Darmstädter Tagblatt 1910


07. März 1910

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173. Jahrgang
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Organ für die Bekanntmachungen des Großh. Polizeiamts Darmſtadt, der Großh. Bürgermeiſtereien des Kreiſes und der andern Behörden.
Das Amtsverkündigungsblatt des Großh. Kreisamts Darmſtadt wird Dienstags, Donnerstags und Samstags nach Bedarf beigefügt.

Die heutige Nummer hat 16 Seiten.

Der Lall Wedel.

O Wie Berliner Blätter melden, iſt die Annahme
nicht zutreffend, daß der Statthalter in Elſaß=Lothringen
Graf v. Wedel wegen der Angelegenheit, die neuerdings
viel beſprochen wurde, zur Berichterſtattung von
Berlin aus aufgefordert worden ſei. Graf v. Wedel hat
aus eigener Initiative über den Fall nach Berlin berichtet.
Ueber die Angelegenheit ſelbſt wird uns aus Berlin
geſchrieben: Beſchwichtigungshofräte laſſen es ſich ange=
legen
ſein, unter mehr oder weniger dunkeln Andeutungen
davor zu warnen, daß wegen des Verhaltens der Gräfin
Wedel auf den Statthalter ſelbſt Angriffe gerichtet werden.
Man erweckt dabei den Anſchein, als ob der Rücktritt
des Grafen Wedel vom Statthalterpoſten
ohne weiteres für die Französlinge von Vorteil ſein müſſe.
Aber die über die Straßburger Vorgänge verſtimmte
Preſſe denkt doch nicht daran, daß Graf Wedel durch einen
ausgeſprochenen Franzoſenfreund zu erſetzen ſei. Davon
iſt doch ſelbſtverſtändlich keine Rede. Wer aber noch ſo be=
reitwillig
iſt, den Statthalter ſelbſt zu ſchonen, muß ſtutzig
werden, wenn er jetzt auch in der Köln. Volksztg. die
Nebenregierung der Gräfin Wedel beklagen hört. Eine
Straßburger Korreſpondenz des genannten Zentrumsblat=
tes
ſchildert, wie ein ſehr exkluſiv geſinnter Kreis fran=
zöſiſch
geſinnter Einheimiſcher die Nebenregierung der
Gräfin Wedel in franzöſiſchem Sinne ansgenützt hat, und
ſchließt: Was helfen alle amtlichen Anſtrengungen und
alle parteipolitiſchen Beſtrebungen, wenn nicht auch endlich
im geſellſchaftlichen Leben unſerer maßgebenden Kreiſe
einigermaßen der Lage Rechnung getragen wird? Muß
ſchon dieſes Zeugnis für die Duldung einer Nebenregie=
rung
der Gräfin Wedel durch den Statthalter aufs ſtärkſte
gegen letzteren ſelbſt einnehmen, ſo zeigt eine Berliner
Meldung des Temps das Syſtem Wedel in einem noch
ſeltſameren Lichte. In dem genannten Pariſer Blatt wird
nämlich u. a. folgendes berichtet:
Dieſe Bekundungen der Unverſöhnlichkeit (damit iſt
die Verurteilung der Handlung der Gräfin Wedel durch
die deutſche Preſſe gemeint. D. Red.), ſowie die Angriffe
gegen Herrn v. Bethmann Hollweg und Herrn v. Schön
enthüllen die Geiſtesverfaſſung gewiſſer Kreiſe, die auf die
Methode der ſtarken Hand nicht verzichten können. Dieſes
Syſtem hat in Deutſchland zu lange überwogen, um ſich
nicht zahlreiche Anhänger erhalten zu haben. Die Ver=
ſöhnungstendenzen
, die es ſeit einiger Zeit erſetzen und
die, ſo ſagt man mir, den Empfindungen des Kaiſers beſſer
entſprechen, rufen eine Reaktion bei allen denen hervor,
die bei dem Glauben beharren, daß jene Tendenzen mit
der Größe und der Macht Deutſchlands unverträglich ſind.
Für ſie erſchöpft ſich die ganze Regierungskunſt in Schroff=
heit
. Der neue Kurs hat mehr, als man glaubt,
gegen dieſe Auffaſſung zu kämpfen, der die Umſtände und
das Genie Bismarcks die Sanktion des Erfolges verliehen
hatten und welche die Ueberlieferung, ſowie gewiſſe Eigen=
tümlichkeiten
des preußiſchen Charakters zu verewigen
trachten.
Dieſe Berliner Mitteilung des Temps umfaßt mehr
als den Fall Wedel und den reichsländiſchen Regierungs=
kurs
. Was der Berichterſtatter des Berliner Blattes Ver=
ſöhnungstendenzen
nennt, iſt unter dem Namen Verſöh=
nungspolitik
in Deutſchland längſt bekannt und längſt ver=
dächtig
. Der Reichstag wird, ſobald er den Fall
Wedel und die auswärtige Politik zur Erörterung bringt,
über die vorſtehende Mitteilung des Temps nicht ſtill=
ſchweigend
hinweggehen können.
Die Straßburger Poſt ſtellt eine Statthalter=
kriſis
in Abrede. Sie ſchreibt: Der kaiſerliche Statt=
halter
wird, wie wir anderslautenden Meldungen gegen=
über
feſtſtellen können, ſich weder nach Berlin begeben, noch
iſt von ihm ein Bericht über die jüngſt von uns beſpro=
chene
Angelegenheit eingefordert worden, und vollends von
einer Statthalterkriſis iſt in keinem Augenblick die Rede
geweſen. Es heißt jedes Augenmaßes entbehren, wenn
von einer ſolchen Kriſis geſprochen wird eines Vorkomm=
niſſes
wegen, das man wohl bedauern muß, das aber bei
weitem nicht hinreicht, um das Vertrauen zu erſchüttern,
das Graf Wedel durch ſein von deutſchem Geiſte getra=
genes
, gerechtes und zielbewußtes Wirken im Lande ſich
in hohem Maße erworben hat.

Das öſterreichiſche Abgeordnetenhaus gegen die
deutſchen Schiffahrtsabgaben.

* Das öſterreichiſche Abgeordnetenhaus
beriet am Freitag den Dringlichkeitsantrag, betr.
die vom Deutſchen Reiche beabſichtigte Einführung
von Schiffahrtsabgaben auf der Elbe.
Zur Begründung dieſes Antrages führte der Abg.
Smrcek aus, daß Oeſterreichs alter Feind ſich bereit
mache, ihm den Zutritt zum Meere und dadurch auch zum
engliſchen Markte zu verwehren. Durch den unkündbaren
Vertrag von 1870 ſei der öſterreichiſch=ungariſchen Mon=
archie
der Zutritt zum Meere geſichert worden. Preu=
ßen
habe Oeſterreich als Sekundanten immer brauchen
können, wirtſchaftlich ſei aber Preußen bezw. Deutſchland
mit Oeſterreich immer in geſpannten, ſogar in Kriegsver=
hältniſſen
geweſen. Deutſchland habe die öſterreichiſchen
Erzeugniſſe faſt ganz aus dem eigenen Lande verdrängt
und durch geſchickte Schachzüge Oeſterreich mit Rußland
und den Balkanvölkern verfeindet. Aus der Türkei, aus
Kleinaſien, Aegypten und der Levante ſei es verdrängt,
ebenſo gehe es im fernen Oſten. Nun hole Deutſchland
zu dem ſchwerſten Schlage gegen das wirtſchaftliche
Leben Oeſterreichs aus indem es den bisher ganz freien
Weg zur Nord= und Oſtſee ſperren oder doch erſchweren
und verteuern wolle. Der Redner will dem Handelsmini=
ſter
glauben, daß er zur Preisgabe der freien Schiffahrt
auf der Elbe ſeine Zuſtimmung nie erteile und er hoffe,
daß Oeſterreich die für ſeine ökonomiſchen Intereſſen ſo
hochwichtige Frage ſo beantworten werde, wie ſeine Völ=
ker
es verlangen, daß es ſeine völkerrechtliche
Würde zu wahren wiſſe und daß Oeſterreichs Volkswirt=
ſchaft
nicht Preußen auf Gnäde oder Ungnade ausgeliefert
werde. Er beantragte ſchließlich folgende Reſolution=
Die Regierung wird aufgefordert, mit allem Nachdruck
dahin zu wirken, daß unter keiner Bedingung die Auf=
laſſung
der freien, durch internationale Verträge garan=
tierten
Elbſchiffahrt zugelaſſen und unter keinem Vorwande
der Erhebung von Abgaben auf der Elbe, deren Einfüh=
rung
Deutſchland zum Schaden des Handels, der Indu=
ſtrie
und der Landwirtſchaft Oeſterreichs plant, zugeſtimmt
werde.
Handelsminiſter Dr. Weißkirchner gab
zunächſt eine hiſtoriſch=pragmatiſche Darſtellung der gan=
zen
Frage und verwies auf die große wirtſchaftliche Be=
deutung
der freien Elbeſchiffahrt für Oeſterreich, namentlich
Böhmen. Der Miniſter hob hervor, daß der freie Elbeweg
von Oeſterreich in jahrzehntelangen Verhandlungen müh=
ſelig
errungen worden ſei und daß er bisher an dem
freien Elbeverkehr gegenüber allen Aenderungsverſuchen
ſtandhaft feſtgehalten habe. (Lebhafter Beifall.) Es han=
delt
ſich dabei um eine wirtſchaftliche und verkehrspoli=
tiſche
Angelegenheit allererſten Ranges. Die Zukunft un=
ſeres
bedeutungsvollſten Induſtriegebietes, Nordböhmen,
kommt ins Spiel. Identiſche Intereſſen wie die Indu=
ſtrie
hat auch die Landwirtſchaft an der Freiheit des Elbe=
weges
. Auch ihr dient der Strom als billige Zufahrts=
ſtraße
und gewährt ihr andererſeits Erleichterung des Ab=
ſatzes
ihrer Erzeugniſſe. Die Regierung hat jede Phaſe
des vom Deutſchen Reiche um die Schiffahrtsabgaben ge=
führten
Kampfes verfolgt und hat keinen Anlaß vorüber=
gehen
laſſen, um ſoweit überhaupt möglich über
unſere rein ſachliche Gegnerſchaft keinen Zweifel auf=
kommen
zu laſſen. Ich möchte nur in Parentheſe bemer=
ken
, daß es ſich um keine politiſche, ſondern um eine rein
wirtſchaftliche Angelegenheit handelt. Der
Miniſter verwies auf ſeine Interpellationsbeantwortung
im Vorjahre, ſowie auf die vom Statthalter von Nieder=
Oeſterreich in dieſer Frage abgegebene Erklärung und
fuhr fort: Ich muß mit aller Entſchiedenheit erklären, daß
ſeitens der deutſchen Regierung mit die=
ſer
Frage überhaupt noch nicht an Oeſter=
reich
herangetreten worden iſt. (Hört, hört.)
Es haben daher weder öffentliche, noch geheime Vorver=
handlungen
ſtattgefunden; ich weiß auch gar nichts von
beabſichtigten Vorverhandlungen, bezüglich deren einige
Blätter ſchon Düſſeldorf als Zuſammenkunftsort bezeich=
net
haben. Ich kann natürlich keinen Vertragskontrahenten
hindern, daß er intern erwäge, ob eine Aenderung des
Vertrages ihm zweckmäßig erſcheine, aber aus der Tat=
ſache
, daß Preußen bei den anderen Bundesſtaaten eine
Abänderung der Reichsverfaſſung zu erreichen ſucht, ſchlie=
ßen
zu wollen, daß geheime Abmachungen beſtehen, und
daß Preußen nichts tun würde, wenn nicht ſchon Holland
und Oeſterreich im geheimen ja geſagt hätten, gegen ei=
nen
ſolchen Verſuch muß ich mich entſchieden verwahren.
Die öſterreichiſche Regierung hat in dieſer Angelegenheit
ſtets offen und ehrlich ihre Meinung bekannt, nicht nur
in dieſem Hauſe ſondern auch in der breiten Oeffent=
lichkeit
. Ich möchte aber auch noch auf eine andere Seite
dieſes Gegenſtandes zu ſprechen kommen. In einer ſo
eminenten wirtſchaftlichen Angelegenheit gibt es auch keine
Kompenſationen auf politiſchem Gebiete; ich muß daher
die Gerüchte, als öb Balkankompenſationen im Spiele
ſeien, auf das entſchiedenſte dementieren. Dagegen halte
ich mich für verpflichtet, zu erlären, daß ich nicht den ge=
ringſten
Anhaltspunkt habe, um an der Loyalität der
deutſchen Regierung und der Handhabung der
Verträge zu zweifeln. Ich muß aber mit aller Entſchie=
denheit
erklären und jeden Zweifel darüber beſeitigen, daß
die öſterreichiſche Regierung zu irgend welchen Zugeſtänd=
niſſen
, welche die volle Freiheit unſerer Elbeſchifahrt be=
rühren
, nicht zu haben ſein wird. (Lebhafter Beifall und
Händeklatſchen.) Ich bitte daher, meine Herren ich
glaube, in dieſer Beziehung kann ich wohl auf die Ein=
mütigkeit
des ganzen Hauſes rechnen verſichert zu ſein,

daß die Regierung in vollem Bewußtſein der Verantwort=
lichkeit
, ſowie der Größe und Wichtigkeit der hier auf dem=
Spiele ſtehenden Intereſſen den von mir gekennzeichneten
Standpunkt mit unerſchütterlicher Feſtigkeit wahren wird.
Der Miniſter des Aeußern war auch während ſeines
Aufenthaltes in Berlin gelegentlich ’des freundſchaftlichen
Gedankenaustauſches mit dem deutſchen Reichskanzler in
der Lage, auch die Frage der Schiffahrtsabgaben zu be=
ſprechen
(Hört, hört!) und die Auffaſſung der öſterreichiſchen
Regierung zu vertreten. (Lebhafter, andauernder Beifall
und Händeklatſchen.)
Schrammel (Soz.) führte aus: Er und ſeine Par=
tei
würden für die Dringlichkeit des Antrages ſtimmen.
Die von der preußiſchen Regierung geplanten Abgaben
würden das arbeitende Volk nicht nur Deutſchlands, ſon=
dern
auch Oeſterreichs ſchwer treffen. Ritter v. Wit=
tek
(chriſtlich=ſozial) wandte ſich gegen die in der Be=
gründung
der Dringlichkeit vorgebrachte Behauptung, daß
Preußen bei der geplanten Einführung von Schiffahrts=
abgaben
von dem animus nocendi gegenüber Oeſterreich
ſich leiten ließ. Für Preußen ſei in dieſer Frage die För=
derung
der wirtſchaftlichen Entwickelung der Verkehrspoli=
tik
Deutſchlands maßgebend. Generalredner Reitzner
erklärte, daß durch die Schiffahrtsabgaben Deutſchland den
Konſum und den Export Oeſterreichs zu ſeinen Günſten
belaſten könne. Die ganzen Sudetenländer, ja ſelbſt Ga=
lizien
, würden in Mitleidenſchaft gezogen werden. Dr.
Urban (deutſch=fortſchrittlich) erklärte, das Recht Preu=
ßens
bezw. Deutſchlands, auf jenen Strömen und Flüſſen,
die keinen internationalen Charakter haben, Abgaben ein=
zuführen
, ſtehe außer Zweifel, da es eine rein interne An=
gelegenheit
Deutſchlands ſei, die Oeſterreich gar nichts an=
gehe
, deſſen Intereſſen nur bei der Elbe und der Donau
in Betracht kämen.
Hierauf wurde dem Antrag einſtimmig die
Dringlichkeit zuerkannt und der Antrag ſelbſt an=
genommen
.

Deuiſches Reich.

Der Geſetzentwurf betr. die Zuſtändig=
keit
des Reichsgerichts, durch den das Reichs=
gericht
entlaſtet werden ſoll, iſt vom Bundesrat angenom=
men
und dem Reichstag zugegangen und enthält außer der
Einſchränkung der Reviſionen nach dem Difformitätsprin=
zip
folgende kleineren Mittel zur Entlaſtung:
1. Die Beſeitigung der Zuſtändigkeit des Reichsge=
richts
als Beſchwerdegericht in bürgerlichen Rechtsſtreitig=
keiten
; 2. den Ausſchluß der Reviſion gegen Urteile der
Oberlandesgerichte über Arreſte und einſtweilige Verfü=
gungen
; 3. eine größere Sicherung der tatſächlichen Feſt=
ſtellungen
der Inſtanzgerichte gegen Reviſionsangriffe; 4.
die Einſchränkung der mündlichen Verhandlung; 5. die
Beſeitigung des mit der Reviſion verbundenen Suſpenſiv=
effekts
; 6. eine Einſchränkung der Zuſtändigkeit des Reichs=
gerichts
durch Abnahme der Entſcheidungen über die An=
träge
auf Beſtimmung des Zuſtändigkeitsgerichts; 7. eine
Erhöhung der Koſten der Reviſionsinſtanz,
Die Wahlprüfungskommiſſion des
Reichstages erklärte die Wahl des Abg. Dr. Struve
(Oldenburg=Plön) von der freiſinnigen Vereinigung ein=
ſtimmig
für gültig. Die Wahl des Abgeordneten Spind=
ler
=Germersheim (Zentr.) wurde mit einer Stimme Mehr=
heit
für gültig erklärt. Die Wahl wird aber im Plenum
von neuem angefochten werden.
Nach der Poſt iſt in Verbindung mit der Reform
des Bürgerlichen Strafgeſetzbuches eine Umarbeitung
des Militärſtrafgeſetzbuches in die Wege ge=
leitet
. Dabei ſoll anſtatt der jetzt noch vorgeſehenen Haft=
ſtrafen
bei geringen militäriſchen Vergehen der Perſonen
des Beurlaubtenſtandes die Einführung von Geldſtrafen
in Ausſicht genommen ſein.
Wie die Norddeutſche Allgemeine Zeitung mit=
teilt
, enthält der nunmehr eingetroffene amtliche Text des
deutſch=kanadiſchen Handelsabkommens
die Beſtimmung, daß die Zurücknahme der Zugeſtändniſſe
des Abkommens beiderſeitig an eine zweimonatliche Kün=
digungsfriſt
geknüpft iſt. Eine ſolche Zurücknahme iſt be=
kanntlich
vorgeſehen für den Fall, daß nicht nach angemeſ=
ſener
Zeit ein Handelsvertrag zuſtande kommen ſollte.
Wie verlautet, iſt es leicht möglich, daß die preu=
ßiſche
Wahlrechtsvorlage ſchon Ende dieſer
Woche im Plenum zur zweiten Leſung geſtellt wird. Im
Abgeordnetenhauſe neigt man zu der Anſicht, daß die Be=
ſchlüſſe
der Wahlrechtskommiſſion im Plenum noch Ab=
änderungen
erfahren werden, da bei der bekannten Stel=
lung
der Parteien Konſervative und Zentrum im Ple=
num
ſchwerlich gegen Freikonſervative und die geſamte
Linke das Geſetz in der jetzigen Form akzeptieren werden.
Man ſpricht von einer Rückverweiſung an die Kommiſſion,
um über die Privilegiumsbeſtimmungen eine Einigung
herbeizuführen. Ueber den Standpunkt der Regierung
verlautet zunächſt noch nichts Beſtimmtes. Es heißt, die
Regierung wolle eine Wahlreform nicht ohne die National=
liberalen
zuſtande bringen, weil ſonſt die Agitation nicht
aufhöre.

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Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 7. März 1910.

Nummer 55.

Die bayeriſche Abgeordnetenkammer
nahm mit 82 gegen 42 Stimmen die Gebührengeſetznovelle
an, die eine Anzahl von Staatsgebühren weſentlich erhöht
zu dem Zweck, der bayeriſchen Staatskaſſe außer der Er=
höhung
der direkten Steuern neue Einnahmequellen zu
erſchließen. Gegen das Geſetz ſtimmten die Liberalen und
Sozialdemokraten. Das Geſetz tritt bereits am 1. April
in Kraft.
Wie in den mit der Regierung gepflogenen Kom=
miſſionsberatungen
des Landtags von Sachſen=Weimar
mitgeteilt wurde, ſind die Verhandlungen der thürin=
giſchen
Staaten über die Errichtung eines
gemeinſamen Oberverwaltungsgerichts=
hofes
dem Abſchluſſe nahe, ſo daß dem Land=
tag
des Großherzogtums noch während ſeiner
gegenwärtigen Tagung die darauf bezügliche Re
gierungsvorlage zugehen wird. Da anzunehmen iſt,
daß alsdann auch die Regierungen der übrigen Staaten
ſich mit einer Vorlage an ihre Landesvertretungen wenden
werden, ſo iſt die Konſtituierung dieſes gemeinſamen thü=
ringiſchen
Oberverwaltungsgerichtshofes in Bälde zu er=
warten
.

Ausland.

Wie aus Oeſterreich gemeldet wird, wird Bienerth
in dieſer Woche ſeine Verhandlungen mit den Parteien
über die Kabinetts=Umbildung beginnen; er
plant, noch vor Oſtern die Poſten des deutſchen und des
tſchechiſchen Landsmannminiſters neu zu beſetzen und nach
Oſtern die große Umbildung durchzuführen. Auch über
Flottmachung des böhmiſchen Landtages ſollen
in dieſer Woche wieder Beſprechungen eingeleitet werden.
Nach den Stimmungen der Parteien rechnet Bienerth auf
einen glücklichen Verlauf dieſer Verhandlungen. In der
Sitzung des Verfaſſungsausſchuſſes brachte der Abg. Dr.
Heilinger auch die Frage des Ruhegehalts für
minderbemittelte Abgeordnete zur Sprache,
die lange Zeit als Abgeordnete im Dienſte der Oeffent=
lichkeit
ſtanden. Es ſei notwendig, daß für Abgeordnete,
die eine beſtimmte Zahl von Jahren dem Hauſe angehören
und unbemittelt ſind, von Staats wegen ein Ruhegehalt
feſtgeſetzt werde.
Auf die Anfrage des republikaniſchen Deputierten
Eugen Chieſa in der italieniſchen Kammer betr. die Zu=
ſammenkünfte
einer ausländiſchen Dame mit dem Ge=
neral
Facia es handelt ſich um die Zuſammenkünfte
der verwitweten Frau von Siemens mit einem General
in Mailand nach den großen Manövern von 1909 er=
klärte
der Unterſtaatsſekretär im Kriegsminiſterium Pru=
dente
, der Kriegsminiſter halte es nicht für opportun, die
Frage zu beantworten. Als Chieſa hiergegen lauten Wi=
derſpruch
erhob und trotz Ordnungsrufes ſeitens des Prä=
ſidenten
ſich nicht beruhigen wollte, hob dieſer die Sitzung
auf. Nach Wiederaufnahme der Sitzung wies Unter=
ſtaatsſekretär
Prudente die Aeußerungen Chieſas in ſchar=
fer
Weiſe zurück und erklärte, daß er auch die von dem Abg.
Leali in der gleichen Angelegenheit geſtellten Anträge
nicht beantworten werde, worauf Leali erwiderte, daß er
dann eine Interpellation einbringen werde; ſpäter kam
es in den Wandelgängen in derſelben Sache zu einem
perſönlichen Renkontre zwiſchen den Abgeordneten Chieſa
und Morando.
Das Budget, ſo wie es von der franzöſiſchen
Kammer genehmigt wurde, ſichert die Ergänzung der Jah=
reseinnahmen
um 159 Millionen, die ſich zuſammenſetzen
aus 146 Millionen aus neuen Steuern und 13 Millionen
aus dem neuen Zolltarife. Das Finanzjahr 1910 wird aus
der Anwendung der neuen Maßnahmen nur einen Vorteil
von 75 Millionen ziehen. Die Mehreinnahme von 159
Millionen, zu denen noch ein Teil der Mehreinnahmen von
1909 hinzutritt, den man für das Budget von 1911 ver=
wenden
kann, wird das Gleichgewicht dieſes Budgets er=
leichtern
und die normale Ausführung des Geſetzes be=
treffend
die Altersverſorgung der Induſtrie= und Land=

arbeiter ſichern. Die erſte wichtige Etappe zu einem voll=
ſtändigen
Gleichgewicht findet ſich ſo ſchon im Budget von
1910 vorbereitet und man wird geringerer Anſtrengung
als der bisherigen bedürfen, um der finanziellen und wirt=
ſchaftlichen
Lage des Landes vollſtändig zu genügen.
Das engliſche Unterhaus nahm in dritter Leſung
einſtimmig die Geſetzvorſchläge bezüglich der Bevollmäch=
tigung
des Schatzamtes, Geld aufzunehmen, und bezüglich
der Einlöſung der Kriegsanleihe an. Die Redner der
Oppoſition machten der Regierung den Vorwurf, daß ſie
die gegenwärtige finanzielle Verwirrung noch
vermehre. Premierminiſter Asquith ſagte in einer energi
ſchen Verteidigungsrede, es ſei unmöglich, die Lage zu
mildern, die durch die Haltung der Lords geſchaffen wor=
den
ſei, die auch allein die Verantwortung trügen. Die
Sitzungen des Hauſes müßten bis zum Ende des Finanz=
jahres
dazu verwendet werden, um die verſchiedenen Etats
zu erhalten, die für die Weiterführung der Verwaltung
notwendig ſeien. In Erwiderung des Vorſchlages der
Oppoſition, daß die Regierung die Einziehung der Ein=
kommenſteuer
für 1909/1910 abgeſondert für ſich legaliſie=
ren
ſolle, erklärte Premierminiſter Asquith, die Regie=
rung
weigere ſich, das gebräuchliche Verfahren abzuändern,
das Budget müſſe als Ganzes zur Vorlage gelangen.

Wiener Eindrücke.
Von Dr. A. Wirth.

Man kann Korea nur einmal bereiſen, und kann
es doch, ſelbſt ohne die Sprache ſonderlich zu verſtehen,
kennen lernen. Man kann Oeſterreich zwanzigmal be=
reiſen
, und man hat doch nur ein Zehntel von dem Ge=
ſamtquerſchnitt
wirklich geſehen. Die Probleme ſind ſo
mannigfach, und nicht minder mannigfach iſt deren Auf=
faſſung
. Allein bei den Deutſchen gibt es noch immer
fünf ganz verſchiedene Meinungen über die letzte Re=
form
der Reichsrats=Geſchäftsordnung und über den
Friedjung=Prozeß. Sodann wechſelt das Bild von
Monat zu Monat. Im Deutſchen Reiche ſind die gro=
ßen
Linien der Parteientwickelung nur nach Jahrzehn=
ten
merklich verſchoben; in Oeſterreich wechſeln ſie buch=
ſtäblich
faſt jedes Jahr. Auch der Geſamtcharakter der
Bevölkerung ändert ſich. Man ſpricht noch immer von
den gemütlichen Wienern, und betrachtet ganz Wien als
ein Kapua, als eine Stätte weichlich=eleganten Genuſſes,
als einen einzigen Wurſtelprater; das ganze Leben nur
eine Sezeſſionsausſtellung, oder eine Operette von =
har
. Dieſe Meinung war einmal wahr. Jetzt iſt ſie
weit vom Schuß. Der politiſche Kampf und wirtſchaft=
liche
Fragen erfüllen jetzt die Gemüter. Wien hat ein
Budget von 120 Millionen Kronen, während das ganze
übrige Nieder=Oeſterreich nur ein ſolches von 20 Mil=
lionen
hat. Wien beſitzt ein Trambahnnetz, eine Waſ=
ſerleitung
, und hundert andere Dinge, deren Verwalt=
ung
nicht allzu viel Zeit für den Wurſtelprater läßt.
Dazu der fortwährende Streit der Parteien und Volk=
heiten
. Man ſieht es ſchon den Geſichtern auf der Straße
an; ſie tragen den energiſchen Zug des Kämpfers und
die trotzige Verbiſſenheit eines, der ſich durchſetzen will.
In dieſen Geſichtern liegt Charakter! Freilich haben
die Neu=Wiener auch Schattenſeiten. Als ich 1890 einen
Winter in der Stadt verbrachte, ja, damals waren ſie
noch gemütlich und höflich und hatten immer Zeit. Jetzt
haben ſie entſchieden einen Zug ins Unſtäte, Haſtende
und auch ins Rauhbeinige bekommen. Man drängt
und ſtößt und tritt ſich auf die Füße, ohne ſich im gerina=

ſten zu entſchuldigen. Der Nachbar iſt kein Freund
mehr, ſondern ein Wolf und ein Affe, ein Gegner, vor
dem mau auf der Hut ſein muß. Gerade die Abnahme
der Höflichkeit eine Erſcheinung, die durchaus nicht
unbedingt mit dem Kampfe verknüpft ſein muß, wurde
mir von verſchiedenen Seiten beſtätigt.
In zweierlei iſt dagegen der Wiener noch über
anderen deutſchen Städtern; er nimmt einen Menſchen
lediglich nach ſeiner Perſönlichkeit, keineswegs nach ſei=
nem
Reichtum oder Stande, und er hat einen unge=
meinen
Geſchmack, das allerfeinſte Stilgefühl. In
Deutſchland haben temperamentvolle Kühnheiten weder
in Kleidern noch in der Kunſt ein ſo verſtändnisinniges
Publikum wie in Wien. In Deutſchland geht man im=
mer
noch mehr im Eſſen, in wiſſenſchaftlichen Büchern
in Bankunſt und ſonſt mehr auf die Quantität als auf
die Qualität; in Oeſterreich meidet man einen doppel=
ten
Relativſatz mehr als eine Todſünde. Und der
Künſtler gilt ſoviel wie ein General. Früher galt er
ſogar mehr. Aber ſeit der bosniſchen Erregung iſt wie=
der
ein Ausgleich in der Wertung hergeſtellt. Am ein=
ſeitigſten
ſind eigentlich die Politiker, namentlich die
Reichsratsabgeordneten. Sie kennen bloß die Bier=
ſchnatz
, Säbelduelle, Präferenzialtarife und Volksver=
ſammlungen
, aber kümmern ſich ſelten um hohe
Kultur.

Ganghofer=Abend.

St. Der vom Vortragsverband veranſtaltete
Ganghofer=Abend am Freitag hatte ein außerordent=
lich
ſtarkes Intereſſe erregt. Der große Saal der Turn=
gemeinde
war bis auf den letzten Platz beſetzt. Es
war ja ſchließlich auch nicht unintereſſant, den in allen
Kreiſen beliebten Dichter einmal von Angeſicht zu An=
geſicht
zu ſchauen, den Menſchen kennen zu lernen,
der uns als Dichter durch ſeine Werke viele Stunden
ungetrübten Genuſſes bereitet, der uns der Berge und
Täler Schönheiten zu allen Jahreszeiten ſo farben=
reich
und ſchön zu zeichnen vermag und deſen leben=
dige
Geſtaltungskraft uns das urwüchſige Naturvolk
der Berge in ſeinem Denken und Leben und in ſei=

nem Empfinden menſchlich nahe bringt und vertr
macht. Es iſt, wie geſagt, verſtändlich und berecht.
den Dichter kennen zu lernen als Menſchen, mit k
wir geiſtig ſchon ſo lange und vertraut verkehren. M
das aber durchaus in einem Vortragsabend
ſchehen, durch Vorleſung eigener Werke, wie ſie=
einigen
Jahren modern geworden ſind? Als V
tragsabende brachten bisher faſt alle dieſe Ver
ſtaltungen Enttäuſchungen und auch der Gangho
Abend machte hierin keine Ausnahme. Die wun
ſam feinen Naturſchilderungen, die der Dichter
Vorwort zu ſeinem Thema Studien aus dem Volsle
der Berge und mehr noch in der Erzählung vom Fl
gab, die wollen in ſtillen, der Erbauung und Er
ung gewidmeten Stunden durch die Lektüre
noſſen ſein, wenn man ſie ganz verſtehen und
nehmen will; wie man ein unendlich fein kolorie
Gemälde nur in ſtillem Sichverſenken genießen kann,
mals aber durch eine in Gegenwart vieler Hundert fr
der Meuſchen gegebene Beſchreibung. Das geſproch
Wort wirkt hier kalt, ernüchternd. Es ſei denn, daß
der es ſpricht, ein Vortragskünſtler iſt. Das
iſt Ludwig Ganghofer, der hochgeſchätzte, feinſin
Dichter, ebenſo wenig, wie die anderen Herrer
waren, die ſich uns durch Vorleſung eigener Werke
ſtellten. Das empfand auch das Publikum ſelbſt,
dem Dichter, bevor er ein Wort geſprochen, lel
teren und nachhaltigeren Beifall ſpendete, als es
den einzelnen Vorträgen der Fall war.
In den ernſten und heiteren Jäger= und
derergeſchichten, wie Der Michl und ſein Todfe
3 Wilderer, Faveri u. a., in denen keine Stimmungs
lerei, ſondern lediglich die Kunſt des Erzählen
Frage kam, war auch der Vortragende gut
mal wenn die im echten boayriſch vorgekragenen,
und wieder eingeſtreuten, kernig=derben Ausſpi
der Jäger oder Wilddiebe kamen. Der lebhafte
fall am Schluſſe veranlaßte den Dichter zur Zu
einer reizenden Epiſode aus dem Lebenslauf e
Optimiſten, der Schilderung ſeiner erſten Liebe
der Prinzenhösleins.

Stadt und Land.
Darmſtadt, 7. März.

* Vom Hofe. Die Großherzogin empfing
Freitag mittag im Neuen Palais Frau A. Schmaltz
aus Offenbach a. M., welche hierauf an der Frühſtücks=
tafel
teilnahm. Der Fürſt zu Solms=Lich iſt abends
im Neuen Palais eingetroffen und hat daſelbſt Woh=
nung
genommen. Graf und Gräfin zu Stolberg=Roßla
nahmen an der Abendtafel im Neuen Palais
teil. (Darmſt. Ztg.)
* Empfänge. Se. Königl. Hoh. der Großherzog
empfingen Samstag den Kapitänleutnant Trapp, kom=
mandiert
zum Admiralſtab der Marine in Berlin, den
Geh. Oberregierungsrat Dr. Wagner, den Kreisrat Du
Heinrichs von Alsfeld, den Kammerherrn v. Oetinger,
den Profeſſor Kiſſinger und den Bureaudirektor Daub,
Vorſitzende des Odenwaldklubs, Profeſſor Dr. v.
Franqué, Direktor der Univerſitäts=Frauenklinik in
Gießen; zum Vortrag den Staatsminiſter Ewald, den
Finanzminiſter Braun, den Miniſter des Innern v.
Hombergk zu Vach, den Oberjägermeiſter Frhrn. van der
Hoop, den Vorſtand des Kabinetts, Geh. Rat Römheld.
Heſſens Vertreter im Bundesrat. Se. Königl.
Hoheit der Großherzog haben den bisherigen ſtell=
vertretenden
Bevollmächtigten zum Bundesrat, außer=
ordentlichen
Geſandten und bevollmächtigten Miniſter
am Königlich Preußiſchen Hofe, Wirklichen Geheimerat
Maximilian Freiherrn v. Gagern in Berlin zum
Bevollmächtigten zum Bundesrat des Deutſchen Reichs
ernannt, ſowie die Erteilung des Kommiſſoriums als
ſtellvertretender Bevollmächtigter zum Bundesrat an den
Miniſter des Innern Friedrich v. Hombergk zu Vach
genehmigt.
Ernennung. Durch Entſchließung Großh. Mi=
niſteriums
der Juſtiz wurden die Referendare Dr. Hans
Andres aus Darmſtadt, Otto Böckner aus Heuchel=
heim
, Wilhelm Clemm aus Büdingen, Jakob Ernſt
Günther aus Mainz, Karl Korn aus Alzey, Auguſt
Nuß aus Gernsheim, Eduard Rompf aus Lana=Göns,
Ernſt Seib aus Gießen, Otto Steiner aus Schwan=
heim
und Dr. Gottlieb Storck aus Mainz zu Gerichts=
aſſeſſoren
ernannt.
Erteilt haben Se. Königl. Hoheit der Groß=
herzog
dem zum Provinzialdirektor der Provinz Rhein=
heſſen
und Kreisrat des Kreiſes Mainz ernannten Pro=
vinzialdirektor
der Provinz Oberheſſen und Kreisrat des
Kreiſes Gießen, Geheimerat Dr. Andreas Breidert den
Auftrag zur Verſehung der Funktionen eines landesherr=
lichen
Territorialkommiſſärs bei der Feſtung Mainz.
In den Ruheſtand verſetzt wurde der Ober=
aufſeher
an der Zellenſtrafanſtalt Butzbach Eduard
Moritz auf ſein Nachſuchen unter Anerkennung ſeiner
langjährigen treuen Dienſte, bis zur Wiederherſtellung
ſeiner Geſundheit, mit Wirkung vom 1. April 1910.
Ordensverleihungen. Se. Königl. Hoheit der
Großherzog haben dem Oberaufſeher an der Zellen=
ſtrafanſtalt
Butzbach Eduard Moritz das Silberne Kreuz
des Verdienſtordens Philipps des Großmütigen und dem
Lokomotivführer in der Heſſiſch=Preußiſchen Eiſenbahn=
gemeinſchaft
Friedrich Petzoldt zu Hanau aus Anlaß

ſeiner am 1. Januar 1915 erfolgenden Verſetzung in
Ruheſtand das Allgemeine Ehrenzeichen mit der
ſchrift Für treue Dienſte verliehen.
* Großherzoglich Heſſiſches Regierungsblatt.
Beilage Nr. 4 vom 5. März hat folgenden Inl
1. Verzeichnis der Vorleſungen, Uebungen und P.
tika, welche im Sommerſemeſter 1910 in den ſechs F
abteilungen der Großh. Techniſchen Hochſchule
Darmſtadt abgehalten werden. 2. Dienſtnachrich
3. Dienſtentlaſſungen. 4. Charaktererteilungen.
Ruheſtandsverſetzungen.
* Militärdienſtnachricht. In der Armee als Fe
rich angeſtellt wurde der Abiturient der Haupt=
deitenanſtalt
und Portepee=Unteroffizier v. Gr
man im Inf.=Regt. Kaiſer Wilhelm (2. Großh. H.
Nr. 116.
L. Die Strafkammer verhandelte am Sams
gegen den 24 Jahre alten Schreiner Karl Schro
von Allmendshofen wegen Urkundenfälſchung und
trugsverſuchs. Der Angeklagte war mit ſein
Freund Böhm hierher gekommen; während di
Arbeit fand, ſuchte er vergeblich eine Stelle. E
glücklicherer Kamerad half ihm hie und da mit klei
Geldbeträgen aus. Zum Dank dafür fälſchte er ei
mit der Unterſchrift des Böhm verſehenen Brief,
welchem deſſen Logiswirtin gebeten ward, dem Ue.
bringer 5 Mark zu behändigen. Die Frau ging t
auf den Leim, Schropp bezog aber 3 Monate
fängnis. 1 Monat davon iſt durch die Unterſ
ungshaft verbüßt. Der 19 Jahre alte Dienſtkn
Johannes Daab von Reichelsheim hatte ſich we
Sittlichkeitsverbrechens zu verantworten, weil er
Kindern unzüchtige Handlungen vorgenommen h
Die nicht öffentlich geführte Verhandlung erbre
hierfür nicht den erforderlichen Beweis, ließ je
darüber keinen Zweifel, daß Daab Kinder in ei
deren Schamgefühl verletzenden Weiſe behandelt
Er wurde wegen Beleidigung zu 6 Wochen Gefäng
verurteilt. Die Strafe iſt durch die bereits lär
währende Unterſuchungshaft verbüßt.
n. Vor dem Schöffengericht kam als Uebertretur
ſache gegen den Pfarrer Fink der katholiſchen
ſabethkirche ein bereits im Verwaltungsweg erörte
Fall zur Verhandlung. In Frage ſteht dabei, wel
Charakter ein erwähnter Kirche gehörender, aber
tragsmäßig als Teil des öffentlichen Fußſteigs ber
ter Geländeſtreifen hat und ob er ſeiner Natur
als öffentlicher Weg anzuſehen iſt. Dieſe Frage
inſofern von Bedeutung, als die Kirche aus jener
geblichen Privatnatur die Befugnis ableiten will,
darauf veranſtaltete Prozeſſionen (weil auf il
Grundſtück) keine öffentlichen (unter Benutzung öff
licher Wege) ſeien und deshalb polizeilicher Genehr
ung, wie ſie das einſchlägige Geſetz vorſchreibt, 1
bedürften. Aus Gründen einer Verſchönerung
Straßenbildes wurde bei Erbauung der Eliſab
kirche nicht die Straßenfluchtlinie eingehalten, ſont
die Kirche zurückgeſtellt, ſodaß vor der Front ein St
fen von etwa 3 Meter Breite verblieb, der im Eic
tum der Kirchengemeinde ſteht. Eigentlich wäre
ſelbe einzufriedigen geweſen, doch ſah man zur
ſparnis der dazu benötigten, ſehr beträchtlichen Sur
(40000 Mark) hiervon ab und es kam mit der S
ein Abkommen zuſtande, daß letzterer der Streifen
Teil des Fußſteigs mit gleichem Moſaikpflaſter v
Abgrenzungen, eventuell die Geſamtfläche zur öffe
lichen Benutzung überlaſſen bleibt. Demgemäß
das Polizeiamt darauf abgehaltene Prozeſſionen
auf öffentlicher Straße geſchehend an und verla
Einholung ſeiner Genehmigung, während der G
liche die Eigenſchaft der Prozeſſionen als öffent.
beſtritt und jene Geſuchſtellung verweigerte; Beſp:
ungen hatten keinen Erfolg und das Polizeiamt
ließ deshalb zur Wahrung ſeines Standpunkts
Polizeiverbot, begnügte ſich aber damit und ſah
zwangsweiſer Verhinderung der Prozeſſion
Zweckmäßigkeitsgründen ab. Dieſer Polizeibe
wurde im Rekursweg ſeitens des Kreisausſchuſſes
Miniſteriums beſtätigt, es war alſo die Grundlage
rechtskräftigen Verbots feſtgeſtellt und deſſen dama
Uebertretung im ordentlichen Gerichtsverfahren d
Erkennung der Strafe zu ahnden. Das Schöffenge:
wurde ſo mit der Sache befaßt und prüfte ledig
ob das übertretene Verbot gültig zuſtande gekom:
ſei, ohne daß das Urteil auf die Entſcheidung je
Streitfrage über die Natur des Fußſteigs ſtrei‟
einging. Der angeklagte Geiſtliche, deſſen Verteid
ich u. a. auf guten Glauben berief, wurde für ſchu
befunden und zu 90 Mark Geldſtrafe verurteilt. Di
Prinzipienſtreit (die Prozeſſion wäre auf Nachſu=
wohl
glatt genehmigt worden) wird wohl noch in
weiteren Inſtanzen gebracht werden.

[ ][  ][ ]

Nummer 55.

Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 7. März 1910.

Seite 3.

Zur 25. Sitzung der Stadtverordneten= Verſamm=
lung
am Donnerstag, den 10. März, nachmittags
3½ Uhr, iſt folgende Tagesordnung feſtgeſetzt: 1. Mit=
teilungen
. 2. Voranſchlag der Stadtkaſſe und der ſtädti=
ſchen
Nebenkaſſen für das Verwaltungsjahr 1910. Im
Falle die Zeit noch reicht: 3. Sommerfahrplan der Darm=
ſtädter
Dampfſtraßenbahnen. 4. Geſuch des Allgemeinen
Deutſchen Frauenvereins und des Frauenvereins der Mar=
tinsgemeinde
um Ueberlaſſung von Schulräumen oder um
einen Barzuſchuß. 5. Erweiterung des ſtädtiſchen Kran=
kenhauſes
; hier: Niederlegung von Gebäulichkeiten. 6. Die
Anlegung von Gemeindekapitalien. 7. Beſchaffung von
Räumlichkeiten für das polizeiliche Hundeaſyl.
* 25jähriges Jubiläum. Herr Obergärtner Wil=
helm
Weber begeht am Dienstag, 9. März, das Feſt
ſeiner 25jährigen ununterbrochenen Tätigkeit in der
Gärtnerei Ernſt Schulz, hier.
Auszeichnung. Bei dem Wettbewerb für den Ent
wurf des Innenausbaues der Michaelis=
kirche
in Hamburg erhielt der Profeſſor an der
hieſigen Techniſchen Hochſchule für das Zeichnen, Entwer=
fen
und Modellieren von Ornamenten, Herr Auguſto
Varneſi, den erſten Preis und die Ausführung des
Hauptaltars.
Verein Volksküche. (Unter dem Protektorat der
Großherzogin.) Die Volksküche war während des
Monats Februar d. J. an 23 Tagen geöffnet und es
wurden während dieſer Zeit täglich verabfolgt: 122 St.
Brot (mit und ohne Butter), 90 St. Wecke, 116 Taſſen
Kaffee (mit und ohne Zucker), 100 Taſſen Milch, 24
Portionen Wurſt und Fleiſch für ſich, 86 Portionen
Suppe (mittags und abends), 102 Portionen Beilagen
(Salat, Gemüſe, geröſtete Kartoffeln), 45 Portionen
Suppe und Gemüſe zuſammen, 10 Portionen Suppe
und Fleiſch zuſammen, 30 Portionen Gemüſe und
Fleiſch zuſammen, 35 Portionen Suppe, Gemüſe und
Fleiſch zuſammen, 31 Portionen Hering mit Kartoffeln.
Dabei kamen 770 Freikarten (bereits bezahlte Gut=
ſcheine
à 10 Pfg.) zur Ablieferung und Verwertung.
Eine Wohltäterin oder ein Wohltäter zu leihweiſer
Ueberlaſſung der erforderlichen Geldmittel mit 25000
Mark gegen niedrigen Zinsfuß und langfriſtiſche Un=
kündbarkeit
für die dringliche Erbauung eines Speiſe=
ſaales
für weibliche Koſtgänger hat ſich bis jetzt nicht
gemeldet. Die Hilfe muß kommen.
* Dekorierungsfeſt des Odenwaldklubs. Nicht
weniger als 62 Wanderer werden zum Dekorie=
rungsfeſte
der Ortsgruppe Darmſtadt des Odenwald=
klubs
am Samstag der nächſten Woche im Saalbau aus=
gezeichnet
werden. Es iſt dies eine ungewöhnlich hohe
Anzahl. Sie iſt auch ihrerſeits ein Beweis für das
rege Leben, das im Klub herrſcht. Große Vorbereitun=
gen
ſind diesmal für das Feſt getroffen worden, und es
iſt mit einer ſehr bedeutenden Menge von Teilnehmern
aus Darmſtadt wie aus dem Odenwalde zu rechnen.
Vertreter der Behörden und viele hohe Beamte werden
ebenfalls nicht fehlen. Eine beſondere Weihe dürſte
das Feſt durch das Erſcheinen des Großherzogs erhal=
ten
, der Samstag von den Vorſtandsmitgliedern
Herren Bureaudirektor Daub und Profeſſor Kiſ=
ſinger
in einer Andienz die Einladung entgegen=
genommen
hat; der Großherzog bekundete großes
Intereſſe. Der Abend trägt wieder den Cha=
rakter
des Kommerſes. Der Saal ſelbſt muß alſo aus=
ſchließlich
für die Herren reſerviert bleiben. Es ſind
aber die Emporen und der Vorſaal für die Damen vor=
geſehen
. Für das Konzert iſt die Kapelle Weber enga=
giert
. Eine beſondere Kompoſition eines Odenwälders,
deren Widmung der Großherzog angenommen hat,
ſpiegelt den Odenwald in Lied und Tanz wider und
wird vom Komponiſten ſelbſt dirigiert werden. Die ge=
meinſamen
Lieder und ein Wanderbericht in Verſen
ſind von ſachkundiger, formgewandter Hand verfaßt.
Der Prolog trägt diesmal ſzeniſche Eigenart und wird
von Herrn Hofſchauſpieler Holler geſprochen werden.
Das heſſiſche Luſtſpiel, das ſeine Uraufführung bei dem
feſtlichen Abende erlebt, führt den knrioſen Titel Die
Maus und ſpielt in einem Odenwalddorfe. Eine alte,
ſpaßige Sage aus dem Dörfchen Knoden hat die An=
regung
zur Fabel gegeben. Die Herren Hofſchauſpieler
Jordan und Holler kreieren die Hauptrollen. Herr
Jordan, der neue Humoriſt des Hoftheaters, iſt in dieſer
Saiſon raſch allgemein beliebt geworden, ſo daß ſein
Name ſchon für eine amüſante Darſtellung bürgt; die
Couplets, die er in dem Luſtſpiele ſingt, ſind nach Melo=
dien
geſchrieben, die durch verſchiedene Sänge des Herrn
Jordan hier bekannter geworden ſind.
n. Ruheſtörung durch Hunde. Die Anwohner des
Böllenfalltors hatten während des vorigen Sommers ſehr
unter dem Bellen und Geheul von Hunden zu
leiden, die von dem Gärtnereibeſitzer Müller auf ſeinem
dortigen Grundſtück gehalten wurden. Müller war mehr=
fach
durch Diebſtähle heimgeſucht worden, und glaubte
deshalb dieſe Bewachung der unbewohnten Gärtnerei
nicht entbehren zu können, während die in ihrer Nachtruhe
empfindlich Geſtörten nach erfolgloſen gütlichen Verſuchen
polizeiliches Einſchreiten anriefen, und nunmehr eine
große Anzahl von Strafbefehlen gegen Müller wegen

Ruheſtörung erging. Er focht ſolche an, wurde aber
vom Schöffengericht wiederholt ſchuldig befunden. Eine
dagegen verfolgte Berufung zog er ſeinerzeit unmittelbar
vor der Strafkammerverhandlung zurück, eine zweite gegen
ein auf 150 Mark Geldſtrafe lautendes Schöffen=
gerichtsurteil
wurde nunmehr vor der Strafkammer ver=
handelt
. Im Gegenſatz zur erſten Inſtanz nahm das Ge=
richt
nicht eine, ſondern zwei (jeweils nach Empfang
früherer Strafbefehle neu betätigte) fortgeſetzte Ruheſtö=
rungen
an, berückſichtigte aber ſtrafmildernd jene durch
die Diebſtähle, damalige Hundeſperre uſw. geſchaffene Si=
tuation
des Angeklagten, und ließ es bei 60 Mark und
15 Mark Geldſtrafe nebſt ein Fünftel der Koſten
bewenden.
In das ſtädtiſche Pfründnerhaus an der Frank=
furterſtraße
ſind im Februar d. J. 2 Perſonen neu aufge=
nommen
, ebenſoviele wieder entlaſſen worden. Ende des
genannten Monats waren 63 Pfründner in Pflege, 28 Män=
ner
und 35 Frauen. Sehr groß war wieder die Inan=
ſpruchnahme
der mit dem Pfründnerhaus verbundenen
Kinderpflegeſtation. Dort wurden 18 Kinder neu aufge=
nommen
, während 14 ausgeſchieden ſind; Ende des Mo=
nats
waren noch 15 in der Station verblieben. Das
Armenhaus an der Pallgswieſenſtraße verzeichnete 9 Neu=
aufnahmen
und 4 Austritte. Ende Februar verblieben 50
Inſaſſen, 31 Männer, 14 Frauen und 5 Kinder.
2 Durchſchnittspreiſe von den Wochenmärkten
der vergangenen Woche. Butter ½ Ka. 1,30 M., in Par=
tien
1,25 M., Eier 9 Pf., Schmierkäſe ½ Ltr. 20 Pf.,
Handkäſe 412 Pf., Kartoffeln der Zentner 34 M.,
Kumpf (10 Liter) 5060 Pf., ½ Kg. 35 Pf., Mäuschen
Zentner 8 M., Obſt u. dal.: Aepfel ½ Kg. 1215 Pf.,
Kaſtanien ½ Kg. 1516 Pf., Zitronen 45 Pf., Apfel=
ſinen
510 Pf., Salat, Gemüſe uſw.: Kopfſalat 16
bis 18 Pf., Endivien‟ Kg. 3540 Pf., Körbchen Feldſalat
1012 Pf., Bündel Radieschen 78 Pf., Meerrettich 10
bis 30 Pf., Roterüben ½ Kg. 710 Pf., Zwiebeln ½ Kg.
10 Pf., Wirſing 510 Pf., Grünkohl 46 Pf., Roſenkohl
Kg. 2530 Pf., Gelberüben ½ Kg. 56 Pf., Weiße=
rüben
23 Pf., Paradiesäpfel ½ Kg. 7080 Pf., Spinat
½ Kg. 1520 Pf., Kohlrabi 34 Pf., Blumenkohl 2060 Pf.,
Rotkraut 1030 Pf., Weißkraut 1220 Pf., Schwarzwurz
Kg. 2530 Pf.: Wildbret, Geflügel uſw.:
Zicklein 2,504,00 M., Gänſe ½ Kg. 7080 Pf., Enten
3,003,50 Pf., Hahnen und Hühner 23 M., Tauben
6070 Pf., Lapins 1,001,10 M.; auf dem Fiſchmarkt
Kg.: Aal, Hecht 1 M., ſonſtige Rheinfiſche 3540 Pf.,
Rotzungen 50 Pf., Stockfiſch, Kabeljau, Seehecht, See=
lachs
25 Pf., große Schellfiſche 30 Pf., kleine 1520 Pf.;
in den Fleiſchſtänden ½ Kg.: Rindfleiſch 56 Pf.
Hackfleiſch 60 Pf., Rindsfett 50 Pf., Rindswürſtchen
(Stück) 15 Pf., Schweinefleiſch 8896 Pf., Blut= u. Leber=
wurſt
66 Pf., Fleiſchwurſt u. Schwartenmagen 76 Pf.
Groß=Gerau, 5. März. Auf einer alten Fundſtelle
nördlich von Groß=Gerau, auf der ſchon ſeit geraumer Zeit
Gegenſtände aus allen Kulturperioden der
Vorzeit bis in die frührömiſche hinein zum Vorſchein ge
kommen ſind, wurden jüngſt bei der Anlage von Spargel
feldern wiederum alte Kulturreſte angetroffen. Die
vom Denkmalpfleger Prof. Anthes vorgenommene Un=
terſuchung
ergab Reſte von vorgeſchichtlichen Wohngruben,
die nach den gefundenen Gefäßſcherben zum Teil wenig=
ſtens
in die erſte Eiſenzeit zurückreichen. Von beſonderem
Intereſſe aber iſt eine Wohngrube von etwa 6 zu 6 Meter
durchmeſſer und 1½ Meter Tiefe. Sie wurde etwa zu
zwei Dritteln ausgeräumt; ſie ganz auszuheben, hinderte
ein Obſtbaum. In der eingefüllten Erde, die ſich durch
dunklere Färbung von dem hellen Sand unterſchied, fanden
ſich zahlreiche kleinere und größere Steinſplitter, die durch
Schlagen entſtanden ſind. Es ſind im ganzen rund 320
Stück, die ſtärkſten von der Größe eines Eies. Wenn auch
kunſtvoll zugerichtete Schaber und Pfriemen, zum Teil nur
von der Dicke eines Streichholzes, dabei vertreten ſind,
ſowie Stücke, die in Holz gefaßt als Pfeile dienen konnten,
ſo ſcheint doch weitaus das meiſte Abfall zu ſein; deutlich
erkennt man an faſt allen Stücken die Flächen, von denen
die primitiven Werkzeuge abgeſplittert worden ſind. Nach
vorläufiger Beſtimmung durch die Großh. Geologiſche
Landesanſtalt ſind die verwendeten Geſteine nicht aus der
unmittelbaren Umgegend des Fundortes, ſondern von
weiter hergebracht. Es finden ſich ungefähr zu gleichen
Teilen Stücke von Quarzit und Hornſteinſpänen, ferner
Kieſelſchiefer und eine Art von Achat, wie er an der Nahe,
aber auch im Geſchiebe des Rheins vorkommt. Alle dieſe
Steinſplitter lagen ohne Ordnung in der eingefüllten Erde.
Wir haben es mit der Werkſtätte eines vorgeſchichtlichen
Steinarbeiters zu tun, deſſen Tätigkeit wir trotz des Feh=
lens
von bezeichnenden Scherben es kamen nur einige
wenige formloſe Stücke ohne Verzierung zum Vorſchein
in die jüngere Steinzeit verſetzen dürfen. Derartige Werk=
ſtätten
ſind große Seltenheiten auf archäologiſchem Gebiet
in Deutſchland. Erwähnt ſei, daß in der Südweſtecke der
Grube, aber viel höher als deren Boden, ein Brandgrab
der ſpäteren Eiſenzeit eingebettet lag.
Offenbach, 5. März. Der etwa 49jährige Vorſteher
der Erheberſtelle der Invaliden=Verſicherung, Fer=
dinand
Ripper, hat heute nacht gegen 12 Uhr am

Portale des Friedhofes ſeinem Leben durch einen
Schuß in die Schläfe ein gewaltſames Ende bereitet.
Ueber die Gründe der Tat ſteht Beſtimmtes noch nicht
feſt, doch iſt anzunehmen, daß ſie mit der geſtern abend
begonnenen Reviſion ſeiner Kaſſe im Zuſam=
menhang
ſteht. Die Reviſion, die heute den ganzen
Vormittag fortgeſetzt wurde, konnte zwar noch nicht
zum Abſchluß kommen, ergab jedoch bereits einen
Fehlbetrag, deſſen Höhe noch nicht feſtſteht. Nähere
Einzelheiten wird die noch ſchwebende Unterſuchung er=
geben
. (Off. Ztg.)
Mainz, 5. März. Frhr. v. Seckendorff, General=
major
und Kommandant von Mainz, wurde unter Ver=
leihung
eines Patents ſeines Dienſtgrades in gleicher
Eigenſchaft nach Königsberg verſetzt.
B Mainz, 4. März. Das von Mannheim hier ein=
treffende
Boot Gutenberg der Köln=Düſſeldorfer Ge=
ſellſchaft
ſchlug mit einem Schaufelrad auf eine Treppe, als
es anlegen ſollte, und erlitt dabei einige Beſchädigun=
gen
. Das ins Treiben geratene Boot warf Anker aus,
die jedoch ſich nicht feſtſetzten, ſo daß es weiter trieb und.
gegen einige andere Schiffe rannte, die gleichfalls Schaden
davontrugen. Schließlich legte es ſich quer vor einen
Brückenpfeiler und war in höchſter Gefahr, als der Damp=
fer
Juſtitia herankam und es im gefährlichſten Augen=
blick
ins Schlepptau nahm und zur Landebrücke ſchleppte.
* Ingelheim, 5. März. Im benachbarten Appen=
heim
wurde heute früh Pfarrer Schellmann tot
im Bette vorgefunden. Er war durch Kohlengaſe, die
einem Ofen entſtrömt waren, erſtickt.
Nieder=Saulheim, 5. März. Ein hieſiger älterer Land=
wirt
war in dem Wieſental unterhalb des Dorfes mit
Holzfällen beſchäftigt. Gerade hatte er einen hohen Erlen=
baum
erſtiegen und begann oben im Wipfel des Baumes
mit wuchtigen Hieben die Aeſte herunterzuhauen, da
krachte auch ſchon der Aſt, auf dem er ſtand, und er
ſtürzte aus der Höhe herab. Er fiel in den bis an
den Rand gefüllten Mühlbach. Die Waſſermaſſen minder=
ten
die Gewalt des jähen Sturzes und ſo kam der alte
Mann mit einem unfreiwilligen kalten Bad und dem
Schrecken davon.
Sprendlingen (Rheinheſſen), 5. März. Das Ge=
meindeland
, das zu Feldbereinigungszwecken für
etwa 30000 Mark angekauft worden iſt, ſoll alsbald in
öffentlicher Verſteigerung verpachtet werden, ſoweit den
ſeitherigen Eigentümern oder Pächtern einVorzugspacht=
recht
nicht eingeräumt worden iſt. Die Privatwaſ=
ſerleitung
, wegen deren Uebernahme auf die Ge=
meinde
ſchon oftmals verhandelt wurde, ſoll nun gegen
45000 Mark abgetreten werden. Der Reingewinn aus der
Anlage beträgt angeblich etwa 3000 Mark. Der Gemeinde=
rat
konnte ſich zu einem Angebot noch nicht entſchließen.
Die auf 9 Jahre erfolgte Verpachtung der Feld= und
Waldjagd zeitigte ein überaus erfreuliches Ergebnis.
Die Jagd wurde in drei Teilen ausgeboten, die für 1501
Mark, 1920 und 3152 Mark zugeſchlagen, wurden. Ge=
ſamterlös
6573 Mark, gegen die ſeitherigen 2353 Mark
ein Mehr von 4220 Mark.
Gießen, 5. März. Der Selbſtmörder, der ſich vor=
geſtern
hier erſchoß, wurde in der Perſon des 34 Jahre
alten Landwirts Karl Peter Fels aus Hackenheim
bei Mainz feſtgeſtellt. Gegen ihn ſollte angeblich ein Straf=
verfahren
eingeleitet werden, weshalb er ſich von zu Hauſe
entfernte und hier die Tat ausführte.

Kleines Fenilleton.

** Die Königin=Mutter von Schweden
ſiedelt ſich in England an. Ein Londoner
Blatt, das zu den Hofkreiſen gute Beziehungen unter=
hält
, weiß zu melden, daß die Königin=Mutter Sophie
von Schweden, die Witwe des am 8. Dezember 1907 ver=
ſtorbenen
Königs Oskar II., ſich entſchloſſen habe, ihren
Lebensabend in England zu verbringen. Sie befindet
ſich bereits ſeit einigen Monaten in England und will
nun die verhältnismäßig kleine Villa, welche ſie bisher
in der Nähe des Landſtädtchens Pinner in der Graf=
ſchaft
Middleſex bewohnte, als Eigentum erwerben. Sie
führt dort ein völlig zurückgezogenes Leben und hat oft
mit Krankheit zu kämpfen. Man ſieht ſie ſelten außer=
halb
ihres Hauſes und nach London fährt ſie nur hin
und wieder, um der Königin Alexandra, der ſie freund=
ſchaftlich
zugetan iſt, einen Beſuch in Buckingham
Palace abzuſtatten. Ob die Behauptung jenes Lon=
doner
Blattes, der Entſchluß der Königin, England zu
ihrem ſtändigen Wohnſitze zu wählen, ſei auf eine
Verſtimmung zwiſchen ihr und ihrem Sohne, dem regie=
renden
Könige Guſtav V. von Schweden zurückzuführen,
der Wahrheit entſpricht, wollen wir dahingeſtellt ſein
laſſen. Die Königin=Mutter Sophie iſt eine Deutſche,
eine geborene Prinzeſſin von Naſſau und das letzte der
Geſchwiſter des 1905 verſtorbenen Großherzogs Adolf
von Luxemburg. Sie wurde am 9. Juli 1836 im Schloſſe
zu Biebrich geboren, ſteht alſo im 74. Lebensjahre.
ngc. Die Kinder der Baronin Vaughan.
In Brüſſel erzählt man ſich, daß der Herzog Karl
Eduard von Sachſen=Koburg und Gotha, in ſeiner
Eigenſchaft als Familienchef des Hauſes Koburg, den
beiden Söhnen des verſtorbenen Königs Leopold II. der
Belgier und der Baronin Vaughan einen adeligen

Namen und Titel verliehen habe. Eine Beſtätigung
dieſer Nachricht war bisher nicht zu erlangen. Doch
klingt ſie an ſich nicht unwahrſcheinlich. Es wäre nicht
das erſte Mal, daß der regierende Herzog von Koburg
ſtandesungleiche Verbindungen von ausländiſchen Mit=
gliedern
ſeines Hauſes durch Erteilung eines Adels=
diploms
gewiſſermaßen regulierte. So machte bekannt=
lich
der Herzog Ernſt II. die beiden Söhne, die der
Verbindung des Königs Leopold I. der Belgier mit der
Frau Arkadie Meyer, geborenen Claret, entſproſſen
waren, Georg Meyer und Artur Meyer, zu Freiherren
von Eppinghoven, und als der König Ferdinand I. von
Portugal, ein koburgiſcher Prinz, ſich die ehemalige
Ballettänzerin Eliſe Friederike Hensler antrauen ließ,
ſchenkte der Herzog Ernſt II. ihr zur Hochzeit den
Namen einer Gräkin von Edla.
* Das Katzenauge als Uhr. Dem bekann=
ten
Buch für Alle entnehmen wir folgende intereſ=
ſante
Notiz: Bei einer Reiſe durch das innere China
fragte jüngſt ein franzöſiſcher Forſcher einen Chineſen,
ob es noch nicht 12 Uhr mittags ſei. Der Chineſe blickte
zum Himmel empor, aber die Sonne war an dieſem
Tage durch dichte Wolken verdeckt. Er eilte darauf
ort, und wenige Augenblicke ſpäter kehrte er zurück;
im Arme hielt er eine Katze. Es iſt noch nicht Mit=
tag
, meinte er und wies dabei auf die Augen der
Katze, indem er die Wimpern mit den Fingern etwas
zurückſchob, überzeugen Sie ſich. In der Tat ziehl
ſich die Pupille der Katze immer mehr zuſammen, je
näher der Mittag kommt; genau um 12 Uhr ſteht dann
die Pupille als ganz feiner, dünner Strich ſenkrecht im
Ange. Dann beginnt ſich die Pupille wieder zu erwei=
tern
und wird immer breiter, je näher der Abend
heranrückt. Jeder unſerer Leſer, in deſſen Hauſe eine
Katze iſt, kann dieſe Aufgabe unſchwer auf ihre Rich=
tigkeit
nachprüfen.

Die Höflichkeit des wahren Dandys.
Der Ruhm, der letzte Dandy geweſen zu ſein, wird dem
nun verſtorbenen Herzog von Sagan von manchen
Pariſer Kritikern der Eleganz abgeſprochen; der letzte
Dandy, ſo führt man aus, war der Herzog von Gramont=
Caderouſſe, der elegante, geiſtreiche Kavalier des zweiten
Kaiſerreiches, deſſen Erſcheinen in Longchamp jedesmal
eine Senſation war und deſſen ſcharfen, treffenden Witz
jedermann bewunderte und fürchtete. Man erzählte
von dieſem letzten Dandy eine charakteriſtiſche Anekdote.
Eines Tages ſaß er im Jockeiklub am Spieltiſche. In
ſeiner Begleitung befand ſich auch der alte Baron
James de Rothſchild. Im Verlaufe des Spieles ent=
fiel
dem Baron ein Louis, rollte unter den Tiſch und
der Baron konnte die Goldmünze im Dunkeln nicht
wiederfinden. Mit höflicher Selbſtverſtändlichkeit er=
hob
ſich Grammont, zog einen Hundertfrancsſchein aus
ſeiner Brieftaſche, rollte ihn zum Fidibus, entzündete
ihn an einer Kerze und leuchtete mit dem verbrennen=
den
Scheine dem Baron Rothſchild ſo lange, bis dieſer
ſeinen Louis wiedergefunden und ſorgſam in ſeiner
Weſtentaſche geborgen hatte.
* Ein guter Magen. In Nancy machte ein
Arzt ſeinen Kollegen die Mitteilung, er habe einem
Kranken 23 eiſerne Gabelſtiele aus dem Magen gezogen.
Der Mann, ein Koch aus Maréville, hatte ſich über
Schmerzen im Magen und im Leibe beklagt und end=
lich
geſtanden, er habe auch im Spital heimlich fünf oder
ſechs Gabeln verſchluckt. Mit den Röntgenſtrahlen ſah
der Doktor im Magen ſeines Patienten die Umriſſe von
Löffeln oder Gabelſtielen, und als er den Magen
öffnete, holte er 23 Gabeln heraus, die zuſammen 450
Gramm wogen.

Reich und Ausland.

Aus der Reichshauptſtadt, 5. März. Der Polizei=
präſident
ließ an den Vorſitzenden des Aktionsaus=
ſchuſſes
des Verbandes der ſozialdemokratiſchen Wahl=
vereine
von Berlin und Umgegend die Mitteilung ge=
langen
, daß er den vom Vorwärts als Demonſtration
gegen die preußiſche Wahlrechtsvorlage für Sonntag
angekündigten Maſſenſpaziergang nach dem
Treptower Park als eine nach dem Reichsvereinsgeſetz
genehmigungspflichtige Veranſtaltung anſehe und ihr
entgegentreten werde. Auf einem Friedhofe in Rig=
dorf
wurde geſtern die Leiche der 21jährigen Sängerin
Elſe Schröder beſchlagnahmt. Sie iſt die Tochter
der Witwe Schröder, gegen die ein Verfahren wegen
Giftmordes ſchwebt und die ſich jetzt in Berlin aufhält,
nachdem ihr freies Geleit aus dem Auslande und nach
dem Auslande zugeſichert war. Die Tochter wurde in
Berlin als Sängerin ausgebildet; ſie lag mit ihrer
Mutter in Klage über das vom Vater hinterlaſſene Ver=
mögen
. Das junge Mädchen ſtarb hier plötzlich. Die
frühere Frau von Schönebeck, jetzt verehelichte
Weber, iſt geſtern nachmittag in ihrer Wohnung in der
Goetheſtraße 87 aufs neue verhaftet worden. Die
Verhaftung erfolgte durch Beamte der Charlotten=
burger
Kriminalpolizei auf Antrag der Staatsanwalt=
ſchaft
in Allenſtein. Sie wurde in das Charlottenburger
Gerichtsgefängnis eingelieferk, in dem ſie vorläufig
verbleiben ſoll. Das Verfahren gegen ſie wegen Anſtif=
tung
zum Morde an ihrem Gatten, dem Major von
Schönebeck, wird dann ſeinen Fortgang nehmen. Wie
weiter verlautet, hat der Berliner Anwalt der Frau

[ ][  ][ ]

Seite 4.

von Schönebeck einen Antrag auf Haftentlaſſung gegen
Stellung einer Kaution in beliebiger Höhe eingebracht.
Der Antrag ſtützt ſich auf das Gutachten zweier Aerzte,
wonach Frau von Schönebeck ſchwer krank iſt und eine
neuerliche Unterſuchungshaft weiter ſchädigend auf ihre
Geſundheit einwirken müßte.
Frankfurt, 5. März. Das deutſche Kronprin=
zenpaar
, das ſich durch ſeine Leutſeligkeit die Herzen
der Frankfurter Bürgerſchaft im Sturme erobert hat, wird
auch in dieſem Jahre mehrere Tage in unſeren Mauern
verweilen, um den ſportlichen Veranſtaltungen im Hippo=
drom
, für die der Kronprinz einen Ehrenpreis geſtiftet hat,
beizuwohnen. Bei der Ankunft des Zuges, der die Kron=
prinzeſſin
nach Frankfurt führte, hatte ſich geſtern
abend kurz vor 11 Uhr am Bahnhof eine zahlreiche Men=
ſchenmenge
angeſammelt, die auf dem Bahnſteig und vor
dem Seitenausgang poſtiert war. In Begleitung der
Kronprinzeſſin, die vom kommandierenden General Exz.
v. Eichhorn und Polizeipräſidenten v. Scherenberg empfangen
wurde, befanden ſich Oberſtleutnant v. Oppen und Ober=
leutnant
v. Mitzlaff. Die Herrſchaften fuhren in Auto=
mobilen
zum Frankfurter Hof wo das Kronprinzenpaar
Wohnung genommen hat. Der Kronprinz iſt heute
früh um 6 Uhr 50 Min. hier eingetroffen und im Hotel
Frankfurter Hof abgeſtiegen. Auf dem Bahnhof war
zum Empfange Polizeipräſident v. Scherenberg anweſend.
Frankfurt, 5. März. Die Königin von Schwe=
den
traf um 6 Uhr 50 Min. hier ein und ſetzte ihre
Reiſe um 9 Uhr 35 Min. nach Karlsruhe fort.
Frankfurt, 5. März. Der Packer Johann Bauer, der
in der Nacht vom 17. zum 18. Februar bei den Stra=
ßendemonſtrationen
zweimal auf Schutzleute
ſchoß, wurde von der Strafkammer wegen Widerſtands
gegen die Staatsgewalt zu zwei Jahren Gefäng=
nis
verurteilt.
Kaſſel, 5. März. Der Polizeipräſident zog
die Genehmigung, die er der ſozialdemokratiſchen Par=
tei
für die am Sonntag auf dem Forſt zu veranſtal=
tende
Wahlrechtsdemonſtrationsverſamm=
lung
unter freiem Himmel und für anſchließenden
Demonſtrationszug erteilte, zurück.
Hamburg, 5. März. Der 36jährige Schloſſer Moldt,
der mit der 20jährigen Tochter des Vorkoſthändlers Rix
verlobt war, verſuchte geſtern ſich und die Familie ſeiner
Braut durch Kleeſalz, das er in den Kaffee geſchüttet hatte,
zu vergiften, weil der Vater gegen die Verbindung
war. Während die Familienmitglieder von dem vergif=
teten
Kaffee noch nichts getrunken hatten, leerte Moldt ſeine
Taſſe ſchnell und war nach wenigen Augenblicken eine
Leiche.
Wien, 4. März. Der Heldenbariton der Wiener Hof=
oper
, Kammerſänger Leopold Demuth, wurde heute
abend in Ezernowitz während der Pauſe eines von ihm
gegebenen Konzerts vom Schlage getroffen und war
nach einer Viertelſtunde eine Leiche. Demuth iſt 49 Jahre
alt geworden.
Venedig, 4. März. Vor dem hieſigen Geſchwo=
renengericht
begann heute der Prozeß gegen die
Gräfin Tarnowska und ihre Helfershelfer wegen Er=
mordung
des Grafen Komarowsky. Der
Prozeß ſoll drei Monate dauern. Deshalb ſuchen ſich
die Geſchworenen auf alle mögliche Weiſe durch Ent=
ſchuldigungen
von ihrem Amte zu befreien. Für den
Sicherheitsdienſt im Verhandlungsſaal und in der Um=
gebung
des Gerichtsgebäudes wurden die umfaſſendſten
Vorkehrungen getroffen. Die beiden Eingänge des
Gerichts werden von Militär und Polizei bewacht.
Paris, 5. März. Zwei Offiziere des 13. Küraſſier=
Regiments machten eine Spazierfahrt im Auto=
mobil
von Chartres nach St. Germain. Unterwegs
ſtießen ſie mit einem anderen Automobil zuſammen.
Der Anprall war ſo heftig, daß die Inſaſſen beider
Fahrzeuge in weitem Bogen herausgeſchleudert wur=
den
. In der Nähe befindliche Landleute kamen den
Verunglückten zu Hilfe. Der Hauptmann Druval
wurde mit ſchweren Verletzungen am Kopfe nach dem
Hoſpital gebracht. Sein Zuſtand iſt hoffnungslos.
Petersburg, 5. März. In der Peter Paul=Kathedrale
wurde eine genaue Aufnahme der ſilbernen und goldenen
Kränze vorgenommen, welche die ruſſiſchen Kaiſer=
gräber
bedeckten. Es ſtellte ſich heraus, daß über 20
Kränze verſchwunden ſind. Vermutlich wurden dieſe von
niederem Beamtenperſonal verkauft.

Kommiſſion, zuſammengeſetzt aus der Allgemeinen
Kunſtgenoſſenſchaft und dem Deutſchen Künſtlerbunde,
zu überlaſſen. Wenn das Deutſche Reich Geld bewillige,
ſo müſſe dadurch auch den deutſchen Künſtlern ermöglicht
werden, den Markt zu gewinnen, der ihnen mehr und
mehr verloren gegangen ſei. Staatsſekretär Dr.
Delbrück: Er möchte vor der Annahme der Reſolution
warnen; es handele ſich um eine Beſchickung mit höch=
ſtens
300 Bildern; die deutſche Ausſtellung ſolle mehr
repräſentativen Charakter haben. Bei der Auswahl der
Kommiſſionsmitglieder ſei mit der größten Objektivität
unter Berückſichtigung der verſchiedenen Kunſtrichtungen
verfahren worden. Auf einem anderen Wege, als dem
von der Regierung vorgeſchlagenen, könne das erſtrebte
Ziel nicht erreicht werden. Die uns unbequemen Be=
ſtimmungen
des italieniſchen Reglements ſeien elimi=
niert
worden. Die deutſchen Kunſtwerke würden in
einem beſonderen Pavillon ausgeſtellt und die deutſchen
Intereſſen damit vollſtändig gewahrt. Nachdem ſich
noch Abg. Frhr. von Hertling (Ztr.) gegen, Abg.
Südekum (Soz.) im Sinne der Reſolution und Abg.
Kirſch (Ztr.) gegen die Reſolution ausgeſprochen
hatten, wurde die Reſolution abgelehnt.
Zur Förderung der Herſtellung von Klein=
wohnungen
für Arbeiter bittet Abg. Jäger
Zentr.), einen Reſervefonds zu ſchaffen, um dem Reiche
die Möglichkeit zu geben, Gelände für dieſe Zwecke anzu=
kaufen
. Abg. Weber (nl.) bittet dringend, für den
nächſten Etat dieſe Poſition wieder auf mindeſtens vier
Millionen Mark zu erhöhen. Eine Denkſchrift über das
Erbbaurecht ſollte uns baldigſt vorgelegt werden. Abg.
Südekum (Soz.): Ich bedauere die Verringerung die=
ſes
Fonds. Es ſollte alles geſchehen, die Wohnungsver=
hältniſſe
der Arbeiter zu beſſern. Staatsſekretär Dr.
Delbrück: Nach engliſchem Muſter können wir das
Erbbaurecht nicht geſtalten. Die Denkſchrift hoffe ich im
nächſten Herbſt vorlegen zu können. Ein Kommiſſar
des Reichsſchatzamtes ſagt die Erhöhung des Etatstitels
ür das nächſte Jahr zu. Nach Bewilligung des Titels
Erweiterung des Kaiſer Wilhelm=Kanals iſt der Etat des
Reichsamtes des Innern erledigt.
Es folgt die
zweite Leſung des Marine=Etats.
Abg. Graf Oppersdorf (Zentr.): Es wird darüber
geklagt, daß bei der Marine zu ſehr aus dem Vollen ge=
wirtſchaftet
werde. Ich erinnere an das Zulagenweſen,
den Werftbetrieb, hohe Beamtenzahl, Panzermaterial,
Submiſſionsweſen. Größte Sparſamkeit iſt am Platze.
Das Wettrüſten ſollte durch einen internationalen verſtän=
digen
Modus aus der Welt geſchafft werden. Der Ma=
rine
=Etat gibt auch in den einfachſten Kapiteln kein klares
Bild. Darin liegt der Kardinalfehler. Die Kontrolle über
ſämtliche Ausgaben müßte ohne Rückſicht auf die Perſon
ausgeübt werden. Das Kruppſche Monopol auf Panzer=
platten
koſtet uns verhältnismäßig viel. Es wird nicht
genügend geſpart. Die Monopolwirtſchaft iſt ſchädlich.
Hier ſollte der Staatsſekretär eingreifen. (Bravo! im
Zentrum.) Staatsſekretär v. Tirpitz: Die Zunahme
der Ausgaben iſt uns beſonders unangenehm, aber wenn
wir eine Flotte von einer gewiſſen Bedeutung ſchaffen
wollen, brauchen wir Geld. Die großen Schiffsbauten
werden 1916 aufhören. Wir haben die unumgänglichen
usgaben ſolange wie möglich hinausgeſchoben. Ein
Lechſel in den Departementschefſtellen läßt ſich aus dienſt=
lichen
Gründen nicht umgehen. Enſer Etat iſt im Vergleich
zu England klar aufgeſtellt, er verwechſelt nicht wie dieſer
die einmaligen mit den außerordentlichen Ausgaben. Bei
der Lieferung von Panzerplatten hat uns Krupp einen er=
heblichen
Nachlaß zugeſtanden, nachdem wir eine dreijäh=
rige
Beſtellung aufgegeben hatten. Jetzt ſind wir bei ſol=
cher
Vergebung vollſtändig frei. Krupp hat bis heute noch
keine Konkurrenz. Wir haben bei den Verhandlungen mit
Krupp dem Reiche bare 12 Millionen erſpart und haben
die beſten und billigſten Platten der ganzen Welt. (Hört!
hört! rechts.) Neuerdings hat Thyſſen uns wieder Ange=
bote
gemacht, aber viel ſtrammere Kautelen verlangt, z. B.
die Lieferung gleich auf 10 Jahre, auch wenn anderswo
beſſere Platten hergeſtellt werden. (Lebhaftes: Hört!
hört!) Wir werden weiter verſuchen, noch billigere und
beſſere Platten zu erhalten. Ein Monopol haben wir
nicht begünſtigt. Die Kontrolle der Materialverwaltung
iſt derartig verſchärft, wie es nur möglich iſt. Mit unſerer
Sparſamkeit kann man, glaube ich, wohl zufrieden ſein.
Die Hauptaufgabe, die Kriegstüchtigkeit der Flotte haben
wir erfüllt, daß, wenn Sie die Leiſtungen mit denen an=
derer
Staaten vergleichen wollen, die deutſche Flotte da=
bei
keine ſchlechte Rolle ſpielen würde. (Lebhaftes Bravo!)
Abg. Gans Edler Herr zu Putlitz (konſ.): Mit
der Flotte können wir wohl zufrieden ſein. Auch die Flotte
hat einen Anteil daran, daß die Kriegsgefahren der letz=
ten
Zeiten zerſtreut wurden. Wir ſind von jeher für den
Ausbau der Flotte eingetreten. Unſere Flottenbaupolitik
wird auch von der ausländiſchen Preſſe als richtig erkannt
und das Ausland folgt unſeren Plänen. Unſerer Marine=
verwaltung
können wir volles Vertrauen entgegenbringen.
Der Kommiſſionsreſolution auf Neuregelung der Tages=
und Meſſegelder, ſowie des Zulagenweſens ſtimmen wir
zu. Erwünſcht wäre es, wenn wir bald zu noch beſſeren
und billigeren Panzerplatten kommen. Die Marinever=
hältniſſe
ſind nicht verlottert, wir hoffen vielmehr, die
beſten Erfolge zu verzeichnen. Abg. Semler (nl.):
Für uns iſt beim Flottenneubau der Grundſatz maßgebend,
daß unſere Neubauten in jeder Hinſicht denjenigen der an=
deren
Seemächte wenigſtens gleichſtehen. Lediglich die
Güte der Schiffe dürfte maßgebend ſein, nicht die Billig=
keit
. Wir denken nicht daran. Panzerſchiffe zu bägen, wenn
wir Linienſchiffe meinen. Wir würden niemals Mittel
bewilligen, die in irgend einer Weiſe über das Flotten=
geſetz
hinausgehen. Die Torpedoboote durch Unterſee=
boote
zu erſetzen, wäre nicht im Intereſſe der Kriegsfähig=
keit
. Erfreulicherweiſe iſt zu konſtatieren, daß unſere Flotte,
insbeſondere unſere Unterſeeboote, von größeren Unglücks=
fällen
verſchont blieben. Die weitere kaufmänniſche Aus=
bildung
des Werftperſonals und eine größere Kontrolle
des Betriebes iſt nötig. Iſt es notwendig, Leute zu ent=
laſſen
, dann muß entgegen der Praxis in Wilhelmshaven
Rückſicht auf Familienväter genommen werden. Bei dem
Panzerplattengeſchäft muß man bedenken, daß es ſich bei
Krupp=Dillingen um nationale Werte handelt. (Zuruf
der Sozialdemokraten: Nationalliberale! Heiterkeit.) Jetzt
eigene Panzerplattenfabriken zu bauen, iſt vielleicht zu
ſpät. Von einem Wettrüſten iſt keine Rede. Das Maß
unſerer Friedensrüſtungen haben wir ſelbſt und nicht an=
dere
Nationen zu beſtimmen. Abg. Dr. Leonhart
(frſ. Vp.): Wir wollen zu jedem annehmbaren Preiſe ein
gutes Verhältnis mit England aufrecht erhalten. Die
Marineausgaben ſteigen fortgeſetzt in unverhältnismäßiger
eiſe. Wir können mit den engliſchen Rüſtungen unſere
Flotte nicht in Einklang bringen. Auf der Kieler Werft
ſoll auf Anordnung des Staatsſekretärs eine Unterſuchung
eröffnet worden ſein, welche Beamten mit Abgeordneten
in Beziehung ſtehen. (Hört! hört! links.) Ich verbitte
mir jede Schnüffelei in meine perſönlichen Beziehungen.
(Hört! hört! Beifall links.) Vor allen Dingen ſollte dar=

auf geſehen werden, daß allerſeits die Dienſtfreudigkeit g
fördert wird. Das liegt im Intereſſe des Vaterlandes.
Staatsſekretär v. Tirpitz: Bei den Arbeiterer
laſſungen, die in Wilhelmshaven notwendig ſind, wi
eine möglichſt milde Form zu finden ſein. Ein Verbot
die Beamten, mit Abgeordneten zu verkehren, iſt vonm
nicht erfolgt. Nicht einen Finger habe ich gerührt. Uebe
haupt ſind die Informationen Dr. Leonharts recht einſeit
Abg. Dr. Südekum: Die Marine iſt ſchuld an de
Finanzjammer des Reiches. Das Reich iſt nicht gebu
den durch das Flottengeſtz. Die Ausgaben ſind auf 4
Millionen jährlich geſtiegen. Für Arbeiterwohnung
müſſen wir um drei Millionen feilſchen. Die Zeit des J.
perialismus ſcheint vorbei, und der Höhepunkt der Fl.
tenperiode ſcheint überſchritten.
Reichskanzler v. Bethmann Hollweg: Un
Verhältnis zu England liegt klar und offen vor jederman
Auge. Daß wir unſere Flotte nicht zu aggreſſiven Zwed
bauen, ſondern lediglich, weil wir überzeugt ſind, zu
Schutze unſerer Küſten und unſeres Handels einer aktior
ähigen Seemacht zu bedürfen, iſt oft ausgeſprochen w.
den, nicht bloß vom Bundesratstiſche, ſondern auch a
dem Reichstage. Unſer Flottengeſetz iſt jederma
bekannt, ebenſo in welchem Umfange und in welchen Ze
abſchnitten wir bauen werden. Nichts vollzieht ſich hei
lich und in Formen, die für irgend eine Macht feindſe
oder bedrohlich ſind oder auch nur einen ſolchen Verda
erwecken könnten. Schließlich liegt unſer Wunſch of
zutage, ein freundſchaftliches Verhältnis
England zu pflegen. Unſere auswärtige Politik al
Mächten gegenüber ſoll lediglich die wirtſchaftlichen
kulturellen Kräfte Deutſchlands frei entwickeln. Di
Richtlinie iſt nicht künſtlich gewählt, ſondern ergibt ſiche
dem Daſein dieſer Kräfte. Das kann das freundſchaftl
Verhältnis zu einem uns wirtſchaftlich und kulturell
naheſtehnden Lande wie England, nicht ſtören. Der w
ſchaftliche Wettbewerb zwiſchen den Nationen läßt
heute nicht mehr ausſchalten oder unterdrücken. (S
wahr!) Wir müſſen dabei nach den Grundſätzen des e
lichen Kaufmanns verfahren. Auf dieſer Grundlage n
den ſich die vertrauensvollen Beziehungen zu England f.
entwickeln und günſtig beeinfluſſen. (Lebhaftes Bravo
Abg. Erzberger (Zentr.): Die Darlegungen
Reichskanzlers, nach denen unſere Flotte lediglich für 1
geſchaffen iſt, nicht als Angriffswaffe, werden von mei
Freunden geteilt. Ich kann konſtatieren daß auch mir r.
geteilt wurde, die Oberwerftdirektion laſſe ermitteln, we
Beamte mit Abgeordneten verkehren. Der Staatsſekre
ſollte dieſes Vorgehen, das ich mir verbitte, direkt
bieten. Das Zulagenweſen iſt ſo kompliziert, daß niem
die wirklichen Bezüge der Seeoffizere berechnen kann. Ue
Mißhandlungen von Matroſen können wir dem Sta=
ſekretär
umfangreiches Material liefern. Wir haben
Mitwirkung unſerer Partei bei den verſchiedenen Flot=
geſetzen
als nationale Tat angeſehen. Staatsſekre
v. Tirpitz: Das Zulagenweſen in der Marine iſt al
dings reformbedürftig und wir werden mit einer Vorl
kommen. Mit der Prozentzahl der Mißhandlungenſ
es bei der Marine ſehr günſtig.
Ein Vertagungsantrag wird angenomn=
Nächſte Sitzung Montag 1 Uhr. Erſte und zweite Leſ
des Geſetzes betreffend die Gotthardbahn. Fortſetzung
Marine=Etats. Schluß 6,15 Uhr.

Deutſcher Reichstag.

* Berlin, 5. März. Die Spezialberatung des
Extraordinariums des
Etats des Reichsamtes
wird fortgeſetzt. Die Abgeordneten Arendt (Reichspt.),
Zietſch (Soz.), von Richthofen=Damsdorf (konſ.),
Baſſermann (natl.) und Doormann (frſ. Vpt.),
ſowie Graf von Oppersdorf (Ztr.) treten für eine
Erhöhung des mit 40000 Mark angeſetzten Beitrages
an die Unterhaltungskoſten der Charlottenburger An=
ſtalt
für die Bekämpfung der Säuglingsſterblichkeit im
Deutſchen Reiche ein und weiſen auf den hohen kultu=
rellen
Wert der Säuglingsfürſorge hin. Von mehreren
Rebnern wurde gewünſcht, daß dieſe nicht der privaten
Wohltätigkeit überlaſſen werde, ſie vielmehr den Reichs=
undStaatseinrichtungen
anzulehnen ſei, beziehungsweiſe
daß die Anſtalt direkt in die Reichsverwaltung über=
nommen
werde. Staatsſekretär Dr. Delbrück:
Grundſätzlich iſt die Regierung mit den Vorrednern
einverſtanden. Man kann aber auch hier über die
Wege, die zum Ziele führen, verſchiedener Meinung
ſein. Die Säuglingsfürſorge beſteht nicht nur in der
körperlichen Pflege des Einzelnen, ſondern muß auch
durch die Verbeſſerung der Trinkwaſſerverhältniſſe und
des Wohnungsweſens gefördert werden. Ob der Bei=
trag
des Reiches in der nächſten Zeit erhöht werden
kann, ſoll erwogen werden.
Bei dem Titel Beitrag des Reiches für das Deutſche
Muſeum in München 350000 Mark erklärt Abg=
Müller=Meiningen (frſ. Vpt.) es für wünſchens=
wert
, daß auch die mit Glücksgütern geſegneten Kreiſe
von Induſtrie, Handel und Gewerbe dieſes große ideale
Werk kräftig unterſtützen. Bei dem Titel zur Be=
kämpfung
und Erforſchung der Tuberkuloſe bezeichnet
es Abg. Zietſch (Soz.) als notwendig, die Tuberkulgſe
als Berufskrankheit eingehenden Beſtimmungen zu
unterziehen. Die Forderung von 10000 Mark Bei=
trag
zur Förderung des ärztlichen Fortbildungsweſens
wurde, einem Antrag der Kommiſſion entſprechend, ab=
gelehnt
, zumal dieſe Förderung Landesſache ſei, da=
gegen
eine Reſolution angenommen, welche von der
Kommiſſion vorgeſchlagen worden war, daß Maßnahmen
getroffen werden, um die Studenten der Medizin und
die Aerzte in die ſoziale Medizin einzuführen.
Bei dem Titel Erſte Rate für die Beteiligung des
Deutſchen Reichs an der Internationalen Kunſtaus=
ſtellung
in Rom 1911, 80000 Mark befürwortet Abg.
Liebermann von Sonnenberg (wirtſch. Vgg.)
eine Reſolution, die Auswahl der Kunſtwerke einer

Die ſozialdemokratiſchen Wahlrechts=
kundgebungen
in Berlin.

* Berlin, 5. März. Eine amtliche Ku=
gebung
beſagt: Es iſt bereits bekannt, daß der
morgen angekündigte Wahlrechtsſpazierge
nach Treptow polizeilich verhindert n
Ohne Sperrung des Treptower Parks, die nien
mehr als der für die Volksgeſundheit lebhaft int
ſierte Berliner Polizeipräſident bedauert, wird ſich=
ſes
nicht ermöglichen laſſen. Aber die Schuld hi=
trägt
ausſchließlich die Sozialdemokratie, dadurch, e
ſte die politiſche Agitation, welche ſie in der Preſſe
Parlament und in Saalverſammlungen wahrlich ü
genug betätigen kann, unbedenklich auf die Straße=
jetzt
ſogar auf die öffentlichen Parkanlagen verpfli
Dies iſt eine Verletzung der Intereſſen der Geſam
und der denkbar rückſichtsloſeſte Egoismus, gegen
die Gemeinſchaft aller Bürger durch die Organe
Staatsgewalt zu ſchützen iſt. Der Kreis derer, w=
in
ihren berechtigten Intereſſen durch dieſe allſont=
liche
Straßenagitation der Sozialdemokratie geſchi
werden, wird immer größer. Solche Maſſenanſamm
gen, wie ſie hier beabſichtigt werden, ſind ſchon an
für ſich gefährlich, denn keine Polizeigewalt kann
bei einem wirklichen großen Menſchengedränge für
Sicherheit des Einzelnen verbürgen. Es ſcheint des
tachgerade an der Zeit, daß dem Treiben der So
demokratie durch die geſamte öffentliche Meinung,
nur von der Polizei, ein energiſches Bis hieher
nicht weiter entgegengerufen wird.
Berlin, 5. März. Das Berliner Poliz
präſidium teilt mit: Der von ſozialdemokratit
Seite geplante und in der letzten Vorwärts=Num
angekündigte Wahlrechts=Spaziergange
dem Treptower Parke iſt als eine öffentliche Verſa
lung unter freiem Himmel anzuſehen. Die Poliz
hörde, die bei ihrer Tätigkeit jede unnötige Einmiſd
in die perſönlichen Angelegenheiten des Publikums zu
meiden hat, wird eine kleinliche Anwendung der ihr 1
das Geſetz erteilten Befugniſſe unterlaſſen. Harm
Veranſtaltungen unbedeutender Art wird ſie keine Sch
rigkeiten bereiten. Wenn eine große politiſche Parte
doch, trotzdem ihr die Genehmigung zu Verſammlu *
unter freiem Himmel und zu Aufzügen auf öffent *
Straße (§ 7 R. V. G.) aus berechtigten Gründen ve:
gert wurde, nachträglich einen dasſelbe bedeutenden
ſenſpaziergang ankündigt und dadurch zum Aus Ek
bringt, daß ſie auf die polizeiliche Genehmigung verz
und ſomit bewußt das Geſetz verhöhnt, dann hat die
lizeibehörde nicht nur das Recht, ſondern auch die P
von den zu ihrer Verfügung ſtehenden Machtmittelr
erforderlichen Gebrauch zu machen. Der Polizeiprä t t
von Berlin ſieht den in den letzten Nummern des
wärts angekündigten Wahlrechtsſpaziergang nach m
Treptower Park als eine nach § 7 des Reichsvereinsge
genehmigungspflichtige Veranſtaltung an und wird
entgegentreten.
* Berlin, 6. März. Durch die Bekanntmachun Es
Berliner Polizeipräſidenten war die Sozialdemokrati!
dem Demonſtrationsſpaziergang nach
Treptower Park gewarnt worden; es bega Eh
ein großer Teil von vornherein nach dem Tiergarter
man ſich nach der an den Zahlſtellen ausgegebenen Ne
am großen Stern treffen ſollte. Immerhin fande h
in Treptow etwa 6000 Perſonen ein; am Bahnhofe
tow wurde die Menſchenmenge wiederholt von der S= und der Gendarmerie mit blanker W de
2
auseinandergetrieben, wobei einige 40 De
ſtranten ſiſtiert und ein Schutzmann durch einen &
wurf am Kopfe erheblich verletzt wurde. Zei der=Räu
11

[ ][  ][ ]

Nummer 55.

Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 7. März 19100

Seite 5.

von Schanklokalen wurden auch einige Demonſtranten ver=
letzt
. Als die Menge die Unmöglichkeit der Demonſtration
im Treptower Park erkannt, begaben ſich die Demonſtran=
ten
größtenteils mit der Stadt= oder Hochbahn nach dem
Tiergarten, wo inzwiſchen trotz der erfolgreichen Be
mühung der Schutzmannſchaft, einzelne Trupps abzudrän=
gen
, große Menſchenmaſſen ſich zuſammengefunden hatten;
im ganzen dürften 30000 Perſonen im Tiergarten verſam=
melt
geweſen ſein. Mehrfach wurden rote Fahnen entfaltet
und Hochrufe auf das allgemeine Wahlrecht ausgebracht;
auch ſang man Arbeiterlieder und trug Plakate mit den
Aufſchriften: Hoch das allgemeine Wahlrecht Wieder=
holt
kam es zu einem Einſchreiten der berittenen Schutz=
mannſchaft
; es wurden zahlreiche Siſtierungen vorgenom=
men
. In der Siegesallee verſuchte ein Mann eine An=
ſprache
zu halten, wurde aber ſiſtiert. Mehrere Verſuche,
zu reden, wurden verhindert, an verſchiedenen anderen
Stellen aber trotzdem Reden gehalten. Auch auf den Ram=
pen
des Reichstagsgebäudes wurden unter Entfaltung ei=
ner
roten Fahne Hochrufe auf das allgemeine Wahlrecht
ausgebracht und eine kurze Anſprache gehalten. Dann zog
die Menge durch die Dorotheenſtraße. Ein anderer Teil
der Demonſtranten war durch Charlottenburg nach dem
Grunewald abgezogen.

Militäriſches.

* Berlin, 5. März. Das Armee= Verord=
nungsblatt
veröffentlicht eine Allerhöchſte Kabinetts=
Ordre vom 23. Februar, welche im Vertrauen auf die
bewährte Zuverläſſigkeit und Pflichttreue beſtimmt, daß
die Vorſchriften, nach denen alle Mannſchaften zu
einer beſtimmten Abendſtunde in die Kaſerne oder ins
Quartier zurückgekehrt ſein müſſen, auf Unteroffiziere mit
Offizierscharakter und Sergeanten keine Anwendung
finden; alle übrigen Unteroffiziere dürfen ohne Urlaub
bis Mitternacht außerhalb der Kaſerne oder der Quatiere
bleiben. Ferner werden die Unteroffiziere der Fuß=
truppen
vom Tragen des Gepäcks befreit bei allen
Friedensübungen und Märſchen mit Ausnahme ſolcher,
die aus Rückſichten der Unterkunft die Mitnahme des
Gepäcks bedingen, oder bei denen für Offiziere das
Tragen der Torniſter vorgeſchrieben iſt. Das Armee=
Verordnungsblatt veröffentlicht ferner Beſtimmungen
über die Herbſtübungen. Die große Parade des
1. Armeekorps findet bei Königsberg am 24. Auguſt, die
des 17. Armeekorps bei Danzig am 27. Auguſt ſtatt.
Die Kaiſermanöver finden vom 8. bis 10. September ſtatt.

Luftſchiffahrt.

* Berlin, 5. März. Auf dem Flugfelde
Marsbei Bork gelang heute dem Kunſtmaler Mint=
ner
auf ſeinem Eindecker ein Flug von ſechs Minnten;
er legte 2½ Runden mit etwa ſieben Kilometern in einer
Höhe von 15 bis 20 Metern zurück und landete glatt.
* Köln, 4. März. Als heute vormittag von dem
Clouthſchen Lenkballon Gas in den Kugelballon
Clouth V abgefüllt wurde, wurde durch den herrſchenden
ſtarken Wind das Netz des Kugelballons mit den Sand=
ſäcken
auf einer Seite in die Höhe gehoben und die zu
drei Vierteln mit Gas gefüllte Hülle aus dem Netz her=
ausgedrückt
; die Hülle flog in weſtlicher Richtung
davon.
Köln, 5. März. Die Hülle des Ballons
Clouth die geſtern mittag im Sturmwetter davon
flog, wurde bei Venlo von holländiſchen Bauern geborgen.
Hamburg, 5. März. Graf Zeppelin iſt heute
Mittag hier eingetroffen, um an der Sitzung des Komitees
der arktiſchen Zeppelin=Expedition teilzunehmen; der
Graf wurde auf dem Bahnhof vom Vorſtand des Ham=
burger
Vereins für Luftſchiffahrt begrüßt.
Hamburg, 5. März. Im Bootshauſe des
Norddeutſchen Regattavereins fand heute nachmittag
unter dem Vorſitze des Prinzen Heinrich von
Preußen eine Sitzung des Arbeitsausſchuſſes für die
arktiſche Luftſchiff=Expedition ſtatt, an der
Graf Zeppelin, Profeſſor Dr. Hergeſell, Geheimer
Regierungsrat Lewald, Geh. Kommerzienrat v. Fried=
länder
=Fuld und Profeſſor v. Drygalski=München teil=
nahmen
. Es wurde beſchloſſen, das Reichsamt des
Innern um Ueberlaſſung des Reichsforſchungsdampfers
auf die Dauer von 22½ Monaten zu
Poſeidon
bitten. Die Teilnehmer an der Expedition wollen am
1. Juli auf einem Touriſtendampfer des Norddeutſchen
Lloyd nach Spitzbergen abreiſen und dort auf den
Poſeidon übergehen; gleichzeitig ſollen mit dem ge=
charterten
norwegiſchen Eisſchiff Phönix Vorſtöße in
das Polareis gemacht werden zum Studium der Be=
dingungen
für die Luftſchifflandungen. Die Rückreiſe
wird Ende Auguſt erfolgen.
* Hamburg, 6. März. Der Hamburger Ver=
ein
für Luftſchiffahrt hielt heute mittag zu
Ehren des Grafen Zeppelin eine Feſtſitzung ab, zu
der u. a. der Präſident des Senats, Dr. Prodöhl, der
preußiſche Geſandte Graf v. Götzen und die Spitzen der
Militär= und Zivilbehörden erſchienen waren. Graf
Zeppelin verbreitete ſich in längerer Rede über die viel=
ſeitige
Verwendungsmöglichkeit der Lenkballons und
kam auch auf die geplante arktiſche Luftſchiff=
expedition
zu ſprechen, für deren Gelingen der Bau
von Luftſchiffhallen in Hamburg Vorbedingung ſei.
Rauſchender Beifall lohnte den Grafen. Darauf gab
Profeſſor De. Hergeſell in ausführlichen Darlegungen
Kenntnis von den Einzelheiten der projektierten arkti=
ſchen
Expedition. Von Vorverſuchen ließe ſich ein gün=
ſtiges
Reſultat erhoffen; ſollten ſie aber keine befrie=
digenden
Ergebniſſe zeitigen, ſo würde man den Mut
haben, das Projekt, wenn auch ſchweren Herzens, fallen
zu laſſen. Dr. Mönckeberg dankte beiden Ehrengäſten
für ihre Ausführungen und ſchloß mit einem begeiſtert
aufgenommenen Hoch auf den Grafen Zeppelin.
H.B. Bitterfeld, 5. März. Die Luftfahrzeug=
Geſellſchaft wird demnächſt in Bitterfeld eine neue, noch
größere Ballonhalle errichten, die der Unterbringung
zweier Parſeval=Ballons dienen ſoll.
* Wiener=Neuſtadt, 5. März. Der Ingenieur
Warchalowsky gewann heute vormittag mit ſeinem
Aeroplan den von der öſterreichiſchen Aeronautiſchen
Kommiſſion geſtifteten Preis von 5000 Kronen für einen
10 Kilometer=Flug ohne Zwiſchenlandung.
** Chalons, 5. März. Farman ſchuf geſtern
einen neuen Rekord für einen Flug von drei Perſonen;
er ſtieg in Begleitung eines Touriſten und einer Dame
auf und legte 20 Kilometer in 16 Minuten und 35 Se=
kunden
zurück.
* Mourmelon Legrand, 5. März. Farman
führte heute einen Flug von 1 Stunde 2 Minuten und
23 Sek. aus mit zwei Begleitern. Er ſtellte damit einen
neuen Weltrekord für Flieger mit Paſſagieren auf.
Kopenhagen, 6. März. Ein Dresdener
Luftballon mit zwei Inſaſſen iſt heute morgen 8 Uhr
nach glücklicher Fahrt in Loenborg nahe bei Ringljoebingf=
kord
gelandet.

Sport.

Preisreiten und Preisſpringen im
Hippodrom zu Frankfurt am 5. März. Unter=
offizier
=Reitkonkurrenz. Abteilung Feldartillerie.
Ehrenpreiſe nach Beteiligung. Um die Palme rangen je
vier Pferde vom Reg. 27 Oranien und vom Reg. 63
Frankfurt. Sämtliche drei Preiſe fielen dem Frankfurter
Truppenteil zu.
Springkonkurrenz für
prämiierte Pferde. Ehrenpreis des Großherzogs
von Heſſen und weitere Ehrenpreiſe. 34 Pferde. 1. A.
Beckers 7j. br. St. Tantieme (Beſ.); 2. Otto Kochs 71
ſchw. St. Kilmore (Paul Heil); 3. Oblt. v. Günthers
(Ul. 6) a. br. St. Pompadour (Beſ.); 4. Lt. Gipſers
(8. Chev.) 8j. br. St. Gazlau (Beſ.); 5. Oblt. Bolongaro=
Crevenna (Drag. 7) a. br. W. Jriſh Bob (Beſ.); 6. Lt.
Hinkels (2. bayr. Ul.) a. f. W. Zorn (Lt. Niedermayr);
7. Oblt. Sommerhoffs (Drag. 21) 7j. F. W. Diamant (Beſ.);
8. Oblt. v. Günthers (Ul. 6) a. br. St. Qual (Veſ.).
Damen=Reitkonkurrenz. Drei Ehrenpreiſe. 14
Pferde. 1. Oberſtlt. v. Nickiſch=Roſenegk (Drag. 7) 5j. hbr.
W. Eskortenführer (Frau v. Nickiſch=Roſenegk); 2. Oblt.
v. Vopelius (Ul. 6) 8j. f. St. Lanze (Frau v. Vopelius);
3. Lt. v. Kries (Ul. 4) 6j. ſch. St. (Frau Seiffert).
Staatspreis=Reitkonkurrenz. Staatspreiſe
400 Mark, 200 Mark und 100 Mark. A. Inländiſche
Pferde, Vollblutt ausgeſchloſſen. 4 Pferde. 1. Major
v. Eickes (Huſ. 7) 6j. ſchwbr. W. Manzu (Beſ.), 60 Fehler;
2. Rittm. Frhr. v. Dungern (Drag. 21) 5j. ſchw. W. (Beſ.)
7 Fehler; 3. Oblt. Scheibleins (3. Chev.) f. St. Huſch
Huſch (Beſ.), 73 Fehler.
B. Inländiſche Vollblut=
pferde
. 1. Des deutſchen Kronprinzen 7j. ſchwarz=
brauner
Hengſt Barfatzke (Lt. v. Zobeltitz), 41 Fehler.
2. Oberlandſtallmeiſter v. Willichs 5j. f. St. Barrikade
I (Oblt. Waydelin), 92 Fehler; 3. Lt. Müllers (Drag. 15)
5j. f. St. Lieſelotte (Beſ.) 104 Fehler. Chargen=
pferde
=Springkonkurrenz. Ehrenpreis von
Frau Emma von Mumm von Schwarzenſtein. Weittere
Ehrenpreiſe nach Beteiligung. 19 Pferde. 1. Oberlt.
Waydelins (2 bayr. Ul.) 8j. br. W. Cornelius (Beſ.);
2. Oblt. Freyers (F.=Art. 23) a. br. St. Dina (Beſ.)
3. Lt. Richards (Drag. 21) a. f. W. Lohengrin (Beſ.);
4. Lt. Graf v. Görtz (Ul. 16) 7j. St. Adele (Beſ.); 5. Oblt.
Bruns (Jäg. z. Pf. 3) a. ſchwbr. W. Zeus (Beſ.); 6. Lt.
Graf v. Spreti (4. Chev.) 6j. ſchwbr. St. Lachtaube (Beſ.).
Fechtkurſus an der Düſſeldorfer
Theater=Akademie. An der dem Schauſpielhauſe
in Düſſeldorf angegliederten, von Dr. E. A. Stahl gelei=
teten
Theater=Akademie iſt ſeit deren Reorganiſation im
Herbſt 1908 auch ein Kurſus für modernes Florett=
fechten
für Schüler und Schülerinnen eingeführt wor=
den
. Die Akademieleitung ging bei der Aufnahme des
Fechtens unter die Unterrichtsfächer von der Ueberzeugung
aus, daß der Schauſpieler einer körperlichen Bewegung
zum Ausgleich ſeiner geiſtigen Arbeit notwendig und
dringend bedarf und daß die bezeichnete Fechtart die dazu
am beſten geeignete Körperübung ſei, da ſie äußerſt
vielſeitige Bewegungsmöglichkeiten ſchafft.
Beſonders hervorgehoben ſei, daß das Düſſeldorfer Schau=
ſpielhaus
gewiß als einzige Bühne der Welt außer
den Schülern der Akademie auch ſämtlichen Mitgliedern
des Theaters die koſtenloſe Beteiligung an dieſen Kurſen
ermöglicht. Mit dern Führung iſt der ſtädtiſche Oberturn=
lehrer
M. Eichelsheim, ein bewährter Fachlehrer auf dieſem
Gebiete, betraut worden. Dieſe neue Einrichtung findet
bei allen Beteiligten erfreulich großen Anklang.

Handel und Verkehr.

* Mannheim, 5. März. Der Mannheimer Gene=
ral
=Anzeiger meldet: Behufs Verſtärkung der Mittel im
Zuſammenhang mit der Erweiterung der Betriebe in
Mannheim, Errichtung einer neuen Fabrik in Hamburg
und geplanter neuer Anlagen am Niederrhein iſt in der
heute vormittag abgehaltenen außerordentlichen General=
verſammlung
der Vereinigten Deutſchen Oel=
fabriken
Mannheim die Erhöhung des Ak=
tienkapitals
von 10 auf 12 Millionen Mark be=
ſchloſſen
worden. Die auf die außerordentliche General=
verſammlung
folgende Aufſichtsratsſitzung beſchloß, die
neuen 2 Millionen Aktien an ein Konſortium zu 121,34
Prozent zu begeben mit der Verpflichtung, den Aktien=
ſtempel
zu tragen, und den alten Aktionären je eine neue
auf fünf alte Aktien zu 130 Prozent anzutreten.
Berlin, 5. März. Der Aufſichtsrat der Bank
für Handel und Induſtrie (Darmſtädter
Bank) beſchloß in ſeiner heutigen Sitzung, der General=
verſammlung
für das Jahr 1909 die Verteilung einer
Dividende von 6½ Prozent vorzuſchlagen.

Literariſches.

Deutſche Monatshefte. 10. Jahrgazg.
1. Heft. Januar 1910. Verlag der Rheinlande, G. m.
b. H., Düſſeldorf. Die Deutſchen Monatshefte werden
nicht für Aeſtheten, ſondern für das deutſche Volk
herausgegeben, dem ſie ſeine Kunſt und Dichtung auch
in den modernen Leiſtungen vertraut machen wollen:
die Kunſt durch gute Nachbildungen, die Dichtung durc
Abdruck gereifter Erzeugniſſe. Die Deutſchen Monats=
hefte
wollen den ringenden Künſtlern und Dichtern, die
vom Modegeſchmack vergeſſen oder noch nicht bemerkt
ſind, eine treue Zuflucht ſein. Sie wollen nicht auf den
berühmten Namen, ſondern auf das Werk ſehen und
ohne Extravaganzen mitzumachen mit ernſter Freund=
ſchaft
den Aufſtrebenden helfen. Namentlich der auf=
blühenden
deutſchen Erzählung wollen ſie den Platz
geben, der ihr ſonſt noch vielfach verwehrt wird. Sie
dürfen ſich darum an alle wenden, die ihre geiſtigen und
künſtleriſchen Intereſſen nicht ſpezialiſieren, ſondern
am geſamten Kunſtleben unſeres Vaterlandes teil=
nehmen
wollen.
Der Landwirtſchaftliche Kalender für
das Großherzogtum Heſſen, Jahrgang 1910,
bearbeitet von Großh. Oekonomierat Leithiger=Darmſtadt,
Generalſekretär der Landwirtſchaftskammer für das Groß=
herzogtum
Heſſen, und anderen Fachleuten, iſt im Verlage
von J. Diemer in Mainz, Rheinallee 1, erſchienen und bei
direktem Bezuge vom Verlag zum Preiſe von 1,30 Mark
(ohne Verſandporto) zu beziehen. Einmal ſoll der Land=
wirtſchaftliche
Kalender als Notizkalender der ſtete Beglei=
ter
des rechnenden Landwirts ſein, zum anderen ſoll er den
Landwirt aber auch in ſteter Fühlung mit der berufenen
Vertreterin ſeiner Intereſſen, der Landwirtſchaftskammer,
halten. Im eigenſten Intereſſe jedes heſſiſchen Landwirtes
liegt daher die Erwerbung des neuen Kalenders ſeiner
Landwirtſchaftskammer.

Darmſtadt, 7. März.

St. Konzert des Lehrerſängerchors. Das zweite
Abonnemeniskonzert des Sängerchors des Darmſtädter
Lehrer=Vereins, das am Samstag abend im Saalbau
ſtattfand, war dem Zweigeſtirn Schubert- Schu=
mann
gewidmet. Das Programm enthielt ausſchließ=
lich
Schöpfungen dieſer beiden Komponiſten. Die Auf=
gaben
, die dem Chor geſtellt waren, waren ſchwere, aber,

das darf von vornherein konſtatiert werden, er hat ſie
reſtlos erſchöpft. Die Sänger wurden unter Herrn
Wilhelm Borngäſſers zwingender Leitung den
hohen künſtleriſchen Anforderungen, die durch die Wahl
des Programms gegeben waren, in geradezu muſtergül=
tiger
Weiſe gerecht. Sowohl in dem den Abend ein=
leitenden
Chor Das Dörfchen von Franz Schubert,
noch mehr aber in den wunderbar ſtimmungsvollen
Kompoſitionen Robert Schumanns Der träumende
See und Die Lotosblume, und dann in Schuberts
Ruhe, ſchönſtes Glück der Erde bewies der Chor, daß
er den künſtleriſchen Intentionen ſeines zielbewußten
Leiters zu folgen vermag, und das iſt gleich ehrend für
den Dirigenten wie für die Sänger, die ſich mit ernſter
Hingabe ihrer Aufgabe gewidmet haben. Nur volles
Erfaſſen der künſtleriſchen Schönheiten dieſer Tonſchöpf=
ungen
kann zu ſolchen Erfolgen führen. War ſo der
Abend für den Chor und ſeinen Leiter ehrenvoll, ſo trug
zu dem hohen künſtleriſchen Erfolg des Ganzen nicht
wenig die Wahl der Soliſten bei. Ueber Herrn Hof=
opernſänger
Alfred Stephanis meiſterhafter San=
geskunſt
noch etwas zu ſagen, erübrigt ſich wohl. Ihm
iſt ſo oft von berufener Seite Löb geſpendet worden,
daß dem kaum etwas hinzugefügt werden könnte. Der
Künſtler fand in einer Reihe von Liedern Gelegen=
heit
zur Entfaltung ſeiner machtvollen, klangſchönen
Stimme, und daß er auch des Vortrags Meiſter iſt, hat
er ja ſo oft ſchon bewieſen auf der Hoftheaterbühne.
Herr Stephani ſang Wanderlied, Freiſinn, Aus
den öſtlichen Roſen, Lied eines Schmiedes von Schu=
mann
und Wohin, An die Leier und Wiederſchein
von Schubert. Der zweite Gaſt des Abends war Frl.
Elly Ney, Klaviervirtuoſin aus Köln. Der Künſt=
lerin
ging hier ein ungewöhnlich guter Ruf voraus
ſo daß die Erwartungen wohl ziemlich hoch geſchraubt
waren. Nun, Frl. Ney hat nicht enttäuſcht; ſie erwies
ſich in Wahrheit als eine bedeutende Künſtlerin. Als
Virtuoſin im beſten Sinne des Wortes. Mit Schu=
manns
gewaltiger Tonſchöpfung Sinfoniſche Etüden
Cp. 13 ſchlug ſie die Hörer tatſächlich in Bann, der ſich
in einem Beifallsſturm löſte, wie er ſelten den Saal
durchbrauſt haben mag. Techniſch meiſterte ſie ihre Auf=
gabe
hervorragend und ihr Vortrag war individuell,
dabei ſo künſtleriſch, ſo lebendig und ſeelenvoll, daß ſich
dem Hörer faſt ungewollt eine große künſtleriſche Per=
ſönlichkeit
offenbarte. Es ſtörte kaum, daß die Künſt=
lerin
ſich auch äußerlich als Virtuoſe gab. Zweifel=
los
wird bald, wenn man die Namen der Beſten nennt,
auch Elly Ney genannt werden müſſen. Zum Schluß
des Abends ſang der Chor: Zwei Trinklieder mit Kla=
vierbegleitung
: a) Funkelnd im Becher Tenorſolo:
V.=M. Herr Ludwig Müller; b) Freunde, ſammelt
euch, Baßſolo: Herr Stephani. Nicht unerwähnt
bleibe Herr E. Luckow, der in dem eingangs erwähn=
ten
Chor den Klavierpart in einwandfreier Weiſe er=
ledigte
.
M. Der Kriegerverein veranſtaltete am Samstag
abend im kleinen Saal der Turngemeinde am Woogs=
platz
einen Familienabend, der ſehr gut beſucht war. Die
Unterhaltung beſtand in einem Lichtbildervortrag zu
der Dichtung von Wilhelm Buſch Herr und Frau
Knopf‟ Herr Fredy Wiener wußte den Text in ge=
ſchmackvoller
Weiſe vorzutragen, während Herr Kame=
rad
Primbs die dazu paſſenden Lichtbilder vorführte.
Außerdem bot Kamerad Primbs durch Vorführung von
Lichtbildern von Landſchaften und Königsſchlöſſern Ober=
bayerns
eine weitere angenehme Unterhaltung.

Letzte=Nachrichten.

(Wolffs telegr. Korreſp.=Bureau.l
* Berlin, 5. März. Dem Reichstage ging der
Entwurf eines Reichs=Beſteuerungsgeſetzes
zu. Dasſelbe regelt die Beitragspflicht des Reiches zu
den Kommunallaſten. Das Geſetz tritt am 1. April 1910
in Kraft.
* Berlin, 6. März. Der Kaiſer gedenkt heute abend
die Reiſe nach Oldenburg, Wilhelmshaven, Helgoland,
Bremerhaven und Bremen anzutreten. Von Bremerhaven
aus wird der Kaiſer am 10. März an einer Probefahrt
mit dem Schnelldampfer des Norddeutſchen Lloyd Kaiſer
Wilhelm II. teilnehmen, wozu mit allerhöchſter Genehmi=
gung
vom Norddeutſchen Lloyd mehrere Gäſte geladen
worden ſind, unter ihnen der Großherzog von Oldenburg
und Prinz Heinrich von Preußen.
* Berlin, 6. März. Unter Beteiligung von Dele=
gierten
aus allen Teilen Deutſchlands fand im Win=
tergarten
der erſte Parteitag der neu gegründeten
Fortſchrittlichen Volkspartei, ſtatt. Faſt
ſämtliche Reichstagsabgeordnete der drei ſich zuſammen=
ſchließenden
Parteien (Freiſinnigen Volkspaxtei, Frei
ſinnigen Vereinigung und Süddeutſchen Volkspartei),
ſowie eine große Anzahl von Landtagsabgeordneten der
drei Parteien waren anweſend. Landtagsabgeordneter
Funk=Frankfurt a. M. leitete die Verſammlung. Ab=
geordneter
Dr. Müller=Meiningen ſagte, die neue
große Partei müſſe beſtrebt ſein, alle liberalen bürger=
lichen
Elemente zuſammenzufaſſen und Fühlung zu
nehmen mit der noch rechtsſtehenden liberalen Partei,
den Nationalliberalen.
(Bravo!) Die bürgerlichen
Liberalen hätten einen ungemein ſchweren Kampf in
dieſer Zeit der Intereſſengegenſätze zu führen. Abg.
Mommſen bezeichnete es als notwendig, daß die
Partei die Landbevölkerung für ſich gewinne: Es ſpra=
chen
alsdann die Abgeordneten Gyßling=Königsberg,
Landtagsabgeordneter Waldſtein=Altona, der badi=
ſche
Landtagsabgeordnete Profeſſor Dr. Heimbur=
ger
=Karlsruhe namens der badiſchen Liberalen. Der
bayeriſche Profeſſor Dr. Günther überbrachte Grüße
aus Bayern. Nach Profeſſor v. Liszt und Fräulein
Zietſch=Hamburg ſprach Abgeordneter Dr. Wlie=
mer
. Als letzter Redner erklärte Dr. v. Payer,der
Zuſammenſchluß der drei linksliberalen Parteien bilde
ein Stückchen deutſcher Einheit; es ſolle damit gezeigt
werden, daß ein Zwieſpalt zwiſchen Nord und Süd nicht
beſtehe. Im Innern Deutſchlands ſind noch viele Miß=
ſtände
zu beſeitigen, ganz beſonders iſt erforderlich, in
Preußen das allgemeine, gleiche, direkte und geheime
Wahlrecht zu ſchaffen. Das ſei durchaus keine bloß
preußiſche, ſondern eine volle deutſche Angelegenheit.
Abgeoröneter Funk ſchloß hierauf mit einem dreimali=
gen
Hoch auf die neue Partei den Parteitag.
* Kiel, 6. März. Von der Beſatzung des Bülker=
Feuerſchiffes wurde heute morgen ein treibendes
Boot geborgen, in dem ſich eine durch einen Schuß ins
Herz getöte Frau und ein durch drei Schüſſe ſchwer
verletzter Mann befanden. Nach den bisherigen
Ermittelungen handelt es ſich um die Frau Miers und
den Ardeiter Dürkopp, beide aus Flensburg, die be=
ſchloſſen
, ſich das Leben zu nehmen.
Wien, 6. März. Die Unterſuchung gegen den
Oberleutnant Hofrichter wird demnächſt beendet
werden. Wie die Neue Freie Preſſe meldet, ſoll die
Einberufung des Kriegsgerichtes gegen Hofrichter bean=
tragt
=werden. Die anfänglichen Indizien wurden durch=

[ ][  ][ ]

Seite E,

armſtädter Tagblatt, Montag, den 7. März 1910.

die dreimonatlche Unerſuchung erweitert und verlieſt.
Die unterſuchenden Aerzte erklärten Hofrichter für geiſtig
normal, aber für einen Simulanten; er fingierte Ohn=
machtsfälle
und plötzliche Geiſtesabweſenheit, ſowie
religiöſe Wahnvorſtellungen; er verſuchte auch ver=
ſchiedentlich
, an gewiſſe Abſonderlichkeiten ſeines phy=
ſiſchen
und pſychiſchen Lebens glauben zu machen. Er
wollte wiederholt eine Verſtändigung mit der Außenwelt
herſtellen, um Zeugen zu beeinfluſſen. Durch die Nach=
forſchungen
in der Affäre Marianowitſch hat ſich die
Unterſuchung gegen Hofrichter verzögert.
* Petersburg, 5. März. Reichsduma. Bei der
Beratung des Etats des Miniſteriums des Innern be=
ſtätigte
der Direktor des Polizeidepartements die von
mehreren Rednern ausgeſprochene Anſicht, es ſei un=
wahr
, daß die Regierung ihr Verſprechen, betreffend die
adminiſtrative Verbannung, nicht erfüllt habe. Am
1. Februar 1902 habe die Zahl der nach den entfernt
liegenden Gouvernements Verſchickten 17120 betragen,
äm 1. Februar 1910 12 200. Im Jahre 1906 waren (677,
im vorigen Jahre 1991 und in den erſten zwei Monaten
des Jahres 1910 171 Perſonen verbannt worden. Gegen
die erſten zwei Monate des Vorjahres beträgt die Ab=
nahme
50 Prozent.
* Philadelphia, 5. März. Der Ausſchuß der Arbeiter=
Union beſtätigt, daß um Mitternacht 75000 Syndizierte
und viele nichtſyndizierte Arbeiter in den allgemeinen
Streik eingetreten ſind. Die Droſchkenkutſcher verließen
die Plätze vor den Konzerthallen, Hotels und Cafés. Die
Polizei und die Feuerwehr erhielten Weiſungen, auf dem
Poſten zu bleiben.
* Frankfurt, 6. März. Geſtern vormittag kurz nach
10 Uhr machte das deutſche Kronprinzenpaar
eine Ausfahrt im Automobil zunächſt zum Hippodrom.
Später ſtatteten die Herrſchaften der Rennbahn einen
Beſuch ab, wo ſich der Kronprinz einige Pferde vorfüh=
ren
ließ. Nach dem Hippodrom zurückgekehrt, ließ der
Kronprinz ſeine Pferde über Hinderniſſe probieren.
Die Rückkehr zum Frankfurter Hof erfolgte gegen
12 Uhr. Die Frühſtückstafel fand um 12½ Uhr ſtatt.
Nach dem Frühſtück begaben ſich die Herrſchaften auf ihre
Zimmer. Der erſte Tag des Preisreitens des Frank=
furter
Rennklubs im Hippodrom ging bei aus=
verkauftem
Hauſe von ſtatten. In der Fürſtenloge
waren anweſend u. a. der Kronprinz in der Uni=
form
der Gardeküraſſiere und neben ihm die Kron=
prinzeſſin
in prachtvollem, hellgrauen Koſtüm,
grauem Pelzwerk und gleichem Tognehnt, mit weißer
Seide und Feder garniert, das Großherzogs=
paar
von Heſſen, die Kronprinzeſſin von Griechen=
land
, Prinzeſſin Friedrich Karl von Heſſen, Prinz und
Prinzeſſin Albert von Schleswig=Holſtein, Prinzeſſin
Sibylle von Heſſen, Herzog Franz Joſeph in Bayern.
Die Hauptkonkurrenz, die Staatspreisreitkonkurrenz,
gewann Major v. Eicke, Huſaren=Regt. Nr. 7, den
Ehrenpreis des Großherzogs von Heſſen in der Spring=
konkurrenz
gewann Becker=Frankfurt. Während der
Teepauſe nahm die Kronprinzeſſin an die mitreitenden
Damen der Reitkonkurrenz die Preisverteilung vor.
In der Staatspreiskonkurrenz hatte auch ein Pferd des
Kronprinzen mitkonkurriert, das von Leutnant von
Zobeltitz geritten wurde und den vierten Platz belegen
konnte. Gegen 7 Uhr erfolgte die Rückkehr zum Frank=
furter
Hof Am Kaiſerplatz hatte eine nach Tauſenden
zählenden Menſchenmenge Aufſtellung genommen, die
das Kronprinzenpaar mit branſenden Hochrufen
empfing.
Zu Ehren des Kronprinzen veranſtaltete abends
der Frankfurter Rennklub ein Feſteſſen von etwa
250 Gedecken. Pünktlich 8½ Uhr begab ſich der Kron=
prinz
in den großen Feſtſaal, der auf das prächtigſte
mit Pflanzen geſchmückt war. In der Mitte war eine
große Ehrentafel für etwa 50 Couverts aufgeſtellt, an
die ſich kleine runde Tiſchchen, mit geſchmackvollen De=
korationen
verſehen, für die übrigen Teilnehmer au=
ſchloſſen
. Neben dem Kronprinzen hatten Platz
genommen rechts Erzellenz v. Eichhorn, links der Vor=
ſitzende
des Renntlubs, Stadtrat Albert v. Metzler, der
Großherzog von Heſſen und Oberbürgermeiſter
Adickes, gegenüber Regierungspräſident v. Meiſter und
Prinz Albert von Schleswig=Holſtein. Nach dem Diner
begab ſich der Kronprinz in den Fürſtenſalon, wo
Cerele abgehalten wurde. Kurz nach 10 Uhr lockten
liebliche Tanzweiſen die zerſtreuten Gäſte wieder in den
großen Saal. Man blieb um ſo lieber noch einige Zeit
beiſammen, als man ſich der beſtimmten Hoffnung hin=
gab
, das Kronprinzenpaar an dieſem Abend nochmals
zu ſehen. Dieſe Erwartung wurde nicht getäuſcht. Der
Kronprinz begab ſich noch einmal in den Saal, um mit
der ihm eigenen Gewandtheit der Göttin Terpſichore zu
huldigen, während die Kronprinzeſſin intereſſiert dem
Ballgetriebe zuſah. Kurz nach 12 Uhr zog ſich das Kron=
prinzenpaar
in ſeine Gemächer zurück.

WTer Qualität der Arbeit, Zweckmäßigkeit
Wu. Gediegenheit bei Einrichtungsgegen-
ständen
schätzt, sollte nicht versäumen, sich
unste Fabrikate anzusehen. Eine interessante
Abwechslung bietet auch die gleichzeitige Be-
sichtigung
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(430ia

Geſchäftliches.

Hausfrauen! Achtung! Es ſei hiermit wiederholt
auf das hervorragende Metallputzmittel Baſolin
aufmerkſam gemacht, welches infolge ſeiner Zuſammen=
ſetzung
das appetitlichſte Putzmittel für Küchen= und
Tafelgeräte iſt, da kein Staub und kein unangenehmer
Geruch beim Putzen entſteht und auch die Hände ſauber
bleiben. Auch behalten die Metallgegenſtände die ihnen
eigene Farbe und halten den Glanz erſtaunlich lang.
Baſolin iſt allen Kolonialwaren= und Haushaltungs=
(50855l
geſchäften, ſowie Drogerien zu haben.

Nummer 55.

Todes-Anzeige

Verwandten, Freunden und Bekannten hierdurch die schmerzliche Mitteilung,
dass unsere innigstgeliebte Mutter, Schwiegermutter, Grossmutter, Tante, Schwester,
Schwägerin und Cousine
Frau Lina Sprenkel, geb. Neder
heute nach langem, schwerem Leiden im Alter von 56 Jahren sanft entschlafen ist.
Die trauernden Hinterbliebenen:
Carl Scholl u. Frau
Darmstadt
Johanna, geb. Sprenkel nebst Kind Wilhelminenstr. 7
Julius Kipper u. Frau
Frankfurt a. M.
Käthchen, geb. Sprenkel nebst Kind
Röderbergweg
125/127.
Tilly Sprenkel
Frankfurt a. M. (Röderbergweg 127), 4. März 1910.
(*5581
Die Beerdigung findet statt: Montag, den 7. März cr., vormittags 10½ Uhr, von der Leichen-
halle
des Frankfurter Friedhofes.

Statt Karten.

Heute Vormittag 8 Uhr verſchied plötzlich
infolge eines Herzſchlags mein lieber Gatte, unſer
Vater, Großvater und Schwiegervater (5098
Herr

in faſt vollendetem 62. Lebensjahre.
Die trauernden Hinterbliebenen.
Pfungſtadt, am 5. März 1910.
Die Beerdigung findet Montag, den 7. März,
nachmittags 3 Uhr, in Pfungſtadt ſtatt.
Kranzſpenden ſind nicht im Sinne des
Entſchlafenen.

Todes-Anzeige.
(Statt jeder beſonderen Anzeige.)
Allen Freunden und Bekannten die ſchmerz=
liche
Mitteilung, daß heute nacht 12 Uhr mein
innigſtgeliebter Gatte, unſer lieber Vater und
Großvater
(5097
Herr Gottlieb Klotz
Weißbindermeister
plötzlich infolge eines Herzſchlags im 70. Lebens=
jahre
ſanft dem Herrn entſchlafen iſt.
Die tieſtrauernden Hinterbliebenen:
Magdalene Klotz, geb. Alleborn,
Sophie Klotz,
Helene Raiß.
Darmſtadt, den 6. März. 1910.
Die Beerdigung findet Dienstag, den 8. März,
nachmittags 2 Uhr, vom Trauerhauſe, Laute=
ſchlägerſtraße
27 aus, ſtatt.
Die Einſegnung findet ¼ Stunde vorher ſtatt.

Todes=Anzeige.
Allen Freunden und Verwandten die
traurige Nachricht, daß mein lieber Gatte,
unſer Vater, Schwiegervater und Großvater
Herr Adam Dechert
heute morgen um ½ 6 Uhr nach kurzem aber
(5096
ſchwerem Leiden verſchieden iſt.
Im Namen der trauernden Hinterbliebenen:
Margarete Dechert, geb. Gunkel,
nebſt Kinder.
Darmſtadt, den 5. März 1910.
Die Beerdigung findet Montag nachmittag um
5 Uhr, von der Friedhofskapelle aus, ſtatt.

Statt beſonderer Anzeige.

Heute Morgen verſchied nach längerem
Leiden im 88. Lebensjahre unſere innigſt=
geliebte
Mutter, Schwiegermutter und Groß=
mutter

(5099

Frau Karoline Beär
was wir Freunden und Bekannten hierdurch
mitteilen.
Im Namen der
trauernden Hinterbliebenen:
Darmſtadt, Familie Ehrmann,
Oppenheim, Familie Neumann.
den 6. März 1910.
Die Beerdigung findet Dienstag Vormittag
10 Uhr, vom Trauerhauſe, Wendelſtadtſtr. 8
aus, ſtatt.

Tageskalender.

Hoftheater, Anfang 7 Uhr: Die Nibelungen.
Vorſtellung um 8 Uhr im Orpheum.
Konzert zum Beſten der Errichtung einer Kleinkinder
ſchule für die Stadtgemeinde um 8 Uhr im Hote
Zur Traube‟
Vortrag von Frau Dr. Happel um 8 Uhr Moller
ſtraße 23 (Frauenverein der Martinsgemeinde).
Skizzen=Abend des Literariſchen Zirkel um 8 Uh
im Hotel Prinz Karl.
Monatsverſammlung des Vereins für Vogel= und
Geflügelzucht um 9 Uhr in der Krone‟.
Tanzgeſellſchaft der Vereinigten Geſellſchaft um 8 Uhr
Konzert um 6 Uhr im Reſtaurant Metropol.
Konzert um 8 Uhr im Hotel Heß.
Konzert um 8 Uhr im Bürgerkeller.
Münchner Bierfeſt um 5 Uhr in der Turnhalle an
Woogsplatz.
1. Darmſtädter Kinematograph (Ecke Rhein= und
Grafenſtraße): Vorſtellungen von 4½11 Uhr.
Olympia=Kinematograph Ernſt=Ludwigſtr. 23.
Kaiſerpanorama Luiſenplatz 1 (Thüringen).

Verſteigerungskalender.
Dienstag, 8. März.

Holzverſteigerung um 9 Uhr im Domanialwali
Frankenſtein; Zuſammenkunft am neuen Pflanzgarter
im Keltersgrund.
Nutz= und Brennholz=Verſteigerung um 9 Uh
im Darmſtädter Hof zu Griesheim.
Stamm= und Brennholz=Verſteigerung ir
Waſchenbacher Gemeindewald; Zuſammenkunft ar
Rathaus zu Waſchenbach.
Stammholz=Verſteigerung um 10 Uhr in de
Weſtendhalle zu Langen.

Beſichtigung des Großh. Reſidenzſchlo=
ſes
: Dienstags und Freitags von 34 Uhr, Sonr
tags von 111 Uhr. Eintrittskarten werden bei:
Schloßinſpektor abgegeben: Einzelkarte 50 Pfg., F.
milienkarten (3 Perſonen) zu 1 Mk.
Hochzeitsturm. Turmzimmer und Ausſtellung.
räume täglich geöffnet von 912 und 25 Uhr.
Großh. Porzellanſammlung im Prinz=Georg
Palais (Schloßgartenplatz). Geöffnet Dienstags ur
Freitags von 34 Uhr, Sonntags von 111 Uk
Eintritt 50 Pfg.

Druck und Verlag: L. C. Wittich’ſche Hofbuchdrucker:
Verantwortlich für den politiſchen Teil, für Feuilleto
Reich und Ausland: Dr. Otto Waldacßel; für den übrige
redaktionellen Teil und Letzte Nachrichten: Max Streef
für den Inſeratenteil: J. Kroſt, ſämtlich in Darmſtadt.
Für den redaktionellen Teil beſtimmte Mitteilungen ſir
an die Redaktion des Tagblatts zu adreſſieren. Etwai=
Honorarforderungen ſind beizufügen; nachträgliche werd:
nicht berückſichtigt. Unverlangte Manuſkripte werden nie
zurückgeſandt.

[ ][  ][ ]


Nummer 55.

Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 7. März 1910.

Seite 7.

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Ein deutſches Trauerſpiel v. Friedr. Hebbel.
Szeniſche Leitung: Oberregiſſeur Valdek.
Erſte Abteilung:
Der gehörnte Siegfried.
Vorſpiel in einem Akt.
Perſonen:
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König Gunther. .
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Giſelher,
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Zweite Abteilung:
Siegfrieds Tod.
Trauerſpiel in fünf Akten.
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Seite 8.

Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 7. März 1910.

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Der ſchmale Weg.
Roman von Paul Bliß.
(Nachdruck verboten.)
3)

Als es dämmrig wurde, ging er aus.
Planlos lief er durch die belebten Straßen, immer
verſolgt und gehetzt von den Gedanken: Was ſoll nun
werden?
An einer Ecke ſtanden Hunderte von Menſchen.
Der Arbeitsmarkt, der Stellennachweis wurde gratis
verteilt.
Auch er ließ ſich ein Blatt geben. Damit trat er
an ein erhelltes Schaufenſter und begann zu leſen
vielleicht fand er auf dieſe Weiſe eine Stelle.
Mit fliegender Haſt durchlas er die Spalten
weiter, immer weiter alles nichts für ihn, nichts,
was er konnte da endlich, da war etwas Aus=
träger
für Hefte das konnte er wohl übernehmen,
Sofort machte er ſich auf den Weg, immer im Lauf=
ſchritt
, damit ihm nur keiner zuvorkäme.
Beinahe eine halbe Stunde lief er, ganz außer
Atem kam er an, und trotzdem kam er zu ſpät, denn
die Stelle war eben beſetzt worden.
Kleinmütig, beſchämt ging er zurück.
Was nun?
In dem Schaufenſter eines feinen Fleiſcherladens
lagen die feinſten Leckerbiſſen, ſtaunend ſah er ſie an,
ſeine Augen wollten gar nicht weg von dieſem Anblick

ſchon regte ſich mächtig ſein Hunger ach, nur ein=
mal
, ein einziges Mal doch wieder Fleiſch eſſen!
Plötzlich kam eine raſende Wut über ihn. War=
um
mußte er ſo hungern? Warum hatte er kein Geld?
Er wollte doch arbeiten, er wollte es doch! Und dennoch
konnte er es nicht, dennoch mußte er hungern! Was
war das für eine verrückte Einrichtung, daß Hunderte
von jungen Männern all ihre Kraft brach liegen laſſen
mußten und elend am Hungertuche nagten? War ſo
etwas in unſerer Zeit noch möglich? Das war ja un=
erhört
, unwürdig, einfach ſchändlich!
Wütend und grollend lief er weiter.
Und allerorten ſah er lockende Schaufenſter in
Bäcker= und Schlächterläden und ſah die erleſenſten
Leckerbiſſen der Saiſon in den feineren Delikateſſen=
handlungen
und ſah, wie in den Bierpaläſten fröhliche
und ſatte Menſchen ſaßen, die aßen und tranken.
Und immer größer wurde ſein Hunger.
Ach, nur einmal, nach ſo langer Zeit, ſich wieder
ordentlich ſatt eſſen können!
Unwillkürlich faßte er in die Taſche und holte das
Zweimarkſtück heraus einen Moment überlegte er
noch, es war das letzte Geld, das er beſaß, wals
würde dann morgen werden?
Aber der Hunger war ſtärker als alle Ueberleg=
ung
, kurz entſchloſſen trat er in ein Bierhaus.
Ruhig, ſicher und würdevoll wie ein Kapitaliſt ließ
er ſich nieder und beſtellte einen Krug Münchener
Bieres und die Speiſekarte.

Meeich e ſg en ie er ete en
fühlte er ſich als Menſch unter Menſchen. Dann beſtellte
er ſich ein Schnitzel mit Spargel.
Er hatte alles genau berechnet: wenn er zu dem
Schnitzel zwei Krug Bier trank, blieben gerade noch 15 Pfg.
als Trinkgeld für den Kellner.
Nur an morgen zu denken wagte er nicht.
Während er auf das Eſſen wartete, knabberte er ein
Brötchen auf und ließ dabei die Blicke durchs Lokal wan=
dern
.
Und als er all die ſatten und zufriedenen Menſchen
ſah, die ſo glücklich und wunſchlos daſaßen, mußte er
lächeln, und er dachte ſchmunzelnd: Ach, wüßtet ihr, ihr
Reichen, was für ein bettelarmer Kerl hier mitten unter
euch ſitzt, ſich ſo breit macht und doch gerade nur mit knap=
per
Not ſeine Zeche ehrlich bezahlen kann! Er lächelte
ſtill.
Dann kam der Kellner mit dem Schnitzel.
Ah! Als er den Duft des gebratenen Fleiſches roch,
empfand er ein ſo wonniges Gefühl, wie er es ſeit Wochen
nicht gehabt hatte, endlich, endlich konnte er einmal
wieder redlich ſich ſatt eſſen.
Als die Mahlzeit beendet war, lehnte er ſich zurück,
zündete ſich die letzte Zigarre an und fühlte ſich ſo behag=
lich
wie ein Kapitaliſt wenn er eben nicht an morgen
dachte.
Mit ganz anderen Augen ſah er jetzt die Welt an, ganz
andere Zukunftspläne ſchmiedeie er jetzt, ſo roſig und hoff=
nungsreich
erſchien ihm nun alles.

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Endlich aber mußte er ans Gehen denken. Er bezahlte
mit leichter Hand, lächelnd und gleichmütig, ſein letztes
Geldſtück, ließ ſich von dem dankenden Kellner ſeinen Pa=
letot
anziehen und ging ſtillbeglückt nach Hauſe nur an
morgen durfte er nicht denken!
Aber auch das Morgen kam.
Kleinmütiger, verzweifelter denn je erhob er ſich.
Kühl und mit knappem Morgengruß brachte Frau
Belling Kaffee und Brötchen. Kein mahnendes Wort ſagte
ſie heute, nur als ihr Blick den Abreißkalender ſtreifte, be=
merkte
ſie leicht höhnend: Sie haben vergeſſen, abzurei=
ßen
, wir haben heute ſchon den Zweiundzwanzigſten!
Da erſchrak er und ſah ihr angſtvoll nach.
Noch ſechs Tage bis zum erſten März und dann,
was dann? Er erſchauerte bei dem Gedanken daran.
Nun dachte er an die Arbeit vielleicht konnte er
ſchnell ein paar der kleinen Geſchichten umarbeiten! Und
ſofort nahm er ſie vor.
Er las und las, alle die Arbeiten las er durch, noch
mal und noch einmal, wie aber er ſie umgeſtalten follte,
das wußte er nicht.
Endlich ließ er verzweifelt davon ab.
Da packte ihn die Unruhe hinaus! Hinaus!
Und von neuem begann er nun nach Arbeit zu ſuchen
Er lief durch alle kaufmänniſchen Hilfsvereine, lief durch
alle Stellenvermittelungsinſtitute er ſah in der ſtädti=
ſchen
Leſehalle alle Blätter durch, ſchrieb ſich acht Stellen
auf, lief unermüdlich zu allen dieſen acht Arbeitgebern
aber alles war umſonſt nicht einmal bei den Schnee=
ſchippern
kam er an alles war zehnfach überfüllt.
Matt, zerſchlagen, verzweifelt und halb verhungert,
ſo kam er abends heim und legte ſich ſofort nieder, um
ſeine Qual zu verſchlafen.
Und wie der eine Tag aufgehört hatte, ſo begann der
andere wieder Sorgen und Enttäuſchungen und Hun=
ger
, jo qualvoller, fürchterlicher Hunger.
Als es wieder Abend wurde, ertrug er dieſe nagende,
grauſame Qual kaum mehr ſeit zwei Tagen nichts ge=
noſſen
als zwei Taſſen Kaffee und zwei Brötchen er ge=

traute ſich nicht nach Hauſe, er hatte Angſt vor dem Allein=
ſein
der Hunger ließ ihn nicht ſchlafen.
So lief er planlos durch die Straßen.
Was nun? Was nun?
Von Minute zu Minute wurde der Hunger bei ihm
quälender; kaum konnte er ſich weiterſchleppen.
Endlich ließ er ſich auf eine Bank nieder da durch=
blitzte
ihn eine Idee: Sprech jemand an!
Der Gedanke machte ihn erröten, erbeben.
Aber er kam wieder, immer wieder! Sprich jemand
an! Tu’s! Tu’s nur! Bettle! Bettle!
Wieder errötete er bei dem Gedanken, und ſeine
Scham war ſo groß, daß er nicht aufzuſehen wagte.
Endlich erhob er ſich und ſchleppte ſich weiter.
Um ihn herum brauſte das tolle, luſtige Leben der
Weltſtadt um ihn herum ſchoben und drängten ſich Hun=
derte
von ſatten und zufriedenen Menſchen.
Er aber ſtand da, an ein Haus gelehnt, und verſchmach=
tete
faſt vor qualvollem Hunger.
Und wieder, immer wieder kam der Gedanke ſprich
jemand um ein Almoſen an! Tu’s! Tu’s nur! Es haben
ſchon ganz andere ordentliche Menſchen auch einmal bet=
teln
müſſen!
Endlich raffte er ſich auf gut denn, es ſei!
Und nun ſah er mit bangen Augen, mit ſcheuen Blicken
die Vorübergehenden an, ob er es wohl wagen könne, ir=
gend
einen von ihnen anzuſprechen wohl zwanzigmal
faßte er ſich ein Herz, griff an die Hutkrempe und verſuchte
an einen Paſſanten heranzutreten, immer aber verſagte
im letzten Moment die Sprache kein Wort brachte er
heraus, er wurde purpurrot und rannte beſchämt davon
es war ihm unmöglich, dieſe Bitte auszuſprechen.
Endlich gab er es auf.
So lief er planlos weiter und weiter, verzweifelt, ver=
hungert
und halb erſtarrt, bis er nicht mehr weiter konnte
und ſich wankend nach Hauſe ſchleppte.
Es war vier Uhr vorbei. In den Bäckerläden und
Milchgeſchäften war man ſchon an der Arbeit.

Beſchämt wankte er weiter.
Plötzlich ſtand jemand vor ihm.
Es war ein kleiner Bäckerjunge, der einen Korb m
duftend friſchem Gebäck am Arm trug.
Als Fritz Stark das ſah, überfiel ihn ein wahr=
Heißhunger mit gierigen Augen ſtarrte er auf die fr.
ſchen Brötchen und eine Stimme in ihm rief: Nimn
nimm dir etwas davon! Schnell, ſchnell, ehe es zu ſpä
iſt! . . . Und ſchon erhob er die Hand.
Da ſah der Kleine, der ihn für einen vornehmen Nach
ſchwärmer hielt, ihn bittend an und ſprach: Ach, liebe
Herr, Sie haben’s jut! Sie haben ſich bis jetzt amüſier
und nu’ jehn Sie in de Baba unſereiner aber ſchuft
ſchon ſeit zwölfe und nu muß man ſich noch ſo weit=
ſchinden
ach, lieber Herr, ſind Sie jut, ſchenken Sie m
n paar Jroſchen, ja bitte, ſind Sie ſo jut, lieber Her
Fritz Stark ſtand da und rührte ſich nicht alle d
Worte ſchwirrten in ſeinen Ohren etwas zu antworte
wußte er nicht.
Und wieder ſprach die Stimme in ihm: So nim
dir doch etwas und ſtille doch deinen Hunger! doe
du Tor, doch!
Aber ſtarr, wie gelähmt ſtand er und ſah den Kn
ben an.
Der aber bat noch einmal: Bitte, lieber Herr, bloß
paar Nickel! Sie ſind ja doch in reicher Mann! Ich b.
ſo’n armer Schlucker und meine olle Mutter jeht et
ſchlecht! Bitte, lieber Herr Baron!
Da erſchauerte Fritz Stark er fühlte, daß er ſchwa
wurde, er fühlte, daß ſeine Augen feucht wurden
war dem Umſinken nahe . . . So weit war es mit ih
gekommen! Dieſer Knabe hielt ihn für einen vornehme
guten Menſchen, dieſer Knabe erbat von ſeiner Güte eir
Gabe und er, er hatte indeſſen überdacht, wie er di
ſen Knaben am beſten beſtehlen könnte! . . Grauenvoll
grauenvolle Tiefe der Seele, die ſich da ihm enthüllte!.-
Stumm kehrte er ſich ab und wankte davon.
(Fortſetzung folgt.)

[ ][  ][ ]

Nummer 55

Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 7. März 1910

Seite 11.

In unſer Handelsregſter, Abtelung B,
a) wurde heute eingetragen:

Hinſichtlich der Firma:
Friedrich Heißner, Apparate= Bau=
anſtalt
, Geſellſchaft mit beſchränkter
Haftung, Darmſtadt.
Durch Beſchluß der Geſellſchafter vom
24. Februar 1910 ſind die Beſtimmungen
über die Geſchäftsführer (§ 9 des Geſell=
ſchaftsvertrags
) geändert wie folgt:
Die Geſellſchaft hat einen oder mehrere
Geſchäftsführer. Sind mehrere Ge=
ſchäftsführer
beſtellt, ſo iſt jeder der=
ſelben
allein zur Vertretung und Zeich=
nung
für die Geſellſchaft befugt.
Erich Lichtenſtein und FranzSchmid
ſind als Geſchäftsführer ausgeſchie=
den
und Ludwig Heißner alleiniger
Geſchäftsführer.
(5049
Darmſtadt, den 4. März 1910.
Großherzogliches Amtsgericht I.

Bekanntmachung.

Montag, den 14. März I. Js.,
vormittags 11 Uhr,
ſoll die dem Adam Walter in München
zuſtehende Hofreite:
Flur
Nr.
qm
IV.
308¾/10 193 Kaupſtraße 46,
in unſerem Bureau zwangsweiſe verſteigert
werden.
(K157/09
Falls keine anderen rechtlichen Hinderniſſe
entgegenſtehen, kann Genehmigung der Ver=
ſteigerung
auch dann erfolgen, wenn das
eingelegte Meiſtgebot die Schätzung nicht
erreicht.
Darmſtadt, den 25. Februar 1910.
Großherzogliches Ortsgericht Darmſtadt I
Müller.
(L4466,63

Bekanntmachung.

Donnerstag, den 17. März I. J.,
vormittags 10 Uhr,
ſoll die der Hermann Hahn Ehefrau da=
hier
zuſtehende Hofreite:
qm
Flur
Fr.
28 339751
100000 404 Rhönring Nr. 35,
in unſerem Bureau zwangsweiſe verſteigert
werden.
K151/09
Falls keine anderen rechtlichen Hinderniſſe
entgegenſtehen, kann Genehmigung der Ver=
ſteigerung
auch dann erfolgen, wenn das
eingelegte Meiſtgebot die Schätzung nicht
erreicht.
Darmſtadt, den 22. Februar 1910.
Großherzogliches Ortsgericht Darmſtadt I.
Müller.
(L4468,63

Bekanntmachung.

Donnerstag, den 7. April I. Js.,
vormittags 10 Uhr,
ſollen die den Karl Jockel Eheleuten dahier
zuſtehenden Grundſtücke:
Flur Nr.
qm
IV 628¼/10 368 Hofreite Neue Irene=
ſtraße
,
V 67½5/100 63 Grabgarten Liebig=
ſtraße
,
671/100 198 Hofreite daſelbſt,
517 Acker hinter dem
23 191510
Rabenberg,
527 Acker daſelbſt,
1929/10
63¾/10 3119 die Löcherwieſe,
daſelbſt,
. 64¾10 2738
26 65¾/10 2900
27
1698 hinter derMeth=
93
wieſe,
3185
daſelbſt,
5
1369
,,
96
1426 ,
1430
1385
in unſerem Bureau zwangsweiſe verſteigert
(K21/10
werden.
Darmſtadt, den 1. März 1910.
Großh. Ortsgericht Darmſtadt I.
Müller.
(L5069,64

Bekanntmachung.

Donnerstag, den 7. April I. Js.,
vormittags 10 Uhr,
ſoll die den Karl Jockel Eheleuten dahier
zuſtehende Hofreite:
Flur Nr.
qm
628¼10 368 Neue Ireneſtraße,
IV
in unſerem Bureau zwangsweiſe verſteigert
(K22/10
werden.
Darmſtadt, den 20. Februar 1910.
Großh. Ortsgericht Darmſtadt I.
(L5068,64
Müller.

Bekanntmachung.

Donnerstag, den 24. März 1910,
vormittags 10 Uhr,
ſollen die den Wirt Mathias Hees Ehe=
leuten
zu Darmſtadt zugeſchriebenen Lie=
genſchaften
:
Flur Nr.
qm
XIV 78/10 219 Hofreite Schulſtraße
Beſſungerſtr. 115).
XIV 7¾/10 289 Grabgarten daſelbſt,
in unſerem Geſchäftszimmer, Wittmann=
ſtraße
1, zwangsweiſe verſteigert werden.
Darmſtadt, den 15. Februar 1910.
Großherzogliches Ortsgericht Darmſtadt II
(Beſſungen).
(L3957,63
Frantz.

Dünger=Verſteigerung.

Am Mittwoch, den 9. März ds. Js.,
um 99 vormittags,
wird die außerhalb der Kaſerne befindliche
Wechſelſtreu aus 2 Batterieſtällen öffent=
lich
und meiſtbietend verſteigert. Zuſam=
anenkunft
an der Artillerie=Kaſerne am
(4949so
Beſſunger Weg.
Darmſtadt, den 5. März 1910.
M. Abteilung Feld=Art.=Regiments Nr. 61.

Amtliche Nachrichten des Großherzoglichen Polizeiamts Darmſtadt.

Polizeilich eingefangene und zugelaufene Hunde.
In polizeilicher Verwahrung und Pflege in der Hofreite Schulzengaſſe Nr. 3 be=
finden
ſich: 1 Pinſcher, 1 Dachshund, 1 Doberman.
Die Hunde können von den Eigentümern bei dem 1. Polizei=Revier ausgelöſt
werden. Die Verſteigerung der nicht ausgelöſten Hunde findet dortſelbſt jeden Werk=
tag
, vormittags um 10 Uhr, ſtatt.
Straßenſperre.
Wegen Vornahme von Chauſſierungsarbeiten wird der Hohler Weg von dem
Breitwieſenberg bis zu dem Parkweg vom 9. bis zum 23. ds. Mts. für jeglichen Ver=
kehr
geſperrt.
(5050

Holz-Verſteigerung.

Donnerstag, den 10. März l. Js., von vormittags 10 Uhr an,
oll zu Meſſel im Germann’ſchen Saale aus dem Meſſeler Gemeindewald, Diſtrikt I
Gemeindswäldchen, Abteilung 6 und aus Diſtrikt II Hügelteile aus verſchiedenen Ab=
teilungen
nachverzeichnete Holzſortimente verſteigert werden:
Stämme: Eiche 2 Stück 0,73 fm, Lärche 118 Stück = 19,63 fm, Fichte
19 Stück 8,46 fm.
Derbſtangen: Eiche 62 Stück 2,5 m lang, Baumpfähle 1,37 fm, Lärche
41 Stück 3 fm, Fichten 5 Stück 0,26 fm.
Scheiter, rm: 10 Eiche II. Kl., 78 Kiefern.
Knüppel, rm: 2 Buche, 2 Birke, 56 Eiche, 3 Linde, 380 Kiefern.
Wellen: 110 Buche, 2340 Eiche, 4180 Kiefern.
Stöcke, rm: 7 Eiche, 75 Kiefern.
(5055
Auskunft erteilt Forſtwart Engel zu Meſſel.
Meſſel, 4. März 1910.
Großherzogliche Bürgermeiſterei Meſſel.
Hickler.

Großh. Ober=Realſchule zu Darmſtadt.

Anmeldungen zum Eintritt werden Mittwoch, den 30. März, vormittags
912 Uhr, im Schulgebäude entgegengenommen. Jeder neu eintretende Schüler hat
ein Entlaſſungszeugnis aus der von ihm ſeither beſuchten Schule, den Geburts= und
Impfſchein vorzulegen. Die Aufnahmeprüfungen finden Montag, den 4. April, von
vormittags 7½ Uhr an, ſtatt.
Größherzogliche Direktion der Oberrealſchule
(5086a
Dr. Derſch.

Villenkolonie Buchschlag.
Die dem Herrn Geh. Admiralitätsrat a. D.
Brennecke gehörige, herrlich am Walde ge=
legene
Beſitzung, enthaltend
Einfamilienhaus mit i1 Zimmern,
reichliches Zubehör, Seitenbau mit Hühner=
hof
, Werkſtätte ꝛc. und ſchön angelegten ca.
3000 qm großen Garten, wird zu billigem
Preis und günſtigen Zahlungsbedingungen
verkauft und nach Wunsch über-
geben
.
(5063a
Ernſte Reflektanten erhalten genauen Be=
chrieb
, Haus= und Lagepläne, ſowie die
Photographie nur durch das Immobilien=
geſchäft
Sebastian Eckler, Rheinſtr. 9.


Wferbe-Gerfreigerang.
Herrſchaftliche Beſitzung

Montag, den 7. März I. Js., nachmittags 3 Uhr,
wird in der Brauerei Carl Diehl Nachf., Dieburgerſtraße 96,

le
S
ein braunes Zugpferd
gegen gleich bare Zahlung verſteigert.
(4971so
Darmſtadt, den 4. März 1910.
Der Konkursverwalter:
Karl Bechert.
Staatlich konzeſſionierte und beaufſichtigte

Hessische Handels-Lehranstafe
Rheinstrasse 1, I. DARMSNADT am Ernst-Ludwigsplatz.
Zweck: Die Anſtalt bezweckt, nicht mehr ſchulpflichtigen jungen Leuten durch metho=
diſchen
, für die Praxis bearbeiteten kaufmänniſchen Unterricht die Möglichkeit zu
geben, eine ſelbſtändige Stellung in einem Kontor zu bekleiden.
Art des Unterrichts: Derſelbe wird vornehmlich erteilt durch Ausarbeitung mehrerer,
dem wirklichen Geſchäftsleben nachgebildeter Geſchäftsgänge. Am Schluß der
Kurſe finden Prüfungen ſtatt. Zur gefl. Beachtung: Schulmäßiger Klaſſen=
unterricht
; auf beſonderen Wunſch auch Einzelkurſe.
Lehrfächer: Je nach Wahl des Kurſus: Deutſche Sprache, einfache und doppelte
(ital. und amerik.) Buchführung, kaufm. Rechnen einſchl. Kontokorrentlehre,
Handelskorreſpondenz und Kontorpraxis, Wechſel= und Scheckkunde, Bank= und
Börſenkunde, Handelsbetriebslehre, Handelsgeographie, Kalligraphie, Stenographie
und Maſchinenſchreiben; außerdem auf Wunſch: Franz. und engl. Handels=
korreſpondenz
.
Dauer des Unterrichts: a) Für erwachſene Herren und Damen je nach Wahl des
Kurſus 36 Monate; b) für ältere Schüler und Schülerinnen mit entſprechenden
Vorkenntniſſen 6 Monate; e) für junge Leute im fortbildungsſchulpflichtigen Alter
612 Monate, alles bei vollem Tagesunterricht. (Abendunterricht nur privat).
Es werden nur Schüler und Schülerinnen aufgenommen, welche die nötigen
Vorkenntniſſe durch ein befriedigendes Abgangszeugnis von einer Pflichtſchule
nachzuweiſen vermögen. Die Anſtalt vermittelt fleißigen Schülern koſtenlos den
Eintritt in kaufmänniſche Stellungen.
Das Sommer=Semeſter beginnt Dienstag, den 12. April, vorm. 8 Uhr.
Proſpekte ſind in der Anſtalt, Rheinſtraße 1, I., erhältlich; daſelbſt werden
Anmeldungen Montag bis Freitag von 121 Uhr und nachmittags von 35 Uhr
entgegengenommen.
(3491a
Wilh. Siedersleben, ſtaatl. geprüfter Handelslehrer.
Hofmanniſches Inſtitut
(10kl. Privatmädchenſchule mit Fortbildungskurſen und
Seminar für Sprachlehrerinnen).
Das neue Schuljahr beginnt am 4. April. Anmeld. an den Vormittagen im
Schulhauſe, Neckarſtraße 5, mit Geburts=, Impfſchein und ev. letztem Schulzeugnis.
C. v. Szczepanski,
ſtaatl. geprüfte Schulvorſteherin.
3123a)
Der
Bradereisent
der Firma
Karl Diehl Nachfolger zu Darmstadt
wird in
unveränderter Weiſe weitergeführt.
Darmſtadt, den 4. März 1910.
Der Konkursverwalter.
Karl Dechert.
(5073

Seinflaſchen zu verkaufen. Offerten m.
Preis u. § 67 an die Exv.

Herrschatniche Besiizung
zu verkaufen.
Die dem Herrn Provinzialdirektor Dr. Usinger
gehörige Besitzung am Roquetteweg,
beſtehend aus einem neu und ſolid erbauten,
künſtleriſch vornehm ausgeſtatteten
Einfamilienhaus
enthaltend Diele, 10 teils ſehr große Zimmer,
Dienerſchaftszimmer, große‟ gedeckte
Veranda, Loggia, Küche mit Anrichte,

(*5369si

Die Aufuhr von reinem Langrund
nach dem Gelände zwiſchen Stirnweg und
neuem Bahnhof kann von unterzeichnetem
Amte bis auf weiteres geſtattet werden,
und ſind Erlaubnisſcheine bei dieſem ein=
(5051
zuholen.
Darmſtadt, den 5. März 1910.
Tiefbauamt.

Wegen Umzug
billig zu verkaufen verſchiedene Möbel,
Betten, Stühle, 1 Chaiſelongue, Gas=
Beleuchtungskörper, Oelbilder uſw.
Mathildenſtraße 3, part. (*5615

Sebildeter Herr und Dame ſuchen
guten bürgerl. Privatmittagstiſch.
Offert. unt. T 29 a. d. Expedition. (*5606

zu verkaufen.
Auf der Mathildenhöhe iſt ein neu und
ſolid erbautes Einfamilienhaus, enthaltend
Veſtibüle, 11 Zimmer, darunter mehrere
große Räume, Küche, Speiſekammer, Bade=
zimmer
, 2 Mädchenkammern, große Boden=
räume
, im Souterrain Waſchküche und
ſchöne Kellerräume, zu günſtigem Preis
zu verkaufen und kann nach Wunſch über=
nommen
werden.
Zentral=Warmwaſſer=
Heizung für die Uebergangszeit mehrere
Oefen und Gasbeleuchtung vorhanden. Die
Villa ſteht in einem 1206 qm großen, ſchön
angelegten Garten.
Nur ernſte Reflektanten erhalten weiteren
Aufſchluß, auch Einſicht in die Haus= und
Lagepläne, in dem Immobiliengeſchäft
des Bankbeamten Sebastian Eekler,
Rheinſtraße 9. Telefon 243.
(3952a
Verkauf.
Die herrſchaftliche Beſitzung. Wilhel-
minenstrasse
26 (früher von Winter=
feldſches
Anweſen) im Flächengehalt von
1210 qm, enthaltend Einfamilienhaus,
Stallung, Remise, Hof u. grösseren
Garten wird zu günſtigem Preis dem
Verkauf ausgesetzt u. Kann sofort
übernommen werden. Ernſte Reflekt.
erhalten weiteren Aufſchluß nur in dem
Immobiliengeſchäft des Bankbeamten Seb.
Eckler, Rheinstrasse 9, Telefon 243. (*5062a
Verkauf.
In der neuen Klappacherſtraße iſt ein
2½ſtöckiges, auch zum Alleinbewohnen ge=
eignetes
Haus mit 14 Zimmern, 2 Bal=
kons
, 1 Veranda, 2 Küchen, 4 Man=
ſarden
, Waſchküche, Stallung für 5 Pferde,
Kutſcherwohnung, Remiſe, Sattelkammer,
großem Heuboden, Hof, Vor= und Hinter=
garten
zu verkaufen. Geſamtfläche des
Anweſens 900 qm, Preis Mk. 70 000, Ueber=
gabe
nach Wunſch.
(3951a
Näheres bei Sebastian Eckler, Rhein=
ſtraße
9. Telefon 243.
Verkauf.
Die Beſitzung.
(B5066
Wilhelmſtraße 24 dahier,
beſtehend aus einem Einfamilienhaus von
14 Zimmern, Badezimmer, 5 Manſar=
denräumen
, Küche und größerem ſchattigen
Garten, wird zu günſtigem Preis verkauft
und nach Wunſch übergeben. Gas und
elektriſches Licht vorhanden. Geſamtfläche
des Anweſens 834 qm.
Ernſten Reflektanten erteilt weiteren
Aufſchluß das Immobiliengeſchäft des
Baukbeamten Sebastian Eckler,
Rheinſtraße 9.
Telephon 243.
Landhaus
mit großem Garten wird zu kaufen geſucht.
Offerten mit genauer Beſchreibung und
Preisangabe unter E 465F Man Rudolf
(5084M
Moſſe, Mannheim.
vollſtändig auf=
2 Tafelklaviere, gebeſſert, billig
Georg Thies Nachf., Leop. Schutter,
4761dsom) Eliſabethenſtraße 12.
(4943
Schöner Foxterrier 50
geg. Erſatz der Steuer mit 20 Mk. zu ver=
geben
Bismarckſtr. 24, I. zwiſch. 12 u. 1 Uhr

[ ][  ][ ]

Seite 12.

Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 7. März 1910.

Nummer 55.


B
Gilte ſedegorobachaſad
für Speier’s Schuhwaren

Um unseren werten Kunden etwas Besonderes-zusbieten,Ebringenswir einen

Gooden Jooten Rteisehädter
elegante Herren- und Damenstiefel und Halbschuhe, sämtlich Modelle der neuen Frühjahrswaren, teilweise bis
*01425
Dar Safkte
des regulären Preises zum Verkauf.
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Damen-Stiefel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.75 Mk.
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Strassburg, Stuttgart, Nürnberg, Aachen, Dortmund, Würzburg, Darmstadt, Offenbach, Hanau, Linden, Langen.

(5061

1 Stelenrh
beſucht hat und ſich in praktiſcher Arbeit
weiter ausbilden will, ſucht per 15. März
oder 1. Arpil Stelle in feiner Konfektion
als Stütze der Direktrice
Gutenbergſtraße 3, III., links.

iter (Heimarbeihſeglicher
Schriftl. Arbeurn Art übernimmt jung.
Konfektion:
Beamter gegen mäßige Vergütung. Gefl.

*5578om) Tüchtige Büglerin empfiehlt
ſich i. u. a. d. Hauſe. Gr. Kaplaneig. 31.

3583) Habe noch einige Nachm. frei im
Waſch. u. Putz. Heinrichſtr. 48, Htb., part.

a
en wird einſache
Für ein junges Mädchen Näharbeit

für die Maſchine geſucht.
an die Exp. ds. Bl.

Off. unter § 45
(*5275

in Kon=
Schneiderin ſucht Stellung fektion.
Offerten unter T 27 an die Exp. (*5589oi

B5000) Fräulein wünſcht außer dem
Hauſe perfekt bügeln
Kiesbergſtraße 53, 3. Stock.

*5585) Laufdienſt 23 Stunden geſucht
Holzſtraße 7, 4. Stock.

füp=
M
kun ein 16-jähr. mädchen
noch nicht gedient, katholiſch, angelernt im
Kochen, Bügeln, Weißnähen, wird bei einer
kleinen beſſeren Familie Stellung geſucht
per April. Off. u. T 20 an die Exp. (*5582oi
5595) Frau geht halbe Tage waſchen und
putzen. Mathildenplatz 2, 2. Stock, Hth.
Das Zeutralstellenbureau von
4
Frau Auguste Schmitt,
Ballonplatz 5, empfiehlt u. placiert
Mädchen ieden Berufs nach hier
und auswärts bei hohem Lohn.
Privat und Reſtauration. (*5616
n welche kochen,
Mehr. Alleinmädchen ſuch. Stellen
für 1. April. Stellenbureau Frau Dingeldein,
Schützenſtraße 10½, Tel. 531.
(*5612
*5611) Kutſcher, 37 Jahre alt,
mit Zeugnis von 12 Jahren, letzte Stelle,
ſucht ſofort Stelle, geht auch in Geſchäfts=
haus
. Auskunft erteilt Bureau Dingel=
dein
, Schützenſtraße 10½, Telephon 531.
welcher ſchon
Junger Mann, lange Jahre
in einem größ. Geſchäft als Buchh. tätig iſt,Karl Rittershaus, Ludwigsplatz.
ſucht Stelle als Buchhalter oder Lageriſt
mit einem Monatsgehalt von 100120 Mk.
Eintritt bis 1. Mai od. 1. Juni. Gefl. Off.
erb. unt. § 44 an d. Exp. ds. Bl. (4806fso findet in einem größeren Geſchäft für ſof.
B5008) Für einen jungen Mann mit
Realſchulbildung aus guter Familie, wird lgegen Fixum u. hohe Proviſion. Bewerber,
eine gewiſſenhafte Lehrſtelle in einem
Bank= oder Engros=Geſchäft geſucht. Off.
unter § 97 an die Exvedition.

Off unt § 60 an die Exp. d. Bl. (*5339fsg

Wöir ſuchen
(5990oi
Mee
ein junges Mädchen
mit guten Vorkenntniſſen aus beſſerer
Familie in die Lehre.
H. & F. Becker
Wilhelminenſtraße 17.
Arbeiterin u. Lehrmädchen
ſucht Damen-Konfektion Schacht.
Karlſtraße 56.
(B5027
Mehrere Arbeiterinnen
ſofort geſucht.
(4854soi
Konfektion, Kirchstrasse 21.
Modes.
Mas
Tuchtige
2. Arbeiterinnen
per ſofort oder ſpäter ſuchen
(4871a
Gebrüder Unger, Ludwigsstrasse 9.
(*5373soi
Mädchen
als Beihilfe,
die gewiſſenhaft näht, für
Damenſchneiderei geſucht Luiſenſtraße 40, I.

Lehrmädchen bei ſofortigem Verdienſt, ſo=
wie
angehende Arbeiterinnen geſucht. Zu
erfragen Expedition.
(4522a
Lehrmädchen
für feine Stick= u. Näharbeit, bei ſofort.
Vergütung ſuchen
(4682a
Schmidt-Rauch, Wilhelminenſtr. 10.
4012a) Junge Mädch, können das Kleider=
machen
gründlich erlernen
Zuſchneiden
unentgeltlich. Konfektion, Saalbauſtr. 26, I.
kann das Kleider=
Mädchen machen erlernen
*5357so)
Karlſtraße 99, I., links.
Mehrere Lehrmädchen
aus guter Familie bei ſofortiger Vergütung;
geſucht.
(4954a
Wilh. Kraetzinger,
Ludwigſtraße.

Tücht. Mädchen mit guten Zeugn
erhalten recht gute Stellen durch F
Vickel, Stiftsſtraße 56.
(*545
5038s0) Junges, fleißiges Mädchen
Alter von 1620 Jahren für dauer
Stellung ſofort geſucht
Heinheimerſtraße 59, Lade
*5522soi) Ein Mädchen gesue
Waldstrasse 55.

3556a) Aelteres, arbeitſames Mädchen
gegen hohen Lohn geſucht. Näh. Exped.

4679a) Geſucht ein tüchtiges Allein-
mädchen
in kleinen Haushalt zum erſten
April. Zu ſprechen vormittags bis 11 Uhr
und nachm. von 68 Uhr Hügelſtr. 7, II.

Mgs
grin ſofort
ruchtige Einlegen

C. W. Leske, Bismarckſtraße 5.

geſucht.
(*5540soi

Zum 1. April
reinliches, unbedingt zuverläſſiges Mäd-
chen
, das Liebe zu Kindern hat und
kochen kann, geſucht. Vorzuſtellen zwiſchen
912 Uhr und nachmittags von 57 Uhr
Martinſtraße 97, part.
(B5042

41861) Garantiert dauernde, gutlohnende
Heimarven
erhält jede Dame durch leichte, intereſſante
Handarbeit. Die Arbeit wird nach jedem
Orte vergeben. Näheres durch Proſpekt mit
fertigem Muſter geg. Einſendung von 30 Pfg.
in Marken bei Centa Kolb, Verſand=
Geſchäft, Kempten 29 (Allgäu, Bayern).
Lehrmädchen
aus guter Familie geſucht.
(4856som
Fleißiger tüchtiger Mann
oder evtl. ſpäter Stelle als Verkäufer für
den hieſigen Platz und nächſte Umgegend
welchen es an einer dauernden u. lohnenden
Stelle gelegen iſt, wollen ſich melden. Off.1 Näheres Bismarckſtraße 24, 1. St., zwiſchen
unter T30 befördert die Exped. (5091oim

*5558soi) Aeltere Stütze, welche perfekt
bürgerl. kocht, ſofort geſucht in größeren
Haushalt. Offerten unter T 13 an die
Expedition d. Bl.

Braves Mädchen
mit guten Zeugniſſen geſucht
(5045a
Heidenreichſtraße 37, 3. Stock.

4865a) Tüchtiges, ſauberes, ehrliches
Alleinmädchen
per 1. April geſucht. Gute Zeugniſſe erfor=
Eliſabethenſtraße 29, I.
derlich

Eichies, leies Möen,
das perfekt im Kochen iſt und ſelbſtändig
eine Haushaltung führen kann, geſucht,
zu einzelner Dame. Vorzuſtellen Prinz
Chriſtiansweg 19, nachmittags zwiſchen
(4950so
4 bis 6 Uhr.
4942so) Lauffrau vormittags von 710,
nachmittags von 13 Uhr ſofort geſucht.
12 und 1. Uhr.

o2
Britannia-Hote
können ab 15. März wieder einige Dar
eintret., die feinere Küche zu erlernen. (48:
Jüng., Sauber. Laufmädchen
für ganzen Tag (Geſchäft) geſucht
Scheſtergaſſe 16
4680a)

geſucht, et-
Alleinmädchen kochen verlar
möglichſt bald. Näh. Saalbauſtr. 69. (*521

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Nummer 55

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Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 7. März 1910.
Seite 13.

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in Mannheim haben eſtern abend den Milchproduzenten den Preis von 17½ Pfennig
und in Ludwigshafen von 17 (1 Pfennig mehr) Pfennig pro Liter bewilligt.
Die dortigen Milchhändler haben alſo die berechtigten
Forderungen der Milchproduzenten anerkannt.
Die Milchhändler von Alzey und Umgegend erklären öffentlich in der Zeitung,
daß ſie die Mehrforderung der Landwirte als eine vollauf berechtigte halten und ſind
einſtimmig bereit, für den Liter Milch franko Alzey 18 Pfennig zu zahlen.
Die Milchproduzenten für Darmſtadt verlangen 17 Pfennig pro Liter franko
Darmſtadt und für diejenige Milch, die Extrafuhren ſeitens der Milchhändler verur=
ſachen
, das heißt, für die Milch, welche nicht mit Milchzügen kommt, ſogar nur
16½ Pfennig.
Die nach Darmſtadt liefernden Milchproduzenten haben daher auch ein Recht,
ebenfalls die Anerkennung ihrer Forderungen zu verlangen und müſſen dieſelben
weiterhin vertreten, beſonders nachdem in anderen Städten mit höheren Einkaufs=
preiſen
, wie Mannheim und Alzey, die Forderungen anerkannt wurden. Das Pu=
blikum
möge ſich nun ein Urteil darüber bilden, ob die Forderungen der nach Darm=
ſtadt
liefernden Milchproduzenten berechtigt ſind, oder ob der Gewinn allein dem
Milchhandel gebührt.
(5092
Die Milchproduzenten.

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[ ][  ][ ]

Seite 14.

Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 7. März 1910.

Nummer 55.

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Rr. Die Radfernfahrt Berlin- Kott=
bus
-Berlin, die am Sonntag als erſtes Straßen=
rennen
dieſer Saiſon vor ſich ging, hatte 52 Meldungen
erhalten. Von bekannteren Renn= und Dauerfahrern
nannten u. a.: Thom Suden=Hamburg, Zeeh=Hamburg,
Stannek=Breslau, Schreiner=Nürnberg und Hermann
Przyrembel=Berlin. Der Start erfolgte morgens 6 1r
am Steuerhaus auf dem Tempelhofer Felde, während
ſich das Ziel am Kilometerſtein 10,0 in Mariendorf be=
fand
. Die Strecke war 268,2 Kilometer lang.
sr. Berliner Ringkämpfe. Im Etabliſſe=
ment
Buggenhagen fanden am letzten Abend drei
Kämpfe ſtatt. Altmann=Berlin ſiegte in 16:30 über
Gambier=Frankreich und Schneider=Luckenwalde über
ſeinen Namensvetter Schneider=Sachſen in 25:30, wäh=
rend
Sturm=Berlin und Leon de Wolf=Belgien 30 Min.
unentſchieden rangen. Die Kämpfe im Zirkus Sar=
raſani
verliefen recht intereſſant. Es ſiegten Strenge=
Berlin in 15:45 über Krook, Laſſarteſſe=Frankreich in
11:35 über Andree und der Serbe Raikowicz in 20 Sck.
über Vaſelesen. Nitſchke und Bernard rangen 20 Min.
unentſchieden und auch der Entſcheidungskampf= Mi=
chailoff
-Macdonald mußte wegen der vorgerückten
Polizeiſtunde nach 12 Minnten abgebrochen werden.
In dem Befinden des bei dem Kampfe mit dem Fran=
zoſen
Cazeaux verunglückten Berliners Schwarz iſt er=
freulicherweiſe
eine Beſſerung zu verzeichnen, doch wird
Schwarz vorausſichtlich noch eine Woche das Bett hüten
müſſen, da er ſich eine Lungenqnetſchung und eine
leichte Gehirnerſchütterung zugezogen hatte. Im Pa=
laſt
=Theater konnte Roſch=Berlin nach 7 Minnten
Herrmann=Berlin werfen und Bahn=Berlin in 15:17
den Türken Ali Oglu. Ferner ſiegte der Däne Peder=
ſen
über Rödl in 6:16, während Pohl und Maſſetti 30
Minuten unentſchieden rangen.
sr. Für das Weltmeiſterſchaftsmatch
im Einer, das zwiſchen Erneſt Bary=England und
Richard Arnſt=Neu=Seeland im Auguſt auf dem Zam=
beifluſſe
ausgetragen wird, entwickelt ſich ſchon jetzt=
ſpeziell
in England ein ungewöhnliches Intereſſe. Für
das Training des engliſchen Meiſterſchaftskullers und
die Koſten der Expedition iſt in England eine Samm=
lung
veranſtaltet worden, die mit einem Betrage von
20000 Mark abgeſchloſſen werden ſoll. Für das Rennen
ſelbſt ſind weitere 20000 Mark eingeſetzt worden, von

denen der Sieger 15000 Mark und der Unterliegende
5000 Mark erhalten ſoll.

Luftſchiffahrt.

sr. Ein intereſſanter Acroplanflug
über das Mittelländiſche Meer wurde von dem kühnen
franzöſiſchen Aviatiker Rougier von Monte Carlo
aus ausgeführt. Der Pilot erhob ſich nachmittags
5 Uhr mit ſeinem Voiſin=Apparat von dem ſchmalen
Hafenkai von Monaco und flog in gerader Richtung
über die Flut des Mittelländiſchen Meeres hinweg zu
dem öſtlich vorſpringenden Kap Martin, einem belieb=
ten
Ausflugsort für die Fremden von Monte Carlo
und Mentone. In der Höhe des Kaps wendete Rougier
und ſteuerte nunmehr in einer Flughöhe von etwa
150 Metern direkt auf das Kaſino von Monte Carlo zu.
Er überflog den berühmten Taubenſchießſtand, wo ſich
ebenſo wie auf den Terraſſen vor dem Kaſino eine im=
poſante
Zuſchauermenge eingefunden hatte, die dem
Franzoſen begeiſtert zujubelte. Ueber dem Hafen von
Monaco beſchrieb Rougier nochmals eine Schleife, um
dann nach viertelſtündigem Fluge wiederum meiſter=
haft
auf der verhältnismäßig ſchmalen Fahrſtraße zwi=
ſchen
dem Hafen und dem Felſen von Monaco zu lan=
den
, von deſſen Höhe aus auch der Fürſt von Mongco
den Flug verfolgt hatte.

Handel und Verkehr.

H. Frankfurt a. M., 5. März. ( Börſen=
wochenbericht
.) Die abgelaufene Berichtswoche
zeigte einen lebhafteren Verkehr, da die Spekulation
wieder eine größere Tätigkeit entfaltete. Dagegen war
der Geldmarkt immer noch etwas angeſpannt, aber bei
Wochenſchluß konnte der Privatſatz ſich auf 3¼ Prozent
ermäßigen. Nachdem bis zum 4. März die Rückzahlung
jener Gelder erfolgen mußte, die durch die Reichsbank
den Mitgliedern des Konſortiums für die letzten An=
leihen
zur Verfügung geſtellt worden, dürfte die Geld=
lage
in normale Bahnen zurückkehren. In New=York
bleibt die Stimmung eine gute und wenn auch neuer=
dings
eine kleine Abſchwächung dort eintrat, ſo waren
dies lediglich Gewinſtrealiſationen. Was die Ten=
denz
an den deutſchen Börſen anbelangt, ſo war ſolche
anfangs recht feſt, dann aber für Montanwerte matter
auf den erneuten Rückgang der Aktien der Laurahütte.
Man machte über dieſe Geſellſchaft wiederkehrende An=
gaben
über techniſche Fehler bei den Neubauten und
über eine betrieblich ſchlechte Situation der Bismarck=
hütte
. Den glänzenden Ergebniſſen der Deutſchen Bank
und der Dresdener Bank, welche eine Verteilung von
12½ Prozent, reſpektive 8½ Prozent geſtatten, geſellte
ſich die ebenſo befriedigende Bilanz der Diskonto= Ge=
ſellſchaft
mit einer Dividende von 9½ Prozent hinzu=
doch
machten dieſe Tatſachen kaum Eindruck auf den
Markt, weil man ſchon ſeit Monaten von günſtigen
Reſultaten geſprochen hatte. Am deutſchen Renten=
markt
waren die 3prozentigen Gattungen niedriger
auf Provinzverkäufe, während die höher verzinslichen
gut behauptet blieben.
Ausländiſche Staatsfonds waren feſt, ohne daß je=
doch
weſentliche Preisänderungen vorkamen. Die Sub=
ſkription
auf die neuen 4½prozentigen Serben hatt=
auch
in Deutſchland, wie vorauszuſehen war, großen
Erfolg, ſodaß auf freie Zeichnungen höchſtens 10 Pro=
zeut
zugeteilt werden. Japaner lagen recht feſt; die
4prozentigen haben eine Kurshöhe von 95 Prozent er=
reicht
. Am günſtigſten in dieſer Woche war der Markt
für Trausportaktien disponiert und dabei beſonders
Aber auch
Hamburger Paketfahrt am belebteſten.
italieniſche und öſterreichiſche Bahnen konnten profi=
e

tieren; ebenſo die amerikaniſchen. Die Pennſylvania=
bahn
weiſt für 1909 ein Nettogewinnplus von 15 Mill.
Dollars auf. Für Schantungbahn beſtand einiges
Intereſſe (bis 121,30) auf Dividendeſchätzung von 5½
bis 5¾ Prozent. Bankaktien ſchließen im ganzen wenig
verändert, da man die obenerwähnten günſtigen Ab=
ſchlüſſe
im voraus eskomptiert hatte.
Am Montangebiet war bei Wochenbeginn eine
beſſere Stimmung vorhanden, da die Dortmunder
Union in ihrem Halbjahrsabſchluß günſtige Ziffern
mitteilt und die Bildung eines oſtdeutſchen Roheiſen=
ſynditats
guten Eindruck machte; die Erhöhung der
Halbzeugpreiſe ſeitens des belgiſchen Stahlwerksver=
bandes
für das zweite Quartal um 8½ Fres. ſtimu=
lierte
. Später erfolgte Abſchwächung auf die Laura=
Mattigkeit, nur Phönix und Gelſenkirchener hielten ſich
feſt, letztere auf die Dividende=Anſage von 9 Prozent
(wie im Vorjahre). Vom Kohlenmarkte lauten die
Berichte keineswegs anregend, denn erſtens wird auf
den ſchwachen Hausbrandabſatz angeſichts des milderen
Wetters hingewieſen, dann werden die niedrigen
Preiſe, die bei dem Kohlenabſchluß der öſterreichiſchen
Staatsbahnen in Oberſchleſien erzielt wurden, als Be=
weis
für die wenig erfreuliche Lage angeführt. Kali=
werte
ſchließen im allgemeinen erholt.
Am Kolonialmarkte war es ſehr ruhig, doch konn=
ten
Otavi wieder 231 erreichen. Kolonialanteile leb=
los
, etwa 1300 genannt. Man hört, daß Verhandlungen
über ein neues Uebereinkommen mit der Regierung
ſchweben. Territories wurden durch das Ableben des
Großbeſitzers Schlutius in Deronte verſetzt und notier=
ten
nominell bis 10 Schilling, dann erhöhte ſich der
Preis auf 11¾ Schilling, weil man glaubt, daß die
Erben nicht ſo niedrig abgeben würden.
Am Kaſſainduſtriemarkt waren die Umſätze ſin
dieſer Woche weniger lebhaft. Kleyer verteilen nach
reichlichen Rückſtellungen wieder 25 Prozent, doch iſt der
Kurs auf 371 zurückgegangen. Eine größere Einbuße
bis 175 erfuhren Kunſtſeide, ferner Aluminium bis
259½, während Griesheim=Elektron, Zellſtoff Waldhof
und Deutſche Gold= und Silber=Scheideanſtalt anſehn=
lich
höher ſchließen. Die von der Darmſtädter Bank zu
180 Prozent an den Markt gebrachten Aktien von
Reiniger, Gebbert u. Schall ſtiegen auf 289 Prozent.
In Holzverkohlung blieb das Geſchäft geringer und der
Kurs etwas matter (210½).
Von Loſen notieren: Augsburger 39,80, Braun=
ſchweiger
215, Finnländer 202,25, Meininger 39, Pappen=
heimer
76,50, Ungariſche 373, Freiburger 58,50, Genua
254, Mailänder 45=Fres.=L. 148, Mailänder 10=Fres.=L
33,50, Türkiſche 177,40, Venediger 40, alles in Reichs=
mark
; Gothaer Prämie I 138,75, Gothaer Prämie II
117,80, Donan=Regulierung 143, Madrider 78,75, alles
in Prozent. Ferner ſchließen: 4proz. Reichs (bis 1918
unkündbar) 102,15, 3½proz. Reichs 93,75, Zproz. 8470,
4proz. Heſſen von 1899 101,45, 4proz. Heſſen von 1906
101,40, 4proz. Heſſen von 1908 101,70, 4proz. Heſſen von
1909 101,70, 3½proz. Heſſen 92,70, Sproz. Heſſen 81,70,
4proz. Heſſ. Landesbank=Hyp. (Serie 1820) 101,60 G.,
3½proz. Heſſ. Landesbank=Hyp. (Serie 911) 92,80 G.,
4proz. Heſſ. Kommunal=Hyp. (Serie 1012) 101,60 G.,
3½proz. Kommunal=Hyp. (Serie 13) 93,40 G., 3½proz.
Heſſ. Kommunal=Hyp. (Serie 4) 92,80 G., 4proz. Darm=
ſtädter
100,80 G., 3½proz. Darmſtädter 92,20, Darm=
ſtädter
Bank 137,60, Südd. Eiſ.=Geſ. 123,70, Baltimore
und Ohio 112,50, 4½proz. Ruſſen 100,25. 4proz. 1902er
Ruſſen 91,40, 3¼proz. Ruſſen 87,90, 3½proz. Rüſſen
85,90, 3proz. Ruſſen 77,90, 4½proz. Japaner 98.10, 4proz.
Japaner 95, 5proz. Mexiko (Tamaulipas) 100,85, 5proz.
Chineſ. Anl. (Tientſin=Pukow) 102,80 G.

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Dr. Langsdorf, Hügelſtraße.
Sanitätsrat Dr. Maurer,
Steinſtraße.
Sanitätsrat Dr. Quetsch,
Bleichſtraße,
Dr. Sior, Hochſtraße,
die Güte, mich zu vertreten. (4841fso

Sanitätsrat Dr. Markel.
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und nicht wie im neuen Adreßbuch
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[ ][  ][ ]

Nummer 55.
Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 7. März 1910.
Seite 15.
2nm
2
10.
Aur
AAeru

Wie wir erfahren, ſucht ein im vorigen Jahre bei uns beſchäftigt geweſener Arbeiter bei unſerer Kundſchaft und wohl auch anderwärts Aufträge für
Wohnungs= und Teppichreinigung mittelſt Vacuummaſchine entgegenzunehmen, und zwar gleich auf mehrere Jahre, unter der Angabe, daß dadurch eine beſondere
Preisermäßigung ſtattfände.
Da dieſer Arbeiter die Herrſchaften auf dem Glauben läßt, es handle ſich um unſere Firma bei der Kundſchaft bemerkt derſelbe, wahrſcheinlich um leichter.
anzukommen, er habe ja auch im vorigen Jahre die betr. Wohnung gereinigt ſo ſehen wir, um Täuſchungen und Irrtümer zu vermeiden, uns zu der Erklärung
veranlaßt, daß wir in keiner Beziehung zu dieſem Manne und zu dieſem, wie es ſcheint, neu zu gründenden Unternehmen ſtehen, für welches offenbar vor Eröffnung
Abonnenten gewonnen werden ſollen.
Wir bitten deshalb bei Auftragserteilung recht vorſichtig zu ſein, genau auf unſere Firma zu achten, und gefl. Aufträge uns möglichſt direkt zuzuweiſen.
Die Preiſe für prompte, tadelloſe Entſtaubung haben wir ſchon ſeit Anfang dieſes Jahres aber ohne unſeren Kunden eine mehrjährige Ver=
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[ ][  ]

Seite 16.

Darmſtädter Tagblatt, Montag, den 7. März 1910.

Nummer 55

Mit den ersten Frühlingsboten sind unsere
Neuheiten für die Frühjahrssaison
eingetroffen. Wir stellen dieselben in reicher
Auswahl unserem verehrten Kundenkreise zur
Verfügung u. bitten um geneigten Zuspruch.

Mitglied des Rabatt-Spar-Vereins
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Ludwigsplat.
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Verein für Verbreitung von Volksbildung.
Donnerstag, 10. März 1910, abends 8¼ Uhr, im Kaiſerſaal:
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Konigin Luise‟
Gedächtnisworte zur 100. Wiederkehr ihres Todestages
von Profeſſor Dr. Karl Bader.
Die Veranſtaltung iſt zugänglich für jedermann. Eintrittskarten 30 Pfg., für
Vereinsmitglieder u. angeſchloſſene Vereine 20 Pfg., Schülerkarten 20 Pfg. im
Verkehrsbüro und bei I. Mylius, Heerdweg 2.
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Verein für Vogel= und Geſlügelzucht
(älterer Verein)
Montag, den 7. März 1910, abends 9 Uhr,
im Vereinslokal Brauerei zur Krone
Schustergasse 18, I.
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Monats=Versammlung.
Der Vorstand.

Mlunchen in Darmstadt.
Turnhalle Woogsplatz (Grosser Festsaal)
Vom 5. März ab, bis einschliesslich 14. März, täglich
Wochentags 5 Uhr.
Sonntags 4 Uhr.
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Grosses
Münchner Bierfest
Arrangeur: Der populäre bayer. Festwirt
Baron Muckl jr.
mit seiner urfidelen Original bayer. Hollertauer Bauern-Kapelle.
Ueberall das

Tagesgespräch!
Neueste Schlager!
Der Gipfel des Humors!
Bedienung durch fesche bayer. Madels. Original bayer. Betrieb.

Odenwaldklub, Orisgruppe Darmsta

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Dekorierungsfest
im feſtlich geſchmückten großen Saale des
Städtischen Saalbaues
Samstag, den 12. März, abends 8 Uhr
Prolog, Theater, muſik.
und deklamat. Vorträge.
Mitglieder des Klubs und Freunde unſerer Beſtrebun
ſind freundlichſt eingeladen.
Touriſtenanzug erwünſcht.
Der Vorstand.

Zur Aufklärn
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auf Gegenseitigkeit (Alte Leipziger)
vormals Lebensversicherungs-Gesellschaft zu Leipzig, errichtet 1830.
Versicherungsbestand 900 Millionen Mark
Vermögen 34o Millionen Mark
Deuabschlüsse 1909: 74 Millionen Mark
Deues, vorteilhaftestes Prämien- und Dividendensgstem
Unanfechtbarkeit Unverfallbarkeit e Weltpolice.
treter in Darmstadt: Georg Beyser, Bruchwiesenstrasse 4, Friedrich
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Jabe noch einige Kanarienweibchen aba
Jamenring m. 15 Brillanten, preisw. zu vrk.
Weber, Rückertſtr. 8, Poſtk. genügt. (*5444so Hess, Waldſtr. 22, Seitenb. (*547