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der 1, 2390 und 2391), die Agenturen und aſie
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Nammer 100
Donnerstag, den 42. April 1923
186. Jahrgang
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uſw., erliſcht jede Verpſichtung auf Erfüllung der
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Bei Konkurs oder gerichtlicher Beitreibung fällt jeder
Rabatt wes.
Entſpannung in Memel.
TU. Memel, 11. April. Ueber die Lage im Meuielgebiet
wird gemeldet:
Der Oberkommiſſar iſt bereit, deutſche Eingaben und
Schrift=
ſtücke in deutſcher Sprache zu beantworten, ſo bald ihm das
er=
forderliche Perſonal zur Verfügung ſteht. Ein Mitglied der
Ge=
werkſchaftskommiſſion ſoll in die
Aufenthaltsbewilligungskom=
miſſion aufgenommen werden. In der Frage der Strafloſigkeit
der Streikführer iſt jetzt noch keine Einigung erzielt worden. Die
Bevölkerung iſt durch das brutale Vorgehen des litauiſchen
Mili=
tärs und der Behörden eingeſchüchtert, das rückſichtsloſe
Vor=
gehen mit Gewehrkolben und Schußwaffen hat die allergrößte
Erbitterung hervorgerufen und erinnert ſtark an die
Gewalt=
herrſchaft der Franzoſen im Ruhrgebiet.
Am Dienstag nachmittag hat die Kaufmannſchaft Memels
in einer Verſammlung beſchloſſen, die Geſchäfte wieder zu
öffnen. Aber auch in Heidekrug war daraufhin geſtern abend
der Geſchäftsbetrieb in vollem Gange. Am Nachmittag ſchlug
jedoch die Stimmung infolge von beunruhigenden Nachrichten
wieder um. Heute morgen waren die Geſchäfte in Memel
voll=
ſtändig geöffnet. Die Arbeit in den Betrieben ruht jedoch noch
immer. Man iſt der Anſicht, daß der Generalſtreik als
abge=
brochen gilt und daß die Arbeit wieder aufgenommen werden
kann, wenn nicht durch unvorhergeſehene Zwiſchenfälle eine
Ver=
ſchärfung der Lage eintritt.
Franzöſiſch=ſchweizeriſcher Meinungsaustauſch
FU. Paris 11. April. Dem Petit Pariſien zufolge hat
der Schlveizer Bundesrat ſich geſtern mit der Angelegenheit der
freien Zone beſchäftigt. Es iſt der Beſchluß gefaßt worden, vor
der Formulierung endgültiger Vorſchläge mit dem Pariſer
Kabinett in einen Meinungsaustauſch über verſchiedene
Ver=
ſtändigungsmöglichkeiten einzutreten.
Vom Tage.
Geſtern traf eine aus 10 Mitgliedern zuſammengeſetzte
amerika=
niſche Delegation des Internationalen Handelskammerkongreſſes in
Berlin ein. Die Delegation will ſich in Berlin aufhalten und hier mit
den maßgebenden Finanz= und Induſtriekreiſen zum Zwecke allgemeiner
Informationen über Deutſchlands wirtſchaftliche Lage Fühlung nehmen.
Der franzöſiſche Botſchafter in London,
iſt nach London zurückgereiſt.
de Seint=Aulaire,
Das Pariſer Auswärtige Amt hat geſtern die türkiſche
Ant=
wortnote erhalten. Man iſt in offiziellen Kreiſen der Anſicht, daß
dieſe Note eine ernſthafte Grundlage für die Wiederaufnahme der
Lau=
fanner Verhandlungen ſei.
Nachdem die engliſche Regierung Horace Numbold zum Führer
der engliſchen Delegation nach Lauſanne ernannt hat, wird von
franzöſiſcher Seite die Ernennung des Generals Pellé als Führer der
franzöſiſchen Delegation als unmittelbar bevorſtehend erklärt.
Der griechiſche Außenminiſter Aexandris iſt in Paris
angekommen.
Die nächſte Sitzung des Völkerbundsrats wird am 17.
April unter dem Vorſitz des engliſchen Kultusminiſters Wood
abge=
halten werden. Frankreich wird durch Hanotnux vertreten ſein.
Es werden ſchwebende Fragen über Danzig, das Saargebiet, die
Be=
ziehungen zwiſchen Polen und Litauen und die Wiederaufrichtung
Oef. rreichs zur Behandlung gelangen.
Miniſterpräſident Sikorski iſt in Poſen eingetroffen. General
Lerond begab ſich gleichfalls nach Poſen. Vor ſeiner Abreiſe hatte
er mit Marſchall Pilſudski und anderen höheren Offizieren des
pol=
niſchen Generalſtabs längere Unterredungen.
Doſſarkurs in Frankfurt am 11. April,
abends ½7 Uhr: 21150.
Eine Medellage ver egnſcen kiegerung.
Erregte Szenen im Unterhaus. — Tritt Bonar Law zurück?
*
London, 10. April. (Wolff.) In der Frage der
Verwendung von vormaligen Soldaten in der
Zivilverwaltung erlitt die Regierung mit 145
gegen 138 Stimmen eine Niederlage.
Die Niederlage der Regierung erfolgte bei der rein
techni=
ſchen Frage, ob die Beratung des Etats für den Zivildienſt
fort=
geſetzt werden ſolle. Unmittelbar vor der Abſtimmung fand eine
Ausſprache über die Frage der Verwendung früherer Soldaten
im Zivildienſt ſtatt. Die Abſtimmung über die techniſche Frage
kam unerwartet; viel Anhänger des Miniſteriums waren
ab=
weſend. Es iſt noch nicht bekannt, ob die Niederlage der
Regierung politiſche Folgen nach ſich ziehen wird. Aber
die techniſchen Folgen ſind ernſt, da das Haus durch ſeine
Ab=
ſtimmung beſchloſſen hat, den Etat für den Zivildienſt nicht zu
erörtern.
London, 11. April. (Wolff.) Bei dem Bekauntwerden
der Niederlage kam es geſtern im Unterhaus zu
er=
regten Szenen. Als die Zahlen der Abſtimmung bekannt
waren, erhoben ſich die Mitglieder der Oppoſition und brachen
in lang andauernde Beifallsrufe aus. Mehrere Mitglieder
wink=
ten mit ihren Taſchentüchern, warfen Schriftſtücke in die Luft
und ſchrien: „Zurücktreten! Macht Eure Wahlaufrufe
fertig!“ Die Beifallsſzenen dauerten mehrere Minuten.
Hier=
auf fmgte Macdonald, was die Regierung zu tun
beabſich=
tige, und ſchlug vor, ſie möchte die Vertagung des Hauſes
beantragen. Namens der Regierung beantragte
Chamber=
lain die Vertagung auf Mittwoch. Das Haus gab dem
An=
trage unter ironiſchen Beifallsrufen der Oppoſition ſtatt. Die
Niederkage wird auf ein Verſehen der
Regie=
rungseinpeitſcher zurückgeführt, die auf die
Ab=
ſtimmung nicht gefaßt waren.
London, 11. April. (Wolff.) Die Niederlage der
engliſchen Regierung im Unterhaufe iſt nicht ganz
unerwartet gekommen, da die Anhänger Bonar Laws eine
be=
merkenswerte Nachläſſigkeit zeigten, die im Gegenſatz zu der
energiſchen Taktik der Oppoſition ſtand. Dieſe hatte auf die
Ge=
legenheit gewartet, einen Vorſtoß gegen die ſorgloſen Anhänger
der Regierung zu unternehmen. Es handelte ſich geſtern um
die Frage von Minuten. Die Anhänger der Regierung waren
davon berſtändigt worden, daß ſie ſich um 9.30 Uhr zur
Abſtim=
mung einzufinden hätten. Aber die Oppoſition, der dies
wahr=
ſcheinlich bekannt geworden iſt, erzwang die Abſtimmung bereits
um 2.20 Uhr und überrumpelte dabei die Regierungspartei. So
war dies ein parlamentariſches Manöver in einem traditionellen
Stil, durch das ſchon verſchiedene Regierungen mit geringer
Behrheit zut Falſ gebracht worden ſind.
London, 11. April. (Wolff.) Der politiſche
Bericht=
erſtatter der Daily Mail fchreibt, Bonar Laws
Ge=
ſundheit bilde das Thema zahlreicher Erörterungen in
poli=
tiſchen Kreiſen. Es ſei unter dieſen Umſtänden nicht
über=
raſchend, daß das Gerücht, weit verbreitet ſei, daß der
Premier=
miniſter gezwungen ſein könnte, ſein Amt
nieder=
zulegen oder einige der konſerhativen Führer aus der
vor=
maligen Koalition zu überreden, wieder in die Regierung
ein=
zutreten.
London, 10. April. (Wolff.) In den Wandelgängen des
Unterhauſes wird die Niederlage der Regierung eifrig
beſprochen. Die Anhänger des Miniſteriums geben zu, daß trotz
der techniſchen Frage, bei der die Regierung geſchlagen wurde,
eine mißliche Lage geſchaffen worden iſt und daß das
Anſeheuder Regierung=gelitten hat. Wie verlautet,
wird die Regierung wahrſcheinlich in ſehr kurzer Zeit dem
Hauſe den Antrag wieder unterbreiten, bei dem ſie
geſchlagen wurde und ſo die heutige Abſtimmung anfechten, in
welchem Falle keine Kriſis entſtehen würde.
Preſſeſtimmen.
London, 11. April. (Wolff.) Im Mittelpunkt des
öffent=
lichen Intereſſes ſteht heute die geſtrige Niederlage der
Regierung im Unterhauſe, für die die Regierungspreſſe
größtenteils die Regierungseinpeitſcher verantwortlich macht.
Der Parlamentsberichterſtatter des Daily Telegraph
ſchreibt, unter den Anhängern der Regierung, die an der
Ab=
ſtimmung teilnahmen, ſei keine Neigung vorhanden geweſen, die
Tatſache zu verkleinern, daß die Niederlage angeſehen werden
müſſe als ein ſehr unangenehmer Stoß, für das Miniſterium.
Ernſte Folgen würden jedoch nicht daraus entſtehen.
Laut Times, die die Niederlage auf die Abweſenheit
zahl=
reicher konſervativer Mitglieder zurückführt, ſtimmten einige
Mitglieder der konſervativen Partei gegen die Regierung. Die
nationalliberalen Mitglieder ſtimmten mit den Unabhängigen
Liberalen und der Arbeiterpartei gegen die Regierung.
Die Weſtminſter Gazette ſchreibt, die Abſtimmung
von geſtern abend ſei ein Symptom der aus Unzufriedenheit
entſtandenen Gleichgültigkeit der
Regierungs=
anhänger. Mit einem Premierminiſter, der offenkundig
krank ſei und einem Kabinett, das in einer Zuſammenſetzung
das ſchwächſte ſei, deſſen man ſich erinnern könne, und der
lau=
warmen Anhängerſchaft ſei es klar, daß Aenderungen im
Kabinett eintreten müßten, wenn der Zwiſchenfall von
geſtern abend ſich nicht wiederholen ſolle unter Umſtänden, die
nicht unberückſichtigt gelaſſen werden können.
Die konſervative Morning Poſt bezeichnet die geſtrige
Niederlage der Regierung als einen ſchlechten Anfang und ein
ſehr ernſtes Vorkommnis. Man könne jedoch glücklicherweiſe
glauben, daß die Lage wiederherzuſtellen ſei. Der geſtern
ab=
gelehnte Antrag könne von der Regierung wieder unterbreitet
werden und werde dann zweifellos mit einer anſehnlichen
Mehr=
heit angenommen.
Ein bedenkliches Wettrüſten.
* Bern, 11. April. (Priv.=Tel.) Wie aus Rom hierher
gemeldet wird, wurden in den letzten Wochen zwei öffentliche
Reden gehalten, die in Italien beſonders beachtet wurden. Beide
Reden, die des Staatsſekretärs Acerbo und des
Generalſekre=
tärs des Innenminiſteriums Bianchi deuten darauf hin, daß
Italien gezwungen ſei, am Wettrüſten teilzunehmen, und
betonen die ſchnell fortſchreitend: Reorganiſation von Heer und
Flotte, beſonders aber die Erhöhung des Flugzeugkontingents
von ungefähr 100 Flugzeuoen nach dem Kriege auf 1000
Kampf=
flugzeuge Ende 1923. Damit wird Italien ſeinen Nachbarn
ge=
wachſen ſein und allen Eventualitäten, wie Acerbo hervorhebt,
gewachſen ſein, und Italien wird ſeine Rechte jederzeit zur
Gel=
tung bringen lünnen.
Keine Ruhrdebatte im Völkerbundsrat.
TU. London, 11. April. Der in der nächſten Woche in
Genf zuſammentretende Völkerbundsrat wird, den
Ruhr=
konflikt nicht erörtern. Alle Mitglieder des Rates
ſollen der Anſicht ſein, daß eine Erörterung dieſes
Pro=
blems im Völkerbundsrat im augenblicklichen Stadium der
in=
ternationalen Beſprechungen über die Aufſtellung von
einheit=
lichen Richtlinien der Reparationsfrage nur ſchädlich wirken
könne. Um ſo lebhafter und eingehender wird der wichtigſte
Gegenſtand der Tagesordnung, die Saarfrage, behandelt
werden.
Der nahe Oſten.
Schwierigkeiten derfranzöſiſchen Einkreiſungspolitik.
Von unſerem Wiener Berichterſtatter.
Wien, April 1923.
Während die politiſche Aufmerkſamkeit Europas auf den
Ruhrkampf gerichtet iſt, haben ſich in ſeinem Oſten zwei neue
Brandherde für den europäiſchen Frieden gebildet. Die eine
Tat=
ſache iſt die erfolgte „Löſung” der oſtgaliziſchen Frage durch die
Zuteilung Oſtgaliziens an den polniſchen Staat, das ander=,
nicht minder bedeutſame Ereignis bildet der Ausfall der
jugo=
ſlawiſchen Wahlen; der Sieg der ſloweniſchen und kroatiſchen
Föderaliſten. Dieſe Wahlen waren ein geradezu impoſanter Sieg
jener Gruppen, die ſich als die ſchärfſten Gegner des Belgrader
Zentralismus ſtets gezeigt haben. Bezeichnend für die Lage in
Kroatien iſt es, daß man heute bereits, vielleicht etwas verfrüht,
dielleicht auch nicht, dabon ſpricht, daß der Bauernführer Radic,
deſſen Anhang nicht nur in Krogtien und Slawonien, ſondern
guch in Dalmatien geſiegt hat — eine Demonſtration ebenſo
gegen die Politik Muſſolinis wie gegen die Paſitſchs —
unmit=
telbar nach Abſchluß der Wahlen den kroatiſchen Sabor in Ngram
einberufen und dort die kroatiſche Rexublik proklamieren will.
Sollten ſich dieſe Nachrichten bewahrheiten, fo könnte dies zu
un=
geheueren Folgerungen nicht etwa nur für die Entwickelung
Jugoflawiens, ſondern des ganzen Balkaus führen.
Eine ähnliche Entwicklung wie die bisher, ſo unterſchätzte
kroatiſch=ſloweniſche Oppoſition gegen die ſerbiſchen
Imperia=
liſten, droht die ukrainiſche Oppoſition gegen die polniſchen
Im=
perigliſten zu werden. Man darf nie vergeſſen, daß es ſich in
nicht bloß um die oſtgaliziſchen Ukrainer dreht — welche die
Majorität in dieſem Teile Polens bilden —, ſondern um das
gefamte, überall zum nationalen Bewußtſein erwachte
ukrai=
niſche Volk. Selbſt in Karpothorußland — das auf Grund des
Friedensvertrages, aus einem maghariſchen ein
tſchechoſlowa=
tiſches Gebiet geworden iſt —, machen die Ukrainer ihre
natio=
nalen Forderungen geltend. Sie fordern für Karpothorußland
einen rutheniſchen Gouvernenr, die ſchnellſte Einberufung einer
ukrainiſchen Nationalverſammlung auf Grund des allgemeinen
gleichen und direkten Wahlrechts und die Einführung der
ruthe=
niſchen Sprache in Amt und Schule des geſamten
karpathoruſſi=
ſchen Gebietes.
Eine Unterſchätzung der ukrauiſchen Frage würde ſich au
Europa ebenſo bitter rächen, wie die der kroatiſchen. Die falſche
Behandlung der ſüdſlawiſchen und ukrainiſchen Frage durch die
ſeinerzeitige Wiener und Peſter Regierung waren weſentliche
Gründe des Weltkrieges und ſpeziell die letzten Anläſſe zun
Vormarſch der Truppen des ruſſiſchen Zarismus. Wenn die
pol=
niſche Regierung als nunmehriger Beſitzer Oſtgaliziens ihre
reak=
tionäre Nationalitätenpolitik — die ſie bisher gegenüber allen
Nichtpolen verfolgt hat — auch den Ukrainern gegenüber
fort=
ſetzt, dann könnte ſie eines ſchönen Tages den Einmarſch der
ruſſiſchen roten Armee in Oſtgalizien erleben.
Wenn man in Paris, London und Rom ſich tatſächlich
ein=
bilden ſollte, daß die durch den letzten Beſchluß der
Botſchafter=
konferenz erfolgte „Löſung” der ukrainiſchen Frage — das
oſt=
galiziſche Problem iſt ja nur ein Teil des geſamten ukraniſchen
— eine endgültige ſei, dann wird die Entente in dieſem Teile
Polens dieſelbe bittere Enttäuſchung erleben, die ihr jetzt die
ſloweniſche und kroatiſthe Wählerſchaft in ihrer überwiegenden
Mehrheit durch den Proteſt gegen den Belgrader Zentralismus
bereitet hat. Schon anläßlich der letzten Wahlen in den polniſchen
Seim, die von den bſtgaliziſchen Ukrainern bohkottiert wurden,
ſowie anläßlich der letzten Aushebungen kam es in den
verſchie=
denen Orten zu Zuſammenſtößen, die ſtellenweiſe blutig verliefen.
Der Botſchafterbeſchluß der Entente, der die proviſoriſche
Okkupation Oſtgaliziens durch Polen zu einer endgültigen macht,
hat nun die Gärung in dieſem Lande ſehr geſteigert, die bereits
auch in die Ukraine und nach Karpathorußland übergegriffen hat.
In all dieſen von Ukrainern bewohnten Gebieten wird die
Volks=
abſtimmung in Oſtgalizien über ſeine Zukunft gefordert, und ein
millionenſtimmiger Proteſt ertönt in den geſamten ukrainiſchen
Ländern gegen die Vereinigung Oſtgaliziens mit Polen ohne
Volksabſtimmung. Wie die letzten Erörterungen im polniſchen
Seim bewieſen, geſtalten ſich die Nationalitätenkämpfe ſelbſt
im=
mer heftiger, und ſollten wider Erwarten die ukraniſchen
Wäh=
ler in Oſtgalizien ihre Paſſivitätspolitik aufgeben, dann werden
ihre Vertreter im Warſchauer Parlament ebenſo energiſch von
der parlamentariſchen Tribüne aus die jetzige polniſche Politik
bekämpfen, wie bisher die ſloweniſche Koroſchec=Partei und
krog=
tiſche Radic=Partei Großſerbien bekämpft haben.
Von einer weitſichtigen Warte aus betrachtet, müſſen beide
Ergebniſſe als Vorſtöße gegen die „Friedenspolitik” von 1918
und damit als Niederlagen Frankreichs bezeichnet werden. Die
öſtlichen Hilfstruppen gegen Deutſchland ſind in ihrer ſtaatlichen
Feſtigung ſtark erſchüttert. Polen wird immer mehr lahmgelegt;
und die Serben, die Pioniere Frankreichs auf dem Balkan, haben
nunmehr einen inneren Feind, der unüberwältigt daſteht.
Griechiſcher Widerſtand.
Paris, 11. April. (Wolff.) Der in Paris weilende
grie=
chiſche Außenminiſter Alexandris hat in einem Intervielp
dem Vertreter einer Nachrichtenagentur erklärt, Griechenland ſei
feſt entſchloſſen, den Türken keine Entſchädigung zu zahlen,
zu=
nächſt, weil die Griechen ſelbſt zum mindeſten die gleiche Höhe,
wenn nicht roch mehr, an Entſchädigungen von den Türken zu
verlangen hätten, und dann, weil es dem griechiſchen Volke
un=
möglich gemacht werde, ſich zu erholen, wenn man ihm dieſe
neuen unerträglichen Laſten auferlege. Das griechiſche Volk
würde lieber den Frieden nicht unterzeichnen und ſogar auf
Ver=
handlungen verzichten, als eine Entſchädigung bezahlen, die ihm
ungerecht und anannehmbar erſcheine.
Ret
L
Seite 2.
Darmſtädter Tagblatt, Donnerstag, den 12. April 1923.
Nummer 100.
gegen die Sintheerfcaft.
Die Wahrheit über die „friedliche” Aktion Poincarés.
FU. Berlin, 11. April. Die Reichsregierung veröffentlicht
heute die Liſte der von den Franzoſen im Ruhrgebiet vom
15. Januar bis 6. April ermordeten Deutſchen. Die Liſte
verzeichnet 48 Todesopfer. Unter den meuchlings
Erſchoſ=
ſenen befinden ſich
9 Beamte,
34 Arbeiter, Angeſtellte und Kaufleute,
ein Invalide,
ein Greis von 70 Jahren,
ein 16 jähriger Lehrling,
ein 14jähriges Mädchen und
ein 18jähriger Knabe.
Die Lifte bildet in der ſchlichten Aufzählung dieſer Mordtaten
eine erſchütternde Anklage gegen die
franzöſi=
ſche Blutherrſchaft im deutſchen Land, ein Dokument, das
überzeugender als alle Worte die Wahrheit über die
„friedliche Aktion” Poincarés in die Welt ſchreit.
Das Fiasko der Ruhrbeſetzung.
TU. Berlin, 11. April. Wie wir von zuverläſſiger Seite
erfahren, ſind vom 11. Januar bis Ende März 238 000 Tonnen
Kohlen und Koks von den Franzoſen und Belgiern abgefahren
worden, während ſie in dieſer Zeit nach dem bisherigen Verlauf
der Reparationslieferungen 4,2 Millionen Tonnen erhalten
hätten.
Eine Note aus Paris.
TU. Paris, 11. April. Wie wir aus Kreiſen, die dem
Quai d’Orſay naheſtehen, erfahren, hat die franzöſiſche
Regierung am Freitag vergangener Woche wegen der
Eſſener Vorgänge durch die franzöſiſche Botſchaft in
Ber=
in den. Auswärtigen Amt eine Note überreichen laſſen, die in
beſonders ſcharfer Form gehalten iſt. Ueber den Inhalt der
Note wird in Pariſer Kreiſen vorläufig noch Stillſchweigen
be=
wahrt. — Geſtern abend war an Berliner amtlicher Stelle von
dieſer Note noch nichts bekannt.
*
Eſſen, 11. April. (Wolff.) Auf der Zinkhütte, einem
rein belgiſchen Unternehmen, ſind 150 Arbeiter wegen Teilnahme
an der Eſſener Beerdigung entlaſſen worden.
Paris, 11. April. (Wolff.) Die Kommentare der Pariſer
Blätter zu dem Leichenbegängnis in Eſſen ſind im
all=
gemeinen zurückhaltend.
Staatsſekretär Dr. Hamm ausgewieſen.
Unter militäriſcher Bedeckung abgeſchoben.
Berlin, 11. April. (Wolff.) Staatsſekretär Dr. Hamm,
der am Montag abend in Scharnhorſt von den Franzoſen
feſt=
gehalten und dadurch verhindert worden war, an der
Trauer=
feier für die Opfer des Eſſener Blutbades teilzinehmen, wurde
geſtern abend 8 Uhr von Caſtrop unter militäriſcher Bedeckung
nach Scharnhorſt gebracht und aus dem Einbruchsgebiet
aus=
gewieſen. Dr. Hamm traf heute morgen wieder in
Ber=
lin ein.
TU. Berlin, 11. April. Wie wir von zuſtändiger Stelle
erfahren, wird die Reichsregierung gegen die Verhaftung und
Ausweiſung des Staatsſekretärs Hamm ſcharfen Proteſt bei den
Einbruchsmächten erheben. Die Reiſe des Staatsſekretärs
Hamm hatte, wie ausdrücklich betont werden muß, lediglich den
Zweck, für die Opfer der Eſſener Metzeleien die Teilnahme der
Reichsregierung zum Ausdruck zu bringen. Die Angabe der
Franzoſen, daß die Anweſenheit des Staatsſekretärs Hamm im
beſetzten Gebiet die Sicherheit der Beſatzungstruppen gefährde,
ift zu lächerlich, als daß ſie noch ausdrücklich widerlegt werden
müßte.
Eine Geldbuße für Buer.
TU. Buer, 11. April. Die Folgen der bereits gemeldeten
Gleisſprengungen auf der Brücke am Egerplatz zeigen ſich
auto=
matiſch darin, daß der Stadt Buer eine Geldbuße von 50
Millionen Mark auferlegt iſt. Ferner wurde die
berüch=
tigte Straßenſperre von 8 Uhr abends bis 6 Uhr morgens
wieder eingeführt.
* Finnlandfahrt.
An einem Sommertage mittags verſammelten wir uns,
gegen 59 Studenten und Studentinnen aus allen Gauen
Deutſch=
lands, im Stettiner Haſen, um eine Fahrt ins ferne „Land der
tauſend Seen” anzutreten, in jenes Land dort im Norden, das
in unſerem Vaterlande noch viel zu wenig gekannt und geſchätzt
iſt. Nachdem die Paß= und Zollangelegenheiten geregelt waren,
fuhren wir fröhlich und guter Dinge an Bord der „Prinzeſſin
Sophie Charlotte” ab, dem unbekannten Ziele entgegen. Eine
Reihe finniſcher Familien hatte an deutſche Kinder und
Studen=
ten Einladungen zu einem Sommeraufenthalt in Finnland
er=
gehen laſſen, und wir waren eine Schar jener Auserwählten.
Bald paſſierten wir Swinemünde und erreichten die Oſtſee.
Da Wind und Wellen am erſten Tage nicht ſonderlich ſanft
waren, legte ſich raſch der erſte kühne Mut. Umſo prächtiger aber
war das Wetter am zweiten Tage. Vom wolkenlos blauen
Him=
mel brannte die Sonne nur ſo herunter; die See lag ſo glatt
und blank wie ein Spiegel vor uns, wie ich ſie nie bisher geſehen
hatte. Wir lernten uns ſchnell einander kennen, und bald wurde
geſungen mit jener unbekümmerten Fröhlicheit, wie allerorten
die Studenten ſingen. — An Bornholm, Oeland und Gotland
mit ſeiner alten Hanſeſtadt Wisby vorbei ging es längs Oeſel
und Dagö nach Reval in Eſtland, wo wir am Mittag des dritten
Tages kurz landeten, und dann weiter nach Helſingſors, der
Hauptſtadt Finnlands.
Spät abends langten wir dort an. Prächtig war die
Ein=
fahrt durch die Schären, vorbei an der alten hiſtoriſchen Feſte
Sbeaborg oder „Suomenlinna” (Finnlandsburg), wie die
Fin=
nen ſie jetzt ſtolz nennen. Eine Menſchenmenge wartete am
Hafen, als wir ſingend anlegten. Vertreter der finniſchen
Stu=
dentenſchaft begrüßten uns und führten uns zum Studentenhaus,
wo wir in herzlichſter Weiſe aufgenommen wurden, und nach
einem ausgezeichneten Eſſen fanden wir dort unſer erſtes
fin=
niſches Quartier. So müde wir auch nach der Seefahrt waren,
das Einſchlafen wollte erſt gar nicht glücken; Finnland heißt nicht
umſonſt auch „Land der weißen Nächte”: es war ſo hell in dieſer
Sommernacht, daß man um Mitternacht die Zeitung leſen konnte.
Am nächſten Tage fanden wir leider nur wenig Zeit, das
herrlich gelegene Helſingfors zu beſichtigen. Jeder erfuhr Name
und Wohnort der Familie, zu der man eingeladen war, und mit
nioch einigen Kameraden fuhr ich am Nachmittag nach Wiborg
Wald. Wald und wieder Wald, die ganze Nacht hindurch
Der Krieg gegen die Eiſenbahner.
100 Dienſtwohnungen mußten geräumt werden.
Köln, 11. April. (Wolff.) In Koblenz waren bis heute
vormittag 70 Dienſtwohnungen mit etwa 250 Perſonen
geräumt. Heute müſſen weitere 30 Dienſtwohnungen
geräumt werden. Oberbahnhofsvorſteher Still aus
Schlei=
den wurde vom Kriegsgericht in Aachen zu zwei Monaten
Gefängnis und 300 000 Mark Geldſtrafe
verur=
teilt, Oberbahnhofsvorſteher Wagner und die
Eiſenbahn=
aſſiſtenten Kuepper, Hefenſtrick und Puchenheim
er=
hielten von den Franzoſen den Befehl, ihre im Empfangsgebäude
liegenden Dienſtwohnungen bis zum 11. April,
vormit=
tags 10 Uhr, zu räumen. In Wickrath müſſen vier
Be=
amte ihre Wohnungen räumen.
*
* Mainz, 11. April. Am 10. und 11. April 1923 wurden
folgende Eiſenbahner aus dem altbeſetzten Gebiet ausgewieſen:
Fcenzel, Karl, Oberbahnhofsvorſteher aus Budenheim (mit
Familie); Müller, Emil, Regierungsrat aus Mainz (nach
verbüßter Strafe); Göbel, Karl, Oberinſpektor aus Worms
(nach verbüßter Strafe); Keim. Jakob (Familie), Oberſchaffner
aus Mainz (Ehemann befindet ſich noch in Haft); Kolb, Joh.
(Familie), Oberſchaffner aus Mainz (Ehemann befindet ſich noch
in Haft); Pabſt, Friedrich (Familie), Kaſſenbote aus Mainz
(Ehemann befindet ſich noch in Haft); Hörr, Karl (Familie),
Lokomotivführer aus Mainz (Ehemann befindet ſich noch in
Haft); Krug, Emil, Eiſenbahnoberingenieur aus Mainz (mit
Familie). Sattig, Joſef, Schweißer aus Mainz (mit Familie)
Merkel, Johann, Schloſſer aus Bretzenheim (mit Familie);
Heſſe, Friedr., Wagenmeiſter aus Mainz=Kaſtel (mit Familie).
Erweiterung der Mannheimer Beſetzung.
Mannheim, 11. April. (Wolff.) Eine franzöſiſche
Kom=
pagnie zog heute früh über die Rheinbrücke in die Gegend des
Neckars, wo ſie einen Häuſerblock umſtellte, in dem ſich eine
Güterbeſtätterei befindet. Ein weiterer Zug Infanterie lagert
in der Nähe der Spatzenbrücke. Ueber die Abſichten der
Fran=
zoſen läßt ſich zürzeit noch nichts näheres erkennen.
*
Mannheim, 11. April. (Wolff.) Auf Anregung des
Auswärtigen Amtes hat eine Abordnung der nautiſchen
inter=
alliierten Kontrollkommiſſion die Motorenwerke Mannheim
vor=
mals Benz A. G. beſichtigt. Die Abordnung, der ein Italiener,
ein Engländer und ein Franzoſe angehört, ſtellte feſt, daß die
Motorenwerke in keiner Weiſe gegen den Vertrag verſtoßen
hät=
ten und daß die hergeſtellten Maſchinen leine U=Boot=Maſchinen
ſeien. Die Beſetzung der Fabrik ſei daher zu Unrecht erfolgt.
Allerdings ſei die Zurückziehung der franzöſiſchen Truppen aus
der Fabrik Sache der politiſchen Leitung.
Neue franzöſiſche Bluttat.
Buer, 10. April. Im benachbarten Waldhorſt wurde die
Hausangeſtellte Eliſabeth. Scheuſchmann von einem
franzöſiſchen Soldgten erſchoſſen. Die
Scheuſch=
mann war Bedienſtete in einer Wirtſchaft, in der die Franzoſen
verkehrten. Man fand ſie, als der Schuß gehört wurde, mit einer
Stirnwunde tot auf. Der Täter, der Fahrläſſigkeit vorgibt,
ſtellte ſich ſeiner Behörde und wurde verhaftet.
Verhaftungen in Offenburg.
Offenburg, 11. April. (Wolff.) Heute mittag wurden
drei Aufſeher des Gefängniſſes verhaftet, weil ſie am Vormittag
die Aufnahme eines von den Franzoſen eingelieferten Deutſchen
verweigert hatten. Am Nachmittag wurde daraufhin auch
Staatsanwalt Mohr verhaftet, aber bald wieder auf freien Fuß
geſetzt, nachdem ſich herausgeſtellt hatte, daß nicht er, ſondern
Gerichtsaſſeſſor Dr. Mohr verantwortlicher Leiter der
Ge=
ſängnisverwaltung iſt. Von den Aufſehern wurden zwei
eben=
falls wieder auf freien Fuß geſetzt. Die der Staatsanwaltſchaft
angegliederte Kriminalabteilung iſt letzte Woche durch die
Staatsanwaltſchaft aufgelöſt und die Beamten zur
anderweiti=
gen Verwendung ins unbeſetzte Gebiet entlaſſen worden, da zwei
Beamte dieſer Abteilung von den Franzoſen verhaftet, ſpäter
aber wieder freigelaſſen worden waren. Die Franzoſen waren
der Anſicht, daß es ſich bei dieſer Abteilung um eine örtliche
Polizei handle. Die Auflöſung der Abteilung iſt der
franzöſi=
ſchen Beſatzungsbehörde mitgeteilt worden.
Schikanen.
Ludwigshafen, 11. April. (Wolff.) In Neuſtadt
a. d. H. haben die Franzoſen die Fahrkartenbeſtände und die
Akten der Eiſenbahndienſtſtelle in der Dampfheizungsanlage des
Bahnhofs verbrannt.
Münſter, 11. April. (Wolff.) Heute früh beſetzten
die Franzoſen den Bahnhof Recklinghauſen=Süd,
in Recklinghauſen außerdem die Stadt= und Kreisſparkaſſe.
TU. Recklinghauſen 11. April. Hier wurden geſtern
die größeren Banken beſetzt. Auch der Bahnhof Recklinghauſen=
Süd iſt beſetzt worden.
2
Paris, 11. April. (Wolff.) Dem Temps wird aus
Düſ=
ſeldorf gemeldet, daß der Wachtpoſten an der über den Rhein=
Herne=Kanal führenden Brücke von Männern mit Hunden
ange=
griffen wurde. Einer der Angreifer ſei verhaftet worden.
*
Putſchabſichten Dortens?
TU. Paris 11. April. Im Matin veröffentlicht Dorten
einen Aufruf, indem es unter anderem heißt: Der Augenblick iſt
außerordentlich günſtig. Wenn die Unabhängigkeit der
Rhein=
lande von uns, den Rheinländern, beſchloſſen würde, ſo wird
von Berlin aus eine Komödie in Szene geſetzt werden, mit deren
Ausführung der Bürgermeiſter irgendeiner größeren rheiniſchen
Stadt, der ſeinen Platz in dem neutralen Staat des Herrn Cuno
inne hat, betreut wird. Ich bin hierhergekommen, um zu
erfah=
ren, ob Ja oder Nein. Ich erwarte Antwort.
IU. Paris, 11. April. Die von verſchiedenen Pariſer
Blättern veröffentlichten Kommentare über die Frage der
Rhein=
lande dürſten wohl zum guten Teil auf die Anweſenheit des
Dr. Dorten in Paris zurückzuführen ſein.
In der Liberté ſchreibt Bainville zu der Erklärung, daß
man Dr. Dorten nicht empfangen wolle, das ſei in der Tat mehr
als überraſchend. Womit wolle man denn eine rheiniſche
Repu=
blik gründen, wenn nicht mit den Männern, die als erſte auf
dieſe Idee kamen? Im weiteren Verlauf ſeiner Ausführungen
gelangt er zu der Anſicht, daß alles eine Preſtigefrage ſei und
man im Rheinland ſich mehr Geltung verſchaffen müſſe, um
Preußen auszuſtechen. Im Journal erklärt St. Brice an
hervorragender Stelle, wozu Dr. Dorten, deſſen Photographie
von der Zeitung wiedergegeben wird, nach Paris gekommen ſei.
„Wozu verſäumt man dieſe Gelegenheit, die 1919 im Rleinland
begangenen Fehler wieder gut zu machen?” Weiter heißt es
dann: „Seit einiger Zeit ſpricht man viel von rheiniſcher
Auto=
nomie. Man hat ſich davon in London unterhalten und redet
jetzt ſogar in Berlin davon. Man wolle dem Dr. Dorten gern
Glauben ſchenken, wenn er verſichert, daß dieſe Kombination ſchon
vor der Reiſe Loucheurs nach London ausgeheckt horden ſei und
daß dies den höchſten Triumph des deutſchen Widerſtandes
be=
deute.” Brice ſchließt ſeinen Artikel mit der Feftſtellung, daß
das Rheinland nicht zwiſchen Amboß und Hammer bleiben könne.
Gs müſſe ſich an Paris anlehnen, damit es nicht in Abhängigkeit
von Berlin bleibe. Das Rheinland müſſe dadurch die
Rücken=
wehr der franzöſiſchen Verteidigung bilden und nicht die
vor=
derſte Linie der preußiſchen Revanche. Daran könnten alle Worte
von Autonomie, Internationaliſierung, Garantieverträge und
Aufſicht des Völkerbundes nichts ändern. Frankreichs Zukunft
am Rhein hänge einzig und allein von einer unumpunden
fran=
zöſiſchen und energiſch durchgeführten Politik ab,
Franzöſiſche „Kultur”
U. Oberhaufen, 11. April. Der Bahnhof iſt heute
vom deutſchen Eiſenbahnperſonal wieder in Betrieb genommen
worden. Es hat mehrere Tage gedauert, ihn wieder in einen
menſchenwürdigen Zuſtand zu verſetzen. Bis vor kurzem waren
dort franzöſiſche Alpenjäger ſtationiert, die auf dem Bahnhof in
kandalöſeſter Weiſe gehauſt haben. Der Bahnhof war in einem
Zuſtand, als wenn Wilde dort ihr Quartier aufgeſchlagen hätten.
Es iſt nicht möglich, alle Schweinereien, die auf dem Bahnhof
getrieben wurden, wiederzugeben. Das die Alpenjäger ablöſende
Regiment 156 weigerte ſich wegen der Beſudelung der
Bahnhofs=
anlagen, den Bahnhof zu beſetzen. Es bedurfte dazu längerer
Verhandlungen. Doch ſchon nach einigen Tagen rückte das
Regi=
ment wieder ab. Als dann eine Abteilung Belgier den
Bahn=
hof übernehmen ſollte, weigerte ſich auch dieſe, weil ſie in einer
derartigen Schweinerei nicht leben wollte. Es bleibt nun
abzu=
warten, nachdem die deutſchen Eiſenbahner eine gründliche
Reinigung vorgenommen haben, ob die Franzoſen den Bahnhof
wieder beſetzen werden.
Ein Dementi des Lactowerkes.
Berlin, 11. April. Unterm 2. und 8. März wurde in der
Liſte jener Fimen, welche ſich an das franzöſiſche Ein= und
Aus=
fuhramt Bad Ems wandten, auch das Lactowerk Gebr,
Schredelſeker in Horchheim bei Worms genannt. Nach
einem von der Firma vorgelegten Originalſchreiben des
Reichs=
wirtſchaftsminiſters iſt dieſer auf Grund eingehender
Ermittelungen und durch Angaben der Firma zu der Anſicht
ge=
langt, daß das dem Lactowerk zum Vorwurf gemachte Vorgehen
auf unzureichender Information beruhte.
fuhren wir durch Wald, bis wir am Morgen Viipuri (Wiborg)
erreichten, wo ich von einem Sohne meiner Gaſtgeber empfangen
wurde. Dann ging es im Wagen nach Rantala hinaus, der
ſchönen am Strande gelegenen und von einem herrlichen Walde
umgebenen Sommervilla. Hier wurde ich von der Familie
mei=
nes liebenswürdigen finniſchen Gaſtgebers auf das herzlichſte
be=
grüßt, und nun begann ein wundervolles Leben für mich.
Täg=
lich wurde gebadet, geſchwommen, gerudert, geſegelt und Tennis
geſpielt, um immer genügend Appetit für die ſechs Mahlzeiten
des Tages aufbringen zu können. Allwöchentlich wurde in der
altfinniſchen „Sanna” (Dampfbadeſtube) „finniſch gebadet”. Hat
der freundliche Leſer ſchon einmal von einem ſolchen Bade gehört
oder geleſen? Wenn nicht, dann muß ich es beſchreiben.
In einem aus Baumſtämmen blockhausähnlich gezimmerten
Badehauſe befindet ſich ein großer Herd, in dem viele Feld= und
Geröllſteine aufgeſchichtet ſind, die am Badetage bis zur Glut
erhitzt werden. Auf Bänken, die längs der Wände ſo hoch
ange=
bracht ſind, daß man auf ihnen eben noch ſitzen kann, ohne die
Decke des Raumes zu berühren, legt man ſich völlig entkleidet
nieder, und nun wird ab und zu etwas Waſſer auf die
glühend=
heißen Steine gegoſſen, das augenblicklich verdampft und zur
Decke auſſteigt. Ein heißer Hauch umſpült die Badenden. Bald
dringt einem der Schweiß aus allen Poren der Haut; es iſt eine
gründliche Reinigung von innen heraus. Mit weichen Quaſten
aus Birkenzweigen klatſcht man von Zeit zu Zeit den naſſen
Körper ab. Immer heißer wird der Raum, bis man ſchließlich
glaubt, die Hitze nicht weiter ertragen zu können. Dann hinaus,
und heiß und rot, wie man iſt, ſtürzt man ſich mit kühnem
Sprung in das „wildaufſchäumende” Meer. Jawohl, verehrte
Leſerin, direkt hinein ins Meer oder in den See oder Fluß,
denn immer ſteht die finniſche Sanna am Ufer oder Strande
eines Waſſers. Man wird wirklich nicht vom Schlag gerührt, und
kalt wird einem dabei ſchon gar nicht; im Gegenteil, durch den
plötzlichen Wärmewechſel ſchließen ſich die Poren der Haut
augen=
blicklich, und die dem Körper aus der Badeſtube innewohnende
Wärme bleibt erhalten und verurſacht, daß einem das Meer
außergewöhnlich warm erſcheint; natürlich darf das Verweilen
im Waſſer nur kurz bemeſſen ſein. Niemand, der das nicht
mit=
gemacht hat, kann ſich eine Vorſtellung machen von dem
unend=
lichen Wohlgefühl, das dieſes Bad auslöft.
Eine beſondere Freude war mir noch für den Auguſt
vorbe=
halten: in Begleitung des einen Sohnes der Familie eine Reiſe
nach den finniſchen Seen und Stromſchnellen weiter im Norden.
Schon tagelang vorher ſahen wir geſpannt nach dem Wetter; das
aber wurde von Tag zu Tag ſchlechter, und als wir dann in
Vii=
puri den Dampfer beſtiegen, der uns dort in bringen ſollte, goß
es denn auch in Strömen. Trotzdem war ich froher und
erwar=
tungsvoller Stimmung. Wer beſchreibt nun unſere Freude, als
eine knappe Stunde ſpäter das Wetter aufklärte und bald die
Sonne ſchien! Die ganze Woche über, in der wir unterwegs
waren, blieb uns das Wetter treu; Tag für Tag lachte uns die
Sonne vom wolkenlos blauen Himmel, als lege ſie beſonderen
Wert darauf, uns die herlichen Seen, Finnlands Juwel, in
ſtrah=
lendſtem Glanze zu zeigen.
Zuerſt fuhren wir durch den 60 Kilometer langen,
vielſchleu=
ſigen Saimaa=Kanal, der bei Viipuri den Finniſchen Meerbuſen
mit dem Saimaa=Seenſyſtem verbindet. Es war eine romantiſche
Fahrt. Streckenweiſe windet ſich das ſchmale Kanalbett in
ſchar=
fen Krümmungen zwiſchen himmelhohen Felswänden hindurch,
dann wieder führt es durch alte Flußtäler, vorbei an
Strom=
ſchnellen und kleinen Waſſerfällen; faſt überall aber iſt der Kanal
von dichtem Kiefern= und Birkenwald eingeſchloſſen. Ueberhaupt
ſcheint in Finnland der Wald nirgendswo aufzuhören. Viele
Tauſende von Seen, unſagbar ſchön in einem ungeheueren
Mär=
chenwald gelegen, das iſt Finnland, wie ich es auf dieſer Reiſe
zu ſehen bekam und wie es in meinen Erinnerungen fortlebt.
Am ſpäten Vormittag des nächſten Tages erreichten wir bei
Lappeenranta den Saimaa=See, wechſelten den Dampfer und
fuhren längs des Ufers nach Vuokſeniska und von dort mit der
Bahn nach Imatra zu den berühmten finniſchen Stromſchnellen.
Das gewaltige Saimaa=Seengebiet findet nach dem Ladoga=See,
dem größten Binnenſee Europas nächſt dem Kaſpiſchen Meer,
ſeinen natürlichen Abfluß im Vuokſen, der auf ſeinem Wege u. a.,
die rieſigen Imatra=Stromſchnellen und wenige Kilometer weiter
den wunderſchönen Vallinkoski bildet. — Wer kann ſie ſchildern,
die packende Macht, mit der dieſes gewaltige Naturſchauſpiel des
Imatra auf den ergriffenen Beſchauer einwirkt? Weißſchäumend
ſtürzen die mächigen Waſſerwogen unter donnerndem Gebrüll.
durchs enge Felſenbett, bäumen ſich auf, ſchlagen auf einander,
zerreißen in toſendem Wirbel und ſtäuben weißen Giſcht in alle
Winde; und von neuem beginnt das Toben und Toſen, ein
ein=
ziger wilder Waſſerhexenkeſſel ſchäumt und brüllt gegen die Felſen,
die harten, die ihn eng umſchließen. Mit eigentümlichen
Empfin=
den, gemiſcht aus heimlichem Grauen und tiefer Ergriffenheit,
ſchaut man in dieſes wilde Walten, in dieſes Schäumen und
Bäumen der Waſſer und hört ihr Brüllen. Wie trunken wird
das ſchwache Menſchenherz, und heimliche Stimmen wachen drin
auf und locken, locken .a=
—H 4
f45-M4,
R44
Ad!
½
Nummer 100.
Darmſtädter Tagblatt, Donnerstag, den 12. April 1923.
Seite 3.
Amtliche deutſche Reparationsvorſchläge?
TU. London, 11. April. Es gehen hier neue Gerüchte um
von deutſchen Vorſchlägen zur Regelung der
Re=
parationen, welche ſich im großen und ganzen mit den
an=
geblichen Anregungen Loucheurs decken ſollen. An maßgebender
Stelle in London weiß man aber von ähnlichen Vorſchlägen
nichts, und auch in der deutſchen Geſandtſchaft hat man keine
Kenntnis davon. Man iſt der Anſicht, daß beſonders im
Zuſam=
menhang mit der geſtrigen Reichskanzlerrede von deutſchen
Vor=
ſchlägen jetzt wohl nicht die Rede ſein kann.
D
Berlin, 11. April. Von franzöſiſcher, anſcheinend ſehr
gut unterrichteter Seite will die D.A.3. erfahren haben, daß an
Deutſchland in ganz kurzer Zeik eine Aufforderung gerichtet
wer=
den ſoll, fürdie Löſung des Reparationsproblems
beſtimmte Vorſchläge zu machen. Es heißt ſogar, daß
dieſe Forderung einen ultimativen Charakter trage. Ferner
wird hinzugefügt, daß, wenn Deutſchland dieſer Aufforderung
nicht nachkäme, mit einer Art Blockade der Häfen von
Iremen und Hamburg gedroht würde. Es ſollen
Trup=
penverſendungen oder unmittelbare militäriſche Maßnahmen
anſcheinend nicht ins Auge geſaßt ſein, wohl ſoll aber durch
alli=
ierte Kriegsſchiffe auf hoher See die Ein= und Ausfahrt nach
beiden Häfen verhindert werden.
Abſchlägig beſchieden.
TU. Berlin, 11. April. Die interalliierte
Rheinlandkom=
miſſion hatte der deutſchen Regierung durch den Reichskommiſſar
für die beſetzten Gebiete mitteilen laſſen, die deutſche Regierung
ſolle der interalliierten Rheinlandkoinmiſſion von jeder
beabſich=
tigten Verhaftung von Staatsangehörigen der Mächte, die an
der Rheinlandbeſatzung beteiligt ſind, Mitteilung machen,
und im Falle der Feſtnahme von ſolchen Angehörigen ihr das
Material zur Prüfung vorlegen. Die deutſche Regierung hat
jetzt der interalliierten Rheinland ommiſſion durch den
Reichs=
kommiſſar für die beſetzten Gebiete mitteilen laſſen, daß dieſe
Forderung einen ſchweren Eingriff in die deutſche Gerichtshoheit
bedeutete und daß ſie deshalb nicht in der Lage ſei, ihr zu
ent=
ſprechen.
Der franzöſiſche Standpunkt.
Paris, 10. April. (Wolff.) Der Temps beſchäftigt ſich in
ſeinem heutigen Leitartikel bereits mit der heutigen deutſchen
Reichskanzlerrede. Das Blatt vertritt zunächſt den Standpunkt,
tvenn England in dem Konflikt eingreife und ſich öffentlich an die
Seite Fraukreichs ſtellen würde, würden die deutſchen Vorſchläge
treit vorteilhafter für die Gläubiger ausfallen, auf alle Füue
aber ſrüher zu erwarten ſein. Wenn aber die engliſche
Inter=
vention nur darin beſtehe, vermittelnde Vorſchläge zu
veröffent=
lichen, ohne daß man der franzöſiſchen Politik auch nur die
ge=
ringſte Anerkennung zolle, was ſei der Effekt? Die deutſche
Ne=
gierung kerde wieder in ihre Illuſionen zurückfallen. Dieſe
Er=
kenntnis ſei nicht hypothetiſch, ſondern ſchon durch die heutige
Reichstagsrede des Reichskanzlers beſtätigt worden. Kündeten
ſeine Worte irgendwelche Vorſchläge an? Ließen ſie erkennen,
daß die deutſche Regierung nicht mehr den Haß und den Krieg
gegen die Franzoſen predigen laſſe? Bewieſen ſie, daß die
Nach=
richten aus London und Berlin einen heilſamen Einfluß
aus=
geübt hätten? Man werde vielleicht ſagen, das Miniſterium
Cuno könne nicht ſeine Politik ändern, und daß unſer Blick ſich
den Sozialiſten zuwenden müßte, die die nächſte Regierung
bil=
den lönnten. Um das Reparationsproblem freundſchaftlich zu
löſen, ſtelle ihr Organ, der Vorwärts, drei Bedingungen.
In erſter Linie müßten die Vertreter Deutſchlands bei den
Berhandlungen als gleichberechtigt zugelaſſen werden. Dieſe
Forderung könne nur eine Bedeutung haben: Deutſchland müſſe
als nicht mehr durch die Stipulierungen des Vertrages noch durch
den Zahlungsplan gebunden angeſehen werden. In zweiter
Linie verlange der Vorwärts, daß man die finanzielle Unter
ſtützung Amerikas ſicherſtelle, und er erklärt, daß dieſe Unterſtützung
nur erzieli werden könne, folange das deutſche Volk nicht glaube,
daß man ihm etwas Unmögliches abverlange. Denn ſolange das
deutſche Volk dieſe Ueberzeugung nicht habe, würden die
Ameri=
kaner befürchten, daß es nicht freiwillig arbeite, um die Zinſen
ſeiner Anleihen zu bezahlen. Endlich erklärt der Vorwärts, vor
allem müſſe man die Zahlungsfähigkeit Deutſchlands feſtſtellen,
die zweifelsohne nicht 50 Milliarden Goldmark erreiche. Alſo,
ſo ſchließt daraus der Temps, würde die deutſche Schuld nicht
mehr von den Rechten abhängen, die die Gläubiger haben, alſo
nicht von den Schäden, die durch den Krieg verurſacht ſeien, den
Deutſchland geführt habe. Der Betrag der deutſchen Schuld
würde alſo einfach von dem abhängen, was die Deutſchen zu
zahlen Luſt hätten.
* Anm. d. Red. Nicht davon hängt der Beirag der deutſchen
Schuld ab, ſondern von der deutſchen Leiſtungsfähigkeit,
wie das bekanntlich auch verträglich vorgeſehen iſt. Daß die
deutſche Leiſtungsfähigkeit aber ſo gering iſt, das iſt der Erfolg
der franzöſiſchen Erpreſſerpolitik während der letzten vier Jahre!
Die belgiſche Auffaſſung.
TU. Paris, 11. April. Der Brüſſeler Berichterſtatter des
Echo de Paris meldet, die belgiſche Regierung habe auf die Note
Poincarés, die ſich mit der Neiſe Loucheurs nach London;
be=
ſchäftigte, geantwortet. In der Antwortnote Belgiens werde
auf die Erregung hingewieſen, die die Beſprechungen Loucheurs
in London hervorgerufen hätten. Obwohl Loucheur ohne
offi=
ziellen Auftrag nach London gegangen ſei, wiſſe man, daß er
von Poincaré vor und nach ſeiner Reiſe empfangen wurde, daß
aber über den Empfang und über die Londoner Reiſe
Lou=
cheurs keine offiziellen Mitteilungen gemacht wurden. Belgien
erklärt in dieſer Note weiter, Deutſchland könne aus der
Lon=
doner Reiſe Loucheurs Vorteile ziehen, weil man dieſer Reiſe
unrichtige Auslegungen geben könne.
Ruſſiſche Note an Großbritannien.
Aufrechterhaltung vder Zurückziehung der
britiſchen Miſſion in Moskau?
London, 11. April. (Wolff.) Die Daily Mail berichtet,
die bolſchewiſtiſche Regierung habe eine zweite Note
an den Leiter der britiſchen Miſſion in Moskau
ge=
ſchickt in Erwiderung der britiſchen Proteſte gegen die
Ver=
folgung der Kirche durch die Bolſchewiſten. Dieſe zweite
Note ſei ebenſo wie die erſte, die der britiſche Vertreter
zurück=
gewieſen habe, der offiziellen Uebermittelung nach London
un=
würdig. Es wurde geſtern mitgeteilt, daß die Lage zwiſchen
den beiden Regierungen ſich nicht gebeſſert habe und nicht einmal
ſtationär geblieben ſei. Wie verlautet, werde die Frage der
Auf=
rechterhaltung oder die Zurückziehung der britiſchen Miſſion in
Moskan ſowie der Sowjethandelsabordnung in England
er=
ſvogen.
Präſident Harding und der Völkerbund.
Die Haltung der Regierung gegenüber dem
Völkerbund unverändert.
Waſhington, 10. April. (Wolff.) Amtlich wird erklärt
daß Präſident Harding die von manchen Seiten aufgeſtellte
Behauptung, der Beitritt der Vereinigten Staaten zum
ſtändigen internationalen Gerichtshof würde die
Vereinigten Staaten mittelbar in den Völkerbund bringen,
für unrichtig erachtet. Der Präſident ſei der Anſicht, daß die
Frage des Beitritts der Vereinigten Staaten zu dem
internatio=
nalen Gerichtshof von den Anhängern des Völkerbundes in ein
falſches Licht geſtellt worden ſei, indem ſie behaupteten, darin
läge die Möglichkeit, die Vereinigten Staaten in den Völkerbund
zu bringen. Die Erklärung beſagt weiter, die Haltung der
Regierung gegenüber dem Völkerbund ſei unverändert.
Waſhington, 10. April. (Wolff.) Das Staats
departement verweigerte der Frau des Präſidenten
des Zentralen Vollzugsausſchuſſes Kalinin, die beabſichtigte
in Amerika Vorträge über die Hungerleiden der ruſſiſchen Kinder
zu halten, das Paßviſum. Das Staatsdepartement erklä
die Anweſenheit der Dame in den Vereinigten Staaten ſei
une=
wünſcht mit Rückſicht auf die Gefühle, die durch die
Hinrich=
tung Budkewitſchs hertorgerufen worden ſeien. Bei dem
Staatsdepartement ſeien zahlreiche Proteſte aus allen Teilen
des Landes gegen ihre Zulaſſung eingegangen.
Pfarrer Traub vor dem Staatsgerichtshof.
Pfaxrer Traub nimmt die Aeußerungen über
den Reichspräſidenten zurück.
Leipzig, 11. April. (Wolff.) Im Prozeß vor dem
Staatsgerichtshof gegen Pfarrer Traub haben die von
dem Vorſitzenden angeregten Vergleichsverhandlungen zu dem
Ergebnis geführt, daß der Angeklagte Traub folgende
Erklä=
rung abgab:
„Ich habe mich aus der Ausſage von Zeugen überzeugt,
daß die von mir aus dem „Reichswart” in meinem Aufſatz in
der „München=Augsburger Abendzeitung” vom 6. Mai
über=
nommenen Mitteilungen die Vorgänge heim Empfangsabend
vom 2. Februar 1921 in vollſtändig entſtellter Weiſe
wieder=
gegeben haben, und daß deshalb der aus dieſer Darſtellung
gezogene Schluß, der Herr Reichspräſident habe bei jener
Ge=
legenheit eine raterlandswidrige Geſinnung an den Tag
ge=
legt, der Wirklichkeit widerſprechend iſt und eine ſchwere
Krän=
kung des Reichspräſidenten enthält. Ich erkläre mein
Be=
dauern darüber, daß ich dieſe Mitteilungen übernommen habe.
Ich bin bereit, dieſe Erklärung in einer der nächſten Nummern
der „München=Augsburger Abendzeitung” abzugeben.” Weiter
erklärte der Angeklagte, die Koſten des Verfahrens übernehmen
zu wollen.
Im Anſchluß hieran wurde das Verfahren ausgeſetzt, bis
von dem Reichspräſidenten die formelle Zurücknahme des
Straf=
antrags vorliegt.
Deutſcher Reichstag.
* Berlin, 11. April. (Eig. Bericht.) Am Regierungstiſche:
„Juſtizminiſter Heintze.
Präſident Loebe eröffnet die Sitzung um 3.20 Uhr und weiſt
auf die neuen Uebergriffe gegen Abgeordnete des Reichstags während
der Oſterſerien und auf die Bluttaten gegen die Bewohner des
Ruhr=
gebietes hin. Die geſtrige Rede des Reichskanzlers hat im ganzen Vol”
Widerhall gefunden. Das franzöſiſche Militär hat neue Gewaltakte
verübt gegen den Abgeordneten und Regierungsvertreter, die den Tote
in Eſſen die letzte Ehre erweiſen wollten. (Lebh. Pfuirufe.) Es ſcheint
faſt, als ob durch Bedrückungen und Demütigungen der Feind unſer
Volk zur Verzweiflung zu bringen ſuche. Er wird es aber nur dazu
bringen, daß der Widerſtand ſtahlhart und daß der Welt ein Licht
au=
gezündet wird über ein Volk, das ſich einſt wühmte, mit an der Spitze
der Ziviliſation zu ſrehen. „Sie morden den Geiſt nicht. Ihr Brüder
Dieſen Spruch auf einer Kranzſchleife am Grabe in Eſſen rufen wir
den Landsleuten an der Ruhr täglich zu. Das Wort bleibt gelten, bis
die Befreiungsſtunde ſchlägt. (Lebhafter Beifall.)
Das Geſetz über den Verkehr mit Abſynth wird
un=
verändert angenommen. Dem Abkommen mit Dänemark zur Regelung
des Lufvverkehrs wird zugeſtimmt. Verſchiedene kleine Vorlagen
wer=
den den Ausſchüiſſen überwieſen.
Das Haus verragte ſich auf Donnerstag, 2 Uhr:
Evnährungs=
miniſterium, Verkehrsminiſterium. — Schluß gegen 4 Uhr.
*
TU. Berlin, 12. April. Der Auswärtige Ausſchuß des
Reichstags tritt heute vormittag 10 Uhr zu einer Sitzung
zu=
ſammen.
* Die Kohlenverſorgung des beſetzten Gebiets.
Die Rheinlandkommiſſion fordert die öffentlichen Anſtalten
des beſetzten Gebietes auf, ihre Brennſtoffe bei den Produzenten
unmittelbar zu beſtellen, und erklärt ſich bereit, den Transport
auf der Eiſenbahn ſicherzuſtellen bzw. auf den Waſſerwegen nicht
ſtören zu wollen. Es handelt ſich dabei um ein recht plumpes
Manöver, die Schuld für die den beſetzten Gebieten drohende
Kohlenkataſtrophe von ſich abzuwälzen. Wenn die
Rheinland=
kommiſſion die Kohlennot des beſetzten Gebietes ernſtlich
be=
heben wollte, ſo wäre doch wohl der einfachſte Weg der, die
Transporimittel freizugeben. Anſtatt deſſen wird durch die
Ver=
treibung der deutſchen Eiſenbahner der ganze deutſche
Eiſen=
bahnverwaltungsapparat planmäßig zerſtört und ſomit die
Vor=
ausſetzunz für eine genügende Kohlenverſorgung des beſetzten
Gebietes vernichtet. Jetzt möchte man die deutſchen Eiſenbahner
auf dieſe Weiſe dazu veranlaſſen, ſich der neuen franzöſiſch=
bel=
giſchen Ciſenbahnregie auf Gnade und Ungnade auszuliefern
und dem eigenen Volk in den Rücken zu fallen, durch Transport
von Kohle nach Frankreich und Belgien, und das alles auf die
leere Verſprechung hin, daß dann vielleicht auch Kohlen für
den deutſchen Verbraucher abfallen. Die Franzoſen mögen es
ſich geſagt ſein laſſen, daß die deutſchen Eiſenbahner auf ein jo
plumipes Manöder nicht herinfallen. Ganz ähnlich liegt es mit
dem Waſſertransport. Wenn wirklich die Rheinlandkommiſſisn
anordnen würde, daß weder Kähne noch Schlepper bei der
Aus=
führung von Kohlentransporten requiriert würden, ſo könnte ſich
doch kein Reeder und kein deutſcher Arbeitnehmer darauf
ver=
laſſen. Wenn er ſein Fahrzeug überhaupt in Betrieb hält, ſo
läuft er immer Gefahr, nach der Transportausführung bei der
Leerfahrt oder, wie dies auch ſchon vorgekommen iſt, ſtill im
Hafen liegend, zu franzöſiſchen Zwecken requiriert zu werden,
denn die Rheinlandkommiſſion hat wohlweislich in dieſer
Rich=
tung keirerlei Sicherheit gegeben. Im übrigen kann es auch
nicht wundernehmen, daß kein Menſch mehr den Zuſagen der
Ryeinlandkommiſſion überhaupt traut, nachdem dieſe das
Rhein=
landabkommen, einen feierlichen Vertrag, mehrſach durchbrochen
hat. Glaubt die Rheinlandkemmiſſion wirklich, daß es ihr
ge=
lingen wird, die deutſche Arbeiterſchaft zu ſpalten in einen Teil,
der unter der gnädigen Duldung der Rheinlandkommiſſion
Trausporte ausführt, an denen ſie Intereſſe hat, und in einei
anderen widerrechtlicher Behandlung ausgeſetzten Teil?
Die deutſche Regierung tut ihr Beſtes, um die Not im
be=
ſetzten Gebiet zu beheben. Die Schuld für alles das, was ſie
durch die Franzoſen verhindert, nicht zu leiſten vermag, fäüt
lediglich auf dieſe, auf die Leiter des „friedlichen
Ruhrunterneh=
mens”. In dem Augenblick, in dem die Rheinlandkommiſſion
den vertiagsmäßigen Zuſtand wiederherſtellt, wird auch dem
be=
ſetzten Gebiet geholfen werden können. Die Wiederherſtellung
der Rheinſchiffahrtsakte, die volle Sicherheit für Fahrzeuge und
Perſonal. Freiheit von Belaſtung mit Formalitäten und
Bezah=
ling von Abgaben, wie ſie jetzt von den Behörden der Be
ſatzungstruppen verlangt werden, müßte eigentlich
ſelbſtverſtänd=
lich ſein. Dann wird auch die Rheinſchiffahrt wieder in
Tätig=
keit treten und ihre wirtſchaftliche Aufgabe erfüllen können. Die
Taktik der Franzoſen, die darauf hinausläuft, die Folgen ihrer
Raubpolixik der deutſchen Regierung zur Laſt zu legen, wird von
jedem Deutſchen im beſetzten und unbeſetzten Gebiet längſt
durch=
ſchaut, und man ſollte daher dieſe plumpen Manöver doch beſſer
unterlaſſen.
Miniſterbeſprechungen in Paris.
* Brüſſel, 11. April. (Priv.=Tel.) Der belgiſche
Miniſter=
präſident Theunis und der Außenminiſter Jaſpar werden
in Begleitung ihrer Alteilungschefs am Freitag früh um 8 Uhr
nach Paris fahren
Am nächſten Tage ging es nach Vuokſeniska zurück und
wie=
der an Bord. Und nun begann die wohl herrlichſte Seenfahrt
meines Lebens. In tiefem Blau wölbte ſich der Himmel über
uns, glitzernd ſpiegelte ſich die Sonne in den klaren Fluten des
Saimaa=Sees, durch die das Schiff ſeine Straße zog, vorbei an
vielen tief eingeſchnittenen Buchten, in denen ſich der entzückſte
Blick bis in die blauende Ferne verlor, vorbei an Tauſenden
von Inſeln und Inſelchen von mannigfacher Form und
Schön=
heit. Ohne müde zu werden ſchauten wir ſtundenlang von
Schif=
fes Bord in dieſes ſtille verträumte Märchenland. Wohl hat mich
einſt die ſtolze Schönheit Norwegens bewegt, mehr aber ergriff
mich die unendliche Lieblichkeit und Innigkeit der Natur, die
ſich hier den ſchönheitstrunkenen Blicken darbot. Unſagbar ſchön
war auch der Sonnenuntergang, in deſſen dunkelrotflammende
Farbenpracht das Schiff gerade hineinzufahren ſchien; ſelbſt in
den ruſſiſchen Steppen mit ihren ſo glutvollen
Sonnenuntergän=
gen habe ich ſo Schönes nicht gefehen. — Leider fuhren wir auch
nachts ununterbrochen weiter, und vieles blieb ſo ungeſehen.
Der folgende Tag ſtand dem vorigen an Schönheit nicht nach.
Ich ſtaunte über die ſchier unzählbare Menge der Inſeln, mit
denen die Seen wie überſät waren und die in immer neuen
Formen und Silhouetten ſich zeigten. See und Wald und Wal)
und See, und doch iſt die Fülle ihrer Formen ſo mannigfaltig,
daß ein Ermüden ſich nicht einſtellt. Und über all dem liegt der
tiefe Frieden einer jungfräulichen Natur. Wahrlich, ein
Märchen=
land, ſo ſchön, ſo traumperloren! Der tieſen Ergriffenheit ob
dieſer wundervollen Schönheit, die mich in ihren Bann geſchlagen
hatte, wolle man die nachfolgenden Zeilen zugute halten, die ich
damals in mein Tagebuch ſchrieb:
O Saimaa=See; o Saimaa=See,
Mir tut das Herz vor Sehnſucht weh,
Wenn dein von fern ich denken muß;
Dir ſend ich dieſen letzten Gruß.
O Saimaa=See, wir warſt du ſchön!
Werd ich wohl je dich wiederſehn,
Die Inſeln, Buchten, waldumſäumt,
Im Abendfrieden, ſtill, verträumt?
O Saimaa=See, ich denke dein
Bei jedem Abendſonnenſchein;
Wenn golden glänzt des Himmels Band,
Dann grüß ich dich aus fernem Land!
Abends erreichten wir Sovoulinna, die Hauptſtadt der
Pro=
vinz Savolar, das Ziel unſerer Reiſe. Der nächſte Vormittag
war der Beſichtigung der Olofsburg (Olaviulinna) gewidmet,
jener alten mächtigen Burg, die in den vergangenen Jahrhunder
ten ſo oft der Schauplatz blutiger Kämpfe der Finnen und
Schweden gegen die Ruſſen war, und deren hohe ſteinerne Türme
noch heute als gewaltige Merkzeichen in das Land hinaustrotzen.
Dankbar gedenke ich der köſtlichen Fernblicke aus ihren Fenſtern
und Schießſcharten ringsum über das ſchier unereßliche Wald=
und Seengebiet.
Der Nachmittag war zu einem Dampferausflug nach
Punka=
harju beſtimmt, jenem ſchmalen, oft nur wenige Meter breiten
natürlichen Damm, deren man mehrere in Finnland kennt und
die ſich viele Kilometer lang als Seenſcheide erſtrecken. Rechts
Seen, links Seen, und zwiſchen ihnen nur dieſer ſchmale,
wald=
beſtandene Rücken, der zu ſtundenlangen, herrlichen
Spazier=
gängen einlädt, fernab von allem Menſchengetriebe. Schwer nur
konnte ich mich von dort trennen; aber eine prachtvolle
Dampfer=
fahrt mitten in den purpurglühenden Abendhimmel hinein
trö=
ſtete mich bald und zauberte mir die ſchönſten Erinnerungen an
den Saimaa=See vor die Seele.
Der folgende Tag war ein recht trauriger für mich: im heißen
Eiſenbahnwagen ging es vom frühen Vormittag an zurück nach
Viipuri, wo wir abends anlangten, und mit dem Wagen erreich
ten wir, ſchon tief in der Nacht, Rantala. Nach kurzem dank
erfülltem Bericht ging es zu Bett, und bald fuhr ich in Morpheus”
Armen über goldene Saimaa=Seen.
Die letzten Wochen in Rantala vergingen wie im Fluge.
Im=
mer mehr wurde es Herbſt, die Birken begannen in allen
Far=
ben zu leuchten. Es wurde kühl und regneriſch. Dann kam der
Abſchied von meinen lieben Gaſtgebern, die mich in ſo herzlicher
Freundlichkeit aufgenommen und mir ſo viel Gutes erwieſen
hatten, und ehe ich mich verſah, war ich wieder in Helſingfors an
Bord der „Prinzeſſin Sophie Charlotte‟. Der herzliche Abſchied,
den uns die finniſche Studentenſchaft in Helſingfors gab, das
Wiederſehen mit den Reiſegefährten, die ſich alle geſund und
wohl und mit leuchtenden Augen wieder eingefunden hatten
waren wie im Traum an mir vorübergegangen. Die Rückfahrt
verlief nicht ganz ſo friedlich wie die Hinreiſe; die meiſten litten
ſehr unter dem unruhigen Seegange. Aber als in der Nähe der
deutſchen Küſte Wind und Wellen ſich legten, ertönten bald
wie=
der frohe Lieder; auch ſo manches jener herrlichen wehmütigen
finniſchen Volkslieder konnte man da aus deutſchem Munde
hören. Als wir in Stettin wieder landeten, riefen wir
Finn=
land ein letztes „Eläköön Suomi!” zu und begrüßten unſer liebes
Vaterland mit dem zukunftsfrohen Sang „Deutſchland,
Deutſch=
land über alles!“
A. Tr.
Die Pantomime.
* Die als Baſtard von Dichtung und Tanz verkannte
Kunſt=
form der Pantomime hat in Deutſchland eine troſtloſe Geſchichte.
Es iſt tatſächlich ſo, daß ſeit der klaſſiſchen Tanzepoche keine
irgendwie hochwertige deutſche Pantomime entſtand. Das
Inter=
eſſe an gedrängter Dramatik ſcheint ſich im Kino zu erſchöpfen.
Gehen wir rückwärts, ſo finden wir bis zu Gluck („Semiramis”
und „Don Juan” wurden als letzte künſtleriſchen deutſchen
Panto=
mimen erkannt und aufgeführt), nur Belangloſigkeiten oder
Aus=
ländiſches. Und auf den Import ſind wir angewieſen, wenn wir
Pantomimen von irgendwie künſtleriſchem Wert genießen
wol=
len. Vom Weſten kommen Ravel und Debuſſy, vom Oſten
be=
ſonders Strawinsky
Die künſtleriſch vollendetſte Wiedergabe einer Pantomime
iſt die, welche das Weſen der Pantomime am deutlichſten er
ſchöpft. Bei einer Pantomime handelt es ſich nicht um die Dar
ſtellung einer Geſchehens unſerer tatſächlichen=Welt durch
mög=
lichſte Realiſtik (dann wäre die Frage zu ſtellen: „Warum
ſpre=
chen die Leute nicht?”), ſondern um die Herausſchälung eines
ſeeliſchen Kerns von empiriſchen Vorgängen hinter
nebenſäch=
lichem äußeren Geſchehen durch Rhythmus, Muſik und Linie. An
Stelle des ſonſt verlangten Wortes tritt der Körper und
muß=
gleich jenem im Drama, hier zu ſymboliſcher Bedeutung wachſen.
Das Geſetz der rhythmiſchen Bewegtheit hat über allem anderen
zu ſtehen. Zumeiſt geht ſchon aus der Dürftigkeit des Sujets
hervor, wie nebenſächlich oft der äußere Inhalt iſt. Erſt die
erſchöpfende Umſetzung der Muſik ins Darſtelleriſche, das plaſtiſch
gewordene Muſikaliſche ſchafft den Vorgang. Der Pantomimiker
hat produktiv eine Geſtalt zu formen, in die er eingeht. (Die
Tänzerin dagegen gibt reproduzierend, umfühlend, zumeiſt ſich
ſelbſt.) Aus dem Geſagten geht hervor, wie ungeheuer ſchwel
es iſt, pantomimiſche Maſſenſzenen künſtleriſch zu geſtalden. Eine
bewegte Menge bildet noch kein Volkstreiben, wenn dieſe
Be=
wegtheit nicht bis ins kleinſte muſikaliſch getrieben iſt. Pizzikato
und Gliſſando, Fermate und Andante fordern ihre Verkörperung
Sich wiegen und Zuſammenſtrömen, Auseinanderfluten und
Be=
gegnen müſſen wie unter einem unſichtbaren Dirigentenſtock
ſtehen. Die Kunſt ſchafft den Vorgang und nicht umgekehrt. Uh.
Seite 4.
Darmſtädter Tagblatt, Donnerstag, den 12. April 1923.
Rummer 100.
Stadt und Land.
Darmſtadt, 12. April.
Suspendierung der Kapitalertragsſteuer.
Aus dem Geſetz über die Berückſichtigung der
Geldent=
ivertung in den Steuergeſetzen iſt von befonderer Bedeutung für
die Oeffentlichkeit die darin ausgeſprochene Suspendierung der
Kapitalertragsſteuer. Die Kapitalertragsſteuer iſt im März 1920
zugleich mit der Reichseinkommenſteuer und der
Körperſchafts=
ſteuer eingeführt worden. Sie beruhte auf der damals richtigen
Erwägung, daß das Einkommen aus Kapitalvermögen als
fun=
diertes Einkommen vorausbelaſtet werden könne.
Infolge der Entwickelung der wirtſchaftlichen Verhältniſſe in
Deutſchland iſt die Bedeutung des Kapitaleinkommens hinter
dem ſonſtigen Einkommen imner mehr zurückgetreten.
Das zeigt die Statiſtik. Das zeigt auch das
Aufkom=
men von Kapitalertragsſteuern, das im
Gegen=
ſatz zu den ſonſtigen direlten Steuern der Geldentwertung
nicht gefolgt iſt. Zudem befindet ſich das Kapitalvermögen,
ins=
befondere feſtverzinsliche Wertpapiere, zum großen Teil in
Hän=
den leiſtungsſchwacher Kreiſe, denen die Kapitalertragsſteuer
zum Teil ganz erſtattet, zum Teil auf die Einkommenſteuer
ange=
rechnet werden mußte. Die Grenzen, bis zu denen die Erſtattung
und die Anrechnung zuläſſig waren, mußten naturgemäß immer
weiter gezogen werden. Das ſehr verwickelte Verfahren
erfor=
derte einen Aufwand an Zeit und Arbeitskräften, der mehr und
mehr außer Verhältnis zu den Einnahmen aus der
Kapital=
ertragsſteuer ſtand. Daher ſoll die Kapitalertragsſteuer
einſt=
weilen nicht mehr erhoben werden. Das Geſetz iſt aber nicht
fomell aufgehoben. Der Reichsminiſter der Finanzen iſt
viel=
mehr ermächtigt, es mit Zuſtimmung des Reichsrats wieder in
Kraft zu ſetzen, ſobald die wirtſchaftlichen Verhältniſſe es
geſtat=
ten. Nach dem Geldentwertungsgeſetz vom 20. März 1923 wird
von den Beträgen aus Kapitalvermögen, die nach dem 3. April
1923 fällig werden, die Kapitalertragsſteuer bis au
weiteres nicht erhoben. Die Aprilzinſen ſind alſo noch
kapitalertragsſteuerpflichtig. Bei den Dividenden bleibt die
zehnprozentige Vorausbelaſtung voll beſtehen. Im Intereſſe der
Vereinfachung des Steuerapparates werden dieſe 10 Prozent
aber nicht mehr als ſelbſtändige Kapitalertragsſteuer erhoben.
Während der Dauer der Nichterhebung der Kapitalertragsſteuer
erhöht ſich nach dem vorerwähnten Geſetz bei den
Erwerbsgeſell=
ſchaften die nach dem Körperſchaftsſteuergeſetz auf die verteilten
Gewinnanteile zu entrichtende Steuer um 10 Prozent. Sie
be=
trägt ſomit bei den nach dem 3. April 1923 fällig werdenden
Divi=
denden uſw. nicht mehr 15, ſondern 25 Prozent. Dieſe Erhöhung
gilt jedoch nicht für G. m. b. H., die nach dem § 3 Ziffer 5 des
Kapitalertragsſteuergeſetzes von der Kapitalertragsſteuer
be=
freit ſind.
— Heſſ. Landestheater. „Hagith” und „Petruſchka”. In
der heutigen Uraufführung der einaktigen Oper „Hagith” von Karol
Szymanowski ſpielt die Titelrolle Frau Orff=Solſcher, den alten König
Herr Verheyen, den jungen König Herr Höfflin, den Arzt Herr Biſchoff,
den Hohenprieſter Herr Hölzlin. Muſikaliſche Leitung: Joſef
Roſen=
ſtock, Regie: Jofef Schlembach. In „Petruſchka” ſind die drei
Solo=
tänzerinnen des Balletts, Frl. Willenz, Frau Osborn und Frl.
Dona=
lies, außerdem das Ballettenſemble einige Schauſpieler und das
ge=
ſamte Chorperſonal beſchäftigt. Muſikaliſche, Leitung: Walter Beck.
Regie: Joſef Schlembach und Nini Willenz. Die Bühnenbilder für
„Hagith” und „Petruſchka” ſind von T. C. Pilartz. — Im Kleinen
Haus wird heute Abend „Bunbury” gegeben.
— Volkshochſchule. Soeben iſt der neue, 6. Arbeitsplan, gültig
für Sommer 1923, erſchienen. Er verzeichnet 35 Kurſe über alle
Gebiete des Wiſſens, die Jedermann offenſtehen. Wenn auch
zwei Vorkurſe in Deutſch und Rechnen und die Sppachenkurſe in
Eng=
liſch und Franzöſiſch fortgeſetzt werden, ſo liegt die Bedeutng der
Sommerarbeit in den zahlreichen Führungen und
Wanderun=
gen, die unſere Heimat nach allen Seiten erſchließen ſollen; geologiſche
und botaniſche Wanderungen, Kunſt= und Heimatführungen, Führungen
durch alte und neue Gärten, ergänzt durch eine Vortvagsreihe über
„Natuverſcheinungen in der Erdatmoſphäre‟. Daneben finden
Vor=
tragsreihen und Arbeitsgemeinſchaften über Deutſche Dichtung der
Romantik. Goethe, Bürgel (Die Zeit ohne Seele), Walther Rathenau,
pſychologiſche und ethiſche Fragen der Technik, Deutſches Rokoko,
Neu=
zeitliche Ornamentik, künſtleriſche und praktiſche Handarbeiten, Malem,
Zeichnen, Skizzieren im Freien, Plaſtik, Körperbildung, Singſchule und
Volkstänze, Fragen der Jugendbewegung ſtatt. Die Ferienkurſe bieten
die wichtigſte Vertiefung der wintenlichen Kursarbeit in Arbeits= und
Lebensgemeinſchaften und führen in den Harz, Schwarzwald nach
Sylt, in die Alpen und das Allgäu. Man leſe genau den
Arbeits=
plan (Preis 200 Mk.); er iſt zu haben in den Buchhandlungen Lange,
Saeng, Schroth im Verkehrsbureau, Gewerkſchaftshaus und
Geſchäfts=
ſtelle. Anmeldungen in der Geſchäftsſtelle der Volkshochſchule,
Wilhelminenſtraße 3,II, zu den Kurſen beginnen heute, täglich 11—1
und 4—7 Uhr, Samstags 11—2 Uhr. Man melde ſich ſofort und
warte nicht bis zum Schlußtag der Meldungen: B. April.
— Kupferſtichkabinett des Landesmuſeums. Während der
Sommer=
monate iſt der Studienraum des Kupferſtichkabineuts jeden Mittwoch
von 11—1, 3—5 Uhr, jeden Freitag 11—1 Uhr geöffnet. Die Beſtände
bes Kabinetts, Holzſchnitte, Stiche, Hondzeichnungen,
Reproduktions=
wverke uſw. werden Jedermann auf Verlangen vorgelegt. Ueber das
vorhandene Material erteilt der aufſichtsführende Beamte Auskunft.
— Gemeindeabend. Am 8. und 9. April hielt die
Jugendver=
einigung der Paulusgemeinde ihren diesjährigen
Werbe=
abend ab. Friſch eingeleitet wurde er durch die Ouvertüre zu „Carmen”.
Es folgten deklamatoriſche und ſehr gute turneriſche Darbietungen.
Herr Breger ſang mit nicht allzu großer Stime einige Lieder, und
das Klampfoncheſter verfehlte ſeine Wirkung nicht. Die Roſine im
Kuchen war das Theaterſtück „Der Wunderkrug‟. Die Hauptrollen
waren glänzend vertreten durch die Herren Ihiem und Harres. Herr
Belz und Herr Bohn machten ihre Sache vortrefflich. Herr
Hanne=
wald war für das erſtemal, wie man hörte, nicht übel. Die Damen
Geiß und Schlund hätten etvas mehr Spiel endwickeln dürfen. Der
Geſamteindruck der Aufführung war ein guter. Leider ſtörte die große
Unruhe im Saal, beſonders bei der jüngeren Damemwalt, ſehr.
Darmſtädter Erinnerungen.
Von Dr. jur. et phil. Karl Eſſelborn.
IX.
In den von Wilhelm Schulz (1797—1860) im Jahre
1846 veröffentlichten „Briefwechſel eines Staatsgefangenen und
ſeiner Befreierin” (2 Bände, Mannheim 1846) ſind mancherlei
Schilderungen des Darmſtädter Lebens enthalten. Mit köſtlichem
Humor ſind beiſpielsweiſe die Leiden gemalt, die eines jungen
Leutnants, auch Schulzens, nachdem er im Jahre 1813 zum
Offi=
zier befördert worden war, auf den Hofbällen warteten: „Da
ſtanden wir Amen,” ſchreibt Schulz (Bd. 1, S. 180 f.), „
Kra=
watten und Uniformen eng zugeknöpft, Degen an der Seite,
Hut unter dem Arm und in der anderen Hand den ſiedend heißen
Tee, den man anſtandshalber nicht einmal aus der Ober= in die
Untertaſſe gießen durfte. Es war zum Verzweifeln. Und nun
gar jene großen Huldigungs= und Trauercouren. Beide Sorten
kamen eigentlich auf eins heraus; denn die eine nimmt ſich ſo
traurig aus wie die andere. Aber doch fand bei der Trauercour
das Beſondere ſtatt, daß von ſämtlichen, auch von den älteſten
Hofdamengeſichtern alle weiße und rote Schminke bis auf die
tiefften Schichten des Urgeſteins herab ſauber weggewaſchen und
weggeſcheuert werden mußte, ſo daß die Damen nur die Trauer
ſelbſt als Schminke trugen. . . . Noch ſchlimmer war es mit
den ſogenannten Hofbällen. Neben einigen zierlichen jüngeren
Damen gab’s am Hofe eine beträchtliche Zahl älterer, aber deſto
gnädigerer Fräuleins, welche gegründeten Anſpruch darauf
hat=
ten, ſich bei außerordentlichen Gelegenheiten die Cour machen
zu laſſen. Alſo erging auf der Parade von Zeit zu Zeit unter
den Offizieren ein Aufgebot an junger Mannſchaft, um die
Fräu=
leins zu betanzen. Zwar ſtand keine Arreſtſtrafe darauf, wenn
man dieſem Notruf keine Folge leiſtete, ſondern es hieß nur,
wie beim Sturm auf Batterien: „Freiwillige vor!” Aber wer
immer hartnäckig blieb, wurde doch ſehr übel angeſehen.” Eine
Neubearbeitung des genannten Werkes iſt in Vorbereitung.
— Univerſitätsprofeſſor Dr. Ludwig Curtius, der Redner der
kommenden humaniſtiſchen Veranſtaltung, ſpricht
anerkann=
termaßen glänzend. Er wird mit Lichtbildern über „Antike
undmoderne Plaſtik” reden und die Linien
vomAlter=
tum zur Gegenwart ziehen. Seine Darlegung der
fort=
dauernden Wirkung der Antike auf romaniſchen und
goti=
ſchen Stil nennt Franz Boll ein Meiſterſtück. — Der
Vortrag findet am Freitag, den 13. April, im Feſtſaal
des Gymnaſiums (Karlſtraße 2) ſtatt und beginnt pünktlich um
8 Uhr. (Näheres ſiehe Anzeige.)
* Merkwürdiges Geſchäftsgebaren. Die Eiſenbahn=
Stations=
kaſſe Darmſtadt bezahlte, wie uns mitgeteilt wird, eine Rechnung
durch Poſtſchecküberweifung und zog von dem Rechnungsbetrage
100 Markfür „Gebühren” ab. Auf Reklamation erfolgte
folgende lakoniſche Antwort: „Laut Amtsblattverfügung Nr
367 / 1925 Direktion Frankfurt a. M. müſſen wir für jeden
Scheck=
vordruck 100 Mark abziehen. Jeder Proteſt iſt zwecklos.
Stations=
kaſſe.” — Wir fragen: Wer gibt der Direktion Frankfurt das
Recht oder die Befugnis, ein derartiges Dekret zu erlaſſen, und
womit will ſie den Betrag von 100 Mark für den Scheckvordruck
begründen? Heißt es vielleicht den oft geforderten bargeldloſen
Zahlungsverkehr fördern, wenn willkürlich eine derartige Steuer
erhoben wird? Sollte Proteſt da wirklich zwecklos ſein?
— Verein für Vogel= und Geflügelzucht 1876. In der zahlreich
beſuchten Aprilverſammlung erſtattete der Vorſitzende einen
eingehen=
den Bericht über die Vereinsausftellung im Orangeriegarten. Nach
demſelben waren 144 Nummern in 21 verſchiedenen Raſſen ausgeſtellt.
Als ein Zeichen der Zeit dürfte es anzuſehen ſein, daß jetzt die ſchweren
Raſſen, wie Plymouth, Wyandotdes, Orpington, vor den Italienern
und den eigentlich deutſchen Raſſen bevorzugt werden, und dadurch iſt
es erklärlich, daß die ſchwveren Raſſen ein Drittel der Ausſtellung
aus=
machten. Die Qualität der Tiere hat ſich gegenüber dem Vorjahre
gebeſſert, was wohl auf die aufklärende Tätigkeit im den
Vereinsver=
ſammlungen zurückzuführen iſt; es dürfte ſich deshalb der Beſuch dieſer
Verſammlungen im eigenen Intereſſe empfehlen. Der Preisrichter
konnte infolge deſſen 12 erſte, 18 zweite und 40 dritte Preiſe vergeben,
außerdem konnten dank der Opferwilligbeit einiger Mitglieder zehn
wertvolle Ehrenpreiſe vergeben werden, von denen die Herren F.
Wei=
gold ſen., J. Göbel und Adolf Möſer je zwei und die Herren J.
Brei=
dert, W. Preuſch, Val. König und H. Kaus je einen erhielten. Erſte
Preiſe fielen an die Herren W. Preuſch, W. Geher 12., Fr. Weigold
ſen., Val. König, E. Jakobi, F. C. Weigold jun., Ad. Möſer, Auguſt
Krautwurm ud Adolf Niehl; außerdem erhieltem die Vorgenannten
neben den Herren J. Breidert, L. Henkel, Gg. Zulaf und R.
Deck=
hardt auch noch zweite Preiſe. An dieſen Bericht ſchloß ſich eine rege
Ausſprache, bei der von verſchiedenen Seiten auf die Vorteile der
Raſſezucht hingewieſen wurde. Dem Verein tvaten, angeregt durch die
Ausſtellung. 18 neue Mitglieber bei. — Anfvagen wegen Bezug von
Bruteier konnten beantwortet wverden, und wurde darauf hingelvieſen,
daß Tauſch gegen andere Eier im Verhältnis 1:2 für die Mitglieder
von verſchiedenen Seiten zugeſtanden ſei. Unter Hinweis auf die
Frtterausgabe konnte der Vorſitzende die angeregt verlaufeng Sitzung
ſchließen.
— Arbeitsjubiläum. Am 4. April feierte der Zuſchneider Ludwig
Wenner jun. hier, Luiſenſtraße 36, ſein 25jähriges Arbeitsjubiläum
bei der Firma Kattwinkel u. Co., Schäftefabrik, hier, in welcher Firma
der Vater des Jubilars auf eine ſaſt 40jährige umuntenbrochene
Tätig=
keit zurückblicken kann. Es iſt dies der beſte Beweis für das ſtets gute
Einvermehmen zwiſchen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
RDV. Abteilwagen in D=Zügen. Zuweilen laufen in
zuſchlagpflich=
tigen D=Zügen, die gewöhnlich nur aus Durchgangswagen beſtehen, auch
Abteilwagen, wie ſonſt die Perſonenzüge füchren. Durch die Einſtellung
ſolcher Abteilwagen wird — wie die Reichszentrale für Deutſche
Ver=
kehrswerbung mitteilt der Charakter dieſer D=Züge nicht geändert,
und Reiſende, die in dieſen Wagen Platz nehmen, haben ebenfalls den
Schnellzugszuſchlag zu entrichten.
RDV. Der Eiſenbahnverkehr Frankfurt—Schweiz. Die badiſche
Hauptbahn über Karlsruhe, Offenburg, Freiburg, die in der
Haupt=
ſache den Verkehr zwiſchen Nord= und Mitteldeutſchland und der Schweiz
vermittelte, iſt bei Offenburg durch den franzöſiſchen Einfall
unter=
brochen. Die Einbruchsſtelle wurde bisher durch ein Eilzugpaar
Karls=
ruihe— Pforzheim— Calw—Rottweil-Villingen—Donaueſchingen—
Frei=
buug umgangen. Auf die Dauer zeigt ſich jodoch, daß die Neckarlinie,
beſonders zwiſchen Immemdingen und Butingen, zu ſtark überlaſtet iſt.
Es iſt deshalb geplant, zwei neue Umwegslinien dem
Ver=
kehr mit der Schweiz dienſtbar zu machen, über die dieſer Tage eine
Fahrplankonferenz in Donaueſchingen endgültig entſcheiden wird; die
eine würde von Pforzheim über Calw, Freudenſtadt, Hauſach, Triberg
nach Villingen; die zweitze bon Calw über Rotdweil (wie bisher) nach
Villingen führen; von hier würden ſich drei Wege öffnen: über Singen
und Schaffhauſen nach Zürich, über Singen nach Konſtanz, über
Donau=
eſchingen nach Freiburg—Baſel, und ſchließlich noch die Wutachtalbahn,
die von Immemdingen über Waldshut den Zugang in die Schweiz
vermittelt.
C. Die März=Witterung in Darmſtadt. Der erſte Monat des
dies=
jährigen nieteorologiſchen Frühlings war ſehr mild und vonherrſchend
trocken. Das Monatsmittel der Temperatur berug 7,4 Grad Celſius
(1,8 über dem Durchſchnitt), während ſich die Gegenſätze auf 20,6 am 26.
und —0,2 am 19. ſtellten. Ausnehmend war die letzte Debade, die ein
Mittel von 13 Grad aufwies, das in ſolcher Höhe in der Regel erſt im
Maj vorkommt. Die Zahl der Froſttage beſchränkte ſich auf einen. Die
öſtliche Windrichtung herrſchte vor und ſtarke Luftſtrömungen blieben
aus. Der Monat zählte drei heitere Tage meben 13 bedeckten und 15
gemiſchten. Im Gegenfatz zu einer Reihe von Vorwonaten blieb der
März trockem, obſchon 15 Tage mit Regen vorbamen, die zuſammen
jedoch nur 23,6 Millimeter Regen lieferten, wovon auf den 3., als dem
näſſeſten Tag. 4,6 Millimeter entfielen. Dieſe Summe beträgt noch
nicht einmal die Hälfte des langjährigen Durchſchnitts. Als eine
Merk=
würdigbeit iſt zu bezeichnen, daß der Monat keinen Schneetag, wohl aber
(am 27.) bereits ein Gewitter aufwies. Der Baromederſtand ſchwankte
zwiſchen 757,6 Millimeter am 29. und 729,2 am 2. bei einem Mittel von
749,7 Millimeter (2,2 über normal). Infolge der ungewöhnlichen
Wärme der letzten Dekade war die Vegedaton zu Ende des Monats
um zwei bis drei Wochen der Jahreszeit voraus geeilt. Aprikoſen,
Pfirſiche, Kirſchen und Frühbirmen kamen in Blüta, und ſelbſt einzelne
Buchen begannen zu grünen.
— Iſt die Verwendung von Gefrierfleiſch ratſam? In einer Zeit,
in der das Sparen groß geſchrieben iſt, ſollte man eigentlich annehmen
daß ausgiebig Gefrierfleiſch ſtatt des erheblich koſtſpieligeren friſchen
Fleiſches im Haushalt Verwendung findet. Das iſt aber keineswegs
der Fall. In den Kreiſen ſelbſt vorgeſchrittener Hausfrauen iſt ein
Eine Schilderung des Darmſtädter
Geſellſchafts=
lebens von einem Verfaſſer, der im Jahre 1810 nach
Darm=
ſtadt kam — vielleicht verſetzt als Beamter — veröffentlichte,
mutmaßlich nach einer handſchriftlichen Aufzeichnung, Philipp
Alexander Ferdinand. Walther in ſeinen „
Darm=
ſtädter Hiſtoriſchen Kleinigkeiten” (Darmſtadt 1879 S. 113—
128) untermengt mit Stellen aus Friedrich Ritſerts
Erinnerun=
gen. Wer der Urheber dieſer Aufzeichnungen iſt, wird leider
ver=
ſchwiegen und iſt auch nicht mehr feſtzuſtellen.
Johanna Schopenhauer (1766—1838), die Mutter
des Philoſophen, war im Auguſt 1816 drei Tage lang in
Darm=
ſtadt. Ihren dortigen Aufenthalt hat ſie in dem Buche „
Aus=
flucht an den Rhein und deſſen nächſte
Um=
gebung im Sommer des erſten friedlichen
Jah=
res” (Leipzig 1818 S. 77—94) beſchrieben. Die Stadt, die ſie
ſich „immer ſehr altertümlich, etwas düſter und winklig” gedacht
hatte, enttäuſchte ſie angenehm ſchon bei ihrer Ankunft von
Mainz, da ihr Weg durch eine ſchöne Lindenallee mit eleganten
Landhäuſern zu beiden Seiten mitten in ſchönen Gartenanlagen
führte. Mit Erſtaunen „fand ſie eine neue freundliche Stadt,
faſt noch im Entſtehen begriffen, ſchöne große Häuſer, breite mit
bequemen Fußpfaden eingefaßte Straßen, große Gaſthöfe im
eleganten Stil und überall Spuren eines heitern genußfrohen
Lebens. . . . Es lebt ſich gar gut und froh im Kreiſe der
freund=
lichen gebildeten Einwohner von Darmſtadt, und auch in den
niedern Klaſſen ſieht man viel angenehme heitere Geſtalten und
überall ein freundliches höfliches Betragen. . . An angenehmen
Sparziergängen fehlt es in der Gegend nicht, auch nicht an
an=
ſtändigen Erholungsorten zum Ausruhen in freundlicher
Ge=
ſelligkeit. Unter dieſen zeichnet der nur eine halbe Stunde
ent=
fernte Karlshof ſich vor allen aus. . . Die Faſanerie, ein kleines
Gehölz voll herrlicher Buchen, bietet ebenfalls ganz in der Nähe
ſeine erquickenden Schatten. . . . Das Theater, für einen Ort
wie Darmſtadt recht anſehnlich und geräumig, auch bequent und
zweckmäßig eingerichtet, ſehr elegant, grau mit Gold dekoriert,
müßte bei beſſerer Erleuchtung einen glänzenden Effekt machen.
gewiſſes Mißtrauen gegen Gefrierfleiſch immer noch vorhanden. Ob ſie
ihm weniger Nährwert zutrauen, oder ob geglaubt wird, das Vieh ſer
minderer Sorte als das inländiſche, bleibe dahingeſtellt — beide
Meinun=
gen beruhen jedenfalls auf einem Irrtum. An der Qualität des
Auslandviehes, beſonders wenn es aus hervorragenden
Viehzuchtlän=
dern ſtammt, wie es die Vereinigten Staaten, Argentinien oder Uruguay
ſind, dürfte kaum etwas auszuſetzen ſein, und ſebſt die braſilianiſche
etwas leichtere Quallität wird unſerem inländiſchen Fleiſch den Rang
ablaufen. Wenn die Qualität gut war, ſo könnte einzig dem
Gefrier=
prozeß eine den Nährwert herabſetzende Rolle zugeſchrieben werden.
Dieſe Annahme trifft nicht nur keineswegs zu, ſondern es gibt viele
Wiſſenſchaftler, die bei dem Gefrierfleiſch infolge der Waſſerverdunſtung
einen etwas höheren Nährwert als bei dem Friſchfleiſch feſtgeſtellt haben.
Sie treten für erhöhten Nährwert und auch leichtere Verdaulichkeit des
gefrorenen Fleiſches gegewüber dem Friſchfleiſch ein. Wichtig iſt das
richtige Auftauen des Fleiſches, das bei ganzen Stücken beim
Großhänd=
ler, nicht etwa beim Schlächter oder im Haushalt, erfolgen muß.
Wich=
tig iſt ferner, daß die Hausfrau das Gefrierfleiſch ſachgemäß behandelt,
Das Kochfleiſch muß in kochendem Waſſer angeſetzt, der Braten
in ſehr heißem Fett ſchnell ringsum angebraten werden, um das Eiweiß
der äußeren Schicht raſch gerinnen zu laſſen. Wenn man es dann
ge=
nau ſo behandelt wie friſches Fleiſch, kann und darf es ſich auch im
Geſchmack nicht von friſchem Inlandfleiſch unterſcheiden. Dabei hat es
gleichen oder etwas höheren Nährwert, gute Qualität und — iſt 25 bis
30 Prozent billiger als inländiſches Fleiſch. Gründe genug für
Haus=
frauen, um ihr Mißtrauen gegen den Fremdling zum alten Eiſen
un=
zeitgemäßer Vorruteile zu werfen und ihn als eine kleine Hilfe in
Wirt=
ſchaftsforgen oft und gern in Anſpruch zu nehmen.
n. Strafkammer. Der ſchöffengerichtlich wegen Hehlerei zu vieu
Monaten Gefängnis verurteilte hieſige Althändler Abpaham Poſuer
ſtrebte Frefſpruch an, wurde aber nach nochmaliger eingehender
Beweis=
aufnahme mit ſeiner Berufung koſtenfällig abgewieſen. Es
waren ihm im Oktober vor, Js. von den Dieben auf einem
Eiſenbahn=
damm geſtohlene Schienen nebſt den noch dauan hängenden Laſchen
ge=
bracht worden, und er will bezüglich der Herkunft beſten Glaubens
geweſen ſein. Angeblich ſollte es ſich um Material aus einem
Gebäude=
abbruch handeln; dem Eiſen fehlte fedoch jede derartige Spur und die
Laſchen deuteten auf einen anderen Urſprung hin. Gerade der Trödler
hat im Geſchäftsverkehr unter den heutigen Venhältniſſen erhöhte
Vor=
ſicht anzuwenden, um nicht mittelbar oder unmittelbar die Gefährdung
des Eigentums zu fördem. — Der 38jährige vosbeſtrafte Schloſſer Hch.
Zöchel von hier hatte durch eine ſelbſtgefertigte Beſcheinigung deur
Armenpfleger 160 Mr. Erwerbsloſenunterüützung und ferner in deſſen
Abweſenheit der Ehefrau mit Vorſpiegelungen den Betrag einer
ver=
fälſchten Rechnung von über 600 Mark abgeſchwindelt. Mildernd wurds
bedrängte Lage als Beweggrund berückſichtigt. — Leßteres Moment kaur
auch in dem anderen Falle dem Haupttäteu, Gärmer Ernſt Nobert
Ruſch aus Seckenheim, 48 Jahre alt zugute, während der
mitange=
klagte 22jährige Fuhrknecht Heinrich Roßmann aus Nieder=
Ram=
ſtadt mr aus Gefälligkeit Beihülfe geleiſtet hatte. Beide brachten im
vorigen Jahre als Bedienſtete eines Eberſtädter Fuhrunternehmers
zwei Wagen Mehl für den Kommunalverband an die Gemeinde
Gries=
heim. Underwegs war dem R. ein Sack heruntergefallen und zum
Teil ausgelaufen, weshalb deſſen Annahme von der Verwalterin des
Griesheimer Magazins verweigert und der Lieferſchein imſoweit nicht
quittiert warde. Um die etwaige Erſatepflicht von ſich abzuwenden,
veranlaßte R. ſeinen Kameraden Roßmamn zur Unterſchrift des Scheins
mit dem Namen der Empfängerin, und gab die ſo verfälſchte Urkund:
als Beleg ab. Roßmann kam mit drei Tagen Gefängnis davon, Ruſch
und Löchl erhielten je drei Monate Gefängnis.
Lokale Veranſtaltungen.
Die hſerunter erſcheinenden Notizen ſind ausſchſießlich als Hinweiſe auf Anzeigen zu betrachten,
in keinem Falle irgendwie als Beſprechung oder Kritik.
— Odenwaldklub, Ortsgruppe Darmſtadt. Wie
bereits bekannt gegeben, kann mit Rückſicht auf die außerordentlich
hohen Koſten das diesjährige Dekorierungsfeſt in dem üblichen Rahmen
nicht abgehalten werden. Es wird daher im Anſchluß an die erſte
Wanderung im Wanderfahre 1933/24 im Kurhauſe „Zur Krone” im
Jugenheim ſtattfinden. Die Klubmitglieder, die am Morgen nicht
mit=
wandern können, ſowie die Damen, die zum Dekorierungsfeſt nicht
feh=
len ſollen und in hoffentlich großer Zahl erſcheinen, können den Zug
2.20 Uhr ab Darmſtadt benutzen. Rückfahrt 8.47 Uhr abends (S. Anz.)
— V. H. C., Zweigverein Darmſtadt. Nächſten Sonntag,
den 15. April, finder im neu begonnenen Wanderjahr die erſte
Wande=
rung ſtatt. Auf eine rege Beteiligung wird beſonders hingewieſen.
Aus den Parteien.
Frauenausſchuß der Deutſchen Volkspautei.
Die
monatliche Zuſammenkunft der Frauen der D.V.P. findet dieſen San
S=
tag, den 14. Apxil, nachm. 4 Uhr, im Rummelbräu ſtatt. Der
V=
ig
„Ausbildung zum hauswirtſchaftlichen Beruf in Groß= und
Klein=
betrieb”, findet diesmal ſtatt und dürfte von höchſtem Intereſſe ſein.
Zahlreicher Beſuch erwünſcht. Gebäck mitbringen.
Deutſche Demokratiſche Partei. Die Beamten,
An=
geſtellten und Lehrer werden auf die am Freitag, den 13. April,
ſtatt=
findende Sitzung des Reichsvereins nochmals aufmerbſam gemacht und
zu zuhlreichem Beſuch eingeladen. Tagesordnung: 1. Stand der
Be=
ſoldungsfrage, 2. Die Behandlung des Beamten= und Rätegeſetzes im
Reichstag. Referent: Rektor Karl Schäfer.
Eberſtudt, 10. April. Der Gemeinde=Skeinbruch iſt
wieder eröffnet worden, um darin Notſtandsarbeiter unterbringen zu
können. Die verheirateten Notſtandsarbeiter ſind hauptſächlich an den
Chauſſierungsarbeiten des Griesheimer Weges beſchäftigt. —
Nächt=
liche Unſicherheit. Seit geraumer Zeit nimmt die Unſicherheit
auf der Straße vom Bahnhof Eberſtadt bis nach Pfungſtadt zu. So
wurde heute abend ein Radfahrer von jungen Burſchen in der Nähe der
Sandbach=Brücke angehalten und verfolgt. Aehnliche Fälle ſind in der
letzten Zeit wiederholt vorgekommen.
Von der Bergſtraße, 10. April. Die Kälte in den letzten
bei=
den Nächten, namentlich heute in den erſten Morgenſtunden, wo das
Thermometer auf 1 Grad unter Null (nach Reaumur) ſank, bildete
eine ernſte Gefahr für die im Hochflor ſtehende Obſtbaumblüte. Nur
dem Umſtande, daß es im allgemeinen trocken war und dabei friſcher
Oſtwind wehte, iſt es zu danken, daß, wie man bis jetzt annimmt, die
Baumblüte dieſe Gefahr ohne ernſteren Schaden überſtanden hat.
Voll=
ſtändige Klarheit darüber kann man erſt gewinnen, wenn ſich die
Entwicklung der Fruchtanſätze beſſer erkennen läßt. Die Aprikoſen und
Pfirſiche haben bereits abgeblüht, ebenſo zum größten Teile die
Früh=
kirſchen, deren Früchte jetzt ſtecknadelkopfgroß ſind. Im Odenwald, wo das
Wetter noch rauher war, iſt die Baumblüte zum Glück noch wenig
ent=
wickelt, ſo daß dort die Kälte den Obſtbäumen bisher nicht geſchadet hat.
. . . Man glaubt die Beleuchtung der Bühne dadurch zu heben,
und bedenkt nicht, daß man dieſe nur beſſer zu erleuchten
brauchte, ſo würde die größere Helle des Saals ihr keinen
Ab=
bruch tun”
Adele Schopenhauer (1797—1849), die ſich in der
Be=
gleitung ihrer Mutter in Darmſtadt befand, kommt in ihren
Tagebüchern (Tagebücher der Adele Schopenhauer, hsg. v. Kurt
Wolff, Bd. 1, Leipzig 1909 S. 25 f.) ebenfalls auf den
Darm=
ſtädter Aufenthalt zu ſprechen. Sie trafen dort den Komponiſten
Zelter (vgl. deſſen Briefe an Goethe vom 20. u. 22. Auguſt 1816)
und aßen mit ihm zuſammen. Dann folgte ein Beſuch bei
Zimmermann (wohl dem Hofprediger Ernſt Zimmermann) und
ein Gang in dem Schloßgarten. Am beſten gefiel ihr darin
„eine Waſſerpartie, rings mit Trauerweiden geſchmückt, denen
wieder das übrige friſche Grün das allzu Düſtre benimmt.” Bei
der Schilderung der Oper Romeo und Iulie, die ſie auf dem
Theater ſah, hebt ſie außer dem „herrlichen” Orcheſter Madame
Fiſcher (Julie) und Demoiſelle Chelius (Romeo) hervor. Am
meiſten ſcheint ſie aber das alte Muſeum, namentlich das alte
Elfenbeinſchnitzwerk gefeſſelt zu haben; denn bei ſeiner
Beſchrei=
bung verweilt ſie am ausführlichſten.
Die Leiſtungen des Großherzogs Ludewigs I. als
Muſikliebhaber und Operndirigent behandelt Louis Spohr
(1784—1859) in ſeiner „Selbſtbiographie” (Caſſel und
Göttingen 1860 Bd. 1 S. 236—240). Die Beurteilung iſt im
all=
gemeinen abfällig, während ſonſt die Zeitgenoſſen ſich weit
an=
erkennender darüber äußern. Vielleicht iſt auch Spohr kein ganz
objektiver Beurteiler. Im Februar und März 1816 weilte er
faſt vier Wochen lang in Darmſtadt. Zu einem Konzert, das er
mit ſeiner Frau im Kaſino gab, wurde ihm die erbetene
Mit=
wirkung der Hofkapelle abgeſchlagen, und auch dem
Kammer=
muſikus Heinrich Backofen, der ſeit 1811 als Celliſt in Darmſtadt
tirkte und ehedem der Lehrer von Spohrs Gattin geweſen war,
töurde es nicht ermöglicht, das Konzert anzuhören. Der
Miß=
mut darüber mag Spohrs Urteil, wenn auch unwillkülich,
be=
einflußt haben.
1.f
OPHPRM
Rummer 100.
Darmſtädter Tagblatt, Donnerstag, den 12. April 1923.
Seite 5.
zh. Heppeuheim a. d. B., 10. April. Getreideumlage. Der
Kreisausſchuß befaßte ſich in ſeiner letzten Sitzung mit der
Getreide=
umlage, die der Kreis Heppenheim für das Wirtſchaftsjahr 1922/23 zu
entrichten hat. An der betreffenden Sitzung nahmen auch die Mitglie
der des Beſchwerdeausſchuſſes teil. Das Umlageſoll des Kreiſes beträgt
6000 Doppelzentner. Es wurde beſchloſſen, an die Gemeinden
heranzu=
treten, damit ſie ihren Verpflichtungen valdigſt nachkommen; gegen
ruck=
ſtändige Produzenten ſoll ſcharf vorgegangen werden. — Der
Bahn=
übergang „an der Erbach” iſt heute vorübergehend in den
Vormit=
tagsſtunden wegen Gleisausbeſſerungen geſperrt geweſen.
.) Aus dem Kreiſe Heppenheim, 10. April. Da viele Landwirte
mit der Ablieferung der Getreideumlage noch im Rückſtande ſind,
wurde der Kommunalverband bereits mit einer Haftſumme von 300
Millionen Mark belaſtet. Die Landwirte werden deshalb nochmals
dringend erſucht, ihrer Ablieferungspflicht nachzukommen, anſonſten
Enteignung vorgenommen wird.
Birkenau, 10. April. Diebesbande. Hier ſcheint eine
Diebesbande ſich etablieren zu wollen, die es beſonders auf die
Wirt=
ſchaften abgeſehen hat. In der letzten Nacht verſuchte die ſaubere
Ge=
ſellſchaft in drei Wirtſchaftsräumen einzudringen und Hausſuchung
nach Lebensmitteln abzuhalten, wurden aber überall in ihrem
nächt=
lichen Handwerk geſtört, nur in einer vierten Wirtſchaft „Zum
Deut=
ſchen Kaiſer” ſoll den Dieben ein größerer Geldbetrag in die Hände
gefallen ſein. — Umbau. Schon ſeit Wochen ſind viele
Handwerks=
leute und Taglöhner damit beſchäftigt, das Heylſche „Corneliusheim”.
das ſeither zur Erholung der Arbeiter und deren Kinder diente,
um=
zubauen und wohnlich einzurichten. Da, wie verlautet, der junge
Baron von Heyl in Worms mit Familie demnächſt ſeinen Wohnſitz
da=
hier nehmen wird. Auch der bei dem Anweſen liegende große Garten
wird neu eingerichtet und teilweiſe als Park angelegt.
Mainz, 10. April. Der Syndikus der Mainzer Handelskammer,
Paul Meesmann, der, wie berichtet, von der franzöſiſchen
Be=
fatzungsbehörde ausgewieſen worden iſt, wurde von der
Landesunider=
fität Gießen für ſeine Verdienſte als ſachkundiger Berater und
ver=
dienter Förderer des Wirtſchaftslebens ſeines engeren und weiteren
Vaterlandes zum Doktor der Staatswiſſenſchaften
ehrenhalber ernannt.
Worms, 10. April. Der Verlag der „Wormſer
Nachrich=
ten” teilt mit, daß das Blatt infolge Verhaftung und Ausweifung
des Verleger=Redakteurs Hermann Kleinſtreuer durch die franzöſiſche
Behörde vorläufig nicht wie bisher erſcheinen könne. Es ſchweben
Erwägungen, in welcher Form das Blatt demnächſt herauskommen ſoll,
Hungen, 10. April. Vergangene Woche wurden in der
Holz=
ſchneiderei Schäfer dahier 5 Treibriemen im Werte von
meh=
veren Millionen Mark geſtohlen. Ein Riemen wurde in der Nähe
der Schneiderei aufgerollt aufgefunden, der anſcheinend, da die Laſt
zu ſchwer, weggeworfen wurde. Die eifrigen Nachforſchungen der
Gen=
darmerie haben ergeben, daß am nächſten Morgen auf Nachbarſtation
Inheiden von einem Mann mit ſchwerbepacktem Ruckſack und Paket
eine Fahrkarte nach Frankfurt gelöſt wurde. Hoffentlich gelingt es,
den raffinierten Dieb in aller Kürze dingfeſt zu machen.
nt. Butzbach, 10. April. Das Hebammenweſen ſoll nach
einem Beſchluß des Gemeinderats komrunaliſiert werden. Die beiden
hieſigen Hebammen ſollen infolgedeſſen in Zukunft ſtädtiſche
Angeſtell=
ten ſein.
Grund=Schwalheim, 10. Aprik. Mit einer Fuhre. Holz nach
Ver=
ſtadt unterwegs wurde der ſeit 17 Jahren bei Gutsbeſitzer Mogk dahier
bedienſtete Georg Seiffert infolge eines Herzſchlages vom Tode
ereilt. Der erſt 51jährige, ſo jäh aus dem Leben Geſchiedene, war
eine ſonnig=heitere Natur und hat es verſtanden, ſich die Achtung und
Liebe aller, die mit ihm in perſönliche Berührung kamen, zu erwerben.
Vährend einer längeren Krankheit ſeines Herrn verwaltete er in ſeiner
Eigenſchaft als Knecht das Gut in muſtergültiger Weiſe.
Von der Frankfurter Meſſe.
Schweden und das „Haus Braunfels” in Frankfurt
am Main.
Wie mehrfach ſchon mitgeteilt wurde, iſt das mächtige,
architek=
toniſch außerordentlich bemerkenswerte „Haus Braunfels” in
Frank=
furt, das während der alten Frankfurter Warenmeſſen eine große Rolle
ſpielte und in dem u. a. der Schwedenkönig Guſtav Adolf längere Zeit
wohnte, vor allem mit Hilfe ſchwediſcher Stiftungen renoviert worden.
Es iſt geplant, den ſchwediſchen Beſuchern der Frankfurter
Frühjahrs=
meſſe vom 15.—21. April eine eingehende Beſichtigung des „Hauſes
Braunfels” zu ermöglichen. Herr Dr. Lübbecke, der Leiter der
Kunſt=
meſſe und der Vorſitzende des „Bundes tätiger Altſtadtfreunde” wird
am Dienstag, den 17. April vormittags 11 Uhr im Innenhof des
„Hauſes Braunfels” einen kurzen einführenden Vortrag über die
Ge=
ſchichte des Bauwerkes und ſeine Beziehungen zur ſchwediſchen Geſchichte
halten und im Anſchluß daran die ſchwediſchen Gäſte durch das „Haus
raunfels” führen.
Holland — Frankfürk.
Zur Bewältigung des engliſch=holländiſchen Verkehrs zur
Frank=
furter Frühjahrsmeſſe, die vom 15. bis 21. April ſtattfindet, wird am
14. April ab Amſterdam vormittags 7 Uhr 10 (Amſterdamer Zeit) ein
Sonderzug mit Wagen 1. und 2. Klaſſe gefahren, der um 12 Uhr 29
ab Bentheim, um 12 Uhr 57 ab Rheine, um 2 Uhr 12 ab Osnabrück,
um 5 Uhr 10 ab Altenbeken, um 705 Uhr ab Kaſſel, um 9,20 Uhr ab
Gießen fährt und am Abend um 10,19 Uhr in Fraukfurt eintrifft. Der
Zug führt Speiſewagen und iſt mit D=Zug=Fahrkahrten des
gewöhn=
lichen Verkehrs zu benutzen. Auch Fahrſcheinhefte, wie ſie von den
Reiſebüros im In= und Auslande ausgeſtellt werden, ſind zuläſſig.
Reich und Ausland.
Aus der Reichshauptſtadt.
Der Kuß der Bajadere. Wie eine unheimliche Viſion
mute=
ken die Vorgänge an, die in einer Verhandlung vor dem
Schöffen=
gericht Berlin=Mitte zur Sprache kamen. Der Angeklagte, der 25jährige
Kaufmann Karl Kietzner, der das Gymnaſium bis Oberſekunda beſucht
hatte, iſt in mediziniſcher Hinſicht ein außerordentlich intereſſanter Fall.
Er iſt nämlich das Op eines Kuſſes geworden. Vor mehreren
Jah=
ren machte er auf einem Maskenball die Bekanntſchaft eines auffallend
ſchönen, exotiſch ausſehenden jungen Mädchens, das dort im Koſtüm
einer indiſchen Bajadere erſchienen war. Beim Abſchied unter dem
Schutz der Maskenfreiheit drückte er auf ihre feingeformten,
geſchmink=
ten Lippen einen Kuß und dabei fiel ihm, wie er ſich ausdrückte, der
„halb ſtarre, halb traurige und dabei grauſame Blick” auf, mit dem
die ſchöne Unbekannte ihn betrachtete. Seitdem war es um die Ruhe
und mehrere Heilkuren, die er anwandte, hatten keinen Erfolg.
Eben=
ſo vergeblich war ſein Bemühen, die geheimnisvolle Unbekannte zu
ent=
decken, da die Adreſſe, die ſie ihm gegeben hatte, falſch war. Kietzner
wurde Morphiniſt und trieb ſich tagelang in halbwachem Zuſtand auf
den Straßen umher. Im Januar wurde er von einer Streife der
Schupo ergriffen als er ſich in einem Portal eines Geſchäftshauſes zu
ſchaffen machte. Er wurde nun unter dem Verdacht des verſuchten
Ein=
bruchsdiebſtahls feſtgenommen. Auf der Polizeiwache verſuchte ſich der
Angeklagte mit einer ſtarken Doſis Morphium, das er immer im
Strumpf bei ſich trug, zu vergiften. Vor Gericht gab Kietzuer an,
daß er ſich auf nichts mehr beſinnen könne. Der offenbare körperliche
Zuſammenbruch des jungen Mannes erweckte ſichtlich das Mitgefühl
der Richter. Rechtsanwalt Dr. Harry Pinkus erklärte, daß ſich
ange=
ſichts dieſes jammervollen Bildes jedes Plaidoyer erübrige und
bean=
tragte, den Angeklagten auf ſeinen Geiſteszuſtand zu unterſuchen. Das
Gericht gab dieſem Erſuchen ſtatt.
Eiſenbahnzug=Telephonie.
Berlin. Der Verkehrsminiſter Groener und der Poſtminiſter
onieren aus dem fahrenden Hambur=
Stingl tele
ger D=Zug. Die Eiſenbahnzug=Telephonie der
Funkentelegraphi=
ſchen Geſellſchaft Huth=Berlin, über die bisher nur allgemeine Berichte
in die Oeffentlichkeit drangen, wurde heute den leitenden
Perſönlichkei=
ten des Reichsverkehrs= und des Reichspoſtminiſteriums in der Praxis
auf der Strecke Berlin—Hamburg vorgeführt. Die Miniſter mit den
Herren ihrer Miniſterien und der Eiſenbahndirektion Altona begaben
ſich nach Wittenberge und erwarteten dort den aus Hamburg
kommen=
den, mit Zugtelephonie ausgerüſteten D=Zug, mit dem ſie nach Berlin
zurückkehrten. Nachdem das Direktorium der Huth=Geſellſchaft eine
Ueberſicht über die Methode und die techniſche Einrichtung der neuen
Telephonie gegeben hatte, überzeugten ſich die Herren von dem guten
Funktionieren der Einrichtung durch verſchiedene Geſpräche mit Berlin.
Es wurden Geſpräche mit dem Reichspräſidenten und dem
Finanzmini=
ſterium ſowie mit einer Reihe von Perſönlichkeiten geführt. Am
ein=
drucksvollſten war die Tatſache, daß man mit jedem Telephonanſchluß
in Berlin während der Fahrt ebenſo verbunden wird, als wenn man
ſich in Berlin ſelbſt befindet, ja, daß der Angerufene nicht einmal
be=
merkt hat, daß er mit dem in voller Fahrt befindlichen D=Zug im
Ge=
ſpräch iſt.
Der Fall Lenard vor Gericht.
Heidelberg, 10. April. Vor dem Heidelberger Landgericht fand
heute die Verhandlung wegen der bekannten Vorgänge, anläßlich der
mann Kopp=Haßloch, Schloſſer Heilmann=Heidelberg, Schloſſer
Zobeley von Eppelheim. Den Vorſitz der Strafkammer führte
Landgerichtsdirektor Storz. Als Zeugen ſind u. a. geladen die
Pro=
feſſoren Lenard, Beer (ſeinerzeit Rektor) und Becker. Ein Verteidiger
ſtellte den Antrag auf Vertagung, da der Hauptverteidiger des
Ange=
klagten Mierendorff, Rechtsanwalt Dr. Haas, nicht zur Verhandlung
anweſend ſein kann, und da der Angeklagte Mierendorff infolge ſeiner
weiten Reiſe von Berlin nach Heidelberg körperlich nicht fähig ſei, den
Verhandlungen zu folgen. Nach kurzer Beratung lehnt das Gericht den
Antrag ab. Hierauf wurde das Eröffnungsprotokoll verleſen, das die
bekannten Vorgänge ſchildert. Prof. Lenard hatte an dem Tag der
Bei=
ſetzung Rarhenaus trotz anderweitiger Verfügungen der Regierung
ſeine Uebungen im radiologiſchen Jr
tut abgehalten und ließ auch die
Flagge nicht auf Halbmaſt hiſſen.
ſozialiſtiſche Student
Mieren=
dorff brachte dieſe Tatſachen in die Oeffentlichkeit und es kam zu einem
Sturm der Arbetireſchaft auf das Inſtitut, wobei die Studenten
Le=
nards mit Hydranten ſpritzten, und die Arbeitermaſſen die
verſchloſſe=
uen Tore aufbrachen, ſich des Prof. Lenard bemächtigten und die
Flaggen auf Halbmaſt ſetzten. Der Angeklagte Mierendorff gab eine
Darſtellung der Vorfälle, woraus hervorgehe, daß er zu Unrecht
ange=
klagt ſei. Er habe in dem Verhalten Lenards eine ſehr große Gefahr
für die Univerſität erblickt, die zu Unrecht in den Verdacht reaktionärer
Treibereien gekommen ſei, Mierendorff gi g darauf zum
Gewerk=
ſchaftshaus und machte den Nektor der Univerſität telephoniſch auf die
Tatſachen aufmerkſam. Dieſer erklärte jedoch, er könne in der Sache
nichts tun. Darauf machte der Angeklagte den Gewerkſchaften
Mittei=
lung und es wurde beſchloſſen, eine kleine zuverläſſige Deputation in
das Inſtitut zu ſchicken. Infolge der Weigerung Prof. Lenards, die
Deputation zu empfangen, habe ſich der Menge eine große Erregung
bemächtigt, die durch das Steinewerfen und Waſſerſpritzen noch erhöht
worden ſei. Mierendorff habe die Studenten in Schutz genommen, un
den Arbeitern erklärt, daß ſie von Lenard terroriſiert ſeien. Nach
Er=
zwingung des Eingangs wurde Lenard zur Bismarckswache und zum
Gevverkſchaftshaus gebracht und bis nachts in Schutzhaft behalten. Um
10 Uhr trat in der Vernehmung eine Pauſe von zehn Minuten ein,
um der Toten von der Ruhr zu gedenken; Gericht und Zuſchauerraum
erhoben ſich zum Zeichen der Trauer von den Plätzen. Nach der Pauſe
wurde zunächſt der Taglöhner Black vernommen, der zu der
gewerk=
ſchaftlichen Kontrollkommiſſion gehörte. Die Vernehmuug der Zeugen
und Angeklagten zog ſich bis in die Spätnachmittagsſtunden hin. Um
½6 Uhr wurde dann das Urteil gefällt. Student Mierendorff
wurde zu 4 Monaten Gefängnis, der Arbeiter Black zu 3
Mo=
naten Gefängnis und der Arbeiter Zobeley zu 5 Monaten Gefängnis
verurteilt. Die übrigen Angeklagten wurden freigeſprochen. —
Mie=
rendorff war bekanntlich in Darmſtadt Gründer der inzwiſchen
ein=
gegangenen „Dachſtube” und Herausgeber und Mitarbeiter des
„Tribunal”, das ebenfalls nur eine kurze Lebensdauer hatte.
Baben=Badens Fremdenbeſuch im Jahre 1922.
RDV. Baden=Baden hatte im vergangenen Jahre im Gegenſatz zu
vielen anderen deutſchen Bädern und Kurorten, die bereits unter der
Verarmung des deutſchen Mittelſtandes und einer
fremdemverkehrs=
feindlichen Paß= und Preispolitik litten, eine Hochkonjunktur, wie es
ſie kaum je erlebt hat. Der durchſchnittliche Jahresbeſuch des letz
Jahrzehnts von rund 60 000 Kurgäſten wurde um über 25 000
über=
ſchritten. Baden=Boden zählte im letzten Jahre 85 208 Beſucher von
denen 68 Prozent bis zu zehn Tagen, 16 Prozent bis zu 20 Tagen
und 16 Prozent über vier Wochen blieben. Leider iſt der Anteil d
Deutſchen ſehr ſtark, um insgeſcmt faſt 17 000 Kuvgäſte, zugunſten von
Ausländemr zurückgegangen; immerhin ſtellt Deutſchland noch 59 Proz.
aller Beſucher. Dagegen iſt der Ausländerbeſuch um 16 556 auf
ins=
geſamt 39 552 geſtiegen. Neben Deutſchland war am ſtärkſten Holland
mit über 9000 Kurgäſten vertveten, dann folgten die Amerikaner mit
4390, Framkreich mit 3611. Rußland mit 2496, Skandinavien mit 2452
und England mit 2394,
Ein brakoniſches Urteil.
Vom Danziger Landgericht wurde wegen Hinterziehung von Zöllen
ein Zollhilfsbeamter zu drei Monaten Gefängnis und 114 Millionen
Mark Geldſtrafe verurteilt. Ein Reſtaurateur erhielt wegen
Anſtif=
tung die gleiche Geldſtrafe aufgebürdet. Es handelt ſich um die
Ein=
ſchmuggelung einer Sendung Sekt von 4040 Flaſchen.
Blitzfunkverkehr nach den Bade= und Kurorten.
RDV. Neuerdiugs iſt das Reichspoſtminiſterium dazu übergegangen,
auch bedeutendere Kur= und Badeorte in den Blitzfunkverbehr
eimzu=
beziehen. Von den rund 200 Orten, die bis zum 1. April dem
Blitz=
funknetz angehörten, ſind folgende wichtigen Plätze ſtarken
Fremden=
verkehrs zu nennen: Aue im Erzgebirge, Baden=Baden, Bad Kiſſüngen
Bad Oeynhauſen, Bad Reichenhall, Bayreuth, Berchtesgaden,
Bremer=
haven, I)ſſel, Kuxhaven, Darmſtadt, Dresden, Erſenach, Erfurt,
Frei=
burg, Friedrichroda, Garmiſch=Partenkirchen, Geeſtemünde, Gotha,
Halberſtadt, Heidelberg, Hirſchberg, Konſtang, Memingen, München,
Nürnberg, Oberhof, Plauen im Vogtland, Roſenheim, Stettin,
Spral=
ſund. Swinemünde, Weimar und Wiesbaden. — Blitzfunktelegramme
ſind von und nach dieſen Orten zuläſſig, und zwar nur an Empfänger
mit Fernſppechanſchluß. Die Blitzfunkgebühr beträgt das 50fache der
gewöhnlichen Telegraphengebühr, zurzeit alſo eine Grundgebühr von
8000 Mank und eine Wortgebühr von je 4000 Mark.
Schweizer Flugverkehrspläne.
RDV. Wie der Reichszentrale für Deutſche Verkehrswerbung aus
Bern mitgeteilt wird, beſchäftigt man ſich in der Schweiz mit dem
Gedanken einer Flugpoſtlinis London—Genf. Die ſchwei
zeriſche Bundesregierung ſoll nicht abgeneigt ſein, einer engliſchen
Geſellſchaft zur Durchführung eines täglichen Luftdienſtes England —
Schweiz eine Subpention zu gewöhren, wem die fvonöſiſchen
Geſell=
ſchaften auf den Betrieb der Flugpoſtlinie Paris-Lauſanne—Genf
end=
gültig verzichten. Auch an einem regelmäßigen Flugverkehr mit
Deutſchland ſcheint die Schweiz lebhaft intereſſiert. So fand
kürzlich in München eine Beſprechung ſtatt, in der beſchloſſen wurde,
nach Möglichkeit folgende Flugpoſtlinien noch in dieſem Jahre in
Be=
trieb zu nehmen: Berlin-Nürnberg—Zürich-Ganf mit einer
Abzwei=
gung Nürmberg—München, von München nach Wien und von Wien
nach den Balkanländern, ſo daß direkte Flugverbindungen Schweiz—
Berlin, Schweiz—Wien und Schweiz-Baltan entſtehen würden. —
Die deutſchen Flugpläne dürften erſt Ende April endgültig
feſtgelegt werden, ſo daß der Betrieb auf den deutſchen Flugpoſtlinien
vorausſichtlich am 1. Mai aufgenommen werden kann.
Sport, Spiel und Turnen.
Norddeutſcher Fußball.
Die Kämpfe um die Norddeutſche Meiſterſchaft nahen ihreur
Ende. Letzten Sonntag empfing „Union”=Altona die
Hannöver=
ſchen Arminen. Erſt nach Spielverlängerung ſiegte „Union” 4::.
„Union” verdankt den knappen Sieg nur einzig und allein Scheuerbach,
(früher H.S. V.). „Eintracht”=Hannoder hatte den Hamburger Sport
perein als Gaſt und unterlag 4: 1. Nachdem Kolzen, Breuel, Harde‟
und Schneider je ein Tor geſchoſſen hatten und der Sieg der Meiſter
ſichergeſtellt war, ſtvengten ſelbige ſich nicht mehr an, jedenfalls, um
ihre Kräfte wegen der kommenden ſchweren Kämpfe zu ſchonen. Harder
iſt zur Zeit in glänzender Form und wird bei den Kämpfen um die
Deutſche Meiſterſchaft noch diel von ſich reden wachen. — Nächſten
Sonutag treffen ſich „Union”=Altona und „Holſtein”=Kiel. Der Sieger
aus dieſem Treffen wird ſich dann im Schlußſpiel mit dem Hamburger
Sportverein meſſen. Die Fußballwelt Norddeutſchlands ſieht ſchon heute
den Hamburger Sportverein als Norddeutſchen Meiſter. Damit
bräch=
den die kräftigen Rothoſen den Meiſter zum dritten Male nach Hauſe.
— Als Meiſter von Deutſchland kommen die Hanſeaten wieder
ernſt=
lich in Betrackt. Der Sturug, namontlich das Innentrio, will gehalten
ſein. Einen Durchreißer und Soloſpieler wie den Hünen Harder, der
trotz ſeinem „Immer feſte dmuff”, trotz ſeiner Körperkraft ein äußerft
faiver Spieler iſt, ſoll man erſt in Deutſchland ſuchen. Dazu der
bril=
lante Rechtsaußen Kolzen, Kalle, Schneider und Breuel, der Brecher,
links der fleißige und flinke Rave; da braucht man nichts zu fürchten.
Nur Fürth kann ſehr gefährlich werden, wenn es ihnen gelingt, ihre
Spielweiſe den Hamburgern aufzuzwingen. Aber die ewergiſchen
Leut=
von der Waſſerkante werden alles zum Endſpurt einſetzen und können
Fußball ſpielen.
Kr.
Stimmen aus dem Leſerkreiſe.
(Für die Veröffenilichungen unter dieſer Ueberſchrift übernimmi die Redattlon feinerlei
Ver=
antwortung; für ſie bleibt au
und des § 21 Abſ. 2 des Pr ſſegeſetzes in vollem Umfange
der Einſender verantwortlich.
— Einſendungen, die nicht verwendet werden, lönnen nicht
zurückgeſandt, die Ablebnung nicht begründet werden.
Zeichen der Zeit!
Seit einiger Zeit kann man merkwürdige Zuſtände im Städtiſchen
Hallenſchwimmbad feſtſtellen. In den am meiſten benutzten Räumen
(z. V. Baſſin) herrſcht am größten Teil des Tages eine geradezu
ent=
ſetzliche Luft. Dieſelbe wird zum größten Teil hervorgerufen durch
Zigarren= und Zigarettenqualm, welch letzterer in geradezu
unglaub=
licher Weiſe von einem Teile der Beſucher erzeugt wird. Vielen
ſtän=
digen Beſuchern des Hallenſchwimmbades wird durch dieſe
Rückſichts=
loſigkeit das Baden verleidet, und ziehen dieſe es lieber vor, der
An=
ſtalt fern zu bleiben. Ich halte es aus hygieniſchen Gründen für ſtrengſte
Pflicht der hierfür zuſtändigen Verwaltungsſtelle, daß ſie dieſem
Uebelſtand baldmöglichſt mit ſchärfſten Maßregeln entgegentritt,
um=
ſomehr, wie mir bekannt, das Rauchverbot in dieſen Räumen ſchon ſeit
Eröffnung der Anſtalt beſteht.
Ein ſtändiger Beſucher.
über in der Geſchäftsſtelle des Darmſtädter Tagblatts eingegangene
Spenden für die geſchädigte Ruhrbevölkerung:
Provinzial=Direktor Geheimer Rat Beſt, 3. Rate, 5000 Mk.,
Bezugs=
genoſſenſchaft d. Friſeure von Darmſtadt und Umgebung, 1. Rate, 5000
Mk., Beamte und Bedienſtiete der heſſ. Hauptſtaatskaſſe 209 000 Mk.,
N. N. 50 000 Mk., Technika, 3. Rate, 10 000 Mt., Dr. Langsdorf, 2.
Rate, 2000 Mk., Fa. Geſchwiſter Knopf 80 000 Mk., General von
Oheimb 1000 Mt., K. Hoffmann, 3. Rate, 500 Mk., Goldſchmidt,
Scholl=
weg 2, 3000 Mk., Ungenannt, Traiſa, 3000 Mk., Paul Rheinſchmidt 5000
Mk., N. N. 250 Mk., Frau Präſident Herzberger 2000 Mk., J. K., Nu.
4, 1000 Mk., Angeſtellten d. Rhein. Hoch= u. Tiefbau A.=G., Mannheim,
Baubüro Darmſtadt, 3. Rate, 30000 Mk., Dr. Schwalm, Landwehrſtu
16, 5000 Mk., Rechnungsämter der Heſſ. Juſtizamtmänner Darmſtadt
2 500 Mk., Gemeinde Dorndiel 33 585 Mk., Jul. Hercht, 2. Rate, 1000
„ N. N. 5000 Mk., 8. Sammlung Barths Weinſtube 30 886 Mk.,
Hans Scharmann 2000 Mk., Guſtav Nord, Schuhmacher, Marieſtadt i.
Schweden 3 Silberkronen, Ludwig Vogel, Liebfrauenſtr. 32, 10 000 Mk.,
Ferdinand Nöth 5000 Mk., Enoch, Alexanderſtr. 6, 3. Rate, 500 Mk.,
Familie Auguſt Werber, Eiſenbahninſpektor, Viktoriapl. 10, 2. Rate,
5000 Mk., Verein heſſiſcher Juſtizamtmänner 18500 Mk., Jakob
Schwarz 5000 Mk., Joſt, 2. Rate, 3000 Mk., A. E., Darmſtadt, 10 000
Mk., N. N. 2000 Mk., Ungenannt 1000 Mk., Freifrau E. v. Wedekind,
2. Rate, 1000 Mr., G. F. Knapp, 4. Gabe, 1000 Mk., L. v. G. 10000
Mk., Schembs=Tiſcher 5000 Mk., Fa. Müller u. Ober 25000 Mk.,
Kon=
firmanden der Martinsgemeinde, Weſtbezirk, 5000 Mk., Dr. E.
Vieh=
mann, 3. Rate, 6000 Mk.
1. Qnittung 336 810 Mk., 2. Quittung 882 210 Mk., 3. Qnittung
490 850 Mk., 4. Quittung 578 495 Mk., 5. Quittung 689 703 Mk., 6.
Quit=
tung 416 536 Mk., 7. Quittung 515 080 Mk., 8. Qnittung 1 251 261 Mk.,
9. Quittung 688 429 Mk., 10. Ouittung 1 146 238 Mk., 11. Quittung
525 881 Mk., 12. Quittung 557 984 Mk., 13. Quittung 1 577 273 Mk.,
14. Quittung 597 255 Mk., 15. Quittung 834 316 Mk., 16 Qnittung
477 914 Mk., 17. Quittung 627 518 Mk., 18. Quittung 494 253 Mk., 19.
Qnittung 705 358 Mk., 20. Quittung 570 580 Mk., 21. Quittung 936 478
Mk., 22. Quittung 2 736 219 Mk., 23. Quittung 504 042 Mk., 24.
Quit=
tung 341 900 Mk., 25. Quittung 620 271 Mk., 26. Quittung 439 447 Mk.
27. Quittung 536 085 Mk., 28. Quittung 631 221 Mk., 29. Quittung
240 065 Mk., 30. Quittung 719 917 Mk., 31. Quittung 393 980 Mk.,
32. Qnittung 457 470 Mk., 33. Quittung 780 100 Mk., 34. Quittung
619 721 Mk. und 3 Silberkronen.
zuſ. 23 410 210 Mk.
Wetterbericht der Gießener Wetterwarte.
Wettervorherſage für den 13. April:
Ziemlich heiter, trocken, milde, Südoſtwind. Die Druckverteilung
zeigt wenig Veränderung. Das milde Wetter wird in den nächſten
Tagen noch anhalten.
Tageskalender.
Landestheater Großes Haus. Anfang 7 Uhr, Ende gegen 9½
Uhr (C 20): „Hagith”; hierauf: „Petruſchta”. Kleines Haus, Anfang
7 Uhr, Ende 9½ Uhr (Zuſatzmiete V
): „Bunbury”. — Orpheum.
Anfang 7¾4 Uhr abends: „Pſt. Pſt
— Gartenbauverein,
abends 8 Uhr Vortrag: „Nützliche Inſekten”. — Vereinigung
aus Elſaß=Lothringen Vertriebener: abends 7 Uhr
Mitgliederverſammlung im Fürſtenſaal. — Union=, Reſidenz=,
Zen=
traltheater, Palaſt=Lichtſpiele: Kinovorſtellungen.
Verſteigerungskalender — Freitag, 18. April.
Nutzholzverſteigerung vorm. 9 Uhr im Gemeindewald
Ober=Ramſtadt (Zuſammenkunft am Steinbruch, Forſtort Buchwald),
Druck und Verlag: L. C. Wittich. Verantwortlich für Politik und
Wirtſchaft: Rudolf Mauve; für Feuilleton, „Stadt und Land”
„Reich und Ausland”: Max Streeſe; für den Inſeratenteil: Paul
Lange — ſämtlich in Darmſtadt.
Die heutige Rummer hat 8 Seiten
In der Nacht des 8. ds. trat
der Tod, von ihm ſo lang und
heiß erſehnt, als Erlöſer an das
Schmerzenslager des armen
Dul=
ders, meines geliebten Bruders
Darmſtadt, 12. April 1923.
Anna Echel=Ethel
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Die Beiſetzung hat in der Stille
ſtattgefunden. (*9960
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Wirtſchaftliche Rundſchau.
*Philipp Holzmann A. G., Frankfurt a. M. Der auf
Gen 2. Mai einberufenen Generalverſammlung wird die Verteilung
einer Dividende von 45 Prozent (i. V. 12 Pvozent) vorgeſchlagen
wer=
den. Die Ausſichten für das laufende G=ſchäftsjahr werden als günſtig
bezeichnet.
Maſchinen= und Armaturenfabrik vorm. H.
Breuer u. Cv., Höchſt a. M. Die Geſellſchaft ſchlägt eine
Divi=
dende von 100 Prozent auf die Stamm= und von 6 Prozent auf die
Vorzugsaktien vor (i. V. 18 Prozent auf die Stammaktien).
* Tellus A. G., Frankfurt a. M. In der
Aufſichtsrats=
ſitzung wurde beſchloſſen, der am 7. Mai ſtattfindenden
Generalver=
ſammlung eine Dividende von 100 Prozent vorzuſchlagen, außerdem
über die Erhöhung des Aktienkapitals von 50 auf 80 Millionen Mark
Beſchluß zu faſſen. Von den neuen Aktien ſoll den Aktionären ein
Bezugsrecht 4: 1 eingeräumt und der Meſt vorläufig zur Verfügung der
Verwaltung gehalten werden.
* Dyckerhoff u. Widmann A. G., Biebrich. Die
Geſell=
ſchaft hat ihre Auslandsbetriebe in eine neugegründete holl. Geſellſchaft
ein=
gebracht. Der Geſchäftsgang im Auslande ſoll recht befriedigend ſein.
während im Inland die vorliegenden Aufträge ausreichende
Beſchäfti=
gung ſichern. Für das abgelaufene Geſchäftsjahr darf mit einer
weſeut=
lichen Dividendenerhöhung gerechnet werden.
Oberſchleſiſche Eifeninduſtrie Caro=Linke=
Hofmann=Lauchhammer A. G. Die Gerüchte einer engeren
Verbindung der beiden Gefellſchaften ſcheinen ſich zu beſtätigen. Die
Verhandlungen ſchweben noch, jedoch ſcheint die zum Konzern der Caro=
A.G. gehörige Charlotenhütte bereit, ihr Paket an Caro=Aknien an
die Linke=Hofmann A.G. abzugeben bzw. gegen Link=aktien zu tauſchen.
* Norddeutſcher Lloyd, Bremen. Die Geſellſchaft
be=
antragt Verteilung einer Dividende von 10 Prozent wie im Vorjahre,
und außerdem einen Bonus für Geldentwertung von 20 Prozent. Der
auf den 15. Mai einberufenen Generalverſammlung ſoll ferner die
Erhöhung des Aktienkapitals vorgeſchlagen werden, worüber nähere
Mitteilungen demnächſt folgen ſollen.
Zellſtoffabrik Waldhof A. G., Mannheim=
Wald=
hof.
Die Verwaltung beabſichtigt, einer am 30. April ſtattfindenden
a. v. G.=V. eine Verdoppelung des Stammaktientapitals von 200 auf
400 Millionen Mk. vorzuſchlagen. Die Kapitalsephößung wird
begrün=
det mit den gewaltigen Anforderungen, die die Aufrechterhaltung der
Beſtände zum ungeſtörten Fortgang des Unternchmens an die
Geſell=
ſchaft ſtellt. Es wird beabſichtigt, auch bei dieſer Kapitaiserhöhung den
Crundſätzen Rechnung zu tragen, die durch die Generalverſammlung
vom 11. Dezember 1922 beſchloſſen wurden, jedoch mit der Maßgabe,
daß den Stamnaktionären ein Bezugsrecht 2:1 zu einem noch
feſt=
uſetzeni)n Kurs eingeräumt wird auf 50 Millionen Mk. neue Aktien,
während ein gleicher Betrag neuer Stammaktien im Intereſſe der
Ge=
ſellſchaft verwertet werden ſoll. Der Geſchäftsgang war bis i die
jüngſte Zeit hinein gut, ſo daß mit einer angemeſſenen Dividende für
das Geſchäftsjahr 1923 gerechnet werden kann. Zur Zeit ſei der
Ge=
ſchäftsgang durch die allgemeinen Verhältniſſe beeinflußt, aber immer
noch befriedigend.
* Th. Goldſchmidt A. G., Efſen. Der Aufſichtsrat hat in
der diesmal in Frankfurt a. M. abgehaltenen Sitzung beſchloſſen, der
auf den 30. Mai nach Eſſen einberufenen Generalverſammlung eine
Dibidende von 150 Prozent vorzuſchlagen.
Eſſener Bergwerksverein König Wilhelm. Die
Geſellſchaft ſchlägt eine Dividende von 100 % (i. Vo. 25 %) auf die
Stamm= und von 105 % (i. V. 30 %) auf die Vorzugsaktien vor.
* Vei den zur Pulvergruppe gehörigen Rheiniſch=
Weſtfäli=
ſchen Sprengſtoff A. G. und der Siegener Dynamit A.G.
wur=
den die bekannten Kapitalserhöhungsvorſchläge ebenfalls genehmigt.
Bei beiden Geſellſchaften wird ein Teil der neuen Aktien den Aktionären
5:2 zu 2400 Prozent zuzüglich eines Pauſchalbetrags zur Abgeltung
der Steuern uſw. angeboten.
Saecharinfabrik A. G., borm. Fahlberg, Liſt u.
Co., Magdeburg. Die ordentliche Generalverſammlung ſetzte die
Dividende auf 100 Prozent feſt und ſtimmte der Aufwendung von
30 M.
llionen Mark für Wohlfahrtszwecke zu. Das Unternehmen iſt in
allen Abteilungen voll beſchäftigt und mit Rohwaterialien auf Monate
hiaus eingedeckt, ebenſo iſt die Kohlenverſorgung durchaus genügend.
* Gebr. Körting A. G., Hannover=Linden. Die
General=
berſammlug genehmigte dis Regularien und ſetzte die Dividende auf
106. Prozent feſt. Die vorgeſchlagene Kapitalserhöhung wurde
geneh=
migt. Die neuen 50 Millionen Mk. Aktien, durch die das Aktienkapital
auf 120 Millionen Mc. ſteigt, werden zu einem Mindeſtkurs von 115
Prozent im gangen oder in Teilbeträgen nicht under 5 Millionen Mk.
ausgegeben. Nach den Ausführungen des Aufſichtsratsvorſitzenden hat
die Geſellſchaft nicht die Abſicht, die Kapitalserhöhung ſofort
durchzu=
führen, da ein augenblicklicher Bedarf nicht vorläge; es handle ſich
vielmehr um eine Maßnahme, um das nötige Betriebskapital in
drin=
genden Fällen zur Verfügung zu haben. Die Kapitalserhöhung wird
hinfällig, wenu ſie nicht bis zum 31. Dezember 1924 durchgeführt iſt.
Im Falle der Kapitalserhöhung iſt beabſichtigt, einen Teil der neuen
Aktien den Aktionären anzubieten.
Berlin=Gübener Hutfabrik A. G., vorm. A. Cohn,
Guben. Bei der Geſellſchaft ſteht, wie wir höven, eine
Kapitals=
evhöhung bevor, jedoch ſoll dieſe nicht zu Verwäſſerungszwechen dienen,
ſo daß mit der Möglichkeit zu vechnen iſt, daß den Aktionären ein
weni=
ger wertvolles Bezugsrecht als in den letzten Jahren zufällt.
Heine u. Co. A. G., Leiptig. Die Geſellſchaft ſchlägt eine
Ditidende von 50 Prozent und eine Kapitalserhöhung um 97 Millionen
Mark durch 91 Millionen Stamm= und 6 Millionen Mark Vorzugsaktien
vor. Die Feſtſetzung der näheren Bedingungen bleibt der
Generalver=
ſammlung vorbehalten.
E.Gebr. Krüger u. Co. A. G., Berlin=Köpenick. In
der Generalverſammlung wurde die Verteilung einer Dividende von
100 Prozent auf die Stamm= und von 10 Prozemt alf die Vorzugsaktien
genehmigt (i. V. 3 bzw. 5 Prozent), ſowie die Kapitalserhöhung um
12 Millionen Mark Stamm= und 2 Millionen Mark Vorzugsaktien.
8Millionen Mk. neue Aktien werden den Aktionäven 3 :2 zu 3000
Prozent angeboten. 4 Millionen Mk. werden zur Verfügung der
Ber=
en.
waltung gchalten, um im Intereſſe der Geſellſchaft verwertet zu n
100 Prozent und für die Vorzugsaktien auf 3 Prozent feſt. Die
aus=
ſcheidenden Aufſichtsratsmitglieder wurden wiedergewählt.
Die Lage desamerikaniſchen Eiſen= und Stahl=
C
marktes. Das amerikaniſche Fachblatt Iron Trade Review,
Cleve=
marktes: Die März=Roheiſenproduktion war die größte jemals erreichte
und betrug 3 521 000 To. Es kamen 10 Hochöfen neu in Bertieb,
wo=
durch ſich die Zahl der unter Feuer befindlichen Oefen auf 296 gehoben
hat. Für April wird eine neue Rekordzahl erwartet. Der Markt iſt
ruhiger geworden, da die Walzwerke zurückhaltender geworden und die
Hochofenwerke vollſtändig ausverkauft ſind, ſodaß das gauze Geſchäft
einen ſpekulativen Charakter annimmt. Die Marktverſteifung hält an:
der Weißblechpreis für Ausfuhr ſtieg auf 6,00 8 pro Kiſte. Die
Einfuhr=
ziffer für Dezember war 95 701 To. einſchließlich 54 723 To. Roheiſen.
Die Jahreseinfuhr für 1922 erreicht damit 800 564 To., worin 483445
To. Roheiſen enthalten ſind. Britiſches Ferromangan koſtet 125,00 8,
britiſches Spiegeleifen 35,00 8 einſchlinßlich Zoll.
F=d= Preußiſche Zentral=Boden=Kredit A.G.,
Ber=
lin. (Priv.=Tel.) Dig ordentliche Geveralverſammlung der Preußi= Dienſtes der transatlantiſche Verkehr zwiſchen Europa und Mexiko in
ſchen Zentral=Boden=Kredit A.G. genehmigte einſtimmig die
Regula=
ordnung ſtehenden Punkt „Ausdehnung der Jutereſſengemeinſchaft”
A. G., die Deutſche Grund=Kvedit= und die Aheiniſch=Weſtfäliſche Boden=
Kreditanſtalt bereits in Intereſſengemeianſchaftsverträgen ſtänden, der
Anregung gerne Folge gegeben werde, die Braunſchweigiſch=
Hannover=
ſche Shpothekenbank in dieſe Intereſſengemeinſchaft mit aufzunehmen
er Ergänzung des Verteilungsſchlüſſels für alle vier
Jutereſſen=
unte
gemeinſchaflsbanken. Es handelt ſich damit um ein ſehr großes, dafür
aber um eim ſehr leiſtungsfähiges Inſtitut. Die notwendigen
Ver=
handlungen feien ſoweit gediehen, daß der unmittelbare Abſchluß
bevor=
ſtehe. Die Einverſtändniserklärung der Braunſchweigiſch=Hannoverſchen
Hypothekenbank ſei erfolgt und der auf den 25. April einberufenen
Ge=
neralverſammlung werde die Annahme empfohlen. Die Braunſchvei= dito (Mixed) Mk. 100—103 000, Weizenmehl ſüdd. Spezial Null Mk.
den anderen Inteveſſengemeinſchaftsbanken ebenfalls um 50 Prozent. 125—140 000, Weizen= und Roggenkleie Mk. 50 000. — Tendenz: ſtetig.
Die Generalverſammlung ermächtigte die Verwaltung zum Abſchluß
aller notwendigen Verträge.
Grmm
Bad=Mergentheim Akt.=Gef. Die der
Generalverſamm=
lung am 3. April 1923 vorgelegten Punkte der Tagesordnung fanden
die einſtimmige Genehmigung der erſchienen Aktionäre. Aus dem
Rein=
gewinn von Mk. 6 301 384 wurden 40 Prozent Dividende ausgeſchüttet.
Ferner wurde das Aktienkapital um Mk. 16 500 000 durch Ausgabe von
15 000 Inhaber=Aktien zu je Mk. 1000 und 1500 Namens=Aktien zu je
Mk. 1000 mit erhöhtem Stimmrecht und Bevorzugung bei der
Liquida=
tion (unter Ausſchluß des geſetzlichen Bezugsrechts der Aktionäre)
er=
höht. Das Bankhaus Albert Schwarz, Stuttgart, hat die neuen Aktien
zu 300 Prozent übernommen und hält ſie zur Verfügung der
Geſell=
ſchaft zur Abtragung von Krediten und zur Durchführung ſonſtiger im
Intereſſe des Unternehmens gelegener Maßnahmen. In den
Aufſichts=
rat wurden neu gewählt: Generaldirektor S. Weiß, Südd. Holzinduſtrie
A.=G., München, Hofkammerrat Dr. Ebersbach, Gera und Dr. O. Steub,
Berlin. Die Akt.=Geſ., Beſitzerin der Mergentheimer Quellen und
Kur=
mittel, der erſten Hotels und Sanatorien ſowie ausgedehnter
Liegen=
ſchaften, hat im vergangenen Winter weitere Bauten erſtellt und dem
Innenausbau der vorhandenen Gebäude beſondere Sorgfalt zugewandt,
ſo daß ſie in der Lage iſt, eine erheblich größere Anzahl von Kurgäſten
als ſeither aufzunehmen. Trotz der geſpannten politiſchen Verhältniſſe
iſt eine große Anzahl von Beſtellungen für die bevorſtehende Kurzeit
ſchon eingegangen.
wb. Preisermäßigung für Gummireifen. Die
Mit=
glieder des Vereins deutſcher Gummireifen=Fabrikanten in Haunover
ermäßigten ab 11. April die Preiſe für ſämtliche Reifenſorten um
zirka 20 Prozent.
Ermäßigung der Dachpaßpenpreiſe. Der
Ver=
band Deutſcher Dachpappenfabriken hat auf Grund der Veränderungen
der Rohſtoffpreiſe, die infolge der Ermäßigung der Kohlenpreiſe
ein=
getreten ſind, die folgenden neuen Richtpreiſe feſtgeſetzt:
a) für Dachpappe mit 8er 100er 15der. 200er Rohpappeneinlage
3280.—, 2700.—, 1820.—, 1350.— Mk. f. d. am,
b) für Iſolierpappe mit 8der 100er
125er Rohpappeneinlage
3940.—, 3630.—, 3280.— Mk. f. d. am,
c) für Dacharbeiten: 1. für die Herſtellung eines doppellagigen
Klebe=
pappdaches aus einer Lage 100er und einer Lage 150er Dachpappe
12000 Mk.; 2. für die Herſtellung eines doppellagigen Kiespappdahes
aus einer Lage 100er und einer Lage 150er Dachpappe 13000 Mk.;
3. für den Anſtrich eines alten Pappdaches 950 Mk. Die Preiſe unter
a) und b) verſtehen ſich für waggonweiſen Bezug frei Verſandſtation,
die Preiſe zu c) für 1 qm Dachfläche bei Arbeiten für wenigſtens 1000
am Geſamtfläche am Platze des Ausführenden bei normalen
Verhält=
niſſen unter Zugrundelegung der gegenwärtigen Richtpreiſe des
Ver=
bandes für Dachpappe, ſämtlich bei ſofortiger Barzahlung.
E=d= Bergwerks=A. G. Lothringen, Eſſen. (Priv.=Tel.)
In der ordentlichen Generalverſammlung der Bergwerks=A. G.
Lothrin=
gen wurde die Dividende auf 80 Prozent feſtgeſetzt. In den Aufſichtsrat
neu gewählt wunde Generaldirektor Kleynmans=Recklinghauſen,
Kommerzienrat Paul Klaproth= Hannover, Vorſitzender des
Auf=
ſichtsrat der Hanomag, und Konſul Gruft=Oehnhauſen.
Die Generalverammlung der Märkiſch=Weſtfäliſchen
Bergwerksverein. A. G. in Ustmathe (Weſtfalen) genehmigte
die Fuſion mit der Bergbau=A.G. Lothringen. Das Vermögen
des Märkiſch=Weſtfäliſchen Bergwerkvereins wird danach als Ganzes
unter Ausſchluß der Liquidation auf die Bergwerks=A. G. Jothringen
übertragen. Den Aktionären von Letmathe wird gegen 3300 Mark=
Aktien eine Lothmnger Aktie über nominal 1000 Mark gewährt, die ab
1. Januar 1923 dividendenberechtigt ſind.
In der ordentlichen Gewerkenverſammlung der Gewerkſchaft
Freier Vogel und Unverhofft wurde die Auflöſung der
Geſellſchaft und die Uebertragung des geſamten Vermögens mit allen
Aktiben und Paſſiven auf die Bergwerks=A.G. Lotyringen
be=
ſchloſſen, und zwar zu dem Preis von 8 Millionen Mark, wofür
uomi=
mal 8 Millionen Mk. Aktien der Lothringer A. G. gewährt werden.
In der in Hannover abgehaltenen ordentlichen
Generalverſamm=
lung der Eſſener Steinkohlenbergwerks=A. G. in Eſſen
wurde die Dividende auf 80 Prozent feſtgeſetzt und Bankier Deichmann
in Köln neu in den Aufſichtsrat gewählt.
In der in Honnover abgehaltenen ordentlichen
Gewerkenverſamm=
lung der Gewerkſchaft „König Ludwig” in Reckling
haufen wurde beſchloſſen, eine Ausbeute von 40 000 Mk. pro Kux
für 1922 auszuſchütten. Die Verwaltung teilte mit, daß die Förderung
im neuen Geſchäftsjahr annähernd gleich geblioben iſt. Der Ausbau
der dritten Sohle ſei ſehr gut vovangegangen; die Schachtanlagen 3, 4
und 5 ſeien von den Franzoſen beſetzt und die Kohlenvorräte
beſchlag=
nahmt worden. Die Rheinſchiffahrt liege vollkommen ſtill, daher ſei
auch das Kohlengeſchäft mit Süddeutſchland faft ganz lahmgelegt.
Meſſen.
Die 4. Groß=Berliner Tabak=Meſſe wird am
Sonn=
abend, den 14. April, vorm. 11 Uhr, in den Geſamträumen der „Neuen
Welt”, Haſenheide 108=114, eröffnet. In Anbetracht der allgemeinen
Wirtſchaftslage und unter Berückſichtigung der Notlage des geſamten
Tabakgewerbes iſt die Meſſe dieſes Mal von beſonderer Bedeutung.
Die Beſchickung iſt außerordentlich reichhaltig; mehr als 330 Firmen
zählen als Ausſteller, und es bietet ſich ſomit für die Intereſſenten,
beſonders die Zigarrenhändler, die beſte Gelegenheit, ſich auf der Meſſe
über die Marktlage eingehend zu unterrichten. Die 4. Groß=Berliner
Tabakmeſſe iſt vom 14. bis einſchließlich 17. April täglich von vormittags
11 Uhr bis abends 10 Uhr geöffnet, am letzten Tage, Dienstag, den 17.
April, wird die Meſſe bereits um 7 Uhr abends geſchloſſen.
Eine Ausſtellung rationeller
Arbeitsmetho=
den im Bureau. Die unter dem Ehrenvorſitz des Präſidenten
der Berliner Handelskammer, Herrn Franz von Mendelsſohn, vom 26.
April bis 6. Mai im Berliner Sportpalaſt, ſtattfindende Allgemeine
Bureau=Ausſtellung wird von über 200 Ausſtellern beſchickt ſein. Die
Ausſtellung wird den Beſuchern gute Anregungen über zeit= und
ar=
beitfparende Methoden im modernen kaufmänniſchen und techniſchen
Bureau geben. Da aber zeit= und arbeitſparend gleichbedeutend mit
Geldſparen iſt, dürſte die Ausſtellung ein beſonderes Intereſſe aller
kaufmänniſchen und behördlichen Kreiſe verdienen.
Erweiterung des Arbeitsausſchuſſes ber
Vereinigte Deutſche Nickelwerke A.G., Schwerte. Mannheimer Erfindungen=Meſſe 1923.: Die vom
Die Generalverſammlung ſetzte die Dividende für die Stammaktien auf Reichlsverband Deutſcher Erfinder” E.V. Mannheim vom 27. April bis
3. Mai d. J. im Mannheimer Roſengarten zu veranſtaltende 3. Deutſche
Erfindungen=, Neuheiten und Induſtrie=Meſſe hat ihren
Arbeitsaus=
ſchuß weſentlich erweitert. Die Mannheimer Stadtverwaltung entſandte
als Beiſitzer. Herrn Sadtverordneten Dreifuß, die Handelskammer
land, Ohio, kabelt über die Lage des amerikaniſchen Eiſen= und Stahl= Herrn L. Meyer Gerngroß, in Firma Hermann Gerngroß, Großhandel
in Glas und Porzellan, der Verkehrsverein Herrn Herwann Mohr, in
Firma Mohr u. Federhaff. Durch dieſen Zuzug bewährter Fachmänner
aus maßgebenden Induſtrie= und Handelskreiſen wird eine weitere
Ge=
währ für eine gedeihliche Entwickelung der Meſſevorarbeiten geboten.
Verkehrsnachrichten.
t. Der Seeverkehr mit Mexiko durch die deutſchen
Schiffahrtslinien geſichert. Die franzöſiſche
Schiffahrts=
geſellſchaft Geuerale Transatlantie hat ſich gezwungen geſehen, ihren
Schiffsdienſt nach Mexiko wegen Unrentabilität einzuſtellen. Nach dem
Urteil des mexikaniſchen Konſuls in Chicago iſt durch den Ausfall dieſes
keiner Weiſe beeinträchtigt, da außer einer holländiſchen drei große
rien und ſetzte die Dividende auf 9 Prozent feſt. Zu dem auf der Tages= deutſche Schiffahrtsgeſellſchaften, nämlich die HamburgAmerika=Linie,
die Ozean=Linie und die StinnesLinie, mit zahlreichen modernen
Paſſa=
bemerkte der Vorſitzende, daß, nachdem die Preußiſche Boden=Kredit= gier= und Frachtdampfern einen regelmäßigen Verkehr zwiſchen den
europäiſchen und mexikaniſchen Häfen unterhalten, die dem geſteigerten
Verkehrsbedürfnis vollauf genügen.
Warenmärkte.
wb. Amtliche Notierungen der Frankfurter
Ge=
treide=Börſe vom 11. April. Alsbaldige Lieferung. Parität
Fraunkfurt a. M. Weizen Mk. 110—113000, Roggen Mk. 95—98 000,
Sommergerſte für Brauzwecke Mk. 77—85 000, Hafer inländ. Mk.
48—80 000, dito ausländ. Mk. 86—22 000, Mais (La=Plata) Mk. 110000,
giſch=Hannoverſche Hypothekenbank erhöht ihr Kapital im Einklang mit 175—195 000, bei Waggonbezug ab Mühlenſtation, Noggenmehl Mk.
wb. Berliner Produktenbericht. Die Haltung des
Produktenmarktes ließ eine Neigung zur Abſchwächung erkennen. Für
12. Aprii 1923 Nr. 100
Weizen und Roggen war bermehrtes Inlandsangebot am Markte;
auch war Auslandsware aus zweiter Hand erhältlich. Weizen und
Weizenmehl aus dem Inland findet ſchwierigen Abſatz wegen billigerer
Offerten aus dem Auslande. Gerſte war vermehrt zu Futterzwecken
begehrt, weil ſie ſich billiger ſtellt als Mais; dieſer Artikel lag
infolge=
deſſen etwas ſchwächer. Hafer hatte ohne beſondere Preisänderung ein
vollkommen ruhiges Geſchäft. Hülſenfrüchte waren ſtill. Für Kleie und
andere Futterſtoffe zeigte ſich mehr Nachfrage.
*d. Hamburger Warenbörſe. Priv.=Tel.) Kaffee: Die
Braſilforderungen lauteten um 1 sh höher. Es dürften nur kleine Poſten
abgeſchloſſen worden ſein. Das Platz= und Inlandsgeſchäft in verzollter
Ware war rege bei feſten Preiſen. Auch in unverzollter Ware fanden
einige Umſätze in beſſeren Sorten ſtatt. Kakao: Die Umſätze nach dem
Inland halten ſich in engen Grenzen. Das Abladungsgeſchäft iſt ſehr
ruhig. Von Angeboten lagen vor (Mai=April=Abladung) Superior
Bahia 41 sb. Plantation Trinidad 45 sh 6 d, Superior Sommer Ariba
53 Sh. Reis: Bei einiger Nachfrage aus dem Inland ſtellte ſich Burma II
Loko auf 13 sh 7½ d, Burma Bruch AT11sh 6 d. Schmalz:
amerika=
niſches Steames 29½, raffiniertes in Tierces 30½—30¾ und
Hambur=
ger 31½ Dollar; Tendenz feſt. Getreide: Bei reger Nachfrage bleibt
die Tendenz weiter feſt. Vor Schluß der Börſe ſtellten ſich (
Inlands=
getreide ab Station): Weizen 51 000—52000, Roggen 45 000—46 000,
Hafer 35 000—40 000, inländiſche Gerſte 35 000—40 000, ausländiſ:he
Gerſte 35 000—40000, Mais April=Abladung 44 000—45000 Mai=
Ab=
ladung 49 000—50 000 Mark pro Zentner. Zucker: Der Markt war auf
feſtes Ausland weiter feſt bei anziehenden Preiſen. Tſchechiſche Kriſtalle
Feinkorn AprilAbladung koſtete 43 sh 2½ d, Mai=Abladung 43 sh 3 d,
tſchechiſche Würfel April=Abladung 43 sh 7½ d, tſchechiſche Cubel April=
Abladung 43 sh 3d.
r. Vom Holzmarkt. Unſer fachmänniſcher Mitarbeiter
ſchreibt uns: Es iſt bemerkenswert, daß die Rohholzpreiſe ſich in den
letzten ſtaatlichen Holzverkaufsterminen weit mehr geſenkt haben, als
es nach den Grenzen, die dem Preisabbau gezogen ſind, bevechtigt wären.
Augenſcheinlich wirken ſich jetzt hauptſächlich die erſchwerten
Stundungs=
vorſchriften, die dem nicht kapitalkräftigen Sägemühlengewerbe eine
Teilnahme an dem Verkauf nicht geſtatten, ſtark aus. Es iſt heute uur
für diefenigen Schneidemühleninduſtriellen möglich, ſich an den
ſtaat=
lichen Holzverkäufen zu beteiligen, die entweder das nötige bare Geld
haben oder doch die Ausſicht, binnen kurzem einen Teil der Einſchnitte
uuter Erhebung von Vorſchüſſen ſeitens der Kundſchaft zu verkaufen.
In den Kreifen der Möbelfabriken und Holzhandlungen iſt aber die
Geldknappheit genau ſo kritiſch, und es werden daher künftig nur
die=
jenigen Kreiſe Rohholz erwerben können, die ſehr ſtark fundiert ſind.
Die Schnittholzpreiſe haben ſich ebenfalls gefenkt, indeſſen nicht in dem
Ausmaß, wie die Preiſe für Rohholz. Es wurden einige kleinere
Ver=
käufe von Schnittholz in Weſt=, Nord= und Oſtdeutſchland getätigt.
Jn=
deſſen entſpricht deren Umfang durchaus nicht den vorchandenen
Be=
ſtänden. Eine beſonders kräftige Ermäßigung mußten ſich die Preiſe
für Bauhölzer gefallen laſſen. Gebaut wird zur Zeit überhaupt nicht,
und die Ausſichten für die künftige Bautätigkeit ſind die denkbar
ſchlech=
teſten. Die Siedlungsbautätigkeit iſt überhaupt ganz zum Stillſtand
gekommen, und es fehlt auch an Aufträgen ſeitens der Behörden.
Nachſ=
frage beſtand allein nach Eiſenbahnſchwellen. Hier wurden einige
grö=
ßere Verkäufe bekannt. Teilweiſe gingen dieſe Käufe von Firmen aus,
die an das Eiſenbahnzentralamt Lieferungen auszuführen haben,
teil=
weiſe von Leuten, die ſich die Bahnſchwellen auf Spekulation hinlegen
wvollen. Viel beachtet wurde eine von Warſchau ausgehende und in der
deutſchen Preſſe verbreitete Nachricht, wonach die polnifche Regierung
den Erlaß eines Ausfuhrverbotes für Holz ausgeſprochen habe. In
dieſer Form iſt die Nachricht unzutreffend. Tatſache iſt daß der pol=
Regierung abzutragen.
Börſen.
wb. Frankfurker Börſenſtimmungsbild. Am
Debiſen= und Notenmarkt trat eine Veränderung der Lage nicht ein.
Der Dollar hielt ſich auf 21 150. Der freie Effektenverkehr war ruhig
bei feſter Tendenz. Soweit Kurſe genannt wurden, hielten ſich dieſe
ungefähr auf den geſtrigen Schlußuotierungen. Die Spekulation ſcheint
zu Deckungskäufen bereit zu ſein; im allgemeinen zeigt ſich auch im
Publikum einige Kaufneigung. Von Bankenwerten ſprach man
Dis=
konto=Geſellſchaft mit 15 500, Deutſche Bank mit 30 000, Oeſterreichiſche
Credit 15 306—15 700, Wiener Bankverein 12—11800. Darmſtädter
Bank 14 000. Von den übrigen Schwankungswerten hörte man
fol=
gende A. E. G. 26 500 Hirſch Kupfer 55 000, Zellſtoff=Waldhof auf die
Verdoppelung des Stammkapitals gefuchter. Chemiſche Werte lagen
ruhig. Von Renten nannte man Zolltürken 38 250, Bagdad II 36 500,
Ungar. Kronenrente A150—8200 1880er Ruſſen 10 500. Von
Frei=
verkehrspapieren nannte man: Benz 18000, Inag 17 000, Api 19 775,
Becker Stahl 18 500, Becker Kohle 16 000, Hanſa Lloyd 11 000, Grovag
1750—1775, Karſtadt 4850, Kabelwerk Rheydt N 500, Elberfelder
Kupfer 17 000, Metz Söhne 11 775, Ufa 12 125.
Frankfurter Abend=Deviſen vom 11. April. Ruhig.
Dollar 21 150, Polennoten 49,25, New=York 21 150, Holland 8385,
Brüſſel 1200, Italien 1050, London 98 350, Paris 1402½., Schweiz 3860.
wb. Berliner Börſenſtimmungsbild. Bei
mangeln=
der beſonderer Anregung bewegten ſich die Umſätze am Deviſenmarkte
wieder in den engſten Grenzen und demgemäß blieben auch die
Kurs=
ſchwankungen unbedeutend. Eine kleine Abſchwächung erfuhr die Deviſe
Paris. Für Effekten herrſchte durchweg feſtere Stimmung, namentlich
für Bankenwerte gab ſich mit Rückſicht auf die bevorſtehenden
Abſchlags=
veröffentlichungen großes Intereſſe kund. Es wurden durchweg höhere
Kurſe genannt.
Leder=, Häute= und Fellbörſe in Frankfurt
a. M. Während der bevorſtehenden Frankfurter Frühjahrsmeſſe, vom
15. bis 21. April, wird im Saale des Untergeſchoſſes des Hauſes
Werk=
bund am Dienstag, 17. April, vormittags von 10½ bis 12 Uhr, eine
Leder=, Häute= und Fellbörſe ſtattfinden. Die bisher in Frankfurt
ab=
gehaltenen Ledermeßbörſen haben ſich ſtets regen Zuſpruches erfreut.
Eintritt gegen Vorzeigung des Meßausweiſes oder der Mitglieds= und
Beikarte der Frankfurter Leder=, Häute= und Fellbörſe E. V.
Kf Geb. Brief Geld Brief Antwerpen=Brüfſel .......... 35 Holland ... .. . . . .. . . .. .. . ..." 395. 309.5 London ...................." gilt 3 98565 9 g809720 570,80
g8. Paris ......................" .40 1434.60 * 1411.— Schweiz... ... . . . . . ... ... . .." 3870 65 3862,65 Spanien ..................." 3216.9 05 219.4 Italien ............... ....." 1047.35 16638 1947.35
Liſſabon=Sporto. . . . . . . . . . . . ." Dänemark ......... ..... ...." 4002.45 4322,5. 924.05 Norwegen .................." 7732 801.50 Schweden .................." 5654. 56 Helſingfors ................." Ri
76 New=York .................. 21097.10 *. 2120 Deutſch=Oſterreich (abg.). .. ... 29.60 2. Budapeſt. ... . . . . . . . . . . . . . .." 73 80 7 Prag ............. ........." 628.90 632.10 Agram. . . . . . . . . .. ...... . . .. — —.— 209 w. Deviſenmarkt. Berl lin 11. April Telegr. Auszahlungen für: D0. April —
2
Kf Geld —Brief Geld Brief. Amſterdam=Rotterdam . ..= 82393 8280,65 23 —
—
8280.4 Brüſſel=Antwerpen .........." 1236.92 Chriſtiania............ . ... .." i59 801g *= Ropenhagen ..............." 3” Stockholm ......... .. . ...... 5581.01 13 Helſingfors ................." 570.07 570.0 Italien. . ................. 1046 12 1044.88 London ..................." 97879.68 736
987 New=York .................." 21097.12 21212. Paris ...................... 1423.* 31.0 1108.9 Schweiz.. . . . . . . . . . . . . . . .. . " 3850. 38 386 Spanien ............ ......." 236.17 Vien (in Deutſch=Oſterr. abg.). 332 29.73 Prag ...................... 29.42 Budapeſt .. . .. . . . . .. . .. .. ..." Buenvs=Aires .. .. . . .. . . . . . .." 7698 79820 77 Bulgarien .................. 158,6 159 40 160,84 2 Japan ................ 9975.— 10025— 9975.— 61.16 Rio de Janeiro ............. 2259.3 80 6 /44.37 Bbg
* Belgrad. . . . . . . . . . . . . . .. .. .. 2ll.22 2102 1 21296 214.04
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Fernsprecher 1308, 1309
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FRIEDRICH ZAUN
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Darmstadt
1 Luisenplatz 1
(88a
[ ← ][ ][ → ]Rummer 100.
Daruſtädter Tagblatt, Donnerstag, bei 12. April 1923:
Seite 7.
Das ewige Feuer.
Roman von H. Richter.
Amerikaniſches Copyright 1922 by Carl Duncker, Berlin.
50
(Nachdruck verboten).
Oben in Annelieſes Zimmer ſaßen ſich die Geſchwiſter
gegen=
über. „Wir leben da unten in einem tollen Wirrwarr,” berichtete
Ernſt. „Es ging ja alles glatter als wir zu hoffen wagten, und
wer das Land nur äußerlich anſieht, kann zufrieden ſein. Seit
Baron van Utrecht Statthalter iſt, ſind wir das Schoßkind
Euro=
pas geworden, alle Staaten wetteifern, uns zu helfen. Die
Oel=
induſtrie iſt in ſtetem Aufſchwung, es wird neu gebohrt, ſogar
das Pumpwerk iſt in Betrieb, das Baku mit Tiflis und Batum
verbindet. Die Grenze iſt gut geſchützt, wir haben eine
Zoll=
truppe, die aus Einheimiſchen und Europäern gemiſcht iſt, alle
Staaten durcheinander, aber es geht, wenigſtens bisher. Eine
kleine Flotte haben wir auch, ſowohl auf dem Schwarzen Meere
— die beſteht aus Einheiten der ehemals ruſſiſchen Flotte — als
auch auf dem Kaſpiſchen Meer, da fahren ein paar ſchwarze
Tor=
pedoboote herum und ſchützen die See. Rußland läßt uns
zu=
frieden und bekommt dafür mehr Oel, als es in den letzten
Jah=
ren bei aller Anſtrengung ſelbſt zu fördern vermochte. Alles
ſchön und gut, aber . . . aber . .
Annelieſe ahnte, was jetzt kommen würde und ſah ihn
ängſt=
lich fragend an.
„Meine Sorge iſt der Statthalter ſelbſt. Als die Revolution
da unten ausbrach, lag er ganz in den Banden dieſer Fürſtin,
die Du ja kennſt. Dann nach dem Zwiſchenfall am Araxes glaubte
ich ihn von ihr frei, und da kam die unglückſelige Proklamation
von Tiflis. Wir haben eine Gegenpartei im Lande, die von dem
geſchiedenen Mann der Fürſtin geführt wird. Am Tage der
Pro=
klamation muß es oben ſehr ſchlecht geſtanden haben; die Frage,
ob die Völkerbundpartei oder die Nationalen herrſchen ſollten,
war durchaus noch nicht geklärt. Der holländiſche
Bevollmäch=
tigte hat mir das alles erzählt, van Utrecht ſchweigt über den
Tag. Kurz vor der entſcheidenden Sitzung hat die Fürſtin mit
ihm geſprochen, ſie ſoll ſehr erregt geweſen ſein, ſagt Sentink.
Unſer Jonkheer war ein anderer Mann, als er wieder zurückbam
und mit Sentink in den Sitzungsſaal ging.
Der Vorſtoß der Gegenpartei ließ nicht lange auf ſich warten.
Fürſt Arweli eröffnete die Sitzung und ſtellte die Hauptfrage des
Tages ſofort zur Diskuſſion. Die Fürſtin ſaß wieder oben auf
der Tribüne und hörte zu; ihr geſchiedener Gatte ſoll ſich nach ihr
umgeſehen haben, und ſie hat ihm zugenickt, das hat Sentink
ganz deutlich geſehen. Er meint, es ſei das Zeichen zum Angriff
für ihn geweſen, denn er itwickelte dann ſofort ſeinen
Stand=
punkt der nationalen Regierung und lehnte die Bevormundung
des Auslandes ab. Er ging ſogar ſo weit, daß er ſagte, im Her=
zen wären ja alle Gruſinier im Saal mit ihm einverſtanden, das
wiſſe er, und er fordere jetzt ein mannhaftes Bekenntnis. Van
Utrecht ſprang auf und ſchleuderte ihm ſeine Anklagen ins
Ge=
ſicht, er warf ihm vor, daß er beſtochen ſei, berichtete von den
Spionageverſuchen unten in Baku, rollte ein Bild auf, wie die
Zukunft ſich für den nationalen Staat geſtalten würde und trat
warm für den Völkerbund ein. Alle Augen hingen jetzt an
Ar=
weli, der ein Dokument vom Tiſch aufhob und eine
Loyalitäts=
erklärung der geſamten Regierung und der prominenten
Parla=
mentsvertreter außer dem Fürſten Alexander verlas. Der wurde
leichenblaß und drohte mit der Fauſt nach der Tribüne. Die
Fürſtin lachte aber nur. Da ſprang er auf und verließ mit ſeinen
Anhängern den Saal. Man hat ihn nicht wiedergeſehen und
nimmt an, daß er nach Perſien geflohen iſt. — Ich kam zwei
Tage ſpäter nach Tiflis und traf Sentink noch an, der mir dies
alles erzählte. Van Utrecht ſchwieg. „Ich werde mich mit der
Fürſtin verloben,” war das Einzige, was er mir ſagte.
Und nun weiß ich genau, wie es in ſeinem Innern ausſieht,
und ich kann ihm doch nicht helfen. Er hält ſich für einen
Weiber=
knecht, der ſein ganzes Schickſal einer Frau zu verdanken hat.
Zweimal iſt ſie ihm nun da unten in den Weg gekommen. Die
Revolution hat ihn in andere Bahnen geſchleudert, und ſie war
es, die ihn mit den maßgebenden Stellen zuſammenbrachte. Das,
was eigentlich den neuen Staat am Kaukaſus erſt möglich machte,
iſt nationales Werk; wir haben dann nur Europa für uns mobil
gemacht und den Bau geſichert.
Zum zweitenmal war das Land oben in Tiflis in Gefahr,
und wieder war ſie es, die ihm half. Ungerufen zwar, aber ohne
ſie war vielleicht das ganze Werk in Frage geſtellt.
Glücklich und tatkräftig habe ich ihn nur in den Wochen
ge=
ſehen, in denen wir in Baku aus einem Chgos neues Leben
herausarbeiteten. Da war er ganz der wagemutige alte van
Utrecht. Die Fürſtin hat ihn als Preis gefordert, das ſteht feſt
bei mir, aber ebenſo feſt ſteht es, daß dieſe Frau nur herrſchen
will. Sie liebt nicht den Mann, ſondern den Statthalter. Sie
hat das Unternehmen des Fürſten Alexander für zu unſicher
ge=
halten und ihn deshalb kalt und grauſam vernichtet, aber für die
umfaſſende Idee, der van Utrecht dient, iſt ſie nicht zu haben. Sie
weiß, daß die Zeit für eine nationale Erhebung mit Ausſicht auf
Erfolg noch nicht gekonmnen iſt und wartet. Aber auch die Macht
will ſie nicht verlieren, und als Frau des Statthalters wird ſie
Einblick in Dinge bekommen, die ihr ſonſt verſchloſſen wären.
Und das alles weiß van Utrecht auch, oder er ahnt es wenigſtens.
Das Schlimmſte iſt aber, daß er dieſer Frau immer wieder
unter=
liegt; wäre ſie ihm gleichgültig, dann bekämen wir ihn eher frei.
„Iſt es denn nicht Menſchenpflicht, ihm zu helfen?” warf
Annelieſe ein.
„Das habe ich auch gedacht und es auch mit —” er räuſperte
ſich, — „ja, das habe ich Dir ja noch gar nicht erzählt: da unten
iſt ſo eine kleine, kluge Perſon angekommen, ſie iſt Deutſchruſſin
und heißt Irene, und . . .
Annelieſe lachte vergnügt. „Jetzt ſehe ich erſt, daß der ganz
Kaukaſus von Frauen beheirſcht wird. Ernſtel, Ernſtel,, was
ſagt alſo Deine Irene in dieſer politiſchen Frage?‟
„Sie ſagt, der Jonkheer brauche eine ganz andere Frau, und
deshalb ſolle ich die Heirat verhindern. Als wenn ich das nicht
ſchon immer verſuchte! Van Utrecht iſt ganz lenkbar und die erſte
Loslöſung von der Fürſtin damals in Arweli iſt auch ganz gu4
gegangen, aber jetzt läßt er ſich nichts mehr ſagen.
Ein Klopfen an der Tür ſtörte die Unterhaltung
„Die Herrſchaften werden zum Eſſen erwartet.
Unten im großen Eßſaal trafen ſie den Baron und das alte
Fräulein van Utrecht.
„Ich will auch noch etwas von Ihnen haben,” ſagte die alt:
Dame zu Annelieſe. „Meine Zeit iſt bald abgelaufeu, ich fahre
heute abend nach Naarden zurück. Es iſt mir zu unruhig hier in
der großen Stadt. Da habe ich nun einen Vorſchlag. Ihr
Bru=
der bleibt jetzt noch ein paar Tage hier, dann fährt er nach
Lon=
don und komm: zuletzt, ehe er wieder hinunter zu den
Halbwil=
den geht, noch einmal zurück nach dem Haag. Wenn Sie die Reiſe
nicht mitmachen wollen, — ich glaube aber, ſie wird ſehr
unge=
mütlich — dann beſuchen Sie mich doch während der Zeit in
Naarden. Sie ſehen dann auch einmal Hollands richtiges Geſicht.”
Annelieſe überlegte keinen Augenblick; dies Naarden,
Adriaans eigentliche Heimat, mußte ſie kennen lernen, und ſo
ſagte ſie gern zu.
Am Abend ſaß ſie neben der alten Dame im
Eiſenbahu=
abteil und fuhr an der Zuiderſee entlang nach der kleinen Stadt,
deren Namen ſie nun ſchon ſo oft gehört hatte.
Am Bahnhof hielt ein altmodiſcher Wagen mit einem
Kut=
ſcher in Livree auf dem Bock.
Langſam ſetzte ſich das Gefährt in Bewegung.
„Die Zeiten ſind anders geworden, und die, die die Zeit und
die Menſchen beherrſchen, auch. Der abſolute Fürſt hat
ausge=
ſpielt, jetzt entſtehen und vergehen Länder durch den Willen einer
Anzahl von Diplomaten unten in Genf. Mir will dieſer
Völker=
bund noch nicht recht in den Kopf.
„Mir auch noch nicht,” geſtand Annelieſe. „Ich bin nun
ein=
mal unrettbar preußiſch gedrillt, für mich müſſen Fürſten immer
noch geboren werden.”
„Das iſt es nicht. Wir Holländer haben ſtets ein anderes
Glaubensbekenntnis gehabt. Unſer gutes Wilhelmintje hat
im=
mer ein Parlament von Dickköpfen neben ſich gehabt, aber ich
glaube noch nicht an den Beſtand jenes Staates. Es ſing zu viele
widerſtrebende Intereſſen vereinigt.”
P k1
(Fortſetzung folgt.)
Mdnne
Rollpulte
in Erstklassiger Horstellung
LUpWlG GUTMANN
Frankfurt a. M.
Kaiserstraße 44
efN
Laule L.alles dte hoSbsr. Lagespreise
3
gißwoirt Stek.
14
Tat. oldwoldh, Mr. 400
„Kognakflasch. st. u. 200
„ Sektlaschen .. St. u. 200
„Rotweindasch.. st. u. 150
mmy-
100 Gr. rauenhaare. u. 80(
Alte Messinglüster kg 3000 H., deſekt.
Zinkbadewannen kg 1500 H., alte
Eis-
schränke das Stck. bis 30000 M., Z
nn-
sachen, Teller, Bierkrige,
Bierglas=
deckel, Becher das kg 11000 M.,
Stan=
viol kg 1200 M., Alteisen kg 100 M.
Lumpen kg 150 M., Zeitungen, alte
Lesebücher, Geschäftsbücher, alte
Schulhefte und dergl. kg 130 M.
ollg !9-10
elf B. 0h
HanfBtete rrood, areterr Heet
Bestellungen werden frei abgeholt. (2972
Gr. Bachg. 3
Goldmann, vel. 1446.
Die zum Neubau von 2ſtöckig.
Zwei=
familien=Doppelhäuſern und 1ſtöck.
Ein=
familien=Wohnhaus der Gemeinde
Noß=
dorf b. Darmſtadt erforderlichen
Glaſer=
arbeiten, Schreinerarbeiten,
Weißbinder=
arbeiten, Schloſſer= u. Anſchlägerarbeiten
Inſtallationsarbeiten und elektriſche
Be=
leuchtungsanlage follen im öffentlichen
Wettbewerb vergeben werden.
Angebotsunterlagen, ſoweit Vorrat,
zum Selbſtkoſtenpreis ſowie nähere
Aus=
kunft bei Architekt Adam Herdt III.,Ober
Ramſtadt, Aliceſtraße 25.
Angebote ſind verſchloſſen und mit
entſprechender Aufſchrift bis zum 18. d.
Mis., vormittags 117, Uhr, bei der
Bürgermeiſterei Roßdorf einzureichen
um welche Zeit die Eröffnung in
Gegen=
wart etwa erſchienener Bewerber ſtatt=
(2982
findet.
Zuſchlagsfriſt 8 Tage, während dieſer
Zeit bleiben die Bewerber an ihre Ge
bote gebunden.
Roßdorf, den 10. April 1923.
Heſſiſche Bürgermeiſterei,
Lorenz.
Frau ſ. Beſch. Karl=
AStellengeſuche glſtr. 38, Sth, TI. 69929
Weiblich
Beſſ. Frl. mit flotter,
ſch. Handſchr., Ker min.
in Stenogr, u. Ma
ſchinenſchr., ſ. vorm.
Beſchäft, (auch
ſtun=
denw.). Angeb. unk.
C /4 Geſchſt. (*9978
Ehrl. Mädchen ſucht
Stelle als
Schenk=
amme oder Stelle,
wo ſie ihr Kind
mit=
nehmen kann.
An=
gebote u. C 90 a. d.
Geſchäftsſt. (*10024
Die unſerem Elektromonteur Adolph
Hopp entwendete Ausweiskarte Nr. 2
wird hiermit für ungültig erklärt. (s42966 Jüng. Haseh.-Behr.
Darmſtadt, den 7. April 1923.
Direktion
Dienstag, den 17. Aprik 1923
vorm. 10 Uhr, ſollen aus dem Eber
ſtädter Gemeindewald, Diſtrikt Klings=) für Herrſchaft in
ackertanne, nachverzeichnete Holzſorti
mente öffentlich meiſtbietend an Ort und
Stelle verſteigert werden:
3 Stück Kief.=Stämme 2. Kl. — 3,45 fm Ann.=Expedition
46
3. „ — 33,78
89 „
4. . — 44,25 „
*
26
5. „ — 9,79 ,
„
Kreisſtraße Eberſtadt—Pfungſtadt an der
Main=Neckarbahn. Das Holz lagert au
einem Kahlhieb, direkt bei dem
Güter=
bahnhof. Nähere Auskunft erteilt För
ſter=Siellvertreter Wiemer,
Schloß=
ſtraße 17.
(2965d
Eberſtadt, den 9. Aprik 1923.
Heſſ. Bürgermeiſterei Eberſtadt.
Schäfer.
qub. Land, 33J.
Frau ſucht Stelle
als Haushälterin
Fr. Eliſabeih Wedel
Dornheim
(Pfarrh ). (*9936
Mar
18 Jahre alt, m. gut
Zeugniſſen, ſucht zw
Erlernung der
Kauf=
mannſchaft
Stellung
in En=gros=Geſchäft,
am liebſten
Holzge=
ſchäft.
Angeb. unter G 19
Geſchäftsſt. (*9747id=
Weiblich
Stickerin und
Hohl=
ſaumnäherin geſucht.
Riedlingerſtr. 35
29996
1. Stock.
Suche ſof. 2 junge
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bei
Reiſegeſchäft gut.
Behandlung und
Fa=
milienanſchluß. Lohn
nach Uebereinkunft.
Frau Georg Schneider,
Darmſtadt,
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Fur den Bezirk:
Holzhofallee
Eſchollbrückerſtr.
Gr.=Gerauerweg
ſuch, wir eine (*mc
tüchtige
Zeitungs=
trägerin
Umgehende Meldung
Rheinſtraße 23
Darmſtädter
Tagblatt.
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Kaſino=
ſtraße 31, I. (*9981
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mittags per ſof. geſ
Näh. Geſchſt. (2971
Lauffrau
geſucht. Näh. Mühl=
Ordentliches, ſolides
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gemäßen Lohn geſ
9—3 Uhr oder 3ma
wöchentl. geſ. (*969
Roquetteweg 4, II.
Ein braves
Küchenmädchen
bdei gutem Lohn
ſo=
ſort geſucht. (*9963
ſofort geſ. Roßdörfer=
Jüng. Mädchen
tagsüb. zu 2 Kindern
v. 2½ und 4 J. geſ.
Pommer,
Lieb=
frauenſtr. 115. (*998=
Ae teres perfektes
Mädchen, w) lochen
zum 1. Mai oder ſof.
geſucht
Kiesſtraße 90
(2771
2. Stock.
g. hoh. Lohn geſucht.
Hausmädch. vorhand.
Annaſtr. 33, (210041
Mſnſc
Mädchen
vorm. geſucht.
Frank=
furterſtr. 6. (*10039
Waiſe oder Allein
ſtehende aus gut Fam
findet geg. Mithilfe
i. Haush. angenehm.
Heim mit Verpileg.
u. Lohn. Angeb. unt.
C 81 Geſchft. (*9993
Woche ges. Schrift!
Jausf. Angeb. u. C95
a. d. Geschst. (*10049 Ein erſtklaſſiger, in
allen Teilen perfekter
Diener
Baden=Baden.
Bewerb. u. Zeugnis=
abſchr. u. G 2434 an
Wilh. Scheller
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Gelegenheitskauf
von getr. Herren= u.
Dam.=Kleidern, Por=
zellan, Glas, Aufſtell=
ſach., Alpakka=Taſche,
gold. D.=Uhr, Kaffee=
ſervice (6 Perſ.), Gas=
herdm Tiſchu Verſch
mehr bill. zuvk. (*9949
Herdweg 95, Gartenh. 7.
zur Arbeiter!
2 Paar neue Halb=
fangsgehalt 15000 ℳ. ſchaftſtiefel 440—41)
zu verk. Näh. in der
Geſchäftsſt. (e9911 Faſt In
neuer Anzug
od. Stoff u. Futterzu=
vormittags od. nach= tat, zu einem Anzug
bill. zu verk. (*10026)
Gervinusſtr. 43, III. Zu verkaufen
verſchiedene Anzüge
4 40000 ℳ, 6P Stiefel
a 8—10000 ℳ, diverſe
Herrenwäſche uſw.
Näh. Geſchſt. (*9994 Faſt neuer Anzug
für mittl. Figur zu
verk.; daſelbſt eine
Garnitur, Broſche m
Ohrring., gutes Gold.
II Schulzengaſſe 7,
(*9974/
part., lk8. 3l gr. Regenjacke,ver
ſchied. Knabenkleid.: 1
fe dgr. Hoſe, Kieler u.
Leinenbluſe, Mantel,
Socken zu verk. (*9961
Herdweg 110, part. 1P. Reitſtiefel(dr. 43),
faſt neu, zu verkauf.)
Näh. Saalbauſtr. 41
II., rechts. (*9962 1 P. Herrenſtiefel
(41), 1 P. D.=Tourenſt
(39), faſt neu, zu ver=
kauf. Speſſartring 9,
(210045
2. Stock. Sportanzug
mittl. Gr.) f. 45000/n
Mk., Kinder=Bettſtelle /9
zu verkaufen (29943
Karlsſtr. 34, II. Neu=Woll. geh. Kleid /Hügelſtr. 8, I.
u. Jumper, ſeid. Jumper,
Strohhüte, Lodencapes,
Kopierbuch u verſch. z. vk.
Herdweg 92, II. (*98621 1 Paar
Damenhalbſchuheſe
(Gr. 37), noch nicht /2
getragen,zu angemeſſ
Preis zu verk. Eber= /9
ſtadt, Hochſtraße 11
1. Stock. (2957md1 (W. 54), Ueberz. zu
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