Darmstädter Tagblatt 1923


03. September 1923

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Einzelnummer 100000 Mark

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Morgenzeitung der Landeshauptſtadt
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Nummer 243
Montag, den 3. September 1923 186. Jahrgang

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Deutſche Bank und Darmſtädter 8 Nationalbank.

Deutſchland zu ſchweren Opfern bereit!

Eine Rede des Reichskanzlers. Die Souverainität von Rhein und Ruhr Ziel unſerer Außenpolitik. Stellung
noduktier Pfänder. Deuſchland braucht ein Morgtorium. Eingiſſein dieVermögensſuobſſanz. Wertſbeſtändiges
Geld. Entweder ein Volk der Arbeit oder Untergang.

Stuttgart, 2. Sept. (Wolff.) Zu der Rede, die heute der
Reichskanzler in dem dichtbeſetzten Saal des Sieglehauſes über
zahlreiche Vertreter von Induſtrie und Handel Württembergs,
ſowie zahlreiche Vertreter aus württembergiſchen Arbeitnehmer=
und Arbeitgeberorganiſationen erſchienen. Bevor der Reichs= ſich darüber klar ſein werde,
kanzler das Wort ergriff, ſprach
Staatspräſident Dr. v. Hieber
folgende Begrüßungsworte:
Namens der württembergiſchen Regierung und des würt=
tembergiſchen
Volkes begrüße ich den Reichskanzler aufs wärmſte
in unſerer Landeshauptſtadt. Wir wiſſen es zu ſchätzen, daß er
heute unſere Stadt als Ort für eine große politiſche Ausſprache
gewählt hat. Wir ſehen in dem Reichskanzler neben dem Reichs=
präſidenten
den oberſten Vertreter der deutſchen Einheit, die uns
niemand rauben oder antaſten ſoll. Ich habe in den letzten Jah=
ren
keine Gelegenheit vorübergehen laſſen, um es immer wieder
in aller Oeffentlichkeit mit der größten Entſchiedenheit zu beto=
nen
, daß in Württemberg kein halbwegs ernſt zu nehmender
Menſch daran denkt, an der Einheit des Beiches zu rütteln. Wir
wiſſen uns ein für allemal mit dem Reich auf Gedeih und Ver=
einmal
zu ſagen, aber es gibt auch in der Politik Wahrheiten,
die nicht oft genug geſagt werden können, und ſo ſei es denn
auch heute ausgeſprochen. Jede geſchich’liche Betrachtung lehrt,
daß dem deutſchen Volke Blüte und Gedeihen nur beſchieden war,
wenn es einig war in ſeinen Stämmen. Der ſchlimmſte
Feind, den Deutſchland hatte, war immer die Geſinnung derer,
die Sonderintereſſen über die geſamten Intereſſen ſtell=
ten
, ob nun eine ſolche Geſinnung in Höfen oder Dynaſtien, bei
einzelnen Stämmen und Volksteilen oder bei wirtſchaftlichen In=
tereſſengruppen
oder politiſchen Parteien ſich auswirkten. Vol=
lends
in einer ſo ernſten Zeit müßten Parteihader, müßten alle
Klaſſen= und Stammesintereſſen zurücktreten vor der Majeſtät
des Unglücks, wie einſt Moritz Arndt vor hundert Jahren das
Weſen der deutſchen Einheit nannte, und wie wir auch heute un=
ſere
Lage nennen müſſen. Nur durch unbedingtes Bekenntnis zur
deutſchen Einheit und nur durch unbedingte Treue zu der dieſe
Einheit verbürgenden Verfaſſung können, wir überhaupt
hoffen, wieder zu der Stellung als Staat und Volk zu gelangen,
auf die wir nach unſerer Geſchichte im Kreiſe der Völker An=
ſpruch
haben. Wer an dieſer Einheit und an dieſer Verfaſſung
rüttelt, der bedroht die Zukunft des deutſchen Volkes, der leiſtet
bewußt oder unbewußt der Politik unſerer Gegner und im In=
nern
der Politik der Verzweiflung Vorſchub, der entzieht den
Maſſen des deutſchen Volkes den Glauben an unſer geſchichtliches
Recht und die Hoffnung auf unſere Zukunft.
Der
Reichskanzler
der nach den Begrüßungsworten des württembergiſchen Staats=
präſidenten
Dr. v. Hieber an das Rednerpult trat, ging ſofort
auf die Beſprechung der außenpolitiſchen Lage ein.
Er entwarf ein Bild des ſtarken außenpolitiſchen Druckes,
der gegenwärtig durch die Beſetzung des größten deutſchen Wirt=
ſchatsgebietes
an Rhein und Ruhr auf Deutſchland laſte, wobei
er der württembergiſchen Bevölkerung ſeinen Gruß entbot und
auf die Schaffung des Miniſteriums der beſetzten Gebiete hin=
wies
, die übrigens ein äußeres Zeichen der engen Verbunden=
heit
zwiſchen Reichsregierung und dem Rheinland darſtelle. Jede
Außenpolitik des Deutſchen Reiches könne nur das Ziel haben,
ſo erklärte der Reichskanzler, ſtets die Souveränität über
die Gebiete an Rhein und Ruhr zu haben. Wir ſind bereit,
auch die ſchwerſten materiellen Laſten auf uns
zu nehmen, um zu dieſem Ziele zu kommen.
Wir ſind bereit, auf dem Boden der Stellung produktiver
Pfänder zu ſtehen.
Wir haben Reichsbeſitz und Privateigentum als un= dürfniſſe des Staates gedeckt werden. Der Friede könne nur er=
ſere
faktiſchen Reparationsleiſtungen angeboten.
Der Kanzler wies ſodann die Behauptung des Temps zu=
rück
, daß ſeine letzten Vorſchläge keine, gleichwertige Leiſtung
gegenüber den von Frankreich aufgeſtellten Forderungen enthiel=
ten
. Er erklärte, Frankreichs Pfänderpolitik beziehe ſich auf die
Bildung einer internationalen Bahngeſellſchaft
und auf die Uebereignung deutſcher Bergwerke an
der Ruhr. Wenn Frankreichs Ziele nicht poliüiſcher Art ſind,
drängt es mich, zu erklären, daß die Garantie der geſam=
ten
deutſchen Wirtſchaft dem Herausziehen einzelner
Der Kanzler erinnerte in dieſem Zuſammenhang an die Ant=
wortnote
der belgiſchen Regierung an England, in der ausge=
ſprochen
iſt, daß die Ruhrbeſetzung nur bis zu dem Augenblick
zu dauern brauche, bis die deutſchen produktiven Pfänder effektiv
werden.
Jede Fortführung der Diskuſſion werde die Reichsregierung
dankbar begrüßen.
Der Gegenſatz zwiſchen Forderung und Leiſtungsfähigkeit werde
bei der Löſung des Reparationsproblems nur überbrückt werden
Völker, die auf induſtriellem Gebiet aufeinander angewieſen
ſind. Wirtſchaftliche Verbundenheit der Völker, ſo fuhr der
politiſcher Gegenſätze, als es politiſche Formeln zu ſein vermögen.
Deutſchland braucht ein Moratorium für ſeine Leiſtungen.
Es kann ſeine Reparationsverpflichtung zunächſt nur als eine des Staates nicht erhalten laſſes. Man möge ſich anch fragen,

Zinſenverpflichtung aufnehmen. Wolle man dieſe Zin=
ſenverpflichtung
kapitaliſieren, ſo könne dies nur auf dem Wege
die grundlegenden Fragen der inneren und äußeren Politik hielt, einer internationalen Anleihe geſchehen, für die die zahlung erlaſſen würden.
waren außer den Mitgliedern der württembergiſchen Regierung deurſchen Pfänder die Garantie bildeten. Deutſchland werde aber
in ſeinem gegenwärtigen Wirtſchaftsverfall keine ausländiſche
Anleihe in nennenswerter Höhe erreichen. Erſt wenn die Welt
daß die Beendigung des Ruhrkonflikts gleichzeitig der Be=
ginn
einer neuen Friedensära iſt,
werden die Alliierten im Verein mit Deutſchland die Anleihe=
frage
löſen können, die zur Befriedigung Europas vielleicht er=
hältlich
, aber zur Fortführung des Zerſtörungs=
werkes
niemals zur Verfügung ſtehen werde. Im Beſitz
ſeiner Souveränität und ſeiner zrtſchaftlichen Hilfsquellen
würde Deutſchland bei Annahme dieſer Grundſätze wohl in der
Lage ſein, die Garantie der Zinſenverpflichtung
zuübernehmen, auf der ſich dann eine Grundlage für den
europäiſchen Frieden aufbauen könnte.
Bei Beſprechung der von Frankreich geforderten Sicher=
heiten
auf politiicher Baſis ſagte der Reichskanzler:
Daß Deutſchland hereit iſt, auf die Frage der Sicherheiten ein=
zugehen
, hat es bei früheren Gelegenheiten bereits zum Ausdruck
derben verbunden. Ich ſchäme mich beinahe, dies hier heute noch gebracht. Wenn es ſich dar m handelt, daß die am Rhein inter=
eſſierten
, Stagten ſich vereinigen, um die
Unverſehrtheit des gegenwärtigen Gebietszuſtandes
auf einer zu beſtimmenden Baſis ſich gegenſeitig zu ſichern, ſo
wird Deutſchland jederzeit bereit ſein, einem ſolchen Bündnis
beizutreten. Ein wirtſchaftlich mit Frankreich ver=
bundenes
Dautſchland wird für die Durchführung ſol=
cher
Friedensidee die denkbar größte Friedensſicher=
heit
bieten. Eine Zerſtückelung Deutſchlands oder der Verſuch
einer wirtſchaftlichen oder verkehrstechniſchen Beherrſchung ſei=
ner
Grenzmarken würde dem Geiſt eines ſolchen Abſchluſſes
direkt entgegenwirken. Will Frankreich keine Annexionen,
dann hat es die Möglichkeit, ſeine Auffaſſung in die Wirklichkeit
umzuſetzen. Man will die Eröffnung offizieller Verhandlungen
abhängig machen von der Wiederherſtellung der Ar=
beit
im Ruhrgebiet. Jeder ehrliche Menſch im Ruhr=
gebiet
und am Rhein, ſo erklärte der Kanzler in dieſem Zuſam=
menhang
, ſehne ſich nach der Stunde, in der dieſe aufblühenden
deutſchen Lande der alten regen wirtſchaftlichen Tätigkeit wie=
dergegeben
werden. Dieſe Stunde wird gekommen ſein, wenn
wir die Sicherheit haben, daß auf den Grundlagen
der deutſchen produktiven Pfandleiſtungen die
Löſung des Konflikts möglich iſt, die der Sinn unſeres paſſi=
ven
Widerſtandes war. Er war niemals Uebermut oder
Selbſtzweck, ſondern ſollte dazu dienen, uns den Zuſtand der
Freiheit des Ruhrgebietes wieder zu verbürgen.
Wir ſind bereit zu ſchweren materiellen Opfern, aber wir
ſind nicht bereit, die Freiheit deutſchen Bodens irgend
jemanden preiszugeben.
Den zweiten, innerpolitiſchen Fragen. gewidmeten
Teil ſeiner Rede begann der Reichskanzler mit einem Hinweis
auf den Zuſtand höchſter wirtſchaftlicher Not Deutſch=
lands
, aus dem er weder dem Inland noch dem Ausland gegen=
über
ein Hehl machen wolle. Die Ausfuhr ſei in wenigen
Monaten von 600 Millionen auf 106 Millionen Goldmark zurück=
gegangen
, während Deutſchland vor dem Kriege eine Ausfuhr
von 10 Milliarden Goldmark hatte. Das zeige deutlich, daß
Deutſchland ohne Ruhr und Rhein nicht lebens=
fähig
und ohne die Verfügung über dieſe Gebiete zu irgend=
welchen
Reparationsleiſtungen außerſtande iſt. Der Zuſtand an
Rhein und Ruhr ſei unzweifelhaft kein Friedenszuſtand. Der
Kanzler kam dann auf die Wehrpflicht des Beſitzes zu
ſprechen, die aber auch in gleicher Weiſe für die Arbeiter und das
Beamtentum gelte. Die verlangten Opfer ſeien in den heutigen
normalen Zeiten eine Notwendigkeit. Durch ſtarke Ein=
griffe
müßten die außenpolitiſchen und innenpolitiſchen Be=
reicht
werden, wenn die Wirtſchaft das garantiere, was Deutſch=
land
anſtelle der produktiven Pfänder brauche. Heute habe nie=
mand
das Recht, zu erwarten, daß ihm der Staat den Zuwachs
des Beſitzes garantiere. Was die Wehrpflicht der Arbeit anbe=
treffe
, ſo brauche man da, wo lebenswichtige Notwendigkeiten
des States vorliegen, die Ueberarbeit für das Allge=
meinwohl
. Zu den Klagen über das Eingreifen des Staates der Staat braucht.
in die wohlerworbenen Rechte der Beamten erklärte der
Reichskanzler, daß die Reichsregierung der Kritik gegen das Be=
ſondern
auf wirtſchaftlichem und finanziellem Gebiete liegen, ſo amtentum fernſtehe, daß der Staat aber auch in dieſer Frage zu=
erſtan
ſich ſelber denken müſſe. Die Staatsautorität müſſe
geſtärkt werden, und die Regierung werde die Staats=
Teile aus dieſem geſamten Komplex mindeſtens gleichwertig iſt. autorität durchſetzen. Sie ſei nicht geſonnen, Schind= und England erkennten heute an, was die Deutſchen in den Kolo=
luder
mit ihr treiben zu laſſen. Die Gegenleiſtung des Staates nien geleiſtet hätten. Wir haben eine ehrliche und unbefleckte
für die Wehrpflicht beſtehe in der Schaffung von Sicherheit und
Ordnug im Innern. Zur
Steuerfrage
übergehend, bemerkte der Reichskanzler, er kenne die Härten der
letzten, vom Reichstag beſchloſſenen Steuern wohl, die in eine
Zeit der Wirtſchaftskriſe in der Induſtrie und harter Anſpan=
nung
des Kredits in der Landwirtſchaft fallen. Es ſei Vorſorge werden, wie Deutſchland ſeine Archive im Bewußtſein ſeines
getroffen worden, daß durch die beſtehenden Staatsorganiſatio= guten Rechtes und ſeines guten Gewiſſens geöffnet habe.
können durch eine wirtſchaftliche Verbundenheit der nen Kredite für Getreidelieferungen gegeben wer=
den
. Gegenüber der Kritik an den Steuern müſſe daran erinnert, von lebhaftem Beifall unterbrochen worden war, dankte der würt=
werden
, daß die Steuern nicht dem Kabinett, ſondern dem Reich
Reichskanzler fort, iſt vielleicht auch eine beſſere Ueberbrückung bewilligt werden. Bei mancher dieſer Maßnahmen handele es
ſich um Eingriffe in die Subſtanz. Aber was bleibt
denn von der Subſtanz der Wirtſchaft, wenn ſich die Subſtanz

wo die Subſtanz des geiſtigen Deutſchlands geblieben
ſei. Auf keinen Fall gehe es an, daß Aufrufe gegen Steuer=
Wer in dieſer Zeit eine Sabotierung der Steuer organiſiere,
gehöre hinter Schloß und Niegel.
Mit vollem Recht könne man aber verlangen, daß die Steuern
vereinfacht und überſichtlich gemacht werden. Es werde unbe=
dingt
nötig ſein, das Konglomerat von Steuervor=
lagen
auf eine gewiſſe primitive Form einzelner
Steuern zurückzuführen. Den Ländern und Kommunen
werde gleichzeitig eine größere Selbſtändigkeit in der
Erhebung der Steuern gegeben werden müſſen. Durch eine ſtär=
kere
Selbſtändigkeit der Steuergeſetzgebung der Länder und Ge=
meinden
würden auch die Beziehungen zwiſchen den Ländern
und dem Reich, die manchmal vielleicht beſſerungsbedürftig ſeien,
ſich beſſer geſtalten können.
Die Bekämpfung des
Verfalls der deutſchen Währung
ſei abhängig von der außenpolitiſchen Lage und von der Lage
der inneren Wirtſchaft. Techniſche Mittel reichten nicht aus, um
das gut zu machen, was ſich als Folge erkläre von einem Wirt=
ſchaftszuſtand
, bei dem das Reich die geſamten Gehälter und
Löhne und weitere Unterſtützungen an beinahe das ganze Rhein=
land
und Ruhrgebiet aus der Staatskaſſe ohne die geringſte
produktive Gegenleiſtung zahlen müſſe. Die Wirkung des Wäh=
rungsverfalls
zeige ſich in der Vernichtung des Spaarſinnes und
in dem Tanz um den Dollar. Wir hätten, ſo erklärte der Kanz=
ler
, längſt ein
wertbeſtändiges Geld
ſchaffen müſſen, um aus Spekulation und Deviſenhamſterei
herauszukommen. Auch die Vorauszahlung von Gehältern an
Lie Beamten würde damit auf eine ganz andere Grundlage ge=
ſtellt
. Wir haben die Abſicht, das heißt, es iſt unſere nächſte
zeitlich geſagt, die übernächſte Aufgabe, ein ſolches wertbeſtän=
diges
Geld in Deutſchland zu ſchaffen, ſo ſchwer es uns wird,
damit zuzugeſtehen, daß die Mark Zahlungsmittel iſt, aber nicht
mehr eine feſte Währung darſtellt. Wir wollen die Goldmark
wieder ſchaffen in der Hoffnung, daß man damit den Gold=
pfennig
in Deutſchland wieder ehren lernt. Nach Schaffung der
wertbeſtändigen Anleihe gibt es kein Recht mehr auf De=
biſenbeſitz
im deutſchen Volke. Die Deviſen gehören
dem Reich, das der Wirtſchaft das Notwendigſte zur Verfügung
ſtellt. Aber die private Deviſenſpekulation, die im weſentlichen
mit zur Zerrüttung der Mark von innen beigetragen hat, muß
aufhören.
Wir brauchen die Deviſen für die Lebensmitteleinfuhr, für
die Markſtützung und die Fortführung des Ruhrkampfes.
Der Reichskanzler erinnert dann an die Ausführungen des
Reichswirtſchaftsminiſters und des Reichsfinanzminiſters und
erklärt: Wir ſtehen vor einer großen Arbeitsloſigkeit in
Deutſchland, die uns neue finanzielle Laſten in der Erwerbs=
loſenfürſorge
bringen wird. Es darf nur eine produktive
Erwerbsloſenfürſorge geben. Jede unproduktive Erwerbsloſen=
fürſorge
muſt demoraliſierend wirken. Der Staat muß das Recht
haben, dem Unterſtützungsbedürftigen die Arbeit zu geben, deren
der Staat bedorf.
Im Hinblick auf die Beſchaffung des Hausbrandes für
den kommenden Winter regte der Kanzler an, eine Ueber=
ſtunde
im Bergbau zu leiſten und gleichzeitig das Erträg=
nis
daraus als Kohle für den Winter den Bedürſtigen zu geben,
damit einmal in dieſer Beziehung das Volk dem Volke
etwas gibt.
Im weiteren Verlauf ſeiner Rede wandte ſich Streſemann
gegen jede Art von Schlemmerleben und betonte die Wich=
tigkeit
der ſittlichen Kraft, die für den Wieleraufſtieg des
deutſchen Volkes maßgebend ſei. Deutſchland gehe fehr ſchwe=
ren
Zeiten entgegen, ſo daß man ſich ein müheloſes und arbeits=
loſes
Einkommen in Deutſchland in Zukunft nicht mehr zu den=
ken
vermöge. Deutſchland müſſe entweder ein Volk der
Arbeit ſein oder untergehen. Er warnte vor jedem
Peſſimismus.
Deutſchland ſtehe allein in der Welt und es habe keinen
außenpolitiſchen Sekundanten.
Bundesgenoſſen bekomme Deutſchland nur, wenn die Welt ein=
ſehe
, daß es den Mut habe, von dem Volke das zu fordern, was
Der Kanzler erinnerte ſchließlich an die Pioniere des
deutſchen Geiſtes und der deutſchen Wirtſchaft im Aus=
lande
, die auch die Träger unvergeßlicher Taten in den deut=
ſchen
Kolonien waren. Deutſchland brauche nicht das Haupt
zu ſenken, wenn es an ſeine koloniale Tätigkeit denke. Frankreich
Fahne hinterlaſſen, als wir die Kolonien aufgeben mußten. Zum
Schluſſe ſeiner Ausführungen begrüßte der Kanzler alle Beſtre=
bungen
in Deutſchland, die die Aufklärung über die
Entſtehung des Weltkrieges verbreiten wollen, und
forderte die Wahrheitsſucher aller Nationen auf, darauf zu drin=
gen
, daß alle Archive für ihre Forſchungen ſo geöffnet.
Nach der Rede des Reichskanzlers, die an zahlreichen Stellen
tembergiſche Staatspräſident Dr. v. Hieber dem Kanzler für ſeine
Ausführungen und ſchloß darauf die Verſammlung.

Unſere heutige Nummer enthält den Sport des Sonntags

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Seite 2

Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 3. September 1923.

Rummer 243.

Der italieniſch=griechiſche Konſikt.
Scharfes Vorgehen Italiens.
Paris, 2. Sept. (Wolff.) Aus Athen erfahren die Blät=
ter
: Der Admiral Bellini ſoll den griechiſchen Schiffen die Durch=
fahrt
durch die Meerenge von Otranto verboten haben. Alle
griechiſchen Schiffe werden in den italieniſchen Häfen zurückge=
halten
. Alle griechiſchen Schiffahrtsgeſellſchaften haben die Fahrt
nach Italien eingeſtellt. Die griechiſche Regierung geſtattet
weiterhin allen italieniſchen Schiffen, die griechiſchen Häfen an=
zulaufen
. Ein italieniſches Unterſeeboot hat einen griechiſchen
Dampfer in der Merenge von Korfu angehalten und beſchlag=
nahmt
.
Berlin, 2. Sept. (Wolff.) Die italieniſche Botſchaft hat
am 1. September amtlich mitgeteilt, daß in den Gewäſſern um
die Inſel Leros, welche zum Dodekanes gehört, im Umkreis von
drei Seemeilen Minen ausgelegt worden ſind. Ein Piloten=
dienſt
iſt eingerichtet worden, um die Schiffe zu den Ankerplätzen
an der Küſte zu geleiten.
Italiens Gründe gegen eine Intervention
des Völkerbundes.
Paris, 2. Sept. (Wolff.) Nach einer Meldung der Chi=
cago
Tribune aus Rom ſoll um Mitternacht von maßgebender
dem italieniſch=griechiſchen Konflikt den Schiedsſpruch des Völker=
bundes
nicht annehmen werde. Dahingehende Inſtruktionen
ſeien dem italieniſchen Delegierten in Genf telegraphiſch über=
mittelt
worden. Der Grund für dieſe Entſcheidung ſei in erſter
Linie, daß die Italiener nicht die Abſicht haben, Griechenland den
Krieg zu erklären, und weiterhin, daß der Völkerbund für ein
Eingreifen in die Angelegenheit nicht zuſtändig ſei, da die grie=
Italien dementiert.
* Rom, 3. Sept. (Priv.=Tel.) Eine offizielle Meldung de=
mentiert
die Nachricht von der Beſetzung der Inſel
Samos.
U. Athen, 3. Sept. Der italieniſche Militärattache, der
zur Unterſuchung über den Mord an der italieniſchen Miſſion
nach Janina eniſandt worden iſt, wurde von der italieniſchen Re=
gierung
eiligſt zurückberufen.
Eine Spur der Attentäter?
Sonderberichterſtatter des Giornale konnte eine Reihe Feſt=
ſtellungen
machen. Der Berichterſtatter glaubt, daß die Verant=
wortung
für die Ermordung der italieniſchen Mitglieder der
Grenzfeſtſetzungskommiſſion bei der griechiſchen Militärkommif=
ſion
liegt. Der Berichterſtatter weiſt auf die Differenz zwiſchen
General Tellini und dem Oberſten Botzaris hin und klagt dieſen
der Mitſchuld und der Mitwiſſenſchaft bei dem Verbrechen an.
Der Berichterſtatter meldet folgendes: Als der albaniſche Dele=
gierte
Beretti ſehr unruhig wurde, weil er den Kraftvagen der
einem griechiſchen Offizier verhindert, der ita=
lieniſchen
Delegation in der Richtung nach Devinaki e .gegen= einer Stefani=Meldung dankbar averkannten, zeigen die Blätter
zugehen.
Paris, 2. Sept. (Wolff.) Havas meldet aue Lhen: Die
griechiſche Regierung läßt die italieniſche Geſendtſchaft in Athen tuagen werde. Unter Vorbehalt vertritt der Temps in ſeiner heu=
durch
eine Abteilung von 300 Mann bewachen.
Korfu zu Unrecht beſchoſſen.
aus beſtimmter Quelle zu wiſſen, daß die griechiſchen Behörben
in Korfu zum Aufziehen der weißen Flagge ver der italieni=
ſchen
Beſchießung keine Zeit hatten, weil die italieniſche Flotte
während ein von ihr beauftragter Offizier mit den griechiſchen
Behörden unterhandelte, bereits das Feuer eröffnete.
Paris, 3. Sept. (Wolff.) Die grie=ilche Antwort
auf die Note der Botſchafterkonierenz iſt geſtern ! geſtern die plötzliche Ankunft Lord Curzons, der mittags vom
Antwortnote weiſt auf die bereits von Griechenland berichteten
Regierungsmaßnahmen hin und ſchlägt ver, eine Unterſuchung
durch eine internationale Kommiſſion für den öglieniſch= griechi=
ſchen
Konflikt vornehmen zu laſſen. Die Note ſchließt mit der
Erklärung, daß Griechenland ſich jeder Entſceidung der Viertelſtunde unterhielt. Dieſe Unterredung mußte dann abge=
Botſchafterkonferenz über die Frage de: Wiedergut= brochen werden, weil Poincaré um 9 Uhr ſeine Reiſe in die
machung unterwerfen würde.
Rr

Vom Tage.
Der Reichsanzeiger veröffentlicht eine Verordnung über die Um=
rechnung
fremder Währungen bei der Berechnung der Wechſelſteuer,
eine Verordnung über den Grundlohn und der Krankenverſicherung,
eine Bekanntmachung über die Höchſtſätze in der Erwerbsloſenfürſorge
und eine Verordnung über künſtliche Düngemittel.
Das bis zum 30. September verlängert geweſene deutſch=ſpaniſche
vorläufige Handelsübereinkommen (modus vivendi) wurde bis zum
30. November einſchließlich verlängert.
Der Schlichtungsausſchuß Köln hatte für die Metallinduſtrie einen
Schiedsſpruch gefällt, der einen Stundenlohn für Handwerker von
2 200 000 Mk. vorſah. Die Regierung lehnte es ab, den Schiedsſpruch
für verbindlich zu erklären. Neue Verhandlungen über eine ander=
weitige
Lohnregelung ſtehen bevor.
Auf Einladung der Stadt Genf hat ſich die öſterreichiſche Regie=
rung
damit einverſtanden erklärt, daß die Wiener Staatsoper anläßlich
der vierten Völkerbundsverſammlung einige Vorſtellungen in Genf gibt.
Wi aus Madrid gemeldet wird, iſt das Kabinett wegen Unſtimmig=
keiten
in der Marokkofrage nunmehr zurückgetreten.
Die Preſſe meldet, daß der ſpaniſche Miniſterrat die Abſendung
einer Proteſtnote an Frankreich wegen Waffenſchmuggels in Marokko
beſchloſſen habe.
Offiziell wird mitgeteilt, daß die griechiſche Regierung
die Verfafſungswahlen auf den 28. Oktober anberaumt hat.

Seite mitgeteilt worden ſein, daß die italieniſche Regierung in Vermittelung nur auf beiderſeitigen Wenſch.
TU. London, 2. Sept. Der Londoner Korreſpondent des
Echo de Paris berichtet ſeinem Blatte, daß man in den Kreiſen
des Foreign Office und des Marineamtes einer Intervention
im griechiſch=italieniſchen Konflikt nicht abgeneigt ſei. Das er=
kläre
ſich daraus, daß England als erſte Mittelmeermacht ſich
durch die Initiative Muſſolinis bedroßt fühle und daß man für
chiſche Regierung vom Völkerbund nicht anerkannt worden ſei, die Sicherheit Maltas und Cyperns Befürchtungen habe. Man
glaubt, daß die Beſetzung Korfus nur der erſte Schritt einer Po=
litik
ſei, die darauf abziele, die italieniſche Herrſchaft im Mittel=
meer
zu ſichern. Der italieniſche Botſchafter hatte am Freitag eine
längere Unterredung im Foreign Office.
Jungſlawien beſetzt die früheren öſterreichiſchen
Südbahnen.
TU. Wien, 2. Sept. Hier iſt die ſehr überraſchende Nach=
richt
eingetroffen, daß die jugoſlawiſche Regierung geſtern nacht
ſämtliche Linien der früheren öſterreichiſchen Südbahnen, die auf
jugoſlawiſchem Gebiet liegen, in den Staatsbetrieb übernommen
hat. Man vermutet, daß ſtrategiſche Rückſichten Jugoſlawien zu
Rom, 2. Sept. (Wolff.) Ein an Ort und Stelle geſandter dieſem Schritt veranlaßt haben. Formell iſt Jugoſlawien de
zeit noch nicht berechtigt, die Südbahnen in eigenen Betriel= u
übernehmen, weil das Südbahn=Kommando, das zwiſchen . .
intereſſierten Mächten getroffen worden iſt, noch nicht die Zuſtim=
mung
Itzliens und Oeſterreiche gefunden hat.
Die Holtung der Bariſer Preſſe.
* Paris, 3. Sept. (Priv.=Tel.) Die geſamte Pariſer Preſſe
verfolgt mit der größten Aufmerkſamkeit die Entwicklung des
italieniſchen Delegation nicht kommen ſah, wurde er ,or. italieniſch=griechiſchen Konfliktes. Im Gegenſatz zu dem italie=
niſchfneundlichen
Ton der letzten Tage, den die Italiener nach
jetzt eine bewußt unparteiiſche Beurteilung. Die Mehrzahl
wünſcht, daß dem Völkerbund die Beilegung des Konfliktes über=
tigen
Abendausgabe gleichfalls dieſen Standpunkt.
* Paris, 3. Sept. (Priv.=Tel.) Die Behauptung Muſſo=
linis
, daß die Beſetzung von Korfu nicht als kriegeriſche Hand=
FU. Athen, 3. Sept. Die Griechiſche Agentur verſichert, lung zu gelten habe, wird hier ziemlich ſkeptiſch aufgefaßt, doch
habe man letzten Endes nichts dagegen einzuwenden, denn man
zwird mit der Tatſache des Kriegszuſtandes ſich abfinden müſſen.
Beſprechung mit Poincaré.
TU. Paris, 2. Sept. Das Tagesereignis für Paris war
mittag dem franzöſiſchen Geſchäftsträger überehen orden. Die / Badeort Bagnolles abreiſte und um 6 Uhr in Paris eintraf. Der
engliſche Miniſter des Aeußern begab ſich nach ſeiner Ankunft
ins Hotel Riz, wo er die neueſten, bei der engliſchen Botſchaft ein=
gelaufenen
Informationen zur Kenntnis nahm. Lord Curzon
fuhr dann zum Quai d’Orſay, wo er ſich mit Poincaré eine
Bretagne zur Teilnahme an der Renanfeier antreten mußte.

Lord Curzon in Paris.
Paris, 2. Sept. (Wolff.) Havas meldet: Lord Curzon
ſtattete geſtern abend Poincaré einen kurzen Beſuch ab. Die
Unterredung dauerte etwa 20 Minuten. Poincaré entſchuldigte
ſich, daß er die Unterhaltung nicht länger ausdehnen könne, weil
er mit dem Abendzug nach Treguier abreiſen müſſe, wo er den
Vorſitz bei der Jahrhundertfeier für Renan am Sonntag führe.
Der Beſuch Curzons war übrigens nach Havas ein reiner
Höflichkeitsbeſuch. Der engliſche Miniſter legte anſchei=
nend
lediglich darauf Wert, vor der Weiterreiſe nach London den
Leiter der franzöſiſchen Regierung zu begrüßen. Poincaré war
von dieſem Schritt ſehr gerührt. Es iſt indeſſen nach Havas mög=
lich
, daß im Laufe der Unterhaltung die Fragen der Repara=
tionen
, der Ruhrbeſetzung und der italieniſch=
griechiſchen
Kriſe, wenn auch nur einen Augenblick, be=
rührt
wurden. Die Unterhaltung war ſehr freundſchaftlich. An=
geſichts
der knappen Zeit, die den Staatsmännern zur Verfü=
gung
ſtand, ſei es verſtändlich, daß kein bedeutſamer Beſchluß
habe gefaßt werden können. Nach dem Matin ſchnitten die beiden
Staatsmänner die meiſten der ſchwerwiegenden Probleme an,
mit denen ſich die beiden Regierungen beſchäftigen müßten, ohne
daß ſie Muße gehabt hätten, auf irgend einen Gegenſtand näher
einzugehen. Der Aufenthalt Curzons in Paris wird anſcheinend
nur ſehr kurz ſein. Eine Zuſammenkunft zwiſchen Baldwin und
Poincaré liegt nach dem=
mehr
denn je im Bereiche des
Möglichen.
Von Ruhr und Rhein.
Vorrücken der Franzoſen im Frankfurter Stadtwald.
TU. Frankfurt a. M., 2. Sept. Die Franzoſen haben
im Stadtwald von Frankfurt unerwarteterweiſe ihre Poſten vor=
geſchoben
. Infolgedeſſen ſind im Laufe des geſtrigen Tages
viele Deutſche, die ſich in das bisher unbeſetzte Waldgebiet be=
gaben
, von den Franzoſen ihrer geſamten Geldvorräte beraubt
tvorden. So wurden auch der britiſche Generalkonſul Mr. Gos=
ling
und ſeine Frau, als ſie im Frankufrter Stadtwald ſpäzieren
fuhren, wiederholt von marokkaniſchen Poſten aufgehalten und
beläſtigt.
Unruhen.
TU. Aus dem Ruhrgebiet, 2. Sept. Auf der Zeche
Friedrich der Große Schacht 4, in Herne kam es nach der kom=
muniſtiſchen
Arbeiterzeitung zu Zuſammenſtößen zwiſchen Gru=
benbeamten
und der Polizei einerſeits und der Belegſchaft an=
tererſeits
. Dabei ſoll es nach dem kommuniſtiſchen Blatt einen
Toten und vier Schwerverletzte gegeben haben.
Kommuniſtiſcher Aufruhr in Eſſen.
TU. Köln, 2. Sept. Geſten morgen zogen kommuniſtiſche
Hundertſchaften zur Zeche Guſtav in Eſſen=Altſtadt und verſuch=
ten
die Belegſchaft zur Arbeitsniederlegung zu zwingen. Als
zwei Wagen mit Lebensmitteln die Straße paſſierten, wurden
die Wagen angehalten. Ein größeres Polizeiaufgebot verſuchte
Ordnung zu ſchaffen, wurde aber von den Aufrührern ange=
griffen
. Die Polizei ging mit der blanken Waffe vor. Als die
Menge nicht weichen wollte, gaben die Polizeibeamten einige
Schreckſchüſſe ab, worauf ſie die Straßen räumen konnten. Die
Arbeitsloſen belagerten gleichzeitig in unüberſehbarer. Menge
das Eſſener Rathaus, um die Diktatur des Proletariats aufzu=
richten
. Die weitere Entwickelung der Dinge muß man ab=
warten
.
Sanktion für eine Bierflaſche!
TU. Bochum, 2. Sest. In Bochum hat der franzöſiſche
Kommandant die Räumung von drei Häuſern angeordnet, weil
aus einem nahegelegenen Hauſe einem franzöſiſchen Soldaten
angeblich eine Bierflaſche an den Kopf geworfen worden ſei.
Die Sonderhündler von farbigen Truppen beſchützt.
Paris, 2. Sevt. (Wolff.) Wie Havas aus Düſſeldorf mel=
det
, hat geſtern in Düren eine Verſammlung der Sonderbündler
ſtattgefunden, an der etwa 800 Perſonen teilgenommen haben
ſollen. Dr. Doxten und Dr. Kremer hätten troß der Unterbre=
chungen
durch einige Störenfriede, die prompt vor die Tür ge=
ſetzt
worden ſeien, Reden gehalten. Das Stadttheater, in dem
die Verſammlung ſtattfand, und die angrenzenden Straßen ſeien
von marokkaniſchen Truppen bewacht worden. Es ſeien einige
Schüſſe abgefeuert worden, um einige Manifeſtanten zu er=
ſchrecken
, die ſich ſchnell zurückgezogen hätten.

Dewlesker Bargaben.
Von der Zigeuneriſchen Traumdenjung.
Von Engelbert Wittich (Cannſtai==Stuttgart).
Der Verfaſſer iſt ſelbſt Zigener. Seine folklori=
ſtiſchen
Arbeiten ſind von der Wiſſenſchaft als äußerſt
wertvoll anerkannt worden. Wir geben die Skizze
ohne ſtiliſtiſche Verbeſſerung um dem Original
nicht den Reiz der Perſönlichkeit zu nehmen.
* Nicht nur die Zigeuner, ſondern auch alle fonſtigen Völker,
ob auf der höchſten oder niederſten Kulturſtufe ſtehend, ob ſie nun
der weißen oder ſchwarzen Raſſe, gelben oder roten, angehören,
glauben an die Bedeutung der Träume ſür das zukünftige Schick=
ſal
der Menſchen und deren Einfluß auf das menſchliche Leben.
Wie das älteſte Buch der Bücher, die Bibel, ja ſchon berichtet,
reicht dieſe Bedeutung und Wichtigkeit, die man dem Traume zu=
ſchiebt
, bis ins graue Altertum zurück. Heutzutage ſind ja ſchon
namhafte Gelehrte daran, dem Traume auf wiſſenſchaftliche Art
beizukommen‟. Es iſt deshalb auch gar kein Wunder, wenn bei
einem ſolchen abergläubiſchen Volke, wie das der Zigeuner, die
Traumdeuterei in voller Blüte ſteht! Aber nicht nur legen ſie
ihre Träume oder die anderer aus, ſondern ſie ſelbſt ſind über=
zeugt
, daß ſich ihnen die Zukunft im Traume enthüllt.
Ein alter Zigeuner erzählte einmal: Heute nacht hatte ich
einen ſehr ſchweren Traum. Der Totenvogel ſaß auf einer hohen
Eiche. Was mag dies bedeuten? Erklärung iſt folgende: Der
Totenvogel iſt nämlich gemäß dem zigeuneriſchen Volksglauben
das Käuzchen und wird deshalb von ihnen auch nur Mulenger
Tſchirklo (Totenvogel) genannt. (Mulo Tot, Tſchirklo Vo=
gel
.) Der Schrei dieſes Vogels bedeutet auch den nahen Tod
eines Menſchen. Wenn man aber von ihm träumt, zeigt dies das
Ableben eines Bekannten an. Auch einen Todesfall in der Fa=
milie
gibt es, wenn jemand im Traume die Zähne alle ausfallen.
Zwetſchgen von einem Baume brechen bedeutet wieder den Tod
eines nahen Verwandten. Eier bedeuten Unfrieden, Zank und
Streit in der Familie. Von Toten träumen iſt nichts Gutes.
Von Zigeunern: in Not und große Armut kommen. Kohl be=
deutet
viel Geld verdienen oder einnehmen. Läuſe: gute Geſchäfte
machen und auch Neuigkeiten erfahren. Blühende Bäume zeiti=
gen
bei Eheleuten Streit, bei ledigen dagegen ſpäteres Zuſam=
menkommen
(Heiraten) an. Schmutziges Waſſer weiſt auf Un=
glück
, helles aber auf Glück hin. Mühle bedeutet Reichtum, Mehl
dagegen Schrecken. Dornen zeigen Unglück und Verleumdung
an. Krebſe ſehen iſt geſchäftlicher Mißerfolg. Leiter: in Gefahr
kommen. Hund: in Unglück geraten. Hunde bellen hören: uner=
wartetes
Ereignis. Von Hunden angefallen werden: Todes=
gefahr
. Poſtwagen: Geld bekommen. Poſtbote: unverhofft zu
Gelde gelangen. Gendarmen, Poliziſten bedeuten Verhaftung

und Arretierung. Blumen im Traume meinen es auch nicht gut
mit ihnen. Umſomehr Jäger und Jagdleute, welche gute Zeiten
prophezeien, wo kein Nahrungsmangel ſein wird. Hexe ſehen:
auf der Hut ſein. Poſtillon: nach langer Zeit eine unerwartete
Begegnung. Große Feuerbrunſt: eine geliebte Perſon verlieren.
Hochzeit oder Taufe bedeutet, wenn der Blitz in ein Haus ein=
ſchlägt
. Verwundung, Verletzung zeigt fallen an und Flucht
ſchweben oder fliegen. Pfarrer ſehen: Unheil. Krüppelhafter
Menſch: Eingehen von Tieren. Eine unbekleidete weibliche Per=
ſon
zeigt Schaude und Elend an. Glocke ſchlagen hören bedeutet
ſchnelle Abreiſe. Wagen umfallen ſehen: Schwere Verletzung
durch fallen oder ſtürzen. Auf lebensgefährliche Verletzung durch
Streit und Händel weiſt hin, wenn man eine Schußwaffe ab=
ſchießen
will und dieſe geht nicht los. Baden bedeutet Geſund=
heit
, und ſich ſelbſt als tot ſehen, ein langes Leben. Durchgehende
Pferde wiederum, einen ſchlechten Handel eingehen. Die Loſung
eines Jgels ſehen iſt ein gutes Zeichen, ein ſchlechtes aber, wenn
man die Igel ſelbſt ſieht. Merkwürdig iſt, daß die Zigeuner für
die Bachſtelze, welche ſie als ihren ausgeſprochenen Zigeunervogel
anſehen und ihn auch ſo (Romano Tſchirklo Zigeunervogel)
nennen, kein einziges Traumbild vorhanden haben. Ebenſo nur
zwei vom Jgel, wo ſie doch ſo oft mit ihm umgehen und ſich mit
ihm beſchäftigen, da der Jgel mit Vorliebe und leidenſchaftlich
gerne gegeſſen wird, und ihr eigentliches Nationalgericht iſt.
Einen Traum, den Liebich berichtet, und der zeigt, wie ſehr das
Herz des deutſchen Zigeuners am Igel hängt, kann ich mir nicht
verſagen hier anzuführen. Cine alte Zigeugerin erzählte ihm
einen Traum, nach welchem ſie oder einer ihrer Vorfahren nach
dem Tode ſich wiedergefunden habe, in einem großen, ſchönen
Garten, der mit zahlloſen fetten Igeln bevölkert geweſen ſei
dem Paradies der Zigeuner. Lediglich der Traum iſt angeführt,
eine Deutung fehlt gänzlich. Nach Wliskocki bedeutet für die un=
gariſchen
Zigeuner, wenn ſie von Bienen träumen, Zank und
Streit, ſieht man ſolche fliegen, eine Feuersbrunſt. Drachen
ſehen: Feindſchaft. Eulen weiſen auf nahen Gelderwerb, da=
gegen
eine Eule, ſchreien hören, auf ſchlechte Nachrichten hin.
Flöhe zeigen bevorſtehenden Kummer, Fröſche aber guten Erfolg
an. Fiſche bedeuten eine Krankheit oder eine Todesnachricht. Die
Zigeuner glauben auch, daß die Träume in der Oſternacht un=
bedingt
in Erfüllung gehen, wenn man abends vor dem zu Bett
gehen Fiſche gegeſſen hat. Aepfel eſſen bedeutet Gefahr, Aepfel
bekommen aber Glück. Aufgehängt werden Glück und Ehre.
Abendlicht iſt Tmuer, Brücke Fortſchritt, Bild große Freude, Bett
Glück, dagegen im Bette liegen Gefahr. Grüne Bäume deuten
Wohlergehen, dürre aber Unglück an. Baum umhauen: einen=
Freund durch den Tod verlieren. Blaue Farbe bedeutet gute
Nachrichten und gelbe Neid und Verfolgung. Dreſchen: uner=
wartet
zu Geld kommen. Waſſer aus einem Brunnen ſchöpfen
zeigt Verluſt und Krankheit an, und einen Brunen ſehen Scha=
den
. Hand bedeutet in allen Dingen Glück. Haare und Himmel
Wohlergehen. Hanf Unglück und Feuer. Todesfall in der Fa=

milie bedeuten Garben, dagegen Garten und Wald bevorſtehende
Familienvermehrung. Nahe Freunde zeigen Kerker und Krank=
heit
an. Kaiſer und König bedeuten große Freude. Kühe und
Rinder weiſen auf Reichtum und Glück in der Liebe. Ein ſchlechtes
Zeichen iſt, wenn man träumt, man komme um den Kopf oder
ſieht Blut. Licht bedeutet Freude und Geſundheit. Mond und
Menſchen: Sorgen. Nackt gehen oder Näſſe zeigen baldige Krank=
heit
oder Mißerfolg an. Ebenſo die Naſe verlieren oder ver=
wunden
. Gattin ſehen bringt Glück und Gatte Mißerfolg. Geld
weiſt auf Tränen und Geige auf große Freude. Nägel bedeuten
Streit mit der Frau oder der Geliebten. Neue Kleider anziehen
aber Glück in der Liebe. Während Ohr Trauer, Pfeife Zwietracht
und Zorn anzeigen, bedeuten Pferde in jeder Beziehung das
höchſte Glück. Von Füchſen träumen bringt Geſundheit und von
Feinden: Gewinn. Unglück in allen Unternehmungen hat, wer
eine Frau ſieht, mit ihr ſpricht oder küßt. Dagegen bedeutet Er=
folg
in allen Unternehmungen, wer von Holz und Ruten träumt.
Lärm und Poltern zeigen Angſt und Schrecken an. Regen aber
Glück und Freude. Sonne und Sterne, Salz und Schwämme
bedeuten Freundſchaft und Liebe. Schuhe, Pantoffel, überhaupt
jede Fußbekleidung zeigen Familienvermehrung durch Heirat und
Geburt an. Schlange und Specht bedeuten Verleumdung, Schnee
und Schmalz Verluſt und Angſt. Dagegen Tauben und Vögel,
auch Schießen und Nießen gute Nachrichten anzeigen. Neſſeln be=
deuten
Geld und Erfolg. Nebel und Rauch Krankheit und Tod.
Teufel ſehen weiſt auf bevorſtehendes großes Glück hin. Ofen be=
deutet
Freude und Hemd nahen Schrecken. Gänſe ſehen iſt Ge=
ſundheit
und Ehre. Die Füße waſchen oder jung ſein bedeutet
Krankheit. Schlechte Nachrichten zeigen Uhr, Zopf, Zaun an.
Ebenſo Ruß und Hühner. Mücken bedeuten viele Feinde, und
Heiraten weiſt auf Schaden. Eine Erbſchaft macht, wer Tier=
leichen
ſieht. Zu Wohlſtand gelangt, wer ſolche ſchindet. Reben
und Rüben, Jubeln und Jauchzen zeigen Tränen an. Rauchen
und Würmer aber Feindſchaft. Band ſehen weiſt auf eine Reiſe
in die Fremde. Ohne Kopfbedeckung gehen bedeutet Hintenan=
ſetzung
. Betteln zeigt nahen Gewinn, und Birnen eſſen guten
Erfolg an. Eine Hochzeit oder baldigen Familienzuwachs zeigt
dienen an. Und Donner hören gute Nachricht. Blindheit iſt
naher Kummer. Eis bedeutet Mißerfolg; Eſſig trinken dagegen
guten Verdienſt. Kinder zeigen Aerger an. Eine Schmiede:
ſchlechte Nachrichten. Eſſen bedeutet Wohlergehen. Unglück und
Schaden trifft, wer Eiſen verkauft. Dagegen bringt Eiſen kaufen
Glück. Furcht zeigt Unglück und Frucht Reichtum an. Fahren
bedeutet in jeder Lage Mißerfolg. Beſonders auffallend iſt
hier, daß gar kein Traumbild weder auf den Zigeunervogel noch
den Jgel hinweiſt.
Zum Schluß ſei noch erwähnt, daß die Zigeuner glauben,
daß alle Träume von Gott ſelbſt kommen, zur
munterung für die Menſchen. Auch haben die Zigeun=
rd

Traum den ſchönen Namen Dewle
grußt

[ ][  ][ ]

Rnunmer 243.

Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 3. September 1923.

Seite 3.

Die übliche Sonntagsrede Poincarés.

Paris, 2. Sept. (Wolff.) Havas meldet: Bei der Ein=
weihung
eines Kriegerdenkmals in Contrieux tries Poincaré
darauf hin, daß die Söhne der Bretagne mit dazu beigetragen
hätten, die deutſchen Eindringlinge zu verjagen und Frankreichs
unverſehrte Freiheit wieder herzuſtellen, und die Provinzen, die
es verloren hatte, wieder zurückzugewinnen, ſowie Frankreich in
der Welt den Ruhm wieder zu verſchaffen, der ſeiner Vergangen=
heit
würdig ſei. Er ſchloß ſeine Rede mit den Worten: Wo ſind
die Güter des Sieges, den wir davongetragen haben? Sie haben
durch Ihre Selbſtverleugnung den gewaltigſten Krieg gewonnen,
der je geführt worden iſt. Wir bewundern Ihr Beiſpiel und
können nicht zugeben, daß Ihre Opfer vergeblich gebracht wor=
den
wären. Sicherlich war es nicht die Liebe zu einem militäri=
ſchen
Raub, die Sie angetrieben hat, Sie träumten nicht von Er=
oberungen
und Feldzügen durch die ganze Welt. Sie haben ganz
einfach den Hilferuf des angegriffenen Frankreich gehört und
eilten herbei, um es zu verteidigen.

Rücktritt des ſpaniſchen Kabinetts.

Paris, 2. Sept. (Wolff.) Wie aus Madrid gemeldet wird,
iſt das Kabinett wegen Unſtimmigkeiten in der Marokkofrage
nunmehr zurückgetreten.
Paris, 2. Sept. (Wolff.) Wie aus Madrid zum Rücktritt
des Kabinetts gemeldet wird, haben ſich nach einer amtlichen
Mitteilung bei der Beratung der Vorſchläge des Generalſtabs
über Marokko im Schoße des Kabinetts Meinungsver=
ſchiedenheiten
ergeben, die nicht ausgeglichen werden konn=
ten
. Der König hat die Demiſſion des Kabinetts ange=
nommen
und den bisherigen Miniſterpräſidenten Garcia
Prieto mit der Bildung des neuen Kabinetts beauftragt. Wie
der Petit Pariſien erfährt, wird das Kabinett nur umgebildet.

Miniſierwechſel in Polen.

Warſchau, 2. Sept. (Wolff.) Der Präſident der polni=
ſchen
Republik hat das Rücktrittsgeſuch des Handelsminiſters
Kucharski, des Finanzminiſters Linde und des Miniſters für
öffentliche Fürſorge Baronski angenommen. Zum Handelsmini=
ſter
wurde Szydlowski, zum Finanzminiſter Kucharski und zum
Miniſter für öffentliche Arbeiten Smulski ernannt.

Worin beſieht die deutſche Schuld:

Vom

(rdbeben in Japan.
Ookohama, Tokio in Flammen.

Paris, 2. Sept. (Wolff.) Ueber das Erdbeben in
Japan meldet Havas noch folgendes: Das Erdbeben war be=
ſonders
heftig in der Nachbarſchaft des Fuji. Ueber Tokio ſind
Wolkenbrüche niedergegangen. Die Stadt wurde von wieder=
holten
Stößen heimgeſucht. Nach einer drahtloſen Meldung
brennt Tokio. Zahlreiche Gebäude ſind eingeſtürzt. Die
Waſſerleitungen ſind zerſtört und die Eiſenbahnlinien im Um=
kreis
von 100 Meilen in Unordnung. Mehrere Züge, die auf der
Fahrt nach Tokio waren, wurden durch das Erdbeben zerſtört.
In Tokio ſoll der kaiſerliche Palaſt brennen.
TU. San Franzisko, 3. Sept. Unter dem Einfluß des
ſcharfen Windes haben ſich die Flammen, die überall in Yoko=
hama
ausgebrochen ſind, von Stadtviertel zu Stadtviertel ver=
breitet
und die Bambushäuſer in Brand geſetzt. Gewiſſe Stadt=
vierdel
, die von Kanälen umgeben ſind, wurden bisher von den
Flammen verſchont. Man glaubt, daß allein in Yokohama 1000
Perſonen umgekommen ſind. Der Turm Aſohura iſt zuſammen=
geſtürzt
. Auf der Reede von Yokohama iſt eine Springflut ein=
getreten
. Mehrere Schiffe gingen under.
TU. Berlin, 3. Sept. Eine drahtloſe Nachricht aus San
Franzisko teilt mit, daß infolge des Erdbebens Tokio voll=
ſtändig
in Flammen ſtehe. Zahlreiche Gebäude ſind zuſam=
wengeſtürzt
, die Waſſerleitungen ſind zerſtört, viele Verwundete
füllen die Straßen. Die Stadt iſt in ein Flammenmeer gehüllt.
Der Stadtteil Schiwa von Tokio iſt vorläufig von den Flammen
verſchont. Weitere Meldungen aus Tokio berichten, daß zahl=
reiche
Züge, die auf Tokio zufuhren, von den Schienen ſtürzten
und zerſtört worden ſind. Alle Eiſenbahnlinien, die nach Tokio
führen, ſind in einem Umkreis von 100 engliſchen Meilen zerſtört.
Der kaiſerliche Palaſt in Tokio ſteht in Flammen. Prinzvegent
Hiro Hito ſowie die ganze kaiſerliche Familie ſind gerettet worden.

Senatspräſidenten a. D. Robert Schmölder, Kaſſel.
(Schluß.)
Welche Folgen hat nun die, auf einem Mangel des Intellekts
beruhende, Schuld Deutſchlands gehabt? Oeſterreich=Ungarn
hat für ſein Vorgehen zunächſt den richtigen Zeitpunkt verpaßt.
Es hat ſeine Note nicht unter dem friſchen Eindruck der allgemein
verabſcheuten Mordtat, ſondern erſt drei Wochen ſpäter, am
21. Juli 1914, den Serben zugeſtellt, und dann mit einer Schärfe
die nun als ein Ausfluß kalter Ueberlegung allgemein gemiß=
billigt
worden iſt. Gemißbilligt iſt die Note an Serbien auch
von den Leitern des Deutſchen Reiches, als ſie dieſen machträg=
lich
(D. D. Nr. 61, 77, 106, 153, Anh. TX, Oeſterr. Rotbuch 1919,
I Nr. 27 u. v. Jagow: Urſachen und Ausbruch des Weltkrieges,
Berlin 1919, S. 109 und 110) vorgelegt war. Oeſterreich=Ungarn
hat ſodann die Antwort der Serben ungebührlich lang zurück=
behalten
. Als ſie dann endlich in Berlin eintraf, wurde ſie dort
als zufriedenſtellend bezeichnet. Inzwiſchen hatte aber Oeſter=
reich
=Ungarn ſchon die diplomatiſchen Beziehungen zu Serbien
abgebrochen. Am 28. Juli hat es, ohne Verhandlungen mit
Deutſchland, den Serben den Krieg erklärt. Mit dem Vormarſch
hat es dann wieder bis zum 10. Auguſt gewartet, um am
20. Auguſt von den Serben ſich eine Niederlage zu holen.
Dahei iſt der Gedanke, der Deutſchland geleitet hat, nicht
verborgen geblieben. Am 24. Juli hat der ruſſiſche Geſchäfts=
träger
in Paris (Telegramm 184 des unverfälſchten ruſſiſchen
Orangebuches) ſeiner Regierung gemeldet:
Deutſchland wünſcht heiß die Lokaliſie=
rung
des Konfliktes, da die Einmiſchung einer an=
deren
Macht unberechenbare Folgen nach ſich ziehen würde.
Von London aber mußte der deutſche Botſchafter am 25. Juli
Nr. 168 DD.) melden:
Hier iſt der Eindruck der Note an Serbien geradezu
verniehtend. Hier iſt auch die Auffaſſung verbreitet, daß uns
jedenſalls eine moraliſche Mitverantwortung trifft, da ohne
unſere Ermutigung eine derartige Note undenkbar wär=
Ausweislich der deutſchen Dokumente, des öſterreichiſchen Rot=
buches
und des engliſchen Blaubuches ſind nun die Leiter des
Deutſchen Reiches zur richtigen Einſicht gekommen. Sie ſind
aus ihrer Paſſivität herausgetreten und haben ſeit dem 28. Juli
anhaltenh zwiſchen Petersburg und Wien vermittelt, auch die
engliſchen Vermittlungsvorſchläge befürwortend nach Wien
weitergegeben. Am 30. Juli (396 DD.) haben ſie ſchließlich den
Herren in der Hofburg ſagen laſſen:
Wir ſind zwar bereit, unſere Bündnispflicht zu er=
füllen
, müſſen es aber ablehnen, uns von Wien leichtfertig
und ohne Beachtung unſerer Ratſchläge in einen Weltbrand
hineinziehen zu laſſen.
Dementſprechend haben die Times unter dem 30. Juli
erklärt:
Esiſteinoffenes Gebeimnis, daß Deutſch=
land
ſein Möglichſtes tut, umden Draht zwi=
ſchen
der ruſſiſchen und der öſterreichiſchen
Hauptſtadt wieder anzuknüpfen.
So wäre nach menſchlichem Ermeſſen der Welthrand doch noch
einmal, wieder dank der Friedensliebe Deutſchlands
vermieden, wenn nicht Rußland am ſelben 30. Juli gegen das
vermittelnde und ſich jeder Provokation enthaltende Deutſchland
mobiliſiert hätte. Die ruſſiſche Mobiliſation bedeutete, nach den
Beſtimmungen der franzöſiſchruſſiſehen Militärkonvention, den
Krieg, und dieſer Krieg war von Frankreich und Rußland von
langer Hand verbereitet.
Marcel Sembat und Euſtabe Hervé haben in ihren, im
Jahre 1913 erſchienenen, Büchern auch ausgeführt:
Die Deutſchen fühlen, daß wir auf der Lauer liegen,
bereit, die Gelegenheit zu benutzen, die zum Kriege führt.
Ich frage jeden ehrlichen Franzoſen, ob ſie Unrecht haben
und: Bei uns wird die ganze Generation in
den Schulen im Haß gegen Deutſchland und
in der Idee erzogen, daß das Elſaß wieder
franzöſiſch werden müſſe.
Unter dem 16. Januar und dem 8. Mai 1914 hat der belgiſche
Geſandte in Paris, Baron Guilleaume, ſeiner Regierung
berichtet:
Poincaré, Delcaſſé, Millerand und ihre
Freunde treiben eine militäriſche Politik.
Sie bilden eine Gefahr für Europa, und: Die dreijährige
Dienſtzeit iſt von der Militärpartei durchgeſetzt. Das Land
kann ſie nicht ertragen. Sie muß zum Kriege füh=

ren, innerhalb zweier Jahre
Am 13. Juli, alſo noch vor dem Mord in Serajewo und jedem
ſchuldhaften Verhalten Deutſchlands, hat die Birſchewija Wjedo=
moſti
, das Organ des ruſſiſchen Kriegsminiſters Suchomlinow,
einen Artikel gebracht, der unter der Aufſchrift:
Rußland iſt bereit, Frankreich muß es
auch ſein.
nachweiſt, daß Rußland es zu einer Armee gebracht habe, die bei=
nahe
viermal ſo groß ſei wie die deutſche.
Am 22. Juli 1914, bei dem Feſt, das der Zar ſeinem Gaſt
Poincaré in Peterhof gegeben hat, hat die Großfürſtin
Anaſtaſia dem franzöſiſchen Botſchafter Paleologue,

nach ſeinen Memoiren in der Revue des deux Mondes, zuge=
rufen
:
Wir erleben hiſtoriſche, heilige Tage. Ende des Monats
haben wir Krieg. Unſere Armeen werden ſich in Berlin
treffen.
In dem kritiſchen Julimonat hat man in Paris nur einmal,
am 29., gewagt, eine Friedensverſammlung anzuberaumen. Dieſe
Verſamlung iſt, nach dem ruſſiſchen Orangebuch, Tele=
gramm
207, von Viviani verboten worden, und der Einberufer
der große Jean Jaures, mußte zwei Tage ſpäter als erſtes
Kriegsopfer in Paris ſein Leben von Mörderhand laſſen. In
Berlin ſind dagegen, nach dem New Staatsman vom 25. Auguſt
1914, Friedensverſammlungen unter dem Schutze der Regierung
und bis zum letzten Augenblick abgehalten worden.

Trotz alledem ſollen wir den Krieg unſeren friedlichen Nach=
barn
aufgezwungen haben, ſollen wir, als die Alleinſchuldigen
am Kriege, die größten Verbrecher an der Menſchheit ſein. An
dieſe Lüge glaubt in den 27 Siegerſtaaten kein
Vernünftiger mehr. In Frankreich durfte Leon Blum
im Populaire vom 17. Januar 1922 erklären:
Wenn wir die Männer ſuchen, die aus Europa von
1900 ohne jede Kriegsgefahr das Europa von 19121914
gemacht haben, in dem der geringe Anlaß die Welt=
kataſtrophe
entfeſſeln konnte, wenn wir von dieſen
Männern Rechenſchaft fordern, dann darf der Name
Poincaré nicht fehlen, das iſt die Bedeutung des
Wortes: Poincaré la guerre,
und der bereits genannte Erneſt Renauld ſeinen Herrn und
Gebieter Poincaré als den erſten Totengräber
Europas bezeichnen. In England durfte E. D. Morel
ſchreiben:
Deutſchland hat den Krieg nicht geplant,
eshat ihn gefürchtet.
Wiraber ſind, nachdem wir im Vertrauen auf den Ruf
unſerer Feinde: Wir kämpfen für Freiheit und Recht. Wir
kämpfen auch nicht gegen das deutſche Volk, ſondern nur gegen
die deutſche Regierung, gegen Imperialismus und Militaris=
mus
und im Vertrauen auf die 14 Punkte Wilſons die Waffen
geſtreckt haben, bereits derartig verſklavt, daß wir,
um nur unſer Leben friſten zu dürfen, um nur nicht unange=
nehm
aufzufallen, den Widerruf des von uns nach
Räuberart erpreßten Zugeſtändniſſes unter=
laſſen
, daß wir uns deh= und wehmütig immer
venneuem zuunſerer Schuld bekennen, und uns
uniere Kinder und Kindeskinder zu Zahlungen
verpflichten, weit über die Grenzeunſerer Zah=
lungsfähigkeit
hinaus.
In London ſollte kürzlich ein internationaler Opthalmologen=
kongreß
dagen. Da die Welt der deutſchen Wiſſenſchaft nicht ent=
behren
kann, ſollten zu ihm auch wieder Deutſche hinzugezogen
werden. Die Franzoſen und die Belgier haben
ſich geweigert mit deutſchen Verbrechern an
einen Tiſch zu ſitzen. Dieſer Weigerung hat man
die Berechtigungnichtabgeſprochen, und Deutſch=
and
, das an noch ſchlimmere Fußtritte und an die größten
Willkürlichkeiten und Uebergriffe übermütiger Sieger bereits ge=
wöhnt
iſt, ſchweigt und hofft weiter auf Gnade und
beſſere Behandlung.
Das ertrage, wems gefällt.
Beſſer der Tod, als Sklaverei!

Deutſcher Tag in Nürnberg.

* Nürnberg, 3. Sept. (Priv.=Tel.) Der von den natio=
nalen
Verbänden Deutſchlands am Samstag und Sonntag in
Nürnberg zum Andenken an die alte Wehrmacht und zur Erinne=
rung
der im Kriege Gefallenen veranſtaltete Deutſche Dugl
geſtaltete ſich zu einer großen vaterländiſchen Kundgebung. Die
Beteiligung aus allen Teilen des Reiches, auch aus den beſetzten
Gebieten und aus Oeſterreich war ſo groß, daß die Unterbrin=
gung
der Teilnehmer nur unter größter Opferwilligkeit der Be=
völkerung
möglich war. Am Samstag hielten in den größten
Sälen der Stadt führende Männer Anſprachen. Beſonders ge=
ſeiert
wurden Ludendorff, Eſcherich und andere. Am Sonntag
fand feierlicher Gottesdienſt zu Ehren der Gefallenen ſtatt. Nach
dem Gottesdienſt nahmen die führenden Perſönlichkeiten auf
dem Hauptmarkt die Parade aller Feſtteilnehmer ab, die ſich
dann zu einem gewaltigen Feſtzuge, der über zwei Stunden
dauerte, ordnete. Da der Reichswehrminiſter eine Teilnahme der
Reichswehr verboten hatte, hatte die bayeriſche Landesregierung
eine große Abteilung Landespolizei aus München abkomman=
diert
, die von der Bevölkerung beſonders herzlich begrüßt wurde.
Zu Störungen irgendwelcher Art iſt es nicht gekommen.

Ein Generalkommiſſar für Rhein und Ruhr.

TU. Berlin, 2. Sept. Der Reichspräſident hat den bis=
herigen
Kommiſſar des Reichskanzlers für die Ruhrabwehr, den
Bürgermeiſter von Düſſeldorf Schmid, zum Stellvertreter des
Reichsminiſters für die beſetzten Gebiete unter Beilegung der
Amtsbezeichnung Generalkommiſſar für Rhein und Ruhr und
ſtändiger Vertreter des Reichsminiſters für die beſetzten Ge=
biete
ernannt.

Der Opern=Spieſplan des Landestheaters.

Die Spielzeit 1923/24 eröffnet das Landestheater am
12. September im Großen Ha us mit einer vollſtändigen
Neueinſtudierung des Roſenkavalier von Rich. Strauß,
deſſen Ariadne auf Naxos zu den meiſtgeſpielteſten Werken der
letzten Spielzeit gehörte und gleich nach Eröffnung des Kleinen
Hauſes in teilweiſer Neubeſetzung wieder aufgenommen werden
ſoll. Dem Roſenkavalier folgt als eine der nächſten Auffüh=
rungen
im Großen Haus die Elektra, ſo daß gleich im erſten
Monat der Spielzeit drei Werke des größten zeitgenöſſiſchen
Komponiſten im Spielplan ſtehen. Im Laufe das Winters ſoll
dann auch die Frau ohne Schatten wieder einſtudiert
werden und möglichſt auch die Jugendoper des Meiſters Gun=
tram
die Darmſtädter Erſtaufführung erfahren.

Die Mozartpflege, in der Darmſtadt mit München ſeit
Eröffnung des Kleinen Hauſes an der Spitze der Bühnen ſteht,
wird durch Neuineſzenierung von drei Werken eine große Erwei=
terung
erfahren: es ſollen im Großen Haus Die Zauber=
löte
und Idomeneo und im Kleinen Haus Die
Gärtnerin aus Liebe zur Aufführung kommen. Mit
Coſi fantutte die letztes Jahr im Spielplan fehlte, wird
die dieswinterliche Spielzeit im Kleinen Haus am 22. September
eröffnet.
Als erſte Opern=Neuinſzenierungen nach den Eröffnungs=
vorſtellungen
kommen im Großen Haus Verdis Falſtaff und
im Kleinen Haus Cimarozas Heimliche Ehe zur Dar=
ſtellung
.
Von Richard Wagner werden Neuaufführungen des
Rienzi und Lohengrin beabſichtigt, von weſentlichen
deutſchen Werien weiter Der Widerſpenſtigen Zäh=
mung
von Götz, Hans Heiling von Marſchner, der Or=
pheus
und die Iphigenie von Gluck.
Das Verdirepertoire ſoll außer durch den Fallſtaff durch
eine eine Wiederaufführung des lange nicht gegebenen Er=
nami
vervollſtändigt werden. Von Verdis Vorgänger Che=
rubini
wird der Waſſerträger im Kleinen Haus zur
Einſtudierung kommen, und von dem Neuitaliener Puccini
ſeine Frühoper Manon Lescaut im Großen Haus, die
trotz ihres größeren Wertes gegen die Maſſenetſche Oper gleichen
Titels in Deutſchland nicht durchdringen konnte. Die But=

terfly gegen Ende der vorigen Spielzeit neu einſtudiert,
wird als eine der erſten Vorſtellungen wieder erſcheinen.
Von großen zeitgenöſſiſchen Komponiſten ſoll Pfitzner der
in Darmſtadt bisher überhaupt nicht auf der Bühne, ſondern
nur im Konzertſaal zu Gehör kam (zuletzt beim Muſikfeſt mit der
Kantate Von deutſcher Seele) mit dem Paleſtrina, für
deſſen viele Partien das Landestheater endlich eine Beſetzung
hat, die Darmſtädter Erſtaufführung erleben.
Von Schreker, deſſen Ferner Klang zu den großen Er=
folgen
der letzten Spielzeit gehörte, und der beim Muſikfeſt mit
einer Kammerſinfonie ſtark intereſſierte, wird beabſichtigt, un=
mittelbar
nach der Kölner Uraufführung ſein neues Muſikdrama
Irrelohe zu bringen.
Mit Krenek, nach den Aufführungen ſeiner Werke auf den
Muſikfeſten zu unſeren größten Hoffnungen zählend, ſchweben
Verhandlungen über die Uraufführung einer einaktigen Oper, zu
der ihm Franz Werfel den Text geſchrieben hat.

Franzöſiſche Waldſchändung.

In einer ſeiner Anekdoten erzählt Heinrich v. Kleiſt: Zu
dem franzöſiſchen General Holin kam während des Krieges ein
Bürger und gab behufs einer kriegsrechtlichen Beſchlagnahmung
zu des Feindes Beſten eine Anzahl im Pontonhof liegender
Stämme an. Der General ſagte: Nein, mein Freund, dieſe
Stämme können wir nicht annehmen. Warum nicht? fragte
der Bürger. Es iſt doch königliches Eigentm.
Eben
darum, ſprach der General, indem er ihn flüchtig anſah. Der
König von Preußen braucht dergleichen Stämme, um ſolche
Schurken hängen zu laſſen wie er. Sa achteten vor hundert
Jahren die franzöſiſchen Eroberer doch noch das deutſche Gut.
Die heutigen Räuber und Mordbrenner der grgßen Nation
ſind endartete Nachkommen dieſer napoleoniſchen Soldaten und
kennen keine Achtung mehr vor dem Eigentum. Durch die ſorg=
fältig
gepflegten rheiniſchen Staatswälder ziehen ihre Banden
und rauben wahllos Baum um Baum. In einem Aufſatz des
Rheiniſchen Beobachters wird dieſe franzöſiſche Waldſchändung
angeprangert. Sechs Monate ſind vergangen, ſeit die Fran=
zoſen
die Staatsforſten des beſetzten Gebietes beſchlagnahmten,
um die vorbildliche deutſche Forſtwirtſchaft, die ihnen ein Dorn
im Auge war, zu vernichten. Mit gewohnter Rückſichtsloſigkeit

ſind ſie zuwege gegangen. Zunächſt verſuchten ſie, die deutſchen
Forſtbeamten für ſich zu gewinnen, aber kein deutſcher Grünrock
bot dem Erbfeinde die Hand. Daraufhin erfolgte Ausweiſung
faſt ſämtlicher Oberförſter und eines großen Teiles der Förſter.
Nun aber nahm der Holzdiebſtahl in erſchreckender Weiſe über=
hand
, und da die Franzoſen für ihre Beute zu fürchten anfingen,
hörten ſie mit den Ausweiſungen auf und holten aus Frankreich
ihre wenigen eigenen Förſter heran, die die Arbeiten tun mißten.
Dann kam der nächſte Schritt. Die Franzoſen verſuchten, das
noch von der deutſchen Forſwerwaltung geſchlagene Holz zu ver=
kaufen
. Aber kein anſtändiger deutſcher Holzhändler wollte
ihnen bei dieſer Henkerarbeit behilflich ſein, und ſo verſchrieben
ſie ſich Holzhändler aus Frankreich und Belgien, denen ſie das
gute deutſche Holz zu Schleuderpreiſen verkauften. Die fremden
Händler wurden jedoch ihres guten Geſchäftes nicht froh, denn
es fanden ſich keine Holzhauer und Fuhrleute, ſo daß das meiſte
Holz noch im Walde liegt. Kamen die Franzoſen ſo nicht zu
hrem Ziel, ſo arbeiteten ſie ſyſtematiſch an der Vernichtung des
deutſchen Waldes. Sie ſuchten die beſten, zum großen Teil noch
unreifen Beſtände aus und verkauften ſie an ausländiſche Holz=
händler
auf dem Stamm. Dieſe ſind jetzt dabei, die Bäume,
meiſt Fichten, mit Hilfe von Verbrechern aus aller Welt nieder=
zuſchlagen
. Allein in den beiden Oberförſtereien des herrlichen
Soon=Waldes ſind ſchon über 300 Morgen beſter Fichten abge=
holzt
. Gerade die landſchäftlich ſchönſten Stellen wählen die
Franzoſen aus, um auf dieſe Weiſe die deutſche Natur zu ver=
unſtalten
. Am ſchlimmſten iſt in der Nähe der Oberförſterei
Entenpfuhl gehauſt, worden, wo das der deutſchen Jägerei ge=
widmete
Denkmal des Jägers aus der Kurpfalz ſteht. Die
Folgen des Zerſtörungswerkes werden auf Jahre hin ſich aus=
wirken
. Dadurch, daß in dieſer überhaupt ſturmgefährdeten
Gegend die Beſtände an der Weſtſeite abgehauen ſind, wird dem
Winde ungehinderter Zutritt gewährt, und ungeheure Wind=
würfe
ſind unausbleiblich. Durch die großen Talſchläge werden
ich die forſtſchädlichen Inſekten maſſenhaft vermehren und in den
nächſten Jahren das Zerſtörungswerk fortſetzen. Selbſtverſtänd=
lich
ſtellen die Franzoſen auch dem Wilde in ſchlimmſter Weiſe
nach. Ohne Rückſicht auf die Regeln der Weidgerechtigkeit
chießen ſie alles ab, was ihnen in den Weg kommt. Die Hirſch=
kuh
wird vom Kalb, die Ricke vom Kitz weggeſchoſſen, und grin=
ſend
ſtecken farbige Soldaten tragende Häſinnen in ihre Koch=
töpfe
..7.
B.

[ ][  ][ ]

Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 3. September 1923.

Rummer 243.

Stadt und Land.
* Die Hausfeau und ihre Angeſtellte.
ungen zwiſchen den betr. Arbeitgeber= und Arbeitnehmer=Organiſationen haupt ein Fehler, daß viele Ziegenhalter für ſich allein fortwurſteln, ſich
deren heſſiſchen Städten hat man ſtatt eines eigentlichen Tarifvertrages, mit anderen Züchtern, ſind die Pflicht eines jeden, dem es um Hebung
Richtlinien für die Gehaltsſätze aufgeſtellt, was inſofern eine glück= der für die Städter ſo überaus wichtigen Ziegenzucht zu tun iſt. Die
werblichen Arbeiterin. Wer da weiß, wie ſtark das Glück und das Tiere zu ſehen.
Wohlbehagen einev Familie durch die menſchlichen Eigenſchaften der
Angeſtellten erhöht oder aber beeinträchtigt wird, der weiß auch, daß hier zu 100 000 Mark ſtellt jetzt die Reichsdruckerei in Offſetdruck in roter

armſtädter Tagblat, Montag, den 3. September 19.
Abſtreichen mit warmem Waſſer nichts ſchaden. Tritt ungeziefer auf,
ſo iſt ſelbſtverſtändlich ſofort dagegen vorzugehen. Am meiſten geſün=
Darmſtadt, 3. September, digt wird gegen die Hufpflege. Da die ſtädtiſche Ziege meiſt keine Ge=
legenheit
hat, ſich das Horn der Hufe abzulaufen, wächſt es zu unförmi=
gen
Gebilden heran, wenn es nicht regelmäßig mit ſcharfem Meſſer zu=
rückgeſchnitten
wird. Wer ſich nicht ſelbſt traut, es zu tun, wende ſich
Man ſchreibt uns: In den letzten Wochen haben mehrfach Beſprech= an einen Schmied oder an einen ſachkundigen Bekannten. Es iſt über=
ſtattgefunden
, um eine gleichmäßigere, den Zeitverhältniſſen mehr ent= mit drei bis vier Schoppen Milch zufrieden geben. Beitritt zu einem
ſprechende Eutlohnung der Hausangeſtellten zu erreichen. Wie in an= Ziegenzuchtverein, Beſuch deſſen Verſammlungen, Erfahrungsaustauſch
liche Löſung der Frage bedeutet, als der Beruf der Hausgehilfin ſich am nächſten Sonntag im Orangeriegarten veranſtaltete Ziegenſchau wird
ſchwer in ſo feſte ſchematiſche Formen bringen läßt, wie der einer ge= jedermann Gelegenheit geben, wohlgepflegte, geſunde und reinraſſige
Eine deutſche 100 000=Mark=Briefmarke. Eine Priefmarke
nicht nur die körperliche Areitsleiſtung ſondern ebenſo Gemüt und Farbe nach dem Entwurf von Haas in großer Form her. Ueberdruck=
Charakter der Betreffenden in Rechnung geſtellt werden müßten. Wer marken werden jetzt verfertigt zu 5000 Mark auf der Marke zu 40 Pfg.
kann aber dieſe Werte oder Unwerte auf Heller und Pfennig berechnen? in der Ziffernausgabe, zu 30 000 Mk. auf 10 Mk. und zu 15 000 Mk.
Immerhin iſt es gut, daß eine allgemeine Lohnvereinbarung ſtattge= auf 40 Mk., beide auf Landarbeitermarken, ferner 15 000 Mk. in Buch=
funden
hat und die aufgeſtellten Sätze müſſen auch von den Arbeitgebern, druck im kleinen Format in grüner Farbe. An Dienſtfarben verden
als wirtſchaftlich berechtigt anerkannt werden. Unſere Geldentwertung arßer der erſchienen Marke zu 20 000 Mk. noch ſolche zu 75 000 Mk.
macht freilich ſo rapide Fortſchritte, daß ein Vetrag, der heute recht hoch, durch einen Ueberdruck der Dienſtmarke zu 50 Mk. mit dem Adler und
erſcheint, morgen beträchtlich geſunken iſt. So ſpielen auch jetzt im Lohn= zu 5000 Mk. auf der Marke zu 5. Mk. hergeſtellt.
verhältnis der Hausangeſtellten die Sachtzerte, die der Verminderung
n. Ferienſtrafkammer. Der ſchon ſeit läugerem im Rufe der Wilderei
nicht ſo ſchnell unterliegen, eine bedeutende Koll. Vielfach wird ein, ſtehende, aber nach dieſer Richtung bisher unbeſtrafte 48jähr. Schneide=
Haus, das Kleider und Schuhe ſtellt, einei ſolchen mit viei höherem Johann Georg Götz von Hähnlein wurde am 17. Juni d. J. auf
Barlohn vorgezogen. Auch Möbelſticke, die für Mädchen, die heiraten friſcher Tat abgefaßt und zuar nunmehr des gewerbsmäßigen Wilderns
wollen, ganz unſchätzbar ſind, könn z unter Liei= S werte aufgenom= beſchuldigt. Außer ſeiner damaligen Ausrüſtung mit Kugelbüchſe,
men und in freier Vereinbarung mit dem Barlohn verrechnet werden. Feldſtecher uſw. liegen noch eine ganze Anzahl auf das fragliche Ver=
Dieſe Geſichtspunkte wurden in den Verhandlungen, der beiderſeitigen gehen hindeutender Gegenſtände, darunter auch eine für ſolche Zwecke
Vertreter ausdrücklich erwähnt und beſprochen. Fine einigermaßen beſonders beliebte, ganz unserfänglich erſcheinende Stockflinte als Er=
finanziell
geſicherte Lage muß ja für die Hausanreſtellten geſchaffen wer= gebnis der Hausſuchung vor, und der Angeklagte iſt dieſer Belaſtung
den auch darum, damit der an ſich ſo ſegensreihe Beruf einen Anreiz gegenüber geſtändig. Bedrängte Verhältniſſe als Familienvater haben
für die jungen Mädchen unſeres Volkes behält und nicht gänzlich der ihn angeblich auf den Abweg gebracſt, und er räumt die Aneignung
gewerblichen Arbeit zum Opfer fäillt. Das liegt beſonders auch im In= von Fallwild, ſowie das Erlegen eines Rehes ein. Der in gleicher
tereſſe unſerer weiblichen Jugend, der gute hauswirtſchaftliche Kenntniſſe Veiſe mitangeklagte, 39 jährige Betonarbeiter, Philipp Seib aus
in einem geordneten Haushalt erworben und jahrelang geübt, unberechen= Hähnlein beſtreitet die Beſchuldigung entſchieden, obwohl er ebenfalls
baren Wert für ihr Lebensglück bedeuten. Die vielen zerrütteten Ehen verdächtig iſt und daher wie Götz verhaftet war. Er verkehrt mit
heute ſind in zahlreichen Fällen ſchlechter Wirtſchaftsfüihrung der Frauen letzterem, ſoll, als G. in die Hände des Forſtſchutzes geriet, vorher
zuzuſchreiben.
mit G. den Gang verabredet haben und bei anderer Gelegenheit durch
So manche einſichtige Hausfrau wird nun dieſen Ausführungen bei= einen Jagdhüter von ferne als Wilderer erkannt worden ſein. Immer=
bflichten
müſſen, trotzdem aber unter der Bürde der ungehenren Aus= hin reichte Beſagtes zur Ueberführung nicht aus, weshalb Freiſpruch
gaben für den Unterhalt der eigenen Familie ſeufzen: Ich kann keine maugels Beweiſes erfolgte und S. dengemäß jetzt aus der Unter=
größere
Belaſtung mehr ertragen! Denn gerade in den Kreiſen, die vor ſuchungshaft entlaſſen wurde. Zum Heimſchaffen eines gefallenen Rehes
aus dem Walde war dem Angeklagten Götz ſein Schwiegerſohn, der
dem Kriege die trefflichſten Lehrmeiſterinnen junger Mädchen abgaben, 93jährige Maſchinenarbeiter Valentin Götz 3. von Hähnlein, hehilſ=
haben
ſich die Verhältniſſe in einer Weiſe verſchlechtert, daß die Haus=
frauen
dazu übergehen mußt. , ihre Angeſtellten zu entlaſſen und alle lich, und dieſe Beihilfe trug ihm nunmehr 5 Millionen Mark Geld=
ſtrafe
, ebentl. 2 Wochen Gefängnis ein. Ferner wurde der 49jährige
Arbeiten ſelbſt zu verrichten. das junge Mädchen der wohlhabenden Geflügelhändler Heinrich Kraus aus Groß=Zimmern, weil er dem
Stände früher felten zu ſtar verlicher Arbeit angehalten und darin J. G. Götz das Fell eines gewilderten Rehes unter gegenſeitiger Zu=
geübt
wurde, ſo reichen die z. ider gereiſten Frau und Muter heute ſicherung des Schweigens abgekauft hat, wegen Hehlerei zu 10 Mill
den erhöhten Anforderunger nuht ſtand und wir haben das traurige Mark Geldſtrafe, ebentl. 4 Wochen Gefängnis verurteilt. Gegen ihn
Schauſpiel, daß dieſe Familienmütter an Körper und Geiſt zermürben hatte die Anklage auf gewerbsmäßige Hehlerei gelautet, ſo daß als
und unter der Laſt faſt zuſammenbrechen. Es iſt eine dringende Pflicht Mindeſtrafe 1 Jahr Zuchthaus drohte, doch verneinte das Gericht das
aller ſozial arbeitenden Frauen, nachzuſinnen, wie hier helfend einge= Qualifikationsmoment. Der erſterwähnte Angeklagte Götz erhielt im
griffen werden kann, um dieſen Kräftezerfall ihrer Mitſchweſtern aufzu= Sinne der Anklage 4 Monate Gefängnis abzüglich 2 Monate Unter=
halten
. Aber die Aufgabe iſt ſehr ſchwer. Denn jeder leiſtungsfähige ſuchungshaft, was er anerkannte. Die mit Ausſchluß der Oeffent=
Menſch will heute ſeine Arbeit möglichſt hoch belohnt ſehen. Die herr= lichkeit geführte Verhandlung gegen den 58jährigen Schuhmacher
liche Tugend der Barmherzirkeit findet ſich leider zu ſelten auch unter Georg Kronenberger von Biblis endigte mit Verurteilung aus
ſolchen Menſchen, die finanziell geſichert daſtehen! Wie freut man ſich,
88 176 Abſ. 3, 173 St. G.B. zu 1 Jahr Gefängnis, abzüglich 6 Wochen
wenn man hört, daß die Tochter eines wohlſituierten Arbeiters einer Unterſuchungshaft. Weiter verwarf man die Berufung des ſchöffen=
kränklichen
Nachbarsfrau freiwillig und unentgeltlich Hilfe im Haushalt gerichtlich wegen einfachen und ſchweren Diebſtahls mit insgeſamt
leiſtet, oder daß ein anderes gemütvolles Mädchen aus Offizierskreiſen 1 Jahr 1 Monat Gefängnis belegten Dienſtknechts Jakob Fiſcher 4.
einem armen Blinden Führerdienſte tut. Zur Ehre der Hausangeſtell= aus Nieder=Ramſtadt, der einem Mitknecht in Lengfeld mehrmals Bar=
ten
ſei hervorgehoben, daß auch unter ihnen ſich noch ſo manche findet, geld und andere Sachen (zum Teil mittels Erbrechen eines Behält=
die
in Treue bei ganz geringem Lohn in einer verarmten Mittelſtands= niſſes) entwendet hatte und Milderung in zweiter Inſtanz anſtrebte,
familie aushält. Ehre dieſen Braven! Ihre Namen ſollten öffentlich be=
kannt
gegeben werden. Naturgemäß können dieſe Perlen ihres Berufs
Eberſtadt, 2. Sebt. Die Ernte iſt ſotzeit beendet. Die mann 200 000 Mk. Frau Hel. Bechthold 3500 Mk. Enoch, Alexanderſty
nur zu den Seltenheiten zählen und es iſt einem jungen aufſtrebenden Dreſchmaſchine am Griesheimer Weg hat das öffeuntliche Dreſchen ein=
Menſchen nicht zu verdenken, wenu er redliche Arbeit auch entſprechend
belohnt ſehen will. Aber es wird Aufgabe der Hausangeſtellten=Organi= geſtellt;, ſie fährt jetzt in die einzelnen Hofreiten, um dort zu dreſchen.
Aus der Schule. Herr Lehrer Göllner, der ſchon vor Oſtern
ſationen ſein, in der weiblichen Jugend, die heute den Verführungen zu Dekret als definitiver Lehrer hierher erhalten häte, aber ſeither wegen
Leichtſinn und Vergnügungsſucht beſonders zugänglich iſt, die Einſicht zu Mangels einer Wohnung ſſelbſt die Amtswohnung war anderwpeitig
verſtärken, daß guter Entlohnung auch gute Leiſturſien zutſprechen müſ= beſetzt geweſen) ſeine neue Stelle nicht antreten kounte, iſt erſt in dieſen
ſen; dann wird in den Familien, die in guter geſicherter Lage ſind, die Tagen mit ſeiner Familie nach hier überſiedelt. Brottreiſe, tung 410 530 Mk., 7. Quittung 515 080 Mk., 8. Quittung 1 251 261 Mk.,
Hausangeſtellte ihr befriedigendes Auskommen finden.
Ein Markenbrot koſtet gegenwärtig 90000 Mk. markenfreies Brot 2. Quittung 688 429 Mk., 10. Quittung 11461

Ficherf. . Scht. Die Aof der Tages, eit
Die hier erſcheinende Neue Tageszeitung und der Oberheſiſche An=
zeiger
ſowie die Butzbacher Zeitung haben weſentliche Einſchrän=
kungen
in der Herausgabe vorgenommen.
P. Gießen, 2. Sept. Betriebseinſtellung im Bauxit=
bergbau
. Nach der vor einigen Wochen erfolgten Betriebseinſtel=
lung
der Bauxitwerke A.=G. Gießen, die faſt 80 Prozeet der ober=
heſſiſchen
Bauxitförderung kontrolliert, haben jetzt auch die Ober=
heſſiſche
Grubengeſellſchaft (Tellus) und die Gewerkſchaft Nabenau=
Gießen wegen Unrentabilität geſchloſſen. Mit Ausnahme der Bauzit=
bergwerke
Mühleiſen u. Co., die vorerſt noch in Betrieb iſt, iſt damit
der ganze heſſiſche Bauxitbergbau zum Erliegen gekommen.
j. Gießen, 2. Sept. Die Straßenbahntarife ſind wie=
derum
erhöht worden. Für die billigſte Fahrt ſind jetzt 40 000 Mk.
zu zahlen.
R. Schotten (Oberheſſen), 2. Sept. Jubiläum. Dieſer Tage
konnte Herr Lehrer Linck in Rüdingsheim auf eine 25 jährige Tätig=
keit
als Vorſitzender des Bezirks=Leyrervereins Schotten zurückblicken.
Aus dieſem Anlaß fand in dem ehemaligen Lehrerheim eine ſchlichte
Feier ſtatt, bei der auch der Vorſitzende des Heſſiſchen Landes= Lehrer=
vereins
, Herr Nektor Bach, zugegen war.

Der Steinach=Film, eine allgemein=verſtändliche Darſtellung der
Forſchungen und Verſuche des berühuten Wiener Gelehrten Profeſſor grurpe des Deutſchnationalen Handlungsgehilfen=Verbandes leging am
Haus des Landestheaters vorgeführt.
DDer Brotpreis mußte wegen der Erhöhung des Mehl=
preiſes
und der weiteren Steigerung der Lohne, des Brenn= Saran von der Gaugeſchäftsſtelle die Feſtanſprache. Er überbunchte
materials uſw. abermals erhöht werden. Der große Laib koſtet, die Glückwünſche des Gaues und des Verbandes, entwickelte ein zuappes
Mark. (Siehe Anzeige.)
8 4 der Durchführungsbeſtimmungen zum Geſetz über die Beſteuerung Treue zum Verband an. Die Gründer der Eberſtädter Otsgruppe
Arbeitgeber als Lohnſteuer in der Zeit vom 1. 9. 1933 bis 99. 2. 1994 diplomen und Ehrenbriefen. Seine Anſprache klang aus in der Auf=
die
vor dem 1. September 1923 im Marken= oder Ueberweiſungsver= zuſammenzuſtehen, allen Gewalten zum Trotz, dus Vaterland zu lieben
fahren vom Arbeitslohn (Gehalt) einzubehalten waren und bis zum und den alten deutſchen Kaufmannsſchild blank zu halten von Ein=
flüſſen
, die mit der deutſchen Kaufmannsehre nicht vereinbar ſeien.

900 000 Mk. Ab Montag tritt eine neue Brotpreiserhöhung in Kraft.
HI. Gberſtadt, 2. Sept. Gründungsfeier. Die hieſige Orts=
Eugen Steinach, wird von heute ab täglich um 5 und 8 Uhr im Kleinen / geſtrigen Abend in würdiger Weiſe in Saale zum Darmſtädter Hof
(Laun) die Feier ihres 25 jährigen Beſtehens. Nachdem der Vert= uens=
mann
der Ortsgruppe, Kaufmann Jakob Dächert II., die Anweſenden,
insbeſondere die auswärtigen Gäſte, herzlichſt begrüßt hatte, hielt Koll.
jetzt 280 000 Mk., ein Brötchen aus gemiſchtem Brotmehl 12000 Bild über die 25jährige Entwicklung der Handlungsgehilfenbewegung
innerhalb des Verbandes und der Ortsgruppe, würdigte in warmen
Beſteuerung der Betriebe. 2) Arbeitgeberabgabe. Nach Porten die Tatkraft ihrer Kämpen und feuerte zur Nacheiferung und
der Betriebe beträgt die Abgabe das Doppelte der Beträge, die ein ehrte er in einer markigen Anſprache durch Ueberreichung von Ehren=
jeweils
an das Reich abzuführen hat. Hierzu gehören auch die Beträge, forderung, in der ſchweren wirtſchaftlichen Not unſeres Volkes treu

31. Auguſt 1923 aus betriebstechniſchen oder ſonſtigen Gründen noch
nicht abgeführt waren b) Landabgabe. Der Goldumrechnungs=
ſatz
beträgt für die Woche vom 1. September bis 7. September 1923
einſchließlich 1 290 000 Papiermark für eine Goldmark. Der Goldum=
rechnungsſatz
wird wöchentlich feſtgeſetzt. Bei nicht rechtzeitiger Zahlung
der Landabgabe ſind Zinſen und Koſten der Zwangsvollſtreckung, rück=
ſtändige
Beträge, außerdem nach dem Umrechnungsſatz des Zahl=
tages
zu entrichten.
Ziegenſchau. Die Nachkriegszeit hat eine ſtarke Vermehrung der
Zahl der in den Städten gehaltenen Ziegen gebracht, ſehr zum Vorteil
der Volksgeſundheit. Wenn trotzdem gar viele ſich enttäuſcht von der
Ziegenhaltung wieder abwandten, ſo liegt das an dem mangelnden Ver=
ſtändnis
für die Pflege der Ziege. Von der Fütterung iſt an dieſer
Stelle ſchon oft die Rede geweſen, ebenſoſehr aber beeinfluſſen auch an=
dere
Momente das Wohlbefinden und damit die Milchleiſtung des Tieres.
Gar zu oft findet man in einem Stalle, der für ein Tier ausreichen
würde, zwei oder drei zuſammengepfercht. Der Beſitzer bedenkt nicht,
daß ein Tier, das ſich frei bewegen kann, ihm vielleicht die gleiche
Milchmenge wie ſeine beiden eng angebundenen bringen kann, ihm aber
nur das halbe Futter koſtet. Wer viele und wohlſchmeckende Milch
haben will, ſorge für ſorgfältige Hautpflege ſeiner Tiere. Striegel und

Unaufgefordert erhob ſich hierauf die Feſtverſammlung und mächtig
brauſte das Deutſchland=Lied durch den Saal. Nachdem noch weitere
Redner der Ortsgruppe Glückwünſche überbracht hatten, dankte Jafob
Dächert I. namens der übrigen dier Jubilare in bewegten Worten
für die ſchöne Ghrung und ſtreifte die Schwierigkeiten, mit der die
Ortsgruppe anfangs zu kämpfen hatte. Sein Appell galt der Jugend.
Der Zahlſtelleninhaber wurde für treue Arbeit mit der ſilbernen Ver=
bandsnadel
dekoriert. Bei guter Muſik, ſchönem Geſang ernſten und
heiteren Rezitationen ſowie einem Tänzchen am Schluſſe des Feſtes
verlief das Feſt aufs Beſte.
kl. Beerfelden i. O., 2. Sept. Zeitungsnöte. Die hier er=
ſcheinende
Starkenburger Preſſe erſcheint im September nur noch
wöchentlich zweimal.
hi. Gau=Odernheim (Rheinh.), 2. Sept. Todesfall. Bürger=
meiſter
Edmund Diehl iſt nach längerem Leiden geſtorben. Er hätte
noch in dieſem Jahre ſein 25 jähriges Dienſtjubiläum begehen können.
Diehl war früher Landtags= und Kreistagsmitglied.
ut. Bingen, 2. Sept. Schiffs=Unfall. Vor dem Binger
Loch erlitt der Schleppdampfer Ludwig einen Schraubenbruch. Ob=
wohl
ihm dazu auch noch der Notanker verloren ging, konnte er glück=
lich
landen.

Reich und Ausland.
Erdbeben.
FV. Frankfurt a. M. Samstag vormittag 4,11 Uhr mittel=
europiiſcher
Zeit verzeichneten die Inſtrumente auf dem Taunus=
obſeevato
=ium ein ſchweres Fernbebei. Die Bodenbewegung, die im
Maximum stwa 0,7 mm betrug, kam erſt gegen 7.30 Uhr zur Ruhe.
Die Entfernung des Bebenherdes beträgt etwa 9600 Kilometer. Der
Herd dürfte wahrſcheinlich im nördlichen pizifiſchen Ozean zu
ſuchen ſein.
Norbſeeſtürme.
wb. Hamburg. Die Stürme des dergangenen Tages haben
auf See großen Schaden angerichtet. Der engliſche Dampfer Ferhill,
mit Kohlen nach Hamburg unterwegs, derlor dei Terſchelling einen
Mann und kam mit ſtauker Backbordſchlagſeite, beſchädigter Brücke und
zerſchlagenen Luken im Hafen an. Eu befand ſich während des Sturmes
in der Nähe des geſunkenen Dampfers Klüpfel‟. Der engliſche
Dampfer Horſeferry, mit Kohlen nach Hamburg unterwegs, büßte
die Ruderkette ein, ferner die Anker und die Boote und verlor zwei
Mann. Der mit Koks nach Hambura beladene engliſche Dampfer
Loandido verlor die halbe Brücke und eine Deckladung mit Koks.
Der deutſche Dampfer Duisburg, nach New=Caſtle beſtimmt, mußte=
mit
ſchweren Nuderſchäden zurückehren. Man befürchtet, daß mehrere
Dampfer dem Sturm zum Opfer gefallen ſind. In Hamburg wurde
der Segellogger Kurprinz aus Emden in ſchwerbeſchädigtem Zu=
ſtande
von einem Fiſchdampfer in den Altonger Hafen eingeſchleppt.
Bei einem orkanartigen Sturm in der Nordſee hatte ein ſchwerer
Brecher ſieben Mann der Beſatzung über Bord geſpült. Die Rettungs=
boote
wurden zerſchlagen. Der Kapitän wurde ſo ſchwer verletzt, daß
er ſtarb. Das Schiff hatte über 3000 Faß Heringe an Bord.

60. Quittung

über in der Geſchäftsſtelle des Darmſtädter Tagblatts eingegangene
Spenden für die geſchädigte Ruhrbevölkerung:
9b Mittelſchule 1 180 000 Mk., Klaſſe 4e der Jägertorſchule 179 500
Mk., Ungenannt 20 000 Mk., Marie Roeger Schülerin Klaſſe 3a,
Eleonorenſchule) 100 00 Mk., Klaſſe 92 (Fortbild=Kl.) der Mädchen=
Mittelſchule 1 465 000 Mk., Frau Martin Lucra, Toscana, Pragga Scal=
pelini
2, 5 Lire, Ungenannt 1400 Mk., N. N. 5000 Mk., 2. Ausbildungs=
gruppe
Landes=Polizeiſchule 1 665 000 Mk., Gunſchmann 100 000 Mk.,
Klaſſe 6e. Bezirksſchule 4, 60 580 Mk. Stadtbibliothekar Noack, 7. Gabe,
200 000 Mk. Reallehrer i. R. W. Eſcher 9. Gabe, 10 000 Mk., Un=
genannt
10 000 Mk. Eleonorenſchule, Klaſſe 7b, 360 000 Mk., W. Kauf=
8 Rate, 20 000 Mk., K. B., Niedeſelſtr., 500 000 Mk. Ungenannt 100 000
Mk. Steueramtmann Rink, 5. Rate, 50 000 Mk., Emil=Schule, Klaſſe 53,
660 000 Mk.
1. Quittung 336 810 Mk., 2. Quittung 382 210 Mk., 3. Quittung
490 850 Mk., 4. Quittung 578 495 Mk., 5. Quittung 689 703 Mk., 6. Quit=
38 Mk., 11. Quittung
525 881 Mk., 12. Quittung 557 984 Mk., 13. Quittung 1 577 273 Mk.,
14. Quittung 597 25
55 Mk., 15. Quittung 834 316 Mk., 16 Quittung
477 914 Mk., 17. Quittung 627 518 Mk., 18. Quittung 494 353 Mk., 19.
Quittung 765 358 Mk., 20. Quittung 570 580 Mk., 21. Quittung 936 478
Mk., 22. Quittung 2 736 219 Mk., 23. Quittung 504 042 Mk., 24. Quit=
tung
341 900 Mk., 25. Quittung 620 271 Mk., 26. Quittung 439 447 Mk.
27. Quittung 536 085 Mk., 28. Quittung 631 221 Mk., 29. Quittung
240 065 Mk., 30. Quittung 719 317 Mk., 31. Quittung 393 980 Mk.,
32. Quittung 457 470 Mk., 33. Quittung 780 100 Mk., 34. Quittung
619 721 Mk. und 3 Silberkronen, 35. Quittung 937 138 Mk., 36. Quit=
tung
129 115 Mk. 37 Ouittung 933 835 Mk., 38, Qnittung 366 149 Mk.,
39. Quittung 638 300 Mk., 40. Quittung 524 525 Mk., 41. Quittung
G75 076 Mk., 42. Quittung 936 935 Mik. 43. Quittung 647 375 Mk.,
44. Quittung 798 986 Mk., 45. Quittung 502 500 Mk., 46. Quittung
1368 305 Mk., 47. Quittung 740 030 Mk., 48. Quittung 485 000 Mk.,
49. Quittung 1 655 450 Mk., 50. Quittung 939 360 Mk. und 20 Dollar.
5l. Quittung 908 850 Mk., 52. Quittung 964 000 Mk., 53. Quittung
1 371 070 Mk., 54. Quittung 2 419 880 Mk., 55. Quittung 1 428 980 Mk.,
56. Quittung 609 030 Mk., 57. Quittung 8 395 000 Mk., 58. Quittung
4 061 400 Mk., 59. Quittung 4 913 255 Mk., 60. Quittung 4889 480 Mk.
und 5 Lire.
zuſ. 65 672254. Mk.
D ehse
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Darmftädter Tagblat

43
Der!
porr des Sonntag

3. Sept. 1923 Nr. 243

Darmſtädter Straßenrennen. Deutſchland gewinnt den leichtathletiſchen Länderkampf gegen die Schweiz. Schluß=
runde
um den Medenpokal.Ane Borg ſtell drei neie Weltekorde im Schwimmen auf.

Radfahren.

Leichtathletik.

* Rennbahnpropaganda=Flieger= und Motorradrennen.
Die Darmſtädter Rad= und Motorradſportvereine, die ſeit
nunmehr fünf Jahren um die Wiedererlangung bzw. Herrichtung
ihrer Rennbahn an der Heidelberger Straße kämpfen, veranſtal=
teten
zu Zwecken der Propaganda für dieſen Kampf am geſtri=
gen
Sonntag auf der Straße nach Eſchollbrücken große Flieger=
und Motarradrennen. Die ausgezeichnet organiſierte und durch=
geführte
große ſportliche Veranſtaltung hatte einen vollen Er=
folg
in mehrfacher Richtung zu verzeichnen. Vor allem dürfte
der Zweck der Propaganda voll erreicht ſein, wenn anders da=
mit
gemeint ſein ſollte, den Beweis zu erbringen, daß dem Rad=
ſport
mehr wie je Intereſſe in allen Kreiſen der Bevölkerung
entgegengebracht wird, daß alſo ein ſtarkes Bedürfnis nach der=
artigen
Sportveranſtaltungen im Publikum beſteht, denn die
Rennen hatten einen Beſuch zu verzeichnen, wie kaum eine ähn=
liche
Veranſtaltung ſeit Jahren. Faſt die ganze, zwei Kilometer
lange Rennſtrecke war zu beiden Seiten der Straße dicht mit Zu=
ſchauern
beſtanden, ſo daß es aller Anſtrengungen der Renn=
leitung
bedurfte, die Rennſtrecke frei zu halten, um Gefährdung
des Publikums und der Fahrer zu vermeiden. Dieſe Tatſache
und die Schwierigkeiten bewieſen aber auch überzeugend, daß
es ein Unding iſt, dieſe Rennen künftig oder auch nur in abſeh=
barer
Zeit auf der Straße abzuhalten, denn ſchließlich gelingt
es nicht immer, die Ordnung ſo gut aufrecht zu erhalten, und
wenn der Andrang noch ſtärker werden ſollte, erſt recht nicht.
An eine Unterbindung derartiger ſportlicher, Veranſtaltungen
wird im Ernſt kein Menſch in Darmſtadt, das zu einer Hochburg
des Sports zu werden auf dem beſten Wege iſt, denken können,
wenn er nicht öffentliche und die Intereſſen der Induſtrien
ſchwer ſchädigen will. So ſcheint die Rennbahn tatſächlich eine
Notwendigkeit zu ſein, beſonders wenn man, was auch für die
Rentabilitätsberechnung ſehr ins Gewicht fällt, in Rückſicht zieht,
daß dieſe Bahn in Darmſtadt für den ganzen Gau IA des Bun=
des
Deutſcher Radfahrer von größter Bedeutung iſt, der alle
ſeine bedeutenden Rennen hier abhalten müßte, da die Renn=
bahnen
der umliegenden Städte faſt reſtlos durch die Beſetzung
ſtillgelegt ſind. Es wird allerdings zuzugeben ſein, daß die
Koſten für die Wiederherſtellung der Rennbahn an der Heidel=
berger
Straße hoch ſein werden, aber daran ſollte man doch ein
für Darmſtadt wichtiges Problem nicht ſcheitern laſſen, denn daß
die Rennbahn dauernd einen ſtarken Zuſtrom von auswärts
nach hier ziehen würde, ſcheint außer Zweifel. Wie verſichert
wird, hat auch der Ausſchuß für Leibesübungen dieſe Notwen=
digkeit
der Wiedererichtung der Rennbahn anerkannt und befür=
wortet
, ſo daß doch Hoffnung vorhanden iſt, die noch beſtehenden
Widerſtände zuſtändiger Behörden und die der Geldbeſchaffung
zu überwinden. Je ſchneller das geſchieht, je vorteilhafter und
beſonders billiger wird ſich das Problem verwirklichen laſſen.
In ſportlicher Beziehung waren die geſtrigen Veranſtaltun=
gen
ſehr intereſſant. Die Vereinigung ſämtlicher in Frage kom=
menden
Vereine hatte nicht nur den großen Zuſtrom der Zu=
ſchauer
, ſondern auch eine große Anzahl Nennungen zu den ein=
zelnen
Rennen im Gefolge. Beſonders die Radrennen waren
ſehr ſtark belegt. Sie brachten als wichtigſtes Ereignis das
Hauptfahren, in dem die beiden Darmſtädter Favoriten Wolf
und Walkenhorſt zuſammentrafen, der beſte Dauerfahrer und
der ſüddeutſche Meiſter auf der Bahn über kurze Strecken. Nach
dem Trainingzuſammentreffen der Beiden und nach den Vor=
läufen
ſchien der Sieg noch durchaus zweifelhaft, und es gab
ſchon Wettluſtige, die ſtark auf Wolf ſetzten. In den Hauptent=
ſcheidungen
erwies ſich dann aber doch der ſüddeutſche Meiſter
ſtark überlegen und er konnte ſeine Rennen ſicher nach Hauſe
fahren. Im Seniorenzuſammentreffen mußte ſich Wolf ſogar
mit dem driten Platz begnügen. Jedenfalls erwieſen ſich beide
als tüchtige, gut durchtrainierte Fahrer von Stil. Auch unter
dem jungen Nachwuchs waren gute Reſultate zu verzeichnen. So
fuhr Bender im Erſtfahren ein ausgezeichnetes Rennen. Im
Motorfahren waren leider einige Stürze zu verzeichnen. Benz
fuhr gegen einen Steinhaufen und verlor dadurch die Herrſchaft
über ſeine Maſchine. Er erlitt nicht unerhebliche Kopfverletzun=
gen
und mußte im Auto nach Hauſe gefahren werden. Bei einem
zweiten Sturz blieb es erfreulicherweiſe bei Beſchädigungen der
Maſchine. Beim Rennen mit Maſchinen über 4 PS überraſchte
der jugendliche Motorfahrer Wieſt durch ein ausgezeichnetes Fah=
ren
, das ihm einen überlegenen Sieg ſicherte.
Die Reſultate:
1. Erſtfahren, 1 Klm., vier Vorläufe, zwei Zwiſchenläufe, End=
lauf
: 1. W. Bender, V.C. D., 2. P. Neſter, D. R.C., 3. P. Molke,
V.C. D., 4. A. Thöt, V. C. D.
2. Motorradrennen, 2 Klm., offen für Motorräder bis
2 P.S.: 1. A. Langer Marletz Davidſon 79 P.S., 2. Rennert,
3. K. Bürtz.
3. Motvrradrennen bis drei P.S.: Das gleiche Reſultat.
3. Hauptfahren, 1 Klm., vier Vorläufe, zwei Zwiſchenläufe:
M. Walkenhorſt. V. C. D., 2. E. Wolf, V. C. D., 3. M. Viſcher,
D.R.C., 4. G. Marlos, V. C.D.
4. Motorradrennen, 2 Klm., offen für Motorräder bis
4 PS.: 1. M. Ludwig (Helios 4 P. S.), 2. G. Hahn (N. S.U. 4 P. S.),
3. W. Storck (N.S.u. 6 P.S.).
5. Motorradrennen, 2 Klm., offen für Motorräder über
vier P.S.: 1. G. Wieſt (Wanderer), 2. Arzt, 3. Benz (geſtürzt).
6. Seniorenfahren (Fahrer über 40 Jahre), 1 Klm.: 1. J.
Haller, D. A. C., 2. R. Schuhmacher, D. A. C., 3. Raab, V. C.D.
7. Vorgabefahren, 1 Klm.: 1. H. Walkenhorſt, 2. E.
Wolf, Beide vom Mal, 3. L. Ganß, D.R.C., 5 Mtr. Vorg,, 4. H.
Fiſcher, D. R. C., 15 Mtr. Vorg.
8. Seniorfahren (Fahrer 32 bis 40 Jahre), 1 Klm.: 1 G.
Becker, V.C.D., 2. F. Walkenhorſt, V. C.D., E. Damus, V. C.D.,
W. Hermes, V. C.H.
9, Troſtfahren, offen für alle Fahrer, die in keinem Rennen
einen Platz belegt haben, 1 Klm.: 1. J. Enders. DR.C., 2. H.
Dienſt, D. R.C., 3, G. Fuchs, V. C. D., 4. G. Hottes, V. C.D.
10. Match über 1 Klm. zwiſchen den Siegern der Junioren= und
Seniorenklaſſe: 1. H. Walkenehorſt, 2. G. Becker, V.C. D., 3. E.
Wolf, V. C. D, 4. F. Walkenhorſt, V. C. D.
11. Ein außer Konkurrenz gefahrenes Match zwiſchen Langer und
Wieſt endete mit dem knappen Siege des Erſteren.
12. Ein TandemMatch zwiſchen WalkenhorſtWolf (V. C.D) und
DieterOffenthal (D.R.C.) wurde wegen mehrfachen Defektes an den
N. 8t.
Maſchinen aufgegeben.
Fahrradrennen rund um Hanau.
162 Km.t 1. Romold=Gerolshofen 5:56 Stunden, 2. Gugau, Velo=
zibedklub
Frankfurt, 6:02, 3. Dehmel=Frankfurt 6:04, 4. Schwarz, Velo=
zipedklub
Frankfurt (Handbreite), 5. Knappke, Germania=Frankfurt, 6:08.
Altersfahrer: 1. Libecki=Frankfurt 6:41, 2. Weſtenlage 6:54 St.
Tennis.
Rot=weiß-Leipziger Sportklub 9:0.
Nachdem am Samstag in der Vorſchlußrunde der Leipziger Sport=
tlub
gegen den Tennisklub Mannheim überlegen geſiegt hatte, trat am
Sonntag in der Schlußrunde Leipzig gegen Berlin Rot=wveiß au. Auch
dieſes Spiel verlief erwartungsgemäß. Rot=weiß gewann ſämtliche
Einzel= und Doppelſpiele und ſiegte mit 2:0,

Sportverein unterliegt gegen Eintracht im Jugendenbkampf
mit 83:107.
Sportverein hatte ſich keinen leichten Gegner in der Eintracht aus=
geſucht
; hatte Sportverein im Mai mit Sportklub Frankfurt mit 40
Punkten Unterſchied verloren, ſo unterlagen die Darmſtädter diesmal
gegen Eintracht mit 20 Punkten Verluſt, nachdem Eintracht vor kurzem
Sportklub Frankfurt im Klubzweikampf geſchlagen hatte. Darmſtadt
hatte ſeine geſamte Mannſchaft aufzubieten, um die 17 Wettkämpfe be=
ſtreiten
zu können und dem überreichen Frankfurter Material überall
Gegner zu ſtellen. Das konnte nicht in allen Konkurrenzen gelingen, da
die Wettkampfarten erſt kurze Tage vor dem Klubkampf feſtgeſetzt wur=
den
ſo daß Darmſtadt der Kürze der Zeit halber auf Manchen ver=
zichten
mußte.
Die Hauptſtärke der Darmſtädter war in dem Jugendjahrgang
05/06, während die Frankfurter in den anderen Jahrgängen gut ver=
treten
waren. Die Verluſtpunkte von Darmſtadt ruhren von den Staf=
feln
her, die durch Erſatzleute nicht ihre erſte Beſetzung hatten.
Jahrgang 09 und jünger.
50 Meter: 1. Tſcherter, Eintracht, 7,3 Sek., 2. Mergelsberg,
Sportverein, 7,4 Sek., 3. Bünte, Sportverein, 7,5 Sek., 4. Schulz, Ein=
tracht
.
Weitſprung aus Stand 1. Tſcherter Eintracht, 2, 36
Mtr., 2. Bünte, Sportverein, 2,24 Mtr., 3. Mergelsberg, Sportverein,
2.17 Mtr. 4. Kraus, Sportverein, 2,04 Mtr.
Ballwerfen: 1. Bünte, Sportverein, 56,40, 2. Mergelsberg,
Sportterein, 48,80, 3. Geuder, Eintracht, 48,40, 4. Schulz, Eintracht,
45,20.
Jahrgang 07108.
100 Meter: 1. Kaufmann, Eintracht, 12,8, 2. Michaelis, Ein=
tracht
, 1 Mtr. zurück,
3. Merkamm, Sportverein, 4 Mtr. zurück,
Gräſer, Sportverein, 2 Mtr. zurück.
4X100 Meter: 1. Eintracht, 2. Sportverein, 15 Mtr. zurück.
Speerwerfen: 1. Michaelis Eintracht, 31,70 Mtr., 2. Gräſer,
Sportverein, 30,90 Mtr., 3. Uderſtadt, Eintracht, 29,10 Mtr. 4.
Mergelsberg, Sportverein, 26,10 Mtr. Gräſer hat den beſten Wurf,
fällt aber über.
Weitſprung: 1 Michaelis, Eintracht, 5,/43 Mtr., 2. Grube,
Eintracht, 5,00 Mtr.,
Merkamm, Sportverein, 4,81 Mtr., 3. Mergels=
berg
, Sportverein, 4,67 Mtr.
Jahrgang 05/06.
100 Meter: 1. Pabſt, Sportverein, 12,2 Sek., 2. Küch, Sport=
berein
, 1. Mtr. zurück, 3. Stärker, Eintracht, Bruſtbreite, 4. Albrecht,
Eintracht, 1 Mtr. zurück.
Das wichtigſte Rennen löſte die größte Spannung aus, die erſt am
Zielband endete. Zwei Darmſtädter in Front, diesmal Pabſt als Sie=
ger
. Küch konnte den Eintrachtler Stärker noch hinter ſich laſſen. Ein
Muſterrennen der Jugendlichen. Aus dem Zuſchauerraum wird die
Zeit als 11,4 reklamiert! Es war jedenfalls das ſchnelſte Rennen des
Tages.
300 Meter: 1. Leunia. Eintracht, 40,2 Mtr., 2. Numrich, Sport=
verein
, 2 Mtr. zurück, 3, Albrecht. Eintracht, 4. Schupp, Sportverein.
Numrich arbeitet ſich an den Führenden heran und verteidigt hart
ſeine Poſition.
R100: 1. Eintracht, 47,5 Sek., 2. Sportverein, Bruſtbreite zurück.
Der Erſatzmann der Darmſtädter koſtete der Mannſchaft einige
Meter, die der Schlußmann Küch bis Bruſtbreite aufholte. Zum
zweitenmale horchte die Tribüne über die Darmſtädter auf.
381000 Meter: 1. Eintracht, 8 Min, 587, 2. Darmſtadt, 100
Meter zurück.
Darmſtadt mit einem Erſatzmann für den erkrankten Schlußmann
kann gegen den Schlußläufer Leunig nichts ausrichten.
bochſprung: 1. Bauer, Sportverein, 1,60 Mtr. (Stockmaß
156), 2. Weſtermann, Eintracht, 150, 3. Schupp, Sportverein, 4.
Albrecht, Eintracht.
Kugelſtoßen: 1. Numrich, Sportverein, 10,52 Mtr., 2. Hem=
merich
, Eintracht, 9,69 Mtr., 3. Heinz, Sportverein, 9,68 Mtr. 4. Bich=
ler
, Eintracht, 9,19 Mtr.
Diskus; Hemmerich, Eintracht, 34,10 Mtr. 2. Albrecht, Ein=
tracht
, 32,60 Mtr., 3. Portner, Sportverein, 3030 Mtr., 4. Heinz,
Sportvereit, 9.10 Mtr.
Die Frankfurter überbieten mit den beiden letzten Würfen die vorn
liegenden Darmſtädter.
Weitſprung: 1. Pabſt. Sportverein, 5.41 Mtr., 2. Küch, Sport=
verein
, 5,37 Mtr., 3. Hemmerich, Eintracht, 5,22 Mtr., 4. Albrecht, Ein=
tracht
, 504 Mtr.
Jahrgang 03/04.
100 Meter: 1. Gentſch, Eintracht, 12 Sek., 2. Engelhardt, Sport=
verein
, Bruſtbreite, 3. Horn, Eintracht, 4. Menger, Sportverein.
Engelhardt zeigte eine überraſchende Leiſtung und bedrängte den
Sieger hart.
3000 Meter: 1. Fein, Eintracht, 9 Min. 37, 2. Harres, Sport=
verein
, 120 Mtr. zurück, 3. Wolf, Eintracht, 30 Mtr. zurück, 4. Horn=
ſchuch
, Sportverein.
Die Leiſtung des Fraukfurter verdient Beachtung. Harres iſt auf
ſeiner Leiſtung von früher ſtehen geblieben.
Schwedenſtaffel (400. 300 200, 100 Mtr.): 1. Eintracht, 2
Min. 14 Sek., 2. Sportverein, 50 Mtr. zurück.
In dieſer Staffel mußten die Darmſtädter die Ueberlegenheit der
Frankfurter fühlen.
In der Pauſe des Fußballſpiels (EintrachtHertha=Berlin) wurde
noch eine 20,X200 Meter=Staffel gelaufen: 1. Eintracht 8 Min. 59 Sek.,
2. Dermſtadt 9 Min, 15 Sek. Nur dem Entgegenkommen der Darm=
ſtädter
war die Staffel möglich. Es mußten gegen die großen Frank=
furter
zwei 13jährige laufen, außerdem auch ein Läufer zweimal, um
die Staffel überhaupt zuſammen zu bringen. Die Staffel konnte des=
halb
keinen ernſtlichen Kampf bringen. Trotzdem taten ſich einige Darm=
ſtädter
hervor, ſo daß die Darmſtädter ſogar des ſeltenen Tribünenbei=
falls
teilhaftig wurden.
Laufen und Gehen quer durch Magbeburg (20 Km.)
Laufen: 1. Scholz=Breslau; 2. Brandt=Chemnitz; 3. Burkhardt=
Berin.
Gehen: 1. Hähnel=Ilversgehoven; 2. Müller=Berlin (750 Meter
zurück)
Im leichtathletiſchen Länder=Wettkampf DeutſchlandSchweiz ſiegte
Deutſchland knapp mit 70,5 zu 67,5 Punkten. Die Einzelergebniſſe ſind
folgende:
100=Meter=Lauf: 1. Imbach (Schweiz! 10,9 Sek.: 2. Strebi
(S.) 1½ Meter zurück; 3. Ehms (Deutſchland) 4 Meter zurück; 4. Söhn=
gen
(D.)1 Meter zurück.
200=Meter=Lauf: 1. Imbach (S.) 22,5 Sek. 2. Strebi
S.) 3 Meter zurück; 3. Ehms (D.) 1 Meter zurück; 4. Weider (D.).
Imbach (S.) 51 Sek.; 2. Mattonet
400=Meter=Lauf: 1
(D),3 Meter zurück; 3. Renell (S.) 2 Meter zurück: 4. Reinle (D.)
1 Meter zurück.
800=Meter=Lauf: 1. Martin (S.) 1:55,2 Min.; 2. Pelser
(D.) 15 Meter zurück; 3. Gaß (S.) 50 Meter zurück; 4. Klotz (D.)
80 Meter zurück.
1500=Meter=Lauf: 1. Schärer (S.) 4:09 Min.; 2. Peltzer
(D.) 25 Meter zurück; 3. Martin (S.) 40 Meter zurück; 4. Klotz (D.).
5000=Meter=Lauf: 1. Walwert (D.) 15:55,2 Min.; 2. Marthe
(S.); 3. Gaſchen (S.).
4X100=Meter=Staffel: 1. Deutſchland (Weider, Söhngen,
Mattonet, Ehms) 52 Sek.; 2. Schweiz Moriaud, Schuler, Strebi,
Imbach).
Olympiſche Staffel: 1. Schweiz (Schärer, Martin. Strebi,
Moſer); 2. Deutſchland (Peltzer. Mattonet, Weider, Söhngen).
Diskuswerfen: 1. Steinbrenner (2.) 42,96 Meter; 2. Hähn=
chen
(D.) 39,2 Meter; 3. Bucher (S.) 37,4 Meter; 4. Garnus (S.)
34,37 Meter.
Speerwerfen: Lübecke (D.) 56,25 Meter; Salmon 50,62
Meter; Vogel; Gerſpach.
Kugelſtoßen; 1. Wenninger (D.), 13,65 Mtr.; 2. Vogel (S.),
12.45 Mtr.; 3. Hähnchen (D.), 19 Mtr.: 4. Garnus (S.), 11,96 Mtr.
Weitſprung: 1. Wenk (S.) 6,83 Mtr.; 2. Schumacher (D.),
6,82: 3. Hotz (D.), 6,74; 4. Pawei (S.),
Gochfdrung: 1. Moſer (S.), 180 Mtr.: 2. Schumacher (D.).
180 Mtr.; 3. Hotz (2.), 1,80 Mtr.z 4. Pawei (S.), 1,75 Mtr. (Durch
Stechen entſchieden).
Stabhochſprung: 1. Reeg (D.), 3,60 Mtr. 2. Gerſpach (S.),
3.40 Mtr.; 3,. Schumacher 3,40 Mtr.:; 4. Pawei (S.), 3,30 Mtr.

Fußball.
V.ſ.R. Darmſtadt,Olympia=Lorſch 1:1 (1:0).
* Im letzten Augenblick füllte der A.=Klaſſen=Kreismeiſter eine Lücke
im Programm des V.fR., die durch die Wbſage Erbachs entſtanden.
Wie bisher führten die beiden harten Rivalen um den A.Meiſtertitel
auch diesmal ein intereſſantes Spiel vor. Hinter früheren Treffen ſtand
es um einiges in Technik und im Zuſammenpiel zurück, was auf den
beiderſeitigen Erſatz, dem immerhin zugeſprochen werden muß, daß er
mit Geſchick und Aufopferung ſeine Poſten füllte, und auf die Pauſe
zurückgeführt werden muß. An ſpannenden Momenten, prächtigen Ein=
zelleiſtungen
mangelte es indeſſen nicht, und deshalb fand es allgemein
Anklang. Dem Verlauf des Spieles, d. h. dem beiderſeitigen Kräfte=
verhältnis
, entſpricht das Unentſchieden; den reicheren Torchaneen, ins=
beſondere
den ſogenannten totſicheren, wäre ein knapper Sieg des
VfR. gerechter. Zu den beſten Leiſtungen zählten die der beiden Mit=
telläufer
, die die Hauptlaſt des Spieles zu tragen hatten. Ferner ver=
dient
der Torwächter Lorſchs Erwähnung, der prächtige Schüſſe ebenſo
meiſterte.
V.f.R., der jeweils zu Beginn der beiden Spielhälften in Front
lag, ließ gegen Schluß derſelben nach. Er erzielte durch ſeinen Links=
außen
in der 18. Minute das Tor, mußte ſich aber 25 Minuten nach der
Pauſe den Ausgleich, einen durch Kopfball verwandelten Eckball des
Lorſcher Halbrechten, gefallen laſſen. Herr Elſeſſer vom hieſigen
Sportverein 98 war dem Spiel ein aufmerkſamer Leiter.
A.H.
Geſellſchaftsſpiele: Süddeutſchland.
Sportverein Frankfurt,Hertha=Berlin 4:1.
Eintracht=Frankfurt,Gertha‟=Berlin 2:0.
V. f. N. Frankfurt,HelvetiaFrankfurt 3:3.
Germania=Frankfurt,Helvetia=Frankfurt 1:1.
Kickers=Offenbach-Hanau 94 9:1.
Männerturnverein FürthSpielvereinigung Fürth 1:1 ( Verbands=
ſpieh
.
Hanau 93,Phönix=Karlsruhe 3:2.
Viktoria’=AſchaffenburgSportklub Bürgel 4:1.
Phönis=Ludwigshafen,Pfalz=Ludwigshafen 2:1.
Union =Ludwigshafen-Ludwigshafen 94 0:1.
Kickers=WürzburgFeuerbach 2:1.
Jahn=RegensburgRegensburg 1861 0:0.
Berlin.
Berlin=Nord 08Union=Potsdam 3:0.
Sportverein BerlinTennis Boruſſia 5:2.
Nord=NordweſtWeidenſee 1900 2:1.
Union=Oberſchöneweide-Ballſpielverein Luckenwald 2:1.
AlemanigSüdchern 1:1.

*
Auf ſeiner Schweizerreiſe unterlag der Hamburger Sportverein

gegen Aoung BohsBern 130.
In Kiel ſchlug der Fußballklub Nürnberg Holſatia=Kiel mit 6:0.

Handball.

Die Handballmeiſterſchaft für Frauen wurde von
der Sportvereinigung Siemens gegen M.T.V. mit 11:0 (Halbzeit 6:0)
gewönnen.

Schwimmen.

Ein Schwimmkampf zwiſchen Kopenhagen 08 und 1883
Berlin wurde von der Berliner Mannſchaft leicht gewonnen.
Weltrekorde im Schwimmen.
Drei neue Weltrekorde im Schwimmen ſtellte der ſchwediſche Meiſter
Arne Borg in Kopenhagen auf. Die neuen Zeiten ſind: 800 Meter
in 11:08,3, 1000 Yards in 12:47,4, 1000 Meter in 14:00,5; durch die
letzte Leiſtung verbeſſerte er den von ihm ſelbſt im vergangenen Jahr
aufgeſtellten Weltrekord um 7.1 Sekunden.

Pferdeſport.

Hoppegarten.
Hoppegartener Ehrenpreis, 30000 Mk., 1600 Meter:
1. Famulus, 2. Rotdorn, 3. Aberglaube. Ferner: Konſtanze, Flüchtling,
Graf Ferrh. Totaliſator 38:10; Platz 20, 67:10: 1 L. 34 L.
Omnium, 30 000 Mk. 3000 Meter: 1. Rinaldo, 2. Claudius,
3. Hampelmann. Ferner: Lämmergeier, Paris, Perikles, Simplieit,
Willana, Raſtelbinder. Totaliſator 77:10. Platz 22, 20, 32:10; Iſ. L.,
Kopf.
BadenBaden.
Heidelberg=Ausgleich 10000 Mk.. 2800 Meter: 1. Stall
Neos Caſſioveia, 2. Kirchbach, 3. Taugenichts. Ferner: Notung, Metis,
Markgraf. Totaliſator 16:10; Stall 14. 30:10; 1 Lg.,7ſo 2.
Glogius=Platz=Farina=Preis, 17000 Mk. 1600 Meter:
Stall Lewins Staffelſtab, 2. Mainberg, 3. Logenbruder. Ferner;
Faun. Totaliſator 11:10, Platz 10, 10:10: 2 L., 4 9.
Großes Baden=Badener Jagdrennen, 15000 Mk.,
5000 Meter: 1. Pipin, 2. Snob, 3. Paleſtrina. Totaliſator 33:10;
1½9 L., 2 L.

Regatten.

4. Frankfurter Herbſtregatta.
Jugend=Gig=Vierer: gedeckte Gigboote, Mindeſtbreite 78
Zeutiueter, Dollenbord=Außenkante. 1.
Frankfurter Ruderverein von
1865; 2. Ruderverein Hellas=Offenbach; 3. Frankfurter Ruderklub von
1884; 4. Ruderverein=Fechenbach.
Jugend=Gig=Vierer: Offene Gigboote, 87. Zentimeter: 1.
Offenbacher Ruderverein; 2. Frankfurter Rudergeſellſchaft Germania;
3. Ruderklub Elektron=Frankfurt a. M.; 4. Frankfurter Ruderverein, 5.
Ruderverein Hellas=Offenbach.
Jugend=Gig=Achter, 1. Frankfurter Ruderverein; 2. Offen=
bacher
Ruderverein; 3. Frankfurter Ruderverein; 4. Rudergeſellſchaft
Germania=Frankfurt; 5. Offenbacher Rudergeſellſchaft Undine.
Altherren=Vierer; 1. Frankfurter Rudergeſellſchaft Ger=
mania
; 2. Frankfurter Ruderverein; 3. Ruderverein Caſſel.
Stoeckicht=Vierer:
Offenbacher Rudergeſellſchaft Undine:
2. Frankfurter Rudergeſellſchaft Germania; 3. Ruderklub Naſſau.
Mainpokal Einer): 1. Offenbacher Rudergeſellſchaft Un=
dine
(Fritz Wagner); 2. Frankfurter Ruderverein (Fritz Wels); 3.
Offenbacher Nuderverein (Hans Sauer).
Herausforderungs=Vierer: 1. Offenbacher Rudergeſell=
ſchaft
Undine: 2. Frankfurter Ruderverein; 3. Frankfurter Rudergeſell=
ſchaft
Germania.
Junior=Einer: 1. Frankfurter Ruderverein (Fritz Welz); 2.
Offenbacher Ruderverein (Fritz Starke),
Altherren=Achter (Wanderpreis): 1. Rudergeſellſchaft Ger=
mania
=Frankfurt: 2. Frankfurter Ruderverein.
Jungmann=Achter: 1. Frankfurter Kuderderein; 2. Grank=
furter
Nuderklub.
Junior=Achter: 1. Frankfurter Rudergeſellſchaft Oberrad; 2.
Frankfurter Ruderklub; 3. Offenbacher Rudergeſellſchaft Undine.
Oſthafen=Achter=Rennen.
Der Oſthafen=Achter (Wanderpreis der Stadt Frankfurt), um den
alljährlich die Prankfurter Vereine des ſüddeutſchen Ruderverbandes
kämpfen, kam geſtern zum Austrag. Erſter wurde Ruderſportverein
Amieitig, vor Boruſſia, Undine und Alemannig.

[ ][  ]

Seite 6.

Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 3. September 1923.

Rummer 243.

Kanen
andwirtſchaft, Gartenbau, Kleintierzucht und Siedlungsweſen

Kohlhernie.

Das uns überſandte Exemplar Kohlrabi leidet, wie Ein=
ſender
richtig vermutet, an Kohlhernie. Eine Bekämpfung der
rankheit in dieſem vorgeſchrittenen Stadium iſt natürlich nicht
nehr möglich. Wenn Kohlhernie auf den regelmäßig mit Kohl
lepflanzten Beeten auftritt, kann der Krankheit nur durch vor=
beugende
Maßnahmen entgegengetreten werden. Wohl läßt ſich
das Auftreten der Krankheit vermindern, indem man mehrere
Jahre hintereinander den Kohlbau aufgibt. Bei unſeren Klein=
gärten
dürfte dies aber unmöglich ſein. Hier hilft nur die Be=
ämpfung
mit Uſpulun oder Segetan, beides Mittel, wie ſie auch
zur Bekämpfung verſchiedener Brandkrankheiten von Getreide
zur Anwendung kommen. Man kann hierbei auf mehrere Weiſe
verfahren, indem man einmal den Samen oder auch die Erde
mit Uſpulun= oder Segetanbrühe behandelt. Uſpulun iſt ein
Queckſilberpräparat, das in Pulverform im Handel (Drogerien,
Gartenbaugenoſſenſchaft oder landw. Zentralgenoſſenſchaft in
Darmſtadt) zu beziehen iſt. Segetan iſt ein Präparat, das in
flüſſiger Form im Handel von den genannten Stellen zu
kaufen iſt.
Die Behandlung der Samen iſt folgende: In 1 Liter Waſſer
werden 2,5 Gramm Uſpulun aufgelöſt und in einer Waſchſchüſſel
der Samen etwa ½ bis 1 Stunde liegen gelaſſen. Darauf wird
der Samen getrocknet und ſpäter in das Anzuchtbeet oder ins
Freiland geſät. Wichtig iſt die Desinfektion der Erde zwecks
Bekämpfung der Kohlhernie, indem man die Anzuchterde mit
Uſpulunlöſung begießt. Die Beete woerden mit einer 05proz.
Uſpulunlöſung gleichmäßig begoſſen, und zwar derart, daß auf
den Quadratmeter Erdoberfläche 7 bis 8 Liter Löſung entfallen.
Darauf wird das Beet umgegraben, gehackt und 14 Tage ſpäter
mit der gleichen Menge Uſpulunlöſung begoſſen. Es iſt darauf
zu achten, daß die Flüſſigkeit nicht abläuft, ſondern den Boden
möglichſt gleichmäßig durchdringt. Die Desinfektion der Beete
erfolgt am beſten 4 Wochen vor der Ausſaat.
Man kann auch die Erde mit Uſpulunpulver vermiſchen,
Je 1 Kilogramm Erde wird mit ½ Gramm Ufpulun (trocken)
vermiſcht. Dieſes geſchieht am zweckmäßigſten ſo, daß man das
Uſpulun erſt mit einer kleinen Menge Erde gleichmäßig vermiſcht
und den Reſt der Erde unter ſtändigem Durchmiſchen zugibt.
Bei 1 Quadratmeter Erdoberfläche ſind bei etwa 20 Zentimeter
Tiefe etwa 120 Gramm Uſpulun erforderlich.
Das vorhin genannte Segetan kommt nur in flüſſiger Form
zur Anwendung, durch Begießen der Erde in den Anzuchtbeeten
bzw. dem Freiland. Ein halbes Liter des käuflichen Segetans
wird in 50 Litern Waſſer verdünnt und mit dieſer Flüſſigkeit
der Same bzw. der Boden wie oben behandelt.
Der Kartoffelkrebs.
Herr C. Hampel veröffentlicht im Praktiſchen ſehr
beachtenswerte Ausführungen über dieſen ſo überaus gefähr=
lichen
Kartoffelſchädling; leider aber vergißt er bei ſeinen Be=
kämpfungsvorſchriften
die Hauptſache, und möchte ich das doch
im Intereſſe unſerer Leſer nachholen. Der Erreger der Krank=
heit
, der Pilz Criptostiotis entoblotiso, beſitzt eine außer=
ordentlich
große Lebensfähigkeit, ſo daß es bisher nicht gelungen
iſt, ihn durch Beſpritzen oder Beſtäuben mit Mitteln, die andere
Pilzſporen vernichten, vollſtändig abzutöten, und auch alle
anderen direkten Bekämpfungsmittel, die Herr Hampel angibt,
haben bisher keinen durchſchlagenden Erfolg gehabt, da ſie die
Pilze nicht reſtlos vernichten konnten. Das einzige Mittel, das
bisher mit Erfolg angewandt wurde und das ich deshalb auch
allen Betroffenen dringend empfehlen möchte, war die peinliche
Auswahl des Saatgutes durch Verwendung von geſunden
Knollen und Sorten, die vom Kartoffelkrebs nicht oder doch
nur in ſehr geringem Maße befallen werden. Es iſt nämlich
durch die Praxis erwieſen, daß die verſchiedenen Kartoffelſorten
ſich gegen die Krebskrankheit recht verſchieden anfällig zeigen,
und daß wir Sorten beſitzen, die faſt immer krebsfrei bleiben.
Es empfiehlt ſich deshalb, an Orten, wo ſich die Kartoffelkrank=
heit
zeigt, Saatgut aus anerkannt krebsfreien Gegenden zu be=
ziehen
und nur Sorten anzupflanzen, die ſich als widerſtands=
fähig
gegen den Krankheitserreger gezeigt haben. Da es natür=
lich
wichtig iſt, die krebsfeſten Sorten zu kennen, ſo nenne ich
nachfolgend diejenigen, die ſich nach meinen Erfahrungen nach
dieſer Richtung hin ausgezeichnet haben: Arnica und Beſeler
Züchter v. Kamecke), Brocken (Züchter Breusker!. Dannſier
(Züchter, Dolkomki), Deutſchland (Züchter Paulſen), Eunice
(Züchter Dolkomki), Hindenburg (Züchter v. Kamecke), Ideal,
Juli und Iſolde (Züchter Paulſen), Jubel und Juwel (Züchter
Richter), Lech (Züchter Dolkomki). Magdeburger Blaue (Züchter
Thiele), Marſchall Vorwärts (Züchter Paulſen), Nephrit (Züchter
Cimbal), Roſe, Delikateß und Roma (Züchter v. Lochow) Ver=
beſſerte
Sechswochen und Verbeſſerte Tannenzapfen (Züchter
Breuſtedt), Wohlgeſchmack (Züchter Trog), Zeppelin (Züchter
Richter). Daß daneben auch die von Herrn Hampel angegebenen
Vorſichtsmaßregeln eingehalten werden müſſen, iſt wohl ſelbſt=
verſtändlich
.
Paul Kaiſer, Berlin NO. 43.
Ausſaat der Obſiſamen.
Die Anzucht der Obſtwildlinge aus Samen kann gleich nach
der Ernte der Früchte eingeleitet werden. Bei der Wahl der
Obſtſamen iſt vor allem darauf zu ſehen, daß ſie vollkommen reif
und gut geformt ſind. Ferner ſollen die Kerne nur von ſolchen
Sorten ſtammen, die ſich durch kraftvollen, geſunden Wuchs her=
vortun
. Aepfelkerne müſſen dunkelbraun, groß und ſchwer ſein,
Birnenkerne desgleichen, nur daß hier die Färbung bei völliger
Neife faſt ſchwarz iſt. Unveredelte Vogelkirſchen geben den beſten
Kirſchſamen, der ſogleich nach der Reife mit dem Fleiſche zu ſäen
iſt, da er ſonſt ein Jahr liegt, ehe er keimt. Die Kerne von Wal=
und Haſelnüſſen ſind erſt dann zur Ausſaat geeignet, wenn ſie
aus den Schalen fallen. Es empfiehlt ſich ſehr, die Obſtſamen
entweder ſofort nach völiger Reife, mindeſtens aber im Herbſt
in die Erde zu bringen. Auch das Aufbewahren dieſer in einem
Topfe mit feuchtem Sand, der im Keller oder in die Erde ein=
gegraben
, zu überwintern iſt, genügt, um das Vorkeimen der
Kerne zu veranlaſſen. Getrocknete Sawen gehen im Frühjahr
meiſt ſchlecht auf, ja manche davon verlieren völlig ihre Keim=
Lraft. Hauptſächlich Nüſſe müſſen auf jeden Fall im Herbſt geſät
vder in Sand aufbewahrt werden. Das Vorkeimen der Samen
iſt außerordentlich vorteilhaft, da die Saat nicht durch Mäuſe
und andere Nager beſchädigt wird und das Keimen noch ſicherer
iſt, als bei der Ausſaat ins freie Land vor dem Winter, 4. I.
Die Wahl der Samenträger bei den
Gemüſearten.
Bei einer richtigen Wahl hat man zu beachten, daß nur
vollkommen ausgebildete, wohlgeformte Pflanzen oder Früchte
auch wieder gleiche Nachzucht liefern. Es iſt ganz verkehrt, von
Pflanzen, die vorzeitig in Blüte ſchießen, Samen, ernten zu
wollen. Die Folge wäre eine Degeneration, d. h. die Rückbildung
in den Urzuſtand. Eine ſtrenge Zuchtwahl hat man beſonders
bei den Salat=, Frührettich=, Gurken= Kürbis=, Melonen= und
Tomatenſorten anzuwenden. Die Kohl= und Wurzelgewächſe
liefern erſt im zweiten Jahre nach froſtfreier Ueberwinterung
Samen, während die zuerſt genannten, mit Ausnahme der
Winterrettiche, ſchon im Jahre, der Ausſaat zur Samenreiſe
gelangen. Man hat dieſen Umſtand ſchon bei der Ausſaat der
Pflanzen zu berückſichtigen und muß dieſe demnach ſo zeitig wie
möglich vornehmen, damit die Zeit, der Samenbildung in die
Sommermonate Juli und Auguft fällt.

Die Ernte der Tomate.
Die Reife der Frucht erkennt man äußerlich an der kräftigen
roten oder gelben Färbung der Schale, an der Weichheit, welche
durch leichten Fingerdruck wahrnehmbar iſt. Reife Früchte
ſchmecken angenehm ſäuerlich, manche Sorten haben auch einen
milden, ſüßſäuerlichen Geſchmack und das eigenartige Aroma,
das auch der Eierfrucht und der Judenkirche (Phyſalis Alkekengi)
anhaftet. Dieſes iſt allerdings nicht jedermann angenehm und
viele Eſſer müſſen ſich erſt daran gewöhnen.
Die Reife der Früchte tritt bei den Frühſorten an Pflanzen,
die im freien Lande gezogen werden, im Juni/Juli ein. Reife
Früchte halten ſich im Sommer bei kühler Aufbewahrung eine
Woche und länger. Man muß ſie aber dann vor der Vollreife
pflücken. Die Haupterntezeit fällt in den Auguſt und Septem=
ber
. Wenn im September und Oktober noch unreife Früchte
an den Stauden ſind und Froſt zu befürchten iſt, werden die
Pflanzen ausgeriſſen und in einem hellen, froſtfreien Raume
zum Nachreifen aufgehängt; was bereits gefärbt war, reift noch
leicht, die grümen muß man einmachen.
In den Gärtnereien legt man die notreifen und grünen,
aber vollſtändig entwickelten Früchte auf die Hängebretter der
Glashäuſer oder auf eine Brettunterlage ins Frühbeet zum Nach=
reifen
. Auch das Einſchichten in eine Kiſte mit Zwiſchenlagen
von Breyneſſeln befördert die Reife. Die Früchte erwärmen ſich
dabei. Das Nachreifen in der Sonne unter Glas verurſacht
vielfach Brandflecken, wodurch die Früchte für den Verkauf wert=
los
werden. Die nachgereiſten Früchte, laſſen ſich bis in den
Winter hinein aufbewahren.
C. E.
Vom Bohnenkraut.
Vom Bohnenkraut, Pfefferkraut oder Kölle (Satureja hor=
tenſis
) gibt es zwei verſchiedene Arten, das einjährige und das
perenierende. In den Gätten wird das einjährige am häufigſten
angebaut. Man ſät es im April direkt an Ort und Stelle; es
wächſt in jedem Boden, liebt aber eine ſonnige, warme Lage.
Es eignet ſich auch zum Zwiſchenbau und kann unter Zwiebeln,
Möhren u. a. geſät werden. Man verwendet es ſchon als junge
Pflanze in der Suppe, an grüne Bohnen uſw., es wird aber auch
in getrocknetem Zuſtand verbraucht. Kurz vor der Blüte wer=
den
die Pflanzen abgeſchnitten, in Bündel gebunden und an
einem luftigen Ort aufgehängt, wo ſie bald abtrocknen. Wo
Bohnenkraut einmal geſtanden, pflanzt es ſich durch Ausfallen
der Samen leicht ſelbſt wieder ein.
Beachtenswerte Winke für Pilzſammler.
1. Man ſammle nicht bei Regenwvetter und meide feuchte
Stellen, weil feucht eingeſammelte Pilze ſehr ſchmell in Fäulnis
übergehen. 2. Man zerſchlage oder zertrete alle giftigen Pilze,
damit dieſe ſich nicht auf Koſten der durch das Einſammeln ſtark
verminderten eßbaren Arten vermehren und ſchließlich den gan=
zen
Waldboden in Beſitz nehmen. 3. Man laſſe alte Stöcke =
barer
Arten unberührt; ſie geben meiſt doch keine wohlſchmeckende
Speiſe, ſind ſehr oft ſchon angegangen oder von Schnecken,
Käfern und Würmern befallen; auch müſſen ja Stämme zur
Fruchtbildung ſtehen bleiben, 4. Von den aufgenommenen Pil=
zen
ſchneide man an Ort und Stelle alle angefaulten
und angefreſſenen Partien weg, weil der Fäulnisprozeß ſonſt
ſehr ſchnell auch die noch geſunden Teile ergreift; man würde ſich
ja auch unnötig belaſten. 5. Sammelt man Pilze zu ſofortigem
Gebrauche, ſo begnüge man ſich mit einer knappen Mahlzeit, denn
bekanntlich dürfen Pilzgerichte nicht aufgewärmt werden.
6. Beim Nachhauſekommen iſt die Ausbeute ſofort an einem
kühlen Orte auf einer trockenen Unterlage auszubreiten und im
Verlauf der nächſten Stunden zu putzen. 7. Weil faulende Ei=
weißſtoffe
ſtets ſtarke Gifte bilden, iſt beim Putzen jede auch nur
einigermaßen verdächtige Stelle wegzuſchneiden. 8. Je wärmer
und feuchter die Luft iſt, deſto ſchneller tritt die Fäulnis ein, um
ſo früher müſſen die Pilze auf den Tiſch gebracht werden.
9. Beim Einſammeln laſſe man die Knaben und Mädchen mit=
helfen
; ſo lernen ſie am ſicherſten und ſchnellſten die brauchbaren
Stöcke von den unbrauchbaren unterſcheiden.
I.
Kleintier=, Geflügel= und Bienenpflege im September.
Die größte Sorge des Kleintierhalters iſt jetzt der Futtervor=
rat
für den Winter. Alle Möglichkeiten, Winterfutter heranzu=
ſchaffen
und aufzubewahren, muß er ausnutzen.
*
Im Geflügelhof ſind die Tiere der Mauſer wegen jetzt ge=
ſchützt
zu halten, da ſie ſich ſonſt leicht erkälten. Eine Vernach=
läſſigung
in der Pflege rächt ſich ſpäter bitter. Mit allen Mitteln
hat der Züchter darauf bedacht zu ſein, daß ſeine Tiere ſo ſchnell
wie möglich wieder das Winterkleid bekommen.
Was nur irgend zur Federbildung dienlich iſt, muß verab=
reicht
werden: Knochenſchrot, phosphorſaurer Kalk, Garneelen,
Brenneſſeln. Löwenzahn, überhaupt reichlich Grünfutter. Dazu
ſind die mauſernden Tiere warm und trocken zu halten, alſo mög=
lichſt
ausgiebige Beſchäftigung im Scharraum, vornehmlich an
naßkalten Tagen. Unter den Jungtieren erfolgt jetzt die letzte
Auswahl. In den Zuchtſtamm gehört nur das Beſte vom Beſten.
Man nehme nur ſoviel Tiere mit in den Winter hinein, wie man
wirklich durchfüttern kann (lieber zwei zu wenig als eins zu viel).
Wenn es möglich iſt, ſchicke man ſeine Tiere auf die abgeernteten
Stoppelfelder, dadurch ſpart man nicht nur bedeutend an Futter,
ſondern die Tiere vertilgen auch eine Menge Schädlinge. Zum
Ankauf iſt jetzt die beſte Zeit; denn einmal ſind die Tiere im
Herbſt ſtets am billigſten, weil der Züchter vor Beginn des Win=
ters
abſetzea muß, andererſeits iſt die Beurteilung der Tiere jetzt
am leichteſten. Neugekauftes Geflügel darf aber nicht gleich mit
den Tieren des eigenen Beſtandes vereinigt werden, ſondern iſt
erſt einige Tage geſondert zu halten und auf ſeinen Geſundheits=
zuſtand
zu beobachten. Im September nimmt man auch am
beſten eine umfaſſende Reinigung aller Ställe, Aufenthaltsräume
und Ausläufe vor. Das Sammeln eines Grünfuttervorrats, für
den Winter wird fortgeſetzt, ebenfalls ſammle man Beeren und
Früchte, die dem Geflügel dienlich ſind, Truthühner, wie auch
Gänſe und Enten treibe man auf die Stoppelfelder. Sie werden
abends mit gefülltem Kropf nachhauſe kommen. Eine Zufüt=
terung
wird dadurch kaum nötig. Iſt die Ausbeute nicht mehr
ausreichend, gebe man abends noch Zufutter aus geſchnittenen
Möhren, Rüben und dergleichen. Wer ſeine Gänſe rupfen will,
nehme nur die völlig reifen Federn. Damit die Flügel nicht ihren
Halt verlieren, laſſe man die Seitenfedern unberührt. Tauben
halte mag möglichſt zum Feldern an. Die im Schlage oder in
Gehegen gehaltenen Tiere ſind ausreichend zu füttern. Auch ſie
ſtehen jetzt in der Mauſer und bedürfen der Kräftigung. Brüten
laſſe man nicht mehr. Nach der Mauſer wird auch der Tauben=
ſchlag
gründlich gereinigt.
Die Ziegen und Kaninchen verlieren die Sommerhaare und
ſind deshalb vor Zug zu ſchützen. An ſchönen trockenen Tagen
laſſe man die Ziegen aber noch regelmäßig ein paar Stunden
ins Freic. Gar manches Kräutlein reift jetzt ſeinen Samen, der
der Liege wohlſchmeckt und dabei hohen Nährwert beſitzt. Mit
Rückſicht auf die herannahende Deckzeit iſt der Pflege der Zucht=
böcke
beſondere Aufmerkſamkeit zu widmen. Auch ſie müſſen Ge=
legenheit
haben, ſich im Freien zu bewegen. Mit der Verfüt=
terung
von Hafer muß jetzt unbedingt begonnen werden, wenn
es nicht ſchon geſchehen iſt. Die Kaninchenhäſinnen werden nicht
mehr belegt. Die Grünfütterung hört nach und nach auf. In der
Uebergangszeit werden Rüben und andere in dieſem Monat ge=
erutete
Knollengewächſe gefüttert. Rübenblätter erzeugen leicht
Durchfall. Man darf ſie nur mit Heu zuſammen reichen. Auch
Mohrrübenkraut iſt nur in kleinen Mengen zu geben. Iſt Ueber=
fluß
an Gemüſeblättern, ſo trocknet man ſie. Alle Tiere, die nicht
zur Zucht dienen ſollen, müſſen jetzt ihr Leben laſſen.

Der Imker denkt bereits an die Einwinterung. Das Haupt=
augenmerk
gilt dabei dem Honigvorrat, der Beſchaffenheit des
Honigs, der Königin und der Wohnung. Ende des Monats
ſollte die Herbſtauffütterung beendet ſein. Zucker iſt nur Notbe=
helf
, wenn zu wenig Honig oder zur Ueberwinterung ungeeigne=
ter
Honig vorhanden iſt. Das Füllmaterial wie Holzwolle, Moos
und dürres Laub iſt bereit zu halten und gut auszutrocknen. Je
ſchwächer das Volk, deſto ſtärker muß die Verpackung ſein.
Die beſie Schlachtzeit des Junggeflügels.
Wie es unwirtſchaftlich iſt, Federvieh zu alt werden zu
laſſen, ebenſo unvorteilhaft iſt es, die Jungtiere zu früh zu
ſchlachten. In dem Beſtreben, möglichſt früh Fleiſch zu liefern,
werden mitunter Hähnchen auf den Markt gebracht, die erſt ſechs
bis acht Wochen alt ſind. Solche Tiere ſiſtd aber noch nicht reif
für die Küche. Nicht bloß um das Geld für ſie iſt es ſchade,
ſondern auch um die Zutaten, die zu ihrer Zubereitung nötig
ſind. Ein junger Hahn der ſogengnnten leichten Raſſen oder
der raſſeloſen Hühner, wie ſie meiſt in landwirtſchaftlichen Be=
trieben
gehalten werden, muß mindeſtens zehn Wochen alt ſein,
ehe er ans Meſſer kommt. Junghähne der mittelſchweren Raſſen
ſollten nicht unter zwölf und die der ſchweren Raſſen nicht unter
fünfzehn Wochen geſchlachtet werden. Junge Enten läßt man
merkwürdigerweiſe meiſt zu alt werden. Sie ſind bei ausreichen=
der
Koſt mit zwölf Wochen ſchlachtreif. Vor dem Federwechſel,
bei dem ſie doch nicht zunehmen, wohl aber viel freſſen, müſſen
ſie in die Bratpfanne wandern. Bei den Gänfen kommt es dar=
auf
an, ob es ſich um Weidetiere handelt oder um Gänſe, die auf
dem Hofe oder im Stalle bei reichlichem Futter aufgezogen wur=
den
. Jene ſind mit fünf Monaten ſchlachtreif, dieſe durchſchnitt=
lich
mit vier. Wer die jungen Puter vor Januar ſchlachtet, ſchä=
digt
ſich ſehr denn ſie ſetzen erſt in den Wintermonaten Fleiſch
an. Wenn ſie auch ſchon groß ausſehen, ſo ſind ſie doch leicht
und bringen, nach Gewicht verkauft, wenig Geld ein. Die jungen
Tauben werden auch meiſt zu früh auf den Markt gebracht und
lohnen dann das Geld nicht, das ſie koſten. Man ſollte ſich über=
zeugen
, ob die auf der unteren Seite der Flügel ſitzenden kleinen
Federn ausgebildet ſind. Das iſt meiſt nach vier Wochen der
Fall. Vorher die Tiere zu ſchlachten, iſt verkehrt.
Gänſe im Obſigarten.
In vielen Obſtgärten gibt der Raſen unter den Bäumen
keinen nennenswerten Grasertrag, ſolche Gärten eignen ſich
außerordentlich für die Nutzung als Gänſeweide. Der Garten iſt
umzäunt und man ſpart einen Hütejungen. Mit reichlich Waſſer
für den Tag verſehen, können die Gänſe ſich ſelbſt überlaſſen
werden. Morgens werden ſie einsetrieben, abends in den Stall
zurückgebracht. Gut iſt es, wenn ſie in den erſten Wochen, bis
die Federn gewachſen ſind, hier im Stalle einige gekochte, mit
Kleie vermengte Kartoffeln vorfinden. Später kann man ſich die
Mühe ſparen. Trotzdem entwickeln ſich die Tiere vortrefflich.
Das erklärt ſich daraus, daß die Gänſe im Obſtgarten nicht nur
Grasnahrung haben, ſondern die Gänſe finden dort auch das
Fallobſt, und dies iſt ihnen ſehr zuträglich. Sie ſind gierig dahin=
ter
her. Bald haben ſie heraus, welcher Baum ihnen am meiſten
ſpendet. Erwartungsvoll marſchieren ſie unter ihm auf und ab,
mit ſchiefgehaltenem Kopfe ſehnſuchtsvolle Blicke nach den Früch=
ten
werfend. Sobald eine Birne oder Pflaume herabfällt, ſtürzen
ſie ſich auf die Beute, um ſie ſchnell zu verzehren.
Das Ergebnis der Aufzucht wird natürlich noch beſſer, wenn
man im Herbſt Stoppelweide zur Verfügung hat oder zerſtoßene
Möhren und ſpäter Getreidekörner als Maſtfutter geben kann,
aber auch wer darauf verzichten muß, wird aus dem Obſtgarten
ſchöne Fleiſch= und Fettgänſe erzielen. Geſchützt werden müſſen
die unter den Bäumen graſenden Gänſe vor Ungeziefer, das von
den Bäumen fällt. Beſonders das Frühjahr iſt in dieſer Hin=
ſicht
gefährlich. Verzehren die Gänſe das Ungeziefer mit dem
Gras, erkranken ſie oft tötlich. Nur eine ſofortige Verſetzung auf
eine baumloſe Weide kann ſie noch retten.
Waben mit Pollen längere Zeit aufzu=
bewahren
.
Man beſprenge die Waben mittels Zerſtäubungsapparates
mit Salzwaſſer (1 Eßlöffel Kochſalz auf 1 Liter Waſſer). Auf
dieſe Weiſe behandelt, ſollen ſich die Waben nicht nur ſehr gut
erhalten, ſondern es ſoll auch alles Ungeziefer davon fernbleiben,
während anderſeits das Salz in ſo geringen Quantitäten den
Bienen in der Blutperiode gut zuſtatten kommt. Derart ein=
geſalzene
Waben verderben weder in der Wärme, noch in der
Kälte, ja nicht einmal in dumpfen, einem Luftzuge verſchloſſenen
Räumen.
Bei ſchlechter Sommertracht
verſage man den Bienen die nötige Fürſorge nicht, denn ihre
Schuld iſt es nicht, wenn bei anhaltender naßkalter Witterung
alle Honigquellen verſiegen und die aufgeſpeicherten Vorräte zu
Ende gehen. Auch für die Herbſttracht, ſowie zur gedeihlichen
Einwinterung braucht man ſtarke Völker. Wo alſo der Brut=
anſatz
im Sommer zurückgeht oder ganz eingeſtellt zu werden
droht, da verſäume der Bienenzüchter nicht, dieſem Uebelſtande
durch Not= oder Spekulativfütterung vorzubeugen. Als beſtes
Futtermittel gilt ſelbſtverſtändlich Honig, in Ermangelung deſſen
gebe man aufgelöſten Kandiszucker. Kann man dieſem etwas
Honig beimengen, um ſo beſſer. Auf Räuberei habe man bei
Trachtmangel ein beſonders wachſames Auge und verenge vor=
ſichtshalber
allen Schwächlingen das Flugloch.
Ratgeber.
Behandlung von Schweinen, die an Rheu=
matismus
leiden. Solche Schweine ſind am leichteſten zu
behandeln, wo Schafe gehalten werden. Da ſuche man ſich im
Schafſtalle eine Stelle aus, wo der Dung recht hoch liegt, und er=
richtet
hier eine Bucht für die kranken Tiere. Dieſe wühlen ſich
ſehr bald in den feuchtwarmen Dung ein und genießen ſo die
Wohltaten eines Moorbades. Wo keine Schafe ſind, kann man
durch Uebereinanderſchichten von Pferdedung dasſelbe erreichen.
Dabei ſind Gaben von Antipyrin acht Tage nacheinander in der
Höhe von 0,20,75 (je nach dem Alter des Tieres) in warmer
Milch zu geben. Bei andauernder Erkrankung muß abgeſchlachtet
werden, da rheumatiſche Schweine ſchlechte Futterverwerter ſind.
1
Schnupfen und Katarrh der Kaninchen. Die
Kaninchen leiden vielfach an Erkältungskrankheiten, die in vielen
Fällen zum Tode führen. Der Schnupfen iſt mehr läſtig als ge=
fährlich
. Er zeigt ſich durch das häufige Nieſen der Tiere an,
wobei zuerſt ein wäſſeriger, ſpäter ein weißlicher Schleim abge=
ſondert
wird. Dieſer wird meiſt abgeleckt und verſchluckt, wo=
durch
die Heilung am meiſten verzögert wird. Es iſt wahrſchein=
lich
eine Infektionskrankheit, die durch Erkältungen einen gün=
ſtigen
Boden erhält. Begünſtigt wird die Krankheit durch
ſchlechte Luft. Ein ſicheres Gegenmittel iſt nicht bekannt. Ab=
ſperren
der Tiere und Abſchlachten iſt das Beſte. Das Fleiſch iſt
genießbar. Schlimmer iſt der Katarrh, welcher oft ſchnell zur
Lungenentzündung und zum Tode führt. Er iſt kenntlich an dem
Räuſpern und Huſten der Tiere, wobei auch ein Schleimausfluß
aus der Naſe tritt. Urſache: Erkältung, ſchlechte, feuchte Stall=
luft
. Luftmangel. Behandlung: Stallungswechſel, reichlich
trockene Streu, als Trinkwaſſer lauwarmes Honigwaſſer (ein
Teelöffel Honig auf ein Glas Waſſer). In ſchlimmen Fällen
Tötung des Tieres, gründliche Reinigung und Desinfektion des
Stalles. Beide Krankheiten ſind ſehr anſteckend und müſſen
Tiere, die auch nur die erſten Anzeichen kundgeben, ſofort von
den anderen getrennt und iſoliert werden. Wie ein befreunde=
ter
Züchter mitteilt, werden Kaninchen, die kalkhaltiges Futter
bekommen, ſelten oder gar nicht befallen.