Darmstädter Tagblatt 1923


08. Januar 1923

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Montag, den 8. Januar 1923
Nummer 7
Einzelnummer 40.00 Mk.

Erklärungen Bradburys in der
Reparationskommiſſion.
Ablehnung der Verantwortung für
Folgen gewiſſer Beſchlüſſe.
Paris, 6. Jan. (Havas.) Der Temps meldet, daß auf der
heute früh ſtattgefundenen Sitzung der Reparationskom=
miſſion
Sir John Bradbury eine kurze Anſprache
gehalten hat, in der er die Beobachtung des Vertrags und die
Aufrechterhaltung der Rechte und Vollmachten der Kommiſſion
empfohlen hat.
Der diplomatiſche Berichterſtatter der Havasagentur erfährt
über die geſtrigen Erklärungen Bradburys in der Repara=
tionskommiſſion
, die nach ſeiner Anſicht einen neuen Beweis
für die entgeenkommenden Abſichten Englands liefern, Brad=
bury
habe zunächſt feſtgeſtellt, daß er am Dienstag von London
aus die Vertagung der Verhandlungen über die
Verfehlung Deutſchlands in den Kohlenliefe=
rungen
, die urſprüng ich auf den 3. Januar angeſetzt geweſen
ſeien, verlangte, bis die verbündeten Regierungen die Verhand=
lungen
über die Reparationsfrage insgeſamt beendet hätten.
Dabei habe ihn die Abſicht geleitet, der Auffaſſung der Regie=
rungen
nicht vorzugreiſen. Heute, nachdem die Pariſer Konferenz
ergebnislos auseinandergegangen, ſei die engliſche Delegation
bereit, an allen Verhandlungen teilzunehmen. Bradbury wies
anſchließend darauf hin, daß er ſeit Mitte 1922 mehrmals aus
perſönlichen Gründen ſeinen Rücktritt angeboten habe, daß er
jedoch auf Erſuchen des damaligen Kabinetts im Amte geblieben
ſei. Er legte ferner Wert auf die Bemerkung, daß die engliſche
Delegation, wenn ſie entgegen gewiſſen irrigen Gerüchten weiter
in der Reparationskommiſſion bleibe, nichtsdeſtoweniger von
den Folgen derjenigen Beſchlüſſe abzurücken,
gedenke, denen ſie nicht beitreten werde, und daß
ſie in dieſer Beziehung keinerlei Verantwortung zu übernehmen
wünſche. Schließlich ſi ach Bradbury den Wunſch aus, es möch=
ten
die Beziehungen zwiſchen England und Frankreich ſich bald
wieder ſo geſtalten, daß ein umfaſſendes Zuſammenwirken mög=
lich
ſei. Barthou dankte Bradbury mit den Worten: Zwei
Wanderer, die am Rande eines Waldes ankommen, können je
nach ihrem Geſchmack der eine ihn umgehen, der andere ihn
durchqueren. Darum komen ſie beim Ausgang aus dem Walde
doch wieder zuſammen; ſo wird es auch mit England und Frank=
reich
ſein.
Die deutſchen Vertreter vor der
Reparationskommiſſion.
TU. Paris, 7. Jan. Im Anſchluß an die amtlichen Ver=
lautbarungen
über die geſtrige Sitzung des Wiederherſtellungs=
ausſchuſſes
teilt der Temps mit, daß der Beſchluß, die deut=
ſchen
Vertreter in der Kohlenlieferungsfrage
anzuhören, einſtimmig gefaßt worden iſt. In der Annahme,
daß das deutſche Aktenmaterial bereits vorliege, habe der Aus=
ſchuß
die Verhandlungen mit den deutſchen Vertretern ſchon auf
Montag nachmittag 3 Uhr angeſetzt. Im Laufe der kurzen Aus=
ſprache
am geſtrigen Vormittag habe Bradbury in einigen Wor=
ten
die Befolgung des Vertrages und die unverſehrte Aufrecht=
erhaltung
der Rechte und Vollmachten des Ausſchuſſes empfoh=
len
. Der Temps erwartet die von der franzöſiſchen Abordnung
vorgeſchlagene Feſtſtellung einer deutſchen Verfehlung für Mon=
tag
abend oder Dienstag morgen. Im Anſchluß daran wird
nach dem Blatt das deutſche Geſuch um Zahlungs=
aufſchub
vom 13. November zur Verhandlung kommen.
Berlin, 7. Jan. Die Deutſche Allgemeine Zeitung berich=
tet
aus Paris, daß die Kriegslaſtenkommiſſion bei
der Reparationskommiſſion die Verſchiebung der auf
Montag anberaumten Sitzung beantragte, da die
deutſchen Delegierten nicht rechtzeitig am Montag nach=
mittag
in Paris eintreffen können.
* Berlin, 8. Jan. (Priv.=Tel.) Wie wir von zuſtändiger
Stelle erfahren, ſind die deutſchen Vertreter, die in der Repa=
ravionskommiſſion
über die Kohlenfrage Bericht erſtatten ſollen,
nach Paris abgereiſt. Es handelt ſich um die Herren Gel). Re=
gierungsrat
Ruppel vom Wiedevaufbauminiſterium, den Di=
rektor
des Kohlenſyndikats Lübſen und den Vertreter des
Reichskohlenkommiſſars Wallmichrath.
Die deutſchen Sozialdemokraten zur
franzöſiſchen Gewaltpolitik.
Köln, 7. Jan. (Wolff.) Die internationale ſozia=
liſtiſche
Tagung nahm einſtimmig eine Entſchließung
an, worin es heißt: Das Aktionskomitee lenkt nachdrücklich die
Aufmerkſamkeit aller Arbeiter auf die ſchweren Gefahren für den
Weltfrieden infolge des Scheiterns der Pariſer Kon=
ferenz
hin und beſtätigt die Beſchlüſſe vom Haag und Frank=
furt
, die militäriſchen Beſetzungen ſchnellſtens
zu beenden. Es proteſtiert gegen eine Politik, die unter dem
Vorwand der Pfandnahme gewaltſame Maßregeln gegen
Deutſchland, insbeſondere die militäriſche Beſetzung des Ruhr=
gebietes
, vorbereitet. Zur Begründung der Entſchließung
führte Wels aus, die Entwaffnung Deutſchlands ſei reſtlos
durchgeführt worden, wie es ſogar von den alliierten Regierun=
gen
anerkannt worden ſei. Trotzdem dauere die militäriſche Kon=
trolle
unter ungeheueren Koſten fort, die Ende 1922 nicht weniger
als 4½ Milliarden Goldmark betrugen, wodurch die Repara=
tionsſumme
vermindert werde. Nach einem Hinweis auf Ein=
zelfälle
von Luxus und Verſchwendung der Kontrollbehörden,
ſowie auf die ungeheuere Erbitterung der notleidenden deutſchen
Arbeiterklaſſe erklärte Wels auf das nachdrücklichſte, wenn dieſem
Panama des Beſatzungsheeres nicht ſehr bald ein
Ende gemacht werde, werde es den deutſchen Sozial=
demokraten
unmöglich ſein, weiter für die Er=
füllung
auch der legitimſten Forderungen
Frankreichs einzutreten. Das deutſche Volk leide ſelbſt
zu große Not, als daß es länger Opfer bringen könne, die nach=
weisbar
nicht dem Wiederau oau der Zerſtörungen und der Lin=
derung
fremder Sorgen und Nöte dienen, ſondern hauptſächlich
in das Dangidenfaß des franzöſiſchen Militarismus am Rhein
wandern.

Bom Tage.
Staatsſekretär Dr. Bergmann machte dem Reichskanzler Mitteilun=
gen
über die Eindrücke, die er in Paris von dem Verlauf der dortigen
Verhandlungen gewonnen hat. Laut Vorwärts wird das Reichskabinett
auf Grund der von Bergmann überbrachten Informationen am Montag
zuſammentreten und zur außenpolitiſchen Lage Stellung nehmen.
Die Sozialiſtiſche Partei, der Gewertſchaftsbund und die Liga für
Menſchenvechte hielten in Paris eine Verſammlung ab, bei deren Schluß
eine Reſolution angenonunen wurde, worin gegen die Politik der Re=
gierung
proteſtiert wird, die einen Angriff auf das Völkerrecht bedeutet.
Die Reſolution fordert, daß die Neparationsfrage dem Völterbunde
unterbreitet werde.
Samstag nachmittag traten die Spitzenorganiſationen der Beamten=
und Arbeitergewerkſchaften zuſammen, um ſich über die Gehalts= und
Lohnforderungen, die der Regierung in der kommenden Woche unter=
breitet
werden ſollen, ſchlüſſig zu werden. Heute Montag ſoll in dem
Reichsfinanzminiſterium über die Arbeiterlöhne, am Dienstag über die
Beamtengehälter verhandelt werden.
Der Sentatspräſident Léon Bourgeois teilte mit, er werde bei dem
Wiederzuſcmmentritt des Hauſes um Dienstag nicht wieder für die
Präſidentſchaft kandidieren.
Abgeordneter Dehris wird bei dem Wiederzuſammentritt der fran=
zöſiſchen
Kammer über den Abbruch der Pariſer Konferenz, vor allem
über die Rüchwirkungen auf die franzöſiſche Politik gegenüber Deutſch=
land
, interpellieren.
Im belgiſchen Miniſterrat berichteten Theunis und Jasdar über
die Arbeiten der Pariſer Konferenz. Der Miniſterrat billigte ein=
ſtimmig
die Haltung der belgiſchen Delegierten und beſchloß als Folge
der Konferenz Ausführungsmaßnahmen.

Die franzöſiſche Aktion.
Beratungen in Paris.
Paris, 7. Jan. (Wolff.) Der Matin teilt mit: Geſtern
nachmittag ſei unter dem Vorſitz Millerands eine wichtige
Beratung abgehalten worden, an der Poincaré, Kriegsminiſter
Maginot, Miniſter ber öffentlichen Arbeiten Le Troqueur und
Marſchall Foch teilnahmen. Die Sitzung, die über drei Stunden
dauerte, habe die Durchführung der am Vormittag im Miniſter=
rat
beſchloſſenen Maßnahmen zum Gegenſtand /der Beratung
gehabt.
Poincaré vor der Kammer.
Paris, 7. Jan. (Wolff.) Die erſte Kammerſitzung
in der neuen Tagung wird, wie üblich, durch die Neubeſetzung
des Bureaus ausgeſüllt. In der zweiten Sitzung, die am Don=
nersdag
ſtattfinden ſoll, wird, wie Hawas beſtätigt, Poincaré
das Wort zu einer Erklärung über die Pariſer Kon=
ferenz
ergreifen. Darauf wird die Kammer beſchließen, ob ſie
in dieſem Zuſayninenhang die eingebrachten Interpellationen,
deren Zahl ſich bisher auf fünf beläuft, ſofort beraten will.
TII. Paris, 7. Jan. In hieſigen politiſchen Kreiſen hält
wan es für möglich, daß die Aktion gleichnach der Feſt=
ſtellung
der deutſchen Nichterfüllung, die
ſpäteſtens am Dienstag vormittag erfolgen dürfte, angeordnet
wird. Man nimmt an, daß Frankreich im Augenblick der Aktion
eine Note an Deutſchland richten wird, um es von ſeinem Vor=
gehen
mit entſprechender Begründung in Kennmis zu ſetzen.
In amtlichen franzöſiſchen Kreiſen wird verſichert, daß Po=
inegré
die Aktion nicht von der vorherigem Zuſtimmung des Par=
laments
abhängig zu machen gedenkt, ſondern, daß er in dem
ſicheren Bewußtſein, die ganze öffentliche Meinung Frankreichs
hinter ſich zu haben, ſich darauf beſchränkem wird, das Parlament
vor vollendete Tatſachen zu ſtellen.
* Paris 7. Jan. (Priv.=Tel.) Die Humanits proteſtiert
gegen den franzöſiſchen Plan der Beſetzung des Ruhrgebiets mit
folgenden Worten: Der Marſch in das Ruhrgebiet iſt ein Ver=
brechen
, nicht gegen die Kapitaliſten von Eſſen und Bochum, um
die wir uns nicht viel kümmern, ſondern gegen die deutſche Ar=
beiterſchaft
. Wenn jemals die internationale Solidarität des
Proletariats Pflichten mit ſich gebracht hat, ſo iſt das jetzt der
Fall. Das internationale Proletariat muß ſich mit aller Heftigkeit
gegen dieſen räuberiſchen und verwerflichen Plan wenden, den
der Advokat an der Spitze Frankreichs im Inteneſſe des franzö=
ſiſchen
Hüttenkomitees durchführen will. Weiterhin führt das
Blatt aus, daß die deutſche Induſtrie für die deutſche Landwirt=
ſchaft
unerſetzlich ſei, da dieſe auf den Kunſtdünger angewie=
ſen
iſt. Das deutſche Volk, beſonders die Arbeiter und Bauern,
deren Sterblichkeit im Jahre 1921 erſchreckende geweſen ſei, würde
der Hungersnot preisgegeben, wenn dieſe Produktion ausfallen
würde.
Die Haltung Belgiens.
Paris 7. Jan. (Wolff.) Das Journal glaubt behaupten
zu können, daß die belgiſche Regierung für alle Fälle Vor=
kehrungen
für die Einberufung einer Jahresklaſſe der Miliz treffe.
Schon vor drei Monaten habe die belgiſche Regierung bei jungen
Ingenieuren angefragt, ob ſie bereit wären, die Leitung der Fa=
briken
im Ruhrgebiet zu übernehmen. Die Antwort habe be=
jahend
gelautet.
Paris, 7. Jan. (Wolff.) Der Brüſſeler Korreſpondent des
Petit Pariſien glaubt zu wiſſen, daß Belgien an der Be=
ſetzung
Eſſens teilnehmen werde, falls dieſe nach der Feſt=
ſtellung
der deutſchen Verfehlung als erſte Maßnahme in Betracht
käme. Auch der Berichterſtatter des Oeupre meldet, daß die Be=
ſetzung
Eſſens durch franzöſiſche und belgiſche Truppen erfolgen
werde.
* Paris, 7. Jan. (Prib.=Tel.) Der Intranſigeant ſchreibt:
Die militäriſche Teilnahme Belgiens an der fran=
zöſiſchen
Pfänderaktion, iſt nunnrehr beſchloſſen. Belgien
wird mit zwei Diviſionen daran teilnehmen, während im ganzen
neun Deviſionen eingeſetzt werden ſollen. Italien wird heine
Soldaten in das Ruhrgebiet entſenden, ſtehe aber in dieſer Frage
weiterhin auf Seitem Frankreichs.
Rücktritt von Leon Bourgeois.
Paris, 7. Jan. Dem Journal des Debats zufolge wird
Leon Bourgeois aus Geſundheitsrückſichten den Vorſitz
im Sengt niederlegen.

Er muß ſein Opfer haben!
Die Erwartungen bezüglich der Pariſer Konferenz waren
bei allen, die einigermaßen mit den Vorgängen hinter den
diplomatiſchen Kuliſſen vertraut ſind, nicht allzu hoch geſpannt.
Das Trommelfeuer, das ſeit Monaten von der franzöſiſchen
Preſſe auf die Rhein= und Ruhrſtellung niedergepraſſelt iſt,
wohlgeleitet und immer neu geſchürt vom ſicheren Beobachtungs=
ſtand
des Quai d’Orſay, ließ keine Zweifel mehr darüber, daß
der franzöſiſche Generalangriff kommen würde, kommen mußte
trotz des Scheinmanövers: Keine militäriſchen Sanktionen im
Ruhrgebiet.
Die letzte Feuervorbereitung war die Vorlage des fran=
zöſiſchen
Planes auf der Pariſer Konferenz, der allgemeine An=
griff
die ſcharfe Kritik Poincares an dem engliſchen Vorſchlag.
Es raſte der See, er wvollte ſein Opfer haben!
Und er will es haben. In der dritten Vollſitzung der Pa=
riſer
Konferenz am Donnerstag nachmittag erklärte Poincaré in
kaum verhaltener Erregung, es genüge ihm die Feſtſtellung, daß
der engliſche Plan den Grundſatz der Pfänderbeſchlagnahme ab=
lehne
, weshalb er die verlangte Erörterung des engliſchen Pla=
nes
nicht zulaſſen könnte.
Das heißt alſo: Frankreich verlangt entweder Einigung auf
den ſranzöſiſchen Plan oder Freiheit ſeines Handelns. Mit
dieſer ſchroffen Haltung ſtand Poincaré allein. Die Pariſer
Konferenz iſt abgebrochen worden, ohne daß eine Verſtändigung
erzielt worden wäre meldet in aller Kürze, aber auch in voller
Klarheit das engliſel Reuterbureau.
Was nun? Diefe Frage liegt auf aller Lippen, ſie bewegt
das deutſche Volk in erſter Linie, aber in erheblichem Maße auch
die Völker außerhalb der Grenzen Deutſchlands. Selbſt in Frauk=
reich
iſt man ſich trotz des Jubelns der franzöſiſchen Chauviniſten
und der ſchwerinduſtriellen Preſſe über dieſe Frage wohl
noch nicht ganz klar, man iſt beſorgt über ſeine eigene mutig
vor der Welt bewieſene Stärke. Das franzöſiſche Militär raſſelt
und klirrt mit den Waffen, in den Blättern der Chauviniſten
Frankreichs weiſt man triumphierend darauf hin, daß man nun
nur noch den Finger auf die Organiſationen zu legen brauchte,
die den Auftrag hätten: 1. eine 40prozentige Kohlenſteuer zu
erheben, 2. die Kohlen in den verſchiedenen Gegenden und Wirt=
ſchaftskörpern
zu verteilen. Bei der äußerſt zentraliſierten Or=
ganiſation
des Ruhrgebiets hat die kleinſte Geſte von uns die
weiteſtgehende Wirkung. Worauf in Wirklichkeit das Ziel
Frenkreichs gerichtet iſt, iſt dem deutſchen Volke hinreichend be=
kannt
. Der franzöſiſche Kommuniſt Marcel Cachin ſpricht es
ebenfalls unverhohlen in der Humanité aus: Seit langer Zeit
ſchon liebängelt man mit dem Gedanken, das linke Rheinufer
vom Reiche abzutrennen. Man verfolgt damit keine wirtſchaft=
lichen
Intereſſen, es handelt ſich vielmehr um eine durchaus
politiſche Maßnahme‟. Der Temps ſelbſt erklärt dies ohne Um=
ſchweife
: Man frage uns nicht, ob die Pfänder mehr oder we=
niger
produktiv ſind. Das Ziel, das man ſich geſetzt hat, iſt
alſo durchaus nicht finanzieller Art! bemerkt hierzu die Huma=
nité
, die dann fortfährt: Die Beſchlagnahme der verlangten
rheiniſchen Pfänder iſt der Beginn der ſeit langer Zeit ſchon
von Barrés heuchleriſch formulierten und letzthin von Loucheur
und gewviſſen Pariſer Finanzleuten angenommenen annexioniſti=
ſchen
Politik.
Dort liegt des Pudels Kern. Frankreich behauptet, Deutſch=
land
habe ſich vorſätzlich und böswillig ſeinen Vertragsberpflich=
tungen
entzogen. Es hat es aber unterlaſſen, die im Verſailler
Diktat vorgeſchriebene Prüfung der deutſchen Leiftungsfähigkeit
ernſthaft vorzunehmen. In Frankreich wird behauptet, Deutſch=
land
beſitze die Möglichkeiten, Geld= und Sachlieferungen zu
leiſten; dieſe Behauptung wird aufgeſtellt, obwohl die bedeu=
tendſten
und einwandfreieſten Finanzleute Europas und Ame=
rikas
ſich in außerordentlich ſachlichen Denkſchriften einmütig
dahin ausgeſprochen haben, daß Deutſchland zurzeit völlig
außerſtande iſt, irgendwelch= Leiſtungen auszuführen. Sie be=
antragten
daher eine Ruhepauſe für Deutſchland und die Auf=
legung
von Anleihen. Wenn Frankreich, ohne daß es jemals den
Verſuch gemacht hat, die Leiſtungsfähigheit Deutſchlands zu prü=
fen
, dieſe außerordentlich bedeutſamen ſachverſtändigen Urteile
in den Wind ſchlägt und behauptet, Deutſchland wolle nicht
zahlen, vielmehr die Ergreifung von Pfändern im Rheinland
und Ruhrgebiet und damit die Beſitzergreifung von Deutſch=
lands
wirtſchaftlichen Hauptzentren verlangt, ſo beweiſt es da=
mit
, daß es die Politik rigoros und brutal verfolgt, die Js=
wolski
bereits in ſeinem Telegramm von 1914 über die fran=
zöſiſchen
Richtlinien im Jahre 1913 wiedergibt: Frankreich for=
dert
, die politiſche und ökonomiſche Kraft Deutſchlands zu ver=
nichten
.
Der Schacher um das Memelland.
Kowno, 7. Jan. Wie die litauiſchen Zeitungen aus Paris
berichten, ſteht unmittelbar eine Kundgebung der ver=
bündeten
Mächte über das nächſte Schickſal des Memel=
landes
vor. Die Siegerſtgaten beabſichtigen auch diesmal, keine
endgültige Löſung, ſondern begnügen ſich mit einem allr=
dings
langjährigen Proviſorium. Angeblich wird ein Neu=
tralgebiet
geſchaffen werden. Die litquiſche Oeffenalichkeit ſieht
in dieſem Probiſorium einem großen polniſchen Erfolg. Das
memelländiſche Gericht ſei auf dieſe Weiſe für Polen kaltge=
ſtellt
worden, in der geheimen Hoffnung, daß nach zehn oder
fünfzehn Jahren die politiſchen Verhältwiſſe im öſtlichen Mittel=
europa
ſich zu Polens Gunſten ſo weit verändert haben werden,
daß einer direktem Einverleibung in dew Weichſelſtaat nichts
mehr im Wege ſtehen würde. Große Meinungsverſchiedenheiten
ſeien in Paris über dem dem Gebiet zu gebenden Namen. Die Li=
tauer
fonderten den Namen Klaipeda‟. Dadurch werde der
litauiſche Charakter des Memelgebietes feſtgeſtellt. Merkwür=
digerweiſe
tnaten die Polen auch für dem Namen Klaipeda
ein, unt einerſeits den Litauern eutgegenzukommen, andererſeits
etwaige deutſche Hoffnungew im Keime zu erſticken. Die Ent=
ſcheidung
fiel aber im deutſchen Sinne aus und es wurde be=
ſchloſſen
, den hiſtoriſchen deutſchen Namen Memel für den Ha=
fen
und das ganze Neutralgebiet zu behalten.
Wenn die verbündeten Mächte den Willen des Volkes,
über beſſen Schickſal zu entſcheiden ſie ſich ein Recht anmaßen,
ungehört laſſen, ſo reiht ſich dieſe neue Vergewaltigung des
Selbſtbiſtimmunigsrechtes würdig den Gewalttaten an, die
Deutſchland über ſich ergehen laſſen mußte.

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Seite 2.

Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 8. Januar 1923.

Rummer 7

England wartet die franzöſiſchen
Maßnahmen ab.
Hoffnung auf franzöſiſche Ernüchterung.
London, 6. Jan. (Wolff.) Reuter berichtet, Bonar
Law habe beſchloſſen, den britiſchen Kabinettsrat nicht einzu=
berufen
, falls nicht andere Entwicklungen in der intemationalen
Lage eintreten. Der Premierminiſter warte ab, um die genaue
Art der unabhängigen Aktion kennen zu lernen, die Frankreich
im Ruhrgebiet beabſichtige. Wenn die Haltung feſtſtehe, werde
die britiſche Regierung eine endgültige Erhlärung über die bri=
tiſche
Politik abgeben. Die britiſche Mißbilligung des
Einmarſches ins Ruhrgebiet und die Endwertung des
Frankenmüßten ein Zögern bei Frankreich hervor=
rufen
. Die Schwierigkeit, die zähe weſtfäliſche Bevölkerung zu
zwingen, ſei ein weiterer Faktor, der erwogen werden müßte.
Deutſche Lieferungen.
Paris, 6. Jan. (Havas.) Aus einem langen Communigus
des Unterſtaatsſekretariats der Handelsmarine geht hervor, daß
Frankreich 31 000 Tonnen Hafenmaterial als Ausgleich
für die Verſenkung der deutſchen Kriegsflotte
bei Scapa Flow erhalten hat. Von dieſem Material ſind 2500
Tonnen der Kriegsmarine und der Reſt den Handelshäfen zuge=
wieſen
worden. Der Wert dieſes beträchtlichen Materials be=
trägt
ungefähr 40 Millionen Franes.
Staatsſekretär Bergmann beim Reichs=
kanzler
.
Berlin, 7. Jan. Staatsſekretär Bergmann iſt geſtern
nachmittag um 6 Uhr von Paris in Berlin eingetroffen.
Bald nach ſeiner Ankunft begab er ſich in die Reichskanzlei, wo
er dem Reichskanzler ſeinen erſten Bericht erſtattete.
Aus dem beſetzten Gebiet.
wdl. Mainz, 6. Jan. Zur Warnung für die Verwaltungs=
beamten
des beſetzten Gebietes diene folgende Verhandlung vor
dem franzöſiſchen Militärpolizeigericht in Mainz:
Der franzöſiſche Kreisdelegierte der interalliierten Rheinland=
kommiſſion
in Groß=Gerau, hatte gegen den Bürgermeiſter Kaul
in Nauheim (Kreis Groß=Gerau) Meldung erſtattet, weil er
fortgeſetzt Obſtruktion gegen Anordnungen der interalliierten
Rheinlandkommiſſion getrieben habe. Begründet wurde der
Strafantrag wie folgt: Der Bürgermeiſter habe in der Anmel=
dung
eines aus dem unbeſetzten Gebiet zugezogenen Einwohners
bei dem Kreisdelegierten die Angabe des Militärverhältniſſes
unterlaſſem. 2. Dem Komnandeur eines im Dorfe einnquartierten
franzöſiſchen Truppenteils habe er bei der Requiſition von Stroh
Schwierigkeiten bereitet. 3. Einem im Dorfe auf Urlaub be=
findlichen
, nicht angemeldeten Reichswehrſoldaten habe er Kennt=
nis
von der Anweſenheit der franzöſiſchen Geheimpolizei im
Dorſe gegeben und dadurch die Flucht des ReichswBehrſoldaten
begünſtigt. 4. Eine Liſte der im Dorfe beſtehenden Vereine habe
er erſt auf wiederholte Erinnerung eingeſandt. 5. In einer Waf=
fenentſchädigungsfrage
habe er unrichtige Angaben unterſchrie=
ben
. Der Militärſtaatsanwalt erhob nur wegen des Punktes 1
Anklage, weil die ſtrafrechtliche Verfolgung der übrigen Fälle
verjährt ſei, und beantragte eine Gefängnisſtrafe, weil feſtgeſtellt
worden ſei, daß in ſolchen Fällen den Verurteilten die Geldſtra=
fen
durch eine geheime Organiſation im beſetzten Deutſchland
wieder erſetzt würden. Das Urteil lautete wegen des Anklage=
punktes
1 auf eine Gefängnisſtrafe von 2 Tagen und eine Geld=
ſtrafe
von 10 000 Mark.
Koblenz, 7. Jan. Der franzöſiſche Delegierte in St. Goar
hat angeordnet, daß in den politiſchen Verſammlun=
gen
nur einheimiſche Redner ſprechen dürfen.
Koblenz, 7. Jan. Die Nachrichten über die Möglichkeit
der Zurückziehung der engliſchen und amerika=
niſchen
Truppen aus dem Rheinland im Falle einer fran=
zöſiſchen
Aktion haben im beſetzten Gebiet Beunruhigung
hervorgerufen. Die Zurückziehung der amerikaniſchen und eng=
liſchen
Truppen könnte auch die Auflöſung der Rheinlandkom=
miſſion
zur Folge haben.
Die Lohnſchwierigkeiten im Ruhrbergbau.
* Berlin, 7. Jan. (Priv.=Tel.) Der alte Bergarbeiter=
verband
hielt heute im ganzen Ruhrgebiet Verſammlungen ab,
die dem von dem Vertretern der Arbeitnehmer bei den Berliner
Verhandlungen in der Lohnfrage eingenommene Standpunkt bil=
ligten
, und unter Hinweis auf die zunehmende Teuerung eine
ausreichende Lohnerhöhung ab 15. Dezember forderten. Die
Verſammlungen erhoben ferner entſchiedenen Protzeſt gegew die
von Frankreich geplande Beſetzung des Ruhrgebiets.

Heſſiſches Landestheater.
Kleines Haus.
Sonntag, den 7. Januar:
Der tapfere Soldat.
Operette von Oskar Strauß.
Die Operette von heute iſt keine mehr. Sie hat allen Mut
verloren, politiſche und geſellſchaftliche Zuſtände der Gegenwart
herzhaft zu geißeln und kecke Muſik zu ſchreiben. Und doch gab
es vorm und im Krieg mehr wie genug Begabungen für Spott,
Satire und Parodie, die ſich literariſch und illuſtrativ oft unge=
bärdig
losließen: ein geiſtreiches Operettenbuch iſt nicht entſtan=
den
Und Muſiker genug, fähig flüſſiger Schreibart, den Kopf
voll Melodien: alle verſandeten in Gaſſenhauern. Vielleicht hemm=
ten
Ketten von oben. Jetzt ſind deren viele geſprengt, die Gegen=
wart
wimmelt von Operettentypen, ſchroffe Gegenſätze ſind ge=
häuft
. Das Alte ſtinkt, der Boden für Neues iſt bereitet, die
Zeit dünkt mich reif. Wo iſt die neue Operette?
Der tapfere Soldat, deſſen Textbuch nach dem auch hier
bekannten Stück Helden von Bernard Shaw verfertigt iſt, be=
anſprucht
, als ein Verſuch dazu zu gelten. Er iſt nicht gelungen.
Der Stoff iſt nicht ſchlecht gewählt und dankbar, in dieſer Ver=
arbeitung
indes unwürdig und oft unmittelbar peinlich, die
Handlung könnte manchen Reiz gewinnen und tragfähig gemacht
werden. Anſätze zur Satire laſſe ich gelten, das Beſtreben zu
typiſieren, iſt unverkennbar. Dennoch iſt kein Ganzes, die neue
Operette nicht daraus geworden. Die ſchmächtige Handlung er=
ſchöpft
nicht den Stoff, die Fronie iſt ſchief, die Satire matt.
Widerliche Sentimentalitäten und der Pfeffer verſteckter Sinnlich=
keiten
ſind Füllſel. Ueberall fehlt großzügiger Geiſt. Kleinlich
und fad, bleibt das Stück trotz neuer Ueberarbeitung doch eine
Operette nach üblicher Schablone. Die Muſik Oskar Straußens
iſt fein gearbeitet, aber ohne Originalität und eintönig, manch=
mal
melodiſch reizvoll und prickelnd in der Inſtrumentation, im
ganzen horizontal und furchtſam. Keine einzige Melodie, die
man nicht los wird, kein Satz voll Raſſe und Schmiß, der hinriſſe.
Alles zahm und brav. Schon vorm Kriege hörte man die Ope=
rette
hier; ſie hatte kein Glück, und hat es auch heute nicht gehabt.
Starker äußerer Erfolg darf darüber nicht täuſchen.
Für die flott herausgebrachte Aufführung hatten ſich beſte
Kräfte eingeſetzt. Was aus der Partitur zu machen war, holte
Herr Roſenſtock und unſer Orcheſter mit Feinheit und
Schwung heraus. Die Regie des Herrn Schütz hob Draſtik und
Fronie, nette Bühnenbilder gaben Farben und Lebendigkeit. Die
Perſonenbeſetzung war ausgezeichnet. Voran Herr Schramm
vom Opernhaus in Frankfurt als Gaſt für die Rolle des Bu=
merli
. Den verſchiedenen Offizierstypen, die alle ſchlecht weg=
kommen
, waren die Herren Kuhn, Siegfried und 7.

Die Berechnung des deutſchen Volks=
vermögens
.
Ausgehend vom Vorkriegsſtand, iſt zunächſt darauf hinzu=
weiſen
, daß wir durch die erzwungenen Gebietsabtretungen
und durch die anderen aus dem Verſailler Diktat ſich ergeben=
den
Laſten bisher Aufwendungen in einer Mindeſthöh= von
100 Goldmilliarden geleiſtet haben. Dieſ= Leiſtungen ſind ziffern=
mäßig
nachzuweiſen. Viel ſchwieriger liegen die Verhältniſſe
aber bei den indirekten Folgen des Verſailler Diktats, da dieſe
in ihrer Höhe ziffernmäßig überhaupt nicht zu erfaſſen ſind,
trotzdem ſie die Subſtanz des deutſchen Volksvermögens außer=
ordentlich
geſchwächt haben. Erinnert ſei nur an den Ausver=
kauf
Deutſchlands. Dieſer wurde dadurch herbeigeführt, daß die
ausländiſche Finanz, die für den jeweiligen Markſtand von
viel größerem Einfluß iſt als die deutſche, aus ſpekulativen und
aus politiſchen Gründen die Mark durchſchnittlich immer viel
niedriger bewertet hat, als nach ihrem inneren Wert gemeſſen
z. B. an der Verſchuldung des Reiches und am Notenumlauf
berechtigt geweſen wäre; dementſprechend wurden die aus=
ländiſchen
Valuten zu hoch eingeſchätzt. Die Folge war, daß
wir die ausländiſchen Rohſtoffe viel zu teuer bezahlen mußten,
während das Ausland unſere eigenen Erzeugniſſe zu billig be=
kam
, ein Geſchäft, das durch die lauge Zeit in Deutſchland
künſtlich niedrig gehaltenen Produktionskoſten ( Lebensmittelzu=
ſchüſſe
, Mietzwangswirtſchaft uſw.) für das Ausland noch gün=
ſtiger
wurde. Eine weitere wichtige Rolle ſpielte dabei die ſo=
genannte
Riſikoprämie, die darin beſteht, daß der Auslünder
bei Warenlieferungen nach Deutſchland in der Regel einen
nicht unerheblichen Riſikoaufſchlag berechnet, während der in=
ländiſche
Exporteur, um überhaupt ins Geſchäft zu kommen, ſich
meiſtenteils zu recht weitgehenden Preiszugeſtändniſſen ent=
ſchließen
mußte. Neben dem von außen kommenden Verzehr
an Vermögensſubſtanz trat noch ein inneres. Dieſes rührte von
dem privatwirtſchaftlich durchaus richtigen Gedanken her, daß
Beſitz von Mark ſicheren Vermögensverluſt bedeut:, demgegen=
über
mögliche Verluſte im Fall eines Erwerbes von ſogenann=
ten
Sachwerten geringer zu veranſchlagen ſeien. Daraus ent=
ſtand
in faſt allen Kreiſen der Bevölkerung ein über das nor=
male
und über das wirtſchaftlich eigentlich mögliche Maß hin=
ausgehender
Verbrauch in allen möglichen Gütern, der vor=
handene
Wert= aufzehrte und was volkswirtſchaftlich außer=
ordentlich
nachteilig wirkte die Neubildung von Kapital ver=
hinderte
. Alle dieſe Erſcheinungen ergaben zuſammengefaßt
eine Schwächung des Volksvermögens, die auf Reparations=
konto
geſetzt werden muß.
Dieſe Subſtanzverminderung erſtreckt ſich auf die Großen
und auf die Kleinen. Für die Größe des Vermögens der Ar=
beiterſchaft
und des Mittelſtandes bildet einen guten Grad=
meſſer
der Einlagebeſtand der Sparkaſſen. Dieſer belief ſich
Eude 1913 auf rund 20 Milliarden Mark. Mitte 1922 waren
aus den 20 Milliarden zwar 50 Milliarden geworden; gemeſſen
am Lamaligen Großhandelsindex, repräſentieren dieſe aber nur
noch einen Wert von 700 Millionen Mark, d. h. nicht einmal
den dreißigſten Teil ihres Friedensbetrages. Bei dem in die=
ſen
Zahlen zum Ausdruck kominenden Vermögensterluſt hat es
jedoch nicht ſein Bewenden. Zu ihnen kommen vielmehr noch
die Aufwendungen, mit denen disjenigen Perſonen in ihrer
Altersverſorgung ſichergeſtellt werden müſſen, die ſie früher aus
ihrem Sparguthaben ſelbſt beſtreiten konnten, dazu aber jetzt
nach dem Verluſt ihres Vermögens nicht mehr in der Lage ſind.
In der Induſtrie ſieht 2s ühnlich aus. Ende 1913 betrug der
Nennwert des Kapitals der deutſchon Iktiengeſellſchaften rund
17 Milliarden, der Kurswert rund 31 Milliarden. Am 1. Sep=
tember
war der Nennwert auf 30 Milliarden, der Kurswert auf
1000 Milliarden geſtiegen. In Wirklichkeit war jedoch der Wert,
am Dollarſtand gemeſſen, auf 3 Milliarden g=fallen, wobei noch
zu berückſichtigen iſt, daß ein erheblicher Teil dieſes Vetrages
im Laufe der Zeit ins Ausland abgewandert iſt, für die Arbeit
zugunſten der deutſchen Volkswirtſchaft alſo nicht mehr in Be=
tracht
kommt.
Von der Lauſanner Konferenz.
Lauſanne, 6. Jan. (Wolff.) In der heutigen Voll=
ſitzung
des zweiten Ausſchuſſes über die Kapitulationen,
verlas Jsmed Paſcha eine längere Erklärung, die Punkt für
Punkt die alliierten Forderungen zurückweiſt, und vor allem Ein=
ſpruch
erhebt, daß es infolge der Unzulänglichheit der türkiſchen
Rechtſprechung Ausnahmegerichte für Ausländer bedürfe. Der
Präſident des Ausſchuſſes, Garroni, verlieh ſeiner Enttäuſchung
über die türkiſche Antwort Ausdruck, und hofft, daß die türkiſche
öffentliche Meinung, wenn ſie beſſer unterrichtet ſei, die Abſichten
der Allierten nicht mehr verkennen würde. Lord Curzon und
Barrére betonten, daß die Alliierten auf ihren Forderungen be= 76 Kurſe der Volkshochſchule in den Zeitungen zu veröffentlichen ohne
ſtehen müßten. Nach einer kurzen Entgegnung Jsmed Paſchas,
der deu türkiſchen Verſtändigungswillen betonte, aber auf ſeinem
Vorſchlägen beharrte, wurde die Sitzung geſchloſſen.

gas vortreffliche Vertreter, Fritzi Jokl und Hertho Greeff,
dieſe gewondten reizvollen Künſtlerinnen, brachten in Spiel und
Geſang allerliebſte Darſtellungen der Nadina und Maſcha.
Martha Liebel gab eine draſtiſche Aurelia.
Das Publikum war warm, verlangte verſchiedene Wieder=
holungen
, und klatſchte am Schluß den anweſenden Komponiſten
heraus.
v, H.
Konzert.
E. N. Am Sonntag morgen gab Herr Guſtav Beck im
Kleinen Hauſe des Landestheaters ſeinen zahlreichen Darm=
ſtädter
Freunden Gelegenheit, die großen Fortſchritte zu be=
obachten
, die er als Pianiſt gemacht hat. Der junge Künſtler
vereinigt in ſich viele Vorzüge, die ihmn der trefflichſte Geleitbrief
in die Fremde und für die Zukunft ſein werden. Vor allem iſt
ſeine natürliche muſikaliſche Auffaſſung ſympathiſch, die ihn den
verſchiedenſten Meiſtern und Werken gegenüber ſtets die richtige
Einfühlung finden läßt, dabei eine ſchätzenswerte Selbſtloſig=
keit
, die auf ſubjektive Uebertreibungen verzichtet. Dieſer gut
muſikaliſchen Begabung ſteht ein ſchon heute recht bedeutendes
techniſches Können zur Seite, das bei der Jugend des Künſtlers
noch der Steigerung fähig ſein wird. Schöner, ſingender Ton,
ausgeprägte Beherrſchung der Anſchlagsarten und Beherrſchung
des Virtuoſen traten überall hervor, dagegen kann das perlend
geläufige Spiel zuweilen etwas mehr über das Piano heraus=
treten
und bei größeren Sprüngen die Treffſicherheit noch grö=
ßer
werden. Auch kam es bei leidenſchaftlichen Kraftſtellen vor,
daß die Klarheit etwas litt. Aber das ſind Dinge, die der Vor=
wärtsſtrebende
bald völlig meiſtern wird.
Von der umfangreichen Vortragsfolge ſagten uns am meiſten
zu die in höchſt angenehm gemäßigtem Tempo geſpielte herrliche
A=Dur=Sonate von Mozart, die noch etwas mehr Grazie im
erſten Satz vertragen kann, und mehrere trefflich geſpielten klei=
neren
Stücke von Claude Debuſſy. Auch die prächtige, im Kon=
zert
faſt nie geſpielte G=Moll=Fantaſie von Beethoven, ein Werk
von ſtark improviſatoriſchem Charakter, kam gut zur Geltung;
manchen Gedankenſtrich hätten wir etwas länger gewünſcht. Das
Orgelkonzert von Wilhelm Friedemann Bach in der grandioſen
Bearbeitung von Auguſt Stradal und die beiden großen Chopin=
ſtücke
Polonaiſe As=Dur und Ballade F=Moll waren als Proben
virtuoſer Kraftleiſtungen die Höhepunkte des Vormittags, hier
aber traten auch die Grenzen des von Herrn Beck bisher Errun=
genen
in den obengenannten Punkten zuweilen hervor. Doch
war auch hier überall die muſikaliſche Geſtaltungskraft höchſt an=
erkennenswert
, ſo daß das Intereſſe nie erlahmte. Wir beglück=
wünſchen
den Künſtler zu dem reichen Beifall, den ſeine Darbie=
tungen
fanden, und wünſchen ihm, daß der raſche Aufſtieg, den
ſeine Kunſt in ſo kurzer Zeit genommen hat, noch recht lange
anhalten und ihn dem engen Kreis der bedeutenden Pigniſten
zuführen möge.

Laufanne, 7. Jan. (Wolff.) Ismed Paſcha beantwortete
heute das interalliierte Beſchwerdeſchreiben über den geſtrigen
Zwiſchenfall im Unterausſchuß für die Minderheitenfrage. Er
erklärte, daß es ſich um ein Mißverſtändnis handele, und daß
Riza Nouribey von keinerlei beleidigenden Abſichten getrieben
ſei. Der Zwiſchenfall ſei dadurch provoziert worden, daß die
bereits erledigte Armenierfrage, wiederum zur Debatte geſtellt
wurde. Die türkiſche Abordnung bedauerte den Zwiſchenfall und
betrachte ihn als erledigt.
Eiue deutſch=ſchweizeriſche Konferenz für
Berkehrsfragen.
Berlin, 6. Jan. Geſtern wurde hier die Kouferenz
zwiſchen deutſchen, ſchweizeriſchen undöſterreichi=
ſchen
Delegierten eröffnet, die eine einheitliche deutſche
Ueberſetzung der im vorigen Jahre in Barcelona gefaßten Be=
ſchlüſſe
fertigen ſoll. Dabei handelt es ſich hauptſächlich um all=
gemeine
Uebereinkommen über den Durchgangsverkehr und das
Regime der ſchiffbaren Waſſerſtraßen von internationgler
Bedeutung. Zum Vorſitzenden wurde der deutſche Geſandte, Dr.
Seeliger, gewählt.
Das franzöſiſche Budget für 1923.
3 Milliarden 487 Millionen Defizit.
Paris, 7. Jan. (Wolff.) Da das Budget für 1923
vom Parlament nicht rechtzeitig vor dem 1. Januar angenom=
men
worden iſt und die Kammer erſt in einiger Zeit das Finaaz=
geſetz
für 1923 beraten wird, brachte der Generalberichterſtatter
für das Budget einen Ergänzungsbericht ein. Das urſprünglich
mit 3,7 Milliarden angeſetzte Defizit wurde danach auf 3,187
Milliarden eingeſchränkt. Dieſer Fehlbetrag iſt, durch Anleihen
zu decken.
Franzöſiſch=italieniſche Berhandlungen
wegen der Arbeitereinwanderung.
EU. Paris, 6. Jan. Wie wir von zuverläſſiger. Quelle
erfahren, ſtehen die franzöſiſch=italieniſchen Verhandlungen we=
gen
Einwanderungvon 300 000 italieniſcher Ar=
beiter
nach Frankreich unmittelbar vor dem Abſchluß.
Als Gegenleiſtung wird ſich Italien verpflichten, die Emfuhr
halbfertiger Produkte der franzöſiſchen Hütteninduſtrie und die
Einwanderung franzöſiſchen Kapitals nach Italien zu geſtatten.
Dieſe Nachricht iſt geeignet, die Haltung der italieniſchen Regie=
rung
auf der Pariſer Konferenz in mancher Hinſicht verſtändlich
erſcheinen zu laſſen.

Darmſtadt, 8. Januar.
Vereinfachung der Verwaltung bei den
Verſorgungsbehörden.
Das Intereſſe der Allgemeinheit und die mehr als ſchwie=
rige
Finanzlage des Reiches fordern gebieteriſch eine Verein=
fachung
der Verwaltung, die Aufhebung von nicht unbedingt
mehr notwendigen Behörden und die Entlaſſung aller nur
irgend entbehrlichen Hilfskräfte. Dieſem Zwange vermag ſich
auch das Reichsarbeitsminiſterium nicht zu entziehen, und zwar
um ſo weniger, als der Reichstag und die Landesregiekungen
einmütig die Verwaltungsvereinfachung fordern. Das Mini=
ſterium
iſt daher genötigt, nach Abſchluß der Umanerkennung
nicht mehr als wirtſchaftlich zu bezeichnende Verſorgungsbehör=
den
, deren Tätigkeit auch unſchwer von einem anderen Amtsſitze
aus wahrgenommen werden kann, aufzulöſen. Bei der Durch=
führung
dieſer Maßnahmen ſollen die berechtigten Intereſſen
der Beamten der aufzulöſenden Aemter, ſoweit dies irgendwie
möglich iſt, Berückſichtigung finden. Die Belange der Kriegs=
opfer
ſollen in keiner Weiſe eine Schädigung erfahren. Koſt=
ſpielige
und zeitraubende Reiſen von Kriegsbeſchädigten uſw.,
die mit Ablauf der Umanerkennungsarbeiten nur noch in ganz
ſeltenen Ausnahmefällen am Amtsſitz ſelbſt vorzuſrrechen haben,
werden durch die Einrichtung von Verſorgungsſprech= und be=
ſonderen
ärztlichen Unterſuchungstagen vermieden werden. Die
Aemter ſelbſt, die durch die Vereinigung von einzelnen Be=
zirken
einen erweiterten Wirkungsbereich erhalten, werden hin=
reichend
mit gut eingearbeitetem Beamtenperſonal ausgeſtattet
ſein, ſo daß ſie den erhöhten Anforderungen, die an dieſe der=
größerten
Aemter bezüglich der Bearbeitung der Verſorgungs=
angelegenheiten
und des ſonſtigen verm hrten Schriftvertehrs
herantreten werden, voll gewachſen ſind.

Volkshochſchule Darmſtadt. Es iſt nicht angängig, die ſämtlichen
die Preſſe in ihrer Not ungebührlich in Anſpruch zu nehmen. Keder=
mann
verlange den Arbeitsplan (Preis 20 Mark). Er wird ſo unter
den Vor= und Fachkurſen, den Vortragsreihen und Arbeitsgemeinſchaf=
ten
=über alle Wiſſens= und Lebensgebiete das für ihn Geeignete finden.
Die Hörgebühren für den einzelnen Kurſus von acht Abenden mußte
wegen des geringen ſtädtiſchen Zuſchuſſes auf 500 Mark, für Mitglieder
der Volkshochſchule auf 400 Mark erhöht werden. Meldungen zu den
Kurſen am beſten perſönlich bis einſchließlich 15. Januar in der Ge=
ſchäftsſtelle
, Wilhelminenſtraße 3, 2. Stock, täglich von 111 und von
47 Uhr. Meldungen können auch ſchriftlich (nicht telephoniſch) unter
gleichzeitiger Einſendung des Geldbetrags an unſere Bank ( Daru=
ſtädter
und Nationalbank) zuzüglich Porto für Zuſendung der 6 rte
erfolgen. Beſonders ſei aber auf die Kurſe über Literatur, Kunſt und
Heimatkunde hingewieſen: Nr. 24: Friedrich Nietzſche Dr. Obenauer.
Nr. 25: Einführung in das dichteriſche und weltanſchauliche Verſtändnis
von Goethes Lebenswerk Fauſt Pfarrer Clemens Taesler. Nr. 27:
Darmſtädter Größen im 18. und 19. Jahrhundert, Dr. H. Bräuning=
Oktavio. Nr. 28: Mundart und Mundartdichtung, Robert Schneider.
Nr. 29: Henrik Ibſen, Gerhart Hauptmann, Dr. Wauer. Nr. 30:
Literariſche Unterredungen, Schriftſteller W. Michel. Nr. 36: Deutſche
Geſchichte ſeit 1860, Dr. H. Bräuning=Oktabio. Nr. 47: Deutſchlands
Gebirgsbau und Bodenſchätze, Oberbergrat Prof. Dr. Klemm. Nr. 53:
Einführung in die deutſche Literatur, Studienrat Dr. Hinrichs. Nu. 54:.
Der junge Goethe, Dr. H. Bräuning=Oktavio. Nr. 56: Deutſches Drama
im 19. Jahrhundert, Studienrat Dr. A. Büchner. Nr. 57: Aus der
Literatur der Jugendbewegung, Dr. H. Bräuning=Oktavio. Nr.
Singſchule und Volkstänze, Lehrer Ph. Müller. Nr. 60: Muſik=Zirkel,
Aſſeſſor H. Kaiſer. Nr. 61: Das deutſche Lied, Dr. Friedrich Noack.
Nr. 62: Beethoven, Dr. J. Wenz. Nr. 64: Entwerfen von Möbeln und
neuzeitlichen künſtleriſchem Hausrat, Ornamentik, Architekt Emanuel
Joſef Margold. Nr. 65: Neuzeitliche künſtleriſche Handarbeiten, Frau
Ella Margold. Nr. 66: Praktiſche Handarbeiten, techmiſche Lehrerin
T. Kraemer. Nr. 67: Moder, Malerei Maler Paul Theſing. Nr. 68:
Malen und Zeichnen, Maler Otto Wachsmuth. Nr. 69: Plaſtiſche
Kurſe zur Erziehung des Formgefühls, Bildhauer Well Habicht. Nr. 71:
Freihandſkizzieren als Ausdrucksmittel und Schulung des Auges, Maler
Georg Breitwieſer. Nr. 72: Kunſtgeſchichtliche Streifzüge, Dr. Robert
Corwegh. Nr. 73: Stilgeſchichtliche Wandlungen in der abendländiſchen
Kunſt, K. H. Ruppel.
* Abänderung des Hundeſteuergeſetzes. Laut Beſchluß des Heſſiſchen
Landtages werden die Steuerſätze in Art. 1 des Hundeſteuergeſetzes von
5. 10, 15 und 20 Mark auf 125, 250, 375 und 500 Mark erhöht. Nach
Art. 2 ſind die Gemeinden befugt, das Halten von Hunden innerhalb
ihrer Gemarkung mit einer jährlichem Abgabe und den mehrfachei
Hundebeſitz mit jährlichen, nach der Zahl der Hunde, jeweils ſich er=
höhenden
Zuſchlägen zugunſten der Gemeindekaſſe zu belegen. Jir
Art. 8 wverden die Worte vervierfachen durch verfünffachen und bis
zu 100 durch bis zu 1000 erſetzt. Die Hundeſteuerſtrafen fließen im
die Landeskaſſe. Das Geſetz iſt am 1. Januar 1923 in Kraft getreten.
Caroline Lankhout in Darmſtadt. Der Nichard Wagner=
Verein, der in den letzten vierzehn Tagen einen Zuſtrom von Mit=
gliedern
zu verzeichnen gehubt hat, wie noch nie ſeit ſeinem Beſteheu,
wird am nächſtn Samstag die junge holländiſche Pianiſtin Caroline
Lankhout in Darmſtdt einführen, die im letztn Jahre in allen
größeren Städten Deutichlands mit ungewöhnlichem Erfolg aufgetreren
iſt. Nur folgende auswärtige Preffeſtimme möge hier angeführt ſein:
Nun folgte der Clou des Abends; Fräulein Caroline Lanchout be=
glückte
uns mit dem A=Moll=Konzert don Schumann. Es war ein Be=
glücken
iur zuahrſten Sinne des Wortes, denn in ihr lernten wir eine
Künſtlerin kennen, die alle Fähigkeiten zur vollendeten Pianiſtin mit=
bringt
: feinſte uhythmiſche Phraſierung, erſtaunliche Selbſtdifziplin, voll=
endetze
Technik. Schon der Aublick ihres Spieles war ein äſthetiſcher
Genuß, jede Muskel ihres Körgeus einpfand und war Muſik.

[ ][  ][ ]

Rummer 7.

Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 8. Januar 1923.*

Seite 3.

ſelbſt. Mufikaliſch und techniſch makellos führte ſie ihre Aufgabe durch
und errang einen beiſpielloſen Erfolg.
* Im Silberkranz. Stellwerkmeiſter Adam Werner, Alte Nieder=
ſtraße
10, und Frau Katharine geb. Michel, begehen am 9. Januar das
Feſt der Silbernen Hochzeit.

Hpiel, Hport und Turnen.
Friede zwiſchen Turnen und Sport
ſcheint nun enidlich auch in unſerem engeren Heimatsgebiet geſchloſſen
zur ſein. Bei der am geſtrigen Sonntag im Frankfurter Eintracht=
Vereinshaus unter dem Vorſitz von Dv. Schöndube ſtattgefundenen
Verſammlung von Turn= und Sportvereinen wurde der einſtim=
mige
Beſchluß gefaßt, mi allen Mitteln daran zu arbeiten, daß der
Zank zwiſchen Turnen und Sport unter alllen Umſtänden durch
einen ſofortigen Frieden erſetzt werden muß. Herzliche Dankes=
und Begrüßungsworte fand Dr. Schöndube für die zahlreich erſchie=
nenen
Vertreter der Turn= und Sportvereine. Außer den dielen Ver=
einen
von Frankfurt und Umgebung waren die Vereine von Darm=
ſtadt
, Mamz. Saarbrücken, Aſchaffenburg, Wiesbaden, Gießen und
Kreuznach vertreten. In ſeiner Eingangsanſprache erläuterte der Vor=
ſitzende
in treffender Weiſe die unbedingte Notvendigkeit eines Friedens
auf dem Gebiete der Leibesübungen; der leidige Streit der Zuſtändig=
keitsfragen
der verſchiedenen Spitzenverbände müſſe unbedingt eingeſtellt
werden. Nur dadurch ſei es möglich, der hohen vaterländiſchen Auf=
gabe
, der körperlichen Ertüchtigung unſerer deutſchen Jugend, gerecht
zu werden. Beſonders unſere Brüder aus dem beſetzten Gebiet mahn=
ten
eindringlich zum endlichen Frieden. Dem Einigungsgedanken ſehr
förderlich war für die geſtrige Verſammlung die erfreuliche Tatſache,
daß die Deutſche Turnerſchaft die ſogen. Weſtdeutſchen Grundſätze von
Dr. Neuendorff anerkannt hat. Anſchließend wunde nun von dem
Vorſitzenden eine Entſchließung der Verſammlung verleſen und dieſe
zur Ausſprache geſtellt. Es entwickelte ſich jetzt eine ausgiebige Aus=
ſprache
, und zwar nicht nur über die ſogen. Neuendorffſchen Sätze, auch
diejenigen der Münchener Vereine wurden erörtert. Es drohte bei
dieſer teilweiſe ſehr lebhaften Ausſprache nahezu die Möglichkeit, daß
das gewollte Ziel, die Einigung, nicht erreicht werden ſollte. Nur da=
durch
, daß man die ſogen. Baltiſchen Sätze in bezug auf Handball
und Leichtakhletik in den Frankfurter Vorſchlag übernahm, konnte eins
Annahme, und zwar eine einſtimmige, feſtgeſtellt werden. Ueber die
Koyfſteuer in den ſogen, gemiſchten Vereinen der D. T. wurde ein=
gehend
geſsrochen. Daß die ſeitherigen Beſtimmugen der D. T. ge=
ändert
werden müſſen, wurde in einer beſonderen anſchließenden Sitzung
unbedingt verlangt. Entſprechende Vorſchläge über dieſen Punkt wer=
den
demnächſt der Leitung der D. T. unterbreitet werden.
Nach den verſchiedenen Aenderungen lauten die Frankfurter
Sätze wie folgt:
Die in Frankfurt a. M. am 7. Januar 1923 im Vereinshauſe der
Turn= und Sportgemeinde Eintracht von 1861 verſammelten Ver=
treter
von Turn= und Sportvereinen fordern ihre
Spitzenverbände auf, zur folgenden Encſchließung bis zum 1. März 1923
Stellung zu mehmen:
1. Die Kreiſe Bayern, Württemberg, Baben und der Mittelrhein=
kreis
der D. T., der Kreis 5 des Deutſchen Schwimmverbandes, der
Süiddeutſche Fußballverband und der Süddeutſche Verband für Leicht=
athletik
ſchließen ſich zum Zwecke der Einigung zwiſchen Dur=
nen
und Sport, zur gemeinſamen Pflege ihrer Leibesübungen und
zur gemeinſamen Wahrung ihrer Intereſſen nach außen, zu einem Süd=
deutſchen
Bunde für Leibesübungen zuſammen.
2. Die Startverbote werden aufgehoben, Abteilungen in ge=
miſchten
Vereinen bleiben wie bisher Mitglieder ihrer Fachverbände.
3. Zur Leitung des Bundes wird ein gemiſchter Ausſchuß berufen,
für deſſen Sitz München vorgeſchlagen wird.
4. Jeder dem Vunde angeſchloſſene Verband bleibt ſelbſtändig.
Jeder kann alle Leibesübungen betreiben und Wettkämpfe in ihnen
veranſtalten.
5. Meiſterſchaftskämpfe werden vom Bund feſtgelegt und in ſeinem
Auftrage von den zuſtändigen Verbänden durchgeführt.
Als zuſtändige Verbände gelten:

a) für Meiſterſchaften im gemiſchten Kampf, Geräteturnen, in den
Freiübungen, in den beſtehenden deutſchen Turnſpielen die D. T.;
b) im Schwimmen der Kreis 5 des Deutſchen Schwimmerbandes;
C) im Fußball der Süddeutſche Fußballverband;
d) in Leichtathletik und Handball werden gemeinſame Meiſterſchaften
ausgeſchvieben und ausgetragen. Die Durchführung dieſer wird Fach=
ausſchüfſen
, die paritätiſch von Deutſcher Turnerſchaſt und Sport=
behörde
für Leichtathletik zuſammengeſetzt ſind, übertragen.
6. Grundſätzlich iſt jedes Mitglied eines Bundesvereins bereihtigt,
an den vom Bund feſtgeſetzten Meiſterſchaften teilzunehmen, ohne der=
pflichtet
zu ſein, dem zuſtändigen Fachverbande anzugehören. Abtei=
lungen
von Vereinen, die an Verbandsſpielen für Fußball teilnehmen,
müſſen Mitglied des Süddeutſchen Fußballverbandes; Abteilungen, die
an den Turnſpielen teilnehmen, müfſen Mitglied der D. T.; und die
Schwimmabteilungen, die an den Verbandskämpfen für Waſſerball teil=
nehmen
, müſſen Mitglied des Deutſchen Schwivimverbandes ſein.
Im Anſchluß an die Beratung der vorſtehenden Sätze wurde noch
ein Arbeitsausſchuß gewählt, der ſich zuſammenſetzt aus ſechs
Vertretern der D. T., zuvei Vertretern vom Deutſchen Fußbalſbund, zwei
Vertretern vom Deutſchen Schwinmmverband, zwei Bertretern vom
Deutſchen Leichtathletik=Verband Die Namen dieſer Vertreter ſind:
Schiller, Turngau Frankfurt; Bitſch, To. 1860 Frankfurt; Dr. Schön=
dube
Eintracht=Frankfurt; Cantor, To. 1817=Mainz; Müiller, Tgde.
1846=Darmſtadt; Rothenbach, Tv. Aſchaffenburg; Dr. Mickel, Sportberein
1898=Darmſtadt: Heberer, 1. Frankfurter Schwimmkluß; Dr. Lotz,
Fraukfurter Verband für Turnſport; Stichter, Alemannia=Worms;
Chriſte, V. f. R., Frankfurt; Gießmann, Schwimmklub Darmſtadt:.
Um 4 Uhr nachmittags konnte die denkwürdige ſechsſtündige Tagung
geſchloſſen werden. Hoffentlich bringt uns dieſe dauerden Frieden,
getreu dem alten Tuxnerlied: Großes Werk gedeiht nur durch Einig=
keit
.
II. M.
V. f. R. DarmſtadtOlympia Lorſch 1:0 (0:0), Ecken 4: 3.
Ein herborragender Kampf, und vor allem ein fairer, dank guter
Leitung, wurde das geſtrige Vorſpiel um die Gaumeiſterſchaft der bei=
den
obengenannten Bezirksmeiſter des Gaues Bergſtraße. Gleich den
beiden Spielen des Vorjahres war auch die geſtrige Begegnung eine
ausgezeichnete Leiſtung zweier Gegner, die ſich ſcheinbar verpflichtet
fühlten, als Meiſter ihres Bezirks Veſtes zu zeigen. Reiche Chancen
beiderſeits, bedigt durch ausgeglichene Spielſtärke und gleichen Einſatz
an Energie, hielten eine anſehnliche, ſich muſtergültig verhaltende Zu=
ſchauermenge
bis Schluß in Spannung. Der verdiente Sieg des V.f.N.
wurde viel bejubelt. Andererſeits fand Lorſchs Leiſtung uneingeſchränkte
Anerkennung.
Dem Schiedsrichter Herrn Lauer von der Spogg. Plankſtadt
ſtellten ſich die Mannfchaften:
Lorſch:
Ludwig
Maſſoth Walter
Joſt Eberle Spahl
Falter
Netz Albert Dießl Jakob.
Nungeſſer Dillmann, Willy Müller Waldhaus, Herm., Berger
Dillmann Paul Meyer Weicker, Hans
Waldhaus, Alfred. Schmidt
V. f. R.:
Hanſel.
Mithin Lorſch komplett, V.f.R. mit Erſatz füir ſeinen unfreiwillig
pauſierenden Torhüter Friedmann.
Vom Spielverlauf: Nach Beginn des Spieles bereits muß Hanſel
eingreifen und ſchwachen Schuß von Metz abwehren. Cberle ſchießt
langen Schuß übers V.f.R.=Tor. Berger kommt gut vor Lorſchs Tor
und ſchießt mit Wucht knapp über die Latte. Nungeſſer ſchafft ſich
gleich darauf ebenfalls gut vor, doch vergibt er wegen Bodenuneben=
heit
. Lorſch kommt allmählich in Schwung. Nacheinander verſchießen
Diehl und Falter. V.f.R, erzwingt ſeine erſte Ecke, die, zu ſchwach
gegeben nichts einbringt. Müller hat ſich fein durchgeſchofft, doch
nimmt Lorſchs Torhüter ihm den Ball vom Fuß. Eine feine Leiſtung.
Berger hat mit gurgemeinten Torſchüſſen kein Glück. Beim V. f. R.
klappt es num tadellos und die erſte Hälfte ſieht ihn nun in Front.
Nungeſſers Schuß wird gehalten, Müller ſchießt einen 20 Meter=Schiß
hoch übers Lorſcher Tor; dann finder der Ball, mehrmals auf Lorſchs
Tor abgegeben, durch die Beine zahlreicher Hinterannſchaft nicht den
Weg ins Tor. Lorſch erzwinyt nun ſeine erſte Ecke, die gut gegeben

und unter die Latte des V.f.R.=Tor plaziert, von Hanſel ausgezeichnet
über dieſelbe zur ziveiten Ecke für Lorſch gelenkt wird. Falter, Metz
und Jakob laſſen ausſichtsreiche Sachen für Lorſch aus. Noch zwei
erfolgloſe Ecken für V.f.R. einige Schüſſe des V.f. R.=Sturmes, die der
Lorſcher Torhüter glänzend meiſtert, und die Pauſe iſt da. Stand 0:0
Toue bei Halbzeit.
Nach Beginn der zweiten Hälfte wirds ſofort brenzlich vovm V.f.R.
Tor. Hanſel hat ſcharfe Schüſſe zu halten. Dann erzwingt V.f.R. die
vierte Ecke. Das Tempo hat ſich geſteigert gegen die erſte Hälfte. Das
Spiel erreicht ſeinen Höhepunbt. Tore liegen in der Luft. Die 22. Mi=
nute
bricht nun endlich den Bann. Paul Dillmann hat Müller eine
ſchräge Vorlage zur Mitte gegeben. Müller nimmt ſie auf, umfpielt
entſchloſſen Lorſchs rechten Verteidiger, Maſſoth ſpurtet, lenft den
Ball knapp an dem ſich nach demſelben werfenden Torhüter vorbei, und
reicher Beifall zeigt an, daß ſeine Glanzleiſtung zum Erfolg geführt
hat. V.f.N. führt 1:0. Lorſch fällt uun etſns ab, ſpielt zeitweiſe gleich
Verein für Raſenſpiele mit 10 Mann. Dillmann, Willy, und Waldhaus
Herm. vergeben. Dann drückt Hanſel ſcharfen Schuß Falters übers
V.f.R.=Tor zur dritten Ecke für Lorſe. Dieſe läuft am V.f.R.=Tor ent=
lang
, von Lorſch als Ausgleichsmöglichkeit verſiebt. Während V.f.N.
kurz vor Schluß nachläßt, arbeitet Lorſch mit Nachdruck vergeblich auf
den Ausyleich Schluß.
V.f.R. hat einen verdienton Sieg gelandet. Lorſch hätte dasfelbs
erreichen können. Man verläßt befriedigt
Geſamteindruck: Lorſch verzeichnet gegen das Vorjahr in Techuib
und Kombination einen Fortſchritt. Schwache Punkte ſind in der Mann=
ſchaft
nicht zu finden. Immerhin ſind zu nennen: der an der Nieder=
lage
ſchuldloſe Torhüter Ludlvig und die rontinierten Stürmer Falter,
Albert, Diehl und Jakob.
V. f. R. zeigte ein in allen Linien aufopferndes Spiel und auch
Muſterleiſtungen. Etwas ab fielen gegen Schluß Dillmann, Willy und
der verletzte Waldhaus, Herm.
Deutſches Turnfeſt 1923.
sr. Für das vom 7. bis 21. Juli in München vorgeſehene Deutſcha
Turnfeſt 1923 hat die Deutſche Turnerſchaft ſchon jetzt die Vorbereitungei
in die Hand genommen. Vom 7. bis 13. Juli iſt eine Vorwoche vorge=
ſehen
, die der Münchener Bevölkerung gilt. Am 141. Juli iſt feierlicher
Empfang, Sonntag, 15. Juli, findet der Feſtzug ſtatt, dem ſich die all=
gemeinen
Freiübungen von 7000 Turnerinnen und 20 000 Turnern an=
ſchließen
. Die Siegerverkündung wird beſonders feſtlich geſtaltet wver=
den
. Zur Durchführung des Feſtes hat die Stadt München ſämtliche
Ausſtellungshallen und die Thereſenwieſe koſtenlos zur Verfügung geſtellt.
Außerdem einen Zuſchuß von 100 000 Mark und einen Garantiefonds von
300 000 Mark gewährt. Auf der Thereſenwieſe wird eine 1500 Meter
lange Aſchenbahn für die Laufkonkurrenzen angelegt. Die Hänge wer=
den
zu natürlichen Tribünen ausgebaut. Nicht weniger als 17 Aus=
ſchüſſe
und zirka 100 Unterausſchüfſe ſind an der Arbeit. Die Geſamt=
koſten
belaufen ſich nach den gegenwärtigen Verhältniſſen auf rund 40
Millionen Mark. Die finanzielle Grundlage für die Durchführung hat
ein eigener Finanzausſchuß übernommen. Zahlreiche Anmeldungen aus
dem Reich liegen bereits fetzt vor. Ein Vertreter des Saarlandes hat
4000 Teilnehmer angeründigt. So wird bei der großen Teilnehmerzahl
die Aufgabe des Turnausſchuſſes keine leichte ſein. Die Durchführung
der Wettkämpfe erfordert allein 1000 Kampfrichter und Riegenführer.
Dr
Tageskalender.
Landestheater: Großes Haus, Anfang 7 Uhr. Viertes Konzert
des Landestheater=Orcheſters. Kleines Haus: Anfang 7 Uhr, Enda
nach 9½ Uhr (Sondermiete 27): Der Herr Verteidiger. Or=
pheum
: Anfang 348 Uhr: Eine Hamſterfahrt Union=, Re=
ſidenz
=, Centraltheater, Palaſt=Lichtſpiele: Kinovorſtellungen.
Druck und Verlag: L. C. Wittich. Verantwortlich für Politik und
Wirtſchaft: Rudolf Mauve; für Feuilleton, Stadt und Land
Reich und Ausland: Max Streeſe; für Sport und Allgemeines:
Kurt Mitſching; für den Inſeratenteil: Paul Lange
ſämtlich in Darmſtadt.
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Die hentige Rummer hat 4 Seiten.

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Julius Lehr
Pfarrer zu Wixhauſen
im Eliſabethenſtift zu Darmſtadt
ſanft entſchlafen.
Im Nanten der
trauernden Hinterbliebenen:
Minna Lehr
Ernſt Lehr, Dipl.=Ing.
Wishauſen, den 7. Jan. 1923.
Die Beerdigung findet Dienstag,
den 9. Jan, um ½3 Uhr auf dem
Waldfriedhof zu Darmſtadt ſtatt
Kranzſpenden ſind nicht im Sinne
des Verſtorbenen. (211

Die Beerdigung derverſtorbehen
Frau
Anna Malzi
findet Montag, den 8. Januar,
nachmittags 3 Uhr, auf dem alten
Darmſtädter Friedhof, Nieder=
Ramſtädterſtraße, ſtatt,
(212

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Seite 4.

Mtag, deit 8. Jauuar 1923.
Darmſtädter Tagblatt

Rummer 2.

Landwirtſchaft, Sartenbau, Kleintierzucht und Siedlungsweſen

Januararbeit in Garten und Stall.
Der Gemüſe= und Obſtgarten. Wenn auch Schſiee
und Eis die Beete bedecken, die länger verweilende Tageshelle er=
innert
den Gärtner nun von Tag zu Tag mehr an die bevor=
ſtehende
Frühjahrsbeſtellung. Zu allererſt gilt es, den Plan für
ſie aufzuſtellen, damit ſich ſpäter die Arbeiten gut derteilen.
Haben wir uns über die Beſtimmung der einzelnen Beete Klar=
heit
verſchafft, dann fangeu wir auch ſogleich am, die nötigen
Samenmengen für die bekanntem Flächen zurecht zu legen. Wir
ſehen die alten Reſte durch und beſtellen, was fehlt. Im Freien
ſetzen wir die Arbeiten fort, die im Dezember noch uicht beendet
wurden. Bei offenem Weiter wird gegraben und gedüngt. Der
Kompoſthaufen iſt durchzuarbeiten und der Schlamm aus Grä=
ben
dabei zu verwenden. Vollſtändig verrottete Haufen werden
aufs Land verteilt. Auf den mit Gemüſepflanzen beſetzten
Beeten halten wir Nachſchau, ob etwa der Froſt die Pflanzen
gehoben hat. Iſt es der Fall, bann drücken wir die Pflanzen
wieder feſt und bedecken ſie danach mit trockenem Laub oder Fich=
tenreiſig
.
Hat man einen gehörigen Vorrat an Pferdedünger, dann
kann man mit der Anlage der Miſtbeete beginnen. Auf alle Fälle
ſehen wir jetzt ſchon Käſten und Fenſter durch, ob ſie noch brauch=
bar
ſind. Schwarzwurzeln, Mohrrüben und Peterſilie, deren
Samen ſchwer keimen, ſät man bei günſtigem Wetter ins freie
Land, Salat, Karotten und Gurken bilden ferner die erſte Aus=
ſaat
ins Frühbeet. Daneben lönnen gber auch ſchon Zimmer=
ausſgaten
gemacht werden.
Auch im Obſtgarten ſetzen wir in der Hauptſache nur
die ſchon im Dezember begonnenen Arbeiten fort, wie das Rei=
nigem
der Bäume, das Guaben der Baumſcheiben, die Vernich=
tung
des Ungeziefers. Mit dem Beſchneiden ſollte man jetzt
fertig ſein, da im Januar der Saft ſich wieder zu regen pflegt.
Die Nährſtoffe, die den Knoſpen an überzähligen Zweigen und
Trieben zugeführt werden, ſind verloren. Auch für das Ab=
nehmen
von Kronen bei Bäumen, die im Frühjahr umgepfropft.
werden ſollen, iſt es jetzt die höchſte Zeit.
Geflügel. Wer Hühner hält, wartet jetzt auf Wintereier.
Sind die Tiere in Stall, Tagesaufenthaltsraum und Koſt wohl
verſorgt, dann geſchieht es nicht vergebens. Die Stalltemperatur
ſoll nicht unter fünf Grad Wärme ſinken. Wer Frühbruten
wünſcht, muß jetzt die Stämme zuſammenſtellen. Wo der Tau=
benzüchter
Winterbruten duldet, haben die Nutztauben jetzt viel=
fach
Junge. Sie werden in 30 Tagen ſchlachtreif. Tagsüber
bleibt der Schlag offen, abends ſchließt man ihn zum Schutze ge=
gen
Raubzeug. Brütende Tiere erhalten morgens und abends
Futter. Bei Raſſetaubeu, die bei großer Kälte und hohem
Schnee im Schlage bleiben, genügt eine Tagesfütterung zwiſchen
1 und 2 Uhr mittags, die am beſten vorwiegend aus Mais be=
ſteht
.
Im Kleintierſtall. Die Ziegen wollen, auf den Stall
angewieſen, jetzt beſonders gut gepflegt ſein. Dazu gehört täg=
liches
Striegeln, ſtets reinliche Streu, Fernhalten von Zugluft
und Kälte im Stall. Bei ſchönem Wetter iſt den Tieren ein
kurzer Auslauf zu Mittag ſehr dienlich. Gefüttert wird vor allem
gutes Rauhfutter, Kleeheu oder Stroh von Hülſenfrüchten. Da=
neben
ſind gedämpfte Kartoffelſchalen, mit Kleie oder anderem
Kraftfutter vermiſcht, zu geben. Unter allen Umftänden iſt ge=
frorenes
Futter zu vermeiden. Grünfutter darf deshalb nie
liegen bleiben. Das iſt auch bei Schafen, Kaninchen und Schwei=
nen
zu beachten. Die Kaninchenſtälle ſchützt man gegen ſcharfe
Kälte durch Vorhängen von Strohdecken. Die Koſt beſteht hier
im warmen Weichfutter und Heu.
Auf dem Bienenſtande herrſcht Ruhe. Vorſichtig prüft
der Imker hin und wieder die Stöcke. Je ruhiger das Volk ſich
verhält, deſto geringer der Nahrungsverbrauch und die Winter=
verluſte
. Brauſen im Stocke deutet darauf hin, daß die Bienen
zu kalt ſitzen oder an Luftmangel leiden. Entweder hilft dann
Umhüllen mit Strohmatten oder vorſichtige Luftzufuhr. Die
Fluglöcher dürfen keine Maus durchlaſſen, ſich aber auch nicht
mit Bienenleichen verſtopfen. Bei ſonnigem Wetter klappt man
die Flugbretter auf oder bringt Blenden an, damit die Bienen
nicht zu vorzeitigen Ausflügen gereizt werden.
Die Gründüngung im Garten.
Mitz der Zuführung von Pflanzennährſtoffem allein ſchafft
man noch nicht die beſten Bedingungen für das Wachstum von
Pflanzen. Der Boden, die Lebenszone der Pflanzenwurzeln,
bpaucht außer ben Nährſtoffen Humusbeſtandteile, die ihm erft die
für den Pflanzenwuchs nötige Gave verleihen. Humus entſteht
amus verweſendem pflanzlichen und tieriſchen Stoffen. An ihnem
iſt reich vor allem der Stallmiſt, und auf dieſer Eigenſchaft be=
ruht
ſeine Ueberlegenheit gegenüber der Kunſtdüngung, mag ſie
auch noch ſo ſorgfältig zuſammengeſtellt werden. Humus macht
den Boden locker, kalten Boden warm, trockenen feucht. Durch
Bindung von Waſſer fördert er die Löſung der Düungeſalze und
zugleich hält er die Löſungen im Bodem feſt, ſodaß die Pflanzen
lange dabon zehren können. Alle dieſe Vorteile können wir, wenn
Stallmiſt fehlt, nur durch Gründüngungspflanzen er=
reichem
. Von ihnem unterſcheidet man zwei Gruppen. Die einen,
wie Naps, Senf, Rübſen, Oelrettich, liefern in kurzer Zeit große Schuppen bebeckt. Mit 41 Monatem iſt der Sporn erſt durch eine

Das helle Licht.

Roman von Friedrich Kipp.
Nachdruck veröoien.

Wohl oder übel erhob ſich Wallenhorſt darum und ſchritt
neben dem Rebierförſter her. Was blieb ihm auch anderes
übrig? Er glaubte allerdings, daß er nach der Raſt auf der
Waldwieſe den Weg zu ſeiner Wohnung wieder zurücklegen
könnte. Jedenfalls fühlte er ſich aber noch ſchwach und ein
näheres Unterkommen war ihm daher einesteils erwünſchter;
außerden hatte Randers ſo eindringlich geſprochen, daß er ihm
keine Widerrede geben mochte.
Langſam wanderten die beiden den allmählich ſteigenden
Saumweg hinan, bis es bald zu Tale ging, und als ſie hier
an eine Lichtung kamen, blieb Wallenhorſt ſtehen, blickte lange,
lange über das Tal und ſagte dann aus tiefſtem Herzen: Herr=
gott
, iſt das wunderſam!
Drunten in der Ferne lag ein See von grünſchwarzen
Waldeswänden umrahmt und umkränzt, Ueber ihm glänzte
wie ein rieſiger Schleier der aufſteigende Nebel, ſo daß alles
im ſanftſchimmernden Mondſilberglanze leuchtete und glitzerte,
gleich einem Bilde aus holder, feiner Märchenwelt.
Dem Forſtmanne gefiel das Schauen und Staunen des
Fremden, und er ließ ihn im Genießen des herrlichen Bildes ge=
währen
, das die Landſchaft bot, und blickte ihn prüfend von der
Seite im hellen Mondlichte an. Wie Mitleid zuckte es über das
bärtige Geſicht des Grünrocks, als er das jetzt beſonders bleich
ausſehende Antlitz ſeines Schützlings muſterte.
Gefällt Ihnen dies Waldidyll unſeres Harzes? fragte der
Förſter.
Ja, von ganzem Herzen, ſagte Wallenhorſt und nickte mit
dem Kopfe. Schön und traulich, faſt heimatlich.
Heimatlich? fragte Randers, indeun ſie weiterſchritten.
Jawohl, heimatlich. Herr Revierförſter! Ich bin ein Sohn
des Teutoburger Waldes. Mag ſein, daß ich zu weit gehe, aber
ein ſolches Bild ſah ich auch einſt in meiner Heimat, wohl nicht
fo gewaltig, was die Höhe der Berge aubelangt, aber doch ſo lieb=
lich
und traut. Glauben Sie mir, meine Heimat iſt ſchön, wun=
derbar
ſchön, und ich häbe ſie lieb, unendlich lieb, Und nur Weni=
gen
ſind die verſteckten Reize unſerer Berge bekaunt, dy der Tau=
toburger
Wald ja noch nicht modern iſt, Und das iſt eigentlich

Meugen grüner Maſſe, die nach dem Unterpflügen zu Humus
wird, die andern, vie Erbſen, Bohnen, Wicken, Lupinen, Serra=
dellg
und Kleearten bereichern den Boden unmittelbar mit Stick=
ſtoff
und liefern daneben ebenfalls humusbildende Grünmaſſe.
Jene vermehrem, die im Boderu, vorhandenen Nährſtoffe nicht,
ſchließen ſie gber mit ihren kräftigen Wurzeln auf, um ſie den
folgenden Kulturen wieder zur Verfügung zu ſtellen, wenm ſie
verweſen. Sie ſördern mit dieſer Verweſung die Bakterienver=
mehrung
im Boden, die Aufnahmefähigkeit des Bodens für ge=
löſte
Nährſtoffe und Luftammonigk, und verbeſſern den Waſſer=
und Lufthaushalt des Bobens. Sie erhalten Nährſtoffe, da ſie
bei ihrem ſchnellen Wachstumn in kurzer Zeit viel Nährſtoffe auf=
nehmen
. Dadurch, daß ſie dem Boden ſchnell beſchatten, hemmen
ſie die Verdunſtung und unterdrücken das Unkraut. Ihre tief=
gehenden
Wurzeln erleichtern ſchließlich beim Abſterben den Wur=
zeln
der Folgekulturen das Gindringen in tiefere Bodenſchichten.
Das Saatgut der ſtickſtoffſammelnden Gründüngungspflan=
zem
iſt zwar teurer als der anderer, dafür bieten dieſe Pflanzeu
jedoch Vorteile, die auch noch andere Nachteile gegenüber der nur
Grünnaſſe erzeugenden Pflanzem aufwiegen. 3. B. iſt ihre
Jugendentwickehung ſchwächer, ſie brauchen eine längere Wachs=
tums
zeit und ihre Wurzeln gehen z. T. nicht ſo tief oder breit.
Dadurch aber, daß ſie mit Hilſe von Bakterien, die an ihren Wur=
zeln
leben, den freien Stickſtoff der Luft unmittelbar verarbeiten
können, geben ſie der Gründüngung erſt die Bedeutung, die ſie
heute als Stallmiſterſatz beſitzt. Im Gartenbau wendet man die
Gründüngung nur als Hauptfrucht ober als Nachfrucht an, wäh=
rend
der Landwirt ſie auch alls Unterfrucht ververtet. Als Haupt=
frucht
baut man Bohnen Puffbohnen und Erbſen zur Grünernte.
Durch Untergraben der Pflanzenmuaſſe fügen twoir dem unmittel=
baren
Geſvinn einen mittelbaren hinzu. Er iſt deſto größer, je
waſſerreicher die Pflanzenmaſſe iſt. Wo Saatgut gewonnen wer=
den
ſoll, iſt dies natürlich nicht möglich. Die Gründüngung als
Nachfrucht komuft dort nicht in Frage, wvo billige Verſorgung mit
Stalldung mnehrere Ernten ermöglicht, ſie wird aber zweckmäßig,
wenn der Preis für Stalldung keinen Reingewinn mehr zuläßt.
Auch hier, kann man ja durch richtige Pſlanzenauswahl den
Gründüngungsanbauu in Ertragsbau verwandeln, da Buſchboh=
nen
, Erbſew und Puffbohnen bei zeitiger Saat in günſtigen Jah=
ren
noch eine Grünernte geſtatten. Je zeitiger die Saat, deſto
beſſer namentlich Bohnen brauchen viel Wärme. Auch die Sor=
tenwahl
ſpielt beim Gelingen hier eine Rolle. Je mehr ſich die
Ausſgat dem Auguft mähert, deſto weniger Ausſicht beſteht auf
eine ſpäto Schotenernte, deſto weniger Grünmaſſe können Buſch=
bohnen
noch erzeugen. An ihre Stelle treten danm Wicken, Serro=
dellg
und Lupinen, einzeln oder im Gemiſch geſät. Von Mitte
Auguſt ab empſiehlt es ſich auch nicht mehr Felderbſen umd Lu=
pinen
zu ſäen, da ſie eine zu lange Jugendzeit mit ſchwachem
Wuchs haben. Die gegen miedtige Temperatur weniger empfind=
lichem
Wichken ſind vorzuziehen. Ihr Anbau hat aber nur dann
Wert, wenn man ſie im Frühjahr bis in den Mai hinein ſtehen
laſſen kann.
Ihre größte Bedeutung hat die Gründüngung auf leichten
Böden. Hier übertrifft ihre Wirkung die der Stalldüngung ſo=
gar
, beſonders die Anwendung von Pferdemiſt. Hier kommen
vor allem im Frage Felderbſen, Buſchbohnen, Zoctelwicke und
Lupine, während für ſchwerem Bodem Serradella, Pfuffbohnen,
Erbſen, Buſchbohnem und Saatwicke mehr geeignet ſind. Blaue
Lupinein haue man guf kalkreichem Boden, gelbe auf kalkarmem.
Auf ſehr armen Böden empfiehſt ſich vor der Saat der Grün=
düngungpflanzen
eine Gabe, von Kunſtbdünger, etwa 4 Pfund
Doppelſuperphosphatz und 4 Pfund 4oprozentiges Kali auf ein Ar.
Alterskennzeichen bei Geflügel.
In Ertragsverhältniſſen der Geflügelhaltung iſt das Alter
der Tiere von großer Bedeutung. Läßt man zu alte Tiere laufen,
dann füttert man unmütze Freſſer, die nicht mehr legen und auch
ihre Eignung zum Verbrauch in der Küche mehr und mehr ein=
büßen
. Im allgemeinen gelten folgende Regeln für das Alter
des Schlachtgeflügels: Hennem leichter Raſſem läßt man vier
Jahre alt werden, Hennem mittelſchwerer Maſſen drei Jahre und
ſolche ſchwerer Raſſen drei oder auch nur zwei Jahre. Das beſte
Schlachtalter für Hähne ſind drei Jahre. Gänſe ſind mitunter
noch im 12. Jahre brutluſtig und fruchtbar. Sie noch länger am
Leben zu laſſen, iſt jedoch nicht ratſam. Gander läßt man nicht
älter als drei Jahre werden. Enten ſchlachtet man meiſt mit vier
Jahren, während mam dem Erpel nur zwei Jahre zumißt. Trut=
hennen
dürfen das fünfte Jahr erreichen, da ſie bis zu dieſem
Alter das Futter lohnen, Puter werden dagegen ſchon mit dem
dritten Jahre für die Zucht unbrauchbar. Tauben ſchlachtet man
ſpäteſtens im achten Jahre.
Um nun beim Einkauf von Geflügel prüfen zu können, ob
das Alter des geſchlachteten Tieres gutes, zartes Fleiſch ver=
ſpricht
, gibt es einige brauchbare Merkmale. Hühner mit gelben
Läufen und gelber Haut ſind weniger zart im Fleiſch als die
mit ſchwarzen oder blauen Läufen. Am beſten ſchmeckt das Fleiſch
der Tiere mit weißew oder roſafarbenen Läufen. Auch die feine
Bildung der Schuppen an den Läufen deutet auf foines Fleiſch
hin, während grobe Schuppen ein Zeichen des Gegenteils ſind.
Der Hahnenſporn kanm mit 89 Mouatem ſchon vorhanden ſein,
hat dann aber im der Negel keine Hornſpitze, ſonderm iſt noch mit
ein Segen denn ſo kann der Natufreund, ſeine romantiſchen
und das iſt heutzutage doch was wert.
Ganz recht ſo, Herr Wallenhorſt ſtimmte der andere begei=
ſtert
zu. Ich ärgere mich immer, wenn das fremde Volk hier
herumſpukt und in Natur macht, und frech, wie die Sünde, in
meinen Schonungen wirtſchaftet und wir die Rehe vergrämt.
Aber was ſoll man dagegen machen?
Mit dieſen Worten bog der Revierförſter in ein Jungholz
ein, und nun ſtanden ſie vor einem treulichen Waldhauſe.
Aus der halbgeöffneten Tür kam kläffend ein braouner Dackel
hervor, und begrüßte durch freundliches Schnuppern den Jagd=
hund
; danm wandte er ſich knurrend dem Fremden zu und zeigte
die Zähns.
Das iſt kein ſchöner Willkomm, lachte Wallenhorſt, der
Kleine ſcheint mich nicht zu mögen.
Geh, Waldmann! Infames Hundebieſt, ſchimpfte der Re=
vierförſter
, dun biſt nicht recht klug! Siehſt du denm nicht, daß deim
Herr einen willkommenen Gaſt ins Haus bringt?
Dieſe Worte ſchienen dem Kläffer zu begütigen. Indem er
ſeinem Herrn in die Tür, als wollte er denen da drinnen die An=
kunft
melden.
Iſt nicht ſchlecht, der Köter, lachte Randers und öffnete die
Tür vollends, die auf eine halbdunlle Diele führte die ſich aber
gleichzeitig erhellte, denn auf der lichtgeſäumtem Schwelle gegen=
über
erſchien ein junges Mädchen und bot dem Vater ein fröh=
liches
Willkommen. Sie konnte Wallenhorſt, der im Schatten des
Revierförſters ſtand, nicht ſehen und darum trat er jetzt in den
Lichtſchein, der Türe zu, und verneigte ſich leicht gegen das ver= Was ſoll der denken?
dutzt dreimſchauende holde Kind: Seien Sie mir nicht böſe, ſagte
er faſt verſchämt lächelnd, daß ich hier eindringe. Der Hern Vater
hat mich im Walde aufgefunden, als es mir ſchwer wurde, weiter=
über
die Laſt erzürnd ſein, die er Ihnen aufgehalſt hat.
dummes Zeug. Meine Liesbeth iſt ſchon damit zufrieden, was
ihr Vater tut, unterbrach der Alte die Rede des Angekommenen,
dabei unwillig mit den Schultern zuckend.
bringt, der iſt us willkommen, und ein lieber Gaſt.

breite Schuppe angedeutet. Mit 5 Monaten iſt er 3 Millimeter
lang. In ſpäteren Jahren kann er eine Länge von 6 Zentimeter
erreichen. Bei Hühnev bis zu 6 Monaten iſt das Bruſtbein noch
biegſam, bis zu acht Monaten bricht die Spitze noch leicht ab,
dagegen verurſacht das Zerbrechen beinn geſchlechtsreifen Huhn
erhebliche Anſtrengung.
Lebende junge Gänſe erkennt wan an den feurig blickenden
Augen. Dieſe ſind bei alten Tieren verſchleiert und oft ziehen
ſich Ninge darum. Eine junge Gans, hat auch viemals eimen
Hängebauch, ein Zeichen, daß das Tier ſchon Eier gelegt hat. Bei
geſchllachteten Gänfen braucht man nur zwei benachbarte Zehen
zu faſſenn und ſie auseinander zu ziehen. Reißt die Schwimmhaut
leicht ein, ſo iſt das Tier jung. Dies iſt auch der Fall, wenn ſich
die Gurgel leicht drücken, oder der Schnabel leicht brechen läßt.
Unbedingt ſicher ſind dieſe Mittel jedoch nicht. Zuverläſſigere
Auskunft, geben zwei beſtimmte Federn, die ſich am äußerſten
Rücken jedes Flügel3, dicht bei der größten Schwungfeder, befin=
den
und ſchmal, ſpitz, hart und feſtſitzend ſind. An der größeren
dieſer beiden Federn erſcheint uach dem erſten Jahre eine kleine
Rinne, als ob der Kiell mit einer dreikantigen Feile eingekerbt
worden wäre. Nach Ablauf jedes weiteren Jahres bildet ſich
eine neue Ningk, fodeß man an ihrer Zahl das Alter des Tieres
genau ableſen kunn.

Pieh= und Geflügelzucht

Behandlung verſtauchter Gliedmaßen bei
Pferden. Von einem praktiſchen Tierarzte wird auf Grund
der Erfahrung empfohlen, bei Tieren, welche durch Vertreten
des Fußes dienſtunfähig geworden, ſtatt der bisher üblichen
kalten oder Eisumſchläge den kranken Fuß durch eine Stunde
in tunlichſt erwärmtem Waſſer zu laſſen und dann die geſchwol=
lene
ſchmerzhafte Stelle feſt mit einem Leinwandſtreifen einzu=
binden
, welcher vorher in einer aus gleichen Mengen von Waſſer,
Arnieg= und Terpentinharztinktur (1 Teil Terpentin, 19 Teile
Sprit) hergeſtellte Miſchung gründlich eingetaucht, und ſobald er
wieder trocken, von neuem mit der gleichen Miſchung eingefeuch=
tet
wird. Die auf dieſe Weiſe behandelten Pferde uſw. ſollen
nach wenigen Tagen bereits wieder vollſtändig dienſtfähig ſein.
Räude der Ziegen. Die Räude iſt wohl die ge=
fährlichſte
Hautkrankheit der Ziegen und wird durch Milben
hervorgerufen, kleine Tiere, die man mit dem bloßen Auge gar
nicht wahrnehmen kann. Dieſe Tiere bohren ſich Gänge in die
Haut der Ziegen und legen hier ihre Eier ab. Es bilden ſich
dann kleine graue Schuppen und jpäter blaugraue, fiſchſchuppen=
ähnliche
Borken. Die Haare fallen aus, die Haut des Tieres
wird grau und vergamentartig. Da dieſe Krankheit eine ſehr
gefährliche und anſteckende iſt, entferne mau vor allen Dingen
die erkrankten Tiere aus dem Stalle und desinſiziere dieſen und
die Geräte gründlich. Die Behandlung und Heilung der Krank=
heit
iſt ebenfalls keine einfache, da es keine Seltenheit iſt, daß
Tiere an derſelben eingehen. Es iſt deshalb ratſam, ſofort einen
Tierarzt hinzuzuziehen. Zur Heilung kann man verſchiedene
Mittel in Anwendung bringen, ſo eine gleichteilige Miſchung
von Petroleum und Leinöl. Auch das Scheren der Tiere und be=
ſtreuen
mit Inſektenpulver iſt empfehlenswert. Am radikalſten
wirkt jedoch eine Löſung der Borken mit Seifenwaſſer und Trock=
nen
der Haut. Hierauf wird dieſe mit einer achtpprozentigen
Kreolinlöſung täglich eingerieben. Die ganze Krankheit iſt trotz
ihrer Gefährlichkeit lediglich eine Folge der verſäunten Haut=
pflege
.
Grünfutter für die Hühner im Winter. Wer
ſelbſt Feldbeſitzer iſt, kann ſich Teile von Blattpflanzen, junge
Saatſproſſen und anderes Grün, deſſen die Hühner auch im
Winter bedürfen, leicht beſchaffen. Hühnerhalter in Städten
und Kleinwirtſchaften ſtoßen dagegen hierbei auf allerlei Schwie=
rigkeiten
. Er iſt darauf angewieſen, ſeinent Geflügel die Ab=
fälle
aus der Küche vorzuwerfen, ſoweit Kohl, Salat und Rüben
ſolche liefern. Auch Kartoffel= und Apfelſchalen leiſten gute
Dienſte. Dieſe Dinge müſſen ordentlich zerkleinert werden, weil
ſonſt zuviel zertreten wird. Kartoffelſchalen als Grünfutter=
erſatz
ſollen roh gereicht werden. Wer die Mühe nicht ſcheut,
kann auch in flachen Holzkiſten auf guter, etwas gedüngter
Gartenerde aus einer Mengſaat von Hafer, Noggen und Gerſte
junges Grün ziehen. An warmem Standort keint das Getreide
nach 1014 Tagen und liefert dann ſchnell brauchbare Spitzen.
Am beſten richtet man mehrere ſolcher Kiſten ein, damit man
alle 14 Tage von einer neuen ernten kann.
Zur Gänſezucht. Für eine kräftige Nachzucht eignen
ſich zwei= bis dreijährige Ganſer am beſten; die Gänſe können
auch älter ſein, aber nicht über zehn Jahre hinaus. Zur Zucht
wählt man gern recht lang gebaute, aber nicht zu ſchwere oder
gar fette Tiere aus, und ſollten einem Ganſer, um der Befruch=
tung
ſicher zu ſein, nicht mehr als drei, im höchſten Falle fünf
Gänſe zugeteilt werden. Wenn tunlich, muß man den Gänſen
Gelegenheit geben, die Befruchtung auf dem Waſſer zu vollzie=
hen
, da ſie dann erfolgreicher iſt, als wenn ſie auf dem Lande er=
folgt
. Auch bei Gänſen iſt dauernde Inzucht zu vermeiden und
ſind zur Weiterzucht nur die kräftigſten Tiere zu wählen.

und nun tinaten ſie in die Förſteſube. Oa ſah es ſehr tm=
Schönheiten voll und ganz genießen, ohne geſtört zu werden, lich aus. Eine rotſchimmernde Lampe, in einem Geſtell aus Ge=
weihen
, gab einen freundlichen, milden Schein, und im offenen
Kamin brannte ein flackerndes Feuer von Buchenſcheiten, ſodaß
es dem Fremdling ob des heimlich klingenden Kniſterns ganz
weh und eigen zumute wurde. Er mußte an frühere Zeiten den=
ken
, da er auch ſolch ein trauliches Heim beſeſſen hatte und davon
die höchſte Erdenſeligkeit erwartete. Das war aber längſt dahin,
längſt verflogen, wie der Traum eines Glücks, den er damals ſo
hoffnungsvoll geträumt hatte. Es war anders gekommen, als er
ſichs gedacht hatte.
Nun, mein lieber Herr Wallenhorſt, was ſtehen Sie denn
und ſtarren dem altem Kamin an lachte der Revierförſter. Sie
ſcheinen ja ganz in Gedanken verfunken zu ſein. So nehmen Sie
doch Platz und machen es ſich gemütlich! Halloh, Liesbeth, ſchnell
ein Gedeck mehr für unſeren Gaſt, und wo bleibt die Alte? Muß
doch auch die Gaſtfreundſchaft ehren.
Da iſt ſie ſchon, alter Brummbär, lachte hinter ihnen eine
gütige Stimme, und aus der Nebentür trat eine Frau herein mit
weißem Scheitel, mild von Angeſicht, wie der Lampe Schein.
ſeine klaugen, gaunerhaften Aeuglein ſpielen ließ, hüpfte er vor Hier einen Willkommenkuß für Deine rauhe Art und Weiſe, nach
mir zu fragen, aber ich weiß, Du meinſt es gut, und darum bin
ich auch Dir immer gut, mein Alter. Dann wandte ſie ſich Wal=
lenhorſt
zu und ließ ſich vorſtellen.
Es iſt ein Prachtweib, meine Alte, ſtrahlte der Revierför=
ſter
überglücklich. Sehen Sie, da hat ſie ſchon meine Hauspau=
toffeln
und den Flauſchrock, daß ich mir’s gemütlich mache.
Sag das nicht, Konrad, ſtammelte die Frau, über und über
erglühend, Du beſchänſt mich ja ganz und gar vor dem Herrn.
Was der von uns denkt? Nun er wird ſich ſagen, daß keiner
im ganzen Harz eine ſolche brabe Frau hat, wie der alte Revier=
förſter
Randers. Aber, ſoll Herr Wallenhorſt nicht auch ſeine Be=
zugehen
, und nun hat er mich mitgebracht. Sicher werden Sie quemlichkeit haben? Liesbeth, Mädchen, hol' mal flugs meine
Staatspantoffeln, die Du mir zu meinem Geburtstage geſtickt
Seien Sie vernünftig, Herr Wallenhorſt, und reden Sie kein, haſt, und die mir bis jetzt noch zu ſchade waren, um ſie zu gebrau=
chen
! Aber halt, das geht doch nicht, fügte er ein wenig verlegen
hinzu. Herr Wallenhorſt, kann doch unmöglich hier, vor den
Augen der Damen ſeine Schuhe ausziehen. Kommen Sie mit
Gewiß. fuhr das junge Mädchen fort, wein uus Pater wandte er ſich an ſeinen Gaſt, ich will Sie auf Ihr Zimmer
führen, da können Sie ſichs bequem machen. (Fortſ. folgt.)