mehr Dienſtjahren aber den Höchſtbetrag des
14fachen Monatsgehaltes erreichen;
6. Zuſchüſſe zu den Umzugskoſten, können in den
Fällen 4 und 5 gewährt werden;
2. auch Verſorgungsanwärtern kann bei ihrem
Ausſcheiden ein dreifaches Anfangs= Monatseinkom=
men
als Abfindung gewährt werden.
Aehnliche Maßnahmen ſollen durch Reichsgeſetz auch für die
Läuder als bindend erklärt werden,

Poincaré.
Von unſerem Pariſer Korreſpondenten.
Das nachſtehende Charakterbild Poincarés aus
der Feder unſeres Pariſer Berichterſtatters wird un=
ſere
Leſer ſehr intereſſieren. Den Namen des Ver=
faſſers
zu nennen, müſſen wir uns verſagen, um
ſeiner Tätigkeit keine Schwierigkeiten zu bereiten.
Die Schriftleitung.
Was er ſagt und wie er es ſagt, es klingt niemals ange=
nehm
. In der Sache und in der Form iſt er ganz regellos. In
dem Land, in dem die Schönrederei als Tat genommen wird,
wo die berühmten Sprecher ſtundenlang zu reden wiſſen, ohne
das Geringſte zu ſagen, in dieſem Land iſt auch Poincaré, ſelt=
ſamer
Weiſe, ein gefeierter Redner geworden. Und er macht
doch gar keine Phraſen, ſeine Reden ſind oratoriſch gar nicht
aufgebaut, es gibt darin kein kunſtvolles Steigen der Gedanken
und keine großartigen Höhepunkte: Alles geht wild durchein=
ander
. Poincaré ſpricht ganz anders, als etwa ſein Feind und
Vorgänger Briand: Briand ſchmeichelt ſich mit ſeinem ſüßen
wundervoll weichen Bariton ins Herz des Hörers, Briands
Stimme betört, Poincarés Organ iſt metalliſch=hart und es ſchnei=
det
wie ein Meſſer. Poincaré ſpricht immer ziemlich unvorbereitet.
Dem Vielbeſchäftigten bleibt wenig Zeit, an ſeine zahlloſen
Reden zu denken. Jedenfalls lieſt er ſeine Reden niemals ab,
bei der längſten und wichtigſten Rede ſtützt er ſich nicht auf die
kleinſte Notiz. Er kann ſich das leiſten, denn er iſt wahrſchein=
lich
der geübteſte forenſiſche Redner Frankreichs, und er verfügt
über eine ſeltene Gedächtniskraft, Und ich glaube, wenn er
Muße hätte, ſeine Rede, ehe er ſie hält, zu Papier zu bringen,
er würde beſtimmt in jedem Satze von der Niederſchrift ab=
weichen
und noch wütender und heftiger angreifen den inne=
ren
und den äußeren Gegner. Sein Temperament ſtändig
von einem tauſendpferdigen Motor geheizt ſprengt alle par=
lamentariſchen
Gepflogenheiten. Obwohl Miniſterpräſident und
Miniſter des Aeußeren und Mitglied der Akademie und Ex=
Präſident der Republik, macht er, wenn andere ſprechen, dauernd
Zwiſchenrufe und pöbelt ſich auch während den ganzen langen
Kammerſitzungen mit den Abgeordneten herum. Dabei kann
kein Menſch behaupten, er wäre würdelos. Seine Reden ent=
wickeln
ſich etwa, wie ſich ein heftiges Gewitter im Hochgebirge
entlädt. Ein Blitz, ein Krachen, eine Weile Ruhe, dann neue
Blitze, neues Donnern, dann ein langes Grollen, dann wieder
etwas Stille, dann wild, dann noch wilder, wie wenn es die Welt
zerſtampfen wollte. Das alles von einem Mann, der von den
Siebzigern nicht mehr weit iſt. Alſo etwa wie Clemenceau?
Nein! Beide ſind intranſigeant, aber Clemenceau iſt doch an=
ders
: amüſanter, äſthetiſcher und obgleich man ihn den Tiger
nennt harmloſer. Clemenceaus Hauptwaffen ſind der Spott
und die Fronie. Clemenceau iſt ſarkaſtiſch, iſt boshaft, iſt
witzig, iſt geiſtreich und darum in ſeiner Katzenart gelegentlich
ſpieleriſch. Man merkt: es macht ihm Spaß, ſich mit ſeinemn
Opfer zu unterhalten, ehe er es frißt. Poincaré iſt wie ein
brutaler Boxer, der ſeinen Feind mit überlegener Kraft ganz
roh anfällt. Keine Rückſicht für den Gegner. Keine Rückſicht
auch auf die Galerie der Zuſchauer, die ſozuſagen für ihr Ein=
trittsgeld
etwas ſehen wollen.
Ueberhaupt iſt Rückſichtsloſigkeit die weſentlichſte von Poin=
carés
Eigenſchaften. Er iſt rückſichtslos als Miniſterpräſident,
er kennt auch nicht die Höflichkeit der diplomatiſchen Sprache, die
für jeden anderen Miniſter des Aeußeren ſelbſtverſtändlich iſt,
er kennt keine Rückſicht auf die langjährigen Bundesgenoſſen,
keine Rückſicht auf ſeine nächſten Mitarbeiter. Viele tauſende
von Beamten hat er entlaſſen, zahlloſe plötzlich zwangsweiſe
penſioniert, den meiſten, die bleiben durften, hat er in dieſen
auch in Frankreich ſündhaft teuren Zeiten die Gage her=
undergeſetzt
. Er ſpart wütend, rückſichtslos, unbekümmert da=
rum
, ob es der Landesverwaltng gut tut, oder nicht. Im
Lande der klaſſiſchen Höflichkeit und der klaſſiſchen Unaufrich=
tigkeit
iſt er grob, wie ein deutſcher Hausknecht, und von einer
Unzweideutigkeit, die wirklich nichts zu wünſchen übrig läßt.
Er behandelt einen Direktor in ſeinem Auswärtigen Amt, oder
auch einen Botſchafter wie ein ordinärer Schloßherr einen Land=
briefträger
behandelt. Herr Botſchafter, es gefällt Ihnen nicht,
das auszuführen, was ich Ihnen befehle? Sie können ruhig Ihre
Demiſſion geben! Sie wird beſtimmt und gerne angenommen!
. . . So etwa iſt er mit allen. Mit den Parteien in den Par=
lamenten
ſpringt er keinesfalls beſſer um. Ich verlange Hand=
lungsfreiheit
! Ihr wollt nicht? Vertrauensfrage! Und das bei
jeder Kleinigkeit. Immer entſchloſſen, die Tür zuzuſchlagen.
Aber in Haltung und Miene die Drohung? Wartet, Ihr
Kerle! Verlaßt Euch darauf: Ich komme wieder!
Rückſichtslos auch gegen ſich ſelbſt. Er macht faſt alles allein.
Er lieſt jede Zeitung, jede Revue, jede Note, die ins Ausland
geht und vom Ausland kommt. Diktiert, korrigiert, ſchreibt,
telephoniert und telegraphiert den ganzen Tag und mehr als
die halbe Nacht. Unter Briand war im Auswärtigen Amt
gegen Mittag noch kein hoher Beamter zu finden. Und um
eins war ſchon keiner mehr da. Des Nachmittags dasſelbe. Von
Poincaré iſt in den franzöſiſchen Miniſterien der achtſtündige
Arbeitstag eingeführt worden für ſeine nächſte Umgebung und
für ſich die achtzehnſtündige Arbeitszeit. Die meiſten Beamten
müſſen jetzt in der Praxis weit länger als acht Stunden im
Büro ſitzen, ſoviel wird ihnen von Poincaré aufgeladen, daß
ſie unter der Laſt ſtöhnen. Poincaré verhandelt perſönlich mit
den fremden Geſandten, und er empfängt perſönlich mehrmals
am Tage die Pariſer Journaliſten und allwöchentlich ein paar=
mal
, je nach Bedarf, die auswärtige Preſſe. Poincaré iſt in
Frankreich keineswegs beliebt. Man ſchätzt ihn als Könner, als
Arbeiter, als Vaterlandsfreund. Man weiß zwar, daß er als
Advokat großer Induſtriegeſellſchaften viel Geld verdiente, man
weiß aber auch, daß er wie ſchmutzige Geſchäfte gemacht hat, wie
die meiſten ſeiner Pariſer Standesgenoſſen. Man achtet ihn,
man ſchätzt ihn, aber er wird auch ſehr gehaßt und noch mehr
gefürchtet. Man findet ihn vielfach ganz unfranzöſiſch, und die,
die ihn genau kennen, nennen ihn den franzöſiſchen
Ludendorff oder den Demi=Boche. Jedenfalls hat er
kei ne Freunde. Und das iſt ſeine Hauptſtärke. In Frankreich
machen einen die politiſchen Freunde ſchwach. Die Freunde wol=
len
immer etwas von einem Miniſter haben. Sie haben immer
Geſchichten: Geldgeſchichten, Wählergeſchichten, Frauengeſchich=
ten
gerade in dieſem Lande, wo in der Politik der Grundſatz
gilt: Pag dbistoires!

Reichsregierung und Währungsreform.
Noch keine Entſcheidung. Goldnotenpläne.
TU. Berlin, 8. Sept. Geſtern nachmittag 5 Uhr trat das Zahlung des Broigetreides mit Goldanleibe.
Reichskabinett zu einer Sitzung zuſammen, um ſich ſowohl mit

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Seite 2.

Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 9. September 1923.

Nummer 249.

Hat dieſer ſtarke Poinears gar keine Schwächen?. Dochl
und was für Schwächen! Seine politiſche Kurzſichtigkeit iſt
eine Plage für die ganze Welt, führt ganz Europa ins Unglück.
Dann leidet er an einer unerhörten Ueberſchätzung der Pariſer
Preſſe. Er glaubt offenbar, man könne mit den Pariſer Bou=
levard
=Blättern, die äußerſt geſchickt, aber höchſt leichtfertig und
gewiſſenlos oberflächlich gemacht ſind, Frankreich und die Welt
auf die Dauer beherrſchen. Ob vohl er ſelbſt hundertfach beſſer
ſchreibt, als die Pariſer Preſſeleute, behandelt er jeden Pariſer
Journaliſten wie einen kleinen Gott. Einen eigenen oder frem=
den
Botſchafter läßt er zuweilen ſtndenlang antichambrieren.
Ein Pariſer Journaliſt wird kaum je Anlaß haben, ſich darüber
zu beſchweren, daß ihn Gott Raymond habe länger als fünf
Minuten warten laſſen. Die deutſchen Journaliſten könnten vor
Neid vergehen, wenn ſie ſähen, wie ſanft der brutale Poincaré
mit ihren Pariſer Kollegen umgeht. Und vielleicht könnten ſogar
die deutſchen Miniſter in dieſem Punkt von Herrn Poincaré
lernen".
Liebt Poincaré keine Karten? Keinen Wein? Keine
Frauen? Nichts von alledem! Er iſt verheiratet ſeit Jahren
lebt er in glücklicher, kinderloſer Ehe mit einer Lothringerin,
mit einer Frau, die heute etwa 45 Jahre zählt und noch immer
ſehr hübſch iſt. Sie war einmal ſeine Klientin, er hatte ihren
Scheidungsprozeß geführt und ſich dabei in die Dame verliebt.
Man erzählt in Paris viele Geſchichten von der Madame Poin=
caré
. Und man behauptet, Monſieur Daudet, der Führer der
franzöſiſchen Nationaliſten von ganz rechts, hätte Herrn Poin=
caré
manchmal mit der Veröffentlichung ſolcher Geſchichten ge=
droht
, wenn Poincaré eine andere Politik machen wollte. Und
dieſe Drohungen hatten ihre Wirkung niemals verfehlt".
Wird Poincaré noch lange bleiben? Iſt ſeine Stellung
durch den Ruhrkonflikt ſtärker geworden, oder iſt ſie erſchüttert?
Droht ihm Gefahr von den Linksparteien in Frankreich oder von
der ganz Rechten? Oder vom gemäßigten Loucheur? Die Si=
tuation
iſt ſo: Während die führenden Politiker Frankreichs
(die Briand, Millerand, Barthou) in ihrer politiſchen Jugend
Sozialiſten geweſen ſind, bekannte ſich Poincaré niemals zu den
Lehren von Karl Marx. Aber während er ein Feind der kom=
muniſtiſchen
Internationale iſt, hat er kaum etwas gegen die
gemäßigten Sozialiſten und garnichts gegen die radikalen Demo=
kraten
. Und mit dieſen beiden Gruppen ſteht er garnicht ſchlecht.
Zudem ſind die Linksparteien in Frankreich einſtweilen in der
Minderheit. Ferner: Die in der Kammer von Tardieu geführte
rechteſte Rechte weiß genau, daß ſie ſich nicht lang an der Spitze
halten könnte, zumal, da Tardieu kein Poincaré, iſt. So iſt am
gefährlichſten für die Alleinherrſchaft des Herrn Poincaré Herr
Loucheur, der frühere Wiederaufbauminiſter, in Deutſchland be=
kannt
durch ſeine Verträge mit Rathenau. Im übrigen iſt die
Wahrheit die: Poincarés Stellung war objektiv nie beſonders
ſtark und iſt heute nicht ſchwächer, als ſie war. Frankreich iſt
noch immer das Land der politiſchen Ueberraſchungen. Unbe=
rechenbar
ſind die Menſchen, die Majoritäten in der franzöſi=
ſchen
Kammer bilden. Eines Tages, urplötzlich, können dieſe
Leute von der ihnen weſensfremden und im Grunde höchſt un=
ſympathiſchen
Art Poincarés gemtg haben. Und ſicherlich wer=
den
die deutſchen Leſer eines Morgens in ihren Blättern ganz
unvorbereitet die Nachricht vorfinden: Raymond Poin=
caré
iſt gefallen!
Forderungen des Gewerkſchaftsbundes.
Berlin, 8. Sept. (Wolff.) Der Allgemeine Deut=
ſche
Gewerkſchaftsbund hat ſich am 7. September mit der
gegenwärtigen Wirtſchafts= und Finanzlage beſchäftigt. In der
Ausſprache wurde einmütig zum Ausdruck gebracht, daß die Ret=
tung
nur noch zu erwarten ſei von einer baldigen endgülti=
gen
Negelung des Reparationsproblems in Ver=
bindung
mit der Löſung des Ruhrkonflikts, ſowie von der ſo=
fortigen
Einführung einer neuen feſten Wäh=
rung
in einer Form, daß dem neuen Zahlungsmittel Vertrauen
und Wertbeſtändigkeit geſichert ſind. Daran müſſe ſich eine be=
ſchleunigte
Erfaſſung der Sachwerte und die dring=
lichſte
Vorbereitung großer produktiver Not=
ſtandsarbeiten
anſchließen, um der drohenden Ar=
beitsloſigkeit
vorzubeugen. Entſchließungen zur Währung
und zur Arbeitsloſenfrage mit ſpeziellen Vorſchlägen ſollen, der
Reichsregierung ſofort unterbreitet werden.
Beamten=Proteſt.
Darmſtadt, 8. Sept. Die am 6. September zu Tauſenden
im Städtiſchen Saalbau verſammelten Beamten des Ortskartells
Darmſtadt des Deutſchen Beamtenbundes erblicken in der Ein=
ſtellung
der viereljährlichen Vorauszahlung der Bezüge eine Ver=
letzung
verbriefter Rechte und eine unberechtigte, dem Volksgan=
zen
nichts nützende, insbeſondere die Markentwertung nicht auf=
haltende
wirtſchaftliche Verſchlechterung der Lage der Beamten.
Sie verlangen deshalb die Beibehaltung des bisherigen Auszah=
lungsverfahrens
, in welchem ein gewiſſer Ausgleich gegen das
völlig ungenügende Realeinkommen liegt. Die Verſammlung
weiſt jeden Verſuch, die wirtſchaftliche Grundlage der Beamten
zu untergraben oder die wohl erworbenen Beamtenrechte anzu=
taſten
, aufs Entſchiedenſte zurück.

Die Mordaffäre von Sanina.
Der Entſcheid der Botſchafterkonferenz. Mitteilung an den Völkerbund. Reparationen
und Sanktionen. Griechenland zahlt.

Paris, 8. Sept. (Wolff.) Die Mitteilung, die die Bot=
ſchafterkonferenz
an den Völkerbund gerichtet hat,
hat folgenden Wortlaut:
Die Votſchafterkonferenz hat die Mitteilung erhalten, die der
Völkerbundsrat ihr am 6. September übermittelt hat. Die Bot=
ſchafterkonferenz
dankt dem Rat dafür, daß er ihr wichtige Grund=
lagen
für eine Bearbeitung geliefert hat und die Ehre, dem Rat
den Wortlaut der Note mitzuteilen, die ſie heute an die grie=
chiſche
Regierung richtet:
Die Botſchafterkonferenz hat von den Noten Kenntnis ge=
nommen
, die die griechiſche Regierung ihr in Beantwortung ihrer
eigenen Note über die Ermordung des Vorſitzenden der albani=
ſchen
Grenzkommiſſion und der übrigen Mitglieder der italieni=
ſchen
Delegation übermittelt hat. Sie nimmt beſonders davon
Keuntnis, daß Griechenland erklärt, daß es, wenn
ſeine Verantwortlichkeit bewieſen wird, alle Re=
parationen
annimmt, die die Botſchafterkonferenz für
gerechtfertigt hält, ſowie, daß die griechiſche Regierung die Er=
nennung
einer Unterſuchungskommiſſion vorſchlägt, die den Auf=
trag
haben ſoll, die Suche nach den Schuldigen zu beſchleunigen.
In dieſer Beziehung ſtellt die Botſchafterkonferenz feſt, daß das
Attentat vom 27. Auguſt, das einen ausgeſprochen
politiſchen Charakter hat, auf griechiſchem Ter=
ritorium
begangen worden iſt, und daß die Perſonen,
die dieſem Attentat zum Opfer gefallen ſind, von der Botſchafter=
konſerenz
mit einer offiziellen Miſſion beauftragt waren und zwar
im Einderſtändns mit der griechiſchen Regierung, die die
Sicherheit dieſer Perſonen ſicherzuſtellen hatte,
und ſtell weiter feſt, daß dieſe Perſonen der italieniſchen Delega=
tion
in der Kommiſſion angehörten. Die Botſchafterkon=
ferenz
iſt der Anſicht, daß ein derartiges Atten=
tat
, das unter ſolchen Umſtänden begangen wor=
den
iſt, direkt unter die Verantwortlichkeit des
Staates fällt, auf deſſen Gebiet das Attentat
ſtattgefunden hat. Sie beſchließt aus den angeführten
Gründen, von der griechiſchen Regierung die nachſtehend aufge=
zählten
Reparationen und Sanktionen zu verlangen:
1. Die höchſte Militärbehörde wird bei den Athe=
ner
diplomatiſchen Vertretern der drei
alliierten Mächte, deren Delegierten die Grenzkommiſſion
bilden, Entſchuldigungen vorbringen.
2. Zu Ehren der Opfer wird in der katholiſchen Kathe=
drale
in Athen in Gegenwart der Mitglieder der
griechiſchen Regierung ein Trauergottesdienſt
abgehalten.
3. Am Tage des Trauergottesdienſtes kommen Schiffe der
drei interalliierten Mächte, die italieniſche Seediviſion an der
Spitze, nach 8 Uhr morgens auf der Reede von Phaleron an.
Die griechiſche Flotte grüßt die italieniſche,
die engliſche und die franzöſiſche Flotte mit
21 Schüſſen, nachdem die Schiffe der drei Mächte auf der
Reede von Phaleron vor Anker gegangen ſind. Dieſer Salut
wird Schuß für Schuß von den interalliierten Schiffen unmit=
telbar
nach dem Trauergottesdienſt erwidert, während deſſen
Dauer die Flaggen der griechiſchen Flotte und der Schiffe der
drei Mächte auf Halbmaſt ſtehen.
4. Wenn die Leichen der Opfer in Preveſa an Bord des
Schiffes gebracht werden, erweiſt eine griechiſche For=
mationmit
Fahnen die militäriſche Ehre.
5. Die griechiſche Regierung verpflichtet
ſich, die Suche nach den Schuldigen und ihre exem=
plariſche
Beſtrafung mit aller wünſchenswerten Schnellig=
keit
ſicherzuſtellen.
G. Eine Sonderkommiſſion, die ſich aus Delegier=
ten
Frankreichs, Großbritaniens, Italiens und Japans, unter
dem Vorſitz des japaniſchen Delegierten zuſammenſetzt, kon=
trolliert
die von der griechiſchen Regierung in
dieſer Angelegenheit eingeleitete Unterſuchung, die
ſpäteſtens bis zum 27. September durchgeführt ſein muß. Dieſe
Sonderkommiſſion hat alle Vollmachten von der griechiſchen Be=
hörde
zu verlangen, daß ſie alle Unterſuchungen, Verhöre und
Zeugenvernehmungen vornehme. Die Kommiſſion wird ihre
Berichte und ihre Schlußfolgerungen der Botſchafterkonferenz
unterbreiten. Die griechiſche Regierung gewähr=
leiſtet
die Sicherheit dieſer Kommiſſion auf
ihrem Gebiet. Sie gewährt ihr alle Erleichterungen zur
Erfüllung ihrer Aufgabe und beſtreitet alle Koſten, die der
Kommiſſion dadurch erwachſen. Die Botſchafterkonfe=
renz
fordert übrigens ſchon jetzt die albaniſche Regie=
rung
auf, alle nützlichen Maßnahmen zu treffen, damit die
Kommiſſion hinreichend bevollmächtigt iſt, wenn ſie es für not=
wendig
hält, ſich auf albaniſches Gebiet zu begeben und im Ein=

verſtändnis mit den albaniſchen Behörden dort alle Nachfor=
ſchungen
anſtellen kann, die hier geeignet ſind, die Suche nach
den Schuldigen und ihre Beſtrafung zu erleichtern.
Die griechiſche Regierung verpflichtet ſich, der
italieniſchen Negierung für die Ermordung ihrer Delega=
tion
eine Entſchädigung zu zahlen, deren Höhe der
ſtändige internationale Gerichtshof im Haag im ſummariſchen
Verfahren feſtſetzen wird, wobei ſich der Gerichtshof auf, den
Bericht der Kommiſſion ſtützen wird, von dem im S 6 die Rede
iſt. Dieſer Bericht wird dem Gerichtshof durch die Botſchafter=
konferenz
mit deren Stellungnahme überſandt werden. Die
griechiſche Regierung hinterlegt unverzüglich als Kaution
bei der Schweizer Nationalbank eine Summe von 50 Millionen
italieniſcher Lire. Dieſe Hinterlegung findet auf folgende An=
weifung
ſtatt: Ganz oder teilweiſe der italieniſchen Regierung
nach dem Beſchluß des internationalen Gerichtshofes auszu=
händigen
!
Die Botſchafterkonferenz nimmt davon Kenntnis, daß die ita=
lieniſche
Regierung verſichert, daß die Beſetzung Korfus und der
benachbarten Inſeln keinen anderen Zweck hat, als Genugtuung
für die Forderungen zu erhalten, die ſie der griechiſchen Regie=
rung
vorgelegt hat, und daß dieſe Forderungen ſich mit den Be=
dingungen
decken, wie ſie oben von der Botſchafterkonferenz for=
muliert
ſind, und fordert die griechiſche Regierung auf, unver=
züglich
gleichzeitig und getrennt jedem der diplomatiſchen Ver=
treter
der drei obengenannten Mächte in Athen die reſtloſe An=
nahme
der Bedingungen zur Kenntnis zu bringen.
Der hoffnungsvoll geſtimmte Völkerbund.
Genf, 8. Sept. (Wolff.) Die meiſten Mitglieder des
Völkerbundsrates hielten heute Nachmittag eine inoffizielle Be=
ſprechung
ab, in der ſie zu der Note der Botſchafterkonferenz
Stellung nahmen. Sie beurteilten, wie man hört, die Lage
optimiſtiſch und ſind der Anſicht, daß die Räumung Korfus
nicht mehr lange auf ſich warten laſſen könne. Das ſpaniſche
Ratsmitglied, Quinones de Leon, auf deſſen Vorſchlag
in der Ratsſitzung vom 6. September die Note der Botſchafter=
konferenz
Bezug nimmt, iſt nach Paris gereiſt, um mit dem
Präſidenten der Botſchafterkonferenz Rückſprache zu nehmen.
Weiter wird gemeldet, daß Baldwin, der in Aix=les=
Bains zur Kur weilt, vorausſichtlich morgen mit Robert
Cecil in Evian, auf der franzöſiſchen Seite des Genfer Sees,
ſich treffen wird. In den Kreiſen der Delegierten hat die Note
der Botſchafterkonferenz eine ſtarke Entſpannung hervorgerufen.
Man zweifelt nicht an der Annahme der Note durch Griechen=
land
. Es verlautet weiter, daß man die Tendenz verfolgt, die
Frage der Zuſtändigkeit des Völkerbundes hinauszuziehen bis
zur Regelung, oder ſie ſpäter theoretiſch durch den internationalen
Gerichtshof regeln zu laſſen.
Paris, 8. Sept. (Wolff.) Wie der Sonderberichterſtatter
des Temps aus Monza berichtet, hat Muſſolini ſeiner Be=
friedigung
über den Beſchluß der Botſchafterkonferenz Aus=
druck
gegeben. Der Temps iſt von der Sitzung der Bot=
ſchafterkonferenz
ſehr befriedigt und meint, es laſſen ſich ver=
ſchiedene
gute Lehren daraus ziehen.
Ein neuer Zwiſchenfall.
EU. Rom, 8. Sept. Die Abendblätter melden aus Korfu:
Seeleute aus Patras berichten, daß während, einer italien=
feindlichen
Kundgebung das Gebäude der dortigen italieniſchen Ge=
ſandtſchaft
von Griechen in Brand geſteckt wurde. Die italieniſche
Kolonie habe ſich zur Wehr geſetzt, wobei es auf beiden Seiten
Opfer gegeben habe. Das italieniſche Viertel wird von der grie=
chiſchen
Polizei bewacht und beſchützt. Einzelheiten fehlen noch.
Die engliſchen Intereſſenim Mittelmeer bedroht
* London, 8. Sept. (Priv.=Tel.) Berichte engliſcher
Konſularbehörden beſagen, daß Muſſolini auf Korfu über acht=
tauſend
Mann habe landen laſſen, die ſofort damit begonnen
hätten, im ſchnellſten Tempo mit ſchwerſten Kalibern die Inſel
und alle ſtrategiſch wichtigen Punkte zu befeſtigen und auf den
am höchſten gelegenen Plätzen Flugplätze für Fluggeſchwader an=
zulegen
. Es bedarf kaum des Hinweiſes, daß dieſe Art, eine
vorübergehende Beſetzung durchzuführen, die verantwortlichen
engliſchen Marineaitoritäten veranlaßt, die Lage im öſtlichen
Mittelmeer mit geſpannteſter Aufmerkſamkeit zu verfolgen.

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Der deutſche Briefmarkenſammler und
Marken zweiter Wahl.
Ein ſchmerzliches Kapitel für den deutſchen Sammler: darf
ein echter Sammler Marken in ſeinen Album kleben, die nicht allen
Anforderungen genügen? Marken zweiter Wahl, denen ein Zähn=
chen
ſtumpf geworden, denen die Schere des Poſtbeamten an einer
Seite oder gar an allen vieren ins Markenbild geraten, die einen
Nadelſtich oder einen häßlichen Stempel haben? Oder gar ſolche,
die in der Klinik eines Markenflickers aus zwei oder drei an=
deren
zuſammengeleimt worden ſind? Vor zehn Jahren iſt dieſe
Frage nach lebhaftem Kampf entſchieden worden. Entſchieden
geweſen! Es galt als Makel für den Sammler, wenn er ein
ſolches Stück in ſeiner Sammlung hatte. Freilich unterdeſſen
haben ſich die Zeiten geändert. Zwiſchen jener Anſicht und heute
liegt ein verlorener Krieg und ein wirtſchaftliches Beben. Tau=
ſende
von Sammlern haben aus Not verkaufen müſſen und die
meiſten dieſer wohlgepflegten Sammlungen ſind ins Ausland ge=
glitten
. Auf Nimmerwiederſehen! Bereits 1919 und 1920 trat bei
den Händlern ein empfindlicher Mangel an gutem Durchſchnitts=
material
, noch mehr aber an klaſſiſchen Stücken ein. Die über=
raſchend
ſtarke Zunahme der Sammler hat den Markenhunger
noch vermehrt. Hunderttauſende von Sammlern ſind neu er=
ſtanden
. Wo ſollen die ihr Material hernehmen? So viel gutes
Material wäre, auch wenn nichts ins Ausland gewandert wäre,
gar nicht aufzutreiben, um alle neuen Sammler zufriedenzu=
ſtellen
. Es bleibt alſo für ſie gar nichts anderes übrig,
als Marken zweiter Wahl für albumberechtigt
anzuſehen. Das werden Sammler vom alten Schlag bitter
empfinden. Sie werden ſich nur ſchwer entſchließen können, durch
Marken zweiter Wahl ihre tauſend ſchönen Stücke zu beleidigen.
In dieſer Beziehung iſt in der letzter Zeit ein ſtarker Wandel
zu bemerken. Man braucht bloß einmal die Auktionskataloge der
letzten Monate durchzuſehen. In dem Katalog einer erſten Ber=
liner
Firma ſind z. B. von 72 Marken von Bayern 24 Stück nicht
erſter Wahl. Sogar ein Münchener Katalog hat unter 256 Bayern
36, die nicht fehlerlos ſind. Er enthielt u. a. einen ſchwarzen
Einſer, ſämtliche Nänder angeſetzt und ſtark geſtempelt Und
der brachte es auf 85 000 Mark, während Prachtſtücke mit 320 000
Mark weggingen. Bei der Auktion des Dresdener Tages wurde
ein Stick mit Bruchfehler als feinſt bezeichnet.
Sammlungen, die ausſchließlich ausgeſuchtes Material
enthalten, werden in Zukunft in Deutſchland und auch im Aus=
land
ſehr ſelten ſein. Der Sammler, der, ſogen wir einmal vom

kuturhiſtoriſchen Standpunkt aus ſammelt und der ſteht
meiner Anſicht nach am höchſten wird einen Nadelſtich und
einen knappen Rand an und für ſich micht ſehr tragiſch nehmen.
Die Marken ſind doch nicht als Albumſtücke Briefmarkenſtaaten
wie z. B. Danzig verachtet der echte Sammler! ſondern als
Frankaturzeichen geſchaffen worden. Wir ſammeln doch keine
Eckränder und Maxkenzähnchen, ſondern Dokumente des Verkehrs=
lebens
! Und wer aus künſtleriſchen Gründen ſammelt, der müßte
doch, jvenn er Geſchmack hat, die Hälfte aller Marken aus ſeinem
Album reißen. Den Kinkerlitzchen iſt in dem letzten Jahren eine
zu große Bedeutung zugemeſſen worden, womit durchaus nicht
beſtritten werden ſoll, daß ſchön geſchnittene Stücke im allgemei=
nen
knapp geſchnittenen vorzuziehen ſind. Aber oft hat ein knapp=
randiges
Stück wegen ſeiner friſchen Farbe und ſeines deutlichen
Stempels mehr Wert als ein breitrandiges, dem dieſe Vorzüge
fehlen. Vor einiger Zeit iſt eine Bayern 12 Er grün ein tadel=
loſes
Exemplar mit gutem Rand, ſchönem Stempel, hat auf der
gleichen Auktion 31 000 Mark gebracht um 240000 Mark weg=
gegangen
, nur weil ſie an allen Rändern noch Teile der Nach=
barmarken
hatte. Das iſt Verrücktheit. Ein Menſch, der einen
ſolchen Preis für dieſe Kinkerlitzchen zahlt, iſt kein echter Samm=
ler
. Wenn ich dieſe Marke hätte, würde ich ihr die häßlichen An=
hängſel
der Nachbarmarken abſchneiden, ehe ich ſie ins Album
klebte.
Unſere Marken ſind doch ſchließlich nichts anderes als kleine
Altertümer. Und unſere Liebhaberei nichts anderes als die, die
einen anderen alte Stühle oder Meißner Porzellan ſammeln läßt.
Wird ein Schmler alter Meißner Porzellane eine ſeltene Meißner
Taſſe nicht ſeine Sammlung aufnehmen, weil ſie einen Sprung
hat? Nein! Warum ſollen wir ſo pedantiſch ſein?
E. Herold=München.
Die Werkſtatt eines vorgeſchichtlichen
Höhlenbildhauers.
* Eine einzigartige Entbeckung, die einen Ein=
blick
in die Tätigkeit eines vorgeſchichtlichen Plaſtikers gewährt,
iſt in einer Höhle in der Nähe von Toulouſe gemacht worden. In
der außerordentlich ſchwer zugänglichen Höhle von Saint= Mar=
tory
entdeckte ein junger Prähiſtoriker Norbert Caſteret Ton=
modelle
von verſchiedenen Tieren, die in Europa ſchon lange aus=
geſtorben
ſind, aber hier in vorgeſchichtlichen Zeiten vorhanden
waren. Malereien und Schnitzereien in Elfenbein und Knochen
ſind ja ſchon vielfach in franzöſiſchen und ſpaniſchen Höhlen ge=
funden
worden, aber Tonformen waren bisher noch kaum ent=

deckt. Die Höhlenbewohner, die hier künſtleriſch tätig waren, ge=
hörten
den Magdalenien an, einer vorgeſchichtlichen Epoche,
die etwa 2000025 000 Jahre zurückliegt. Die romantiſche Ge=
ſchichte
der Entdeckung ſchildert der Profeſſor für Anthropologie
an der Univerſität zu Toulouſe, Graf Heuri de Begonen, deſſen
Schüler der Entdecker iſt: Die unterirdiſche Quelle eines kleinen
Zufluſſes der Garonne bildet eine Höhle, die viel zu hoch liegt,
als daß der Zugang ſo ohne weiteres möglich wäre. Caſteret,
der ein tüchtiger Schwimmer iſt, ſchwamm öfters den Fluß bei
Saint=Martory herauf bis zu der Grotte, wo ſie verſchwindet.
Eines Tages war der Waſſerſtand niedriger, ſo daß er in die
ſonſt ganz vom Waſſer ausgefüllte Höhle eindringen konnte. Mit
einer elektriſchen Lampe auf dem Kopf ſchwamm er wohl drei
Kilometer den unterirdiſchen Fluß entlang und entdeckte auf der
rechten Seite eine trockene Galerie, die offenbar nur gelegentlich
überſchwemmt war. Er kletterte hinauf, und das erſte was er ſah,
war die Form eines Bären, der aus Ton modelliert war,
aber keinen Kopf hatte. Er drang nun weiter vor und ent=
deckte
in der mittleren Höhle rohe Wandgemälde von Tieren
und eine ganze Menge von Tonmodellen. Neben der pla=
ſtiſchen
Darſtellung des Bären ohne Kopf lag ein wirklicher
worden wäre. An der Wand der Galerie lehnten zwei große
tönerne Darſtellungen zweier Tiere aus der Katzenfamilie, wahr=
ſcheinlich
Höllkenlöwen, wie man aus den Haarbüſcheln ſchließen
kann, die der Künſtler am Ende ihrer Schwänze wiedergegeben
hat. An einer anderen Stelle lagen drei große Pferde, und an=
dere
tönerne Formen, die ſchwerbeſchädigte Tiere darſtellten. Da=
mit
iſt zum erſten Mal die Verkſtätte eines vor=
geſchichtlichen
Bildhauers gefunden worden. Das
ſeltſamſte aber iſt, daß alle dieſe Tierplaſtiken verſtümmelt waren,
und zwar ſchon zu der Zeit, da der Künſtler ſie ſchuf. Dieſe Höhlen,
in denen Tiere dargeſtellt ſind, werden alſo wahrſcheinlich Stätten
der Zauberei geweſen ſein. Wie heute noch die Eskimos, die India=
ner
und afrikaniſche Stämme, ſo benutzten die vorgeſchichtlichen
Menſchen die Tierdarſtellungen zu magiſchen Zwecken. Wir können
uns dieſe Menſchen der Magdalen=Zeit in ihren dunklen Höhlen
vorſtellen, wie ſie, beleuchtet mit Renntieröl gefüllten Lämpchen,
ihre primitiven Religionsbräuche ausübten. Dabei verwundeten
und verſtümmelten ſie die Bilder der Tiere, vor denen ſie ſich
fürchteten oder die ſie fangen wollten. Sie glaubten damit auf die
Tiere einen Zauber auszuüben und ſie zu verwunden. Löwen und
Bären ſuchten ſie ſo zu beeinfluſſen, weil ſie ſie ſürchteten, Pferde
und Biſons, weil ſie ihrer zur Nahrung bedurften‟. Die Bedeu=
tung
der neuen Funde iſt durch die Gutachten hervorragender
Prähiſtoriker, wie des Abbé Breuil, erwieſen. Weitere Unter=
ſuchungen
, die ſich bei der Lage der Höhle ſehr ſchwierig geſtalten,
werden ausgeführt.

[ ][  ][ ]

Nummer 249.
Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 9. September 1923.
Seite 3.
hemmenden Maßnahmen: Aufhebung der Außenhandelskontrolle
Griechenland übernimmt die Verpflichtungen.
und Ausfuhrabgaben.
Deutſche Schickſalsgemeinſchaft.
Der Hanſa=Bund iſt ſich bewußt, der gegenwärtigen Reichs=
EU. London, 8. Sept. Einer Meldung aus Genf zu=

olge hat Griechenland mit der Durchführung der ihm von der
Botſchafterkonferenz auferlegten Verpflichtungen begonnen. Der
geforderte Betrag von 50 Millionen iſt in der Schweizer
Nationalbank hinterlegt worden.
Engliſche Preſſeſtimmen.
London, 8. Sept. (Wolff.) Daily Mail ſchreibt zu der
Entſcheidung der Botſchafterkonferenz im italieniſch=griechiſchen
Konflikt, dieſe Entſcheidung ſtelle einen vollſtändigen
Triumph für Muſſolini dar. Die Bedingungen der
Zotſchafterkonferenz hätten ſicherlich nikts gemein mit dem vor=
ſeſchlagenen
Kompromiß, das der Botſchafterkonferenz am Don=
terstag
vom Völkerbund überſandt wurde.
Auch das Arbeiterblatt Daily Herald erklärt, die ita=
ieniſch
=griechiſche Frage ſei in Paris im Sinne der ita=
ieniſchen
Bedingungen geregelt worden. Der Völ=
erbund
ſei übergangen worden und die Pläne der Feinde des
Völkerbundes ſeien geglückt. Die dringende Frage ſei jeßt: Was
vird der Völkerbund tun?
Daily News ſchreibt, wenn es ſich als wahr erweiſen
ollte, daß die Botſchafterkonferenz ſelbſt erſucht habe, Griechen=
and
Strafen und Reparationen aufzuerlegen, und vor allem,
venn es ſich beſtätigt, daß ſie gebilligt hat, daß Italien Korfu
ſeſetzt hält, bis Entſchädigungen gezahlt ſind, ſo würde die Bot=
chafterkonferenz
und die Regierungen, aus denen ſie ſich zuſam=
nenſetzt
, einer flagranten Uſurpation der Funktionen
des Völkerbundes und eines ſchweren Bruches der
Völkerbundsſatzungen überführt ſein. Italien, Frankreich und
Broßbritannien würden vor der Welt als die Mächte daſtehen, ſamer Steuerquellen die Notſteuermaßnah ien ſchon zum näch=
die
dem Völkerbund einen tödlichen Schlag verſetzten. Sie
vürden auch angeſichts ihrer Haltung in Genf einer unbegreif=
ichen
Doppelzüngigkeit überführt werden, die alles Vertrauen von
eiten der übrigen Mitglieder zerſtören würde, und dazu angetan
ei, die Beratungen in Genf zu einem plötzlichen und verhängnis=
vollen
Ende zu bringen.
Die Finanzlage Oeſterreichs und Deutſchlands.
gen Verhandlungen des Völkerbundskommiſſars über die Finanz=
eform
Oeſterreichs hat ſich der vom Völkerbund in Wien ein=
geſetzte
Finanzkommiſſar Dr. Zimmermann einem Mitarbeiter
der Pariſer Information gegenüber über die Finanzlage
Oeſterreichsund Deutſchlands ausgeſprochen; er ſagte:
Die vom Völkerbund in Oeſterreich unternommene Aktion
ibertrifft in ihren Erfolgen alle Erwartungen. Es zeigt ſich,
daß unſere Auffaſſung zu peſſimiſtiſch war. Die völlige wirt=
chaftliche
Wiederherſtellung Oeſterreichs wird ſich ohne Zuhilfe=
nahme
der vom Völkerbund verlangten und von den Mächten
gegebenen Garantien vollziehen. Der Erfolg der Anleihe für
Oeſterreich beweiſt, welchen Kredit das Land bereits heute wieder
genießt. In der Tat iſt der Voranſchlag für das Erträgnis der
ſtaatlichen Pfänder übertroffen worden. Ebenſo hat das Steuer=
biliſierung
der Krone veranſchlagt worden war. Dr. Zimmer=
mann
rühmte weiter den Mut des Kanzlers Seipel, dem es ge=
lungen
ſei, die ſtaatlichen Ausgaben in einem für, das Budget
entſprechenden Ausmaße einzuſchränken.
Auf die Frage, ob man die für Oeſterreich angewandte
Methode auch für Deutſchland anwenden könnte, erwiderte Dr.
Zimmermann, zweifellos. Nur könne von einer Stabiliſierung
der Mark bei ihrem heutigen Stande nicht mehr die Rede fein.
Eine Stabiliſierung der Krone war möglich bei einem Stande
des Dollars von 70000. Die Mark iſt aber bereits zu ſehr ent=
wertet
. Trotzdem, erklärte Dr. Zimmermann, daß eine ähnliche
Operation, wie ſie in Oeſterreich vorgenommen wurde, in Deutſch=
(and noch viel ſchnelleren und überraſchenderen Erfolg haben
würde. Abgeſehen von den großen natürlichen Reichtümern
Deutſchlands ſei zu bedenken, daß der deutſche Staat durch die
Entwertung des Geldes völlig amortiſiert wurde und daß die
Länder und Städte in Deutſchland tatſächlich ohne Schulden da=
ſtehen
. Die finanzielle Lage Deutſchlands ſei in
Wirklichkeit heute beſſer als im Jahre 1914. Ent=
ſcheidend
ſei die Frage, wie weit man die Abwanderung
des Kapitals aus Deutſchland aufhalten könne.
Dr. Zimmermann erklärte, daß er an die Wirkſamkeit von Dro=
hungen
gegen die Kapitalflucht nicht glaube, ſondern daß nur die
Wiederherſtellung des Vertrauens eines Landes zu ſich ſelbſt
darin Wandel ſchaffen könnte.


Ausfallende Eilzüge.

Frankfurt, 8. Sept. (Wolff.) Die Eiſenbahndirektion
teilt mit, daß durch die Beſetzung von Vohwinkel ſich der
Eilzugverkehr nicht aufrecht erhalten läßt. Eine Anzahl von Eil= fördernden Auswirkungen innerhalb der geſamten Wirtſchaft.
jügen KölnHamm, KölnRecklinghauſen, VohwinkelHamm
uſw. fallen mit ſofortiger Wirkung aus.

Wechſelſeitige Verpflichtungen der Wirtſchaft
und des Staates.
Forderungen des Hanſa=Bundes.
Das Präſidium des Hanſa=Bundes hat nach einem Bericht
ſeines Präſidenten, Dr. Herm. Fiſcher, M. d. R., ſeine Auf=
faſſung
zur gegenwärtigen Lage in folgender Erklärung zuſam=
mengefaßt
:
Staat und Wirtſchaft ſind in untcennbarer Schickſals=
gemeinſchaft
miteinander verbunden. Iſt es Pflicht des
Staates, die politiſchen Vorausſetzungen für eine erfolg=
reiche
volkswirtſchaftliche Arbeit zu ſchaffen, ſo iſt es
Pflicht der Wirtſchaft, ihre geſamte Kraft in den
Dienſt des Staates zu ſtellen.
Für den Augenblick ergeben ſich hieraus folgende wechſel=
ſeitigen
Verpflichtungen, deren Erfüllung der Hanſa=
Bund mit allem Nachdruck fordert:
1. Pflichten der Wirtſchaft.
1. Weitmöglichſte Förderung der währungspolitiſchen Maß=
nahmen
der Reichsregierung durch Zeichnung der Goldanleihe
des Reiches. Der Erfolg der Goldanleihe iſt die Vorausſetzung
für die Wiederherſtellung feſter Rechnungsgrundlagen im Wirt=
ſchaftsleben
und für die Schaffung wertbeſtändiger Zahlungs=
mittel
.
2. Erfüllung der auferlegten’ Steuerpflichten. Trotz der un=
bedingten
Notwendigkeit, zur Vermeidung der Zerſtörung bedeut=
ſten
Zahlungstermin der Leiſtungsfähigkeit der einzelnen Wirt=
ſchaftsgruppen
anzuaſſen, beſteht für den Augenblick die ſelbſtver=
ſtändliche
nationale Verpflichtung der Wirtſchaft zur weitmög=
lichſten
Erfüllung der auferlegten Steuerlaſten.
3. Ordentliche, ſorgſame Preisgeſtaltung. Kampf gegen die
unberechtigten Auswüchſe, die ſich in einzelnen Wirtſchafts=
gruppen
durch übertriebene Entwertungszuſchläge zur Sicherung
gegen das Währungsriſiko zeigen.
4. Steigerung der Produktivität und der Arbeitsleiſtung des
Paris 8. Sept. (Priv.=Tel.) Im Anſchluß an die geſtri= Einzelnen im unbeſetzten Deutſchland zu größtmöglichſtem Aus=
gleich
des Produktionsausfalls im beſetzten Gebiet.
5. Anpaſſung der Lebensführung an die in der verarmten
deutſchen Volkswirtſchaft gegebenen Vorausſetzungen. Das Real=
einkommen
des Volkes muß durch eine zielbewußte Lohn= und
Gehaltspolitik auf eine dieſer Verarmung entſprechende Grund=
lage
geſtellt werden. Arbeitgeber und Arbeitnehmer müſſen ge=
meinſam
gegen jede Ueberteuerung auf dem Gebiete der Lohn=
und Gehaltspolitik ankämpfen, da dieſe nicht aus dem Arbeits=
nutzen
der volkswirtſchaftlichen Arbeit gezogen weiden kann, ſon=
dern
auf der Aufzehrung des Produktionskapitals beruhen müßte.
Nur ſo kann ausreichende Arbeitsmöglichkeit geſichert werden.
2. Pflichten des Staates.
1. Schnellſte Durchführung der von der Reichsregierung an=
ergebnis
das Doppelte deſſen erreicht, was bei Beginn der Sta= gekündigten währungspolitiſchen Maßnahmen ( Goldrechnungs=
verkehr
, Goldmarkbilanz, wertbeſtändiges Zahlungsmittel).
2. Späteſtens mit dem Beginn des neuen Haushaltsjahres
iſt die Geſamthaushaltung des Reiches und vor allem die Ver=
anlagung
und Zahlung der direkten Steuern auf wertbeſtändige
Grundlage zu ſtellen.
3. Bis zum nächſten Zahlungstermin iſt die Anpaſſung der
Notſteuermaßnahmen an die ſteuerliche Leiſtungsfähigkeit der ein=
zelnen
Erwerbsgruppen durchzuführen; vor allem bei der Be=
triebsſteuer
Aufbau der Steuerpflicht auf dem Verhältnis zwi=
ſchen
Lohnſteuerſumme und ſteuerpflichtigem Umſatz, ſowie Staf=
felung
der Vorauszahlungsmultiplikatoren für Einkommen= und
Körperſchaftsſteuer unter Rückſichtnahme auf die Wirtſchafts=
gruppen
, die durch die verfehlte Wücher= und Preispolitik bereits
erhebliche Subſtanzverluſte erlitten haben.
4. Zu Beginn des neuen Haushaltsjahres ſind die Geſamt=
aufwendungen
des Reiches, der Länder und Gemeinden durch
eine rückſichtsloſe Sparſamkeitspolitik in den Rahmen einzu=
fügen
, der durch die Verarmung der deutſchen Volkswirtſchaft
gegeben iſt. Bis zum gleichen Termin ſind durch Neuordnung
des finanzwirtſchaftlichen Verhältniſſes zwiſchen Reich, Ländern
und Gemeinden die Vorausſetzungen für eine völlige Ausſchal=
tung
der bisherigen Zuſchußwirtſchaft des Reiches zu ſchaffen.
5. Ausſchaltung der aus der Demobilmachungszeit übernom=
menen
unökonomiſchen Belaſtungen des Produktionsprozeſſes:
Aufhebung der Demobilmachungsverordnungen. Sofortige geſetz=
liche
Regelung der Arbeitszeitfrage unter Zulaſſung von Ueber=
ſchreitungen
des Sſtündigen Arbeitstages auf tariflichem oder be=
hördlichem
Wege.
6. Schaffung der Vorausſetzungen für eine Neubelebung des
Baumarktes angeſichts der ſich daraus ergebenden produktions=
7. Aktive Exportförderung zur Ueberwindung der gegenwär=
tigen
Stockung der Ausfuhr anſtelle der bisherigen, den Export

regierung die Löſung der ihr obliegenden ſchweren Aufgaben mit
allen ihm zur Verfügung ſtehenden Mitteln erleichtern zu müſſen.
Er erwartet, daß die Reichsregierung alles tun wird, was der
freien Entwickelung aller wirtſchaftlichen Kräfte und der Siche=
rung
eines kräftigen wirtſchaftlichen Neuaufbaues im Intereſſe
des Staates zu dienen vermag. Das Präſidium des Hanſa= Bun=
des
hat beſchloſſen, zum 14. Oktober 1923 nach Berlin eine allge=
meine
Hanſa=Tagung zu berufen zur Bekundung des rückhalt=
loſen
Arbeitswillens der im Hanſa=Bund vereinigten Wirt=
ſchaftskräfte
.
Die Goldanleihe wertbeſtändig.
Anſehnliche Kursgewinne.
Berlin, 8. Sept. Wie wir aus Bankkreiſen hören, geht ſo=
wohl
die Zeichnung auf die Goldanleihe des Reiches als auch
die Ablieferung der Deviſen auf Grund der bisherigen Verord=
nungen
über die Deviſenabgabe in recht befriedigender Weiſe vor
ſich. Was die Goldanleihe anlangt, ſo wird ſie ſeit einiger Zeit
per Erſcheinen gehandelt, und zwar zu einem Kurſe, der dem
Dollarkurſe in einem gewiſſen Abſtande folgt, aber ihn doch,
ebenſo wie die Dollarſchatzanweiſungen, nicht erreicht. Immer=
hin
können die frühzeitigen Zeichner der Goldan=
leihe
bereits aus den jetzigen Vorkurſen erſehen, daß ſie
recht anſehnliche Kursgewinne erzielt haben.
Japans Seemacht vernichtet.
Die politiſchen Nachwirkungen.
FU. Tokiv, 8. Sept. Heute kann man ſchon überblicken,
daß die Kataſtrophe auch ſchwere politiſche Nachwirkungen hat.
Japan wird in Zukunft nicht mehr den erſten Rang einer See=
macht
einnehmen wie ſeither, da durch das Erdbeben zum minde=
ſten
ein großer Teil ſeiner Flotte ſchwer beſchädigt worden iſt.
Die zwei Kapitalsſchiffe Aci und Mikaſa ſind von der
Springflut verſchlungen worden.
Japan und die britiſche Reichskonferenz.
* Londox, 8. Sept. (Priv.=Tel.) Die britiſche Reichs=
konferenz
, die in London im nächſten Monat abgehalten werden
ſoll, wird wahrſcheinlich weitgehende Neuerungen zu treffen
haben, nachdem Japan durch das Erdbeben zu einer Flottenmacht
dritten Nanges herabgeſunken iſt. Durch die Zerſtörung der
Dockanlagen und Werkſtätten wird Japan auf lange Zeit hinaus
nicht in der Lage ſein, ſeinen Rang als eine Flottengroßmacht
zu behaupten. Man vergleicht die Wirtſchaftslage Japans mit
der Fankreichs und Belgiens nach dem Kriege. Durch die Zerſtö=
rung
faſt ſeiner geſamten Wirtſchaft und Induſtrie werden ihm
auch die Mittel fehlen, Schiffe für ſeine Flotte im Ausland
bauen zu laſſen. Obwohl über die Agenda der britiſchen Reichs=
konferenz
das ſtrengſte Stillſchweigen gewahrt wird, iſt es doch
bekannt, daß ſich die Beſprechungen hauptſächlich um das Pro=
blem
der Verteidigung des Stillen Ozeans drehen werden. Man
meint natürlich eine Rüſtung gegen Japan. Nichts anderes hät=
ten
die bcabſichtigten großen Ausgaben für die Herſtellung einer
Flottenbaſis in Singapoxe beabſichtigen können. Obwohl Japan
öffentlich nie genannt wurde, war es doch das Schreckgeſpenſt, das
im Vordergrund des britiſchen Intereſſes ſtand. Jetzt wurde in
einem Augenblick das Flottenabkommen von Waſhington unnö=
tig
durch einen Schlag der Elemente, der Japan zerkrüppelte und
die japaniſche Flotte ausſchaltete.
Der auſtraliſche Miniſterpräſident Bruce erklärte Preſſe=
vertretern
vor ſeiner Abreiſe nach Auſtralien, daß der Reichs=
konferenz
als Hauptaufgaben die Feſtſetzung einer gemeinſamen
Verteidigungspolitik und einer gemeinſamen auswärtigen Poli=
tik
vorlägen. Seit Jahren ſchwebe dem Reiche der Plan vor,
eine Reichsflotte zu ſchaffen, die ſtark genug wäre, alle britiſchen
Intereſſen zu ſchützen, ohne die Hilfe Japans zu benötigen.
Auſtralien machte bisher keinen Hehl aus ſeiner Beſorgnis über
die aggreſſiven Pläne Japans im Stillen Ozean. Durch das
Unglück ſei ein bedeutender Wechſel eingetreten, und man erwarte
daher, daß die Beratungen der britiſchen Reichskonferenz ent=
ſcheidende
Neuerungen bringen werden.
Japans Wiederaufbaugeſetzgebung.
TU. Tokio, 8. Sept. Drei kaiſerliche Erlaſſe ſind heraus=
gegeben
worden. Nach der erſten Verordnung wird derjenige,
der den jetzigen Zuſtand des Landes dazu benutzt, unberechtigte
Gewinne zu machen, zu Gefängnis oder hohen Geldbußen ver=
urteilt
. Nach der zweiten Verordnung wird ein 30tägiges Mo=
ratorium
, ausgenommen für Löhne, eingerichtet. Nach der drit=
ten
Verordnung werden Gefängnisſtrafen und Geldbußen gegen
den angedroht, der Gerüchte verbreite, die geeignet ſind, die
öffentliche Ordnung zu ſtören.

Gold=Hamſierer.
*Der Hamſterer als eine ganze Volksklaſſe iſt während des
Krieges aufgekommen, zunächſt als es galt, bei der allgemeinen
Lebensmittelnot ſich die nötige Nahrung ſicher zurückzulegen.
Doch auch damals ſchon fing man an, aus dem Strumpf der
armen Witwe, in dem ſie ihre Goldſtücke bewahrte, einen großen
Sack zu machen, und ſeit das Gold ſo völlig aus dem Verkehr ver=
ſchwunden
und infolge der ungeheueren Geldentwertung die
Sehnſucht aller geworden iſt, mag es noch mehr als bisher ge=
hamſtert
worden ſein, wenn es nicht durch Deviſen erſetzt wurde.
Das Aufhäufen und Verbergen von Geld erklärt ſich in unſeren
wirren Zeiten aus der Wertunbeſtändigkeit unſerer jetzigen Wäh=
rung
, aber das Hamſtern von Gold iſt nicht erſt eine Erſcheinung
unſerer Tage, ſondern es entſpricht einem Urtrieb, der zu allen
Zeiten wirkt und auch in Ländern, die ſich der beſten Valuta er=
freuen
. Von ſolchen merkwürdigen Goldhamſterern plaudert eine
engliſche Zeitſchrift. Da gab es z. B. in Somerſet eine ſtadtbe=
kannte
Perſönlichkeit, die Halbkronen=Saunders genannt wurde.
Der Mann hieß ſo, weil er alle Leute bat, ihn in Halbkronen=
ſtücken
zu bezahlen. Nach ſeinem Tode wurde auch der Grund
dieſer Bitte offenbar. Sein Erbe ſuchte nach den Münzen, die
der Vater ſo fanatiſche geliebt hatte, konnte aber nichts finden.
Da fand er Aufzeichnungen ſeines Vaters, die mit Türpfoſten=
Rechnung überſchrieben waren. Nun ſuchte er nach und fand in
einem hohlen Türpfoſten des Hauſes mehr als 4000 Halbkronen,
die der Alte hier aufgeſpeichert hatte. Ein Bettler, namens John
Hamond, der in Nottingham ſcheinbar in größter Armut lebte,
hatte in ſeiner kleinen Kammer eine große reich verzierte mar=
morne
Urne ſtehen, von der er ſich nicht trennte, weil ſie die Aſche
ſeines geliebten Weibes enthielt. Man wußte, daß ſeine Frau
ihm ein beträchtliches Vermögen hinterlaſſen hatte, aber kein
Menſch ahnte, wo das hingekommen ſei. Als er ſtarb, ſchafften
ſeine Verwandten die Urne weg, um ſie auf dem Friedhof beizu=
ſetzen
. Es fiel aber auf, daß ſie ungewöhnlich ſchwer war; man
öffnete ſie und fand darin einen Sack, der Goldmünzen im Werte
von 1700 T enthielt. Die ganze Höhlung um dieſen Sack war mit
Bündeln von Banknoten ausgeſtopft, und im ganzen zog man aus
der Urne des Bettlers die immerhin beträchtliche Summe von
3000 X hervor. In einer kleinen Penſion im Londoner Eaſt=
End wohnte ein beſcheidenes altes Fräulein, das größere Sum=
men
von Verwandten erhielt und augenſcheinlich viel ſparen
mußte. Als man aber nach ihrem Tode ihr Zimmer durchſuchte,
fand man nichts. Man entdeckte nur einen großen Sack, in dem
das alte Fräulein eine Menge alter Briefe aufbewvahrt hatte. Die
enttäuſchten Erben ſchütteten den Inhalt des Sackes ins Feuer.

Aber als die Flammen die alten Umſchläge umleckten, da öffnete
ſich einer, und ein paar Pfund Noten fielen heraus. Nun
ſuchte man zu retten, was noch zu retten war und entdeckte in
den alten Umſchlägen lauter Banknoten, der größte Teil war frei=
lich
bereits verkohlt. Einen noch merkwürdigeren Aufbewahrungs=
platz
hatte ein Goldhamſterer ſich erwählt, der vor einigen Jahren
in einem Londoner Vorort ſtarb. Unter den wenigen Gegen=
ſtänden
ſeiner Hinterlaſſenſchaft befand ſich eine alte Uhr, die ſein
Wirt wegen nicht gezahlter Miete beſchlagnahmte. Er ſchickte ſie
zu einem Uhrmacher, um ſie wieder in Gang bringen zu laſſen.
Dieſem fiel auf, daß die Gewichte entfernt und an deren Stelle
zwei lange ſchmale Leinwandſäcke angebracht waren. Es zeigte
ſich, daß die Säcke mit Goldmünzen gefüllt waren. Ein Altbücher=
händler
hatte ſeiner Tochter ans Herz gelegt, daß ſie ſechs dicke
Bände, die hinten in einer Reihe ſtanden, nie verkaufen ſollte.
Nach ſeinem Tode holte die Tochter die alten Folianten herunter
und fand, daß es gar keine Bücher waren, ſondern Kiſten, die
ſämtliche Erſparniſſe des Alten enthielten.

Wie man Milliarden vom Meeresgrunderettet.
* Fünf Jahre lang hat die engliſche Admiralität in gedul=
diger
Arbeit ſich bemüht, die 5½ Millionen 2 in Goldbarren und
die ½ Million in Silberbarren, die im Jahre 1917 mit dem
Dampfer Laurentic untergingen, zu bergen, und dies iſt auch
bis auf Barren im Werte von 16 000 4 geglückt. Werden dieſe
24 Goldbarren nicht noch in den allernächſten Tagen ans Licht ge=
hoben
, ſo werden ſie wohl für immer auf dem Meeresgrunde
ruhen, denn das Einſetzen des ſchlechten Wetters erſchwert die
Tätigkeit der Taucher außerordentlich, und eine neue Eröffnung
der Arbeiten im kommenden Sommer dürfte ſich nicht lohnen.
Einer der Offiziere des Bergungsſchiffes, Leutnant Williams,
hat in einem engliſchen Blatte genaue Angaben über die Art
und Weiſe gemacht, in der dieſe Gold= und Silberſchätze dem
Meere abgerungen wurden, und bietet ein intereſſantes Bild der
modernen Bergungstechnik. Es iſt nicht viel Romantik bei die=
ſer
Suche nach Gold in den Tiefen des Ozeans, ſagte er. Zu=
nächſt
war die Sache ſehr ſpannend, aber als dieſelben Arbeiten
jahraus, jahrein andauerten, wurden ſie allmählich langweilig,
und wir ſind froh, daß unſere Aufgabe gelöſt iſt. Man glaubt
vielleicht, daß die Laurentic auf dem Meeresgrund noch ziem=
lich
ſo lag, wie ſie vor ſechs Jahren unterging, aber in Wirklich=
keit
iſt die Laurentic heute überhaupt kein Schiff mehr, ſon=
dern
ſie iſt durch den ungeheuren Waſſerdruck vollkommen platt=
gedrückt
und ihr Ausſehen auf dem Meeresboden ähnelt einem

rieſigen eiſernen Pfannkuchen. Nachdem das Wrack in ſeiner
Lage auf dem Boden des Ozeans feſtgeſtellt war, wurde ein ge=
naues
Modell des Schiffes angefertigt, und an dieſem erhielten
alle Taucher genaue Aufſchlüſſe über die Lage der beiden Eiſen=
kammern
, in denen ſich die Gold= und Silberbarren beſanden.
Das Aufſprengen dieſer rieſigen Geldkäſten war eine ſchwierige
Arbeit. Wir machten alle möglichen Verſuche, zunächſt ohne Er=
folg
. Schließlich gelang es, die Kammern mit Hilfe elektriſcher
Ladungen zu ſprengen. Nachdem die Sprengladung gelegt wor=
den
war, wurde ein Drahtzünder an ihr befeſtigt, und am ande=
ren
Ende war eine Metallſcheibe. Der Taucher, der die Ladung
gelegt hatte, brachte die Scheibe mit nach oben und händigte ſie
dem Kapitän aus, der ſie dann wieder ins Waſſer warf, wodurch
die Leitung geſchloſſen wurde, ſo daß nun die Exploſion erfolgte.
Bei jeder Kammer mußten 20 Sprengladungen zur Exploſion
gebracht werden, bevor das Gold freilag. Um zu der zweiten
Kammer zu gelangen, die auf der anderen Seite der Maſchine
ſich befand, mußten die Maſchinen Stück für Stück zerſtört wer=
den
. Das Heraufbringen des Goldes geſchah auf die Weiſe, daß
jeder Taucher einen Eimer mitnahm, der ſich an einem Kabel be=
fand
. Er brauchte eine Minute, um auf den Meeresgrund zu
kommen; dann arbeitete er eine Stunde. Sobald er auf das
Gold geſtoßen war, hob er die Barren in die Eimer und gab
dem wachthabenden Offizier ein Signal, der das Gold herauf=
ziehen
ließ und es dem Kapitän übergab. Hatte er nach Ablauf
einer Stunde alles in ſeinem Bereich befindliche Gold geborgen,
ſo ließ er den Eimer in der Nähe der Stelle, wo das Gold lag,
ſtehen und ſtieg ſelbſt empor. Dadurch half er dem nächſten
Taucher, den Ort raſch zu finden. Während das Hinabſteigen der
Taucher innerhalb einer Minute erfolgte, nahm das Wieder=
hinaufkommen
40 Minuten in Anſpruch. Das Heraufziehen er=
folgte
in Abſtänden von je 20 Fuß, und dazwiſchen wurde jedes=
mal
Halt gemacht, damit ſich der Taucher an die Abnahme des
Waſſerdrucks gewöhnen konnte. Nnur einmal hatten wir einen
Unglücksfall bei einem Aufſtieg. Der Taucher verlor nämlich
einen Stiefel und kam mit den Füßen zuerſt empor. Er war be=
wußtlos
, und um ihn an den Luftdruck zu gewöhnen, wurde er in
einen Tank gebracht und Luft hineingepumpt, bis der Luftdruck
derſelbe war, wie der unter Waſſer; dann wurde der Druck ganz
allmählich verringert, bis er wieder zum Bewußtſein erwachte.
Man ſtellt ſich vor, daß wir uns unſeren Weg auf dem Meeres=
boden
zwiſchen ſchauerlichen Skeletten und furchtbaren Unge=
heuern
bahnen mußten; das war aber nicht der Fall. Wir fan=
den
nur ab und zu ein paar Schädel und Knochen; aber der
größte Teil der Leichen war entveder von der Strömung weg=
geſpült
oder von den Fiſchen verſpeiſt. Auch die Bewohner der
Tiefe waren ganz harmlos.

[ ][  ][ ]

Seite 4

Rummer 249.

Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 9. September 1923.

Darmſtadt, 9. September.
* Grenzgang.
Ein wundervoller Spätſommertag! Durch das Grün des vol=
len
Blätterdaches, das der Herbſt ſchon leicht in ſein leuchtendes
Farbengewand zu tauchen beginnt, goldene Sonnenſtrahlen, die
unzählige lichte Flecken auf den weichen dunſtenden, duftenden
Moos= und Blätterboden wirft. Glitzernde Tauperlen an ſaftig=
grünen
Gräfern und Buchen= und Eichenblatt und Fichten= und
Tannennadeln. Ein Duft, ſo würzig und geſund und erfriſchend
wie ein Jungbrunnen. Das iſt unſer herrlich=ſchöner Wald,
trotz allem und allem. Iſt die einzige Stätte, in der das Herz
aufgeht und man Sorgen und Leid vergißt, vergeſſen muß.
Iſt die Stätte, da man wirklich nicht vom Dollar und von Fett=
preiſen
ſprechen ſollte, ſo wenig, wie im Gotteshaus. Das iſt
Darmſtadts Stolz und Reichtum, ſein köſtlichſter Beſitz, den
nichts erſetzen kann, den ihm auch niemand nehmen kann.
In Jahrhunderte alter geheiligter Tradition, die keine noch
ſo ſchwere Not bringende Zeitſpanne durchbrechen konnte, war
dieſer Wald alljährlich das Ziel der Stadtväter, der Aelteſten
und Feldgeſchworenen. Zu ihm pilgerten ſie, wenn ſie in jedem
Jahr einmal die Grenzen der Stadt abſchritten im Grenzgang
und hier fanden ſie ſich zuſammen zu ernſtem Tun uud zn
frohem Umtrunk. Hier traten auch alle die, die ſich in politiſchem
Gegenſatz in Wort und Schrift befehdeten, einander näher und
alle Teile zogen menſchlich wertvollen Gewinn aus dieſen Zu=
ſammenkünften
. Daß der Urväter Sitte und Brauch geehrt und
hoch gehalten wird auch in Zeiten tiefſter Bedrängnis und bit=
terer
wirtſchaftlicher Not, iſt ein ſchönes Zeichen, das man nicht
gering achten ſollte. Es bringt auch heute noch ſeeliſchen Gewinn,
wenn der Grenzgang als ſolcher auch ſeine eigentliche Zweck=
bedeutung
verloren hat. Heute vielleicht mehr denn je, denn
mehr denn je prallen ja noch immer die Gegenſätze aufeinander
und vieles ſchleift ſich doch ab, gleicht ſich aus in der engeren
Beziehung von Menſch zu Menſch. Schließlich verfolgen doch
alle ein gemeinſames Ziel, nur die Wege es zu erreichen, ſind
ja ſo verſchieden.
Von der Landskronſtraße aus ging der Grenzgang geſtern
an vielen herrlichen Ausſichtspunkten vorbei (deren einige den
Blick allerdings ins beſetzte Rheingebiet öffneten), über die
Marienhöhe zur Wilbrandshöhe. Auf teilweiſe ganz verſchwie=
genen
, jedenfalls nicht oft betretenen Pfaden zum Prinzenberg,
dann den Oberramſtädter Grenzweg entlang zur Walderholungs=
ſtätte
am Beſſunger Forſthaus. Hier war das Ziel des Wald=
ganges
. Hier wurde nach flottem dreiſtündigem Marſch geraſtet
und ein Glas ſchäumenden Gerſtenſaftes zu dem berühmten,
leider ach ſo ſelten gewordenen Darmſtädter Nationalgebäck, dem
Wurſtweck bot die, wenn auch beſcheidene, ſo doch heiß be=
gehrte
Labung. (Die ſchönen Zeiten des Hirſcheſſens ſcheinen
leider auf abſehbare Zeit vorbei!) Jedem Teilnehmer wurde
ſein Wurſtweck zugeteilt und mit Argusblichen überwachte Ober=
meiſter
Finger die gerechte Verteilung und ſchob etwaigen
Hamſtergelüſten unerbittlich den Riegel vor.
Oberbürgermeiſter Dr. Gläſſing begrüßte namens der
Stadtverwaltung die Teilnehmer in launiger Rede, die aber zum
Schluſſe in tiefernſtem Trauegelöbnis ausklang und in der ern=
ſten
Mahnung zu Einigkeit in den ſchweren Zeitnöten. Wie die
ſtolzen Stämme des herrlichen Waldes ſich durch die Treue und
Einigkeit, die ſie verbindet, ſtützen und ſchützen gegen Stürme
und Wetter, dem der Einzelne erliegen würde, ſo ſollte die
Einigleit, die Treue, alle Deutſchen zuſammenſchweißen, dann
werden wir auch die Stürme überſtehen, die gegenwärtig über
unſer geliebtes Vaterland dahinbrauſen. Des Redners Hoch
galt der Vaterſtadt. Eine treffliche Jungfernrede hatte ſich
Stadtv. Kolb, der bisher im Plenum nicht zu Wort kam, für
die ſchönere Gelegenheit des Grenzgangs aufgeſpart. In launig=
ſatiriſchen
Verſen ließ er die Hauptredner der Stadtverordneten=
ſitzungen
und die Preminenten der Stadtverwaltung ihre Stecken=
pferde
vorreiten. Es wurde kaum einer verſchont. Beigeord=
neter
Ritſert der Gas= und Waſſermann ſprach den
Hausfrauen Troſt= und Mahnworte. Wenn das Gas auch teuer
ſei, gut kochen könne man doch darauf und das ſei mehr wie je
die Hauptſache. Sein Hoch galt den Stadtmüttern den weib=
lichen
Stadtverordneten, die übrigens vollzählig erſchienen waren.
In deren Namen dankte Frau Stadtv, Dr. Brückner und
ſpäter Frl. Graſinski in längerer Rede, die Scherz und
Ernſt geſchickt vereinte.
Köſtliche Gaben ſeines Dichtertalentes ſpendete ſtürmiſch
bejubelt, wie immer Robert Schneider. Wie er im ge=
liebten
Heinerdialekt in politiſcher Satyre über das Wetter ſprach
und wie er dann über ſeinen Schädel philoſophierte, das war
ein ſo köſtlicher, tiefangelegter, vom Ernſt der Zeit überhäufter
Humor, daß man immer wieder gefeſſelt wurde.
So verliefen die ſchönen Stunden ungetrübt und raſch. Die
Seßhafteren und die Glücklichen, denen am freien Samstagnach=
mittag
die Stunde der Frohnde nicht mehr ſchlug, machten noch
einen Abſtecher nach Roßdorf, um etwa Verſäumtes nachzuholen.
Wie’s denen erging, vermag ich nicht zu berichten. M. St.

Mietabteilung des Heſſiſchen Landesthegters. Den Mietern hat
bis jetzt eine Benachrichtigung über die Zuerteilung ihrer Plätze noch
nicht zugeſtellt werden können. Bisherige Mieter erhalten, namentlich

die Einrichtung einer neuen Miete: F. die hauptſächlich aus Neuanmel=
dungen
gebildet wird und deren Vorſtellungen in der Hauptſache am
Montag ſtattfinden, im übrigen aber beweglich bleiben ſollen, notwendig
gemacht. Die Ausgabe der Mietkarten und Erhebung der erſten Rate
(für den erſten und zweiten Mietabſchnitt) findet Dienstag, den 11. und
Mittwoch, den 12. September, von 36 Uhr nachmittags ſtatt. Die Preiſe
werden, wie angekündigt, nach dem Lebenshaltungsindex vom 31. Auguſt
(rund 1,2 Millionen, gegenüber 1,84 Millionen in dieſer Woche) be=
rechnet
.
Polikuſchka‟. Am Sonntag, um 4 Uhr nachmittags und 8 Uhr
abends, läuft im Kleinen Haus zum erſten Mal der Film Polikuſchka‟
Mit dem Schickſal des Leibeigenen erſtehen in dieſem Film das ruſſiſche
Dorf und die Kleinſtadt. Vielleicht iſt dies der erſte Film, der das Werk
eines Dichters vollkommen wiedergibt: die Geſchichte vom Helden aus der
Hefe des Volkes und die Tragödie des Geldes und aller Menſchen,
die unter ihm leiden und zu Grunde gehen. Sie betrifft jeden Menſchen.
Dazu hat dieſer erſte Film der neuen Produktion aus Moskau noch einen
Vorzug: er zeigt ein neues Land, neue Geſichter und eine neue Dar=
ſtellungskunſt
: die Kunſt des vollkommenen Zuſammenſpiels, durch die
das Moskauer Künſtlertheater bereits die europäiſche Bühne entſcheidend
beeinflußt hat und die hier zum erſten Mal auf den Film übertragen
iſt. Der größte ruſſiſche Schauſpieler, Moskwin, ſpielt den Polikuſchka.
Der Steinach=Film läuft heute um 11 Uhr vormittags und 6 Uhr
abends zum letzten Male im Kleinen Haus.
Die erſten Aufführungen im Landestheater. Das Landestheater
eröffnet die diesjährige Spielzeit am Mittwoch, den 12. September, mit
einer Neuinſzenierung von Nichard Strauß Roſenkavalier, das
Schauſpiel folgt am Freitag, den 14. September, mit Shakeſpeares
Viel Lärmen um Nichts, das ſeit 1898 in Darmſtadt nicht mehr gege=
ben
wurde, mit der Muſik von Wolfgang Erich Korngold, die zum erſten
Mar zu Gehör kommen wird. Der Spielplan der erſten Zeit wird außer=
dem
im Großen Haus von Aufführungen der vergangenen Spielzeit in
der Oper Lobetanz, Elektra, Butterfly, im Schauſpiel Karl XII.,
Louis Ferdinand, als Neuheit die für Darmſtadt erſtmalige Auffüh=
rung
von Tolſtois Lebendem Leichnam bringen. Das Kleine Haus er=
öffnet
am Sonntag, den 23. September, mit Figaros Hochzeit am 24.
folgt ein Tanzabend, ſpäterhin aus der vergangenen Spielzeit Eichen=
dorff
3 Freier, von Neuheiten im Schauſpiel Gerhart Hauptmanns
Schluck und Jau, (zum erſten Mal in Darmſtadt) und Hindemiths
Tanzſpiel, deſſen Muſik anläßlich der Muſikwoche im Juni dieſes Jahres
zur Uraufführung kam. Der Tageskartenverkauf für Roſenkavalier
beginur am Dienstag, den 11. September.
Kultusſteuer. Die für das Kalenderjahr 1923 angeforderte Kul=
tusſteuer
der iſraelitiſchen Religionsgemeinde Darmſtadt iſt auf das
Dreihundertfache des angeforderten Betrags erhöht worden. (Näh. ſiehe
Bekanntmachung.)
Unbeſtellbare Pakete. Die Zahl der Pakete, die weder dem
Empfänger ausgehändigt, noch an den Abſender zurückgegeben werden
können, iſt immr noch recht bedeutend. Damit die Pakete den Empfän=
gern
auch dann zugeſtellt werden können, wenn die Aufſchrift unterwegs
abgefallen oder unlesbar geworden iſt, iſt durch die Poſtordnung ange=
ordnet
worden, daß die Abſender ſtets in die Pakete obenauf ein Doppel
der Aufſchrift zu legen haben.
Pfadfinder, Ortsgruppe Darmſtadt. Zu dem Vortrag des Herrn
Ludwig Lautz Von Konſtanz bis Berchtesgaden hatte ſich eine zahl=
reiche
Zuhörerſchar eingefunden, ſo zahlreich, daß ſelbſt der größte Hör=
ſaal
nicht ausreichte, und Viele an der Tür umkehren mußten. Der
jugendliche Vortragende wies kurz darauf hin, was die Pfadfinder mit
ihren Wanderungen bezwecken wollen. Dann führte er an Hand zahl=
reicher
Lichtbilder ſeine Zuhörer am Bodenſee entlang nach Füſſen und
Garmiſch=Partenkirchen. Nach einer Beſteigung der Zugſpitze ging es
weiter nach Mittenwald zum Walchenſee, Chiemfee und Berchtesgaden.
Den Schluß bildeten einige Bilder vom Starnberger See und München.
Er machte auch auf zahlreiche Unglücksfälle aufmerkſam, die ſich beſon=
ders
in dieſem Jahre ereignet hatten, und warnte eindringlich davor,
ohne genügende Vorbereitung und Ausrüſtung leichtſinnig den Berg be=
ſteigen
zu wollen. Anſchließend zeigte er noch einige Zeichnungen, die
zwei 13jährige Pfadfinder auf der Wanderung angefertigt hatten, und
ſchloß mit der Verſicherung an die anweſenden Eltern, daß ſie ihre Söhne
ohne Befürchtungen an den Pfadfinderwanderungen teilnehmen laſſen
könnten, da ſie dort immer gut aufgehoben ſeien. Der Vortrag wurde
mit lebhaftem Beifall aufgenommen.
Orpheum. Gaſtſpiele Neues Opertttentheater Frankfurt a. M.:
Heute Sonntag, 9. September, letzte Aufführung der Operette: Der
Vetter aus Dingsda‟. (Näheres ſiehe Anzeige.)
Die Stenographenvereinigung Gabelsberger, Eliſabethenſtr. 52,
eröffnet am 11. und 14. September ds. Js., abends 8 Uhr, in ihren Un=
terrichtsräumen
neue Kurſe in Stenographie und Maſchinenſchreiben.
Durch erſtklaſſige Unterrichtskräfte (ſtaatlich geprüfte Lehrer der Steno=
graphie
) iſt einem Jeden eine gute Ausbildung gewährleiſtet. Anmel=
dungen
werden in der erſten Stunde entgegengenommen. Syſtem=, Wie=
derholungs
=, Redeſchrift= und Diktatkurſe jederzeit. (Auf die heutige
Anzeige wird beſonders hingewieſen.)
0- Ruhrkinder in Starkenburg. Die aus dem Abſendekreis Elber=
feld
=Barmen ſtammenden, gegenwärtig in Starkenburg untergebrachten
Ruhrkinder, werden Mitte dieſes Monats wieder in ihre Heimat zurück=
geſandt
. Die Kinder, die aus der Duisburger Gegend ſtammen, folgen
Ende September nach. Tagtäglich kommen eben Kinder=Sonderzüge aus
Süddeutſchland durch Darmſtadt, wo ſie größtenteils auf dem Bahnhof
verpflegt werden.
Lokale Veranſtaltungen.
Die hierunter erſcheinenden Notizen ſind ausſchließlich als Hinweiſe auf Anzelgen zu befrachten,
in ſeinem Falle irgendwie als Beſprechung oder Kritik.
Programm für das heutige Promenadenkon=
zert
im Herrngarten ab 11 Uhr (Weber). Abt: Waldandacht. Möllen=
dorf
: Parademarſch. Offenbach: Ouvertüre zu Die ſchöne Helena. von
Suppé: Des Hirten Morgenlied, Solo für Piſton (Herr Buslau).
Lortzing: Paraphraſe über Es war eine ſchöne Zeit. Ziehrer: Wiener
Bürger, Walzer. Aenderungen bleiben vorbehalten.

Aus den Parteien.
Deutſche Volkspartei. Der Große Ausſchuß der Orts=
gruppe
Darmſtadt der D.V.P. trat am Montag, den 3. September,
zu einer Ausſprache über die politiſche Lage zuſammen. Faſt ſämtliche
Mitglieder, dazu einige ausgewieſene führende Parteifreunde aus Rhein=
heſſen
, hatten der Einladung Folge geleiſtet. Der erſte Vorſitzende, Herr
Abg. Rechtsawalt Dingeldey, erſtattete das politiſche Referat des
Abends und erzielte mit ſeinem überſichtlichen, in gewohnter Meiſterſchaft
durchgeführten Vortrage, einen nachhaltigen, ſtarken Eindruck. Die
ganze verhängnisvolle Entwicklung des Reparationsproblems bis auf den
heutigen Tag erfuhr eine packende Schilderung. Es wurden die Ziele
und Methoden des Gegners beleuchtet und gezeigt, in welcher Weiſe und
mit welchen Ergebniſſen ſich die bisherigen deutſchen Regierungen zu
dieſen Fragen geſtellt hatten. Die Regierung Cuno namentlich und ihr
Kampf wider die Beſetzung des Ruhrgebiets, wurde eingehend beſprochen.
Der furchtbare Ernſt unſerer Lage mußte dargetan und die finanziellen
Erforderniſſe, namentlich auch größte ſteuerliche Opfer, hinſichtlich ihrer
Notwendigkeit, durchaus bejaht werden. Bei Kennzeichnung der inner=
politiſchen
Kriſe, die den Rücktritt Cunos und die Bildung der Großen
Koalition unter Führung Streſemanns brachte, konnte der Redner mit
aller Deutlichkeit und beweiskräftig die mannigfaltigen Angriffe und Un=
terſtellungen
gegenuver der Deutſchen Volkspartei und ihrem Führer
Streſemann zurückweiſen. Erneut wurde betont, daß Cuno, der bis zu=
letzt
die Unterſtützung der Deutſchen Volkspartei und namentlich auch
Streſemanns beſaß, gegenüber dem Vorſtoß der Linken, ſchließlich aus
eigenem Entſchluß heraus zurücktrat. Streſemann, ſpontan gerufen von
der bürgerlichen Arbeitsgemeinſchaft und getragen von dem einſtimmig
ausgeſprochenen Vertrauen der Reichstagsfraktion, bildete ſodann die
große Koalition. Ihre grundſätzliche und ausdrückliche Bejahung ſeitens
der D.V.P. liegt ſeit dem Stuttgarter Parteitag von 1921 feſt. Auf
Grund dieſes Tatſachenmaterials wurden die z. T. demagogiſchen An=
griffe
, namentlich auch von rechts her, gebührend gekennzeichnet und die
Kommentare, die ſich mit der Zuſammenſetzung der heutigen Regierung
befaſſen, auf das rechte Maß zurückgeführt. Mit einer Kennzeichnung der
Stuttgarter Rede des Kanzlers und der Aufforderung zur Gefolgſchafts=
treue
und aufrichtendem Vertrauen, ſchloß der Vortrag, dem reicher Bei=
fall
zuteil wurde. An der anſchließenden Ausſprache beteiligten ſich
die Herren Scholtz, Staatsanwalt Petry, Generalſekretär Koll=
bach
, Landgerichtsrat Altendorf, Abg. Dr. Oſann und Ober=
reallehrer
Kahl. Ihre Ausführungen betonten zumeiſt die Richtigkeit
der vorgetragenen Anſchauungen oder ergänzten den Vortrag noch wei=
ter
. Lebhafteſte Anteilnahme zeigt ſich immer wieder für die beſonderen
Leiden der beſetzten Gebiete. In einem kurzen Schlußwort konnte
Herr Rechtsanwalt Dingeldey eine hocherfreuliche, einmütige Auf=
faſſung
der Verſammlung gegenüber den vorgetragenen politiſchen Fra=
gen
feſtſtellen. Es wurde beſchloſſen, in allernächſten Zeit eine allgemeine
Verſammlung in Darmſtadt zu veranſtalten.
Jugendgruppe der Deutſchen Volkspartei.
Rückblickend und zuſammenfaſſend ſei einiges über die Veranſtaltungen
der Gruppe während der letzten Zeit geſagt. Solange man die Abende
im Freien zubringen konnte, fanden die regelmäßigen Zuſammenkünfte
auf dem Zimmerplatz des Herrn Haury ſtatt, den dieſer wie im ver=
gangenen
Jahre wieder liebenswürdigerweiſe zur Verfügung geſtellt
hatte. Hier wurde ein Vortrag des Herrn Generalſekretärs Kollbach
zum Erlebnis, als er zur zahlreich verſammelten Jugend in markigen,
zu Herzen gehenden Worten ſprach von deutſcher Not an Rhein und
Ruhr, im Abenddunkel ſprach von der Not des Vaterlandes. Wetter=
leuchten
mochte anzeigen, welch ſchweren, ſtürmiſchen Zeiten das Reich
entgegengeht, aber nach dieſem die Seele des Volkes reinigenden Gewit=
ter
konnte auch jener Stern als Lichtupnkt für eine beſſere Zukunft in
unſerem Daſein gedeutet werden. Der folgende Abend vereinigte die
Mitglieder zu einem fröhlichen Spaziergang, während am Sonntag, den
12. Auguſt, Eppertshauſen das Ziel einer Wanderung war, um hier zum
Beſuch eines aus Worms ausgewieſenen Freundes Stunden heiterſter
Freude zu verleben. In dieſe Tage fielen wichtige politiſche Ereigniſſe,
die am folgenden Mittwochabend das Thema bildeten für einen Vortrag
des Herrn Scholtz, wobei die Auslaſſungen von Zeitungen verſchiedenſter
politiſcher Richtung beſonderer Betrachtung unterzogen wurden und da=
durch
für die Einſtellung der Parteien zur Lage manches Wiſſenswerte
vermittelt werden konnte. Um ſchöne Tage und noch billige Fahrt aus=
zunutzen
, waren am Sonntag, den 19. Auguſt, Wolfsſchlucht und Neckar=
tal
zur Wanderung auserſehen. Während des Vormittags genoß man
bei ſtrömendem Regen und ſtürzenden Waſſermaſſen die etwas feuchte
Romantik dieſer Schlucht, zum Nachmittag aber ſah lachender Sonnen=
ſchein
friſchfröhliche Jugend im Kampf mit ſtarker Neckarſtrömung, ein
Tag ſchönſter Erinnerung. Am nächſten Verſammlungsabend führte
wieder ein Spaziergang in die nahen Wälder, und am Mittwoch, den
29. Auguſt, nun wieder im Feierabend, erfreute die zahlreich anweſen=
den
Hörer das 15jährige Mitglied Ludo Petry durch einen geſchichtlichen
Vortrag Bilder der türkiſchen Geſchichte, der in ebenſo meiſterhafter
Weiſe dargeboten wurde wie die vorhergegangenen mit den Themen
Elſaß=Lothringen, Schleswig=Holſtein, Polen. In allen Vorträgen wurde
ein umfaſſendes Bild gegeben über die geſchichtliche Entwickelung der be=
ſandelten
Gebiete und ihre heutige Stellung im Rahmen der ſie begren=
zenden
Reiche, eine Aufgabe, der ſich der jugendliche Redner mit bewun=
dernswertem
Fleiß unterzogen hatte, wobei eigene Meinung und treffen=
des
Urteil die Bedeutung der Vorträge erhöhte. Ein 5. Vortrag iſt in
Ausſicht genommen und wird allſeits mit Intereſſe erwartet. Die 7. dies=
jährige
Wanderung am Sonntag, den 2. ds. Mts., eine Bummelfahrt,
führte abſeits von Menſchentreiben in Waldeinſamkeit und blühende
Heide, und bot auch dieſer Tag dem Auge manch landſchaftliche Schön=
heit
und dem Magen manch erfriſchenden Genuß. Am letzten Abend war
nan zwanglos zuſammen bei Scherz und Spiel und Muſik. Für kom=
menden
Mittwoch, den 12. ds. Mts., hat ſich als Redner Herr Letten=
baur
freundlichſt zur Verfügung geſtellt, der durch jahrelangen Aufent=
halt
in den Balkanländern in der Lage iſt, ein getreues und vielſeitiges
Bild zu geben von Land und Leuten, ihrem Leben und ihren Gebräuchen.
Diesmal wird Herr Lettenbaur Schilderungen aus Serbien, Bulgarien,
Rumänien bringen, die ſicher viel Intereſſantes bieten dürften. Mit=
glieder
wie Freunde der Partei ſind gern willkommen. Ferner wird
noch einmal auf die Einladung zum badiſchen Landesjugendtag am
Sonntag, den 16. ds. Mts., in Karlsruhe aufmerkſam gemacht und um
weitere Anmeldungen gebeten.

*se. Das Sonntagsbuch dem deutſchen Chriſtenvolke zur Er=
bauung
, Belehrung und Unterhaltung, dargeboten von Rudolf Eckart.
42 Abbildungen uſw. Verlag Chriſtian Belſer, A.=G., Stuttgart. Ein
Sonntagsbuch im wahren Sinne des Wortes, das in jedem Chriſten=
menſchen
Stunden der Erbauung und Erhebung zu vermitteln geeignet
iſt. In Poeſie und Proſa und in ausgezeichneten Abbildungen nach
Federzeichnungen ziehen Sonntagsgedanken und Sonntagsſtimmungen
in dem Leſer vorüber, erſchallen Sonntagsgeſänge in Liedern und Ge=
ſängen
. Schlichte, erhebende und belehrende Volkserzählungen ſind
eingeflochten. Es iſt, als ob die gottesfürchtige Großmutter Kindern
und Enkeln Sonntagsandachten im Familienkreiſe ſpendet. Nur aus=
gezeichnete
Schriftſteller und Dichter ſind in dieſem herrlichen Buch zu
Wort gekommen, deſſen größter Vorzug darin beſteht, daß es nicht fröm=
melnd
iſt oder ſein will. Was es an Erbauung und Erhebung gibt, iſt
in dem ſchlichten, aber ſchönen Rahmen guter Volksliteratur und Volks=
dichtung
gehalten. Es iſt ſo recht ein Buch für unſere Zeit, für alle Stim=
mungen
und für alle Charakteure, die ſich nicht abgewandt haben von
Gottesfurcht und Chriſtenglauben.
* Romulus. Von Karl Gjellerup. 192 Seiten. Novellen=
bibliothek
. (Verlag von Quelle u. Meyer.) Romulus, die Tragödie
eines Pferdes eine flammende Anklage gegen menſchliche Unbarmherzig=
keit
, iſt zweifellos eines der ſchönſten Kunſtwerke, die Gjellerup je ge=
ſchaffen
, ein Kabinettsſtück dichteriſch vollendeter Erzählerkunſt.
* Das Okkulte. Von Graf Hermann Keyſerling, Graf
Kuno Hardenberg, Carl Happich. Darmſtadt 1923. Otto Reichl=Verlag.
Preis: Grundzahl 6 Mk. Von der richtigen Einſtellung
zum Okkulten ſpricht Graf Keyſerling eingangs des Buches und
trifft damit das Wichtigſte, das zunächſt über das Okkulte zu ſagen iſt.
Die notwendige Einſtellung des kritiſch Prüfenden auf die Harmonie
der Experimentierenden iſt außerordentlich ſchwierig, und daran ſchei=
tern
auch die meiſten Verſuche, die reſultatlos verlaufen. Nur wer über
die gleiche Organiſation verfügt, kann das Erleben des Okkultiſten teilen,
Die Wiſſenſchaft des Okkultismus iſt, in unſerem Zeitalter neugeboren,
noch viel zu jung, um jetzt ſchon zu einem irgend wie klar erkannten
Ergebnis gelangen zu können. Den Weg zu dieſer Forſchung gewieſen
zu haben, iſt das Verdienſt von Keyſerlings Abhandlung. Dieſe, von
tiefgründigem Denken geleitete Schrift wird noch bereichert durch wert=
volle
Literaturhinweiſe. Carl Happich geht nun in ſeiner Arbeit
Experimente und ihr Gewicht näher auf das Befondere der Medium=
wiſſenſchaft
ein und ſucht deren Weſen zu ergründen. In ausführlicher
Weiſe werden die Verſuche mit dem Medium H.=B. beſchrieben, deren
Vorgang hier protokollariſch wiedergegeben iſt. Ergänzend hierzu ein
Kapitel über phyſiognomiſches Hellſehen. Die durchaus wiſſenſchaftliche
und ſcharf kritiſche Behandlung des ganzen Stoffes verleiht dem Buch
eine erſte Stellung in der Fachliteratur. Abſchließend ſpricht Graf
Hardenberg über Medialität und Künſtlertum. Das Thema
wird in der künſtleriſchen Form geiſtvoller Dialoge behandelt und
ſchließt mit einer E. T. A. Hofmanniade, die ein großes Fragezeichen
hinterläßt.

Der eiſerne Beſtond in betriebswirtſchaftlicher und
ſteuerlicher Beziehung unter Berückſichtigung des Geldentwvertungs=
geſetzes
vom 20. März 1923. Von Dr. Franz Findeiſen, Profeſſor der
Betriebswirtſchaftslehre an der Handelshochſchule Nürnberg. Band IX
der Bücherei für Bilanz und Steuern. (Grundpreis 3,60 Mk. 1923,
Induſtrieverlag Spaeth u. Linde, Berlin C. 2.) Nachdem die Einfüh=
rung
der Goldmarkrechnung erhebliche Schwierigkeiten gezeitigt hat, iſt
das Problem der Rechnung mit eiſernen Beſtänden in den Vordergrund
gerückt. Das Buch zeigt, daß hier tatſächlich ein Weg vorliegt zur Ver=
meidung
der Scheingewinne nicht nur am Anlagevermögen, ſondern
auch an dem betriebsnotwendigen Warenlager. Die Unternehmung
muß ſich dieſer Rechnung bedienen, will ſie eine Vergleichsbafis für
ihren Vermögensſtand finden und will ſie den tatſächlich erzielten Ge=
winn
feſtſtellen. In ſteuerlicher Beziehung werden Wege gezeigt, um
der ungerechten Wegſteuer von Vermögensbeſtandteilen als Gewinn
Einholt zu tun. Das Problem iſt von Bedeutung auch in währungs=
ſtabilen
Zeiten, ja ſelbſt für die Goldmarkrechnung, zur Errechnung
des richtigen Betriebsgewinns. Die Arbeit füllt ſo eine Lücke aus, die
Wiſſenſchaft und Praxis in gleicher Weiſe empfanden.
Brunner, Prof. Dr. W., Von Stern zu Stern.
(Aus Natur und Geiſteswelt). 92 Seiten in 80 mit 27 Bildern im
Text, in farbigem Umſchlag. Leipzig 1923. Grundpreis M. 2.. Unter
den populären Schriften über Aſtronomie iſt dieſes Buch ein Novum.
Der Verfaſſer bringt Schilderungen, wie der Weltenraum ausſehen
würde, wenn man ihn von den einzelnen Plaueten unſeres Sonnen=
ſyſtems
betrachten würde. Das Buch iſt alſo als Ergänzung der bis=
herigen
aſtronomiſchen Literatur für Laien anzuſprechen. Es ſetzt keine
beſonderen Kenntniſſe voraus, ſondern ſpricht in leicht verſtändlicher
Vorſtellung zu dem Leſer. Zur Einleitung dient ein Ausblick vom
Erdſtern‟. Dann folgt eine Betrachtung unſerer Erde, wie ſie ſich
einem Mondbewohner darſtellen würde. Dann führt uns der Verfaſſer
auf den Mars. Nach ihm von einem zum andern Planeten bis zu
Jupiter und Saturn. Die ungeheueren Entfernungen dieſer Planeten
von unſerer Sonne kann man erfaſſen, wenn man lieſt, wie die Wir=
kung
unſeres wärme= und lebenſpendenden Zentralhimmelskörpers auf
dem Saturn für unſer menſchliches Empfinden überhaupt nicht mehr
zu ſpüren iſt. Das Buch erleichtert das Verſtändnis für alle kosmiſchen
Erſcheinungen.
wl Schule und Schulleben. Von Prof. Dr. Gandig.
Quelle & Meyer in Leipzig, 1923. der Gedanke, daß Schule keine
Veranſtaltung, ſondern Lebensſtätte ſei, iſt das bedeutſamſte Leitmotiv
der Gaudig’ſchen Pädagogik. Es gilt, daß die Schule einzelne Lebens=
gebiete
, wie das der Arbeit, des Spieles, der Feier, des Wanderns,
der Gemeinſchaft uſw. nach den ihnen inneſvohnenden Lebensgeſetzen
zu je beſonderem Eigenleben geſtalte. Deutſche Erziehung, Schul=
ſtimmung
, Schulgeſinnung Lehrerfreuden neuen Stils werden ſo
pädagogiſche Motive, die das ſchöpferiſche Denken Gaudiags anregen.
Vor allem aber foll der Strom nationalen Lebens die Schule durch=
fluten
und das Schulleben damit einmünden laſſen in den großen
Kulturprozeß. Was im Werden einer neuen Erziehung an pädaoggiſcher
Sehnſucht aufgeſtanden iſt, fängt Gaudig in ſeiner Gedankenwelt ein,
ſchmilzt es mit Eigenem zuſammen und weiß ihm in erſtaunlicher

Sprachkraft, Gehalt und Geſtalt zu geben. So lohnt das Buch nicht
nur mit reichſtem Gewinn für Anregungen, ſondern gewährt auch
hohen literariſchen Genuß.
Woran erkennt man die wichtigſten Stilarten?
Von Robert Bücheler. Mit 160 Abbildungen. Stuttgart, Greiner
& Pfeifer. Ein Führer für Laien, der allerdings auf eine wiſſen=
ſchaftliche
Wertung keinen Anſpruch machen darf, iſt dieſes Buch mit
ſeinem auf das notwendigſte beſchränkten Text und ſeinen recht guten
Abbildungsmaterial. Das Weſentlichſte der Stilkunde wird heraus=
gegriffen
und ſoll zu weiterem Studium anregen. Falſch gewertet und
dadurch zu kurz behandelt iſt das deutſche Barock und Rokoko mit ſeinen
weitgehenden Einflüſſen in Architektur und Dekoration. Eine gute
Ergänzung zu dem volkstümlich gehaltenen Text bietet das Vokabu=
larium
der techniſchen Ausdrücke und Fremdworte am Ende des Buches.

Buchanzeigen.

Tairoff: Das entfeſſelte Theater. Inhalt: Pro domo ſua: Dilet=
tantismus
und Meiſterſchaft: Die innere Technikt des Schauſpielers;
Die äußere Technik des Schauſpielers; Der Regiſſeuer; Die Literatur
im Theater: Die Muſik im Theater; Die ſzeniſche Atmoſphäre: Das
Koſtüm; Der Zuſchauer. Guſtav Kiepenheuer Verlag, Potsdam.
Grundpreis 8..

Weltfchüpfung und Weltanſchauung, von Prof. Dr. Wilhelm Liepmann.
(Berlin 1923, Volksverband der Bücherfreunde.)

Tſchernow Sawinkow=Nopſchin Lenin Trotzki Radek
Lunatſcharsky Dzerſchinsky Tſchitſcherin Sinowjew Kame=
new
. Mit 9 Porträtswiedergaben. 1.3. Tauſend. (Franz S hneider,
Verlag, Berlin, Leipzig, Wien I und Bern.)
Heſſiſches Landesmuſeum Darmſtadt. Kunſt= und hiſtoriſche Samm=
lungen
. Die Glasmalereien. Mit 5 Holzſchnitten von W. Harwerth
nach Scheiben aus der Ritterſtiftskirche in Wimpfen am Neckar.
(Darmſtadt 1923, Gedruckt bei Wilh. Gerſtung, Offenbach am Main.)
Unſere Herrſcherin, die Zeit von Friedr. Carl Freudenberg. (Druck und
Verlag der Univerſitäts=Buchdruckerei J. Freudenberg, Heidelberg.)
Die Gefahren der Alpen. Erfahrungen und Ratſchläge von Emil
Zſigmondy und Wilhelm Paulcke. Siebente Auflage, bearbeitet, ſeit der
vierten Aufl. von W. Paulcke. (München, Bergverlag Rudolf Nother
1922.)

Schneeläufer=Ausbildung. Lehrplan für Trockenunterricht und Ge=
ländekurs
. Herausgegeben vom Jugend= und Sportausſchuß des Deut=
ſchen
Skiverbandes und bearbeitet von Carl J. Luther. (Bergverlag
Rudolf Rother, München 1923.)
Der neue Kraftſport. 1. Teil; Vorbereitungen und Grundlagen von
Theodor Siebert. (Dr. Fritz Frommel, Verlag, Ludwigsburg 1923.)
Das Paradies der Tiere. Alte und neue Tiergeſchichten, Tiermärchen
und Fabeln. Herausgegeben von Carl W. Neumann. (Quelle und
Meyer in Leipzig.)

[ ][  ][ ]

Rummer 249.

Darmſtädter Tagblatt, Sonutag, den D. September 1923.

Seite 5.

Die Höchſtſätze der Erwerbsloſenunterſtützung betragen
in der Woche vom 5. bis 11. September 1923 wochentäglich:
in den Orten der Ortsklaſſen
1. für männliche Perſonen
a) über 21 Jahre, ſofern
ſie nicht im Haushalt Mk.
b) über 21 Jahre, ſofern
ſie in dem Haushalt
eines anderen leben 2030000 1890000 1750 000 1610000
c) unter 21 Jahren . . 1460000 1340000 1 220000 1100 000
2. für weibliche Perſonen
a) über 21 Jahre, ſofern
ſie nicht im Haushalt
eines anderen leben 2030000 1890000 1750000 1610000
b) über 21 Jahre, ſofern
ſie in dem Haushalt
eines anderen leben 1660000 1540000 1420000 1300000
e) unter 21 Jahren. .1120000 1050000 980000 910000
B. als Familien=
zuſchläge
für
a) den Ehegatten . . . 860000 780000 700000 620 000
b) die Kinder und ſon=
ſtige
unterſtützungs=
berechtigte
Angehö=
rige
= .. 710000 640000 570000 500 000

B
eines anderen leben 2 450000 23000000 2150 000 2000 000

Kunſtnotizen.

Ueber Werke, Künſiler und künſfleriſche Veranſfaltunge
geſchiebt, behält ſich die Redakt

U Du. E. Mk. Mk. Mk. Nachſtehenden Erwähnung

ſon ihr Arteil vor.

Tote, die wiederkehren (Tatſachen und Beweiſe),
lautet der Titel eines hochintereſſanten und überall von Tauſenden be=
ſuchten
Vortrages von Herrn Dr. med. Georg Lomer, welcher hier
im 12. September im Turnhalleſaal, abends 8 Uhr, gehalten wird. Der
geiſtvolle Redner verſteht es in ganz beſonderer Weiſe, das Publikum
zu feſſeln, und ſo iſt es erklärlich, daß in jeder Stadt ein geradezu un=
geheurer
Andrang zu dieſem Vortrag iſt. Karten bei Konzert=Arnold,
Wilhelminenſtraße 9.

St. Nieder=Ramſtadt, 8. Sept. Gemeinderatsbericht. Eine
ſtundenlange Debatte entſpann ſich wiederum über die Aufbringung der
Koſten des Beſtattungsweſen und der Faſelhaltung. Bisher wurden
dieſe in vollem Umfange von der Gemeinde aufgebracht. Die durch die
Geldentwertung eingetretene ungeahnte Höhe dieſer Koſten warf nun die
Frage auf, wie die Gemeinde finanziell zu entlaſten ſei. Im Prinzip
einigte man ſich dahin, nur noch einen gewiſſen Tel der Koſten auf die
Gemeinde zu übernehmen. Der Reſt der entſtehenden Beſtattungs=
koſten
muß durch die Beteiligten getragen werden, die ſich hiergegen
wieder dadurch ſichern können, daß ſie dem neu zu gründenden Sterbe=
kaſſeverein
beitreten. Andererſeits wird zur Deckung des Fehlbetrags
bei den Faſelhaltungskoſten ein Deckgeld erhoben. Beſtimmte Beſchlüſſe
ſollen aber erſt in der kommenden Sitzung gefaßt werden. Unter Auf=
hebung
des Beſchluſſes vom 23. v. Mts. wird einem Anſinnen des Kreis=
amtes
entſprechend der Zuſchlag zur Grunderwerbsſteuer von bisher
1 auf 3 Prozent mit ſofortiger Wirkung erhöht. Das Einzugs= und
Feuereimergeld wird auf wertbeſtändiger Grundlage feſtgeſetzt dergeſtalt,
daß das Briefporto für einen einfachen Fernbrief der Berechnung zu=
grund
gelegt wird. Der Beitrag zum Heſſ. Schutzverein für entlaſſene
Gefangene wird auf 1000 000 Mk. erhöht. Die Neubeſchaffung eines
Ziegenbocks wird beſchloſſen und mit dem Ankauf Gemeinderat Caſtritius
und Aug. Hanſt beauftragt. Dem Vertrag mit der Anſtalt für Epi=
leptiſche
wegen Unterhaltung der Gräber für die in der Anſtalt ver=
ſtorbene
Pfleglinge wird zugeſtimmt. Bürgermeiſter Appel berichtet
auf diesbezügliche Anfrage hin, daß die Gemeindeſchweſter Pfeifer trotz
vorſchriftsmäßiger Ladung vor dem Unterſuchungsausſchuß nicht erſchie=
nen
ſei, es vielmehr vorzog, in Urlaub zu gehen, ohne auch hierüber der
Verwaltung rechtzeitig Mitteilung gemacht zu haben. Dies Verhalten
wurde ſcharf mißbilligt und beſchloſſen, der Schweſter zu eröffnen, daß
ſie nach Rückkehr von ihrem Erholungsurlaub ihren Dienſt inſolange
nicht wieder anzutreten hat, als der Unterſuchungsausſchuß und der Ge=
meinderat
über die vorgebrachten Beſchwerdefälle ihre Entſcheidung nicht
gefällt haben. Eine Eingabe des H. Koch wegen einer Mietſtreitſache
gegen die Hausbeſitzerin wird für erledigt erklärt, da in dieſer Sache
der Gemeinderat nicht zuſtändig iſt.
* Nieder=Ramſtadt, 8. Sept. Wegen der auch in hieſiger Gemarkung
in der letzken Zeit ſich mehrnden Klagen über Beſchädigungen
von Wäldern, Schutzhäuſern, Bänken und dergleichen durch ſog.
Wandervögel und andere Touriſten, wurde auf Vorſchlag des Gemeinde=
rats
eine Freiwillige Bergwacht gebildet. Dieſer gehören zunächſt
acht Herren an, die dieſer Tage durch das Kreisamt auf den Polizei= und
Feldſchutz amtlich verpflichtet wurden. Es wird daher jetzt gegen alle
diejenigen, die ſich Vergehen dieſer Axt zuſchulden kommen laſſen, unnach=
ſichtlich
vorgegangen werden.
r. Pfungſtadt, 7. Sept. Grund= und Gewerbeſteuer. Der
hieſige Gemeinderat hat, weil die Stadtkaſſe infolge der Teuerung er=
höhter
Betriebsmittel bedarf, die Erhebung eines weiteren Steuer=
betrages
beſchloſſen. Der zuletzt gezahlte Betrag iſt demnach ſofort in
doppelter Höhe zu entrichten.
r. Babenhauſen, 7. Sept. Die Lebensmittelpreiſe ſchnellen,
wie überall, auch hier gewaltig in die Höhe. So iſt geſtern der Milch=
preis
von 184 000 Mark für das Liter auf 460 000 Mark von den Land=
wirten
feſtgeſetzt worden. Der Stallpreis beträgt allerdings nur 400 000
Mark, ohne 15 Prozent Zuſchlag geben die Bauern aber keine Milch ab.
Das Pfund Butter koſtet in der hieſigen Molkerei ſei geſtern 5,1 Mil=
lionen
Mark. Seit einigen Wochen wird dieſer wichtige und koſtbare
Brotaufſtrich nur auf Butterkarten durch die Molkerei ausgegeben. Jede
Haushaltung erhielt eine Karte, die zum Bezug von ¼ Pfund Butter alle
vier Tage berechtigt. Der Andrang an den Ausgabetagen iſt ſtets ſo
ſtark, daß die Leute, in langer Polonäſe ſtehend, oft ſtundenlang warten
müſſen.
ro. Seligenſtadt, 7. Sept. Die Grummeternte iſt im vollen
Gange. Seit Tagen hat man allgemein mit dem zweiten Grasſchnitt
begonnen. Für die Erntearbeiten hat man drei Termine feſtgeſetzt. Das
Mähen mit der Mähmaſchine war nur am geſtrigen Tage erlaubt. Mit
den Enteergebniſſen ſind die Landwirte im allgemeinen zufrieden.
0- Kelſterbach a. M., 7. Sept. Der Floßverkehr auf dem
Main hat in letzter Zeit etwas nachgelaſſen, dagegen hat der Schiffs=
verkehr
zugenommen. Die Schiffe befördern größtenteils Bauſtoffe, ins=
beſondere
Holz.
A. Offenbach, 7. Sept. Die geſtrige Stadtverordneten=
ſitzung
eröffnte der Oberbürgermeiſter mit der Mitteilung, daß
Stadtverordneter Heerd ſein Amt aus Geſchäftsüberlaſtung niederlegen
wolle. Sein Nachfolger auf der Zentrumsliſte iſt ein Portefeuiller aus
dem Stadtteil Bürgel. Es iſt dies bereits die zweite Veränderung, die
in der Zuſammenſetzung der Verſammlung zu verzeichnenn iſt. Bei der
Benennung neuer Straßen beantragten die Kommuniſten, eine Straße
Karl Liebknecht=Straße zu nennen. Unter Heiterkeit der Verſammlung
machte ein deutſchnationaler Stadtverordneter darauf aufmerkſam, daß
ſich die umgetaufte Kaiſerſtraße immer noch großer Beliebtheit erfreue.
Selbſt die Frau des Sozialdemokraten Dr. Katz glaube ſie nicht entbeh=
ren
zu können. Der Standpunkt der Sozialdemokraten ſcheine ſich alſo
demjenigen der Bürgerlichen zu nähern. Dr. Katz wehrte ſich gegen eine
Geſinungsänderung und ſchloß dabei mit der für einen Sozialdemo=
kraten
unmöglichen Wendung: Es waren zwei Königskinder! was
nochmals ſtürmiſche Heiterkeit auslöſte. Eine ganze Anzahl von Abgaben
und Gebühren wurden der Geldentwertung angepaßt, indem man ſie
wertbeſtändig machte. Man will dadurch einerſeits die Stadt vor Ver=
luſten
ſchützen, andererſeits die Stadtverordnetenverſammlung und ihre
Ausſchüſſe entlaſten. Für die Abgabe von Licht und Kraft aus dem
Elektrizitätswerk beſtand ein ſolcher Schlüſſel ſchon immer. Die Wert=
beſtändigkeit
wirkt aber auf manchen Betrieb ſehr hemmend ein. So
war vor einigen Wochen beſchloſſen worden, die Deckgebühren für Kühe,
Schweine und Ziegen auf 120, 60 und 10 Pfund Hafer feſtzuſetzen. Die
Folge davon war eine ſo geringe Benutzung der Faſeltiere, daß die Deck=
gebühren
geſtern um ein Drittel ermäßigt werden mußten. Die Hunde=
ſteuer
wird künftig in Goldmark erhoben. Der erſte Hund koſtet 3, der
zweite 5, der dritte 8, der vierte 12 Mark uſw. Die Vorlage der Ver=
waltung
ging bedeutend weiter. Die Verwaltung hat Notſtandsarbeiten

zuſammengeſtellt, die 342 Milliarden erfordern würden. Es wurde be=
ſchloſſen
, zunächſt 100 weitere Notſtandsarbeiter einzuſtellen. Ueber die
Lieferung des Auguſtzuckers kam es zu einem heftigen Zuſammenſtoße
zwiſchen dem Kommuniſten Seekamp und dem Oberbürgermeiſter. See=
kamp
warf dabei dem unbeſoldeten Beigeordneten Kappus Unfähigkeit
vor. Da der Oberbürgermeiſter den Beigeordneten in Schutz nahm,
wurde Seekamp noch heftiger. Er meinte dabei, die Regierung Cuno
gehöre nicht nur vor den Staatsgerichtshof, ſondern aufs Schaffott. Die
Milch muß hier immer noch bei den Händlern abgeholt werden; das
Reihenſtehen dabei war die Veranlaſſung zu der Forderung, daß dieſer
Mißſtand aus der Kriegszeit endlich beſeitigt werden müſſe. Die Stim=
mung
war allgemein für Abſchaffung des Abholens und des Reihen=
ſtehens
.
Offenbach, 8. Sept. Das Polizeiamt ſchreibt: In hieſiger Stadt
wurden in den letzten Tagen verſchiedene gefälſchte Notgeldſcheine
der Stadt Offenbach über eine Million Mark verausgabt. Die Ermitte=
lungen
der Kriminalpolizei führten auf die Spur von zwei Perſonen,
die unter dem dringenden Verdacht der Täterſchaft feſtgenommen wurden.
Es wurden bei ihnen einige noch nicht ganz fertige Falſchgeldſcheine ſowie
verſchiedene Formulare und die erforderlichen Stempel uſw. vorgefun=
den
. Die Beiden wurden dem Gericht zugeführt.
R.Klein=Karben (Oberh.), 7. Sept Tödlicher Unfall. Hier
wurde ein Kind, das hinter einem Wagen herlief, von einem aus ent=
gegengeſetzter
Richtung kommenden Prſonenauto überfahren. Die Räder
gingen dem Kind über den Kopf hinweg, ſodaß der Tod ſofort eintrat.
R. Gießen, 7. Sept. Naturalien=Bezahlung. Auch bei
den Zeitungen ſcheint ſich jetzt das Bezahlen in Naturaliefn einzubürgern.
So geben der Niddaer Anzeiger und der Grünberger Anzeiger be=
kannt
, daß ſie die Abonnementsgelder in Naturalien entgegenehmen.
Das erſtgenannte Blatt gibt als Feſtpreis 2 Liter Milch oder 3 Eier
oder 200 Gramm Butter oder 10 Pfund Kartoffeln oder 2 Pfund Wei=
zen
an.
Bad=Salzhauſen, 7. Sept. Für die Kinder der hier wohnenden
Ausgewieſenen iſt eine Schule errichtet worden, die von einem
ebenalls ausgewieſenen Lehrer gehalten wird. Der Unterricht findet im
Konzertſaal ſtatt.

Reich und Ausland.
Erfindermefſe.
Mannheim. Die vierte deutſche Erfindermefſe
wurde geſtern Vormittag im Roſengarten eröffnet. Vertreter von Staat
und Stadt, Handel und Induſtrie, hatten ſich zur Eröffnung eingefun=
den
. Der erſte Vorſitzende des Reichsverbands Beirer begrüßte, die
Erſchienenen. Aus ſeiner Anſprache ging hervor, daß zum erſten Male
eine Herbſtmeſſe veranſtaltet wurde nach dreijährigem Beſtehen der
Frühjahrsmeſſen. Der Erfinder mit ſeinen Neuerungen und Verbeſſe=
rungen
wurde in den Mittelpunkt der Meſſe geſtellt. Der Zweck ſoll ſein,
dem Erfinder durch Freiplätze Gelegenheit zu geben, ſeine Gedanken
weit zu verbreiten, um ſie Käufern des In= und Auslandes zugängig
zu machen, um Deutſchland den Großverkaufsmarkt zu verſchaffen, den
der deutſche Erfinder, die deutſche Induſtrie und die deutſche Wirtſchaft
ſo unendlich nötig hat, iſt es doch letzten Endes der Neuheitenmarkt, der
den internationalen Großkäufer anlockt. Die Belebung des Außenhan=
dels
wird in erſter Linie durch den Ausbau der Erfinder=Abteilung an=
geſtrebt
. Auch bei der Induſtrie=Ausſtellung wurde mehr als bisher auf
die Ausſtellung von Neuheiten geſehen, die geſetzlichen Schutz genießen.
Es folgte ſodann ein Rundgang durch die Ausſtellung, die allerdings
in der Zahl der Ausſteller etwas zurückbleibt gegen das Frühjahr. Der
Katalog verzeichnet 234 Nummern. Der Samstag=Nachmittag bot den
Meſſebeſuchern einen außergewöhnlichen Genuß.; Im Nibelungenſaal
fand ein Radio=Konzert ſtatt, d. h. es wurde drahtlos übermittelte Muſik
zu Gehör gebracht.
Von einer Eiſenbahnüberführung auf den Bahnkörper geſtürzt.
Mannheim. Beim Spielen auf der Lindenhofüberführung über
das Geländer auf den Bahnkörper geſtürzt iſt der 9 Jahre alte Volks=
ſchüler
Karl Walther. Er zog ſich durch den Sturz eine Augenverletzung
und eine leichte Gehirnerſchütterung zu.
Bei einem Bettler, der deswegen feſtgenommen werden mußte, weil
er einen Hundertmarkſchein, den ihm eine Frau geſchenkt hatte, zerriß
und ſchimpfend zu Boden warf, und dadurch eine Anſammlung hervor=
rief
, wurden 15 Millionen 113000 Mark gefunden, ein Betrag, der
zweifellos vom Betteln herrührt.
Finanzkataſtrophe in Rathenow.
In der Rathenower Stadtverordnetenverſammlung teilte der Ma=
giſtrat
mit, daß er nicht mehr imſtande ſein wird, am 1. Oktober die
Beamtengehälter zu zahlen. Die Stadt ſtehe vor dem finanziellen Zu=
ſammenbruch
. Sämtliche weiblichen Angeſtellten ſollen entlaſſen und,
wenn es geht, der Landarbeit zugeführt werden. Die Beamten haben
bei der letzten Zahlung ihr Gehalt nur noch in Notgeld erhalten. Zur
Sprache kam ferner, daß bei der Beſchaffung von ausländiſchem Gefrier=
fleiſch
für die Stadt der Geſchäftsführer Zeisberg der Viehverwertungs=
genoſſenſchaft
100 Dollar Schmiergeld von einer Hamburger Firma er=
halten
hat. Zeisberg iſt aus ſeinem Amte entfernt worden.
Geldſchrankknacker.
Von Geldſchrankeinbrechern wurde in der Nacht zum Donnerstag der
Verein Berliner Buchdruckereibeſitzer in der Friedichſtraße 239 heim=
geſucht
. Gewerbsmäßige Verbrecher, die ſich auf noch nicht geklärte
Weiſe Eintritt in die Räume verſchafften, erbrachen den Geldſchrank und
erbeuteten rund 25 Milliarden, hauptſächlich in 2=Millionenſcheinen ohne
Nummer. Für die Ermittelung und Ergreifung der Täter iſt eine Be=
lohnung
von 100 Millionen ausgeſetzt, für die Wiederbeſchaffung des
geſtohlenen Geldes 10 Prozent des Wertes. Mitteilungen an Kriminal=
kommiſſar
Bünger, im Zimmer 89a des Polizeipräſidiums.
Eine Milliarde für den ehrlichen Finder.
Am Dienstag wurde auf dem Wege von der Theatinerſtraße bis zum
Hotel Continental in München ein Platinanhänger mit einer großen
Perle, zwei großen Brillanten und mehreren kleinen Brillanten verloren.
Den koſtbaren Gegenſtand fand ein Studienprofeſſor, der ihn dem Ver=
luſtträger
zuſtellte. Der ehrliche Finder erhielt die hohe Belohnung von
einer Milliarde Mark.
Jüngſt berichteten wir von der Feſtnahme eines in der Barerſtraße
wohnenden Ehepaares unter dem Verdacht, ihrer Zwangsmieterin, einer
Schauſpielerin, Silbergegenſtände im Milliardenwerte
geſtohlen zu haben. Das Ehepaar wurde, da kein Nachweis erbracht
werden konnte, auf freien Fuß geſetzt. Der Diebſtahl, der in der Zeit
von Ende März bis Mitte Auguſt verübt wurde, iſt noch ungeklärt.
Geſtohlen wurden u. a. eine ſilberne Halsbandſchließe mit erbſengroßer
Perle und Brillanten, ein Zweipfennigſtück in Gold gefaßt, brillanten=
beſetzt
, mit der Gravierung Lille, 3. Okt. 1914 ein 20 Zentimeter hoher
Silberpokal mit einem Wappen, ein 2½ Pfund ſchwerer ſilberner Brot=
korb
, ein ſilberner, ovaler Empirekorb im Gewicht von etwa 1 Pfund,
ein 3½ Pfund ſchwerer ſilberner Weinkühler mit Wappengravierung,
ſilberne Deckel u. a. Für die Ermittelung der Diebe wird eine Beloh=
nung
von 500 Millionen Mark zugeſichert.
Ein Haus in die Luft geſprengt.
Hilperrsau. Während der Hausbeſitzer und Nagelſchmied Wil=
helm
Black vor dem Hauſe arbeitete, wurde plötzlich das Dach des
Hauſes in die Höhe gehoben, und kurz darauf ſtürzte das ganze Haus
zuſammen. Der im gleichen Hauſe wohnende Paul Fritz hatte aus noch
unbekannter Urſache mit einer Patrone das Haus in die Luft geſprengt,
nachdem er ſich vorher in Sicherheit gebracht hatte, während ſeine Frau
nur mit Mühe ſich aus dem zuſammenſtürzenden Hauſe retten konnte.
Enorme Zuckerpreiſe in Rußland.
Die Moskauer Zeitungen berichten, daß der Zuckermangel in
einzelnen Gegenden des ruſſiſchen Reiches einen gewaltigen Umfang an=
genommen
hat, und daß die Zuckerpreiſe ſtändig ſteigen. Der Zucker=
mangel
im Gouvernement Smolenſt erinnert an den Salzmangel im
Winter 1919 und Frühjahr 1920. In Smolenfk iſt der Preis für Stück=
zucker
im Kleinhandel vom 15. Juli bis zum 5. Auguſt um 175 Prozent
geſtiegen. Die Preiſe für Streuzucker ſind in derſelben Zeit ſogar um
330 bis 360 Prozent geſtiegen. In vielen Dörfern iſt bereits gar kein
Zucker mehr vorhanden. Während der Smolenſker Bauer vor 1 ½Mo=
naten
für ein Pud Roggen 3 Pfund Stückzucker oder 5 Pfund Streu=
zucker
kaufen konnte, kann er gegenwärtig nur 1½ Pfund Stückzucker

oder 1½ Pfund Streuzucker für ſein Pud Roggen erhalten. Infolge des
Zuckermangels hat die Spekulation am freien Markt eine ungeheuere
Ausdehnung erfahren. Der Unterſchied zwiſchen den Zuckerpreiſen der
Genoſſenſchaften und des privaten Einzelhandels beträgt 20 bis 25 Pro=
zent
. In Kaluga koſtete ein Pud Stückzucker am 7. Auguſt 3 Milliarden
Rubel.
Der Glöckner der Kapuziner=Kirche.
Auf eigenartige Weiſe ſind katholiſche Familien in Budapeſt von
einem Schwindler geſchädigt worden. Bei ihnen erſchien ein Mann und
gab ſich als der Glöckner der Ofener Kapuziner=Kirche aus. Er jam=
merte
den Leuten vor, daß er vom Orden kein Gehalt beziehe und nur
auf die Gelder angewieſen ſei, die er für das Läuten der Glocken bei
Beerdigungen und Traumeſſen erhalte. Er erbat eine Unterſtützung
und verſprach, für ſeine Wohltäter emſig die Gocken zu läuten. Auf
dieſe Weiſe erhielt er viele Tauſende von Kronen. Als aber das
Glockenläuten zu der verſprochenen Zeit nicht erfolgte, wurden die Wohl=
täter
ſtutzig und machten der Polizei Mitteilung. Dieſe ermittelte den
Pſeudoglöckner in einem ſtellungsloſen Zimmergeſellen, der dieſen
Schwindel mit Erfolg bei einer ganzen Reihe von katholiſchen Familien
durchgeführt hatte.
Fünf Generationen am Leben.
In der ſchwediſchen Provinz Oeſtergötland iſt der überaus ſeltene
Fall paſſiert, daß fünf Generationen ein und derſelben Familie gleich=
zeitig
am Leben ſind. Der jüngſte Sproß dieſer zehn Familien iſt erſt
anderthalb Jahre alt, während die noch am Leben befindlichen Ur= Ur=
großeltern
noch nicht älter als 84 Jahre alt ſind. Ihr Töchterlein, die
glückliche Urgroßmutter, zählt 65 Jahrz, während die dazugehörige
Mutter erſt 42 Jahre alt iſt.

Sport, Spiel und Turnen.
Ausſchuß für Leibesübungen in Darmſtadi.
Nach der Sommerpauſe wird der Ausſchuß für Leibesübungen am
nächſten Donnerstag im Hauſe der Turngemeinde am Woogsplatz wieder
zuſammentreten. Die Beratungen gelten hauptſächlich der finanziellen
Lage, Erhöhung der Beiträge und der Wiederherrichtung der Rennbahn
an der Heidelberger Straße. Hinſichtlich des letzten Punktes liegen ent=
ſprechende
Anträge des Velozipedklubs, des Radſportklubs und des
Motorradklubs vor, welche die alte zum Teil abgetragene Radrennbahn
inſtand ſetzen wollen, ſoweit möglich unter Selbſtarbeit dre Mitglieder.
Da die drei Klubs mit einer ſicheren Berzinſung der Anlagekoſten rech=
nen
, wird auch der Vorſtand des Ausſchuſſes das Vorhaben unterſtützen;
es müßte aber zuvor Erſatz für die derzeitigen Platzinhaber geſchaffen
werden. Letzten Endes liegt die Entſcheidung der Frage bei der Stadt=
St.
verwaltung als Eigentümerin des Geländes.
Schwimmen.
Zum heutigen Bezirksſchwimmfeſt.
Der Beſucher des Städtiſchen Hallenſchwimmbades wird in den letz=
ten
Tagen überraſcht geweſen ſein ob der reichen Tätigkeit der an dem
Bezirksſchwimmfeſt teilnehmenden Vereine. Dieſe haben ihre letzten
Rüſtungen beendet und erſcheinen heute wohlgerüſtet zum Kampf. Kurz
etwas über die Kämpfe ſelbſt: Eröffnet wird die Wettkampffolge mit
einer Jugendbruſtſtaffel, deren Ausgang vollkommen offen ſteht, wenn
wir nicht den Klub als Favorit bezeichnen wollen. Eine Reihe intereſſan=
ter
Einzelkämpfe ſchließt ſich an, wornuter das Knabenſpringen haupt=
ſächliche
Bedeutung hat. Nicht weniger wie 12 Teilnehmer haben ſich
gemeldet. Adolf Mayer, T. G.D. 1846, wird ſich den Sieg ſo leicht nicht
nehmen laſſen. Der Wettkampf 7 bringt uns eine Junior=Lagenſtaffel
über 4X50 Meter und ſcheint ein heißer Kampf zu werden. Auch im
Jugendſpringen dürfte dem Zuſchauer nur Gutes geboten werden. Der
Wettkampfreigen wird am Nachmittag mit einer Jugendlagenſtaffel er=
öffnet
, wozu jeder Verein nur ſein beſtes Material ſtellt. Einige in=
tereſſante
Einzelrennen bringen uns zur Knabenlagenſtaffel, zum Ju=
gend
=Junior=Bruſtſchwimmen, zur Damen=Jugendbruſtſtaffel und zur
Juniorenbruſtſtaffel, alles äußerſt ſpannende Kämpfe. Ein ſchöner Mäd=
chenreigen
der Mädchen von der Turngemeinde wird den Schönheitsſinn
des Zuſchauers zufrieden ſtellen. Den Schluß bilden einige Staffeln von
wechſelſeitigem Können und Siegen. Auch der Liebhaber des Waſſer=
ballſpieles
wird zum Schluß auf ſeine Rechnung kommen. Alles in allem
ein Wettſchwimmen, das alles bringt, was feſſeln kann, und wird ein
Beſuch deshalb ganz beſonders empfohlen.
Fußball.
Schon wieder iſt die Eintracht=Mannſchaft im Stich gelaſſen worden.
Turnverein 1846 Mannheim hat abgeſagt. In letzter Minute gelang
es, die hier gern geſehene Sportvereinigung Arheilgen nach hier zu ver=
pflichten
. Da beide Vereine als fair bekannt ſind, dürfte ein ſchöner
Kampf zu erwarten ſein, und wird der Beſucher reichlich auf ſeine Koſten
kommen. Spielbeginn 3.30 Uhr Sonntag nachmittag.
H. H.
Lawn=Tennis.
Sonntag, den 9. Sept., findet auf den Plätzen am Böllenfall=
or
ein Städtewettſpiel zwiſchen Frankfurt (Club Palmengarten) und
dem Tennis= und Eisklub ſtatt. Beginn 3½ Uhr.
S.

Vertreter: Aures & Co., Darmſtadt, Rundeturmſtraße 12.
Gottesdienſt der iſraelitiſchen Religionsgemeinde.
Hauptſynagoge (Friedrichſtraße),
Neujahrsfeſt.
Montag, den 10. Sept.: Vorabendgottesdienſt 6 Uhr 45 Min. Pred.
Dienstag, den 11. Sept.: Morgengottesdienſt 7 Uhr 45 Min.
Predigt 9 Uhr 15 Min. Abendgottesdienſt 7 Uhr 30 Min.
Mittwoch, den 12. Sept.: Morgengottesdienſt 7 Uhr 45 Min.
Predigt 9 Uhr 15 Min. Feſtesausgang 7 Uhr 30 Min.
Gottesdienſt an den Wochentagen: Morgens 6 Uhr 30 Min.
Abends 5 Uhr 45 Min

Tageskalender.
Orpheum 72/ Uhr: Der Vetter von Dingsda Herrngar=
ten
11 Uhr: Promenadenkonzert. Geſellſchaft Eiche,
5 Uhr, im Mathildenhöhſaal: Tanz. Rummelbräu: Tanz
und Konzert. Union=, Reſidenz=, Zentral=Theater, Palaſt= Licht=
ſpiele
: Kinovorſtellungen.
Verſteigerungskalender. Montag, den 10. September.
Grummetgrasverſteigerung, vorm. 11 Uhr, im Prinz Emils=
garten
, nachm. 3 Uhr: im Schloßgarten. Brennholzver=
ſteigerung
, vorm. 9 Uhr, im Rathausſaal zu Groß=Zimmern.
Grummetgrasverſteigerung, nachm. 1 Uhr Zuſammen=
kunſt
auf der Kreisſtraße EſchollbrückenCrumſtadt, Los Nr. 2.

Druck und Verlag: L. C. Wittich. Verantwortlich für Politik und
Wirtſchaft: Rudolf Mauve; für Feuilleton, Stadt und Land
Reich und Ausland: Max Streeſe; für den Inſeratenteil:
J. V. A. Flciſcmann, ſämtlich in Darmſtadt.

Die hentige Rummer hat 8 Seiten
nnd Unterhaltungsblatt.

[ ][  ][ ]

Seite 6.

Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 9. September 1923.

Rummer 249.

Die Finanzen des Großherzogs.
Roman von Frank Heller.
Copyright bei Georg Müller Verlag, München.

(Nachdruck verboten.)
29)
Dreieinhalb Millionen Pfund, wenn wir Peſetas mit
Franks gleich rechnen, was ſicherlich zu hoch iſt. Was machen
45einhalb Prozent dieſes Betrages, Mr. Jſaaes? Kaum ein=
dreiviertel
Millionen Pfund, wenn Sie die Sache kaufen wollen,
wie ſie ſteht und geht. Aber das brauchen Sie gar nicht, wenn
Sie nicht ſvollen. Für einen Teil der Darlehen, zum Beiſpiel
das auf das Mineralwaſſer oder eines, das auf die Languſten=
fiſcherei
gegeben wurde, haben Sie gar keine Verwendung. Alle
beide ſind in Marſeille emittiert. Marſeille können wir alſo
übergehen, wenn wir den Coup machen. Angenommen, daß wir
nur 75 Prozent der ſämtlichen Staatspapiere kaufen, ſind Sie
abſoluter Herr über den minorcaniſchen Staat; für ein und ein
drittel Millionen Pfund. Hat es Sie nie gelüſtet, den Zauber
unumſchränkter Macht zu fühlen, Mr. Iſages? Und ſich noch
dafür in einer Weiſe bezahlen zu laſſen, die jeden Geizhals grün
vor Neid machen muß. Ueberdies brauchen Sie Ihre 1 350000
Pfund gar nicht allein zu riskieren; wenn ich auch nur ein
armer Profeſſor bin, ich risKere auch, was ich kann.
Wieviel? fragte Mr. Jſaaes lächelnd.
10000 mindeſtens, ſagte er ernſthaft. Aber ſehen Sie
ſich ſetzt meine Detailziffern an!
Mr. Jſaaes, der ſich an den Schreibtiſch geſetzt hatte, be=
gann
ſie zu prüfen, zuweilen ſeinen wunderlichen Gaſt mit
langen Blicken fixierend, dann wieder mehrere Minuten lang
Ziffern auf ein Blatt Papier hinwerfend. Profeſſor Pelotard,
der müde in ſein Lederfauteuil zurückgeſunken war, rauchte ſeine
Zigarre zu Ende und zündete ſich eine neue an. Von draußen
hörte man das dumpfe Vormittagsbrauſen Londons. Plötzlich
begannen die Glocken einer nahegelegenen Kirche zu dröhnen,
und Mr. Jſaaes erhob ſich.
God dam me, Profeſſor, ſagte, er langſam. Ich glaube
wahrhaftig, Sie haben das Goldet gefunden, wie Sie ſagen.
Vielleicht wird mich das, was ich tue, noch reuen, aber ich will
mich wieder einmal auf Ihre Schlauheit verlaſſen. Auf jeden
Fall mache ich das größte Geſchäft meines Lebens.
Bis jetzt, ſchaltete Herr Collin ein, bis jetzt, Mr. Jſaacs!
So allmählich werden wir ſchon noch größere machen.
Wenn uns dieſes nicht umſchmeißt, ſagte Mr. Jſaaes
trocken.
Die Details müſſen wir nach meiner Wahl in meinem Kreiſe
durchgehen. Man wählt morgen, wie Sie wiſſen. Bis dahin
haben Sie mein Verſprechen, daß ich Ihnen an dem Tage, an

dem Sie alles in Ordnung haben, eine Million dreimalhundert=
fünfzigtaufend
zur Verfügung ſtelle.
Eine Million dreimalhundertfünfzigtauſend, korrigierte
Philipp Collin, Sie vergeſſen meinen Beitrag.
Der große Finanzmann lachte, und ſein weißhaariger Gaſt
verſchwand mit müden Schritten und geſenktem Kopfe durch die
gepolſterte Doppeltür.
Drittes Kapitel,
worin der Leſer ſich in Paris befindet und eine geheimnisvolle
Dame kennen lernt.
Man ſchrieb den 4. März 1910. Es war halb ſieben Uhr
abends, und ein zarter Nebelſchleier ſchwebte über Paris. Den
Ueberſchwemmungen der Seine, die gerade vorüber waren, war
entzündeter Sonnenſchein gefolgt, der die Weltſtadt tagsüber in
Wogen von weißem Licht und Sonnenrauch hüllte, hingegen
waren die Abende kalt und nicht ſelten neblig.
Auf den Boulevards brauſte der Verkehr an dieſem März=
abend
in einem ununterbrochenen Strom. Die Laternen der
Automobile kreuzten ſich wie Fäden eines verwickelten orien=
taliſchen
Muſters, von der Sekunde gewoben, um von der näch=
ſten
Sekunde zerriſſen zu werden. Die Motoromnibuſſe rumpel=
ten
ſchwerfällig und ungeſchlacht dahin, und hie und da wankte
eine Pferdedroſchke in müdem Begräbnistakt vorbei. Das Geſicht
des Kutſchers unter dem weißen Wachstuchhut war rot und ver=
ſchwollen
, und der Kopf des Pferdes neigte ſich müde zu Boden.
Das heiſere Kreiſchen der Zeitungsverkäufer durchſchnitt alles,
ſogar den Lärm der Autobuſſe: La Preſſe, un ſou la Preſſe! Die
Geſchäfte gingen daran, zu ſchließen, und die elektriſchen Rekla=
men
leuchteten auf, flackerten, erloſchen und entzündeten ſich von
neuem, in einer eſig grün=rot=weiß=ſtrahlenden Serie. Vor den
Cafés ſaßen trotz der Kälte getreue Scharen von Boulevand=
habitués
bei ihrem Abſinth oder Vermouth.
An einem der Tiſchchen vor dem Café de la Paix ſaß ein
eleganter junger Herr von vier= oder fünfunddreißig Jahren bei
einem Abſinth. Sein Geſicht war offen und freundlich, er hatte
einen ſchwarzen Schnurrbärt und kluge ſchwarze Augen. Ob er
Franzoſe war oder nicht, ließ ſich ſchwer entſcheiden, der Kellner,
mit dem er einige Worte gewechſelt hatte, würde darauf geſchwo=
ren
haben, und der allgemeine Typus des jungen Herrn hätte
dieſe Anſicht bekräftigt, während die Kleidung und ein paar eng=
liſche
Zeitungen, die neben ihm lagen Börſenzeitungen"
anzudeuten ſchienen, daß er Engländer war.
Er ſaß etwas zurückgelehnt da. Sein Tiſchchen ſtand in der
äußerſten Reihe und war dort das einzig beſetzte. Ab und zu
bekam er von einem Vorübergehenden einen Puff, aber es ſah
aus, als merkte er ſolche Epiſoden kaum.
Sein Geſicht lächelte beſtändig mit einem gewiſſen Ausdrucke

der Selbſtzufriedenheit, hie und da warf er einen raſchen Blick
auf ſeine Zeitungen, und dann verſtärkte ſich das Lächeln. Es
ſah aus, als träumte er und als wären ſeine Träume beſonders
angenehmer Natur.
Es war jedoch beſtimmt, daß dieſe Träume ein raſches Ende
nehmen ſollten.
Ein grellrot lackiertes Auto mit weißen Laternen bog plötz=
lich
um die Ecke Rue Auber. Die Geſchwindigkeit war ſo ſtark,
daß es ſich bedenklich auf die linke Seite neigte. Nun machte es
eine plötzliche Wendung zum Trottoirrand des Cafés de la Paix
Noch lange bevor es ſtehen bleiben konnte, flog die Türe auf, und
jemand, in einen langen Automantel gehüllt, ſprang heraus.
Die Türe flog wieder zu, und das rote Auto, das gar nicht ſtehen
geblieben war, nur die Fahrt etwas verlangſamt hatte, machte
wieder eine plötzliche Wendung nach dem Boulevand des Capu=
eines
, vermied um Haaresbreite mit einer Pferdedroſchke zu kolli=
dieren
, und verſchwand, von den Flüchen des Kutſchers gefolgt,
mit ſeiner urſprünglichen raſenden Geſchwindigkeit auf die Place
de UOpera.
Das Ganze hat kaum dreißig Sekunden in Anſpruch genom=
men
. Der junge Mann an dem Cafétiſchchen, der das linke
Augenlid leicht gehoben hatte, um die Szene zu betrachten, ſetzte
ſich plötzlich gerade auf. Das Vorhergehende war eine banale
Boulevandepiſode geweſen, was nun folgte, war um ſo mehr
darnach angetan, ihn aus ſeiner Verſunkenheit aufzurütteln.
Bevor noch das rote Auto die Place de lOpera erreicht hatte,
hatte die Perſon, die herausgeſprungen war, ein paar haſtige
Schritte, Sprünge hätte man ſagen können , über das Trot=
toir
gemacht, an dem der junge Herr mit dem ſchwarzen Schnurr=
bart
ſaß, und ſich, ohne eine Sekunde zu zögern, an ſeinem
Tiſche niedergelaſſen. Im nächſten Augenblick legte ſich eine be=
handſchuhte
kleine Hand auf, ſeinen Rockärmel, und er ſpürte
einen warmen Atemhauch in ſeinem rechten Ohr. Dann, als er
ſich etwas gefaßt hatte, hörte er ein kurzes haſtiges Flüſtern:
Retten Sie mich, Monſieur, wenn Sie ein Gentleman ſind.
Man hat mich in meinem Auto verfolgt vielleicht iſt es mir
gelungen, ſie irrezuführen. Tun Sie nichts dergleichen . .
Sehen Sie aus, als wenn ich in Ihrer Geſellſchaft wäre . .
ſprechen Sie mit mir, als wäre ich Ihre . . . Freundin . . . ah,
mein Gott, da ſind ſie.
All dies hatte kaum eine halbe Minute gedauert, jetzt ver=
ſtummte
die Stimme, und der Griff der behandſchuhten kleinen
Hand um ſeinen Arm wurde feſter, er fühlte den Druck ihres
Daumens und Zeigefingers durch ſeinen Ulſter, und der Atem
der Unbekannten an ſeiner Wange ging heiß und keuchend. Als
er der Nichtung ihrer Blicke durch den Automobilſchleier folgte,
ſah er, daß ein ſchwarzes Auto mit lautlos arbeitendem Motor
plötzlich an der Ecke einige Schritte von ihnen aufgetaucht war.

Beachten Sie den friſchen Duift und die große

Schazmkpaft von Keuapto,

1,7391

Familiennachrichten

Margarete Lunderstedt
Kurt Schubert
cand, dipl. ing.
VERLOBTE

Darmstadt
Mathildenstr. 1.

Neusorge
(Schlesien).
(*24340

Todes=Unzeige.
Nach kurzem Krankenlager ent=
ſchlief
ſanft im 72. Lebensjahremein
treuſorgender lieber Mann, unſer
lieber Vater, Großvater, Bruder,
Schwiegervater u. Schwager, der
Hofkoch i. Penſ.
Ludwig Kloß.
Darmſtadt, den 8. Sept. 1923,
Im Namen
der trauernden Hinterbliebenen:
Minna Kloß, geb. Goebel.
Die Beerdigung findet am Mon=
tag
, den 10. Sept. 1923, nachm.
3 Uhr, von der Kapelle am alten
Friedhof, Nieder=Ramſtädterſtr.,
aus ſtatt.
(k24491

Für, dir uns erwieſene innige
Teilnahme beim Hinſcheiden unſeres
lieben Entſchlafenen ſagen wir auf
dieſem Wege herzlichen Dank. (*24501
Frau D. Chriſt u. Höhne.

Statt Karten.

Für alle wohltuenden Zeichen
von Teilnahme und die ſchönen
Blumenſpenden ſagt herzlichen
(24507
Dank
Frau Martha Friedlaender.

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Dankſagung.
Wir übernehmen laufend:

Füir die vielen Beweiſe herzlicher
Teilnahme beidem Hinſcheiden meiner
liebenGattin,unſerer Tochter, Schweſter
undSchwägerin ſagen wir unſeren in=
nigſten
Dank. Ganz beſonderen Dank
Herrn Pfarrer Zimmermann für die
troſtreichen Worte am Grabe, der
Schweſter der Stadtgemeinde für die
liebevolle Pflege, der Gewerkſchaft
DeutſcherLokomotivführer, derFrauen=
vereinigung
der Turngeſellſchaft 1875,
ſowie für die vielen Kranzſpenden
und Allen, welche ſie zur letzten
Ruhe geleitet haben.
(*24497
Die trauernden Hinterbliebenen:
Heinrich Becht
Familie Philipp Sturmfels
Adolf Becht.
Darmſtadt, 7. September 1923.

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[ ][  ][ ]

Darmſfädter Tagblatt

9. September 1923Nr. 249

Dondeisdra

Oie Frageder Anerkennung Sowſet=Rußlands
durch die Vereinigten Staaten.
Auf eine Anfrage von Samuel Gompers, dem greiſen Präſi=
benten
des amerikaniſchen Gewerkſchaftsbundes, der heute wohl
als der ſenilſte unter allen Arbeiterführern der Welt daſteht, ob
eine Anerkennung Sowjetrußlands durch die Vereinigten Staa=
ten
drohe, hat der Staatsſekretär Hughes in einem längeren
Schreiben geantwortet, daß, da Sowjetrußland fortfahre, das
Recht auf Eigentum zu ignorieren und wider die weſentlichen
Grundſätze der zwiſchenſtaatlichen Beziehungen zu verſtoßen, da
keine Beſſerung ſtattgefunden habe in der Richtung, daß das
Sowjetregime eine ſtabile Regierung ſichere und dem Volk ſeine
Rechte gewährleiſte oder den Schutz von Perſonen oder Ver=
mögen
von Bürgern anderer Länder garantiere, die Geſchäfts=
beziehungen
mit Rußland aufzunehmen ſuchen, von einer An=
erkennung
auch fernerhin keine Rede ſein könne. Wenn auch die
neue Wirtſchaftspolitik eine teilweiſe Rückkehr zur Freiheit der
Wirtſchaft darſtelle, ſo blieben doch die bürgerlichen Freiheiten
des Volkes ohne die Garantie eines Geſetzes unſicher, bleibe die
Preſſe auch fernerhin unter der Kontrolle des Sowjetregimes
und bleibe die Arbeiterſchaft dem Staat auf Gnade und Un=
gnade
ausgeliefert.
Die Grundtatſachen der ruſſiſchen Lage haben einen tiefen
Eindruck auf die Bewohner der Vereinigten Staaten gemacht,
fährt der Hughesſche Brief fort und deutet an, daß dem Staats=
departement
von vielen Seiten die Anvegung zugekommen iſt, die
Beziehungen zu Rußland wieder aufzunehmen. Aber gerade
wegen der Freundſchaft der Vereinigten Staaten für Rußland,
behauptet Hughes, ſolle nichts getan werden, was einer Billi=
gung
der tyranniſchen Maßnahmen entſpricht, die man in Ruß=
land
anwendet, noch etwas unternommen werden, wodurch die
gradweiſe Wiedergewinnung ſeines Rechts, in Freiheit zu leben,
dem ruſſiſchen Volke vorenthalten werden könnte‟. In der Folge
unterzieht dann Hughes die Enteignungspolitik der ruſſiſchen
Regierung einer ſcharfen Verurteilung. Noch bedenklicher als
die Konfiszierung amerikaniſchen Eigentums in Rußland ohne
Ausſicht auf Entſchädigung iſt in ſeinen Augen der vollgültige
Nachweis, daß diejenigen, die in Moskau das Heft in Händen
haben, ihre alte Abſicht nicht aufgegeben haben, die beſtehenden
Regierungen in den übrigen Ländern zu ſtürzen, wo immer dies
möglich ſei Solange man in Rußland bei einer derartigen
Politik beharre, erklärt das Hughesſche Schreiben, können bloße
wirtſchaftliche Erwägungen oder die Schaffung einer etwas ge=
beſſerten
wirtſchaftlichen Lage, die rechtlichen Seiten der Ange=
legenheit
nicht aus der Welt ſchaffen. Nur die Verſicherung, daß
die ruſſiſchen Gewalthaber ihre Verſuche, die Einrichtungen der
Demokratie zu ſtürzen, aufgeben werden, und der Beweis ihrer
guten Abſichten könnten die amerikaniſche Regierung bewegen,
ihren Standpunkt hinſichtlich der Anerkennung einer Aenderung
zu unterziehen.
Dieſes Schreiben macht zur Genüge klar, daß der Stand=
punkt
des Staatseigentums hinſichtlich der Anerkeunung Sowjet=
rußlands
ſeit März d. J., als Hughes zuletzt ſeine Auffaſſung
dargelegt hatte, oder überhaupt ſeit ſeiner erſten Stellungnahme
keinerlei Aenderung erfahren hat. Es macht ſogar den Eindruck,
als ob die ſich verſtärkende Bewegung zugunſten einer Anerken=
ung
, zu deren Wortführer ſich die progreſſiven Senatoren Borah
und Brockhart gemacht haben, den Staatsſekretär eher noch in
ſeinem Entſchluß verſteift hätte, nicht etwa, weil er in der Art
von Gompers fürchtet, daß der Bolſchewismus den Organismus
einer in dreißig Jahren erſtarkten Arbeiterbewgung ernſtlich be=
drohen
könnte, ſondern weil er in erſter Linie Juriſt iſt und weil
für ihn gegen die juriſtiſche Seite der Angelegenheit alle anderen
Erwägungen zurückſtehen müſſe. Dem guten oder beſſeren Willen
anderer Faktoren der amerikaniſchen Meinung gegenüber, haben
bis jetzt die Juriſten die Oberhand behälten.
Die finanzielle Lage der Republik Chile.
Chile iſt eines von den Ländern, das durch jede herrſchende Welt=
wirtſchaftskriſis
am meiſten in Mitleidenſchaft gezogen wird. Dies gilt
in ganz beſonderem Grade von den Finanzen der Republik, denn dieſel=
ben
ſind faſt ausſchließlich auf die Ausfuhrzölle auf Salpeter und die
Einfuhrzölle auf Manufakturwaren aufgebaut, während die direkten
Steuern demgegenüber ſehr zurücktreten. Jede Kriſis muß daher von
den ſchwerſten Folgen für die Finanzen des Staates ſein. Daß dieſes
Syſtem ungeſund iſt, haben die führenden Wirtſchaftler längſt eingeſehen.
Gegenwärtig ſchwebt ein Geſetzentwurf in den Kammern, der die Ein=
kommenſteuer
in Chile einführen ſoll.
Die im Jahre 1920 in Südamerika ausgebrochene ſchwere Wirtſchafts=
kriſis
iſt noch nicht überwunden, doch mehren ſich die Anzeichen, daß Chile
beſſeren Zeiten entgegengeht. Die Zolleinnahmen für den Mai 1923 be=
trugen
auf die Einfuhr und Ausfuhr zuſammen 9,6 Millionen Papier=
peſos
, d. h. 3,1 Millionen mehr als im gleichen Monat des Vorjahres.
Seit 10 Jahren iſt die Einnahme noch nie ſo hoch geweſen. In den
erſten vier Monaten dieſes Jahres zuſammen, waren die Einnahmen
viermal ſo hoch als in der gleichen Zeit des Vorjahres.
So iſt es dem Staat denn auch möglich geworden, ſeinen Aufgaben
einigermaßen wieder gerecht zu werden und das Budget zu erhöhen.
Dieſes belauft ſich für 1923 auf 385,2 Mill. Peſos Papier und 85,5 Mill.
Goldpeſos (zu 18 d).
Handel und Wandel in Heſſen.
h. Nheinland=Transport= und Rückverſiche=
rung
A.=G., Mainz. Die Geſellſchaft beantragt Kapitalserhöhung
auf eine Milliarde ſowie Beſchlußfaſſung über Abänderung der Firma in
Rheinländiſche Verſicherungs=A.=G.
h. Motor= und Fahrzeugfabrik A.=G. Gießen. Mit
1 Milliarde Grundkapital wurde dieſes neue Unternehmen gegründet.
Der erſte Aufſichtsrat beſteht aus den Herren Willi Ermert=Neunkirchen.
Ernſt Ermert=Neunkirchen und Bankier Wilhelm Bachmann=Gießen.
Wirtſchaftliche Rundſchau.
h. Frankfurter Geſellſchaft A.=G., Frankfurt a. M.
Eine außerordentliche Generalverſammlung beſchloß, das Aktienkapital
von 100 auf 400 Mill. Mk. zu erhöhen. Ein Bankkonſortium, beſtehend
aus der Darmſtädter und Nationalbank und dem Bankhaus. Delbrück,
Schickler u. Co., übernimmt die Aktien, ſoweit ſie nicht von der Stadt
Frankfurt beanſprucht werden. Der Uebernahmekurs iſt auf 150 000
Prozent feſtgeſetzt worden. Die Stadt ging von vornherein davon aus,
daß ſie unter allen Umſtänden die Mehrheit in der Gasgeſellſchaft haben
muß, und es iſt daher beſtimmt worden, daß ſie zunächſt 51 Prozent der
neuen Aktien übernimmt, innerhalb 5 Wochen ſollen dann weitere 30
Prozent an ſie übergehen. Anſtelle der ausſcheidenden Aufſichtsratsmit=
glieder
Stadtrat a. D. Franze und Stadtverordneter a. D. Wedel wur=
den
Stadtrat Landmann und Stadtverordneter Dr. Goldſchmidt in den
Aufſichtsrat gewählt.
h. Voigt u. Häffner A.=G., Frankfurt a. M. Der auf den
29. September einberufenen außerordentlichen Generalverſammlung ſoll
die Erhöhung des Aktienkapitals um 100 Mill. Mk. vorgeſchlagen wer=
den
. 40 Mill. Mk. ſollen den Aktionären im Verhältnis von 5:1 zu
einem Preiſe angeboten werden, der dem Gegenwert von einem halben
Dollar entſpricht, während der Reſt zur freien Verwertung beſtimmt iſt.
h. Süddeutſche Bauinduſtrie A.=G. Mannheim.
Die Geſellſchaft beantragt Erhöhung des Aktienkapitals um 250 auf 450
Millionen Mark.
* A.=G. für Eiſen= und Bronzegießerei vorm. Karl
Flink, Mannheim. Die Geſellſchaft beantragt Kapitalserhöhung
um 20 auf 35 Millionen Mark.

h. Süddeutſches Eiſen= und Mekallwerk A.=G.
Mannheim=Wallſtadt. Der am 22. September ſtattfindenden
außerordentlichen Generalverſammlung wird die Erhöhung des Grund=
kapitals
um 100 auf 250 Mill. Mark vorgeſchlagen.
h. Pfälziſche Nähmaſchinen= und Fahrräder=
fabrik
vorm. Gebr. Kayſer in Kaiſerslautern. Das
Kapital wurde durch Generalverſammlungsbeſchluß vom 23. Juli d. Js.
auf 65 Mill. Mark erhöht. Von den neuen Stammaktien können auf
1000 Mark alte 1000 Mark neue Stammaktien mit Dividendenberech=
tigung
vom 1. Otober 1922 ab zum Kurſe von 4000 Prozent nebſt einer
Pauſchale für Bezugsrechts= und Börſenumſatzſteuer bezogen werden.
Die neuen Stammaktien werden in Abſchnitten über 1000 und 5000 Mk.
ausgefertigt. Das Bezugsrecht iſt vom 1. bis 14. September auszuüben
in Kaiſerslautern und Mannheim bei der Rheiniſchen Cxeditbank, in
Frankfurt a. M. bei der Deutſchen Vereinsbank und dem Bankhaus
M. Hohenemſer.
* Steatit Magneſia A.=G., Nürnberg. Die Aktien der
Geſellſchaft, die in näherer Beziehung zu den deutſchen Ton= und Stein=
zeugwerken
Berlin=Charlottenburg ſtehen (letztere beſaß am 31. Dezember
vorigen Jahres von dem damals 42 Mill. Mk. betragenden Aktienkapi=
tal
19,5 Mill. Mk.), ſollen demnächſt durch die Bankfirma Gebr. Arn=
hold
in den offiziellen Verkehr der Berliner Börſe eingeführt werden,
nachdem die Aktien bereits ſeit Auguſt vorigen Jahres einen Markt im
Freiverkehr hatten, wo ſie am letzten Börſentag mit zirka 8 Mill. Proz.
bewertet wurden. Die Geſellſchaft iſt im Jahre 1921 durch Fuſion ver=
ſchiedener
Geſellſchaften und zwar: der J. von Schwarz A=G., Nürn=
berg
, der Steatit A.=G., Lauf, der vereinigten Magneſia=Comp, und
Ernſt Hildebrandt A.=G., Berlin=Pankow und der Firma Jean Stadl=
mann
u. Co., Nürnberg, enſtanden. Sie erzeugt in der Hauptſache
Speckſtein= und Steatit=Fabrikate, Iſolationen für elektriſche Zwecke ſowie
Gas= und Acethlenbrenner und ähnliche Artikel. Außer den näheren
Beziehungen zur Deutſchen Ton= und Steinzeugwerke=A.=G. ſcheinen auch
Beziehungen zur Porzellan=Induſtrie zu beſtehen, denn im Aufſichtsrat
ſind je ein Direktor der C. Hutſchenreuther A.=G. und der Triptis A.=G.
vertreten. Neben dem verhältnismäßig umfangreichen und weitver=
zweigten
Beſitz an Fabrikationsſtätten und Speckſteingruben verfügt die
Geſellſchaft über eine Reihe von Beteiligungen. Das Werk Nürnberg,
in dem die Zentralverwaltung der Süddeutſchen Werke untergebracht
iſt, ſtellt hauptſächlich Zündkerzen für Motore, ſowie Preſſolit her. Von
den drei Werken in Lauf dient das eine der Fabrikation von Stanzar=
tikeln
und Steatit, das andere zur Herſtellung von Gas= und Acetylen=
brennern
. Das Werk Kohlenbrunn ſtellt Stanzartikel aus Speckſtein und
Porzellan ſowie Hochſpannungskörper her. Ferner beſteht ein Werk in
Berlin, in dem Glühkörperringe ſowie Mundſtücke für Gasbeleuchtung
hergeſtellt werden. Außerdem iſt noch in Form einer beſonderen G. m.
b. H. das Weißenſee=Werk vorhanden, in dem Fayence=Stanzartikel für
Exportzwecke fabriziert werden. Daneben beſitzt die Geſellſchaft zwei
Speckſteingruben in Süddeutſchland. Neben einer Reihe kleinerer Be=
teiligungen
wurden im Mai d. J. der Geſellſchaft ein Teil der jungen
Aktien der Porzellanfabrik Rofenthal überlaſſen, als Gegenwert für
den 5öproz. Anteil an der Adam Weber u. Co., G. m. b. H., die gemein=
ſam
weiter betrieben werden ſoll. Diefe Transaktion hat, wie wir ſei=
nerzeit
berichteten, eine beſondere Bedeutung, da durch ſie die Steatit=
Geſellſchaft in den Intereſſengemeinſchafts=Vertrag der Porzellanfabrik
Roſenthal eingetreten iſt und innerhalb dieſer Geſellſchaft die Herſtel=
lung
von Iſoliermaterial aus Steatit übernehmen ſollte. Die geſamten
eigenen Anlagen, ſowie auch die Beteiligungen ſtanden in der letzten
Jahresbilanz per 31. Dezember 1922 nur mit 1 Mill. Mk. zu Buche. Auch
abgeſehen hiervon bot der letzte Jahresabſchluß über den wir ausführlich
berichteten, ein günſtiges Bild. Einem Umſatz von 1396 Mill. Mk. in
den eigenen Werken ſtand ein Rohgewinn des eigenen Werkes in Höhe
von 258 Mill. Mk. gegenüber, was einem prozentualen Nutzen von zirka
18,5 Proz. entſpricht, wobei wohl anzunehmen ſt, daß die Geſellſchaft
durch Bildung ſtiller Reſerven den Rohgewinn herabgeſetzt hat, da es
ausgeſchloſſen erſcheint, daß die Geſellſchaft angeſichts der Verzweigtheit
der einzelnen Fabriken mit einem Warenvorrat von nur 6,67 Mill. Mk.
auskommen konnte. In der Zwiſchenbilanz per 30. Juli 1923 werden
Warenvorräte auf 600 Mill. Mk. geſchätzt, eine Summe, die im Vergleich
mit den übrigen Bilanzziffern gleichfalls als niedrig erſcheinen muß.
Es erſcheinen nach Durchführung der Kapitalserhöhung Bankguthaben in
Höhe von 6,642 Milliarden Mark, Debitoren mit 3,137 Milliarden Mk.
Forderungen an Tochtergeſellſchaften in Höhe von 906 Mill. Mk., wäh=
rend
andererſeits Kreditoren mit 1,418 Milliarden Mk. ausgewieſen
ſind, worin 167 Mill. Mk. auf Forderungen der Tochtergeſellſchaften
entfallen. Der ordentliche Reſervefonds hat durch Zuführung des Er=
löfes
der im Intereſſe der Geſellſchaft verwertenden jungen Aktien eine
Erhöhung von 69 Mill. auf 2263 Milliarden Mk. erfahren. Ueber den
kaufenden Geſchäftsgang wird mitgeteilt, daß der Abſatz bisher den Er=
wartungen
entſprochen habe, ſo daß unter dem üblichen Vorbehalt mit
einem befriedigenden Ergebnis gerechnet werden darf.
* Tilgung von Auslandsſchulden in Polen. Die
polniſche Regierung hat im Laufe dieſes Jahres nachſtehende auslän=
diſchen
Schuldbeträge zurückbezahlt: 2 Mill. Holl. Gulden. 1 820000
Dollar an die Vereinigten Staaten und 4 Mill. Polniſche Mark
an Italien. An Zinſen wurde ein Betrag von 915 250 Dollar
entrichtet. In Polniſcher Mark umgerechnet beträgt die Geſamtſumme
der bezahlten Schulden 700 Milliarden,
* Die Lage des amerikaniſchen Eiſen= und Stahl=
marktes
. Das amerikaniſche Fachblatt Jron Trade Review, Cleve=
land
., Ohio, kabelt über die Lage des amerikaniſchen Eiſen= und Stahl=
marktes
: Die Auguſt=Roheiſenproduktion betrug 3 442 000 Tonnen gegen
3 684 000 Tonnen im Juli und iſt ſeit Februar, die niedrigſte Ziffer.
273 Hochöfen ſind unter Feuer, 50 weniger als im Juni. Der Streik in
den Anthrazit=Kohlengruben hat den Markt nur wenig berührt.
Gießereikoks ſtieg um 12 Dollar. In der Hochofeninduſtrie wurde die
Wirkung durch Ausblaſen von Hochöfen wieder ausgeglichen. Der
Stahlmarkt beſſert ſich; die einlaufenden Anfragen laſſen für den Herbſt
ein lebhaftes Geſchäft erwarten. Sowohl der Stahltruſt als auch die
unabhängigen Werke haben die Preiſe für Fein= und Weißbleche für das
letzte Vierteljahr unverändert gelaſſen. Der Preis beträgt für Weiß=
bleche
5.50 Dollar für die 100=Pfund=Kiſte. Roheiſen wird bei ruhiger
Marktlage lebhafter gekauft. Britiſches Roheiſen mit niedrigem Phos=
phorgehalt
wird mit 28.50 Dollar einſchließlich Zoll angeboten und hält
ſich unter den amerikaniſchen Notierungen. Der Ferromanganpreis er=
mäßigte
ſich um 5 Dollar. Die Eiſenbahn beſtellte über 350 Tonnen
Schienen zur Lieferung im nächſten Jahr.
Banken.
h. Handels= und Gewerbebank A.=G. Frankfurt
am Main. Die außerordentliche Generalverſammlung genehmigte
die beantragte Kapitalserhöhung von 50 auf 200 Mill. Mark. durch Aus=
gabe
von 6 Mill. Mark Vorzugsaktien mit 25fachem Stimmrecht und
144 Mill. Mark Stammaktien mit halber Gewinnbeteiligung für das
laufende Geſchäftsjahr. Den alten Aktionären wird ein Bezugsrecht
von 1:2 zu 150 000 Prozent, die bei weiterer Dollarſteigerung über 12
Mill. hinaus noch erhöht werden ſollen, gewährt. Die reſtlichen Aktien
werden beſtens verwertet. Ein Antrag, den Bezugskurs niedriger an=
zuſetzen
, wurde abgelehnt. Nach Mitteilung der Verwaltung belaufen
ſich die Umſätze in Frankfurt auf 150200 Milliarden pro Tag.

Anleihen.

* Kündigun g der Danziger Stadtanleihen zu
pari. Die Stadt Danzig macht von dem ihr nach dem Inhalt der
Schuldverſchreibungen zuſtehenden Recht der Totalkündigung aller im
Umlauf befindlichen Stücke Gebrauch. Für die Anleihen von 04, I., II.,
III. von 09 und 11. Uebrig bleibt demnach die 4proz. von 1919, die zu=
letzt
am 13. Auguſt mit 450 000 Prozenk notierte. Die von der Pari=
kündigung
betroffenen Anleihen waren bis in die neueſte Zeit hinein
Geld, die 4proz. von 04 notierte am 6. Auguſt noch 130 000 Prozent
und die 3½proz. 5000 Prozent Geld. Die ſchon ſeit Jahr und Tag be=
ſtehende
Hochbewertung der Anleihen (Ende 1922 ſchon 1150 Prozent)
war neuerdings im Zuſammenhang mit den Plänen auf Schaffung einer
eigenen Danzigar Währung geſchaffen worden.
Dividendenvorſchläge.
* Oktavie=Eiſenbahngeſellſchaft. Der Bruttogewinn
für das Geſchäftsjahr 1922/23 ſtellt ſich auf 145 788 Pfund Sterling (i.
V. 109 514 Pfund Sterling). Nach Abſchreibungen von 73 064 Pfund
Sterling (i. V. 61056 Pfund Sterling), auf Werkanlage und Inventar
ſowie nach Zuführung von 6000 Pfund Sterling (i. V. 4800 Pfund
Sterling) zum Reſervefonds verbleibt ein Reingewinn von 66 715 Pfund
Sterling (i V. 43 675 Pfund Sterling), aus welchem 71/ Prozent Divi=
dende
1½ Schilling pro Anteil ausgeſchüfttet werden ſoll.

Warenmärkte.
h. Mannheimer Wochenberichte. Getreide: Während
in Vorkriegsjahren und auch im Vorjahr, nach teilweiſer Aufhebung der
Zwangswirtſchaft, um dieſe Zeit ein lebhafter Handel in neuer Ernte
ſtattfand, herrſcht jetzt an den Produktenmärkten zwar ein lebhafter, auf=
geregter
Verkehr, aber kein Geſchäft. Für die Markverſchlechterung gibt
es anſcheinend kein Halten mehr und die Zerrüttung der deutſchen Wirt=
ſchaft
wird von Tag zu Tag ſtärker. Vom Produzenten über den Groß=
handel
bis zum kleinſten Händler wird im Verkauf größte Zurückhaltung
ausgeübt und ſelbſt die notwendigſten Lebensmittel nur rationiert ab=
gegeben
. Was heute an Kaufabſchlüſſen getätigt wird, ſind reine Angſt=
käufe
, um nicht ganz auf dem Trockenen zu ſitzen und das kaufkräftige
Publikum ſucht aus Furcht vor einer Hungersnot zu hamſtern. Das neue
Getreide iſt nicht nur an Quantität gegenüber dem Vorjahr reicher, ſon=
dern
auch an Qualität beſſer. Es wird deshalb auch höher als alte
Ware bewertet. Die Großgrundbeſitzer haben ihre eingenommenen Gel=
der
ſtets rechtzeitig wertbeſtandig anzulegen verſtanden, während die mitt=
leren
und kleinen Landwirte das Geld zu Hauſe aufſtapelten und es ſo
der rapiden Geldentwertung ausſetzten. Dieſe Erfahrungen haben die
als geſchädigt ſich haltenden Produzenten dazu geführt, ihr überflüſſi
Getreide nicht abzuſtoßen, ſondern es für beſſere Zeiten aufzuheben.
fragt ſich nur, ob ſie klug damit tun: denn einmal können durch den
Mangel an landwirtſchaftlichen Produkten in den Städten leicht Unruhen
entſtehen und zu Raubzügen auf das Land führen, zum anderen ſteigen
bei jeder weiteren Geldentwertung die induſtriellen Artikel, wie Kohle,
Eiſen, Salze uſw. ſtärker im Preiſe als die landwirtſchaftlichen. Ver=
nünftiger
für die Landwirtſchaft wäre es deshalb, ſchon jetzt Getreide zu
verkaufen, um ihren Dünger, ihre Maſchinen uſw. ſich anzuſchaffen.
Wenn man bisher ſchon an große Preisſprünge gewöhnt war, ſo über=
trifft
die dieswöchige Steigerung doch alles bis jetzt Dageweſene, beträgt
ſie doch das nahezu Vierfache. Inländiſcher Weizen wurde mit 120150
gegen 3843, alte inländiſche Gerſte mit 7585 gegen 2729, neue
Gerſte mit 90100, gegen 2830, alter Hafer mit 85 und neuer mit. 90,
gegen 2426 Mill. Mk. in der Vorwoche, pro 100 Kilogramm, bahnfrei
Mannheim, notiert. Roggen kam überhaupt nicht zur Notierung und
für neue Gerſte lautete die Notiz nominell. Die Tendenz war ſehr feſt,
aber unregelmäßig.
Mehl. Die Mühlen halten ſich bei der derzeitigen Martlage vom
Handel vollſtändig fern und nur die zweite Hand befriedigt die Nach=
frage
, die aber auch nicht mehr allzu groß iſt, nachdem bei dem hohen
Preisſtand Kleinhändler wie Bäcker nicht mehr imſtande ſind, Weizen=
mehl
einzukaufen. Sie erklären ganz offen, daß ſie ihren Vorrat noch
verkaufen, bezw. verbacken und dann Schluß machen. Daraus wäre
zu ſchließen, daß Weizenmehl ſchließl. ganz vernachläſſigt, deſto mehr aber
Roggenmehl geſucht würde. Roggenmehl wurde mit 150, gegen 50, und
Weizenmehl mit 200250, gegen 6570 Mill. Mk. pro Doppelzentner
ab Mühlenſtation bezahlt.
Futtermittel. Das Angebot wird auch hier immer kleiner
Von den bisher ſchon wenig genannten Artikeln wurden Weizenkleie und
Rohmelaſſe nur noch nominell genannt, erſteres mit 4050 und Roh=
melaſſe
mit 2832 Mill. Mk. pro 100 Kilo, Biertreber war zu 36 Mill.
Mk. käuflich. Die zweite Heuernte fiel ſehr gering aus. Heu kam nicht
zum Angebot, Stroh verteuerte ſich wie die anderen Artikel, Preßſtroh
von 5 auf 1314 und Bundſtroh von 44,5 auf 11,512,5 Mill. Mk. pro
Doppelzentner waggonfrei Mannheim. Für Raps nannte man einen
Nominalpreis von 120140 Mill. Mk. pro 100 Kilo.
Kolonialwaren. Die Deviſenſteigerung hat das Geſchäft voll
ſtändig zum Erlahmen gebracht. Man konnte nicht ſchnell genug ſich der
Geldentwertung anpaſſen, und ſo ſah man von Verkäufen lieber ab. An
derſeits waren dem Kleinhandel die geforderten Preiſe zu hoch, weshalb
auch das reine Bedarfsgeſchäft noch kleiner wurde. Da die Preiſe ſick
ſtändig veränderten, ſind die zuletzt genannten Zahlen ſchon weit über=
holt
.
Tabak. Nachdem die Berichtswoche dem Tabak noch ſehr günſtig
war in bezug auf die Witterung, ſind die Tabake gut ausgewachſen und
gereift. Auf der badiſchen Hardt und in den Herbſtorten wurde mit dem
Brechen des Frühtabaks begonnen. Ferner hat die Ernte des Vorbruchs
begonnen. Soweit bis zetzt zu beurteilen iſt, liefern die gebrochenen Ta
bakblätter ein brauchbares Material. Von 1922er Tabaken ſind einige
hundert Zentner zu 100 Millionen Mark pro Zentner verkauft worden.
Bei der ſteigenden Valuta iſt der Markt in alten Tabaken ſehr feſt und
die Preiſe anziehend. Auch Rippen erfreuen ſich ſehr reger Nachfrage,
doch ſind ſie nur in Guldenwährung käuflich. In der Fabrikation iſt et=
was
Nuhe eingetreten.
Obſt. Die Zufuhren auf den pfälziſchen Obſtmärkten reichen trotz
ihres großen Umfangs nicht aus, um die Nachfrage zu befriedigen. Da=
bei
fällt doch das rechtsrheiniſche Gebiet, das früher ein ſtarker Bezieher
pfälziſchen Obſtes war, ganz aus. Bezahlt wurden für Zwetſchen 250 000
Mark. Pfirſiche 300 000400 000 Mk., Mirabellen 200000 Mk., Aepfel
100 000200 000 Mk., Birnen 150 000180 000 Mk., Fallobſt 40000 bis
60 000 Mk., Gurken 30 00040 000 Mk. pro Stück.
Wein. Das Wetter war den Trauben günſtig. Der Bratemonat
iſt nun herangerückt; er bringt nun die Entſcheidung, ob der diesjährige
Jahrgang ein ſaurer oder ſüßer ſein wird. Die Portugieſer gehen
ſchon der Reife entgegen, die weißen Trauben dagegen ſind noch in der
Entwicklung, und nur in beſonders günſtigen Lagen fangen ſie an, heller
zu werden. Die Preiſe ſind nun in die Milliarden übergegangen. Die
vereinigten Weinbergbeſitzer von Herxheim a. Berg erzielten für 1922er
Weißweine pro 1000 Liter 0,7051,270 Milliarden Mark, für 1921er
Weißweine 1,0513,05 Milliarden, für 1922er Portugieſer 540675 Mil=
lionen
, für 1922er Rotwein 709 Millionen Mark.
wb. Berliner Produktenbericht. Die beträchtliche Beſſe=
rung
des Markpreiſes in Neu=York drückte am Produktenmarkte im Vor=
mittagsverkehr
ſehr empfindlich. Als ſpäterhin die Befeſtigung des hie=
ſigen
Deviſenfreiverkehrs bekannt wurde, ſetzte eine Aufwärtsbewegung
ein, die die Preiſe für Getreide dem geſtrigen Stand wieder näherte.
Es herrſchte aber allſeitig große Zurückhaltung. Gerſte und Hafer fan=
den
mehr Beachtung, andere Artikel zeigten unregelmäßige Haltung.
Börſen.
* Frankfurter Börſenbericht bom 3. bis 5. Sept.
(Mitgeteilt von der Deutſchen Bank, Filiale Darmſtadt.) Weder die
programmatiſchen Erklärungen des Reichskanzlers, in denen er durch

die währungspolitiſchen Maßnahmen und Pläne der Regierung ver=
mochten
den Sturz der Mark bis jetzt aufzuhalten. Dieſer hat vielmehr
in der abgelaufenen Woche ein ſo raſendes Tempo erreicht, daß die
Deviſenkurſe heute früh rund fünfmal ſo hoch ſind als am Ausgang der
Vorwoche. Da die außenpolitiſche Lage ſeither keine weſentliche Aen=
derung
erfahren hat, ſo iſt dieſer weitere ungeheure Währungszuſammen=
bruch
wohl in der Hauptſache auf wirtſchaftliche Urſachen zurückzuführen.
Al3 ſolche ſind in erſter Linie der große Deviſenbedarf der Induſtrie
und die außerordentlich ſcharfe Nachfrage nach ausländiſchen Zahlungs=
mitteln
aus dem Rheinland zu nennen. Daneben trugen Nachrichten
über die Einführung einer neuen Währung ſei es nach dem Helfferich=
ſchen
Plane auf Grund der Roggenwertrentenbriefe oder unter Erfaſ=
jung
der geſamten Auslandswerte und Edelmetalle auf Goldbaſis das
ihrige dazu bei, die Mark ins Bodenloſe ſinken zu laſſen. Die auf
ſolche Weiſe außerordentlich ſcharfe Markfluchtbewegung, wirkte ſich
auch an den Effktenmärkten aus, und führten hier zu einer äußerſt leb=
haften
Nachfrage nach Sachwerten aller Art, dies um ſo mehr, als die
Furcht vor einer möglichen Beſchlagnahmung der Valutenwerte vielfach
die Spekulation veranlaßte, Auslandswerte gegen deutſche Induſtrie=
Aktien umzutauſchen. Wiederum waren dabei alle Montanwerte bevor=

zugt, ſo daß ſie etwa dem Ausmaß der jeweiligen Deviſenſteigerung ent=
ſprechend
, ihre Kurſe erhöhen konnten. Daneben ſtanden auch die Werte
der Chemiſchen Induſtrie, mit im Vordergrund des Intereſſes, da man
von einer geplanten Beteiligung engliſchen Großkapitals auf dieſem Ge=

biet wiſſen wollte. Aber auch an anderen Märkten wie an dem der
Schiffahrts= und Bank=Aktien, und in etwas geringerem Maße bei den
Maſchinen= und Metallwerten, waren Kursverdoppelungen und Verdrei=
fachungen
an der Tagesordnung, und am Einheitsmarkt ſind ſcharfe Ra=
tionierungen
zur Regel geworden.
wb. Berliner Börſenbericht. Die ſtarke Rückwärtsbewe=
gung
des Dollars auf Grund der geſtrigen Neu=Yorker Marknotierungen
machte im Freiverkehr heute wieder einer kräftigen Steigerung Platz,
Bei vielfacher Nachfrage zogen die Deviſenkurſe vormit=

zuſtande.
auf 48 Mill.

Bankgeschaft
Fernsprecher 1308, 1309

1 1LDOr 2 1ON
Aktien / Renten / Devisen / Sorten

DarlViotder
1 Luisenplatz

[ ][  ][ ]

Seite 8.

Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 9. September 1923.

Rummer 249.

Ke

Bis einschließlich Dienstag
Der große Albertini-Film! (7352fg
Die Schlucht des Todes
Sensations- u. Zirkusfilm in 6 Akten mit
Luclano Albertini
Lpa de Putti, Trude Hofmann.
Bobbys Kraftpillen

Orpheum

ihr

Tel.
Ludwigshöhe vol.
Heute ab 7 Uhr:
(7415
Unterhaltungsabend
mit Tanz.

Sportplatz=Reſtaurant
Tel. 2900 am Böllenfalltor Tel. 2900
Heute Sonntag, den 9. September
Konzert
Anfang 4 Uhr. ( 24506) Anfang 4 Uhr.

Teleph.
Rhein=
ſtr
. 108 Rummelbräu 2519.
Jeden Sonntag nachm. 47

und abends 811 Uhr
KONZERT
Eintritt frei. (*24471) Eintritt frei.

Geſellſchaft Reichsadler
Darmſtadt
Sonntag, den 9. Sept., im Perkeo
Herbſtfeſt mit Tanz
Kapelle Weſp ( 24482
Anfang 4 Uhr nachm. Der Borſtand.

Konkordiaſaal
Heute Sonntag, nachm. 4 Uhr C aug
Gr. Tanzvergnügen

Wander=Freunde
gegr. 1921.

Heute Sonntag
Großes Tanzfeſt
im Hanauer Hof.
Anfang 7 Uhr! (*24376) Anfang 7 Uhr

Am Donnerstag, den 13. Sept.
abends 8 Uhr, ſpricht im
Städtiſchen Saalbau
Rechtsanwalt
Dingeldey, M. d. L.
über:
Die Regierung Streſemann
Freie Ausſprache. Jedermann willkommen.
Deutſche Volkspartei.
7416gd) Der Vorſtand.

Mittwoch, 12. Sept., abends 8 Uhr,
Turnhalle, Woogsplatz (7419
Tote, die wiederkehren
(Tatſachen und Beweiſe)
Vortrag v. Dr. mod. Georg Lomer.
A. d. Inh. Der Kampf um d. Seele,
Die Toten i. Traum. Neueſte Forſchung.
Feuer= und Lichtgeſtalten. Kinder und
Tiere als Geiſterſeher. Flammrions
Geiſterſtatiſtik. Handgreifliche Beweiſe.
Karten zu 250000700000 u. Steuer
bei Konzert=Arnold, Wilhelminenſtr. 9.

* Gaſtſpiele o
Operetten theater
Frankfurt a. M.
Heute Honntag (747
zum letzten Male:
Der Vetter
aus Dingsda
Operette i. 3 Akt
Muſik v. E. Künneche.

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Bekanntmachung.

Wir bringen hiermit die durch die zuſtändigen
Behörden genehmigten Aenderungen des Tarifs
vom 3. Sept. d8. Js. der Darmſtädter Straßen=
und Vorortbahn zur allgemeinen Kenntnis.
Fahrpreiſe in tauſend Mark angegeben.
Abteilung 1:
Nachlöſekarten koſten . . . . . . 400
Abteilung 2
wird wie folgt geändert:
Fahrpreis für barzahlende Fahrgäſte:
200
1 und 2 Teilſtrecken . . .
3 bis 5 Teilſtrecken . .
. . 400
6 und 7 Teilſtrecken . . . . . . . . 600
8 und mehr Teilſtrecken . . . . . . 800
für eine Perſon.
Für 3 bis 5 Teilſtrecken gibt es Fahrſchein=
heftchen
zu 3600 für 10 Fahrten.
Die Teilſtrecken müſſen zuſammenhängen und
hintereinander durchfahrbar ſein.
Zu 8 12 E. Für allgemeine Zeitkarten.
A. Monatskarten.
1 und 2 Teilſtrecken . . . . . . . 8000
3 bis 5 Teilſtrecken . . . . . . . 16000
6 und 7 Teilſtrecken . . . . . . . 24000
8 und mehr Teilſtrecken . . . . . 32000
Innenverkehrskarten, perſ. . . . 16000
Stadtnetzkarten, perſönlich . . . . 20000
für eine Perſon und einen Kalendermonat.
Zu § 12 E, Ziffer 4. Für unperſönliche be=
ſondere
Zeitkarten wird monatlich ein Zuſchlag
von 4000 für jede Karte erhoben.
Zu § 12 F. Für Schüler und Schüler=
innen
.
B. Schüler=Monatskarten.
1 und 2 Teilſtrecken".
.. 5000
3 bis 5 Teilſtrecken.
. 10000
6 und 7 Teilſtrecken . . .
. 15000
8 und mehr Teilſtrecken . . . . . 20000
für eine Perſon und einen Kalendermonat.
C. Schüler=Wochenkarten.
1 und 2 Teilſtrecken".
1100
3 bis 5 Teilſtrecken . . . . . . . 2220
Woogs=Pol.=Wache. 6 und 7 Teilſtrecken . . . . . . . 3320
8 und mehr Teilſtrecken . . . . . 4440
für eine Perſon und Kalenderwoche.
Zu 8 12 G. Wochenkarten
a) für täglich 1 Hin= und Rückfahrt:
1 und 2 Teilſtrecken . . .
1600
Span. Konv. geſucht. 3 bis 5 Teilſtrecken . . . . . . . 3200
Angeb. u. O, 1 a. die 6 und 7 Teilſtrecken . . . . . . . 4800
Geſchäftsſt. (24458 8 und mehr Teilſtrecken . .. . . . 6400

b) für beliebig viele Fahrten:
1 und 2 Teilſtrecken . . . . . . . 1800
3 bis 5 Teilſtrecken . . . . . . . 3600
6 und 7 Teilſtrecken . . . . . . . 5400
8 und mehr Teilſtrecken . . . . . 7200
für eine Perſon und eine Kalenderwoche gültig
an Werktagen. Falls Feiertage, an denen die
Wochenkarten keine Gültigkeit haben, in eine
Woche fallen, wird der Preis der Karten ent=
ſprechend
ermäßigt.
Fahrſchein=Heftchen
für 35 Teilſtrechen mit dem Stempel=
überdruckh
Heag auf dem Tarif=Buchſtaben
V koſten Mk. 3600.
Auf Heftchen mit dem Stempelüber=
druck
Heag auf dem Tarif=Buchſtaben U
(1800 Mk.) werden von den Schaffnern
Zuſatzſcheine (roter Aufdruck 5 Teilſtrecken)
zu Mk. 180 und für Heftchen mit dem
Stempelüberdruck Heag auf dem Tarif=
buchſtaben
T (1080 Mk.) Zuſatzſcheine (roter
Aufdruck 11 Teilſtrecken) zu Mk. 250 aus=
gegeben
.
Alle anderen Fahrſchein=Heftchen mit
geringerem Wertaufdruck haben keine
Gültigkeit mehr.
In Begleitung eines barzahlenden Fahr=
gaſtes
hat je ein Kind unter 6 Jahren freie Fahrt,
für 2 Kinder unter 6 Jahren iſt ein Fahrſchein
zum normalen Fahrpreis zu löſen. Für Inhaber
von Zeitkarten, Fahrſchein=Heftchen uſw. hat dieſe
Vergünſtigung keine Geltung.
Zu § 12 K.: Für Marktkörbe in beſon=
deren
Marktzügen.
Für je einen Marktkorb bis zu 25 kg Gewicht
werden 100 erhoben. Mitbeförderte Perſoner
haben den normalen Fahrpreis zu entrichten.
Zu 8 40, 41, 42. Für Beförderung von Ex=
preßgut
für jedes Stück 200 für angefangene
25 kg einſchl. Steuer.
Vorſtehende Tarifänderung tritt für den Bar=
tarif
, Monatskarten u. Wochenkarten am 10. Sept.
1923 in Kraft.
Für allgemeine Zeitkarten, einſchl. Schüler=
karten
, iſt die entſprechende Nichzahlung für die
Zeit vom 10. bis 30. September innerhalb 5
Tagen (vom 10. Sept. ab gerechnet) zu leiſten,
im anderen Falle die Karten ihre Gültigkei
verlieren.
(7395
Darmſtadt, den 8. Sept. 1923.
Die Direktion
der Heſſiſchen Eiſenbahn=A.=G.

Die Frau mit den Millfonen
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ſorgungen
jeder Art durch zuverläſſige
Kräfte gegen eine amtlich feſtgeſetzte Ver=
(st7392
gütung.
Fernruf Stadtamt.

Kündigung der Schuldverſchreibungen
der Heſſ. Eiſenbahn=A.=G.
vom Jahre 1912.
Auf verſchiedene von Inhabern unſerer
Schuldverſchreibungen geäußerte Bitten
hin hat der Aufſichtsrat unſerer Geſell=
ſchaft
genehmigt, daß entgegenkommender
Weiſe für diejenigen Stücke der bereits
gekündigten 4½igen Schuldverſchreibun=
gen
ſowohl als der 4½,%igen Schuld=
verſchreibungen
vom Jahre 1919 und
1920, die bis zum 10. Oktober zur Ein=
löſung
eingereicht werden, der 100fache
Betrag des Nennwertes ausgezahlt wird.
Die Friſt zur Einlöſung wird keinesfalls
verlängert. Alle ſpäter eingehenden
Stücke werden nur zum Nennwert über=
nommen
.
Die Einlöſung erfolgt bei unſerer Kaſſe
in Darmſtadt, Luiſenſtr. 14, ſowie bei
der Darmſtädter & Nationalbank, Darm=
ſtadt
, und bei der Deutſchen Bank,
Darmſtadt.
(7401
Heſſiſche Eiſenbahn=A.=G.

Bekanntmachung.
Die für das Kalenderjahr 1923 ange=
forderte
Kultusſteuer der iſraelitiſchen
Religionsgemeinde Darmſtadt iſt auf
das Dreihundertfache des angeforderten
Betrags erhöht worden. Bis zum 25. Sep=
tember
1923 ſind die beiden erſten Raten
im dreihundertfachen Betrag an das
Finanzamt Darmſtadt=Stadt ( Poſtſcheck=
konto
Frankfurt a. M. 1214) bei Meidung
der Zwangsvollſtreckung zu entrichten.
Darmſtadt, den 8. Sept. 1923 (7407
Der Vorſtand
der iſrael. Religionsgemeinde,
Finanzamt Stadt.

[ ][  ][ ]

Darmſtädter Tagblatt

Nummer 36

9. September 1923

Deutſche Gegenwartsſchriftſtellerinnen.

TX.

* Emma Vely.

Um die nämliche Zeit, da Paul Lindau die Erſtlinge des
Berliner Romans hinausſchickte, hatte auch die aus Frank=
furt
a. M. in die Reichshauptſtadt übergeſiedelte E. Wely jenes
Berlin entdeckt, das nicht nur im Salon zu finden iſt, das man
aufſuchen muß in den Kellerwohnungen, den Mägdeherbergen,
den Aſylen für Obdachloſe, den Volksküchen uſw. Für die
Familienblätter eigneten ſich dieſe aus dem unmittelbaren
Leben aufgegriffenen Typen kaum. Denn auch vor den Nacht=
ſeiten
ſchreckte die Verfaſſerin nicht zurück, und das eben lieh
ihren Studien, Skizzen und größeren Erzählungen den Stempel
ungeſchminkter Wahrheit. In manchen ihrer Berliner Erzäh=
lungen
erſcheint ſie deswegen als die Bahnbereiterin und Vor=
läuferin
der Viebig.
Wenn ſie einmal in dem Großſtadtroman Gelbſtern
das Leben einer Konfektioneuſe ſchildert, ſo bringt uns das Buch
Kleine Füße das Schickſal eines aus der Provinz nach
Berlin, gereizt von allen möglichen falſchen Vorſtellungen, ver=
zogenen
Schuhmachers. In Hannover hatte er mit ſeiner Familie
ſein beſcheidenes, aber gutes Auskommen und vor allem eine
geſunde Wohnung. In Berlin hauſt er in einem feuchten Loch.
Das Geld aber ſagt man ihm liegt hier auf der Straße.
Nur ihm fehlt es an Geſchick, es aufzuheben. Dabei geriet er
noch in die Netze einer gewiſſenloſen Kokette, die den Provinz=
gimpel
nach allen Regeln ihrer Zigeunerkunſt auszuziehen ver=
ſteht
, um derentwillen er ſeine Erſparniſſe angreift und die ihm
dann den Laufpaß gibt, ſobald, der reiche Liebhaber erſcheint.
Der Mann, der, verblendet von ſeiner Leidenſchaft, gewiſſenlos
an Weib und Kindern gehandelt hat, gerät dann ſchließlich unter
die Wagenräder des Pärchens. Als Frau Vely den packenden
Stoff als Volksſtück für die Bühne bearbeitete, entſchloß ſie ſich
feierlich für einen ſogenannten guten Ausgang‟. Der betörte
Mann kehrt noch in zwölfter Stunde zu ſeiner Pflicht zurück. E.
Vely verſteht ſich famos auf die Wahl von Titeln. Kleine Füße‟
z. B. ſtreift ſofort das Thema. Mit den kleinen Füßen der
Gauklerin, für welche der Meiſter ein Paar Schuhe anzufertigen
hatte, begann für ihn das Verhängnis.
Der Roman Die Tänzerin entwirft das wenig be=
neidenwerte
Los einer talentvollen Frau, deren Kunſt von
ihrem Gatten ſchamlos ausgenutzt wird und die, in ſcheinbarem
äußeren Glanz, erſt nach vielen ſchweren Jahren ihres Sklaven=
lebens
die perſönliche Freiheit zurückerhält.
Eine Künſtlerin, und zwar eine gefeierte Bildhauerin, ſteht
gleichfalls im Mittelpunkt des jüngſten Opus Morgen iſt
auch ein Tag. Und zwar ſchaut uns aus dieſem
Roman ſo etwas wie Bekenntnis und Generalbeichte an. Bis=
her
machte die Autorin von dem Recht der Selbſtporträtierung
kaum Gebrauch. Nur daß hier und da ein Zug auf eigene per=
ſönliche
Erfahrung deutete. Aber die dunkellockige Madel Gre=
neta
, das iſt natürlich etwas umſtiliſiert Frau Emma
Vely ſelbſt mit ihren äußeren und inneren Erlebniſſen. Wer
das aber nicht weiß, der genießt in der Lektüre die ſtille, zähe
Energie einer Frau, die, frühzeitig in den Lebenskampf hinein=
geſtoßen
, dieſen mutvoll, ohne jedwede ſentimentale Anwandlun=
gen
aufnimmt und, allen Widerwärtigkeiten zum Trotz, ſiegreich
durchführt. Perſönliche Herzenswünſche müſſen zurücktreten,
auch der Gedanke an eine zweite Heirat, denn die Bildhauerin
hat ſich die Aufgabe geſtellt, mit ihrem Sohne zu leben und
dieſem, ſo viel es geht, die ſchädigenden väterlichen Einflüſſe fern
zu halten. In der großen Welt, auf den internationalen Sam= den befiederten Bewohnern der Luft auch Feinſchmecker, die nur
melplätzen der Geſellſchaft, wo die alleinreiſende und auf ſich ge=
ſtellte
Frau von erotiſchen Glücksjägern nur zu leicht als Frei=
wild
angeſehen wird, bereitet Madel Greneta den ſtürmiſchen
Werbern manche Enttäuſchung. Einer unter ihnen, der begabte
Archäologe Hans Claude, kommt nie über dieſe Abſage hinaus
und zerſtört ſich, obwohl er als Menſch wie als Wiſſenſchaftler
die glänzendſten Ausſichten hat, aus einem gewiſſen trägen
Fatalismus heraus ſein Leben, während die Frau, die Künſt=
lerin
, deren Dornenwege ungleich härter ſind, als Siegerin aus
allen Gefahren und Nöten hervorgeht.
Als E. Vely ihre ſchriftſtelleriſche Laufbahn begann, hatten
die meiſten deutſchen Autoren Spielhagen, Heyſe und Fontane gen nur Mäuſe vorſetzten, brachten die Eltern in der folgenden
ausgenommen jene weitmaſchige, behäbige Ausdrucksweiſe,
die es nicht eilig hat, das vorgeſteckte Ziel zu erreichen. Aber
der Velyſche Stil wies gleich das raſche, flotte Tempo auf, das
zur Zeit des Auto= und Flugzeugverkehrs paßt. Das hat für ſie
nur den unſchätzbaren Vorteil, daß ſie auch als Siebzigerin noch
über unverbrauchtes Handwerkszeug verfügt und ſich nicht zum
alten Eiſen werfen läßt.

Falſchmünzer.

Skizze von Hanns Heidſieck.
Eine grämliche Treppenſchlange wand ſich zu dem Atelier
es Lithographen Frank Stein empor. Dieſes Atelier ſprang
us dem Dach nach vorne und glotzte mit blinden Scheiben über
ie Straße. Frank Stein ſaß gebückt, wie eine Katze, die ſprung=
aft
iſt. Er war ein häßliches Männchen mit ſtechenden Kugel=
uugen
. Hier ſaß er wie eine Qualle in einem Aquarium.
Neben ihm reckte ſich eine Handpreſſe auf. Mit verſchlungenen
Armen. Ein Stapel Papier türmte ſich, dem Stein Blatt um
Blatt entnahm, um es in die Preſſe zu legen. Ein Hebel knurrte
vie ein gereizter Hund. Stein aber lächelte, wobei ſich ſein
Mund zu einem Grinſen verzog. So grinſt ein Leichtathlet,
denn er den Gegner geworfen hat.
Eben horchte Stein auf. Nur einen Augenblick. Dann wurde
uinf mal in beſonderer Weiſe an die Türe geklopft.
Er ſprang und ſtolperte vorwärts. Daß zu dieſer Zeit Ed=
ar
, ſein Sohn, erſchien, war nicht in der Ordnung.
Edgar, Kavalier rom Kopf bis zur Sohle, ſtreckte dem Vater
die Hand entgegen. Er atmete aufgeregt und ſchluckte nach
Vorten.
Weißt du ſchon der ſchwarze Jakob iſt heute nacht
obs gegangen, als er eben in der Bar einige Fünftauſender um=
bechſeln
wollte.
Der alte Stein zog den Jüngeren ärgerlich aus der Türe
erein:
Vorwärts erſt abgeſchloſſen hol mich der
eufel alſo der ſchwarze Jakob
Ja, erwiderte Edgar und nahm einen Stoß 5000= Mark=
ſcheine
zur Hand, die der Vater eben verfertigt hatte. Da klopfte

Nun möge aus mir werden, was da wolle; wenn nur
das aus mir wird, was meiner Natur nach aus mir werden
ſoll, ſo werde ich das Rechte.
Richard Wagner.

Wiſſenſchaft und Technik:

C.K. Deutſchland in der Ausnutzung der Waſſerkräfte voran.
Die Ausnutzung der Waſſerkräfte, bei der immer größer werden=
den
Kohlennot der Welt, eines der wichtigſten Probleme der
Zukunft, hat gerade in letzter Zeit bedeutende Fortſchritte ge=
macht
. Eine Schätzung, die von der kanadiſchen Regierung durch=
geführt
wurde, beziffert die gegenwärtig nutzbar gemachten
Waſſerkräfte der Erde mit 1516 Millionen Pferdeſtärken. Da
man den geſamten Energieverbrauch auf 120 Millionen Pferde=
ſtärken
ſchätzt, ſo iſt das etwa der achte Teil der Betriebskraft,
die aus dem Waſſer gewonnen werden kann. Die Vereinigten
Staaten beſitzen über 28 Millionen P.S. Waſſerkräfte, von
denen aber nur 7 Millionen ausgenutzt werden. Kanada hat
von dieſen verfügbaren 27 Millionen P.S. 3,4 Millionen in Be=
trieb
genommen: Frankreich nutzt von ſeinen 5,6 Millionen nur
0,9 Millionen P.S. aus, während Deutſchland, das nur über
1,5 Millionen P.S. verfügt, bereits 0,62 P.S in Betrieb genom=
men
hat. Norwegen, das mit ſeinen 5 Millionen einen großen
Schatz von Kräften beſitzt, hat 1,2 Millionen P.S. ausgenutzt.
Deutſchland, das zu den mit Waſſerkräften am ſtiefmütterlichſten
bedachten Ländern gehört, hätte nach dieſer Schätzung bereits
faſt die Hälfte verwertet, und würde danach in der Ausnutzung
der Energievorräte an erſter Stelle ſtehen. Dazu bemerkt aber
die Zeitſchrift des Vereins deutſcher Ingenieure, daß die in
Deutſchland verfügbaren Waſſerkräfte höber anzuſetzen ſind und
nach den neueſten Berechnungen 3,54 Millianen Pſerdeſtärken
betragen. Auch iſt zu berückſichtigen, daß die ausgebauten Kräfte
bei uns durch viele Kleinanlagen verzettelt ſind. Immerhin
ſteht Deutſchland voran; nach ihm kommen die Schweiz, die Ver=
einigten
Staaten, Italien und Norwegen als die Länder, die
den größten Teil ihrer Waſſerkräfte zur Energiegewinnung her=
angezogen
haben. In Norwegen hat man ſich die günſtigen Ver=
hältniſſe
beſonders zunutze gemacht, da hier 400 000 Pferdeſtärken
lediglich für die Gewinnung von Luftſtickſtoff, Salpeterſäure und
andere Stickſtoffverbindungen gebraucht werden. Frankreich hat
nur 11 Prozent, Großbritannien gar nur 8 Prozent ſeiner Waſ=
ſerkräfte
verwertet.

C. K. Das Papierland der Zukunft. Der größte Herſteller
von Zeitungspapier wird vom nächſten Jahre an Kanada ſein.
Dieſe Vorherſage wird in einem Bericht des kanadiſchen ſtatiſti=
ſchen
Amtes gemacht. Der Bericht beziffert die Erzeugung von
Papiermaſſe für 1922 mit einem Wert von 31 157077 X, was
eine Steigerung um 800 000 X gegen 1921 bedeutet. 104 Papier=
fabriken
ſind gegenwärtig in Kanada in Tätigkeit, von denen 48
nur Papiermaſſe, 38 nur Papier und 28 Maſſe und Papier zu=
gleich
erzeugen. Die Menge der hergeſtellten Papiermaſſe belief
ſich 1922 auf 2150251 t im Werte von 21417153 S; davon wurden
1081 364 t Zeitungspapier hergeſtellt.

Der Naturfreund

C. K. Feinſchmecker der Vogelwelt. Es gibt Vögel, die alles
freſſen, was ihnen vor den Schnabel kommt; es gibt aber unter
ganz beſtimmte Gerichte zu ſich nehmen und ihrem Speiſezettel
eine große Abwechslung verleihen. Die meiſten inſektenfreſſen=
den
Vögel werden jede andere Art Nahrung verſchmähen, wenn
ſie Mehlwürmer erlangen können, denn dieſe ſind die größte
Delikateſſe. Manche Bögel freſſen eine beſtimmte Nahrung nur
im Winter und ändern ihre Speiſe im Sommer vollſtändig. Der
Brachvogel z. B. ſucht im Winter, wie der engliſche Ornithologe
Oliver G. Pike beobachtet hat, ſeine Nahrung im Sand der
Küſten, aber mit Eintritt des Frühlings begibt er ſich in die
Berge und verzehrt nun ganz andere Dinge. Pike beobachtete
das Neſt einer braunen Eule, die ihren Jungen jede Nacht
andere Nahrung brachte. Während ſie die eine Nacht ihren Jun=
Nacht den Kleinen nur Käfer und in der dritten Nacht nur
Maulwürfe. Sie wollten augenſcheinlich ihren Kindern die ver=
ſchiedenſten
Nahrungsmittel vorſetzen, um ihren Geſchmack mög=
lichſt
reich auszubilden. Nur ein einziger Vogel, der Inſekten=
freſſer
iſt, bequemt ſich dazu, eine zeitlang vegetariſch zu leben.
Das iſt der junge Kuckuck, und dieſer wird dazu vom Hunger
gezwungen. Die meiſten jungen Vögel folgen ihren Eltern, wenn
ſie das Neſt verlaſſen, noch einige Wochen, und dieſe helfen ihnen

es. Beide fuhren zuſammen. Der Alte drückte auf einen Knopf
unter dem Tiſch. Zwei Hebelarme ſtreckten ſich aus der Wand
hervor, eine Tapetentür ſperrte ihr Maul auf und im näch=
ſten
Augenblick waren Tiſch und Preſſe verſchwunden.
So bitte! ſagte der alte Stein mit einem zyniſchen
Lächeln, mach auf!
Draußen ſtand ein Beamter vom ſtädtiſchen Elektrizitäts=
werk
. Im Hauſe ſei Kurzſchluß geweſen. Er müſſe die Leitung
prüfen.
Aber das ſei wohl nicht nötig, meinten Stein Vater und
Sohn. Etwas haſtig. Der Beamte ſah ſie verwundert an.
Warum ſollte er nicht? Es halte nicht lange auf.
Seine Blicke kletterten an den Drähten empor, taſteten
Wände, Schalter und Steckdoſen ab.
Hm, ſagte er, und noch einmal hm.
Stein ſenior wechſelte mit ſeinem Sohn einen vielſagenden
Blick.
Der Beamte entfernte ſich, nachdem er/das Licht einige Male
au= und abgedreht hatte.
Die Schlangentreppe knarrte, als er hinunterſchritt.
Edgar ſchaute ihm noch einen Augenblick nach. Er ſtand auf
dem Treppenabſatz und ſchien in ſein Buch eine Notiz zu machen.
Der alte Stein ſtand am Fenſter.
Verteufelt! hüſtelte er, ich will mich hängen laſſen, wenn
das nicht mit dem ſchwarzen Jakob zuſammenhängt!
Edgar zuckte zuſammen:
Vadder, du meinſt
Weiß der Deuwel, was die ihm verſprochen haben, wenn
er alles verrät und er wußte doch
Aber er iſt niemals hier oben geweſen
Der Alte räuſperte ſich und duckte den Jungen mit einer ver=
ächtlichen
Handbewegung.
Meinſt du, der wußte nicht 2 Wir müſſen jetzt handeln.

beim Sammeln der Nahrung. Wenn die Eltern ſie dann ver=
laſſen
, ſind ſie imſtande, ſich ſelbſt ihre Leckerbiſſen zu beſorgen.
Der junge Kuckuck aber ſitzt, wenn er das Neſt verläßt, auf einem
vorſtehenden Zweige und erhält alles Futter von den Pflege=
eltern
. Dieſe aber kümmern ſich häufig nicht mehr um ihn, und
da er nicht die geringſte Ahnung hat, wie er ſich Inſekten be=
ſchaffen
ſoll, ſo greift er wohl oder übel in ſeinem Hunger zu
Gräfern und anderem Grünzeug, um ſich zu ernähren. Hat er
aber erſt einmal herausbekommen, wo es Inſekten gibt, dann
verſchmäht er jede vegetariſche Nahrung.

Mannigfaltiges

86968

F.P.S. Die reichſten Leute und die größten Vermögen der
Welt. Eine Liſte der zur Zeit reichſten Leute der Welt iſt natur=
gemäß
ſchwer aufzuſtellen, denn erſtens ſchwankt die Höhe der
Vermögen ſtändig, und zweitens ſind ſie für den Draußenſtehen=
den
und oft für den Beſitzer ſelbſt ſchwerlich genau feſtzulegen.
Die Neu=York Times hat gleichwohl den Verſuch gemacht, auf
Grund von Sachverſtändigen=Schätzungen eine ſolche Liſte auf=
zuſtellen
, in der perſönliche Vermögen in Höhe von 100 Mil=
lionen
Dollars und darüber erſcheinen. An der Spitze ſteht
Henry Ford, der amerikaniſche Automobilfabrikant, deſſen Ver=
mögen
bei einem perſänlichen Einkommen von 119 Mill. Doll.
auf 550 Mill. Doll. geſchätzt wird; es folgen John Dr. Rockefeller
mit 500 Mill., der Herzog von Weſtminſter mit 150200 Mill.,
Sir Baſil Zacharoff mit 100125 Mill., Hugo Stinnes, Percy
Rockefeller, Baron H. Mitſui, Baron K. Jwaſaki, J. B. Duke,
George F. Baker, der Gaekwar von Baroda und T. B. Walker
mit je rund 100 Mill. Doll. Von den Namen, die in ihrer Mehr=
zahl
dem deutſchen Leſer unbekannt ſein werden, wird ein Nähe=
res
weiter unter erzählt. Zunächſt wäre noch einigen anderen
Namen nachzugehen, die goldenen Klang haben und in dieſer
Aufſtellung fehlen. Da iſt zunächſt eine Reihe von Familien=
vermögen
, wie das der Rothſchilds, das auch zwiſchen 250 und
500 Mill. Doll. geſchätzt wird, der Guggenheims in Höhe von
200 Mill., der Vanderbilts in Höhe von 75100 Mill. Dollars,
der Weherhaeuſers in Höhe von 100. Mill. Doll. und der Aſtors,
deſſen Schätzung gar zwiſchen 100 und 700 Mill. Doll. ſchwankt,
der Mellons in Höhe von 75 Mill. Doll., von denen zwei Drittel
dem gegenwärtigen Schatzſekretär gleichen Namens gehören
kürften. In die Gruppe der Familienvermögen, die noch ſchwerer
zu überſehen ſind als die perſönlichen, gehören eigentlich auch
die Rockefellers und wahrſcheinlich auch die der beiden japani=
ſchen
Multimillionäre in der obigen Aufzählung; wenn man
will, ſogar das Fordſche Vermögen, das in der Hauptſache aus
der Ford Motor Co. beſteht, die Henry Ford und ſeinem
Sohn Edſel gehört und die nach einem Stand vom 28. Februar
d. J. einen Wert von 536 351 939 Doll. darſtellte, wobei Tochter=
geſellſchaften
noch nicht eingerechnet ſind. Bei John Dr. Rocke=
feller
ſollten die 500 Mill. eingerechnet werden, die er bis einſchl.
1921 für ſeine Stiftungen hergegeben hat. Damit würde ſein
Vermögen die Höhe von einer Milliarde Dollar erreichen. Das
Vermögen des Herzogs von Weſtminſter beſteht in Liegenſchaf=
ten
; trotzdem er in den letzten Jahren aus ſeinem Beſitze die
berühmten Bilder von Gainsborough und Reynolds nach Nord=
amerika
verkaufen mußte, um ſeinen Steuerverpflichtungen nach=
kommen
zu können, bleibt er doch der reichſte Mann Englands.
Sein Beſitz umfaßt zwar nur 30 000 Acres, aber von dieſem iſt
ein großer Teil in London belegen, wo 1 Quadratmeter einen
Wert bis zu 60 Pfund hat. Sir Baſil Zacharoff iſt der am
meiſten von Geheimniſſen umwobene Millionär. Allerdings hat
ſein Vermögen eine recht ſolide Baſis. Die engliſchen Rüſtungs=
werke
Vickers gehören zum größeren Teil ihm, wie auch die
Aktienmehrheit des Kaſinos in Monte Carlo. Er iſt Direktor
von Barclays Bank in London und Hauptaktionär der Nohal
Dutch= und Shell=Gruppe. Das Stinnesſche Vermögen bezeich=
net
die amerikaniſche Unterſuchung als das ſeinem Charakter
nach ungeſichertſte. Die beiden japaniſchen Millionäre haben
große Finanz=, Handels= und Schiffahrtsintereſſen; der Reich=
tum
des anderen Orient=Millionärs, des Gaekwar von Baroda,
trägt richtigen Märchencharakter mit ſeinen Diamanten, Teppi=
chen
und Prunkgegenſtänden. Wie man ſich vielleicht erinnert,
hat er während des Krieges England ein großes Hoſpitalſchiff
zum Geſchenk gemacht. Das Vermögen von J. B. Duke rührt
in der Hauptſache aus dem Tabakhandel her; George F. Baker
iſt Hauptaktionär der Firſt National Bank in Neu=York. T. B.
Walker in Minneapolis iſt der unbekannteſte unter den Millio=
nären
unſerer Liſte; er nennt große Waldungen im Nordweſten
und an der Pazifikküſte ſein Eigen. Vor zehn Jahren hätte eine
ſolche Liſte der reichſten Männer der Welt ein ganz anderes
Ausſehen gehabt und würde Namen eingeſchloſſen haben wie
Andrew Carnegie (7 1919) mit 300 Mill. Doll., Frederick Weher=
haeuſer
(F 1914) mit 300 Mill. Doll., John Jak. Aſtor (F 1917)
mit 100 Mill. Doll., H. C. Frick (F 1919) mit 150 Mill Doll.,
W. K. Vanderbilt (F 1920) und J. P. Morgan ſen. (7 1913) mit
je 100 Millionen Dollars.

Ob du es glaubſt oder nicht, der Beamte iſt ein Spitzel geweſen!
Jetzt heißt es, alle Scheine hinausgeſchafft. Aber vorſichtig!
Nach einem abermaligen Druck auf den geheimen Knopf ſpie
die Wand den Tiſch wieder aus. Stein raffte die Scheine zuſam=
men
. Dann ſchälte er eine Kupferplatte aus der Preſſe hervor.
Alles dies ordnete er zu einem Paket und verſchnürte es.
Nimm’s unter den Rock und mach dich zu Anni. Hier bei
uns darf man nichts finden. Ich lege ſofort eine andere
Platte ein.
Als Edgar das Haus verließ, ſchlich ihm ein Paſſant auf der
anderen Straßenſeite, ohne daß er es merkte, nach.
Er ging eine Weile zu Fuß. Dann ſprang er auf die Elek=
triſche
. Neben dieſer Elektriſchen fuhr die ganze Zeit, etwas
hinterhaltend, ein Auto mit.
Edgar ſprang an einer Straßenecke herunder. Der Verkehr
war hier lebhaft. Eine Flut von Menſchen haſtete im blinden
Strudel dahin.
Eine Kolonne feudaler Hotelgebäude ſchluckte Menſchen und
ſpie ſie auch wieder aus.
In einem dieſer Hotels wandte ſich Edgar an den Portier.
Ob die Baronin Ottſtedt zugegen ſei? Man bedaure. Edgar
drückte dem Portier ein Papier in die Hand, das in der Reichs=
druckerei
gergeſtellt wurde.
Ich werde nach oben gehen. Die Baronin wird wogl nicht
lange bleiben.
Er ſchwebte nach oben. Der Liftboy grinſte. Die Etagen=
abſätze
ſackten nach unten.
Edgar trat in den Raum, den ſeine Schweſter als Baronin
Ottſtedt bewohnte. Die betreffenden Papiere hatte man ſeiner=
zeit
einer neugebackenen Baronin für ein Bündel guter, nagel=
neuer
Hunderttauſendmarkſcheine (Firma Stein u. Co.) ab=
gekauft
.

[ ][  ]

Nummer 36

Unterhaltungsblatt und Frauenzeitung

Jahrgang 1923

88

Die Welt der Frau

Meſſe und Mittelſtandshilfe.
Für den einſichts= und verſtändnisvollen Beobachter iſt es
ſchon ſeit la igem klar, daß die Not des Mittelſtandes zum Him=
mel
ſchreien würde, wenn dieſer nicht voll ſtiller Reſignation und
falſcher Scheu und Zurückhaltung immer noch zu verbergen ſuchte,
wie tief er ſchon im Elend ſteckt. Die verſchiedenen ſogenannten
Mittelſtands= und Kleinrentnermeſſen, =Baſare und =Verkäufe,
wie ſie je nach der Gegend genannt werden, auf denen Stück um
Stück bisherigen wertvollen Beſitzes veräußert wird, um die
drückendſte Not zu lindern, ſie ſind in Wirklichkeit eine ſehr
zweifelhafte Hilfe. Wohl ſteuern ſie von Zeit zu Zeit augenblick=
lichſter
, brennendſter Not, aber einesteils trägt die raſende Geld=
entwertung
ſchon oft nach Tagen dazu bei, in den Verkäufern
bittere Reue über die Verringerung ihres Beſitzes zu wecken,
anderſeits ſie ſchon wieder zu neuer Erwägung über den nächſten
Verkauf zu zwingen. An das immer näher rückende Ende ihrer
gänzlichen Entblößung von allem Wertvollen ihrer Habe können
und dürfen ſie nicht denken, wenn ſie nicht völliger Verzweiflung
anheimfallen ſollen.
Vor dieſem letzten, die ſchuldlos verarmten Mittelſtands=
ſchichten
zu bewahren, haben ſich ſchon ſeit langem Behörden und
prirate Vereinigungen eingeſetzt. Die erſteren durch finanzielle
Unterſtützungen und Erleichterungen, die letzteren durch Beſchaf=
fung
von Verdienſtmöglichkeiten für ungelernte und ungeübte
Kräfte. Mit welch freudigem Eifer, Geduld, Ausdauer und
Zähigkeit ſelbſt ſchwierige Techniken von ſchon bejahrten Frauen
des Mittelſtandes ſchließlich doch gemeiſtert werden dieſe Er=
fahrung
iſt immer wieder ein Beweis dafür, wie viel ungebro=
chene
Lebenskraft und ſtarker Lebenswille noch in unſerem Mit=
telſtand
vorhanden iſt, um ſich vor dem Untergange zu retten.
Das bisher nach dieſer Richtung hin Gezeitigte kann und
wird freilich auf die Dauer nicht ausreichen, da immer neue
Echichten derarmen, die Not des Mittelſtandes täglich wächſt,
neue Abſatzmöglichkeiten für das durch neue Verdienſtmöglich=
keiten
für die weiter verarmten und dieſen Stätten als letzte
Hilfe zutreibenden Kräfte des Mittelſtandes geſchaffen werden.
Für dieſe Notwendigkeiten bot aber die ſoeben ſtattgefundene
Leipziger Muſtermeſſe eine Fülle wertvollſter Anregungen.
Haben doch auch auf ihr wieder eine ganze Reihe tatkräftiger und
zielbewußter Vereinigungen, wie Einzelunternehmer und Unter=
nehmerinnen
aufs Neue bewieſen, was in dieſer Beziehung, bei
Würdigung aller in Frage kommenden Faktoren, zum Beſten
erwerbſuchender Frauen und Mädchen des Mittelſtandes zu er=
reichen
iſt. Einige von ihnen, die bis einige Hundert Kräfte be=
ſchäftigen
, betonen ausdrücklich, daß es gerade Ehrlichkeit, zäher
Arbeitswille und Pflichttreue der Töchter und Frauen des Mit=
telſtandes
ſeien, die ihnen beim Ausbau der gewählten Induſtrie=
ztbeige
oder kunſtgewerblichen Spezialgebiete in hohem Maße
zu ſtatten kommen.
Wir können uns ſehr wohl vorſtellen, daß z. B. die vorzüg=
lichen
Arbeiten des Offizierhaus=Kunſtgewerbes Berlin, die auf
der Leidziger Meſſe ausgeſtellt waren, wertvolle Anregungen
für ähnliche Unternehmungen auch in anderen Städten bieten
könnten. Das gleiche gilt von den einzigartigen Gold= Relief=
malereien
, der Kunſtwerkſtätte Fr. Schultz=Berlin=Steglitz, durch
welche Frauen und Töchter des Mittelſtandes einen völlig aus=
reichenden
Verdienſt erzielen und, wie wir hörten, fortgeſetzt noch
neue Kräfte beſchäftigt werden können. Trotz merkbarer Zurück=
haltung
der Einkäufer, die durch die wirtſchaftlichen Verhältniſſe
bedingt wurde, war doch immer wieder feſtzuſtellen, daß aus=
geſprochene
Neuheiten in kunſt= und geſchmackvoll gehäkelten, ge=
ſtrickten
und geſtickten Jumpern, Kinderjäckchen, Kleidern, Jacken
und Mützen, wie ſie namentlich die Werkſtätten für Mode und
Kunſtgewerbe, Berlin WV. 57, die entzückenden Kinderkleider aus
Wittenberg a. E., die farbig ſorgſam abgeſtimmten handgeweb=
ten
Taſchen, Mützen, Gürtel und Gürtelbehänge von Bauer,
Berlin=Charlottenburg, die wundervollen Jumpers und feinen
reizvoſl gemuſterten Filets des Verbandes ſchleſiſcher Textil=
künſtlerinnen
=Breslau, die wundervoll, vielgeſtaltige Margarten=
Technik, Dresden, von der man nicht ſagen konnte, ob man die
feinen, ideenreichen Perl= und Spitzentechniken oder den effekt=
vollen
Kiſſen=Stickereien den Vorzug geben ſollte, doch recht
guten Abſatz fanden, Anwendungsmöglichkeiten hier wie dort.
Wir köunten uns auch ſehr gut vorſtellen, daß die vielſeitig
anwendbaren Relief=Paſtinellfarben von Conrad und Höhne=
Nürnberg z. B. wundervollſtes Material zum Bemalen vor=
nehmer
Gefellſchaftskleider, Schals uſw. bieten würden, die als
Spezialität von irgend einer Mittelſtandshilfe hergeſtellt werden
könnten, zumal die Technik leicht erlernbar und für dieſen Zweck
umſonſt an Ort und Stelle gelehrt würde. Anregungen an
Arbeits= und Verdienſtmöglichkeiten jedenfalls in Hülle und
Fülle, auf der letzten Leipziger Herbſt=Muſtermeſſe für den, der
ſie zu dieſem Zwecke durchforſchte. Die Mittel zur Verwirklichung
etſvaiger Pläne, bei energiſcher Inangriffnahme und gründ=
lichem
Ausbau der Idee, wären ſicher auch noch heute von den
Vehörden zu erlangen, da ja mit ihrem Ausbau eine merkbare
Entlaſtung ihrer Unterſtützungskaſſen erreicht und die Mittel=
ſtandsſchichten
ſelbſt durch auskömmlichen Verdienſt vor Ver=
K. G. M.
zweiflung bewahrt werden könnten.
Aus der Kinderſtube.
Eine unhygieniſche Verhüllung des Kin=
derwagens
. Neuerdings verhüllen überzärtliche Mütter
ihren Kinderwagen mit einem großen Tüllſchleier, der
mehr oder weniger elegant ausgeſtattet, nicht nur über
das aufgeſpannte Verdeck, ſondern auch bis zum Griff
hin den ganzen Wagen verhüllt. Sie wollen auf dieſe
Weiſe Inſekten von ihrem Kinde fernhalten und beden=
ken
nicht, daß durch das zumeiſt dichte Gewebe die Luft nicht
mehr ungehindert zirkulieren und dem Kinde zuſtrömen kann.

Der Unterſchied der Lufttemperatur vor und hinter dem Schleier
iſt oft ſo groß, daß er ſelbſt an der Hand wahrgenommen wer=
den
kann. Kein Wunder, daß deshalb ſo mancher der auf dieſe
Weiſe geſchützten Säuglinge an warmen Tagen wie in Schweiß
gebadet in ſeinem Kiſſen liegt, wenn er nicht durch energiſches
Schreien ſein Unbehagen verrät. Derartig erhitzte Säuglinge
können ſich natürlich dann beim Aufnehmen ſelbſt an warmen
Tagen erkälten. Will alſo die junge Mutter die neue Mode
mitmachen, dann wähle ſie wenigſtens den Tüll zum Schleier
ſo großmaſchig, wie möglich oder ſorge durch ein entſprechendes
Zurückſchlagen, daß wenigſtens durch den ſo geſchaffenen Spalt
Dr. S.
dem Kinde reine Luft zuſtrömen kann.
Die Fußbekleidung unſerer Kinder im Som=
mer
. Leuchtende Ferben und ſtark kontraſtierende farbige Effekte
faſt an den geſamten Strümpfen für unſere Kinder, ob ſie ſich als
Söckchen für die Kleinen darbieten oder als Knieſtrümpfe für die
Großen. Nur derbe Gebrauchsſtrümpfe für Schule und Haus
ſind in Braun und Schwarz gehalten. Vom kräftigen Stiefel wer=
den
die Mütter im Sommer ganz abſehen, wenn es gilt, die Kin=
derfüße
zu bekleiden. Der halbe Promenadenſchuh oder viel öfter
der weit ausgeſchnittene Spangen= oder Ohrenſchuh wird dafür
von ihnen bevorzugt. Farbiges Schuhwerk wird jedenfalls viel
mehr wie ſchwarzes als Fußbekleidung für die Kinder angeboten,
und zwar neben Lehmfarbig und Sandgrau Gelb, Havanna=
braun
, Dunkelbraun, Juchtenrot und ein ſattes Blau. Allen die=
ſen
neuen Formen iſt erfreulicherweiſe ein ziemlich breiter, flacher
Abſatz eigen, dem ſich noch eine breite Spitze zugeſellt, ſo daß der
Kinderfuß wenigſtens noch vor Verunſtaltung geſchützt iſt. Hoch=
elegant
wirken wieder weit ausgeſchnittene, ſandalenartig nied=
rige
Lackſchuhchen mit leuchtend gelbem Stepprande und einer
zierlichen Similiſchnalle, ſowie ein dunkelblauer Lederſchuh mit
zwei ſich kreuzenden Spangen und weißem Vorſtoß, zum mittel=
blauen
, leuchtend gefärbten Strumpfe getragen. Beide auffal=
lende
Neuheiten ſind natürlich für feſtliche Gelegenheiten be=
ſtimmt
.
J. R.
Der zeitgemäße Haushalt.
Sommerwäſche ohne Raſenbleiche zuwaſchen.
Gutos Einweichen iſt halbes Waſchen das ſollten alle jene
Hausfrauen berückſichtigen, die ohne Raſenbleiche klare, blüten=
weiße
Wäſche erhalten möchten. Staub, Schmutz und Hautfett
an der Leibwäſche, dieſe und noch verſchiedene andere Flecke an
den Hand= und Wiſchtüchern, namentlich der Küche, Gras= und
Blumenflecke an weißen Schürzen, Leibchen, Kleidern, Höschen
und Röckchen der Kinder, ſie alle ſollen und müſſen beim Waſchen
entfernt werden ohne Anwendung chemiſcher Mittel, durch welche
die Wäſche ſelbſt bei größter Schonung mehr oder weniger leidet.
Da heißt es denn, ſorgſam und lange genug einweichen, um
ſchmutzlöſend und fleckenerweichend auf die Wäſche einwirken zu
können, ehe ſie zur eigentlichen Behandlung kommt.
Nach alter Hausfrauenerfahrung wirkt nun eine lauwarme
Bleichſoda=Löſung am gründlichſten löſend. Sie ſollte am Abend
zuvor angeſetzt, die ſchmutzigſten Stücke zuerſt, die nur leicht an=
geſchmutzten
zuletzt, alſo obenauf, darin eingeweicht werden, um
bis zum nächſten Morgen durchzuziehen. Am Waſchtage bringt
man dann nur eine leichte, kalte Perſillöſung: 1 Eßlöffel voll
auf 3 Liter Waſſer gerechnet, mit der leicht aus dem Sodawaſſer
geriebenen Wäſche, langſam zum Kochen, läßt ¼ Stunde leicht
fortwallen und etwa noch 1 Stunde ziehen. Dann einmal warm
und mehrmals kalt geſpült, bis das letzte Waſſer klar bleibt,
wird die ſo einfach und ohne beſondere Mühe gereinigte Wäſche
auch ohne Bleiche jenen ſchneeigen Schimmer beſitzen, den jede
Hausfrau an ihr ſo beſonders hochſchätzt.
Sehr haltbare Knopflöcher in Trikotwäſche
herzuſtellen. An den genau bezeichneten Stellen zeichnet
man mit Blei oder farbiger Kreide und Lineal die Größe des
Knopfloches auf, ſchiebt zwiſchen Oberſtoff und Untertrittleiſte
ein Stückchen weichen Batiſt oder ein Stück Hemdentuch und
ſteppt nun mit feinem Stich zwei bis dreimal um das Knopfloch
herum mit der Nähmaſchine den Stoff feſt zuſammen. Wird nun
das Knopfloch eingeſchnitten, dann kann es ſich weder ausdehnen
noch ausfranſen.
Das Abtoaſchwaſſer von Fleiſch, beſonders von Leber,
Herz uſw. ſollte jede Hausfrau zum Gießen von Zimmerpflan=
zen
aufheben und nicht, wie es ſonſt üblich iſt, achtlos weggießen.
Denn dieſes beſitzt eine außerordentlich gute Düngekraft, beſon=
ders
, wenn das Fleiſch, wie vom Wild, blutfriſch iſt.
Vorzügliche Sellerieſuppe (Abendbrotgericht).
Ein halber, großer Selleriekopf, roh geſchält und klein zerſchnit=
ten
, wird halb gar gekocht, dann 1 Pfund rohe Kartoffeln in
Stückchen geſchnitten, beigefügt, die fertige Suppe recht klar zer=
quirlt
, mit gebratenem Speck, Zwiebeln und gewiegtem Sellerie=
kraut
und reichlich geröſtete Semmel= oder Brotwürfel, und
wenn möglich, geſchnittene Blut= oder Knackwurſt dazu gereicht.
Gefüllter Reisauflauf. In die feuerfeſte Form,
ebenſogut aber auch in einen handhohen Tiegel, gut mit Fett
ausgeſtrichen und mit Semmel ausgeſtreut, wird zunächſt eine
daumendicke Lage kalt aufgequirlter Reis gegeben. Darüber
ebenſoviel feingewiegtes Cornedbeef oder andere Fleiſchreſte mit
geröſteter Zwiebel und ebenſolcher geriebener Semmel, Pfeffer
und Salz vermiſcht, obenauf wieder daumendick Reis gebreitet,
Butter= oder Fettflöckchen darüber gelegt und das Ganze mit
zwei Taſſen Waſſer auf ½ Pfund Reis gerechnet, übergoſſen,
in dem 1 Eßlöffel Tomatenmus verquirlt wurde. In heißer
Röhre bei guter Oberhitze 1 Stunde gebacken, wird der Auflauf
mit ſaurem Salat, Kürbis oder Gurken ſerviert.
H.
Speiſezettel:
Sonntag: Rindsröllchen mit Profoßkohl.
Montag: Gurkengemüſe mit Bratkartoffeln.
Dienstag: Gefüllter Reisauflauf.
Mittwoch: Hefenklöße mit Heidelbeeren.
Donnerstag: Möhren mit grünen Erbſen und Abſtechklöße.
Freitag: Gebackene Prinzeßkartoffeln.
Samstag: Buttermilchkartoffeln.

Plötzlich trat ein Kavalier in die Stube. Ohne anzuklopfen.
Er fragte nach der Baronin.
Edgar war zuſammengefahren. Er machte eine eckige Be=
wegung
mit ſeiner Hand.
Bitte ſehr, erwiderte er, ich weiß allerdings nicht
v. Hanſtein, ſtellte ſich der andere vor. Sie ſind der Bru=
der
von der Baronin? Ehrt mich. Ich bin nämlich ein Freund
dieſer Dame und komme, um ſie hm zu warnen!
Edgar taſtete unwillkürlich nach ſeinem Paket. Er hatte ein
Gefühl, als ob ſich unter ihm der Boden bewegte. Wovor war=
nens
fragte er geradezu barſch.
Hm im Vertrauen, Herr Stein ich bin über alles
genau unterrichtet. Kurz: die Polizei iſt dahinter gekommen. Es
wäre nicht ratſam, wenn Ihre Schweſter
Er ſprach den Satz nicht zu Ende. Stein hatte ſich aufgerich=
tet
. Er kam ihm entgegen.
Sie wiſſen alſo
Aber ſelbſtredend, liebſter Herr Stein. Wie geſagt im Ver=
trauen
Ihre Frau Schweſter hält große Stücke auf mich. Und
da komme ich nur, um ihr zu ſagen, daß ich, ſofern ſie irgend
welches belaſtende Material hier verborgen hält, gerne bereit bin,
das an mich zu nehmen. Bei mir iſt es ſicher.
Es iſt gut, daß Sie das ſagen, erwiderte Edgar nervös,
ich war eben im Begriff aber wir warten am beſten, bis
meine Schweſter kommt.
Wenn es nur nicht zu ſpät iſt wiſſen Sie zufällig, ob
ſie hier irgend etwas verborgen hält?
Höchſtens dort in dem Sekretär erwiderte Stein.
Das genügt mir, Herr Stein ſagte der Fremde plötzlich in
einem ganz anderen Ton mit zyniſchem Lächeln, und legte Edgar
ſeine Hand auf die Schulter, während er gelaſſen ſeiner Taſche
mit der anderen Hand einen Revolver entnahm, ich darf Sie
wohl bitten, mir im Namen des Geſetzes zu folgen!

Edgar wand ſich wie eine Schlange zur Tür. Aalglatt waren
ſeine Bewegungen ſein Auge blieb in das des plötzlich er=
kannten
Gegners gebohrt.
Der Revolder knackte. Edgar holte zum Stoß aus. Im
ſelben Augenblick wurde die Tür aufgeriſſen und ein anderer
Herr hatte den Verhafteten von hinten am Kragen gefaßt.
Eine Stunde ſpäter traf Edgar mit ſeiner Schweſter in einer
Haftzelle zuſammen.
Inzwiſchen war der alte Stein allein zurückgeblieben. Er
bohrte ſeinen Blick in die Wände. Und horchte. Irgendwo ging
etwas vor ſich. Ungewiſſe Kräfte ſpannten ſich gegen ihn.
Er taſtete nach dem geheimen Schrank. Der Druckknopf
ſprang wie eine Naſe aus der Wand vor. Ihm war, als ob der
Boden erzitterte. Aber es waren ſeine eigenen Knie.
Da flog ein Schlagſchatten über das Glasdach. Es knirſchte
er fuhr empor. Aus der Höhe, für den Bruchteil einer
Sekunde, hatte eine Grimaſſe niedergegrinſt.
Das war es!
Der alte Stein ſchlüpfte der Türe zu. Er klinkte den Riegel
mit zittrigen Fingern nieder
Schatten krochen die alte Stiege herunter. Lichtreflexe jagten
über die Stufen.
Stein ſtolperte. Seine Hand flatterte mattblöde ins Leere.
Kopfüber ſchlug er nach unten. Ein Treppenabſatz keilte ſich ihm
in die Stirn.
So lag er lange. Erſt nach Stunden fand ihn die arme
Veronika, die ihre armſeligen Tage oben neben dem Glasdach
beſchloß.
Stein atmete keuchend, als ihm das Weib über die Stirne
ſtrich.
Dann rief ſie um Hilfe. Als die Nachbarn erſchienen, hauchte
der Alte eben ſeinen Geiſt aus.

Nummer 12.

Schach
Aufgabe 33
Rudolf Sprenger in Darmſtadt
(Urdruck).
d

Weiß zieht und ſetzt in zwei Zügen matt.
Prüfſtellung: Weiß: Ka2 Da3 Td5 e2 Lh2 h5 Se7 g4 Bd6 g7 (10);
Schwarz: Ke6 Tg6 Les Set g3 Bc5 d7 g5 (8); 2+.
Aufgabe 34
Edmund Eylmann in Eiſenach
(2. Preis im Problemturnier des Deutſchen Schachbunds
Frankfurt a. M 1923).
Weiß: Kh5 De2 Sb5 e5 Be7 16 (6)7
Schwarz: Ke8 Da5 La3 Bb7 c5 c7 d5 15 g4 (9).
Matt in drei Zügen.
Der Verfaſſer des Zweizügers, in Darmſtadt als ſtärkerer Spieler
bekannt, bringt, wie man ſieht, auch hübſche Aufgaben zuwege; die oben
wiedergegebene, uns freundlichſt zur Erſtveröffentlichung überlaſſen,
wird beſonders ihres nicht gauz gewöhnlichen Einleitungszugs wegen
eine harte Nuß zu knacken geben. Beim Dreizüger muß ſich der Löſer
vor einigen ſtarken Verführungen hüten.
Nachtrag zur Löſerliſte: Rolf Schmidthoff (20).
Briefkaſten J. P. Ueber Ihren, bisher leider noch nicht erfolg=
reichen
, Löſereifer ſind wir ſehr erfreut. In 29 kommt auf 1. ef+Kd6
2. Lb4+: Sb3c5. Die Stellung von 30 iſt in der vorigen Nummer
berichtigt. K. Sch. Bei Ihrem Verſuch, Aufgabe 20 mit 1. Tb3 +
zu löſen, entgeht Ihnen anſcheinend, daß auf a6 ein ſchwarzer B ſteht.
Anfragen, Beiträge, Löſungen u. dgl. nur an die Schriftleitung
des Darmſtädter Tagblatts mit der Aufſchrift Schach,

Zahlen=Rätſel.

84 gs W 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107 108 109 110 111 112 113 114 115

Die Zahlen ſind ſo zu
ordnen, daß die 3 wag=
rechten
und die 3 ſenkrechten
Reihen als Summe je 700
ergeben. Die fett gedruckten
Zahlen behaupten ihren
Platz.
Carl Deubel.

Darmſtädter Silbenrätſel.
bach, berg, chen, du, eul, gelb, ing, jee, kir, na, rauſch, rei, ſche, wer.
Aus vorſtehenden Silben ſind ſechs Wörter von folgender Be=
deutung
zu bilden: 1. Fluß in Galizien, im letzten Krieg vielgenannt.
2. Ort im Kreis Erbach. 3. Arſen= u. ſchwefelhaltiges Mineral.
4. Frucht. 5. Pflanzengattung. 6. Stadt in Böhmen.
Die Anfangs= und Endbuchſtaben ergeben, beide von oben nach
unten geleſen, einen empfehlenswerten und viel beſuchten Ausſichts=
punkt
in unmittelbarer Nähe unſerer Stadt.
Auguſt Thomas.
Rätſel.
556. Ein jeder Menſch, faſt jedes Tier Hat’s Wort. Haſt Du’s,
mit rdarin, an Dir Schaff’s fort! Dann biſt Du’s los,
Eh’8 wird zu groß.
557. Drei Silben hat das Unkraut nur. Die dritte Silb’ iſt im
Geſchmack Das Gegenteil der beiden andern. Doch wer
auch nur die kleinſte Spur Der roten Beere koſten mag.
Der kann leicht bald ins Jenſeits wandern.
558. Wer als das männliche Wort Oefters das ſächliche Wort
Reichlich erhält und behält, Der ſchaut vergnügt in die Welt.
Streichholz=Rätſel.
Durch Umlegung der
fünf fetten Hölzchen bilde
man einen Vogel.
Carl Deubel.

Zitaten=Rätſel.
Aus jedem der folgenden 7 Zitate iſt ein Work auszuwählen.
Die 7 erhaltenen Worte ergeben ein Zitat aus Schillers Wilhelm Tell.
1. Er liebt die Welt, das Strahlende zu ſchwärzen.
2. Die Unſchuld hat eine Sprache, einen Siegerblick, der die
Verleumdung mächtig niederblitzt.
3. Wohl dem, der ein tugendſam Weib hat.
4. Lebensweisheit ſucht ihr Glück im engſten Kreiſe.
5. Beflügelt ſchwingt ſich der Geiſt in alle Himmel auf.
6. Selig, wer ſich vor der Welt ohne Haß verſchließt, einen
Freund am Buſen hält.
7. über alles Glück geht doch der Freund.
Auflöſungen.
Ergänzungs=Rätſel.
Kaſten, Pappel, Aachen, Marder, Kaffee, Mantel ſparen!
Silbenrätſel:
1. Hades, 2. Elbing. 3. Leihe, 4. Finow, 5. Ebolf, 6. Tanne,
7. Douglas, 8. Elbe, 9. Nathan, 10. Amalie, 11. Urban.
Helfet den Ausgewieſenen.
Verantwortlich: Mgx Ktreeis

vollſtär
den, die
ayrichtete
unterzeich
Deutſchlan
nicht nur
der zu er
Einrücken
tereſſen