Darmstädter Tagblatt 1923


01. April 1923

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Einzelnummer 200 Mark

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Heſſiſche Neueſte Nachrichten
Morgenzeitung der Landeshauptſtadt
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Nummer 90
Sonntag, den 1. April 1923
186. Jahrgang

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fällt jeder Rabatt weg-

Die nächſte Nummer erſcheint Dienstag früh.

Oſtern 1923.
Vom preußiſchen Miniſter für Wiſſenſchaft, Kunſt und Volks=
bildung
, Dr. O. Boelitz, erhalten wir zum Oſterfeſt folgende
Mahnworte an das deutſche Volk:
In unverbrüchlicher Hingabe an die Volksgemeinſchaft un=
ſerem
deutſchen Volke die Grundfeſte ſeiner Exiſtenz, den Staat,
zu erhalten, in dem ſich im Wandel der Geſchlechter die Nation
immer wieder in Kraft und Frühlingspracht erneuern kann
das iſt eines gottesfürchtigen Volkes Schaffen an ſeiner
Liederauferſtehung.
Auch das tiefſte Dunkel unſerer Tage kann uns an dieſer
Oſterhoffnung nicht irre machen.
Ein Oſtergruß des Reichskanzlers!
Ludwigshafen, 31. März. (Priv.=Tel.) Reichskanzler
Dr. Cuno hat an die pfälziſche Bevölkerung folgenden Oſter=
gruß
gerichtet:
Wir haben nichts ſehnlicher gewünſcht, als
dieſes Oſterfeſt nach ſchweren Winterſorgen
friedlich und frei zu feiern. Derſelbe Wunſch lebt in
allen anderen Ländern. Es iſt gegen unſeren Willen
anders gekommen. Wir ſtehen in ſchwerer Abwehr. Wir
ſchulden ſie dem Recht der Völker, der Zukunft unſerer Kinder,
dem Lande, das uns geboren. Dabei ſind wir alle am Rhein
und an der Ruhr, aber auch im übrigen Deutſchland von dem
feſten Willen beſeelt, in Friede und Freiheit aufzubauen, was
der Krieg zerſtörte. An den Sieg des Rechts und des
Lebens glauben wir mit der ganzen Kraft war=
menchriſtlichenOſterglaubens
. Die Pfalz, in tauſend=
jähriger
Geſchichte oft zerſtört, aber immer wieder zur Blüte
entſtanden, iſt uns für dieſen Glauben Beweis, Vorbild und
Bollwerk, in deſſen treuer Wahrung wir uns herzlich die Hände
reichen.
gez.: Cuno.

Vom Tage.
Wie wir von zuſtändiger Seite erfahren, iſt es nicht richtig, daß der
Geſandte Rauſcher gegen die Vollſtreckung des Todesurteils an den ruſ=
ſiſchen
Bifchöfen proteſtiert habe.
Am Samstag morgen wurde ein franzöſiſches Motorboot auf dem
Rhein=Hernekanal beim Paſſieren der Brücke an der Bismarckſtraße in
Gelſenkirchen von einem franzöſiſchen Poſten angerufen. Da das Boot
nicht hielt, ſchoß der Poſten und verwundete einen der beiden im Boot
befindlichen Marineſoldaten tödlich.
In Freiſing a. d. Jfar wurde die Leiche des Studenten Karl Baur
angeſchwemmt, der am 5. Februar wegen eines geplanten Anſchlages
auf Scheidemann aus München ausgewieſen worden war, und gegen
den ein Haftbefehl wegen Begünſtigung der Rathenaumörder und wegen
Geheimbündelei erlaſſen worden war. Es wurde feſtgeſtellt, daß Baur
ermordet und dann ins Waſſer geworfen worden ſei.
Nach einer Reutermeldung kam es Freitag zum erſten Male zu
einem feindſeligen Vorgehen der ſtreikenden Fiſcher in Aberdeen, die
die Einſtellung der Ladung deutſcher Fiſchdampfer erzwingen wollten.
Die Taue des deutſchen Fiſchdampfers wurden durchſchnitten. Infolge=
deſſen
begann das Fahrzeug abzutreiben und wäre geſtrandet, wenn
nicht mehreve Lotſen rechtzeitig an Bord gegangen wären und die Ma=
ſchinen
in Gang gebracht hätten.
In Charbin, wo bereits vor dem Krieg ein deutſches Berufskonſulat
beſtand, iſt jetzt wieder ein ſolches errichtet worden.
Die engliſche Regierung hat nach Beratung mit dem Oberkommiſſar
von Aegypten beſchloſſen, den ägyptiſchen Nationaliſtenführer Zaglul
Paſcha, der in Gibraltar interniert war, mit Rückſicht auf ſeinen Ge=
ſundheitszuſtand
freizulaſſen.

Anläßlich des Landarbeiterſtreiks in Norfolk iſt es zu zahlreichen
Zuſammenſtößen zwiſchen den Streikenden und von auswärts zuge=
zogenen
Arbeitswilligen gekommen. Letztere arbeiten vielfach unter
dem Schutze der Polizei. Der Führer der Aufſtändigen ſc. itzt ihre Zahl
auf 10 000.

Die Woche.
Wenn auch Herrn Poincaré an der Ruhr der Erfolg berſagt
geblieben iſt, in der franzöſiſchen Kammer hat er immerhin
einen Sieg davongetragen. Man känn 2s dem franzöſiſchen Mi=
niſterpräſidenten
nachfühlen, daß er wenig Reigung hat, die
franzöſiſche Rheinlandpolitik öffentlich zur Debatte zu ſtellen.
Der Verſuch der Linken, die Ausſprache in der Kammer vor den
Oſterferien zu erzwingen, iſt aber mißlungen. Mit 382 gegen
162 Stimmen wurde er vereitelt, und die Kammer iſt bis zum
8. Mai vertagt. In der Generaldebatte ſagte zunächſt der ſozia=
liſtiſche
Abgeordnete Lebas der franzöſiſchen Regierung einige
unangenehme Wahrheiten. Die Reparationsfrage trage den
Keim eines neuen Krieges in ſich, ſeit der Ruhrbeſetzung ſei das
Wirtſchaftsleben der Welt geſtört, der Preis aller Rohmateria=
lien
einſchließlich von Kohle und Koks, ſowie der notwendigen
Lebensmittel habe ſtarke Erhöhungen erfahren, und der Wieder=
aufbau
der verwüſteten Gebiete ſei bedroht. Die Erklärungen
Herrn Poincarés bringen nur Altbekanntes, das durch häufige
Wiederholung nicht an Ueberzeugungskraft gewinnt. Frankreich
hat ſelbſtverſtändlich keine annexioniſtiſchen Pläne oder Hinter=
gedanken
, ſondern es verfolgt lediglich wirtſchaftliche‟ Ziele,
deswegen auch wird es die Pfänder, die es in der Hand hat,
nur gegen Realitäten aufgeben und das Ruhrgebiet nur in dem
Maße und im Verhältnis der erlangten Zahlungen räumen.
Daß irgend jemand in der Welt dieſen Ausführungen Poincarés
auch nur den geringſten Glauben beimißt, wird er ſelbſt nicht
annehmen. Immerhin hat die franzöſiſche Regierung gut ſechs
Wochen Zeit, bevor ſie ſich der unangenehmen Aufgabe gegen=
übergeſtellt
ſieht, den völligen Mißerfolg der wirtſchaftlichen
Ruhraktion öffentlich einzugeſtehen. Daß in Deutſchland nie=
mand
von Herrn Poincaré eine andere Erklärung erwartet hat,
braucht eigentlich kaum geſagt zu werden. Erſt die vollen Aus=
wirkungen
der Störung des europäiſchen Friedens auf das fran=
zöſiſche
Wirtſchaftsleben werden die Franzoſen zur Vernunft
bringen können.
Die Lage kann man nur dann richtig beurteilen, wenn man
ſich eingehender mit der franzöſiſchen Mentalität der Nachkriegs=
zeit
befaßt. Die unter franzöſiſcher Verwaltung völlig neu aus=
geſtaltete
Univerſität Straßburg hat durch ihre theologiſche Fa=
kultät
als erſtes Prüfungsthema für ihre Theologen den Satz
zur Bearbeitung geſtellt: La France, le soldat de Dieu Frank=
reich
, der Soldat Gottes! Vor dem Kriege hat bekanntlich ein
Mitglied der franzöſiſchen Kammer den bekannten Bismarck=
ſchen
Ausſpruch dahin variiert: Die Deutſchen fürchten Gott,
ſonſt nichts in der Welt. Wir Franzoſen ſind noch mutiger, wir
fürchten nicht einmal Gott. Die Soldaten Gottes der glorreichen
Nation mißhandeln friedliche Bürger mit Kolben und Peitſche.
Jeder Tag bringt die Nachricht neuer Greueltaten, aber Herr
Maginot, der franzöſiſche Kriegsminiſter, hat auf ſeiner In=
ſpektionsreiſe
durch das Ruhrgebiet die allerbeſten Eindrücke‟
gewonnen, und Herr Hervs ſchreibt im Petit Pariſien: Unſer=
Soldaten zeigen im beſetzten Gebiet eine Sanftmut, eine Geduld,
die die hohe Ziviliſation unſeres Volkes beweiſt. Wie lange
wird die Welt noch dieſe Greuel ruhig mit anſehen?
In Deutſchland weiß man ſehr wohl, daß niemand für uns
auch nur eine Hand rühren wird, wenn wir uns nicht ſelbſt zu
helfen wiſſen. Man weiß insbeſondere ſehr wohl, daß England
das deutſche Volk rückſichtslos aufopfern würde, wenn das eng=
liſchen
Intereſſen entſprechen würde. Immerhin macht ſich j=doch
in London mehr und mehr eine gewiſſe Wandlung bemerkbar.
Die Reparationsdebatte im engliſchen Unterhaus vom Mittwoch
gibt darüber intereſſante Aufſchlüſſe. Der Hauptbeweggrund
Frankreichs, ſo führt: Sir Edward Grigg, der frühere Privat=
ſekretär
Lloyd Georges, aus, iſt nicht Sicherheit oder Repara=
tion
in der alten Form, ſondern Sicherheit unter einer neuen
Begriffsbeſtimmung, die England auf das gefährliche, vulkani=
ſche
Gebiet einer neum Politik führt, welche die Losreißung
Deutſcher und deutſchen Gebietes von Deutſchland bedeutet,
Würde England dieſe Politik unterſtützen, ſo würde es die Ver=
pflichtung
auf ſich nehmen, ſich in die inneren Angelegenheiten
Deutſchlands einzumiſchen, um die deutſche Souveränität für
alle Zeiten zu beſchränken, das aber würde in den kommenden
Jahren zu einer unvermeidlichen Exploſion führen. Beſonders
bemerkenswert iſt es, daß derſelbe Redner betonte, daß einige
der Erklärungen Poincarés vor der franzöſiſchen Kammer dem
Vertrage von Verſailles vollkommen fremd
ſeien und England vor ein ganz neues Problem ſtellten. Auch
die bedeutſame Rede des deutſchen Außenminiſters, von Roſen=
berg
, wurde von Aſquith eingehend erörtert. Der Zuſtand, daß
England in der europäiſchen Politik ſyſtematiſch von ſeinem
Bundesgenoſſen beiſeite geſchoben wird, wird nach und nach
offenbar auch in London etas unerträglich empfunden. Die
Schwierigkeit iſt nach Anſicht der Times nur die, daß weder
Frankreich noch Deutſchland einen definitiven B=rührungspunkt
geſchaffen hätten, an dem eine aktive britiſche Politik einhaken
könne.
Daß das Verhältnis zwiſchen den beiden Bundesgenoſſen
keineswegs überwältigend herzlich iſt, haben die Verhandlungen
der Reparationskommiſſion über die deutſche Goldanleihe in
einer für die Franzoſen recht unangenehmen Weiſe gezeigt. Der
von Frankreich geſtellte Antrag auf Beſchlagnahme des Ergeb=
niſſes
der deutſchen Goldanleihe wurde abgelehnt auf Grund
eines Sachverſtändigengutachtens, das in dieſer Frage erſtattet
wurde, und es iſt beſonders bemerkenswert, daß die Entſchei=
dung
gegen die franzöſiſchen und italieniſchen Stimmen von
den engliſchen, amerikaniſchen und belgiſchen (!) Sachver=
ſtändigen
beſchloſſen wurde:
Weder der Artikel 248 noch der § 12 der Anlage 2 geben
der Reparationskommiſſion ein Recht, irgend ein Verfügungs=
objekt
oder eine beſtimmte Einnahme des Reiches zu beſchlag=
nahmen
. Der Artikel 248 erkennt der Reparationskommiſſion
kein tatſächliches Recht auf den deutſchen Staatsbeſitz zu, noch
auch der 8 12b eine die Rechte Deutſchlands außer Kraft ſetzende
Befugnis: er ſpricht ihr lediglich die Befugnis zu, das deutſche
Steuerſyſtem daraufhin zu überwachen, daß die Beſtimmung des
Artikels 248, die der Kommiſſion ein Prioritätsrecht vor den
anderen Gläubigern Deutſchlands einräumt, reſpektiert wird.
In Anwendung dieſes Grundſatzes erklären die Sachverſtän=
digen
, daß die erhobene Forderung, daß eine beſtimmte Ein=
nahmequelle
Deutſchlands in dieſem Falle das Erträgnis der
Anleihe von Deutſchland zur Erfüllung der Reparationsver=
pflichtungen
verwendet werde, einer Beſchlagnahme dieſer Ein=

9
(in biatigee
Kalcenfiit it Chen.
Franzöſiſche Soldaten beſetzten die Kraftwagenhalle der Kruppſchen Gußſtahlfabrik und
eröffneten plätzlich ohne jeden Anlaß gegen die Arbeiter ein Maſchinengewehrfeuer:

Efſen, 31. März. Wolff.) Heute früh wurde die Kraft=
wagenhalle
1 der Kruppſchen Gußſtahlfabrik von
den Franzoſen beſetzt und die anweſenden Arbeiter
vertrieben, worauf die Sirenen ertönten. Die Kraftwagen=
halle
3, in die die Franzoſen ebenfalls eingedrungen waren,
wurde von ihnen alsbald wieder geräumt. Inzwiſchen hatten
ſich infolge des Sirenengeheuls die Werksangehörigen
vor der Wagenhalle angeſammelt und umſtanden in dich=
ten
Maſſen die Franzoſen, die aus einem Offizier und
zehn Mann beſtanden. Die Franzoſen machten ein Maſchinen=
gewehr
ſchußfertig, verhielten ſich zunächſt aber ruhig. Da ſie
ſich von der immer größer werdenden Menge der Arbeiter bei
ihrem Abzug bedroht glaubten, eröffneten ſie
plötzlich das Feuer aus dem Maſchinengewehr. Einige
Tote und mehrere Schwerverletzte blieben am Platze.
Darauf zogen die Franzoſen ab. Ein von den Franzoſen
beſetzter Luxuskraftwagen wurde von der erregten Menge
angehalten und vollſtändig zerſtört. Die Inſaſſen wurden
verprügelt.
Eſſen, 31. März. (Wolff.) Zu dem Vorfall bei der Firma
Krupp wird weiter gemeldet, daß von den Franzoſen eine
Perſon getötet und eine Anzahl ſchwer und leicht
verletzt wurden. Zum Zeichen der Trauer und des Proteſtes
wurde die geſamte Gußſtahlfabrik geſchloſſen.
Bisher elf Tote.
Eſſen, 31. März. (Wolff.) Nach den bisherigen Feſt=
ſtellungen
wurden bei dem heutigen Ueberfall auf die Kruppſchen
Werke durch die franzkſiſchen Truppen mehr als zehn deut=
ſche
Arbeiter getötet und eine große Anzahl Perſonen
verletzt. Die deutſchen Behörden ſind zurzeit damit beſchäftigt,
alle Einzelheiten des Vorfalls feſtzuſtellen. Die Reichsregierung
wird gegen das neue Blutbad durch die franzöſiſchen Truppen
ſchärfſten Proteſt einlegen.
Eſſen, 31. März. (Wolff.) Im Laufe des Nachmittags
rückte in die Kruppſchen Werke eine weitere franzöſiſche Abtei=
lung
in Kompagnieſtärke mit Panzerautos ein und nahm den
Brandinſpektor Jgne von der neben der Autohalle befindlichen
Feuerwache feſt.
Bis heute abend 6 Uhr wurden 11 Tote feſt=
geſtellt
. Weitere 32 Verwundete wurden in die Krupp=
ſchen
Krankenanſtalten eingeliefert. Davon ringen drei ebenfalls
mit dem Tode.
K
Die Vorgänge bei Krupp.
Eſſen, 31. März. (Wolff.) Anläßlich der heute vormittag
ſtattgehabten Vorgänge auf dem Kruppſchen Werk
hat das Direktorium an den Diviſionskommandeur in Eſſen
folgendes Schreiben gerichtet:
Heute morgen drang ein bewaffnetes franzöſiſches Kom=
mando
in unſere mitten in der Fabrik gelegene Kraftwagenhalle
ein. Gemäß der zwiſchen der Werksleitung und dem Betriebs=
ausſchuß
der Arbeiter= und Beamtenſchaft getroffenen Verein=
barung
wurde das Zeichen des Sirenenrufes für die Arbeits=
einſtellung
des betreffenden Werkteiles gegeben. Größere Ar=
beitermaſſen
verſammelten ſich darauf vor dem Eingang der von
dem Kommando beſetzten Halle, um gegen den militäriſchen Ein=

griff zu d nonſtrieren. Die Mitglieder des Betriebsaus=
ſchuſſes
traten mit dem Kommando in Verbindung und bo=
ten
ſich an, dafür zu ſorgen, daß das Kommando ohne
Zwiſchenfälle die Halle verlaſſen könne. Das An=
erbieten
wurde abgelehnt. Nach einiger Zeit eröffnete das
Kommando Feuer aufdie wehrloſe Menge. Eine noch
nicht feſtgeſtellte Zahl von Arbeitern wurde getötet oder ſchwer
verletzt. Die Verantwortung für dieſes unmenſchliche
Blutvergießen, dem unſere brapen und friedliebenden Arbeiter
zum Opfer gefallen ſind, trifft ausſchließlich die Urheber des
widerrechtlichen Eingriffs in unſer Werk. Wir legen
ſchärfſte Verwahrung dagegen ein.
Ausdehnung der Beſetzung in Mannheim.
Mannheim, 31. März. (Priv.=Tel.) Die Beſetzung des
alten Mannheimer Hafengebiets iſt heute vormittag von der
franzöſiſchen Beſatzungsbehörde weiter ausgedehnt worden.
Gegen 5.30 Uhr vormittags beſetzten etwa zwei kriegs=
ſtarke
Kompagnien franzöſiſcher Truppen mit
Maſchinengewehren das in der Neckarſtadt gelegene, an das be=
ſetzte
Hafengebiet angrenzende Werk der bekannten Motoren=
und Autofirma Benz. Die Arbeiterſchaft legte
ſofort die Arbeit nieder und verließ den Betrieb. Das
unmittelbar in der Nähe des Benzwerkes gelegene Waiſen=
haus
für evangeliſche Mädchen wurde von der franzöſiſchen Be=
ſatzungsbehörde
als Quartier, für die Beſatzungstruppen be=
ſchlagnahmt
. In dem Warteraum des Bahnhofs Neckar=
ſtadt
ſind etwa 60 Mann franzöſiſche Truppen einquartiert. Der
Bahnhof ſelbſt iſt noch nicht beſetzt. Der Betrieb im Bahnhof
geht bis jetzt ungeſtört weiter. In der in der Neckarſtadt gelege=
nen
Humboldtſchule wurden Quartiere für franzöſiſche Truppen
requiriert. Die Truppen ſind jedoch dort noch nicht einge=
troffen
. Die in der Stadt Mannheim verbreiteten Gerüchte von
einer Beſetzung der Fabrik Bopp u. Neuter, die ebenfalls in der
Neckarſtadt liegt, und von einer Beſetzung des Bahnhofs Käfer=
thal
entſprechen nicht den Tatſachen.
Beſetzung des alten Benzwerkes.
Mannheim, 31. März. (Wolff.) Ueber die Beſetzung
des alten Benzwerkes werden uns von heſſen Direktion
folgende Einzelheiten mitgeteilt: Heute früh um 6 Uhr erſchien
eine Abteilung franzöſiſcher Infanterie, und
zwar die 7. Kompagnie eines marokkaniſchen Regiments,
vor der Fabrik und verlangte Einlaß. Die Truppen beſetzten
das Werk um 6½ Uhr, und zwar zunächſt den Großmotoren=
bau
. In den Verhandlungen mit den Franzoſen ergab ſich,
daß ſie mutmaßten, es würden in dem Werk Dieſel
motoren für eine neue, beſonders formitable Art von Tauch=
booten
gebaut, weshalb der Betrieb überwacht werden
müſſe. Die Direktion machte den Eindringlingen klar, daß ſolche
Maſchinen längſt nicht mehr gebaut werden. Der Kommiſſion,
die die Werke ſtets kontrolliert habe, ſei wohl bekannt, daß die
Motoren nur während des Krieges angefertigt worden ſeien.
Die Franzoſen beſahen ſich nun eine große Schiffsmaſchine für
Handelszwecke, die die Fabrik fertig montiert hatte, und lie=
ßen
den Raum beſonders ſcharf bewachen. Die
Direktion verſtändigte den Betriebsrat, und da der Großmotoren=
bau
beſetzt war und die Leute aus dem Betriebe her=
ausgewieſen
wurden, verließen die Arbeiter die Fabrik.

[ ][  ][ ]

Vt

42

Kt

Seite 2.

nahmequellen gleichkommen würde und deshalb durch den Ver=
trag
nicht gerechtfertigt wäre.
Daß man in Frankreich mit dieſer Entſcheidung nicht gerade
zufrieden iſt, iſt nicht weiter verwunderlich, aber in maßgebenden
Kreiſen tröſtet man ſich offenbar, wie die Journée induſtrielle‟
niit dem Gedanken, daß neben den diplomatiſchen und juriſti=
ſchem
Akten rein formaler Natur eine andere Art effektiver Ak=
tionen
zur Anwendung des Friedensvertrages, wie die Beſetzung
des Ruhrgebietes, exiſtieren, und daß dieſe allein es ſeien,
welche heute zählen. Die franzöſiſche Politik, ſo führt das Or=
gan
der franzöſiſchen Schwerinduſtrie aus, habe alles Intereſſe
daran, daß die Kompromißwirtſchaft der interalliierten Kom=
miſſionen
, die nur die Meinungsverſchiedenheiten innerhalb der
Entente aller Welt ſichtbar mache, wenigſtens ſo lange ruhe, bis
die franzöſiſche Aktion die Grundlage für die Löſung des Re=
darationsproblems
feſtgelegt habe, denn dieſer neuen Grund=
lage
hätten ſich die juriſtiſchen Formalitäten anzupaſſen, nicht
umgekehrt.
Ob die Grundlagen, welche die franzöſiſche Ruhraktion für
die Löſung des europäiſchen Problems ſchafft, den Erwartungen
der franzöſiſchen Drahtzieher entſprechen, muß aber doch wohl
abgewartet werden. In Lothringen wird vorläufig ein Hochofen
nach dem andern ausgeblaſen, und auf den von den Franzoſen
im beſetzten Gebiet in Betrieb genommenen Eiſenbahnſtrecken
ſind ſchwere Betriebsunfälle, Zugentgleifungen uſw. an der
Tagesordnung. Der geſchloſſene Widerſtand des deutſchen Vol=
kes
hat, wenn möglich, noch an Kraft gewonnen, unterſtützt durch
die Maßnahmen der Reichsregierung auf wirtſchaftlichem Ge=
biete
. Der Weg aus dem Dunkel in die Freiheit iſt ſteinig und
ſteil. Das deutſche Volk wird ihn bis zu Ende gehen im Be=
wußtſein
der Verantwortung, die es vor kommenden Ge=
ſchlechtern
trägt.
M.
Die Franzoſen bei Stinnes.
Köln, 31. März. (Wolff.) Eine ſtärkere franzöſiſche
Abteilung beſetzte den Zechenplatz der Zeche Matthias
Stinnes I/II in Carnap. Wie die Zechenverwaltung
mitteilt, zeitigten die im Anſchluß an die Beſetzung geführten
Verhandlungen über Kohlenlieferungen für die Franzoſen
ein negatives Ergebnis. Die Zeche wurde ſchließlich
wieder geräumt.
Noch ein Deutſcher erſchoſſen.
Berlin, 31. März. (Wolff.) Im Ruhrgebiet wurde der
23jährige Invalide Nieruh erſchoſſen, nachdem es in einer Wirt=
ſchaft
mit Franzofen zu einem Wortwechſel gekommen war.
Zur Verhaftung des Abg. Körner.
Ludwigshafen, 31. März. (Wolff.) Der ſozialdemo=
kratiſche
Landtagsabgeordnete Körner iſt geſtern mittag aus
dem Amtsgerichtsgefängnis Ludwigshafen nach Mainz ge=
bracht
worden. Die Verhandlung gegen ihn wird vorausſichtlich
im Laufe der nächſten Woche in Mainz ſtattfinden. Für die Ver=
teidigung
Körners ſind von der Parteileitung die nötigen Schritte
unternommen worden.

Nächtliche Verkehrsſperre.
Kaiſerslautern, 31. März. (Wolff.) Ueber Kaiſers=
lautern
iſt eine dreitägige Sperre des Nachtver=
kehrs
von 9 Uhr abends bis 5 Uhr morgens verhängt wor=
den
wegen angeblicher Sabotageakte an den Telephon= und
Telegraphenleitungen.
Hochheim, 31. März. (Wolff.) Die hieſige Bürgermeiſte=
rei
gibt bekannt, daß mit Wirkung von heut: abend ab im Hoch=
heimer
Gebiet der Nachtverkehr von 8 Uhr abends bis
6 Uhr morgens unterſagt iſt wegen eines Sabotageaktes auf
die Eiſenbahnlinie MainzFrankfurt a. M. Auf die Ergreifung
des Täters wurde eine Belohnung von 500 000 Mark ausgeſetzt.

Darmſtädter Tagblatt, Soſtutag, den 1. April 1923.
Ostein in Frankreich!

Rummer 90.

Kriegsgerichtsurteile.

Lüdwigshafen, 31. März. (Wolff.) Amtsgerichtsdirek=
tor
Jung iſt vom Kriegsgericht der Rheinarmee in
Mainz geſtern zu fünf Monaten Gefängnis und
100 000 Mark Geldſtrafe und der Gefängnisverwalter
Orth zu zwei Monaten und 100 000 Mark Beld=
ſtrafe
verurteilt worden. Gegen die Verurteilung des
Oberinſpektors Gottfried von der Reichseiſenbahndirektion
Ludwigshafen und des Weichenſtellers Lechner zu 20 bezw.
10 Jahren Zwangsarbeit iſt Reviſion eingelegt worden.
Aachen, 31. März. (Wolff.) Das Urteil gegen die Zechen=
direktoren
wurde heute von dem belgiſchen Kriegsge=
richt
gefällt. Es erhielten Direktor Honigmann von der
Zeche Nordſtern zwei Monate Gefängnis und eine
Million Mark Geldſtrafe, di= Direktoren Treutler
und Albrecht vom Eſchweiler Bergwerksverein und die Di=
rektoren
Noth und Knepper von der Zeche Karl Fried=
rich
je drei Monate Gefängnis und eine Million
Mark Geldſtrafe. Die Unterſuchungshaft wird angerechnet.

*Oſtern Bismarcks Geburtstag.
Was vorüber, kehrt nicht wieder, aber ging es
leuchtend nieder, leuchtet’s lange noch zurück.
Wer wohl aus deutſchem Stamme ging je ſo leuchtend nie=
der
und welch Name leuchtet ſo lange zurück, als der Otto von
Bismarcks? Wenn ſeine Zeitgenoſſen längſt in der Erinnerung
verweht und ſein ganzes Zeitalter der Vergeſſenheit anheimge=
fallen
, wird ſein Name noch leuchten, wird der Große noch das
Ziel deutſcher Sehnſucht, deutſcher Hoffnung ſein und wird ſein
Name genannt werden mit Stolz und jenem Gefühl der Ehr=
furcht
, mit dem man die Namen nennt von Volksheroen, deren
Taten und Leben Sagenkränze umwinden und die in der Erinne=
rung
wachſen zu gigantiſcher Größe. In einer Zeit innerer Zer=
riſſenheit
und äußerer Ohnmacht, herabgeſunken zum Spielball
der Willkür ſeiner feindlichen Nachbarn, erſtand dem deutſchen
Volke ein Bismarck, und allen Gewalten zum Trotz bannte er
aus deutſchen Stämmen und deutſchen Gauen Hader und Bruder=
zwiſt
, in Blut und Eiſen ſchweißte er das deutſche Volk, die deut=
ſchen
Stämme zur Einigkeit, ſchuf er das geeinte Deutſche Reich,
das deutſche Kaiſerreich, das lange Jahrzehnte der
Hort des Friedens in Europa war, weil es die Pfade ſeiner
weitſchauenden klugen Politik wandelte und weil er es verſtan=
den
, ihm eine Macht zu geben, die es fürchten und achten lehrte
alle, die es bisher glaubten ſchmähen und ſchänden zu können.
Und dann ging ein Bismarck, und Führer kamen, die ſeine
Politik verließen, weil keiner heranreichte an den Einzigen,
Großen. Und langſam, aber ſicher ging Deutſchland ſeinem Gol=
gatha
entgegen, das doch noch nicht zum Golgatha ward. Wie=
der
ſind wir machtlos, ohnmächtig, wieder ein Spielball über=
mächtiger
feindlicher Nachbarn, die uns unſere Schmach fühlen
laſſen mit Schwertſtreich und Peitſchenhieb. Alles, was uns von
Bismarcks großem Erbe noch geblieben, iſt das einige Deut=
ſche
Reich. Aber ſchon ſind auch hier dunkle Mächte, nagende
Kräfte am Werk, dieſes letzte Erbe Bismarcks ins Wanken zu
bringen, zu zerſtören. Einem Ziel, zu deſſem Erreichen ſich dem
Erbfeind, der ſich in Siegerwahn bläht, leider auch Schmach
und Schande! Hände entgegenſtrecken von dunklen Ehren=
männern
, die ſich noch Deutſche nennen dürfen.
Freche Eindringlinge ſitzen feſt in unbeſtritten deutſchem
Land, welſcher Pöbel und welſche Raubgier, welſche Ueberhebung
und welſcher Wahnwitz herrſchen am Rhein und an der Ruhr.
Eine Horde Verbrecher, losgelaſſen auf friedliche deutſche Arbei=
ter
, auf deutſcher Frauen Tugend und auf die Errungenſchaften
deutſchen Könnens, die uns die Neider ſchufen, herrſcht brutal
uind blutrünſtig über deutſches Volk, das ſich, verblendet im Irr=

Abenkeue‟

..

G
Poncake d5 O5ft

5eLäute/ faule Ele
B
Af

Poincarés Ruhrpolitik.
Paris, 31. März. (Wolff.) Robert de Jouvenel be=
ſchäftigt
ſich in der Oeuvre mit der Ruhrpolitik Poin=
carés
, indem er zu Beginn ſeines Artikels von der Bereit=
ſchaft
des Miniſterpräſidenten ſpricht, ſich in der Kammer über
die Ruhrpolitik auszuſprechen. Er habe ſich dermaßen ausge=
ſprochen
, daß ſeine Erklärungen weit davon entfernt ſeien, mit
einander übereinzuſtimmen. Er habe damit begonnen, während
der Pariſer Konſerenz zu erklären, daß die territoriale Pfand=
nahme
in Deutſchland lohnend ſei. Er habe ſogar geſagt, in
welchem Maße. Er habe damals die Einnahmen aus dieſen
Pfändern auf mindeſtens 2 Milliarden 750 Millionen bis 3 Mil=
liarden
geſchätzt. Einige Tage ſpäter habe er vor der Kammer
zugegeben, daß die Beſetzung des Ruhrgebiets nicht viel ein=
bringen
werde, aber ſie wäre ein ausgezeichnetes Druckmittel.
Später, als man ihm ſagte, tvenn auch die Operationen nichts
einbringen und ſehr teuer zu ſtehen kommen, ſo handele es ſich
nicht weniger um ein ſehr vorteilhaftes Unternehmen, weil man,
wenn man Deutſchland ſeines natürlichen Arſenals beraube, man
Frankreichs Sicherheit gewährleiſte. Dieſe letzte Erblärung habe
Lord Robert Cecil, die deutſchen Sozialiſten und ſelbſt Lloyd
George mit ſeinen Anhängern veranlaßt, uns entſprechende
Sicherheiten anzubieten. Da ſei ſofort ein neuer Frontwechſel
vorgenommen worden. Mit einer Stimme hatten die poincaré=
treuen
Zeitungen geſchrieben: Unſere Sicherheit gewährleiſten?
Wir ſind nicht nach dem Ruhrgebiet gegangen, um unſere Sicher=
heit
zu ſuchen, ſondern um produktive Pfänder. Sie
hätten geſchworen, daß man es nicht zulaſſen werde, daß man ſich
durch dieſe Frage ablenken laſſe. Es ſei auch höchſte Zeit ge=
weſen
. Da es ſich alſo nicht um militäriſche und politiſche Ab=
ſichten
handele, die uns nach dem Ruhrgebiet geführt hätten,
ſondern lediglich wirtſchaftliche und finanzielle und der unend=
lich
berechtigte Wunſch, bezahlt zu werden, müſſen wir alſo von
Geſchäften ſprechen. Sofort aber unterbricht Poincaré von
neuem und ſagt, ſprechen wir überhaupt nicht ſon Vorſchlägen.
Warten wir geduldig, bis Deutſchland zuerſt ſpricht und uns
Vorſchläge macht. Laufe aber das Gerücht um, daß Deutſchland
irgendeinen Vorſchlag vorbereite, ſofort ſchrien alle ausgezeich=
neten
franzöſiſchen Blätter mit einer Stime, daß dies eine
Täuſchung wäre und daß wir unter keinen Umſtänden annehmen
könnten, was die Deutſchen uns noch gar nicht angeboten haben.
Wenn man alſo laut hinausſchreie, daß Deutſchland allein Vor=
ſchläge
machen müſſe, aber auch gleichzeitig ſage, jeder Vorſchlag,
der von Deutſchland komne, ſei unannehmbar, ſo ſei dies eine
Politik, die Frankreich zu nichts führe oder die Frankreich ſehr
weit führe. Das ſei die Politik des Herrn Poincaré. ."
Ausgewieſen.
Bingen 31. März. (Wolff.) Ausgewieſen wurden
Stadtverordneter Rechtsanwalt Weber, Redakteur Timmer=
mann
, Geſchäftsführer Hosbach, Zollbeamter Krammag;
von Bingerbrück die Zollbeamten Metzroth und Raſch=
damm
. Wie wir erfahren, iſt General Mudra von den
Franzoſen aus dem beſetzten Gebiet ausgewieſen worden.
Wegen Spionage verhaftet.
Berlin, 31. März. (Wolff.) Wie gemeldet wird, ſind in
den letzten Tagen in Singen mehrere Perſonen verhaftet wor=
den
, die in eine Hochverratsaffäre verwickelt ſind. Es ſoll ſich
um eine Spionage nach Frankreich handeln, zu der ſich deutſche
Volksgenoſſen verleiten ließen.
wahn der Möglichkeit einer reinen Herrſchaft des Geiſtes, der
Liebe und Völkerverſöhnung, ſelbſt entwaffnet, entmannt hat und
nun allen Brutalitäten wehrlos preisgegeben iſt.
Heiß tobt der ungleiche Kampf der Abwehr brutaler Macht=
gelüſte
an der Ruhr und am Rhein. Noch iſt ein Ende nicht
abzuſehen. Wir aber ſind voller Hoffnung. Der Leidens=
weg
, den Chriſtus der Welterlöſer an Oſtern ging, führte nach
Golgatha, und dann kam ihm die Erlöſung, die Errettung, das
Eingehen in Gott. So ward uns Oſtern das Feſt der Hoff=
nung
auf eine Auferſtehung. Heute fällt der größte Feier=
tag
, den die Chriſtenheit kennt, zuſammen mit dem Tag, der der
Geburtstag des größten Deutſchen ward. Und vieler Deutſchen
Oſtergebet wird heute ſein: Herrgott, laß einen neuen Biswarck
uns erſtehen, Herr mach uns frei! Und vieler Deutſchen Hoff=
nung
eint ſich in der einen großen Sehnſucht nach einem Füh=
rer
, der, gleich Bismarck, uns aus tiefſter ſchmachvoller Ohnmacht
emporführen könne zum Licht!
St.

Konzert.
F.N. Iutmier von neuem wirkt die Bachiſche Marthäus=
paſſion
wie eine übermenſchliche Offenbarung. Sie gehört zu
den ganz wenigen auserleſenen Werken, die, erhaben über Zeit
und Mode, über Anſchauung und Geſchmack, Menſchliches und
Ewiges miteinander verbinden. Nicht eine Note iſt ohne feſten
künſtleriſchen Willen niedergeſchrieben, immer wieder von Satz
zu Satz packt uns Bach von neuem und erſchüttert uns. Es iſt,
als ob man das tieftragiſche Geſchehen, den Kreuzestod Jeſu,
in keiner Sprache und Deklamation ſo tief und unmittelbar nach=
erleben
könnte als in Bachs majeſtätiſchen Klängen. Die heutige
Aufführung des Muſikvereins war inſofern ein Wagnis,
als mit der alten Darmſtädter Tradition, das Werk in der Stadt=
kirche
aufzuführen, gebrochen wurde. Wenn wir verſuchen, Vor=
teile
und Nachteile dieſer Neuerung gegeneinander abzuwägen,
ſo überwiegen die Vorteile unbedingt. Denn wenn auch die
Paſſion in den kirchlichen Rahmen äußerlich beſſer paßt als in
den Theaterraum, wenn auch die prachtvolle Stadtkirchenorgel
zuweilen ſchmerzlich vermißt werden mußte, wie beſonders in
den großen Chören, etwa bei Eröffne den feurigen Abgrund
o Hölle, ſo wirkt doch vor allem der Theaterraum akuſtiſch be=
deutend
günſtiger. Das Wechſelſpiel der beiden Chöre kommt
ſtärker zur Geltung, der Geſamtklang wirkt ausgeglichener und
man hörte heute vom zweiten Chor viele Stellen, die in der
Stadtkirche der ungünſtige Stand an der Fürſtenloge ſtets ver=
ſchluckt
hatte. Vor allem aber ſind die vielen ſtörenden Ge=
räuſche
des Straßenlärms vollkommen ausgeſchaltet. Keine elek=

Unzufriedenheit unter den Pariſer Arbeitern.
Paris, 31. März. (Wolff.) Die ſtädtiſchen Ar=
beiter
von Paris verlangen Lohnerhöhung. Geſtern be=
ſchäftigte
ſich der Munizipalrat mit dieſer Frage und es
kam zu ſtürmiſchen Auseinanderſetzungen, die in
ein Handgemenge ausarteten. Während der Verhandlungen
wurde vor dem Stadthaus demonſtriert und es entſpannen ſich
Schlägereien. Nach dem Echo de Paris ſind bei der Räu=
mung
des Platzes Verhaftungen vorgenommen worden. Ob die
ſtädtiſchen Arbeiter ſich mit den bewilligten Lohnerhöhungen zu=
frieden
geben wollen, ſoll erſt nach den Oſterfeiertagen be=
ſchloſſen
werden.

Deutſch=britiſche Verhandlungen.

Koblenz, 31. März. (Wolff.) Die deutſch=britiſchen Ver=
handlungen
über die Benutzung der Eiſenbahn in der engliſchen
Zone für die franzöſiſchen und belgiſchen Truppentransporte
aus Anlaß der Ruhraktion haben nunmehr zu einem Ergebnis
geführt. Danach wird auf der rheiniſchen Strecke Brühl Kier=
berg
-KölnWorringen ein militäriſcher Nach= und Abzugs=
verkehr
in einem Rahmen zugelaſſen, der ungefähr dem Durch=
ſchnitt
des Verkehrs entſpricht, wie er vor der Ruhraktion durch=
geführt
worden iſt. Darüber hinaus ſind täglich zwei reine Ver=
pflegungszüg
= und eine Kurswagengruppe bis zu drei Perſonen=
wagen
und einem Packwagen zugelaſſen. Dieſe Kurswagen=
gruppe
von und nach der franzöſiſchen Zone ſoll auf der bezeich=
neten
rheiniſchen Strecke täglich zweimal in jeder Richtung An=
ſchluß
an die deutſchen Perſonenzüge haben und lediglich dem
gewöhnlichen Militärreiſeverkehr dienen, der bisher in den reſer=
viertenAbteilungen
vorgenommen wurde und die dafür in die=
ſen
Zügen in Wegfall kommt.
Amerika und Japan.
London, 31. März. Reuter meldet aus Waſhington:
Das Lanſing=Iſhii=Abkommen, in dem die Vereinig=
ten
Staaten die japaniſchen Sonderintereſſen in China anerken=
nen
, iſt auf Grund einer gegenſeitigen Vereinbarung zwiſchen
der amerikaniſchen und der japaniſchen Regierung aufge=
hoben
worden. Diplomatiſche Verhandlungen in Tokio führ
ten zu einem neuen Einvernehmen auf der Grundlage
des Drei=Mächte=Vertrages, der auf der Waſhingtoner Ab=
rüſtungskonferenz
entworfen wurde. Die Annullierung des erſten
Abkommens wird in dem Sinne ausgelegt, daß ſie die Poſi=
tion
der Vereinigten Staaten im Fernen Oſten
günſtiger geſtalte, als ſie es je geweſen ſei, ſeitdem Fragen
zwiſchen Japan und Nordamerika ſchwebten,
Deutſche Kriegergräber in England.
Berlin, 31. März. (Wolff.) Die britiſche Regierung
hat nach einer Mitteilung an das Zentralnachweisamt die Auf=
ſtellung
von Grabſteinen auf ſämtlichen deutſchen
Kriegergräbern in England auf ihre Koſten nach dem
vom Zentralnachweisamt vorgeſchlagenen Muſter beſchloſſen. Die
Steine ſollen in Deutſchland angefertigt werden. Es iſt alſo da=
mit
zu rechnen, daß in nicht zu ferner Zeit ſämtliche deutſchen
Kriegergräber in England mit guten, dauerhaften Grabzeichen
verſehen ſein werden.
Kommuniſtenüberfall auf Italiener.
Das Vorhandenſein kommuniſtiſcher Hundert=
ſchaften
und Sprengkommandos feſtgeſtellt.
Berlin, 31. März. (Wolff.) Die Abteilung Ta des Ber=
liner
Polizeipräſidiums teilt amtlich mit, daß die Berliner Po=
lizei
anläßlich des Ueberfalls der Kommuniſten auf
die italieniſchen Staatsangehörigen, die am
Donnerstag abend eine geſellige Zuſammenkunft im Künſtler=
hauſe
, Bellevueſtraße, abhielten, ein Strafverfahren wve=
gen
Landfriedensbruchs und ſchwerer Körper=
verletzung
gegen die beteiligten Kommuniſten eingeleitet
hat. Auf die Ermittlung der bisher unbekannten Täter hat das
Polizeipräſidium eine Belohnung von 300000 Mark ausgeſetzt.
*
Die noch nicht abgeſchloſſenen Ermittelungen der politiſchen
Abteilung des Berliner Polizeipräſidiums über den Ueber=
fall
auf eine Verſammlung von Italienern haben
bisher ergeben, daß der Ueberfall planmäßig durch eine ſoge
nannte Abwehrhundertſchaft erfolgte. Die Berliner
kommuniſtiſche Parteileitung, die durch ihre Agenten alle politi=
ſchen
Verſamlungen überwachen läßt, hat neuerdings eine be=
ſondere
Abteilung für den Einſatz von Hundertſchaf=
ten
als Sprengkolonnen eingerichtet. Ueber die ita=
lieniſche
Verſammlung ſind die Kommuniſten offenbar durch ihre
ſich in Berlin aufhaltenden italieniſchen Genoſſen falſch unter=
richtet
worden.
triſche Bahn fährt klingelnd vorbei, kein Automobil läßt Hupen=
ſignale
hören bei irgendeiner pp=Stelle, kein Alarm der Feuer=
wehr
ſchreckt den Hörer auf, wie das früher ſchon einige Male
vorgekommen iſt.
Wenn wir künſtleriſch die heutige Aufführung mit der, ich
darf wohl ſagen: einigermaßen verunglückten vorjährigen ver=
gleichen
, ſo ſtand ſie als Geſamtleiſtung auf beachtenswerter
Höhe. Zwar ſind noch nicht alle Wünſche erfüllt, die man in
bezug auf Aufführungspraxis hegen kann, obwohl bei der Ver=
pflanzung
an einen anderen Ort Gelegenheit geweſen wäre, hier
etwas ſtärker zu reinigen. Wer öfters muſterhafte Aufführungen
in Berlin und Leipzig gehört hat und der Ueberzeugung ift, daß
wir alle Kräfte dazu haben, um ebenſolche Aufführungen zu er=
zielen
, der bedauert immer wieder, daß die Errungenſchaften der
dortigen Aufführungspraxis ſich nur ſo langſam weiter verbrei=
ten
. So verſtehe ich nicht, warum bei manchen orcheſterbegleiteten
Rezitativen, bei denen das Cembalo mitſpielte, doch noch die früher
allein als Füllſtime dienende Viola beibehalten war, und dann
die zugehörige Arie, die genau dieſelbe Beſetzung aufweiſt, wieder
ganz ohne akkordiſche Begleitung geſpielt wurde. Vor allen
Dingen iſt die Viola bei Stücken mit zwei Flöten oder Oboen
als Soli keine genügende Klangverbindung mit den Streich=
bäſſen
. Auch die Praxis der Verzierungen und Vorſchläge wird
noch nicht einheitlich gehandhabt. Vollkommen ſtilgemäß waren
die Vorſchläge bei den Flötenſoli, während bei anderen Inſtru=
menten
dem manches widerſprach. Auch die Darſteller des
Evangeliſten und Chriſtus verzichteten zuweilen auf Vorſchläge,
die unbeding: zum Bachſtil gehören,
Der Chor hielt ſich recht gut. Die großen Chöre und die
Choräle waren von riefſter Wirkung, auch der früher zuweilen
ſcharfe Chorſopran klang heute faſt überall ſchön abgerundet. Die
Schwierigkeit der dramatiſchen Chöre und vieler Bach’ſcher Har=
monien
wird leider gerade von Mitgliedern, die oft mitgeſungen
haben, unterſchätzt, ſo daß ſie glauben, nicht alle Proben be=
ſuchen
zu müſſen. Und dann kommen ſolche Unreinheiten wi=
die
in den Männerſtimmen bei dem Begleitchoral Was iſt die
Urſach aller ſolcher Plagen, welche die letzte Zeile dieſes wun=
dervollen
Stückes vollkommen verdarben. Oleine Flüchtigkeits=
fehler
ſind ja nie vollkommen zu vermeiden und beeinträchtigen
auch nicht allzu ſtark. Hervorgehoben muß werden, daß der Chor
in allen Sätzen mit wirklicher Hingebung ſang, und daß ſich die
Ergriffenheit der Mitwirkenden unmittelbar auf die Zuhörer zu
übertragen vermochte. Sehr ſchön ſangen auch die Knaben des
Oberrealſchulchors unter Herrn Reallehrer Pfaff. Das Or=
cheſter
wurde ſeiner Aufgabe in vorzüglicher Beiſe gerecht und
ich bedauere, nicht all die einzelnen meiſterhaften Inſtrumental=
ſoli
hervorheben und nennen zu können.

[ ][  ][ ]

Rummer 90.

Darmſtädter Tagblatt, Sonutag, den 1. April 1923.

Seite 3.

Zum Moskauer Todesurteil.
Moskau, 31. März. (Wolff.) Das Präſidtium des all=
ruſſiſchen
Exekutivkomitees beſchloß, das gegen den Erzbiſchof
Zopliak ergangene Urteil in eine zehnjährige Frei=
heitsſtrafe
mit ſtrenger Einzelhaft umzuwandeln.
Das Geſuch um Begnadigung des Prieſters Butko=
witſch
hatte keine Folge.
In dem Beſchluß heißt es, die Handlungen von Zopliak ſeien
bewußt gegen die Intereſſen der Arbeiterſchaft gerichtet geweſen
und unter Mißbrauch der geſetzlich verbürgten Glaubensfreiheit
begangen worden. Es wverde jedoch berückſichtigt, daß Zopliak der
Vertreter eines Elaubensbekenntniſſes ſei, welches vom Zaris=
mus
unterdrückt worden war. Infolgedeſſen konnte die Voll=
ſtreckung
der über ihn vom Gericht verhängten Strafe von den
katholiſchen Bürgern Rußlands als beſonders gegen die Prie=
ſter
ihres Glaubens begangen bewertet werden. Butkowitſch da=
gegen
habe auf religiöſer Grundlage offenſichtlich eine gegenrevo=
lutionäre
Tätigkeit entfaltet und Verbindungen mit einer der
Republit feindlich geſinnten fremden bürgerlichen Regierung
unterhalten.
Leutnant Roßbach und die Reichswehr.
Berlin, 31. März. Wolff.) Nach einer Mitteilung von
zuſtändiger Seite haben ſich Kommandeure an der Roß=
bach
=Verſammlung nicht beteiligt. Die Mitglieder
der Reichswehr, welche ſich beteiligt haben, werden die Folgen
zu tragen haben. Das Diſziplinarverfahren gegen ſie iſt einge=
leitet
worden. Ein Kommandeur in Mecklenburg machte der Re=
gierung
von der Ankündigung der Roßbach=Verſammlungen
Mitteilung. Ein anderer ſchickte einen Offizier in die Ver=
ſammlung
, um einen Bericht über dieſe zu erhalten. Den Be=
richt
ſandte er ſodann an das Reichswehrminiſterium, welches
ihn an das Miniſterium des Innern weitergab.
General Seeckt an die Reichswehr.
Berlin, 31. März. General Seeckt richtete unter dem
23. März einen Erlaß an die Reichswehr, worin es
heißt: Von ſogenannter nationalſozialiſtiſcher Seite
werden zurzeit, wie ein Einzelfall zeigt, Verſuche gemacht, Reichs=
wehrangehörige
für die politiſchen Ziele einer Partei zu gewin=
nen
. Dieſe Beſtrebungen gehen auf eine Verleitung der Offiziere
und Mannſchaften zum Un gehorſam gegen die Befehle
ihrer Vorgeſetzten hinaus und enthalten den verbreche=
riſchen
Verſuch, die Diſziplin unter ihnen zu erſchüttern. In
dem Erlaß wird dann weiter angeordnet, daß, ſobald derartige
Beſtrebungen ſichtbar werden, General Seeckt perſönlich Meldung
darüber zu machen iſt.
Abbau der Außenhandelskontrolſe.
Berlin, 31. März. (Wolff.) In einer kleinen Anfrage
war das preußiſche Staatsminiſterium erſucht worden, bei der
Reichsregierung auf einen Abbau der beſtehenden Außen=
handelskontrolle
, insbeſondere der Ausfuhrabgabe,
hinzuwirken. Dieſe Anfrage hat der Miniſter für Handel und
Gewerbe dahin beantwortet, daß die preußiſche Staatsregierung
nnit der Reichsregierung über die den veränderten Verhältniſſen
angepaßte Abänderung der Außenhandelskontrolle einſchließlich
der Ausfuhrabgaben einig ſei und daß die Vorarbeiten
hierzu von dem vorläufigen Reichswirtſchaftsrat bereits in
Angriff genommen worden ſeien.
Getreideumlage=Preis.
Berlin, 31. März. Das Reichskabinett hat den Preis für
das letzte Sechſtelder Getreideumlage auf 650 000
Mark für Roggen feſtgeſett. Im Zwanzigerausſchuß hatte ſich
eine Mehrheit nicht gebildet, die Abſtimmungsergebniſſe beweg=
ten
ſich zwiſchen 600 000 und über 800 000 Mark. Die Reichsregie=
rung
hat ſich bei ihrer Entſchließung von der Erwägung leiten
laſſen, daß dem Sinne der Umlage gemäß eine Preisfeſtſetzung
nicht in Betracht kommen konnte, die einſchließlich der mit der
Umlage verbundenen Erfaſſungskoſten und der ſonſtigen Un=
koſten
des Umlageverfahrens den freien Marktpreis faſt erreicht
haben würde. Sie konnte dies umſo weniger, als zwecks Durch=
führung
des Abwehrkampſes die geſamte Richtung unſerer Volks=
wirtſchaft
dahin gehen muß, alle Preiſe auf das engſte zu berech=
nen
. Andererſeits iſt auch nicht an dem Preis des fünften Sech=
ſtels
von 600 000 Mark feſtgehalten worden, weil wenigſtens in
dem bezeichneten engen Rahmen das Mögliche geſchehen ſoll,
um der Landwirtſehaft den weiteren Düngemittelbezug während
der Frühjahrsbeſtellung zu erleichtern. Den Preis von 650 000
Mark hatte auch die Mehrzahl der Ländervertreter im Zwanziger=
ausſchuß
für empfehlenswert gehalten. Eine Erhöhung des
Abgabepreiſes der Reichsgetreideſtelle, die auf den Brotpreis
einwirken würde, iſt nicht beſchloſſen.

Zur Abfindung des Großherzoglichen Hauſes.
Eine Entſcheidung des hieſigen Landesgerichts.
Von den Prozeßbevollmächtigten des früheren Großherzogs
wird uns geſchrieben:
Das Landgericht Darmſtadt hat folgenden Beſchluß erlaſſen:
Auf Autrag des vormals in Heſſen regie=
renden
Großherzogs Ernſt Ludwig wird
dem Heſſiſchen Staat, vertreten durch das
Miniſterium der Finanzen, durch einſtwei=
lige
Verſügungaufgegeben, an den Antrag=
ſteller
30 000 000 Mark Dreißig Millio=
nen
Mark zu zahlen. Die Koſten der einſt=
weiligen
Verfügung hat der Heſſiſche
Staat zu tragen.
Darmſtadt, den 31. März 1923.
Bei dieſer Sachlage können wir darauf verzichten, auf die
Einſendung des Preſſeamtes der heſſiſchen Regierung in Nr. 89
Ihres geſch. Blattes zu antſporten.

Der Bezugspreis
des
174
Aommſtählet Tagulanen
wird für den Monat April
nicht erhößt.
Der Bezugspreis beträgt 3400 Mark und 200 Mark Trägerlohn.

Schaden infolge der Geldentwertung.
* Die Geltendmachung eines über den Verzugsſchaden hinausgehen=
den
weiteren Schadens aus Vertragsverhältniſſen ſtüitzt ſich bekanntlich
auf 8 288 Abſ. 2 B. G.B. Während Abſatz 1 von den Verzugszinſen bei
Geldſchulden handelt, beſagt Abſatz 2: Die Geltendmachung eines wei= Nücktritts in den heſſiſchen Landesdienſt (1. April 1923) zum ſtändigen
teren Schadens iſt nicht ausgeſchleſſen‟. Den Gläubiger
trifft in Anfehung dieſes weiteren Schadens die Beweislaſt nach deut=
ſchem
Recht. Den gleichen geſetzgeberiſchen Gedanken driickt das
ſchweiz. Z. G.B. in Art. 106 des Oblig Reetzts ſo aus: Hat der Gläu=
biger
einen größeren Schaden erlitten, als ihm durch die Verzugszinſen
vergütet wind, ſo iſt der Schuldner zum Erſatze auch dieſes Schadens
verpflichtet, wenin er nicht beiveiſt, daß ihm keinerlei Verſchulden zur
Laſt falle. Der Kommentar von Bundesrichter Dr. Oſer in Lauſanne
benurkt dazu: Der Schaden muß freilich beivieſen werden. Er kann
gen können, füir die er ſelbſt höheren Zins zu zahlen hat.
Nun enthält dieſer Art. 106 aber noch einen Abſatz 2, der die Leſer
gleichfalls intereſſieren dürfte: Läßt ſich dieſer größere Schaden zum
Voraus abſchätzen, ſo kann der Richter den Erſatz ſchon im Urteil über
den Hauptanſpruch feſtſetzen. Abſatz 2 entſpricht, wie der Kommentar
bemerkt, einer Motion Favon von 1893 betr, Verzug in der Vollſtrek=
kung
gewerbegerichtlicher Urteile. Zu denken iſt etwa an einen Fall,
wo ein Arbeiter nach Aufhebung eines Dienſtvertrags vom früheren
Dienſtherrn mit Auszahlung der Lohnreſtanz oder nach ungerechtfertig=
ter
Entlaſſung mit Auszahlung der Entſchädigung in ſchikanöſer Weiſe
higehalten wird, wodurch der Arbeiter gezwungen wird, die Abreiſe
hinauszuſchieben. Er ſoll nun nicht geziwungen werden, dieſen Schaden Harmſtadt
in einem neuen Prozeßverfahren geltend machen zu müſſen, ſondern der
Richter kann für, jeden Tag der Verſpätung zum Voraus dem Arbeiter
eine beſtimmte Summe als Entſchädigung zuſprechen.
Man ſieht, daß der ſchweiz. Geſetzgeber den in Rede ſtehenden geſetz=
geberiſchen
Gedanken weit glückliche: gefaßt hat, als das B. G.B. in
ſeiner vagen Umſchreibung.
8

Von den Soliſten ragte vor allen Dingen Herr Höfflin
als Evangeliſt hervor. Selten habe ich die ſchwierigen, an das
ſtimmliche Können höchſte Anforderungen ſtellenden Rezitative
ſo prachtvoll klar, ſchlicht erzählend und doch ausdrucksvoll ge=
hört
. Ich möchte Herrn Höfflin als einen geradezu idealen
Epangeliſten bezeichnen. Nicht ganz ſo gelangen ihm die arioſen
Stücke. Herr Schlembach als Chriſtus bot eine feindurch=
dachte
, im ganzen aber etwas matte Leiſtung, die oft unter
Detonieren litt. Ganz beſonders war letzteres bei den Ein=
ſetzungsworten
der Fall. Ich habe vor einigen Jahren Herrn, dann als letzte Schütz=Aufführung durch Herrn Borngäſ=
Schlembach in Straßburg als Chriſtus gehört, wo ſeine künſtle=
riſche
Leiſtung in jeder Beziehung von ſtärkſtem Eindruck war.
Herr Hölzlin ſang die kleineren Baßpartien mit beſtem Erfolg
und charakteriſtiſcher Ausprägung. Er trug auch das einzige
Stück vor, welches bei der heutigen Aufführung neu erklang,
Rezitativ und Arie Komm ſüßes Kreuz mit obligater Viola
da gamba, hier durch Violoncello vertreten. Wir ſind gewohnt,
dieſes wundervolle Stück, bei dem die Qualen des Kreuzes, die
ſpitzen Nägel in der Begleitung ſo ſcharf charakteriſiert werden,
etwas flüſſiger zu hören. Man hatte heute den Eindruck, als
ob das Gambenfolo Hauptſache wäre und die Singſtimme nur
begleitete. Die Sopranpartie ſang Fräulein Thilde Walter,
die ſtiliſtiſch Bach ausgezeichnet beherrſcht, ſtimmlich aber eine
Unruhe des Tones zeigte, die wir nicht an ihr gewohnt ſind,
auch verſchwand die tiefere Lage faſt ganz gegenüber der höheren.
Fräulein Rig v. Heſſert trug die Altſoli mit ſtärkſter Hin=
gebung
und edlem Stimmklang vor, in den Rezitativen, in denen
Bach alles auf den einzelnen Wortausdruck einſtellt, hätte nur
die Ausſprache deutlicher ſein müſſen. Mag dieſe Beſprechung
krittelig erſcheinen, ſo drängen ſich demfenigen, der die Bach’ſche
Paſſion alljährlich zu hören gewohnt iſt, ſo viele Wünſche und
Vergleiche auf, daß er ſich nicht enthalten kann, ſie auszu=
ſprech
(en. Mögen darum dieſe Zeilen mit einem warm empfun=
denen
Dank an alle die Kräfte ſchließen, die ſich um die wirkungs=
volle
Aufführung verdient gemacht haben, in erſter Linie Meiſter
Balling, neben den Obengenannten noh Herrn Stadtorga=
niſten
Borngäſſer, der leider durch die Ungunſt der Orgel=
aufſtellung
meiſt unhörbar blieb, und den ungenannten, aber
recht eindrucksvollen Spieler am Cembalo.
F.N. Auch in den Gottesdienſten wurde der Karfreitag wie
alljährlich Veranlaſſung zu zahlreichen muſikaliſchen Aufführun=
gen
. Hier mögen nur diejenigen hervorgehoben werden, die
durch Wiedergabe intereſſanter und ſelten gehörter Werke ein
beſonderes Intereſſe beanſpruchten. So führte der Kirchen=
chor
der Johannesgemeinde am Vormittag eine Paſ=
lionskantate
von Chriſtoph Strattner, einem Frank=

furter Meiſter des ausgehenden 17. Jahrhunderts auf. Mit zum
Teil noch Schützſcher Plaſtik vereinigt ſich hier ſchon ſo tief ſub=
jektives
Gefühl, ſo frei arioſer Stil in der Führung von Solo=
und Chorſtimmen, wie auch in dem prachtvollen Lamento für
Solodioline und Orcheſter, daß hier ſchon deutlich der Uebergang
zu der Kunſt Bachs zu ſpüren iſt. Wie alle Muſik jener Zeit
fügte ſich die Kantate ausgezeichnet dem Rahmen des Haupt=
gottesdienſtes
ein. Sie wurde recht glücklich zu Gehör gebracht.
Im Nachmittagsgottesdienſt in der Stadtkirche kam
ſer das wirkungsvolle Pcſſionsoratorium Die ſie=
ben
Worte zum Erklingen. Sie reihten ſich gleichwertig den
muſikaliſchen Exequien und der Matthäuspaſſion an. Es zeugt
von der großen Leiſtungsfähigkeit und der guten Beſetzung des
Stadtkirchenchores, daß es möglich iſt, ſo kurz nacheinander drei
derartig anſpruchsvolle Werke aufzuführen. Müſſen wir ſelbſt=
verſtändliche
ſolche Kirchenchorkonzerte mit einem etwas anderen
Maßſtab meſſen wie die des Muſikvereins, können wir vor allen
Dingen nicht ſolche Ausgeglichenheit des Chorklangs, ſolche Ton=
fülle
und Tragfähigkeit der Stimmen verlangen, ſo wird dadurch das
hohe Verdienſt der Kirchenchorleiſtungen in keiner Weiſe geſchmä=
lert
. Sie ſind ja im weſentlichen darauf eingeſtellt, die Muſik mehr
als dienende Kunſt im Rahmen des Gottesdienſtes auszuüben,
als ſie konzertmäßig als freie Kunſt darzubieten. Herrn Born=
gäſſers
Chor machte heute dieſen Unterſchied faſt dergeſſen, ſo
klangſchön trug er die Einleitung und den Schluß des Orato=
riums
vor. Die übrigen Teile beſtehen aus Rezitativen, in denen
ſeltſamerweiſe die Partie des Evangeliſten nacheinander mehre=
ren
Soloſtimmen, teilweiſe ſogar einem Soloquartett zufällt.
Zwei Inſtrumentalſätze, die in ihrer Anlehnung an den Choral
ſtarken Zuſammenhang mit der Orgelkunſt verraten, treten da=
ziiſchen
. Herr Borngäſſer hatte ſich vorzügliche Soliſten ge=
wonnen
, unter denen vor allem Herr und Frau Biſchof
Frau Kuhn=Liebel und Herr Moebus hervorgehoben
ſeien. Beide Kirchen waren bis auf den letzten Platz gefüllt.

* Cſavigo und Ur=Fauſi.
(Zu den Oſter=Aufführungen am Landestheater.)
Man wagte ſich ſelten an den jungen Goethe, man fürchtete
das Publikum, gab ihm zum Clavigo als Belohnung die in=
tereſſanten
Geſchwiſter hinzu, nahm aus dem Ur=Goetz höch=
ſtens
einige Szenen in die ſpätere Faſſung, experimentierte am
Schluſſe der Stella und ließ den Ur=Fauſt als unweſentlich
beiſeite. Die enge Verwandtſchaft aller Figuren Weislingen
Clavigo, Carlos, Beaumarchais, Fauſt, Mephiſto auf

Stadt und Land.
Darmſtadt, 1. April.
Oſtern!
* Nach Karfreitag, dem Tag des Todes, Oſtertag, der Tag
der Auferſtehung, des neuen Werdens. Ueber die Lande
ſchreitet der lebenſpendende Lenz und erweckt, was da ſchlief
unter des Winters ſtrenger Herrſchaft, aus tiefem Erſtarren zu
neuem Leben, neuem Blühen und Fruchten. Zartes junges
Grün durchbricht, von ſiegender Sonne wärmendem Strahl
machtvoll erweckt, die Tiefe ſchwarzer Schollen und drängt ſieg=
haft
und jubelnd aus Licht, daß der alten Mutter Erde ſchlicht=
graues
Kleid plötzlich über Nacht in tauſend Farben leuchtet, und
zarte Blütenglöcklein ertönen im Dankgebet, das aufſteigt zu
Himmelshöhen!
Oſtern! Auferſtehung! Feſt der Hoffnung auf Errettung
aus Grabesnacht. Dein Hoffen und Deines Lenzes Lebens=
ſpende
ergießen ſich über alle, alle, die mühſelig und beladen ſind,
und erhellen den ſorgenvollen Alltag und das drückende, quälende
Daſein mit göttlichem Schimmer. Was wären wir armen Men=
ſchenkinder
doch ohne Hoffnung! Und ohne Glauben! Beides
wirkt ja ſtrahlend in uns der Oſtertag. Gewiß, was uns auf=
erlegt
, iſt ſchier verzweifelnd, und ſchwer iſt es, den Lichtblick zu
finden, der uns zu neuer, beſſerer Zukunft leuchten ſoll. Dafür
und dazu ward der Chriſtenheit ja der Glauben, des Wun=
ders
und der Hoffnung ſchönſtes Kind. Zum zweifelnden ungläu=
bigen
Thomas ſagte der auferſtandene Chriſtus: Selig ſind,
die nicht ſehen und doch glauben!"
Glauben wir darum und vertrauen wir dem Herrgott, der
uns ſicher hilft, wenn wir uns ſelbſt helfen. Wir ſind
nicht verloren, wenn wir nicht ſelbſt den Glauben an uns ver=
lieren
. Wer aber wollte das tun, angeſichts des Oſterfeſtes und
des Lenzes, die uns ſo zwingend beweiſen, daß jedem Tod ein
Auferſtehen, jedem Vergehen ein neues Werden folgt?
Hoffen wir und glauben wir und laſſen wir das Oſterfeſt uns
Stärkung ſein im Glauben, dann ertragen wir die Gegenwart
und ebnen den Boden einer neuen, beſſeren Zukunft.
St.

Ernannt wurde: am 20. März der Rcallehrer an der Obes=
realſchule
zu Alsfeld Karl Dotter mit Wirkung vom 9. April ab zum
Lehrer an der Volksſchule zu Alsfeld; am 28. März der Gerichts=
aſſeſſor
Dr. Wilhelm Andres zu Darmſtadt (Finanzamt Stadt) zum
Negierungsaſſeſſor; die Oberzollſekretäre Willi Heddrich beim
Landesfinanzamt Darmſtadt und Karl Weingärtner zu Bad= Nau=
heim
(Zollamt) zu Zollinſpektoren, die Zollinſpektoren Auguſt Irle
beim Landesfinanzamt Darmſtadt, Heinrich Dippel und Georg Ste=
phan
zu Worms zu Oberzollinſpektoren; zu Oberſteuerinſpektoren
die Steuerinſpektoren H. K. Dexheimer und H. Maſchmann zu
Oppenheim (Finanzamt), Johann Finkenauer und Johann Harth
zu Ober=Ingelheim (Finanzamt), Jakob Heß und Adam Nauch zu
Groz=Gerau (Finauzamt), Leonhard Lautenſchläger und Karl
Metz zu Bingen, (Finanzamt), Sebaſtian Lutz zu Worms ( Finanz=
amt
Stadt), Rud. Metzler zu Mainz (Finanzamt 1), Jak. Müller
zu Niederolm (Finanzkaſſe), Ernſt Rudolf Phul, zu Alzey ( Finanz=
amt
), Philipp Peter Röhrig, zu Worms (Finanzamt Land), Friedrich
Wilhelm Rube zu Oſthofefn (Finanzamt), Chriſtian Stofft zu
Mainz (Fimanzamt II); der Vorſtand des Waſſerbauamis Worms
Regierungsbaurat Wilhelm Becker unter vorläufiger Belaſſung in
ſeiner bisherigen Dienſtſtelle zum Vorſtand des Waſſerbauamts Mainz
mit der Amtsbezeichnung Oberbaurat, der Vorſtand des Neckar= Bau=
amts
Hirſchhorn Regierungsbaurat Seinrich Häufel vom Tag ſeines
Mitglied (wiſſenſchaftlichen Hilfsarbeiter) des Laudesamts für Wetter=
und Geſäſſerkunde mit der Amtsbezeichnung Regierungsbau
t und
der Bauamtmann Regierungsbaurat Franz Pabſt zu Mamnz unter
vorläufiger Belaſſung als Verwalter des Waſſerbauamts Main; zum
Veiſtand des Waſſerbauamts Worms mit der Amtsbezeichnung Regie=
tungsbaurat
; am 29. März der mit der Verſehung der Stelle eines
Vortragenden Rates im Miniſterium der Finanzen beauftragte Ober=
finanzrat
Otto Lippert unter Belaſſung ſeiner Amtsbezeichnung
zum Vortragenden Nat bei dieſem Miniſterium, der ſtändige Hilfs=
arbeiter
im Miniſterium der Finanzen Finanzrat Karl Uhrig zum
vortragenden Rat in dieſem Miniſterium mit der Amtsbezeichnung
Oberfinanzuat und der Gerichtsaſfeſſor Dr. Gsorg Grönünger
ſich z. B, daraus ergeben, daß der Gläubiger eine Schuld hätte berichti= aus Ockſtadt zum Miniſterialamtmann bei dem Miniſterium der Finan=
zen
mit der Amtsbezeichnung Finanzrat, ſämtlich vom 1. April ab.
Aus dem Siaatsdienſt entlaffen wurde am 24. März der Krimi=
nalwachtmeiſter
Karl Kreihe aus Lichtenberg, der Polizeiwacht=
meiſter
Euaſt Dreher aus Pr.=Holland auf ihr Nachſuchen mit Wir=
kung
vom 1. April d. J. an.
Erledigt ſind: eine Lehrerſtelle für einen katholiſchen Lehrer an
der Volksſchule zu Heppenheim a. d. B. Eine Wohnung für eine
kleinere Familie kam beſchafft werden; eine Lehrerſtelle für einen
evangeliſchen Lehrer an der Volksſchule in Nieder=Moos (Kreis
Lauterbach). Mit der Stelle war früher Organiſtendienſt verbunden.
Wohnung iſt vorhanden; eine Lehrerſtelle für einen katholiſchen Lehr
an der Volksſchule zu Weiskirchen (Kreis Offenbach). Wohnung
für einen verheirateten Lehrer iſt vorhanden. Ferner die Stelle eines
Finanzpraktikanten bei der Hauptkaſſe des Heſſiſchen Landestheaters in
Techniſche Hochſchule. Rektor und Senat der Techniſchen Hoch=
ſchule
Darmſtadt haben auf einſtimmigen Antrag der Abteilung ſür
Maſchinenbau die Würde eines Doktor=Ingenieurs Ehren=
halber
verliehen: Herrn Ingenieur Bruno Möhring, Direktor
der Meguin A.G. in Butzbach, in Anerkennung ſeiner Verdienſte um
die Kohlenaufbereitung, insbeſondere der Kohlenwäſchen ſolvie der
Kokereimafchinen und Förderanlagen; Herrn ngenieur Chriſt. Seh=
der
einen Seite, Maria, Stella, Cäcilie, Marie und
Gretchen auf der anderen, die gleichen Probleme, von jeder
Figur auf ihre Weiſe durchfühlt und durchdacht, ſie alle ſind Vor=
läufer
und Glieder der großen Beichte Goethes, ſind ein einziges
Drama Friederike Brion‟. Der perſönlichſte und weſentlichſte
Akt dieſes Dramas heißt Clavigo. In acht Tagen war das
Stück vollendet, ein Beweis für Goethes theatraliſche Begabung.
Eine moderne Anekdote, dramatiſiert mit möglichſter Simplizi=
tät
und Herzenswahrheit, nennt er ſelbſt ſein Werk und ver=
gleicht
Clavigo mit Weislingen.
Nichts wäre deshalb falſcher, als Goethe mit Clavigo zu
identifizieren. Goethe iſt überall, von ſeiner ruhigen Lebens=
klugheit
ſteckt ebenſoviel im Carlos wie vom Sarkasmus
Mercks und gerade Carlos verkörpert Goethes Schuld, durch
Vernunft das Gefühl getötet zu haben. Clavigo ſelbſt iſt nicht
mehr als ein Zugeſtändnis, daß dieſer Vernunft die eigene
Schwäche zu Hilfe kam. Carlos iſt der Mann des Intellekts,
der Verächter des Menſchen und des Menſchlichen. Die Freude
an klugen Intrigen leitet zu Mephiſto hinüber, und deſſen
Wort Sie iſt die Erſte nicht! teht ungeſprochen zwiſchen Car=
los
Worten. Goethe iſt gerecht, er geht bis in die letzten Kon=
ſequenzen
mit ſich zu Gericht, er hält ſich durch Beaumarchais
eine Siraſpredigt und verſchärft die Strafe durch die Erinnerung
an das, was er verlor. Er verurteilte ſeine Schwäche zum Tode
und läßt ſie ſterbend erkennen, daß alles ſeiner Klugheit Opfer
wurde. Und Marie‟? Sie iſt nicht das elegiſche, ſentimentale
Mädchen ſchlechthin, ſie iſt ſo ganz Gefühl, daß ihre Größe ewig
iſt. Sie iſt noch ans Reale gebunden, körperlich ſchwach, herz=
krank
und ſchwankend, aber doch ſchon übermenſchlich menſchlich,
ſchon Gretchen lebend durch ihr Gefühl, ſterbend durch ihr Ge=
fühl
. Dieſelbe Tragik trennt die Paare. Ewige Treue in der
Liebe wäre Untreue gegen ſich ſelbſt, Hindernis für die eigene
Entwicklung. Im Clavigo durch Aeußerlichkeiten verkörpert
(Ehrenſtellen am Hof, bürgerliches Mädchen), im Fauſt erd=
enthoben
allgemein, das Problem des Ewig=Weiblichen und
des Eros=Logos, durch die Jahrhunderte immer wieder auf=
gegriffen
, in Unruhs Stürme aufs neue durchkämpft.
Wie Reinhardt das Kleine Schauſpielhaus in Berlin, ſo er=
öffnete
Hartung des Kleine Haus des Heſſiſchen Landestheaters
mit Clavigo‟. Hier wie dort ward die Hoffnung erfüllt, daß
eine bis ins letzte ausgeſpielte Vorſtellung die ſtärkſte Wirkung
hervorrufen müſſe. Ein Stück ohne großes äußeres Geſchehen
wurde zum Ereignis durch ſeine geſtaltete Atmoſphäre, durch die
Stimmung, die ſeine zarten Saiten ertönen ließ. Und darauf
allein kommt es bei einer Inſzenierung an, durch die Auffüh=
rung
einer Dichtung das ſeeliſche Erlebnis fühlbar zu machen,
aus dem ſie geboren wurde.
Th.

[ ][  ][ ]

Seite 4.

bold. Mitinhaber der Maſchinenfabrik F. 6. Banning u. Setbold in
Düren (Rheinland) in Anerkennung ſeiner Verdienſte auf dem Gebiet
des Baues von Maſchinen zur Papierfabrikation.
Landestheater. Oſterſpielplan. Oſterſonntag. Großes
Haus: Die Meiſterſinger von Nürnberg; Anfang 5 Uhr.
Kleines Haus: Clavigo; Anfang 6½ Uhr. Oſtermontag.
Großes Haus: Fauſt (in urſprünglicher Faſſung); Anfang 6½ Uhr.
Kleines Haus: Aleſſandro Stradella. Anfang abends
7 Uhr. Am Oſtermontag kommt im Kleinen Haus des
Heſſiſchen Landestheaters Aleſſandro Stradella von Flotow in neuer
Einſtudierung mit Hans Höfflin in der Titelrolle zur Aufführung.
Leonore: Fritzi Jokl. Baſſi; Heinrich Hölzlin, Malvolio: Heinr. Kuhn,
Barbarino: Hans Siegfried. Muſikaliſche Leitung: Walther, Regie:
Heinz Dietrich Kenter.
* Muſikfeſt in Darmſtadt. Wie verlautet, wird für die Pfingſtzeit
von der Direktion des Landestheaters in Gemeinſchaft mit dem Muſik=
verein
ein dreitägiges Muſikfeſt geplant, wofür dem Veruehmen nach
folgendes wertvolle Programm in Ausſicht genommen iſt: Beethovens
IX. Sinfonie und ſeine Chorfantaſie für Klavier und kleinen Chor,
ſowie als Neuheiten für Darmſtadt: Guſtav Mahlers II. Sinfonie (mit
dem Klopſtockſchen Auferſtehungs=Schlußchor). Anton Bruckners IX.
Sinfonie und Hans Pfitzners Kantate Von deutſcher Seele‟.
Silberprieſterjubiläum. Am zweiten Oſterfeierdag begeht Herr
Profeſſor Joſef Roos hier ſein 25jähriges Prieſterjubiläum. Herr
Profeſſor Noos, ein geborener Viernheimer, wirkte zuerſt als Kaplan,
Benefiziat und Gymnaſialrektor in Seligenſtadt. Seit dem Jahre 1906
iſt er am Lehrerinnenſeminar in Darmſtadt tätig. Herr Prof. Roos
erfreut ſich hier allgemeiner Beliebtheit. Ad multos annos!
Abermalige Gefährdung des Schulkompromiſſes. Wie man ver=
nimmt
, ſind die Verhandlungen über das Schulkompromiß, die einen
günſtigen Verlauf zu nehmen verſprachen, abermals an einem kritiſchen
Punkt angelangt, der ihr Scheitern nicht unmöglich erſcheinen läßt. Die
einzige Löſung für dieſen Fall dürfte, da ein Notgeſſetz wohl denſelben
Schwierigkeiten der Bergtung begegnen würde, das Volksbegehren
ſein, für das bekanntlich eine Reihe von Probeabſtimmungen unter der
evangeliſchen und katholiſchen Elternſchaft bereits vorhanden ſind. Die
Lage dürfte in den Oſterferien, die neben anderen Schul= und Lehrer=
taguungen
den bedeutſamen Evangeliſchen Reichselterntag
in Braunſchweig (3. bis 5. Aprill bringen wird, ihrer Erklärung
entgegenreifen.
8 Zahlung von Steuerrückſtänden. Wird eine Zahlung, die nach
dem Cinkommenſteuer=, Körperſchaftsſteuer=, Vermögensſteuer= Erb=
ſchaftsſteuer
= und Umſatzſteuergeſetz zu leiſten iſt, nicht rechtzeitig ent=
richtet
, ſo iſt für jeden auf den Zeitpunkt der Fällig=
keit
folgenden angefangenen Kalendermonat ein
Zuſchlag von 15 v. H. des Rückſtandes, falls die Zahlung län=
ger
als drei Monate im Rüchſtande bleibt, von 30 v. H. des Rück=
ſtandes
zu zahlen. Der Zuſchlag wird nur von vollen 1000 Mk. des
rückſtändigen Betrages und nur dann erhoben, wenn der vüchſtändige
Betrag 10 000 Mk. überſteigt Soweit ein Zuſchlag erhoben
ird, findet eine Verzinſung der rüchſtändigen Beträge nicht ſtatt. Begen
die Anforderung des Zuſchlags iſt nur die Beſchwerde zuläſſig. Da das
Geſetz am 1. April in Kraft tritt, beeile man ſich mit der Abfertigung
der noch rückſtändigen Beträge!
Reſtzahlung für Ruhegehaltsempfänger. Ab Samstag,
den 31. März, findet die Reſtzahlung der Teuerungszuſchläge der
Ruhegehaltsempfänger der Reichsbahn ſtatt.
Der Teuerungszufchlag zu dem Grundgehalt, den Vergütungen,
dem Ortszuſchlag und zu den Kinderzuſchlägen für die planmäßigen
and außerplanmäßigen Beamten wird vom 1. Februar d. Js. an von
bisher 489 v. H. um 453 v. H., mithin auf 942 v. H. erhöht. Der Frauen=
zuſchlag
beträgt vom gleichen Zeitpunkte anſtatt bisher 7000 Mk. monat=
lich
12000 Mk. im Monat. Die feſtgeſetzte Cinkommensgrenze von
6000 Mk. monatlich, bis zu welcher für über 14 Jahre alte Kinder der
volle Kinderzuſchlag bei Vorliegen der ſonſtigen Vorausſetzungen ge=
währt
wird, wird der Reichsvegelung entſprechend mit Wirkung vom
Februar 1923 ab auf 10 000 Mk. monatlich feſtgeſetzt. Die in dem
Ausſchreiben des Gefamtminiſteriums vom 11. Februar 1923 zu Nr.
St. M. 2916 angegebonen örtlichen Sonderzuſchläge betragen vom 1. 2.
dieſes Jahres ab anſtatt 30 v.H. 52 v.H., anſtatt 44 v.H. 78 v.H., an=
ſtatt
58 v.H. 104 v.H., anſta t 74 v.H. 130 v.H.
Vereinigung zur Abhaltung lutheriſcher Gottesdienſte. Den
Mitgliedern wird mitgeteilt, daß am zweiten Oſterfeiertag in der Schloß=
kirche
ein Hauptgottesdienſt mit Feier des Heiligen Abendmahls ſtatt=
findet
.
Der Mieterverein ſchreibt uns: Die erneuten Verhandlugen,
betreffend Feſtſetzung der Hundertſätze, ſind ergebnislos verlaufen.
Nach wie vor ſtehen wir auf dem Standpunkte, daß die Feſtſetzung der
Hundertſätze für die Monate Februar und März, weil ſie nicht den
gefetzlichen Vorſchriften entſpricht, ungültig iſt, und wir werden mit den
uns tulichſt erſcheinenden Mitteln weiter dagegen vorgehen. Den
Mietern raten wir, um nicht allzu viel Ungnnehmlichkeiten hervorzu=
rufen
und auch möglichſt Gerichtsſtreitigkeiten zu vermeiden, die Beträge
für Februar und März unter Vorbehalt zu zahlen. Wir werden vom
Arsfall der in nächſter Zeit einſetzenden Verhandlungen in dieſer Sache
weitere Mitteilung geben. Ueber die ſtarke Erhöhung der Wohnungs=
bauabgabe
, ſowie über die neuen Hundertſätze und den Gag der Ver=
handlungen
wird in der nächſten, ſehr bald ſtattfindenden Mitglieder=
verſammlung
Aufklärung gegeben.
8 Ausgabe höherwertiger Stempelmarken. Neben der Marke im
Werte von 1000 Mk. kommen auch ſolche im Werte von 2000, 5000, 8000.
10 000, 20 000 und 50 000 Mk. zur Ausgabe. Dieſelbe erfolgt etwa zu
Anfang April.
8 Impfgebühren. Die für jede in den öffentlichen Terminen vor=
genommene
Impfung einer Perſon aus der Gemeindekaſſe zu entrich=
tende
Gebühr wird vom 1. April 1923 ab auf 180 Mk. feſtgeſetzt. Für
die wiederholte Ausfertigung eines Impfſcheins iſt von den Be=
teiligten
dem Impfarzt vom 1. April 1923 ab eine Vergüitung von wurde, endlich eu Fall zu bringen.
20 Mk. zu zahlen.
April=Fahrplan des Norddeutſchen Lloyd Bremen. (Ohne Ge=
ſähr
.) 1. BremenNeu=York: a) BremenSouthampton
CherbourgNeu=York: Preſident Rooſevelt ab Bremen 4. April,
Preſident Arthur ab Bremen 11. April, Preſident Fillmore ab Bre=
men
18. April, Preſident Harding ab Bremen 25. April, George
Waſhington ab Bremen 2. Mai; b) BrewenNeu=York direkt:
Bremen ab Bremen 7. April, Hannover ab Bremen 14. April,
Sehdlitz ab Bremen 28. April. 2. Bremen-Philadelphig=
Baltimore: Porta ab Bremen 18. April. 3. BremenLa Vorſtellung des Hiſtoriſchen Vereins vor, den Zuſchuß von 50 000 Mk.
Plata: Köln ab Bremen 7. April. 4. Bremen-Braſilien:

Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 1. April 1923.

Nienburg ab Bremen 14. und ab Hamburg 20. April. 5. Bre=
men
Oſtaſien: Preußen ab Bvemen und ab Hamburg 14.
April, Lorenzo ab Bremen 18. und ab Hamburg 25. April, Göttin=
gen
ab Bremen 28. April und ab Hamburg 5. Mai. 6. Bremen
Auſtralien: Hamburg ab Bremen 21. April,
RDV Funkentelegramme nach Aegypten. Zwiſchen der deutſchen
Großfunkſtelle Eilveſe und der ägyptiſchen Funkſtelle Abu=Zabal iſt
der urmittelbare Funkverkehr aufgenommen worden. Die neue Ver=
bindung
dient der Beförderung von gewöhnlichen und dringenden Tele=
gammen
zwiſchen Deutſchland einerſeits und Aegypten. Paläſtina,
Shrien und Libgnon, Abeſſinien, Erythrea und Italieniſch=Somaliland
andererſeits. Die Gebühren für dieſen Funkweg ſind bis auf weiteres
um je 15 Pfge, (Grundwert) für das Wort billiger als die für den
Kabelweg.
Lokale Veranſtaltungen.
Die hierunter erſcheinenden Notizen ſind ausſchließlich als Hinweiſe auf Anzeigen zu
betrachten, iu keinem Falle irgendwie als Beſprechung oder Kritik.
Promenadekonzerte im Herrngarten am Landes=
theater
. Wie bereits berichtet, finden heute und morgen ab 11 Uhr
zwei große Frühkonzerte ſtatt. Das Orcheſter hat den Charakter eines
ehemaligen Militärmuſikerorcheſters, und ſind für beide Tage beſondere
Programme vorgeſehen. Das heutige Konzert beginnt mit einem
Choval: Wachet auf ruft uns die Stimme‟. Zur Deckung der bedeu=
tenden
Unkoſten werden an allen Eingängen Kaſſen aufgeſtellt, und iſt
der Eintritt auf 100 Mk. für jede Perſon bevechnet.
Aus den Parteien.
Deutſche Demokratiſche Partei. Am Dienstag, den
4. April, Vorſtandsſitzung. Am Mittwoch Zuſammenkunft mit den in
Darmſtadt anweſenden ausgewieſenen Parteifreunden.
Jugendgruppe der Demokratiſchen Partei. Am
nächſten Mitzwoch abend wird ein Mitglied der Gruppe einen Vortrag
halten über Liberalismus. Mitglieder und Freunde werden
gebeten, zahlreich und pünktlich zu erſcheinen.
Deutſche Demokratiſche Partei, Am Dienstag, den
10. April, findet eine Sitzung des Beamten= und Angeſtelltenausſchuſſes
ſtatt. Nach der vorgenommenen Wahl des Vorſtandes wird eine Aus=
ſprache
über den Stand des Beamtenbeſoldungs= und Begmtenräte=
geſetzes
ſtattfinden.
Oepotzwang und Bankgeheimnis.
* Durch das Geſetz über die Berüickſichtigung der Geldentwertung
in den Steuergeſetzen vom 20. März 1923 ſind ab 1. April 1923 auch die
Maßnahmen betr, das Bankgeheimnis, abgeändert: 8 189 R.Abg.O.
und in Verbindung damit 8 209 Abf. 2 R.Abg.O. ſind geſtrichen; das
ſogen. Kundenverzeichnis der Banken iſt gefallen. Weiter ſind die Be=
ſtimmungen
der Verordnung über Maßnahmen gegen die Kapitalflucht
vom 24. Oktober 1919 geändert, 88 157 der Verordnung ſind
geſtrichen. Paragraph 1 ſtatuiert den Depotzwang: Zins= oder
Gewinnanteilſcheine ſowie ausgeloſte, gekündigte oder zur Rückzahlung
fällige Stücke von inländiſchen Wertpapieren dürfen nur von ſolchen
Banken zur Einlöſung, Beleihung oder Gutſchrift angenommen wer=
den
, bei denen das ganze Wertpapier oder der Zins= oder Gewinn=
anteilſcheinbogen
mit dem Erneuerungsſchein hinterlegt ſind § 2
beſagt, daß 8 1 keine Anwendung findet, wenn der Eigentümer der
Papiere im Auslande wohnt und für das Einkommen aus den Wert=
papieren
im Inland nicht ſteuerpflichtig iſt. Einlöſung, Beleihung oder
Gutſchrift durfte i dieſem Falle nur erfolgen, wenn der Eigentümer
eine eidesſtattliche Erklärung abgegeben hatte, daß die Wertpapiere
ſon ohl wie die Zins= und Gewinnanteilſcheine ihm eigentümlich gehören,
daß er für das Einkommen aus den Wertpapieren in Deutſchlund
nicht ſteuerpflichtig iſt und daß er weder mittelbar noch ummittelbar im
Auftrage oder für Rechnung eines Dritten handelt, der einer Beſteue=
rung
in Deutſchland unterliegt. 8 3 behandelt das ſogen. Finanzamts=
ver
= ichnis. 8 4 legt den Bauken auf, dem für den Ort der Nieder=
aſſung
zuſtändigen Finanzamt bis 31. März 1920 ein Verzeichnis ihrer
Depotkunden mitzuteilen. 8 5 ſieht Erleichterungen in den Fällen der
88 14 vor. 8 7 enthält Strafbeſtimmungen. Beſtehen geblieben iſt
8 6, wenach die Banken und Einlöſungsſtellen in der Regel mindeſtens
einmal im Jahre durch einen beſonderen Prüfungsbeamten des Landes=
finanzamts
Darmſtadt geprüft werden, ob ſie die ihnen durch die Ver=
ordnung
über Maßnahmen gegen die Kapitalabwanderung in das Aus=
land
vom 21. November 1918 und durch das Geſetz gegen die Kapital=
flucht
übertragenen Aufgaben erfüllen. Beſtehen geblieben iſt 8 8, wo=
nach
Banken wegen Verſtoßes gegen die Vorſchriften über Kauital=
abwanderung
und Kapitalflucht der Geſchäftsbetrieb vom Landesfinanz=
amt
unterſagt werden kann, wogegen Beſchwerde an den Reichsfinanz=
hof
zuläſſig iſt. 8 9 enthält die noch beſtehen bleibenden Straf=
beſtimmungen
wegen vorſätzlicher Zuwiderhandlung gegen 8 6 und 8 8.
Beſtehen bleibt ſchließlich 8 10: Wer offen oder in verſchleierter Form
duch Anzeigen, Verſendung von Druckſachen, Schriften oder in anderer
Weiſe gegenüber einem größeren Perſonenkreiſe ſich dazu erbietet, zum
Zwecke der Verletzung oder Umgehung der Verordnungen und Geſetze
gegen Kapitalabwanderung oder Steuerflucht Rat zu erteilen, Beiſtand
zu leiſten oder Gelegenheit nachzuweiſen, wird mit Geldſtrafe bis zu
100 000 Mk und mit Gefängnis bis zu 2 Jahren oder einer dieſer
Strafen beſtraft. Hapitalertvagſteuer wird von den Erträgen aus
Kapitalvermögen, die nach dem 3. April 1923 fällig werden,
bis auf weiteres nicht erhoben. Mit Abſchaffung des Depotzwangs,
des Finanzamtsverzeichmiſſes, der Kundenliſten hat man endlich einen
Schritt getan, um da abzubauen, wo die früheren Maßnahmen nur den
Betrieb erſchwerende Beſtimmungen geſchaffen hatten und die ſchon zu
Beginn bei den Bankpraktikem die lebhafteſten Bedenken wachgerufen
hatten. Dawauf, daß ſie auch direkt ſchädigend gewirkt hatten, iſt in
der Fachpreſſe wiederholt hingewieſen worden. Es iſt erfreulich, daß
es im Reichstage namentlich den Bemühungen von rechts gelungen iſt,
dieſe Verkehrshemmungen, deren Rechtsbeſtand mehrfach angezweifelt
8

Parlamentariſches.
* Darmſtadt, 29. März. Der Finanzäusſchuß des
Landtags brachte in ſeiner heutigen Sitzung die Beratung des
Staatsvoranſchlags zum Abſchluß. Bei Kap. 33 wurde das Streitver=
hältnis
zwiſchen dem Miniſterium und der Schutzpolizei erörtert und
ſeitens der Regierung eine befriedigende Erledigung in Kürze in Aus=
ſicht
geſtellt. Zu Kap. 71: Förderung der Landesgeſchichte, liegt eine
zu erhöhen. Die Vorſtellung fällt uter die Vorbemerkung, wonach

* Oſterei und Oſterhaſe ſind die beliebteſten Sinnbilder des
Oſterfeſtes und zugleich die rätſelvollſten. Beſonders viel iſt
über den eierlegenden Haſen geſchrieben worden; er kann aber
nur von dem Ei her verſtanden werden, und die Bedeutung des
Eies im Volksglauben iſt ja uralt und über die ganze Welt ver=
breitet
. Viele Mythen kennen das Weltei, aus dem die Welt
entſtanden ſein ſoll, und Eier wurden ſchon in alter Zeit als
Sinnbilder der Auferſtehung mit ins Grab gegeben. Das Ei er=
ſcheint
als ein lebloſes Ding, aber das Leben iſt darin auf ge=
heimnisvolle
Weiſe eingeſchloſſen, und ſo iſt es Träger der
Fruchtbarkeit, iſt aus dieſem Grunde mit einer großen Anzahl
von Fruchtbarkeits= und Hochzeitszeremonien verbunden. Als
ähnliches Symbol wird auch der Haſe aufzufaſſen ſein, und ſo
wird es begreiflich, daß Ei und Haſe eine merkwürdige Ver=
knüpfung
eingingen und in den Frühlingsbräuchen, die das
chriftliche Oſterfeſt bereicherten, die Hauptrolle ſpielten. An dieſe
volkstümlichen Symbole hat ſich nun eine Fülle von Bräuchen,
Sitten und Spielen angeſchloſſen. Die Kirch= führte die Weihe
der Eier als der wichtigſten Oſterſpeiſe ein. Beſondere Kraft
wird den Eiern zugeſchrieben, die am Gründonnerstag gelegt
ſind. Die Eier werden entweder früh morgens gegeſſen, wobei
man die ge eihten Eier zerſchneidet und mit anderen gemein=
ſam
ißt, oder die Eiermahlzeit erfolgt in feierlicher Weiſe am
Abend des erſten Feiertages. In Böhmen tragen die Kinder
dem Hausvater am Oſterſonntag, wenn er von der Kirche heim=
kehrt
, hartgeſottene Eier, die ſogenannten Antlaseier, entgegen;
er muß dieſe, am Wege ſtehend, mit der Schale verzehren, da=
mit
ſie ihm zum Segen gereichen. In anderen Gegenden wieder
erhält jedes Kind am Oſtermorgen ein friſches rohes Ei, wodurch
ein früher Tod des Kindes verhindert wird. Ein anderer Glaube
iſt, daß, wer am Oſtermorgen nüchtern mehrere Cier ißt, kein
Fieber bekommen kann. Auch die Schalen haben ihre glück=
bringende
Bedeutung. Man ſtreut die Schalen aufs Feld oder
in den Garten, um ihnen Fruchtbarkeit zu verleihen, oder man
wirft ſie in den Brunnen. Die Schalen der Oſtereier wurden
auch früher in Thüringen an kleinen Fichtenbäumchen aufge=
hängt
, die das Oſterfeſt verſchönten, und wenn dann die Schalen

abgenommen wurden, dann zertraten ſie die Kinder tanzend
unter großem Lärm. Es war das der ſogen. Sommerputz. Noch
anderwärts bekommen die Kühe das Waſſer, in dem die Oſter=
eier
gekocht wurden, als Mittel gegen Krankheiten zum Trinken.
Außerordentlich vielgeſtaltig iſt der Schmuck der Oſtereier; ſie
werden bunt, hauptſächlich rot bemalt, mit Verzierungen und
Sprüchen verſehen. Vielerorts wurden auch in den ausgeblaſe=
nen
Eiern Papierrollen mit Oſtergrüßen oder Figürchen aus
Papier untergebracht. Von hier leitet ſich der heute ſo vielfach
übliche Brauch her, das Oſterei als Atrappe zu benutzen und
die Eier aus allen möglichen Stoffen, am beſten natürlich aus
Zucker oder Schokolade, herzuſtellen.
Die Oſtereier dienen hauptſächlich als Geſchenk. In jenen
glücklichen Zeiten, da es Eier im Ueberfluß gab, bekam das Ge=
ſinde
ſo viel Eier, wie es wollte. Später wurden dann die An=
ſprüche
genauer geregelt. Im Oldenburgiſchen betrug die Zahl
der Eier, die jeder Knecht und jede Magd zu Oſtern erhielten,
12 bis 14. In Bahern ſind die Eier, die die Hühner am Oſter=
fonntag
legen, für die Oberdirn, die vom Oſtermontag für die
Unterdirn, die vom Oſterdienstag für die dritte Dirn beſtimmt.
Im Braunſchweigiſchen forderten die Knechte ihre Oſtereier von
dem Bauer mit beſonderen Sprüchen, ebenſo die Hirtenjungen.
Auch Pfarrer und Lehrer, Küſter, Meßner, Mühlknechte holten
ſich ihre Eier. Schneider und Schuſter, Schornſteinfeger, Hirten
erhielten Eier als ein ihnen zuſtehendes Trinkgeld‟. Der Tauf=
pate
ſchenkt den Kindern Oſtereier, der Burſche ſeinem Mädchen.
Die Mädchen erwiderten dieſe Gabe und drückten damit auch
ihre Gefühle aus; gelb oder ſchwarz gefärbte Oſtereier galten
als Ablehnung. In manchen Gegenden darf ſich der Burſch von
dem Mädchen, wenn die Eltern das Verhältnis gern ſehen,
öffentlich im Hauſe ſein= Oſtereier holen. Iſt er aber nicht er=
wünſcht
, dann muß er ſie nachts vom Fenſter der Liebſten neh=
men
und bekommt, wenn er erwiſcht wird, eine Tracht Prügel.
Das Oſtereiſuchen iſt zu einem der beliebteſten Bräuche auch
in der Stadt geworden. Hier tritt ja beſonders der Oſterhaſe
hervor, der ſie in ein beſtimmtes Neſt gelegt haben ſoll. Dieſes
Neſt wird unter Obſtbäumen angelegt. Das Haſengärtchen.
wie es heißt, beſteht entweder aus Heckenreiſern oder auch aus
Oſterpalmen. Das Verſtecken geſchah vielfach auch in den Wic=

Rummer 90.

der Betrag auf das 71fache erhöht werden kann. Die Vorſtellung wird
damit für erledigt erklärt. Das Finanzgeſetz findet mit einigen von
der Regierung vorgeſchlagenen Aenderungen Annahme. Zu Kap. 101:
Gerichte, liegen drei Anträge des Abg. Dr. Oſann vor, erſtens zur Ab=
kürzung
der in der Berufungsinſtanz am Oberlandesgericht Darmſtadt
für die Rechtſuchenden außerordentlich nachteilige lange Dauer der Pro=
zeſſe
die Errichtung eines dritten Hilfszivilſenats zu beſchließen, evtl.
auch die Mittel für einen weiteren Senatspräſidenten und einen Juſtiz=
inſpektor
in dem Voranſchlag anzufordern; zweitens: bei dem Land=
gericht
Darmſtadt eine Teilung der Regiſtratur in der Art vorzuneh=
men
, daß jede Zwilkammer eine beſondere Regiſtratur erhält. Dies
kömte ſicherlich durchgeführt werden, ohne daß irgend eine Perſonal=
vermehrung
eintritt; und drittens: die Ladung zu Zeugenvernehmuugen
auf dem Wege der Poſtkarte, ohne die Zuſtellung durch den Gerichts=
vollzieher
, vornehmen zu laſſen. Nach längerer Debatte wurden die
Anträge der Wegierung als Material überwieſen und das Kapitel ge=
nehmigt
. Sodann ſtimmte der Ausſchuß einer Regierungsvorlage zu,
den Geſchäftsanteil für den Staatsquellenbetrieb in Bad=Nauheim von
150 000 Mk. um 750 000 Mk. zu erhöhen.
Ein Teil der Berichte zum Staatsvoranſchlag iſt bereits abgeliefert.
Kurz nach Oſtern ſoll dann die Zuſammenſtellung erfolgen, ſo daß mit
der Einberufung des Plenums in der zweiten Hälfte des Monats
April gerechnet werden kann.

v. Eberſtadt, 28. März. Die Franzoſen haben im beſetzten Ge=
biet
bei Worms die beiden Pferde der hieſigen Provinzial=Pflege=Anſtalt
beſchlagnahmt. Die Anſtalt iſt deshalb gezwungen, ihr Milchquantun
auf Handwagen aus der Hahner Gegend herbei zu ſchaffen.
v. Eberſtadt, 31. März. Wegen Umſatzſteuerhinter=
ziehung
iſt ein hieſiger Viehhändler und Metzger zu einer Geldſtrafe
von 176 000 Mk. und zur Tragung der Koſten des Verfahrens verurteilt
worden.
r. Pfungſtadt, 31. März. Solbäder. Auch in dieſem Jahre
ſoll eine Solbad=Kur für ſchwächliche Kinder durchgeführt werden.
Näheres über den Zeitpunkt des Beginnes iſt noch nicht bekannt. Der
Ortslohn iſt um 3000 Prozent erhöht worden. Die neuen
Mietfätze. Die Hausbeſitzer beantragten für den Monat Februar
R00 Prozent auf die Grundmiete. Für März ſollten 4800 Prozent
in Frage kommen. Die Mieter ſchlagen dagegen 1800 Prozent für
Februar und März und 4000 Prozent für April vor. Die Deputation
ſetzte für Februar 1800 Prozent, für März 3000 Prozent und für April
4500 Prozent auf die Grundmiete feſt. Dieſer Vorſchlag geht an die
Aufſichtsbehörde zur Genehmigung. Faſelkauf. Die Gemeinde
hat auf dem Reinheimer Viehmarkt einen Faſel für 3 Millionen Mark
käuflich erworben.
tz. Jugenheim a. d. B., 29. März. Der Bahnübergang Nr.
36 am Jugenheimer Weg iſt laut Verfügung des Reichsverkehrsmini=
ſteriums
aufgehoben worden.
r. Eſchollbrücken, 29. März. Kaſſen=Gründung. Hier iſt
eine Spar= und Darlehnskaſſe gegründet worden. Als Direktor wurde
Valentin Roth III. gewählt. Der Geſchäftsbetrieb wird erſt Mitte
April eröffnet werden.

Jugenheim a. d. B., 31. März. Die Bergſtraße beginnt ihr
Frühlingskleid anzuziehen. Aprikoſen, Pfaumen und Pfirſiche ſtehen im
ſchönſten Blütenſchmuck. Die Kirſchenblüten ſind am Aufbrechen. Die
Birnen und Frühäpfel wollen nicht zurückbleiben. Deshalb herrſchte
ſchon am geſtrigen Tage an der Bergſtraße ein reger Fremdenverkehr.
Derſelbe machte ſich beſonders hier bemerklich. Das Hotel Zur
Krone ſcheint unter ſeiner neuen Leitung ſeine ehemalige Anziehungs=
kraft
zurückgewinnen zu wollen. Die zahlreichen Gäſte, die geſtern dort
Einkehr hielten, ſchieden äußerſt befriedigt. Für die Oſterfeiertage dürfte
ein Beſuch unſeres Ortes zu empfehlen ſein.
Gießen, 31. März. In der Privatbeleidigungsklage des Studienrats
Dr. Lenz gegen den Redakteur Vetters von der Oberh. Volks=
zeitung
wurde von dem Schöffengericht unter dem Vorſitz des Amts=
gerichtsrats
Steinberger das Urteil verkündet. Der Angeklagte Vet=
ters
wurde wegen Beleidigung durch die Preſſe zu einer Geldſtrafe von
hunderttauſend Mark, an deren Stelle im Nichtbeitreibungsfalle für je
150 Mark ein Tag Gefängnis tritt, verurteilt. Außerdem wurden dem
Verurteilten die Koſten des Verfahrens einſchließlich der notwendigen
Auslagen des Privatkägers auferlegt und dem Kläger, Studienrat Dr.
Lenz, das Recht zugeſprochen, das Urteil in der Oberheſſiſchen Volks=
zeitung
an derſelben Stelle, die die beleidigenden Artikel einnahmen,
zum Abdruck bringen zu laſſen. Aus der Urteilsbegründung iſt, lt.
G. A., hervorzuheben, daß das Gericht im Hinblick auf die Aufrecht=
erhaltung
des Schweigegebots der Regierung an die als Zeugen genann=
ten
Beamten von deren Ladung aus rein praktiſchen Erwägungen ab=
geſehen
hat. Ueber das Schweigegebot ſelbſt zu beſinden, ſtehe dem
Gericht nicht zu. Das Gericht erachte als feſtgeſtellt, daß Dr. Lenz
nicht ſtrafverſetzt, ſondern tatſächlich im Intereſſe des Dienſtes verſetzt
wurde. Die in den inkriminierten Artikeln aufgeſtellten gegenteiligen
Behauptungen enthielten eine Beleidigung des Privatklägers, denn ein
diſziplinierter Beamter werde allgemein als ein gemaßregelter Beamter
angeſehen. Das bedeute einen Makel, der den Privatkläger in der
öffentlichen Meinung herabgewürdigt hätte. In den Artikeln ſei unvor=
ſichtig
, um nicht zu ſagen leichtfertig, mit der Ehre des anderen umge=
gangen
worden. Um das feſtzuſtellen, habe es nicht erſt noch der Ve=
weisaufnahme
bedurft, es gehe zur Genüge ſchon aus den Zeitungs=
artikeln
hervor, die nur die Fortſetzung einer ganzen Reihe von Artikeln
dieſer Art ſeien. Zuungunſten des Angeklagten ſpreche auch die Tat=
ſache
, daß die Ausdrucksweiſe in den Artikeln nicht als in der Erregung
des augenblicklichen politiſchen Kampfes geſchehen anzuſehen ſei. D
Privatkläger werde immer in ſeiner Eigenſchaft als Jugenderzieher
und als Privatmann angegriffen und damit ſeine politiſche Geſinnung
verquickt. Zuungunſten des Angeklagten ſpreche weiter, daß er wegen
gleicher Preßvergehen ſchon vorbeſtraft ſei, das letzte Mal mit 1000
Mark. Das Gericht habe auf der anderen Seite aber anerkannt, daß
der Angeklagte als Redakteur einer Zeitung, deren Aufgabe es ſei,
ſich mit den öffentlichen Vorgängen zu befaſſen, das Recht gehabt habe,
ſich mit den Ereigniſſen in der Oberrealſchule zu beſchäftigen; er habe
dabei in Wahrung berechtigter Intereſſen gehandelt. Hierbei ſei er
jedoch in bezug auf den Privatkläger über die zuläſſige Form des poli=
tiſchen
Kampfes weit hinausgegangen. Es handle ſich in den Artikeln
nicht um unbedachte Aeußerungen, ſondern um wohlbedachte Wendungen.
Die Abſicht der Artikel ſei unverkennbar. Bei der Strafzumeſſung ſei
vom Gericht berückſichtigt worden, daß es ſich hier um einen politiſchen
Kampf handle. Von einer Gefängnisſtrafe habe das Gericht abgeſehen,
da die frühere Freiheitsſtrafe des Angeklagten ſchon 17 Jahre zurück=
liege
. In bezug auf die Höhe der Geldſtrafe habe das Gericht ſich ve
gegenwärtigt, daß die letzte Geldſtrafe auf 1000 Mark lautete, und
weiter habe es die mittlerweile eingetretenene Geldentwertung berück=
ſichtigt
. Daher ſei auf 100 000 Mark Geldſtrafe und Tragung der
Koſten erkannt worden.

keln der Stube. Im Oberharz ſetzen die Kinder abends die
Schuhe vor die Tür, damit der Oſterhaſe ewvas hineinlege.
Neben dem Garten werden auch Wieſe und Wald für das Eier=
ſuchen
benutzt. Im Mindener Kreiſe tritt an die Stelle des
Haſen der Fuchs; es wird dem Fuchs ein Neſt gebaut, und die
Eier heißen Fuchseier. In anderen Gegenden werden die
Oſtereier von den Kindern nicht geſucht, ſondern unter Abſingung
eines Reimes an den Türen geſammelt. Das gibt Anlaß zu den
Oſterumzügen, die teils mit Masken, teils unter Peitſchenknallen
und Klappern vor ſich gehen. Sehr zahlreich ſind die Oſtereier=
ſpiele
. Die Kinder werfen die Eier auf der Wieſe in die Luft
und laſſen ſie auf den Boden fallen; ſie rollen ſie einen Abhang
hinunter in Vertiefungen oder ſchlagen ſie mit den Spitzen an=
einander
, und der, deſſen Ei heil bleibt, hat gewonnen. Bei den
Tſcherkeſſen werden zu Oſtern rote Eier auf Stangen geſtellt und
mit der Flinte heruntergeſchoſſen.

Kunſt, Wiſſenſchaft und Leben.
Deutſche Muſeumsnot und ihre praktiſche
Linderung. Zur Förderung des Deutſchen Ledermuſeums,
Offenbach a. M., hat die Werner u. Mertz Aktiengeſellſchaft, die
Herſtellerin des bekannten Schuhpflegemittels Erdal, dem heſſi=
ſchen
Staat 500 000 Mark geſpendet, über die der heſſiſche Kunſt=
beirat
Architekt Prof. Hugo Eberhardt frei verfügen kann. Es
wäre zu wünſchen, daß dieſes Vorgehen in den intereſſierten
Kreiſen Nachahmer fände.

Bühnenchronik. Das Heidelberger Stadttheater
bringt am Donnerstag, den 5. April, eine bemerkenswerte Urauffüh=
rung
: Das glückliche Land, ein dreiaktiges Drama zeitloſer Handlung
von Paul Helwig. Helwig iſt zur Zeit Oberſpielleiter des Schau=
ſpiels
in Heidelberg.
Der neue Dietzenſchmidt. Dietzenſchmidts neues Bühnen=
werk
Verfolgung ein Albdruck in ſieben Stationen, gelangt am
3. April im Neuen Schauſpielhaus in Königsberg zur Uvaffüh=
rung
. Am 7. April wird an der gleichen Bühne die aktuelle Groteske
Dollar von Fritz Gottwald zur Uraufführung gebracht. Beid
Abfchliiſſe erfolgten durch Vermittelung des Verlag3 Oeſterheld u. Co.,
Berlin W. 15.

[ ][  ][ ]

Rummer 90.

Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, den 1. April 1923.

Seite 5.

Reich und Ausland.
Erfolge der Wucherpolizei.
Mannheim. Die Wucherabteilung der Fahndungspolizei hat
bei der Kontrolle auf dem Schlachtviehmarkt einen 55 Jahre alten
Viehhändler aus Ilvesheim wegen Preistreiberei feſtgenommen. Der
Viehhändler hatte eine Kuh nebſt Kalb, die er zum Preiſe von
700 000 Mark am 3. Februar einkaufte, für 1 700 00 Mark weiter
ver=
kauft
. Wegen Preistreiberei mit Wein gelangte ein hieſiger Wirt
zur Anzeige, weil er in ſeiner Wirtſchaft Wein zum Preiſe von 8000
Mark das Liter abgeſetzt hatte, der ihn im Einkauf 2631 Mark gekoſtet
hatte. Des weiteren gelangte ein Kaufmann zur Anzeige, weil er ſich
für einen Liter Petroleum 1800 Mark geben ließ, der ihn im Einkauf
nur 1150 Mark gekoſtet hat.
Verhaftung eines Millionenbetrügers.
München. Der von Köln geſuchte 22 Jahre alte Reichsbank=
angeſtellte
Walter Veek ſchwindelte der Reichsbankhauptſtelle Köln
durch Scheckfälſchungen elf Millionen Mark heraus und verſuchte durch
Fälſchung von Bankausweiſungen weitere 27 Millionen zu holen. Als
dies mißlang, floh er. Er reiſte unter dem Namen Schauſpieler
Johannſen nach München, wohnte in einem Hotel, lebte auf großem
Fuße und machte in Geſellſchaft Autofahrten ins Gebirge. Jetzt wurde
er durch die Fremdenkontrolle zur Polizei gebracht, weil er etwa fünf
Millionen Mark in verſchiedenen Währungen bei ſich trug. Hier wurde
er als der große Betrüger entlarvt.
Eine Verhaftung mit Hinderniſſen.
Breslan. Eine Verhaftung mit Hinderniſſen fand in der Ge=
meinde
Wiſchnitz ſtatt, deren Vikar wegen eines gegen ihn ſchwebenden
Verfahrens verhaftet werden ſollte. In der Vorausſicht, daß heftiger
Widerſtand erhoben würde, wurde eine Abteilung Infanterie von 120
Mann, eine Kavallerieabteilung von 50 Mann und zahlreiche Polizei
nach Wiſchnitz geſandt und die Gemeinde von einem dreifachen Militär=
ring
umgeben. Nichtsdeſtoweniger fingen alle Kirchenglocken an, Alarm
zu läuten. Von allen Seiten ſtürmte die Bevölkerung herbei, um ihren
Geiſtlichen zu ſchützen. Die Frauen ſammelten ſich und umſchloſſen das
Pfarrhaus, ſchloſſen ſich zu einer feſten Kette zuſammen und warfen,
als die Soldaten angreifen wollten, dieſen Pfeffer und Salzz in die
Augen. Nach heftigen Kämpfen konnte das Militär endlich den Ring
der Frauen zerreißen, aber vor der Türe des Zimmers des Vikars
hatte ſich eine neue Schar von Frauen eingefunden, die ſich auf die
Erde warfen und nur mit Gewalt fortgeſchleppt werden konnten. 56
Frauen wurden verhaftet. Bei dem Abtransport wurde die militäriſche
Eskorte abermals überfallen und es entſpann ſich ein Kampf, bei dem
es der Abteilung nur mit äußerſter Mühe gelang, eine Befreiung des
Vikars zu verhindern. Mehrere Poliziſten wurden hierbei verletzt.
() Weinheim, 30. März.. In dem weitbekannten Etabliſſement
Zur Fuchsſchen Mühle im Birkenauer Tal geriet der 18jährige Fritz
Fuchs, ein Sohn des Beſitzers, in das Räderwerk des Müllereibetriebs,
wobei dem unglücklichen jungen Manne das Genick abgedreht
wurde. Der Tod trat augenblicklich ein.
Spiel, Sport und Turnen.
V. f. R.=Darmſtadt F. K. Germania= Friedrichs=
feld
1:4 (1:0).-

in fer eae e e e e ern h et
fveuen können. Wenigſtens ließ das Spiel des V.f.N. in der erſten
Halbzeit nicht an obiges Ergebnis glauben, denn V.f.R. zeigte wirklich
beſtechendes Spiel. Der Sturm war allerdings keine Einheit, und nur
der linbe Flügel bot ab und zu Anſätze zu ſchönem Zuſammenſpiel und
durchdachten Aktionen. Immerhin erledigte die Läuferreihe ihr Penſu
an Arbeit mit ſolchem Erfolge, daß ſich für den Ausgang des Spieles,
nachdem es zur Halbzeit nach prächtigem Torſchuß Bergers 1:0 für
V.f. R. ſtand. für V.f.R. die ſchönſten Perſpektiven eröffneten. In der
zweiten Hälfte kam’s, wie ſo oft, anders. Der Sturm des V.f.R. zeigte
ſich am Spiele ſo ziemlich, von Schwarz abgeſehen, desintereſſiert und
ließ Friedrichsfeld ſeine Angriffe bis ins Tor tragen. Selbſt wirkungs=
volle
Gegenwehr der geſamten V.f.R.=Hintermannſchaft konnte die Er=
folge
nicht hmbern. Allerdings demonſtrierte Friedrichsfeld ein raum=
greifendes
und entſchloſſenes Spiel und hinterließ damit nachhaltigen
Eindruck. Der Mannſchaft gebührt ein Geſamtlob; bei V.f.R. Meher
und K. Weicker übervagend und prächtig in Form, H. Schmidt und
Schwarz mit Begeiſterung bei der Sache. Herr Mehner=Daymſtadt,
der Schiedsrichter, präziſe in ſeinen Entſcheidungen, wenn er auch ver=
ſchiedentlich
bei reguläven Stellungen der Spieler im Moment des
Ballſpielens dieſe beim Eingreifen auf Abſeits erkamte. A, H.
Sportvereia Darmſtadt 1898 E. V.
se Am erſten Feiertage ſetzt eine kombinierte Mannſchaft (Liga=
und Ensgvabermannſchaft) des Sportvereins Darmſtadt die Reihe der
Oſterſpiele gegen den Verein für Naſenſpiele aus Vür=
ſtadt
fort. Die Bürſtädter, ein in Darmſtadt gern geſehener Verein,
werden ſich angelegen ſein laſſen, den Beſuchern des Sportplatzes ein
angenehmex Spiel vorzuführen. Der Ausgang des Spieles erſcheint
nicht ungeſbiß. An einem Erfolge der Einheimiſchen dürfte nicht zu
zweifeln ſein, da dem Sportverein für dieſes Spiel talentierte Spieler
zur Verfügung ſtehen. Den Höhepunkt der Oſterveranſtaltungen
bildet unſtveitig das Ligawettſpiel am zweiten Oſterfeiertag gegen die
Ligamannſchaft des Vereins für Raſenſport Frankfurt
a. M. Die Mannſchaft dieſes Vereins gehört zurzeit unſtreitig zu den
beſten von Frankfurt. In der Aufſtellung: Kremer, Gleiter, Chriſte,
Boos, Reuſchling, Löſchhorn, Joſt, Claus, Kornrumpf, Reining, Huber,
Göbig wird ſie der Ligamannſchaft des Sportvereins eine harte Nuß
zu knacken geben. Jedem Eingeweihten ſind die Namen Kremer, Glei=
ter
, Chriſte, Reuſchling und Huber als wiederholte vepräſentative Fuß=
ballſpieler
nur zu gut bebannt. V.f.R.s eindrucksvolle Siege gegen

Vereine von Klaſſe beweiſen die Leiſtungsfähigkeit. Wenn es dem
Sportverein am zweiten Feiertag gelingen ſollte, ſeinem Gegner den
Erfolg ſtreitig zu machen, ſo hat er ſicherlich damit dem Anſehen des
Sportgedankens in Darmſtadt einen großen Dienſt erwieſen. Außer
allem Zweifel ſteht aber feſt, daß den Einheimiſchen Gelegenheit ge=
boten
iſt, ſich em Spiel anzuſehen, das nicht immer geboden werden
kann.
kr. Norddeutſcher Fußball. Vor 2000 Zuſchouern
trafen ſich am Karfreitag in Hamburg Spielvereinigung Fürth
Hamburger Sportverein. Fürth ſiegte mit viel Glück 3:2. Beide
Mannſchaften in ſtärkſter Aufſtellung. Franz ſchoß zwei Tore für
Fürth, und Hamburg ſtellte durch Eigentor die Zahl auf drei. Harder=
Hamburg war der beſte Mann auf dem Platze; er brach ſtändig mit
Breuel zuſammen durch und ſchoß die beiden Tore (und was für Pracht=
tore
) für Hamburg. In der zweiten Halbzeit war Hamburg nur mit
zehn Mann am Platze, da der gute Stirmer Schneider verletzt war,
was evtl. dem Hamburger Verein die Meiſterſchaft koſten wird.
R. Sportergebniſſe vom Karfreitag: Germania I.=
Eberſtadt gegen Viernheim 4 : 2: Germania II.=Ebevſtadt gegen
Weiterſtadt=Braunshardt 5 :0 (Halbzeit 2:0); 1. Jugend Germania=
Eberſtadt gegen Spielvereinigung Arheilgen 3:0 (1:0); Germanig=
Pfungſtadt (Liga) gegen Spielvereinigung Arheilgen 6:2 (2:2). Herr
Gwünewald=Eberſtadt war als Schiedsrichter befriedigend. Von den
Pfungſtädter Spielern gefiel insbeſondere Eſſer.
Stimmen aus dem Leſerkreiſe.
(Für die Veröffentlichungen unter dieſer Ueberſchrift übernimmt die Redakiion
keinerlei Verantwortung; für ſie bleibt auf Grund des 8 21 Abſ. 2 des Preſſe=
geſetzes
in vollem Umfange der Einſender verantwortlich.)
Einſendungen, die nicht verwendet werden, können nicht zurückgeſandt, die Ablehnung
nicht begründet werden.
An einem der letzten Vormittage kurz vor halb 8 Uhr ereignete
ſich auf der Frankfurter Straße ein Unfall, indem ein Radfahrer von
einem Laſtauto angefahren wurde. Wen die Schuld trifft, ſoll hier nicht
erörtert werden; aber es hätte hier noch ein größeres Unglück paſſieren
können. Hier müßte ſeitens der Stadt= und Polizeiverwaltung eine
Aenderung getroffen werden. Mehrere tauſend treue Steuerzahler ver=
kehren
in entgegengeſetzter Richtung vormittags um 7 Uhr und nach=
mittags
um 4 Uhr auf der Frankfurter Straße zwiſchen Blumenthal=
ſtraße
und Chemiſche Fabrik. Unzählige Nadfahrer zwiſchendunch. Und
in der Schulzeit auch noch viele Kinder. Jeder läuft und fährt wie er
will: Zu beiden Seiten zu 8 und 10 nebeneinander, kreuz und quer;
keiner will dem anderen ausweichen. Kein Tag vergeht, wo nicht ein
paar zuſammenvennen. Hier fehlt eine Polizeiverordnung, wonach
Jeder rechts zu gehen und zu fahren hat, die aber auuch von einem
entſprechenden Polizeiaufgebot aufrecht erhaltew wird.
Bei Regenwetter (und bei der herrſchenden Finſternis im Winter) iſt
die Lebensgefahr für jeden Einzelnen auf dieſem Stück Frankfurter
Straße noch größer, da die Fußſteige grundlos ſind, und alles auf der
Fahrſtraße läuft.
Die Fors= ng, durch Polizeiaufſicht das Gebot Rechts gehen!
wirkſam uchzuführen, iſt durchaus berechtigt. Sie trifft ganz beſonders
auch auf die tornewegſtraße zu, in der es nachts ſtändig zu
Zuſammenſtöl n kommt.
Mik vollem Recht wird von dem Landesbildungsamt ſeit einiger
Zeit beſonderer Wert auf die Pflege der Heimatkunſt gelegt. Zu den
wertvollſten Werken heſſiſcher Heimatkunſt gehören unſtreitig die unver=
gleichlichen
Werke Niebergalls, insbeſondere der Datterich. Ge=
rade
in der jetzigen ſchweren Zeit wäre es dringend zu wünſchen, wenn
der Bevölkerung die Gelegenheit geboten würde, ſich an dem wunder=
vollen
, bodenſtändigen Humor des Datterichs zu erholen, zumal, da der
Spielplan des Landestheaters ſeither faſt ausſchließlich ernſten und
ſchweren Werken gewidmet war. Haben wir doch gerade gegenwärtig
ausgezeichnete Kräfte zur Verkörperung dieſer Rollen, ſo insbeſondere
in dem allverehrten Schauſpieler Göbel einen hervorragenden Dat=
terich
und zahlreiche andere Kräfte, die die Darmſtädter Mundart beſtens
beherrſchen. Zweifellos würde eine Aufführung zu Stande kommen,
die eines ſtarken Beſuchs und Kafſenerfolgs ſicher wäre.

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von Bremen über Southampton, Cherbo rg nach New Vork
durch die prachtvollen amerikanischen Regierungsdampfer
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Man verlange ausdrücklich Labewohl.

Pfungſtadt

Unſere Agentur befindet ſich ab 1. April bei
Herrn Phil. Jäger TII.
Mainſtraße 26.
Beſtellungen werden dortſelbſt jederzeit
angenommen.
(26371g
Der Verlag des Darmſtädter Tagblatts.

Oe
Katholiſche Gemeinde.
Oſterſonntag, den 1. April 1923.
St. Eliſabethenkirche: Vorm. von 6 Uhr an: Gelegenheit zur heil.
Beichte. Um ½7 Uhr: Frühmeſſe. Um 8 Uhr: Segens=Meſſe mit
Predigt und Generalkommunion des Jünglingsvereins. Um ½10 Uhr:
Feierliches Hochamt mit Feſtpredigt.
Nachm. 2 Uhr: Sakramen=
taliſche
Veſper. Von 4 Uhr an und um 8 Uhr: Gelegenheit zur
heil. Beichte.
Kapelle zu Arheilgen: Vormittags 9 Uhr: Gelegenheit zur heil,
Beichte. Um ½10 Uhr: Feierliches Hochamt mit Predigt,
Oſtermontag, den 2. April 1923.
St. Eliſabethenkirche: Vorm. von 6 Uhr an: Gelegenheit zur heil.
Beichte. Um ½7 Uhr: Frühmeſſe.
Um 8 Uhr: Heil. Meſſe.
Um ½10 Uhr: Feierliches Hochamt. Nachm. 2 Uhr: Sakramen=
taliſche
Oſterandacht.

Raae
Landestheater Großes Haus Anfang 5 Uhr Ende gegen 16 Uhr
(D 18): Die Meiſterſinger von Nürnberg. Kleines Haus, Anfang
6½ Uhr, Ende 9½ Uhr (Zuſatzmiete II 9): König Nikolo oder So
iſt das Leben. Orpheum, Anfang 734 Uhr: Mädel vom
Kabarett Promenadekonzert vormittags um 11 Uhr i
Herrngauten. Freireligiöſe Gemeinde, nachm. 2 Uhr imn
der Loge (Sandſtraße 10): Jugendweihe. D. S.K. Jungdeutſch=
land
, nachm. 4 Uhr im Städtiſchen Hallenſchwimmbad: Budapeſt
Darmſtadt. Schuls Felſenkeller: von 47 Uhr Konzert.
Theaterverein Darmſtadt 1922: Winzerlieſl im Kon=
kordiaſaal
. Rummelbräu: Konzert. Union=, Reſidenz=,
Zentral=Theater, Palaſt=Lichtſpiele: Kinovorſtellungen.
Montag, 2, April.
Landestheater, Großes Haus, Anfang 6½ Uhr, Ende 9½ Uhr

SN S. Naß EaS SBleirg del zun 1 af
Promenadekonzert. Städtiſcher Saalbau um 7 Uhr Tanz.
Union.. Reſidenz=, Zentral=Theater, Palaſt=Lichtſpiele: Kino=
vorſtellungen
.

Druck und Verlag: L. C. Wittich. Verantwortlich für Politik und
Wirtſchaft: Rudolf Mauve; für Feuilleton, Stadt und Land,
Reich und Ausland: Max Streeſe; für den Inſeratenteil: Pauk
Lange ſämtlich in Darmſtadt.

Die heutige Rnmmer hat 10 Seiten
und Unterhaltungsblatt.

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Königsberg, Leipzig, Mannheim, München, Nürnberg, Stettin, Stuttgart

[ ][  ][ ]

Seite 6.

Darmſtädter Tagblatt, Sonntag, deu 1. April 1923.

Rummer 90.

Die Verlobung ihrer jüngsten
Tochtes Eisbeth mit Heren Diplom- Eisbeih Kliffmiller beehre ich mich
Ingenteus Paul Gerst beehren wir uns / anzuzeigen.
anzczeigen.
Ernst Kltfmüller u. Frau
Emma, geb. Stumpf
Darmstadt, Heinheimerstr. 63
Ostern 1923

Meine Verlobung mit Fräulein

Paul Gerst

Mannheim C 8. 12

Ao

Minna Henkel
Rosel Henkel
Ludwig Muth
Heinrich Müller
VERLOBTE

Ostern 1923

Gfe

Die glückliche Gebert
eiger gesunden Mädel=
zeigen
hocherfreut an
Ladwig Pellmann
und Frau Elise
geb. Strobel
(*9007

Statt Karten.

Dte glückliche Geburt einer
Tochter
zeigen an
Wül Rothschild
. Frau Erna geb. Stade
Magnheim, den 29. 3. 23
Spinozasteaße 5.
We 3

Aenny Hahn
Wilſy Krämer
Verlobte
Darmſtadt, Oſtern 1923
Saalbauſtr. 24
Karlſfr. 11
(*8999

Dina Vorwerk
Georg Rohrbach
VERLOBTE
Ostern 1923
Orangeriestr. 12 Ludwigshähstr. 16
Wce 3
Statt Karten.
Erika Zoller
Eugen Schmitt
VERLOBTE
Darmstadt, Ostern 1923
Woogste. 3 Erbacherste, 53
Wße 3

Luise Barth
Georg Glock
VERLOBTE
Darmstadt
Kassel
Ostern 1923
Bc *
Elisabeth Schimmel
Karl Schneider
VERLOBTE
Darmstadt, Ostern 1923
Alfcestraße 41 Alicestraße 30
Be 1

Statt Karten.
Ihre Verlobung beehren sich
anzuzeigen:
Tonj Leske
August Thomas
Gertchtsceferendar
Darmstadt, Ostern 1923
Bismarckstr. 5 Iaselste. 22
Aaße 3

Baby Herbert
Fritz Steinmetz
VERLOBTE
Groß=Zimmern Darmstadt
Ostern 1923
Gfc 3

Martechen Rühl
Ladwig Mischlich
VERLOBTE
Darmstadt, Ostern 1923
Casinostr. 25 Bismarckstr. 123

Lydia Hundsdort
Adam Pfeifer
VERLOBTE
Ostern 1923
Mählstr. 17",
Wienerstr. 49
ß0

Thilde Klöpper
Dr. Ing. Wilhelm Winter
Verlobte

Darmſtadt

Todes=Anzeige.

Heute entſchlief ſanft nach kurzem
Leiden unſere liebe Mutter, Groß=
inutter
uind Schwiegermutter

Oſiern 1923
Eliſabethenſir. 10
Gfe 3

Helma Weber
Siegmund Krauß
Bankprokurist
beehren sich, ihre Veelobang
anzuzefgen
Darmstadt, Ostern 1923
Carlshof
Soderstraße 52
Ge *
Else Modebach
Walter Kunitsch
VERLOBTE
Darmstadt, Ostern 1923.
ſe
Den 2
Mathilde Hellmann
Adam Bondes
VERLOBTE
Ostern 1923
Darmstadt
Paakeatiusstr. 17 Unter-Seasbach
B

geb. Struth
Wwe, des Hoflackierers
im Alter von 73 Jahren.
Im Namen der Hinterbliebenen:
Carl Jordan
Käthe Zinſer, geb. Jordan.
Darmſtadt, den 30. März.
Die Beerdigung findet Dienstag
den 3. April, nachmittags 3 Uhr, au
dem Friedhof Nieder=Ramſtädter=
8968
ſtraße ſtatt.

Margarete Lammel
Fritz Schachner
VERLOBTE

Darmstadt.

Ostern 1923
B

Else Geißler
Ladwig Schneider
VERLOBTE
Ostern 1923

Rhönring 93

Weiterstädterweg 14
Lart 4

Ihre Verlobang beehren sich
anzuzeigen:
Emilie Wagner
Georg Klotz
Darmstadt, Ostern 1923
Bessungerstraße 41 Ahastraße?

(*8958
Ottilie Lion
Erich Hennicke
VERLOBTE
Darmstadt Frankfert a. M.
Ostern 1923
Gße
Friedel Reichler
Hugo Dörtlinger
VERLOBTE

Ostern 1923
Tübingen
Darmstadt

Fraakturt a, M.

Taunusstraße 26
Gc3

Sophie Best
Willy Sulzmann
VERLOBTE

Darmstadt

Ostern 1923

Af03

Leni Bork
August Schäfer
VERLOBTE
Darmstadt

Ostern 1923
Af3

Ernst Albert Kummer
u. Fraufrene, geb. Senger
VERMAHLTE
Darmstadt
Ostera 1923

Statt Farton.
Ferdinand Hannappel
Eisenbahn-Obersekretär
Meta Hannappelgeb. Hofmang
Vermählte
Ostern 1923
Nieder-Hadamar Darmstadt
Grafenstr. 4
Unsere kirchliche Tracung
findet am Ostermontag, d. 2. April,
nachm. 2 Uhr, in der St. Ludwigs-
kirche
statt. Wir bachsen an=
hierzu
ergebenrt einzuladen.

Todes=Anzeige.

Heute Nacht verſtarb nach
langem mit großer Geduld er=
tragenem
Leiden meine liebe
Tochter, unſere Schweſter
Fräulein

im 28. Lebensjahr.
HeleneLang WBw. u. Kinder
Darmſtadt, Mühlſtraße 20,
31. März 1923.
(*8980
Die Beerdigung findet am Diens=
tag
, 3. April, nachm. 2, Uhr, auf
dem Waldfriedhof ſtatt.

Dankſagung.
Für die vielen Beweiſe herzlicher
Teilnahme anläßlich des Hinſcheidens
meines lieben Sohnes, unſeresBruders,
Schwagers und Onkels
Rff
Herrn
Karl Jacob ſen.
ſprechen wir Allen, die dem I. Ent=
ſchlafenen
die letzte Ehre erwieſen
haben, beſonders dem Männer= Quar=
tett
Loreleh für den erhebenden
Grabgeſang und den ehrenden Nach=
ruf
ſowie Kranzniederlegung, den
Franziskaner=Brüdern vom Herz=Jeſu=
Hoſpital für die treue Pflege auf dieſem
Wege unſeren aufrichtigen Dank aus.
Im Namen der trauernden Hinterbliebenen:
Frau J. G. Jacob Wwe.
Darmſtadt, 31, März 1923,

Mein Fuhrwerk
gehr in nächſter Zeit
1R
wiederh. Ergnt
nach At4ſkfurt,
Beiladung bis 25Ztr.,
auch für Rücktsansp.,
erwünſcht. (1176a
Peter Walter
Alter Arheilgerweg.
Fernſpr. 2223

Statt Karten

Thre beute Sonntag, den 1. April,
vorm. 10:/ Uhr, in der Stadt-
kapelle
stattfindende Trauung
zeigen an
Marie Lang
Karl Brinkmang
Darmstadt
Gr. Bachgasse 10 Landwehrstr. 68
Sacn

Trau=
ringe

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Der Valutaprolet.
(II,2688
VII.
(Fortsetzung folgt!)
(Aufheben!)
Piedecubiste hat in seiner Westentasche noch drei Franken
entdeckt, genügend Geld, um weiterzuleben, wie bisher, bis
sein getreues Eheweib in Antwerpen ihm weiteres schickt.
Als er telegraphieren will, tritt er, da seine Pedalflächen
den größten Teil der näheren Umgegend bedecken, einem
Herrn so heftig auf den Fuß, daß er nur darum der Gefahr
entgeht, gelgncht zu werden, weil men ihn für einen Minister
a. D. hält. Weil aber der junge Mann die beweglichsten
Klagen ausstößt über sein gänzlich demoliertes Hühnerauge,
gießt Piedecubiste lindernden Balcam auf seinen Schmerz
indem er ihm das millionenfach bewährte und ärztlich ver-
ordnete
Hühneraugenmittel Kukirol empfiehlt. In warmen
Worten schildert er ihm die schnelle und sichere Wirkung
des Kukirol, das binnen wenigen Tagen selbst das gemeinste
Hühnerauge schmerzlos beseitigt, und weist auch darauf bin,
daß jeder, der seine Füße viel anstrengen muß, Heißig das
stärkende Kukirol-Fußbad benutzen sollte, das die Füße
warm und trocken hält und den häßlichen Schweißgeruch
verhütet. Beide Präparate, so schließt Piedecubiste, bekommt
man in jeder größeren Apotheke und besseren Drogerie,
Hergestellt werden sie von der
Kukirol-Fabrik Groß-Balze bei Hazzeburg
Nehmen Sie aber nur das echte, millionenlach bewährte/
Kukirol, geiches scheinbar etwas teurer ist, als andere
Hähneraugen-Mittel, aber nur scheinbar, denn mit einer
Schachtel Kukirol können Sie 10 Hühneraugen absolut sicher
beseitigen, während billigere Mittel nur zur Bepflasterung
von 5 Hähneraugen ausreichen, aber nicht zur Beseitigung,

[ ][  ][ ]

Rummer 90.

Darmſtädter Tagblutt, Sonutag, den k.

1923.

Seite 7.

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Aktiengesellschaft, Nürnberg gesichert, vom Deutscken Reich und von Bayern gesamtschuldnerisch
für Kapital und Zingen verbürgt, reichsmündelsicher.
Im Auftrage und für Rechnung der Rhein-Main-Donan Aktiengesellschaft wird hiermit von der vorstehenden Anleihe ein
Betrag im Geldwerte von
B Millionen Goldmark
zur öffentlichen Zeichnung unter folgenden Bedingungen anfgelegt:
1. Zeichpungen werden bis einscbließlich 18. April 1923 bei den unterzeichneten Banken und Bankhäusern,
sowie deren sümtlichen Niederlassungen während der bei jeder Stelle üblichen Geschäftsstunden entgegen-
geuommen
. Anmeldescheine sind bei den Stellen kostenfrei zu haben. Früherer Schlnß der Zeichnnng bleibt
vorbehalten.
2. Die einzelnen Schnldverschreibungen lanten über den Geldwert von:
Goldmark 21 ( 5 Dollar), Goldmark 105 ( 25 Dollar),
Goldmark 42 ( 10 Dollar), Goldmark 420 ( 100 Dollar).
3. Die Zeichnnng erfolgt zum Kurze von 25¾, unter Zngrundelegung des letztnotterten Berliner Briefkurges für
Kabel New-Tork vor dem Zeichnungstage abgerundet auf volle Mark 50 nach unten.
Eine Stückzinsenverrechnung findet nicht statt.
Stücke oder Handdarlehen der alten 5%igen Anleihe der Rhein-Main-Donau Aktiengesellschaft von 1922
werden bis zur Höhe des Kaufpreises der Goldanleihe zum Kurse von 115¾, unter Verrechnung von Stück-
zinsen
in Zahlung genommen.
4. Gezeichnete Stücke gelten als voll zngeteilt und sind sofort zu bezahlen. Eine Börsenumsatzsteuer ist nicht zu
entrichten.
5. Für die Zuteilung stehen eventuell weitere Beträge zur Verfügung.
6. Die Aushändigung der Stücke erfolgt möglichst bald nach besonderer Bekanntmachnng.
Im März 1923.

Denische Bank.
Bayerische Staatsbank.
Bayerische Hypotheken- und Wechsel-Bank.
Bayerische Vereinsbank.
Bayerische Disconto- und Wechsel-Bank 4.-G-
Bayerische Zentral-Darlehenskasse
e. G. m. b. H.

Landwirtschaftliche Zentralgenossenschaft

Preußische Staatsbank (Seekandlung).
Berliner Handelsgesellschaft.
S. Bleichröder.
Commerz- und Prirat-Bank Aktiengesellschaft.
Darmstädter und Nationalbauk Kommanditgesellschaft Bayerische Girozentrale,
auf Aktien.
Delbrück Schickler & Co.
Direction der Disconto-Gesellschaft.
Dresdner Bank.
e. G. m. b. H.
J. Dreyfuß & Co.
H. Aufhäuser.
E. L. Friedmann & Co.
Anton Kohn.
Hardy & Co. d. m. b. H.
Merck, Finck & Co.
Mendelssohn & Co.
Friedr. Schmid & Co.
Mitteldentsche Creditbank.
A. E. Wassermann.
Reichs-Kredit-Gesellschaft m. b. H.
Städtische Sparkasse Nürnberg.
Allgemeine Dentsche Credit-Anstalt.
Barmer Bank-Verein Hinsberg, Fischer & Comp.
Deutsche Vereinsbank.
Essener Credit-Anstalt.
Frankfurter Bank.
E. Heimann.
Simon Hirschland.
Landesbank der Rheinprorinz.
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Marx & Goldschmidt.
Norddentsche Bank in Hamburg. Oldenburgische Spar-ELeihbank. Sal. Oppenheim jr. & Cie.
Osnabrücker Bank.
Rheinische Creditbank.
A. Schaaffhansen’scher Bankverein.
B. Simons & Co.
Lazard Spever-Ellissen.
J. HI. Stein.
Jakob S. H. Stern.
Süddeutsche Disconto-Gesellschaft A.-G. Vereinsbank in Hamburs. H. M. Warburs & Co.
Württembergische Vereinsbank.

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(Erzeugerpreis, also Syndikatspreis ab-
züglich
Kohlensteuer, Umsatzsteuer und anderel
Zuschläge). Die Zeichnung erfolgt bis zum 12. Apri.
d. J. zum Zeichnungspreis, der sich nach dem am
3. April d. J gültigen Erzeugerpreis richtet. Sollte
bis dahin keine weitere Kohlenpreiserhöhung in Kraft
treten, dann wird der Zeichnungspreis je Tonne
89 000 betragen.
Zeichnungsstellen sind alle Banken und Spar-
kassen
und die Landesbank in Münster i. W. Die
Zeichnungsstellen geben ausführliche Prospekte ab
Die Zeichnungen werden nach der Reihenfolge des
Eingangs berücksichtigt. Bevorzugt werden Zeich-
nungen
, für welche der vorläufige Zeichnungspreis
(89000 je Tonne) vorausgezahlt wird. Voraus=
gezahlte
Beträge werden bis zum Zeichnungstermin
mit 10% verzinst Stückzinsen werden nicht berechnet.
Manster i. W. den 10. März 1923. (FV.2038
Lande-hank der Provinz Westfafen.

[ ][  ][ ]

Seite 8.

Darmſtädter Tagblott, Sonntag, den 1. April 1923.

Rummer 90.

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Mk. 44 000.. Wertberechnung für jetzige Ausgabe, Ver=
zinſung
und ſpätere Rückzahlung nach dem jeweiligen Preis
der in den oberheſſiſchen ſtaatlichen Gruben gewonnenen
Förderbraunkohlen und des Zentners Roggen gemäß öffent=
licher
Bekanntmachung.
Ausgegeben werden Schuldver=
ſchreibungen
auf den Inhaber über ½4, a, 1, 2 und
5 Einheiten.
Beginn der Verzinſung 1. Mai 1923. Zinszahlung ganzjährig.
Rückzahlung bis 1928 ausgeſchloſſen. Eintragung in das Staatsſchuld=
buch
jederzeit koſtenlos möglich. Notierung an den Börſen in Berlin
und Frankfurt a. M. wird beantragt. Die Anleihen ſind geſichert
durch die Steuerkraft und das geſamte Vermögen des Heſſiſchen
Staates, letzteres hauptſächlich aus ausgedehnten Waldungen, Braun=
kohlenbergwerken
, Gütern, Bädern und Baulichkeiten beſtehend.

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demjenigen, der mir
den Mann nachweiſt,
der ſich am Karfreitag
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kleidet
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Nur noch heute!
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Das Los der k1. Pierrette.
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mit Maciste in d. Hauptrolle. (*9016
Harry Piel, der Fürst der Berge.

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Erſten Oſtertag Eröffnungsfeier des
neuen Lokales, Vormittags 10 Uhr
Heiligungsverſammlung
Mert 4u
öffentliche Heilsverſammlung
Zweiter Feiertag, vormittags 10 Uhr,
abends 8 Uhr Berſammlunge n.
Geleitet von St.=Capt. Silverberg, Adj.
Eckhardt, Leutn. Lähne.
(*8963
Jedermann herzlich wilkommen.

Mee

Mi40

Hierdurch teile ich ergebenſt mit,
daß ich ab 1. April ds. Js die
ſeit langen Jahren von Herrn
W. Dexyeimer geleitete Firma
Glückauf. Darmſtädter Kohlen=
verkaufsgeſellſchaft
m. b. H.
Heidelbergerſtraße 1
käuflich erworben habe und als
Zweiggeſchäft
unter meiner Firma weiterführen
werde. Beſtellungen und Zah=
lungen
werden
Landwehrſtr. 33 u. Heidelbergerſtr. 1
entgegengenommen,
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Erledigung der Aufträge werde ich
ſtets Sorge tragen,
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Inhaber Philipp Baumann
Kohlen, Koßs, Briketts und Brennholz.
Hauptgeſchäft: Landwehrſtraße 33,
Zweiggeſchäft: Heidelbergerſtraße 1.
Fernſprecher Nr. 311 und 359.

Ve
G.


9

Sdeesse

[ ][  ][ ]

Nummer 90.
Das ewige Feuer.
Roman von H. Richter.
Amerikaniſches Copyright 1922 by Carl Duncker, Berlin.
40)
(Nachdruck verboten).
Ohne Amerikas kraftvolles Eintreten wäre auch nichts aus
ihren Plänen geworden, erinnerte ihn Haller. Was brauchen
wir das Kapital Deutſchlands und der kleinen Staaten, meinten
die Franzoſen, die Rothſchild=Geſellſchaft genügt, um mit Rocke=
feller
, Nobel und ban Utrecht, Rotterdam, das Land zu finan=
zieren
.
Ja, lachte van Utrecht. Und da hat Rockefeller erklärt,
das Geld von Rothſchild könne er gern entbehren, aber den Mann
van Utrecht ließe er nicht fallen, und wenn der in der neuen In=
duſtrie
das europäiſche Gleichgewicht notwvendig hielte, dann
dächte Miſter Rockefeller ebenſo. Der brave Johnſon hat uns gut
auf der Konferenz in Brüſſel vertreten, mein Vater war dabei
und hat mir zu dem offiziellen Bericht noch einen privaten Stim=
mungsbericht
geſchickt. Auch die Frage der Internationalität bei
der Beſetzung der Ingenieurpoſten iſt befriedigend gelöſt worden,
wir haben ein Völkergemiſch wie beim Turmbau zu Babel.
Das macht mir Sorge, gab Haller zu bedenken. Ich miß=
verkenne
Ihren Plan durchaus nicht, Herr van Utrecht, aber es
ſcheint mir noch zu früh dazu. Mancher wird neben einem ehe=
maligen
Gegner arbeiten, dem er vielleicht vor nicht allzu langer
Zeit mit der Flinte an der Backe gegenübergelegen hat. Mancher
Ingenieur hat wohl als Pionier ſeine Sappe unter die des jetzi=
gen
Kollegen getrieben und keinen innigeren Wunſch gehabt als
den, ihn in die Luft zu ſprengen.
So ſoll er jetzt beweiſen, daß er in der Arbeit der Tüchtigere
iſt. Geſunde Konkurrenz unter unſeren Ingenieuren, Haller, aber
nur im Hinblick auf das gemeinſame Ziel, und nach der Arbeit
gute Kameradſchaft. Nationales Kliquenweſen wird nicht gedul=
det
. Wer ſich nicht fügt, verläßt das Land mit dem nächſten
Dampfer. Bei Ingenieuren ſowohl wie beim Unterperſonal ge=
meinſame
Kafinos. Nicht aus Nationalgefühl habe ich fürs erſte
mehr holländiſche Ingenieure, als dem Lande eigentlich zuſtehen.
Auch die Schweden habe ich ſtärker beteiligt. Die ehemaligen
Neutralen ſollen auch hier verſöhnend wirken. Doch nun laſſen
Sie uns in die Stadt zurückreiten, auch da erwartet uns Arbeit.
Sie wandten ihre Pferde den in der Ferne liegenden Häuſern
von Baku zu. Auf einem großen Gebäude, an dem ſie vorbei=
ritten
, wehte die Fahne des Roten Kreuzes. Van Utrecht ſah
nach den Fenſtern hinauf.
Das war die ſchlimmſte Gefahr, Haller, ſagte er. Der
Kampf gegen die Peſt. Nur die raſche Hilfsaktion, die die
Schweiz für uns eingeleitet hat, konnte uns da helfen. Aerzte
und Medikamente gab es ja nicht. Ich danke noch heute dem
tapferen Schweizer Profeſſor und feinem Pflegeperſonal, daß
wir wenigſtens hier und in Tiflis der Seuche entgegentreten
konnten. Auch auf dem Lande und nördlich des Gebirges iſt der
Kampf erfolgreich aufgenommen worden, wenn auch unſere
Grenzpoſten noch längſt nicht ſo gewiſſenhaft ſind, wie ich es
wünſchen würde.
Die proviſoriſche Regierung in Tiflis genügt eben noch
nicht, ſagte Haller. Da ſitzen die Fürſten und Herren dieſes
Landes und verlieren ſich in Kleinigkeiten. Der größte Streit

Darutſtädter Tägblntt, Soſintag, den 1. Atril 1923.
entbrennt ja immer, wenn ſie ſich beraten, wer die Fürſtenkrone
dieſes Landes einmal tragen ſoll.
Ich habe als größter Induſtrieller des Landes und als
Vertreter der europäiſchen Intereſſen in dieſem Parlament Sitz
und Stimme, aber das muß anders werden. Die Vertreter des
Völkerbundes haben mir neulich auch vertraulich mitgeteilt, daß
ſich auf Grund ihrer Berichte der Völkerbund mit der georgiſchen
Regentenfrage beſchäftigt habe. Auch da iſt eine Entſcheidung
baldigſt zu erwarten.
Vor dem Haufe van Utrechts wartete ein Kurier der Regie=
rung
und übergab Adriaan ein Schreiben. Der riß es auf und=
durchflog
es.
Man erwartet mich morgen in Tiflis, lieber Haller. Hier
iſt auch noch eine Notiz des holländiſchen Delegierten, der mir
ſchreibt, es gingen große Dinge vor, ich ſolle ja kommen. Nun,
hier in Baku iſt ja alles im Fluß. Sie bleiben alſo mein Ver=
treter
, und ich fahre die Nacht durch. Die bolſchewiſtiſchen Zu=
ſtände
in der Bahnverwaltung lden ſich auch gebeſſot, ſeit wir
einen amerikaniſchen Direktor B der Verwaltung ſitzen haben.
Der Direktor hier in Vaku iſt zibar ein Armenier, aber der Ame=
rikaner
hat ſeine Leute im Zuge. So weit es mit dem herunter=
gewirtſchafteten
Material möglich iſt, haben wir einen ganz leid=
lichen
Verkehr.
Sie werden morgen freudiges Wiederſehen mit Ihrem
Gegner feiern können, ſagte Haller, als ſie beim Eſſen ſaßen.
Mit Alexander Tſcherſchwendice?
Ja, er hat die erſte Zeit in Eriwan geſeſſen und gebrummt,
weil man ſeine Verdienſte ſo gar nicht anerkennen wollte. Ich
glaube, er hat Tag und Nacht auf die Deputation gewartet, die
ihm die Krone Georgiens überbringen würde. Jetzt hat er ein=
geſehen
, daß er da noch lange wird warten können und daß die
Dinge im Lande einen anderen Lauf nehmen. Da hat er es
durchgeſetzt, daß der bisherige Landesbevollmächtigte für Eriwan
unter durchſichtigen Gründen ſein Amt niederlegte, und nun
haben wir ihn in der Regierung.
So würde ich ihm alſo morgen zum erſtenmal gegenüber=
treten
. Ich bin Ihnen dankbar dafür, daß Sie mich damals
in Arweli aufrüttelten und mich daran gemahnten, daß ich nicht
einer Frau wegen in dies Land gekommen ſei. Ihr Name iſt
in der Zeit nicht über meine Lippen gekommen, und doch kann
ich ſie nicht vergeſſen. Wie heute ſehe ich ſie vor mir, als ſie an
der Spitze ihrer Leute auf das Regierungspalais zujagte.
Ein echtes Weiberſtück, wie es nur eine Frau hier unten
fertigbringen kann, knurrte Haller. Bei uns zu Hauſe führen
ſie Kaffeeſchlachten, hier reiten ſie verrückt und toll dem Gegner
gerade in die Gewehre und veranlaſſen harmloſe Europäer dazu,
ſich ihretwegen in die Hand ſchießen zu laſſen.
Ihr ſtrategiſches Inneres mag ſich dagegen wehren, aber
eins können Sie ihr nicht abſprechen, Mut hat ſie.
Toll war ſie in der Nacht, weiter nichts. Wenn die Men=
ſchen
hier einmal aufgerüttelt werden, dann ſind ſie fanatiſch.
Nun, dann denken Sie an die ſchönen Tage in Arweli; war
ſie da nicht ganz die anſchmiegſame, liebebedürftige Frau, das
Weib, dem man den wilden Ritt in der Nacht kaum glauben
würde?"
Eine abwechslungsreiche Natur, zuckte Haller die Achſeln.
Van Utrecht wurde unwillig. Ich weiß nicht, was Sie
gegen die Fürſtin haben. Irgendeine Schuld iſt nicht vorhan=

Seite 9.

den. Es iſt ein unglückſeliger Zufall, daß ihre Scheidung durch
die politiſchen Verhältniſſe anfechtbar geworden iſt. Wäre dieſer
Fürſt nicht eine ſo brutale Natur, er hätte niemals die Stirn ge=
habt
, ihr nach dem, was geſchehen iſt, wieder unter die Augen
zu treten. Der alte Arweli hat mir alles erzählt, die Fürſtin
trifft kein Makel.
Haller ſtand auf.
Jch habe die Rede nicht auf die Fürſtin gebracht, ich habe
es wochenlang vermieden und hätte am liebſten immer davon
geſchwiegen. Es iſt meine Anſicht, daß dieſe Frau Sie vor
ihren Wagen ſpannen und Ihr großes Werk in das kleinliche
Fahrwaſſer nationaler Sonderintereſſen zerren will. Die Für=
ſtin
Tſcherſchwendice tut alles für ſich und für ihr Land. Sie
ſelbſt aber waren es. Baron van Utrecht, der die nationalen Iu=
tereſſen
in mir verdammte und mich lehrte, weiß zu denken und
weiß zu fühlen. Sie wollen in dem großen induſtriellen Werke
Georgiens die europäiſchen Völker und das europäiſche Kapitäl
einen. Das können Sie nur, wenn Sie ſich nicht von den geor=
giſchen
Nationaliſten beeinfluſſen laſſen. Ueberlegen Sie ſich
genau, was die Fürſtin von Ihnen will. Tun Sie und laſſen
Sie, was Sie wollen, wenn Sie mich aber fragen, dann werden
Sie nur immer wieder meine innerſte Meinung hören. Ich rede
weder Ihnen noch einem anderen Menſchen nach dem Munde.
Adriaan van Utrecht war aufgeſprungen.
Herr, Sie, aber er blickte in Hallers Augen, die ihn feſt
anſahen Sie ſind ein Trotzkopf.
Und er ging raſch aus dem Zimmer
*
Vierzehntes Kapitel.
Mach Platz, es kommen neue, ſchrie der Gefangenenauf=
ſeher
die einzige Inſaſſin des engen Loches an und ftieß nach=
einander
drei Geſtalten in den halbdunklen Raum. Die Frau,
die auf der Holzpritſche in der Nähe der Tür geſeſſen hatte, wich
bis an das vergitterte Fenſter zurück, das aber auch keinen Aus=
blick
ins Freie geſtattete, denn draußen war ein Eiſenblech ſo.
befeſtigt, daß man nur mit Mühe, wenn man ſich dicht an die
Wand kauerte, ein Stück Himmel ſehen konnte.
Die Tür wurde zugeſchlagen, und die Schritte des Schlie=
ßers
entfernten ſich langſam.
In der Zelle blieb zuerſt alles ruhig, endlich brach der eine
der Neuankömmlinge das Schweigen.
Das iſt nun der dreckigſte Stall, in den wir bisher geſperrt
wurden, immer Abwechslung, einmal Schiffskabuſe ohne Luft
und Licht, dann wieder Gefängnis mit Läuſen und Wanzen.
Wir kommen zerfreſſen ins Innere, wenn das ſo weitergeht.
(Fortſetzung folgt.)

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Bekanntmachung.
In den Monaten April, Mai und Juni
1923 iſt der Sonntagsdienſt der hieſigen
Apotheken wie folgt geregelt.
Sonntagsdienſt haben jeweils gleich=
zeitig
in nachſtehender Reihenfolge:
die Apotheke am Inſtizpalaſt, Bis=
marckſtr
. 9, und die Einhorn=Apotheke,
Kirchſtr. 10½
b) die Merckſche Apotheke, Rheinſtraße 9,
u. die Beſſunger Apotheke. Karſtr. 111;.
die Löwen=Apotheke. Ballonplatz 11,
die Adler=Apotheke, Wilhelminenpl. 17,
und die Hirſch=Apotheke, Nieder= Ram=
ſtädterſtraße
21.
Mit dem Sonntagsdienſt am 1. April
beginnen die unter b genannten Apo=
theken
.
Den Nachtdienſt verſehen:
vom 31. März abends bis 2. April früh die
Merckſche Apotheke und die Beſſunger
Apotheke,
vom 2. April abends bis 7. April früh die
Löwen=Apotheke, die Adler=Apotheke und
die Hirſch=Apotheke,
vom 7. April abends bis 14. April früh die
Apotheke am Juſtizpalaſt und die Ein=
horn
=Apotheke,
vom 14. April abends bis 21. April früh
die Merckſche Apotheke und die Beſſunger
Apotheke,
vom 21. April abends bis 28. April frül
die Löwen=Apotheke, die Adler=Apotheke
und die Hirſch=Apotheke,
vom 28. April abends bis 5. Mai, früh die
Apotheke am Juſtizpalaſt und die Ein=
horn
=Apotheke,
vom 5. Mai abends bis 9. Mai früh die
Merckſche Apotheke und die Befſunger
Apotheke,
1 Kindertiſchchen. Lampen und ſonſtige vom 9. Mai abends bis 12. Mai früh die
Löwen=Apotheke, die Adler=Apotheke und
die Hirſch=Apotheke,
vom 12. Mai abends bis 19. Mai, früh die
Apotheke am Juſtizpalaſt und die Ein=
horn
=Apotheke,
vom 19. Mai abends bis 21. Mai, früh die
Merckſche Apotheke und die Beſſunger
Apotheke,
vom 21. Mai abends bis 26. Mai, früh die
Löwen=Apotheke, die Adler=Apotheke und
die Hirſch=Apotheke,
vom 26. Mai abends bis 2. Juni, früh die
Apotheke am Juſtizpalaſt und die Ein=
horn
=Apotheke,
vom 2. Juni abends bis 9. Juni früh die
Merckſche Apotheke und die Beſſunger
Apotheke,
vom 9. Juni abends bis 16. Juni früh die
Löwen=Apotheke, die Adler=Apotheke und
die Hirſch=Apotheke,
vom 16. Juni abends bis 23. Juni früh die
Apotheke am Juſtizpalaſt und die Ein=
horn
=Apotheke,
vom 23. Juni abends bis 30. Juni früh die
Merckſche Apotheke und die Beſſunger
Apotheke.
Außerdem wird in unſeren in der Darm=
ſtädter
Zeitung erſcheinenden amtlichen
Nachrichten der Sonntagsdienſt der Apo=
theken
jeweils bekanntgegeben.
Darmſtadt, den 29. März 1923.
Polizeiamt. Dr. Uſinger
Im Handelsreg’ſter Abt. 4 wurte
heute die Firma Reiß & Cie., Leder=
und Kunſtlederwarenfabrik Dieburg mik
dem Sitz in Dieburg eingetragen. Offens,
Handelsgeſellſchaft ſeit dem. 10. Februax
1923. Geſellſchafter ſind: Franz Reiß,
Portefeuiller, Hans Schroth, Kaufmann,
und Peter Staudt, Sattlei, aite in
(2696
Dieburg.
Dieburg, den 27. März 1923.
Heſſiſches Amtsgericht.

z. vk. Karlſtr.
Miſt Nr. 90, I60

Gebe eitt
vollſt. Bett
gegen guterh. Damen=
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Moth, Grieshefm. (*8961

Bruteier
v. präm. rebh. Ital.
Zucht n. Eind.=R.=
Gänſe abzugeb. /*8967
Hildebrand, Eberſtadt,
Wiefenurühlen,

[ ][  ][ ]

A3

Fife

KA

Darmſtädter Tagblatt

Kurze Ausführungen zu den Aaleihen des
Heſſ. Staaten 1923.
Nach mehrjähriger Pauſe bringt der Heſſiſche Staat jetzt
wieder 2 Anleihen auf den Maukt, deren Erlös teils für
den weiteren Ausbau der ſtaatlichen Braunkohlen=
werke
in Oberheſſen, teils für die Errichtung
neuer Wohnungen, teils für ſonſtige Bedürfniſſe beſtimmt iſt.
Die Sicherſtellung der Anleihen iſt nach jeder Richtung und für
alle Verhältniſſe durchaus gewährleiſtet.
Von den beiden Anleihen bietet die Markanleihe mit dem
gleitenden, ſich nach dem Reichsbankdiskontſatz richtenden Zinsſatz, den
Zeichnern einen Ertrag, der ſich jeweils den Veränderungen des Wirt=
ſchaftslebens
gut anpaßt. Durch Feſtſetzung eines Mindeſtzinsfußes von
8 Prozent iſt dem Gläubiger auch bei Beſſerung der wirtſchaftlichen
Lage dauernd eine reichliche Rente geſichert, während der Höchſtſatz von
16 Prozent bei weiterem Steigen des Zinsſatzes einen angemeſſenen Aus=
gleich
für die Erhöhung der notwendigen Ausgaben für die Lebens=
haltung
gewährt.
Die Braunkohlen=Roggen=Anleihe bringt zwar eine
geringere Verzinſung, nämlich 6 Prozent, womit ſie aber doch noch
über den Zinsfuß faſt aller anderen wertbeſtändigen Anleihen hinaus=
geht
. Sie bietet aber durch Bemeſſung des Wertes der Einheit nach
dem Mittel der Durchſchnittswerte von zwei wichtigen Bodenerzeug=
niſſen
eine gute Sicherſtellung gegen die jetzigen Schwankungen der Mark=
währung
. Dem Gläubiger bleibt die heutige Kaufkraft ſeines Mark=
kapitals
erhalten. So bekommt der Gläubiger, da dann auch die Ein=
heit
höher bewertet werden muß, einen entſprechend höheren Ertrag.
Das Gleiche gilt für die Rückzahlung.
Ein Vorzug der Anleihe iſt darin zu finden, daß der Heſſiſche
Staat die beiden Unterlage=Werte, Braunkohle und Roggen, ſelbſt zu
Eigentum beſitzt, bezw. produziert. Es iſt alſo wohl den weitgehendſten
Anſprüchen an Sicherheit genügt.
Zum Schluß ſei noch darauf hingewieſen, daß, was dem Publikum
noch wenig bekannt iſt, durch die neueſte Steuergeſetzgebung nicht nur
die Kapitalertragſteuer außer Kraft geſetzt worden iſt, ſo daß jetzt
wieder, wie früher, dem Gläubiger das voll ausgezahlte Zinserträgnis
verbleibt, ſondern daß auch der Depotzwang aufgehoben iſt und die
Erwerber von Effekten, dieſe aufbewahren können, wo ſie wollen.
Zur Erleichterung iſt den Gläubigern bei dieſen Anleihen die koſten=
loſe
Eintragung in das Staatsſchuldbuch geboten, wenn auch mit ein=
jähriger
Sperre. Sie können ſowohl jetzt ſchon gleich Schuldbuch=
einträge
zeichnen, wie auch jederzeit ſpäter Schuldverſchreibungen gegen
Schuldbuchforderungen eintauſchen. Damit ſind ſie, was für viele,
namentlich mittlere und kleinere Kapitaliſten wertvoll iſt, der läſtigen
und auch unter Umſtänden gefahrvollen Aufbewahrung der Wertpapiere
überhoben.
Die Goldanleihe der Rhein=Main=Oonau=
Aktiengeſellſchaft.
Die Rhein-MainDonau=AG. gibt laut Zeichnungsaufforderung
im Inſeratenteil eine Gold=Anleihe heraus, um weitere Geldmittel für
die Förderung ihrer Aufgabe zu erhalten. Das ungemein wichtige Ziel
der Geſellſchaft iſt der Bau einer den Rhein über den Main mit der
Donau verbindenden Großſchiffahrtsſtraße (Aſchaffenburg. Bamberg
Nürnberg Regensburg Paſſau Reichsgrenze). So bedeutſam die
Schaffung einer ſolchen Waſſerſtraße für das geſamte deutſche Wirt=
ſchaftsleben
iſt, nicht minder wichtig wird die gleichzeitge Gewinnung der
großen Waſſerkraftanlagen an den Schleuſenſtufen für die Elektrizitäts=
verſorgung
des Landes ſein. Werden doch insgſamt 33 Kraftwerke mit
zuſammen 250 000 Pferdeſtärken mittlerer Jahresleiſtung entſtehen.
Ausgehend von der Ueberlegung, daß man mit einer beſtimmten
Summe Goldmark auch in den Zeiten ſtärkſter Papiergeldentwertung
einen ebenſo großen Umfang an Bauten herſtellen kann, als in der
Vorkriegszeit, hat die Rhein-MainDonau=AG. alle ihre Berechnun=
gen
auf die Goldmark abgeſtellt. Die Verzinſung der aufgewendeten
Goldmarkbeträge kann die Geſellſchaft ebenfalls in Goldmarkwerten
leiſten, denn der erzeugte elektriſche Strom iſt wertbeſtändig.
Die RheinMainDonau=AG. hat dafür geſorgt, daß die Anleihe=
gelder
ſofort wertbeſtändig in Materialien und Dollarwerten angelegt
werden, ſo daß, der dem erhaltenen Goldwert entſprechende Teil der
Bauten ausgeführt werden kann, unabhängig davon, ob die Papiermark
während der Bauzeit im Werte ſteigt oder fällt.
Die Gold=Anleihe kann in Papiermark einbezahlt werden. Der Be=
trag
wird auf den Dollarwert umgerechnet und dieſer Dollarwert wird
mit 5 Prozent derzinſt. Bei der Zinszahlung wird wieder der Dollar=
wert
zum Kurſe kurz vor dem Zinstermin gerechnet und der fällige
Papiermarkbetrag ausbezahlt. In gleicher Weiſe erfolgt die Rückzahlung
der ausgeloſten Anleihe. Der Erwerb von RheinMainDonau=
Goldanleihe iſt die beſte wertbeſtändige Geldanlage, denn der einmal
eingezahlte Betrag wird in ſeiner Kaufkraft unbedingt erhalten und er
wird außerdem noch gut verzinſt, was beim Ankauf von Deviſen und
von Sachwerten nicht der Fall iſt. Die Goldanleihe iſt vom Deutſchen
Reich und von Bayern geſamtſchuldneriſch verbürgt, alſo ein mündel=
ſicheres
Papier mit dem Vorzug der Wertbeſtändigkeit, und ſie iſt außer=
dem
noch hypothekariſch ſichergeſtellt durch Eintragung einer Reallaſt
auf das Dampf=Elektrizitätswerk des Großkraftwerkes Franken mit
85 000 Pferdeſtärken Leiſtung.
Zeniralausſchußſitzung der Reichsbank.
* Die Mitteilungen, die in der heutigen regulären Monatsſitzung
des Zentralausſchuſſes der Reichsbank über die Enwicklung der Ver=
hältniſſe
bei dem Zentralinſtitut von ſeiten des Reichsbankpräfidenten
gemacht wurden, beleuchteten aufs neue, in wie erſchreckendem Maße die
Inflation bei uns anwächſt. Präſident Havenſtein teilte u. a. mit, daß
ſich in den vier Wochen vom 15. Februar bis 15. März die Geſamtlage
der Bank von 3690 Milliarden auf 5869 Milliarden Mark erhöht hat.
In der zweiten Märzwoche nahm dieſe verhältnismäßig beſcheiden zu,
was damit zuſammenhängt, daß infolge der Markſtabiliſierung die
Kreditinanſpruchnahme etwas nachgelaſſen hat. Im einzelnen ſtieg der
Wechſelbeſtand um 755 Milliarden Mk. und das Schatzwechſel= Porte=
feuille
um 1455 Milliarden Mk. Daneben wurden die Darlehnskaſſen
um 193,7 Milliarden Mk. neue Darlehen in Anſpruch genommen. Ins=
geſamt
hatte die Reichsbank vom 15. Februau bis 15. März 2203 Mil=
liarden
Schatzwechſel neu zu diskontieren. Indes brauchte ſie, wie bereits
aus der angeführten Zunahme des eigenen Schatzwechſelbeſtandes her=
vorgeht
, davon nur zwei Drittel zu behalten; der Reſt konnte von ihr
am Geldmarkt abgeſetzt werden. Auch hierbei ſpielt die Markſtabiliſie=
rung
eine Rolle, indem ſie Geld aus der Effekten= und Deviſenſpekula=
tion
frei werden ließ und der Anlage in Schatzſcheinen zuführte. Ferner
wirkte zugunſten des Schatzwechſelabſatzes die einſtwveilige Aufhebung
der Kapitalerwagsſteuer.
Der Zahlungsmittelumlauf hat ſich entſprechend der Geſtaltung
der Kapitalanlagen ſehr ſtark vermehrt. Es ſtieg von Mitte Februar
bis Mitte März der Papiergeidumlauf um 15,68 Milliarden Mk.; eine
Zunahwe, die nur auf die Reichsbanknoten entfällt. Sie wäre noch
ſtärker, wenn nicht die fremden Gelder um 806 Milliarden geſtiegen
wären. Auf der einen Seite wirkte zwar die Stabiliſierung der Mark
etwas der Kreditinanſpruchnahme und der Inflation entgegen, auf der
anderen Seite machte ſich aber die Störung, die durch den Einbrach,
der Franzoſen ins Ruhrgebiet in unſer Wirtſchaftsleben hineingetragen
worden iſt, in der bedenklickſten Weiſe bemerkbar. Dem Zunehmen der
Notenflut war auch die einſtweilige Steigerung des Preis= und Lohn=
niveaus
zuträglich. Der Index der Großhandelsziffern freilich fängt
an, ein leich es Hinabgleiten zu verraten. Es iſt zu erwarten und zu
hoffen, daß bei anhaltender Beſtändigkeit des Markkurſes die Preis=
ſenkung
ſich weiterhin deutlicher ausſprechen wird.
Der Metallbeſtand der Bank hat in der zweiten Märzwoche jene
Steigerung um rund 400 Millionen Mk. durch Zufluß der neuen Aru=
miniummünze
zu 200 Mk. erfahren. Die Weiteraabe dieſer Münze in
den Verkehr iſt in der dritten Märzwoche in Fluß gekommen. Der
Goldbeſtand der Reichsbank hat ſich dagegen nur unweſentlich verändert;
das Golddspot im Aus'ande iſt um 15 Millionen Mk. auf 65 Millionen
Mark geſtiegen, und zwar deshalb, weil die Reichsbank es für notwendig
hielt, die Beträge, die ſie als Rückendeckung für ihre Deviſenoperationen
im Auslande halten will, zu verſtärken. In der dritten Märzwoche iſt
eine weitere Goldſendung nach dem Auslande erfolgt. Der nächſte
Wochenausweis wird darüber Näheres bringen, Hervorzuheben ſei nur,
daß das geſamte ausländiſche Golddeport der Reichsbank bis jetzt un=
belaſtet
iſt.

SDT

1. April 1923 Nr. 90

Verkehrsnachrichten.
X Maing. 29. März. Schiffahrt. Im Floßverkehr iſt es
äußerſt ſtill. Nach Holland gehen infolge verbotener Ausfuhr überhaupt
keine Flöße ab. Nur in ganz ſeltenen Fällen wird ein Floß durch ein
holländiſches Boot nach der Ruhr geſchleppt. Das Waſſer des Rheines
und ſeiner Nebenflüſſe geht langſam, aber ſtetig zurück. An dem hieſi=
gen
Brückenpegel verzeichnet man einen Stand von nur noch 1,01 Mtr.,
ſo daß das Beladen der größeren Kähne immer mehr eingeſchränkt
werden muß. Die amtliche Tiefe des Fahrwaſſers durch die Koſtheimer
Schleuſe beträgt noch 2,30 Meter. Wegen Lohnforderungen, die in=
zwiſchen
geregelt wurden, brach unter den hieſigen Hafenarbeitern ein
Streick von wenigen Tagen aus. Das Schleppgeſchäft liegt faſt voll=
ſtändig
danieder. Schleppdampfer von franzöſiſchen Schiffahrtsgeſeul=
ſchaften
ſieht man nur noch ganz vereinzelt, da die meiſten ſich in einem
betriebsunfähigen Zuſtande befinden. Infolge des zurückgehenden
Waſſerſtandes muß auch der Schleppbetrieb der holländiſchen Schrau=
benboote
ihres Tiefganges wegen eingeſchränkt werden. Feſte Schlepp=
löhne
notiert man nicht; ſie unterliegen jeweils der Vereinbarung. Der
Umſchlagverkehr in den hieſigen und Guſtovsburger Häfen ruht faſt
vollſtändig, zumal infolge des noch anhaltenden Eiſenbahnerſtreits keine
Waggons geſtellt werden. Kahnſcharterungen finden nur in ganz be=
ſchränktem
Maße ſtatt. Die beladenen deutſchen Kähne fahren auf ſich
zu Tal. Für Talladungen nach dem Mittelrhein werden 1216 000 M.
pro Tynne bei verkürzter Lade= und Löſchzeit geboten. An Tagesmiete
zahlte man 150200 Mk. pro Eichtonne ud Tag, für kleinere Fahr=
zeuge
entſprechend mehr. Der Beſtand an Leerraum hat ſich ziemlich
verringert, zumal keine Schhiffe mehr hier einlaufen, auch nur ganz ver=
einzelte
leer gemacht werden. Der Poſt= und Telegraphenbetrieb iſt
bis jetzt noch nicht wieder aufgenommen worden. Schlepplohn Mainz
Höchſt 20002500 Mk. pro Tonne.
Wirtſchaftliche Rundſchau.
DDie Zahlungsbedingungen bei Holzverkäufen.
Wie uns mitgeteilt wird, gewährt die heſſiſche Staatsforſt=
verwaltung
den Käufern von Holz im Betrage von mehr
als 300 000 Mk. einen Nachlaß von der Kaufpreisſchuld, falls die
baldige Barzahlung erfolgt. Der Nachlaß beträgt, wenn die Zahlung
im Monat April erfolgt, 5 Prozent; bei Zahlungen im Mai 1923
4 Prozent und in dieſer Weiſe weiter mit jedem Monat um 1 Prozent
fallende Zinſen. Bei Zahlungen nach dem 31. Auguſt d. Js, wird ein
Nachlaß nicht wehr gewährt.
* Der Ankauf von Gold für das Reich durch die Reichsbank
und Poſt erfolgt bis auf weiteres unverändert zum Preis von 85 000
Mark für ein Zwanzigmarkſtück, 42 500 Mk. für ein Zehnmarkſrück. Für
ausländiſche Goldmünzen werden entſprechende Preiſe gezahlt. Der
Ankauf von Reichsſilbermünzen durch die Reichsbank und Poſt erfolgt
bis auf weiteres unverändert zum 1500 fachen Betrag des Neunwertes.
wb. Reichsbankausweis. Nach dem Ausweis der Reichs=
bank
vom 23. d. M. hat ſich die Beanſpruchung der Bank in der dritten
Märzwoche zum Teil unter der Einwirkung des bevorſtehenden
Quartalſchluſſes außerordentlich verſchärft. Die geſamte Kapital=
anlage
ſtieg um 701,5 Milliarden Mark auf 6 570,5 Milliarden Mark.
Die Zunahme betrug bei den Handelswechſeln 181,4 Milliarden Mark
(gegen 66,2 Milliarden Mark in der Vorwoche) und bei den Reichs=
ſchatzanweiſungen
528,7 Milliarden Mark (gegen 239,4 Milliarden Mark
in der Vorwoche); während ſich die Lombardforderungen weiter um 8,7
Milliarden Mark verminderten. Von den angeforderten Kredit=
beträgen
floſſen 282,1 Milliarden Mark den fremden Geldern der Bank
neu zu, die ſich auf 2253,5 Milliarden Mark erhöhten; der größere
Teil wurde auch in der Berichtswoche wieder in baren Zahlungsmitteln
der Bank entzogen.
Die Steigerung des Notenumlaufs, weiſt mit einem Betrag
von 683,1 Milliarden Mark eine neue Höchſtziffer aus; die Summe der
Banknotenausgabe iſt damit auf 4 955,6 Milliarden Mark angeſchwollen.
Der Umlauf an Darlehnskaſſenſcheinen dehnte ſich gleichzeitig um 0,2
Milliarden Mark auf 12,7 Milliarden Mark aus. Was den Metall=
vorrat
anlangt, ſo iſt der Goldbeſtand unverändert geblieben.
Indeſſen wurde der im Auslande deponierte Teil des Goldbeſtandes
unter Abzweigung der Beträge von dem Goldkaſſenbeſtande um weitere
100 Millionen Mark verſtärkt. Dieſe Diſpoſitionen haben lediglich den
Zweck, der Reichsbant in der Möglichkeit vorübergehender ſchneller Dar=
lehnsaufnahmen
im Auslande eine größere Bewegungsfreiheit bei etwa
nötig werdenden Deviſentransaktionen zu ſichern. Der Beſtand der
Scheidemünzen aus unedlem Metall (Aluminium, Zink, Eiſen pp.), der
ſchon durch die kurz vor Schluß der Vorwoche erfolgte Zuführung der
erſten Prägeergebniſſe der neuen Aluminiummünzen zu 200 Mark im
Ausweis vom 15. d. M. eine Zunahme um 0,4 Milliarden Mark er=
fahren
hatte, iſt weiterhin um 2,7 Milliarden Mark angewächſen. Die
Münzſtätten lieferten nämlich in der Berichtswoche rund 9,8 Milliarden
Mark in ſolchen Münzen neu ab, von denen ſich in wenigen Tagen be=
reits
rund 7,1 Milliarden Mark in den Verkehr leiten ließen.
Die Inanſpruchnahme der Darlehnskaſſen des Reichs ſetzte
ſich in erheblich geſteigertem Umfange fort. Ihr Darlehnsbeſtand er=
weiterte
ſich um 200,8 Milliarden Mark (gegen 54,2 Milliarden Mark
in der Vorwoche) auf 1001,2 Milliarden Mark. Die Darlehnskaſſen
führten einen dieſer Zunahme entſprechenden Betrag an Darlehnskaſſen=
ſcheinen
an die Reichsbank ab, ſo daß deren Beſtände an ſolchen Schei=
nen
unter Berückſichtigung der erwähnten Abſätze in den Verkehr um
200,6 Milliarden Mark auf. 988,4 Milliarden Mark vermehrt ſind.
* Das Zeichnungsergebnis auf die Dollarſchatz=
anweiſungen
. Es wird mitgeteilt, daß von dem aufgelegten Ve=
trag
von 200 Millionen Goldmark die Hälfte des von den Banken
garantierten Betrages gezeichnet worden iſt. Da die Banken für der
Betrag von 100 Millionen garantiert haben, iſt von ihnen alſo der feh=
lende
Betrag zu übernehmen. Die Finanzverwaltung erklärt das Er=
gebnis
für befriedigend und will die Stützungsaktion für die Mark
kraftvoll fortſetzen.
Das Goldzollaufgeld beträgt in der nächſten Woche
494 900 Prozent gegen 509 400 Prozent in der Vorwoche.
* Rauchwaren=Zurichterei und =Färberei Louis
Walther Nachf., Markranſtädt. Das Aktienkapital ſoll nicht,
wie erſt vorgeſchlagen, um 23,25 Millionen Mk. Stamm= und 0,75 Mil=
lionen
Mk. Vorzugsaktien, ſondern um 74 Millionen Stamm= und
2 Millionen Mk. Vorzugsaktien auf 100 Millionen Mk. erhöht werden.
Die weit ſtärkere Erhöhung als urſprünglich vorgeſehen war, erweiſt ſich
als notwendig durch die inzwiſchen geplante Angliederung der Kanin=
färberei
von A. Arnhold=Naunhof.
Horchwerke A. G., Zwickau. Die Geſellſchaft beantragt
eine Dividende von 50 Prozent gegen 10 Prozent im Vorjahre.
* H. Schomburg u. Söhne A. G., Porzellanfabrik
Kahla A. G. Die beiden, durch Intereſſengemeinſchaft verbundenen
Geſellſchaften beantragen eine Dividende von je 1 Zehntel Prozent i.
Gold nach dem Goldankaufspreis der Reichsbank vom 31. Dez. 19
gleich 200 Prozent in Papiermark. Schomburg verteilt außerdem 500 M.
auf 8 Millionen Mark alte Aktien, die infolge der Verlegung des Ge=
ſchäftsjahres
für drei Monate dividendenlos geblieben ſind. Feiner
beantragt Schomburg Kapitalserhöhung um 15 Millionen Mk., Kahia
um 25 Millionen Mk. neue Stammaktien mit einem Bezugsrechte 2: 1
zu 500 Prozent zuzüglich Bezugsrechtsſteuer. Der Beſitz an Austauſch=
ſoll
bei beiden Geſellſchaften gegenſeitig verdoppelt werden.
aktien
Induſtriebau A. G., Berlin (früher Kattowitz).
Die Geſellſchaft beantragt eine Dividende von 100 Prozent (i. V. 25
Prozent) auf die Stammaktien und von 39½ Prozent auf die Vorzugs=
aktien
. Infolge des guten Ergebniſſes ſind ſtarke Abſchreibungen mög=
lich
geweſen. Bei bedeutendem Auftvagsbeſtand ſoll zur Stärbung der
Betriebsmittel das Aktienkapital auf 90 Millionen Mk. erhöht werden.
Den Aktionären wird ein Bezugsrecht 2:1 zu einem noch feſtzuſetzen=
den
Kurs eingeräumt. 20 Millionen Mk. ſind zu Austauſchzwecken
beſtimmt während 13 Millionen Mk. der Verwaltung zu beſonderen
Verwendung überlaſſen werden.
Allgemeine Gas A. G., Magdeburg. Die Geſellſchaft
ſchlägt eine Dividende von 40 Prozent (i. V. 15 Proz.) und einen Bonus
von ebenfalls 40 Proz. (i. V. 0) vor.
Hamburger Elektrizitätswerke A. G., Hamburg.
Das Aktienkapital ſoll um 44 Millionen Mk. Vorzugsaktien mit 7fachzem
Stimmrecht und um 308 Millionen Mk. Stammactien erhöht werden.
Die Stammaktien gehen an ein Bankenkonſortium, welches den Aktio=
nären
auf 1 alte Aktie eine neue zu einem noch feſtzuſetzenden Kurſe
anbietet. Die neuen Vorzugsaktien übernimmt der Hamburger Staat
zu 140 Prozent. A. v. Generalverſammlung am 21. April.

* Einkrächk, Bräünkohlenwerke A. G., Welzow. Die
Geſellſchaft bringt eine Dividende von 250 Prozent (i. V. 27 Prozent)
in Vorſchlag. Außerdem iſt die Schaffung einer halbwertbeſtändigen
Anleihe beabſichtigt, die z. T. den Aktionären angeboten werden ſoll.
Eine Bankengruppe unter Führung der Mitteldeutſchen Kreditbank
gewährt der Geſellſchaft im Bedarfsfalle ein Darlehen im Gegenwerk
von 20 000 To. Briketts zum Durchſchnittspreiſe des vorigen Jahres.
Das Darlehen iſt mit 2 Prozent über Reichsbankdiskont, aber höchſtens
mit 10 Prozent verzmsſich; die Zinſen werden fährlich mit der Dividende
zuſammen bezahlt. Zunächſt iſt die Ausgabe von 40 000 Tonuen gleich
eine Tonne pro Aktie in Ausſicht genommen. Der Davleheusbetrag
wird aber nicht von den Aktionären eingefordert, ſondern von der Ban=
bengruppe
vorgelegt, um mit den Aktionären bei der Dividenden= und
Zinszahlung im nächſten Jahre verrechnet zu werden. Kurs der Ein=
tracht
=Braunkohlenaktien am Mittwoch 80 000 Proz rat, nach ſtarker
Steigerung.
* Einſtweilen keine Kalipreisermäßigung. Eine
kürzlich verbreitete Meldung, wonach die Verhandlungen über die Aus=
gabe
einer wertbeſtändigen, auf Kali bezogene preußiſche Anleihe wegen
einer möglicherweiſe bevorſtehenden, wenn auch nur vorübergehenden
Kalipreisermäßigung in Form von Sommervergütungen vorläufig zu=
rückgeſtellt
ſeien, wird von der Nachrichtenſtelle für die deutſche Kali=
induſtrie
als irrig bezeichnet, zum mindeſten eilt dieſe Angabe den Er=
eigniſſen
weit voraus. Ob die Kaliinduſtrie die im vorigen Jahre im
Sommer gewährten Sommerrabatte auf die von der Geſtaltung der
Selbſtkoſten abhängigen Preiſe auch dieſen Sommer gewähren wird,
kann erſt nach Beendigung der Frühjahrsdüngerperiode erwogen wer=
den
. Zurzeit iſt eine Preisermäßigung nicht zu erwarten.
Warenmärkte.
h. Mannheimer Wochenberichte. In der innerpolitiſchen
Lage des Reiches iſt keine Aenderung eingetreten, die beſtimmend auf
die wirtſchaftlichen Verhältniſſe hätte einwirken können. Die Vorſchläge
der Amerikaner auf dem internationalen Handelskammerkongreß in
Rom, die Stinnesreiſe nach Rom und das angeblich guinſtige Ergebnis
der Dollarſchatzanweiſungsanleihe ſind als gute Momente zu verzeichnen,
denen allerdings der Anſpruch der Reparationskommiſſion auf das Er=
gebnis
dieſer Anleihe gegenüberfteht. Eie ſoll fedoch der Stützung der
Mark und damit auch unſerer Wirtſchaft dienen. Trotz alledem hat ſich
in den letzten Tagen an den Effekten= wie Produkten= und Waren=
börſen
eine beſſere Stimmung durchgeſetzt, die teilweiſe zu Preisſteige=
rungen
und größerer Nachfrage führte, aber von einer lebhaftecen Um=
ſatztätigkeit
nichts zu ſpüren war. Man hält ſich beſonders auf dem
Produkten= und Warenmarkt vor neuen Engagements zurück und will.
erſt die Klärung der politiſchen Lage abwarten. Die auswärtigen wie
die ausländiſchen Märkte ſenden ebenfalls eine etwas feſtere Tendenz.
Getreide: Die Winterſaaten ſtehen recht gut, da ſie unter kei=
ner
beſonders ſtrenge Kälte zu leiden hatten. Höchſtens hätte ihnen die
große Feuchtigkeit etwas ſchaden können. Die Sommerfrucht kommt jetzt
in die Erde. Bei dem feuchten Boden und der tagsüber warmen Wit=
terung
dürfte auch ſie raſch aufgehen und zur Entwicklung kommen
Vom Handelsgeſchäft iſt wemg zu berichten. Das Angebot in inlän=
diſcher
Ware wird immer kleiner; die Nachfrage ſeitens der Händler
hat ſich etwas gebeſſert, aber die großen Handelswhlen können nicht im
das Geſchäft gehen, da ſie alle in dem von den Franzoſen beſetzten Gebiet
liegen und ihnen ſo der Mehlabſatz nach dem unbeſetzten Gebiete geſperrt
iſt, ſo daß es für ſie auch keinen Wert hat, ſich mit neuer Frucht ein=
zudecken
und große Kapitalien darin anzulegen, für deren Wiederein=
bringung
der Zeitpunkt ſehr unbeſtimmt iſt. Die Preiſe zeigten die
Woche hindurch ſteigende Richtung und dürften wur in dem knappen
Angebot zu ſuchen ſein. Weizen ſtieg von 95 000 auf 102104 000 Mk.,
Roggen blieb mit 88000 Mk. weiter unverändert. Gerſte beſſerte ſich
von 7582000 Mk. auf 7885 00 Mk., inländiſcher Hafer lag mit
5070 000 Mk. unverändert, und ausländiſcher Hafer zog um 2000
auf 9297000 Mk., Mais um 5000 auf 100000 Mk. an. Alles pro 100
Kilo bahnfrei Mamheim.
Mehl: Das Mehlgeſchäft der Mühlen war ſehr ſill, da ſie uur
auf ſpätere Termine verkaufen können in der Erwartung, daß bis dahin
die Beſetzung vorbei iſt. Dafür geſtaltete ſich die Nachfrage uac, frei
verfügbarem Mehl etwas lebhafter und die zweite Hand verlangte für
ihre disponible Ware 150155 000 Mk. pro Doppelzentner Weizenwehl.
Spezial Null, alſo gegen die Vorwoche 1015 000 Mk. mehr, während
die Mühlen ihren Richtpreis von 170 000 Mk., trotz höherer Beizenpreiſe,
nicht ſteigerten.
Futtermittel: Das Angebot beſchränkt ſich weiter auf die
wenigen Artikel. Weizenkleie koſtet unverändert 40 000 Mk. ab Mühlen=
ſtation
, Biertreber 45000 Mk., Malzkeime 44 000 Mk., vollwertige
Trockenſchnitzel 56 000 Mk., geringe Waren 2324 000 Mk. die 190 Kilo
ab Fabrikſtation. Auf dem Rauhfuttermittelmarkt macht ſich die Nähe
der Grünfütterungszeit und die befriedigenden Ausſichten bemerkbar.
Die Nachfrage iſt ſehr klein, da die Verbraucher bis dahin auszukommen.
ſuchen und keine großen Neuanſchaffungen machen. Die Prriſe hielten
ſich zwar noch, neigen aber doch eher zur Schwäche. Loſes Wieſenheu
bedang 42 000 Mk. Luzernekleeheu 4650 000 Mk., Preßſtroh 3638 000
Mark, Bundſtroh 3536 000 Mk. pro Doppelzentner waggonfrei Mann=
heim
. Gerſtenſtroh wurden 10000 Kilo zu 20000 Mk. die 100 Kilo
verſteigert.
Kolonialwaren: Angeregt durch feſtere Auslandsmärkte kanr
auch hier eine beſſere Tendenz zum Durchbruch, doch blieb das Geſchäft
noch ruhig. Die Preiſe lauten gegen die Vorwoche bei Kaffee und Reis
unverändert, bei Tee etwas niedriger, bei Kakao und Auslandszucker
eine Kleinigkeit höher. Die Notizen ſtanden für Kaffee Santos Supertor
roh 14 20015 920 Mk., gewaſchen 18 52020 000 Mk., bei 6815,50 Mk.
Zoll, für Tee mittlere Sorte auf 29 50032000 Mk., gute Sorte 33000
bis 35000 Mk., feine Sorte 3639000 Mk.; für holländiſchen Kakoo
auf 63006700 Mk., inländiſchen Kakao 60006300 Mk., Reis Burm
auf 1800 Mk. und für Auslandszucker auf 2800 Mk. alles für ein
Kilo ab Mannheim.
Tabak: In Erwartung einer Zollermäßigung durch die beſchlof=
ſoene
Aenderung des Tabakſteuergeſetz, die niedrigere Preiſe für deut=
ſche
Tabake und Rippen bringen muß, üben die Käufer größte Zurück=
haltung
gegenüber den immer noch ſehr hohen Forderungen der Pflan=
zer
. Ladenburg verkaufte zwar noch einige hundert Zenmer 1922er
Tabake je 200 000 Mk. an einen Fabrikanten, auch einige kleine Poſten
gingen zu ungefähr demſelben Preis ab. In Rippen blieb der Abſatz
ſehr klein, und es fallen immer mehr Rippen an, die zu rückgängigen
Preiſen angeboten werden. Beſtellungen und Abrufe auf Fcctigfabri=
kate
laufen bei den Fabrikanten faſt gar nicht ein.
Wein: Die Reben ſtehen im Saft und neue Triebe ſprießent
kräftig hervor. Der Verkehr kann nur in dem beſetzten und unbeſetzten
Gebiete unter ſich ſtattfinden, da eine Ausfuhr unmöglich iſt. Im Wein=
verkaufsgeſckäft
iſt eine ſtarke Stockung eingetreten und die Preiſe haben
einen nennenswerten Rückſchlag zu verzeichnen, ſo daß die vor einige
Wochen angeſetzten Taxen nicht ganz erreicht wurden und auch deshalb
Zurückziehungen erfolgten, ſo bei einer Verſteigerung in Elwillg
bei zwei Viertelſtück 1920er, die 1 180 0001 500 000 Mk. und bei zwei
Viertelſtück 1921er, die 4 160 000 und 7 200 000 Mk. erzielten. 19DDer
Halbſtücke gingen zu 1010000 und 2 650 000 Mk. ab. Die Julius Eſpe=
ſchidſche
Weingutsverwaltung bei Bingen fand dagegen bei ihren Aus=
geboten
zu hohen Taxüberſchreitungen raſch Abnehmer. Für vier Halb=
ſtücke
1919er erlöſte ſie 4 230 0006 610 000 Mk., für 34 Halbſtüicke und
Viertelſtuck 1922er 4 270 00030 680 000 Mk., für 3. Halbſtiicke und
6 Viertelſtücke 1921er 7 730 00016 530 000 Mk. bzw. 11030 000 Mr.
und 15 310 000 Mk.
Holz: Der Rückgang der Preiſe in Nutzholz und die Steigerung
derſelben für Breynholz verſchärft ſich immer mehr. Bei letzterem
dürfte aber die zu erwartende Kohlenpreisherabſetzung ſich ſehr bald
fühlhar machen. Bei Nutzholz iſt die geringe Bautätigkeit durch das
Fehlen an Geldmitteln und die überſpamnten Preiſe für Möbel, die
keinen Abſatz mehr finden, die Haupturſache. Bei der Nutzholzverſtei=
gerung
in Oftersheim bei Schwetzingen weigerten ſich die Handwerker,
die feſtgeſetzten Preiſe zu zahlen und boten nur wenig mehr als die
Hälfte der feſtgeſetzten Taxe, ſo für Holz 1. Klaſſe 150200 000 Mk.,
2. Klaſſe 120150 000 Mk.; bei einer Brennholzverſteigerung in Eber=
ſtadt
(Heſſen) dagegen wurden für zwei Meter Stockholz 6070000 M.,
für Buchenknüppelholz im Durchſchnitt 70 000 Mk. von den zahlreichen
Bietern meiſt Geſchäftsleuten geboten.
Schiffahrt und Kohlen: Der Waſſerſtand hat ſich beträchtlich
geſenkt. Der Rhein= und Mainverkehr ruht noch aus den Eekannten
Gründen, die Neckarſchiffahrt dagegen iſt noch intakt, allerdings nur
talwärts mit Waren beladen. Die Induſtrie und der Hausbrand ſind
noch mit Kohlen verſehen und erfordern aus dieſem Grunde leine Ein=
ſchränkungen
.

Bankgeschaft
Fernsprecher 1308, 1309

FREDRICH ZAUN
Aktien / Renten / Deuisen / Sorten

DarlVorGe-
1 Luisenplatz 1

[ ][  ][ ]

Nummer 13

Darmſtädter Tagblatt

1. April 1923

Oſtern 1923.

Eine religiöſe Feſtbetrachtung.
Von Hofprediger D. Doehring, Berlin.
* Jeder Tag hat ſein beſonderes Geſicht. Auch jeder Oſter=
tag
. Und doch: es iſt dieſelbe Sonne, mag ſie hell leuchten oder
hinter Wolken ftehen, die einen Tag zum Bruder des anderen
macht. Sie können ihre gemeinſame Herkunft nicht verleugnen.
So iſt auch jeder Oſtertag, wie beſchaffen die Zeitläufte immer
ſein mögen, in die der einzelne fällt, durch das Auferſtehungs=
evangelium
geweiht. Was ihm jeweils ſeine Beſonderheit gibt,
iſt allein die Art, wie dies Evangelium dermalen gerade ange=
eignet
wird.
Geiſtloſe Generationen haben
das Oſtererangelium ſtets es
klingt merkwürdig genug
VK
P
vergeiſtigt. Ob ins Natur=
V
V
Ra
ſymbol oder die reine Idee,
N
macht keinen weſentlichen Un=
Ji
Ai
terſchied. So oder ſo ward ihm
das Leben genommen. Was
K
übrig blieb, war ein blaſſer
V
P
Schemen. Das Endergebnis

war immer das fauſtiſche: Die
G
Botſchaft hör’ ich wohl, allein
mir fehlt der Glaube.
S
Auf Glauben aber ſteht die
Re
Menſchheit. Ohne ihn fällt ſi?.
U
L
Daß ſie zur Stunde gefallen
K
iſt, kann nur der Irrſinn bezwei=
A
V
feln. Weder Symbol noch
Oft
Idee wird ſie aus dem Ab=
grund
reißen. Die Rettung
A
Kct
bringt allein die Tat. Nicht
Pt
der Menſchen, ſondern Gottes
Tat.
K
Ve
Gottes Taten ſind Wunder.
G.
Und Wunder wiederum ſind
S
Taten, die nur Gott tun kann.
Sie richten ſich nicht an das
9
menſchliche Erkenntnisvermö=
a

gen wer will Gott und ſein
Ie
Tun je begreifen? , ſie wen=
den
ſich vielmehr an ſeine
Seele. An Gott glauben, heißt
das Wunder erlebt haben, an
ſeiner Seele von dem Ewigen

ergriffen zu ſein. Eine Lebens=
welt
öffnet ſich dann, in der das

Oſterwunder völlig ſelbſtver=
3.
*
ſtändlich iſt. Es gibt ſchlechter=
dings
nichts mehr, das einen
G
glaubenden Menſchen von der
9
auch den Tod überwindenden
Rgu
Liebe Gottes ſcheiden kann.
Aad
Darum gab das Urchriſtentum
RR
Ve
K
ſeinem Lebensrhythmus den un=
vergleichlich
triumphaften Aus=
druck
: Unſer keiner lebt ihm
ſelber, und unſer keiner ſtirbt ihm ſelber. Leben wir, ſo leben
wir dem Herrn, ſterben wir, ſo ſterben wir dem Herrn. Und
fügte vielſagend hinzu: Denn dazu iſt Chriſtus auch geſtorben,
und auferſtanden und wieder lebendig geworden, daß er über
Tote und Lebendige Herr ſei.
Der bloße Verſtandesmenſch wird jetzt erſt recht den Kopf
ſchütteln. Was ſollte er auch anders! Zu begreifen iſt ſo etwas
nicht. Ich wiederhole: es kann nur mit der Seele angeeignet
werden. Der auferſtandene Chriſtus iſt das denkbar ungeeig=
netſte
Objecht für philoſophiſche Spekulationen. Nur wer aus
dem Sterben ſeiner Seele zum Leben, aus dem heilloſen Ver
dorren ſeines Innerſten zur Geneſung will, dem begegnet er.
Und der Friede Gottes, welcher höher iſt denn alle Vernunft
kommt über ſein zerriſſenes Herz. Und eine Welt tut ſich ihm
auf, die ihm ehedem verſchloſſen war, ſo daß er beſtritt, daß
es ſo etwas überhaupt gäbe, die Welt nicht der dinglichen,

ſondern der perſönlichen, nicht der irdiſchen, ſondern der ewi=
gen
Werte. Wir Chriſten nennen ſie Himmel. Unter dieſem
geöffneten Himmel zieht er ſeine Erdenpfade, der ſelige Menſch
des Glaubens. Nichts kann ihm Ziel und Ende ungewiß machen.

Wer will ſagen, ob nicht der ganze Jammer unſerer Tage,
das ganze fürchterliche Elend der Menſchheit von heute in ihrer
Scelen= und Zielloſigkeit beſchloſſen liegt. Man iſt irre rund=
weg
an allem; es weiß niemand mehr: wo ſoll’s hinaus? Die
Welt vergeht an dem brutalen Mangel an Oſterglauben. Ihr
Geſchick wird dem des Judas immer ähnlicher. Die dreißig
Silberlinge klingen gellend über die Erde. Das ſchauerliche
Sterbegeläut der Verzweiflung!

K
P
R33
P

Nach Golgatha.

Nachdruck verbeien.

Von Lothar Schüttel.
Nur Golgatha ſehen!
Aber der Weg iſt ſo weit, und das Kreuz laſiet ſo ſchwer, und der Hohn geißelt das
Herz in Wunden. Der Häſcher Schreien und Fluchen und Lachen ringsum füllt die leere,
endloſe Zeit und macht den Stolz ſo müde.
Der Mut verſickert in der Zeit, die ein Bündnis der Peiniger iſt.
Nur Golgatha ſehen, um zu wiſſen, daß hier des Leidens letzte Stunden ſind. Daß
hier Erlöſung wartet, und in der Nacht des Sterbens der Schmerz und der Hohn erſtickt
und die gierige blutdürſtige Neugier, die nicht warten kann, bis der Schmerz der Gepeinigten
zu lachendem Irrſinn wird.
Nur Golgatha ſehen, um den letzten Mut zu ſammeln, den letzten Stolz um verächt=
lich
geſchwungene Lippen zu ſpiegeln und die Kraft zu haben, das Kreuz zu tragen bis zu=
letzt
und nicht inmitten von Haß und Hohn zuſammenbrechen.
Nur Golgatha ſehen, um groß und aufrecht ſierben zu können!
Trage, deutſches Volk, dein Leid in Kraft und Stolz bis zu deinem Golgatha, über
deſſen ragende Kreuze die Sonne des Oſtertages leuchten wird!

Im Antlitz der Menſchheit prägen ſich zum diesjährigen
Oſtertag deutlich die grauenhaften Züge des Selbſtmörders aus.
Es gibt auch lachende Selbſtmörder. Der von allen widerlichſte
Typ. Die Seele ſtarb ſchon längſt, was liegt am Leibe? Er iſt
bereits Leichnam, nur die Verweſung fehlt noch.
Dennoch , es ſprach einmal einer: Ich lebe, und ihr ſollt
auch leben! Und wer an mich glaubt, der wird nimmermehr
ſterben! . . . Wer’s glaubt, der hat’s! Denn Oſterglaube iſt
Haben und Leben.
*
Aus langem Schlaf erſteht neu die Natur. Immer und immer.
Lehrt ſie uns nicht, daß jeder Nacht ein Tag, jedem Dunkel ein
Licht, jedem Schlaf ein Erwachen, jedem Tod ein Erlöſen, ein
Erwecken folgt? Glauben! Glauben auch an deutſchen Volkes
Erlöſung, an eine deutſche Zukunft: das Oſterfeſt ſoll ſo uns
feſtigen den Glauben und die Hoffnung!

Das Haar der Maria Magdalena.
Von Wilhelm Lennemann.
Unter dem Kreuze Chriſti knieten die Frauen, die er lieb
hatte, und weinten in dumpfer, ratloſer Verzweiflung ihren
Jammer in ſich hinein. Und Hoheprieſter und Schriftgelehrte
ſtanden da, und ihr Triumph ſchaute unter der Maske ſicherer
Ruhe und eitler Gerechtigkeit, mit vornehmem und ſtolzem
Schweigen auf den Gekreuzigten. Und weiter harrte das Volk:
Gaffer und Neugierige, Sucher und Sehnende, Nationaliſten und
Römlinge in buntem, wirrem Gemiſch. Und ein Fragen und
Bangen, ein Hoffen und Harren, zumeiſt aber eine gaſſengemeine
Lüſternheit ſchwelten über der bunten Menge.
Und hoch über ſie alle wölbte ſich dunkelblau die Kuppel des
Himmels, und das helle Licht der Sonne fiel heiß auf die Ge=
kreuzigten
, die Männer und Frauen, die Gerechten und Ungerech=
ten
. Und das Kreuz ſchien wie ein Pfahl, wie eine Achſe, die in
die Mitte des blauen Gewölbes wies und Halt und Stetigkeit
der kreiſenden Welt gab.
lind immer noch ſchaute das Volk auf den Gekreuzigten. Der
aber ſchwieg; er hatte der Menge nichts mehr zu ſagen. Da
kehrten manche enttäuſcht und trauernd heim; die verletzte Neu=
gier
des Pöbels aber entlud ſich in ſchmähvollen Fragen.
Der Nazarener aber hing am Kreuze, wie ihn die Liebe ge=
heißen
und daran ihn der Haß geſchlagen.
Abſeits von dem wirren Getriebe ſaßen die Kriegsknechte,
Ihr hartes, rauhes Herz ſah unempfindlich auf Luſt und Leid,
die um das Kreuz wogten. Ihr Schwert kannte kein Mitleid,
und Blut und Mord Saren ihnen liebe Worte.
Nur einer der Söldner ſtand wie im wirren Traum. Um
Monde gingen ſeine Gedanken zurück nach Capernaum, wo er
im Fieber gelegen. Da war ſein Hauptmann zu einem Wunder=
täter
gegangen und hatte für ihn gebeten, und der hatte ihn durch
ſein fernes Wort geſund gemacht. Das war der Nazarener ge=
weſen
. Er hatte ihn hernach geſucht, aber es hieß, er ſei mit der
Menge nach Süden gewandert. Aber gar manche Wohltat und
viele Wunder waren ihm von dem Propheten erzählt worden.
Und manche hatten ihm bedeutungsvoll und heimlich zugeraunt,
das ſei der Meſſias! Und eine große Hoffnung hatte er heraus=
gehört
und eine wohlmeinende Warnung. Dann war er mit
ſeiner Kohorte nach Jeiuſalem auf die Burg verſetzt worden,
und hier nun traf er wieder mit dem Wundermanne zuſammen,
der hing nun hier am Kreuze wie ein Verbrecher.

Biſt du Chriſtus, der Sohn Gottes! vernahm er den Hohn=
ruf
der Menge.
Nein, ein Gott war jener nicht! Und er dachte an die Götter
ſeiner Heimat, an Odin und Thor und Baldur.
Der Söldner ſchaute auf und ſah dem Gekreuzigten in das
leidvolle, gütige Geſicht. . . . Baldur!? murmelte er zweifelnd,
fragend.
Er ſchaute ſich bang um, ob da nicht Loki ſtehe, der ihn zu
Tode getroffen. Aber nein, der hier am Kreuze hing, war ja von
den Menſchen gefangen und nach gehörigem Gerichtsverfahren
ans Kreuz geſchlagen! Der war kein Gott!
Hier, Marcus, die Würfel! Es geht um den Mantel! rief
ihm ein Kamerad zu
Gleichgültig nahm der Germane die Würfel und warf ſie hin.
Er ſah nicht einmal darauf. . . . Da ſprangen die Söldner lär=
mend
auf. Einer warf ihm den Mantel vor die Füße. Nimm,
er iſt dein! und er wetterte ein böſes Wort dazu.
Wie im Traum hob der Germane das Gewand auf und
warf es über die Schulter. Da flimmerte ein goldig Lichtlein
über das Tuch. Leiſe fuhr die Hand dahin. Ein helles Frauen=
haar
hielt ſie zwiſchen den Fingern.
Sinnend ſah der deutſche Söldner darauf.
Ein Mäd=
chenhaar
auf dem Gewande des göttlichen Propheten! Und aus
Traumesdunkel hoben Ahnen und Vermuten liebe Bilder, die
ihn ſelbſt freuten, und er lächelte dazu. . . .
Er ſchaute den Gekreuzigten an, und er meinte, deſſen Blick
ruhe mit einer ſeligen Vergeſſenheit auf ihm und dem Mantel
mit dem goldigen Haar. Ob auch jener Nazarener der Stunde
gedachte, die dies Haar gelöſt hatte?
Volk ſtand zwiſchen ihm und dem Gekreuzigten. In Glut
und Brand reckte ſich das Holz zum Himmel. Und ſtumm hing
der Nazarener. Nur ſeine Augen gingen in dem liebevollen Ver=
zeihen
über das Volk und ſenkten ſich zu der Gruppe vor dem
Kreuze.
Und immer war’s dem Germanen, als ſchaue ihn der Chri=
ſtus
mit warmen, heiſchenden Augen an, als leſe er in ſeiner
Seele und ſtrafe ihn ob der Trugbilder, die ihm das Haar vor=
gezaubert
hatte.
Mit aufmerkſamer Sorgfalt legte er da das Haar, das er noch
immer zwiſchen den Fingern hielt, wieder auf das dunkle Tuch.
Und immer ſah er die beredten Augen des Gekreuzigten:
Wahre mein Erbe, es iſt ein heilig Gut!
War das Wort geſagt, oder hatte es nur ſein Ohr ver=
nommen
!

Das Wunder des Werdens.
Es iſt noch nicht Frühling.
Dunkle Wolken hängen
wie ſchwarze Fahnen tief herab, beſchattet iſt das Land, und der
Wind iſt ſchwer im dumpfen Rätſelraunen dunkler Schickſals=
ahnung
. . . es iſt noch nicht Frühling, mein Volk. . . ."
In dieſen Tagen aber iſt ein braunes Warten in den Wäl=
dern
, und der Knabe ſteht immer noch am Gartenzaun und ſchaut
hinüber über braune, grüne Flächen der Felder zu den Hügeln,
die wie feierlich im Abend ſtehen es iſt ein Geheimnis in
dieſen Dämmerungen wie eines leiſen Geſchehens . . . und eines
Kindes Seele fühlt, ohne zu wiſſen das ſeltſame Wunder des
Werdens , denn es iſt das Wunder dieſer Zeiten, daß aus den
dunklen Verborgenheiten der Erde das Leben ſteigt, daß dunkle
Kraft aus den Gräbern er=
wachend
Licht wird in erſten
Ra
Blüten.
OM
Schneeglöclchen verſchwenden
Ra
Ja
ſich in ihres Blühens Fülle,
K
goldbrokaten leuchten Narziſſen
K
aus dem Grau des Raſens,
Seidelbaſt tränkt mit leis be=
K
täubendem Duft die Luft
und ein gelber Schmetterling
ſchwebt wie erdgelöſte Krokus=
blüte
zwiſchen den Kätzchen
der Haſelſträucher . . . und im
leisgeflockten Schnee des Schleh=
dorns
hüpft die Amſel, indes
die Lerche tirilierend ihre Lie=
der
an den Himmel kränzt. Ein
Ahnen liegt über dem Land,
einer verhaltnen Sehnſucht
ſcheues Freuen und der
Knabe ſteht noch immer an dem
K.
Gartenzaun: Am Horizont über
jenen Bergen iſt ein Streifen
Abendrot, und die leichten Wol=
ken
ſind erglüht in dieſes
Abends tröftlich=mildem Son=
nengruß

Und ob auch noch nicht Früh=
ling
iſt, Seele, ob auch der
Kreuzestage. Sterbemelodien
noch durch deine Trauer ziehn:
In Abenden des ſchwarzen

Fahnenwehens ſchauſt auch du
Ge
von jenen Bergen in das ſchöne
Jenſeitsglühn.
3
Iſt es nicht das Wunder

aller Wintereinſamkeit, daß der
D
O3
Quelle Lied (des Frühlings
Ra
leiſes Lied) in tiefſter Wieſen=
Lrg
Ja
ſchlucht doch nie und nie ver=
Si
ſtummt? Iſt nicht der Sinn
Ku
der letzten Not, tiefſten Not
OP
Ka
die Wandlung? Iſt nicht
F3
O
alles Lebens Sinn das Reifen
der Erfüllung?
Ob noch nicht Frühling iſt,
mein Volk: Es dämmert in den Jenſeitsbergen, es bricht das
Eis der Winternacht auch deiner Not, warte nur, ſchon wird es
in den Wolken rot, o, es wird ſein, daß auch deiner Wartenot
nach ſchwerer Nacht und Sorge Oſtern tagt.
Die dich ſehnen und ſuchen, o mein Vaterland, denen biſt du
gegenwärtig immerdar in deiner geiſtigen Wirklichkeit und
ewigen Schönheit. Deutſchland, unſichtbare Gemeinſchaft der
Geiſtigen, daß die Zahl der Deutſchen deines Volkes wachſe, daß
du wirklich werdeſt in den Seelen der Millionen, daß du auf=
erſtehſt
aus den Bergen deiner Not zu deines Weſens einſtiger
Herrlichkeit und Schönheit. Denn das Wirkliche iſt im letzten
Sinn immer nur die Seele Deutſches Volk, daß dir aus
deiner tiefſten Not ein Auferſtehen werde zu deines tiefſten
Weſens Wirklichkeit. Wenn auch noch einmal Hagelſchauern die
Welt verwandeln: dies Drängen aus den Tiefen iſt nicht zu hal=
ten
o, es iſt Oſtern, es iſt Frühling, mein Volk.
E. B.

Aber nun ſprach der Nazarener: Siehe, das iſt deine Mut=
ter
! Siehe, das iſt dein Sohn!
Mit fragendem Erſtaunen ſah er den Gekreuzigten an: Wem
ſollte er Sohn, wer ſollte ihm Mutter ſein! Da war niemand in
Judäa, dem er nahe ſtand, und ſeine Eltern in fernem Lande
zwiſchen Rhein und Elbe waren lange geſtorben!
Seine Mutter! Die hatte auch ſolch licht=gelbes Haar ge=
habt
! Und ihre Liebe und hütende Sorgſamkeit ſtanden vor ihm.
Erinnerungen umwehten ihn, und ſeinem Herzen wurde wohlig
und warm.
Seine Hand ging zart und weich über das Haar auf dem
Tuch, und er meinte wohl, er fahre liebkoſend über das Haupt
ſeiner alten Mutter.
Und nun ſollte ihm hier eine Fremde Mutter ſein!
Gedanklich ſah er nieder. Das Haar blinkte und grüßte
golden.
Die Frau, der
Gewißlich der Chriſtus, deſſen Erbe er angetreten hatte,
wollte ihm auch die Fürſorge für die Frau übertragen, deren
Liebe ihm gegolten hatte! Nun erheiſchte er von ſeiner Dankbar=
keit
einen Dienſt für die Geſundung, die ihm ſein Wunderwort
gegeben hatte!
Mutter! murmelte er in Einfalt und Ergebung, und ſeine
Augen gingen über das blonde Haar.
Und dann ſchaute er voll und bejahend und froh, einer Auf=
gabe
begnadet zu werden, den Heiland an. Und ihm war’s, als
neige der verſtehend und lächelnd ſein todmüdes Haupt.
Und dann klopfte es eines Abends hart an das Haus, der
Maria Magdalena. Da ſie die Tür aufmachte, fuhr ſie erſchrocken
zurück: Ein römiſcher Kriegsknecht ſtand davor.
Der ſah ſie einen Augenblick an, dann flog ein froh Erken=
nen
über ſein Geſicht: Du biſt’s, die ich ſuche. Und nun fürchte
dich nicht, Maria, ich komme von deinem Herrn! Und er erzählte,
was ihm unter dem Kreuze begegnet und welcher Auftrag ihm
geworden war. Und er wies zum Zeichen den Mantel mit dem
goldenen Haar.
Da ſenkte Maria in Demut ihr Haupt: So haſt du’s ver=
ſtanden
, das Wort des Herrn ſei uns heilig!
Und die fromme Legende erzählt dann weiter, daß Maria ihn
wirklich als ihren Beſchützer aufgenommen und ihn in allem
unterwieſen habe, das ſie von ihrem Herrn gewußt, und daß
dieſer Germane der erſte Heide geweſen, der von dem Apoſtel
Paulus getauft worden ſei.

[ ][  ][ ]

Nummer 13

Von Ernſt Edgar Reimérdes. (Celle.)
Nachdruck verboten.
* Unter den geiſtlichen Dichtungen des Mittelalters neh=
men
die Oſterſpiele, jene Gattung des Dramas, welche auf
liturgiſchem Untergrund entſtand, einen wichtigen Platz ein.
Zu der Zeit, als die ritterliche Dichtung bereits in Verfall
geriet, gewannen die geiſtlichen Spiele zugleich mit dem Auf=
blühen
der Städte an Bedeutung, denn nur dort, wo große
Volksmaſſen zuſammenſtrömten, war deren gedeihliche Entwick=
lung
möglich. Die altchriſtliche Oſterfeier, welche in der Nacht
auf Oſterſonntag in den Kirchen abgehalten wurde und erſt mit
Sonnenaufgang unter dem jubelnden Halleluja der Gemeinde,
nachdem ſie vom Geiſtlichen den Oſterkuß empfangen hatte, ihren
Abſchluß fand, enthielt bereits ſtarke dramatiſche Elemente:
Weihe des neuen Feuers, Segnung der Oſterkerze und des Tauf=
tdaſſers
für das ganze Jahr, Modellierung der Oſterlämmer aus
Wachs. Von dem richtigen Gedanken ausgehend, daß die
Paſſionsgeſchichte dem Volke, verſtändlicher würde, wenn man
ſie ihm in dramatiſchen Handlungen vorführte, bewirkte man
die Umwandlung der rein gottesdienſtlichen Vorgänge, verbun=
den
mit den Reſponſorien, in mimiſche Darſtellungen. An=
fänglich
waren die Texte der Oſterſpiele, wie die aller kirchlichen
Spiele, die urſprünglich nur von Geiſtlichen aufgeführt wurden,
in lateiniſcher Sprache abgefaßt und erſt allmählich hat man
ſie verdeutſcht. Das geſchah zunächſt nur mit einzelnen Geſang=
ſtellen
wie mit dem Liede Chriſt iſt erſtanden, das die ganze
Gemeinde mitſang, bis man endlich im 14. Jahrhundert das
Latein völlig ausmerzte. Die Verfaſſer dieſer Spiele waren
hauptſächlich Geiſtliche, deren Namen uns nur in wenigen
Fällen überliefert worden ſind. Die Texte wurden entweder
jedesmal neu abgefaßt, oder ſie hielten ſich mit kleinen Verände=
rungen
auf Grund mündlicher Ueberlieferung. In ſpäterer
Zeit benutzte man ältere Spiele immer wieder, arbeitete ſie um,
ergänzte ſie und paßte ſie den örtlichen Verhältniſſen an. Des=
halb
iſt eine auffallende Aehnlichkeit zwiſchen den verſchiedenen
Oſterſpielen vorhanden, ſodaß man auf ein gemeinſames Ur=
bild
ſchließen möchte. Häufig ſtellen die Spiele das ganze
Leben Jeſu dar, einige fangen ſogar mit der Schöpfung und
dem Sündenfall an und führen, indem ſie ſämtliche meſſianiſche
Weisſagungen zum Gegenſtand einzelner Szenen machen, das
ganze Heilswerk der Erlöſung den Zuſchauern dor. Zur Dar=
ſtellung
zog man im Laufe der Zeit auch Laien heran, bis ſie
ſchließlich ganz in die Hände der Bürger überging. Neben dem
rein bibliſchen Element kamen allmählich auch weltliche Szenen
(Prügel= und Hinrichtungsſzenen uſw.) häufig recht draſtiſch=
komiſchen
Inhalts in die Spiele hinein, ſo z. B. der Wettlauf
zum Grabe zwiſchen den Apoſteln Petrus und Johannes und
vor allem die Zwiegeſpräche zwiſchen dem Gärtner und ſeiuem
Knecht oder den Frauen und dem Salbenkrämer, der als Markt=
ſchreier
und quackſalbender Arzt jener Zeit dargeſtellt wurde.
Die Juden verſpottete man in den Spielen oft auf grauſame
Weiſe, was Veranlaſſung zu den vielen Verfolgungen derſelben
im 15. Jahrhundert gab. Weiterhin machte man aus den wacht=
habenden
Kriegern am Grabe Chriſti häufig komiſche Figuren
ruhmredige, im Grunde genommen aber ſehr furchtſame Helden.
Eine große Rolle ſpielte auch der Teufel als Spaßmacher. Im
übrigen lehnten ſich die Spiele an die Vorgänge der heiligen
Schrift an, doch machte ſich ein ſtarker Naturalismus geltend.
Das Leben mit all ſeiner Dürftigkeit wurde dargeſtellt: Joſeſ
als armer Schuſter uſw. Pilatus trat als mittelalterlicher Fürſt
auf, der weder leſen noch ſchreiben konnte. Sogar mit Kanonen
wurde geſchoſſen, obwohl ſolche überhaupt nicht zur Handlung
daßten. Dieſer Hang zur Verweltlichung machte ſich beſonders
ſeit dem 15. Jahrhundert geltend, wo die Oſterſpiele mit den
damals bereits weit verbreiteten Faſtnachtsſpielen gewiſſermaßen
in unlauteren Wettbewerb traten. Dieſe Oſterſpiele, bei denen
häufig 300 Darſteller und mehr mitwirkten, waren ſo lang, daß
ihre Aufführung oft 34 Tage beanſpruchte. Da der Volks=
humor
einen immer größeren Raum darin einnahm und die
heiligen Vorgänge in den Hintergrund drängte, ſo verlegte man
die Spiele ſchließlich auf die öffentlichen Plätze der Städte, wo
ſie böllig verweltlicht wurden und entarteten. Natürlich durfte
die Geiſtlichkeit ſich nicht mehr daran beteiligen. Trotzdem haben
ſie ſich außerhalb der Gotteshäuſer noch lange gehalten. Das
letzte Oſterſpiel iſt (nach Joh. Scherr) 1803 in Schwäbiſch Gmünd
aufgeführt worden. Wie ſchon angedeutet, ſind uns die
Verfaſſer der meiſten Oſterſpiele nicht bekannt, letztere erhielten
zum größten Teil ihre Namen nach den Orten, wo die Manu=
ſkripte
entdeckt wurden, nicht, wie man bisweilen glaubt, nach
den Städten, wo ſie aufgeführt worden ſind. Die bekannteſten
Oſterſpiele ſind: Das Alsfelder=, Egerer=, Landauer= (1324)
Tiroler= (von Vigel Raber, das 7 Tage dauerte), Urher (nach
1250 entſtanden) und vor allem das Redentiner= oder auch Meck=
lenburger
Oſterſpiel aus dem Jahre 1464, das einzige unter vie=
len
, welches vollſtändig auf uns gekommen iſt. Die Handſchrift
dieſes Spiels befindet ſich auf der Staatsbibliothek in Karls=
ruhe
. 1918 iſt in der Handſchriftenſammlung des Osna=
brücker
Staatsarchivs das Bruchſtück (2 Pergamentblätter) eines
Oſterſpiels aus dem 14. Jahrhundert entdeckt worden, anſchei=
nend
das frühſte Beiſpeil eines mittelniederdeutſchen Oſterſpiels.
Jedenfalls iſt es bedeutend älter als das berühmte Redentiner
Oſterſpiel. Es handelt ſich bei dem unentdeckten Spiel um eins
der überaus ſeltenen Zeugniſſe des religiöſen Dramas auf nie=
derdeutſchem
Boden; wir haben hier keine Uebergangsform vor
uns, wie ſie ſich um die Wende des 13. und 14. Jahrhunderts
ausgebildet hatte. Das Osnabrücker Oſterſpiel hat eine durch=
aus
ernſte Tendenz, Szenen komiſchen oder burlesken Charakters
fehlen gänzlich. Die Mundart hat weſtfäliſchen Charakter nebſt

Was der Oſterhaſe brachte.
Erzählung von Magda Trott.
Vati, war der Oſterhaſe denn immer noch nicht da?
Vati, ich glaub, ich hab’n eben geſeh’n. Er hat in goldenes
Schwänzchen! Nicht wahr, Vati?
Doktor Wrobbel trat zu ſeinen Buben und dem blonden
Mädel, ſchaute ſeine Kinder mit einem freundlichen Blick an
und ſagte dann freundlich=ernſt:
Ihr müßt ſchon noch ein Weilchen artig warten. Der Oſter=
haſe
wird ſchon kommen. Aber nun geht aus Vatis Zimmer,
denn Vati hat noch zu arbeiten.
Tante Trudel hat doch geſagt, heut is: Feiertag! Oſtern!
Da muß niemand arbeiten.
Ganz recht, Bubi. Aber bei Vati iſt das was anderes.
Geht zu Tante Trudel und laßt euch ein Märchen erzählen!
Die beiden Kinder faßten ſich an den Händen und gingen
gehorſam davon. Aber ein klein wenig ließen ſie doch die Köpf=
chen
hängen. Sie hätten ſo gern hier in Vatis Zimmer auf den
Oſterhaſen gewartet.
Doktor Wrobbel vertiefte ſich wieder in ſeine Bücher. Aber
merkwürdig! Er konnte heute ſeine Gedanken nicht ſammeln.
War das der Feſttag?
Draußen läuteten die Glocken. Sie riefen die Gläubigen in
die Kirche, um das Feſt der Auferſtehung zu feiern.
der ſtattliche Mann, dem das Haar an den Schläfen ſchon
leicht ergraut war, ſtützte den Kopf in die Hand. Dann hob
er den Blick empor zu dem Bilde, das über dem Schreibtiſch
hing.
Auferſtehen! murmelte er. Du biſt tot. Für unſer Glück
gibts keine Auferſtehung mehr.
Nur fünf Jahre lang war Ellen ſein Weib geweſen, dann
hatte ſich ein anderer in dieſes Glück gedrängt, der Tod. Ganz
plötzlich war er gekommen, hatte der jungen blonden Frau nicht
einmal Zeit gelaſſen, von dem Gatten Abſchied zu nehmen.
Obivohl die Ehe eigentlich eine glückliche war, hatte etwas
zwiſchen den Ehegatten geſtanden, für das niemand die rechten
Vozt fand. Ellens jüngere Schiveſter war zu Gaſt geweſen.
berußes Lacen, ier ſilberhelles Stimmchen duar überaſl

1Lerhagsblalt und Frauenzeitung
Einſchlägen des niederfränkiſchen Dialekts, wie man ihn gegen=
wärtig
noch in der Provinz Limburg (Belgien) hört. (Das auf=
gefundene
Bruchſtück umfaßt 229 Verſe auf 11 Szenen verteilt.)
1189 ſoll vor Kaiſer Friedrich Barbaroſſa ein lateiniſches Oſter=
ſpiel
des Mönchs Werinher von Tegernſee aufgeführt worden
ſein, das für das älteſte derartige Spiel gehalten wird.
(Im engen Zuſammenhang mit den Oſterſpielen ſtehen die
Paſſionsſpiele, deren Handlung die Grablegung Jeſu abſchließt.
Es fei hier nur auf das Benedictbeuerner= (um 1300 entſtan=
den
), Bozener= (1514), Donaueſchinger= (aus der 2. Hälfte des
15. Jahrhunderts), Frankfurter=, Mittenwalder=, Sterzinger=
Paſſionsſpiel (1496) und ſchließlich auf die Paſſion und Auf=
erſtehung
Chriſti des Angsburger Meiſterſängers Sebaſtian
Wild hingewieſen, eines Rivalen von Hans Sachs, neben dem
er großen Beifall gefunden haben ſoll. Eine Sonderſtellung
unter den Paſſionsſpielen nimmt das Oberammergauer ein
1634 zuerſt aufgeführt), das angeblich aus Augsburg ſtammt,
von wo ſich die geiſtlichen Spiele, über zahlreiche Ortſchaften
Bayerns verbreiteten. Zwar wird in den in Oberammergau
zur Zeit der Feſtſpiele feilgebotenen Schriften behauptet, daß
das dortige Spiel eine Erneuerung des mittelalterlichen ſei,
was ein Irrtum iſt. Allerdings ſind noch kleine Stücke aus dem
Mittelalter herübergerettet worden, im allgemeinen aber ſtammt
der Text aus neuerer Zeit; er wurde verſchiedentlich umgeſtaltet.
Auch die Bühne mit ihren modernen Einrichtungen und Effek=
ten
hat nichts mit der Einfachheit des mittelalterlichen Schau=
platzes
gemein.
Daß die Oſterſpiele nicht ausſchließlich in den Städten auf=
geführt
worden ſind, ſondern, allerdings ſelten, auch in Dörfern,
bezeugt der Straßburger Thomas Murner (14751537) in
ſeinem Ulenſpiegel: Es iſt Gewohnheit hier, daß die Bauern
allwegen zu dem Oſtern in der Nacht ein Oſterſpiel halten, wie
unſer Herr entſteht, dem Grab uſw. Durch die
Reformation wurden die geiſtlichen Spiele im Norden faſt völlig
verdrängt und auf den katholiſch gebliebenen Süden beſchränkt.

Kulturgeſchichtliche Plauderei
von Dr. Johannes Kleinpaul.
Wenn der Winter ſeine Rolle ausgeſpielt hatte und der
Frühling ins Land zoy, wenn gleichzeitig auch die langen Faſten=
wochen
endlich vorbei waren, gab es ein allgemeines Wiederauf=
leben
. Daher iſt’s kein Wunder, daß das Auferſtehungsfeſt, früher
viel mehr als jetzt, als ein Freudenfeſt begangen wurde. Damals
herrſchte noch natürliches Fühlen. Es war in erſter Linie Auf=
erſtehungsfeſt
der Natur, die nicht nur dem Auge neue Reize, ſon
dern auch für den Tiſch neue, lange entbehrte, hochwillkommene
Gaben bot. Da jauchzten die Herzen auf, und in urſprünglicher
Art taten ſie das nicht leiſe.
Schon den Sonnenaufgang am Oſterſonntagmorgen durfte
niemand verſchlafen. Jeder wollte ſehen, wie da die Sonne drei
Freudenſprünge tat, oder in der Lauſitz und in der Mark
Brandenburg das Oſterlamm in ihr erkennen; Langſchläfer
wurden geweckt, indem man ſie mit Ruten dem Birkenhäns=
chen
aus den Federn trieb und ihnen dann wohl gleich im
nächſten Bach oder Tümpel ein Bad bereitet, Oſterwaſſer ſoll ja
beſendere Wirkung tun. So war man früh auf den Beinen, und
die jungen Beine wollten ebenfalls ſpringen. Nahe bei Iſerlohn
ſtand bis ins 18. Jahrhundert eine alte Eiche, die von ſieben
Erklöchern umgeben war. Dorthin zog die ganze Einſvohner=
ſchaft
am Oſterſonntagmorgen, jeder faßte den Baum und machte
die ſieben Sprünge‟. Wer alle ſieben Löcher traf, glaubte, daß
ihm zum mindeſten noch ſieben Lebensjahre beſchieden wären
oder wofern er ledig war , daß er in dieſer Zeit eine Frau
bekommen würde.
Dieſes Oſterwecken geſchah allenthalben mit viel Lärm.
Mit Knarren und Ratſchen weckte man die Natur, ſofern ſie noch
nicht von ſelbſt erwacht war, trieb den Winter, den Judas
aus, hinter dem ſich die Geſtalt Donars, des heidniſchen Früh=
lings
= und Sommergottes, verbirgt. Derartiges ſpielte bis in
die Kirchen hinein. Hier wurden während der Paſſionszeit Lie
Quempaslieder geſungen, deren erſtes mit den Worten begann:
Vuer pastores laudavere,
Den die Hirten lobten ſehre
Und die Engel noch viel mehre‟.
daher der ſeltſame Name. Gleichzeitig wurde in dielen Gemein=
den
jede Woche ein Salve=Gottesdienſt gehalten, was auf die
Paſſionslieder des heiligen Bernhard von Clairvaux zurückging,
die ſämtlich mit dem Worte Salve (ſei gegrüßt) beginnen.
Eins derſelben Salve caput eruentatum hat Paul Gerhardt
in O Haupt voll Blut und Wunden umgedichtet. Nach dem letz=
ten
Salve wurden die Kinder, bis zu den mitgebrachten Säug=
lingen
herab, von den Geiſtlichen mit einer Salde=Brezel be=
ſchenkt
, ſchon das iſt ein Beweis, daß es bei dieſen kirchlichen Feſten
nicht nur feierlich zuging. Ein weiterer, daß es ſich davon her=
ſchreibt
, daß bei feſtlichen Anläſſen Salven und Salutſchüſſe
(letztere aus Kanonen) abgefeuert werden, während der April=
narr
den man zu Beginn des Oſtermontags in den April
ſchickt wieder auf allerlei Scherz und Hänſelei beim Oſter=
wecken
zurückgeht.
Ein anderer großer Moment des Oſtergottesdienſtes war es,
wenn der Geiſtliche das Hallelujah anſtimmte, in das die
ganze Gemeinde in vollem Chor einfiel, wonach das Oſterfeſt
auch hier und da das Hallelujahfeſt genannt wurde. So war
Jubelſtimmung allenthalben, und dieſer Luſt trugen die geiſt=
lichen
Herren auch weiterhin Rechnung. Die ganze Oſterwoche
hielt das an. Schon am Palmſonntag begann es. Da wurden
im Geſchmacke früherer Zeit feierliche Prozeſſionen durch
den ganzen Ort veranſtaltet, bei denen die Palmeſel die größte

Jahrgang 1923
Nolle ſpielten. In Erinnerung daran, daß der Heiland auf einem
Eſel ſeinen Einzug in Jeruſalem hielt, wurde er von einent
Heiligtum zum andern geführt und an jedem ein feierliches Hoch=
amt
abgehalten. Die erſte Schilderung eines ſolchen Umzugs
findet ſich ſchon in der aus dem 10. Jahrhundert ſtammenden
Lebensbeſchreibung des heiligen Ulrich von Augsburg. Als
lebende Eſel in unſern Landen ſeltener wurden, erſetzte man ſie
durch ſolche aus Holz, und es galt als eine große Ehre, ſie zu
ziehen oder wohl gar zu tragen; die angeſehenſten Bürger und
Ratsherren ſtritten ſich darum und hier und da trieb man es io
weit, daß man zu Ehren des Herrn Eſel (Eſel des Herrn) eine
Meſſe las und einen Hymnus ſang. Vergebens eiferten ſpäter
die Kirchenfürſten in ihren Hirtenbriefen dagegen; noch i. J. 1782
wurde der Palmeſel in Salzburg, noch i. J. 1800 in München
herumgeführt. Während des Umzugs wurde der Eſel, wenn
nicht gar der auf ihm ſitzende Heiland, mit Palmwedeln und
Weidenzweigen geſchlagen (angetrieben); wer ihn traf, nahmr
ein Stück von dieſen geweihten Zweigen mit nach Hauſe und
bewahrte ihn auf, denn das war zu allem möglichen gut.
Aehnliche Veranſtaltungen, oder ſolche anderer Art gab es
faſt während der ganzen Oſterwoche, die demzufolge keineswegs
eine ſtille Woche war, namentlich an ihrem Ende. Auch heute
noch ſind hier und da Gründonnerstags= und Karfreitagsprozeſ=
ſionen
üblich, jetzt meiſtens in den Kirchen, früher vorzugsweiſe
im Freien, bei denen man ſich im Moſelgau nicht nur der
Ratſchentrommel, ſondern ſogar eines Ratſchenkarrens be=
dient
, große, ungefüge Inſtrumente, mit denen man größtmög=
lichen
Lärm macht.
Noch Herzog Georg der Bärtige von Sachſen ſpendete zu
Anfang des 16. Jahrhunderts eine beträchtliche Summe, damit
in Freiberg, Meißen, Großenhain und anderen Städten ſeines
Landes an dieſen Tagen das ganze Leben und Leiden des
Heilandes in alter Weiſe dargeſtellt wurde, um die Gläubigen
bei der alten Lehre zu erhalten. In Freiberg nahmen dieſe Auf=
führungen
ſchon bald wieder ein Ende, indem bei einer ſolchen,
wie eine dortige Chronik ſagt, eins der vorderſten Schaugerüſte
duichbrach und eine teilnehmende Jungfrau, ganz entblößt,
zum Schauſpiel lange hängen blieb, in den andern Städten
ſchliefen ſie bald nach des Herzogs Tode infolge der Reformation
ein.
Bei alledem waren Ernſt und Schmerz bunt durcheinander=
gemiſcht
. Andachtsvoll ſtimmte das von mehreren Perſonen vor
geführte Geſpräch des Engels mit den Frauen (Matth. 28) am
Grabe Chriſti, ſehr derb geſtaltete ſich demgegenüber oftmals
der Wettlauf der Apoſtel zum heiligen Grabe (Joh. 20, 4), um
nur zwei einzelne Momente daraus anzuführen. Das früheſte
literariſch intereſſante Oſterſpiel iſt das in Tegernſee geſchriebene
Von der Ankunft und dem Untergange des Antichriſt in dem,
wie ſein Titel bezeugt, nicht ſowohl der Welterlöſer, ſondern der
Gottſeibeiuns (Donar) die Hauptrolle ſpielte. Ein anderes von
den klugen und törichten Jungfrauen, das Landgraf Friedrich
von Thüringen i. J. 1522 in Eiſenach aufführen ließ, zeigt eben=
falls
, worauf damals der Geſchmack ging.
Dasſelbe galt dann auch von der eigentlichen Oſterpredigt
am Auferſtehungstag. Nach den vielen Bußpredigten der Faſten=
zeit
war auch ſie ein Ausdruck der Freude, und wie man ſich eben
damals freute: der Heiterkeit. Da wurde von den Predigern
nicht nur der bibliſche Bericht erzählt und erklärt, ſondern durch
allerhand ſeltſame Schnurren und Schwänke gewürzt. In den
Schwankbüchern des 14. und 15. Jahrhunderts haben ſich viele
ſolche Märlein und Oſterpoſſen erhalten. Selbſt die Apoſtel
und Heiligen erſchienen darin oft als recht luſtige und liſtige
Leute. Auch an Anſpielungen auf das Alltagsleben fehlte es nicht.
So befahl einmal ein Prediger in Waiblingen nach dem Be=
richt
des Humaniſten Bebelius am Oſterſonntag in der Kirche,
alle Männer, die wirklich zu Hauſe das Regiment führten, ſollten
das Lied Chriſt iſt erſtanden anſtimmen. Die Folge war all=
gemeines
, verlegenes Schweigen. Da richtete er an die Frauen
die Aufforderung, es ſollten alle, die die Hoſen im Hauſe an=
hätten
den Oſtergeſang anſtimmen; ſofort ſetzte der Choral ein.
Da gab es dann ein ſchallendes Oſtergelächter, und ſo Lachen
und Jubel überall.
In einigen Gemeinden war es üblich, daß bei dem Myſte=
rum
von der Auferſtehung Chriſti einem Juden eine kräftige
Ohrfeige verabreicht wurde. War im Orte kein Jude vorhanden,
ſo mußte ſich ein Chriſt als ſolcher verkleiden und die Ohrfeige
in Empfang nehmen.
So hielten ſich Schimpf und Ernſt die Wage. An dieſen
Tagen galt, was Wackernagel i. J.. 1568 davon ſang:
Dank, lobſing’, wad Odem hat,
Friſch in Gottes Statt,
Niemand darf ſich beſchweren,
Bei dieſen Oſtermeren.
Auch der Prediger auf der Kanzel mußte einen witzigen, und
manchmal recht derben Zuruf aus dem Publikum ungeſtraft
hinnehmen. Es fehlte zwar an ernſten Männern nicht, die ſich
gegen dieſe ungeiſtlichen Sitten wandten. So ſchrieb Oekolam=
padius
in Baſel eine erregte Streitſchrift gegen dieſe Herabwür=
digung
des Gottesdienſtes, doch es dauerte noch bis in die zweite
Hälfte des 16. Jahrhunderts, ehe es gelang, das Gelächter end=
giltig
aus den Kirchen zu bannen. Außerhalb derſelben aber
wurde noch viel länger gelacht wie folgendes Oſtermärchen
aus Berlin beweiſt. Als i. J. 1827 Friedrich Wilhelm III. nach
glücklich verlaufener Heilung eines Beinbruchs zum erſten Male
wieder am hiſtoriſchen Fenſter ſeines Palais erſchien, warfen
eine Anzahl Berliner Rangen ihre Mützen in die Höhe und
ſangen mit Begeiſterung zu ihm hinauf:
Heil dir im Siegerkranz,
Unſerm König ſind die Beene wieder ganz.
Und der König lachte von Herzen.

zu hören. Ihr Lächeln war wie ein Knoſpenregen, das Strei=
cheln
ihrer Hände wie koſender Zephir. Wer ſie kennen lernte
der glaubte, der Lenz habe ſich verkörpert, man nannte ſie weit
und breit die ſchöne Zauberin
Und ihrem Zauber war auch Doktor Wrobbel erlegen. Es
war ein heißer Kampf, den er mit ſich ausfocht. Und doch war
über ihn eine Stunde gekommen, daß er dies märchenhafte Wun=
derkind
in ſeine Arme riß.
Er hatte dieſen Augenblick nicht mehr vergeſſen. Sekunden=
lang
hatte er die knoſpenden Lippen auf den ſeinen gefühlt, dann
aber hatte der Mund, der ſonſt nur lachen konnte, Worte der
Empörung, der Verachtung gefunden. Bereits am nächſten Tage
war Ines abgereiſt.
Er hatte ſeiner Frau alles geſagt, kein Wort des Vorwurfs
kam über ihre Lippen. Sie war ſeit jener Zeit nur noch etwas
ſtiller, ihre Augen hatten mitunter einen ſchwermütigen Glanz.
Ein Jahr ſpäter war ſie von ihm gegangen, hatte ihn mit
den beiden Kindern zurückgelaſſen.
Er war ein Einſamer geworden. Seine Bücher halfen ihm
über trübe Stunden hinweg, über Stunden, in denen er zwei
Frauengeſtalten vor ſich ſah, die eine, wie der ſtrahlende Mor=
gen
, die andere ſein Weib.
Er hatte von Ines nichts mehr gehört. Nur zur Beerdigung
war ſie für wenige Stunden gekommen. Kein Wort, kein Blick
war zwiſchen ihm und ihr gewechſelt worden. Ein Klopfen
an der Tür ließ ihn aus ſeinen Gedanken hochſchrecken. Es
war Tante Trudel, eine entfernte Verwandte, die der Witzver
nach dem Tode der Gattin ins Haus genommen.
Die Kinder warten auf die Oſtereier! Es iſt doch heut
Oſterſonntag. Sie wollen durchaus Eier ſuchen.
Er ging zu einem ſeiner Schränkchen und entnahm ihm
eine Düte: Hier ſind die Eier! Gib ſie ihnen!
Tante Trudel ſchüttelte den Kopf. Sie wollen die Eier
ſuchen, Rudalf! Möchteſt Du ſie nicht verſtecken?
Ich? fragte er erſtaunt.
Gewiß. Es macht den Kleinen nur halbe Freude, wen.:
ſie die Eier nicht ſuchen dürfen. Sie reden ſchon ſeit Wochen
davon, was alles ihnen der Oſterhaſe bringen wird.
Ein bitteres Zucken ging über ſein Geſicht. Was bringt
er denn Dirs Uind was bringt er mir?

Wir ſind keine Kinder mehr. Und doch, Rudolf. Das
Oſterfeſt bringt mir immer die Hoffnung auf beſſere Zeiten.
So?"
Es iſt doch nun einmal das Feſt des Erneuerns, die Erde
verjüngt ſich, auch Du ſollteſt Dich bemühen, das Oſterfeſt
zu verſtehen.
Er machte eine abwehrende Handbewegung. Hier iſt die
Düte. Wenn denn die Eier durchaus verſteckt werden ſollen,
ſo möchte ich Dich bitten, Dich dieſer Arbeit zu unterziehen. Ich
habe dazu keine Zeit.
Mit einem kleinen Seufzer nahm Tante Trudel die Düte
in Empfang und ging hinüber in die anderen Räume. . ."
Ein jauchzendes, füßes Kinderlachen ließ ihn aufs neue
von der Arbeit auffahren. Aus dem Nebenzimmer wars ge=
kommen
.
Tante, Tante, hierher hat der gute Oſterhaſe auch ein Ei
gelegt. Ach der gute, gute Oſterhaſe!
Es wurde Doktor Wrobbel ordentlich warm ums Herz. So
hatte er vor faſt dreißig Jahren auch gejubelt. . .
Mit unwiderſtehlicher Gewalt zog es ihn zu den Kindern.
Sie ſtürzten ihm aufjauchzend in die Arme, hielten ihm die be=
reits
gefundenen Eier entgegen, ſchwatzten wild durcheinander,
daß er kein Wort verſtand.
Dann ſuchten ſie weiter. Kein Raum war ficher. Balb
war der Bube hier, bald war das Mädel dort. Von Zeit zu
Zeit wieder der jauchzende Ausruf: Ich hab ſchon wieder ein
Ei vom guten Oſterhaſen.
Wie die Kinderaugen ſtrahlten. Und um dieſe Freude hätt
er ſich bringen wollen? Wenn ihm der Ofterhaſe keine wohl=
ſchmeckenden
Eier brachte, eines hatte er ihm doch geſchenkt: dieſe
Freude hier! Aus dem Nebenzimmer wurde ein knackendes
Geräuſch vernehmbar, dann die Stimme der kleinen Olga:
Uff! Hab ich mich erſchreckt!
Doktor Wrobbel ſchlenderte langſam hinüber in das Damen=
zimmer
. Da kniete die Kleine auf der Schreibtiſchplatte und
ſuchte in den Fächern nach Eiern. Aber bei dieſem Herum=
ſteigen
hatte der Fuß an eine der ſeitlichen Verzierungen ge=
ſtoßen
, hatte eine Feder berüſrt, ein Schubfach war aufgeiprun=
ſg
Lf
J KeIRer.

[ ][  ][ ]

Oſfern 1923.
* Mochten, auch die Frühlingsſtürme manchmal gar un=
gebärdig
an Fenſter und Türen rütteln, das Dach über unſerem
Haupt erbeben machen, ſie konnten trotz Eiſeskälte, die ſie noch
manchmal mit ſich brachten, doch nicht die ſtillbeglückende Zu=
verſicht
in uns ertöten, die ſo beſonders verheißungsvoll das
Dichterwort zum Ausdruck bringt:
Brauſt nur ihr Stürme, brauſt mit Macht,
Mir ſoll darob nicht bangen,
Auf leiſen Sohlen über Nacht
Kommt doch der Lenz gegangen.
Ja er iſt gekommen und bereit, auch unſer Herz von allen
drückenden Laſten zu befreien, die es während der vergangenen,
dunklen und ſonnenloſen Winter=, Sorgen= und Leidenstage
oft ſo hart bedrückten. Nehmen wir Frauen doch mit der
unſerem Geſchlecht eigenen beſonderen Empfindſamkeit nur zu
leicht alles viel ſchwerer, wie die Männer. Erblicken dort noch
düſtere Schatten, wo ſie längſt, mit ihrem Optimismus und
ihrem raſtloſen Vorwärtsſtreben Licht oder wohl gar Glanz und
Sonne ſchauen. Zu tief ſind wir Frauen meiſt vom engmaſchi
gen Netz hundertfacher Alltagsſorgen umſtrickt. Zu leicht laſſen
wir uns leider von ihnen in unſerer geiſtigen Regſamkeit, in
unſerem gläubig=vertrauensvollen Vorwärtsſtreben immer
wieder hemmen. Was bedeuten uns da in unſeren Sorgen
und Nöten jene verheißungsvollen Worte des Dichters, die uns
lichtere Tage, Befreiung von allen Laſten, kommende Frühlings=
und Sonmerfreuden verkünden möchten? Immier wieder drückt
uns einengender Peſſimismus in den alten Zuſtand hoffnungs=
loſer
Reſignation zurück, die jedes Aufatmen, jedes uns Bewußt=
werden
der noch in uns ſchlummernden Kräfte, der noch uns
innewohnenden Freude hindert.
Nun iſt aber Oſtern da. Das Feſt der Auferſtehung alles
diſſen, das wir für immer begraben, für immer abgeſtorben
wähnten. Jeder Sonnenſtrahl, der ins Zimmer dringt, jeder
Frühlingshauch, der unſere Stiru umfächelt, jeder friſchgrüne
Trieb, der uns vor die Augen kommt, jeder Vogellaut und nicht
zuletzt das Jubeln und lebensfrohe Lärmen unſerer Kinder
ſcheint uns mahnen zu wollen: Wach auf, der Oſtertag iſt da
Befreit euch endlich von der einſchnürenden Hülle der Sorgen
und Kümmerniſſe, die euch ſo lange am hoffnungsvollen und
frohen Aufatmen hinderte. Oeffnet weit die Augen, daß ſie
endlich die Wunder ſchauen, die ringsum der ſiegreich einziehend
Frühling vollbrachte. Werft hinter euch, was euren Lebensmut
euer Vertrauen auf eine beſſere Zukunft für euch und eure
Kinder immer wieder erſchütterte. Iſt euch doch noch unendlich
viel geblieben von dem, was einſt euer ganzes Glück bedeutete,
euch euren Angehörigen ſo ganz beſonders liebenswert machte.
Holt es hervor, weckt es zu neuem Leben, nun der Oſtertag ge=
kommen
iſt. Kräfte laſſen ſich nicht mitteilen, ſondern nur
wecken! wie Büchner ſagt. Aber ſie haben ja in euch auch nur
geruht, in euch vielfach unbewußt nur geſchlummert. Weckt ſie
entſchloſſen zu neuem Leben mit dem feſten Willen, euch ihrer
nun fortan ſtändig bewußt zu bleiben und ſie immer wieder zu
gebrauchen, wenn doch die alten Zweifel, die alte Mutloſigkeit
euch wieder niederhalten möchten. Laßt die Oſtermahnung,
ihr lieben Mitſchweſtern, nicht umſonſt in euer Herz dringen,
ſondern einen nachhaltigen Widerhall in euch finden, um euch
künftig kraftvoll alles deſſen erwehren zu können, was an neuen
Sorgen, Nöten und Kümmerniſſen euch die Zukunft vielleicht
nioch bringen mag.
E. Uh
Die Vorbereitung der Kinder für die Schule.
Bereits in den erſten Lebensjahren unſerer Kinder gibt es
im Hinblick auf den ſpäteren Schulbeſuch ſo mancherlei, zu
beobachten. Man ſoll vor allen Dingen dem Kinde die Schule
nicht ſchon vorher verleiden, ehe es in dieſelbe eintritt. Muß
es nicht ſeine beſten Jahre in ihr zubringen? Spielſchule und
Kindergarten ſollte man nicht in das Auge faſſen, wo das Kind
zu Hauſe zu ſeinem Rechte kommt und ihm der erſprießliche
Umgang mit gleichalterigen Kameraden nicht mangelt. Ich
habe häufig Eltern angetroffen, die ihr Kind in ſeinen erſten
Lebensjahren, wenn ſie es einmal recht wirkſam einſchüchtern
wollten, mit der Schule drohten. Andere ſtellten dem Kinde
gegenüber, das die Schule bereits beſuchte, dieſelbe hin als
einen Machtfaktor zur Unterſtützung und ſelbſt zur Ueberbietung
ihrer eigenen Gewalt. Das eine iſt ſo falſch wie das andere.
Daß die Schule im Notfall an das Haus appelliert, iſt durchaus

natürlich, aber nicht umgekehrt ſoll es ſein. Wo das Eltern=
haus
als äußerſte Inſtanz verſagt, da iſt es um die Schule, und
namentlich um das Kind, ſchlecht beſtellt.
Vor dem Eintritt in die Schule das Kind bereits etliche
Schulkenntniſſe erwerben oder es ſpäter durch häusliche Unter=
weiſung
dem Klaſſenſtandpunkt voraneilen zu laſſen, iſt verderb=
lich
; denn die erklärliche Folge iſt, daß das Kind gleich an der
erſten Erörterung dem ihm ſchon bekannten Lehrſtoff keine rechte
Beachtung ſchenkt. Nun müßte es aber ein ſchlechter Lehrer

Oſtern.

.. . Und die Welt wird von den blaſſen
Zeiten geneſen. Der ſtillen Schmerzenstage
nebelblaſſe Blüte hat ſich ausgeweint, und ſchon
hinter den Bergen geht in roten Himmels=
flammen
Oſtern auf: Das Leben ſiegt, Chriſti
Sonnenſchreiten aus der Nacht ins Licht.
Frühling wenn der Berge höchſte Spitzet
noch mit Schnee gedeckt ſind: In der warmen
Stube blühen Weidenzweige, und in ſtille
Stunde ſchwebt ein Ton golden in der Luft
fahren weiße Wolken über letzte Wellen Zeit
in die blaue Flut der anderen Schönheit.
Aber dennoch wird es ſein, daß noch ein
Sturmwind brauſi, der die Aſte und die mor=
ſchen
Bäume bricht: Daß in tiefem Grund=
akkord
des Seins aller Schmerzen bange Stim=
men
brauſen aber wenn in Abends weichen
Rot Tropfen an den Weidenzweigen leiſe glühen,
die Zeit geneſen aus der Winterkrankheit in
die ſiille Schönheit aufgeglühter Tage.
Frühling, wenn die weißen Glöckchen läu=
ten
, wenn die Veilchen bald ſchon blühn in
Gartenwinkeln, wenn in Oſtermorgens Däm
mern Lerchen jubeln:
Dann in einer Nacht hörſi du kriſtallner
Glocken Klingen dann warte leiſe, wenn
der Morgen kommt ſieht dich der Frühling an
aus blauen Kinderaugen, weich und klar er=
glüht
in reiner Schönheit Gottes.
Erich Bockemühl.

ſein, der die von ihm jahraus, jahrein behandelte Sache nicht
beſſer darzuſtellen wüßte, als ein Laie, der beſtenfalls ſeinem
Kinde mit dem Wiſſen aufwartet, das er, und wie er es vor
Jahrzehnten eingeheimſt. Mittlerweile haben längſt neue Wege
und beſſere Methoden in die Schule ihren Weg gefunden, und ſo
bedeutet es für das Kind entſchieden einen Verluſt, wenn die
häusliche Unterweiſung jener, durch den Lehrer in der Schule zu
gebenden, etwa den Eingang erſchwert oder gar verſperrt.
Gut aber iſt es dem Kinde immer wieder und wieder ein=
zuſchärfen
, daß es bei der allererſten Durchnahme ſeine Aufmerk=
ſamkeit
aufs höchſte anſpanne, ſo daß es imſtand= ſei, zu Hauſe
einen möglich genauen Bericht darüber zu geben. Bei Wieder=
holungen
, die man etwa mit dem Kinde vornimmt, wird dieſer
Fehler verhütet. Hat außerdem das Kind einmal die Wichtig=
keit
der geſpannteſten Teilnahme am Unterricht erkannt, iſt ihm
die Ueberzeugung beigebracht, daß ſich der gute Schüler von
dem mittelmäßigen ſehr häufig nur durch den höheren Grad der
Aufmerkſamkeit unterſcheidet, daß dieſer Eigenſchaft weit mehr
noch als der Fähigkeit und dem Fleiß das regelmäßige gute
Fortſchreiten in der Schule zuzuſchreiben ſei, dann iſt dem
Kinde ein wahrer Talisman für die ganze lange Zeit der Lehr=
jahre
geſchaffen.
R. S.

Erſtaunt ſchaute Wrobbel darauf hin. Dieſes Fach war
ſelbſt ihm unbekannt. Er trat näher heran. Lauter Briefe lagen
darinen. Olly war längſt wieder davongelaufen, aber Doktor
Wrobbel ſtand noch immer am Schreibtiſch ſeiner Frau, las
Brief für Brief, und eine feine Röte ſtieg ihm dabei ins Geſicht.
Dann nahm er die Briefe an ſich, ging hinüber in ſein Zim=
yer
und ſchloß ſich ein.
Als er endlich wieder zum Vorſchein kam, lag ein verträum=
ter
Glanz auf ſeinem Geſicht. Und am Abend, als die Kinder
in den Betten lagen, als der Vater kam, um ihnen den Gute=
Nacht=Kuß zu geben, da ſagte er weich und zärtlich: Nun, wart
Ihr mit dem Oſterhaſen zufrieden? Sie jubelten ihm die Be=
jahung
zu.
Ja, das war dieſes Jahr ein lieber Oſterhaſe, ſagte er.
Auch Euerm Vater hat er etwas Schönes gebracht.
Auch Eier? forſchte Bubi.
Das große Glück.
Tante Trudel ſchaute forſchend auf den Vetter. Da nahm er
ſie am Arm und ging mit ihr ins Nebenzimmer. Dort legte er
einige Briefe vor ſie hin.
Ich reiſe in den nächſten Tagen zu Ines. Ich will ſie fra=
gen
, ob ſie die Stelle der Schweſter in meinem Hauſe und in
meinem Herzen einnehmen will. Sie liebt mich. Aber um der
Frieden meines Hauſes nicht zu ſtören, ging ſie von hier, gab
mir böſe Worte, obwohl ſchon damals ihr Herz nach mir
verlangte.
Wußte Deine Frau darum?
Ja. Die Schweſtern waren offen gegeneinander. Und
hier findeſt Du auch von der Verſtorbenen Aufzeichnungen.
Todesahnungen! Ihr letzter Wunſch war es, Ines an meiner
Seite glücklich zu wiſſen.
Warum kam Ines nicht?
Ein Schwur bindet ihr die Lippen. Sie ſchwur es der Toten,
daß ſie ſich nicht verraten werde. Und nun ſeine Stimme
wurde hell und froh, nun iſt der Oſterhaſe gekommen, und hat
auch mir eine köftliche Gabe gebracht. O Trudel, es iſt wirk=
lich
wahr: Du fröhliche, ſelige, gnadenbringende Oſterzeit! Das
Feſt der Auferſtehung iſt gekommen, auch für mich!

Oſter=Sonntag. ( Sieh, dein Herr iſt auferſtanden K Daß du konnteſt auferſiehn,
Aus der Sünde Haft und Banden O In die ſchöne Freiheit gehn. 9 Willſt du ihm dich nur ergeben; Streift er deine Ketten ab, * Und du ſiehſt dein altes Leben KG. Hinter dir als leeres Grab.
philipp Sbitta. L.

Das leere Abteil.
Novelle von Anna Kappſtein.
Der Zug fuhr ein. Die Ausflügler ſtanden und warteten.
Es war der erſte milde Vorfrühlingsſonntag. Die Frauen hatten
ihre Pelze gelüftet und ließen dünne weiße Bluſen unter den
Mänteln ſehen; die erſten Strohhüte wagten ſich hervor und die
erſten Schneeglöckchen.
Das junge Paar, Hand in Hand, lief den langen Zug auf
und ab, ein leeres Abteil zu ſuchen. Ein leeres Abteil, das war
das beſte Sonntagsglück.
Im hinterſten Wagen fanden ſie wirklich eins. Beider Augen
leuchteten auf. Das Mädchen war über die erſte Blüte hinaus.
Oder ließen nur die ſchmalen Wangen und der ein wenig ver=
härmte
Ausdruck ihrer Augen ſie älter erſcheinen als ſie war?
Trotzdem war ſie hübſch, nicht von der Puppenkopfſchönheit
herausgeputzter niedlicher Gänschen. Ihre Augen waren grau
ihre Haare von einem ſchlichten Braun, und der Schnitt ihres
dunkelblauen Jackenkleides, die Form ihres Hutes verrieten die
vor=vorjährige Mode. Das machte ſie zu einer unauffälligen
und dennoch vereinzelten Erſcheinung.
In ihren Zügen lebte ein Ausdruck ſeeliſcher Ergriffenheit,
eine dunkle laſtende Sehnſucht. Darin lag ihr Reiz=
Ihr Begleiter war ſo wenig wie ſie mit der kecken Eleganz
der raſch verdienenden heutigen Jugend gekleidet. Faſt hatte er
den Anſtrich eines Dorfſchullehrers. Aber ſeine Stirn war frei
und ſchön, und in ſeinen Augen glomm ein Licht, das mehr als
Sonnenſpiegel und flüchtige Liebesentzückung war.
Als ſie nebeneinander auf der Bank ſaßen und allein blieben,
ſchauten ſie einander beſeligt an. Und mit einer zarten innigen
Beweglng ſchlang er ſeinen Arm um ihre Schulter. Sie lehnte
lächelnd den Kopf zurück. So ſaßen ſie Wange an Wange, ge=
noſſen
eins die Gegenwart des andern, die zärtliche Nähe und
wußten eine Weile nichts zu ſprechen.
Denn es war ja alles ſchon ſo oft geſprochen worden die
Nor der Zeit, die ſie nicht für immer zuſamenkommen ließ, die
zwei Getreuen, die nicht wie viele Zugreifende und Unbeküm=
merte
ſich das Glück raubten, das in überlieferter und einwand=
freier
Form ſich ihnen nicht darbieten wollte, die Unabſeh=
barkeit
der Wartejahre, die noch vor ihnen lagen, bis der Muſiker
eine auskömmliche Stellung als Organiſt an einer Kirche gefun=
den
haben würde, der Zwang, in Nachtcafés und Tanzdielen
aufzuſpielen, um das Leben zu friſten, die Verführung, für
Geld die Seele zu verkaufen. Und inzwiſchen blieb ſie das
namenloſe Fräulein in fremden Haushaltungen, das die Kin=
der
hütete und den Tee reichte und der Dame die Bluſen bügelte.
Nun redete er doch auf ſie: Gib dieſe Stellung auf, in der
Du kein Geld erſparen kannſt. In einem Bureau verdienſt Du
das Zehnfache.
Ja, nickte ſie. Aber die Familie gibt mir Dach und Koſt
und Schutz. Wenn ich allein ſtände . . ."
Sie ſchwieg.
Gewiß, er begriff ſie. Sie hielt ſich feſt an dieſem Schutz in
Flucht vor dem eigenen Glückbegehren. Wenn ſie allein ſtände,

Der Dichter.
1. Das heilige Leid.
Nach den letzten Worten ſeines Buches ſah der Dichter noch
lächelnd ins unerkennbar Ferne, die Augen in ſich ruhend, wie
zurückblickend, langſam bewußt werdend des vollbrachten Aus=
gleichs
zwiſchen ſich und der Welt und da dies die Erfüllung
einer langen ſehnenden Sorge war, geſchah die Erglühung ſeiner
Seele, alſo daß er aufſtand (wie Chriſtus Gottes voll) wie tra=
gend
die Krone des Lichts. Er ging hinaus in den Tag der
ſtrömenden Menſchen, des wehenden Windes und der fahrenden
Wolken, den Tag ſeiner großen Liebe, da alle Dinge, Menſchen,
Tiere, Häuſer . . . alle Farben der Welt ihm beſonders erſchie=
nen
, als ſtrahle er ſeine Beglückung gegen ſie, ehe ſie ins Be=
wußtſein
ſeines Sehens kamen. Sodann ließ er ſich unſichtbar
drängend führend durch die Stadt bis hinaus zwiſchen die Gär=
ten
und in die große Breite der wogenden Reifefelder des freien
Landes, und er ſegnete dieſen Tag der rauſchenden Stimmen,
Aber es geſchah, da er aufſtand, heimzugehen, daß er zwei Männer
des Weges kommen ſah, die er kannte, u d daß ſeiner Seele ein lei=
ſes
Zittern ward in der dunklen Stille, die wie eine Verlaſſenheit
ihn ängſtete, und daß er ihnen auswich, den Weg in den Wald
und ſeitwärts im Gebüſch ſich verſteckte, bis ſie weit vorüber
waren. Es kam ihm aber die Frage: Warum dies? Und er
gewahrte ſeine unendliche Einſamkeit unter den Menſchen, und
indem er ſich ſeines Buches erinnerte, wußte er, daß es nie=
mand
lieben werde. Sie leben alle in des Reichtums Enge, ob
ſie ſind arm oder reich es bleibt ihnen verborgen der Armut
ſtrahlende Gottesfülle . .. deine unendliche Schönheit, mein
Gott, ſprach er mit feuchten, weltſpiegelnden Augen . . . und
die Hand auf ſein Herz legend, als müſſe er das leiſe Glühen
einer ſeligen Gewißheit bewahren, nun heimgehend durch das
Gewirre der Menſchen der Stadt, ward es ihm wie Chriſtus,
alſo daß die Traurigkeit ſchwer auf ihm laſtete, als ob er trage
die dunkle Krone des Leids,

2. Der Morgen des Lebens.
Hinter dem Haufe des Dichters aber war ein Garten mit
alten dunklen Bäumen voll raunender Stille im Abend und
unter hängenden Zweigen eine Bank, da er verborgen war vor
allen Menſchen wie vergraben, vergeſſen in Einſamkeit. Und
es geſchah, daß er, obwohl er nicht wußte, ob er geſchlafen
hatte, eine Helligkeit über ſich erkannte und darüber ſinnend ihm
das Bild bewußt ward eines erlebten Traumes: daß fern,
immer ferner grau flutender Meeresfläche ein Licht ſich hob,
ein Segel fahrend näher kam, das wie Flügel ward einer weißen
Geſtalt, die durch den Garten ſchritt und die Dunkelheit ſeines
Grales erleuchtete. Und Worte wurden ihm bewußt: Es iſt
alle Gegenwart unendlich, es iſt alles Same in die Unendlich=
keit
. . . es iſt aller Horizont Blick der Zeit. Deine Augen ſind
geſtorben, und es iſt aufgetan in dir der Blick deiner Seele. ..
Und ſiehe, es ward, daß er ſeines Körpers Schwere nicht mehr
fühlte, daß eine unendliche Liebe ihn durchtränkte . . und als er
in ſein Haus zurückging, war er aller Welt wie ein Geſchenk ge=
geben
, wie eine währende Bereitſchaft aller Not, Sehnſucht aller
verborgenen Liebe.

3. Der Tod des Dichters.
Da der Dichter geſtorben war, trugen ihn vier Freunde hin=
aus
in ſeinen Garten. Und es war, ob Augen und Mund auch
geſchloſſen, dennoch ein letztes Lächeln über ſeinem Geſicht ge=
blieben
wie eines weißen Scheines . . . und es war kein Weinen
um ſeine Leiche, ſeinen Sarg, mit roten Roſen überhängt,
ſenkten vier Freunde in ſein Grab, darüber im Frühling ein
Fliederbaum im feuchten Abend duftete, wenn der Park im Heer
der Nachtigallen aller Welt unendliche Liebe ſang.
Und es war, daß auch nach tauſend Jahren des Dichters
Name ausgelöſcht war in der Verwitterung des Lebens, und daß
dielleicht nur hinter Bergen man eines ſeiner Lieder wußte und
im Abend ſang . . . Aber es iſt dies, daß aller Zeiten Menſchen
der großen Sehnſucht ſind, die da tragen die Kronen des Lichts
und der Traurigkeit, die da auferſtehen aus dem Grabe ihrer
Troſtloſigkeit in die erlöſende Liebe aller Armut und unendlichen
Sehnſucht, die nie und nirgends verglüht. Denn es iſt, daß
auch Chriſtus nie ſterben konnte, denn auch Chriſtus, da er
lebte, ſtarb und auferſtand, war tauſendmal auferſtanden vordem
denn Gott iſt von Anbeginn und wird ewig ſein in allen
Dingen, in allen Menſchen, ſonderlich aber in denen, die um
ſeinetwillen arm ſind.
hl.

ein eigenes Stübchen ohne Aufſicht bewohnte . . , und ſie wollten
doch, wenn der Tag der Hochzeit als echte Hoch=Zeit ihnen einmal
erſtrahlte, den Kopf voreinander hochtragen. Oja, ſie waren tapfer.
Und die Sonntage der Ausfahrt ins freie Land waren Licht=
blicke
, die die ganze einſame Woche erhellten. Man ſchüttete ſich
das Herz aus, wanderte Arm in Arm am Flußufer, durch ragende
Wälder, hatte blauen Himmel der Verheißung über ſich. Doch
nicht immer war der Himmel blau. Es gab Regenſonntage, an
denen der Schuh in aufgeweichter Erde ſtecken blieb und der
Wind feindlich ins Geſicht blies, an denen das Gehen zur Müh=
ſal
. das Sprechen zur Unmöglichkeit wurde. Dann war man auf
die überfüllten und teuren Gaſtwirtſchaften angewieſen, und alle
Poeſie und Stimmung waren hin.
Auch heute ſah das Wetter nicht ganz zuverläſſig aus. Die
vorzeitige Wärme ließ einen Umſchlag befürchten. Wieder dann
dies obdachloſe Umherirren, die troſtloſe Verlorenheit. Und das
einzig ſichere Glück blieb das leere Abteil, in dem man ſich
küſſen konnte. Das einzige karge, kleine Glück. . ..

Der Zug hatte einen Maſchinenſchaden und hielt lange. Auf
dem Bahnſteig ſchritt ein vornehmes Paar auf und nieder, mit
ſportsmäßiger Einfachheit, doch nach letztem Schick gekleidet, wie
Menſchen, die Muße haben, auf alle Modelaunen zu achten.
Beide nicht mehr ganz jung, doch in Haltung und geſtählter Be=
wegung
mit dem Anflug bewußt feſtgehaltener Jugendlichkeit.
Der Herr hatte eine Handvoll Zeitungen gekauft, in die ſie beide
beim Gehen vertieft waren. Oder vertieft ſchienen. Die Dame
blickte mehrmals über ihr Zeitungsblatt hinweg in den war=
tenden
Zug. Wollen wir porn oder hinten einſteigen? fragte
ſie und ſah ihren Mann von der Seite mit einem eigentümlichen
Blick an. Es wird voll werden. Wenn Du nur einen Sitz=
platz
findeſt, antwortete er, ohne vom Leſen aufzuſehen. Jch
ſtehe ſchon. Aber die Ueberfüllung iſt ſo unbehaglich und
in der zweiten Klaſſe pflegt es heutzutage beſetzter zu ſein als
in der dritten. Steigen wir dritter ein, entſchied er, ohne
aufzublicken. Sie lächelte ein wenig und ſagte: Das taten wir
ſchon als Brautleute, wenn wir Bekannten aus dem Wege gehen
wollten. Weißt Du noch, wie wir immer nach dem leeren Ab=
teil
ausſpähten? Er hielt mit dem Leſen inne. Wie Dir das
gerade heute einfällt! erwiderte er beinahe verlegen. Iſt nicht
heute unſer Verlobungstag? Er erſchrak. Mein Gott, ja. . .
Es iſt wirklich unaufmerkſam von mir. Aber wir werden unter=
wegs
an einem Blumenladen vorbeikommen. Nicht darum
erinnerte ich. Freude an Blumen hätte ich doch nur, wenn Du
von ſelbſt an den Tag gedacht hätteſt. Der Hochzeitstag iſt
mehr. Ich weiß nicht. Aber wir müſſen nun wohl ein=
ſteigen
. Einſtweilen iſt noch Platz, und um ein leeres Abteil
brauchen wir ja nicht zu ſorgen. Sein Lachen klang gezwungen.
Wir verheirateten Leute haben das glücklicherweife nicht mehr
nötig. Soll man es als ein Glück preiſen? Sehnſucht iſt
immer mehr als Erfüllung. Ihr Geſicht ſah plötzlich müde aus.
Uniter dem braunen Wildlederhut zeigten ſich ergraute Haare.

[ ][  ]

Jahrgang 1923

Unterhaltungsblatt und Frauenzeitung

Nummer 13

Die Sterne.
* Als Jeſus durch die große Stadt ging in der Nacht, brann=
ten
noch in manchen Häuſern einſame Lichter. Und ein großes
Haus war hinter großen Scheiben erhellt, Stimmen klangen ver=
worren
auf die Straße, eine Muſikkapelle ſpielte leichte Melodien,
und durch die Ritzen der Vorhänge ſah Jeſus den grauen Rauch
und Qualm über den Tiſchen und er ſtand und ſann . . . Ge=
ſtalten
huſchten vorüber, ein Weib kam, blieb ſtehen und horchte
indes die Tür ſich auftat, ein Haufe junger Männer hinausſtürmte
und gröhlend und ſingend das Weib umringend mit ſich führte,
in einer engen, dunklen Gaſſe verſchwindend, daraus Jeſus noch
zuletzt des Weibes ſchrilles Lachen in den verworrenen Stimmen
der Trunkenheit erkannte . . .
Und da er ſtand und ſann, überkam ihn jene ſchwere Traurig=
keit
, und hilflos in Zerſchlagenheit und Schwäche kam ihm. die
Frage: Was ſoll ich tun? Wie denn bin ich geſandt, daß dies ge=
ſchehen
kann vor meinen Augen? Und wie in Gedanken unſäg=
licher
Reue ging er hinweg, wanderte die Straßen hinaus, merkte
es nicht, wie der Häuſer weniger wurden, nicht, wie er zwiſchen
kleinen Gärten, kleinen Staketzäunen vorbei ſchon die Stadt ver=
laſſen
hatte, bis er wie überraſcht erkannte: Er war in einem
Wieſengrund. Das Bächlein plätſcherte leiſe zu ſeinen Füßen,
eine Brücke war gebaut mit einer kleinen Steinmauer zu Seiten,
auf die ſich Jeſus ſetzte und er ſah nun: Aus dem Walde ſchritt
ein Reh leiſe ins Wieſengras. Und der Wald ſtand da in dunk=
ler
, ſtiller Schweigſamkeit wie eine große Mauer nur die
Zweige der Bäume rauſchten leiſe im Wind der Nacht.
Ihm aber klangen noch in der Erinnerung die Stimmen der
Muſikkapelle, und das ſchrille Lachen des Weibes ſtörte die Stille
der Seele. Was ſoll ich tun? Was ſoll ich tun? ſprach er: O, der
Menſchen unſagbares Leid denn auch dies iſt Leid, daß ſie
ſingen und taumeln in die Nacht. Und es war, daß eine Stern=
ſchnuppe
ihn erweckte aus der Troſtloſigkeit ſeines Sinnens, und
er ſah auf: Ueber den Wald wölbte ſich unendlich hoch der Ster=
nenhimmel
. Es war eine klare Nacht, alſo, daß die großen Sterne
funkelten in Strahlen rot und violett und grün und die kleinen
Sterne alle ſichtbar waren aus den Dunkelheiten, aus den Uner=
meßlichkeiten
, daß es war wie Schnee, niederrieſelnd in Millionen
feinen Kriſtallen . . . und vor ihm glänzte der Orion, der wie
heute damals und ſeit ewigen Zeiten leuchtend in den dunklen
Nächten ſtand . . . und Jeſus ſprach: O Vater, o unendlich weite
Schönheit deiner Welt . . . in den Nächten überwölbſt du uns mit
Sternenſchönheit und ich weiß noch dies: Sterne ſind Welten
... hinter Welten Ferne und wieder Welten und der du über
allem biſt: Ich frage nicht mehr, ob du alles dies umgreifſt, Ster=
nenſchönheit
, ſtille Welt und jenes Weibes Lachen und das wilde
Gröhlen der Trunkenheit ich weiß nun: Alles iſt zu tragen, ſo
Leid wie Glück, Leid wie Schönheit, Bosheit wie Güte es
iſt nur: Deinen Willen zu tun Bald iſt Morgenrot und neuer
Tag: Alſo bete ich, o Vater: Gib mir Kraft und Größe, auf daß
ich deines Willens ſelig ſchreite durch Morgenrot und neuen Tag
der Welt.
Und Jeſus ſtand auf und ging den Berg hinauf durch den
Wald und ſah vor ſich die Stadt liegen, erwachend aus Nacht und
Nebel, er ſah die Türme und Zinnen glitzernd im erſten Sonnen=
licht
und er lächelte und ſtieg den Berg hinab, zu wandern,
daß er auf den Martplatz käme, zu predigen den Menſchen von
Gottes Schönheit und der Welt unendlich großer Güte.
Dgs Märchen.
* Ueber den weichen Boden ſind wir ins Märchenland ge=
gangen
lautlos Hand in Hand und wo der Waldrand ſich
in weiter Blütenwelle den Abhang hinunterneigt, tat der Wald
die großen Tore auf. Und wir ſtanden Märchenkinder vor
den Wundern aller Schönheit einer weiten, traumerſchloſſenen
Ferne . ..
Licht hing überall. Ueber Fluß und Wieſe, über Blüten,
über unſere Körper, unſer Haar und unſere Augen, ſo daß ein
Glänzen aus uns ſtrahlte, daß wir verzaubert daſtanden
in der Schönheit unſerer Seelenblüte . . . denn das fühlten wir,
wir waren allem eins im Glück des Blühens dieſer Tage.
Und Vogellieder plätſcherten aus Duftgehängen und waren
Quellen unſichtbaren Lebens, Melodien einer fremden Wirk=
lichkeit
durchwebten überall den Glanz der Luft, und der große
Märchenvogel wanderte im tiefen Gras zwiſchen den Blumen,
öffnete die breiten Flügel und ſchwebte hoch hinauf mit ſilbernem
Flügelſchlag, und größer und größer werdend, trug er des
Abends Silberdämmerung hinauf, . . . und dann wards ſtill,
ganz groß und weit und ſtill, als wenn die Silberflügel der Ein=
ſamkeit
weit über Märchenland und große, dunkelnde Wälder
hingen.
E..-B.
Im hinterſten Wagen, wo nur zwei Menſchen ſaßen, ſtiegen
ſie zu. Die Frau ſah, wie ein ſchmerzhafter Ausdruck der Ent=
täuſchung
über die Züge der beiden jungen Menſchen glitt, wie
ſich haſtig ihre Hände trennten, ihre Schultern auseinanderrück=
ten
, die Glut ihrer Augen erloſch. Und ein heißes jähes Mitleid
prang in ihrem Herzen auf. Aber es war mehr noch ein Mit=
leid
mit ſich ſelbſt, und mehr als Mitleid: es war Neid.
Sie ſchaute ihren Mann an. Er hatte nichts bemerkt. Er
las den Leitartikel mit der hohen Politik. Ihr Mund preßte ſich.
hart zuſammen.
Der Zug fuhr ab. Die Räder ratterten. Ihr einförmiger
Rhythmus verſchlang das Geplauder der Fahrenden. Wenig=
ſtens
bildeten die beiden Liebesleute ſich das ein. Sie fingen
wieder an zu reden, leiſe, faſt flüſternd, allmählich unbefangener.
Denn das fremde= Paar nahm ja keinerlei Notiz von ihnen. Der
Herr ſaß in ſeine Blätter verſenkt, die Dame blickte mit entrück=
ten
Augen an ihnen vorbei in die Landſchaft. Krampfhaft vor=
bei
. Denn ſie horchte und wollte es verbergen. Ihr Ohr erfaßte
jedes Wort der Zärtlichkeit, ihre Seele ſaugte es ein. Bitter=
füßes
Gift, das ſie in einen Rauſch todtraurigen Verlangens
verſetzte. Erinnerungen, Träume, Schatten, Geſpenſter, Funken,
die aus Aſche züngelten . .". ſo huſchte es durch ihren Sinn.
Aber noch ehe ſie am Ziel waren, hatte ſie ſich wieder in
der Gewalt. Warm und froh ruhte ihr Auge wie zum Abſchieds=
gruß
auf den Jungen, als ſie ausſtieg. Draußen nahm ſie herz=
haft
den Arm ihres Mannes und ſprach lebendig auf ihn ein.
Weißt Du, daß ich ſoeben Mieter für unſere überflüſſigen zwei
Zimmer gefunden habe, die uns das Wohnungsamt wegneh=
men
will?"
Er hörte mit Erſtaunen zu.
Die beiden Leutchen im Abteil möchten heiraten und finden
keine Wohnung. Sie gefielen mir alle beide. Feine ſtille Men=
ſchen
von Erziehung. Ich werde ihnen die Zimmer anbieten.
Ja, kennſt Du ſie denn?
Das Fräulein nannte wiederholt den Namen der Dame,
bei der ſie in Stellung iſt und die iſt mir nicht fremd.
Frau Direktor Kohlbringk, weißt Du. Durch ſie werde ich Er=
kundigung
einziehen und mich an das Brautpaar wenden.
Und was iſt der junge Menſch von Beruf?
Er ſucht einen Poſten als Organiſt oder dergleichen, wie
ich mir aus der Unterhaltung zuſammenreimte. Und ich glaube,
daß Du in Deiner einflußreichen Stellung im Gemeindekirchen=
rat
ihm ohne Mühe die unbeſetzte Stelle in Sa ikt Lukas ver=
mitteln
könnteſt.
Daß ich es könnte, ſteht außer Frage. Woher aber Deine
plötzliche, faſt überſchwengliche Teilnahme für zwei Unbekannte?
Sind ſi= Unbekannte? fragte die Frau vor ſich hin. Steht
unſere eigene Jugend nicht in ihnen vor uns? Das verpflichtet.
Für uns iſt die Zeit des Liebesſpiels vorüber. Verheiratete
Leute Du ſagteft es ſelber mit grauen Haaren . . . Laß
mich ins Rollenfach der Mütter übergehen. Man muß etwas zu
ſorgen haben.

Zwei Oſferfeſſe in einem Jahre
ſind tatſächlich einmal gefeiert worden. Das beweiſt ein ſteiner=
ner
Zeuge aus, dem Jahre 1584, der ſich in der Nähe des
Schloſſes Stolpen, unweit der böhmiſchen Grenze, befindet, die
ſog. Lauterbacher Oſterſäule, durch folgende Inſchrift: 1584
Jar das iſt wahr zvene Oſtern in einem Jar. Die
Kalenderreformation war nämlich bei den Katholiken der Gegend
bereits eingeführt; die Edangeliſchen rechneten noch nach dem
Julianiſchen Kalender, und hinkten daher um zehn Tage hinter=
her
, weswegen ihr Oſterfeſt auf einen anderen Tag fiel als das
der Katholiken. Das hinderte aber nicht, daß die Evangeliſchen
das Feſt erſt mit den Katholiken einmal feierten, und dann die
Katholiken noch einmal mit den Evangeliſchen.
* Eine merkwürdige Oſterfeier in Rumänien. In Rumänien
iſt es Brauch, daß der König in der Oſternacht ſämtliche Kaſer=
ten
der Reſidenz beſucht. Wenn ſeine Untertanen gemäß der
Landesſitte in der Nacht zum Oſter=Sonntag ſich zu Tiſche ſetzen,
um bis 3 Uhr des Morgens bei Speiſe und Trank ſich’s gemüt=
lich
ſein zu laſſen, ſo kann der König allein nicht ſolch behaglicher
Feier ſich hingeben. Er muß mit der brennenden Oſterkerze von
der Kirche zu den Soldaten. Er beſucht eine Kaſerne nach der
anderen und eröffnet nach langem Faſten die erſte fette Mahl=
zeit
ſeiner Soldaten. Dabei wird dann das rumäniſche Eier=
ſpiel
erprobt. Jeder Soldat erhält zwei bunte Eier, der König
aber auch.
Die Mode von heute.
Praktiſche moderne Frühjahrs=Kleidung.
Faltenrock und Ueberbluſe, dieſe von praktiſchen Müttern ſchon
immer hochgeſchätzte Zuſamenſtellung der Mädchenkleidung, wird
an der kommenden Frühjahrskleidung wieder eine recht wichtig=
Nolle ſpielen. Die Waſchbluſe zum einfarbigen, zumeiſt dunkel=
blauen
, =braunen und =grünen Wollrock getragen, wird ſowohl
in Weiß wie in Blau, Dunkelrot, Blauweiß und Weißblau ge=
ſtreift
, mit einfarbigem Matroſen= oder Schalkragen und eben=
ſolchen
Aufſchlägen mit und ohne Bindeſchlips oder kleinen Vor=
ſteckſchleifchen
, die durch roſtfreie Kohinoors zum Auswechſeln
eingerichtet werden, viel getragen werden. Kreuzſtichſtickereien,
namentlich in Schwarz=Rot, Schwarz=Gelb und Schwarz= Hell=
blau
auf weißen Bluſen in äußerſt geſchmackvoller Weiſe verwen=
det
, ſind modern und wird ſo manche Mutter bald dazu veran=
laſſen
, Vorjähriges recht bald ſchon durch eigene Handarbeit
modegerecht zu geſtalten, zumal die Hauptmodeform entweder die
ſchon immer gern getragene Matroſenbluſe im Kieler Schnitt
oder eine gefällige Sattelbluſe iſt, bei der die Sattelpaſſe vorn
und im Rücken quer herüber ohne jede Schweifung gehalten,
am Halſe durch einen ſogenannten kleinen Bubenkragen ge=
ſchmückt
wird, den ein zierliches Fälbelchen oder Pliſſee um=
randet
, das ſich in gleicher Weiſe am Aermelaufſhlag von glei=
chem
Stoff wie der Kragen wiederholt. Ein nur kleinfingerbrei=
tes
Zierkäntchen in Kreuzſtichmanier ſchmückt dann entweder
Kragen und Aufſchlag oder Sattelpaſſe und letzteren, während an
einem kleinen Schoßblüschen der kaum daumenbreite Gürtel bei
noch immer tiefgerückter Taillenlinie noch übereinſtimmend mit
beiden geſchmückt wird. Für kühle Tage wird die praktiſche
Mutter der faſt unverwüſtlichen Rippenſamtbluſe den Vorzug
geben, die ohne jeden weiteren Ausputz mr horizontal verarbei=
tete
Aufſchläge und Sattelpaſſe aufweiſt, im übrigen aber durch
gleichfarbige Glasknöpfe mit zumeiſt weißem Perlmutter= oder
Hornrande, ſeltener mit Silber= und Goldmetallumrandung, in
der vorderen Mitte geſchloſſen wird. Gern wird aber auch dieſes
ſchlichte Blüschen durch ein zierliches Binde= oder Flatterſchleif=
chen
am kleinen Klappkragen als beſonderer Schmuck gehoben.
Moderne Schutz= und Spielſchürzchen für die
Allerjüngſten. Bei der bekannten Unachtſamkeit unſerer
Allerjüngſten ſind bei den heutigen teuren Preiſen der Kleidung
Schürzchen zur Schonung derſelben geradezu unerläßlich. Glatt
oder geſtreift, in Drell, Kattun, Halb= oder Ganzleinen, Satin
oder Lüſter, die letzteren als ſogenannte Strapczierſchürzen
namentlich von ſehr praktiſchen Müttern bevorzug,t werden ſie
zumeiſt in Hängerform gehalten und mit ein oder zwei aufge=
ſteppten
Täſchchen mit farbigen Blenden beſetzt, in äußerſt ge=
ſchmackvoller
Ausführung angeboten. Ganz beſonders reizvoll
erſchien uns unter dieſen kleiven Mädchenſchürzchen ein Modell
aus dunkelblauem Halbleinen mit rotweiß geſtreiften ſchrägen
Blenden beſetzt, das als ſogenanntes Schlupfſchürzchen ohne jed=
weden
Verſchluß, einfach über den Kopf geſtreift und auf bei=
den
Schultern durch zierlich gebundene Schleifchen gehalten
wird. Allerliebſt war weiter ein ſogenanntes Kleidſchürzchen
aus geſtreiftem Stoff, blauweiß gehalten, mit dunkelblauen, brei=
ten
Blenden und rotem Vorſtoß an dieſen. Das ebenfalls über
den Kopf zu ziehende Schürzchen ließ unter den kleinen Aermel=
epauletten
das kurze Aermelchen des weißen Kleidchens nur
wenige Fingerbreit ſehen, war alſo in des Wortes wahrſter Be=
deutung
ein Schutz= und Schonungsſchürzchen, das namentlich in
dunkler Farbe praktiſchen Müttern manche Sorge um die
empfindliche Kleidung ihres Wildfangs abnehmen wird.
Der zeitgemäße Haushalt.
Herdplatten zu polieren. Man löſt eine Hand=
voll
Soda in recht heißem Waſſer auf und durchſchäumt die =
ung
tüchtig mit grüner Seife. Mit einer ſcharfen Bürſte wird
nun die Herdplatte tüchtig abgewaſchen und mit einem trockenen
Lappen abgerieben. Nun wird die Platte mit feinem Sand oder
mit Putzſteinepulver beſtreut, mit Zeitungspapier bearbeitet und
nach der Entfernung des verbrauchten Pulvers mit einem alten
wollenen Lappen poliert. Die Platte wird nach einer ſolchen
Behandlung ſpiegelblank erſcheinen und den Glanz auf viele
Wochen behalten, wenn ſie täglich ſauber abgewiſcht und mit
Zeitungspapier nachgerieben wird.
Gd.
Handpomade gegen das Aufſpringen und
zur Beförderung einer geſchmeidigen Haut der Hände: 3 Teile
Wallrat werden in einer Porzellanſchale über Kohlen langſam
zerlaſſen und dann, entfernt vom Feuer, 1,5 Gr. Mandelöl,
20 Tropfen Lavendelöl, 10 Tropfen Bergamottöl und 2 Tropfen
Nelkenöl hinzugeſetzt. Alles dieſes wird untereinander zer=
rieben
und das Ganze in Pomadetöpfchen aufbewahrt. Zum
Einreiben der Hände verwende man nur ein Stückchen von der
Größe einer halben Haſelnuß.
Schadhaft gewordene Holzſtoffgefäße aus=
zubeſſern
. Die ſauber ausgebürſteten ſchadhaften Stellen
läßt man ſehr gut austrocknen, dann verſtreicht man ſie rechts
und links recht glatt mit Fenſterkitt und läßt dieſen acht bis
zehn Tage hart werden. Nun lackiert man die Stelle mit Spiri=
tuslack
, darf aber immer nur kaltes Waſſer zuerſt in das Gefäß
gießen und die Waſſertemperatur nicht höher wie 28 Grad. R.
haben.
H.
Oſterlammbraten mit Kräuterſalat. Das mit
kochendem Waſſer überbrühte Lamm wird nach dem Erkalten
abgetrocknet und reichlich mit ſtark geräuchertem Speck geſpickt.
Nun in Mehl gewendet und ſcharf angebraten, wird das Fleiſch
unter öfterem Begießen auf flottem Feuer gebraten und zehn
Minuten vor dem Anrichten eine halbe Taſſe Milch mit einem
Eßlöffel Eſſig und einem Teelöffel Appels Suppenwürze ver=
rührt
, dazu gegeben, um eine recht pikante Soße zu erzielen, die
man mit wenig Kartoffelmehl verdickt. Man reicht Kartoffel=
ſalat
dazu, der reichlich mit Schnitlauch, feingewiegter Brunnen=
kreſſe
und Rapünzchen angemacht, einen Kranz von Peterſilie
erhält.
K.
Speiſezettel.
Sonntag (1. Oſterfeiertag): Oſterlamm mit Kräuterſalat.
Preißelbeeren.
Oſtermontag: Apfelweinſuppe, Omeletten mit Fleiſchfülle,
Grießpudding mit Schokoladenſoße.
Dienstag: Gemüſe, Pichelſteiner.
Mittwoch: Saure weiße Bohnen.
Donnerstag: Abſtechklöße mit Obſt.
Freitag: Selleriekartoffeln.
Samstag: Kartoffelklöße mit Sauerkraut.

Schach=Scherzaufgabe.

Weiß nimmt den letzten Zug zurück und ſetzt matt.
Koch=Umſtell=Rätſel.
Man nimmt

A R44 R R R A2 A R274 R2 R A R Z X A. A X R R R. R R R A27 4 A4 .

und mache daraus durch Umlegung der 9 fetten Kreuzchen ein Gemüſe.
Carl Deubel.
Säule.

Die Buchſtaben
in nebenſtehender
Figur ſind ſo zu
ordnen, daß die
wagerechten Reihen
die danebenſtehende
Bedentung und die
ſenkrechte Mittel=
reihe
eine hollän=
diſche
Provinz be=
zeichnen
.

a

a a a a b bIb e

n C d e eIf f n n IeIo s t u v

Buchſtabe
Metalloid
Getränk
Kopfbedeckung
Göttergeſchlecht
Getränk.
Kroatiſcher Titel
Afrikaniſche Völker=
gruppe

Spaniſche Stadt

Darmſtädter Silbenrätſel.
bo, burg, de, do, e, eg, fei,
Aus nebenſtehenden Silben ſind acht
gen, ge, gil, lar, le, li, li, Wörter von folgender Bedeutung zu
bilden: 1. Bezeichnung für Zünfte. 2. Be=
neu
, ra, saa, tät, tra, us.
kanntes italieniſches Fürſtengeſchlecht.
3. Fluß in Thüringen. 4. Stadt in Hannover. 5. Völkerrechtliche
Bezeichnung für Nichtteilnahme eines Staates am Kriege anderer.
6. Weiblicher Vorname. 7. Stadt in Nieder=Oeſterreich. 8. Frucht.
Die Anfangs= und Endbuchſtaben ergeben, beide von oben nach
unten geleſen, einen Oſterwunſch an alle Leſer und Löſer. A. Thomaz,
Viſitenkarten=Rätſel.

Der Beruf ſoll durch Umſtellung der Buchſtaben des Namens
erkannt werden. Welchen Beruf hat der Herr?
Sprichwörter=Rätſel.
1. Was allen gefällt, man ſchwer behält.
2. Reichen Leuten iſt jedermann geneigt.
3. Was dem einen recht iſt, iſt dem andern billig,
4. Jung gewohnt, alt getan.
5. Es iſt kein Meiſter vom Himmel gefallen,
6. Eine Schwalbe macht keinen Sommer,
7. Kunſt bringt Gunſt.
8. Wie die Arbeit, ſo der Lohn.
9. Tue recht, ſcheue niemand.
10. Vor der Liebe kann man ſich nicht ſchützen.
Man entnehme jedem Sprichwort ein Wort. Die richtig ge=
wählten
Wörter ergeben dann wieder ein Sprichwort.
G. D.
Rätſel.
500. Mit L eine Pflanze, ein Vogel mit G. Und jedermann hat es mit
Hund mit B. Mit Rbringt’s den Augen oft Schmerzen und Weh.
501. Die erſten Zwei ſtehen am Himmelsgezelt, Die Dritt’ aus
der Luft auf den Erdboden fällt.
In ſumpfigen Wieſen er=
blühet
das Ganze Und iſt eine Kerbtiere freſſende Pflanze.
502. Sehr notwendig bin ich für Ofen und Herd. An Korn
und Metallen dagegen nichts wert.
Auflöſungen.
Schachaufgabe Nr. 32:
1. D18c8
1. Ke4n. d5 oder n. f5
2. Sd7 f6 oder Td5 n. e5 matt.
A.
1. Lb3n. d5 oder beliebig anders.
2. Sd7c5 oder k6 matt.
Darmſtädter Silbenrätſel: 1. Sperber. 2. Canaſter. 3. Hefe.
4. Note. 5. Elbe, 6. Jgel. 7. David. 8. England. 9. Remſcheid Schneider,
Ergänzungs=Rätſel:
BOZEN
MO SES
VO GEL
2 O BEL
L O DEN
Bogen.
Rätſel: 497. arm, Arm. 498. Pritſche, Britſche. 499. Tau.

Verantwortlich: Max Streeſe.