Darmstädter Tagblatt 1923


27. August 1923

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Deutſchland;
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3. Aegyptiſche
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geh.

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ale poſtmier. Verontworiſchkelt für Aunahme von
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Heſſiſche Neueſte Nachrichten
Morgenzeitung der Landeshauptſtadt
Nachdruck ſämtlicher mit X verſehenen Original=Aufſätze und eigenen Nachrichten nur mit Quellenangabe Darmſt. Tagbl. geſtattet.
Nummer 236
Montag, den 27. Auguſt 1923
186. Jahrgang

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von Schadenerſatz. Bei Konhurs oder gerichtlicher
Beitreibung fällt jeder Rahatt weo. Bankkonto=
Deutſche Bank und Darmſtädter 8 Nationalbanß.

Bezahlt uns, oder wir bleiben!
Vermutungen eines Grämlings. Frankreichs Kreditfähigkeit nach 1871. Poincaré
vehart bei ſeinem Standpunkt.

Paris; 26. Aug. (Wolff.) In ſeiner Rede in Chaſſyſ ſtammen aus amtlichen Dokumenten, die am Tage nach dem
malte Poincaré ein Schreckensbild deſſen, was geſchehen wäre, Kriege zuſammengeſtellt worden ſind, und ſie bieten ein wenig
wenn Deutſchland im Weltkrieg den Sieg davon= mehr Garantie für ihre Ricſtigkeit, als die Zahlen, die geſtern
getragen hätte, indem er nach Havas erklärte:
Das deutſche Kaiſerreich, das dann ſelbſtverſtändlich ſeine
von Größenwahn befallene Dynaſtie beibehalten hätte, hätte
auf den Trümmern der beſiegten Völker ſeine endgültige Vor= haben ſoll, angegeben hat. Die Reparationskommiſſion hat die
herrſchaft aufgerichtet. Wir wären zweifellos am ſchlechteſten wirklich geleiſteten Zahlungen gewiſſenhaft nach einer kontra=
behandelt
worden. Frankreich wäre zum mindeſten Dünkirchen,
Calais, das Becken von Briey und der Kolonien verluſtig ge=
gangen
. Es wäre dann verurteilt geweſen, furchtbare Zah= iſt ſie immer einmütig geweſen. Es iſt alſo eitel, zu behaupten,
lungen zu leiſten. Deutſchland hat im Laufe der Feindſelig=
mehrere
Male ſeine Kriegsziele enthüllt und hat immer darüber lich geweſen iſt, feſtzuſtellen, was es iſt. In dem jährlich heraus=
nachgedacht
, uns für immer zu vernichten. Deutſchland hätte
ſich, daran dürfen Sie nicht zweifeln, auch nicht viel edelmütiger
Belgien, dem Deutſchland Antwerpen und die Meeresküſte weg= ſchiedsrichterliche Schätzung zeigt uns auf alle Fälle, zu welchen
England, gegen das der Kaiſer den allerheftigſten Zorn hatte
und das für Deutſchland der Konkurrent war, der nieder=
geſchlagen
werden mußte, wäre nicht gerade, ſeien Sie deſſen die Zahlungsfähigkeit Deutſchlands zu bemeſſen, und ich brauche
ſicher, mehr geſchont worden als wir. Deutſchland, das ſich
während des Krieges wie für die Ewigkeit in Oſtende einge=
richtet
hatte, hätte das ganze Feſtland auf der diesſeitigen
Kanalſeite behalten, um Großbritannien beſſer zu überwachen
und um es unter dem Feuer ſeiner, Berthas zu haben. Die
Flottenmacht unſerer Verbündeten wäre zerſtört und ihre Han=
delsflotte
vernichtet worden, die Herſchaft über die Meeere wäre gelungen, ſie zu leiſten, unſere Finanzen wieder in Ordnung
ihm entriſſen worden und ihre zukünftigen Verbindungen mit
größerungen erhalten, die es auf Koſten der ehemaligen öſter= unſer Land wieder in die Höhe zu bringen und ihm ſeine Würde
reichiſch=ungariſchen Monarchie verwirklicht hat. Es hätte nicht wiederzugeben. Haben wir, um dieſen Wiederaufbau vorzu=
nur
weder Trieſt noch Trentino erhalten, ſondern es wäre wahr= bereiten, Wunder vollbringen müſſen?. Nein, wir hattensnichts
ſcheinlich, daß es neue Abtretungen an die Donaumonarchie
unter dem Joch geblieben, das die Unterdrücker ihm auferlegt
nicht wieder ins Leben gekommen. Poſen und ganz Ober=
ſchleſien
wäre noch in den Händen Deutſchlands. Ganz Europa aber was wir vor 53 Jahren getan haben, das, glauben wir,
tiſchen Ozeans wären die Vereinigten Staaten vielleicht dann werden ſie uns zwingen, ihnen gegenüber die Drohungen
geweſen, aber ſie hätten angeſichts der Bildung einer kolofſalen
Macht, die als Vorherrſcherin in Europa bereit geweſen wäre,
ihre Fangarme um den ganzen Globus zu ſtrecken, nicht länger
indifferent bleiben können. Kurz, die ganze angelſächſiſche
Zivilifation und die ganze lateiniſche Ziviliſation wären in
ihren Fundamenten erſchüttert worden. Deutſchland hätte ſich
ſchaft, die Vorherrſchaft des Handels und des Geiſtes geſichert, verſchiedenen Punkten macht das Blatt anerkennende Bemerkun=
Herrſcherin des Menſchengeſchlechts geworden.
Soldaten wären alle dieſe ungeheuerlichkeiten in Erfüllung wären, wie ſie 1922 vor ſich gingen. Deutſchland habe, wie Poin=
Unruhe zu denken, wenn wir
die Ausführung eines Vertrages verlangen,
Mitbürger als zu weitgehend beurteilt haben? Deutſchland iſt
nicht einmal gezwungen worden, uns unſere Kriegskoſten zurück=
lei
Schäden erlitten. Es hatte keine Reparationen zu ver= geforderten Gelder gezahlt werden und läßt erklären, daß, wenn
langen, aber es hat ſich ſeine Kriegskoſten bezahlen laſſen, und wir bis 1872 nicht bezahlt werden, wir mindeſtens die beſetzten
dieſe Summe bezahlt, ſondern wir haben ſogar aus Loyalität aber noch niemals gegen Deutſchland ausgeſprochen. Es habe
4,5 Milliarden gefunden. Dies waren übrigens nicht ſinanzielle Kontrolle oder militäriſche Sicherheit. Der Temps
künfte verloren. Wir hatten mehr als 340 Millionen Okku= vorgenommen wird. Vor 50 Jahren ſtellten Handel und Indu=
pationskoſten
für die deutſchen Armeen zu bezahlen, ferner ſtrie nur einen Bruchteil des heutigen dar. In der Mornktig Poſt
durch Kriegsſchäden Nachteile erlitten hatten, 62½ Millionen
liche Verluſt brachte ein ſtändiges Oefizit mit ſich, da die Ein= Nede zurückgriff. Das amerikaniſche Inſtitut ſei in dem offiziel=
künſte
und Steuern des abgetretenen Gebietes für uns von da len Adreübuch von Waſhington nicht verzeichnet. Es ſcheint wohl,
an verloren waren. Ich nenne keine Geſamtziffer, weil ich noch Die Verfaſſer ſeien ſcheinbar die Herren Molton und Mac Guire
Zahlen, die ich nenne, können nicht beſtritten werden. Sie zu Propagandazwecken benutzt werden,

der neue deutſche Reichskanzler bezüglich der
Zahlungen,
die Deutſchland bereits geleiſtet
diktoriſchen Unterſuchung bewertet, und bei ihren Feſtſetzungen
daß Deutſchland bereits 42 Milliarden Goldmark geleiſtet hätte
keiten aus ſeinen Abſichten kein Geheimnis gemacht. Es hat oder auch nur 25, wie das ein Wirtſchaftsinſtitut in Waſhingtou klärt, er werde mit ſich reden laſſen. Die Welt ſtaunt ob dieſer
bis zu dem Tage, an dem es ſeine Hoffnungen ſchwinden fühlte, zugegeben haben ſoll, ein Inſtitut, von dem mir bisher unmög= ungeahnten Wendung. Man hat dem franzöſiſchen Miniſter
gegebenen amtlichen Congreſſional Direetory der Bundeshaupt= perialiſten und Militariſten, für einen moderniſierten Con=
gegen
unſere Verbündeten gezeigt. Ich ſpreche ſchon nicht von ſtadt der Vereinigten Staaten, iſt es nicht zu finden. Dieſe nicht die Rede ſein. All dieſe Vorwürfe müſſen bei ſeiner neuen
genommen und das es unter ſeine Herrſchaft geſtellt hätte. Aber ſonderbaren Ergebniſſen wir kommen würden, wenn jemals
internationale Sachverſtändige damit beauftragt werden ſollten,
wohl in dieſer Beziehung nicht zu ſagen, daß unſere An=
ſicht
ſich in dieſem Punkte nicht ändern kann.
Um aber auf das, was Frankreich nach 1870 getan hat,
zurückzukommen, ſo iſt das in wenigen Worten dies folgende: daran, auf den Vorſchlag einer internationalen Konferenz zur
ihren Dominions wären gefährdet geweſen. Italien wäre zu bringen, unſere nationale Ausrüſtung wieder in Stand zu
es nicht beſſer gegangen. Es hätte nicht nur keine der Ver= ſetzen, und trotz der Verſtümmelung, die wir erlitten hatten,
hätte bewilligen müſſen. Die Tſchecho=Slowakei wäre, zu verſuchen, was unſere Kräfte überſtiegen hätte. Wir haben
gearbeitet, wir haben einen Beweis von gutem Willen gegeben
hätten. Serbien und Rumänien hätten Gebiet verloren und und wir ſind in der Achtung der Welt geſtiegen. Wir wollen
wären zu Pgſallenſtaaten herabgedrückt worden. Polen wäre uns unſeren Feinden von geſtern nicht als Beiſpiel hinſtellen,
wäre geknechtet worden. Auf der anderen Seite des Atlan= können ſie heute verſuchen. Wenn ſie ſich nicht dazu entſchließen, divlomatie Krieg geführt hat, der das Necht, wie er in ſeiner
im Augenblick vor den Folgen des germaniſchen Sieges ſicher zur Ausführung zu bringen, die ſie damals an uns gerichtet
haben: Bezahlt uns, oder wir bleiben!
Der Temps zur Poincaré=Rede.
* Paris, 26. Aug. (Priv.=Tel.) Der Temps beſpricht aus=
von
einem zum anderen Pol gleichzeitig die politiſche Vorherr= führlich die heutige Rede des Miniſterpräſidenten Poincare. Zu lieren muß. Es war ein kühner Schritt Baldwins, daß er mit
und ſo wäre es unter den Auſpizien ſeiner Hohenzollern die gen. Wenn die Franzoſen und Belgier ſich im Ruhrgebiet nicht lichkeit das franzöſiſche Vorgehen als das brandmarkte, was es
ſelbſt bedient hätten, würden ſie zurzeit weder Kohle noch andere
Träumereien wird man ſagen, unwahrſcheinliche Ver= Sachlieferungen erhalten. Auch die Behauptung des früheren des Verſailler Vertrages, deſſen letzten Paragraphen Herr Poin=
mutungen
eines Grämlings. Nein! Durchaus nicht! Neichskanzlers Dr. Cuno, daß Frankreich jetzt weniger, Kohle Caré ſonſt wie ſeinen Augapfel hütet. Nicht die wohlſtiliſierte
habe als ſeinerzeit durch die freiwilligen Lieferungen Deutſch=
Wiederholt haben wir auf dem Punkte geſtanden, es zu erleben, lands, könne an der Tatſache nichts ändern. Es ſei unbeſtreit= Oeffentlichkeit hat den franzöſiſchen Miniſterpräſidenten zum
daß dieſe düſtenen Annahmen Wirklichkeit, geworden wären, bar, daß die deutſchen Lieferungen 1923 ohne die Ruhrbeſetzung Einlenken gebracht. Frankreich kann ſeine Ruhrpolitik nicht
Ohne den Bund der Alliierten und ohne die Tapferkeit unſerer nicht erfolgt wären, wenigſtens nicht in der Weiſe, fortgeſetzt gegen die öffentliche Meinung der ganzen Welt durchſetzen; es
gegangen. Haben wir nicht das Recht, heute an all unſere cars in ſeiner letzten Antwort an England ausdrücklich betont dern auch Amerika über ſein räuberiſches Vorgehen zu fällen
hat, bein Einbruch der Franzoſen in das Ruhrgebiet ſeine völ=
lige
Zahlungsunfähigkeit erklärt und die Forderung nach einem
bei dem wir eine Mäßigung bewieſen haben, die viele unſerer erinnerte Poinearé an die franzöſiſche Erfüllungspolitik von 1870 ſeiner Note, ſfie ſoll ihm den Weg zurück zu den geſegneten Ge=
zahlen
oder wir bleiben! An dieſe Aeußerung Poincares an=
kaüpfend
, ſchreibt das Blatt, die deutſchen Zeitungen haben es
zuerſtatten. Nur die Reparation des materiellen Schadens, den nicht gerne, wenn man ihnen die Drohung, die Bismark gegen erſt wieder mit Mr. Baldwin oder Lord Curzon in einem
es verurſacht hat, iſt ihm auferlegt worden. Iſt dies denn Frankreich ausſtieß, ins Gedächtnis zurückruft, ja ſie ſuchen ſogar faſhionablen Badeort im ſtillen Kämmerlein zuſammenſitzt, dann
wirklich eine ſo ſchwerwiegende Verurteilung? Im Kriege, ihre Eriſien= in Abrede zu ſtellen. Das Blatt gibt dann folgen= hat es keine Gefahr, dann kann man wieder auf den alten Ton
1870/71 hat Deutſchland, das nicht betreten wurde und das des, vom Staatsſekretär für Aeußeres am 28. Mai 1872 nach zurückgreifen, der ſich in unzähligen Konferenzen bewährt und
im Gegenteil einen großen Teil Frankreichs beſetzt hatte, keiner= Paris gefandte Telegramm wieder: Bismarck wünſcht, daß die die engliſchen Unterhändler immer an die Wand gedrückt hat.
es hat uns 5 Milliarden Entſchädigung auferlegt. Das war für Gebietsteile unter unſere Verwaltung ſtellen. Frankreich hat folgen? Werden ſie auf die Oeffentlichkeit verzichten, der ſie in
die damalige Zeit eine enorme Summe. Wir haben nicht nur dieſe, von Bismarck ausgeſtoßene Drohung, nicht vergeſſen, ſie dem vierjährigen Ringen ſeit dem Friedensſchluß ihren erſten
unſerem Gläubiger gegenüber uns Geld zu verſchaffen nicht darau gedacht, deutſche Gebiete zu verwalten und die ein= Litte um etwas mehr Diskretion klingt ja ſo harmlos, daß die
geſucht, um unſere Schulden zu bezahlen, und wir haben zigen Maßnahmen, die es ergriffen hat, beziehen ſich auf die Miniſter Seiner Bnitiſchen Majeſtät ſie dem alten Freund und
die einzigen Ausgaben, die wir zu tragen hatten. Der Krieg möchte dann noch mit der heutig gebrachten Gegenüberſtellung
hatte uns ungefähr 2 Milliarden außerordentliche Koſten ver= aufräumen, die mit den 1870 von Frankreich geforderten 5 Mil= ſich nicht mit Herrn Poincaré mal wieder in ſtillſter Vertrau=
urſacht
. Wir hatten mehr als. 360 Millionen Steuern und Ein= liarden und dem jetzt Deutſchland auferlegten Betrag, häufig lichkeit unterhalten? Warum ſoll man nicht einige Briefe mit
57 Millionen für die Verpflegung von Paris während der Be= berichtet Herr Fiſcher, daß Deutſchland in 20 Jahren ungefähr tun, als wenn es dieſer Lockung Folge leiſtet. Der kleine Fort=
lagerung
, mehr als ½ Milliarde für die Militärpenſionen, 10 Milliarden Pfund Sterling zu zahlen imſtande ſei, und daß ſchritt, der in der Reparationsfrage erzielt iſt, wäre ſofort wie=
212 Millionen für die Entſchädigungen unſerer Mitbürger, die dieſer Betrag lediglich einen Gegenwert der von Frankreich 1870 der aufgehoben. Daß in geheimen Verhandlungen nichts zu
Zurückerſtattung von Steuern, die an die Deutſchen bezahlt len dcer wir bleiben bergen indeſſen neben einer Warnung auch bewieſen ſein. Gegen Leute von dem Schlage Voineares gibt
worden waren, 15½4 Millionen für Requiſitionen, 140 Millionen, die beſte Nechtfertigung der franzöſiſchen Politik in ſich, als es nur ein Mittel: die Oeffentlichkeit und den Druck, den ſie
Entſchädigung an die Stadt Paris, 19 Millionen an die Geſell= haben ſie gleichzeitig ſagen wollen, wir werden abrücken ſohald ausübt. In der geſchloſſenen Sitzung fühlen ſie ſich ſtark und
ſchaft der Oſtbahnen und noch ſonſtige viele Zahlungen. Außer= ihr uns bezahlt habt. Der Temps tut dann ſehr verächtlich das unüberwindlich, die Kritik des Puhlikums und das Bublikm.
dem haten wir zwei Provinzen verloren, und dieſer ſo ſchmerz= auerikaniſche Gutachten ab, auf das Streſemann in ſeiner letzten iſt in dieſem Falle die Menſchheit können ſie nicht vertragen,
der Herausgeber des in Frage kommenden Werkes ſelbſt zu ſein. Bewußtſein, daß ſie eine ſchlechte Sache vertreten.
lange nicht die Liſte dieſer Ausgaben erſchöpft habe. Aber die und es handelt ſich ſcheinbar um Privatperſonen, das Buch ſollte

Flucht aus der Oeffentſichkeit.
Betrachtungen zur Note Poincarés.
Ne
Profeſſor Dr. Max I. Wolff.
Die franzöſiſche Antwort iſt in London eingetroffen. Sie
bildet zum Mindeſten in der Form eine Ueberraſchung, die,
arrangiert mit dem ganzen Aufwand Pariſer Theaterkunſt, die
Wirkung nicht verfehlen wird. Zuerſt hieß es in der Boulevpard=
Preſſe, Herr Poincaré werde auf die unglaublichen Zumutungen
Englands überhaupt nicht antworten, dann, er werde den Eng=
ländern
energiſch heimleuchten, die an der Rechtmäßigkeit ſeines
Vorgehens zu zweifeln wagten. Die Welt war auf etwas ganz
Furchtbares gefaßt, Lord Curzon und Miſter Baldwin in Lon=
don
erzitterten ob ihrer eigenen Vermeſſenheit, mit der ſie ge=
wagt
hatten, ſich dem Triumphwagen des großen Lothringers
in den Weg zu ſtellen.
Die Herren können aufatmen. Das Gewitter iſt vorüber=
gezogen
. Herr Poincaré kommt diesmal nicht als donnernder
Jupiter, ſondern er ſetzt ſeine freundlichſte Miene auf und er=
offenbar
Unrecht getan. Man hielt ihn für einen blutigen Im=
quiſtador
im Stil der Pizarro oder Cortez, aber davon kann
Note verſtummen, er iſt ja man kann es Weiß auf Schwarz
leſen bereit, mit ſich reden zu laſſen, über die Ruhrbeſetzung,
über die Rebarationsfragen, über die Zahlungsverteilung, kurz
über alles und jedes.
Zwar, irgendwelche ſachlichen Zugeſtändniſſe macht Herr
Poinearé nicht. Er hält an ſeiner Politik der produktiven
Pfänder feſt, er will nicht aus dem Ruhrgebiet weichen, ehe er
die deutſchen Zahlungen in der Tat hat, er denkt doch nicht
So große Laſten unſere Aufgaben auch darſtellten, es iſt uns Abſchätzung der deutſchen Zahlungsfähigkeit einzugehen. Sein
einziges Entgegenkommen beſteht in einem eventuellen Verzicht
auf Frankreichs Anteil an den vorausſichtlich völlia wertloſen
O=Bons, kurz, die Note iſt inhaltlich völlig negativ, aber ſie
gipfelt doch in dem freundlichen Wink, daß Herr Poincars mit
ſich, reden laſſen werde.
Nur eine kleine Gegenbedingung ſtellt er für dieſes unge=
heure
Zugeſtändnis; wenn weiter geredet oder weitere Noten
geſchrieben werden, ſo ſoll ſich die engliſche Regierung einer
größeren Diskretion befleißigen, d. h. die Verhandlungen ſollen
wieder unter Ausſchluß der Oeffentlichkeit geführt werden. Herr
Poincaré flüchtet zurück in die Geheimdiplomatie! Das iſt der
Kernpunkt ſeines Schriftſtückes. Er ſcheut die Oeffentlichkeit.
Ein merkwürdiger Standpunkt für einen Mann, der jahre=
lang
an der Seite Wilſons für die Abſchaffung der Geheim=
ſeitenlangen
Anlage auseinanderſetzt, völlig auf ſeiner Seite hat
und die Augen der Welt nicht zu fürchten braucht!
Als geriſſener Advokat fühlt Herr Poincaré, daß ſeine Sache
nicht ſo gut iſt, wie er ſie darſtellen möchte, er ſieht, daß ſeine
juriſtiſchen Ausführungen keinen Menſchen mehr von der Recht=
mäßigkeit
ſeiner Gewaltpolitik überzeugen und daß Frankreich
bei jedem neuen Notenwechſel in der Meinung der Welt ver=
der
bisherigen Geheimniskrämerei brach und in vollſter Oeffent=
iſt
: als einen Verſtoß gegen das Völkerrecht und einen Bruch
Note Lord Curzons, ſondern ihre Bekanntgabe in der weiteſten
muß vor dem Verdammungsurteil, das nicht nur Europa, ſon=
beginnt
, früher oder ſpäter zurückweichen. Die Oeffentli keit
iſt eine Macht, der zu trotzen die Nerven der Männer im Stile
vierjährigen Moratorium aufgeſtellt. Am Schluſſe ſeiner Rede Poineares nicht ausreichen. Daraus erklärt ſich der milde Ton
und ſtellt dieſe der jetzigen Politik Deutſchlands gegenüber. Be= filden der Geheimdiplomatie bahnen. Er hat der Welt ein
ſchönes Schauſpiel von Milde und Entgegenkommen gegeben,
ohne die geringſte Verpflichtung zu übernehmen, und wenn man
Werden die Engländer den Sivenenklängen Poincarés
und einzigen Erfolg verdanken? Die Gefahr iſt groß. Die
Verbündeten, der noch immer ſehr energiſche Fürſprecher an
der Themſe beſitzt, kaum abſchlagen können. Warum ſoll man
ihm wechſeln, von denen die Außenwelt nichts erfährt?
England kann ſich und der Welt keinen ſchlimmeren Dienſt
gezahlten 5 Milliarden darſtellt. Die Worte Poincares bezah= machen iſt, dürfte durch die vierjährigen Verſuche zur Genüge
Da vernichtet ſie das Bewußtſein der eigenen Schwäche, das
Unſere heutig
Num
nthält den Spor
Sonntags

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Seite 2.

Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 22. Auguſt 1923.

Rummer 236.

Weitere Poincaré=Reden.
Paris, 26. Aug. (Wolff.) Bei der Einweihung einer
Denktafel zum Eintreffen der erſten amerikaniſchen Truppen in
Frankreich hielt Miniſterpräſident Poincaré in Gondrecourt eine
Rede, in der er zunächſt im Sinn der aus der Kriegspropaganda
der Ententemächte bekannten Form an die Beweggründe Ame=
rikas
beim Eintritt in den Krieg und ſodann an die Verwen=
dung
der erſten amerikaniſchen Kampfformationen auf franzö=
ſiſchem
Boden erinnerte. Im weiteren Verlauf ſeiner Rede
bedauerte Poincaré, daß die im Krieg bewährte Einigkeit im
Frieden nicht anhielt und nicht die Stärke einer alliierten
Allianz behalten habe, um die Zukunft vor den Gefahren der
Vergangenheit zu ſichern. Der amerikaniſche Senat habe den
Verſailler Vertrag nicht ratifiziert. Die Vereinigten Staaten
hätten die Zeit für gekommen erachtet, ſich nicht länger mit An=
gelegenheiten
zu beſchweren, an denen ſie nicht unmittelbar
beteiligt ſeien. Durch die Kameradſchaft auf dem Schlachtfelde
hätte Frankreich aber ein ſichereres Unterpfund gehabt als Ver=
träge
. Frankreich habe ſich nicht getäuſcht. Die Vereinigten
Staaten wären der Wiederaufbauarbeit mit Sympathie gefolgt.
In ſeiner großen Mehrheit halte das amerikaniſche Volk Frank=
reichs
Vorgehen zur Sicherung der deutſchen Zahlungen durch
die Beſchlagnahmung der Pfänder für berechtigt. Die Zeit mit
Konſultationen, mit Klagen und mit Zögern zu verbringen,
erſcheine den amerikaniſchen Freunden als nutzlos und untätig.
Einem Volke, das weiß, was es will, ſcheine die Achtung und
Zuneigung der Amerikaner geſichert.
Paris 26. Aug. (Wolff.) Poincaré hat heute noch ein
drittes Mal bei einem Frühſtück, das ihm zu Ehren in Gondre=
court
gegeben wurde, das Wort ergriffen und dabei auf die
Wiedervereinigung von Elſaß=Lothringen mit Frankreich hinge=
wieſen
. Er ſagte, es iſt eine Entſcheidung, an die wir immer
gedacht hatten und die wir immer als unvermeidlich und ſicher
betrachtet hatten. Aber das entſchädigte uns nicht für die Aus=
gaben
, die wir gemacht haben, und das bot uns keine Garantien
gegen neue Angriffe. Wir haben den Friedensvertrag geſchloſſen.
Wir haben ihn in Zuſammenarbeit mit der ganzen Welt ge=
macht
. Wir haben Garantien, vielleicht recht ſchlechte, bezüglich
der Sicherheit gefunden. Der Vertrag hat uns das Mindeſte an
Reparationen gegeben. Heute werden wir daran gehen, die Aus=
führung
dieſes Vertrages durchzuſetzen. Können wir der
Sicherheit halber und in der Reparationsfrage von dieſem
Mindeſtmaß irgend etwas aufgeben? Wir ſind nicht im Kriege
Sieger geworden, um im Frieden beſiegt zu werden. Vertrauen
Sie, meine Herrn, auf die Regierung.
Die belgiſche Note.
Paris, 25. Aug. (Wolff.) Nach der Brüſſeler Etoile
Belge umfaßt die belgiſche Antwort drei Teile. Der erſte Teil
andwortet auf die Vorbehalte, die die engliſche Note bezüglich
der belgiſchen Priorität machte. Bei aller Anerkennung, daß
Großbritannien auf dem Gebiete der Reparationen unbeſtreitbare
Opfer gebracht hat, halte die belgiſche Regierung daran feſt, ihre
Rechte auf die Priorität aufrecht zu erhalten, die ihr übrigens
formell zuerkannt worden ſeien. Im zweiten Teil beſtreite die
belgiſche Antwort den engliſchen Grundſatz von der Ungeſetzlich=
keit
der Ruhrbeſetzung. Der belgiſche Geſichtspunkt über dieſen
Gegenſtand ſei mit dem franzöſiſchen identiſch. Der dritte Teil
mache genauere Angaben und entickele die Anregung, die die
frühere belgiſche Note bezüglich der Mittel gemacht hatte, die ins
Werk geſetzt werden müßten, um die Bezahlung der deutſchen
Schuld ſicherzuſtellen: Ausbeutung gewiſſer Regien, Finanzkon=
frolle
, Zollabgaben uſw. Dieſer Teil beſchäftige ſich auch mit
der Erklärung der engliſchen Regierung bezüglich der Zahlun=
gen
, die ihr aus dem Reparationskonto zuſtänden. Die belgiſche
Antwort gebe der Hoffnung Ausdruck, daß die von der belgiſchen
Regierung gemachten Anregungen bei der engliſchen Regierung
Berückſichtigung finden und als Grundlage für neue interalli=
ierte
Beſprechung dienen können.
Frankreich einverſianden.
Paris, 26. Aug. (Wolff.) Wie Havas meldet, hat die
franzöſiſche Regierung, nachdem ſie von der belgiſchen Antwort
auf die engliſche Note Kentnis genommen hat, die belgiſche Re=
gierung
wiſſen laſſen, daß ſie weder gegen den Inhalt noch
gegen die Form der Note irgend eine Einwendung zu machen
habe und daß ſie der belgiſchen Regierung volle Freiheit laſſe,
dieſes Dokument ſo wie es abgefaßt ſei, der engliſchen Regie=
rung
zu übermitteln.
Franzöſiſcher Feldzug gegen das Notgeld.
Ludwigshafen 25. Aug. (WB.) In der Pfalz laſſen
die Franzoſen den Umlauf von Notgeld nicht zu. Sie haben
ſtädtiſchen Vertretern gegenüber erklärt, daß alles erreichbare
Notgeld, gleichgültig ob es von Gemeindeverwaltungen, Fabri=
ken
oder ſonſtigen Unternehmungen ausgegeben ſei, beſchlag=
nahmt
und vernichtet werden würde. In Verfolg dieſer Ankün=
digung
wurde am 23. Auguſt bei den Stadtverwaltungen Lan=
dau
und Kaiſerslautern Notgeld in großen Beträgen, angeblich
mehrere 106 Milliarden Mark, beſchlagnahmt. Der Stadver=
waltung
in Ludwigshafen iſt die Fertigſtellung der im Druck
befindlichen Noten unterſagt worden.

Vom Tage.
Der Reichsanzeiger veröffentlicht das Geſetz über die Aenderung
in der Unfallverſicherung, eine Verordnung über die bayeriſche Staats=
ſchuld
, die dritte Aenderung der Ausführungsbeſtimmungen zur Valuta=
ſpekulationsverordnung
, eine Verordnung über Wechſelſtempelmarken,
eine Verordnung über die Verdienſt=Einkommensgrenze in der Kranken=
verſicherung
und eine Verordnung über künſtliche Düngemittel.
Bei den geſtrigen Verhandlungen zwiſchen den Krankenkaſſen und
den Aerzten unter dem Vorſitz des preußiſchen Wohlfahrtsminiſters
Hertſiefer konnte eine Einigung nicht erzielt werden. Wie die Blätter
berichten, beabſichtigt der Miniſter, ſeinerſeits Beſtimmungen über die
Feſtlegung einer Grundgebühr für die Beratung und über den Teue=
rungsmultiplikator
ergehen zu laſſen.
Nach dem Berl. Lok.=Anz. ſteigt die Zahl der Arbeitsloſen in Sachſen
täglich. In Dresden hat ſie bereits 200 000 überſchritten und damit die
Höchſtziffer der Arbeitsloſigkeit während der Demobilmachung erreicht.
Mehr als tauſend Anzeigen von Betriebsſtillegungen ſind bereits in die=
ſem
Monat beim Arbeitsminiſterium gemeldet.
Der engliſche Premierminiſter Baldwin iſt zur Erholung nach
Frankreich abgereiſt. Wie gemeldet wird, iſt bis jetzt noch nichts von
einer Zuſammenkunft mit Poincaré vereinbart.
Das Flaggſchiff der amerikaniſchen Kriegsflotte Pittsburg beſucht
am 28. Auguſt den Hafen von Pillau, am 29. Auguſt Danzig, am 2. Sep=
tember
Stettin, am 7. September Lübeck und am 9. September Kiel,
am 14. September Bremerhaven.
Wie der Matin aus Rom erfährt, wird demnächſt in Paris ein
Finanzabkommen zwiſchen Italien, England und Frankreich zum Bau
einer neuen, ſehr wichtigen Eiſenbahnlinie in Kleinaſien abgeſchloſſen
werden.

Neue Verordnungen Degouttes.
Paris, 26. Aug. (Wolff.) Noch einer Havas=Meldung
aus Düſſeldorf hat General Degoutte eine Verordnung erlaſſen,
durch die die Ausfuhr und die Einfuhr von Brieftauben in das
beſetzte Gebiet verboten wurde.
General Degoutte hat, um eine wirkſame Kontrolle über die
Wechſelgeſchäfte auszuüben und um einen gewiſſen Mißbrauch
und Spekulationen zu verhüten, angeordnet, daß die Kurſe der
franzöſiſchen und belgiſchen Franken ſowohl für den Verkauf
als auch für den Kauf in ſichtbarer Weiſe von den Banken und
Wechſelgeſchäften laufend angeſchlagen werden müſſen. Soweit
die Geſchäfte ſich in Ortſchaften befinden, in denen Teile der
Okkupationsarmee oder der Okkupationsbehörden vorhandem
ſind. Verſtöße gegen die Verordnung werden mit Geldſtrafe bis
zu 100 000 Goldmark oder mit Gefängnis bis zu 5 Jahren oder
mit einer dieſer Strafen bedroht.
Raub.
Düfſeldorf, 25. Aug. (WB.) Der Hobler Albert Blau
wurde an der Ecke der Düſſel=Loretoſtraße von franzöſiſchen
Soldaten nachts angehalten. Während ſie ſich von ihm in der
üblichen Weiſe den Paß vorzeigen ließen und ihn nach Waffen
unterſuchten, raubten ſie ihm die Brieftaſche mit etwa 12 Mil=
lionen
Mark.
Eſſen, 26. Aug. (Wolff.) Kurz vor 2 Uhr mittags dran=
gen
Beamte der franzöſiſchen Beſatzungsorgane ſowie Militär
in die Räume der Stadthauptkaſſe ein und nahmen etwa 100
Milliarden Mark ſtädtiſche Lohngelder fort. Die Beamten waren
gerade mit dem Abſchluß der Wochenrechnungen beſchäftigt. Die
Beſchlagnahme erfolgte trotz des Proteſte des Geſchäftsführers
ohne Apgabe von Gründen, angeblich auf Befehl des Diviſions=
generals
.
Paris, 25. Aug. (Wolff.) Nach einer Tempsmeldung aus
Trier ſind dort 11,747 Milliarden Mark beſchlagnahmt worden,
die angeblich für Streikende beſtimmt waren, und außerdem
zwei Milliarden, die angeblich für Arbeitsloſe in benachbarten
Gemeinden dienen ſollten.
Der Streik im Ruhrgebiet.
Eſſen, 26. Aug. (Wolff.) Die Lage auf den Zechen im
Ruhrgebiet iſt noch nicht ganz geklärt. Während auf einer gan=
zen
Reihe von Zechen die Arbeir wieder aufgenommen worden
iſt, haben andere Belegſchaften die Arbeit wieder eingeſtellt, da
ihre Forderungen von den Arbeitgebern nicht bewilligt wurden.
Erhöhung der Kokspreiſe in Frankreich.
TU. Paris 25. Aug. Das franzöſiſche Kokskontor hat
für September eine Erhöhung des Kokspreiſes um 12 bis
15 Franken in Ausſicht genommen. Grund hierfür ſind einer=
ſeits
die ungenügenden Eingänge aus dem Ruhrgebiet, anderer=
ſeits
die durch die weitere Entwertung des Franken eingetretene
Erhöhung des Preiſes für engliſche Feinkohle, von der die fran=
zöſiſche
Induſtrie gewiſſe=Mengen zur Herſtellung von Koks jetzt
einführen muß.

4 Aus Liliencrons Dichterwerkſtatt.
Von Reinhardt Frank.
In einem Briefe an ſeinen literariſchen Mitkämpfer Hermann
Friedrichs teilte Liliencron einmal ein intereſſantes Urteil Heyſes
mit, das dieſer gegenüber Hermann Heiberg über Liliencrons
dichteriſches Schaffen gefällt hatte. Er erzählt in ſeiner ſtark in=
dividualiſtiſchen
Art: Heyſe ſchreibt an Heiberg, daß er noch ab=
ſolut
nicht mit mir fertig werden kann: daß er abſolut noch nicht
ins Reine mit mir komme. Jedenfalls hört! hört! ich falle
auf den Rücken vor Lachen jedenfalls arbeitete ich nie an
meinen Gedichten, ſondern ſchreibe ſie alle ſehr nonchalant!
hört, hört, hört! Aber ſehr intereſſant war mir Heyſes Kritik.
Inzwiſchen iſt manches über die außergewöhnliche Feilarbeit
bekannt geworden, die Liliencron an ſeinen Gedichten zu voll=
ziehen
pflegte. Einen vollen Blick in die künſtleriſche Werkſtatt
Liliencrons vermögen wir aber erſt jetzt zu werfen an der Hand
von ſehr genauen Forſchungen, die in dem ſoeben erſchienenen
Buch Detlev von Liliencrons lyriſche Anfänge von Dr. Ilſe
Wichmann (Verlag Emil Ebering, Berlin) angeſtellt ſind. Die
lyriſche Feilarbeit Liliencrons, beſchränkt ſich keineswegs, wie
man bisher annahm, auf die äußerlich=formale Durcharbeitung,
auf die Erhöhung der Bildhaftigkeit, auf die Stärkung der poe=
tiſchen
Plaſtik. Sie umfaßt in vielen Fällen auch die geiſtige
Umprägung des urſprünglich aufgeworfenen Themas, den Um=
bau
der Motive, die ſeeliſche Neueinſtellung und geſtaltet ſich da=
mit
mitunter zu einer völligen Neuſchöpfung des anfänglich Ge=
dachten
oder Entworfenen. Dafür bietet das genannte Buch
zahlreiche Beiſpiele, auf die hier indes nicht näher eingegangen
werden ſoll.
Wie in jahrelanger allmählicher Entwickelung zuweilen
Liliencronſche Gedichte wachſen und reifen, zeigt eins der ſchön=
ſten
Gedichte Liliencrons, ſeine Heidebilder, die in typiſchen
Szenen die Stimmung der vier Jahreszeiten in der ſchleswig=
holſteinſchen
Heidelandſchaft veranſchaulichen. Ilſe Wichmann
zeigt, wie dieſes Gedicht allmählich in den Jahren 1877 bis 1883
gewachſen und geworden iſt, wie die erſte Anregung zu ihm ent=
ſteht
, wie ſich der Standpunkt des Dichters im Laufe der Geſtal=
tung
wandelt und verſchiebt. Liliencron, der 1875 bis 1877 in
Amerika weilte, hat die Anregung zu dieſem Gedicht in der

Fremde empfangen. Inmitten einer fremden Welt überfiel ihn
plötzlich ſtarkes Einſamkeitsempfinden, das ſich zu heißer Sehn=
ſucht
nach der Heimat ſteigerte. Bilder der Vergangenheit, des
Glückes auf heimiſcher Scholle tauchen vor ihm auf. Aus dieſer
Stimmung erwächſt ein Gedicht, das in ſeiner urſprünglich vor=
liegenden
Form den ganzen Zwieſpalt eines von ſeiner natür=
lichen
Baſis losgetrennten, innerlich zerriſſenen Menſchenherzens
widerſpiegelt. Dieſer erſte Entwurf der Heidebilder in der
Faſſung vom 18. September 1877 lautet:
Mycaſtle.
Es ſteht mein Haus vereinſamt und verlaſſen
Auf brauner Heid’, im fremden Land;
Im Kreiſe ſah’ ich abends ſonſt verblaſſen
Der Wälder dunkle Rieſenwand.
In Herbſtestagen ſchwimmt mit ſtarkem Flügel
Der Reiher durch den Nebelduft.
Und ausgebreitet glänzt um meinen Hügel
Die Ebene in klarer Luft.
Im Frühling rauſcht in mitternächt’ ger Stunde
Die Wildgans über mich im Flug;
Mir iſt’s, als brächte ſie geheime Kunde
Auf ihrem ſchnellen Wanderzug.
Es geht ein Windhauch durch die ſtillen Felder,
Und flüſternd raunet er mir zu:
Durchſchreite nicht mehr jene fernen Wälder,
Es liegt die Welt in Grabesruh.
Bezeichnenderweiſe enthält das Gedicht in der Handſchrift
von 1877 die Bemerkung L. e. V., d. h. es gehört zu einer Serie
von Gedichten, von denen Dr. Ilſe Wichmann nachweiſt, daß ſie
als Teile einer Sammlung Lieder eines Verbannten anzuſehen
ſind, von der noch weitere Reſte erhalten ſind. Das Gedicht iſt
alſo offenbar während des Amerika=Aufenthaltes Liliencrons
in den Jahren 1875/77 entſtanden und am 18. September 1877
vom Dichter in die oben mitgeteilte, jetzt erſtmalig veröffent=
lichte
Faſſung gebracht worden.
Bei der nächſten Umarbeitung (19. Sept. 1877) hat Liliencron
das Gedicht unter der neuen Ueberſchrift Einſames Heidehaus,
auf 5 Strophen erweitert. Als einſames Heidehaus wird jetzt
von ihm die Heide=Kathe hinter Barmbeck angegeben. Die Um=

Falk von den Franzoſen verhaftet.
TU. Frankfurt a. M., 26. Aug. Ein Meldung aus dem
Ruhrgebiet beſagt, daß der Kommerzienrat Falk, vom Rhein=
Handelskonzern, als er geſtern ſein Beſitztum in Lünen, das halb
auf beſetztem, halb auf unbeſetztem Boden liegt, aufſuchte, von
den Franzoſen wegen Grenzübertritts verhaftet und nach
Düſſeldorf gebracht wurde. Dieſe Verhaftung muß als abgekar=
tete
Komödie erſcheinen, denn 1. unterlag Falk in Münſter der
Aufenthaltsbeſchränkung und 2. werden Fälle unerlaubten
Grenzübertritts von den Militärbehörden unmittelbar, und nicht
in Düſſeldorf erledigt. Nach den letzten Feſtſtellungen ſteht Falk,
von den übrigen Beſchuldigungen abgeſehen, jetzt auch noch in
dringendem Verdacht, große Silberſchiebungen begangen zu
haben.
Engliſche Reparationspolitik.
London, 25. Aug. (Wolff.) Der Präſident des Handels=
amts
, Greame, legte geſtern bei einem Frühſtück in der Handels=
kammer
von Aberdeen die Politik hinſichtlich der Reparations=
frage
dar. Er erklärte, es ſei unſinnig und beleidigend, anzu=
nehmen
, daß eine britiſche Regierung, deren Mitglieder, ſoweit
ſie jung oder tauglich geweſen ſeien, ſelbſt und deren Angehörige
im Felde geſtanden hätten, eine deutſchfreundliche Haltung an=
nehmen
würden. Die Ziele der britiſchen Politik ſeien: Erſtens
von Deutſchland den höchſten Betrag an Reparationen auf die
wirkſamſte und raſcheſte Art zu erhalten; zweitens geordnete,
ſtetige Verhältniſſe in Europa, zu ſchaffen, die den Nationen
geſtatten, zu arbeiten und Handel zu treiben; drittens die Er=
zwingu
ig von Reparationen zu ſichern durch wirkſame Garan=
tien
, von denen die wichtigſte die Kontrolle der deutſchen Finan=
zen
ſei, ohne die nach ſeiner Anſicht die deutſche Währung nicht
ſtabiliſiert und eine angemeſſene Beſteuerung nicht erreicht wer=
den
könnte.
Todesfälle in einer franzöſiſchen Garniſon.
TU. Paris, 25. Aug. Wie das Oeuvre mitteilt, brach
in der Verſailler Garniſon eine ſchwere Epidemie aus, deren
Urſprung man noch nicht kennt. Alle Regimenter der Garniſon
ſollen davon betroffen ſein. Bis jetzt ſeien 6 Todesfälle zu be=
klagen
. Die Truppen dürfen nicht die Kaſernen verlaſſen und
nicht von ihren Angehörigen beſucht werden.
Der Kampfum dieamerikaniſche Präſidentſchaft
Paris, 25. Aug. (Wolff.) Nach einer Meldung der Chi=
cago
Tribune aus Memphis erklärte Senator Unterwood, der
ſeine Kandidatur für die Präſidentſchaftswahlen ankündigt, in
einer Rede, die amerikaniſche Induſtrie brauche keinen Schutzzoll ſchen W
mehr gegenüber Europa. Die Vereinigten Staaten der Einkor
hätten bei der Regelung der europäiſchen An=
gelegenheitenStellung
zu nehmen. Amerika würde
ſich nicht damit begnügen, dem Haager Gerichtshof beizutreten. 1 Lar
Es bedürfe der machtvollen Intervention einer ſtarken Regie= im Lauf
rung, den Frieden zu erhalten.
Ruſſiſche Proteſinoie an Polen.
U. Moskau 25. Aug. Der ruſſiſche Botſchafter in War=
ſchau
, Opulinski, übergab dem Miniſterium des Aeußern eine
Proteſtnote wegen der Mißhandlung ruſſiſcher Bürger in Polen, die Prl
ferner proteſtiert die Sowjetregierung gegen die Feſthaltung des
politiſchen Gefangenen Bondarczyk und erwartet, daß die pol=
niſche
Regierung energiſche Maßnahmen zur Beſeitigung dieſer
Mißſtände ergreifen werde.
Geſandtenmord in Prag.
* Prag, 26. Aug. (Priv.=Tel.) Die Polizeikorreſpondenz
nieldet: Geſtern vormittag 11 Uhr wurde in Prag=Slichow. der
frühere bulgariſche Geſandte Daskaloff, der ſich in Beglei=
tung
Bojadjeffs befand, von dem 26jähr. Nikoloffüberfal=
len
, der vier Schüſſe auf ihn abgab. Zwei Schüſſe trafen Das=
kaloff
in die Bauchgegend und verletzten ihn tötlich. Bojadjeff
wurde ebenfalls, jedoch nur leichter verletzt. Die Polizei ergriff
den Täter und entwand ihm die Waffe. Er wurde dem Sicher=
heitsdepartement
übergeben. Daskaloff wurde in ein Sanatorium
gebracht, wo er während der Operation um 2½ Uhr nachmittags
ſtarb.
Beneſch Romreiſe.
* Prag, 26. Aug. (Priv.=Tel.) Außenminiſter Dr. Be=
neſch
fährt heute mit dem bevollmächtigten Miniſter Dverczac=
zek
nach Rom, von wo er Ende nächſter Woche nach Genf reiſen
wird. In Genf wird er die Vorverhandlungen zu dem tſchecho=
ſlowakiſe
=italieniſchen Handelsvertrag aufnehmen. Die Reiſe
verfolgt den Zweck, ſich über die ſchwebenden wirtſchafts= und
handelspolitiſchen Fragen und über die Stellungnahme in Paris
zu dem Eenfer Programm auszuſprechen. Man wird wohl nicht
fehl gehen, wenn man die Reiſe mit dem neuen italieniſch= jugo=
ſladiſchen
Konflikt gegen Fiume in Verbindung bringt. Beneſch
ſcheint ſich immer mehr zum europäiſchen Verhandlungsreiſenden
zu gutalifizieren.

kiüt beherrſe

wirtſchaftlic
rung hat d
herbeizufüh
richtigen We
der neu gew
auszuhalten
Widerſtand=
Cack
der Ein
des
in die
St
dieſes
gro

geſtaltung zeigt, wie der Dichter inzwiſchen von der Stimmung
in der Heimat ergriffen wird. Das findet ſeinen Ausdruck in
einer Erweiterung der Schilderung der heimatlichen Natur=
ſzenerie
durch eine zwiſchen der dritten und vierten Strophe ein=
geſchobene
neue Strophe:
Verſchlafen ſinkt der Mond in ſchwarze Gründe,
Beglänzt noch einmal Schilf und Rohr;
Gelangweilt ob ſo mancher holden Sünde,
Verläßt er Garten, Wald und Moor.
Eine weitere Umarbeitung des Gedichts beginnt die inner=
liche
Verſelbſtändigung der Motive der ſchon in der erſten Faſ=
ſung
angedeuteten Jahreszeiten Frühling und Herbſt. Lilien=
cron
nimmt eine Zweiteilung des Gedichtes vor. Ein Gedicht
Frühling wird vierſtrophig mit der erſten, dritten, vierten und
fünften Strophe der ſeitherigen Faſſung ausgeſtattet. Ein Ge=
dicht
Herbſt wird auf der zweiten Strophe der Urſprungsfaſſung
aufgebaut, der noch folgende drei Strophen angegliedert werden:
Auf eines Birkenſtämmchens ſchlanker Krone
Ruht ſich ein junger Falke aus;
Doch ſchläft er nicht; von ſeinem ſchwanken Throne
Aeugt er durchdringend ſcharf hinaus.
Der alte Bauer mit verhallt’nem Schritte
Schleicht neben ſeiner Fuhre Torf;
Und holpernd, ſtolpernd ſchleppt mit lahmem Tritte
Der mag’re Schimmel ſie ins Dorf.
Der Nebel fällt, die grauen Wolken weinen,
Grau miſcht ſich Himmel, Wald und See.
Grau ſich Vergangenheit zu Zukunft einen
Mit meines Tages ſchwerem Weh.
Durch dieſe Faſſung war, wie Dr. Ilſe Wichmann aus=
führt
, ein Zwieſpalt in das Gedicht hineingetragen. Bei dem
Gedicht Frühling iſt die Vorausſetzung, daß der Dichter ſich in
der Fremde befindet, und die Heimat in der Phantaſie ſchaut.
In der Hinzudichtung Herbſt befindet ſich der Dichter auf einem
Hügel in der Heimat und ſchildert das Bild der Heimat aus per=
ſönlicher
Anſchauung. Dieſer Zwieſpalt kam dem Dichter zu=
nächſt
nicht zum Bewußtſein. Er gibt ſich vorläufig der Aufgabe

[ ][  ][ ]

arniſon.
litteilt, brack
aus, derer
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wohl nicht
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in

Rummer 236.

*

Die wirtſchaftliche Kampffähigkeit.

Von
Dr. Otto Hugo, M. d. R.

In dem ſchweren politiſchen Daſeinskampf, den das deutſche
Volk gegenwärtig zu führen hat, ſpielt die Frage der Erhaltung
der deutſchen Wirtſchaftsfähigkeit die entſcheidende Rolle. Der
Reichskanzler Dr. Streſemann hat in ſeiner Rede beim Regie=
rungsantritt
erklärt, daß die beſte Vorbereitung einer erfolg=
reichen
auswärtigen Politik die Ordnung der wirtſchaftlichen
Dinge im Innern darſtellt. In weiten Kreiſen des deutſchen
Volkes iſt der Kampf in der Vergangenheit viel zu ſehr als
eine vein politiſche Aufgabe angeſehen worden. In Wirklich=
keit
beherrſcht die Frage der Hervorbringung der nötigen Wirt=
ſchaftskräfte
entſcheidend das Feld.
Der Kampf an der Ruhr hat nicht nur eine gewaltige
Produktionsleiſtung lahmgelgt und damit das Einkommen des
deutſchen Volkes empfindlich veringert, ſondern auch dem pro=
duzierenden
deutſchen Volbe die Notwendigkeit, die 6 Millionen
feiernden Menſchen an der Ruhr mit zu ernähren. Die logiſche
Folge einer ſolchen Lage hätte von vornherein wirtſchaftlich be=
trachtet
ſein müſſen. 1. Steigerung der Produktion und Aus=
fuhr
um jeden Preis in demjenigen Teil Deutſchlands, in dem
ungehindert durch den Feind weiter gearbeitet werden kann.
2. Deckung des Finanzbedarfs zur Führung des Ruhrkampfes
durch Ausſchreibung ausreichender Steuern. Die klare Heraus=
behrung
dieſer Notwendigkeiten iſt leider rechtzeitig unterblieben,
wofür in der Hauptſache politiſche Gründe und Vorurteile maß=
gebend
geweſen ſind. Ueber dieſe Verſäumniſſe iſt die geſamte
Wirtſchaft in eine furchtbare Lage geraten, inſonderheit durch
die Tatſache, daß die ſtarke Inflation und die ſchwache Gold=
zufuhr
zu einer völligen Zerrüttung der Papiermark als Zah=
lungsmittel
geführt hat. Die daraus entſtandene politiſche und
wirtſchaftliche Kriſe ringt nach Löſung. Die neue Reichsregie=
rung
hat die Aufgabe übernommen, dieſe Löſung ſchleunigſt
herbeizuführen. Man iſt zur Stunde damit beſchäftigt, die
richtigen Wege zu finden, um dieſes Ziel zu erreichen und auf
der neu gewonnenen Baſis befähigt zu ſein, den Kampf ſolange
auszuhalten, bis auch Herr Poincaré einſieht, daß der deutſche
Widerſtandswille unbeugſam iſt und ſelbſt die zäheſte franzö=
ſiſche
Machtpolitik an der harten Tatſache der Wertloſigkeit des
unproduktiven Ruhrpfandes ſcheitern muß.
Was iſt geſchehen und was muß weiter geſchehen? Zu=
nächſt
hat noch die Regierung Cuno ſich den brandenden Wogen
der Geldentwertung entgegengeworfen durch Ausſchreibung ge=
waltiger
Steuern. Die Abſchöpfung der Billionen in ſchnellſtem
Tempo ſoll der Inflation entgegenwirken und damit der deut=
ſchen
Währung eine Stitze verleihen. Die 400 fache Erhöhung
der Einkommenſteuer=Vorauszahlung, die 800 fache Erhebung
der Einkommenſteuer als Ruhropfer, die zweifache Erhebung
des Steuerlohnabzuges als Betriebsſteuer, die Goldabgabe der
Landwirtſchaft und die Automobilſteuer ſollen in Summa ſchon
im Laufe eines Monats weit über 100 Billionen Papiermark
in die Reichskaſſe führen. Man muß ſich aber darüber klar ſein,
daß dieſe gewaltige Steuereinziehung zu wirtſchaftlichen
Stockungen führen muß. Ob es überhaupt möglich iſt, in dem
ſchnellen Tempo Waren ausreichend zu veräußern, um die
Steuern zahlen zu können, iſt die erſte Frage. Ob angeſichts
dieſes Zuſtandes der Novverkäufe und der Kapitalerſchöpfung
die Produktionsmöglichkeit nicht zum Erliegen kommt und eine
große Arbeitsloſigkeit die Lage erſchwert, iſt die zweite Frage.
Aber der Lauf der Dinge muß zunächſt einmal abgewartet
werden.
Mit Sicherheit wird man ſagen können, daß mit dieſen
Steuern allein ſich der wirtſchaftliche Abſturz nicht aufhalten
läßt. Notwendig iſt vor allen Dingen, wieder eine Feſtigkeit
in den deutſchen Zahlungsmarkt hineinzubringen, andernfalls
es nicht gelingt, die Funktionen des Handels und der Wirtſchaft
aufrecht zu erhalten und die Lebensmittel vom Lande in die
Städte zu bringen. Zu einem Teil ſoll die wertbeſtändige An=
leihe
, die ſeit dem 15. Auguſt aufgelegt iſt, dieſem Zwecke dienen,
aber ſie wird ſelbſt dann, wenn ſie einen Erfolg darſtellen ſollte,
bei weitem nicht ausreichen, das Problem der Schaffung gold=
beſtändiger
Zahlungsmittel zu löſen. Mit Macht ſtreben des=
halb
Reichsregierung und Reichstag nach der Löſung der Frage
der Schaffung einer neuen Goldwährung. Sie kann entweder
aufgebaut werden auf der freien Initiativkraft der Wirtſchaft
oder durch ſtaatlichen Zwang, dann unter zwangsweiſer Inan=
ſpruchnahme
eines Teiles der wirtſchaftlichen Sachwerte. Es
iſt zu wünſchen, daß die Wirtſchaftsgruppen das Problem von
ſich aus löſen werden, ohne daß die Reichsregierung ihrerſeits
mit Geſetzesmacht vorgehen muß. Die Wirtſchaft darf ſich dar=
über
klar ſein, daß Reichsregierung und Reichstag, wenn das
Problem nicht durch freie Initiative gelöſt wird, entſchloſſen
ſein werden, mit geſetzgeberiſchem Zwang vorzugehen. Daß
die freie Löſung des Problems unbedingt den Vorzug verdient,
iſt wohl nicht zweifelhaft. Je weniger der Staat mit der neuen
Währung und ihrer Erhaltung zu tun hat, deſto ſicherer wird
ſie ſich geſtalten laſſen. Die Finanznot des Reiches iſt die größte
Gefahr für die Erſchütterung jeder neuen Goldwährung. Eine
Goldwährung, an die das Reich aber nicht herankann, die von
der Wirtſchaft aufgebaut und getragen wird, dürfte geeigneter

Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 22. Auguſt 1923.

Seite 3.

ſein, die volkswirtſchaftlichen Aufgaben zu erfüllen, als eine
neue Reichsgoldmark, die ſtets durch die Geldnot des Reiches
bedroht erſcheint.
Die Löſung dieſes Problems führt automatiſch zur Gold=
wirtſchaft
auf der ganzen Linie. Wir ſehen, wie Poſt und
Eiſenbahn bereits mit Rieſenſchritten auf die Goldrechnung für
ihre Tarife losgehen, und mit erſchreckender Deutlichkeit zeigt
ſich hier bereits die ungeheuerliche Auswirkung des Problems.
Die neuen Tarife für Poſt und Eiſenbahn erſcheinen, an den
bisherigen Lebensbedingungen der Wirtſchaft gemeſſen, kaum
erträglich. Trotzdem iſt es notwendig, den Staat von dem
Defizit ſeiner großen Betriebsunternehmungen zu befreien.
Schließt ſich erſt der ſtaaulichen Goldrechnung in den Tarifen
und Steuern die Goldentlohnung in Staat und Privatwirtſchaft
an, ſo ſtehen wie vor der ſchwerſten Kriſe, die wirtſchaftlich über
Deutſchland kommen kann, und die ſich nur durch die offene
Bereitſchaft und Entſchloſſenheit aller produktiven Kräfte zur
Steigerung der Produktion und Ausfuhr löſen läßt. Vor allen
Dingen iſt es notendig, ſich ſchon heute keinem Zweifel über
dieſe Folgen hinzugeben und ſchon jetzt alles daran zu ſetzen,
um die Produktion zu ſteigern und die Ausfuhr zu fördern.
In dem ganzen Streit um den Wiederaufbau der Wirtſchaft
iſt bisher der Gedanke, die Ausfuhr mit allen Mitteln zu för=
dern
und dadurch täglich neues Geld in die Kanäle der deutſchen
Wirtſchaft hineinzuführen, ſtark vernachläſſigt worden. Jeder
neute Goldzuſtrom vermag am beſten unſerer Mark eine wirk=
ſame
Stütze zu verleihen. Mit dem innerwirtſchaftlichen Ope=
rieren
von Deviſenbeſtänden kann man wohl eine Zeitlang auf
den Markkurs einwirken, aber man kann damit auf die Dauer
die Mark nicht ſtärken. Es ſollte deshalb mit der Belaſtung der
Wirtſchaft durch die Steuern und dem Uebergang zur Gold=
rechnung
der letzte Hemmſchuh der deutſchen Ausfuhrbehinde=
rung
, die Außenhandelskontrolle, fallen. Nur wenn es möglich
iſt, mit allen denkbaren Kräften die Vorteile der deutſchen Wirt=
ſchaft
in Ein= und Ausfuhr wahrzunehmen, iſt der deutſchen
Wirtſchaft derjenige Dienſt zu leiſten, deſſen wir unbedingt zu
unſerer Errettung bedürfen. Die wirtſchaftspolitiſchen Ent=
ſcheidungen
, denen wir in den nächſten Wochen entgegengehen,
werden ſchickſalsbeſtimmend für unſer deutſches Volk nach allen
Richtungen hin ſein.

Deutſchland und der Völkerbund.
U. London 26. Aug. Der Mancheſter Guardian ſtellt
feſt, was übrigens kein Geheimnis iſt, daß der engliſchen Regie=
rung
gegenwärtig eine Anmeldung Deutſchlands zum Beitritt
in den Völkerbund unerwünſcht wäre, weil das den Austritt
Frankreichs veranlaſſen könnte. In den Vordergrund geſtellt
wird freilich der Vorwand, Deutſchland erfülle die Voraus=
ſetzungen
eines Beitritts nicht.
Der Reichskanzler in München.
München, 27. Aug. (Wolff.) Reichskanzler Dr. Streſe=
mann
traf heute abend von Mittenwald und Garmiſch, wo er
übernachtet hatte, wieder in München ein. Er war zum Abend=
eſſen
bei dem Vertreter der Reichsregierung in München und
trat um 9.15 Uhr mit dem Schnellzug die Rückreiſe nach Berlin
an, begleitet von Staatsſekretär Freiherrn von Rheinbaben und
dem Geſandten Haniel.
Bünchen, 26. Aug. (Wolff.) Zum Beſuch des Reichs=
kanzlers
wird folgende amtliche Mitteilung veröffentlicht:
Der Reichskanzler hat anläßlich ſeines Beſuches bei dem
bayeriſchen Miniſterpräſidenten perſönlich Gelegenheit genom=
men
, die wichtigſten Fragen der inneren und äußeren Politik,
insbeſondere auch hinſichtlich des Verhältniſſes zwiſchen dem
Reich und den Ländern eingehend zu beſprechen. Im Vorder=
grund
ſtanden bezüglich der Innenpolitik die Erörterungen über
die wirtſchaftlichen Maßnahmen, die angeſichts der augenblick=
lichen
Notlage unverzüglich getroffen werden müßten. Dabei
wurden in grundſätzlicher Uebereinſtimmung die Vorausſetzun=
gen
für ein, gedeihliches Zuſammenarbeiten zwiſchen dem Reich
und Bayern erneut feſtgelegt.
Wann geht Havenſtein?
TII. Verlin, 26. Aug. Die Frage des Rücktritts des
Reichsbankpräſidenten Havenſtein iſt bis jetzt noch immer nicht
geklärt. In den verſchiedenen Unterredungen, die Dr. Havenſtein
während der letzten Tage ſowohl mit dem Reichspräſidenten als
auch mit dem Reichskanzler hatte, wurde ihm die Notwendigkeit
eines Wechſels in der Leitung der Reichsbank angedeutet. Der
Reichsbankpräſident hat aus dieſen Aufforderungen jedoch bisher
noch nicht die Konſequenzen gezogen. Geſtern wurde Havenſtein
erneut vom Reichspräſidenten empfangen, wobei er abermals
die bisherige Finanzpolitik der Reichsbank verteidigte und ſeine
Pläne für die Zukunft darlegte. In unterrichteten Kreiſen hofft
man, daß ſich die Angelegenheit ohne eine Einberufung des
Reichstags erledigen wird.
Berlin 26. Aug. (Wolff.) Gegenüber den Blätter=
meldungen
erfahren wir zum Konflikt bei der Reichsbank wegen
der Maßregelung des Betriebsratsvorſitzenden, daß der Noten=
druck
bisher keine Beeinträchtigung erfahren hat.

Die politiſchen Prozeſſe der nächſten Zeit.
* Berlin, 25. Aug. (Priv.=Tel.) Im kommenden Monat
dürften in einer ganzen Reihe von politiſchen Prozeßverfahren,
die gegen Angehörige von Rechtsorganiſationen beim Staats=
gerichtshof
eingeleitet worden ſind, die Vorunterſuchungen ab=
geſchloſſen
werden. Die Vorunterſuchung gegen die Helfers=
helfer
Ehrhardts bei ſeiner Flucht aus Leipzig, in erſter Linie
gegen den Freiherrn von dem Buſche, iſt ziemlich weit fortge=
ſchritten
, doch ſind die Unterſuchungen gegen die übrigen wegen
Begünſtigung der Flucht Angeklagten noch nicht endgultig abge=
ſchloſſen
. Bereits abgeſchloſſen iſt die Vorunterſuchung in der
Angelegenheit des ſogen. Reichswehrblocks Roßbach. Sie richtet
ſich gegen den Kraftwagenführer Riehl vom Reichswehrkraft=
wagen
=Bataillon in Magdeburg, gegen den in den letzten Tagen
das Verfahren wegen Geheimbündelei, nämlich wegen des Ver=
ſuchs
, einen ſogen. Reichswehrblock Roßbach in ſeinem Bataillon
einzuführen, zu erwarten iſt. Augenblicklich liegen die Akten der
Vorunterſuchung bei dem Oberreichsanwalt Dr. Ebermayer.
Riehl wird von Rechtsanwalt. Dr. Sack in Berlin verteidigt
werden. Daß die Unterſuchung gegen Riehl ſelbſt vor ihrem
Abſchluß ſteht, iſt bekannt. Das Hauptverfahren auch gegen die
übrigen Angeklagten ſteht bevor. In der Mordſache Parchim,
die ebenfalls den Staatsgerichtshof beſchäftigen wird, dürfte
gleichfalls ein Abſchluß des Verfahrens bald erfolgen.
Die Nothilfe während der kommuniſtiſchen
Streikunruhen.
Während der kommuniſtiſchen Streikunruhen war die T. N.
in Berlin bereitgeſtellt geweſen. Ein Einſatz wurde jedoch
weder angefordert noch getätigt, zumal die ſtädtiſchen lebenswich=
tigen
Betriebe nicht völlig zum Erliegen gekommen waren. Mit
Wiederaufnahme der Arbeit in den ſtädtiſchen Betrieben wurde
auch die Bereitſtellung ſofort aufgehoben.
Anders lagen die Verhältniſſe indeſſen teilweiſe im Reiche,
Sowohl in der Provinz Sachſen wie im Freiſtaat An=
halt
gelangte die T. N. in einer Reihe von landwirtſchaftlichen
Bezirken zum Einſatz. Beſonders in den Kreiſen Calbe an der
Saale, Jerichow II und Oſterburg in der Altmark ſind an 1000
Nothelfer mit der Wartung und Pflege von Vieh und mit der
Einbringung der Ernte beſchäftigt geweſen und zum Teil noch
tätig.
Auf kurze Zeit mußten auch Jothelfer in Merſeburg
auf Anordnung des Landrats zum Verladen von Brotgetreide
für Merſeburg bei dem Speditionsverein in Halle eingeſetzt
werden.
Im Mansfelder Gebirgs= und See= wie auch
im Saalkreis war ebenfalls der Einſatz der Techniſchen Not=
hilfe
auf einer Anzahl von Gütern mit mehreren hundert Not=
helfern
erforderlich geworden, da auch in einem hier ausgebroche=
nen
Landarbeiterſtreik die Verrichtung der Notſtandsarbeiten ſei=
tens
der Ausſtändigen unterblieben iſt.
Zu einem weiteren Eingreifen der T. N. kam es im Streik
der Nordſeelotſen. Zur Aufrechterhaltung der lebens=
wichtigen
Schiffahrt waren einige Tage lang auf Anweiſung des
Reichsverkehrsminiſteriums und im Einvernehmen mit der Depu=
tation
für Handel, Schiffahrt und Gewerbe in Hamburg Not=
helfer
zum Hinauslotſen von Dampfern eingeſetzt. In Bre=
men
, wo die Arbeit in gleicher Weiſe ruhte, iſt die Techniſche
Nothilfe ebenfalls zur Aufrechterhaltung des Lotſendienſtes in
Anſpruch genommen worden. Beide Einſätze konnten jedoch, da
der Streik ſchon nach wenigen Tagen abgebrochen wurde, bald
wieder zurückgezogen werden.
Die engliſche Arbeiterſchaft gegen die Ruhrbeſetzung.
London, 26. Aug. (Wolff.) Auf der gemeinſamen
Sitzung des Generalrats= und Gewerkſchaftskongreſſes und des.
nationalen Vollzugsrates der ſozialiſtiſchen Partei in London,
auf der der Bericht des Parlamentsmitgliedes Tom Shaw
über die Lage im Ruhrgebiet erwogen wurde, ge=
langte
eine Entſchließung zur Annahme:
Wir appellieren beſonders an die franzö=
ſiſchen
Arbeiter und die ſozialiſtiſche Bewegung, mit ihrer
Macht auf die Annahme einer verſöhnlichen Hal=
tung
der franzöſiſchen Regierung und des
franzöſiſchen Volkes zu dringen und die Diffe=
renzen
bezüglich des Reparationsproblems
durch Verhandlungen beizulegen. Die Entſchlie=
ßung
fährt fort: Wir haben Grund zu der Annahme, daß die
Bewohner des Ruhrgebietes ihre Regierung bei jeder
vernünftigen Regelung der ausländiſchen Fragen
unterſtützen würden, vorausgeſetzt, daß ſie als freie Männer
und Frauen behandelt werden und daß die Bedrohung
mit der militäriſchen Unterdrückung aufhört.
Wir ſind überzeugt, daß der paſſive Widerſtand im
Ruhrgebiet nicht auf Anweiſung von Berlin zurück=
zuführen
iſt, ſondern die ſpontane Kundgebung eines
Volkes iſt, das ſich weigert, dem Diktat einer bewaff=
neten
Macht zu gehorchen.
Die Entſchließung fordert die britiſche Regierung auf,
energiſch ihre Bemühungen zur Wiedereröffnung der
Verhandlungen zur Herbeiführung einer Regelung
zwiſchen Großbritannien, Frankreich und Deutſchland fort=
zuſetzen
.

hin, das Thema der Jahreszeiten abzurunden, indem er noch im
Jahre 1877 ſein Gedicht durch zwei neue Teile ergänzt, von denen
einer dem Sommer, das andere dem Winter gewidmet
wird.
Hiermit lag das Gedicht in der erſten Geſamtfaſſung vor:
Innerlicher Zwieſpalt im Wechſel des Standpunkts des Dichters
erſt Fremde, dann Heimat in der Form vierſtrophig mit
dem Wechſel von fünf= und vierfüßigen Jamben, wobei einige
Verſehen mit unterlaufen waren. Bei einer Durchſicht beſeitigte
Liliencron zunächſt in dem Gedicht Frühling alles, was unter
dem Eindruck einer Sehnſucht aus der Ferne geſchrieben war
und ſich im Widerſpruch mit dem in den ſpäteren Gedichtsteilen
gewählten Standort des Dichters befand. Weiter wurde zu dem
Gedicht Frühling eine neue Schlußſtrophe hinzugedichtet, und
in dem Gedicht Herbſt die beiden ſentimentalen Schlußzeilen
durch eine Neubildung der Schlußſtrophe erſetzt.
Nunmehr wandte ſich Lilieneron einer Umfeilung der Vers=
geſtaltung
zu. Er verſuchte, wahrſcheinlich auf den Rat ſeines
Freundes, des Freiherrn von Seckendorff, von deſſen Hand der
Text noch Korrekturſpuren aufweiſt, die vierfüßigen Verſe in
fünffüßige zu verwandeln, ein Verſuch, den er aber wieder
aufgab.
Eine neue Aufzeichnung fand das Gedicht in einer handſchrift=
lichen
Gedichtſammlung von 1879. Dort erſcheint es unter der
Ueberſchrift Heidehaus, neben der die weitere Ueberſchrift
Heidebilder eingetragen iſt. Es iſt nun erſtmalig in die rich=
tige
Reihenfolge Frühling, Sommer, Herbſt, Winter gebracht.
Der Gegenſatz von fünf= und vierfüßigen Jamben macht Lilien=
eron
auch diesmal wieder zu ſchaffen. Bei einem neuen Umge=
ſtaltungsverſuch
bemühte er ſich, das Gedicht einheitlich vers=
füßig
zu geſtalten. Bei einer weiteren Umarbeitung ſtellte er
den Wechſel von fünf= und vierfüßigen Verſen wieder her. Dann
verkürzte er die Gedichte auf je drei Strophen. Schließlich er=
ſtand
bei ihm der Gedanke, in einem zuſammenfaſſenden Schluß=
akkord
die Stimmung ausklingen zu laſſen. So ſchrieb er unter
das Gedicht Winter der Handſchrift von 1879: Das Band
zweimal unterſtrichen. Dieſes Band brachte aber erſt eine neue
Umgeſtaltung aus dem Jahre 1880, die ein im März jenes Jah=
res
erſchienener Sonderdruck aus Barby aufweiſt. Hierin er=
ſcheinen
alle einzelnen Gedichtteile der Heidebilder auf je drei
Strophen gekürzt. Das einigende Band bildet eine neu hin=
zugedichtete
vierzeilige Schlußſtrophe:

Tiefeinſamkeit es ſchlingt um deine Pforte
Die rote Erika das Band.
Von Menſchen leer was braucht es noch der Worte
Sei mir gegrüßt, du ſtilles Land.
In dieſer Form, mit unweſentlichen Aenderungen, fand das
Gedicht 1883 Aufnahme in den Adjutantenritten‟ Nur einige
Ausdrücke wurden noch umgefeilt und umgemodelt. Man ſieht
an dieſem Beiſpiel wie Lilieneron in ſeiner künſtleriſchen Werk=
ſtatt
geſtaltet. Die urſprüngliche Impreſſion tritt vollkommen
zurück. Auf der Grundlage einer flüchtig hingeworfenen Skizze
entſteht etwas ganz Neues, ein Kunſtwerk, das einem tiefen All=
gemeinempfinden
Ausdruck verleiht. Mit viel Abwägen und
Abtaſten des Stimmungs= und Bildhaften kommt in jahrelanger,
mühevoller Kleinarbeit, ein Werk zuſtande, das den Eindruck
macht, als ſei es aus einem Guß gefertigt und mühelos in
raſcher Aufwallung der dichteriſchen Eingebung geſchaffen. Erſt
jetzt iſt es möglich nachzuprüfen, wiebiel Arbeit erforderlich war,
um den Eindruck des Vollendeten hervorzurufen.
C. K. Die Sturmflutkataſtrophe an der Nordweſtküſte von
Korea. Die Kataſtrophe in Korea, die durch Sturmfluten hervor=
gerufen
iſt und über die bereits kurz berichtet wurde, erweiſt
ſich als ein rieſiges Unglück, bei dem 6000 Häuſer zer=
ſtört
und weit über 1000 Menſchen getötet wurden. Die Fiſcher=
bevölkerung
der Meeresufer iſt dadurch furchtbar heimgeſucht.
Die ganze Hafenanlage von Seiſen im Teiſchu=Bezirk wurde
durch die Gewalt der Wogen fortgeriſſen, und das umliegende
Land iſt vollſtändig überſchwemmt. Die Häuſer von Seiſen
wurden zum großen Teil weggeſchwemmt, und die Einwohner
flüchteten aus der Stadt. 100 Perſonen, die ſich auf einer der
Kaianlagen befanden, wurden in dem Waſſerſtrudel mit fort=
geriſſen
und ertranken. Das Dorf Ryuſeie iſt vollſtändig ver=
nichtet
und viele Hunderte ſeiner Einwohner getötet. Große
Schäden verurſachte das Steigen des Yalu=Fluſſes, der Schiffe
ſtranden ließ und Dörfer überſchwemmte. Die Hilfsarbeiten
gehen nur langſam vor ſich, da der Eiſenbahndienſt infolge der
Vernichtung der Strecken unterbrochen iſt. Die Hochöfen des
Penſihu=Bergwerks mußten gelöſcht werden; die Ernte iſt zu
einem beträchtlichen Teil vernichtet. Die zahlreichen Flüchtlinge
wurden notdürftig in Schulen und öffentlichen Gebäuden unter=
gebracht
.
* Der ſchlaue Specht. Jüngſt ſchritt ich auf der Suche nach
Morcheln langſam und vorſichtig durch die ſandigen Nadelholz=

wälder der alten Neckardünen unweit der Bergſtraße. Tiefe
wohltuende Stille herrſchte ringsum, nur zuweilen unterbrochen
durch den Terzengeſang einer Ammer, das Flöten einer Amſel
oder den Lockruf des Pirols. Da erſcholl plötzlich in meiner Nähe
der wohlbekannte Hammerſchlag eines Spechtes. Schnell und
leiſe deckte ich mich, legte mich lang auf den weichen Moosboden
und äugte, ſteif und unbeweglich, mit dem Fernglas umher,
Bald entdeckte ich den Zimmermann. Es war ein alter, aus=
gewachſener
Grünſpecht, der ſich abmühte, vom Stamm einer
breiten, knorrigen Kiefer einen Span abzuſpalten. Weit holte
er mit Hals und Kopf aus und hieb kräftig mit ſeinem Meißel=
ſchnabel
in den Spalt. Doch jedesmal, wenn er den Schnabel
zum neuen Schlage zurückzog, ſchnellte der ſpannkräftige Span
an den Stamm zurück. So kam der Vogel nicht weiter. Drum
machte er eine längere Pauſe und ſtieß ſeinen gellenden Notſchrei
aus. Sein Weibchen war bald da und krallte ſich anderſeits des
Spalts in die Rinde ein. Nun hieben beide genau ſo regelmäßig
wie zwei geübte Dreſcher mit ihren Flegeln auf der Tenne, um=
ſichtig
mit ihren Schnäbeln in das Holz, ſo daß der Spalt ſich
nicht wieder völlig ſchließen konnte. Aber auch das genügte nicht;
ſehr langſam ward der Spalt größer. Der Specht ſchaute rund=
um
und flog nach einer anderen Kiefer, die voller Zapfen hing.
Hier ſprang und kletterte er von Zweig zu Zweig, bis er etwas
Paſſendes gefunden hatte. Einen noch feſtgeſchloſſenen Kiefern=
zapfen
brach er mit ſeinem Schnabel mühevoll ab und nahm ihn
mit zur Arbeitsſtätte, wo währenddeſſen die Frau Specht ruhig,
mit ihrem Schnabel im Spalte, am Stamm gehangen und ge=
wartet
hatte. Der Herr Gemahl klemmte vorſichtig und geſchickt
den Zapfen als eine Art Keil in den Spalt und nun ging die
Arbeit von friſchem los. Abwechſelnd ſchlugen ſie auf den Zapfen
und ihn ſo immer weiter hinein. Der Spalt ward tiefer und
breiter. Als das obere Ende des Spans ſchon ziemlich weit vom
Stamm abſtand, ſetzte ſich das Männchen darauf und wippte mit
Bücken und Strecken des Körpers und mit Flügelſchlag, während
das Weibchen geduldig den Keil weiter hineintrieb. Endlich
krachte es, der Span knickte ab, der Specht fiel eine kurzez Strecke
hinunter, flog aber gleich wieder an den Baum zurück. Schon
wollten ſie weterarbeiten, vielleicht einen neuen Span abſpren=
gen
, da ertönte in der Ferne Lautenſchlag und froher Geſang.
Wandervögel zogen daher. Mit der Ruhe im Walde war es vor=
bei
. Die beiden Spechte horchten auf und flogen haſtig in langem
Bogen davon. Auch ich erhob mich und ſchritt tiefer in den Wald
hinein.

[ ][  ][ ]

Seite 4.

Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 22. Auguſt 1923.

Nummer 236.

Stadt und Land.

Darmſtadt, 27. Auguſt.

Die Zuckerverſorgung.

Durch die Reichsverordnung über den Verkehr mit Zucker
vom 3. Oktober 1922 wurde für das Wirtſchaftsjahr 1922/23 wie=
der
eine Bewirtſchaftung des Zuckers eingeführt. Für Heſſen
wurde durch das Beſtellverfahren ein Verteilungsſyſtem geſchaf=
fen
, durch welches Gewähr geleiſtet werden konnte, daß jeder Be=
zugsberechtigte
die für den jeweiligen Monat beſtimmte Monats=
menge
zu dem auf Grund der Beſchaffungskoſten auskalkulierten
Preiſe beziehen konnte. Dieſes Syſten, konnte bis zur Abgabe
des Maizuckers durchgeführt werden; zum Teil konnte auch noch
der Junizucker auf dieſe Weiſe an die Bevölkerung gebracht
werden.

Die Entwicklung der Geldverhältniſſe brachte es mit ſich,
daß die Zuckerfabriken die letzten Lieferungen des Junizuckers
nicht mehr zu den früher beſtimmten Preiſen an die Unterver=
teilungsſtellen
liefern konnten; es war deshalb bereits für den
Junizucker eine zweimalige Feſtlegung eines höheren Preiſes
(zuletzt 57 000 Mk. für das ½ Kg.) erforderlich. Mit den unter
Beihilfe des Staates geſchaffenen Krediten wurde verſucht, die
letzten für den Monat Juni noch fälligen Zuckermengen, ſowie
das Landeskontingent für den Juliabruf der Bevölkerung zuzu=
führen
. Das Reichsminiſterium für Ernährung und Landwirt=
ſchaft
mußte ſich von Mitte Juli ab unter der Entwicklung der
Geldverhältniſſe entſchließen, ſtatt der bisherigen Monats=
preisfeſtſetzung
einer ſolchen pro Woche zuzuſtimmen, ſo daß
die Verteilungsſtellen den Zuckerfabriken denjenigen, Preis be=
zahlen
müſſen, der jeweils am Tage der Lieferung für die in
Frage kommende Woche feſtgeſetzt wurde. Der Verſuch, den gan=
zen
Julizucker nochmals zu finanzieren, ſchlug durch die weitere
Geldentwicklung fehl, da ſich der Preis für den Zucker anfangs
Auguſt binnen zwei Wochen von einem Grundpreis von 750 000
Mk. pro Zentner auf 15 Millionen Mark pro Zentner erhöhte.
Die dadurch geſchaffene Unmöglichkeit, die Zuckerberſorgung zu
finanzieren, veranlaßte die ſämtlichen, bisher bei der Zuckerver=
teilung
tätigen Stellen die Zuckerverteilung Heſſen m. b. H.
Mainz (Zuſammenſchluß der Großhändler), die Konſumvereine,
ſowie die Heſſenkauf=A.=G. (Zuſammenſchluß der Kleinhändler)
der Regierung gegenüber die Erklärung abzugeben, daß für
den Julizucker noch eine Verteilung von ½ Kg. vorgenommen
werden könne, daß aber von Auguſt ab die bisherige Bewirt=
ſchaftung
infolge der zu Tage getretenen Finanzſchwierigkeiten
nicht mehr erfolgen könne.
Die Zuckerverſorgung wird deshalb in Zukunft in folgender
Weiſe geregelt werden:
1. Für den Monat Juli werden die abgelieferten Beſtell=
marken
noch mit einem ½ Kg. in der bisherigen Weiſe ſeitens
der Kleinhändler beliefert. Der Kleinhandelspreis, ſowie der
Abgabepreis des Großhändlers an den Kleinhändler wird jede
Woche mit Gültigkeit für die kommende Woche feſtgeſetzt. Die
Abgabe des Zuckers ſeitens des Kleinhändlers an den Kon=
ſumenten
erfolgt jeweils zu dem für die betreffende Woche feſt=
geſetzten
Preis.
Damit der Bezugsberechtigte in Erfahrung bringen kann,
ob die Kleinhändler den zur Verteilung beſtimmten Zucker erhal=
ten
haben, werden die Bürgermeiſtereien bei der Ablieferung des
Zuckers entſprechende Beſcheinigungen erhalten. Die Bürger=
meiſtereien
werden das Eintreffen des Zuckers jeweils ortsüblich
bekannt machen laſſen, ſo daß der Bezugsberechtigte erfährt, von
welchem Tage ab er den Zucker bei ſeinem Kleinhändler beziehen
kann.
Dasſelbe Verfahren muß für den jetzt noch zur Abgabe ge=
langenden
Junizucker in Anwendung gebracht werden, da
auch dieſer Zucker nur noch zu dem jeweiligen Tagespreis von
den Fabriken geliefert wird. Zur Verausgabung kommt als
Junizucker die ſeinerzeit feſtgeſetzte Monatsmenge von 1½ Kg.
pro Kopf.
2. Vom Monat Auguſt ab haben die Bezugsberechtigten
ihre Marken beim Kleinhändler abzuliefern. Dem Kleinhändler
iſt es überlaſſen, von einem ihm genehmen Großhändler den
Zucker zu beziehen. Wenn in einer Gemeinde in anderer Weiſe
die Zuckerverſorgung organiſiert werden ſoll, ſteht dem nichts
entgegen; die für das Land beſtimmten Zuckerfabriken werden
gegebenenfalls durch die Landesverſorgungsſtelle mit entſprechen=
den
Lieferungsaufträgen verſehen werden.
3. Das bisherige Verteilungsſyſtem mußte wegen der zu
Tage getretenen finanziellen Schwierigkeiten aufgegeben werden.
Es kann in Zukunft wohl nur dann ſeitens des Kleinhändlers
eine Zuckerverſorgung der Kundſchaft ſicher geſtellt werden,
wenn ihm ſeitens der Bezugsberechtigten bei Ablieferung der
Beſtellmarken auch eine Anzahlung auf den zu liefernden Zucker
geleiſtet wird. Es muß deshalb empfolhen werden, ſolchen An=
forderungen
weitgehendſt im Intereſſe der weiteren Zuckerver=
ſorgung
der Bevölkerung zu entſprechen.

Sommerſpielzeit Bruno Harprecht. Die letzte Woche der dies=
jährigen
Sommerſpielzeit, die am Sonntag, den 2. September, zu
Ende geht, bringt von heute ab eine Neueinſtudierung des köſtlichen
Schwankes Charleys Tante unter der Regie Franz Sauers,
mit Bruno Harprecht in der Titelrolle als Lord Fancourt Babberleg.
Es wird nochmals beſonders darauf hingewieſen, daß infolge Beendi=
gung
der Mieten für jede Abendvorſtellung ſämtliche Plätze zur Ver=
fügung
ſtehen.
Der Brotpreis mußte wegen der weiteren Steigerung der
Löhne, des Brennmaterials uſw. abermals erhöht werden. Der
große Laib koſter jetzt 112000 Mk., ein Brötchen aus gemiſchtem
Brotmehl 5600 Mk. (Siehe Anzeige.)
Darmſtädter Keglerverband. Bei dem geſtern auf der Kegel=
bahn
der Turngemeinde ausgetragenen Städtewettkampf Darmſtadt
Offenbach ſiegte Darmſtadt mit 281 Holz mehr. Beſter von Offenbach
war Kegelbruder Wolf mit 267, von Darmſtadt Reichert mit 273
Holz. Schlußkampf in Offenbach am 2. September.

Eine Briefmarke mit dem Kölner Dom wurde von der Reichs=
druckerei
hergeſtellt. Sie iſt in Kupferdruck auf weißem Waffelmuſter=
papier
in Bogen zu 50 Stück gedruckt. Die Farbe des Bildes iſt pliv=
grün
. Das Bild iſt hochgeſtellt, die Umgebung des Domes tritt in der
Zeichnung noch mehr zurück als in Wirklichkeit. Den Hintergrund bildet
ein bewölkter Himmel, auf deſſen oberem Ende 10 000 Mark zu leſen iſt.
Außerhalb des Bildes ſtehr lediglich Deutſches Reich. Der Marke iſt
keine lange Lebensdauer zuzuſprechen; ſie wird ohne Zweifel bald durch
eine kleine Marke erſetzt werden.
Die Reichsbank zieht die Druckkoſten ab. Reichsbanknoten und
Darlehnskaſſenſcheine kommen oft kurz nach ihrer erſten Ausgabe in
nicht mehr umlaufsfähigem Zuſtande zum Umtauſch an die Kaſſen der
Reichsbank. Die Reichsbank behauptet, daß dies die Folge mangelnder
Sorgfalt und von Leichtfertigkeit bei der Behandlung und Aufbewah=
rung
wäre. Die Herſtellungskoſten der Geldzeichen ſtehen häufig in
einem großen Mißverhältnis zu dem Nennwert. Die Dienſtſtellen der
Reichsbank ſind deshalb angewieſen worden, derartige offenbar nicht
durch den Umlauf, ſondern gewaltſam beſchädigten oder auch in Hamſter=
lagern
zum Teil vermoderten Reichsbanknoten und Darlehenskaſſenſcheine
nur unter Abzug der Herſtellungskoſten gegen neue Abſchnitte umzu=
tauſchen
oder in Zahlung zu nehmen. Auch ein Teil der öffentlichen
Kaſſen iſt angewieſen, in derartigen Fällen die Einzahler an die Reichs=
bank
zu verweiſen.

+Arheilgen, 26. Aug. Die Grummeternte naht und wurde
das Mähen der Wieſen vom Wieſenvorſtand am 27. d. M. feſtgeſetzt.
Der gegenwärtige Milchpreis beträgt für das Liter 120 000 M.,
der Brotpreis für 1600 Gramm 90 000 Mk.
+ Arheilgen, 26. Aug. Die letzte Gemeinderatsſitzung
ſetzte die Hundertſätze zum Reichsmietengeſetz auf 400 000 Prozent feſt,
und zwuar: Zinsſteigerung 800, Betriebskoſten 12800, laufende Inſtand=
ſetzung
240 000 und große Inſtandſetzung 146 400 Prozent. Als Er=
gänzung
der Erwerbsloſenkommiſſion wurde für die Arbeitgeber Paul
Iſrael, für die Arbeitnehmer Georg Spengler und L. Heilmann ge=
wählt
. Der Antrag zum Verkauf des Kleinen Bornpfades wurde
abgelehnt. Ebenſo erging es dem Geſuch des E. Waldmann um Vor=
nahme
eines Geländetauſches. Das Geſuch des Ph. Schmidt auf Ge=
nehmigung
zur Anlage eines Entwäſſerungskanals wird widerruflich
gutgeheißen. Die Ausbeſſerungen im Gemeindewohnhauſe in der
Bornſtraße ſollen nur inſoweit als unbedingt nötig zur Ausführung
kommen. Die Abortanlage des Schulhauſes in der Aiten Darmſtädter
Straße ſoll nach dem Vorſchlage der Hochbaukommiſſion geändert ver=
den
. Der Antrag des Kinobeſitzers um Ermäßigung der Billettſteuer
wird abgelehnt. Dem Arbeiter=Turn= und Sportvcrein ſoll das Ge=
lände
pachtweiſe überlaſſen werden. Bezüglich der Jagddicht für
1923 ſoll nochmals mit den Pächtern verhandelt werden. Als Folge
der fortſchreitenden Geldentwertung wurde der Beitrag zur Quäker=
ſpeiſung
für das Kind und dieſe Woche auf 50 000 Mk. feſtgefetzt. Die
Preiſe für Kartoffeln ſollen durch die Ortsſchelle und das Lokalblatt
bekanntgegeben werden. Zur Regelung der Gemeindefinanzen ſoll ein
verzinsbarer Vorſchuß aufgenommen werden; zu dieſem Zwecke ſollen
Gemeinderat Nungeſſer und Ratsſchreiber Laroche beim Miniſterium
vorſtellig werden. Als weiterer Ehrenfeldſchütz wurde noch Jagdhüter
Engel. vorgeſchlagen.
Von der Bergſtraße, 25. Aug. Das Mehl von der diesjähri=
gen
Getreideernte iſt von ganz vorzüglicher Backart, im Gegenſatz zu
demjenigen des vorigen Jahres. Iſt das Brot auch ſehr teuer, ſo dür=
fen
wir uns doch auf ein gutes Stückchen Brot freuen, das heißt, nenn
Mehlhändler, Müller und Bäcker uns nicht mit gefälſchter Ware be=
glücken
.

Reich und Ausland.

Raubüberfall in Wildbad.
Eine in Wildbad zur Kur weilende Dame aus Griechenland
iſt das Opfer eines Raubüberfalls ihrer eigenen Landsleute geworden.
Die beiden Verbrecher hatten unter den Namen Hippolus und Pofanis
in der gleichen Penſion Wohnung genoz men, in der ſeit einigen Tagen
die Griechin wohnte, und hatten angegeben, Studenten an der Berliner
Univerſität zu ſein. In einem günſtigen Augenblick fielen ſie über ihre
Landsmännin her, feſſelten ſie und raubten ihr dann 150 engliſche Pfund,
200 Franken, 20 Dollar, 1135 Drachmen und 350 Dinar. Wie feſtgeſtellt
wurde, fuhren ſie mit der Beute in einem Automobil von Wildbad nach
Baden=Baden und von dort mit dem Schnellzug nach Berlin ab. Wahr=
ſcheinlich
werden ſie dort verſuchen, das ausländiſche Geld bei Banken
oder Wechſelſtellen umzuwechſeln. Das Raubdezernat des Berliner
Polizeipräſidiums iſt von dem Verbrechen ſofort in Kenntnis geſetzt
worden und hat bereits die erforderlichen Maßnahmen getroffen.
Die Engländerin aus Köln.
Eine Dame aus Köln, die ſeit Jahren in England lebte, kam dieſer
Tage zu Beſuch nach ihrer Vaterſtadt. Dabei paſſierte es ihr, als ſie
des Abends mit einer Freundin nach Hauſe ging, daß ein paar etwas
angeheiterte engliſche Soldaten ſie beläſtigten. Da kamen ſie aber ſchön
an. Die kölniſche Engländerin ſetzte ſich in Poſitur und kanzelte die
engliſchen Soldaten in deren Mutterſprache in einer Weiſe ab, wie ſie
es ſelbſt von ihrem Korporal noch ſelten zu hören bekommen hatten.
Nachdem aber die anfangs verdutzten Soldaten ſich von ihrem erſten
Schreck erholt hatten, rief ihr Anführer:
Wenn Sie auch Engliſch reden, Sie ſind eine Deutſche. Und eine
Deutſche hat uns nichts zu ſagen!
Damit torkelten die Engländer von dannen. Am nächſten Tage
war die Dame unangenehm berührt, als ſie in einer Anlage ſaß, und
ein paar kölniſche Kinder einen mörderiſchen Lärm machten. Endlich
machte ſie dann ihrem Aerger in einem, wie ſie meinte, unverfälſchten
Köl’ſch Luft. Es wurde einen Augenblick ſtill. Dann ſagte einer der
Hoſenmätze:
Wenn Sie auch Deutſch reden, Sie ſind doch eine Engländerin.
Und eine Engländerin hat uns gar nichts zu ſagen!
Darauf brüllte die Kinderſchar in verdoppelter Stärke weiter. Die
Dame aber beſchloß, ſchleunigſt nach England zurückzukehren.
Eine Denkmalsverlegung mit Hinderniſſen.
D.A.I. In Czernowitz ſollte ein neues großes Denkmal zur Erinne=
rung
an die Vereinigung des Buchenlandes mit Rumänien aufgeſtellt
werden, und zwar nach einem Beſchluß des Magiſtrats auf dem Ring=
platz
, auf dem ſchon ein katholiſcher Marienſtein, die Stiftung eines
Bürgers aus dem Jahre 1827 ſteht, zu dem ſowohl die römiſch= katho=
liſche
wie die griechiſch=katholiſche Bevölkerung an beſtimmten Tagen
wallfahrtet. Der Stadtmagiſtrat beſchloß kurzerhand die Verlegung die=
ſes
Marienſteins vom Ringplatz auf einen anderen Platz an der Peri=
pherie
der Stadt und kümmerte ſich nicht um die Proteſte der katholiſchen
Bevölkerung, unter der ſich auch eine große Anzahl Deutſcher befindet.
Als aber das Gerüſt aufgeſtellt wurde, um den Marienſtein zu entfer=
nen
, fand ſich kein einziger Arbeiter dafür, Katholiken, Proteſtanten,
Orthodoxe und Juden weigerten ſich, an das Denkmal Hand anzulegen,
weil dieſe Frage die Gefühle der Minoritäten verletze und alle Mino=
ritäten
in gleicher Weiſe angehe. Der Marienſtein wurde nun durch
Soldaten entfernt, wobei ſich auf dem Ringplatz erbitterte Szenen ab=
ſpielten
und die Anſammlungen durch Wachaufgebote verdrängt wer=
den
mußten.

Wertbeſtändige Arzthonorare.

wb. Leipzig, 23. Aug. Der Verband der Aerzte Deutſchlands
erläßt folgende Erklärung: Am 25. d. Mts. werden im Preußiſchen
Wohlfahrtsminiſterium Verhandlungen zwiſchen den Trägern der ſozia=
len
Verſicherung und den Vertretern der Aerzteſchaft über das werbe=
ſtändige
Aerztehonorar ſtattfinden. Dieſe Verhandlungen werden von
ausſchlaggebender Bedeutung für das Weiterbeſtehen der ſozialen Ein=
richtungen
des Deutſchen Reiches ſein. Sie berühren weniger die Hono=
rargeſtaltung
in der Privatpraxis, die der freien Vereinbarung zwiſchen
Arzt und Kranken überlaſſen iſt, als die Feſtſetzung der kaſſenärztlichen
Gebühren, welche durch die Preußiſche Gebührenordnung maßgebend be=
einflußt
werden. Das wertbeſtändige Kaſſenhonorar wird erreicht:
1. durch Feſtſetzung von Grund=(Friedens=)gebühren, die mit dem je=
weiligen
vollen Reichsteuerungsindex zu vervielfältigen und mit einem
beſonderen Zuſchlage für die ins Ungeheure geſtiegenen ärztlichen Be=
rufsunkoſten
zu verſehen ſind; 2. durch Einführung pünktlicher, wöchent=
licher
Honorarzahlung durch die Krankenkaſſen die bei Verzug die
Geldentwertung durch Zugrundelegung des am Zahltage gültigen Reichs=
teuerungsindex
auszugleichen haben. Die bisherige Gebührenfeſtſetzung:
Berückſichtigung des halben Teuerungsindex und Auszahlung der Hono=
rare
23 Monate nach erfolgter Leiſtung (!) oder bei Zahlungsunfähig=
keit
der Kaſſen zu einem noch ſpäteren Termin, hat die Aerzteſchaft bin=
nen
weniger Monate in die ſchwerſte wirtſchaftliche Notlage verſetzt.
Die Krankenkaſſen verlangen ausreichende Hilfsmaßnahmen ſeitens der
Regierung und der geſetzgebenden Körperſchaften, insbeſondere Er=
höhung
der Kaſſenbeiträge durch Beſteuerung des tatſächlichen Arbeits=
verdienſtes
zu Gunſten der Krankenverſicherung. Das jetzt geltende
Verfahren der Feſtſetzung eines Grundlohnes mit beſtimmter Höchſt=
grenze
als Baſis für die Beitragserhebung befreit gerade die höchſtge=
lohnten
Gruppen der Verſicherten von einer gerechten Heranziehung zum
Tragen der Beitragslaſten; ſie werden zurzeit nicht höher beſteuert als
die Verſicherten mit ganz geringem und mittlerem Einkommen. Die
Kaſſenärzte auch die voll beſchäftigten ſind infolge der verſpäteten
Auszahlung ihres wohlverdienten Arbeitslohnes ohne jede Exiſtenzmit=
tel
. Zahlreiche Aerztegruppen haben ſich bereits gezwungen geſehen,
den Krankenkaſſen den Kredit zu verweigern und die Kaſſenmitglieder
nur noch gegen Barzahlung zu behandeln. Beſonders verzweifelt iſt die
Stimmung unter den Aerzten der Großſtädte und in Süddeutſchland.
Die Aerzte Badens und Bayerns ſind feſt entſchloſſen, den jetzigen un=
haltbaren
Zuſtänden durch Maßnahmen der Selbſthilfe ein Ende zu
machen. Die Aerzteſchaft erwartet bei den bevorſtehenden Verhand=
lungen
das volle Verſtändnis der Verſicherungsträger und der zuſtändi=
gen
Regierungsſtellen für ihre troſtloſe Lage zu finden. Sie verlangt
ſofortiges Eingreifen der Regierung und der Geſetzgebung zu Gunſten
der in große Schwierigkeiten geratenen Krankenkaſſen. Wird die zum
Teil beſtehende Zahlungsunfähigkeit der Kaſſen nicht binnen kürzeſter
Friſt behoben, ſo ſieht ſich die geſamte Aerzteſchaft nicht mehr in der
Lage, an den Aufgaben der Krankenverſicherung mitzuarbeiten. Sie hält
den völligen Zuſammenbruch der ſozialen Einrichtungen für unver=
meidlich
, wenn die berechtigten Forderungen der zu ihrer Durchfüh=
rung
unentbehrlichen Mitarbeiter nicht befriedigt werden können. Die
Verantwortung für die innerpolitiſchen und wirtſchaftlichen Folgen
einer von der Verzweiflung diktierten allgemeinen Arbeitsniederlegung
lehnt die Aerzteſchaft ab.

Stimmen aus dem Leſerkreiſe.

(Für die Veröffentlichungen unter dieſer Ueberſchrift übernimmi die Redakiion keinerlei Ver=
antworiung
; für ſie bleibt auf Grund des § 21 Abſ. 2 des Preſſegeſetzes in vollem Umfange

der Einſender verantwortlich.) Einſendungen, die nicht verwendet werden, können nicht
zurückgefandt, die Ablebnung nicht begründet werden.

Der entthronte Landgraf. In dem Miniſterium am
Luiſenplatz hat man einen Teil des alten ſchmiedeeiſernen Treppen=
geländers
im erſten Stock zu einer Art Abſchluß benutzt. Der Beſucher
muß ſich in einer neugeſchaffenen Portierloge anmelden und wird dann
erſt eingelaſſen (auch eine Errungenſchaft!). Das Treppengeländer

ſtammt wie das ganze Haus aus dem Jahre 1777 und wurde im Auf=
trage
des Landgrafen Ludwig des IX. von dem berühmten Schuknecht

erbaut. Infolge deſſen befindet ſich am Geländer der Namenszug des
Landgrafen mit dem Landgrafenhut darüber. Nur allein dem Umſtand,
daß es Landgrafen gab, und dieſe in Darmſtadt Hof hielten, verdanken
wir es, daß es hier überhaupt ein Miniſterium gibt. Das einfachſte
Gebot der Dankbarkeit hätte demnach verlangt, den Namenszug unan=
getaſtet
zu laſſen. Man iſt aber auch hier nicht vor Eingriffen zurück=
geſchreckt
. Man hat den Landgrafenhut entfernt und beide L allein ſtehen

laſſen. Der Ludwig darf alſo daſtehen, aber nicht der Landgraf Lud=
wig
! Gilt übrigens das Denkmalſchutzgeſetz nicht auch für Behörden?

Zahlreiche Kinder führen Kreide bei ſich und beſudeln damit die
Häuſer. Nicht allein mit Kreide, ſondern auch mir Bleiſtiften, Tinten=
und Buntſtiften uſw. werden die Häuſer beſchmiert. Empörend iſt es,
zu ſehen, wie Häuſer=Faſſaden, die oft mit ſauer verdientem Gelde er=
neuert
worden ſind und auf denen die Farbe manchmal noch nicht trocken
iſt, beſchädigt werden. Wo bleiben die Erzieher (Eltern und Lehrer)
der Kinder, die doch die Pflicht haben, dieſe zu ermahnen uſw., ſolche
Beſchmutzungen zu unterlaſſen, oder ſehen die Erzieher dieſe Beſudelung
nicht? Außerdem iſt ſo etwas auch Sachbeſchädigung und kann gericht=
lich
belangt werden. Die Koſten, die dann entſtehen, kann ſich jeder an=
nähernd
ſelbſt ausrechnen.
Ein Architekt.

Die nächtlichen Diebſtähle in den Kleingärten an der Peripherie
der Stadt haben einen Umfang angenommen, der über alles Maß hinaus=
geht
. Beſonders ſchwer zu leiden haben die durch Einzäunung nicht ge=
ſchüitzten
Flächen. So wurden in den Gärten an der Heinrichſtraße nächſt
Inſel= und Heidenreichſtraße in den letzten Tagen wenigſtens ein Dutzend
Diebſtähle ſchwerſter Art ausgeführt, ſo daß die Gartenbeſitzer ſelbſt im
Herbſt nichts zu ernten haben werden, wenn keine Abhilfe geſchaffen
wird. Eine Eindämmung dieſes unerhörten Zuſtandes wird nur durch
tatkräftiges Eingreifen der Polizeiorgane zu erzielen ſein. Nächtliche
Streifen und Verwendung von Polizeihunden dürften genügen, dieſen
oder jenen Langfinger abzufangen und damit anderen die Luſt zu wei=
teren
Räubereien zu nehmen. Möchten dieſe Zeilen die Polizeiorgane
veranlaſſen, ſich der Sache wohlwollend anzunehmen, damit wieder
einigermaßen Ordnung hergeſtellt wird.

Tageskalender.
Sommerſpielzeit Bruno Harprecht (Kl. Haus), 7½ Uhr
abends: Charleys Tante‟.

Druck und Verlag: L. C. Wittich. Verantwortlich für Politik und
Wirtſchaft: Rudolf Mauve; für Feuilleton, Stadt und Land‟
Reich und Ausland: Max Streeſe; für den Inſeratenteil:
J. V. A.. Flciſchmann, ſämtlich in Darmſtadt.

Die heutige Rummer hat 6 Seiten

Bankgeschaft
Fernsprecher 1308, 1309

1 D 12 2* 1OTV
Bailtlotder

Aktien / Renten / Delisen / Sorten

1 Luisenplatz

Mehl= und Brotpreiſe.

Wegen der weiteren Steigerung der
Unkoſten wurden die Preiſe für Mehl und
Brot durch die Beſchlüſſe der zuſtändi=
gen
Ausſchüſſe vom 27, d8. Mts. ab wie
folgt feſtgeſetzt:
A. Mehlpreis.
Abgabepreis der Mehlverteilungsſtelle.
Einheitspreis für ſämtliche
Mehlarten für den Doppel=
zentner
ohne Sackpfand. Mk. 2860 400
B. Brotpreis.
1. 1600 g Brot . . . . . Mk. 112000.
2. 800 g Brot . . . . . Mk. 56 000.
3. Brötchen aus gemiſchtem
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Darmfädter Tagblatt

27. Aug. 1923 Ar. 236

DoltdeM Oomtägt
Troßbachs neuer deutſcher Rekord. Weltrekord des Rhönfliegers Martens. Spielvereinigung Fürth gegen
Hambunger Sportderein 3.4. Radweſimeſſeſchaſt in Bürich.

Fußball.

Spielvereinigung FürthHamburger Sportverein 3:1 (2: 1).
Das Spiel kam in Fürth vor 25 000 Zuſchauern zum Austrag.
Die Fürther konnten die klare Ueberlegenheit des ſüddeutſchen gegen=
über
dem Hamburger Spielſyſtem beweiſen. Das erſte Tor erzielten
die Fürther bereints in der fünſten Minute, während die Hamburger
erſt in der 33. Minute ihr erſtes Tor erzielen konnten. Drei Minuten
ſpäter ſchoß Fürth den 2. Treffer durch ſeinen Mittelſtürmer, dem in
der fünften Minute nach Halbzeit das 3. Tor folgte. Die Fürther
waren beſonders in der zweiten Hälfte ſtark überlegen und haben außer
ihren drei Toren noch verſchiedene Lattenſchüſſe zu verzeichnen, die
ebenſo gut als unfehlbare Tore hätten ſitzen können. Der Erfolg
Fürths iſt ein verdienter und auf die gute Zuſammenarbeit der Mann=
ſchaft
zurückzuführen.
Phönig=LudwigshafenV. f. R.=Kaiſerslautern 2:0.
Ludwigshafen 03Fußballverein Frankenthal 2:0.
Kölner Klub für NaſenſportMülheimer Sportverein 4: 1.
Germania=Elberfeld-Kölner Ballſpielverein 2:1.
V. f. B.=DortmundSportfreunde Dortmund 2:0.
Bochum 1848Ballſpielverein Miuden 2:1.

Sportklub Nürnberg Hamburger Viktoria 2:0.
F.=C. Pfurzheim Berliner Sportverein 1:2.
F.=C. Pforzheim Spandauer Sportverein 3:1.
In Stuttgart gewann der Nürnberger Fußballverein gegen Sport=
klub
Stuttgart 2:1, während der Stuttgarter Sportverein gegen F. f. B.
Heilbronn mit 4:5 unterlag.
Eintracht=Frankfurt Arminia=Hannover 0:5.
Sportverein=Frankfurt V. f. L.=Neckarau 1:0.
Vereinigung=Fechenheim Vereinigung Schwetzingen 3:3
Berlin.
Vorwärts=BerlinUnion=Charlottenburg 3:0.
Union 92=BerlinTennis Boruſſia 0: 2.
Sportluſt BoruſſigF. V. 1910 2: 0.

Fußball im Saargebiet.
Sportverein SaarbrückenSulzbach 1:1.
SaarburgTrier 05 8: 8.
Boruſſia=NeunkirchenHomberg (Saar) 8:
Neukirchen 05Merzia 2:1.
DudweilerMännerturnverein Villingen 3:
Sulzbach-Fußballverein Saarbrücken 2:5.
SulzbachSaar 05 4: 1.
SaarburgSportverein Saarbrücken 4:0.

Freie Turngemeinde Darmſtadt I.Freie Turngemeinde Pfungſtadt I.
2:0 (2:0).
Eckenverhältnis 0:0. Das Spiel fand in Pfungſtadt ſtatt und ſtand
größtenteils im Zeichen der Ueberlegenheit Darmſtadts.
I. Jugend Darmſtadt gegen I. Jugend Pfungſtadt 0 2 in Darm=
ſtadt
. II. Jugend Darmſtadt gegen II. Jugend Pfungſtadt 0:2 in
Pfungſtadt.
Leichtathletik.

Olympiſche Spiele in Jena.
Troßbach (Eintracht=Frankfurt), der vor acht Tagen in
Frankfurt mit 15,7 Sekunden im Hundertmeter=Hürdenlauf den deut=
ſchen
Meiſtertitel errang, ſtellte geſtern mit 15,1 Sek. einen neuen
deutſchen Rekord auf.
Berliner Sportklub gegen Sportklub Frankfurt 1880.
Der Klubkampf, in dem ſich die Jugend= und Jungmannſchaften
beider Vereine trafen, kam auf dem herrlich gelegenen neuen Sportplatz
des Sportklubs Frankfurt 1880 am Niederwald zum Austrag. Berlin
ſiegte mit 97 Punkten über Frankfurt, das es auf 61 Punkte brachte.
Der Länderwettſtreit Weſtdeutſchland gegen Holland, den in Köln
zum Austrag kommen ſollte, fiel aus, da die Holländer nicht er=
ſchienen
.
Wettkämpfe in Miltenberg.
Kein Sportfeſt ohne Konkurrenz. Frankfurt Eintracht, Turnverein
M. 2. 6. Mannheim mit einem Teil ihrer Beſten. Darmſtadt vertre=
ten
durch Sportverein 98 in A. S. C.
Die Jugendkämpfe boten beſonderes Intereſſe für die Sportver=
einler
. Bei der Bewertung der Geſamtleiſtung iſt folgende Reihenfolge
zu verzeichnen: 1. Turnverein 60=Frankfurt; 2. Eintracht=Frankfurt;
3. Sportverein 98.
Die wichtigſten Reſultate:
Fugend:
Ballwerfen: 1. Marſchall, Turnverein=Frankfurt, 82 Meter;
2. Schulze=Aſchaffenburg, 74 Meter; 3. Gräſſer=Darmſtadt. 72,5 Meter.
Veitſprung: 1. Küch, Sp=V.=Darmſtadt, 5,94 Meter; 2. Mar=
ſchall
, Turnverein=Frankfurt, 5.94 Meter. (Durch Stechen entſchieden.)
100 Meter: 1. Stürker, Eintracht=Frankfurt. 11,3; 2. Küch,
Sportverein=Darmſtadt, Handbreite; 3. Marſchall, Turnverein=Frank=

Die übrigen Reſultate:

Dreikampf:
100 Meter:
200 Meter:
400 Meter:
Darmſtadt.

1. Jans=Sportv., 156; 2. Roth=Miltenberg, 144.
1. Söhnger=Eintracht: 2. Eiſch=Turnverein, 10,9,
1. Menmann=M. T. G., 25,4.
1. Nebel=M. T. G., 53,8. 2. Braun, A.S. C.=

800 Meter: 1. Altenburger=Eintracht, 2,7; 2. Kern=Eintracht.
1500 Meter: 1. Kaufmann=Turnverein 60, 4,25.
Diskus: 1. Steinbrenner=Turnverein 60, 40 Meter.
Speerwerfen: 1. Salomon=Turnverein 60, 48,60; 2. Krichel,
Sportderein=Darmſtadt, 46.30.
Hochſprung: 1. Anſchütz, A. S. C.=Darmſtadt, 1,65; 2. Knapp=
Sportverein 98, 1.65, (durch Stechen); 3. Bauer=Sportverein 98, 1,60.
Vauer ſpringt als Jugendlicher außer Konkurrenz. Der dritte
hat eine Leiſtung von 1,45 Meter.
4 X 100 Meter: 1. Eintracht, 2. Turnverein, 3. A. S. C.=
Darmſtadt. Sportverein ſcheidet im Vorlauf gegen die beiden Sieger
aus.
3 X 1000 Meter: 1. M. T. G.=Mannheim, 8,40; 2. Ein=
tracht
. Sportverein ſpielt keine Rolle.
Olympiſche Staffel: 1. Eintracht, 3,58 Meter: 2. Turn=
verein
60=Frankfurt; 3. Sportverein, Bruſtbreite. Die Darmſtädter
Mannſchaft wurde ausgeſchloſſne, da in der Staffel ein Jugendlicher
lief.

Radfahren.

Rund um Berlin: 255,4 Kilometer.
Berufsfahrer: 1. Aberger 8:35:43 Stunden, 2. Goll,

3. Geißdorf, 4. Schenkel, R. Huſchke. A. Huſchke hatte vor Oranien=

Webelenctelſlt. Wueheiſe z elegetlcheinle e Sie
ſchof=Breslau.
Großer Straßenpreis von Weimar: 120 Kilometer.
1. Roſenbuſch=Hannover 3:43 Stunden; 2. Neumann=Hannover;
3. Ziegler=Berlin.
Großer Preis von Plauen: 110 Kilometer:
1. Bünther=Schönheiden 3:24:40 Stunden; 2. Stander=Gera
3:26;53; 3. Ginnel=Schönheiden 3:27:03.
Mannſchaftsfahren in München.
Die Bayeriſche Meiſterſchaft im 100 Kilometer=Mannſchaftsfahren.
Das Mannſchaftsfahren wurde vom Radfahrerverein Schweinfurt in
der Zeit von 3:29,:50 überlegen gegen den Nadfahrerverein München
1884 geuonnen.
Die Radweltmeiſterſchaften in Zürich.
ſiegte der Schweizer P. Sutor
Im Rennen über 10 Kilon
Deutſche Wittig ſtand
rliten hatte.

Die Rhön=Segelflüge.

Fliegerlager Waſſerkuppe, 25. Aug. Die letzten Tage
brachten auf der Waſſerkuppe ſehr lebhaften Fliegerbetrieb, der in vieler
Beziehung reckt Wertvolles für die weitere Entwickelung unſeres Seegel=
flugſports
zeitigte. So fand man an dem Pelznerhang Aufwinde in
einer Stärke, wie man ſie bisher weder vermutet noch erwartet hatte.
Spieß, der früher der Dresdener Gruppe angehörte, gebührt das Ver=
dienſt
, dieſe vertvolle Entdeckung gemacht zu haben. Er ſtartete mit
der Darmſtädter Edith vom Weſthang der Waſſerkupte und flog ſo=
fort
auf den Pelznerhang zu, an dem er ſich über 40 Minuten ſegelnd
zu halten vermochte. Martens auf ſeinem neuen Aparat Strolch und
Thomſen auf dem Deſſauer machten es ihm ſchlauerweiſe nach, und ſo
erlebte man ein Schauſpiel, wie man es wahrlich nicht oft zu ſehen be=
kommt
. Die drei Maſchinen umkreiſten ſich in ſchnellſtem Fluge dicht
aufeinander. Einmal gewann der eine an Höhe und bald kam der an=
dere
ihm über. Die Zuſchauer, unter denen ſich piele Abgeordnete des
beſſiſchen Landtags befanden, wurden dauernd in Spannung gehalten.
Auch an Maſchinen kam eine ganz neue Idee heraus, die ſich in ihrem
Probeflug tadellos bewährte. Es handelt ſich um die Charlotte der
Akademiſchen Fliegergruppe Charlottenburg, die als ſchwvanzloſes Flug=
zeug
gebaut worden iſt. Leider ereignete ſich geſtern ein bedauerlicher
Unfall, indem die Maſchine beim Landen in dem Tal zwiſchen Pferds=
kopf
und der Eube gegen einen Baum gedrückt wurde. Die Maſchine
ging zu Bruch. Der Pilot Winter, dem allein die Konſtruktion der
Maſchine zu danken iſt, wurde leicht verletzt. Martens brachte einen
von dem Prometheus=Werk in Hannover gebauten Eindecker heraus,
der einen fabelhaften Eindruck hinterließ. Schnell ſicher und auf alle
Steuerausſchläge reagierend, hat der Apparat große Ausſichten in den
Hauptwettbewerben dieſer Veranſtaltung. Der Regierungspräſident
von Kaſſel beſuchte mit den Landräten ſeines Bezirks das Fliegerlager
der Waſſerkuppe. Die Herren bekundeten ihr Intereiſe an der Veran=
ſtaltung
durch die Stiftung eines 12Millionen=Preiſes, den Thomſen
durch einen Streckenflug weit über Gersfeld hinaus gewann. Die übri=
gen
Fluggeräte waren recht fleißig bei der Arbeit. Es kamen einige
bisher in der Rhön nicht geſtartete Maſchinen heraus, von denen be=
ſonders
der aus Schleſien ſtammende Galgenvogel durch ſeine guten
Eigenſchaften überraſchte.

Martens hat am Samstag ſeinen im Vorjahre mit 3 Kilo=
metern
aufgeſtellten Rekord überholt. Er ſtartete von dem
Weſtrand der Waſſerkuppe, umſegelte dieſe einigemale, um Höhe zu
gewinnen und flog dann mit großer Geſchwindigkeit landeinwärts
in Richtung auf Fulda. Er landete bei Memlos, 12 Kilometer
Luftlinie von der Startſtelle entfernt. Die Martensſche Maſchine
die zum erſten Male einen Dreiviertelſtundenflug ausführte, ſcheint dem
Vamphr bei weitem überlegen; jedenfalls iſt die Maſchine viel ſchnel=
ler
. Nach Martens ſtartete u. a. noch Thomas auf dem Geheim=
rat
; er landete jenſeits von Gersfeld. Große Hoffnungen ſetzt man
auf die neue, von der Bahnbedarf A. G. gebaute Darmſtädter Maſchine
Konſul, die eine Flügelſpanne von 18 Metern beſitzt.
Durch ſeine Leiſtung ſchlug Martens den Weltrelord der Franzoſen
um einen ganzen Kilemeter, durch ſeinen Flug von über 12 Kilometern,
wobei er ſich zeitweiſe in 150 Meter Höhe in heftigen Böen hielt. Das
Beſondere an dieſem Flug bedeutet, daß Martens die Aufwinde des
Hanges beim Ueberſegeln des Geländes nicht benutzte,

Am geſtrigen Sonntag war die Waſſerkuppe das Ziel vieler Tau=
ſender
ron Wanderern, die bei dem heurſchenden ſtarken Wind eifrige
Flugtätigkeit erhofften. Der Wind blies jedoch aus einer ungünſtigen
Nichtung, ſo daß große Fernflüge, die für Sonntag vorgeſehen waren,
nicht durchgeführt werden konnten. Trotzdem wurde verhältnismäßig
viel geflogen. Der aufmerkſame Beobachter konnte feſtſtellen, daß die
Sicherheit der einzelnen Flugzeugführer ſich von Tag zu Tag geſteigert
hat. Martens verſuchte, auf der höenreichen Strecke durch das Euletal
nach Gersfeld zu fliegen; außerdem flogen die Darmſtädter Tlugzeuge
Konſul und Edith‟. Die Frankfurter Maſchine Stoeckicht=Tramat
verunglückte, nachdem ſie eine gute Flugleiſtung hinter ſich hatte. Der
Führer erlitt jedoch keinerlei Verletzungen.

Die heſſiſche Regierung auf der Wafferkuppe in der Rhön.
Waſſerkuppe Rhön, 25. Aug. (Eigener Bericht.) Auf eine
Anregung des Finanzausſchuſſes hin ſtatteten geſtern Vertreter der heſ=
ſiſchen
Regierung, des Landtags, der Induſtrie und der Techniſchen Hoch=
ſchule
Darmſtadt der Darmſtädter Akademiſchen Fliegergruppe auf der
Waſſerkuppe einen Beſuch ab.
An der Fahrt nahmen etwa 25 Perſonen teil, unter denen ſich
Finanzminiſter Henrich, Reichsminiſter a. D. Dr. David, Landtagspräſſ=
dent
Adelung, die Mitglieder des Finanzausſchuſſes, Geheimrat Prof.
Dr. Berndt, Prof. Dr. Heidebroek, ſowie eine Reihe beſonderer Förderer
des Luſtfahrweſens befanden.
In Automobilen, die von den Beſitzern für dieſen Zweck bereit=
willigſt
zur Verfügung geſtellt waren, ging die Fahrt von Darmſtadt
über Hanau, Gelnhauſen, Schlichtern, Gersfeld auf die Waſſerkuppe.
wo man ach 10 Uhr eintraf. Der Himmel hatte ſich inzwiſchen bewölkt
und ſtarke Regenboen gingen nieder. Der Vorſitzende der techniſchen
Kommiſſion, Prof. Schlink von der Techniſchen Hochſchule Darmſtadt,
begrüßte die Erſchienenen, und unter ſeiner Führung und der Führung
des Darmſtädter Fliegers Thomas wurde das Fliegerlager beſichtigt.
Das ſtärkſte Intereſſe fanden bei den Beſuchern natürlich die Darm=
ſtädter
, die noch eifrig bei der Arbeit waren, um am Nachmittag einige
Flüge zeigen zu können.
Am Abend vorher war das neueſte, von der Bahnbedarf=A.=G.
Darmſtadt gebaute Flugzeug Konſul angekommen, das nun flugbereit
gemacht werden ſollte. In den einzelnen Hallen hielten die Führer klei=
nere
Vorträge über ihre Apparate.
Nach einem Start, der wieder aufgegeben werden mußte, weil es
heftig aufing zu regnen, fand ein gemeinſames Eſſen ſtatt, das die
Lagerküche lieferte und das eine Probe für die Gäſte bedeutete, wie ſich
die Flieger dort oben für mehrere Wochen verpflegen.
Am Nachmittag klärte ſich das Wetter auf und es konnten eine Reihe
höchſt intereſſanter Flüge ſtattfinden. Die Darmſtädter Gruppe hatte
Gelegenheit, hervorragende Leiſtungen zu zeigen. So gelang es dem
Flieger Spieß, auf der Edith einen wundervollen Flug von 42 Mi=
nuten
Dauer, der von keinem Flieger an dieſem Tage überboten wer=
den
konnte auszuführen. Gegen Abend begaben ſich die Gäſte wieder
nach Darmſtadt zurück.
Das Geſehene hat die Vertreter der heſſiſchen Regierung, heſſiſche
Landtagsabgeordnete. Techniſche Hochſchule und Induſtrie, man darf
ſagen, mit Stolz auf die Akademiſche Fliegergruppe erfüllt. Unter
dem Eindruck der hervorragenden Leiſtungen ſtifteten die beſſiſche Re=
gierung
, die Landtagsabgeordneten und die Induſtrie je einen Preis,
deren Geſamtbetrag, wie wir hören, mehrere hundert Millionen Mark
beträgt.

Pferdeſport.

Magdeburg.
Großer Preis von Magdeburg, 30 000 Mark, 2200 Me=
ter
: 1. Hauptgeſtüt Altefels, Aberglaube; 2. Hampelmann; 3. Chriſtel.
Totaliſator 23:10, Platz 12,12:10. Ferner: Hüteger.
Neimarus=Erinnerungsrennen: 3000 Mark, 1600
Meter: 1. Hauptgeſtüt Altefelds Ferarg; 2. Raguſa; 3. Aladar, To=
taliſator
12:10, Platz 11,21:10. Ferner Trumpf.
Berlin=Karlshorſt.
Großes Stutenjagdrennen, 3300 Mark, 4000 Meter:
1. Bachmahr und R. Zimmermanns Phyllis; 2. Weleone pleaſe; 3. Il=
berſtadt
. Totaliſator 125:10. Platz 27,29,35:10. Ferner Ceres, von
Talyia, Magelone, Flugſchrift. Henriette, Simplieit, Derby, Paria,
Biprh. Ueberlegen: 10 L., 5 8.
Baden=Baden.
Chamant=Rennen 12000 Mark, 1000 Meter: 1. Geſtüt
Harzburgs Blaue Grotte, 2. Oder, 3. Trajan. Totaliſator: 74:10, Platz:
18,13:10. Ferner: Feſcher Teufel, Miramar.
Auguſt Batſchari=Erinnerungs=Rennen 30000
Mark 2400 Meter: 1. Graf Arnims Pelide; 2. Notung; 3. Manlius.
Totaliſator: 17:10.
Altes Vadener Jagdrennen 15 000 Mark, 5000 Meter:
Landberas Orne. Totaliſator: 14:10. Platz 14:10. Ferner Pippin,
Tiszawirag, Konſul. Der Baden=Badener Renntag erfreute ſich bei
ſchinem Wetter eines ſehr zahlreichen Beſuchs. Ein ſehr ſchöner Kampf
entſtpann ſich um den Preis vom Rhein, in dem Ausleſe unterlag, aber
nur ganz knatt, und zwar mit Kopflänge gegen Träumer.

Feldberg=Turnfeſt.

Auf dem Feldberg=Turnfeſt wurde erſter Sieger A. Kurt=Bieber,
Das Wälſungenhorn gewann die Rödelheimer Turngeſell=

ſchaft.

Turnen und Sport.

Zur Frage: Einigung mit den Sportverbänden,
ſchreibt Karl Söllner, 1. Turnwart des Turnerbundes E. V. Königs=
berg
, in der T. 3.:
Nach langen, im allerengſten Zirkel geführten Verhandlungen iſt
im Kreiſe I.Nordoſt der Deutſchen Turnerſchaft ein ſogenannter Bund
für Leibesübungen mit den Sportverbänden gegen Herbſt vorigen Jah=
res
proviſoriſch gegründet worden.
Die Satzungen des Bundes ſind ein kompliziertes Gewebe. Des
Pudels Kern bilden natürlich die unſeligen Fachausſchüſſe. Wovor der
Männerturnwart der Deutſchen Turnerſchaft in ſeinem ausgezeichneten,
im Jahrbuch Seite 110 enthaltenen Aufſatz: Sportliche Zentraliſation
oder turneriſche Selbſtändigkeit ſo ſehr warnt, der Anerkennung der
Fachverbände, das hat man im Kreiſe I getan. Wenn die Deutſche
Turnerſchaft als Geſamtheit demnächſt mit den Sportverbänden ein
Abkommen auf ähnlicher Grundlage abſchließen wollte, dann würde ſie
zugegeben haben, daß Turnen nur Gerät= und Freiübungskunſt ſei,
nicht mehr. Wie ſo viele in der Deutſchen Turnzeitung, möchte auch
ich an unſere Führer die Bitte richten, und ich ſpreche im Namen von
vielen, im Vereinsleben außerordentlich tätigen Turnern, von denen
nicht wenige den Siegeskranz eines Deutſchen Turnfeſtes ſich erwarben,
daß man unſer Recht auf volkstümliche Uebungen und Spiel nicht des=
halb
aufgeben ſoll, um einen faulen Frieden zu ſchließen.
Ein fauler Frieden würde es nur ſein können, weil das Weſen der
Deutſchen Turnerſchaft und das der Sportverbände ein grundverſchie=
denes
iſt. Noch ſo verzwickte Abkommen können keine Brücke ſpannen
zu den beiden Verbänden, es ſei denn, daß wir Turner uns zu Hamp=
lern
an den Geräten (ich führe eine Wendung an, die auf Verſamm=
lungen
der Sportler oft zu hören iſt) ſtempeln laſſen. Auch im Kreiſe I
iſt irgend eine praktiſche Wendung des Abkommens bis jetzt nicht zu ſpü=
ren
geweſen. Und ich werde drei Tatſachen anführen, die ſogar vom
Gegenteil erzählen.
Zur Zeit, als die Einigungsverhandlungen in unſerem Kreiſe kurz
vor dem Abſchluß ſtanden, da mußte der größte Verein des Kreiſes, der
Königsberger Männerturnverein von 1842, ſeine Mitglieder entſchei=
den
laſſen, ob der Verein noch weiter als Turnverein oder als ſportlich
orientierter ſogenannter Turnverein geleitet werden wollte. Eine
kleine Gruppe von Sportlirn und Fußballſpielern beanſpruchten den
wundervollen Spielplatz des Vereins faſt ausſchließlich für ſich. Für die
Turner ſollte kein Naum mehr ſein, wenn ſie ſich nicht nach den Nichtlinien
der Nurſportler, richten wollten. Es mußte alſo die Machtfrage in
allerſchärfſter Form entſchieden werden. Der damals ſchon reife Nord=
oſtdeutſche
Bund übte nicht die geringſte dämpfende Wirkung aus. Vor
den Kuliſſen entwarf man Einigungsſatzungen. Da, wo das wirkliche
Leben ſich abſpielte, kämpſte ein alter Verein um ſein Beſtehen gegen
eine Gruppe von Sportsleuten, denen der Mut zu ihrem Vorgehen
zweifellos nur von außen angefacht ſein konnte. Der Männerturn=
verein
blieb ſeinem turneriſchen Weſen treu und die nicht turneriſch
denken Wollenden ſchieden aus. Es vollzog ſich die reinliche Scheidung
und die Entwickelung hat gezeigt, daß dieſes die richtige Löſung ge=
weſen
iſt.
Der hauptſächliche Zweck eines wirklichen Nordoſtdeutſchen Bundes
hätte auch ſein müſſen, das Zuſammenfallen wichtiger Veranſtaltungen
beider Verbände zu verhindern. Im März dieſes Jahres unternahmen
wir Turner einen Städtewettkampf Danzig-Königsberg. Der Termin
war ſchon 1922 feſtgelegt worden und den Sportlern genau bekannt.
Die Sportler hatten in Königsberg ſonſt jeden Sonntag durch ihren
Fußbalſpielplan beſetzt. Nur den Tag unſeres Städtewettkampfes allein
hatte man durch kein Rundenſpiel belegt. Wir Turner gingen mit dem
Städtewettkampf, ein erhebliches Geldriſiko ein, deshalb freuten wir
uns ſchon, daß die Sportler durch Freilaſſen des Tages unſerem Beſuch
keinen Abbruch tun wollten. Jedoch etwa zwei Wochen vor dem Termin
erſchienen plötzlich Bekanntmachungen über ein eingeſchobenes Fußball=
ballſpiel
, das genau zu geicher Zeit des Städtewettkampfes und nicht
weit ab von der betreffenden Halle vor ſich gehen ſollte. Das Fußball=
ſpiel
fand ſtatt zwiſchen der beſten Königsberger Vereinsmeiſterſchaft und
einer anderen, die ſich aus den 11 beſten Spielern aus allen Königsber=
ger
Vereinen zuſammenſetzte. Die Werbetrommel war bewundernswert
gerührt worden, und wir Veranſtalter des Städtekampfes ſchätzen die
uns verurſachte Mindereinnahme ſehr erheblich. Wir haben uns als=
dann
gefragt, ob die Beſtimmungen eines Abkommens nur deshalb da
ſeien, daß allein wir Turner ſie befolgen.
Ich ſchließe, indem ich einiges aus dem führenden Sportblatt des
Oſtens anführe. Im Leitartikel der Nr. 19 vom 16. Mai 1923 berichtet
ein führender Mann der Sportler über die Vorſtandsſitzung des Deut=
ſchen
Fußballbundes in Hannover am B. und 29. April. Herr Pauk
Bräuel aus Danzig ſchreibt:
Das Verhältnis der Sportverbände zur Deutſchen Turnerſchaft iſt
noch immer nicht geklärt. Da Linnemann, unſer Unterhändler, der
Anſicht iſt, daß eine Eingung vielleicht doch noch zuſtande kommt, wird
ihm erneut Vollmacht erteilt. Um ein Hinausſchleppen der Verhand=
lungen
, das der Deutſchen Turnerſchaft allein zugute käme, zu verhin=
dern
, wird eine Entſcheidung bis zum 1. Auguſt verlangt. Ich ver=
ſpreche
mir von allen Verhandlungen und auch von Verträgen nichts,
ſie werden keine Löſung des Problems bringen, weil ſie es einfach nicht
vermögen. Alle Verträge ſtellen nicht mehr dar, als den Verſuch zu
einem friedlichen Nebeneinanderleben. Wir müſſen aber ein gegenſeitiges
Durchdringen des turneriſchen und ſportlichen Prinzips wünſchen, denn
nur dann kann von einer Einigung geſprochen werden. Eine Einigung
in dieſem Sinne wird durch eine Organiſation von oben herab nicht
herbeigeführt werden. Auch unſere Turn= und Sportvereine vermögen
ſie nicht zu ſchaffen, denn ſie ſetzt eine einheitliche Methode der körper=
lichen
Erziehung voraus, die heute noch nicht beſteht. Erſt wenn unſere
Vereine aus Spezialvereinen ſich zu Vereinen für Leibesübungen oder
Vereinen für Körperkultur gewandelt haben werden, dann dürſte man
der Aufgabe erfolgreich näher treten können, einen, ſagen wir einmal
Deutſchen Turn=Sportverband zu gründen.
Wenn der ehrliche Wille zu friedlichem Nebeneinanderleben vorhan=
den
iſt, dann ſind weder kurze noch weniger lange Verträge vonnöten.
Mit meinen Freunden glaube ich, daß die Deutſche Turnerſchaft nicht
gleich dem Kreiſe I das Recht auf volkstümliche Uebungen und Spiele
deshalb aufgeben darf, um eine, man mag ſagen, was man will, etwas
theatraliſch anmutende Verſöhnungskomödie aufzuführen.
Was in vorſtehend, wiedergegebenen Ausführungen Herr Bräuel
von den Sportvereinen wünſcht, das ſind alle einigermaßen richtig ge=
leiteten
Turnvereine ſchon immer geweſen. Werden erſt einmal auch
die Sportvereine zu Vereinen für Leibesübungen oder für Körperkul=
tur
, dann iſt die Einigung, die jedem die Luſt zum Leben laſſen will,
von ſelber da. Vorher aber könnte eine Einigung nach meiner Ueber=
zeugung
nur erfolgen auf unſere Koſten, indem wir uns, offen oder
verblümt, zu Sbezialvereinen ſtempeln laſſen. Ich vertraue auf die
Führer der Deutſchen Turnerſchaft, daß ſie nicht wegen eines faulen
Friedens noch faulere Kompromiſſe ſchließen.

Obige Ausführungen dürften in den Kreiſen der Leibesübungen
Treibenden allgemein intereſſieren. Wir ſehen einer ſachlichen Stel=
lungnahme
gern entgegen und werden demnächſt ſelbſt noch einmal auf
die Ausführungen zurückommen.

Tennis=Meiſterſchaften.

Die Kämpfe um die deutſchen Tennismeiſterſchaften haben ihren
Abſchluß gefunden. Die Meiſterſchaft von Deutſchland fiel an Land=
mann
=Berlin. Der vorzügliche Grundlinienſpieler iſt nur durch einen
ſicheren Angriffsſpieler zu beſiegen, und dazu waren Hockehs Leiſtun=
gen
nicht ausreichend. Die beiden erſten Sätze gingen mit 6:2, 6:3 an
Landmann. Dann ſchien Hockey aufzukommen und führte bereits
mit 5:2. Doch wurde er ſichtlich unſicher und mußte die nächſten fünf
Spiele und damit Sieg und Meiſterſchaft ſeinem Gegner überlaſſen.

[ ][  ]

Seite 6.

Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 22. Auguſt 1923.

Rummer 236.

Landwirtſchaft, Gartenbau, Kleintierzucht und Siedlungsweſen

Arbeitskalender für den Monat September.

Aufdem Felde wird die Körnerernte beendet. Die Stop=
peln
werden ſofort geſchält oder geſtürzt. Zum Einſäen von Stop=
pelkraut
und ſonſtigem Herbſtfutter iſt es zwar ſpät, doch kann bei
günſtiger Herbſtwitterung noch eine gute Ernte erzielt werden.
Der Klee wird zum zweitenmale gemäht, die Frühkartoffeln
werden abgeerntet, die Ernte der Spätkartoffeln beginnt und das
Wintergetreide wird ausgeſät. Alles Saatgetreide wird mit us=
pulun
gebeizt. Außer dem Stalldung muß genügend Stickſtoff,
Phosphorſäure und Kali gegeben werden. Das ſchwefelſaure
Ammoniak gibt man im Herbſte zu einem Drittel, das andere im
Frühjahre. Durch Ammoniak kann der Ertrag ſehr erhöht werden.
Alle Felder erhalten womöglich vor Winter die Saatfurche. Treten
Ackerſchnecken auf, ſo arbeitet man mit ungelöſchtem Kalk ( Kalk=
pulver
).
Aufden Wieſen kann nach der Grummeternte das Vieh
aufgetrieben werden. Später wird gewäſſert, doch dehne man die
Weide ſo lange wie möglich aus. Schwefelſaures Ammoniak,
Kainit und Thomasmehl für die Winter= (Kainit und Thomas=
mehl
) und die Frühlingsdüngung müſſen beſchaffen werden.
Im Garten werden die Wintergemüſearten gehackt und
verzogen. Von beſonderer Bedeutung ſind für viele Gegenden
Winterwirſing und Winterſalat, weil dieſe im Frühjahr in der
gemüſeärmſten Zeit gute Erträge liefern. Man pflanzt den Wir=
ſing
ſo nahe, daß man im Frühling wenigſtens immer eine Reihe
und in jeder ſtehenbleibenden Reihe noch 2 von 3 Pflanzen fort=
ſchneiden
kann. Was dann noch ſtehen bleibt, bildet im Sommer
Köpfe. Winterwirſing kann man in manchen Jahren bis Dezem=
ber
pflanzen; er kommt aber in kalten Gegenden nicht ohne Schutz
durch den Winter.
Die Pferde haben tüchtig Arbeit zu leiſten und müſſen
gut gefüttert werden. Auch bei drängender Arbeit ſoll man ihnen
genügend Verdauungszeit geben. An nebligen Tagen ſollen die
Fohlen nachts in den Stall gebracht werden. Neues Heu iſt nur
mit Vorſicht zu füttern. Eine Zugabe von Möhren iſt zu empfeh=
len
, doch darf der Hafer nicht mangeln.
Das Rindvieh iſt noch auf den Weiden, erhält aber Zu=
futter
. Wird dasſelbe abends eingeſtallt, ſo tut ein guter, meh=
liger
Abendtrank gute Dienſte. Sollen Rübenblätter gefüttert
werden, ſo gebe man ein Zufutter von Heu, Stroh oder Spreu,
weil ſonſt leicht Durchfälle eintreten.
Im Schweineſtalle findet die Herbſtferkelung ſtatt. Man
achte darauf, daß die Nachgeburt ſchnell entfernt wird. Die
Schweinezucht iſt der teuren Futterpreiſe wegen für weite Kreiſe
unrentabel geworden.
Die Schafe beweiden außer trockenen Wieſen jetzt abge=
erntete
Felder, beſonders auch Rübenfelder. Bei zweiſchurigen
Schafen erfolgt jetzt die zweite Schur. Die Maſthammel ſtehen
jetzt außerordentlich im Preis und ſind zeitig zu verkaufen. Die
Stallungen ſind für den Winteraufenthalt herzurichten.
Das Geflügel iſt jetzt ſtark in der Mauſer. Gute Pflege
in dieſer Zeit erzieht fleißige Winterleger. Dem Junggeflügel legt
man die Ringe an. Aeltere Hühner, die nicht mehr rentabel ſind,
werden ausgemerzt, doch können die Hühner bei den heutigen
Eierpreiſen ruhig ein paar Jahre älter werden.
Im Bienenſtande iſt eine gründliche Herbſtunterſuchung
vorzunehmen, die vor allem zeigen ſoll, ob ein Stand genügend
Nahrung hat. Jedes Volk, ſoll 2025 Pfund Nahrung, alſo
Honig haben. Iſt dieſe Menge nicht vorhanden, ſo muß Zucker=
fütterung
nachhelfen. Ein gutes Futter beſteht aus einer Löſung
von 4 Pfund Kandiszucker und einem Liter Waſſer. Die Winter=
fütterung
ſoll Ende September beendet ſein.

Die Feinde der Tomate.

Von Obergärtner Karl Wenzel.

Etwas über Eßkartoffeln und deren Geſchmack.

Vor mehr als 40 Jahren war als Eßkartoffei geſchätzt und
gehandelt nur die ſchleſiſche rote, unſere alte bekannte Daber=
ſche
rote, alle anderen waren nur Futter= und Fabrik=
kartoffeln
. Im Geſchmack freilich war ſie ſehr gut, und darum
hat ſie ſich ſo lange gehalten, trotzdem ihre Erträge immer
ſchlechter wurden. Und noch heute gibt es Landwirte, die ſich
von ihr nicht trennen mögen, zum Schaden des Kartoffelertrages.
Weil ihnen nur dieſe gut ſchmeckt, ziehen ſie dieſe nur zum
eigenen Gebrauch. Frühen befanden ſich zwiſchen den Daber=
ſchen
roten auch runde dunkel= und hellblaue Kartoffeln mit
gelbem Fleiſch . Dieſe waren ein Leckerbiſſen für Feinſchmecker;
beſonders beliebt waren blaue Kartoffeln und Fiſch. Aber dieſe
guten alten Zeiten ſind vorüber, es ſind viele neue, beſſere und
ertragreichere Sorten entſtanden. Und dank ihnen haben wir
jetzt bedeutendere Kartoffelerträge als früher, und wer heute
noch feſt hält an ſeiner Daberſchen, muß mit wenig Zentnern
rechnen. Ueber den Geſchmack läßt ſich allerdings nicht ſtreiten. Ich
baue als Erſatz für Daberſche rote als Eßkartoffel die
Induſtrie mit gelbem Fleiſch, eine vorzügliche, ertragreiche
Sorte, die aber guten Boden haben will und nicht überall gleich=
gut
gedeiht. Ja, es gibt hier einzelne Güter, die nichts von
ihr wiſſen wollen, weil dort der Ertrag ſchlecht iſt. Wo ſie ſich
aber wohl befindet, vermehrt ſie ſich ſehr. Es war auch im
letzten Herbſt eine Luſt, ſie auszubuddeln, eine Pudelmütze‟
voll unter einer Staude, 20 bis 22 Stück, alle von mittelmäßiger,
runder Geſtalt. Und dazu iſt ihr Ausmachen leicht, da ſie nicht
ſo tief in den Boden dringt wie die Phönix und alle ihre
Knollen rund um die Staude hat. Die Induſtrie hält ſich
lange, bis es neue gibt, auch in Geſchmack. Ich und noch viele
andere ziehen ſie allen anderen Sorten als beſte Eßkartoffel vor.
Eine ſchöne dampfende Schüſſel mit gelben Erdäpfeln mit
ihrem etwas feſteren Fleiſch iſt doch etwas Herrliches. Und dieſes
iſt auch der Grund, daß die Induſtrie ſoviel begehrt wird,
trotzdem ſie auch ſchon eine alte Sorte iſt. Im Herbſt 1921 war
der Zentner immer annähernd 100 Mark teurer als andere
Sorten. Um aber ganz reines Saatgut zu bekommen, reine,
gelbe Knollen, ſchnitten wir beim Schälen der Eßkartoffeln die
Köpfe von den Knollen, ſogen. Platen, tauchten die Schnitt=
fläche
in Aſche, bewahrten ſie in Käſten auf und pflanzten ſie
im Frühjahr mit den anderen zugleich. Ich hoffte auf dieſe
Weiſe auf einen beſonders großen Erfolg. Ein alte Frau in
unſerem Dorfe machte immer Platen von den Daberſchen,
ſie hatte großartige Erfolge, zog auf dieſe Weiſe neues Saatgut
und hatte viele Abnehmer. Aber bei der Induſtrie war dieſes
nicht der Fall, ungeſchnittene wurden größer; die erſteren
brachten nur mittleres, aber gutes Saatgut, das beſonders ein=
gemietet
wurde. Wer nun den Geſchmack der Induſtrie nicht
liebt und ſie nicht eſſen mag, der lobt wieder die Phönir, mit
weißem Fleiſch und roter Haut. In der Schüſſel iſt die Knolle
ſchön weiß und von lockerem Beſtand, ſie iſt auch ſehr reichtragend,
läßt ſich aber ſchwer ausnehmen, weil ihre Knollen tiefer in den
Boden dringen und vereinzelt weit von der Staude ſtehen. Die
Knollen ſind länglich. Dieſe Sorte, hält ſich auch ganz gut im
Sommer, aber wer an den Geſchmack der Induſtrie gewöhnt iſt,
mag ſie nicht eſſen. Aug. Krüger Winningen in Pommern.

Der praktiſche Schrebergäriner.

Keinen Raum leer liegen laſſen. Der Klein=
gärtner
muß ein Künſtler in ſeiner Art ſein. Er muß ſtets ab=
wägen
, wie er ſeinen Raum ausnützen kann. Er muß jedes Beet
im Auge behalten und überlegen, ob er dasſelbe beſſer ausnützen
kann. So liegen teilweiſe die Nänder und Böſchungen an den
Wegen frei. Sie können mit Feldſalat beſät werden, der ſich
ſo ganz hübſch macht und die Wege noch rein hält. Sieht man,
daß der Winterkohl etwas hochſtämmig wächſt, ſo ſät man darun=
ter
noch Feldſalat. Desgleichen zwiſchen dem Poree, wenn er
das letztemal recht hoch angehäufelt iſt.

Durch fehlerhafte Behandlung, Pflege und Düngung treten
nicht ſelten Wachstumsſtörungen auf, welche die weitere Ent=
wicklung
der Pflanze hindern.
Die Blattkräuſelung äußert ſich durch gekrümmte
Blätter, aufgetriebene Blattrippen, zerriſſene Blätter. Sie wird
durch zu reichliche Bewäſſerung, einſeitige Düngung mit Jauche,
Blutmehl und anderen ſtickſtoffhaltigen Düngemitteln verurſacht.
Auch zu ſtarkes Beſchneiden ſtarkwachſender Pflanzen kann die
Krankheit veranlaſſen, dadurch Saftſtockungen herbeigeführt
werden.
Das Abfallen der Blütenknoſpen iſt auf Tem=
peraturwechſel
, auf unterbliebene Befruchtung, auf Trockenheit
und auf Nahrungsmangel zur Zeit der Blüte zurückzuführen.
Hohle Stengel entſtehen an friſch geſetzten Pflanzen bei über=
mäßigem
Stickſtoffgehalt des Bodens, bei reinlicher Bewäſſerung
und dadurch verurſachtem raſchem Wachstum; auch das Unter=
laſſen
einer ſachgemäßen Abhärtung vor dem Auspflanzen be=
günſtigt
die Krankheit. Die zur Erkrankung führende urſache
läßt ſich alſo leicht vermeiden.
Eine eigentümliche, in Neuſüdwales, erſtmalia beobachtete
und von Cobb näher ſtudierte Krankheit iſt die Blattver=
zwergung
. Gewöhnlich erkranken nur einige Pflauzen in=
mitten
eines ſonſt geſunden Beſtandes. Die äußeren Merkmale
zeigen ſich in der Bildung von Roſetten kleiner verkümmerter
Blättchen gewöhnlich am Ende der Zweige um die halbe Reife=
zeit
. Die Zweigenden ſind oft ſtark verdickt und bilden Ad=
ventivwurzeln
. Hier und da finden ſich auch Früchte, die jedoch
kaum mehr als Erbſengröße erreichen und ſelten zur Samen=
bildung
ſchreiten. Die Urſachen dieſer eigentümlichen Erkrank=
ung
ſollen einmal in mangelhaftem Saatgut zu ſuchen ſein,
anderſeits mutmaßt man in tieriſchen Schädlingen. ( Blatt=
milben
) die Erreger. Eine Uebertragbarkeit der Krankheit von
Pflanze zu Pflanze hält der obgengenannte Forſcher für aus=
geſchloſſen
.
Von pflanzlichen Schädlingen oder Pilzen ſind
hauptſächlich bekannt und in England und Amerika zuerſt fol=
gende
heobachtet worden:
Die Gelbfleckenkrankheit der Blätter wird durch
den Pilz Cladoſporium fulvum verurſacht. Galloway beob=
achtete
dieſe Krankheit 1889 zuerſt in Amerika bei Tomaten,
die im Glashaus getrieben wurden. Der Pilz befällt die Unter=
ſeite
der Blätter an den Blattrippen und verurſacht große gelbe
Flecken. Die Bläter ſterben vorzeitig ab. Die Krankheit breitet
ſich bei feuchter Wärme ſehr ſchnell aus. Zur Vorbeuge wird
das Beſpritzen mit ½= bis lprozentiger Kupferſodabrühe ange=
raten
. Das Vernichten der befallenen Pflanzen iſt aber vorzu=
ziehen
.
Die Krautfäule wird durch den Pilz Phytophtora in=
feſtans
hervorgerufen. Es iſt der gleiche Pilz, welcher bei der
Kartoffel die Kraut= und Knollenfäule veranlaßt. Die Blätter
werden mißfarbig, braunfleckig und ſchrumpfen. Die Krankheit
tritt hauptſächlich bei warmem, feuchtem Wetter auf und breitet
ſich ſehr ſchnell aus. Das Beſpritzen mit Kupferkalkbrühe wird
angeraten; wirkſamer ſoll Aupfervitriolſpeckſteinmehl (Foſtite)
ſein.
Der Mehltau, eine durch einen Eriſyphepilz verurſachte
Blattkrankheit, welche ſich durch einen grauſchimmeligen Belag
der Blätter kennzeichnet. Die Blätter kräuſeln ſich vielfach und
werden ſpäter gelbfleckig, wenn der Pilz ſich weiter entwickelt
hat. Das Ausreißen und Verbrennen ſtark befallener Pflanzen
iſt jedenfalls das beſte Mitel. Im Anfang kann man durch
Schwefeln der weiteren Verbreitung vorbeugen. Es eignet ſich
nur feingemahlener Schwefel zum Ausſtäuben, damit eine feine
Verteilung und große Wirkſamkeit erreicht wird. Jedenfalls
ſind kranke Pflanzen auszurotten und zu verbrennen.
Maeroſporium Lycoperſici oder Solani macht große graue
Flecken mit braunen, konzentriſchen Zonen auf den Blättern.
In England iſt die Krankheit unter dem Namen Black ſtrive‟
(Schwarzſtreifen) bekannt. Verbrennen befallener Wurzeln.
Der Pilz Fuſarium Lyeoperſiei verurſacht die Schlafkrank=
heit
der Tomate. (Sleeping Diſeaſe). Er befällt die Stengel
und bringt ſie zum Welken oder Schlaffwerden. Behandlung
iſt zwecklos.
Septoria Lycoperſiei ruft einen Blattbefall hervor. Es ent=
ſtehen
kleine Flecke an Blättern, Stengeln und Früchten, wo=
durch
großer Schaden verurſacht werden kann. 1prozentige
Kupferkalkbrühe gilt als Gegenmittel; doch müſſen die Beſpreng=
ungen
öfters erfolgen, wenn ſie nachhaltig ſein ſollen. Be=
fallene
Pflanzen ſind auszureißen und zu verbrennen; auch
eine gute Bodendränage kann günſtige Wirkung ausüben.
Tritt die Seuche ſehr ſtark auf, ſo iſt auf dem betreffenden Stück
längere Zeit die Tomatenkultur ganz einzuſtellen. Auf Flächen,
wo die Krankheit noch nicht übermäßig überhand genommen
hat, iſt für ein Fernhalten der Ranken vom Boden zu ſorgen,
überhaupt iſt zu beachten, daß die Sonne ungehindert vollen
Zutritt zu den Pflanzen hat.
Von tieriſchen Schädlingen an der Wurzel der Tomate ſind
zu nennen:
Der Drahtwurm, die Larve des Saatſchnellkäfers, ein
bekannter Schädiger der Salatpflanzen. Er frißt die junge
Pflanze an dem Wurzelhals an und höhlt den Stengel aus.
Die Pflanze wird welk und ſtirbt plötzlich ab. Schon beim
Umgraben der Beete iſt auf dieſen Schädling zu achten. Auf=
leſen
und vernichten iſt das beſte Mittel, desgleichen auch für
andere im Boden lebende Schädiger, z. B. die Maulwurfsgrille,
die grauen Raupen (Erdwurm) von der Winterſaateule ( Agro=
tis
ſegetum) und anderen Saateulen, deren Raupen in der Erde
vorkommen und die Pflanzen abfreſſen.
Das Wurzelälchen oder Nematode, auch Wurzel=
knotenwurm
(Heterodera radieiola), ein mikroſkopiſch kleiner
Wurm, ruft knotige Anſchwellungen an den Wurzeln hervor.
Es leiden beſchnittene Pflanzen mehr als unbeſchnittene. Als
Gegenmittel zur Vertreibung kann nur der Fruchtwechſel mit
Pflanzen gelten, die von dem Schädling nicht angenommen
werden.
An den Blättern erſcheinen:
Die rote Spinne (Tetranychus telarius) ſitzt auf der
Unterſeite der Blätter und ſaugt den Saſt derſelben aus. Die
dadurch veranlaßte Gelbfärbung läßt die Urſache ſofort erken=
nen
, obwohl der Schädling mit den bloßen Augen kaum zu ſehen
iſt. Die Ausbreitung erfolgt ſehr ſchnell beſonders in Glas=
häuſern
und Miſtbeetkaſten bei trockener Luft. Beſprühen mit
Tabakbrühe, Beſtreuen mit Tabakſtaub, Räuchern mit Tabak
ſind die wirkſamſten Mittel im Anfang. Auch gegen die Blatt=
läuſe
hilft Tabak in ſeiner verſchiedenen Anwendung.
An den Früchten tritt der Tomatenwurm d. i. die Raupe
von Heliothis armigera, auf. Dieſe Raupe ſchadet durch das
Benagen der Früchte, wodurch dieſe völlig unverkäuflich werden.
Als Vertilgungsmittel wird Uraniagrünlöſung empfohlen, ſonſt
bleibt nichts weiter übrig, als die von dem Schädiger befalle=
nen
Früchte abzuleſen, zu verfüttern oder zu vernichten.
Gegen die Phytoptoſe der Tomaten, durch welche die jungen
Pflanzenteile wie mit einem weißen Pilz bedeckt erſcheinen und
die durch die Milbe Phytoptus caleladophora hervorgerufen
wird, iſt als gutes Vertreibungsmittel Schwefel zu empfehlen,
der ſowohl feucht wie trocken zur Anwendung kommen kann.
Die vorſtehend genannten Schädlinge ſind mit einigen Aus=
nahmen
verhältnismäßig ſelten zu finden.

Vom Gemüſeeinmachen.

Sowie die Gemüſe jetzt in der Ausbildung vorangeſchritten
ſind, iſt auf eine gute Ernte zu rechnen. Man wird auch Gemüſe,
wenn auch zu höheren Preiſen als im Vorjahr, konſervieren können.
Die Vorräte aus der Ernte 1922 ſind ſozuſagen aufgebraucht,
wenn auch noch kleinere Poſten in den Detailgeſchäften und
Kaufhäuſern vorhanden ſind. In manchen Haushaltungen hat
man nicht ſo viel Spargel in Büchſen eingelegt wie in früheren
Jahren. Dagegen iſt das Einlegen von Erbſen, Puffbohnen,
Kohlrabi uſw. vermehrt, beſonders von jenen Haushaltungen,
welche ſelbſt große Anbauflächen zur Verfügung haben.
Bleibt die Nachfrage des Büchſengemtſes im Inland rege,
ſo ſollte die Ausfuhr beſchränkt werden, weil doch die in Frage
kommenden Konſerven auch für die Volksernährung mit in Frage
kommen. Vergegenwärtigt man ſich die im Handel vorkommenden
Volksnahrungsmittel dieſer Art, ſo muß konſtatiert werden, daß
die Salzgemüſe= und Eſſiggemüſekonſerven ſehr vielſeitig ſind.
Je mehr Nohgemüſe aus dem Felder= und Gartenbau verarbeitet
werden kann, deſto größere Mengen können zur Herſtellung kom=
men
, ohne den Friſchgebrauch der Gemüſe zu hemmen. Die Un=
koſten
für den Anbau, Pflücken, Ernten, Transport, Zubereitung,
Doſen, Fäſſer uſw. ſind allerdings auch ſehr erhöht.
Eine Maſſenverbrauchsware iſt das Sauerkraut, weil es ſich
bis zur neuen Ernte hält. Die Vorräte hiervon und von Salz=
bohnen
ſind noch nennenswert, während Salzgurken, Salatrüben
und das Rübenkraut weniger vorhanden ſind. Letzteres iſt über=
haupt
im Kleinhaushalt nicht eingelegt. Der Bezug von Sauer=
kraut
= und Gurkentonnen iſt jetzt ſchwierig, weil die neuen Fäſſer
fortwährend im Preiſe ſteigen, daher der Alttonnenhandel auch
ſehr lebhaft iſt. Die Eſſiggemüſe ſind im Haushalt auch ſehr be=
liebt
und können von Juli an bis ſpät im Herbſt und Winter ein=
gelegt
werden. Eſſiggemüſe, die auch in der Jetztzeit noch in den
Kaufmannsgeſchäften Nachfrage finden, ſind: Spargel, Erbſen
und Karotten als Einzelkonſerve und als Miſchkonſerve, Bohnen,
Gurken, Kürbis, Tomaten, Paprika, Paſtinaken, Zwiebeln, Pilze,
Schalotten, Sellerie, Kapern, Perlzwiebeln, Blumenkohl, Speiſe=
mais
, uſw. Dort, wo Sellerie wenig zu haben ſind, hat ſich die
Paſtinake als Erſatz bewährt, ſo daß ſie als Eſſigkonſerve auch ein=
gelegt
werden kann. Die Eſſiggemüſe ſind in Gläſern, Stein=
guttöpfen
, kleinen Fäßchen haltbar. Mired Pickles ſind für
Nahrungs= und Genußmittel wertvoll. Mixed Pickles ſind dann
am geſchmackvollſten, wenn feinſter Tafeleſſig verwendet und be=
ſonders
in der Miſchung Gürkchen, kleine Karotten, Erbſen,
Perlzwiebeln, Schalotten, Paprika, Blumenkohlſtückchen, Prin=
zeßböhnchen
vorhanden ſind.
In der Vorkriegszeit waren franzöſiſche und engliſche Mixed
Pickles im Detailhandel. Beſonders wurden dieſe in den Delika=
teßgeſchäften
gefragt, obgleich ſie mit dem doppelten Preis
notiert waren als die deutſche Ware. Es notierte in der Vor=
kriegszeit
1 Liter=Glas deutſche Mixed Pickles 1 Mark, dagegen
engliſche Ware 2 Mark. In den letzten Jahren ſind dieſe Aus=
landswaren
verſchwunden. Die Hauptſache iſt jetzt, ſelbſt ein=
gemachte
Gemüſe auf den Tiſch zu bringen. Die amerikaniſchen
Sweet Pickles, ſüße Pickles, Sweet Charkins, ſüße Gurken uſw.
ſind jetzt aus den Nahrungsmittelgeſchäften verſchwunden. Nach
dem vermehrten Anbatt zu urteilen, können im Haushalt mehr
Tomaten als Eſſigkonſerben, Tomatenmus, Tomatenpüree, in
Verwendung kommen. Als Brotaufſtrichmittel hat ſich eine be=
ſonders
präparierte Ware bewährt. Die in dicken Scheiben ge=
ſchnittenen
Wintermöhren als Salzmöhren halten ſich dann in
Steintöpfen gut, wenn nicht zuviel Salz in Verwendung kommt.
Zu ſtark geſalzene Möhren und Gurken mußten nach einer Ana=
lyſe
, als berdorben erklärt werden. Dort, wo Uleberfluß an friſchem
Gemüſe iſt, ſollte man für den Haushalt mehr Gemüſe einlegen.


tember keine genügende Roſenbildung, dann iſt das Entſpitzen der
Roſenkohlpflanzen angebracht, vorher iſt nicht dazu zu raten, da
die Röschen ſonſt loſe werden. Man entfernt dann die obere
Endknoſpe jeder Pflanze. Die ausgebildeten Röschen ſollen ge=
erntet
werden. Damit zu warten, bis auch die an der Spitze
einigermaßen entwickelt ſind, iſt falſch. Die erntereifen entziehen
jenen nur die Nahrung.
Vom Nährſtoffgehalt des Grünfutters. Wie uns das frei=
lebende
und auch das Weidevieh beweiſt, genügt der Nährſtoff=
gehalt
des Grünfutters zur Ernährung der Pflanzenfreſſer. Kurz
vor der Blüte iſt das Grünfutter im allgemeinen am gehaltreich=
ſten
. Es iſt indeſſen zu beachten, daß die Verfütterung in dieſem
Stadium eine Verſchwendung bedeutet, da es zu viele unfertige
Eiweißſtoffe, ſogenannte Amide, enthält. Gleich nach der Blüte
geht der Nährſtoffgehalt infolge von Verholzung der Rohfaſer
ſchnell zurück, auch fallen die Blätter immer mehr ab. Am vor=
teilhafteſten
iſt es, das Grünfutter zur Zeit der Blüte zu ſchnei=
den
. Um immer derartig ſchnittfähiges Grünfutter zu haben,
muß man die Ausſaat in Zwiſchenräumen von zwei bis drei
Wochen vornehmen. Da ſich geſchnittenes Grünfutter bei länge=
rem
Liegen erhitzt, welt und unſchmackhaft wird, muß es möglichſt
im Laufe eines Tages verfüttert werden. Es iſt jedoch unwirt=
ſchaftlich
, die Tiere allein mit Grünfutter zu ernähren. Abge=
ſehen
von dem hohen Waſſergehalt und deſſen Folgen ſind, mit
Ausnahme von Grünmais, alle Grünfutterarten zurzeit der
Blüte ſo reich an Eiweißſtoffen, daß ſie aus Mangel an der ent=
ſprechenden
Menge von ſtickſtoffreien Stoffen nicht genügend aus=
genutzt
werden können. Dadurch, daß man dem Grünfutter /4
bis s ſeines Gewichtes Stroh zuſetzt, erlangt man eine beſſere
Ausnutzung.
Schafhaltung im Kleinen. In der Lammzeit der Schafe
kommt es ſehr oft vor, daß von einem Muttertier zwei ſeltener
auch drei Lämmer geworfen werden. In den meiſten Schafzüch=
tereien
werden dieſe Zwillingslämmer nicht beide am Leben ge=
laſſen
, weil die Mutter gewöhnlich außerſtande iſt, zwei Lämmer
zu ernähren. Das Großziehen mittels Flaſche und fremder Milch
iſt im Großbetriebe nicht angängig, dagegen iſt die künſtliche Auf=
zucht
dieſer Ueberflüſſigen für den Kleinbetrieb und beſonders
für den Ziegenzüchter nur zu empfehlen, wenn er Arbeit und
Mühe nicht ſcheut und die nötige Milch im eigenen Stalle erzeugt
wird. Er züchtet ſich da unmerklich einen feiſten Hammel heran,
der ihm ein ſchönes Stück Fleiſch oder beim Verkauf ein ſchönes
Stück Geld liefert. Das Neugeborene erhält am beſten die erſte
Milch nach dem Geburtsakte. In den erſten Lebenstagen genügt
eine Obertaſſe Milch für jede Mahlzeit. Die Milch wird leicht
angewärmt etwa alle drei Stunden verabreicht. Die Menge wird
allmählich geſteigert, aber auch die Wartezeit entſprechend ver=
längert
, bis nach etwa vierzehn Tagen dreimal am Tage je ein
halber Liter Milch gereicht wird. Mehr Milch ſollte in einer
Mahlzeit, nicht gegeben werden. Die hier angegebenen Mengen
genügen durchaus. Man hüte ſich, die Lämmer zu überfüttern.
Hält man die Menge bei zunehmendem Alter des Lammes nicht
mehr für ausreichend, ſo muß Hafer= und Gerſtenmehlſuppe mit=
gereicht
werden. Künſtlich ernährte Jungtiere ſollen überhaupt
zeitig an feſtere Nahrung gewöhnt werden.
Pferdepflege im Sommer. Schwitzende von der Ar=
beit
kommende Pferde darf man nicht mit kaltem Waſſer über=
gießen
. Man laſſe ſie zuerſt ein wenig ſtehen und waſche ſie
dann mit abgeſtandenem Waſſer ab. Das erfriſcht die Tiere und
befreit ſie von dem feinen Staub. Mit einem Schwamm waſche
man ihnen auch Augen und Nüſtern aus. Sind die Pferde ſehr
verdurſtet, ſo gebe man ihnen zunächſt nur in Waſſer getauchtes
Heu und danach erſt die Tränle, Kaltes Waſſer ſchadet
dem Magen nur, wenn das Tier nicht mehr in Bewegung bleibt.
Gelegenheit zur Schwemme benutze man fleißig und gebrauche
hier gründlich Bürſte und Seife.

des
ſchen

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