Darmstädter Tagblatt 1923


16. Juli 1923

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Heſſiſche Neueſte Nachrichten
Morgenzeitung der Landeshauptſtadt
Nachdruck ſämtlicher mit X verſehenen Original=Aufſätze und eigenen Nachrichten nur mit Quellenangabe Darmſt. Tagbl. geſtattet.
Nummer 194
Montag, den 16. Juli 1923
186. Jahrgang

RNnf Ret 36
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Mi R
Finanz=Anzeige
zeile 6000 R.3
ſtelle Rheizſtrg
expedſtionen.
Aufruhr, Strei!
auf Erfüllung
von Schadenerſatz
Beitreibung fällt
Deutſche Bank und Ve

Die abgeſagte Rheiniſche Republik.

* Köln, 16. Juli. (Priv.=Tel.) Im letzten Augenblick iſt
die Verkündigung der Rheiniſchen Republik, die für den 14.
und 15. Juli in Ausſicht genommen war, unterblieben. Man
hatte franzöſiſcherſeits umfangreiche Vorbereitungen getroffen.
In Düſſeldorf waren am 12. Juli 100 franzöſiſche Gendarmen
eingetroffen. In Wiesbaden, Worms und Mainz
hatte man die Räumung der Gefängniſſe vorbereitet, um Platz
für Widerſpenſtige zu gewinnen. Das Rheinland war
voneiner Unmenge franzöſiſcher Agenten über=
ſchwemmt
worden, die mit Ausweiſen Tirards verſehen
waren und die nötige Stimmung für die Ausrufung der Repu=
blik
vorbereiten ſollten. Die Dorten=Smeets=Leute
waren mobiliſiert. In Köln hatte man eine Neuwahl
der Führer veranlaßt. Bei dieſer Neuwahl wurde Smeets, der
mit Dorten perſönlich nicht übereinſtimmt, ausgeſchifft. Im
letzten Augenblick iſt aber die Zuſtimmung der
franzöſiſchen Regierung zurückgezogen worden,
und zwar ſowohl auf den Einſpruch Englands hin als auch in
Anbetracht der vorzeitigen Veröffentlichung der franzöſiſchen
Pläne durch die deutſche Preſſe. Es heißt, man habe nunmehr,
um die Dorten=Smeets=Leute abzuſpeiſen, Zuſicherungen ge=
macht
, das Syſtem der Ausweiſungen mit größter Schärfe und
Rückſichtsloſigkeit zu handhaben, um den franzöſiſchen Partei=
gängern
eine gewiſſe Machtftellung zu ſichern, nachdem der Haupt=
ſchlag
nicht durchgeführt werden konnte.

UII. Paris, 15. Juli. Anläßlich der Einweihung eines
Kriegerdenkmals in Senlis hat Poincaré eine bereits vor
Wochenfriſt angekündigte Nede gehalten. Nach einer kurzen
Einleitung, die von den Leiden der Stadt und ihrer Bewohner
während des Krieges und der deutſchen Kriegsführung handelte,
fuhr der Miniſterpräſident fort:
Wir wollten nicht mehr davon reden, ja wir müßten ſogar
vergeſſenund verzeihen. Warum aber iſt es Deutſch=
and
, das unſer Gedächtnis wieder wachruft und uns ſeine
Bewalttätigkeit und Grauſamkeit immer wieder
vor Augen führt? Haben wir etwa ſeit dem Friedensſchluß
Haß in Europa geſät? Einen Haß, der von der Zeit aus=
gewiſcht
ſein ſollte! Und ſind wir es, die in Europa einen
Zuſtand der Verwicklung und der Unordnung
ndlos andauern laſſen? Es ſcheint Leute zu geben, die das be=
haupten
, aber was ſoll man dazu ſagen? Wenn wir indeſſen
innehmen müſſen, daß hier und da ein rechtſchaffener Menſch
inem ſo großen Irrtum verfallen kann, ſo werden wir nicht
nüde, die Ungeheuerlichkeit desſelben darzutun.
Im weiteren Verlauf ſeiner Rede erklärte Herr Poincaré:
Der Krieg hat franzöſiſche Departements vernichtet und Frank=
eich
auf Jahre hinaus gehemmt. Es habe große Schulden in
England und in den Vereinigten Staaten machen müſſen. Was
dat nun Frankreich im Austauſch für ſeine ge=
valtigen
Opfer erreicht? Landzuwachs? Keines=
vegs
! Frankreich hat ſich lediglich die Gebiete, die ihm durch
ſen Frankfurter Vertrag entriſſen waren, zurückgeholt! Das
Elſaß ſei nicht einmal mit den Grenzen von 1914 zurückgegeben.
frankreich habe nicht eine Scholle Landes bekommen, die es nicht
chon gehabt hätte. Kaum ſeien die unter den Verſailler Vertrag
eſetzten Unterſchriften getrocknet geweſen, als einſtimmig überall
ieſelbe Melodie anhub: Das imperialiſtiſche, kriege=
iſche
und militariſtiſche Frankreich! Dieſe An=
hürfe
weiſe er zurück und erkläre: Unſere Geſinnung iſt die=
ilbe
, heute wie geſtern! Wir begehren keinen Zoll fremden
zodens! Wir wollen nur die Durchführung des von 28
kationen unterzeichneten Vertrages, der, nach=
em
dier Jahre verſtrichen ſind, als ein vorſintflutliches
oſſil angeſehen wird, um, genau wie im Altertumsmuſeum,
as Erſtaunen eifriger Leſer zu erregen!
Wenn Frankreich dieſe Forderungen aufſtellt, ſo rufen einige
iner Freunde aus: Was fällt Frankreich ein? Das iſt
ne überwundene Geſchichte, die Welt hat ſich umgewandelt,
anz Europa iſt frei geworden und muß wiederherge=
elltwerden
. Um dieſes Ziel zu erreichen und daß Deutſch=
ind
nichts zu zahlen braucht, macht man im allgemeinen In=
reſſe
Zugeſtändniſſe. Frankreich hat von ſeiner idealen
eſinnung und von ſeiner uneigennützigen Liebe
ur Menſchheit noch nichts eingebüßt.
Zudem wird man wohl zugeben, daß es ſeine Intelligenz
nd die Klugheit des Denkens gewahrt hat. Es weiß ſehr wohl,
keine Nation ſich angeſichts der Kompliziertheit des moder=
en
Lebens von der anderen abſondern kann, daß die wirtſchaft=
ch
begründeten Zuſammenhänge nicht getrennt werden können,
kein Teil der europäiſchen Völker Schaden leiden kann, ohne
auch die übrigen dem Schaden anheimfallen. Frankreich
ünſcht in keiner Weiſe den Zuſammenbruch
eutſchlands, weil ein Gläubiger nicht die Zahlungs=
iſähigkeit
ſeines Schuldners wünſcht, ſelbſt wenn dieſer Schuld=
r
wie Deutſchland im ſtande iſt, ſich ſchnell zu erholen, und
eil es unfranzöſiſch iſt, einem beſiegten Gegner keine Ruhe
gönnen. (!)
Frankreich könne keine weiteren Konzeſſio=
en
machen. (!!) Es habe bereits zuviel zugeſtanden. Was
ine Sicherung anbelangt, ſo ſei der Garantievertrag, der keine
ilitäriſche Sicherheit, wohl aber immerhin eine moraliſche
nterſtützung Frankreichs bedeutet hätte, nicht zuſtande gekom=
en
. Hinſichtlich der Neparationen ſei es Frankreich nicht beſſer
gangen. Seit vier Jahren werde verſucht, die Reparations=
mmiſſion
, in der die franzöſiſchen Vertreter trotz der größeren
anzöſiſchen Intereſſen in der Minderheit ſeien, durch einen
usſchuß internationaler Sachverſtändiger zu erſetzen. Schließ=

Vom Tage.
Die Brotverſorgungsabgabe wird ein Mehrfaches der
Veranlagung zur Zwangsanleihe betragen. Die am 1. Auguſt fällige
erſte Rate ſoll etwa das Zehnfache des vollen Zwangsanleihebetrages
ausmachen.
Die Berliner Töpfergehilfen ſind in den Ausſtand
getreten. Sie forderten für die drei erſten Juliwochen Stundenlöhne
von 14 000, 16 000 und 19 000 Mark, während die Arbeitgeber 12000,
15 000 und 18 000 Mark anboten.
Die Berliner baugewerblichen Arbeitnehmer
haben dem Einigungsvorſchlag des Reichsarbeitsminiſters durch Urab=
ſtimmung
zugeſtimmt. Demzufolge wird die Arbeit auf allen Bau=
ſtellen
am Montag wieder aufgenommen. Die Facharbeiter
erhalten für die Woche vom 28. Juni bis 4. Juli 8800 Mark Stunden=
lohn
, der ſich wöchentlich ſteigert und für die Woche vom 19. bis 25.
Juli 19 000 Mark beträgt. Die Streiktage werden nicht bezahlt.
Die Werkskanzlei der Kohlenbergwerke in Grün=
bach
(Oeſterreich) am Schneeberg wurde am Samstag abend in die
Luft geſprengt. Verletzt wurde anſcheinend niemand. Es handelt ſich
offenbar um ein Attentat gegen den Direktor des Wer=
kes
. Anſcheinend wurde eine Dynamitpatrone in die Kanzlei geworfen.
In Oeſterreich haben ſich nach amtlichen Berechnungen die
Koſten der Lebenshaltung, ſeit Mitte Juni bis Mitte Juli
um 5.3 Prozent verbilligt. Dadurch iſt ſeit ſieben Monaten
zum erſtenmal wieder ein negativer Index zu verzeichnen.
Nach einer Havasdepeſche aus Hongkong proteſtierte die Handels=
kammer
von Kanton gegen den Vorſchlag, eine internationale
Garniſon in Kanton einzurichten. Es ſeien engliſche Truppen
in genügender Zahl für alle Fälle vorhanden.

lich habe Frankreich ein Zahlungsabkommen über ſich ergehen
laſſen müſſen, an dem es feſthalte. Denjenigen gegenüber, die
ſtändig von dem Wunſch befeelt ſeien, Deutſchlands Schulden=
laſt
zu verringern, und die darauf ausgingen, beſagtes Abkom=
men
in Frage zu ſtellen, ſei feſtgeſtellt, daß Frankreich die Obli=
gationen
nur nach Herausgabe der an Frankreich ſelbſt gerich=
teten
Forderungen verlangen werde.
Poincaré findet, daß Deutſchland vor einem entſchloſſenen
Vorgehen ſämtlicher Verbündeter nachgegeben haben würde.
Nicht die Franzoſen ſeien an dem Mißvergnügen Europas ſchuld,
ſondern Deutſchland, da Deutſchland anſtatt den Franzoſen und
Belgiern bei Ausbeutung des Ruhrpfandes an die Hand zu
gehen, die paſſive Reſiſtenz organiſierte. (!) Poincaré betonte,
Ich glaube mir ſchmeicheln zu dürfen, ſtets ein getreuer An=
hänger
des franzöſiſch=engliſchen Bündniſſes
geweſen zu ſein. In einem Augenblick, wo vor dem Kriege
einige Männer in Frankreich verſteckt oder offen für eine poli=
tiſche
Annäherung an Deutſchland eintraten, und
auf die Gefahr hin, uns zu einer offizieelln Gutheißung des
Frankfurter Vertrages und einen paſſiven Verzicht auf Elſaß=
Lothringen zu bewegen, gehörte ich vielmehr fortdauernd zu
denen, die einen engen Zuſammenſchluß der beiden großen Na=
tionen
Weſteuropas angelegentlich empfahlen. Niemand würde
es weniger als ich begrüßen, wenn auch nur ein leichter Schat=
ten
vorübergehend die Freundſchaft verdunkeln würde, an der
ich zielbewußt und glücklich wirkte. Indeſſen habe ich dieſe
Freundſchaft ſtets ſo aufgefaßt, daß den beiden Völkern das
Recht der freien Meinungsäußerung verbleibt, die vor allem da=
für
beſtimmt iſt, ihre Intereſſen in Einklang miteinander zu
bringen, und nicht die einen den anderen unterzuordnen, wobei
ich mein Beſtes tat im ſtändigen Bemühen eines gegenſeitigen
Verſtehens und eines beiderſeitigen Reſpekts und der beider=
ſeitigen
Gleichberechtigung.
Poincaré fügte noch hinzu, die zwiſchen den beiden Mäch=
ten
unterzeichneten Friedensverträge von Verſailles,
Trianon, Neuilly und St. Germain dürften nicht angetaſtet wer=
den
. Wenn dem mächtigſten der beſiegten Staaten Vergünſti=
gungen
zugeſtanden würden, ſo würden die ſchwächſten der be=
ſiegten
Länder das gleichfalls begehren. Durch die auf dieſe
Weiſe geöffnete Breſche würden andere Vorſchläge hindurch=
driugen
, und die Neuordnung in Mitteleuropa würde zerſtört
werden. Die Tſchechoſlowakei, Rumänien und Jugoſlawien
ſeien dann gefährdet. Mit anderen Worten: der europäiſche
Frieden würde von neuem in Frage geſtellt werden.
Scharfe Angriffe gegen England.
Paris, 16. Juli. (Priv.=Tel.) In einer Beſprechung der
heutigen Rede Poincarés zählt der Temps eine Reihe franzöſi=
ſcher
Staatsmänner auf, deren Politik ſtets auf eine Verſtändi=
gung
mit England gerichtet geweſen ſei. Das Blatt nennt Cle=
menceau
, Millerand, Leygues, Briand und Poincaré. Mit den
Bemühungen dieſer Männer vergleicht der Temps die engliſche
Politik, wie ſie ſich ſeit den letzten fünf Jahren kundtue. Sie
habe ſtets auf die Verkürzung der Frankreich zuſtehenden Rechte
abgezielt. Das Blatt ſtellt ausdrücklich feſt, Lloyd George, Bonar
Law und das Kabinett Stanley Baldwin hätten nicht rein zu=
fällig
oder ungeſchickerweiſe ſich ſo beſonnen, daß Deuſchland
es als eine Ermutgung auffaßte. Dem engliſchen Verfahren
hat weder ein Zufall; noch eine Unbeholfenheit, noch irgendetwas
anderes derartiges zugrunde gelegen. Daher könne man nur
annehmen, daß England dem Inſtinkt folge, der dazu antreibe,
ſtets und ſtändig die machtvollſte der Feſtlandmächte zu ernied=
rigen
und ſich eines Syſtems zu befleißigen, das die Entzwei=
ung
unter den Völkern des Kontinents zum Ziele
habe. Der Temps erklärt weiter, daß, wenn England den von
ihm angeſchnittenen Gedanken bis zu Ende verfolge, man die
Feſtſtellung machen müſſe, daß das gegenwärtige Problem ohne
Löſung ſei. Man müſſe ſich vor Augen halten, daß die bisher
angewandten Methoden ſcheiterten, und daß die franzöſiſche Re=
gierung
eine andere Methode finden müſſe, weil ſie ſich nicht der
Gefahr ausſetzen könne, Reparationen um jeden Preis zu geben.

Das Minoritätenproblem.
Von
Prof. Dr. Melchior Palägyi.
II.
Will man die Welt der neuen Minderheitsfragen verſtehen
lernen, ſo iſt es zweckmäßig, jenen künſtlichen Gegenſatz ins
Auge zu faſſen, den die Großmächte der Entente zwiſchen dem
verkleinerten ungarn und den vergrößerten
Nachfolgeſtaaten des Habsburgerreiches geſchaffen haben.
Ungarn wurde durch die Verkleinerung in einen National=
ſtaat
verwandelt, denn man operierte von ſeinem Leibe ohne
Zaudern alle Minderheiten weg, die es im Verlaufe ſeiner tau=
ſendjährigen
ſchweren Bedrängniſſe zu einem Nationalitätenſtaat
gemacht hatten. Umgekehrt wurden die Nachfolgeſtaaten in reich=
lichſter
Weiſe mit fremdartigen und auch verwandten Minder=
heiten
bedacht, ſo daß ihnen allen der Charakter von ausgeſpro=
chenen
Nationalitätenſtaaten aufgeprägt ward, wo=
durch
ſie alle mit dem hiſtoriſchen Uebel des einſtigen Habs=
burgerreiches
in verhängnisvollſter Weiſe erblich belaſtet wurden,
während ſie doch naturgemäß von dem feurigſten, leidenſchaft=
lichſten
Streben erfüllt ſind, zu reinen, homogenen National=
ſtaaten
zu werden. Wir wollen nicht die ſarkaſtiſche Frage auf=
werfen
, wer denn durch die Großmächte der Entente ſchwerer ge=
ſchädigt
wurde: ob das zur Strafe verſtümmelte und national
gemachte Ungarn, oder die begünſtigten und mit den unverträg=
lichſten
Minoritäten fürſtlich beſchenkten Nachfolgeſtaaten? Denn
es iſt ja eine alte geſchichtliche Erfahrung, daß der Haß wie auch
die Gunſt der großen Mächte für die kleineren Staaten gleich ſehr
lebensgefährlich und verderblich werden können. Nur auf jene
Grundtatſache möchten wir ſchon jetzt hinweiſen, daß die uner=
hörte
künſtliche Gegenſätzlichkeit zwiſchen Ungarn und den das=
ſelbe
einkreiſenden Nachfolgeſtaaten mit dem Zwecke verbunden
wurde, das Deutſche Reich von Oſten her möglichſt
zu ſchwächen und zu bedrängen, ja es vom Oſten
abzuſchnüren und dadurch neue Möglichkeiten für die Herk=
ſchaft
der Entente über Mittel= und Oſteuropa zu ſchaffen. Um
aber dieſe große Bedeutung der Minoritätenfragen völlig durch=
ſichtig
zu machen, iſt es eben notwendig, das Bild des ſo leicht
verſtändlichen künſtlichen Gegenſatzes zwiſchen Ungarn und den
Nachfolgeſtaaten plaſtiſch herauszuarbeiten.
Dem neuen Ungarn iſt unter dem unerbittlichen Meſſer des
grimmigen Herrn Clemenceau das ſeltſam ironiſche Glück
widerfahren, auf einen Nationalſtaat reduziert worden zu ſein,
ſo daß es nunmehr in der Lage iſt, ſeine weſentlich erleichterten
Minderheitsfragen endgültig zu löſen. Die in Rumpfungarn
verbliebene nichtmagyariſche Bevölkerung beträgt, hoch beziffert,
weniger als eine halbe Million Seelen, deren größere Hälfte,
rund fünfhunderttauſend Seelen, dem Deutſchtum angehört.
Es kommen außerdem noch 166 000 Slowaken und andere weni=
ger
bedeutende Volksſplitter in Betracht. Ungarn war, im
Grunde genommen, von jeher ein minderheitsfreund=
liches
Volk, wie dies übrigens in ſeinem Nationalitäten=
geſetz
vom Jahre 1868 (im Geſetzartikel 44, einer Schöpfung des
Freiherrn von Eötvös) in vorbildlicher Weiſe zum Ausdruck
kam. Leider ſind die Ungarn von dem Geiſte dieſes Geſetzes
unter Umſtänden, die hier nicht ausführlich gekennzeichnet wer=
den
können, allmählich abgewichen und haben ſich erhebliche Feh=
ler
und Mißgriffe zuſchulden kommen laſſen, die von ihren
Wideerſachern ſchon in der Vorkriegsepoche ſehr geſchickt in dem
Sinne ausgenützt wurden, als ob die Magyaren ein ihrer Natur
nach minderheitsfreſſendes, ja überhaupt der abendländiſchen
Geſittung feindſelig gegenüberſtehendes Volk wären. Schwache
Spuren dieſer einſtigen virubuten Propaganda machen ſich hier
und da in der deutſchen Publiziſtik noch bemerkbar, gehören
aber weſentlich einer verfloſſenen Epoche an. Die Minderheits=
fragen
der Vorkriegszeit fallen heute ſchon unter den Geſichts=
punkt
rein geſchichtlicher Betrachtung, weil ſie anders geartet
und viel milderen Charakters waren. Sie ſind erſt in unſeren
Tagen zu einer wahren Geißel des europäiſchen Kulturlebens ge=
worden
. Darum iſt es ſehr erfreulich, daß die Magyaren zu
ihren guten Traditionen zurückkehren und ihr Minderheitsgeſetz
vom Jahre 1868 nicht nur völlig wieder herſtellen, ſondern in
einer neuen Verordnung wirkſam weiter auszubauen.
Im Sinne dieſer Verordnung (die in erſter Reihe eine An=
gelegenheit
der deutſchen Minderheit iſt) können ſich die Minori=
täten
in allen ihren Kulturbeſtrebungen und ihrem
Vereinsleben frei auswirken, falls ſie nur Staatstreue be=
kunden
(was ſpeziell bei der deutſchen Minderheit nicht dem
geringſten Zweifel unterliegt). Der Gebrauch der Minderheits=
ſprachen
in Verwaltung, Gerichtsbarkeit und im
Verkehr mit den Behörden wird weitgehend geſichert und ge=
regelt
. Damit die Verordnung nicht auf dem Papier bleibe,
müſſen die Beamten in den Minderheitsgegenden der ortsübli=
chen
Sprache kundig ſein und mit der Bevölkerung in ihrer
Mutterſprache verkehren. Die Einvernahme der
Staatsbürger vor Gerichten und Behörden muß in ihrer Mutter=
ſprache
erfolgen, Urteile und Beſcheide müſſen in beglaubigten
Ueberſetzungen ausgefolgt werden uſw. Der Schulunter=
richt
der Minderheiten befolgt das Prinzip, daß der Unterricht
fortlaufend in der Mutterſprache erfolgen kann, falls nur auch
für die Erlernung der Staatsſprache geſorgt iſt. Staatliche oder
Gemeindeſchulen, wo die Anzahl der Schulpflichtigen einer Min=
derheit
40 erreicht, dürfen als allgemeine Lehrſprache die Mutter=
ſprache
beanſpruchen, und im gleichen Sinne können an Gym=
naſien
, Real= und Bürgerſchulen Parallelklaſſen für die Minder=
heiten
errichtet werden; auch wird für die Heranbildung ent=
ſprechender
Lehrkräfte geſorgt und ſteht es Gemeinden, Kirchen
und kulturellen Vereinigungen der Minderheiten frei, Schulen
zu errichten, ihre Unterrichtsſprache zu beſtimmen, falls ſie nur
den Vorſchriften bezüglich des Unterrichts der Staatsſprache
nachkommen uſw. Es tut uns leid, hier auf Einzelheiten nicht
eingehen zu können, nur wollen wir unſerer Ueberzeugung Aus=
druck
geben, daß Ungarn durch dieſe Verordnung, die auch für
praktiſche Durchführung Sorge trägt, ſeinen alten guten Ruf,
ein minderheitsfreundlicher Staat zu ſein, völlig zurückgewinnen
wird.
Aber hiervon abgeſehen, ſcheint uns die ungariſche Minder=
heitsverordnung
dadurch eine große allgemein politiſche Bedeu=
tung
zu gewinnen, daß ſie ausſpricht, was auch von allen
Nachfolgeſtaaten gefordert werden müßte. Ge=
rade
in dieſem Punkte kommt jedoch der polare Gegenſatz zwi=
Undere heutige Nummer enthält den Sport des bonntags

Poincarés Antwort an Baldwin.
Lügen, nichts als Lügen. Verdrehung der Tatſachen. Phraſen. Verdächtigungen
gegen Deutſchland. Ablehnung der engliſchen Vorſchläge. Ein plumper Köder.

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Seite 2.

ſchen Rumpfungarn und den Nachfolgeſtaaten ſehr handgreiflich
zum Vorſchein. Die Nachfolgeſtcaten ſind, wie geſagt, ihrem
Urbilde dem Habsburgerreich entſprechend, komplizierte
Minderheitsſtaaten, die aber von der chauviniſtiſchen Leidenſchaft
beſeelt ſind, ſich zu homogenen Nationalſtaaten zu mauſern. Dar=
aus
erwächſt ihre notwendige innere Tragik. Sie ſind
durch ein günſtig ſein ſollendes Machtdiktat der Großmächte ins
Leben gerufen, bzw. ausgeſtattet worden, ohne Rückſicht auf
nationale Zuſammengehörigkeit, auf geographiſche und wirt=
ſchaftliche
Einheit. Das Grundgefühl dieſer Minderheitsſtaaten
iſt die Unſicherheit und die blaſſe Furcht, an ihrer inneren Zer=
ſtücktheit
zugrunde gehen zu laſſen. Daraus entſpringt der un=
willkürliche
Drang, die Minderheiten politiſch zu entrech=
ten
, in ihrem materiellen und kulturellen Beſitz möglichſt weit=
gehend
zu ſchwächen. Die einzige Hoffnung dieſer Staaten war,
daß ſie in den verwandten Minderheiten eine Stütze
ihrer nationalen Beſtrebungen finden werden, aber gerade hierin
haben ſie ſich in gründlichſter Weiſe getäuſcht. Denn die ſoge=
nannten
verwandten Stämme ſind es eben, die die größte Gefahr
für den Beſtand der neuen Minderheitsſtaaten bilden. Die Slo=
waken
unter Führung Ulinkas, die Kroaten, Slowenen und Bos=
nier
unter Führung von Raditſch, Koroſchetz und Spaho, end=
lich
die Siebenbürger Rumänen unter ihren Führern Manin
und von Vaida, liefern hierfür die lebenden Beweiſe. Dieſe
als verwandt geltenden Stämme haben ein Autonomie=
bewußtſein
, eine bedeutende politiſche Schulung
und, was die Hauptſache iſt, einen bemerkenswerten
Mut, vielleicht eben weil ſie auf ihre natürlichen Rechte einem
verwandten Stamme gegenüber pochen. Die fremden Mino=
ritäfen
ſcharen ſich unwillkürlich hinter dem Rücken der voran=
ſtürmenden
heimiſchen oder verwandten Minorität, und dadurch
eniſtehen jene mächtigen Minderheitsfronten, von
denen die Vorkriegszeit nichts wußte und die dem heutigen
Mitteleuropa den mazedoniſchen Charakter geben. Verantwort=
lich
für dieſe unerhörten Zuſtände ſind natürlich in erſter Linie
die Großmächte der Entente, teils weil ihnen die Kenntnis der
ſpeziellen Verhältniſſe jener Staaten mangelte, in deren Leben
ſie mit größter Brutalität eingriffen, teils weil ſie vorbedacht
darauf ausgingen, die neuen Staaten, die ſie ins Leben riefen
oder erweiterten, von ſich in Abhängigkeit zuerhalten.
Da die engliſche Politik ihre Aufgaben auf dem Kontinent nicht
erkannte oder vernachläſſigte und die italieniſche Politik keinen
genügend feſten Kurs hat, kam es bald ſo weit, daß die Nach=
folgeſtaaten
in einſeitige Abhängigkeit von Frankreich gerieten.
Das Lebensprinzip dieſer neuen oder erweiterten Staaten läßt
ſich demzufolge auf die einfache Formel bringen, daß ihnen trotz
der Minderheitsſchutzbeſtimmungen der Friedensverträge ge=
ſtattet
wird, ihre Minderheiten beliebig zu vergewaltigen, wenn
ſie Frankreich gegen Deutſchland ausgiebige Vaſallendienſte lei=
ſten
. So wird es denn auch begreiflich, daß der Völkerbund
nichts für den Schutz der Minderheiten zu leiſten vermag und
faſt zu einer bloßen Scheininſtitution herabgeſunken iſt.

Eine Botſchaft des Reichskanzlers.
An das americkaniſche Volk.
Neu=York, 15. Juli. (Wolff.) Durch Funkſpruch. Der
Reichskanzler wendet ſich in einer an den Präſidenten
Harriman von der United American Lines gerichteten Bot=
ſchaft
an das amerikaniſche Volk und ſpricht darin
die Hoffnung aus, daß die Völker von Amerika und
Deutſchland ſich durch wechſelſeitige wirtſchaftliche Arbeit
zuſammenſchließen. Den Anlaß zu dieſer Kundgebung
bildet die für morgen erwartete Ankunft des neuen Dampfers
Albert Ballin.
Die Verkehrsſperre um 10 Tage verlängert.
U. Eſſen, 15. Juli. Nach amtlichen Mitteilungen haben
die Franzoſen die Verkehrsſperre zwiſchen dem be=
ſetzten
und unbeſetzten Gebiet, die in der kommenden
Nacht um 12 Uhr ihr Ende erreichen ſollte, um zehn Tage
verlängert. Ein Grund für dieſe Maßnahme wird nicht an=
gegeben
. Ob ſich auch England an der Verlängerung der Ver=
kehrsſperre
beteiligt, iſt noch nicht bekannt.
Erhebung der Kohlenſieuer durch die Regie in Dollar.
Mainz, 15. Juli. Wie wir dem Echo du Rhin entneh=
men
, ſoll die interalliierte Rheinlandkommiſſion
eine Spezialverordnung über die Erhebung der Kohlen=
ſteuer
im beſetzten Gebiet planen. Die Steuererklärung wäre
jeden Monat neu an, die interalliierten Zechen= und Fabrik=
Kontrollkommiſſionen abzugeben, der in Mark kalkulierte Betrag
müſſe jedoch nach dem offiziellen Kurs in der Berliner Börſe
vor 15. jeden Monats an in Dollar umgerechnet und
bezahlt werden. Jede Verzögerung ſoll mit einer Erhöhung
des Steuerſatzes um 50 Prozent beſtraft werden.
Oeſertionen im Ruhrgebiet.
* Münſter, 15. Juli. (Priv.=Tel.) Von dem etwa 200
Mann ſtarken Beſatzungskommando des Bahnhofs Heißen ſind
in den letzten acht Tagen nach eigener Ausſage der
Franzoſen 6 Mann deſertiert, und zwar ſcheinbar
von der Nachtwache. Mit dieſen Verlautbarungen ſtimmen zwei=
malige
Funde von Gewehren und Dienſtröcken auf
den Feldern in der Nähe des Bahnſtranges überein. Es mehren
ſich gerade in letzter Zeit erheblich die Aeußerungen des Nicht=
behagens
über das Picknick an der Ruhr ſowohl bei den
Mannſchaften wie bei den Offizieren, die allenthalben erklärt
haben, ſie wären lieber zu Hauſe, aber ſie müſſen gehorchen.
Schikanen.
Berlin, 15. Juli. Durch die Maßnahmen der Franzoſen
iſt der Bochumer Verein für Bergbau und Gußſtahlfabrikation
von der Kohlenzufuhr vollſtändig abgeſchnitten. Die Vorräte
ſind bereits gänzlich erſchöpft, ſo daß das ganze Werk einſchließ=
lich
der Stahlinduſtrie ſtillgelegt werden mußte. Die in den
Werken beſchäftigten 20 000 Arbeiter ſollen mit Notſtandsarbeiten
beſchäftigt werden.

Ein neuer Mord.
U. Münſter, 16. Juli. In Vohwinkel wurde am
14. Juli nachmittags ein Kaufmann Blumenthal aus Düſ=
ſeldorf
von einem franzöſiſchen Poſten angeſchoſſen und ſo
ſchwer verletzt, daß er bald darauf im Hoſpital in Elberfeld ſtarb.
Konferenz der kleinen Entente.
* Wien, 15. Juli. (Priv.=Tel.) Auf der auf den 28. Juli
verſchobenen Konferenz der Kleinen Entente in Sinaja wird
nach einer Meldung des Neuen Achtuhr=Abendblattes der tſche=
chiſche
Außenminiſter Dr. Beneſch über ſeine Londoner und Pa=
riſer
Beſprechungen berichten. Die Kleine Entente ſteht angeblich
in der Frage der Reparationen auf dem Standpunkt, daß ein
Kompromiß zwiſchen den franzöſiſchen und engliſchen Auffaſſun=
gen
gefunden werden möge und Deutſchland die Möglichkeit ge=
gegeben
werden müſſe, durch die Feſtſetzung einer endgültigen
Schuldſumme und durch die Gewährung einer Auslandsanleihe
ſeine Verbindlichkeiten zu bezahlen. Die Konferenz ſoll dies=
bezügliche
Beſchlüſſe faſſen, um dadurch an der Aufbauarbeit
ganz Mitteleuropas teilnehmen zu können.

Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 16. Juli 1923.

Rummer 194.

rankreichs See=und Luftmacht=Politik

Von Korvettenkapitän Gadow, Berlin.

Die franzöſiſche Kammer gab am 8. Juli ihre Ermächtigung
zur Ratifizierung des wichtigen Flottenabkommens von Waſhing=
ton
vom 6. Februar 1922. Da ſämtliche übrigen, an jenem Ver=
trage
beteiligten Mächte ihre Unterſchrift inzwiſchen längſt ge=
geben
hatten, wird es ſich lohnen, auf die Urſachen dieſer andert=
halbjährigen
Verzögerung, die Gründe zu dem jetzigen Ent=
ſchluß
, und die Bedeutung der ganzen Frage kurz zurück=
zukommen
.
Wie erinnerlich, fand ſich Frankreich bei jener Konferenz
übrigens ebenſo Italien einer Majorität gegenüber, deren
Schwerpunkt das Einverſtändnis zwiſchen England und den
Vereinigten Staaten bildete. Die Initiative zum Abbau der
ungeheuren Flottenrüſtungen, die vom Kriege her in Form von
weitreichenden Schiffbauprogrammen die Hauptſeemächte be=
laſteten
, ging von Amerika aus, welches hierbei Gelegenheit fand,
ſich aus ſeinen überſteigerten Plänen zurückzuziehen, die Zah=
lenparität
mit England feſtzulegen, die Kriegsmüdigkeit im Lande
Rechnung zu tragen, und Japan in kontrollierbare Schranken zu
verweiſen. Schließlich mußte ihm noch daran liegen, die Größe
der Kampfſchiffe ſo zu beſchränken, daß der Panamakanal der
Gefahr der Entwertung entging. Alles dies gelang den Ver=
einigten
Staaten überraſchend leicht, da England geneigt war,
ſeine Rüſtungen gleichfalls einzuſchränken, ſeine Finanzen zu
ordnet, und die verlorenen Märkte wieder mit aller Kraft auf=
zuſuchen
. Die Zahlengleichheit mit Amerika konnte in Kauf ge=
nommen
werden, da die Qualität der engliſchen Flotte, ihr Beſitz
an Stützpunkten und die große, in der Handelsflotte beruhende
Reſerve einen hinreichenden Wertüberſchuß garantierte. Das
Einverſtändnis zwiſchen den beiden Staaten war daher ſehr bald
hergeſtellt, Japan wurde überſtimmt und genötigt, ſeine weitrei=
chenden
aſiiatiſchen Pläne einzuſtellen und gleichfalls in die Ab=
rüſtung
auf der Baſis von 5:5:3 (in Hunderttauſend Tonnen
Großkampfſchiffe gerechnet) einzuwilligen. Der Verſuch einer
Fühlungnahme zwiſchen Frankreich und Japan mißlang, und
jenes ſah ſich mit ſeiner beſcheidenen Quote von 176 000 To., wie
geſagt, einer Majorität gegenüber, an der auch das ſchwache Se=
kundieren
Italiens nichts ändern konnte. So blieb es denn für
dieſe beiden Staaten wie für alle übrigen bei dem genannten
Stärkeverhältnis, doch behauptete ganz beſonders Frankreich,
Grund zur Gekränktheit zu beſitzen, da es im Kriege zugunſten
der Landwaffen ſeine Flotte hätte vernachläſſigen müſſen und
daher zu Unrecht auf der Grundlage des vorhandenen Schfifs=
materials
veranlagt ſei. Während daher alle anderen Staaten
der Reihe nach den Vertrag vollzogen, zuletzt Italien, wenn auch
unter Widerſpruch und mit dem Vorbehalt ſpäterer Reviſion,
zeigte ſich in Frankreich lang andauernder Widerſtand gegen dieſe
Vergewaltigung wodurch die 1½jährige Verzögerung entſtand.
Es iſt jedoch feſtzuſtellen, daß dieſes Zögern Frankreichs ſehr
viel mehr politiſchen Sondergründen, als militäriſchen Er=
wägungen
entſtammt. Frankreich hat nämlich durchaus kein
vitales Intereſſe an der Heraufſetzung ſeiner Großkampfſchiffs=
zahlen
, da es auf dieſen Typ ſeit einiger Zeit praktiſch verzichtet
hat, der Bau von vier halbfertigen Schiffen der Normandie=
Klaſſe wurde ſchon 1921 endgültig aufgegeben es hat ſich viel=
mehr
, wie allgemein bekannt, auf den ausſchließlichen Bau von
Kreuzern, Torpedobooten, U.=Booten und namentlich Flugzeu=
gen
verlegt. Auch iſt ihm gelungen, in der Zahl aller dieſer
Kampfinſtrumente in Waſhington freie Hand zu behalten, und im
übrigen hat die Bedeutung ſeiner Luftmacht gegenüber dem ſo
nahe gelegenen England heute ſo überragend zugenommen, daß
all ſein Widerſtand, gegen den Flotten=Abrüſtungsvertrag von
vornherein mit kritiſchen Augen betrachtet werden mußte. Um
zwei Punkte noch näher auszuführen: die franzöſiſchen U.=Boote
und überhaupt eigentlichen Seerüſtungen ſind keineswegs für
England beſorgniserregender Natur. Es handelt ſich um ein
Bauprogramm von im ganzen 9 Kleinkreuzern, 21 Zerſtörern,
36 Torpedobooten, 4 U.=Kreuzern, 36 U.=Booten erſter Klaſſe,
15 U.=Booten zweiter Klaſſe und ſechs Spezialſchiffen. Die
Summe der Seeſtreitkräfte wird demnach bis zum Jahre 1930
in der Hauptſache etwa 15 Kreuzer und 90 U.=Boote umfaſſen,

von dem übrigen abgeſehen. Das ſind keine Zahlen, die die eng=
liſche
Seemacht einſchüchtern. Das Charakteriſtiſche iſt vielmiehr
die gläubige Hoffnung Frankreichs, der man eine gewiſſe Berech=
tigung
nicht abſprechen kann, mit ſeiner zahlenmäßig vierfach
überlegenen Luftmacht der engliſchen Politik ihren Willen auf=
zuzwingen
. Wir hören aus dem Munde franzöſiſcher Militärs
die Drohung, London mit 500 Bomben= und Gasflugzeugen zu
vernichten, den Kanal unter ununterbrochener Kontrolle und Be=
drohung
zu halten, wir ſahen zur Zeit der Konferenz von Genua
oder hörten vielmehr nachträglich davon eine Maſſierung
der franzöſiſchen Luftgeſchwader an der Kanalküſte, und heute
gehen die Pläne noch weiter. Wie ein franzöſiſcher Fachſchriſt=
ſteller
kürzlich, im engliſchen Naval and Military Record aus=
führte
, wird die Ausſtattung der nordafrikaniſchen Küſte ( ver=
gleiche
Tangerfrage!) mit Flugſtationen die Seeherrſchaft im
Mittelmeer aufheben. Die engliſche Flotte, trotz ihrer glänzen=
den
Stützpunkte im Gibraltar, Malta, Cypern und Alexandria
wird dann Selbſtmord begehen, wie er ſich ausdrückt, und der
kleine David, ſchmächtig, aber keck, wird den ungeſchlachten
Goliath von neuem zu Fall bringen. Damit ſoll geſagt werden,
daß die Achillesferſe der franzöſiſchen Stellung, die Verbindung
mit den ſchwarzen Truppendepots in Nordafrika, nunmehr als
geſichert angeſehen wird, und es wird die Drohung hinzugefügt,
mit den afrikaniſchen Kontingenten Angriffe gegen den engliſchen
Sudan und Aegypten zu richten, wozu die nötigen Vorſtudien
in Geſtaltung der Wüſtendurchquerung mit Flugzeug und Rau=
pentrieb
=Kraftwagen ſoeben beendigt wurden. Alles dieſes be=
zeichnet
die eigentliche Anſchauung Frankreichs von der militä=
riſchen
Lage und wir kommen darauf zurück, daß der lange
Widerſtand gegen den Flottenvertrag auf andere Beweggründe
zurückzuführen iſt, ſo ſehr auch der Temps vom 8. Juli ſich be=
müht
zeigt, den Tatbeſtand zu verſchleiern.
Dieſe Beweggründe finden ſich ſchlagend in den Beziehun=
gen
zu den Vereinigten Staaten. Es iſt bekannt, daß Frankreich
dort keine Mühe ſcheut, die Stimmung zu ſeinen Gunſten zu be=
einfluſſen
. Die Grundlage, auf der es dabei bauen kann, iſt
keineswegs ſchwach, denn, abgeſehen von der Kameradſchafts=
ſtimmung
vom Kriege her, die namentlich in der politiſch wichti=
gen
Veteeanen=,Legion und im faſziſtiſchen uK=Klux=Klan noch
ſtark zutage tritt, ſpricht ein weſentliches hochpolitiſches Moment
in den Vereinigten Staaten für Frankreich. Wie man ſo häufig
die offenſten Aufſchlüſſe über politiſche Strömungen und Nei=
gungen
aus militäriſchem Munde erhält, ſo veröffentlichte das
amerikawiſche Army und Navy Journal vom 11. November 22
die Studie eines Seeoffiziers, der für eine Stärkung der fran=
zöſiſchen
Machtſtellung in Europa gegenüber dem immer noch
zu ſtarken England eintrat und dabei zweifellos etwas ſagte,
was der amerikaniſchen Politik bewußt oder unbewußt unter=
liegt
. Die Paſſivität Amerikas gegenüber der europäiſchen
Situation erklärt ſich größtenteils aus dieſer Richtung. Immer=
hin
konnte Frankreich nicht verhindern, daß ſeine Ruhrpolitik
ihm drüben die Neigung der breiten offentlichen Meinung ent=
zog
; es hatte ſeine Anſtrengungen zu verdoppeln, und richtete erſt
ganz vor kurzem einen geradezu flehenden Appell durch den
Filialdirektor des Crédit Lyonnais an das amerikaniſche Volk.
Die Stimmung dort entgleitet ihm jedoch weiter und daher, darf
man ſagen, ſah es jetzt den pſychologiſchen Moment gekommen,
ſeinen vielleicht ſtärkſten Trumlpf auszuſpielen, das in pazifiſti=
ſchen
Kreiſen Amerikas ſtark populäre Flottenabkommen zu voll=
ziehen
und vor allem damit der amerikaniſchen Regierung einen
ausgeſprochenen Liebesdienſt zu erweiſen, in dem die Kritiker
jener bisher unvollſtändig erledigten Konferenz zum Schweigen
gebracht, die Stellung des Präſidenten zum Senat erleichtert und
ihm Entſchlußfreiheit und Preſtige zu neuen internationalen
Konferenzen unter Teilnahme Amerikas zurückgegeben wird.
Es bleibt zu ſagen, daß dieſe franzöſiſche zu lange verzögerte
Geſte unter Umſtänden ihre Wirkung verfehlen wird, wenn es
nämlich England gelingt, die geplante Reparationskonferenz mit
Amerika das nun formal dafür frei iſt in ſeinem Sinne
und gegen Frankreich zu veranſtalten.

Meinungsverſchiedenheiten in Lauſanne
Ein türkiſches Kommuniqué.
Lauſanne, 15. Juli. (Wolff.) Die für heute angekün=
digte
Note oder Mitteilung der alliierten Dele=
gationen
wird vorausſichtlich erſt ſpät abends oder gar erſt
in der Nacht herausgegeben werden, da man ſich heute vormit=
tag
noch nicht ganz über den Wortlaut dieſer Mitteilung einig
war. Inzwiſchen hat heute nachmittag das türkiſche Preſſeamt
eine Mitteilung veröffentlicht, die offenbar bezweckt, der Mittei=
lung
der Alliierten zuvorzukommen und in der die türkiſche Dele=
gation
zu den Vorwürfen von alliierter Seite über den Konflikt
vom letzten Donnerstag Stellung nimmt. Dieſe Mitteilung hat
folgenden Wortlaut:
Um die Urſachen der Meinungsverſchiedenheiten zu erklä=
ren
, die bei der Debatte über das Protokoll zu den Konzeſſions=
fragen
zwiſchen den türkiſchen und alliierten Delegationen ent=
ſtanden
ſind, hat ein Teil der Preſſe behauptet, daß die türkiſche
Delegation ihre in einer der früheren Sitzung übernommenen
Verpflichtungen rückgängig gemacht habe. Tatſächlich hat die
türkiſche Delegation keinen einzigen Grundſatz verleugnet, auf
die ſich die Einigung aufbaute. Die gegenwärtigen Schwvierig=
keiten
rühren nicht, wie behauptet wurde, daher, daß die tür=
kiſchen
Vorſchläge den grundſätzlichen Beſtimmungen der Eini=
gung
widerſprechen, ſondern ſie ſind die Folge eines Zuſammen=
ſtoßes
zwiſchen den widerſprechenden Intereſſen, die im Laufe
der Verhandlungen hervortraten, wobei es nicht in der Macht
der türkiſchen Delegation lag, die Intereſſen untereinander, ſo=
wie
mit den höheren Intereſſen der türkiſchen Nation in Ein=
llang
zu bringen. Die türkiſche Delegation iſt, falls es ſich als
nötig erweiſen ſollte, bereit, dem Urteil der öffentlichen Welt=
meinung
alle Einzelheiten über die Vorgänge zu unterbreiten.
Wie man ſieht, knüpft dieſe Mitteilung an die bereits Don=
nerstag
nacht von der türkiſchen Delegation abgegebene und von
uns damals übermittelte Darſtellung an, wonach der Konflikt
in der Konzeſſionsfrage auf einen Zuſammenſtoß zwi=
ſchen
den alliierten und amerikaniſchen Intereſſen zurückzuführen
ſei. Man will hier in dieſer Mitteilung eine Beſtätigung der
ſeit einigen Tagen verbreiteten Verſion erblicken, derzufolge der
amerikaniſche Vertreter Grewe Ismet Paſcha Vorbehalt gemacht
habe, die Aufrechterhaltung des Grundſatzes der offenen Tür
gefordert und gegen die Vorzugsrechte der in Frage kommenden
alliierten Geſellſchaften Einſpruch erhoben habe. Die Haltung
der türkiſchen Delegation in der letzten Donnerstagſitzung ſei
dann unmittelbar die Folge dieſes amerikaniſchen Einſpruches
geweſen, auf den Ismet Paſcha ſich ſogar ausdrücklich den alli=
ierten
Delegationen gegenüber berufen habe.
Der britiſch=tſchechiſche Handelsvertrag unterzeichnet.
Prag, 14. Juli. (Wolff.) Wie das tſchechoſlowakiſche
Preſſebureau aus London erfährt, ſetzte Miniſter Beneſch
geſtern die politiſchen Beſprechungen mit Vertretern des briti=
ſchen
Außenminiſteriums fort. Sie behandelten vor allem Fra=
gen
, die ſich auf die engliſch=tſchechoflowakiſchen Intereſſen be=
ziehen
. Heute wurde von Lord Curzon und Beneſch der britiſch=
tſchechoflowakiſche
Handelsvertrag unterzeichnet, der
gleichzeitig auch ein Handelsabkommen mit den britiſchen Kolo=
nien
enthält. Morgen reiſt Beneſch nach Paris zurück.

Das ſenſible Frankreich.
Unterſtützung des paſſiven Widerſtandes
durch England.
Paris, 15. Juli. (Wolff.) Der Petit Pariſien ſchreibt
im Hinblick auf den bevorſtehenden Entwurf der Lon=
doner
Antwort auf die deutſchen Vorſchläge, es ſei nicht
daran zu zweifeln, daß England den Wunſch habe, Frankreich
die Mitarbeit zu erleichtern. Wenn man jedoch die Erklärung
Baldwins genauer ſtudiere, ſo könne man herausleſen, daß die
engliſche Regierung die Ruhrbeſetzung für be=
dauerlich
halte. Sie gebe alſo indirekt Deutſchland und ſei=
ner
augenblicklichen Haltung recht. Das könne jenſeits des
Rheins als ſtillſchweigende Anerkennung des paſ=
ſiven
Widerſtandes aufgefaßt werden. Die öffentliche
Meinung in Frankreich finde es natürlich, daß der britiſche
Standpunkt in den kontinentalen Fragen nicht genau dem fran=
zöſiſchen
entſpreche. Sie erwarte nicht, daß der engliſche Ant=
wortentwurf
auf den erſten Anhieb für Frankreich reſtlos an=
nehmbar
ſei. Wenn Meinungsverſchiedenheiten über Ziffern
oder über Prozedurfragen vorhanden ſeien, werde man ſie lohal
ankündigen und daran arbeiten, ſie zu beſeitigen. Es gebe wur
einen Punkt, in dem ganz Frankreich ſich außerordentlich ſen=
ſibel
zeigen werde: das ſei die ſicher ſehr unbeabſichtigt vorhan=
dene
Unterſtützung des paſſiven Widerſtandes
durch England.
Verhaftung der Duisburger Attentäter.
* Münſter, 15. Juli. (Priv.=Tel.) Der Meldung über
die Verhaftung zweier internationaler Ver=
ſchwörer
in Duisburg, die des Anſchlages auf den bel=
giſchen
Transport auf der Hochfelder Brücke dringend verdächtig
ſind, iſt noch anzufügen, daß die Feſtnahme den Ausſagen der
Zeugen einer Anzahl von Ingenieuren der Demag wie vom
Rheinſtahl und den Bemühungen der Duisburger deutſchen
Kriminalpolizei zu danken iſt. Die Ingenieure ſaßen um die
Zeit des Unglücks in einer Wirtſchaft in der Nähe der Unfall=
ſtelle
, als zwei fragwürdige Geſtalten eintraten, die ſich durch
Aeußerungen ſtark verdächtig machten. Um die Stunde des Un=
glücks
weilten die beiden noch in der Wirtſchaft, verſchwanden
aber in der Aufregung über die Exploſion, als alles auf die
Straße ſtürzte. Infolge der gleich einſetzenden Straßenſperre
war den Deutſchen ein Verlaſſen des Gaſthauſes erſt am Morgen
möglich, worauf gleich die Schritte zur Verfolgung der mutmaß=
lichen
Täter deutſcherſeits eingeleitet wurden.
Großhandelspreiſe in der zweiten Zulihälfte.
Berlin, 14. Juli. (Wolff.) Die allgemeine Unſicherheit
der Marktlage führte zu außerordentlichen Preisſteigerungen,
die in Verbindung mit der weiteren Erhöhung der Kohlen= und
Eiſenpreiſe das allgemeine Preisniveau vom 3. bis zum 10. Juli
vom 33 380fachen des Friedensſtandes auf das 48 644fache oder
um 44 Prozent hoben. Gleichzeitig ſtiegen von den Haupt=
gruppen
die Lebensmittel im Großhandel vom 29 597fachen
auf das 43 653fache oder 47 Prozent, Induſtrieſtoffe vom
41 737fachen auf das 57 976fache oder 39 Prozent, ferner In=
landswaren
vom 31051fachen auf das 46 206fache oder 49
Prozent, Einfuhrwaren vom 47 714fachen auf das 60 834 oder um 27 Prozent.

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Nummer 194.

Stadt und Land.

Darmſtadt, 16. Juli.
Orpheum. Die Spielzeit wird ab heute durch eine kurze Sommer=
bauſe
unterbrochen.
Donerstags=Konzerte im Städtiſchen Saalbau. DDas nächſte
Donnerstags=Konzert, am 19. Juli, findet im Stil unſerer früheren
Militärmuſih ſtatt, was als eine angenehme Abwechſelung empfunden
werden wird. Im Programm werden unſere alten und neueren Meiſter,
beſonders für Militärmuſik geeignete Werke, uſw. Berückſichtigung fin=
den
. Leitung hat Herr Obermuſikmeiſter M. Weber. Erwähnt ſei noch,
daß Donnerstag, den 26. Juli, der Walzerkönig Johann Strauß von
Wien im Saalbau gaſtiert.
Der 4. Reichsverbandstag für das ſelbſtändige deutſche Drechſler=
Gewerbe in Hannover war von nahezu 250 Meiſtern und Fabrikanten
beſucht. Alle Landesteile, beſonders die beſetzten Gebiete, waren zahl=
reich
vertreten. Die unter der Leitung des Berliner Obermeiſters und
Reichsverband=Vorſitzenden Hch. Schultze ſtehenden Verhandlungen zei=
tigten
einen erfolgreichen Verlauf. Hervorgehoben zu werden verdienen
die einheitlichen Kalkulationsrichtlinien, Reſolutionen in der Lehrlings=
frage
, Entſchließungen hinſichtlich der Gewerbe= und Einkommenſteuer,
Ausbau der äußeren und inneren Organiſationen der Landes= und Gau=
verbände
. Als Tagungsort für 1924 iſt Köln in Ausſicht genommen ev.
Nürnberg.
Die neuen Steuergeſetze veröffentlicht nunmehr das Reichsgeſetz=
blatt
Nr. 55 und zwar: Das Geſetz zur Anderung des Kapitalver=
kehrsſteuergeſetzes
und des Wechſelſteuergeſetzes, das
Geſetz über die Erhöhung der Vorauszahlungen auf die Ein=
kommens
= und Körperſchaftsſteuer, das Bierſteuergeſetz (nebſt
dem Geſetz zur Aenderung der Geſetze über den Eintritt der Freiſtaaten
Württemberg, Bahern, Baden, in die Bierſteuergemeinſchaft), das
Spielkartenſteuergeſetz, das Leuchtmittelſteuerge=
ſetz
, das Zündwarenſteuergeſetz, das Salzſteuergeſetz,
das Zuckerſteuergeſetz, eine Bekanntmachung der Verordnung
über die Abänderung der Vergnügungsſteuer, ſowie eine Be=
kanntinachung
des Textes der Beſtimmungen über die Vergnügungs=
ſteuer
.
Die Not der freien Berufe. In gemeinſamer Sitzung beſchäftig=
ten
ſich am Freitag der wirtſchaftspolitiſche und der finanzpolitiſche
Ausſchuß des Reichswirtſchaftsrats in Berlin mit den Forderungen der
freien Berufe zur Verbeſſerung ihrer wirtſchaftlichen Lage. Unter an=
derem
wurden folgende Vorſchläge angenommen: Die für die freien
Berufe geſchaffenen Verbände im Reich und in den Ländern ſind vom
Staate anzuerkennen. Für die Angehörigen der freien Berufe iſt bei
der Veranlagung zur Einkommenſteuer ein Teil des Berufseinkommens
bis zu einer geſetzlich feſtzulegenden Grenze, und zwar in einer durch
das Geſetz zu beſtimmenden Höhe, frei zu laſſen, ſofern das Geſamtein=
kommen
eine von dem Geſetz feſtzulegende Höhe nicht überſteigt. Unter
der gleichen Vorausſetzung ſind die Angehörigen der freien Berufe von
der Umſatzſteuer zu befreien. Für Schriftſteller, Komponiſten und bil=
dende
Künſtler ſoll eine Reform des Urheber= und Verlagsrechts einen
ſtärkeren, auf zwingende Vorſchriften gegründeten Schutz bringen. Be=
ſondere
Zugeſtändniſſe, ſo Ermäßigung der Fernſprechgebühren auf die
Hälfte, werden für Aerzte und Zahnärzte gefordert. Die Forderung der
Rechtsanwälte wird unterſtützt, daß die Einſchränkung ihres Koalitions=
rechts
, wonach Teuerungszuſchläge oder Honorare nicht durch Verbände
der Rechtsanwälte beſchloſſen werden dürfen, zu beſtätigen iſt.
Reich und Ausland.
Aus der Reichshauptſtadt.
3000 Mark die Straßenbahnfahrt. Die rapide
Geldentwertung der letzten Wochen nötigt die Straßenbahn, gleich zu
einer Verdoppelung des bisher geltenden Fahrpreiſes. Die ſtädtiſche
Verkehrsdeputation hat nach längerer Beratung über die Folgen der
Geldentwertung für den Betrieb der Straßenbahn beſchloſſen, von heute
Montag ab den Einzelpreis auf 3000 Mark und auf den ehemaligen
Vorortbahnen auf 2500 Mark zu erhöhen. Obgleich die Notwendigkeit
einer ſo bedeutenden Erhöhung unter den augenblicklichen Verhältniſſen
micht beſtritten werden kann, bleibt doch die bange Frage: Wieviel
Leute werden 3000 Mark für eine Straßenbahnfahrt ausgeben können?
Im Vorortzug betäubt und beraubt. In einem
Vorortzuge wurde in der Nacht zum Freitag die Witwe Ida Wölfing
aus der Ackerſtraße 158 betäubt und beraubt. Die Frau beſtieg in der
Nacht gegen 12 Uhr in Pankow=Heinersdorf einen Wagen für Reiſende
mit Traglaſten, um nach Blankenburg zu fahren. Mit ihr fuhr ein
Mann von etwa 2025 Jahren, der einen grauen Anzug und eine
dunkle Mütze trug, Frau Wölfing hatte in einer Aktentaſche 235 000
Mark bei ſich. In Blankenburg fand man die Frau hilflos im Wagen
liegen. Die Frau war ſo ſchwer mitgenommen, daß man ſie nach dem
Kreiskrankenhaus in Bernau bringen mußte. Der Räuber iſt noch nicht
ermittelt.
50=Jahrfeier der Herner=Zeitung.
Eine ſtattliche Jubiläumsausgabe berichtet über den Werdegang der
vor 50 Jahren gegründeten Herner Zeitung und über die Schickſale von
Herne in Weſtfalen. Bei der Gründung der Zeitung noch ein Dorf,
iſt Herne in den verfloſſenen 50 Jahren eine regſame Stadt des Indu=
ſtriegebietes
geworden unter kräftiger Mitwirkung des Blattes, das in
der Förderung der Heimatintereſſen ſtets ſeine vornehmſte Aufgabe er=
blickt
hat.
Die gehamſterte Pferdehaut.
Ein ſchon mit Zuchthaus beſtrafter Metzger hatte eine Hamſterfahrt
nack Niederbahern unternommen ſagte er. Dort kehrte er in einem
Gaſthaus ein und verlangte zu eſſen. Und weil man ihm dieſes ver=
Beigerte, nahm er, um ſich zu rächen, eine auf dem Tiſch liegende Poſt=
karte
an ſich, auf der dem Gaſthausinhaber von einer Gerberei mitge=
teilt
wurde, daß eine zum Gerben übergebene Pferdehaut in Leder ver=
wandelt
und zum Abholen bereit ſei. Mit dieſer Karte ging der Metz=
ger
in die Gerberei und ließ ſich die Pferdehaut aushändigen. Die ihm
präſentierte Rechnung wies er mit den Worten zurück, ſein Herr werde
die Aechnung ſchon bezahlen. Das wollte ſein Herr auch, als er am
nächſten Tag kam, um die inzwiſchen ſchon nach München geſchaffte
Pferdehaut abzuholen. Als aber der unrechtmäßige Pferdehautbeſitzer
dieſe in München verkaufen wollte, wurde er verhaftet.
Deutſche Muſik auf dem Salzburger Internationalen
Kammermuſikfeſt.
Während bekanntlich die Salzburger Feſtſpiele (Oper und Schau=
ſpiel
) in dieſem Sommer ausfallen, iſt es nach außerordentlichen Schwie=
rigkeiten
gelungen, das Kammermuſikfeſt der Internationalen
Geſellſchaft für Neue Muſik zu ſichern. Es findet vom 2.7. Auguſt
im Salzburger Mozarteum ſtatt, und es nehmen an ihm alle der
Geſellſchaft angegliederten Sektionen teil. Die deutſche Sektion iſt mit
Werken von Paul Hindemith, Ernſt Krenek, Manfred Gur=
litt
, Philipp Jarnach, Eduard Erdmann, Alois Haba und
Buſoni in der Züricher Jury gewählt worden. Dieſe Werke werden
vom Hayemann= bzw. Amar=Hindemith=Quartett, von
Alma Moodie, Jarnach, Gurlitt, Egon Petri und L. T. Grünberg
ausgeführt. Von berühmten Muſikern ſind nebſt Schönberg aus dem
Ausland Stravinsky, Bliß, Berners, Schoeck u. a. auf dem Feſt ver=
treten
. Es wird zum erſten Male eine geſchloſſene künſtleriſche Kund=
gebung
aller Länder der Erde auf dem friedlichen Salzburger Boden
ſein. Auskünfte und Karten=Beſtellungen durch die Konzertdirektion
Hugo Heller, Wien I, Bauernmarkt 3.
Eine Polen=Nummer des Auslandsdeutſchen
DAI. Dem Deutſchtum in Kongreßpolen iſt das erſte
Auguſtheft des Auslanddeutſchen der Halbmonatsſchrift für Aus=
landdeutſchtum
und Auslandkunde des Deutſchen Ausland=Inſtituts
(Stuttgart) gewidmet. 100 Jahre ſind in dieſem Sommer verfloſſen,
ſeitdem in Lodz die erſten deutſchen Fabriken gegründet wurden, aus
denen heraus ſich dann im Laufe des 19. Jahrhunderts dieſes blühende
Zentrum deutſchen Induſtrie= und Gewerbefleißes entwickelte. Adolf
Eichler, der langjährige völkiſche Vorkämpfer der Deutſchen in Lodz
und Verfaſſer des erſten zuſammenfaſſenden Buches über das Deutſch=
tum
in Kongreßpolen, leitet die Reihe der Aufſätze mit einem dem 100 Jubiläum der Lodzer deutſchen Induſtrie gewidmeten Artikel
ein. Das Heft enthält außerdem eine große Zahl von Beiträgen füh=
render
deutſcher Perſönlichkeiten Kongreßpolens, ſo daß es ein getreu=
liches
Bild gibt von der heutigen Lage der Deutſchen, ihren politiſchen,
wirtſchaftlichen und kulturellen Kämpfen, Hoffnungen und Befürchtun=
gen
. Die deutſchen Vereine und Wirtſchaftsorganiſationen, die Schu=
len
und Kirchen, das Zeitungsweſen und Theater, deutſche Kunſt und
deutſches Volkslied werden von den beſten Sach= und Landeskennern
behandelt. Das mit den Bildern der deutſchen Seim=Abgeordneten
Kongreßpolens geſchmückte Heft enthält auch ſonſt reichhaltiges Ma=
terial
über das Deutſchtum in aller Welt, ſeine Nöte und Betätigungen,
über die Wirtſchaftslage der einzelnen Auslandsgebiete, über Wande=
rungsweſen
, über Bücher und Zeitſchriften zur Auslandskunde. Da das
Heft nur in einer beſchränkten Auflage hergeſtellt wird, werden Be=
ſtellungen
von Intereſſenten umgehend an das Deutſche Aus=
landinſtitut
(Stuttgart, Neues Schloß) erbeten. Der Preis des Heftes
beträgt 4000 Mk., ausſchließlich des Portos.

Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 16. Juli 1923.
Aus dem deutſchen Hotelweſen.
Im deutſchen Hotelweſen vollziehen ſich gegenwärtig allerlei in=
tereſſante
Vorgänge, die auch die breitere Oeffentlichkeit, vor allem aber
unſer Reiſe= und Bäder=Publikum berühren. Zu derſelben Zeit, wo
das bisher größte Fremdenland der Welt die Schweiz mit allerlei
wirtſchaftlichen Schwierigkeiten ſeiner einſt ſo großartigen Hotelinduſtrie
zu rechnen hat und einzelne große Hotelkonzerne ſogar liquidieren muß=
ten
bezw. in die Hände von Großbanken gerieten, iſt das deutſche Hotel=
weſen
wieder in einem bedeutenden Aufſtiege begriffen, nachdem es
ſchon vor dem Kriege nicht nur im In=, ſondern auch im Auslande füh=
rend
war.
In der Anlage ſeiner Bauten und in ſeiner Geſchäftsführung, in
der Organiſation und Diſziplin des Perſonals, inbezug auf techniſche
Ausgeſtaltung und Küchenbetrieb galt es ſchon immer dem ganzen üb=
rigen
Auslande als Vorbild, jetzt aber ſcheint es auch im Begriff, eine
Umwälzung in kaufmänniſcher Beziehung zu erleben, die es nach der ge=
ſchäftlichen
Seite hin auf eine ganz andere und ſichere Baſis ſtellen
dürfte.
Vor allem hat ſich der Stinnes=Konzern hinter eine Anzahl zum
Teil früher unrentabler Betriebe geſtellt und dieſe durch tüchtige Fach=
leute
zu beachtenswerten und ertragreichen Unternehmungen ausgeſtaltet.
Es ſind dies u. a. das Atlantic=Hotel in Hamburg, das Hotel Eſplanade
in Berlin, das Schloßhotel, das Kurhaus und das Golfhotel in Oberhof
und das Kurhaus in Travemünde.
Ein zweiter großer Hotelkonzern iſt von dem Hamburger Unter=
nehmer
Geh. Komm.Rat Kurt Elſchner ins Leben gerufen. Er hatte
kurz nach dem Kriege das damals ſehr heruntergewirtſchaftete Excelſior=
Hotel am Anhalter Bahnhof in Berlin übernommen und erreichte es,
daß dies größte Hotel Europas jetzt ſtändig überfüllt iſt. Er übernahm
ferner die Wartburgwirtſchaft und das dazu gehörige Hotel, das ſeiner=
zeit
Bodo Ebhardt erbaute, und er hat ſchließlich das Hotel Eſplanade
in Oberhof erworben, dem ſich demnächſt noch ein weiteres Haus in
Berchtesgaden anſchließen wird. Auch die Aſchinger=Geſellſchaft in
Berlin hat ſchon früher ihren vielen Berliner Reſtaurations= und Café=
betrieben
u. a. das Palaſt=Hotel am Potsdamer Platz und den dortigen
Fürſtenhof angegliedert.
Die Münchener Hotel A.=G. hat letzthin neben mehreren großen
Häuſern in der bayeriſchen Landeshauptſtadt auch das weltbekannte
Hotel zu den 3 Mohren in Augsburg erworben, das die Fugger erbau=
ten
, und in dem von Kaiſer Karl V. ab bis auf die Jetztzeit faſt alle
Kaiſer und Könige abgeſtiegen ſind.
Gleichfalls in Bayern arbeitet der bekannte Hotelfachmann Lorenz
Jeſchke, ein Neffe des Berliner Hotelbeſitzers Lorenz Adlon, dem das
Jeſchke=Hotel in Partenkirchen und der Kurhof ebendaſelbſt gehören
und der ſeinen Ausgangspunkt von Bad=Nauheim genommen hat, wo
ihm das Rieſenhaus des Grand=Hotel, ein kurz vor dem Kriege erſt
vollendetes und mit den neueſten techniſchen Errungenſchaften ausgeſtat=
tetes
Unternehmen gehört. Einige kleinere Hotelkonzerne jüngeren Da=
tums
haben in Berlin, Swinemünde, Zoppot und Hamburg Häuſer
zwecks Zuſammenlegung der Betriebe erworben.
In enger Anlehnung an dieſe Vorgänge hat ſich dann auch noch ein
Konzern von Konditoreien und zwar der bekannten Firma Rumpel=
maher
gebildet, deſſen Stammhaus ſich in Paris befindet. Von dort
aus wurden zunächſt Zweighäuſer in Nizza, Monte Carlo und Men=
tone
gegründet. Dann griff die Firma, deren Seniorchef übrigens ein
geborener Oeſterreicher iſt, auch nach Deutſchland hinüber, und zwar
war es der jetzige Generaldirektor der Rumpelmayer=Betriebe, Herr
Kaſpar Heim, der vor 30 Jahren in Baden=Baden das erſte Haus dieſer
Art ins Leben rief. Die Familie Heim erwarb den Namen mit allen
Rechten für Deutſchland, und während von dieſem Zeitpunkt ab die aus=
ländiſchen
Betriebe ſtark zurückgingen, entwickelte ſich die deutſche Firma
in ungeahnter Weiſe zu einem ſehr bedeutſamen Faktor im deutſchen
Caféhaus= und Konditorengewerbe. Es entſtanden bald weitere Häuſer
in Pforzheim, Bad=Nauheim, Frankfurt a. M., Dresden, Berlin, und
demnächſt werden auch Rumpelmaher=,Konditoreien in Hamburg, Han=
noder
und München erſtehen. Für den Bedarf all dieſer Häuſer wurde
eine eigene Schokoladenfabrik in Dresden geſchaffen, und es erſcheint als
ein Vorzug des Großbetriebes auf dieſem Gebiet, daß er nach den
Grundſätzen eines ehrbaren Kaufmannes gehandhabt wird, alſo weder
Friſchmilch noch Schlagſahne verarbeitet, auch die Bundesratsvorſchrif=
ten
über Arbeitszeit, Ladenſchluß uſw. ſtreng einhält. Demnächſt wird
die Rumpelmaher A.=G. eine eigene Ausfuhrſtelle in Hamburg errich=
S. u. H.
ten, um ihre Erzeugniſſe auch im Auslande abzuſetzen.

Für die Reiſe.

( Der bayeriſch=öſterreichiſche Ausflugs=
verkehr
. Es beſteht noch immer Unklarheit über die Beſtim=
mungen
zur Ueberſchreitung der Grenze im bayeriſch= öſterreichi=
ſchen
Grenzgebiet. Deutſche oder öſterreichiſche Staatsangehö=
rige
, die ſich in jenem Grenzgebiet zur Sommerfriſche aufhal=
ten
, können in ihren Reiſepaß, wie die Reichszentrale für
Deutſche Verkehrswerbung mitteilt (es genügt Inlandsreiſe=
paß
!), eine Ausflugsklauſel aufnehmen laſſen, die in den Grenz=
bezirksämtern
Lindau, Sonthofen, Füßen, Garmiſch, Tölz, Mies=
bach
, Roſenheim, Traunſtein, Berchtesgaden, Reichenhall und
Laufen oder einigen beauftragten Stellen, die im Grenzgebiet
leicht zu erfragen ſind, ausgeſtellt werden. Dieſe Ausflugs=
klauſel
gilt nur zum Uebertritt in ein beſtimmtes, eng begrenztes
Gebiet jenſeits der Grenze, und Grenzaus= und wiedereintritt
dürfen nur an den in der Klauſel vorgeſchriebenen Uebergangs=
ſtellen
innerhalb dreier Tage ſtattfinden. Die Ueberſchreitung
des in der Klauſel umſchriebenen Ausflugsgebiets iſt ſtrafbar,
auch dann, wenn etwa die öſterreichiſche Behörde die Ausflugs=
klauſel
erweitert. Außer dieſen Ausflugsklauſeln werden an
Sommerfriſchler, Touriſten uſw. keinerlei Grenzſcheine, Tages=
nusweiſe
oder dergleichen ausgeſtellt; die ſogen, weißen Grenz=
ſcheine
werden nur an die ortsanſäſſige Bevölkerung für den
Berufsverkehr ausgegeben werden. Wer alſo größere, weiter in
das öſterreichiſche Gebiet hineinführende Ausflüge beabſichtigt,
wird ſich zweckmäßig mit einem deutſchen Auslandsreiſe=
paß
ausrüſten und beim Finanzamt des Heimatsortes den Un=
bedenklichkeitsvermerk
einholen; zum Ueberſchreiten der Grenze
iſt dann noch das Viſum des öſterreichiſchen Konſulats erforder=
ich
(das z. B. in Berlin die Paſſage=Abteilung des Mitteleuro=
päiſchen
Reiſebureaus im Potsdamer Bahnhof vermittelt), Stän=
dig
im Reichsgebiet wohnende Ausländer (auch Deutſch= Oeſter=
reicher
!) bedürfen ebenfalls des finanzamtlichen Unbedenklich=
keitsvermerks
und können ins Reichsgebiet nur zurückkehren,
wenn ihr Paß mit einem beſonderen Sichtvermerk für die Wie=
dereinreiſe
verſehen iſt.

Stimmen aus dem Leſerkreiſe.
(ür die Veröffentiſchungen unter dieſer Ueberſchrift übernimmt die Redaltiſon keinerſei Ver=
antwortung
; für ſie bleibt auf Grund des § 21 Abſ. 2 des Preſſegeſetzes in vollem Umfange
der Einfender verantwortlich.) Einſendungen, die nicht verwendet werden, können nicht
zurückgeſandt, die Ablebnung nicht begründet werden.
Die verſchiedenen Erörterungen und Einfendungen über den
Leſebuch=Erlaß deßs Landesamts für das Bildungsweſen bedürfen
einer kleinen Ergänzung: Es gibt auch Neubearbeitungen des Heſſi=
ſchen
Leſebuchs, die den politiſchen Verhältniſſen Rechnung tragen.
Allerdings iſt dieſe Takſache auch nicht allen Mitgliedern der Volks=
kammer
bekannt. Manche kämpfen gegen das Laſebuch, wie es vor 1919
erſchien, und wiſſen anſcheinend nichts von den weſentlich geänderten
Ausgaben der Jahre 192022. Die Verlagsbuchhandlung Emil Roth
in Gießen hat in Neubearbcätung erſcheinen laſſen: das Leſebuch A II,
19. Auflage 1921 AIII 15. Auflage, ATV 14. Auflage, A V 10. Auf=
jage
in 1922. Den Preis für dieſe Bücher bildet der Grundpreis
(1 Mk., 2,50 Mk., 2,70 Mk., 2,80 Mk.) mal der Schlüſſelzahl. Von den
in kleineren Orten der Umgegend gebräuchlichen Ausgaben ward B II
1920 neu bearbeitet, die Ausgaben BIII und II wenigſtens verbeſſert
1922; ebenſo verhält es ſich mit der Ausgabe C. Eltern haben alſo die
Möglichkeit, in der Hand ihrer Kinder ein Leſebuch zu ſehen, das die
Umwälzung berückſichtigt, wenn ſie ſich nur dazu entſchließen können,
für die gleiche Summe, die oft einem einzigen Vergwügen gewidmet
wird, ihren Kindern ein Leſebuch zu kaufem, das jahrelang benutzt wer=
den
kann.
Kiſſinger, Oberſtudiendirektor.
Nächtliche Ruheſtörung.
Auch in unſeren kurzen, hellen, heißen Nächten könnte der Städter
noch ein bißchen Schlaf genießen, wenn die Mitmenſchen Rückſicht näh=
men
. Nachts auf dem Kraftrade durch die Straßen zu knattern, zeugt
nicht gerade von beſonders feinen Umgangsformen. Es iſt ſchon ſchlimm
genug, daß uns dieſe noch nicht ausgereifte Erfindung tagsüber un=
zählige
Male peinigt. Nach Sonnenuntergang ſollte man vor dem
Knatterrade ſicher ſein, wie vor muſikaliſchem Lärme, der in Geſtalt
von Klavierſpiel und Geſang im fenſteroffenen Zimmer und im Freien
ſerübt wird. Wer am Wooge wohnt, iſt beſonders bedauernswert;
denn dort iſt bei Tag und Nacht anſcheinend alles erlaubt, was die Ner=
ven
zugrunde richten kann. Abhilfe tut not. Wo bleibt die Polizei?
Einer, der darunter leidet.

Handelsblatt.
Wirtſchaftliche Rundſchau.
* Rhein. Stahlwerke A. G., Duisburg=Meiderich,
Die a.b. G.=V. ſollte über Ausgabe von 200 Mill. Mk. Stammaktien
Beſchluß faſſen. Der Antrag der Verwaltung ging dahin, die neuen
Aktien ſämtlich dem bekannten Bankenkonſortium zu überlaſſen, um der
Verpflichtung, 160 Mill., die vom 1. 7. 23 ab an der Dividende teil=
nehmen
, ſofort, und die weiteren 40 Mill. mit 25 % des Nennwertes
anzuzahlen. Die letzteren Aktien ſollen erſt an der Dividende desjeni=
gen
Geſchäftsjahres teilnehmen, in dem ihre Vollzahlung erfolgt. Die
ſämtlichen Aktien darf das Konſortium nur nach Weiſung des Vorſtan=
des
und dem Einvernehmen mit dem Aufſichtsrat verwerten. Ein Be=
zugsrecht
wird den Aktionären nicht gewährt. Dieſer Antrag ſtieß auf
Widerſpruch bei einem kleineren Aktionär, namentlich deshalb, weil
jegliches Bezugsrecht für den Beſitzer der alten Aktien ausg=ſchloſſen
ſein ſollte. Nach mehr als zweiſtündiger Ausſprache nahm die Ver=
ſammlung
den Antrag der Verwaltung mit allen gegen die Stimmen
von zwei Aktionären an. Gegen ſämtliche Beſchlüſſe der Verwaltung
gab ein Aktionär Proteſt zu Protokoll.
*=d= Rheiniſche A.G. für Braunkohlenbergbau u.
Brikettfabrikation. In der G.=V. vom 13. Juli der Rheini=
ſchen
A. G. für Braunkohlenbergbau und Brikettfabrikation in Köln
wurde die Dividende auf 5000 Mk. für die Stammaktie feſtgeſetzt. So=
dann
beſchloß die Verſammlung die Exhöhung des Grundkapitals um
25 Mill. Mk. Die neuen Aktien werden mit 25 % eingezahlt und der
Cleren=Bergwerks=A. G. für Kohlen= und Tonindäſtrie überlaſſen. Das
geſetzliche Bezugsrecht iſt ausgeſchloſſen. Die jungen Aktien nehmen
ab 1. April d. J. im Verhältnis der Einzahlung am Reingewinn teil.
Die Verwaltung erklärte, die Kapitalserhöhung ſei lediglich als Vor=
ſichtsmaßnahme
gedacht, damit die Geſellſchaft jederzeit über die not=
wendigen
Mittel verfügen könne. Sodann wurde beſchloſſen, auf die
Gewinnbeteiligung des Aufſichtsrats den Gegenwert von 10 Tonnen
Braunkohlenbriketts zum Preiſe des Tages, an dem die Hauptverſamm=
lung
ſtattfindet, zu gewähren.
Meſſen.
E=d. Hamburger Papiermeſſe. Am Freitag wurde die
vierte Hamburger Papiermeſſe eröffnet. Sie iſt von zirka 200 Aus=
ſtellern
beſchickt. Der Vorſitzende des Meſſeausſchuſſes, Herr Veſſel,
begrüßte die Ausſteller und Einkäufer. Gerade bei der jetzigen Farben=
und Rohſtoffknappheit ſei es notwendig, alle ehrbaren Händler an einen
möglichſt geregelten Ein= und Verkauf zu gewöhnen. Er forderte die
Ausſteller auf, den Kleinhändlern mäßige Preiſe und günſtige Zahlungs=
bedingungen
im Intereſſe der notleidenden Konſumenten zu gewähren.
Der Vertreter der Detailliſtenkammer ſprach der Meſſeleitung den Dank
aus für die Aufopferung, mit der ſie wagemutig eine ſolche Meſſe in
dieſer ſchweren Zeit veranſtaltet. Für den Reichsbund deutſcher Pa=
pier
= und Schreibwarenhändler, Sitz Frankfurt a. M., ſprach dann noch
deſſen Vorſitzender Kerz.
* Mannheimer Erfindermeſſe Herbſt 1923. Wenn
auch die Verhältniſſe noch keine weſentliche Beſſerung aufweiſen, will der
Reichsverband deutſcher Erfinder E.V. Mannheim (Geſchäftsſtelle
O. 3, 16) um hauptſächlich den kleinen Erfindern zum Verkauf ihrer
Verbeſſerungen und Neuheiten zu verhelfen, auch im Herbſt dieſes
Jahres eine Meſſe abhalten. Die 4. Deutſche Erfindungen=, Neuheiken=
und Induſtriemeſſe im Mannheimer Roſengarten findet vom 7. bis
einſchließlich 13. September ds. Js. ſtatt. Erfinder, auch ſolche, die
nicht Mitglied des Verbandes ſind, erhalten bei umgehender Anmeldung
Freiplätze, die auch weniger bemittelten Kleingewerbetreibenden mit
guten Neuerungen gewährt werden. Die geringeren Preiſe ermöglichen
auch kleineren Induſtriefirmen, an dieſer erfahrungsgemäß von zahl=
reichen
in= und ausländiſchen Intereſſenten beſuchten Großverkaufsmeſſe
teilzunehmen. Alle früheren Ausſteller meldeten ſich faſt ausnahmslos
auch für dieſe Herbſtmeſſe, ein Beweis dafür, welch gute Erfolge ihnen
dieſer Neuheitenmarkt verſchaffte. Wegen der Kürze der Vorbereitungs=
zeit
empfiehlt ſich auch für Induſtriefirmen, die Wert auf gute Platzie=
rung
legen, möglichſt umgehende Anmeldung.

Perſicherungsweſen.

wb. Eine neue Transportverſicherungsgeſell=
ſchaft
haben ſich die verbündeten Deutſche Volksverſicherungs=A. G.
und Deutſche Feuerverſicherungs=A. G. durch die am 10. Juli vollzogené
Gründung der Aktiengeſellſchaft für Transport= und Rückverſicherung
mit dem Sitz in Berlin angegliedert. Das Aktienkapital in Höhe von
600 Millionen Mk. mit voller Einzahlung iſt aus den den alten Geſell=
ſchaften
naheſtehenden Kreiſen gezeichnet und zuzüglich eines die Grün=
dungskoſten
deckenden Aufſchlages bar eingezahlt. Den Aufſichtsrat bil=
den
vorläufig die Herren Miniſterpräſident a. D. Stegerwald, Vor=
ſitzender
, Geh. Regierungsrat Hackelöer=Köbbinghoff, ſtellv. Vorſitzender,
Poſtminiſter a. D. Giesberts, Reichstagsabgeordneter Tremmel und
Verbandsvorſitzender Gutſche, alle in Berlin. Zum Vorſtand beſtellt
ſind die Direktoren der Deutſchen Volksverſicherung und Deutſchen
Feuerverſicherung, Regierungsrat Dr. Pitſchke und Direktor Becker. Die
techniſche Leitung der Transportverſicherung wird in die Hand eines
Transportverſicherungsfachmannes gelegt. Im übrigen werden die Ge=
ſellſchaften
durch weitgehende Gemeinſchaft der Zentral= und Außen=
verwaltung
verbunden ſein. Die für die Vermögensverwaltung der
Deutſchen Volksverſicherungs=A. G. und Deutſchen Feuerverſicherungs=
A. G. unter der Firma Deutſche Finanz= und Lombardgeſellſchaft mit
beſchr. Haftung beſtehende ſelbſtändige Vermögensverwaltungsſtelle
wird ihre Tätigkeit auf die neue Transportverſicherung ausdehnen.
Ihr Stammkapital iſt gleichzeitig auf 100 Mill. erhöht worden.

Neugründungen.

h. Getreide=Kredit=A. G., Mannheim. Die neue Ge=
ſellſchaft
wurde unter Beteiligung weiter Kreiſe des Getreide= und
Mehlhandels und der Nährmittelfabrikanten aus Baden, Württemberg,
Pfalz und Heſſen gegründet und bezweckt, dem Getreidehandel, Mehl=
handel
und der Nährmittelfabrikation Erleichterungen in der Kredit=
beſchaffung
zu gewähren und als Treuhänderin aufzutreten. Waren=
geſchäfte
für eigene Rechnung ſind ausgeſchloſſen. Dem erſten Aufſichts=
rat
gehören außer den bereits genannten beiden Herren Hachenburg
und Lenel noch an: John Böcker, Direktor der Badiſchen Bank, Mann=
heim
, Rudolf Darmſtädter, Vorſitzender der Mannheimer Produkten=
börſe
, Großkaufmann Jakob Feitel=Mannheim, Felis Frohmann, Ferd.
Hirſch, Julius Schwab, Hugo Weingart, Ferdinand Wohlgemuth, Her=
mann
Wolff, Ludwig Zimmern, alle als Vertreter Mannheimer Ge=
treide
= und Mehlhandelsfirmen. Mit der Geſchäftsleitung wurde Herr
Stefan Blum=Mannheim betraut.

Dei Triefträgel kemmt
und kaſſiert in den Tagen vom 18.23.
ds. Monats die Bezugsgelder für das
Darmſtädter Tagblatt bei den Poſt=
beziehern
für den nächſten Monat.
Wir bitten beim erſten Vorzeigen der
Poſtquittung den Betrag zu bezahlen,
damit in der Zuſtellung der Zeitung keine
Unterbrechung eintritt. Nach den neueſten
Poſt=Beſtimmungen wird der Briefträger
die Quittung nur einmal vorzeigen, bei
Nichteinlöſung muß der Betrag alsdann
am Poſtſchalter bezahlt werden. (1447a
Der Verlag des Darmſtädter Tagblattes.

Druck und Verlag: L. C. Wittich. Verantwortlich für Politik,
Wirtſchaft und Feuilleton: Rudolf Mauve; für Stadt und Land
Reich und Ausland: i. V.: Andreas Bauer; für den Inſeraten=
teil
: i. V.: Ad. Fleiſchmann, ſämtlich in Darmſtadt.

Die heutige Anumer hat 6 Seiten.

[ ][  ][ ]

Seite 4.

Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 16. Juli 1923.

Nummer 194.

Landwwirtſchaft, Gartenbau, Kleintierzucht und Siedlungsweſen

Der praktiſche Kleingärtner.
Gartenzäune.
Beim Erwerb eines Grundſtückes iſt wohl in den meiſten
Fällen die erſte Arbeit das Umfriedigen des Geländes. Das iſt
nun heute ein ſehr teures Vergnügen, und wer nur einiger=
maßen
das Zeug dazu beſitzt, tut gut, wenn er ſich, ſelbſt hilft.
Die einfachſte Umzäunung beſteht darin, daß man in Abſtänden
von etwa 3 Meter Pfähle in den Boden rammt, und dieſe mit
Drahtzügen verbindet. Einfacher Draht nützt aber ſehr wenig,
man benutzt ſchon beſſer Stacheldraht. Falls das Grundſtück ſehr
frei und windig gelegen iſt, ſo kann mag gleichzeitig eine lebende
Hecke anpflanzen, etwa Weißdorn, dang bekommt man in einigen
Jahren eine ſehr nützliche Umzäunuffg, man wird allerdings
dann unten rings herum noch etwa ½ Meter hoch engen Maſchen=
draht
ziehen müſſen, zum Schutz gegen Haſen. Als nächſte Um=
zäunung
, was Billigkeit anbelangt, käme der ſelbſtgeflochtene
Zaun in Frage, wozu etwa 1 Meter hohe Knüppel verwendet
werden können, oben vielleicht noch ein Zug Stacheldraht. Sehr
praktiſch, weil lichtdurchläſſig, iſt der Zaun aus Maſchendraht,
der ſowohl mit Säulen aus Holz, Zement oder alten Gasrohren
hergeſtellt wird. Allerdings wüſſen die letzteren in eine Grün=
dung
von Beton eingelaſſen werden. Schließlich käme noch der
Zaun aus ſogen. Waldlatten in Frage, der gleichzeitig einen
guten Windſchutz ergibt. Man ſollte aber hierbei in windiger
Lage auch die Säulen aus Holz wählen, da Zementſäulen den
ſtarken Winddruck nicht aushalten, ſondern oft brechen. Einen
Unterſchied wird man machen müſſen zwiſchen dem Zaun an
der Straßenſeite der beſonders ſorgfältig und hoch ſein möchte
und dem als Trennung zwiſchen zwei Nachbargrundſtücken, der
von geringerer Höhe zu ſein braucht. In, allen Fällen iſt der
Zaun nach der Schnur zu bauen. Zunächſt werden in Abſtänden
von 3 Meter etwa 60 Zentimeter tiefe Gruben ausgehoben, die
Säulen (mit Teer imprägniert) hineingeſtellt, mit dem Lot gut
ſenkrecht geſtellt, und dann wird die Erde ringsum hineingeſchau=
felt
und mit einem Stampfholz kräftig feſtgeſtampft. Je nach der
gewählten Art wird dann entweder das Drahtgeflecht ſtraffge=
ſpaunt
, mit Krampen angenagelt, oder es werden die Drahtzuge
mit einer Spannvorrichtung ſtraff gezogen und ebenfalls, mit
Krampen befeſtigt. In Ermangelung einer Spannvorrichtung
kann man eine Radekarre umſtürzen und das Rad zum Spannen
verwenden, indem man an dieſes einen ſtarken Strick bindet und
dieſen mit dem Draht verknüpft. Jedenfalls kann man dem um=
gezäunten
Grundſtück ſchon eher Kulturpflanzen anvertrauen,
man fühlt ſich darin eher heimiſch, und auch der Geſetzgeber wird
einen Diebſtahl aus dem umzäunten Grundſtück anders bewerten
als vom freien Feld.
P. I.
Gießen und Wäſſern der Gemüſebeete ge=
hört
zur Sommerzeit zu den wichtigſten Arbeiten. Dieſe Ar=
beiten
gehören nicht zu den angenehmſten, beſonders wenn das
Waſſer weit hergeholt werden muß und wenn Fehler gemacht
wurden, welche die Arbeit manchmal verdoppeln. So legt man=
cher
Gartenfreund ſeine Beete zu hoch an, ſo daß die zwiſchen=
lägenden
Wege ſchon mehr Gräben gleichen, die bei Regen=
wetter
jeden Tropfen Regenwaſſer ſchnell ableiten. Die Beete
ſalbſt dagegen bilden langgeſtreckte Hügel, die leicht austrock=
nen
und ſo die Mühe des Gießens faſt vergeblich machen. Man
ſorge im Gegenteil, daß die Beete flach und gerade liegen und
erhöhe den Rand noch etwas, damit ſie das Regenwaſſer feſthal=
m
. Dadurch wird viel Arbeit geſpart.
Der Kleintierzüchter.
Kaninchenſtälle im Garten.
Veranlaßt durch die hohen Materialpreiſe zum Bau von
Kaninchenſtällen benutzen viele Siedler alte Kiſten. Werden dieſe
wöglichſt gleichmäßig groß oder nebeneinander geſtellt und auch
lonſt gut und praktiſch eingerichtet, mit Dachpappe beſchlagen,
kauber eingefügte Drahttüren und ein etwas vorſtehendes Stall=
dach
angebracht, um ein Durchnäſſen der Tiere durch von vorn
heranſchlagenden Regen zu vermeiden, ſo läßt ſich im allgemeinen
gegen dieſe Kaninchenbehauſungen nicht viel einwenden. Es muß
ſich eben jeder nach ſeiner Decke ſtrecken, denn nicht jeder iſt in der
Bage, ſeinen Kaninchen förmlich Villen zu erbauen, welche heute
mitunter teurer ſind, als in der Vorkriegszeit ein ganzes Eigen=
heim
. Kanichenſtälle dürfen aber den Garten nicht verſchandeln.
Um anſtändig wirkende Ställe zu ſchaffen, ſind durchaus keine
großen Geldausgaben nötig, ſondern nur ein klein wenig Schön=
heitsſinn
. Bepflanzen wir doch dieſe Kiſtenſtallungen etwas reich=
lich
mit geeigneten Kletterranken. Wir bieten dadurch unſeren
Tieten in den heißeſten Sommermonaten Schatten, ſodaß ſich
auch die kleinſten Tierchen in der Kinderſtube mollig fühlen kön=
nen
, außerdem läßt ſich auch gleichzeitig noch ein kleiner Nutzen
aus dieſen Kletterranken herausholen, ſei es durch Früchte, z. B.
bei Brombeeren, ſei es durch Verkauf von Sträußen der Schling=
roſen
. Wir haben ja ſehr reichhaltige Auswahl. und vielleicht
gibt uns der Nachbar von ſeinem Neichtum an Pflanzen etwas
gegen eine andere kleine Gefälligkeit ab. Ich habe ſtets meine
Freude daran gehabt, was mancher unſerer Garten= und Zucht=
kollegen
mit den einfachſten Mitteln für reizende Sommerwoh=
nungen
für die Kaninchen durch Bepflanzen erreichte. Recht
geſchickt laſſen ſich auch Pflanzen in der Nähe des Jauchenablaufs

unterbringen, welche ohne irgendwelche Pflege geradezu üppig
wuchſen. Aber lieber Zuchtfreund, zeige auch du, daß Liebe zu
deinen Tieren vorhanden iſt, indem du durch Anpflanzen von
Ranken für Schatten in der heißen Jahreszeit ſorgſt, zeige aber
auch, daß du Sinn für Ausſchmückung deines Gartens beſitzt.
Von der Einſtreu im Kaninchenſtall.
Iſt man in Vereinen an leitender Stelle tätig, wird einem
des öfteren noch mehr als anderen Mitgliedern die Gelegenheit
geboten, recht verſchiedenartige Stallanlagen beſichtigen zu kön=
nen
. Was man dann zu ſehen bekommt, ſpottet oft jeder Be=
ſchreibung
. Bei ſolchen Gelegenheiten iſt es einem unverſtänd=
lich
, daß wir in einem Zeitalter leben, in dem ſich Vereine, Vor=
tragende
, Zeitſchriften, Flugblätter, Lehrbücher uſw. um die
Wette bemühen, über die notwendigſten Lebensbedingungen der
Kleintiere aufklärend zu wirken. Oft trifft man einen Schmutz
an, der den Tierfreund unwiderſtehlich in die Verſuchung treibt,
es mit Hilfe des Staatsanwalts dem Beſitzer ſolch verjauchter
Stallungen begreiflich zu machen, daß ſeine Tierhaltung eine
Tierquälerei ſchlimmſter Art iſt, welche nach den Paragraphen
des Strafgeſetzbuches gar nicht ſtreng genug beſtraft werden kann.
Man möchte annehmen, daß allen, die nur ein klein wenig nach=
deuken
, es doch zum Bewußtſein kommen müßte, daß in ſolchen
Schmutzlöchern Tiere weder gedeihen noch Nutzen bringen kön=
nen
. Die unausbleiblichen Folgen einer ſolchen Vernachläſſigung
der einfachſten Pflichten gegen unſere Lieblinge werden Siechtum
und Seuchen ſein.
Um Tiere geſund und zeugungsfähig zu erhalten, iſt erſtes
Erfordernis peinlichſte Sauberkeit in den Ställen. Allerdings
ſcheint dieſes denen, die ſich bisher nicht davon überzeugt haben,
ſchwer. Nimmt man ſich aber einmal vor, alle Wochen zweimal
je ein Viertelſtündchen hierfür zu opfern, wird auch der Erfolg
nicht ausbleiben.
Schon ſeit 15 Jahren benutze ich in meiner Kaninchenzucht
nur Ställe, welche mit eeiner Vorrichtung zum ungehinderten
Abfluß und Auffaugen der Jauche verſehen ſind. Als Grund=
ſtreu
verwende ich Torfmull mit Moos vermiſcht. Darüber
ſtreue ich je nach dem, was die Jahreszeit bietet und mir gerade
zur Verfügung ſteht, Stroh, Heu zweiter Güte, dürres Gras,
trockenes Laub u. a. m. Stets habe ich unter meinen Tierbeſtän=
den
Wohlbefinden angetroffen und irgendeine Krankheit bisher
nie zu verzeichnen gehabt. Ein weiterer mit dem regelmäßigen
Reinigen der Stallungen verbundener Vorteil iſt der, daß die
auf dieſe Weiſe gewonnenen Düngermengen nach längerem
Lagern meinem Gemüſegarten zugute kommen und mir dort den
klingenden Lohn für meine Opfer an Zeit und Arbeitskraft ein=
bringen
.
Wer da ſagt: Ich habe keine Zeit dafür, alle 3 bis 4 Tage
dergleichen Arbeiten zu verrichten, der irrt ſich entweder oder
aber es fehlt ihm an dem nötigen guten Willen. Im letzteren
Falle möchte ich aber einem ſolchen tierliebenden Kaninchen=
züchter
den wohlgemeinten Rat geben, ſeinen Tierbeſtand ſo
bald wie möglich dem Kochtopf zu überliefern. Durch Befolgung
meines Rates würde er ſelbſt vor empfindlichem Schaden be=
wahrt
, und die Kaninchenzucht als ſolche, nicht bei Freunden,
Nachbarn und Bekannten in Verruf gebracht. Bei allen einſich=
tigen
Züchtern hat ſich bisher aber immer noch bewahrheitet, daß
bei ſachgemäßer Haltung und Pflege der Tiere die Kaninchen=
zucht
ſehr rentabel iſt.
W. Sch.
Die Folgen einer ungenügenden Pflege des Ziegenſtalles.
Während der langen Kriegsjahre ließ die Stallpflege man=
ches
zu wünſchen übrig, welches ſich damit entſchuldigen ließ,
daß ein äußerſt fühlbarer Mangel an Arbeitskräften vorhanden
war. Allerdings gab dieſe Tatſache immer noch keine Veran=
laſſung
, dem zur Stallhaltung verurteilten Tiere dadurch
Qualen zu bereiten, daß man die Ausbringung des Düngers
von einem Tag zum anderen verſchob. Vielleicht half man ſich
hier mit der Ausrede: Der Miſt wärmt im Winter und kühlt
im Sommer! Es muß zugegeben werden, daß die Stallbauten
aus Stein voerſt wenig wohnlich ſind, und die Tiere ſich nicht
immer wohl darin finden, inſofern, als dieſen ſowohl durch die
Wände als auch den Betonboden zu viel Wärme entzogen wird.
Darum ſoll man ſeine Pfleglinge neben der Verunreinigung
durch Miſt, Jauche und Ungeziefer nicht noch geſundheitlichen
Schädigungen aller Art ausſetzen. Um dies zu verhüten, wer=
den
die Wände mit Brettern oder Schwarten verkleidet. Beſteht
Mangel an geeigneter Streu, ſo wird auf den Betonboden ein
auswechſelbarer Holzroſt gelegt, und zwar ſo, daß die beiden
Querleiſten, worauf die nach unten abgekanteten Längsleiſten
liegen, in der Richtung mit der Ziege laufen, infolgedeſſen der
Jaucheabfluß zur Jauchegrube unbehindert iſt. Sollte dann aus
irgendwelchen Gründen eine tägliche Ausbringung des Düngers
ſich nicht ermöglichen laſſen, ſo kann doch bei Verwendung ge=
eigneter
Streu, wie Stroh und Waldſtreu in Verbindung mit
Torf und Sägeſpähnen aus Nadelhölzern, ſtets ein trockenes,
geruchfreies Lager hergeſtellt werden. Bekanntlich haben an=
ſteckende
Krankheiten ihre Urſache in der unmerkbaren Verbrei=
tung
kleinſter, nur mit dem Mikrofkop feſtſtellbarer pflanzlicher
Lebeweſen, die man als Bakterien bezeichnet. Dieſe gelangen
auf den Dünger und von da auf dem natürlichen Wege oder
durch infolge von Krankheiten, wie Ausſchläge, Eiterherde, Stich=
und Rißwunden entſtandene widernatürliche Oeffnungen in das
Innere des tieriſchen Körpers, wo ſie einen neuen Krankheits=

und Seuchenherd bilden. Zu dieſen ſogenannten Infektions=
krankheiten
zählt die gefürchteſte aller Viehſeuchen die Maul=
und Klauenſeuche. Ihr Auftreten erfordert ſtets große Opfer
durch Ausfall an Milch und ihren Erzeugniſſen und mitunter
an kaum erſetzbaren Zuchttieren. Auch die mit dem Rotlauf nicht
unähnlichen Euterentzündungen ſind eine Folgeerſcheinung un=
genügender
Stallpflege. Ferner kann das Verwerfen, d. i. das
vorzeitige Abſtoßen der Leibesfrucht, durch Weiterverbreitung
der es verurſachenden Bakterien durch den Dünger zur dauern=
den
Stallſeuche ausarten. Ebenſo Erkältungskrankheiten, wie
Rheumatismus und dergleichen, werden in einem durchnäßten
Stall weſentlich gefördert. Aber ganz abgeſehen von dem wenig
pfleglichen Eindruck, den ſo gehaltene Tiere machen können, fin=
det
eine derart ungeeignete Stallpflege auch ihr Spiegelbild in
der Milch und ihren Erzeugniſſen. Gerade der mitunter anzu=
trefende
ungewohnte und abſtoßende Geſchmack mancher Ziegen=
milch
iſt auf Rechnung der wenig pfleglichen Behandlung zu
ſetzen. Mit der Behandlung ſteigt und fällt Geſchmack, Wert und
Anſehen der Erzeugniſſe aus der Ziegenwirtſchaft. Dieſes möge.
man wohl beherzigen, daneben aber auch, daß gut geputzt, halb
gefüttert iſt.

Ratſchläge.

Verbeſſerung alter Butter. Im Sommer
nimmt die Butter oft recht ſchnell einen unangenehmen Alt=
geſchmack
an. Solche Butter kann man wieder ſehr gut ver=
beſſern
, wenn man ſie mit Buttermilch behandelt. Die Butter
wird gut auseinandergeknetet und dann mit der friſchen Butter=
milch
übergoſſen. Dann knetet man ſie 14 Stunde lang tüchtig
durch. Wenn man ſie in das Butterfaß tut und ſo mit der
Buttermilch gut durchbuttern kann, ſo iſt dies noch vorzuziehen.
Wird die Butter dann von neuem ausgearbeitet und leicht ge=
ſalzen
, ſo hat ſie ihren guten, friſchen Geſchmack wieder erhalten.
Erdbeerenwein kann aus Wald= und Gartenerd=
beeren
hergeſtellt werden. Beim Einſammeln der Früchte hat
man darauf zu achten, daß fremde Verunreinigungen ferngehal=
ten
werden. Die Beeren werden vor dem Auspreſſen zerquetſcht
oder eingemiſcht und dann nach 1224 Stunden abgepreßt. Die
Maiſche muß während dieſer Zeit kühl üehen und öfters um=
gerührt
werden. Der Säuregehalt bei Walderdbeeren iſt größer
als bei Gartenerdberen und beträgt im Durchſchnitt 51600.
Der Zuckergehalt variiert zwiſchen 39 Prozent. Auf 1 Kilo=
gramm
Erdbeeren gibt man 04 Liter Waſſer. Der Zuckerzuſatz
richtet ſich nach der zu erzielenden Qualität. Er beträgt für
den Haustrank 180 Gramm, Tiſchwein 200 Gramm, Likörwein
400 Gramm beim gleichen Waſſerzuſatz. Den Zuckerzuſatz gibt
man erſt nach dem Abpreſſen zu. Dagegen kann ein Teil des
Waſſers der Maiſche zugeſetzt werden. Den Reſteil nimmt man
zum Auslaugen der Treſter und preßt dieſe danu ab. Die weitere
Behandlung gleicht der anderer Beerenweine.
Himbeerſaft gärt nicht, wenn man ihn auf fol=
gende
Weiſe einkocht und im Keller oder kühlen Raum aufbe=
wahrt
: Die gekochten Himbeeren, welche man nach Belieben
mit etwas rotem Johannisbeer= oder Kirſchſaft vermiſchen kann,
werden durch ein Tuch gegoſſen, der Saft mit dem Zucker ziem=
lich
lange gekocht, ſauber abgeſchäumt, in Weinflaſchen gefüllt
und dieſe womöglich mit einer Korkmaſchine wie Wein mit neuen
Korken feſt verſchloſſen. Auf dieſe Weiſe hält ſich der Saft
auch Kirſch= und Johannisbeerſaft unverändert.
Der bittere Geſchmack der friſchen Gurken.
Es iſt bekannt, daß Gurken, wenn ſie geſchält ſind und als Salat
auf den Tiſch kommen, alſo in friſchem Zuſtande, nicht ſelten
bald mehr, bald minder mit bitterem Geſchmack behaftet ſind.
Aeußerlich iſt ihnen der Fehler nicht anzumerken: Dieſe Gurken
ſehen genau ſo aus wie jede andere. Noch weniger ließe ſich
etwa behaupten, daß es eine ganz beſtimmte Sorte ſei, bei der
die erwähnte Mißlichkeit vorkommt: die Schuld iſt vielmehr in
weit anderen Urſachen zu ſuchen. Vor allem dürfte der bittere
Geſchmack auf das Material zurückzuführen ſein, das zum Dün=
gen
des Bodens verwendet wird. Eine Zeitlang ſah man das
Heil, aus ſeinem Gurkenacker möglichſt viele und große Gurken
zu erzielen, allein im Düngen mit friſchem Pferdemiſt. Die
Folge war ein entſprechend hoher Prozentſatz von bitteren Gur=
ken
. Weitere Urſachen dürften kaltes oder zu feuchtes Wetter,
ſowie zu verſchiedene Bindigkeit des Bodens ſein. Die Gurke
beanſprucht warmen und lockeren Boden. Die Sonne muß ihn
mit ihren Strahlen treffen; anhaltender Regen verlangſamt das
Wachſen der Frucht und miſcht ihr gleichzeitig Bitterkeit bei.
Ob dieſe Beobachtungen den Tatſachen entſprechen, iſt hiermit
nicht geſagt. Wer Gurken verwendet, tut gut, zunächſt die Spitze
fortzuſchneiden, und ſich dann ſelbſt zu überzeugen, ob die Gurke
bitter ſchmeckt oder nicht. Iſt letzteres nicht der Fall, ſo ſchnei=
det
man eben ſo viel ab, bis die Bitterkeit verſchwunden iſt.
Ein Schälen von dem rundlichen Ende aus iſt ſchon deswegen
zu empfehlen, weil dann der bittere Saft nicht über die ganze
Gurke fortgeleitet wird. Hat man etwa eine ſchöne Frucht aus
Unvorſichtigkeit bitter gemacht, ſo gibt es ein Mittel, die Gurke
von dem Beigeſchmack zu befreien. Man löſt etliche Körnchen
übermanganſaures Kali in Waſſer, legt die Gurkenſchnitte hin=
ein
, ſo daß die Löſung ſie völlig überdeckt, und beläßt ſie in die=
ſer
einige Minuten. Nachher wird das Waſſer fortgegoſſen und
es erfolgt reichlichſtes Nachſpülen mit kaltem Waſſer. Die Gur=
kenſchnitte
werden nunmehr geſalzen und als Salat hergerichtet.
Der bittere Geſchmack iſt, wenn das Verfahren genau befolgt.
worden iſt, beſtimmt verſchwunden.

Der junge Tod.

Roman von Fritz Demuth.
(Der Abdruck erfolgt mit Genehmigung des Herrn Verfaſſers und
der J. G. Cotta’ſchen Buchhandlung Nachf. in Stuttgart u. Berlin.)
(Nachdruck verboten.)
59)
Als das Stück beendet war, ſagte Günter zu Marie Louiſe:
Dieſe Harmonie, dieſe Schönheit nach all dem Fauchen und
Ziſchen und Heulen, dieſem chaotiſchen Zerſtörungslärm da
draußen!
Die Jupiterſymphonie von Mozart wurde geſpielt, heiter
glänzend, ſonnig, ein frohes und ſicheres Bekenntnis zum
Leben, zu ſeiner Schönheit, zum Licht. Es war ſo hinreißend,
ſo erhebend, daß man das Unheil vergaß. Ich war nicht ohne
Widerſtreben ins Konzert gegangen, ich mochte jetzt keine noch
ſo hochſtehenden Beluſtigungen, nun tat es mir gut, daß es ge=
ſchehen
war.
Starker Beifall folgte dem Spiel, Marie Louiſe war be=
geiſtert
und klatſchte lebhaft. Noch nie zuvor habe ich ſo deut=
lich
an Neapel gedacht, ſagte ſie mir, als wir während der
Pauſe im Foyer waren, wie jetzt eben, ich ſah es vor mir und
Amalfi und das wundervolle blaue Meer und die Delphine.
Vater, ihre Stimme hatte einen flehentlichen Ton, Vater,
glaubſt Du denn, daß wir noch einmal hinkommen werden?
Sicher, Marie Louiſe.
Günter Pfeil trat zu uns. Wie dankbar ich Ihnen bin,
daß Sie mich mitgenommen haben. Ich verſtehe wenig von
Muſik, und als Sie mich einluden, hatte ich, er lächelte nicht
ohne Anmut, noffen geſagt etwas Angſt vor dem Abend aber
ſein Geſicht war wieder ganz ernſt, das war ja unglaublich
ſchön, jetzt weiß ich doch, was Muſik iſt.
Mare Louiſe ſah Günter Pfeil an und mich und ihre Augen
blitzten, als ſie meinen Blick trafen, ſie war ſtolz auf Günter.
Nun ſprach ſie: Das verdanken wir Euch da draußen, daß hier
noch ſo etwas vor ſich gehen kann; wenn ihr nicht wärt, was
wäre dann aus dem allen geworden?

ungefähr habe ich das auch ſo empfunden ſagte Günter
Pfeil, nund ich war froh darüber. Wir bewahren die Grenze,
aber ihr, ja ihr er ſah zur Decke empor, wie mit einem
Male ſo Einſichten aufgehen. Nun ſenkte ſich ſein Blick und
blieb an Marie Louiſe haften, flatternd erſt und offenſichtlich
von überſtarken inneren Vorgängen beunruhigt, dann feſter, ge=
ſammelter
, und Marie Louiſe erwiderte den Blick klar, offen,
voll Wärme.
Die Glocke erſchallte zum Zeichen, daß die Pauſe beendet
war, und wir kehrten in den Saal zurück.
Am nächſten Tage erhielt Günter Pfeil ein Telegramm. das
ihn zum Regiment rief. Marie Louiſe hatte darauf gerechnet,
daß ſie noch eine ganze Zeit mit ihm verbrlingen könnte. Die
plötzliche Abreiſe, die ſich in großer Unruhe vollzog, empfand ſie
als einen neuen Schickſalsſchlag. Sie war ſehr trüber Stimmung,
ſprach viel von Novagerio, und es war ſelbſtverſtändlich, daß
aus dem Schmerze über ſeinen Tod nun eine heftige Beunruhig=
ung
über das Schickſal Günters erwuchs, der, darauf wies die
telegraphiſche Einberufung hin, offenbar ſchweren Zeiten ent=
gegenging
.
Allmählich fand ſie wieder ihr Gleichgewicht.
Ich machte mir Gedanken um das Mädchen, nicht nur, daß
ſie mir leid tat ihres ſchweren Schickſals wegen, das ſie wie alle
ihre Altersgenoſſen mit dem Verluſte ihres Jugendlebens be=
drohte
nein, ich wußte nicht recht, welchen Anteil an ihrem Leid
die allgemeine Not der Zeit trage und welchen das mehr ver=
ſönliche
, mir nun doch nicht recht genehme Empfinden für Gün=
ter
; ich hatte das Bedürfnis, ſie wegen ihres Verhältniſſes zu
jenem auszuforſchen, und ſcheute mich, es zu tun.
Vor dem Lazarett erwartete ich Marie Louiſe. Als ſie her=
auskam
und meiner gewahr wurde, ſah ſie mich erſchreckt an.
Haſt Du ſie geſehen? Ich konnte ſie nicht zurückhalten und
mit mir nehmen erſt recht nicht, und ihr direkt ſagen, daß Du
hier ſtändeſt, das ging auch nicht. Haſt Du ſie geſehen?. Sie
muß doch eben erſt herausgekommen ſein.
Mfttee

Helene Berndt.
Helene Berndt? Das wäre gerade heute die richtige
Lebensgefährtin für Marie Louiſe geweſen, jung und reif zu=
gleich
. Was meinſt Du, wenn wir ſie bäten, wieder zu uns zu
kommen, zu Dir, in unſer Haus? fragte ich nach einer Weile
des Ueberlegens.
O. das wäre herrlich! rief Marie Louiſe.
Ich ſchrieb an Helene Berndt und bat ſie um eine Zu=
ſammenkunft
. Als ich mich auf den Weg machte, um ſie zu
treffen, ward mir der Wandel meines Daſeins ſo recht deutlich.
Damals, als ich mich zur Abſchiedsausſprache mit ihr anſchickte
und nahezu die gleiche Straße ging wie jetzt, hatte ich gezittert
vor Erregung, heute war ich ſachlich und eigentlich zumeiſt von
dem Gedanken angefüllt, ob ich ein Recht habe, von Helene eine
Leiſtung zu verlangen, wie ich ſie ihr zumuten wollte. Sie ſollte
geben, dafür konnte ſie Marie Louiſes Liebe empfangen und
meine Zuneigung, die immer wach geblieben war. Würde das
nun ausreichen zum Ausgleich der inneren Unruhe, der ich ſie
möglicherweiſe ausſetzen konnte?
Ich war überzeugt, Helene wurde tun, um was ich ſie bat,
ſie würde eine Genugtuung darin finden.
Wie leicht und beſchwingt war damals das Leben geweſen,
trotz Sorgen und Kümmerniſſen! Da gab es manche. Auswege
und Hoffnungen, heute war alles eingezwängt und beſchloſſen in
die harte, unabänderliche zwingende Notwendigkeit.
Helene Berndt kam nicht in Schweſterntracht zur verabrede=
ten
Stelle, wie ich erwartet hatte, ſie war hübſch und geſchmack=
voll
gekleidet. Wir ſtanden einander gegenüber und reichten uns
die Hand, und Helenes Hand zitterte deutlich, aber auch die meine
war unruhiger, als ich es wahr haben wollte. Und nun gingen
wir nbeneinander her.
Ich ſprach von Marie Louiſe und dem Wunſche eine ver=
ſtändige
Frau in ihrer Nähe zu wiſſen. Da habe ich nun an
Sie gedacht, ſagte ich.
(Fortſetzung folgt.)

[ ][  ][ ]

16. Juli 1923 Nr. 194

Der Feſtzug in München. Das Baden=Badener Autoturnier. Augias gewinnt den Großen Preis von Berlin.

Das 13. deutſche Zurnfeſt.
Der Feſtſonntag.
ap. München; 15. Juli. In anbetracht des überwältigenden An=
dranges
zum Feſtzug hatet die Leitung zwei Feſtzüge gebildet, die in
einer Stärke von je 100 000 Mann mit über 4000 Fahnen in eutgegen=
geſetzter
Nichtung aneinander vorbeimarſchierten. Jeder Zug war in
acht Reihen eingeteilt und umfaßte eine Menſchenmaſſe von je 8 Kilo=
metern
, deren Vorbeimarſch an viereinhalb Stunden dauerte. Alle
400 Meter nahm eine Muſikkapelle Platz, die abwechſelnd ſpielten. Den
erſten Zug eröffneten die Saarländer und der Mittelcheinkreis mit
Frankfurt a. M. an der Spitze, dicht dahinter folgte der Kreis Rhein=
land
mit dem Ruhrgebiet, der Pfälzer Turnerbund, die Weſtfalen, der
Akademiſche Turnbund, der Deutſche Turnkreis der Tſchechoflowakei,
der Kreis Baden, Unterweſel, Braunſchweig, Oberweſel. Den Schluß
bildeten Südbahern und Baden. Den zweiten Zug eröffneten die
Kreiſe Overſchleſien und Oſtpreußen, Weſtpreußen, Danzig, das Aus=
land
, darunter Argentinien, Braſilien, mit der Flagge von Nordamerika
die Nordamerikaner, von denen die meiſten aus Chikago waren. Es folg=
ten
Ungarn, Rumänen, Siebenbürgen und die Schweiz. Dann ſah man
die Münchener Turnerſchaft, Thüringen, Freiſtaat Sachſen, während
die Nordbahern den Schluß bildeten. Auf dem pfälziſchen Banner ſtand
geſchrieben: Andenken an unſere gewaltſam zurückgehaltenen Brüder.
Die Turner von Rhein und Ruhr erregten beſonders die Aufmerkſam=
keit
. Alt und Jung, Großvater und Enkel marſchierten ſie wie Brüder
und Schweſtern mit energiſchem Schritt und leuchtendem Blick, gegrüßt
von einer nach Tauſenden zählenden Menge. Offenburg trug als Stadt
des beſetzten Gebietes Trauerflor um die Flagge. Die Fahne Bochums
war mangels Schaftes an einen Naturaſt befeſtigt. Rheingau, Solin=
gen
, Eſſen, Köln es war ein ſtolzer Zug, ein Eindruck von überwäl=
tigender
Größe. Nicht gerade erhebend waren die Bilder im zweiten
Zuge, in dem unſere abgetrennten Brüder im Oſten den Ton angaben.
Poſen, Oſtpreußen, Danzig, mit ſeiner alten Flagge, wurden beſonders
begrüßt. Ueberaus ſtark waren vertreten Berlin, Leipzig, Dresden,
ebenſo die Provinzen Sachſen, Thüringen und die Inſel Rügen. Wäh=
rend
ſich die Spitze des Feſtzuges nach dem Feſtplatze unter den Füßen
der Bavaria begab, begann das Ende des Zuges erſt ſeinen Abmarſch.
Der Zug ſteht mit ſeiner halben Million Teilnehmern in der Geſchichte
der Deutſchen Turnerſchaft einzig da.
Die Ausſcheidungskämpfe haben begonnen. Bis jetzt
wurden folgende Ergebniſſe bekannt: 100 Meter=Lauf: 1. Berke, Mtv.
Braunſchweig, 10,9 Sek.; 2. Lehfeld. Mtv. Friedrichsfeld, 11,1. 100=
Meter=Lauf (Damen): 1. Holzer, München 1860, 129, 2. Juker=ckaſſel,
13,0. 110 Meter=Hürden: In die Entſcheidung kommen: Rud. Schmidt
und Hugo, München 1860, Wiebel, Mannheim, Tgde., Werner, Dahms.
4X100 Meter=Staffel (Herren): München 1860. T.G. Mannheim, T.V.
Osnabrück, Phönix, Eintracht=Frankfurt, A. T. V. Leipzig, Mtv. Braun=
ſchweig
, Tv. 1846 Nürnberg. 10X100 Meter (Damen): München
1860, Mtv. 1879, Turnerſchaft München, Berliner Turnbund, A.T.V.
Dresden. Weitſpringen: 1. Löbel, Tv. 1863 Sparenberg, 2. Johann
Schmidt=München.
Turngemeinde Darmſtadt 1846 Wanderabteilung.
Am geſtrigen Sonntag, dem Hauptfeſttage des Münchener Turn=
eſtes
, unternahm die Wanderabteilung der T.G.D. 1846 ihre dritte
Panderung. Etwa 50 Turnerinnen und Turner, hauptſächlich Jugend=
iche
, mögen es geweſen ſein, welche ſich um 7 Uhr am Tierbrunnen bei
chönſtem Sonnenſchein einfanden, um von hier die Wanderung zu be=
zinnen
, welche durch den Schnampelweg an der Ludwigsruhe vorbei,
durch Ober=Namſtadt zum breiten Stein führte, wo das gut mundende
Frühſtück eingenommen wurde. Nach dieſer Stärkung ging es weiter.
urch ein kleines Verſehen der Führer nach Waſchenbach, dann den
ſonnigen Hang wieder hinauf durch Nieder=Modau, Rohrbach und Ro=
dau
zu einem ſchönen ſchattigen Plätzchen, wo die Hauptraſt abgehalten
wurde. Die leibliche Stärkung nahm ziemlich lange Zeit in Anſpruch,
und doch hatte das Jungvolk noch Zeit, manchen Scherz auszuführen.
Nach Aufbruch ging es nach Lichtenberg und Schloß und dann in ſtram=
mem
Marſche durch Groß=Bieberau nach Reinheim, von wo aus das
Dampfroß die von der Sonne ſchon gebräunte Wanderſchar in die Hei=
mat
beförderte. Alle Teilnehmer konnten noch glücklich, kurz vor dem
Ure.
Gewütterregen, bei Muttern angelangt ſein.
Pferdeſporf.
Berliner Pferderennen.
Wb. Beim geſtrigen Renntag im Grunewald hat der Stall Wein=
berg
wieder zwei Hauptrennen gewonnen. Der dreijährige Augias
gewann den großen Preis von Berlin gegen Staffelſtab und
Notung ſowie Perikles und Hampelmann. Der Dreijſährige hat in
dieſemn Jahre die unvergleichliche Serie von 6 Preiſen gewonnen näm=
lich
den Preis von Dallwitz. Henkels Jubiläumspreis. Union, Derby,
großer Preis von Berlin. Die von ihm gewonnene Geſamtſumme be=
rägt
267 800 000 Mark. Der andere gute Dreijährige gewann das
Vergoleſerennen ebenfalls ſehr leicht gegen Kardinal und Fliegenden
Holländer. Auch der Stall Oppenheim hatte 2 Siege zu verzeichnen.
So das Weltmann=Rennen mit Monfalcone gegen Patroklus und Pala=
medes
und vier andere, ſowie das Baron Kuckirennen mit Schwarze
Kutte gegen Rotdorn, den Signoreausgleich gewann Graf. Henkels
Parioli.
Kraffahren.
Baden=Badener Autoturnier.
Das große Baden=Badener Autoturnier, die Baden=Badener Woche,
eines der glänzendſten automobilſportlichen Ereigniſſe, hat geſtern ihren
Abſchluß genommen. An Fahrern und Fahrzeugen iſt alles da, das in der
deutſchen Autowelt einen Namen hat. Sicher iſt, daß noch kein Ba=
dener
Turnier ſo ſcharf umkämpft wurde wie gerade dieſes, in dem die
Beſten gegen die Beſten ſtehen.
Vor dem Prüfungsausſchuß erſchienen intereſſante neue Sporttyps,
darunter allerdings manche Wagen, die vom normalen Serienwagen
nicht mehr allzu viel an ſich zu haben ſcheinen. Dann wieder Sport=
wagen
von formvollendeter Schönheit und ſchnittiger Linienführung.
Auf der Terraſſe des Kurhauſes waren die altertümlichen Fahrzeuge
ausgeſtellt, die zur Schaufahrt Die Entwicklung des Automobils
nach Baden=Baden gebracht worden ſind.
Das Flachrennen hatte folgendes Ergebnis: Klaſſe 5 (über
25 Steuer=PS.): 1. Frau Ada Otto=München (Otto) 27 PS. 2:16/4;
2. Guſtav Otto=München (Otto) N PS. 2:17,8; 3. Ingenieur Paul
Katzpler=Gernsbach (Benz), 26 PS. 2:19/4: 4. Generaldirektor Hof=
Frankfurt (Mercedes) 28 PS. Klaſſe 4 (1625 Steuer=PS.): 1. Karl
Frion (Adler) 18 PS. 2:20; 2. Guſtav Metſcher=Dortmund Adler)
18 PS. 2:32,4; 3. W. Bleißem=Köln (Adler) 18 PS. 2:478. Klaſſe 3
(1016 Steuer=PS.): 1. H. Heußer=Kleinſchmalkalden (Stehr) 12,6 PS.
2:24,4; 2. Karl Joerns (Opel) 13,2 PS. 2:57,2; 3. Georg Schwengers=
Rittergut Kalsburg (Steiger) 11 PS. 2:39,2. Klaſſe 2 (610 Steuer=
PS.) 1. Otto Kletzer=Frankfurt (Adler) 10 PS. 2:35: 2. Emil Volz=
Frankfurt Adler) 10 PS. 2:35,4: 3. Ewald Kroth=Frankfurt (Adler)
10 PS. 2:37; 4. Dr. Nallinger=Mannheim GBenz) 10 PS. 2:39.
Klaſſe 1 (bis 6 PS.): 1. G. Baumeiſter=Stuttgart (Wanderer) 4,99 PS.
2:50; 2. Otto Caracciola=Remagen (Mercedes) 5,99 PS. 2:52; 3. H.
Kaxpler=Gernsbach (Benz) 6 PS. 2:58,4. Die abſolut beſte Zeit des
Tages hatte Frau Ada Otto.
Zur Bergprüfung ſtarteten insgeſamt 56 Wagen, von denen
52 ans Ziel kamen,

In der Klaſſe 1 konnte Baumeiſter auf Wanderer wiederum wie
im Flachrennen in 4:37,8 Minuten die beſte Zeit erreichen. Dr. Tiegler
auf Benz wurde mit 4:59,4 Zweiter und Karl Kappler, der in dieſem
Jahre den Batſchari=Wanderpreis verteidigt, auf Benz in 5:58,2 Drit=
ter
. In de: Klaſſe 2 erlangte Roſenberger auf Meredes mit 4:05,4
die beſte Zeit; Schulze=Stepprath auf Mercedes wurde mit 4:31,4
Zweiter; Otto Klehzer=Frankfurt a. M. auf Adler in 4:39,4 Dritter und
Volz auf Adler in 4:37 Vierter. In der Klaſſe 3 wurde der bekannte
Karl Jörns auf Opel mit 4:08,6 Erſter, Heuſſer auf Stehr mit 4:35,4
Zweiter. In der Klaſſe 4 hatte Karl Frion auf Abler mit 4:19,4 die
Strecke am ſchnellſten zurückgelegt. Zweiter war in dieſer Klaſſe Wilh.
Bleiſſem auf Adler mit 4:37.
Dem 27,8 PS=Benzwagen des Baurats Dr. Nallinger, geſteuert von
ſeinem Sohne Fritz, gelang es in der Klaſſe 5 der ſchweren Wagen mit
3:59,4 die beſte Zeit zu erreichen. Herr Hof=Frankfurt als Zweitbeſter
brauchte 4:189 für die Strecke.
Die Geſchicklichkeitsprüfung hatte im einzelnen folgen=
des
Ergebnis: Klaſſe 5: 1. Paul Kappler auf Benz, 2. Willy Hof auf
Mereedes. Klaſſe 4: Kein Preis, da kein Bewerber ſtrafpunktfrei
blieb. Klaſſe 3: 1. Karl Jörns auf Opel, 2. Schwengert auf Sei=
ger
. Klaſſe 2: Otto Hofmann auf Preſto, 2. Dr. Nallinger jun, auf
Benz. 3. Ewald Roth auf Adler, 4. Kluge auf Benz.
Abteilung Phaeton: 1. Kappler auf Adler (Karoſſerie Adler), 2.
Bohen auf Adler (Kappler), 3. Adlon auf Meredes (Sindelfingen).
Abteilung Sportwagen: 1. Schwengers auf Mercedes (Mercedes),
2. Hofmann=Leipzig auf Preſto (Zſchau), 3. Frau Merck euf Steiger
(Steiger). Sonderpreis der Sportwagen: 1. Behreus auf Mercedes
(Kompreſſer=Wagen). Abteilung geſchloſſene Wagen: 1. Brecht auf
Benz, 2. Hofmann auf Elite (Bſchau), 3. Ratdt auf Dixi (Dixi).
Abteilung Landaulet, Capriolet, abnehmbare Limouſine: 1. Frau Win=
ter
=Berlin (Maybach) auf Benz, 2. Schröder (Kellner auf Disi), 3.
Frau Roth auf Kruck Mereedes).
Geſamtergebnis: 1. Karl Kappel auf Benz 380,364 Punkte, 2. Nal=
linger
auf Benz 378346 Punkte, 3. Hofmann auf Preſto 370,062, 4. E.
Roth auf Adler 322,521, 5. Paul Ehrhardt auf Hag 313,638, 6. Emil
Wolf auf Adler 306,808, 7. Karl Jörns auf Opel 282,832, 8. Ehrhard
Kluge auf Benz R4,855, 9. Otto Kleher auf Adler 265,771, 10. Dr.
Fiedler auf Benz 234,555.
Radfahren.
Radfernfahrt BerlinDresden.
Strecke über 198,8 Kilometer: 1. Rahn 7:06:42,4, 2. Longard, 3.
Klitſchner, 4. Lembke ſämtlich Berlin.
Großer Preis von Hannover.
314,6 Kilometer. 1 Berufsfahrer: 1. Geistorf=Berlin 11:21, 2. Aber=
ger
11:22,3. Adolf Buſchke, 4. Nichard Buſchke. 2. Amateure: 1. Möl=
ler
=Hannover 12:20:30, 2. Hagemann=Berlin.
Lawn=Tennis.

Die Zwiſchenrunde um den Medenpokal, die am Sonntaa in Ham=
burg
die Mannſchaften des Berliner Lawntennis=Turnierklubs Rot=
Weiß und von Harbeſtehuder zuſammenführen ſollte, wurde von Ham=
burg
abgeſagt.
Leichtathletik.

Leichtathletiſche Wettkämpfe des Deutſchen Sportklubs Berlin
mit internationaler Beteiligung.
100 Meter=Lauf. 1. Giongo=Italien 11 Sek., 2. Zucca=Italien,
Bruſtweite zurück, 3. Diehlmann=Köln.
200 Meter=Lauf. 1. Krüger=Charlottenburg 22,6 Sek., 2.
Thun=Berlin, 1 Mtr. zurück, 3. Gionao=Italien, 2 Mtr. zurück.
400 Meter=Lauf. 1. Renall=Berlin 50,8 Sek., 2. Toſi=Italien,
4 Mtr. zurück, 3. Swatonek, 5 Mtr. zurück.
1500 Meter=Lauf. 1. Ferrario=Italien 4:09,2 Min., 2. Peltzer=
Stettin, 1½ Mtr. zurück, 3. Friebe=Graz.
5000 Meter=Lauf. 1. Senber=Berlin, 14:49 Min.
110 Meter Hürden. 1. Troßbach=Frankfurt (Eintracht), 15,4
Sek., 2. Aarflat=Dresden, 3. Schrader=Brandenburg.
Diskuswerfen. 1. Steinbrenner=Frankfurt, 43,94 Mtr., 2.
Suradnik=Litzberg, 40,46, 3. Hähnchen=Berlin.

Schwimmen.
* Der geſtrige Klubwettkampf des Darmſtädter Schwimm=
klubs
Jung=Deutſchland gegen den Schwimmverein
Mannheim zeigte eine entſchiedene Ueberlegenheit Darmſtadts, ab=
geſehen
vom 50 Meter=gnabenbruſtſchwimmen, das der junge Maun=
heimer
Flügler mit 45,4 Sek. gewann, und der 38100 Meter= Jugend=
bruſtſtaffel
, ging Darmſtadt aus allen Konkurrenzen als Sieger hervor.
Ueberraſchung brachte der knappe Sieg von Frl. Cramer=Darmſtadt
über Frl. M. Bitz=Mannheim, die als beſte ſüddeutſche Freiſtilſchwimme=
rin
gilt. Ob Berges, der ſich die Klubmeiſterſchaft im 100 Meter be=
liebig
errang, an den Schwimmwettkämpfen des Münchener Turnfeſtes
teilnimmt, iſt noch nicht entſchieden, da die Aufhebung des Startver=
botes
durch den Kreisſchwimmwart ſtrittig zu ſein ſcheint. Die Ergeb=
niſſe
ſind folgende:
1. Jugendlagenſtaffel 4X50 Meter. Sieger: Darm=
ſtadt
(Walther, Ihrig, Bach, Sack) 2:37,4; II. Mannheim 2:43,2.
2. Damenbruſtſtaffel 4850 Meter. Sieger: Darmſtadt I.
(Herta Weicker, Heli Müller, Elſe Nagel, Hilde Müller) 3:21,9;
II. Mannheim 3:39,2, III. Darmſtadt II. 3:32,3.
3. Klubmeiſterſchaft 100 Meter bel. Sieger: Berges
1:07,2; II. Schmuck 1:101; III. Seriba 1:12,3; IV. Kalbfleiſch 1:13.
4. Mädchenbruſt 50 Meter. Sieger: Spieß (J.=D.) 51,4;
II. Mörſchel (J.=D.) 54,2; III. Hinrichs (J.=D.) 56,/4; IV. Diebold
(.) 56,5.
5. Jugendſtaffel 4X50 Meter bel. Sieger: Darmſtadt
(Bach, Ihrig, Sack, Orlemann) 2:19,8; II. Mannheim 2:32,2.
6. Knabenbruſt 50 Meter. Sieger: Flügler Mannhein)
45,4;; II. Förſter (3.=D.) 46,4; III. Peterſon (F.=D.) 50/4.
7. Klubmeiſterſchaft 100 Meter Bruſt bel. Sieger:
Kalbfleiſch 1:273; II. Enders 1:31,6; III. Gils 1:32.
8. Klubmeiſterſchaft im Springen. Sieger: Laun
342), Pkt.; II. Federlin 29 Pkt.; III. Schul 25ſg Pkt.
9. Damenlagenſtaffel 4850 Meter, Sieger: Darmſtadt I.
Weicker, Kramer, Müller, Keller) 3:5,5; II. Darmſtadt II. 3:78; IIk.
Mannheim 3:182.
10. Jugendbruſtſtaffel 3X100 Meter. Sieger: Mann=
heim
Staudt, Flügler, Langohr) 4:43,2; II. Darmſtadt 4:50,3.
11. Einlagen. Knabenſtaffel 3850 Meter. Sieger:
Darmſtadt II. (Touſſaint, Wißmann, Walter) II) 2:6,2; II. Darmſtadt I.
2:118.
12. Springen II. (ſiehe 8.).
13. Damenfreiſtil 100 Meter bel. Sieger: Cramer
(J.=D.) 1:30,2; Bitz (Mannheim) 1:30,3. Sehr ſpannendes Rennen, in
dem Cramer ſich anfangs verſchwimmt; Bitz holt in den letzten 10
Metern ſtark auf.
14. Klubmeiſterſchaft 100 Meter Rücken. Sieger:
Enders 1:24,3; II. Berges 1:94,8.
15. Klubmeiſterſchaft 100 Meter Seite. Sieger Ihrig
1:238; II. Schuk 1:278; TII. Federlin 1:30.
16. Knabenfreiſtil 50 Meter. Sieger: Wißmann (J.=D.)
und Förſter 40,4 (totes Rennen); 3. Staudt (Mannheim) 41:9.
17. Damenfreiſtilſtaffel 4X50 Meter. Sieger: Darm=
ſtadt
(Eramer, Keller, Heli Müller, Nagel) 2:49; II. Mannheim 3:142.
Im Waſſerballſpiel der Senioren, das eine große Menge
Zuſchauer herbeigelockt hatte ſiegte Darmſtadt mit 3:1. Darmſtadt
zeigte ſich überlegen, den Mannheimern gelang zwar mancher ſchöne
Vorſtoß, doch fehlte es dann am Zuſammenſpiel. Mannheim war aller=
dings
auch nicht mit kompletter Mannſchaft erſchienen, ſondern hatte
manchen Erſatz einzeſtellt.

Regatten.
Wb. Die Luzerner Jubiläumsregatta, die 25. Re=
gatta
des Luzerner Regattavereins, geſtaltete ſich zu
einem großen internationalen Wettbewerb, zu dem allerdings die Bel=
gier
und Franzoſen ihre Meldungen wieder zurückgezogen haben, um
nicht mit den Deutſchen in Wettbewerb treten zu müſſen. Das Ergeb=
nis
iſt für die Deutſchen, beſonders für die Mainvereine, ſehr gut.
Den Junior=Einer gewann Flinſch vom Frankfurter
Nuderverein.
Im Großen Einer, den Schneider vom Ruderklub Thun ge=
wann
, wuurde Flinſch Vierter, Luis Frankfurter Rudergeſellſchaft
Germania gab auf.
Den Junior=Vierer holte Undine Offenbach im
Vierer mit Steuermann wurde ſie mit 1 Sek. Differenz
Zweiter hinter Seeklub Biel. Im Vierer ohne Steuermann be=
legte
ſie ebenfalls den zweiten Platz hinter Reuß=Luzern. Den Dop=
pelzweier
gewann der Frankfurter Ruderklub (Kruck, Hügel).
Im großen Achter ſigte der Seeklub Biel vor Ger=
mania
=Frankfurt.
Jubiläums=Verbands=Regatta
der Nudergeſellſchaft Heidelberg 1898 E. V. aus An=
laß
des 25jährigen Beſtehens der R.G.H. auf dem Neckar.
1. Ermunterungs=Vierer (offen für Ruderer, die bis 14.
Juli 1923 noch kein offenes Rennen gewonnen haben): 1. Rudergeſell=
ſchaft
Heidelberg 803, 2. Rudergeſelſchaft Heidelberg 805 (mit einer
Länge gewonnen)
2. Ruperto=Carola=Preis (Hochſchul=Vierer): 1. Verein
Ruderſport Gießen 804, 2. Rudergeſelſchaft Heidelberg 809.
2. Preis vom Königsſtuhl (Einer); 1. Jean Borck
(Frankfurter Rudergeſellſchaft Oberrad) 9:04,2, 2. Mannheimer Ruder=
geſelſchaft
(Germann Lucan) 9:142. Borck gewinnt ſpielend.
4. Preis von Alt=Heidelberg. Jacht=Vierer) 1. Ruder=
ſportverein
Teutonia=Frankfurt a. M., 2. Mannheimer Rudergeſell=
ſchaft
(nicht gezeitet). Trotz inzwiſchen einſetzenden Gegenwindes und
ſtarken Wellenganges mit vier Längen überlegen geſiegt.
5. Jungmann=Achter: 1. Frankfurter Ruderverein, 2. Nu=
dergeſellſchaft
Heidelberg. Ueber egen gewonnen.
6. Anfänger=Vierer fällt aus.
7. Junior=Vierer (1. Abteilung): 1. Mannheimer Rudergeſell=
ſchaft
(Alleingang) 2. Abteilung: 1. Mannheimer Ruderklub 7:462,
2. Rudergeſellſchafr Heidelberg.
8. Zweier ohne Steuermann: 1. Karlsruher Ruderverein
8:50,2, 2. Mannheimer Rudergeſelſchaft 8:532. Scharfes Rennen
über die ganze Strecke. Karlsruhe, verſteuert ſich kurz vor dem Ziel.
Mit knapper Länge gewonnen.
9. Scheffel=Preis (1. Vierer. Wanderpreis der Stadt Hei=
delberg
): 1. Ruderklub. Naſſau 7:39,6, 2. Frankfurter Rudergeſell=
ſchaft
Sachſenhauſen 8:086. Bei ſtrömendem Regen mit drei Längen
geſiegt.
10. Neckar=Vierer für Jungmannnen: 1. Frankfurter
Ruderklub 7:182, 2. Mannheimer Rudergeſellſchaft 7:57. Von dem
prächtig rudernden Klub überlegen gewonnen.
11. Doppel=Zweier fällt aus.
12. Jubiläums=Achter: 1. Mannheimer Ruderklub, 2. Frank=
furter
Rudergeſellſchaft Sachſenhauſen. Nach ſcharfem Kampf ſiegt Klub
mit einer Länge.

Kurze Meldungen.
Motorradrennen. Nund um die Ludwigshöhe.
Heſſiſcher Motorradklub. Erſtes großes heſſiſches Mo=
torradrennen
, 43 Fahrer. Die Ergebniſſe ſind: Maſchinen bis 150
Kubikzentimeter. 16,4 Klm.: 1. Karl Zürtz (Zürtz=Rekordmaſchine) 18:37,
2. Forger (D. K. W.) 29:15, 3. Deckard (Ribi) 34:30; Maſchinen bis 250
Kubikzentimetrer, 33 Kilometer: 1. Fritz Pullig (Horex) 29:30, 2. Zürtz
(Zürtz) 38:39, 3. Langer (Buſſe) 47:43; bis 350 Kubikzentimeter, 33
Klm.: 1. Fritz Pullig (Horex) 28:48, 2. Schäfer (Aſtoria) 38:15, 3. Zürtz
Zürtz) 40:01; bis 550 Kubikzentimeter, 49,5 Klm.: 1. Georg Hahn
(N. S.1.) 51:30, 2. Elliſſen (engl. Triumph=Nic.) 55:25, 3. Stork ( Wan=
derer
) 66:00; über 500 Kubikzentimeter: 1. Joſ. Gans (Wanderer)
47:37, 2. Piatnick (N. S. U.) 49:33, 3. Stroh (N. S. u.) 54:38; außer Kon=
kurrenz
: Gräbe (N. S.U.) 49:39.
Die Radfernfahrt München=Berlin über 700 Kilometer, die Sams=
tag
, den 21. Juli beginnt, hatte ein gutes Meldeergebnis. In der Klaſſe
der Berufsfahrer ſind Aberger, Manthey, Siewert, Koch, Zander,
Franke, Fiſcher vertreten. Bei den Herrenfahrern ſind Remold,
Schneidewind, Sachs, Zeißner, Klaß, Miethe Paſſenheim, Gielow,
Kohl, Kaupert gemeldet. Das lange Rennen wird auch in dieſem Jahre
in zwei Etappen, MünchenSaalfeld und SaalfeldBerlin entſchieden.
Der Deutſche Marathonlauf gelangt Sonntag, den 29. Juli in Beu=
lin
dom Sportplatz Tiergarten aus zur Durchführung.
In New=York legte die amerikaniſche Schwimmerin Gertrud
Elderle im freien Stil 200 Meter in 2:31,8 zurück und verbeſſerte
damit den bisherigen Weltrekord von 2:47,6. Der Weltrekord 200
Metor Bruſt wurde von der Engländerin Irene Gilbert von 3:31.4
auf 3:20,4 herabgedrückt.
Die letzten Radrennen im Haag hatten einen bedauerlichen Un=
glücksfall
zur Folge. Der Berliner Dauerfahrer Emil Lewanow
kam zu Fall und wurde beſinnungslos ins Hoſpital verbracht. Die
Verletzungen ſind nicht ſo ernſter Natur, daß Lebensgefahr beſteht.
Dritte deutſche Faltbootregatta. Am 21. und 22. Juli kommt auf
der Jſar bei Bad Tölz zum dritten Male die deutſche Faltbootregatta
zum Austrag. Es wird mit einer Beteiligung von 200 Booten gerech=
net
. Der Verband deutſcher Faltbootfahrer, der deutſche Kanu=Verband
und der öſterreichiſche Kajak=Verband haben ſich zuſammengetan, um
eine Donaufahrt von Ingolſtadt bis Wien zu veranſtalten, deren würdi=
ger
Auftakt die dritte deutſche Faltbvotregatta darſtellen wird.
Grünauer Herbſtregatta. Der Berliner Regattaverein gibt die Aus=
ſchreibungen
für die Grünauer Herbſtregatta bekannt, die am 26.
Auguſt auf dem Langen See zum Austrag kommt. Die 12 Rennen des
Tages ſind in der Hauptſache den Jungmannen reſerviert. Meldeſchluß
iſt am 1. Auguſt.
Sportliche Bücherſchau.
Sehr willkommene Handbücher bietet dem Sporttreibenden die
Spiel= und Sportbibliothek, der Union Deutſche
Verlagsgeſellſchaft, Stuttgart. Die gut illuſtrierten Heftchen
geben ſehr gute Anweiſungen für den Sporttreibenden.
G. v. Donops Sportgymnaſtik bedeutet eine ſehr gute
Einführung für den, dem Sport als Mittel zur körperlichen Ertüch=
tigung
gilt und für den das Kampfmoment ausſchaltet. Aber auch für
jede Art von Training iſt das Buch ein guter Handweiſer.
Die Leichtathletiſchen Uebungen von J. Sparbier
und Henry Schumacher geben einen feinen theoretiſchen Aufbau,
eine ins Einzelne gehende Gliederung der Uebungen, und erläutern die
weſentlichſten Komponenten, die zur Erzielung guter Leiſtungen zu
beachten ſind.
Die Schule des Fußballſpiels von Willi Kneſe=
beck
, dem Fußball=Lehrer an der deutſchen Hochſchule für Leibesübungen
in Berlin, gliedert ſich in der Hauptſache in einen kurzen geſchichtlichen
Ueberblick und eine Anleitung für den Spieler, die vor allem die Be=
herrſchung
des Körpers, des Balls, des Spiels und die Mannſchaft um=
faßt
. Die einzelnen Anweiſungen bieten auch dem guten Spieler man=
ches
Beachtenswerte.
J. Sparbier bringt in Schlagball, Fauſtball, Trom=
melball
ausführliche Regeln und gründliche Belehrung über die
Spielweiſe dieſer deutſchen Kampfſpiele.
Auch Karl Otto wirbt in Handball, Barlauf, Schleu=
derball
für deutſche Kampfſpiele. Das praktiſche Lehrbuch, vom
Spielplatz für den Spielplatz geſchrieben, gibt eine knappgefaßte, aber
überſichtliche Darſtellung von Technik und Taktik der Spiele.
Arno Runath, Oberturnwart der Deutſchen Turnerſchaft: Die
Bezeichnung der Geräteübungen. Verlag Verſand=
haus
der Deutſchen Turnerſchaft, Erich Eberhardt,
Leipzig.
Seit September 1918 im März 1923 in vierter Auflage erſchienen,
hat ſich das Buch wieder um einige Bilder vermehrt. Es bringt nicht
nur die Bezeichnung der Geräteübungen, ſondern bietet auch in ſeinen
vielen vorzüglichen Bildern dem aktiven Turner manche Anregung.
Dem Laien fällt ſehr wohltuend auf, daß die Turnerſprache rein iſt von
allem Fremdſprachlichen, daß nur deutſche Bezeichnung und deutſches
Wort hier zu finden iſt.

[ ][  ]

Seite 6.
* Jahresſchau deutſcher Arbeit Oresden 1923.
Spiel und Sport.
Vonunſerem Dresdener Sonderberichterſtatter,
Dresden, 15. Juli 1923.
Die Jahresſchau deutſcher Arbeit iſt ein auf lange Jahre
berechnetes Unternehmen, das jeweils beſtimmt umriſſene Ge=
biete
deutſchen Gewerbes in höchſter Qualität nach Arbeitsgüte,
Form und Stoff dem Beſchauer vorführen will. Abweichend
von den bisher geltenden Grundſätzen kann nicht jeder Herſtel=
ler
ſich beteiligen, ſondern nur ſolche, die von der Ausſtel=
lungsleitung
aufgefordert ſind, weil von ihnen feſt=
ſteht
, daß ihre Erzeugniſſe den geſtellten Anforderungen ent=
ſprechen
. Dieſe Ausſtellung iſt alſo eine Qualitätsſchau, die der
Welt zeigen ſoll, was deutſche Arbeit nicht nur im Luxus, ſon=
dern
auch im einfachen Gebrauchsgegenſtande an gediegenen Lei=
ſtungen
zu bieten vermag. Den Ausſtellern wird ſie Gelegen=
heit
geben, durch Vergleiche nutzbringende Erfahrungen zu ſam=
meln
und ihrer Geſamtheit das Verantwortlichkeits=
gefühl
für deutſche Arbeit zu ſtählen und dem Be=
ſucher
wie dem Ausſteller den Sinn für künſtle=
riſche
Kultur auch für die Dinge des Alltags zu
wecken und wach zu erhalten. Im Vorjahre hatten Glas und
Keramik ihr Können gezeigt und ſoviel Anklang gefunden, daß
auch in dieſem Jahre trotz den entſetzlichen Nöten der Zeit, der
Plan, diesmal Spiel und Sport ihr Können zeigen zu laſſen,
in den beteiligten Induſtriekreiſen lebhafteſten Widerhall fand.
War der vorjährigen Jahresſchau noch ein voller wirtſchaftlicher
Erfolg beſchieden, vor allem in dem Sinne, daß auf Grund der
Ausſtellung erteilte Aufträge den ausſtellenden Induſtrien ge=
winnbringende
Beſchäftigung brachten, ſo iſt auch von der heu=
rigen
Jahresſchau dasſelbe beſtimmt zu erwarten, da Spiel
und Sport in bisher nicht erreichter Vollſtändigkeit und Güte
ſich zeigen. Die deutſche Spielwareninduſtrie beginnt wieder
ihre Rolle auf dem Weltmarkt zu ſpielen. Im Jahre 1913 wur=
den
56 000 Tonnen ausgeführt, 1920 nur 27 400, 1922 dagegen
ſchon 60 000 Tonnen. Davon gingen nach den Vereiwigten Staa=
ten
22000 Tonnen, nach England 19 400. Die Sportinduſtrie
konnte auf dem Weltmarkt keine führende Rolle ſpielne, weil
dieſer moderne intenſive Sportbetrieb kein deutſches Eigen=
gewächs
iſt. Immerhin wurden 1922 allein an deutſchen Fahr=
rädern
und Fahrradteilen 16 000 Tonnen ausgeführt. Dann gilt
es ja für die Sportinduſtrie, den heimiſchen Markt von allen
ausländiſchen Fabrikaten zu ſäubern und ihn ganz allein in die
Güte und Geſchmack dieſer Ware.
Die Spielzeuginduſtrie muß wie jede andere ſich den For=
derungen
ihrer Abnehmer anpaſſen. Sie kann nicht nach den
äſthetiſch=pädagogiſchen Richtlinien der Pädagogen ſich richten,
umſo weniger, als ja die entſcheidende Inſtanz für den Fabrikan=
ten
das Publikum ſein muß, das zu beeinfluſſen ja die Aufgabe
Publikum, was die Dresdener Ausſtellung bietet. Man wird
ſtaunen, einen wie geringen Raum das reine Luxusſpielzeug
einnimmt, das Spielzeug, das ſeiner naturgetreuen Nachbildung
und techniſchen Vollkommenheit wegen mehr den Erwachſenen
als das Kind erfreut. Den weit überwiegenden Teil der Hallen menwirken ſtiller Art vor allem gegründet auf Beobachtung von
nimmt, es zu einem Teil ſeines Selbſt macht und in reiferem
Alter zur Mitarbeit, zur Nachahmung geradezu verlockt. Gerade
für das Kind iſt das Spielzeug innig verknüpft mit der deut=
ſchen
Weihnacht. Eine Abteilung, die dieſer gewidmet iſt, gibt
für die Jugend der Ausſtellung erſt den richtigen Zauber. Im
Mittelpunkt dieſer Weihnacht, einem ſchönen Kuppelraum, er=
leuchtet
von im Lichterglanz ſtrahlenden Tannenbäumen, ſteht die
Krippe des Lößnitzer Bergvereins von Lößnitz im
Erzgebirge. Dort im Erzgebirge wurde 1879 von 2 Männern
der Bexgverein Lößnitz gegründer zu dem Zwecke, einen großen
Weihnachtsberg mit der Krippe zuſammenzuſtellen. Jedes Mit=

Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 16. Juli 1923.

Rummer 194.

glied gab in einer eigenen Arbeit ſeinen Beitrag. Der Berg iſt
nunmehr 11 Meter lang, 4 Meter tief und enthält 39 Gruppen,
die das Leben Jeſu Chriſti ſchildern, wie die Geburt des
Herrn, die Anbetung, die Darſtellung im Tempel, Gethſemane.
Erfüllt von dem Stimmungszauber dieſer Weihnacht ſind die
Gemüter um ſo aufnahmefähiger für die unendliche Fülle von
Spielzeug, das den Beſchauer in den anſtoßenden Hallen er=
wartet
. Es kann nur auf einzelnes hingewieſen werden. So
verdient beſondere Beachtung die Sächſiſch= Erzgebir=
giſche
Spielwaren=Sammelausſtellung, die ſich
auch räumlich günſtig der deutſchen Weihnacht anſchließt. Sie
ſtellt alles, was ein Kinderherz erfreut, zur Schau: Puppen in
jeder Größe, Puppenſtuben und alles, was eine ordentliche
Puppenmama nötig hat. Auch den Knaben beſchert ſie die ver=
ſchiedenartigſten
Gaben: Burgen, Dörfer, Meierhöfe uſw. zum
Aufbauen. Selbſt den Erwachſenen ſpendet ſie eine Erinnerung
an die ſchiue Weihnacht der Kindheit in den Lichterkronen, einer
Eigenart des Erzgebirges. Ein weiterer Mittelpunkt des Inter=
eſſ
=s bilber die Rotunde mit dem wundervollen, durch elektriſches
Licht erleuchteten Porzellan=Springbrunnen von der vorjährigen
Ausſtellttng. Den Eingang bildet die Ausſtellung der Puppen
von Käte Kruſe in Naumburg. In den Niſchen der Rotunde
ſelbſt ſind Teddybären, Figuren aller Art, ganze Zirkusauffüh=
rungen
aufgebaut. In der Mitte, ſtets belagert von Großen
und Kleinen, eine großzügige Anlage einer elektriſchen Bahn
mit D= Zügen, Perſonen= und Güterzügen, Tunnels, Brücken,
Perſonen= und Güterbahnhöfen und einem im Hintergrunde lie=
genden
Städtchen, endlich fehlt auch im Anſchluß an die Haupt=
bahn
eine den Berg hinaufführende Zahnradbahn nicht. Im
Glanze elektriſcher Beleuchtung eine in der Tat feſſelnde Schau=
ſtellung
. In einem anderen Raum feſſeln lebensgroße Darſtel=
lungen
von Hänſel und Gretel, eine Kindergeſellſchaft uſw. Der
bekannte Baukaſten=Richter hat ſeine Erzeugniſſe in prächtiger
Weiſe zur Schau geſtellt. Hier iſt nun die Grenze erreicht, wo
das Spielzeug im eigentlichen Sinne aufhört und die geiſtige
Tätigkeit einſetzen muß, um das Spielzeug ſinngemäß zu ver=
wenden
. Vor allem iſt dies der Fall bei den Konſtruktionskäſten
von Metallſtäben, die ſogar dem Techniker geſtatten, ſich die
Ausführbarkeit ſeiner Gedanken mit ihrer Hilfe klar zu machen.
Der andere Teil der Ausſtellung, der ſich mit den eigent=
lichen
Spielen befaßt, ſoweit ſie nicht ſchon zum Sport gehören,
iſt untergebracht in der ſogenannten Kulturabteilung in dem
Kapherrſchen Palais in der Parkſtraße 7 an der Bürgerwieſe.
Hier ſind nun alle die zählloſen Spiele untergebracht, die der
Unterhaltung und der Belehrung dienen. Ferner befindet ſich
hier auch die Ausſtellung ſelbſtangefertigter Spielſachen, die,
Hand zu bekommen und dauernd zu beherrſchen. Für dieſe Auf= meiſtens Kinder, in ſelteneren Fällen Erwachſene, ſei es in der
gabe wie für den Export bleibt von maßgebender Wichtigkeit / Schule, ſei es in Muſeſtunden mit den einfachſten Mitteln ſelbſt
angefertigt haben. Man ſtaunt, mit welch geringen, ja arm=
ſeligen
Behelfen aus Streichholzſchachteln, Abfällen von Stof=
fen
, Borken, Bindfäden uſw. Autos, Wagen, Puppen unter ge=
ſchickten
Händen entſtanden ſind. Damit hat die Ausſtellung
ideell wohl ihren Höhepunkt erreicht. Er hat ſeinen Ausdruck
darin gefunden, daß an beſtimmten Tagen Spielſtunden für
jener iſt. Es iſt ein glänzendes Zeugnis für dieſe wie für das Kinder veranſtaltet werden, die einmal Gelegenheit geben, dieſe
mit den neueren Spielen vor allem vertraut zu machen, anderer=
ſeits
die Wünſche der Kinder genauer kennen zu lernen. Da wei=
terhin
die Ausſtellungsleitung für ſelbſtändige Anfertigung von
Spielſachen aller Art Preiſe ausgeſetzt hat, ſo iſt ein Zuſam=
füllt
jenes Spielzeug, das die Phantaſie des Kindes in Anſpruch Pädagogen, Fabrikanten und Kindern möglich, das ſicher ſeine
Früchte tragen wird. Die Pädagogen erhalten neue Einblicke
in das ſeeliſche Weſen des Spieltriebes und die Art ſeiner Be=
friedigung
, die Fabrikanten die Möglichkeit, ihre Erzeugniſſe den
Wünſchen der Erzieher und der Kinder anzupaſſen, und letztere
bekommen, was ſie, einer anderen Generation angehörig als die
vor dem Kriege, entzückt und ihre Phantaſie und ihren Tätig=
keitsdrang
beſchäftigt.
Den Eingang zur Sportabteilung bildet ein
hoher, lichter Raum, der von der Akademiſchen Buchhandlung
A. Dreſſel gemeinſam mit der Buchhandlung Richter in Dres=
den
zu einer Ausſtellung von Sportliteratur und Sportkunſt ge=

ſchmackvoll und zum Verweilen einladend ausgeſtaltet iſt. Hiet
kann man ſich bequem unterrichten in Zeitſchriften oder Bücherni
über jede Art von Sport, die es gibt, oder ſein Auge ruhen laſſen
an Plaſtiken oder anderen Reproduktionen des Sportes aller
Zeiten.
Hervorragendes Intereſſe beanſprucht der Waſſerſport,
der in der Sammelausſtellung, des Vereins der
Flußſchiffswerften Deutſchlands, Ortsgruppe
Groß=Berlin. Faltboote, Sportboote, Segel, Motorjachtern
feſſeln die Augen der Fachkenner. Einen weit größeren Umfang
nimmt die Auto=Abteilung ein. Nicht nur ſind alle erdenklichen
Formen und Marken von Autos, Kraftfahrrädern, einfachen
Fahrrädern ausgeſtellt, ſondern auch ſämtliches Zubehör. Unter
den Ausſtellern ſei beſonders erwähnt die Maſchinenfabrik von
Valentin Heß=Eberſtadt, Kreis Darmſtadt, mit ihrei
Haſſia=Motorrädern. Eine Geſamtausftellung hat auch
die Vereinigung Deutſcher Sportartikel= Fabri=
kanten
. Der Winterſportler, der Turner, der Bergſteiger, der
Jäger, der Pfadfinder, der Angler findet alles, um zu allem ge=
rüſtet
zu ſein: ſeine Spezialausſtattung wie auch die Erforder=
niſſe
zum Kampieren im Freien, bis zum Zelt, unter das er
nachts ſein müdes Haupt legen kann. Der Raſenſport hat ſich
noch zu einer Sondergruppe vereinigt. Ebenſo die Induſtrie
der Sportbekleidung. Sogar die Apotheker und die Chemiſchen
Fabriken haben ſich aufgemacht und zeigen dem Sportler, was
ihm zur Pflege ſeines Körpers vor und nach der Arbeit heilſam
und zuträglich iſt. Endlich ſei noch die Ausſtellung der Photo=
graphie
erwähnt. Sicher gehört die eigene Aufnahme zu den
ſchönſten Erinnerungen an ſportliche Ereigniſſe, und daher ge=
bührt
auch dieſer Abteilung volle Aufmerkſamkeit. Immerhin
bliebe vielleicht auch für den Fachmann, ſofern er nicht Fabrikant
iſt, die Sportausſtellung nur eine Schau wie ſo manche andere,
wenn Dresden nicht die Gelegenheit böte, auf einem unmittel=
bar
an die Jahresſchau anſtoßenden Gelände einen nicht geringen
Teil der in der Ausſtellung ſchön in Reih und Glied geordneten
Werkzeuge der verſchiedenen Sportarten, im praktiſchen Ge=
brauch
vorzuführen. Auf den Günzwieſen, dem Großen Garten
und der Jahresſchau gegenüber, iſt ſeit Mai d. J. durch die Frei=
gebigkeit
eines Dresdners, des Geh. Hofrats Ilgen, ein Stadion,
eine Kampfbahn geſchenkt und damit den Leibesübungen eine
Heimſtätte gegeben worden. Dieſe Kampfbahn iſt für 24000
Zuſchauer berechnet, von denen allerdings nur 3000 Sitzplätze
ſind. Die eigentliche Kampfbahn iſt eine Raſenbahn, um=
rahmt
von der 410 Meter langen, 7,5 Meter breiten, an den
Kurven leicht überhöhten Laufbahn in der antiken Grund=
form
eines Rechteckes mit abſchließenden Halbkreiſen. Eine
100 Meter=Laufbahn ſchließt ſich auf der Weſtſeite an, während
auf der Nord= und Oſtſeite der Sprunggruben ſich befinden. Um
die Laufbahn herum ziehen ſich dann die 24 000 Zuſchauerplätze
als Erdtribünen mit Raſenböſchungen an der Rückenſeite. Der
Zugang zu dieſen erfolgt durch 12 Rampen von einem Umgangs=
wege
aus, der ſich außerhalb der Tribünen um die geſamte An=
lage
herumzieht. Umkleidehallen mit Waſchgelegenheiten
und Maſſageräumen für die Kämpfer Geräteräume, Abort=
anlagen
bilden weitere Beſtandteile der Geſamtanlage. An das
bereits vorhandene Sportkaffee ſchließt ſich das Aufmarſchgelände
für etwa 10 000 Wettkämpfer. Eine 100 Meter=Schwimmbahn
wie eine Erweiterung der Anlage für 40 000 Zuſchauer ſind vor=
geſehen
. Eine von der Natur gegebene Ergänzung bietet die
Elbe für den Waſſerſport.
Die Kampfbahn und die Elbe ſind der belebende Hauch für
die Sportausſtellung. Deutlich zeigt das das Programm der
ſportlichen Veranſtaltungen, die ſchon ſtattgefunden haben, wie
der, denen die Sportwelt noch mit Spannung entgegenſieht.
Vom 13. bis 16. Juli findet das Bundesfeſt des Säch=
ſiſchen
Radfahrerbundes ſtatt, am 22. Deutſcher Rad=
fahrerjugendtag
, am 29. auf der Elbe Stadtachter= und Einer=
Rennen, am 19. Auguſt Deutſche Rollſchuh=Meiſterſchaften, am
25. und 26. Gauwettſtreit des Deutſchen Athletikſportverbandes,
am 9. September Verbands=Fußballſpiel Weſtdeutſchland Mit=
teldeutſchland
. Eine große Anzahl Veranſtaltungen mehr lokalen
Intereſſes ſind noch vorgeſehen.

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Vater, Großvater, Bruder und
Schwiegervater

Auguſt Böning
Frant Joſeph Dries.
nach längerem Leiden im 75, Lebens=

jahre entſchlafen iſt.
Die trauernden Hinterbliebenen.
Traiſa, 15. Juli 1923.
(5990
Auf Wunſch des Verſtorbenen
findet die Ueberführung und Ein=
äſcherung
in aller Stille ſtatt,

Todes=Anzeige.
Gott dem Allmächtigen hat es
gefallen, meinen innigſtgeliebten
Gatten, unſeren guten treubeſorgt.
Vater, Großvater, Schwiegervater
und Onkel
Georg Petry
Kaufmann
nach ſchwerem, mit großer Geduld
ertragenem Leiden zu ſich in die
(5991
Ewigkeit abzurufen.
Im Namen dertrauernd. Hinterbliebenen:
Katharina Petry, geb. Emig.
Die Beerdigung und Einſegnung
findet Dienstag, 17. Juli, vorm.
11 Uhr, auf dem alten Friedhof
an der Nieder=Ramſtädterſtr. ſtatt.

Todes=Anzeige.
(Statt jeder beſonderen Anzeige.)
Samstag nacht entſchlief unſer
lieber Vater, Schwiegervater, Groß=
(5992
vater und Onkel

Im Namen
der trauernden Hinterbliebenen:
Jean Dries.
Darmſtadt (Schwanenſtraße 79),
Gonſenheim, Canada.
Die Beerdigung findet Dienstag,
nachmittags 4 Uhr, vom Portal des
Friedhofs. Nied.=Ramſtädterſtraße
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Stütze, verbeſſert gleichzeitig die Figur und iſt nach
Ausſage aller Trägerinnen eine Wohltat für den
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Krankenk. Mitgl.
bitte d. Ausweis gleich
mitbringen zu wollen.

Mehl= und Brotpreiſe. L.Scharſſcheer

Wegen der weiteren Steigerung der
Unkoſten wurden die Preiſe für Mehl und
Brot durch die Beſchlüſſe der zuſtändi=
gen
Ausſchüſſe vom 16. d8. Mts. ab wie
folgt feſtgeſetzt:
A. Mehlpreis.
Abgabepreis der Mehlverteilungsſtelle.
Einheitspreis für ſämtliche
Mehlarten für den Doppel=
zentner
ohne Sackpfand. . Mk. 166000

B. Brotpreis.
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1. 1600 g Brot . . . . . . Mk. 3800.
800 g Brot . . . . . . Mk. 1900.
3. Brötchen aus gemiſchtem
Brotmehl im Gewicht von
50 g .. . . . . . . . . Mk. 170.
Darmſtadt, den 14. Juli 1923.
Lebensmittelamt. (st5972

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Geſchäftsſt. (1974280

Ordentl. ſauber.
Mädchen
für kleinen Haushalt
für ſof geſucht (5765o1
Kahlertſtr. 3, part.