Darmstädter Tagblatt 1903

Abonnement=preis

166. Fahrgang.

monatlich 50 Pfg, vierteljährlich 1.50 Mr.
halbjährlich 3 M. einſchl. Bringerlohn.
Auswärts werden von allen Poſtämtern
Beſtellungen entgegengenommen zu 1.80 Mr.
vierteljährlich.

Verbunden mit„Wohnungs=Anzeigeru und der Sonntags=Beilage:

für das wöchentlich 6 mal erſcheinende Tag=
blatt werden angenommen in Darmſtadt
von der Expedition Rheinſtraße Nr. 23. in
Beſſungen von Blößer, Beſſungerſtraße
Nr. 48 und Schießhausſtr. Nr. 14, ſowie aus=
wärts von allen Annoncen=Expeditionen.

Aistliches Organ für die Bekanntmachungen des Großh. Kreisamts, des Großh. Polizeiamts und der andern Behärden.

Ne 105.

Mittwoch, den 6. Mai.

1903.

Gefunden: 1 ſilberne Damenuhr. 1 goldener Zwicker. 1 ſchwarzer Filahut.
1 goldener Damenring. mit 5 weißen Perlen' beſetzt. 1 keiner Geldbetrag. 1 Märk.
1 Stück ſchwarzer Trauerſtoff. 2 mittelgroße Schlüſſel. 7 Schlüſſel in einem Ring.
1 Roſenkranz.1 ſchwarzer gewebter Damenkragen.-1 Rotigbuch mit roter Lederdeck.,
enth. 1 Damen=Photographie. 1 rote Kindermütze. 1 Haarpfeil. 3 braunlederne
Vortemonnaies mit je einem kleinen Inhalt. 1 blaue Kindermütze mit Schild. 1 runde
Sturmlaterne. 1 braunlederne Taſche für Uebergabe=Empfangsbeſcheinigungen am
Eiſenbahn=Direktionsbezirk Mainz. 1 gelber Handſchuh. 1 gelbe längliche Broſche, mit
5 Glasperlen beſetzt. 1 weißer Damenkragen zu zeinem Kleid. 1 rotbraunes Kinder=
Läßchen mit ſchwarzem Beſatz.
Verloren: -⁄' braunledernes Portemonnaie, enth. 150 Mark. 1 Leſe zu einem
Wagen mit Käpſel und Nogel. 1 gelbbraunes Portemonnaie, enth. 35-37 Mark und
5 Zehnpfennigmarken. 1 Feuerwehrgürtel. 1 ſchwarzledernes Portemönnaie, enth.
ca. 15 Mark. 1 ſchwargledernes Portemonnaie, enth. 2.30 Mark. 1 halbſeidener ſchwarzer
Regenſchirm mit rotem Griff 1ſilberne Damenuhr mit Goldrand, auf dem Rückdeckel
das Monogramm B. D. mit ſilberner Kette. 7 ſchwarzer Damen=Regenſchirm. 1 goldener
Zwicker mit Futteral. 1 ſchwarzer Regenſchirm mit eingebranntem B am Stock. 1 gelb=
ledernes Portemonnaie, enth. ca. 32.34 Mark. 1 ſchwarzledernes Portemonnaie, enth.
ca. 3 Mark und 1 goldenen Trauring. gez. A. W. 1.9. 1901 nebſt 1 Taſchenfahrblan.
1rotbraune Ledermappe. enth. 10 Quittungen. 1 grauledernes Portemonnaie enth. 4 Mk.
Entlaufen: 1 hellgelber Spitzhund ohne Marke. ſchwarzgrauer Wolfsſpitz.
Entflogen: 1 Kanarienvogel.
Zugelaufen: 1 ſchwarzer Pinſcher mit der Marke Nr. 1934.
Darmſtadt, den 6. Mai 1963.
Fundbureau Großherzoglichen Polizeiamts,
geöffnet von 8-12 Uhr vormittags und 2(6 Uhr nachmittags.

B e k a n n t m a ch u n g.
Betreffend: Den Schutz der Singvögel.
Wir bringen in Erinnerung, daß nach 8 1 des Reichsgeſetzes vom 22. Mürz
1888 G.=G.=B. S. 111) das Zerſtören und Ausheben von Reſtern oder
Brutſtätten der Singbögel, das Zerſtören und Ausnehmen von Eiern,
das Ausnehmen und Täten von Jungen verboten iſt. In gleicher Weiſe
iſt das Feilbieten und der Verkauf der gegen dieſes Verbot erlangten Eier und
Jungen unterſagt.
Zuwiderhandelnde werden mit Geldſtrafe bis zu 150 Mark oder mit Haft
beſtraft. Dieſe Strafe trifft insbeſondere auch denjenigen, der es unterläßt,
Kinder oder andere, uuter ſeiner Gewalt ſtehende Perſonen, welche
ſeiner Aufſicht untergeben ſind und zu ſeiner Hausgenoſſenſchaft gehören,
von ſolchen Zuwiderhandlungen abzuhalten.
Das Aufſichtsperſonal iſt angewieſen, auf die Befolgung der vorſtehenden
Beſtimmungen ein ſcharfes Augenmerk zu haben und jede Zuwiderhandlung behufs
Herbeiführung der gerichtlichen Beſtrafung zur Anzeige zu bringen.
Das Publikum wird erſucht, das Aufſichtsperſonal hierbei zu
unterſtützen, insbeſondere wollen alle diejenigen, welche von Zuwiderhandlungen
der gedachten Art Kenntnis erhalten, uns oder den Auſſichtsbeamten Mitteilung
machen.
Darmſtadt, den 4. Mai 1903.
Großherzogliches Polizeiamt.
8447md)
Dr. Kentz.
B e k a n n t m a ch u n g.
Im Hinblick auf die durch heftige Regenfälle öfters eingetretenen Ueberſchwem=
mungen kanaliſierter Grundſtücke innerhalb der Stadt halten wir es für angezeigt, nach=
ſtehend einige Schutzmaßregeln bekannt zu geben, deren Beobachtung geeignet iſt, der=
artigen Ueberſchwemmungen vorzubeugen.
Nach den Reſtſtellungen unſeres Tiefbauamtes waren dieſe Ueberſchwemmungen
mit nur wenig Ausnahmen auf eine unſachgemäße Anordnung oder eine wenig ſorg=
fältige Unterhältung und Bedienung der Haülsentwäſſerungsanlagen, beſonders der m
ihnen eingeſchaltenen Vorrichtungen zur Verhütung des Rückſtaues aus den Straßen=
kanälen zurückzuführen.
Wir empfehlen den Hausbeſitzern. deren Grundſtücke ſeither infolge einer un=
zureichenden Ausbildung ihrer Entwäſſerungsanlagen durch Ueberſchwemmungen!

zu leiden hatten, ſich mit unſerem Tiefbayemte ins Benehmen zu ſetzen, das dann
durch eine genauere Unterſuchung der betreffenden Hausentwäſſerungsanlagen feſtſtellen
wird, in welcher Weiſe mit nicht zu hohen Köſten Abhilfe zu ſchaffen iſt.
Die Hoffinkkaſten ſind möglichſt rein von Sand und Schlamm zu halten und iſt
beſonders darauf zu achten, daß der Einfluß des Waſſers in ſie nicht durch eine Ueber=
deckung der Einfallgitter mit Laub= Papier, Stroh ꝛc erſchwert wird.
Zur Verhütung des Eindringens von Waſſer in die Gebäude ſind die Hoffink=
kaſten möglichſt von dieſen entfernk. am beſten im mittleren Teile des Hofes zu ver=
ſetzen. Aus gleichem Grund ſollen Kellerfenſter Lichtſchachte, Keller= und Hallseingänge
mit ihren Schwellen erhöht gegen die anſchliezenden Hof= und Straßenflächen ſitzen.
Iſt ſolches nicht zu ermöglichen ſo müſſen Schutzvorkehrungen gegen den Eintritt des
Waſſers in tiefgelegene Räume geſchaffen werden, wie die Abdeckung der Lichtſchachte,
durch Glasplatten, Anbringung von Kellerkränzen an den Kellerfenſtern, von Falzen
und dichtſchließenden Schutzbrettern an tiefgelegenen Eingängen.
Die in die Hausentwäſſerungen eingeſchaltenen Vorrichtungen gegen Rückſtau ſind
während der Zeit der heftigen Regenfäller alſo von Mitte Aprik bis Mitte September,
in betriebsfähigem Zuſtande zu erhalten. Es empfiehlt ſich. dieſe Vorrichtungen mit
Beginn genannter Periode und auch nach jedem heftigen Regenfalle in allen Teilen
vom Schmutze zu reinigen und bei Klappenvorrichtungen die Scharniere, bei Hähnen
die Gleitflächen des Konus und bei Schiebern die Schieberſcheibe, die Gleitflächen und
Schrauben gründlich einzufetten. Um ſolches bequem ausführen zu können, ſollen die
Vorrichtungen an einem leicht zugänglichen Ort verſetzt ſein.
Selbſtverſtändlich hängt die richtige Wirkung der Rückſtau=Vorrichtungen auch
von einer zweckentſprechenden Einfügung derſelben in die Hausleitungen ab.
Nichk ſelten werden ſolche dekart in den Hauptſtrang eingefügt, daß durch ſie
allerdings der Rücktau aus dem angeſtauten Straßenkanal verhütet, dabei aber Auch
der Abflüß des Regenwaſſers vom Grundſtück nach dem Straßenkanal unmöglich
gemacht wird. Ueberſchwemmungen der Grundſtücke durch die ſich allmählich anſam=
melnden Regenmengen ſind die Folge hiervon. Um ſolches zu verhüten, dürfen daher
Rückſtauvorrichtungen nur in Zweigleitungen eingeſetzt werden, in die Regenabfall=
rohre und Regeneinläufe oberhalb der Rückſtausorrichtung nicht einmünden.
Die im Keller verſetzten Eingüſſe und Reviſionsſchachte ſind durch geeignete Ver=
ſchlußvorrichtungen gegen den Rückflau zu ſichern. Die von Hand bedſenbaren Vor=
richtungen ſind während der Periode der heftigen Regenfälle geſchloſſen zu halten, und
ſollen dieſelben jedenfalls nicht über Nacht öffen ſtehen, indem gerade infolge des
fehlenden Verſchluſſes ſchon vielfach ganz erhebliche Ueberſchwemmungen der Kellerkäume
veranlaßt wurden.
„ Die an die Kanäle angeſchloſſenen Regenrohre ſind bei Eintritt des Frühjahrs
au unterſuchen, ob ſolche nicht unter der Einwirkung des Froſtes gelitten haben und
ſind etwa vorgefundene Mängel baldigſt zu beſeitigen.
Nächſt den Fundamentmauern ſollen die Regenrohranſchlüſſe nur aus ſoliden
eiſernen Röhren gebildet werden, da die Tonrohre eine zu geringe Widerſtandsfähigkeit
oegen den Froſt' beſitzen und auch bei Setzungen des Straßenuntergrundes leicht
Beſchädigungen ausgeletzt ſind. Häufig wird auch der Abfluß des Dachwaſſers durch
die Anſammlung von Feſtkörpern in den Regenrohrkanälen erſchwert. Verartige Ver=
ſtopfungen werden verhütet durch die Einfügung kleiner Sinkkaften mit feſtſtehenden
Gittern die auch das Einfrieren der Regenrohranſchlüſſe verhindern. Dieſelben erfor=
dern für das Stück einen Koſtenaufwand von nur ca. 25 M.; deren Verwendung iſt
daher ſehr zu empfehlen.
Bei älteren Häugentwäſſerungsanlagen finden ſich noch hie und da in den Keller=
räumen ſchlecht gedichtete Tonrohrer die infolge ihrer undichten Stellen die Beranlaſſung
zu Ueberſchwemmungen der Kellerräume geben= Da die durch ſolche Ueberſchwem=
mungen hervorgerufenen Mißſtände von nachteiligſter Einwirkung auf den Geſundheits=
zuſtand der Hausbewohner ſein können, ſo ſolten die undichten Tonrohrleitungen durch
ſolide eiſerne, mit Blei zu verdichtende Rohrſtränge erſetzt werden. Zum mindeſten
aber müßten die mit Letten gedichteten Muffen ſolcher Tonrohrſtränge nachträglich gut
ummauert werden um dem Austritt des Schmutzwaſſers und der Kanalgaſe vor=
zubeugen.
Nicht ſelten tritt auch das Regenwaſſer von Straßen und Höfen durch undichte
Stellen der Grundmnan ern in die Keller ein, beſonders dort, wo die Verſorgungsleitungen
und die Kanalanſchlüſſe durch dieſe Mauern geführt ſind.
Die hierdurch veranlaßte Autzwaſchung der Mauerfugen iſt aber von nachteiligſter
Einwirkung auf den Beſtand der Grundmauern, und es ſollte daher dem ſtädtiſchen
Tieſbauamt unverzüglich Mitteilung von derartigen Undichtigkeiten gemacht werden,
damit dasſelbe eine genauere Feſtſtellung der Urſache veranläfen kann.
Eine ſorgfältiche Ausbeſſerung und Dichtung der Grundmauern iſt in ſolchen
Fällen dringend geboten.
Darmſtadt, den 3. April 1903.
Großherzogliche Bürgermeiſterei Darmſtadt.
(6611a
J. V.: Jöger.

Kraft des Hchickſals!
Roman von A. von Gersdorff. Machbr. verb.)
„

1. Kapitel.
„alson mortei in Montreux, dem vielgenannten
Kurort am Genfer See.
Hochſommerzeit. Die friſchen, nervenſtärkenden
Lufte abgeflaut zu ſchwüler Hitze. Von der Felſen=
bruſt der Alpen prallt die Auguſtſonne in die Täler
hinab. — Die Weinberge ſind noch grün, die Trauben=
kur hat noch nicht begonnen
Die großen, palaſtartigen Hotels ſind geſchloſſen;
hier und dort nur blinkt in den langen Reihen ein
Fenſter auf hinter halbgeöffneten, grünen Jalouſien,
wie ein ſchläfrig blinzelndes Auge. Nur draußen-
gegen Villeneuve zu wehen friſchere Lüfte von den
Waldbergen bei Schloß Chillon. Hier zeigt ſich wohl
ein Hotel und Hotelchen ganz offen - belebt von
Gäſten. Aber dieſe ſind meiſt Paſſanten, die höheren
Alpenregionen zuwandern.
Auch das reizend gelegene Hotel Baum, gegenüber
dem Schloſſe, gehört zu den wenigen, die auch Sommer
über dem Touriſten= und Paſſantenverkehr ganz ge=
öffnet bleiben müſſen - ja ſogar ſich einiger aus=
yauernder Beſucher erfreuen. Meiſtens ſind dies
Deutſche, wie das kleine Hotel ja überhaupt beſonders
ür dieſe Nation anziehend iſt. Es wird deutſch ge=
ührt - ein„Verliner Cafs= mit weltberühmten Spitz=

kuchen iſt angeſchloſſen und man kann allezeit Bier
vom Faß haben.
In dieſem Sommer gehört zu den ausdauernden
Gäſten hier der Regierungsrat a. D. Herr von An=
ſchar mit Frau und Tochter und ein oſtpreußiſcher
Großgrundbeſitzer mit ſeiner Schweſter, Baron Wilhelm
von Lamprecht auf Schloß Roßberg.
Man ſaß ſich nun ſchon an vierzehn Tage bei der
Table Chdte gegenüber, geſiel ſich gegenſeitig, hatte
gemeinſame Intereſſen und machte gemeinſame Aus=
flüge zu Waſſer und zu Lande, und der ſtattliche,
blondbärtige Gutsherr ſchien ſich in unverkennbar
ernſter Abſicht der ſchönen Renate Anſchar zu nähern.
Mit Freude und Stolz bemerkten dies die Eltern..
der ſicheren Erfüllung ihrer glücklichen Hoffnung täg=
lich, ja ſtündlich entgegenſehend, wo das erklärende
Wort fallen würde. Welch ein herrlicher Erfolg
der Reiſe, die eigentlich nur für den leidenden Vater
Renatens unternommen worden. Die Angelegenheit
ſchien ſich nun darauf zuzuſpitzen.
Als Anſchars heute Abend den ſtrahlend erleuch=
teten Speiſeſaal betraten, ſahen ſie aber mit Erſtaunen
und die Mama nicht mit Vergnügen, daß der Baron
von Lamprecht einen Platz höher hinauf hatte rücken
müſſen und nicht mehr Renaten gegenüber ſaß.
Der Sohn des Hauſes und Geſchäftsführer Herr
Franz Baum murmelte ſogar eine etwas unverſtänd=
liche Entſchuldigung in Frau von Anſchars Ohr, daß
es nur auf kurze Zeit ſein würde.

Herrn von Lamprechts Platz hatte ein neu ein=
getroffener Gaſt inne. Ein noch recht jugendlicher
Herr von vielleicht fünfundzwanzig Jahren. Sehr
ſchlank, mit einem blaſſen, ſchmalen Geſicht, glänzend
braunem, leicht gebuckeltem Haar über einer geiſtvollen
Stirn und großen ſchwarzen Augen, die er anſcheinend
ganz ſtarr vor Verwunderung und Bewunderung auf
Renaten haſten ließ, deren reizendes Geſicht unter
dieſem heißen Anſchauen von roſigem Glühen über=
goſſen ward.
Sie war aber auch hinreißend ſchön in dieſem
Augenblick.
Ueber ſchön geſchnittenen Augen, von einem
leuchtenden Stahlblau zogen ſich ſcharf gezeichnete
Brauen von einer viel dünkleren Färbung hin, ſich
faſt über der feinen, graden Naſe berührend. Dieſe
Brauen gaben dem lieblichen Geſicht in Momenten,
wo Sorgen oder wenn nur ein ernſter Gedanke ihre
Seele bewegte, einen ungewöhnlich düſtern, faſt finſtern
Ausdruck. Schwere, blonde Zöpfe, deren Fülle das
ſchmale Köpfchen kaum tragen zu können ſchien, waren
diademartig über dem Scheitel geordnet. Sie war
hochgewachſen und ſchlank wie eine Tanne, dabei aber
einer gewiſſen, ſchönen Fülle der Formen nicht ent=
behrend. Ihre Haltung war ſo vorzüglich, daß ſie
den Eindruck des Stolzes machte, der nicht in ihrem
Weſen und Charakter lag bei näherer Bekanntſchaft.
Sie trug ein luftiges, weißes Kleid mit breitem
Goldgirtel um die feine Taille gehalten und einen

Selte D.

Darmſtädter Tagblatt, Mittwoch, den 6. Mai 1903.

„ 14.50 , 15.50.

„ 15. - , 17.-

ueberſicht,
ver Durchſchnittspreiſe von folgenden
Früchten in der Zeit vom 16. bis
30. April 1903.
Weizenp. Sack 100 Ko. M. 17. - bis1750.
Korn = „ „
Gerſte „ „
Hafer „ „
p 15. - „ 16.-
Butter per ¼ Kilo M. 1.20,
Butter in Partien M. 1.10.
Eier per Stück 6 Pfg.,
Eier in Partien per 25 Stück M. 1.20.
Kartoffeln per 100 Kilo M. 6.50.
Kartoffeln per 25 Kilo M. 1.50.
Kornſtroh per 50 Kilo M. 3.-.
Heu per 50 Kilo M. 4.50.
Darmſtadt, den 4. Mai 1903.
Großh. Polizeiamt Darmſtadt.

Nummer 105.

AAOLGSUuNN

Inhaber:

Georg Heyl
Ludwigatrazse 6, Parterre und 1. Stoch.

Dampfreinigungs-
Anstalt für
Hellfedern u. Danuen.,

Zufforderung.
Forderungen an den Nachlaß

der

Fräulein Marie Friebrich in Darm=
ſtadt, Pankratiusſtr. 14, wolle man
gefälligſt ſpäteſtens
bis zum 15. Mai
bei dem unterzeichneten Teſtamentsvoll=
ſtrecker anmelden, da dieſelben andern=
falls bei Verteilung des Nachlaſſes nicht
berückſichtigt werden können.
Darmſtadt, den 6. Mai 1903.
Dr. E. E. Hofkfmann,
Juſtigrat.
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Strauß blaßroſer Roſen - ſogenannte „Mädchen=
Erröten=, die ihr der Baron verehrte - im Gürtel
befeſtigt.
Der neue Ankömmling wurde von Herrn Baum
als Herr Frieſen, Kaufmann aus Danzig, vorgeſtellt.
Frau von Anſchar, die bei dem erſten Anblicke
ganz konſterniert war über die eigenartig feine und
elegante Erſcheinung des jungen Mannes, grüßte nun
ziemlich von oben herab und ihr hochmütig kritiſcher
Blick ſchien zu ſagen: Weiter nichts ? — Vielleicht
nicht einmal das, ſelbſtändiger Großkaufmann, ſondern
nur ſimpler commis voyageurl
Seine unreif jünglingshafte Figur ſah übrigens
- ihrer Anſicht nach - recht dürftig aus neben der
breitſchulterigen, ſtattlichen, ſchon etwas zur Beleibt=
heit neigenden Geſtalt des Barons, ibres künftigen
Schwiegerſohnes, der in den beſten Mannesjahren
ſtand - ſo Anfang der Vierzig etwa.
Da war für ein Mädchenherz wohl gar kein
Zweifel, wem es ſich ergeben müſſe, meinte Frau
von Anſchar bei ſich. Nur vergaß ſie darüber den
magnetiſchen Rapport, der Jugend mit Jugend raſch
verbindet, das junge, romantiſche Herz neben ſich und
das auflodernde Jugendfeuer in Betracht zu ziehen,
das dort drüben die dunklen Augen des Jünglings
mit dem Byronkopfe (es war eine gewiſſe Ahnlichkeit
vorhanden), in Nenatens tiefblaue Sterne tauchen
ließ, ehe dieſe die langen, goldigen Wimpern faſt er=
ſchrocken darüber ſinken ließ.
Aber da hatte der uralte Jauber ſchon ſen raſches
Wunder vollbracht, der Himmelsfunke war längſt von
Herz zu Herz geſprungen.
Bei der geringen Zahl der in Hotel weilenden
Gäſte hatte es ſich gar nicht vermeiden laſſen, ſelbſt

wenn ein ſolch ſonderbarer Wunſch vorhanden geweſen,
den einzigen neu angelangten Deutſchen in den kleinen
Kreis der Familien Anſchar und Lamprecht aufzu=
nehmen und Herr Dagobert Frieſen zeigte ſich als
vielſeitig gebildeter, weit gereiſter Mann, mit etwas
freien, aber durchaus guten Manieren. Er hatte eine
Zeit lang ſtudiert, ſprach mehrere Sprachen, außer
Engliſch und Franzöſiſch noch Spaniſch vollkommen
fließend. Dies Können gab ihm bei zuweilen vor=
handener Gelegenheit eine reizvolle Ueberlegenheit dem
oſtpreußiſchen Gutsherrn gegenüber, der gar keine
andere, als ſeine liebe Mutterſprache und dieſe ſelbſt
mit leicht preußiſchem Dialekt ſprach, was beſonders,
wenn er ſich einmal zu einigen franzöſiſchen Redens=
arten veranlaßt ſah, etwas komiſch wirkte und ihn
nicht ſehr kleidete; dies empfand Frau von Anſchar
mit heimlichem Aerger.
Dagobert Frieſen hatte eine lange Zeit bei
Freunden in Braſilien verbracht und ſchwärmte von
dieſem wundervollen Lande.
Während ſeines dortigen Aufenthaltes war ſein
Vater verſtorben, die Mutter ſchon vor langen Jahren,
und die Firma Frieſen und Sohn war in die Hände
von Dagoberts älterem Bruder Theobald übergegangen,
der von recht ernſtem, ſtrengem Charakter keineswegs
geſonnen war, die Verwöhnung und Verzärtelung
des alten Vaters für den Jüngſten fortzuſetzen. Er
forderte deſſen ſofortigen Eintritt ins Geſchäft und
ſEintragung des vollen Kapitals, das ſein Erbteil
geworden. Beides hatte Dagobert abgelehnt ſofort,
oder bedingungslos zu erfüllen, mit Darlegung ſeiner
Gründe.
Das Frieſen'ſche Geſchäft beſtand im Handel mit
Export und zmportwaren des Materialhandels.

Endlich hatte ſich Dagobert als heimkehrend in
Danzig angemeldet. Freilich mit einem recht ſonder=
bar erſcheinenden Umwege über die Schweiz, wo er
einige Wochen zu verweilen wünſchte, ſeiner durch
den Aufenthalt in Braſilien recht angegriffenen Ge=
ſundheit wegen.
Doch hatte er noch ſehr ernſte andere Gründe,
Montreuz und eben gerade das Hotel Baum auf=
zuſuchen.
Theobald Frieſen war übrigens zehn Jahre älter
als Dagobert und mit einer reichen Holländerin ver=
heiratet. Er hatte zwei Söhne. Gern und intereſſant
erzählte der junge Frieſen von all dieſen Tatſachen
und hauptſächlich von dem geliebten Wunderlande
Braſilien, das er eine Goldgrube für den geſchickten
Kaufmann nannte.
Der Baron von Lamprecht hörte ihm mit wohl=
wollendem, aber recht herablaſſendem Lächeln zu,
ohne ſtarke Anteilnahme. Seine Welt lag in Alt=
preußen, und wenn er auch alljährlich eine kleine
oder große Reiſe unternahm, ſo tat er das nur aus
Grundſatz, um nicht etwa einzuroſten', wie er ſich
ausdrückte.
Zwiſchen ihm und dem jungen Kaufmann beſtand
- vielleicht naturgemäß - keine beſondere Sympathie.
Schon der Altersunterſchied die ganz verſchiedenen
Lebensintereſſen und last not least der ganz entſchiedene
Wettbewerb um das Herz desſelben Weibes ver=
hinderten wohl beide Männer, einander völlig gerecht
zu werden.

Gortſetzung folat.)

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