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Heſſiſche Neueſte Nachrichten
Morgenzeitung der Landeshauptſtadt
Nachdruck ſämtlicher mit X verſehenen Original=Aufſätze und eigenen Nachrichten nur mit Quellenangabe „Darmſt. Tagbl.” geſtattet.
Nummer 187
Montag, den 9. Juli 1923
186. Jahrgang
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ſtelle Rhemſtraße B, die Agenturen und
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expeditionen. Im Falle höherer Gewalt, wie
Krieg
Aufruhr, Streiß uſw, erliſcht jede Verpſichtung
Beitreibung fällt jeder Nahatt wes=
Bankkont=
Deutſche Bank und Darmſtädter 8 Nationalbank.
JammervolleSzenenbeiMaſſenausweiſungen
Berlin, 8. Juli. Bei den Maſſenverhaftungen
und Ausweiſungen von Eiſenbahnern in
Reck=
linghaufen ſpielten ſich jammervolle Szenen ab.
Frauen und Kinder wurden von franzöſiſchen
Truppenkomman=
dos mit aufgepflanztem Bajonett früh morgens um 6 Uhr auf
die Straße getrieben. Alles Inventar mußte zurückgelaſſen
wer=
den. Das Trauerſpiel, das ſich verſchiedentlich hierbei bot, war
derart ergreifend und beſchämend, daß ſelbſt eine Reihe
franzöſi=
ſcher Soldaten ſich weigerte, bei dieſer Aktion mitzuwirken.
Die Strelitzer Landtagswahlen.
Neuſtrelitz, 9. Juli. Das Ergebnis der Wahlen
zum Strelitzer Landtag iſt folgendes: Deutſchnationale
Volks=
partei 10 181, Sozialdemokraten 10 608, Bürgerliche
Arbeits=
gemeinſchaft 5237, Deutſche Volkspartei 2055, Kommuniſten 8174,
Deutſchvölkiſche Freiheitspartei 5081, Bund der Landwirte 2100.
Die Verteilung der Mandate ſieht noch nicht feſt.
Die holländiſche Preſſe gegen die Repreſſalien.
* Amſterdam, 9. Juli. (Priv.=Tel.) Faſt die geſamte
holländiſche Preſſe wendet ſich ſcharf gegen die wegen des
angeb=
lichen Sabotageaktes bei Duisburg von den Franzoſen
vorge=
nommenen Repreſſalien. Sie ſtellt feſt, daß dieſe Repreſſalien
höchſtens das Gegenteil der gewünſchten Wirkung erreichen
wür=
den. Auch ein Teil der belgiſchen Preſſe wendet ſich ſcharf gegen
die Nepreſſalien.
Vom Tage.
Die Löhne im Kalibergbau wurden ab Montag um zirka
49 Prozent erhöht. Die Erhöhung beträgt 28 500 Mark je Mann
und je Schicht.
Die Ernteausſichten ſind infolge des Witterungsumſchlags
gut. Zu Befürchtungen iſt kein Anlaß gegeben. Wenn das jetige Recht; um das Lebensrecht des deutſchen Volkes wie um das
warme Wetter bleibt, kann man auf eine Mittelernte rechnen. Für ſittliche Recht. Aus beiden zieht namentlich die heldenhafte
Ab=
die vorläufige Brotverſorgung beſteht keine Gefahr.
aktion eingeleitet, indem er die Parteien zu einer Vorbeſprechung grundlagen anzugreifen, das eint die geſamte Bevölkerung des
am Montag vormittag geladen hat. Die Streikleitung hat zuſtimmend Einbruchsgebiets zu eiſerner Front gegen den Eindringling.
geantwortet.
Der ſtellvertretende Regierungspräſident von Düſſeldorf, Oberregie= ſache täuſchen, daß im Kampfe der Völker das Recht bisher nicht
von den Franzoſen verhaftet.
iſt eine Spende des engliſchen Univerſitäts=Komitees von 2000 Pfund
zur Linderung der Notlage der deutſchen Studentenſchaft eingegangen, bewußtſein fließen, ſo gefährlich wäre es, wenn Deutſchland
Wie der Independance belge mitteilt, wird in Regierungskreiſen
erklärt, daß von einer Beſprechung zwiſchen Theunis und Abgrund geſtoßen hat, und daß der Verlaß auf ſein Recht allein
Poincaré für die nächſte Zeit keine Nede ſei.
Die franzöſiſche Kammer ratifizierte das Waſhingtoner Abkommen
mit 450 gegen 106 Stimmen.
einer Parade beizuwohnen, die am 14. Juli in Longhamps ſtattfindet, uns wehrlos, mit gebundenen Händen, dem Gegner auslieferten,
teilnehmen.
AAaafngic
Engliſche Warnung an Frankreich.
* Paris, 9. Juli. (Priv.=Tel.) Der Obſerver weiſt heute
beſonders auf die außerordentliche Gefahr hin, die eine
fort=
geſetzte Weigerung Frankreichs, ſich mit England
wirft ein Bild Poincarés, den es als einen durchaus
verſtän=
digen Mann, aber unbeugſamen Politiker ſchildert, als einen
Willensmenſchen, der die Kraft ſeines Handelns damit zu
bewei=
ſen ſucht, daß er die Brücken hinter ſich abbrach. Poincaré ſei
eher geneigt, die Entente zu zerſtören, als ſeine Auffaſſung zu
ändern. Das Blatt ſpricht die Hoffnung aus, daß im letzten
Augenblick doch noch eine Aenderung der franzöſiſchen Politik
eintreten möge und eine diplomatiſche Kataſtrophe vermieden
werden könne. Im übrigen habe ſich in den letzten Tagen der
Einfluß Belgiens zugunſten einer raſcheren Löſung des
Ruhr=
problems ſtärker als bisher fühlbar gemacht. Aehnlich ſchreibt
die Sunday Times, die gleichfalls eine Warnung an die
Adreſſe Frankreichs richtet. England müſſe erkennen,
daß eine Fortſetzung der Verhandlungen nur zu einer ſtärkeren
Betonung der Widerſprüche zwiſchen ihm und Frankreich führe,
und es ſei deshalb möglich, daß der gefürchtete Fall eines Bruches
zwiſchen den beiden Ländern eintrete. Baldwin, ſo ſchreibt das
Blatt, habe Poincaré wiſſen laſſen, daß er auf die Fragen des
Foreign Office eine klare Antwort erwarte, und daß dieſe
Ant=
wort ohne weitere Verzögerungen erwartet würde.
„At
Vor einem Eingreifen Baldwins.
* London, 9. Juli. (Priv.=Tel.) Der
Geſundheitsmini=
ſter Chamberlain hielt in Birmingham eine Rede, in der
er beſtätigend ankündigte, daß Baldwin in der allernächſten
Zeit eine diplomatiſche Aktion unternehmen werde. Die
einzige Wolke am Horizont, erklärte er, ſei die Beſetzung des
Ruhrgebiets, die von den Franzoſen gegen unſeren Willen
unter=
nommen wurde und deren Ergebnis unſere Befürchtungen
wahr=
gemacht haben. Dieſe Beſetzung hat den Franzoſen nichts Gutes
gebracht, und in England hat ſie ſich in der Form einer
Beein=
trächtigung des engliſchen Handels bemerkbar gemacht. Dieſe
Lage kann bis ins Unendliche andauern. Die Frage, um die
es ſich handelt, geht Frankreich nicht allein an, trotz aller unſerer
Wünſche, mit Frankreich die angenehmſten Beziehungen aufrecht
zu erhalten, iſt die Stunde gekommen, in der wir zu endgültigen
Maßnahmen werden ſchreiten müſſen. — Auch der Erſte Lord der
engliſchen Admiralität, Amery, gab in der gleichen
unioniſti=
ſchen Verſammlung in Birmingham eine Erklärung des Inhalts
ab: Wir haben uns zu lange abſeits gehalten und unſeren
Alli=
ierten jegliche Freiheit gelaſſen, um ihre eigene Politik
durch=
zuführen, wie es ihnen beliebt. Aber die Lage iſt zu ernſt für
uns geworden, ſo daß wir gezwungen ſind, bald in einer
end=
gültigen Form unſere Anſicht kundzugeben.
Zur Oemarche in Berlin.
Rätſelraten der Pariſer Preſſe.
Paris 8. Juli. (Wolff.) Die Morgenblätter begnügen
ſich in der Mehrzahl damit, die kritiſchen Kommentare, ihrer
Berliner Berichterſtatter zu dem Schritt der diplomatiſchen
Vertreter Frankreichs und Belgiens in der Frage
der Sabotageakte wiederzugeben. So ſchreibt der Matin
von einer ſeltenen Anmaßung des deutſchen
Außen=
miniſters. Es ſei klar, daß Herr v. Roſenberg keine
der=
artige Sprache führen werde, wenn ſeine Beziehungen zu
Lon=
don ihm nicht Grund gäben, einige Hoffnung auf die engliſche
Negierung zu ſetzen. Da man eine nur zu gerechtfertigte
Auffor=
derung nach Berlin geſchickt habe, ſo ſei klar, daß man ſich nicht
mit einer ausweichenden Antwort begnügen könne. Als
man dieſe Aufforderung formuliert habe, habe man ſicher wohl
auch Maßnahmen vorgeſehen, die im Weigerungsfalle
getroffen werden ſollen.
Das Journal ſtellt vor allem den verfehlten
Cha=
rakter dieſes belgiſch=franzöſiſchen Schrittes in Berlin feſt.
Seit dem Tage des Verbrechens hätten ſich keine neuen Tatſachen
ergeben, abgeſehen von der ernſten internationalen Polemik über
die Mittel, den deutſchen Widerſtand zu beenden. Wo
ſteuert man hin?. Würde man ſich mit irgend einer vagen
Er=
klärung begnügen, dann brauchte man ſich wohl nicht erſt die
zuverſtändigen, mit ſich bringen würde. Das Blatt ent= Mühe zu machen. Würde man es zum diplomtatiſchen eingeſchloſſen und der ſiegreiche Samniterführer Rat von ſeinem
Bruch kommen laſſen, ſo würde es den Deutſchen keine großen
Kopiſchmerzen bereiten. Wolle man die Verhandlungen
fort=
ſetzen? Das wäre weit ſchlimmer, denn man würde Gefahr
lau=
fen, in eine Debatte verwickelt zu werden, die man nicht fortſetzen
könne, bevor Deutſchland kapituliert habe.
Guſtave Hervs glaubt in der Viktoire die
Angelegen=
heit dahin auslegen zu müſſen, daß ſie den engliſch=
fran=
zöſiſchen Gegenſatz nur verſchärfe. Es habe keinen
Zweck, der öffentlichen Meinung verhehlen zu wollen, daß
in=
folge der wahnwitzigen Haltung Englands ernſte Stunden
bevor=
ſtänden.
* Paris, 9. Juli. (Priv.=Tel.) Zu den Vorſtellungen,
die der franzöſiſche und belgiſche Botſchafter in Berlin wegen des
Attentats von Hochfeld erhoben haben, ſchreibt heute der
Inde=
pedance Belgique, man müſſe natürlich die weitere Entwicklung
dieſes Zwiſchenfalls abwarten, bevor man formelle
Schlußfolge=
rungen ziehen könne. Jedenfalls ſei aber feſtzuſtellen, daß dieſer
Zwiſchenfall ein neues und wichtiges Element in den
Beziehun=
gen der in Betracht kommenden Länder zueinander darſtelle. Man
könne nicht annehmen, daß die belgiſche Demarche gegebenenfalls
zur Abberufung ihres Geſandten führen werde. Eine ſolche
Ab=
berufung könnte nur der Anfangeiner Reihe von
Maß=
nahmen der belgiſchen Regierung zum Zwecke der Erlangung
der gewünſchten Genugtuung ſein. Niemand werde ſolche
Maßnahmen mißbilligen.
Der neue Schritt des Papſtes in Paris
und Brüſſel.
* Rom, 9. Juli. (Priv.=Tel.) Ueber den neuen Schritt
des Papſtes in Paris und Brüſſel veröffentlicht der
vatikaniſche Oſſervatore Romano folgende offizielle Darſtellung:
Nach Zeitungsmeldungen haben die franzöſiſche und die belgiſche
Regierung infolge des Attentats vom 30. Juni gegen den
bel=
giſchen Urlauberzug bei Duisburg beſchloſſen, ſtrenge Maßregeln
zu ergre fen. Nachdem der Heilige Vater zur Beſchleunigung der
erſehnte: Verſöhnung die Attentate im Ruhrgebiete bedauert
und die deutſche Regierung eingeladen hat, ſich ſeinem Bedauern
auzuſchließen und alles zu vermeiden, was eine Verſtändigung
erſchweren könnte beauftragte er den apoſtoliſchen Nuntius in
Paris und den päpſtlichen Geſchäftsträger in Brüſſel, der
fran=
zöſiſchen und belgiſchen Regierung mitzuteilen, daß der Heilige
Vater hoffe, daß keine Maßnahmen ergriffen würden, welche die
Spannung mit ihren erſchreckenden Folgen vermehren würde.
Unverhülſte Ablehnung.
* Paris, 9. Juli. (Priv.=Tel.) Der Temps teilt zu den
Inſtruktionen, die der Vatikan den Nuntien in Paris und
Brüſ=
ſel gegeben hat, mit, daß der Sekretär der Pariſer Nuntiatur
ſich ins Qugi dOrſah begeben hat und ſich dort ungefähr im
Sinne der vom Oſſervatore Romano veröffentlichten offiziöſen
Note ausſprach. Der Temps glaubt zu wiſſen, daß der Kurie
geantwortet wurde, die franzöſiſche Regierung behalte ſich vor,
gemeinſam mit der belgiſchen Regierung die Maßnahmen zu
er=
greiſen, die notwendig ſeien, um neuen Attentaten Deutſchlands
vorzubeugen.
Die neue Enzyklika des Papſtes.
TU. Rom, 8. Juli. Oſſervatore Romano veröffentlicht die
neue Enzyklika des Papſtes über Thomas von Aquino.
In der Enzyklika heißt es im zweiten Teil der theologiſchen
Ab=
handlung: Es iſt beſonders bemerkenswert, was der heilige
Thomas über das Regime des Neiches und des Staates, über
Heurſchaft und über die Geſetze im allgemeinen und ihre
Befol=
gung ſchreibt. Wenn dieſe Vorſchriften genau und
unverſtüm=
melt in den wechſelſeitigen Beziehungen der Völker
unterein=
ander fortwirkten, ſo wäre nichts anderes nötig, um für die
Menſchen jenen Frieden Chriſti im Reiche Chriſti zu
verwirk=
lichen, nach denr ſich die ganze Menſchheit ſehnt.
E
* Politiſche Tatſachen.
Von
Dr. Bodmann, Berlin.
Unſer Kampf gegen das Verſailler Diktat iſt ein Kampf ums
wehr an der Nuhr ihre beſte Kraft. Daß uns Unrecht geſchieht in
Zum Streik der Berliner Metallarbeiter hat der jeder Hinſicht, daß gegen geſchriebenes und ungeſchriebenes,
juri=
erſte Vorſitzende des Berliner Gewerbegerichts eine Vermittlungs= ſtiſches und moraliſches Recht verſtoßen wird, um unſere Daſeins=
Aber dieſes tiefe Rechtsgefühl darf uns nicht über die
Tat=
rungsrat Torwiel, wurde geſtern auf der Fahrt von Geresheim mäßgebend war, und daß auch nicht die geringſte Hoffnung
be=
ſteht, wir würden deswegen ſiegen, weil wir recht haben. So
Bei der Wirtſchaftshilfe der deutſchen Studentenſchaft in Dresden erhebend der Gedanke iſt, daß Unrecht ſchließlich, uterliegen
müſſe, und ſo gewaltig die Kräfte ſind, die aus dem
Rechts=
darüber vergäße, daß ſein übertriebenes Rechtsgefühl es in den
es nicht retten kann.
Denn der Zuſammenbruch unſerer Front, die vier Jahre
lang zehnfache Uebermacht von deutſcher Grenze abgewehrt, iſt
größtenteils durch das Schwinden der Ueberzeugung von dem
Der Bey von Tunis traf geſtern in Marſeille ein um gerechten Abwehrkampfe herbeigeführt worden. und daß wir
Auch ein Regiment aus dem Ruhrgebiet ſoll nach dem Echo de Paris, geſchah im Vertrauen auf Wort und Vertrag, deſſen ſchnöder
Bruch uns nicht in den Sinn kam.
Wenn jetzt Europa wieder vor einer ſchickſalsſchweren
Ent=
ſcheidung ſteht, ſo iſt es notwendig, daß wir uns die harten
Tat=
ſachen der Weltgeſchichte ſtets vor Augen halten und unſerem
guten Rechte die Waffen nicht rauben laſſen, ohne die es nicht
ſiegen kann.
Jahrtauſende alte Geſchichte lehrt, daß es nur zwei extrem
entgegengeſetzte Wege zu dauerndem Frieden zwiſchen zwei
Völ=
kern gibt: Verſöhnung (oft in Verſchmelzung endend) oder
Ver=
nichtung (oder völlige Unterwerfung). Das Schulbeiſpiel dafür
berichtet uns Livius aus dem zweiten Samniter Kriege. Als
das römiſche Heer in den kaudiniſchen Engpäſſen rettungslos
Vater erbat, befahl dieſer, das gefangene Heer bedingungslos
freizugeben. Solche Großmut müſſe zu dauernder Freundſchaft
der beiden Völker führen. Als dem Sohne dieſer Gedanke zu
groß erſchien, riet der Vater, das römiſche Heer bis zum letzten
Manne niederzumachen. Dann ſei Rom ſo geſchwächt, daß es
ein Menſchenalter lang den Samnitern nicht gefährlich werden
könne. Auch dieſer Rat ſchien dem Sohne ſchlecht; er ſchloß
einen Kompromißfrieden, der Krieg flammte bald wieder auf
und endete ſchließlich mit dem Siege Roms. Dieſes hat in der
Unterwerfung der Samniter und ſpäter noch mehr in der
Ver=
nichtung Karthagos gezeigt, wie Kriege dauernd „beendet”
werden.
Am Schluſſe des Weltkrieges ſtand es ebenſo: Wilſon war
der dilettantenhafte Vertreter des großen neuen Weltgedankens
der Verſöhnung, des gerechten Ausgleichs, des Völkerbundes.
Er konnte ſich nicht durchſetzen. Da kam die Gegenſeite hoch,
geführt von Clemenceau und jetzt von Poincaré, die Frankreichs
Sicherheit in der Vernichtung des Feindes ſucht. Wenn es nicht
durch hundert Beweiſe belegt werden könnte, ſo müßte ſchon die
Einſicht uns klar machen, daß Frankreichs Streben nicht auf
Zah=
lungen, auf Wiedergutmachung von Kriegsſchäden, ſondern auf
politiſche und wirtſchaftliche Schwächung und Zerſtückelung
Deutſchlands geht. Die Angſt vor dem Wiedererſtarken des
Geg=
ners, der jetzt am Boden liegt, führt zu all den ſadiſtiſch
an=
mutenden Maßnahmen, die durchaus begreiflich ſind, wenn man
ſie unter den leitenden Gedanken der franzöſiſchen Politik ſtellt.
Bei aller berechtigten Entrüſtung über Frankreichs Maßnahmen
dürfen wir nicht vergeſſen, daß ſie logiſch und konſequent aus dem
politiſchen Grundgedanken fließen.
Deswegen können wir nicht hoffen, mit irgendwelchen
Zah=
lungen oder Leiſtungen dem heutigen Frankreich genug zu tun.
Dieſes wird zu gerechter, das heißt vernünftiger, Regelung nur
dann kommen, wenn es dazu gezwungen wird. Als
Bundes=
genoſſen dafür haben wir die Einſicht franzöſiſcher Volkskreiſe,
daß dieſe Vernichtungspolitik nicht durchgeführt werden kann,
daß ſie durch Zerrüttung Europas auch Frankreich ſelbſt in den
Abgrund reißen wird — eine Erkenntnis, auf die wir nicht
bauen ſollten, denn Frankreich iſt nicht nur militäriſch ſtark,
ſon=
dern auch wirtſchaftlich recht widerſtandsfähig; und Revolutionen
in Siegerſtaaten kommen nicht vor.
Wichtigerer Bundesgenoſſe iſt die Einſicht der mit
Frank=
reich verbündeten Staaten, daß ſie durch deſſen Politik ſchwer
geſchädigt und gefährdet werden. Namentlich England will den
Welthandel wieder in Ordnung ſehen und widerſtrebt energiſch
einer dauernden Hegemonie Frankreichs über Europa. Es ſetzt
ja auch vieles jetzt daran, um Verhandlungen zur Liquidierung
des Ruhrabenteuers und zur endgültigen Regelung der
Kriegs=
entſchädigungen in die Wege zu leiten. Bei dieſen
Verhand=
lungen müſſen wir uns ſtets vor Augen halten, daß der Sieg
der Gegner nicht durch Waffen und Wirtſchaftsmacht, ſondern
du uch den folgenſchwerſten Worthruch der Weltgeſchichte
herbei=
geführt worden iſt. Auf Grund eines bindenden Vertrages, den
Wilſon mit uns geſchlofſen, dem aber England, Frankreich,
Ita=
lien ausdrücklich zugeſtimmt haben, legte Deutſchland die
Waf=
fen nieder, räumte das linke Nheinufer, verſprach große
Zahlun=
gen und Sachlieferungen. Aber als wir uns wehrlos gemacht,
da brachen die Gegner ihr Wort, zwangen uns zur
Unterzeich=
nung von ſogenannten Friedensbedingungen, die nichts mehr
mit dem vorher Vereinbarten zu tun hatten, und leiteten jenen
unſeligen Zuſtand ein, unter dem Europa nun ſchon fünf Jahre
leidet. Nach dieſem glatten Wortbruch der Wilſon, Clemenceau,
Lloyd George uſw., die ihres Volkes Ehre verpfändet hatten,
kann Deutſchland kein Vertrauen mehr zu irgendwelchen
Ver=
ſprechungen haben. Keines der Völker hat ſeinen wortbrüchigen
Vertreter zur Rechenſchaft gezogen, kein neuer Miniſterpräſident
hat ſeinen Vorgänger geſtürzt. Das Recht iſt noch nicht die
Richt=
ſchuur im Völkerverkehr. Hier herrſcht noch die Räubermoral.
das Reich der Völker, über Frieden und Krieg, über die rechte Und wehe Deutſchland, wenn es ein zweites Mal ſein Schickſal
auf Feindesverſprechen und Vertrag ſetzen wollte!
Nur Macht ſichert das Recht. So traurig dieſer Satz iſt,
ſo unbeſtreitbar iſt er. Er gilt allgemein. Im Innenleben des
Volkes iſt es die Staatsmacht, die das Recht der Bürger ſchützt
— und wir haben genugſam erlebt, wie ſchwach das
Rechts=
gefühl da iſt, wo die Staatsmacht verſagt. Im Staatenverkehy
Seite 2.
Darmſtädter Dagblatt, Montag, den 9. Juli 1923.
Nummer 187.
gibt es noch keine Macht über den Völkern; daher kann jedes
ſein Recht nur durch eigene Macht ſichern. Nun iſt
Deutſch=
land „wehrlos” gemacht durch den Verſailler Zwangsvertrag.
Und der Gedanke, ſo wie vor hundert Jahren durch einen
Volks=
aufſtand fremdes Joch abzuſchütteln, dürfte zu wenig mit der
Aenderung der Verhältniſſe rechnen. Ein „Revanchekrieg” iſt
in den nächſten Jahren wohl ausgeſchloſſen, und ſpäter würde
er Formen annehmen, von denen wir uns heute noch keine
Vor=
ſtellung machen können. Aber das iſt ſicher, daß eine
Wieder=
holung des Maſſennordens furchtbar werden müßte und von
ganz Europa nicht mehr als einen Trümmerhaufen zurücklaſſen
würde. Mit dieſem Gedanken ſoll man nicht leichtfertig ſpielen.
Dagegen zeigt der Kampf an der Ruhr, daß wir doch noch
eine Waffe von großer Schärfe beſitzen: den duldenden
Widerſtand. Was in Arbeitskämpfen (namentlich bei der
öſterreichiſchen Staatsverwaltung) und in dem Widerſtand
Oſt=
aſiens gegen Europa ſich oft als wirkſames Mittel zur
Hem=
mung und Schwächung fremder Macht erwieſen hat, das iſt auch
die einzige Rettung Deutſchlands gegen den Vernichtungswillen
Frankreichs. Rhein und Ruhr haben das tapfere Beiſpiel
ge=
geben; ſie wollen durchhalten bis zum äußerſten Ende. Am
ganzen deutſche Volke iſt es, dieſes Vorbild zu erkennen, ihm
nachzueifern, ſein ganzes Verhalten auf Unterſtützung der
Ruhr=
kämpfer, auf Abwehr feindlicher Wirtſchafts= und Staatsmacht
abzuſtellen. An der Reichsregierung iſt es, hierin zu führen;
durch Wort und Tat, durch eigenes Beiſpiel die Ruhrfront zu
ſtärken, ſie in den Verhandlungen mit dem Feinde nicht
preis=
zugeben, ſondern zu verwerten als eine ſtarke Waffe unſeres
Rechts.
Wir wollen zahlen, gut! Nicht weil wir die „Schuldigen”
ſind, zu denen das Papier von Verſailles uns ſtempelt. Dieſe
Rieſenlüge iſt längſt hundertfach widerlegt; die anderen haben
mehr und bewußter geſündigt als wir. Wir wollen zahlen, weil
wir durch den Verrat der Gegner beſiegt ſind und Zahlung
ver=
ſprochen haben. Aber mit der Zahlung wollen wir die politiſche
Unabhängigkeit und Freiheit Deutſchlands erkaufen. Und ohne
deren Sicherung kann an ein Aufgeben des paſſiven
Wider=
ſtandes nicht gedacht werden.
Vor wichtigen Entſcheidungen.
* Paris, 9. Juli. (Priv.=Tel.) Aus London wird
mit=
geteilt, daß Baldwin den geſtrigen Sonntag in Chequers
ver=
brachte und dort einen Bericht von Lord Curzon über die am
Freitag mit dem franzöſiſchen, belgiſchen und italieniſchen
Bot=
ſchafter geführte Ausſprache entgegennahm.
Der Petit Pariſien ſchreibt, daß dieſer Bericht heute im
eng=
liſchen Kabinett zur Sprache kommen werde, obgleich die
Ein=
berufung desſelben ſchon für Freitag beſchloſſen war.
Der Matin meldet aus London, daß in dortigen Kreiſen
ge=
ſtern abend das Gerücht umging, das engliſche Kabinett werde
die politiſche Lage nach den folgenden Geſichtspunkten prüfen:
1. Wann und in welcher Form muß eine Antwort auf das
deutſche Memorandum erfolgen?
2. Welches Verfahren iſt einzuſchlagen, damit die
Zahlungs=
fähigkeit Deutſchlands auf wiſſenſchaftlichem Wege don einer
internationalen Unterſuchungskommiſſion feſigeſtellt wird?
3. Es ſoll Bradbury ermächtigt werden, bei der
Repara=
tionskommiſſion um eine offizielle Interpretation des § 18,
An=
hang 2, des Verſailler Vertrags (Reparationen) einzukommen?
Weiterhin iſt es die Frage, ob dieſe Angelegenheit vor den Haager
internationalen Gerichtshof gebracht werden muß, wenn
inner=
halb dieſer Kommiſſion nicht eine Einigung erzielt wird.
4. Der internationale Gerichtshof ſoll gebeten werden, den
Artikel 248 des Verſailler Vertrages auszulegen, wenach die
alli=
ierten und verbündeten Mächte eine Geſamthypothek auf das
Guthaben des deutſchen Staates beſitzen.
Dieſe Zahlenreihe, ſo erklärt der Matin, ſei augenſcheinlich
von oben her eingegeben.
In dieſem Zuſammenhang führt das Pariſer Blatt die
Aeußerung des diplomatiſchen Redakteurs des Daily Telegraph
an, der die oben bezeichneten Punkte ausführlich beſpricht.
Die=
ſer Redakteur verhehlt ſeinen Lefern nicht, daß Frankreich in
Punkt 2 eine glatte Abſage ausſprechen wird, und beſtenfalls
zu=
laſſen wird, daß die Reparationskommiſſion ſelbſt einen
Aus=
ſchuß internationaler Sachverſtändiger ernennt, der dann unter
dem Vorſitz des amerikaniſchen Beobachters in der
Reparations=
kommiſſion beraten wird. Betreffend den 3. Punkt, in dem von
Artikel 18 die Rede iſt, erklärte der engliſche Redakteur, daß man
die legale und autoriſierte Interpretation dieſes Artikels vor
der Ruhrbeſetzung mit Frankreich hätte beſprechen müſſen. Was
ſchließlich Artikel 248 betrifft, ſo bemerkt der Redakteur, daß
dieſe Klauſel für Frankreich von hervorragendem Intereſſe ſei,
alls England ſeinerſeits verſuchen würde, durch ein beſonderes
Abkommen mit Deutſchland ſeinen Anteil an den Reparationen
zu erlangen.
Der Matin erinnert in dieſem Zuſammenhang im Hinblick
auf dieſen Plan auf die verſchiedenen damit verbundenen
eng=
liſchen Meinungsäußerungen, die direkt oder indirekt der
engli=
ſchen Regierung eingegeben ſeien. Man könne ſich daher des
Eindrucks nicht erwehren, daß ſowohl Baldwin wie ſeine
Kolle=
gen zurzeit alle Möglichkeiten prüfen, jedoch derjenigen einer
ge=
trennten Handlung gegenüber einem gemeinſamen Vorgehen mit
Frankreich den Vorzug zu geben ſcheinen. Man betont, ſo
ſchließt das Blatt, in Londoner Kreiſen, daß die beſte Methode,
abgeſehen von der augenblicklichen Lage, für England darin
be=
ſtehe, eine begründete Erklärung über ſeine Reparationspolitik
ab=
zugeben, um die Welt zum Richter ſeiner Vorſchläge machen zu
können.
Das Journal ſtellt feſt, daß England an einem
entſcheiden=
den, wichtigen Punkte in ſeiner Geſchichte angekommen ſei, und
daß, wenn nicht alles trüge, man ein getrenntes Vorgehen in
die=
ſer ſchweren Zeit von England zu erwarten habe.
Zwei Reden Millerands.
Paris, 8. Juli. (Wolff.) Präſident Millerand hielt
geſtern im Noulins eine Rede, in der er ſich mit folgenden
Worten an den Bürgermeiſter der Stadt wandte: Frankreich iſt
riedlicher geſonnen als es jemals war (!), weil es die Schrecken
eines langen Krieges eben durchlebte. Frankreich kann aber
trotz des Friedenswillens nichts anderes tun, als auf der
Ach=
tung der Verträge zu beſtehen; es verlangt nichts mehr, als ihm
gebührt, aber es verlangt alles, worauf es Anſpruch hat.
Frank=
reich iſt auch entſchloſſen, es zu erhalten. Vertrauen Sie alſo
auf die Zukunft! Wir wollen einen Frieden, der des Sieges
würdig iſt. Wir werden ihn erreichen.
Am gleichen Tage ſprach der Präſident in Clermont=
Ferrand auf der dritten Jahrhundertfeier zu Ehren
Pas=
cals, wobei er ſich auf deſſen Worte berief: Gerechtigkeit iſt
ohnmächtig ohne Macht, Macht iſt Tyrannei ohne Gerechtigkeit
und Vielheit, die ſich nicht zur Einheit zuſammenfaßt, iſt
Ver=
irrung; Einheit, die nicht von Vielheit abhängig iſt, iſt Irrſinn.
Welches Licht, ſo kommentierte Millerand, werfe die Formel in
gebieteriſcher Klarheit auf Probleme, die Frankreich immer noch
beſchäftigten. Frankreich habe ſeit nunmehr 50 Jahren verſpürt,
was das Recht wert ſei, dem keine Macht gegeben iſt.
Die franzöſiſch=bolſchewiſtiſchen Beziehungen.
Aus Helſingfors wird uns geſchrieben: Der Vertreter der
ruſſiſchen Roten=Kreuz=Delegation in Frankreich, Uſtinow, hat
nach ſeiner Rückkehr aus Frankreich bolſchewiſtiſchen Zeitungen
Mitteilungen über ſeine Erlebniſſe in Frankreich gemacht.
Uſti=
now, der bekanntlich ſtändiges Mitglied der Berliner
Sowjet=
botſchaft iſt, berichtete, daß die franzöſiſchen Behörden in
Mar=
ſeille außerordentlich entgegenkommend geweſen ſeien. Dafür
iſt Uſtinow mit allen übrigen Mitglieden der bolſchewiſtiſchen
Delegation in Paris recht ſchlecht behandelt worden. Bereits
beim Eintreffen auf dem Bahnhof wurde die bolſchewiſtiſche
Delegation von einem Beamten der Pariſer „Polizeipräfektur
dringend erſucht, unbedingt noch am ſelben Tage Paris wiederum
zu verlaſſen. Die Handelskammer vom Marſeille hat Uſtinotv
gegenüber den Wunſch geäußert, daß die Handelsbeziehungen mit
Rußland möglichſt ſchnell wieder aufgenommen werden. An der
allruſſiſchen landwirtſchaftlichen Ausſtellung wird Frankreich
allem Anſchein nach ſich überhaupt nicht beteiligen, während aus
Deutſchland und Amerika überaus zahlreiche Anmeldungen für
die Ausſtellung vorliegen. Die franzöſiſche Regierung hat erſt
kürzlich durch den Handelsminiſter im Senat erklären laſſen, daß
die franzöſiſche Regierung keinerlei Einladung zu der allruſſiſchen
landwirtſchaftlichen Ausſtellung erhalten habe und daher es den
franzöſiſchen Handels= und Induſtriekreiſen überlaſſen müſſe, auf
ihr eigenes Riſiko hin an der Ausſtellung teilzunehmen.
Der Bohkott der Schweiz durch Sowjetrußland.
Aus Helſingfors wird uns geſchrieben: Nach einer offiziellen
Moskauer Meldung hat der Senat der Volkskommiſſare der
Ukraine beſchloſſen, ſich dem wirtſchaftlichen Boykott der Schweiz,
den das Allruſſiſche Zentral=Exekutivkomitee am 20. Juni
be=
ſchloſſen hatte, antzuſchließen. Laut dieſem Beſchluß dürfen
Schweizer Bürger nicht mehr nach Sowjetrußland einreiſen.
Eine Ausnahme wird nur für „werktätige” Schweizer gemacht,
die nicht verantwortlich gemacht werden können für die
Hand=
ungen der Schweizer Regierung. Dem Volkskommiſſariat für
Außenhandel iſt es verboten, Handelsbeziehungen mit
Schwei=
zern zu unterhalten. Alle ſtaatlichen Wirtſchaftsorgane
Sowjet=
rußlands ſind verpflichtet, ſofort ihre Vertreter aus der Schweiz
abzuberufen. Das Oberſte Konzeſſionskomitee darf keinerlei
Verhandlungen in Konzeſſionsfragen mit Schweizer Bürgern
oder mit den Vertretern von Schweizer Firmen führen. Das
Volkskommiſſariat des Aeußern iſt beauftragt worden, ſtreng
darüber zu wachen, daß dieſer Beſchluß ſorgfältig durchgeführt
wird.
ll
Der Rat der Volkskommiſſare.
Moskau, 8. Juli. (Wolff.) Geſtern wurde die Tagung
der allruſſiſchen Vollzugsausſchüſſe der Sowjetrepublik
ge=
ſchloſſen. In den Rat der Volkskommiſſare der Sowjetrepublik
wurden Lenin als Vorſitzender und Rykow. Kamenew
Zjuruba als Stellvertreter gewählt; ferner erhielten das
Innere Beloborodow, die Inſpektion Kiſeloaw, die
Arbeit Bachutow Verſorgung Kalmnowitz Finanzen
Wladimirow, Landwirtſchaft Smirnow, Juſtiz
Kur=
ki, Aufklärung Lunatſcharſki, Volkshygiene
Semaſch=
kow, Wohlfahrt Jakowenka; Vorſitzender des
Volkswirt=
ſchaftsrats der Sowjetrepublik wurde Bogdanow.
Franzöſiſche Vergeltungsmaßnahmen.
Berlin, 9. Juli. (Wolff.) Nach einer auch von Havas
veröffentlichten Düſſeldorfer Meldung wurde als Vergeltung
für die Feſtnahme des in Mannheim wohnenden franzöſiſchen
Staatsangehörigen Edmond Schultes, der angeblich
widerecht=
lich von den deutſchen Behörden in Schutzhaft gehalten werde,
von den franzöſiſchen Behörden angeordnet, alle zwei Tage
ange=
ſehene deutſche Perſönlichkeiten zu verhaften und ſolange in
Haft zu behalten, bis Schultes wieder freigelaſſen ſei. Bis jetzt
ſind nach der amtlichen Meldung der Profeſſor von der
Düſſel=
dorfer Hochſchule Keppler, der Eiſenbahndirektor
Som=
merfeld und der Juſtizrat Niederſtein aus Bochum, ſowie
der Gymnaſiallehrer Weichrag aus Dortmund feſtgenommen
worden.
Die Reichsfeiertage.
Ein Rhein= und Ruhrtag.
Berlin 7: Juli. (Wolff.) Amtlich. Der Reichstag hat
das Geſetz über die Reichsfeiertage nicht mehr
ver=
abſchiedet. Während eine große Mehrheit für die
reichsgeſetz=
liche Feſtſetzung der großen chriſtlichen Feiertage, für den
Ver=
faſſungstag und für den Gedenktag für die Opfer des Krieges
geſichert war, konnte unter den Parteien eine Mehrheit für eine
die Schlußabſtimmung ſichernde Verſtändigung darüber noch
nicht erzielt werden, ob über die Regierungsvorlage hinaus,
ent=
ſprechend den Beſchlüſſen der Ausſchüſſe, auch der 1. Mai der
Feiertagsgeſetzgebung der Länder entzogen und der Herbſtbußtag
da, wo er nach dem Inkrafttreten der Reichsverfaſſung
abge=
ſchafft iſt, wieder eingeführt werden ſoll. Aus dieſem Grunde
wurde die Verabſchiedung des Geſetzes vorläufig zurückgeſtellt.
Die Reichsregierung hält an der Notwendigkeit feſt, das Geſetz
baldmöglichſt zu verabſchieden, damit das Deutſche Reich aus der
die Einheit gefährdenden Mannigfaltigkeit der
Feiertagsgeſtal=
tung und der fortwährenden Kämpfe auf dieſem Gebiete
heraus=
kommt, weshalb auch für die beiden genannten Punkte eine
Ver=
ſtändigung der Parteien für die Schlußabſtimmung erzielt
wer=
den muß. Die Aufſchiebung trifft formell auch die Feſtſetzung
des Verfaſſungstages als Nationalfeiertag. Nachdem aber die
Regierutgsvorlage in der Schlußabſtimmung des Reichsrats
von den Ländern einſtimmig angenommen iſt und in dieſem
Punkte auch die Zuſtimmung des Reichstags geſichert erſcheint,
wird der Verfaſſungstag in Fortbildung der Uebung der beiden
letzten Jahre auch in dieſem Jahre feſtlich begangen werden.
Wegen der Beteiligung der Länder iſt die Reichsregierung mit
den Landesregierungen bereits in Verbindung getreten. Die
Feier ſoll in dieſem Jahre mit einem „Rhein= und Ruhrtag”
ver=
bunden werden, um den Gefühlen der Geſchloſſenheit
Deutſch=
lands, des Dankes an die leidenden Mitbürger und des feſten
Entſchluſſes der Erhaltung von Rhein un Ruhr für unſer
Vater=
land im Zuſammenhang mit dem allgemeinen Bekenntnis zum
Staat und ſeiner Verfaſſung ſtarken Ausdruck zu geben.
Entſchließungen der Deutſchen Volkspartei.
TU. Berlin, 9. Juli. Der Zentralvorſtand der Deutſchen
Volkspartei beſchäftigte ſich am Sonntag mit der Reichspolitik.
Der Parteivorſitzende Dr. Streſemann leitete die Beſprechungen
ein mit einem eingehenden Referat, das hauptſächlich den Fragen
der Innenpolitik gewidmet war und ein Bekenntnis zur
Volksgemeinſchaft enthält. Dr. Streſemann begründete
die Haltung, die die Reichstagsfraktion im Laufe der letzten
Monat; zu den politiſchen Fragen eingenommen hat. In der
mehrſtündigen Ausſprache kam die allſeitige Zuſtimmung zu
ſei=
nen Ausführungen zum Ausdruck, die ihren Niederſchlag in einer
Entſchließung fand, worin Dr. Streſemann und der
Reichstags=
fraktion, ebenſo wie der preußiſchen Landtagsfraktion und den
preußiſchen Miniſtern das volle Vertrauen ausgeſprochen wurde.
Außerdem wurde eine Entſchließung der Frauen der Deutſchen
Volkspartei angenommen, worin das Internationale Rote Kreuz
aufgefordert wird, dahin zu wirken, daß dem Deutſchen Roten
Kreuz geſtattet wird, im Ruhrgebiet tätig zu ſein.
Bayeriſche Verkehrspolitik.
TU. München, 7. Juli. In der geſtrigen Tagung des
Präſidiums des bayeriſchen Induſtriellenverbandes wurde zur
Deviſenfrage Stellung genommen und zur Frage der bayeriſchen
Verkehrspolitik eine Entſchließung angenommen, in der es heißt:
Neuerdings beabſichtigt die Reichsregierung, zur Aufbringung
der Reparationsverpflichtungen das Reichseiſenbahnnetz zu
ver=
pfänden und damit im Zuſammenhang ein
Reichsbahnfinanzge=
ſetz zu erlaſſen. Damit wird der Zentraliſationsgedanke auf die
Spitze getrieben. Frei von aller politiſchen und
partikulariſti=
ſchen Einſtellung, fordert das Präſidium des bayeriſchen
Indu=
ſtriellenverbandes die Einführung eines ſelbſtändigen bayeriſchen
Verkehrskörpers im Nahmen der Reichseiſenbahn mit
entſpre=
chender Bewegungsfreiheit in der Tarifgeſtaltung zur beſſeren
Berückſichtigung beſonderer bayeriſcher Verhältniſſe.
A2
Beneſch in Paris.
Paris, 8. Juli. (Wolff.) Der tſchecho=ſlowakiſche
Mini=
ſter des Auswärtigen, Ben eſch, traf geſtern abend in Paris
ein. Sein Beſuch ſoll, wie erklärt wird, zu der Unterbrechung
der Verhandlungen über den Abſchluß eines
Handelsver=
trages zwiſchen Frankreich und der Tſchecho=Slowakei in
Be=
ziehung ſtehen. Es beſteht die Annahme, daß Beneſch vor allem
eine politiſche Informationsreiſe beabſichtige. Er
ſcheint ſich mit den franzöſiſchen Staatsminiſtern über die
Haupt=
fragen der interalliierten Politik beſprechen zu wollen.
Amneſtie in Frankreich.
Paris, 8. Juli. (Wolff.) Eine Reihe der Regierung
naheſtehender Blätter ſtellt in beſtimmter Form in Ausſicht, daß
der Marine=Ingenieur Marty, der wegen ſeiner Teilnahme
an der franzöſiſchen Matroſenmeuterei der „Schwarzmeer=Flotte
zu einer Gefängnisſtrafe verurteilt worden war und im der
fran=
zöſiſchen Wahlpolitik eine große Rolle ſpielte, am 14. Juli, dem
Tage des franzöſiſchen Nationalfeſtes, begnadigt werde.
Unter denen, die der zu erlaſſenden Amneſtie teilhaftig
wer=
den ſollen, ſollen auch die Verurteilten der Camelots du Noy
ſich befinden, vor allem der royaliſtiſche Schriftſteller Charles
Maurras, der zu drei Monaten Gefängnis verurteilt
wor=
den war.
Rätſelhafte Bindeſtrichlein.
„Antrag Walter=Klein=Limbach betr. Bahnſtrecke Seedorf=
Leine=Bergen=Braunſchweig.‟ Dergleichen Rätſel kommen uns
ſeit etlichen Jahren in ſteigender Zahl zu Geſichte. Was ſolche
Wortreihen bedeuten, kann nur der völlig Eingeweihte wiſſen.
Der geſunde Menſchenverſtand meint, daß jenen Antrag drei
Abgeordnete gemeinſam geſtellt haben. Wenn es aber nur die
erſten beiden, Walter und Klein, wären, und ihre Heimat
Lim=
bach hieße, ſo fänden wir nach dem jetzt eingeriſſenen Brauche
diefelbe Schreibung. Ja ſogar, wenn der Ort den Namen Klein=
Limbach trüge, ſo bekamen wir wiederum obige irreführende
Verbindung vorgeſetzt. Ebenſo muß der Leſer von vornherein
annehmen, es handele ſich um die Strecke von Seedorf über die
Orte Leine und Bergen bis zur Stadt Braunſchweig.
Unmög=
lich kann er dem Trümmerhaufen anſehen, daß nur Seedorf und
Bergen Ortsnamen ſind, Leine jedoch ein Flußname und
Braun=
ſchweig der Landesname. Es ſind Rätſel, die auch ſchärfſtes
Nachdenken nicht löſen kann, ein Spott auf die Forderung:
Schreite und rede ſo, daß gnan dich gleich verſteht!
Wie leicht wäre es gegangen, obige Mitteilung klar zu
ge=
ſtalten! Walter, Klein und Limbach; Walter und Klein zu
Lim=
bach; Walter aus Klein=Limbach oder Walter für Kleinlimbach:
das wäre jedesmal unmißverſtändlich. Ebenſo wüßte man
Be=
ſcheid, wenn da ſtünde: Seedorf a. d. Leine bis Bergen in
Braunſchweig. Wir müſſen nur um wenige Jahrzehnte zur Art
unſerer Eltern zurückkehren. Sie ſagten und ſchrieben nicht: der
Abgcordnete Ludwig=Neuſtadt=Harz hat das Wort, ſondern: das
Wort hat Abgeordneter Ludwig aus Neuſtadt am Harz.
Das falſche Bindezeichen zwiſchen Perſon und Ort beraubt
uns des Vorteils, den die Strichlein bieten, wenn wirklich ein
Doppelname vorliegt: Frau Debes=Bernhof. Niemals dürfte
ſo geſchrieben werden, wenn Bernhof Ortsname ſein ſoll. Hier
muß es lauten: Debes aus Bernhof, Debes zu B., Debes auf B.
und dergleichen.
Bei Namen der Erdkunde iſt das Bindezeichen richtig ange=
wandt, wenn es angibt, daß zwei Orte oder Länder irgendwie
vereinigt ſind: Darmſtadt=Beſſungen, Schleswig=Holſtein. Hier
erſetzen die Strichlein das Wörtchen und. Will man eine Strecke
zwiſchen zwei Orten angeben, ſo iſt ein langer Gedankenſtrich um
Platze: die Linie Baſel—Frankfurt. Sonſt aber ſollte man ſich
nicht ſcheuen, die Wörtchen zu (vor Ortsnamen), in (vor
Länder=
namen), bei, an uſw. wieder in ihr altes Recht zu ſetzen. Der
Reichspoſt, die in Stephan eine glückliche Hand hatte, als es
galt, mehrere hundert unnütze Fremdwörter auszufegen, kann
der Tadel nicht erſpart werden, daß ſie der Verdrängung jener
nötigen Formwörtchen Vorſchub geleiſtet hat; denn ſie hat auf
ihren Stempeln Frankfurt a. M., Erbach i. Od., Homburg v. d.
Höhe, Rothenburg ob d. T. u. a. abgeſchafft, und zwar nicht
Frankfurt=Main angeordnet, aber Frankfurt (Main), Erbach
(Odenwald) uſw. Das Ergebnis dieſer öden Gleichmacherei iſt
eine um ſich wuchernde Zerrüttung des Sprachbaues. Frankfurt
(Main) iſt nun auf vielen Druckſachen zu ſehen, deren Abſender
jenem üblen Poſtbefehle nicht unterworfen ſind, und ſehr bald
hat ſich ſtatt der Klammer das törichte Bindezeichen eingefunden:
Frankfurt=Main. Neuerdings ſtößt man dazu auf Frankfurt=
Main=Süd, ein klägliches Hervorbringſel unſeres papiernen
Zeit=
alters. Wenn ſich gar Schriftſteller und Gelehrte dieſes rohen
Wortklumpens bedienen, während ſie beim alten Namen
Sachſen=
hauſen beharren müßten, der ihnen durch Goethe wie durch den
Aepfelwein wertvoll ſein ſollte, ſo gewahren wir, daß der Sinn
für ſprachliche Schönheit und Würde arg gelitten hat. Wir
ſoll=
ten es dem ſchaffenden Sprachgeiſte danken, daß er uns die
Wört=
chen zu, in, an uſw. gegeben hat, welche die Beziehung zwiſchen
den Begriffswörtern andeuten. Wenn wir ſie heute verſchmähen,
ſo gleichen wir den ungeſchlachten Menſchen der Urzeit, die
un=
behauene Steine loſe aufeinander legten, weil ſie noch nicht
ver=
ſtanden, ſie zuzurichten und zu verbinden. Jene
Beziehungs=
wörtchen ſind der Mörtel im Kunſtbau der Sprache. Man darf
ſie nicht durch Bindeſtrichlein erſetzen wollen; denn dieſe ſind nur
fürs Auge da; die lebendige Sprache aber ſoll Wohlklang haben
und leicht verſtändlich ſein.
Pickert.
C. K. Ein Leuchtturm über dem Kolumbusgrab. Die Gebeine
von Kolumbus, die 1540 von Spanien nach San Domingo
ge=
bracht wurden, ſind bisher noch in keinem feſten Grabe
unterge=
bracht und wurden ſogar erlauchten Beſuchern nach Oeffnung
des Sarges vorgeführt. Nun wird der Entdecker der neuen Welt
endlich in der Stadt San Domingo ein würdiges
Grab=
denkmal erhalten. Das Grab ſelbſt ſoll dem Napoleons im
In=
validendom zu Paris ähnlich werden; der äußere Bau nimmnt
ſich das Grabdenkmal Grants in Neu=York zum Muſter. Ueber
dem Ganzen aber wird ſich ein 100 Meter hoher Leuchtturm
er=
heben. Die Ausführung des monumentalen Planes erfolgt
ge=
meinſam durch die 21 Republiken Nord= und Südamerikas und
durch Kanada.
Die amerikaniſche Idealſchönheit — Modell 1924. Die Neu=
Yorker „Nation” zieht aus einem Modenblatt das Gutachten
eines „Mode=Sachverſtändigen” über die Muſterſchönheit für das
nächſte Jahr hervor. Nach dieſem Gutachten hat die vorbildliche
klaſſiſche Schönheit, wie ſie in der Venus von Milo zu ſchauen
iſt, als vollkommen passé zu gelten, ſie, die außer dem
Schön=
heitsideal mancher altmodiſcher Leute in der amerikaniſchen
Kon=
fektion die Nummer 36 (5 Fuß 4 Zoll — 162,47 Zentimeter groß)
in abſoluter Perfektion verkörpert hatte. Das Modell 1924 iſt
eine perfekte „34‟, d. h. 5 Fuß 7 Zoll — 170,06 Zentimeter
groß=
mit 23 Zoll Bruſtumfang und 34 Zoll Hüftenumfang. In dieſe
Größe müſſen alſo die Damen Amerikas hineinwachſen oder ſich
hineinturnen.
C.K. Ein wiedergefundenes Werk von Ludwig Richter. Ein
Gemälde Meiſter Ludwig Richters, das bereits als verſchollen
beklagt wurde, iſt nach einem Bericht des „Kunſtwanderers”
kürz=
lich aufgefunden und von der Dresdener Gemäldegalerie
erwor=
ben worden. Es handelt ſich um ein großes Oelbild, das aus
dem Jahre 1826 ſtammt und alſo von dem Künſtler mit 23
Jah=
ren geſchaffen wurde. Das Bild, das die Ebene und im
Hinter=
grund das Gebirge von Paläſtina darſtellt, zeigt ſtark leuchtende
kräftige Farben, die den italieniſchen Einfluß verraten. Es war
1829 in Hamburg ausgeſtellt und ſeitdem verſchollen,
Rummer 187.
Der Arbeitsmarkt im Mai.
Unſere Wirtſchaft ſtand auch im Monat Mai unter dem
Druck der ungeklärten politiſchen Zuſtände. Vereinzelt,
nament=
lich für exportierende Induſtrien, brachte der weiter andauernde
Währungsverfall eine gewiſſe Ausfuhrprämie gegenüber den
in=
ländiſchen Geſtehungskoſten, ein leichtes Anziehen der
Produk=
tion und damit eine, wenn auch nicht ſehr fühlbare, Auflockerung
des Arbeitsmarktes in manchen Berufszweigen war die Folge.
Die rigoroſen Beſchlagnahmungen chemiſcher Erzeugniſſe und die
zeitweiſe Abſperrung der in Frage kommenden großen Werke in
Ludwigshafen und Höchſt, vor allem aber die verſchärften
Paß=
vorſchriften, haben die Erwerbsloſigkeit in dem ſüdlichen Zipfel
der heſſiſchen Provinz Starkenburg und in dem Frankfurter
Wirtſchaftsgebiet ungünſtig beeinflußt.
Eine leichte Beſſerung der Arbeitsmarktlage im Mai iſt
zah=
lenmäßig inſofern feſtzuſtellen, als nach den Berichten der
Ar=
beitsnachweiſe die Geſamtzahl der Vermittlungen von insgeſamt arbeiten von Sophie Gengnagel in Darmſtadt ausgeſtellt.
17 739 (8841 männl., 8898 weibl.) im April auf insgeſamt 20 665
(11 446 männl. und 9216 weibl.) im Berichtsmonat anſtieg. Auch
in der Zunahme der offenen Stellen, die in faſt allen
Berufs=
gruppen beſonders für männliche Perſonen zu beachten iſt, kommt
Berichtsmonat 12 645 offene Stellen für Männer und 28226 für
weibliche Perſonen (insgeſamt 40 871) gezählt, gegen 9683 bzw.
30 376 — insgeſamt 40 059 — im Vormonat.
Die Zahl der Arbeitsgeſuche iſt gegen den Vormonat, nur
um rund 1700 geſtiegen, auf insgeſamt 66 122 (davon 46 939
männl., 19 183 weibl.) gegen 64 379 (44 290 männl. und 20 089
weibl.) im April.
nahmefähig, was auch durch den immer noch vorhandenen
Ueber=
ſchuß an männlichen Arbeitſuchenden zum Ausdruck kommt.
Da=
gegen ſteht der Nachfrage nach weiblichem Perſonal nur ein
ge=
ringes Angebot gegenüber.
Die Lage in der Metallinduſtrie iſt nicht einheitlich.
Während Frankfurt ein Steigen der offenen Stellen um das
Doppelte meldet und in Butzbach immer noch gute Qualitäts= fällig und kurz vor den jetzt zur Anklage ſtehenden neuen Delikten aus
kräft: eingeſtellt werden, wird von Wiesbaden mit Ausnahme der Strafanſtalt entlaſſen. Es kommen neun gemeinſame nächtliche
Eiu=
einiger Großbetriebe, ebenſo wie von Limburg und Eſchwege,
der Geſchäftsgang als unverändert ſchlecht bezeichnet.
Auftrags=
mangel, Abſatzſtockung und Materialmangel werden als Urſache
angegeben. Von Kaſſel werden Entlaſſungen in zwei großen
Betrieben gemeldet, demgegenüber aber auch eine allgemein
er=
höht: Nachfrage um mehr als 20 Prozent gegen den Vormonat.
Der Geſchäftsgang in der Eſchweger Lederinduſtrie iſt
mäßig. In Frankfurt hat ſich die Beſchäftigungsmöglichkeit
be=
ſonders für Portefeuiller und Wagenſattler gebeſfert. Auch für
dieſer Beruf iſt eine Zunahme der offenen Stellen gegenüber
dem Vormonat zu beobachten, ebenſo wie in der
Holzindu=
ſtrie. Hier iſt die Geſchäftslage in Frankfurt günſtig, und
wer=
den Möbelſchreiner, Holzbildhauer ſowie Facharbeiter im
Karoſ=
ſeriebau lebhaft verlangt. Auch in Kaſſel iſt in der Möbel=,
Waggonbau=, Stock= und Piano=Induſtrie eine Beſſerung
einge=
treten. Der Geſchäftsgang der Stock= und Peitſcheninduſtrie im
Eſchweger Bezirk iſt dagegen mäßig, und Arbeitseinſchränkungen
und Entlaſſungen ſind zu erwarten. In der Möbelinduſtrie
Wiesbadens und des Bensheimer Bezirks konnte zum Teil die
volle Arbeitszeit wieder eingeführt werden. — Im
Bauge=
werbe hat ſich die Lage infloge der hohen Materialpreiſe nicht
gebeſſert. Im Kaſſeler Bezirk iſt die Zahl der arbeitsloſen
Mau=
rer infolge der lebhaften Nachfrage nur noch gering. In Höchſt
konnte eine große Zahl vorhandener offener Stellen wegen der
Sperrung der Grenzen nicht beſetzt werden. Die
Vermittlungs=
tärigkeit im Gaſtwirtsgewerbe leidet unter der
ungünſti=
gen Witterung. Nur von Kaſſel und Wiesbaden wird der
Ein=
gang zahlreicher Aufträge aus den Badeorten gemeldet. Es
mangelt hier hauptſächlich an Köchen und an weiblichem
Perſo=
nal (Köchinnen, Bei= und Kaffeeköchinnen). — Für
unge=
lernte Arbeiter ſind die Verhältniſſe örtlich verſchieden.
Allgemein iſt jedoch auch hier eine Zunahme der
Arbeitsmöglich=
keit zu beobachten. Bei den übrigen Berufsgruppen, iſt keine
weſeutliche Aenderung gegenüber dem Vormonat eingetreten.
Nach den aus 30 gleichen Bezirken vorliegenden
Erwerbs=
loſenmeldungen vom 2. und 30. Mai betrug die Zahl der
unter=
ſtützten Erwerbsloſen in dieſen Bezirken am 2. Mai 22850, am
30. Mai 24 261. Die Zunahme um nur 6 Prozent iſt darauf zu=
Notſtandarbeiten herangezogen worden ſind. Von 5693 am
An=
fang ſtieg deren Zahl in den zum Vergleich herangezogenen Be= Unterſuchungshaft, Mechaniker Heinrich Morgenſtern von
Offen=
zirken auf 8948 oder um rund 45 Prozent zu Ende des Berichts= bach zu 5 Monaten Gefängnis und Schuhmacher Joſ.
Maſ=
monats. Die Geſamtzahlen der Erwerbsloſen und Notſtands= ſing von da zu 300 000 Mk. Geldſtrafe verurteilt.
arbeiter einſchließlich derjenigen aus den Bezirken, von denen
die Meldungen an beiden oder an einem der Stichtage nicht
ein=
gegangen ſind, ſind natürlich entſprechend höher zu veranſchlagen
und dürften am Ende des Berichtsmonats mit rund 40 000 bzw.
fänger, deren Zahl mangels einer Statiſtik augenblicklich nicht
feſtgeſtellt werden kann.
Berichtsmonat weit zahlreichere über Wiedereinführung der
vol=
len Arbeitszeit gegenüber.
Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 9. Juli 1923.
Seite 3.
Stadt und Land.
Darmſtadt, 9. Juli.
Die kranken deutſchen Kinder.
K
Nur 2bis 3 v. H. normal.
Das thüringiſche Wirtſchaftsminiſterium hat eine Umfrage
über den Geſundheitszuſtand der Bevölkerung Thüringens
ver=
auſtaltet. Aus den Ergebniſſen iſt folgendes anzuführen:
Im Landkreis Altenburg ſind in rein ländlichen Gemeinden
11 bis 12 Prozent der Kinder unterernährt, in den
Induſtrie=
orten 30 Prozent und mehr, in der Stadt Altenburg, in den
Volksſchulen 26 bis 27 Prozent, in den höheren Schulen 23
bis 24 Prozent, unter den Jugendlichen ſchätzungsweiſe 15 bis
20 Prozent. In den Orten Waſungen und Schwalungen des
Kreiſes Meiningen wird die Zahl der Unterernährten auf
uin=
deſtens 50 Prozent geſchätzt. In dem dortigen Bericht heißt es:
„Ju den Landſchulen iſt das Verhältnis kaum anders, mit
Aus=
nahme einiger Dörfer, die vorwiegend aus Bauern befiehen.
Die Bewohner der Arbeiterdörfer ſind faſt durchweg noch
ſchlech=
ter ernährt. Die Erkrankungen an Tuberkuloſe der Lunge, des
Lehlkopfes und des Darmes haben zugenommen.
In Greiz hat über die Hälfte der Schulkinder ein zu
geringes Körpergewicht und iſt im Wachstum zurückgeblieben.
Im Bezirk Roda iſt in neueſter Zeit den Lehrern etwa ein
Drit=
tel bis die Hälfte ſämtlicher Kinder wegen Bläſſe, Magerkeit,
Mattigkeit, geringer geiſtiger Regſamkeit und abnorm raſcher
Ermüdung aufgefallen, und zwar in den unterſten Klaſſen am
meiſten.
Aus dem Kreiſe Sonneberg — der bekannten
Heim=
arbeitergegend — wird geſchrieben: „Beſonders ſchwach, klein
und in der Ernährung zurückgeblieben zeigten ſich die
diesjähri=
gen Schulanfänger, die im Jahre 1915/16 geboren ſind. Von
ihnen kann faſt durchweg geſagt werden, daß ſie unter mittel
oder ſchlecht genährt ſind und daß bei vielen die Feſtigkeit der
Knochenbildung fehlt, alſo Neigung zu Nhachitis beſteht.”
In Gera hat die Zahl der Kinder, die an Skolioſe
lei=
den, ſich nahezu verdoppelt. Dieſe Erſcheinung darf ganz
all=
gemein wohl mit Recht als eine direkte Folge der durch die
Blockade während des Krieges und nachher ſo unendlich
ver=
mehrten Fälle von Rhachitis angeſprochen werden.
In Altſtädt weiſen nicht wenig Kinder durch allgemeine
Schwäche entſtandene orthobädiſche Leiden auf I, Hrf 91
e Flmim
Mue Gerſit n den dirh Wer eneliſche uerelung der
Skrofuloſe (etwa 50 Prozent) berichtet. Es fehlt dort an Milch
für Säuglinge und Kleinkinder. Auch iſt die Tuberkuloſe
zwei=
fellos im Zunehmen. Vorwiegend kommen Perſonen in den
Entwicklungsjahren in Frage, während die alten Tuberkulöſen
zum Teil hinweggerafft ſind. Die Not beſteht nicht allein in der
Unterernährung, ſondern in Untererwärmung infolge Mangels
an Heizmitteln und Bekleidung.
Beſonders erſchütternde Berichte ſind aus den durch
Ar=
beitsloſigkeit heimgeſuchten Textilinduſtriegegenden Sachſens
eingeſandt worden. Aus Eibenſtock wird geſchrieben:
„Einwandfreier, d. h. ein vollkommen normaler, guter, dem
Alter des Kindes entſprechender Befund konnte nur bei wenig
Kindern, bei 2—3 Prozent, nachgewieſen werden.”
Gewerbemuſeum. In einer Vitrine des Muſeums ſind Baſt=
Unter den in der Werkſtatt Gengnagel hergeſtellten Arbeiten befinden
ſich neben Proben von Hüten und Kindermützen vor allem Taſchen
ver=
ſchiedener Größe in mehrfarbiger Ausführung.
— Aus der Befſunger Bücherhalle (Beſſunger Str. 48) wurden in
den Monaten April, Mai und Juni 1978 Bicher entliehen;
eingeſchrie=
die beginnende Entſpannung zum Ausdruck. Es wurden im bene Leſer ſeit 1. April 324. Geſchenke gingen ein: an Geld 350 Mk.
Dem gütiger Geber herzlichen Dank!. Anmeldungen weiterer Spenden
von Büchern, guten Zeitſchriften oder Geld werden vom Vorſtand
des Vereins für Volksbildung, ſowie bei der Bücherausgabe, Montags
und Mittwochs von 4½½ bis 6 Uhr, gerne entgegengenommen. —
Da=
ſelbſt auch Bücherverzeichniſſe zu 10 Mk. Die Ausgabe von Büchern
iſt eingeſtellt vom 11. Juli bis 7. Auguſt: bis längſtens 11. Juli ſind
alle Bücher abzuliefern. Das gemeinſchaftlich mit dem „Kreisverein
gegen den Mißbrauch geiſtiger Getränke” errichtete und der Beſſunger
Die Landwirtſchaft war auch im Mai wenig auf= Bücherhalle angegliederte „Oeffentliche Leſezimmer” iſt täglich für
jedermann geöffnet von 4—8 Uhr abends.
n. Strafkammer. Bis zum Abend dauerte am Samstag die
Ver=
handlung, in der ſich außer zwei höchſt gemeingefährlichen Dieben
zahl=
reiche als Hehler an dieſem Treiben Beteiligte zu verantworten hatten.
Die erſterwähnten Haupttäter ſind der 24jährige Verſicherungsagent
Joſeph Ludwig Glaſſert von hier und der 20jährige Bäckergeſelle
Johann Joſeph Günther aus Roßdorf, mehrfach vorbeſtraft,
rück=
brüche in Betracht, und vier weitere, teils einfache teils qualifizierte
Diebſtähle hat Gl. noch allein ausgeführt. Alles fällt in die Zeit von
Ende März bis in den Juli vor, Js., und ſeit Anfang Auguſt ſaßen
Beide deshalb hinter Schloß und Riegel. Sie ſind in vollem Umfange
geſtändig, doch verzögerte ſich das Verfahren, weil durch den Abſatz der
Beute eine ganze Kette von Helfershelfern hereingezogen war. Zwei
der Letzteren ſind flüchtig, gegen drei weitere mußte wegen Ausbleibens
uſw. die Sache abgetrennt werden, und nur bezüglich der übrigen fünf
erging, obwohl ſie in üblicher Weiſe guten Glauben vorſchützten,
ber=
urteilendes Erkenntnis. Die Tätigkeit der Diebe war mannigfach und
ſpielte ſich faſt ganz hier ab; aber ſie wirkten auch einmal in Offenbach,
indem ſie aus dem Vereinslokal des dortigen Byeikleklubs Silbergeräte
(Pokale und Becher ſtahlen, und der Angeklagte G. hieß bei einem ihm
durch das Verſicherungsgeſchäft bekannt gewordenen Schneidermeiſter in
Neu=Iſenburg wiederholt größere Mengen Anzugsſtoff heimlich
mit=
gehen. Auf ſein Spezialſündenkonto gehört ferner die Entwendung
eines Fahrrades aus einem hieſigen Hausflur. Im übrigen geſchahen
die Diebſtähle ſtets nachts mit Verwendung von Dietrichten und
Brech=
eiſen. Gl. war dabei die treihende Kraft, und es wurden Keller,
Laden=
lokale und ſonſtige Stellen heimgeſucht. Man begann mit einem
Wäſche=
diebſtahl im Eliſabethenſtift, da G. daſelbſt früher als Gärtner
beſchäf=
tigt geweſen und noch im Beſitze von Schlüſſeln war. Der Einbruch in
das Bureau eines hieſigen Nechtsanwalts brachte den Beiden 4
Schreib=
maſchinen uſw. ein, bei einem Schuhmacher wurden aus der Werkſtatt
viele Schuhe nebſt Material erbeutet; ebenſo erwieſen ſich die
Ein=
brüche bei zwei Friſeuren ertragsreich: Wein und andere wertvolle
Le=
bensmittel erlangte man gleichfalls, und der nämliche Erfolg lohnte das
Eindringen in eine Wohnung. G. unterhielt mit dem Dienſtmädchen
der gerade verreiſten Familie ein Verhältnis und lenkte deſſen
Aufmerk=
ſamkeit ab, während Gl. inzwiſchen im anderen Stockwerk eine große
Menge Kleider entwendete. Vorſichtigerweiſe pfledten Gl. und G. die
Beute in Offenbach und Frankfurt an den Mann zu bringen, und dieſe
aus=
wärtigen Helfershelfer bedienten ſich mitunter auch des Autos in
An=
betracht des fetten Gewinns. Wie faſt immer, ſcheinen die Hehler den
Löwenanteil erzielt zu haben. Für die Diebe ſelbſt ſprang
verhältnis=
mäßig wenig heraus. Der Schaden iſt groß und es ſeien außer ſechs
Herrenanzügen nebſt zwei Operngläſern bei dem Wohnungsdiebſtahl
noch bedeutende Vorräte eines Weißzeuggeſchäfts (aus dem Lagerkeller
geſtohlen) erwähnt. Die beiden Diebe ſind wohl unverbeſſerlich, blieben
aber nochmals von Zuchthaus verſchont. Cs erhielt mit Anrechnung
von je. MMonaten Unterſuchungshaft der Angeklagte Gl. insgeſamt
ſechs Jahre und G. vier Jahre Gefängnis, was ſie ſofort
anerkannten. Ferner wurden, wegen Hehlerei der Kaufmann Georg
rückzuführen, daß in letzter Zeit erheblich mehr Erwerbsloſe zu Leonhardt aus Offenbach zu 9 Monaten Gefängnis,
ab=
züglich 5 Monaten, der Händler Meher Meſch aus Polen, in
Offen=
bach wohnhaft, zu 10 Monaten Gefängnis, abzüglich 3 Monaten
— Auf dem Wege zur Einheits=Kurzſchrift. Mit Genehmigung der
Regierung fand in Potsdam ein amtlicher Vergleichskurſus
der beiden Kurzſchriftſyſteme Stolze=Schrehy und der
Nationalſtenogra=
phie ſtatt. Der Unterricht wurde nach genau feſtgelegten Bedingungen
14000 anzunehmen ſein, ausſchließlich der Lohnſicherungsemp= an je eine vollſtändige Klaſſe zweier Gemeindeſchulen erteilt. Das Er= worden, ſo daß die ganze Strecke von Bozen bis Cortina
dAm=
gebnis war nach einundeinhalbjährigem Unterricht nach dem amtlichen
Protokoll für Stolze=Schrey nicht ausreichend”, für Nationalſtenographie ſtrozza und Mendel-Madonna di Campiglio dem Reiſeverkehr
dagegen „gut”. Ueber den Verlauf des Vergleichskurſus im einzelnen,
Den Meldungen über Einführung der Kurzarbeit ſtehen im der ſo erfolgreich für das jüngſte und modernſte deutſche
Kurzſchrift=
ſtſtem beendet wurde, berichtet eine Denkſchrift, die der Neichsbund für
Nationalſtenographie an Hand des amtlichen Materials herausgegeben
hat. Der Reichsbund für Nationalſtenographie feiert im September
dieſes Jahres in Potsdam das Feſt ſeines 25jährigen
Be=
ſtehens, zu dem die Schule ſchon ſeit Monaten rüſtet. Als jüngſtes
Syſtem hat die Nationalſtenographie ſchon nach wenigen Jahren ihres
Beſtehens die bis dahin beſtehenden Syſteme mit Ausnahme vun Ga= auſtaltungen: ſo findet in Baden=Baden vom 10. bis 15.
belsberger und Stolze=Schrey weit überholt und iſt an die dritte Stelle Juli das große Automobiltournier ſtatt, vom 10. bis 28. Juli
unter den deutſchen Kurzſchriftſyſtemen gerückt, die es auch heute noch
einnimmt.
— Die Millionen=Note. Die Geldmaſchine wirft nun ihren neueſten veranſtaltet am 14. und 15. Juli ein Oberrheiniſches Kirchen=
Trumpf auf den Tiſch: der Millionenſchein iſt auf dem Marſch, muſikfeſt, Bad Dürrheim am 21. Juli einen Heimattag des
Als kleiner Vorläufer kam die Halbmillionennote am Freitag heraus. Trachtenvereins Schwarzwald anläßlich des 100jährigen Jubi=
Der Druck der neuen Noten zu 1 Million Mark wird mit größter läums der Saline; in Bruchſal findet im September eine
Beſchleunigung ausgeführt; immerhin wird bis zu ihrer Ausgabe noch große landwirtſchaftliche und gewerbliche Ausſtellung ſtatt;
Hei=
einige Zeit vergehen. Die Noten zu 500 000 Mk. tragen das Datum
des 1. Mai 1933. Sie ſind B5maltn0 Millmeter groß und auf weißem delberg nimmt ſeit 5. Juli ſeine berühmten Schloßbeleuch=
Papier gedruckt. Auf der Vorderſeite befindet ſich rechts ein 40 Milli= tungen wieder auf. In Karlsruhe dauert die große deutſche
meter breiter, nur mit einem länglichen grünen Linienmuſter belegter Kunſtausſtellung für freie und angewandte Kunſt noch bis in den
Schaurand, der bei der Durchſicht das von den Banknoten zu 500 Mk. Oktober, und vom 22. Sept. bis 26. Okt. findet eine „Karlsruher
her bekannte Waſſerzeichen zeigt. Das Druckbild der Vorderſeite wird Herbſtwoche”, mit künſtleriſchen, kulturellen, wirtſchaftlichen und
von einem grünlichen Zierrand eingefaßt. Die Mitte des netzartigen,
tetes Linienmuſter in eirunder Form, das an den Seiten zwei einander Aufführungen des Volksſchauſpiels „Foſeph und ſeine Brüder”;
zugekehrte männliche Kopfbildniſſe in graugrüner Farbe umſchließt. Auf
der Nückſeite befindet ſich links eine 40 Millimeter breite unbebruckte in Säckingen finden bis Ende Juli die „Schloßſpiele” ſtatt;
Fläche mit blauer Stoffauflage und purpurroten Faſern. Das von Singen=Hohentwiel veranſtaltet vom 24. Juli bis 26.
einem ſchmalen Zierrand eingefaßte Druckbild zeigt in einem grau= Auguſt „Hohentwieler Feſtſpiele”, Schwetzingen an
Sonn=
grünen, nach außen in rotbraunen Strahlen verlaufenden netzartigen und Feiertagen Schloßpark=Freilichtſpiele, und in Triberg
Frisgrunde den Reichsadler, in den Farben gelbbraun bis dunkeloliv= findet im September das 50jährige Jubiläum der
Schwarzwald=
grün ſpielend. Oben und unten in der Mitte ſteht die rotbraune bahn ſtatt.
Reihenbezeichnung und Nummer. Dazwiſchen in grünſchwarzem Druck
die Beſchriftung. Die vier Ecken ſind mit der bogenförmigen
gekrümm=
ten Wertzahl 500 000 ausgefüllt. — Die Reichsbanknoten zu einer eröffnet die ſchweizeriſche Poſtverwaltung auf der Strecke Ein=
Million Mark tragen auf der Vorderſeite einen Frauenkopf. Sie ſiedel—Oberiberg einen neuen Kraftwagenkurs mit
offe=
ſind im ganzen etwas größer als die Noten zu 500 000 Mk. und in ihrer nen Wagen. Die Kurſe verkehren täglich dreimal in jeder Rich=
Grundfarbe etwas dunkler gehalten. Zeichnung und Ausführung der tung, ſo daß die beliebten Kurorte Unteriberg und Oberiberg
neuen Noten dürften allgemeinen Beifall finden.
n. Neu=Iſenburg, 9. Juli. Aufklärung hat neuerdings das Ende
Mai 6. J. unter auffälligen Umſtänden erfolgte Ableben einer hieſigen
Arbeitersfrau gefunden. Während damals ihr Mann die anſcheinend
Schwerkranke mittels Wagens ins Frankfurter Krankenhaus bringen
wollte, verſtarb ſie auf dieſer Fahrt. Der Sektionsbefund deutete auf
Abtreibung hin, und durch die Ermittelungen der Staatsanwaltſchaft
Darmſtadt konnte nunmehr feſtgeſtellt werden, daß eine bieſige Frau
Müller, geborene Herold, gegen Entgelt den verhängnisvollen Eingriff
bewirkt hat. Der Ehemann der Verſtorbenen mußte ihr dafür 35000
Mark entrichten und wird wegen Beihilfe aus 8 218 St.=G.=B. zur
Ver=
antwortung gezogen. Die M. iſt wegen Verbrechnes nach 8 219 St.=G.=B.
in Unterſuchungshaft genommen und legte ein Geſtündnis des
erwähn=
ten Falles ab. Sonſtige Fälle leugnet ſie, doch liegt der Verdacht
wei=
terer Tätigkeit nahe und ſoll die Staatsanwaltſchaft derartige Spuren
verfolgen.
Reich und Ausſand.
Aus der Reichshauptſtadt.
— Näuber im D=Zug. Ungewöhnlich reiche Beute machten
internationale D=Zug=Diebe auf dem Anhalter Bahnhof. In
einem Abteil 2. Klaſſe des nach Holland fahrenden Zuges hatte der
Vertreter einer Zigarettenfabrik Platz genommen. Er hatte ſeinen
Koffer, der unter anderem einen Scheck über 14822 holländ.
Gulden enthielt, in das Gepäcknetz gelegt und war dann für einen
Augenblick auf den Gang hinausgetreten, um nach einem Bekannten zu
ſehen. Kaum hatte er das Abteil verlaſſen, als in dieſem ein Gedränge
und Lärm entſtand. Er konnte nur hören, daß man einen Dieb auf
friſcher Tat ertappt habe: Selbſt ſein Abteil aufſuchen konnte er infolge
des Gedränges nicht. Erſt als einige Perſonen, darunter auch Frauen
das Abteil verlaſſen hatten, konnte er ſeinen Platz einnehmen. Jetzt
mußte er zu ſeiner größten Ueberraſchung feſtſtellen, daß ſein Koffer
aus dem Gepäcknetz verſchwunden war. Der ganze Lärm
und das Gedränge waren von der Bande internationaler Taſchendiebe
künſtlich hervorgerufen worden. Als er ſich jetzt nach ſeinen
vermeint=
lichen Reiſebegleitern umſehen wollte, waren dieſe mit der reichen Beute
verſchwunden. Der Guldenſcheck iſt von der Filiale in Dresden der
Darmſtädter und Nationalbank auf eine Rotterdamſche Bankvereinigung
ausgeſtellt. — Reiche Beute machten Taſchendiebe wieder im
Auto=
omnibus E. Einem Herrn aus Kölln, der hier geſchäftlich zu tun
hatte, wurde die Brieftaſche geſtohlen, die außer einem
Perſonalaus=
weis auf den Namen Heinrich Gellert echte Perlen, Smaragden u. a.
Edelſteine im Werte von mehreren Millionen Mk. enthielt. — Auf der
Straßenbahn wurde einem Herrn in der Nähe des Bahnhofs
Tiergarten die goldene Uhr mit Schweizer Werk im Werte von etwa
10 Millionen Mk. geſtohlen. — Ein Glaſermeiſter aus der Motzſtraße
büßte auf der Untergrundbahn nach dem Zoo ſeine doppelkapſelige
Her=
renuhr mit Glashütter Werk im Werte von 6 Millionen Mk. ein. —
Auf dem Bahnhof Geſundbrunnen wurde einem Lokomotivführer die
Uhr geſtohlen.
— Heirat unter falſchem Namen. Schutzpoliziſten
ver=
hafteten in ſeiner Laube der Treptower Kolonie Immergrün in der
Boucheſtraße den 56jährigen Photographen Guſtav Kolbe, der im
poli=
zeilichen Fahndungsblatt ſeit September 1919 wegen Urkundenfälſchung
und Unterſchlagung geſucht wurde. Er war damals in einem
Waren=
hauſe in Harburg a. d. Elbe tätig und fälſchte einen Scheck über 5000
Mk. auf den Namen des Geſchäftsinhabers. Ein Kollege ſollte den
Scheck einlöſen, wurde aber dabei abgefaßt. Kolbe flüchtete nach
Ham=
burg, fälſchte ſeinen Taufſchein auf den Namen „Wiolburg”, kam
ſpä=
ter nach Berlin und heiratete eine jetzt 34jährige Magdalene C. Der
Schwindel wäre wohl noch lange nicht an das Tageslicht gekommen,
wenn nicht ein Verwandter, dem durch Zufall die Vermählten
vorge=
ſtellt wurden, auf den erſten Blick geſagt hätte: „Das iſt mein
Stief=
bruder Guſtav Kolbe!‟ Der Verhaftete geſtand erſt nach langem
Leug=
nen und verfiel dann in ſchwere Krämpfe, ſo daß die Vernehmung
abgebrochen werden mußte. Die Ehefrau will die Nichtigkeit der Ehe
beantragen, da ſie nach ihrer glaubhaften Angabe von den Fälſchungen
des Mannes, den das Alter nicht vor Torheit ſchützte, nicht das
Ge=
ringſte gewußt hat.
Ein Haus der Architekten. Die Militärtechniſche
Aka=
demie, unter dem alten Kaiſer Wilhelm I. als Artillerie= und
Ingenieur=
ſchule gebaut, wird demnächſt der Techniſchen Hochſchule ganz für
Unter=
richtszwecke einverleibt werden. Durch die Einbeziehungen des großen
Gebäudes in der Faſanenſtraße kann die Raumnot der überfüllten
Hochſchule etwas gelindert werden. Zurzeit ſind in der alten Akademie
einige Näume im Südflügel von einer Militärkommiſion der Entente
belegt. Das ſeit Jahren immen wieder vergebens aufgeſtellte.
Bau=
programm der Hochſchule konnte nunmehr unter Mitwirkung des
Dezernenten der preußiſchen Bau= und Finanzdirektoren,
Regierungs=
baumeiſter Dr. Kuhberg, zu einem endgültigen Ergebnis gebracht
wer=
den. Dem eben ſcheidendenRektor, Regierungsrat Profeſſor Blunck,
iſt es gelungen, die Architekturabteilung der Hochſchule zu veranlaſſen,
geſchloſſen in die Militärtechniſche Akademie hinüberzuziehen:
Nener Abſturz von der Zugſpitze.
Von einer Partie von drei Herren, die am 3. Juli in der
Höllen=
talhütte übernachtet hatten und am Mittwoch nach der Zugſpitze weiter
wollten, ſtürzte der zuletzt Gehende, ein Schloſſermeiſter aus Berlin,
20 Minuten oberhalb der Höllentalhütte etwa 60 Meter ab. Er wurde
von zufällig des Weges kommenden Partenkirchener Führern nach der
Höllentalhütte gebracht und ſtarb unterwegs. Die beiden
vorausgehen=
den Herern hatten ſich angeſeilt; für den letzten hatte das Seil nicht
mehr gereicht.
Eine blutige Familientragödie.
Würzburg. Eine blutige Familientragödie ſpielte ſich hier ab.
Die Frau des in weiten Kreiſen bekannten Subdirektors der
Stuttgar=
ter Lebensderſicherungsgeſellſchaft Herrmann kam auf die Polizei
und erklärte, ſie habe ſoeben zu Hauſe ihren Mann erſchoſſen. Die
Polizeibeamten fanden Herrmann in ſeiner Wohnung mit einer Kugel
im Kopf in ſeinem Blute liegend. Der Schwerverletzte wurde in das
Luitpold=Krankenhaus verbracht. Der Grund zu der furchtbaren Tät
dürſte in tiefgehenden Ehezerwürfniſſen zu ſuchen ſein, die vor nicht ſehr
langer Zeit auch dazu geführt haben ſollen, daß der einzige Sohn, ein
hoffnungsvoller Student, den Tod im Main ſuchte.
Für die Reiſe.
— Der Kraftwagenverkehr inden Dolomiten.
Die für den Vergnügungskraftwagenverkehr ſo wichtigen
Hoch=
ſtraßen durch die Südtiroler Dolomitenwelt ſind, wie aus Bozen
gemeldet wird, ſeit kurzem auch in den Hochregionen fahrbar
ge=
pezzo mit den Verbindungen nach Toblach, San Martino di
Ca=
offenſteht. Am 15. Juli werden auf dieſen Strecken auch die
fahrplanmäßigen Autofahrten aufgenommen, von denen
Teil=
ſtrecken bereits heute verkehren. Auskünfte durch die
Fremden=
verkehrskommiſſion in Bozen.
RDV. Badiſche Veranſtaltungen im Sommer
1923. Baden plant für dieſen Sommer eine Reihe von
Ver=
die Richard Wagner=Feſtſpiele und vom 24. Auguſt bis 2.
Sep=
tember die großen internationalen Rennen. Badenweiler
ſportlichen Veranſtaltungen und Ausſtellungen ſtatt.
Oetig=
braunrot und grünen Unterdrucks zeigt ein mehrfarbiges, reichverarbei= heim veranſtaltzet jeden Sonn= und Feiertag bis in den Oktober
S.V.Z. Neuer Poſtkraftwagenkurs. Am 1. Juli
ſehr gute Verbindungen mit der Oſtſchweiz erhalten. Damit
wird einem lang gehegten Wunſche der Hotellerie und der
Rei=
ſenden entſprochen.
Raue
Sommerſpielzeit Br. Harprecht (Kleines Haus), abends
4 Uhr: „Der
7½ Uhr: „Henne im Korb”. — Orpheum, abends 73
letzte Walzer”. — Union=, Neſidenz=, Zentral=Thegter, Palaſt=
Licht=
ſpiele: Kinovorſtellungen.
Dus. H. C Mitt füir Polätike.
Wirtſchaſt und Feuilleton: Rudolf Mauve; für Stadt und Land”,
„Reich und Ausland”: i. V.: Andreas Bauer; für den
Inſeraten=
teil: i. V.: Ad. Fleiſchmann, — ſämtlich in Darmſtadt.
Die hentige Aummer hat 6 Gelten.
[ ← ][ ][ → ]Darmſtädter Tagblatt
Dondelod
Wirtſchaftliche Rundſchau.
wb. Ein 20 Markſtück gleich 550 000 Mark. Der
An=
kauf von Gold für das Reich durch die Reichsbank und Poſt erfolgt vom
9. ds. Mts. ab bis auf weiteres unverändert zum Preiſe von 550 000
Mark für ein Zwanzigmarkſtück, 275 000 Mark für ein Zehnmarkſtück.
Für ausländiſche Goldmünzen werden entſprechende Preiſe gezahlt.
Der Ankauf von Reichsſilbermünzen durch die Reichsbank und Poſt
er=
folgt bis auf weiteres unverändert zum 11000fachen Betrage des
Nennwertes.
* Düſſeldorf=Ratinger Röhrenkeſſel=Fabrik
vorm. Dürr u. Co., Ratingen. Von den durch a. v. G.=V.=
Beſchluß am 23. 6. geſchaffenen 29 800 000 Stamm=Aktien bietet die
Ge=
ſellſchaft jetzt 6,8 Mill, den alten Aktionären zum Bezuge an. Auf
2 alte Stamm=Aktien à nom. Mk. 1000 entfällt 1 neue a nom. Mk.
1000 zu 2000 Proz. zuzüglich Bezugsrechts= und Börſenumſatzſteuer. Das
Bezugsrecht iſt unter Vermeidung des Ausſchluſſes bis einſchließlich 23.
7. auszuüben.
Deutſche Erdöl=A.=G. Die G.=V. der Deutſchen Erdöl=
A.=G. genehmigte die Umwandlung von 90 Mill. Namens=Aktien in
Inhaber=Aktien. Da 190 Mill. neue Namens=Aktien geſchaffen und mit
25 Prozent Einzahlung an die bekannte Gruppe begeben werden, ſo
wird das Aktien=Kapital der Dea ſich demnächſt aus 200 Mill. Namens=
Aktien und 250 Mill. Inhaber=Aktien zuſammenſetzen. Bezüglich der
Ver=
bindung mit der Zeche Graf Bismarck wurde nochmals hingewieſen,
daß deren Kohlen ſich zum Verſchwelen beſonders gut eignen und deren
Arbeits=Methoden ſich mit denen der Braunkohlen=Weiterverarbeitung
der Deutſchen Erdöl=A.=G. ergänzen. Die Abmachung mit Graf
Bis=
marck, über deren Durchführung die endgültigen Vereinbarungen noch
zu treffen bleiben, ſehen ein Zuſammengehen der beiden
Unternehmun=
gen in vertraglicher Form vor und würden überdies die Bismarck=
Kuxe in der Dea=Bilanz angemeſſen niedrig
ein=
ſtehen laſſen. Das Mehrheitsverhältnis erführe eine weitere
Stetigkeit dadurch, daß die Mehrheit der Kux=Inhaber von Graf
Bis=
marck für die im Umtauſch zu empfangenden Dea=Aktien eine
langjäh=
rige Sperre zugeſagt haben.
* Hageda Handelsgeſellſchaft Deutſcher
Apo=
theker Berlin. — A.=G. für pharmazeutiſche Bedarfs=
Artikel vorm. Georg Wenderoth, Caſſel. Die
Geſell=
ſchaft beabſichtigt die laut Beſchluß vom 28. 4. 23 ausgegebenen 80
Mill. Stamm=Aktien, die vorläufig mit 25 Proz. als Schutz=Aktien
ein=
gezahlt waren, nach erfolgter Vollzahlung zu verwerten; ein Teil ſoll
hierbei den alten Aktionären im Verhältnis 2:1 zum Bezuge
ange=
boten werden, während ein Ausgabekurs von zirka 3000 Proz. in
Ausſicht genommen iſt. Die a. o. G.=V. am 25. 7. ſoll ferner über
Er=
höhung des Aktien=Kapitals um 100 Mill. Beſchluß faſſen. Zurzeit
be=
ſtehen neben 80 Mill. mit 25 Proz. eingezahlten Stamm=Aktien 110
Mill. gleichberechtigte Stamm=Aktien Lit. A und B über deren
Verein=
heitlichung durch Beſeitigung der Bezeichnung Lit. A und B in der
G.=V. gleichfalls Beſchluß gefaßt werden ſoll. Außerdem ſind 6 Mill.
Vorzugsaktien mit zehnfachem Stimmrecht vorhanden. Die jetzt zur
Ausgabe gelangenden 100 Mill. neuen Aktien ſollen mit 25 Proz.
ein=
gezahlt werden und als Schutz=Aktien gleich den bisherigen 80 Mill.
der Geſellſchaft verbleiben. Betreffs der Gerüchte von einem
Zu=
ſammenſchluß mit der A.=G. für pharmazeutiſche Bedarfs=Artikel vorm
Georg Wenderoth, Caſſel, wird mitgeteilt, daß es ſich nur um eine
In=
tereſſenverknüpfung handele, doch ſtehe noch nicht feſt, auf welcher Baſis
die bisher geführten Verhandlungen weiter geführt werden. Die
Auf=
ſichtsratsſitzung der Wenderoth A.=G. wird vorausſichtlich eine
Erhöh=
ung des Aktien=Kapitals von 10 Mill. auf zirka 36 Mill. beantragen,
wobei den alten Aktionären ein Bezugsrecht im Verhältnis 1:1 zu
einem noch feſtzuſetzenden Kurſe eingeräumt werden ſoll und der Reſt
der neuen Aktien für die eventl. Intereſſenverknüpfung mit der Hageda
Verwendung finden wird. Der Geſchäftsgang bei der Hageda ſoll ein
günſtiger ſein.
h. Deutſche Steinzeugwarenfabrik für
Kanali=
ſation und Chem. Induſtrie, Friedrichsfeld in Baden,
Auf Antrag eines Aktionärs war nach Berlin eine außerordentliche
Generalverſammlung einberufen worden, die ſeinen geſtellten Antrag,
Aenderung der Zahl der Aufſichtsräte, gegen ſeine Stimmen ablehnte.
Darauf zog er ſeine weiteren Anträge, Zuwahlen zum Aufſichtsrat und
Umwandlung der 1,5 Millionen Mark Vorzugsaktien mit doppeltem
Stimmrecht in einfache Aktien, zurück. Der Aktionär hat nun die Koſten
der Generalverſammlung zu tragen.
Holzverkohlungs=Induſtrie, Konſtanz. Für das
abgelaufene Geſchäftsjahr gelangen ab 5. Juli 300 Prozent Dividende
pro Aktie zur Verteilung. Der Bilanz per 31. 3. 23 entnehmen wir
folgende Zahlen: Kaſſe, Bankguthaben und Wechſelbeſtand erſcheinen
mit einer Summe von 1 723 049 844, Debitoren und zwar
Tochterge=
ſellſchaften Mk. 1009 406 565, verſchiedene mit Mk. 3 219040 627,
ins=
geſamt Summe der Debitoren Mk. 4 228 447 192, Vorräte erſcheinen mit
Mk. 4 122 599 212, Effektenkonto inkl. Kautions=Effekten Mk. 2041 ſind
in Höhe von Mk. 25 743 204 ausgewieſen. Das Werk Lieſing ſteht
mit Mk. 683 200 zu Buch, Grundſtücke und Gebäude mit Mk. 73 151 477
Maſchinen und Apparate mit Mk. 15 668 949, Patent=Konto mit 1 Mk.
und Verſicherungsvorauszahlungs=Konto ebenfalls mit 1 Mk. Bei 130
Mill. Stamm=Aktien und 10 Mill. Vorzugs=Aktien ſind die offenen
Re=
ſerven mit Mk. 684 001 721 ausgewieſen. Kreditoren hatten zu fordern:
als Tochter=Geſellſchaften Mk. 70 481 442, als Verſchiedene Mark
8695 386 990 und Hypothekenſchulden Mr. 461 608, insgeſamt Summe
der Kreditoren Mk. 8 766 330 040. Abſchreibungen wurden in Höhe
von Mk. 3840 427 vorgenommen. Ein Beamten=Penſions=Reſerve=
Konto iſt mit Mk. 3 050 000 ausgewieſen, ein Arbeiter=Penſions=Reſerve=
Konto mit Mk. 2 500 000, Akzept=Verpflichtungen beziffern ſich auf 85
Mill., während ein Aval=Konto auf beiden Seiten der Bilanz mit Mk.
1409 564 114 erſcheint. Inkl. des Vortrages aus 1921/22 in Höhe von
Mk. 736 551 wird ein Brutto=Gewinn von Mk. 1950 336 191
ausge=
wieſen. Unkoſten erforderten Mr. 1442449 481, Abſchreibungen auf
Gebäude und Maſchinen Mk. 3 840 427, ſo daß ein Reingewinn in Höhe
von Mk. 504 046 280 erſcheint.
h. Maſchinen= und Werkzeugfabrik A.=G. vorm.
Auguſt Paſchen in Köthen. Die Geſellſchaft hat bei dem
Bank=
haus Philipp Climeyer in Dresden und bei B. J. Friedheim u. Co. in
Köthen eine Anleibe in Höhe von 20 Millionen Mark aufgenommen,
und zwar in 2000 Schuldverſchreibungen zu je 10 000 Mk. Die Anleihe
wird vom 1. d. M. ab zum durchſchnittlichen Diskont der Reichsbank,
höchſtens zu 20 Prozent, verzinſt. Außerdem erhält jede
Schuldver=
ſchreibung von je 10 000 Mk. als weitere Zinſen die Hälfte der auf je
10000 Mk. entfallenden Dividende, wenigſtens jedoch 10 Prozent. Die
Anleihe iſt bis zum Jahre 1935 unkündbar und von da ab zu 200
Pro=
zent rückzahlbar. Das Uebernahmekonſortium hat ſich bereit erklärt,
den Aktionären der Geſellſchaft auf je 1000 Mk. Aktien nom. 10 000 Mk.
Teilſchuldverſchreibungen zu 500 Prozent franko Zinſen zuzüglich der
Börſenumſatzſteuer zur Verfügung zu ſtellen. Diefenigen Aktionäre,
die die auf ihre Aktien zur Verfügung geſtellten
Teilſchuldverſchreibun=
gen erwerben wollen, haben den Gegenwert dieſer unter Vorlage der
Aktienbündel bei den genannten Bankhäuſern einzuzahlen.
E-d- Union, Deutſche Verlagsanſtalt, Stuttgart,
Der Rohgewinn bei der Union, Deutſche Verlagsanſtalt, Stuttgart und
Berlin, beträgt 281,72 Millionen Mark, allgemeine Unkoſten 195,41
Mil=
lionen Mark, Reingewinn 75 925 214 Mk., Gewinnantei;, 15 040 Mk. an
je 3500 Aktien zu je 1000 Mk. und 3760 Mk. an je 3500 junge Aktien.
Die ſtarke Teuerung mit ihren Folgen machte ſich nach dem
Geſchäfts=
bericht auch beim Verlagsbuchhandel fühlbar; dennoch waren die
geſchäft=
lichen Betriebe bis jetzt in normaler Weiſe beſchäftigt. Auch die
Ber=
liner Abteilung arbeitet im neuen Geſchäftsjahr zufriedenſtellend. In der
Vermögensaufſtellung ſind Verlagswerke und Vorräte mit 168 Millionen
Mark bewertet. 162 Millionen Mark Außenſtänden ſtehen bei 7
Millio=
nen Mark Aktienkapital 5½ Millionen Mark offene Rücklagen und 242
Millionen Mark Verpflichtungen gegenüber.
* Die Lage des amerikaniſchen Eiſen= und
Stahl=
marktes. Das amerikaniſche Fachblatt Iron Trade Review,
Cleve=
land, Ohio, kabelt über die Lage des amerikaniſchen Eiſen= und
Stahl=
marktes: Die Erzeugung hält ſich auf der bisherigen Nekordhöhe.
Je=
doch ſind die Käufer im Abſchluß neuer Geſchäfte noch zurückhaltend.
Die Juni=Roheiſenproduktion betrug 3 673000 Tonnen bei 324 unter
Feuer ſtehenden Hochöfen. Die Produktion Januar bis Juni war
20 834 000 Tonnen. Die Exportziffer für Mai ſtellte ſich auf 195 000
Tonnen, die Importziffer auf 75 000 Tonnen einſchließlich 39 000
Ton=
nen Roheiſen, wovon 25 000 Tonnen auf England entfallen. Toronto
fragt 250 Meilen Rohrleitung an. Eine Geſellſchaft aus Texas kaufte
75,000 Normalkiſten Weißbleche. Der wachſende Wettbewerb der
Hoch=
ofenwerke führt zu Preisſenkungen. Baſiſches Valley=Eiſen wird zu
25,50 Dollars, nördliches Gießerei=Eiſen zu 27 bis 28 Dollars verkauft.
Die Stahlpreiſe ſind dagegen feſt, der Ferromanganmarkt unverändert
ruhig. Für das dritte Quartal liegen umfangreiche Anfragen vor. Die
Weißblech= und Feinblechwerke nehmen die übliche ſommerliche
Betriebs=
einſchränkung vor.
9. Zuli 1923 Nr. 187
* Chemiſche Fabrik Dr. H. Sander u. Co., A. G. in
Emden. Die außerordentliche Generalverſammlung vom 15. Juni
beſchloß, zur Erweiterung der Fabrikationsbaſis das Aktienkapital um
nom. 20 Millionen Mk. zu einem vom Aufſichtsrat noch feſtzuſetzenden
Ausgabekurs zu erhöhen. Die Verwaltung teilt uns mit, daß der
Ge=
ſchäftsgang ein befriedigender iſt und die Geſellſchaft wertvolle Patente
und Verfahren erworben hat, deren Ausnützung eine günſtige
Einwirk=
ung auf die Enttvicklung des Unternehmens verſpricht.
Verſicherungsweſen.
* Rheinland=Konzern. Nach dem der am 30. Juni d. J.
ſtättgefundenen Generalverſammlung der Feuerverſicherungsgeſellſchaft
Rheinland A.=G. in Neuß vorgelegten Geſchäftsbericht für das 43.
Ge=
ſchäftsjahr der Geſellſchaft hat die Geſellſchaft in den von ihr
betriebe=
nen Geſchäftszweigen (Feuer=, Haftpflicht=, Unfall= Einbruchdiebſtahl=,
Glas=, Waſſerleitungs= und Aufruhrſchäden=Verſicherung) recht
erfreu=
liche Fortſchritte gemacht. Die Generalverſammlung genehmigte die
vorgelegte Bilanz und beſchloß gemäß dem Antrage des Vorſtandes und
Aufſichtsrate eine Gewinnbeteiligung von Mk. 200 für die Aktie (Mk. 65
i. V.). Neugewählt wurden in den Aufſichtsrat die Herren
Rechtsan=
walt Dr. jur. Brockmann, Düſſeldorf; Karl Cuſtodis, Rechtsanwalt,
Köln, Königl. Konſul Dr. Dicken, Düſſeldorf; Amtsgerichtsrat a. D.
Dr. jur. Oſter, Köln; Kaufmann Hermann Werhahn, i. Fa. Wilhelm
Werhahn, Neuß. Den Aufſichtsrat bilden nunmehr die Herren: Wilh.
Thywiſſen, Beigeordneter und Ehrenbürger der Stadt Neuß,
Vor=
ſitzender; Johs. Elkan, Bankdirektor a. D., Köln, ſtellv. Vorſitzender;
Franz Brandts, Fabrikbeſitzer, M.=Gladbach; Dr. jur. Brockmann,
Rechtsanwalt beim Oberlandgericht, Düſſeldorf; Joſef Broich, Dipl.=
Landwirt, Präſident des Trieriſchen Bauernvereins, Schloß Niederweis
bei Bitburg; Dr. J. v. Canſtein, Herzogl. Arenbergſcher
Hofkammer=
rat, Düſſeldorf, C. Cuſtodis, Rechtsanwalt, Köln; Dr. jur. Dicken,
Rechtsanwalt, Düſſeldorf; „Joſef van Endert, Kaufmann und
Handels=
gerichtsrat, Neuß; Dr. jur. H. Hellekeſſel, Juſtizrat, Bonn; Louis
Kukuk, Nentner, Roggendorf bei Engers a. Rh.; Dr. jur. M. Oſter,
Amtsgerichtsrat a. D., Köln; Eduard Quack, Rentner, M.=Gladbach;
Hermann Werhahn, Kaufmann, Neuß und die Betriebsratsmitglieder
Franz Keſſel und Martini Plum, beide zu Neuß.
Verſicherungsweſen.
h. Badiſche Aſſekuranz=Geſellſchaft A. G.,
Mann=
heim. Der 82. Rechnungsabſchluß für das Geſchäftsjahr 1922 zeigt
eine große Steigerung der Prämieneinnahme gegen das Vorjahr, die
aber zum größten Teil auf die Geldentwertnug zurückzuführen iſt. Es
war aber auch möglich, die Geſchäftsverbindungen zu erweitern und
dadurch neue Einnahmequellen zu erſchließen. Die Prämien=Einnahme
beträgt 1041 564 075 Mk. An Rückverſicherungsprämien wurden
ver=
ausgabt 406 959 902 Mk. Auf die Nettoprämien=Einnahme werden 310
Millionen Mk. in Reſerve geſtellt für bereits bekannte, aber nicht
be=
zahlte Schäden und für unvorhergeſehene Fälle. Die Schadenzahlungen
erforderten 198 276 305 Mk. Die Geſamtunkoſten ſind bedeutend
geſtie=
gen. Die Wertpapiere erſcheinen mit 25 442385 Mk. in der Bilanz.
Das Hypothekenkonto beträgt 2 119600 Mk. Der Reingewinn beläuft
ſich auf 28027 086 Mk. Ueber das neue Geſchäftsjahr iſt nichts zu
be=
merken. Die im vorigen Jahre geäußerten Bedenken beſtehen in
ver=
ſtärktem Maße fort. Im November vorigen Jahres wurde durch die
Geſellſchaft eine neue Verſicherungsgeſellſchaft unter der Firma
Schiff=
fahrt=Aſſekuranz=Geſellſchaft A. G. gegründet. Nach dem bisherigen
Verlauf des Geſchäfts dieſer Geſellſchaft darf auf eine gedeihliche
Ent=
wicklung gerechnet werden. Die Generalverſammlung genehmigte den
Abſchluß, wonach 250 Mk. pro Aktie an Dividende zur Ausſchüttung
kommen. 1 Million Mk. werden der Deutſchen Volkshilfe überwieſen,
4,2 Millionen Mk. für Körperſchaftsſteuer zurückgeſtellt und 18,79 Mill.
Mk. auf neue Rechnung vorgetragen. Die ausſcheidenden
Aufſichtsrats=
mitglieder, Handelskammerpräſident Richard Lenel und Alexander
Wer=
ner, beide in Mannheim, werden wieder= und Dr. Erich v. Maher neu
in den Aufſichtsrat gewählt.
h. Deutſch=Rumäniſche Wineralöl A.=G., Kaſſel.
Die Geſellſchaft beantragt Kapitalserhöhung um 45 auf 75 Mill. Mk.
Davon ſollen 30 Mill. Mk. den alten Aktionären im Verhältnis von
1:1 zu 525 Proz. angeboten, der Reſt im Intereſſe der Geſellſchaft
ver=
wertet werden. Der Geſchäftsgang wird als günſtig bezeichnet.
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9. Juli 1923 Nr. 187
Jugendkämpfe in Darmſtadt. — Dianarennen in Hoppegarten. — Neuer Rekord in München. — Erfolge deutſcher
Schwimmer in Gothenburg. — Nennen in Berſin und Frankfurt.
Sportplatzwerbetag.
Glühende Sommerſonnenhitze liegt auf dem Aſphaltpflaſter der
Stadt. Die Sonne ſcheint jetzt durch Verdoppelung ihrer
Strahlen=
energie das nachholen zu wollen, was ein kalter Vorſommer verſäumt
hat. Alles flüchtet vor der ungewohnten Hitze in die kühlſten
Innen=
räume, die Straßen ſind faſt menſchenleer, vereinzelte Spaziergänger
halten ſich dicht an die ſchattenſpendenden Häuſerreihen. Leer, in
flim=
mernder Sonnenglut, liegt der Plätz vorm Landesmuſeum, nur im
Schatten der Bäume einzelne Paſſanten. 11 Uhr vormittags. Das
Bild ändert ſich. Die Straße entlang ein Trupp Jungens, in weißem
Trikot, barhäuptig, die Beine entblößt, kommt im Laufſchritt angetrabt.
Wieder ein Trupp; von allen Seiten der Stadt her kommen ſie im
Dauerlauf, trotz der Hitze friſch und elaſtiſch. Und dann die
Haupt=
trupps, alle Sportler ſind vertreten: Turner, Leichtathleten, Fußballer,
Radfahrer, Fechter, Schwimmer, bis herab zur noch nicht ſchulpflichtigen
Jugend ſammelt ſich hier alles, was die Pflege der Leibesübungen auf
ſeine Fahne geſchrieben hat. Es iſt eine mächtige Kundgebung, die dieſe
krafterprobte und ſpieleifrige Jugend hier veranſtaltet. Aber was
wol=
len die vielen Hunderte, die hier verſammelt ſind und jetzt in
wohlaus=
gerichteten Reihen in ſtraffer Ordnung vor dem Portal des
Landes=
muſeums harren. Sie ſind in Not, in bitterer Not, und ſuchen Hilfe
und Unterſtützung. Sie kämpfen um ihre Geſundheit, ſie kämpfen um
die Zukunft und das Wohlergehen unſeres Volkes. Denn in unſerer
Jugend ſteckt der Kern, der ſich entwickeln ſoll und Früchte tragen, der
nicht verkümmern darf und erſtickt werden, ehe er ans Tageslicht kommt.
Unſere Jugend iſt durch die Entbehrungen des Krieges und der
Nach=
kriegszeit in ſchwerer Gefahr. Sie braucht Luft und Licht und Sonne,
damit ſie die Schäden wieder abwehren kann. Herr Dr. Friedrich,
der Vorſitzende des Ausſchuſſes für Leibesübungen, gibt als Arzt den
Forderungen der Jugend beredte Worte: Schafft uns Spielplätze, auf
denen wir turnen und ſpringen können, auf denen wir in reiner Luft
die Bruſt dehnen können. Hilfe tut dringend not. Der
Spielplatzwerbe=
tag vor zwei Jahren hatte nicht den erhofften Erfolg. Seither wurde
die leibliche Erziehung hinter der geiſtigen vernachläſſigt. Man meinte,
wenn jemand körperliche Leiſtungen verrichtet hätte, ſei er zu Geiſtigem
unbrauchbar. Im Gegenteil. Die körperliche Anſtrengung ſchafft neue
Anregung für Geiſtesſchaffen; nur wenn der Körper geſund iſt, kann
ihm auch ein geſunder Geiſt innewohnen. Darum brauchen wir
Spiel=
plätze, auf denen eine geſunde körperliche Ausbildung gebflegt wird.
Die Tuberkuloſe, jenen furchtbaren Feind unſerer Volksgeſundheit,
be=
kämpfen wir am beſten, indem wir die jugendlichen Körper
widerſtands=
fähig machen; die Schaffung von Spielplätzen iſt das wirkſamſte und
ſicherſte Mittel. Gerade für unſere Kleinſten ſind noch faſt gar keine
Spielplätze vorhanden, gerade für unſere Jugend ſoll hier in erſter
Linie geſorgt werden. Wehe dem Volk, das die Not nicht erkennt und
die Wege nicht weiß, die über den Abgrund führen! Die Turn= und
Sportbewegung hat in langen Jahren mühevoller Arbeit den Weg
ge=
bahnt. Wenn wir keine Unterſtützung durch Staat und Stadt finden,
bann verkümmert die Bewegung in ſich ſelbſt; die Folgen aber werden
unüberſehbar und unendlich traurig ſein. Darum unterſtützt uns in
anſerer Arbeit zum Segen unſerer Jugend und zum Heil unſeres Vol=
Tes. — Im Namen des Landesamtes für das Bildungsweſen und des
Staatsminiſteriums antwortete Herr Direktor Haſſinger: Durch
Einführung der Spielnachmittage an allen Schulen des Landes haben
wir Ihre Beſtrebungen ſchon zu fördern geſucht, und wir werden
fort=
fahren zu helfen, ſoweit es die finanziellen Verhältniſſe des Staates
und der Kommunen erlauben. Wir kennen Ihre Beſtrebungen und
fördern ſie gern. Daß das letzte deutſche Wort und das letzte deutſche
Lied noch nicht verklungen iſt, das iſt nicht zum letzten ein Verdienſt
der Turnvereine. Und auch die Sportvereine haben die Arbeit in
die=
ſer Richtung aufgenommen. Gut Heil! — Im Namen der Stadt ſprach
Herr Beigeordneter Daub, deſſen verſtändnisvolle Worte in ein
drei=
faches Hoch dem Vaterlande ausklangen. Mit den Zuſicherungen der
Behörden hatte die Demonſtration ihren Zweck erfüllt. Unter frohen
Marſchklängen marſchierte man jetzt durch die Rheinſtraße,
Wilhel=
minenſtraße nach dem Bismarckdenkmal, wo der Zug ſich auflöſte. Die
gut ausgerichteten Reihen machten einen vorzüglichen Eindruck.
Leichtathletik.
Die Jugendkämpfe des Sportvereins Darmſtadt 1898
ſeigten einen ſehr guten Durchſchnitt und ganz hervorragende
Einzel=
eiſtungen. Die dreimal 200 Meter= und die dreimal 1000 Meter=
Staffel erzielten ganz vorzügliche Zeiten, auch die Kurzſtrecken ſind
zei der Jugend der Kämpfer ſehr beachtenswert. Ein Hochſprung von
,57 Meter iſt für einen noch nicht 20 Jahre alten eine vorzügliche
Leiſtung.
Sieger=Liſte
ür die Sugend=Wettkämpfe des Sportvereins Darmſtadt 1898
am Sonntag, den 8. Juli 1923 im Stadion am Böllenfalltor.
50 Meter (07/08): 1. Kaufmann, Tv. 46, Mannheim, Zeit: 7:
. Schütter, Heidelberg, 1 Mtr. zurück; 3. Kaufmann, Eintracht,
Frank=
urt am Main.
100 Meter (05/06): 1. Kirchheimer, V.f.R., Mannheim, Zeit:
2: 2. Leſacker, Tv. 46, Mannheim, 12,1; 3. Riethmüller, V. f. R.,
Heilbronn, 12,3.
400 Meter (03/04): 1. Bauer Otto, (D. J.K. Sachſenhauſ.), Zeit:
53 2. Truchſeß, Heilbronn, 55,1; 3. Stein, Heilbronn, 56.
300 Meter (0708) 1. Kaufmann, Tv. 46, Mannheim. Zeit:
0,8; 2. Schutte (Bruſt=Breite), T.G. 78, Heidelberg; 3. Immel, T.G.
Darmſtadt 46, 50 Mtr. zurück.
1500 Meter (0506): 1. Kaſt, Tv. 46, Mannheim, Zeit: 4:40;
2. Hamſchuh, Spp. D. 98, 35 Mtr. zur. 3. Steinmetz, M.T. G., 65.
3000 Meter (0304): 1. Harres, Spb. D. 98, Zeit: 8:51.6; 2.
Sturm, V.f.R., Heilbronn, 150 Mtr. zur.; 3. Scheiper, V.f.R.,
Darm=
tadt, 250 Mtr. zur.
Ballwerfen (0708): 1. Gräſer, Spv. 98, Darmſtadt, Leiſtg.:
4,60; 2. Immel, T.G. 46, Darmſtadt, 73,80; 3. Schwaller, Eintracht,
Frankfurt, 66,95.
Kugelſtoßen (05/06): 1. Köppen, M. T. G., Mannheim, 11,30
Ntr.; 2. Tſcherter, Eintracht, Frankfurt, 10,60 Mtr.; 3. Riethmüller,
zeilbronn, 10,48 Mtr.
300 Meter (05/06): 1. Meiſel, V.f.R., Mannheim, 39,4; 2.
Zärwind, V.f.R., Mannheim, Bruſt; 3. Kögel, M. T. G., Mannheim,
Mtr. zur.
Hochſprung (05/06: 1. Bauer, Spp. D. 98, 157 Mtr.: 2.
voller, (Deutſche Jugendkraft, Sachſenhauſen), 150; 3. Köpper, M. T. G.
Weitſprung (07/08) 1. Heinzmann. M.T.G. Mannheim 5,37
Ntr.; 2. Ruſch, M. T. G., Mannheim, 5,13 Mtr.; 3. Immel, T. G. D. 46,
„13 Meter.
Dreikampf (0304), (Kugelſtoßen, Weitſprung. 100 Meter
auf): 1. Dahm, T.G. D. 45, 142 Punkte; 2. Göbel, Viktoria, Gries=
Die
Leiſt=
eim, 113; 3. Lotz, Sportvereinigung Arheilgen 107,5.
ngen der Sieger: Kugelſtoßen 10,28 Mtr., Weitſprung 6,03 Mtr.,
00 Meter: 25/4 Sek.
38200 Meter, Staffel (07/08): 1. V.f.R.. Heilbronn, Zeit:
:18,4; 2. Tv. 46, Mannheim, 5 Mtr. zur.; 3. M. T. G., 15 Mtr. zur.
3X1000 Meter Staffel (0506); 1. Eintracht, Frankfurt,
ſeit: 843,6: 2. Sportverein Darmſtadt, 25 Mtr. zurück; 3. T. G.D.,
jeitere 40 Mtr. zurück.
Schwedenſtaffel (05/06): 1. Tv. 46, Mannheim, Zeit: 2:11,8;
V.f.R., Heilbronn, 20 Mtr. zur.; 3. Eintracht, Frankfurt, 40 Mtr.
urück.
Olympiſche Staffel (03/04): 1. V.f.R., Heilbronn, Zeit:
:2,6; 2. Spp. D. 98, 4 Mannſch., 15 Meter zurück; 3. Spp. D. 98,
Mannſch., 50 Meter zurück.
Pferdeſport.
Rennen zu Hoppegarten.
Fallada gewinnt den Preis der Diana. 2000
Neter. 1. Sanders Fallada (Staudinger); 2. Aralinda; 3.
Pellar=
oni, 323:10; 82 13, 15810. Ferner: Ferrara, Novice, Iſchida,
Nortala, Liace, Dublone; Hals 1 L.
Das Rennen der Hengſte gewann Baſur (Geſtüt Weil) gegen den
Feinberger Palamedes und elf andere, während der kürzlich hinter
Lanelon zurückgebliebene Stapellauf überlegen den Hyon=Ausgleich
ewann.
Ein neuer Preis für die Baden=Badener Renuwoche.
tu. Köln, 8. Juli. Einen „Vierzig Millionen=Preis” für die
Hebung der Vollblutzucht hat, wie wir hören, die Kölniſch=Waſſerfabrik
A.G. in Köln, welche Inhaberin der Firma Johann Maria Farina
gegenüber dem Glogiusplatz iſt, geſtiftet. Derſelbe wird in der
Reun=
woche am 28. Auguſt ausgetragen.
Rad= und Krafifahren.
Rennen im Berliner Stadion.
tu. Berlin, 8. Juli. Im Stadion fand heute die Entſcheidung
des Allgemeinen Deutſchen Automobilklubs und des
Bundes D. Nadfahrer, im Kleinauto= und Motorrad= und im
Radrennen ſtatt. Im Endlauf um den Preis von Berlin des Bundes
Deutſcher Radfahrer ſiegten im Zweiſitzer=Radrennen Osmella=
Schorn=Köln, die die drei Runden in 3:292 Min, zurücklegten. Im
Endlauf im A. D. A. K.=Rennen, offen für Krafträder bis 150
Kubikzeuti=
meter Zylinderinhalt, über 10 Kilometer wurde Sieger Ahrens auf
„Buſſe” mit 6:31,4 Minuten. Das A.D.A.K.=Rennen für Krafträder
bis 4 Steuer=P8 (20 Kilometer) brachte Klein auf „Geko” mit 14:35,8
Minuten an die erſte Stelle. Den Bundespreis des B.D.R. im
Zehn=
kilometer=Rennen holte Osmella=Köln in 40 Minuten. Das A.D.
A.K.=Rennen über 16 Kilometer für Krafträder bis 250
Kubikzenti=
meter Zylinderinhalt gewann Graßmann auf „Dolf”, in 11:54,2
Minuten. Im Rennen über 20 Kilometer für Kraftwagen bis einſchl.
5 Steuer=PS des A.D.A.K. ſiegte Fettkenheuer auf „Bob” mit
13:28,6 Minuten. Den Endlauf des A.D.A.K. im Rennen für
Kraft=
räder bis 350 Kubikzentimeter Zylinderinhalt, Rennſtrecke 20 Kilometer,
beſtritt Ernſt auf „Adins” mit 14:089 Minuten. Das
Ausſchei=
dungsrennen des B. D.N. um den Preis des Stadions gewann Bahlke
in 7:17 Minuten. — Eingeſchoben wurde vom A. D.A. K. ein Großfahren
über 16 Kilometer, aus dem Ehrlich auf „Alſi” mit 12:42,5 Min.
als Sieger hervorging.
Rund um Frankfurt.
Die Vereinigung Frankfurter Bundesradfahrer=Vereinigung
veran=
ſtaltete auf einer 2398 Kilometer langen Strecke geſtern die bekannte
Wettfahrt rund um Frankfurt, die einen günſtigen Verlauf nahm. Im
weiteſten Punkte der Strecke erlitt Stroh einen Reifenbruch, den er
aber mit fabelhafter Geſchwindigkeit reparierte, ſo daß er nur 800
Meter verlor und ſeinen Platz in der Spitze bald wieder erreichte.
An=
geſichts ſeiner Heimatſtadt Ifenburg legte er einen Spurt vor, der ihn
an die Spitze bringt. Nachdem Iſenburg paſſiert war, wurde er
all=
mählich eingeſchloſſen. Es gelang ihm jedoch, ſich 50 Meter vor dem
Ziel heraus zu arbeiten und mit einer Radlänge zu ſiegen. Der Kampf
begann 800 Meter vor dem Ziel mit ungeheurer Schärfe, wie es bei
derartigen Rennen faſt noch nie geſehen wurde. Stroh, der auch im
vorigen Jahre das Rennen gewonnen hat, wurde mit dem
Lorbeer=
kranz geſchmückt und von ſeinen Klubkameraden lebhaft mit Ehrungen
ausgezeichnet.
Das Ergebnis: 1. Stroh, Germania=Frankfurt; 2. Kappenfuß,
Ber=
lin; 3. Geißner, Schweinfurt: 4. Kroll, Berlin: 5. Sachs, Schweinfurt;
6. Goetter. Gerolshofen; 7. Deibel, Gießen; 8. Kohl. Berlin; 9. Guckau,
Velozipedklub=Frankfurt: 10. Möller, Heidelberg; 11. Knappke
Germa=
nia=Frankfurt: 12. Schröck, Gerolshofen; 13. Krug, Gerolshofen; 14.
Wohlfarth, Iſenburg; 15. Wolf. Darmſtadt.
Berufsfahrer: 1. Michael, Berlin; 2. Deistorf. Berlin; 3. Franke,
Charlottenburg; 4. A. H. Huſchke, Berlin; 5. Kohl. Berlin; 6. Mantei,
Berlin; 7. Bremie, Leipzig; 8. Büttner, Neu=Köln: 9. Sievers,
Ber=
lin; 10. Zander, Straußberg; 11. Duſchinsky. Berlin: 12. Haſelmann,
Berlin; 13. Riemann, Berlin; 14. Aberger, Berlin (erlitt 3mal
Neifen=
ſchaden und wurde nicht plaziert).
Motorfernfahrt, veranſtaltet vom Frankfurter Motorradklub unter
Beteiligung von etwa 90 Fahrern, um Frankfurt, über 240 Kilometer.
Klaſſe bis 150 Kubikzentimeter: 1. Paul Koch auf Ema, 5.16.50,2;
Vollmer auf Ema; Betzler auf Ema; Rappold auf Hako. — Klaſſe
bis 250 Kubikzentimeter: Ludwig Jakobi a
f NSu.: 4:36:16; Otto
Meiſter auf NSU.: Fritz Pullig auf Hore
; Hans Wolf auf Rex.
Bis 350 Kubikzentimeter: Fritz Kleemann auf Horex 4:15300z
Wilhelm auf Neſtoria; Artur Dietz auf NSU.; Bohrmann auf Ardi.
— Bis 500 Kubikzentimeter: Hogel, München, auf Norton; 3:47;
Haus=
mann, Heidelberg, auf Viktoria: Gaßmann auf Lloyd.
— Bis 750
Kubikzentimeter: Gehl auf Wanderer, 5:24; Meier auf Triumph.
Ueber 750 Kubikzentimeter: Mettenheim auf NSU., 3.41 (Adac=Med.);
Lange auf Harley=Davidſon; Levin auf NSu.
Motorradbeiwagen: Rhein auf Mars, 5:15.19; Joſef. Link auf
NSü. (Defekt).
Wanderpreis für prozentual beſten Durchſchnitt: Högel auf
Nor=
ton (58,5 Proz.).
Turnen.
Turngemeinde Beſſungen 1865, e. V. Darmſtadt.
* Das am Samstag, den 8. ds. Mts., veranſtaltete Schau= und
Werbeturnen ſtand im Zeichen des Deutſchen Turnfeſtes in München,
ſollten doch an dieſem Abend die zur Teilnahme am 13. Deutſchen
Turn=
feſt auserwählten aktiven Turner und Turnerinnen vor der
Oeffentlich=
keit zeigen, daß ſie durch beharrliches Ueben und unermüdliches
Er=
proben der Kräfte die Befähigung erworben haben, ſich mit den aus
allen deutſchen Gauen in Bayerns Hauptſtadt zuſammenkommenden
Turngrößen meſſen zu können. Die ein rein turneriſches Gepräge
tra=
gende Veranſtaltung glich einer ernſten Turnſtunde, in der in raſcher
Folge alle Gebiete der modernen Turnkunſt durchgenommen wurden.
Eingeleitet wurde der Abend durch den Aufmarſch aller
Mitwirken=
den, 300 an der Zahl, die von der Singmannſchaft der Tam. Beſſungen
mit einem Turnerchor empfangen wurden. Der zweite Sprecher, Herr
Weimar, begrüßte die zahlreich zur Schau Erſchienenen und wies in
ſeiner von kerndeutſchem Empfinden diktierten Anſprache auf den hohen
ethiſchen und völkiſchen Wert des Turnens und auf die Bedeutung des
Abends im beſonderen hin. Er ſchloß ſeine mit großem Beifall
auf=
genommenen Ausführungen mit einem dreifachen „Gut Heil” für die
Erfolge der Münchenfahrer.
Die Turnfolge eröffneten die Kleinſten der Mädchengruppen mit
Frei= und Hüpfübungen, deren erfreuliches Gelingen von liebevoller
Hingabe der Turnleiter zeugte. Von den dann folgenden Freiübungen
und Turnſpielen der Knaben gefiel beſonders das mit luſtigen
Inter=
mezzi verbundene Tauziehen. Neizende rhythmiſche Schreit= und
An=
mutsbewegungen an der Schwebekante machten der Schülerinnenriege
alle Ehre. Im Mittelpunkt des Intereſſes ſtanden die von der
Mün=
chener Feſtleitung ausgedachten und zum Wettkampf vorgeſchriebenen,
z. T. recht ſchwierigen Kreisſondervorführungen und die Pflicht= und
Kürübungen der Wettkämpfer an den Geräten. Von den erſteren boter
die Stabübungen der Turner und die Keulenübungen der Turnerinnen
bei energie= und kraftvoller Ausführung anſprechende Momente, ebenſo
erfreuten die Wettkämpfer und rkämpferinnen mit gut geturnten
Uebungen an Reck und Barren, die jeder Bewertung ſtandhalten. Die
Nacktfreiübungen der Sportler ließen das Muskelſpiel der durch Sport
und Turnen geſtählten und geſund erhaltenen kräftigen Körper
be=
wundern. Bei den Pflicht= und Kürübungen an den Geräten bewieſen
die Ausführenden eine erſtaunliche Vielſeitigkeit und die hierbei von den
Wettkämpfern beiderlei Geſchlechtes geturnten Uebungen ſtanden auf
hoher Stufe. Die 1. Schülerriege am Barren und die Jugendturner
am Reck leiſteten Vorzügliches. Die im Frühjahr ſchon einmal
gezeig=
ten Münchener Freiübungen für weibliche Teilnehmer erfordern zu
ihrer Ausführung geiſtig und körperlich qualifizierte Darſteller, wenn
der Wert derſelben voll zur Geltung gebracht werden ſoll. Ein ganz
bedeutender Fortſchritt war ohne weiteres zu erkennen. Die
Turne=
rinnen haben ſich jetzt ganz in den Geiſt dieſer Uebungen hineingelebt
und mit ungezwungener Grazie geradezu poeſievolle Bildwirkungen
er=
zielt. Die den Schluß bildenden Frejübungen der Turner gaben
Zeug=
nis von ſtraffer Manneszucht. Für die Vorturnerſchaft des Vereins
bedeutet dieſe erfolgreiche Veranſtaltung einen Ehrenabend.
Turngemeinde Darmſtadt 1846.
* Den Münchenfahrern ſei mitgeteilt, daß der Sonderzug am
Donnerstag abfährt. Zwei Stunden vorher verſammeln ſich alle
Teilnehmer im Turnhaus am Woogsplatz. Näheres am ſchwarzen
Brett. Freitags früh wird von München aus eine
Tageswan=
derung unternommen, Ziel Kochelſee und Herzogſtand. Samstag
vormittag Beſuch der Vorführungen der Leipziger Muſterſchule von
Direktor Fritz Groh im Deutſchen Theater. Samstag abend
Begrü=
ßungs= und Feſtabend des 9, Turnkreiſes in der Halle des M. 2.V. 1879,
Häberlſtraße. Sonntag: Feſtzug und allgemeine Freiübungen der
Männer und Frauen; abends Zuſammenſein im Löwenbräukeller,
Dachauerſtraße. Montag ab früh 6 Uhr: Wettkämpfe, nachmittags
Turnen des 9. Kreiſes und der Altersriegen. Mittags 12 Uhr:
Ju=
gendfeierſtunde unter Leitung des Jugendwartes der D. T. Prof. Dr.
Neuendorff. Dienstag: Wettkämpfe. Nachmitkags:
Halbtagswan=
derung nach dem Starnbergerſee, Dampferrundfahrt. Ebenſo
Tages=
wanderung nach dem Chiemſee. Beſichtigung des Königsſchloſſes Fahrt
bis Prien. Abends Zuſammenſein in einem Lokal, welches in München
noch bekannt gegeben wird. Mittwoch: Entſcheidungskämpfe um
die Meiſterſchaften der verſchiedenen Zweige deutſchen Turnens.
Nach=
mittags: Maſſen=Nacktfrejübungen der Volksturner (Leichtathleten).
Abends 6 Uhr feierliche Siegerverkündigung aller Wettkämpfe an der
ſogen. Feldherrnhalle am Königsplatz. Donnerstag früh Abfahrt
nach Garmiſch und Wanderung zum Riſterſee und der Höllentalklamm.
Eine Gruppe von Turnern iſt bereits heute früh nach Garmiſch
abgedampft, um vor dem Feſte eine Hochgebirgswanderung zu
unter=
nehmen. Ziel: Zugſpitze über Knorhütte, Abſtieg nach der Wiener=
Neuſtädterhütte und dem Eibſee. Dieſe Gruppe trifft Freitags
abends=
vor dem Feſt in München zu den ſchon dort anweſenden Turnbrüdern
und =ſchweſtern.
Die Karten für das Nachtlager in München (Maſſenquartier in der
Kolumbusſchule) werden heute abend in der Turnhalle ausgegeben.
Bezirksturnfeſt des Arbeiterturn= und
Sport=
bundes am 21. und 22. Juli in Darmſtadt.
Am 21. und 22. Juli findet das Bezirksturnfeſt vom 1. Bezirk
des 9. Kreiſes vom Arbeiterturn= und Sportbund in Darmſtadt ſtatt.
Verbunden iſt dasſelbe mit der Feier des 25jährigen Beſtehens nebſt
Bannerweihe der Freien Turngemeinde Darmſtadt. Die Herrichtung
des Sportplatzes an der Windmühle war mit einer ungeheuren
Ar=
beitsleiſtung verknüpft, doch heute ſteht der Platz vollendet da. Um das
Fußballfeld, das als Freiübungsplatz benutzt werden wird, zieht ſich
eine Rundbahn von 360 Meter Länge, auf der einen Seite des Platzes
iſt eine Längsbahn von 100 Metern angelegt worden. Um die Anlage
gruppieren ſich Wurf= und Sprungſtellen. Die freie Turngemeinde
Darmſtadt hat ſich hier eine vorzügliche Sportſtätte geſchaffen. Die
Vorarbeiten der einzelnen Ausſchüſſe, können als erledigt betrachtet
werden.
Ein neuer beutfcher Rekord.
wb. Bei der Eröffnung des Deutſchen Turnfeſtes
in München, die mit Vorführung der Münchener
Turn=
vereine auf dem Feſtplatz an der Thereſienwieſe am Samstag und
„Sonntag begannen, vor einer viel tauſendköpfigen Menge ſtattfanden,
wurde unter anderem heute nachmittag bei ſtarker Hitze, bei einem
Rekordverſuch vom Turnverein 1860, München, in der 3mal 1000 Mtr.=
Staffel in 7:55,7 Min. (alter Rekord 7:56,6) ein neuer deutſcher Rekord
aufgeſtellt. Die Rekordmannſchaft beſtand aus: Schröter Karl,
Jenu=
wein und König.
Fußball.
Freie Turngemeinde Darmſtadt I—Freie
Turn=
gemeinde Pfungſtadt 1 3:1 (:1.
— Eckenverhältnis 4:3 für Darmſtadt. Das mit großer Spannung
erwartete Samstagabendſpiel iſt entſchieden, der tabellenletzte
Darm=
ſtadt ſchlug den Bezirksmeiſter der Sonderklaſſe Pfungſtadt mit 3:1.
Bei einigermaßen beſſerem Ausnützen aller Torgelegenheiten durch den
D.=Sturm hätte das Reſultat noch günſtiger geſtaltet werden können.
Spielverlauf: Dem Schiedsrichter, Polſter=Pfungſtadt, ſtellte ſich
Darm=
ſtadt ohne ihren Schmidt, der an einer alten Verletzung leidet. Der
Bezirksmeiſter iſt in kompletter Aufſtellung. Darmſtadt hat Anſtoß,
kommt gut durch, doch die gegneriſche Verteidigung fährt mit Wucht da.
zwiſchen. Nach kurzem Geplänkel liegt Pfungſtadt vor dem D=Tor,
und ein Mißverſtändnis der Verteidigung benutzend, kann es in der
4. Minute ſeinen erſten Erfolg buchen. Pfungſtadt führt 1:0. Doch
Darmſtadt läßt ſich nicht entmutigen, greift forſch an und hat auch ia
der Folge etwas mehr vom Spiel. Eine Ecke für D. bringt nichts ein=
Kurz darauf kommt die rechte Seite wieder gut vor, die Flanke vew
fehlt Pfungſtadts Torhüter, aber auf der Torlinie bleibt der Ball liegen.
Endlich beſinnt ſich der Mittelſtürmer und fpielt den Ball vollends über
die Linie. 1:1. Bei verteiltem Spiel erzwingt D. noch zwei, Pf. eine
Ecke. Dann iſt Halbzeit. Nach Wiederantritt wird das Spiel
ſpannen=
der und mit bedeutend mehr Schnelligkeit durchgeführt. Eine Ecke fir
Pf. führt zu keinem Erfolg. Wieder iſt es der kleine D. Rechtsaußen,
der eine heikle Situation vor dem Pf. Tor ſchafft. Die totſichere Sack,
wird unterbunden, der Elfmeter wird glatt verwandelt. Eine weiten
Ecke für Pf. endet ins Aus, auch eine ſolche für D. bringt nichts ein.
Das Spiel wird ſchärfer, doch bleibt es im Rahmen des Erlaubtell
Pf. will mit aller Gewalt ausgleichen. D. ſeinen Vorſprung verarch
ßern. Schließlich kann D. durch ein drittes Tor ſeinen Erfolg
ſichen=
ſtellen. Noch einen Elfmeter für Pf. wegen angeſchoſſener Hand, dan
mit Abſicht verſchoſſen wird, dann iſt Schluß. Bei Darmſtadt die
Hinte=
mannſchaft bis zur Läuferreihe ausgezeichnet, während der Sturm nos
zu wünſchen übrig läßt. Bei Pfungſtadt Torhüter, rechter Verteidiger
und Mittelläufer die Beſten. Schiedsrichter gut.
Schwimmen.
Weitere deutſche Erfolge in Gothenburg.
tu. Gothenburg. Der dritte Tag der Schwimmwettbewerbe
war gering an großen Ereigniſſen, abgeſehen von der Entſcheidung im
200 Meter=Freiſtilbewerb. Dieſer Wettbewerb war eine ſichere Beute
für Arne Borg 2:25,8, dem Heinrich mit 2:29,3 dichtauf folgte.
Dritter wurde Ake Borg in 2:35,8, denen der Engländer Nickin
und Benecke=Magdeburg erſt in weitem Abſtand nachkamen. Als
erſtes Ereignis des Tages wurde die 4mal100 Meter=Städteſtaffel
an=
geſehen, die in ihrem Verlauf jedoch nicht ſo ſpannend wurde, da die
beiden beſten Kämpen, Magdeburg und Budabeſt, wegen Frühſtarts
disqualifiziert wurden. Es ſiegt Stockholm mit 4:25.1 vor Köln
4:38,8 und Malmö 4:39. In den Vorläufen zum 400 Meter=
Bruſt=
ſchwimmen waren die Beſten wie folgt: Erſter Vorlauf: Sommer
6:44,4 vor Linders=Stockholm und Zenk. Zweiter Vorlauf: 1.
Rade=
macher=Magdeburg 6:40,4 vor Bähre=Hannober. Außerdem gelangte
der Vorlauf zum 100 Meter=Rückenſchwimmen zum Austrag. Hier
ge=
wann Fröhlich=Magdeburg 1:22,8 von Lindſtröm=Schweden 1:33,4
und Lund 1:35, ſowie im zweiten Lauf Barta=Budapeſt 1:20,4 vor
Stamper=Köln 1:24,2 und Linddal=Schweden.
Regatten.
Heilbronner Regatta.
w. Der Heilbronner Ruderklub „Schwaben” veranſtaltete die 26.
Heilbronner Ruderregatta. Die 16 Rennen verliefen, mit
Ausnahme eines Proteſtes, reibungslos. Durch das gänzliche Ausbleiben
der Vereine aus dem beſetzten Gebiet, vor allem Worms,
Ludwigs=
hafen, Rüſſelsheim und Frankenthal, büßten einzelne Rennen an
Inter=
eſſe ein, zumal unter den Mannſchaften der drei erſtgenannten
Ruder=
plätze manche erprobte Kraft mit guten, ſicheren Ausſichten für
Heil=
bronn zu ſuchen iſt. Die Ergebniſſe geſtalteten ſich wie folgt:
Zungmann=Vierer: 1. Heilbronner Ruderklub „Schwaben”
(nicht gezeitet), 2. Ulmer Ruderklub „Donau” 7:16. Jungmann=
Einer: 1. Ulmer Nuderklub. Donau” 7:51,4, 2. Rheinklub „
Ale=
mannial=Karlsruhe 8:05, 3. Rudergeſellſchaft „Undine’=Offenbach (
auf=
gegeben). — Schwaben=Vierer: 1. Stuttgarter Ruderklub 7:11,8,
2. Ruderſportverein „Teutonia”=Frankfurt 7:19.
Bamberger Regatta.
w. Jungmann=Vierer: 1. Ruderverein Bamberg 6:21,6,
2. Rudergeſellſchaft „Germania”=Frankfurt 6:32,2, Großer Vierer:
1. „Germania”=Frankfurt 6:12,2. 2. Würzburger, Ruderverein 6:21,8.
Jungmann=Achter: 1. Ruderverein „Hellas”=Offenbach 5:49,6,
2. Kiſſinger Ruderverein 5:56. Würzburger Rudergeſellſchaft
aufge=
geben. — Akademiſcher Vierer; 1. Akademiſcher Ruderklub
Würzburg 6:44,4, 2. Ruderſportverein Gießen 6:52. Erlanger
Ru=
derverein aufgegeben. — Großer Einer; 1. Frankfurter
Ruderver=
ein (Flinſch) 6:44,8, 2. Frankfurter Ruderklub (Kruck) 6:54.
Berichtigung: In unſerem Bericht über die
Geueralverſamm=
lung des Sportvereins 98 mußte es ſelbſtverſtändlich heißen: Her=
Staatsanwalt Dr. Mickel.
z
[ ← ][ ]Seite 6.
Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 9. Juli 1923.
M
Aotntigg:
Landwirtſchaft, Gartenbag, Kleintierzucht
Der praktiſche Kleingärtner.
s Rechtzeitiges Bohnenpflücken. Wohl
ſämt=
liche Sorten Buſch= und Stangenbohnen, auch buntſamige, laſſen
ſich grün und trocken verwenden. Der Nährwert der geernteten
Maſſen wird in beiden Fällen ungefähr derſelbe ſein.
Grün=
gepflückt ſtehen uns die Bohnen als Nahrungsmittel früher zur
Verfügung, und das wird für den Kleingärtner meiſt den
Aus=
ſchlag für dieſe Ernteform geben. Dabei iſt nu darauf zu
achten, daß die Bohnen rechtzeitig gepflückt werden, denn
da=
durch können wir die Pflanzen zu eifrigem Nachblühen anregen.
Sobald nämlich eine Pflanze Samen ausbildet, verbraucht ſie
dafür große Mengen Nährſtoffe und ſetzt mit Blühen aus. Da
es uns hier gevade auf die Hülſen ankommt, die deſto wertloſer
für uns werden, je reifer ihr Inhalt iſt, ſo müſſen wir die
Pflanzen zwingen, durch fortwährende Nachblüte möglichſt große
Mengen davon zu liefern. Durch das Wegnehmen der zarten
Schoten überliſten wir die Pflanze, die das Beſtreben hat, den
Verluſt immer wieder zu erſetzen.
J. Sch. Gartendummheiten. Wenn wir Bäume,
Sträucher oder krautartige Gewächſe pflanzen wollen, dann iſt
es ſehr gut, die Wurzeln einige Stunden ins Waſſer zu legen,
damit ſich die Pflanzen tüchtig voll Waſſer ſaugen können und
bis zum Anwachſen nicht ſo ſchnell Mangel leiden. Man kann
ſie in die Waſſertonne im Garten legen. Eine Dummheit aber
iſt es, Pflanzen in die Waſſertonne zu legen, wenn dieſe ſtatt
Waſſer Jauche enthält. Jauche iſt viel zu ſcharf, und die feinen
Würzelchen, beſonders die zarten Wurzelſpitzen leiden darunter
ſehr. Bei Bäumen und Sträuchern merkt man das nicht ſo, aber
umſo beſſer bei krautartigen Gewächſen. Dieſe waren einmal am
Abend — noch dazu an einem Samstag — in die Waſſertonne
gelegt worden, die mit Jauche ſtatt mit Waſſer gefüllt war. Und
am Montag früh waren die ganzen Pflanzen verdorben, manche
Blätter waren wie verfault und die Wurzeln braun. Da es
wertvolle Pflanzen waren, wurden die beſten ausgeſucht und
ge=
pflanzt, ſie erholten ſich ſehr langſam und trieben nur ſehr ſchwach.
Es war eine Gartendummheit, die Pflanzen in Jauche zu legen.
Und wenn wir Bäume, Sträucher oder krautartige Gewächſe
ge=
pflanzt haben, dann iſt es gut, ſie nach dem Pflanzen tüchtig
an=
zugießen. Eine Gartendummheit aber iſt es, dies mit Jauche
zu tun. Die Pflanzen leiden darunter ſehr, gehen auch ſehr
leicht zugrunde. Ein Gartenfreund klagt ſeine Not, die
gepflanz=
ten Obſtbänme ſeien eingegangen, obgleich er ſie immer tüchtig
gegoſſen habe, er habe ihnen ſogar immer Seifenwaſſer und den
Inhalt aus dem Nachteimer gegeben. Das aber war eine große
Dummheit. Auch Bäume aller Art darf man im erſten Jahr
nur mit reinem Waſſer gießen, erſt vom zweiten Jahr ab kann
man Jauche oder Seifenwaſſer geben.
g. Anbau von Wirſing. Der Kultur des Wirſings
kohles oder Welſchkrautes wird immer noch zu wenig Beachtung
geſchenkt, obwohl dieſes Gemüſe im allgemeinen dauerhafter und
weniger empfindlich iſt als das Weißkraut. Durch nicht zu
hef=
tigen Froſt wird es ſogar milder und zarter im Geſchmack. Ein
Hektar, mit Wirſing bepflanzt, liefert oft eine Ernte von 600
Zentnern. Dieſer Ertrag von der Fläche läßt ſich noch erhöhen,
wenn eine Vorfrucht gebaut werden kann. Dazu eignen ſich
Spinat, Radieschen, Feldſalat und Schnittſalat. Wirſing
ver=
langt zu beſtem Gedeihen tiefgelockerten, gut gedüngten
Lehm=
boden. Zu heiße und trockene Lage liebt er nicht, aber er iſt
härter und widerſtandsfähiger als das Kraut und kann daher
noch auf Hochebenen, 600 Meter über dem Meere, gezogen
wer=
den. Das Feld, das man mit Wirſing bepflanzen will, muß gut
gedüngt, geackert und geeggt ſein. Sorgfältige tiefe
Bodenlocke=
rung iſt ſehr wichtig. Die Pflanzen zieht man ſich am beſten
ſelbſt heran. Nur dadurch erhält man gutes Pflanzgut in der
nötigen Menge. Es iſt zu bedenken, daß auf ein Hektar 30000
Pflanzen gehen. Zum feldmäßigen Anbau eignet ſich nur der
Spätwirſing. Als beſte Sorte kann man Vertus anſehen. Wenn
irgend möglich, ſäe man nicht in warme Miſtbeete, ſondern auf
geſchützt liegende Gartenbeete. Die geeignete Zeit iſt der April,
ſpäteſtens Mai. Das Bepflanzen der Felder beginnt Anfang Juli.
Das Aufzuchtbeet darf nicht übermäßig gedüngt werden, denn
die Pflanzen ſollen viele Wurzeln bilden und einen ſtämmigen
Wuchs haben. Man ſäe in Reihen, damit die Pflänzchen ſich
wenigſtens nach einer Seite von Anfang an ausbreiten können.
Stehen ſie in der Reihe zu dicht, müſſen ſie beizeiten ausgelichtet
werden, damit ſie nicht lang und dünn werden. Bei der
Reihen=
ſaat läßt ſich der Boden auch leichter locker halten als bei der
Breitſaat. Auf dem Felde wird in Reihen gepflanzt, die 60
Zentimeter von einander entfernt ſind, in den Reihen genügen
50 Zentimeter Zwiſchenraum. Halten die Pflänzlinge keinen
Ballen, ſo tauche man die Wurzeln in Lehmbrei. Bevor man
die Pflanzen auf dem Felde das erſtemal hackt, gibt man
ent=
weder einen tüchtigen Jaucheguß oder künſtlichen Dünger. Auf
einen Hektar rechnet man 8 Zentner Superphosphat, 6 Zentner
4prozentiges Kaliſalz und 5 Zentner ſchwefelſaures Ammoniak.
Einige Wochen nach dem erſten Hacken werden ſie behäufelt.
Häufig bemerkt man, daß die Wirſingköpfe platzen. Das tritt ein,
wenn die Köpfe überreif ſind. Solche Köpfe ſind gewöhnlich
ſehr feſt. Wer keine Verwendung für ſolche geplatzten Köpfe hat,
kann das Unheil verhüten durch leichtes Anheben der Pflanzen
mit dem Spaten oder halbes Durchſchneiden des Strunks. Der
für den Winterbedarf zurückgelegte Wirſing kann im Freien
ein=
geſchlagen werden. Er hält ſich vorzüglich unter einer dünnen
Schutzdecke aus Fichtenreiſig oder Stroh.
..--Run..
Kleintierzucht.
W. Sch. Ausnutzung der Gartenwege zur
Fut=
tergewinnung für die Kleintierzucht. Man ſchreibt
uns: Infolge des unglücklichen Krieges ſind wir gehalten, unſere
Wirtſchaftsweiſe in vielen Beziehungen umzuſtellen. Während
in der Vorkriegszeit eine gewiſſe Wohlhabenheit uns geſtattete,
für das Schöne und Angenehme größere Aufwendungen zu
machen, ſind wir heute gezwungen, überall das
Nützlichkeitsprin=
zip voranzuſtellen. So wird man auch bei der Beſtellung des
Hausgartens mehr Sparſamkeit üben, um höhere Erträge
erzie=
len zu können. Vielfach macht man in größeren Gärten die
Be=
obachtung, daß durch Anlage der Wege bedeutende Flächen der
Nutzung entzogen werden. In der Regel war es üblich, den
Gartenwegen eine ſolche Breite (1,25 Meter) zu geben, daß drei
Perſonen nebeneinander gehen können. Um die einzelnen
Ra=
batten nicht zu groß und unbequem zu geſtalten, müſſen die
Wege ziemlich nahe gneinander gelegt werden. Dadurch, daß
das in ihnen liegende Areal der Nutzung entzogen wird, und
die Pflege der Wege bedeutende Arbeit erfordert, wird die
Ren=
tabilität eines Nutzgartens ſehr ſtark in Frage gezogen. Bei nicht
feſtgelegten und mit Kies beſchütteten Gartenwegen muß das
auf dieſen wachſende Gras und Kraut mittels Spaten und Harke
entfernt, und die Wege müſſen nachher wieder geglättet werden.
Ein ſo geſäuberter und geharkter Gartenweg macht ohne
Zwei=
fel einen hübſchen Eindruck. In meinem früheren Garten waren
zirka 500 laufende Meter Gartenwege, je 1,25 Meter breit. Sie
waren mit Steinſchlag feſtgelegt und teilweiſe mit Kies bedeckt,
inſolgedeſſen wuchſen Gras und Kraut anfänglich nur ſchwach,
mithin war die Säuberung nicht allzu ſchwierig. Dies jedoch
änderte ſich, als die Gräſer und Kräuter ſich feſt verwurzelt
hat=
ten. Jetzt wurde die Arbeit ſchon ſchwieriger, beſonders auch
inſofern, als die Steinſchüttung ſich der Wurzelentfernung recht
ſtörend entgegenſtellte. Trotz alledem wurden die Wege aber
ſau=
ber gehalten. Infolge der langen Kriegszeit und der hiermit
bedingten Futterknappheit ging auch in meiner Wirtſchaft das
Sommerfutter für Ziegen und Kaninchen zur Neige. Ich nahm
nun eine leichte Kiſte von etwa 50 Zentimetern Höhe, deren
Bo=
den aus einem weitmaſchigen Drahtgeflecht beſtand. Damit es
in der Kiſte nicht dunkel war, entfernte ich aus der Deche einige
Bretter, welche ich durch Latten erſetzte, und die einzeln ſo weit
von einander entfernt waren,, daß die Kaninchen nicht
hindurch=
ſchlüpfen konnten. In dieſen Kaſten ſetzte ich nun die Tiere und
ließ ſie das Gras auf den Gartenwegen abweiden. Infolge der
weiten Maſchen des Drahtgeflechtes war es ihnen möglich,
un=
gehindert jedes Pflänzchen bis zur Wurzel abzunagen. War ein
Fleck abgeweidet, ſo wurde der Kaſten ein Stück weiter gezogen.
Auf dieſe Weiſe hielt ich meine Gartenwege unter Umgehung
mühſeliger Arbeit ſtets ſauber. Bei dieſer Wegereinigung iſt
aber darauf zu achten, daß man bei Regenwetter über den Kaſten
ein Stück Pappe legt, damit die Tiere vor Näſſe geſchützt ſind.
Ferner legt man für die Nacht neben dem Kaſten auf die Fläche,
auf welche er am nächſten Tage geſchoben werden ſoll, einen alten
Sack, ein Brett oder auch ein Stück Pappe, damit der Tau ſich
nicht auf das Gras ablagern kann, infolgedeſſen die Tiere am
anderen Morgen den Frühſtückstiſch in annehmbarer
Zuſam=
menſtellung vorfinden. Mehrere Sommer hindurch zog ich auf
dieſe Weiſe Nutzen aus meinen Gartenwegen. Durch meine
Kin=
der ließ ich abwechſelnd auch die Ziegen auf den Gartenwegen
graſen. Und ich muß ſagen, daß dieſes Abweiden zum
Wohl=
befinden meiner Tiere weſentlich beigetragen hat. Zwar ſahen
dieſe ſo abgenagten und abgegraſten Wegeflächen nicht ſo ſauber
aus, als früher, wenn die Reinigung mit Spaten und Harke
ge=
ſchah. Dies war auch unweſentlich, denn dafür lieferten ſie einen
nicht zu unterſchätzenden Ertrag, der bei den heutigen Preiſen
für Milch, Fleiſch und Rauhfutter ziemlich hoch bewertet
wer=
den dürfte.
Der Geflügelhof.
=Die Färbungder Kücken. Gar viele
Enttäuſchun=
gen der Hühnerzüchter entſtehn aus voreiligen Urteilen über die
Nachzucht auf Grund des erſten Federkleides, das die kaum
auts=
geſchlüpften Kücken auſweiſen. Bei den meiſten Raſſen iſt ab.r
das erſte Daunenkleid von dem ſpäteren Gefieder verſchieden,
bei den einen mehr, bei den anderen weniger. Mißfarben ſind
natürlich nie völlig zu vermeiden, namentlich nicht bei den noch
nicht völlig durchgezüchteten Raſſen. Bei den Silberwyandottes
fallen z. B. ganz weiße, bei den geſperberten oft ganz ſchwarze
Kücken. Davor bewahren kann man ſich nur durch den Kauf von
Eintagskücken. Anfänger klagen häufig, daß ihre ſchwarzen
Minorkakücken ſchwarzweiße Färbung zeigen. Dieſelbe
Erſchei=
nung tritt auch bei ſchwarzen Orpington, Italienern,
Hambur=
gern u. a. auf und iſt kein Fehler. Oft entwickeln ſich gerade
aus den Kücken, die das meiſte Weiß zeigen, die beſten Tiere in
Farbe und Gkanz. Die Kücken weißer Raſſen erſcheinen meiſt
geblich. Eine Ausnahme bilden die weniger bekannten La
Breſſe, die einen bläulichen Schimmer zeigen. Die Kücken der
rein gelben Raſſen weiſen oft bräunliche Flecken am Körper auf.
Die rebhuhnfarbigen Arten haben auf dem Rücken einen
brau=
nen Streifen, während die ſilberfarbigen häufig am Kopfe einen
oder mehrere bräunliche Flecke zeigen. Die ſilberhalſigen ziert
wieder in der Jugend ein teils hellerer, teils dunklerer
ſchwärz=
licher Streifen auf dem Rücken. Die geſtreiften Plymouth=Rocks
ſind anfangs faſt ſchwarz, nur auf dem Scheitel tragen ſie einen
grauweißen Fleck. Fehlt er, ſo behalten die Tiere in der Regel
ihre ſchwarze Farbe und ſind als Fehlſchläge zu betrachten. Oft
erſcheint der Fleck erſt nach einigen Tagen. Die lachsfarbigen
Faverelles ſind in der Jugend gelblichweiß, aber trotzdem an der
fünften Zehe und dem bald erſcheinenden Barte kenntlich. Recht
verſchiedene Färbung zeigen die Kücken der ſchwer zu
züchten=
den blauen Andaluſier. Auch die Reinfarbe der Kücken weicht in
den erſten Wochen vielfach von derjenigen der älteren Tiere ab.
Dunkelfarbige Raſſen haben meiſt in der Jugend helle
Rein=
farbe. Die ſchwarzen Italiener und Wyandottes zeigen anfangs
gewöhnlich ſchwärzliche oder grünliche Beine. Sie gewinnen
ſpäter doch noch ihre ſchöne gelbe Farbe, während urſprünglich
gelbe ſpäter oft dunlle Flecke bekommen. Weiße Raſſen ſind in
der Jugend an der Beinfarbe kaum zu unterſcheiden, mögen ſie
zu den gelb= oder zu den weißbeinigen gehören.
Rurmer 187.
und Siedlung.
Landwirtſchaftlicher Ratgeber.
kl= Wirkſame Mittel gegen die Stallfliegen.
Mit Fliegengittern und Fliegenfängern richtet man gesen die
Stallfliegen wenig aus. Dagegen hilft das Beſtreichen der
Stall=
fenſter mit einer Löſung von Gelatine, der man Waſchslau
zu=
geſetzt hat. Die Fliegen meiden das blaue Licht. Trotzdem wird
es ſich nicht verhindern laſſen, daß Fliegen in den Stall kommen.
Sehr gut iſt hier ein Anſtrich der Wände mit Kalkmilch, der
Alaun zugeſetzt wurde. In 10 Liter Kalkmilch löſt man 1 Kilo
Alaunpulver. Die Kalkmilch rührt man gelöſchtem Kalk in der
Dicke an, wie man ſie zum Weißtünchen verwendet. Die klebrige
Flüſſigkeit, die die Fliegen an den Fußballen ausſcheiden, um
ſich an glatten Flächen feſtzuhalten, wird durch den Alaun
zerſtört.
e Die Raupengefahr im Kohlgarten. Ueber
unſeren Gemüſebeeten ſpielen Kohlweißlinge. Täglich legen ſie
Eier an die Unterſeiten der Kohlblätter, nach einigen Tagen
kriechen Raupen aus und bald verraten uns Löcher in den
Blät=
tern deren Tätigkeit. Dann begeben wir uns mißvergnügt an
das mühſelige und ekelhafte Geſchäft des Raupenleſens. Iſt
dies wirklich die einzige Möglichkeit, unſere Kohlernte gegen das
gefräßige Ungeziefer zu verteidigen? Nein, auch hier heißt es:
vorbeugendes Einſchreiten erſpart viel Zeit und Arbeit. Wir
laſſen die Raupen gar nicht erſt zum Freſſen kommen, ſondern
machen ſchon den Eiern den Garaus. Das erleichtern uns die
Weibchen des großen Kohlweißlings dadurch, daß ſie ihre Eier
in gelben Haufen ablegen, die leicht zu ſehen ſind. Auf einem
Rundgang durch den Garten am Morgen kann man mit einigen
Fingerdrücken in wenigen Augenblicken Mengen von
Schädlin=
gen vernichten, die ſtundenlange Arbeit verurſachen würden,
würden ſie als Raupen abgeſucht. Noch ſicherer geht man, wenn
man die Eierhäufchen mit einer inſektentötenden Flüſſigkeit, wie
Schwefelkohlenſtoff, Spiritus, Aether, bepinſelt. Weniger gut
durchführbar iſt dieſes Verfahren gegenüber dem Rübenweißling,
deſſen Raupe die weiße Rübe, Reſeda und Küchenkräuter
bevor=
zugt, denn dieſe Art legt ihre Eier einzeln ab. Hat man die
Zer=
ſtörung der Eier verſäumt, ſo bleibt nichts übrig, als die Raupen
abzuleſen. Dabei findet man oft tote Raupen, die mit einem
Knäuel wolliger, gelber Klümpchen bedeckt ſind. Das ſind keine
„Raupeneier”, ſondern Puppen einer Schlupfweſpe, die ihre Eier
in den Körper der Raupe legt. Sie ſind ſorgfältig zu ſchonen,
da ſie uns im Kampfe gegen die Raupen unterſtützen.
Die
Schmetterlingseier ſitzen nur an den Blättern ſelbſt und ſin!
durch ihre ſpitzkegelige Geſtalt leicht von den rundlich wolligen
Schlupfweſpenpuppen zu unterſcheiden. In größeren Anlagen,
in denen weder das Vernichten der Eier noch das Ableſen der
Raupen durchführbar iſt, ſpritzt man die Unterſeiten der
Kohl=
blätter mit Flüſſigkeiten, die die Raupen töten, die Blätter aber
nicht beſchädigen. Als beſonders wirkſam wird folgendes Mittel
empfohlen: Ein halbes Kilogramm Quaſſiaſpäne wird einen
Tag lang in zehn Liter Waſſer geweicht, dem ungefähr ein halbes
Liter Seifenlauge, Aetzkali oder Aetznatron beigefügt wird; dann
wird das Gemiſch einige Stunden gekocht und ſchließlich mit der
zehnfachen Waſſermenge verdünnt.
Blumenzucht.
Der Schnitt der Roſen. Durchwandert man Ende
April die Roſengärten, oder beſieht man ſich um dieſe Zeit die
Vorgärten in der Stadt, ſo begegnet man oft ſehr merkwürdigen
Schnittmethoden. Die einen ſchneiden gar nichts, und die
an=
deren ſchneiden nur die ganz langen Spitzen ab; denn es könnte
ja den lieben Roſen weh tun. Gut, d. h. richtig geſchnittene
Roſen findet man wenige, trotzdem nun doch ſchon ſo viel in
Büchern und Zeitſchriften darüber geſchrieben worden iſt und
durch Abbildungen der Schnitt deutlich vor Augen geführt wurde.
Iſt denn die Sache nun ſo ſchwer? Nein, lautet wohl die kurze,
richtige Antwort. Viele ſchneiden wohl auf ein kräftiges Auge,
laſſen aber die vielen ſchwachen Triebchen in der Krone ſtehen,
ſo daß viele unnütze Kraft verloren geht auf Koſten der Blumen.
Wann und wie ſchneidet man nun die Roſen? Die richtige Zeit
iſt gleich nach dem Aufdecken im April. Nicht richtig iſt es, die
Roſen ſchon im Herbſt vor dem Eindecken zu ſchneiden, damit
dieſe Arbeit etwas beſſer von der Hand geht. Bei den
Hoch=
ſtämmen ſind wohl die Teehybrid= und Remontantroſen die am
wenigſten vertretenen Gattungen. Bei Teehybridroſen ſchneidet
man auf ein kräftiges Auge bei ſtarken, letztjährigen Trieben,
alles ſchwache Holz wird entfernt, weil es unnötig iſt und keine
guten Blüten bringt; ein Schnitt auf ſtarke, geſunde Augen
bringt auch kräftige, gute Blumen. In nördlichen Gegenden, wo
mehr Remontantroſen=Hochſtämme beliebt ſind und mehr gepflegt
werden, ſchneidet man die Jahrestriebe auf etwa 15 bis 20
Zentimeter Länge und entfernt gleichfalls alles ſchwächliche Holz.
Selbſtverſtändlich iſt beim Schnitt auch auf hübſche runde Form
der Krone zu achten. Der Schnitt mit dem Meſſer hat viel für
ſich, wer ſcharf beobachtet, wird immer im kommenden Jahre
ſehen, was mit der Schere und was mit dem Meſſer geſchnitten
iſt; denn die mit letzterem geſchnittenen Hochſtämme haben keine
gequetſchten Stellen, und ihre Wunden ſind immer glatt verheilt,
wohingegen man bei den mit der Scheere geſchnittenen
Hoch=
ſtämmen viel eingetrocknetes Holz im Winter hat und daher viel
zurückſchneiden muß. Buſchroſen vertragen den Schnitt mit der
Schere eher und ſind nicht ſo empfindlich wie die Hochſtämme.
Wenig geſchnitten und nur ausgelichtet werden die Moos=,
Zenti=
folien=, Park= und Schlingroſen. Bei letzteren ſollte man nach
der Blüte alle abgeblühten Ranken entfernen, um den neuen
kräftigen jungen Trieben die ganze Lebenskraft zuzuführen,
da=
mit ſich dieſe gut entwickeln und im neuen Jahre wieder reichlich
blühen.
Zuletzt möchten wir der Polyantha= und Monatsroſen
ge=
denken, die ja ziemlich winterhart ſind. Da dieſe beiden
Gattun=
gen faſt nur als Buſchroſen gezogen werden, ſo iſt ein kräftiger
Schnitt faſt dicht über der Erde zu empfehlen.
Der junge Tod.
Roman von Fritz Demuth.
(Der Abdruck erfolgt mit Genehmigung des Herrn Verfaſſers und
der J. G. Cotta’ſchen Buchhandlung Nachf. in Stuttgart u. Berlin.)
(Nachdruck verboten.)
53)
Marie Louiſe ging auf ihr Zimmer, um an Günter zu
ſchreiben; ich war allein und wanderte durch den Wald. Als ich
Marie Louiſe wieder traf, ſagte ich: „Kind, ich kann wieder frei
atmen und meine Glieder gebrauchen, auch der Arm iſt mir nicht
mehr ſo hinderlich, ich bin geſund. Und nun meine ich, da es
ſo weit iſt, müſſen wir nach Hauſe zurück, denn zum unnötigen
Feiern iſt jetzt keine Zeit.”
„Ein paar Tage noch,” bat Marie Louiſe.
„Aber — Kind.”
Einen Tag.”
„Gut.”
„Du bleibſt nicht gern hier?”
„Ich werde Dir den Wunſch doch nicht abſchlagen.”
Marie Louiſe ſchwieg; dann ſagte ſie: „Nein, Vater, eine
Belohnung brauche ich nicht, wirklich nicht.”
„Nun gut, dann keine Belohnung. Dann bleiben wir eben
ohne das noch einen Tag hier.”
Wir ſaßen im Zuge nach Berlin. Schnell, wie wir uns der
großen Verkehrsſtraße näherten, mehrten ſich die Merkmale des
Krieges. Auf verſchiedenen Stationen trafen wir Truppen, die
zur Front ſuhren.
Das Leben zu zweit, das harmoniſche ſichere Daſein war
borbei, jetzt hieß es wieder im Räderwerk der Teil ſein,
Wie war das möglich? Ich hatte wirklich die Umwelt
zeit=
weiſe vergeſſen, mein Leben war erſt ein unklares Hindämmern
und dann der Zuſammenhang mit Marie Louiſe geweſen. Ein
Verwundeter ging draußen mühſam vorbei, mich ſchauderte ein
wenig, war es die Verletzung oder der Gedanke an mein eigenes
Untertauchen vor der Not der Zeit.
Unſer Zug hielt eine Weile und überholte dann einen
Transport von Geſchützen. Ich war matt geweſen und ſchwach
und hatte mich ausgeruht. In alledem lag kein Grund zum
Vorwurf, den ich mir hätte machen müſſen. Aber in Zukunft
galt es wieder zuzugreifen.
„Woran denkſt Du, Marie Louiſe?”
„Wie wird das nun mit Dir, gehſt Du auch wieder dahin?”
„Vorläufig ſicher nicht, was ſollte ich an der Front nützen,
ſolange mein Arm derartig ungelenk iſt
Ich ſah in das Land draußen, dachte an die Menſchen,
die da lebten, die Bauern, die Arbeiter, die Beamten, alle die
Deutſchen, in den Dörfern, den Flecken, den Städten und ſtellte
mir die Sorgen vor, die ſie belaſteten. Welch eine Menge ernſter,
ſchwer bedrückter Menſchen war das. Und die Frauen, die
Mütter, die Bräute, die Mädchen, die waren auch da, zerarbeitet,
zermürbt die alten, bexeit zum Leben, ihm entgegengereckt und
dennoch ſcheu ſich davor duckend die jungen. Ein Drängen
ent=
ſtand, und nun ſchob es ſich ringsum voran, auf den Wegen,
über die Felder weithin, es brodelte in immer anſchwellenden
Maſſen, bis alles wie von einer dunklen gelbbraunen Flut
um=
hüllt war. Da ſchlug ein Blitz herab, Feuer, Dampf, wüſtes
Ge=
wühl, Blut ſah ich wieder, das furchtbare, heißrote Blut, Blut
in breiten zermalmenden Strömen und Sprühregen von Blut.
Ich ſchloß die Augen, um die Bilder zu ſcheuchen, und öffnete
ſie, als mir das nun erſt recht nicht gelang, und ſah Marie
Louiſe mir gegenüber ſitzen. Sie hatte das Haupt geſenkt und
las in einem Buche. Dann blickte ſie auf, wie wenn ſie meine
Beachtung ſpüre, betrachtete mich mit ihren großen blauen
Augen. Die waren viel dunkler geworden in der letzten Zeit,
faſt daß die Farbe ins Schwarze ſpielte, ſchön waren ſie, jehr
ſchön, warm, vertrauensvoll, gut, gläubig.
Dieſe Augen ſahen nichts wie mich.
„Marie Louiſe, ich werde es nicht erzwingen, daß ich
hinaus=
komme, wenn die Aerzte es nicht für angezeigt halten,” ſagte ich.
Marie Louiſe legte das Buch beiſeite, unverwandt war ihr
Blick auf mich gerichtet, forſchend, und dann beruhigt. Sie ſtand
auf, beugte ſich über mich, als wolle ſie ſich mit meinem
Ver=
bande zu ſchaffen machen, ſpähte nach allen Seiten, ob die
An=
weſenden ſie beobachteten, ſtellte offenbar feſt, daß dem ſo ſei,
zögerte einen Augenblick und ſenkte dann entſchloſſen den Kopf
und küßte mich auf die Stirn. „Und wenn ſie alle zuſehen,”
ſagte ſie, „das iſt mir ganz egal, ich brauche mich doch nicht zu
ſchämen, daß ich Dich lieb habe, ich bin ja ſo froh, weil. Du bei
mir bleibſt.”
Der Arzt in Berlin erklärte, daß ein Frontdienſt für lange
Zei ausgeſchloſſen ſei, ich bedürfe noch durch Monate der
Be=
handlung und Pflege, vermutlich würde die Hand nie voll
ge=
brauchsfähig werden. Als ich mich zum Dienſt in der Heimat
meldete, wurde ich einer Abteilung des Berliner Generalſtabes
zugewieſen, um eine Tätigkeit auszuüben, ähnlich wie ſie mir be
Beginn des Krieges angeboten worden war. Den Dienſt trat ich
bald an, er nahm mich ziemlich ſtark in Anſpruch. Mühe bereitete
es mir, die linke Hand ſo weit zu ſchulen, daß ſie als Erſatz
der rechten dienen konnte, mit der Zeit gelang es, einen aus
reichenden Erfolg zu erzielen. Aeußerlich merkte man mir nach
einigen Monaten nicht mehr viel von der Verletzung an.