Darmstädter Tagblatt 1889


01. Februar 1889

[  ][ ]

Adonnementsprei=
ierteljährlich
1 Mark 50 Pf. uc.
Bringerlohn. Auswärts werden von
allen Poſtämtern Beſtellungen ent=
eegengenommen
zu 1 Mark 50 Pf.
po Quartal iunck Poſtauflchlag

152. Jahrgang.
Mit der Sonntags=Beilage:
2hluſrltup aultrhutauugooturt.

Inſerate
verdenangenommen nDarmſtadt
von der Expedition. Rheinſtr. Nr. 23.
in Beſſungen von Friedr. Blößer,
Schießhausſtraße 14. ſowie auswärts
von allen Annoneen=Erpeditionen.

Amtliches Organ
für die Bekanntmachungen des Großh. Kreigamts, des Großh. Polizeiamts und ſümmtlicher Behörden.

. 23.

Freitag den 1. Februar.

1889.

B e k a n n t m a ch u n g.
Betreffend: Die Zurückſtellung der mit dem Berechtigungs=Schein zum einjährig freiwilligen Militärdienſt verſehenen
Militärpflichtigen.
Diejenigen im Jahre 1869 geborenen Militärpflichtigen, welche im Kreis Darmſtadt ihren dauernden Aufenthalt haben
und ſich im Beſitz des Berechtigungs=Scheins zum einjährig freiwilligen Militärdienſt befinden, werden, ſofern ſie
ihre Zurückſtellung vom Militärdienſt zu beantragen beabſichtigen, hierdurch aufgefordert, ihre Berechtigungsſcheine alsbald
hier (Neckarſtraße 3 mittlerer Stock, Blreau für Militär=Argelegenheiten) vorzulegen.
Darmſtadt, den 3. Januar 1889.
Der Civil=Vorſitzende der Erſatz=Commiſſion Darmſtadt.
Dr. Melior.
[32
B e k a n n t m a ch u n g.
Der Ortsgeſundheitsrath zu Karlsruhe veröffentlicht folgende Bekanntmachung:
Unter der Firma Hygiea=Officin=Breslau; preiſt ein gewiſſer Parlaghy, welcher früher von München aus die Ges
hämmittel des Dr. Boas vertrieben hat, neuerdings angebliche Heilmittel gegen die verſchiedenartigſten Krankheiten martiz
chreieriſch an. Wir ließen Mittel gegen Magenleiden unterſuchen. Dieſelben beſtanden aus Pulver, Thee und einem Elixir.
Cuas Pulver erwies ſich als eine Miſchung von Magisterium Bismuthi, Weinſtein und dorpelkohlenſaurem Natron. Der
thee iſt zuſammengeletzt aus Sennesblättern, Hollunderblüthen, Fenchel und Anis, in jeder Apotheke unter dem Namen St.
bermain=Thee käuflich, während die Flüſſigkeit Pomeranzentinktur, Wermuthtinktur und Chinatinktur, durch Zuckerſyrup ver=
Et, enthält.
Die genannten Mittel ſind weder einzeln, noch in der bezeichneten Zuſammenſetzung im Stande, ein Magenleiden zu
erlen. Die von Parlaghy beigegebenen diätetiſchen Vorſchriften ſind werthlos, unter Umſtänden ſchädlich, weil ſie nicht dem
ſngelnen Fall angepaßt ſind.
Der Preis der Parlaghy'ſchen Präparate iſt ſchwindelhaft hoch; er beträgt 30 Mark, während er nach der Arzneitaxe
ich höchſtens auf 5 Mk. 70 Pfg. belaufen könnte.
Es wird beſonders darauf aufmerkſam gemacht, daß gerade Magenleiden eine genaue perſönliche Beobachtung des
mnken ſeitens des Arztes erfordern und daß e3 gewiſſenlos iſt, generelle Vorſchriften für ſo vielgeſtaltige Krankheiten zu
eben, wie es von Parlaghy geſchieht.
Wir warnen vor der Conſultation der Hygiea=Offiein und dem Gebrauch der angeprieſenen Mittel.
Darmſtadt, den 25. Januar 1889.
Großherzogliches Polizeiamt Darmſtadt.
v. Grolman.
(1162

Bekanntmachung.
Die Erd= und Maurerarbeiten zur Er
mung von Thonrohrkanälen in hieſiger
Cadt ſollen in 4 Gruppen im Wege der
Ehmiſſion vergeben werden.
Offerten
fl die Gruppe L, enthaltend die Looſ=
8 u. 11 ſind bis
Renstag den 29. Januar d. J.,
. die Gruppe I., enthaltend die Looſe
1 und 5 bis

Freitag den 1. Februar d. J.
für die Gruppe IL., enthaltend die Looſe
3, 6, 7, 10 und 12 bis
Montag den 4. Februar d. J.,
für die Grüppe IV., enthaltend die Looſe
2. 9 und 13 bis
Donnerstag den 7. Febr. d. J.,
jedesmal Vormittags 10 Uhr, bei un=
terzeichneter
Stelle einzureichen.
Pläne und Bedingungen liegen auf dem
Tiefbauamt, Zimmer Nr. 24, zur Einſicht,
offen, woſelbſt auch die Formulare für die

Offerten zu erheben ſind.
Es werden nur Offerten auf ganze
Gruppen angenommen.
Barmſtadt, den 24. Januar 1889.
Großherzogliche Bürgermeiſterei Darmſtadt
J. V. d. B.:
Riedlinger, Beigeordneter. (927
Bekanntmachung.
Die Glaſer= und Weißbinderarbeiten
bei Erweiterung des Pfründnerhauſes an

[ ][  ][ ]

28
der Frankfurterſtraße ſollen im Wege der
Submiſſion vergeben werden.
Offerten ſind bis
Montag den 1. Februar l. J3.,
Vormittags 10 Uhr,
bei unterzeichneter Stelle einzureichen.
Zeichnungen, Arbeitsbeſchreibung und
Bedingungen liegen auf dem Stadtbau=
amt
, Zimmer Nr. 32, zur Einſicht offen,
bei welchem auch die Formulare für die
Offerten zu erheben ſind.
Darmſtadt, am 31. Januar 1889.
Großherzogliche Bürgermeiſterei Darmſtadt.
J. V. d. O.B.:
Riedlinger, Beigeordneter. 1163
Hie am 28. und 29. Januar l. Js.
L= im Roßdörfer Gemeindewald, Diſtrikt
Hundsrück, abgehaltene Stamm= und
Brennholz=Verſteigerung iſt genehmigt.
Montag den 4. Februar iſt erſter
Abfuhrtag.
Roßdorf, den 30. Januar 1889.
Großherzogliche Bürgermeiſterei Roßdorf.
[1164
Müller.

pC .

Hochkoinstos
Wackö,
CGalatöl)
per ½ Ehter 40 Fſr.
Philipp Wober,
Carlsstrasse 24. (I65

C. x. GaUmann,
Wendelſtadtſtr. 22,
empfiehlt billigſt:
(1166
FadenNudeln,
Eier-Haar=Faden Nudeln,
Suppenteig,
Maccaroni, loſe u. in Packeten,
Suppen Maccaroni,
Gemüse-NTudeln,
Französische Suppe,
Reis, Gries, Gerste, ſowie
alle Suppensachen
in ſtets friſcher prima Waare.
Frima Lern-
Pelnste Toilette-
SCua8N
Hedleinischo
in beſten Qualitäten empfiehlt
Eduard Schüssler,
8 Wilhelminenſtr. 8. (1167

Nr. 23
Auforderung der Pfandſchuldner
und
Pfünder=Yerſteigerung.
Die Schuldner des hieſigen ſtädtiſchen Pfandhauſes, deren Pfaͤnder in den
Monaten April 1888 bis einſchließlich September 1888 fällig waren, werden
hierdurch aufgefordert, ſolche bis zum 10. März d. Js. einzulöſen oder die Pfand=
ſcheine
verlängern zu laſſen, widrigenfalls dieſe Pfänder
Montag den 8. April d. Js., Nachmittags 2½ Uhr,
verſteigert werden.
Es wird ausdrücklich darauf aufmerkſam gemacht, daß ſällige Pfänder, welche
weder ausgelöſt noch verlängert worden ſind, vor dem Verſteigerung=Termine um=
verſetzt
ſein müſſen, indem während der Verſteigerungstage die Umverſetzung nicht
mehr ſtattfinden kann.
Darmſtadt, den 16. Januar 1889.
Großherzogliche Bürgermeiſterei Darmſtadt.
Ohly.
(645

CVSvTA UurnN
mit Dampfbetrieb,
Ernst.Ludwigsstrasse 24a,
Ernst=Ludwigsstrasse 24a,
im Hauſe des Herrn Carl Rittershaus.
Hochſchnürende Corſets
in nur Elegance und Formschönheit ver.
leihenden Caçons in den Weiten von 44 bis
100 Ctm. zum Preiſe von 60 Pfg. bis 40 Mark.
Egenes Ateller für orthopädisehe Corsets.
Maskirungen
hoher Schultern und Hüftenohne Polſterung
in höchſter Vollendung der plaſtiſchen Orthopädie.

Anfertigung nach Maaß innerhalb
24 Stunden.
Roparaturon u. Corsot=Mäscho gofort.
Separate Zimmer zum Maaßnehmen und
Anprobiren.
14030
M
Gebr. Leuandonski, Corset-Fabrih,
Berlin, Hamburg, Frankfurt a. M., Magdeburg, Hannover, Danzig.
Bruch=Heilung. E

5) Porzellanherde billig abzugeben
C Ludwigſtraße 18.
[1168

Die Heilanſtalt für Bruchleiden hat uns mit unſchädlichen Mitteln ohne
Berufsſtörung von Leiſten=, Hodenſack= und Waſſerhodenbruch durch brief=
liche
Behandlung vollſtändig geheilt, ſo daß wir jetzt ohne Bandage arbeiten
können. Joh. Breit, Ehrenfeld b. Cöln; P. Gebhard, Schneiderm., Friedersried
b. Neukirchen, 54 J.; Joſ. Kaſt, Handlung, Simmerberg b. Lindau; A. Schwarz,
Wagenbauer, Langenpfungen b. Roſenheim (f. Kind). Broſchüre: Die Unter=
leibsbrüche
u. ihre Heilung gratis. 3000 Bandagen beſter Conſtruktion
vorräthig; mit einer Muſterſammlung iſt unſer Bandagiſt in Da r mſt adt,
Gaſthof zum Prinz Carl= am 18. jeden Monats von 8 Uhr Vorm. bis
1 Uhr Nachm. zur unentgeltlichen Maßnahme und Beſprechung zu treffen.
Man adreſſire: An die Heilanſtalt für Bruchleiden in Stuttgart, Alleen=
ſtraße
11.
14517

14
14.

[ ][  ][ ]

Nr. 23

Man verlange überal=
cuoeGIr'"

279

EAIR

A.

ſtathildenplatz
Mathildenplatz
RUEUAhau,
Hetgwaaren.
Haccaroni,
Maccaronelli,
Eier=Gemüſe=Audeln,
und
Hiergerste
Hier-Suppenteig,
Huppen=Maccarem,
Eier-Gemüse-Nudeln.
verſchiedenen hochfeinen, guten u. gewöhnlichen Qualitäten.
Wu IadaU,
000
Mathildenplatz I.

ognao voll, fine Chaupagne,
Flaſche Mk. 7 und Mk. 4, Flaſche Mk. 360 und Mk. 2.10,
Demtscher Cogmae,
aus Deutſchen Weinen deſtillirt,
Flaſche Mk. 275 und Mk. 2.
Rum de Jamaica, ächt,
Flaſche Mk. 3.¼ Flaſche Mk. 160.
Arae de Batavia, öcht,
Flaſche Mk. 225, ¼ Flaſche Mr. 125.
Mamdarim-Arae
Flaſche Mk. 3.
Alles in hochfeinen abgelagerten Qualitäten.

Friedr Sehaeſer.
Großh. Hoflieferant.

[12948

Um mit meinem großen Lager von
Geſchäftsbüchern
ohas zu räumen, verkaufe während des Monats Januar ſämmtliche
Iſcher aus der Fabrik von Fried. Wilh. Ruhfus, welche durch kein
aͤlleres Fabrikat übertroffen werden, mit 10 pCt. Rabatt.
Geringere Sorten, welche ſelbſt binden ließ, haben keinen Rabatt.
Emil Reuter,
Ecke der Schul= und Kirchſtr.
[94

MOhl Erdloot prnchapeiaen.
Viedickung v. Suppen, Saucen, Cacao vortreflich. In Colonial- u.
Dhn. Handlg. u. ½ Pfd. engl. 60 und 30 Pfg.
[11611

Entöltes Maisproduct.
Tu Fuddings,
kenglhöfl. gandtorten, zu

Huchelbern Gel
als Salatöl, als Backöl, für Kreppel,
Pfannkuchen und anderes Backwerk, in
hochfeiner Qualität, empfiehlt
Friedr. Schaeſer,
Großh. Hoflieferant. 1169
nEl6I WILIGRaaOl,
welches das Ausfallen und frühe Er=
grauen
der Haare verhindert, das Wachs=
thum
ungemein befördert; es hält Haare
und Haarboden rein und geſchmeidig, be=
ſeitigt
ſo die läſtigen Schinnen und iſt
das beſte Toilettenöl, vorzüglich auch für
Kinder; Flaſche 75 und 50 Pfg.,
empfiehlt
G. L. Kriegk,
Rheinſtraße. (170

Loſter, Fohulranzen,
alle Sattlerarbeiten,
vorräthig und äußerſt billig.
(3996
Erust Bauernteind,
Sattlermeiſter - Bleichſtraße 39.
Frma Austern'
Amerikaner per Otd. M. 1.30,
Holländer
2..

Güsse Bratbüekinge,
10 Stück 60 Pfg.
Gobr. Hösingor,
Hoflieferauten. U171
Ein ſ. ſchöner Dachshund,
4 Mt. alt, zu verkaufen untere Hügel=
ſtraße
75.
(661

816) Eliſabethenſtr. 43 eine Man=
ſardenwohnung
ſofort zu vermiethen.
oooeooooooooooooooooeeeeooo
1172) Annaſtr. 44 Parterre=
¾ wohnung: 5 Zimmer mit allem Zu=
8 behör, Beranda und Vorgarten, per
8 1. März event. noch früher, an eine
4 ruhige Familie zu vermiethen.
coooeeooeoooeooooooaeooooaes

4
1
1
4

312) Mühlſtraße 28 eine Schlafſtelle.
460) Carlsſtr. 50 im 2. Stock ein
chönes Zimmer, möblirt.
934) Eliſabethenftr. 28 im Hinter=
bau
ein möbl. Zimmer zu vermiethen.
1145) Wilhelminenſtr. 8 zwei gut
möblirte Zimmer mit Alkoven.

[ ][  ][ ]

Anerkanut vorzügliche Leiſtungen. Neueſte Muſterkarte moderner Farben.- Prompte, völlig koſtenloſe Ber=
mittelung
(E ohne Portozuſchlag) E bei D. Hiefer Wwe., Ernſt=Ludwigsſtraße. (9394

Gegen dem Shlavenhamdel!
Die Kaiſerlichen Worte in der Thronrede vom 22. November v. Js.
Unſere afrikaniſchen Anſiedelungen haben das Deutſche Reich an der
Aufgabe betheiligt, jenen Welttheil für chriſtliche Geſittung zu gewinnen;
die Erfüllung dieſer Aufgabe hat mit der Bekämpfung des Regerhan=
dels
und der Sklavenjagden zu beginnen
haben der Bewegung, die gegen die afrikaniſche Sklaverei ſeit dem Herbſt v. J3.
auch in Deutſchland erwacht iſt, den rechten Ausdruck und einen neuen, mächtigen
Anſtoß gegeben.
Der Reichstag iſt der Kaiſerlichen Aufforderung gefolgt. Er hat ſeine Be=
reitwilligkeit
ausgeſprochen, die Reichsregierung bei den von ihr vorzuſchlagenden
Maßregeln zu unterſtlltzen.
Es iſt nun an dem deutſchen Volke, zu beweiſen, daß die große Kulturauf=
gabe
von ihm erfaßt, daß ſie Gemeinpflicht geworden iſt, und daß Alle mitzuwirken
bereit ſind, die furchtbaren Gräuel der Sklaverei zu bekämpfen.
An einigen Orten haben ſich bereits Vereine zu dieſem Zwecke gebildet, und
ihnen gebührt warme Anerkennung. Aber die Bethätigung muß in weitere Kreiſe,
treten. Alle fittlich denkenden deutſchen Männer und Frauen ſind zu dem
Werke edler Menſchenpflicht berufenl Und nur in gemeinſamer Arbeit wird
es möglich ſein, die Aufgabe der Nation zu löſen.
Aus dieſer Erkenntniß heraus hat die Deutſche Kolonialgeſellſchaft, welche
nach ihren Zwecken und Beſtrebungen, aus humanitaͤren und nicht minder wirth.
ſchaftlichen Gründen beſonders verpflichtet erſcheint, den Kampf gegen den Sklaven=
handel
aufaunehmen, in ihrer Hauptverſammlung vom 22. November v. J3.
an
demſelben Tage, faſt in derſelben Stunde, in welcher die Kaiſerlichen Worte ge=
ſprochen
wurden - ihren Vorſtand beauftragt: Die allgemeine Theilnahme in
Deutſchland für die Unterdrückung des Sklavenhandels in weiteren Kreiſen anzu=
regen
, die darauf gerichteten deutſchen Beſtrebungen zuſammenzufaſſen, mit auslän=
diſchen
, den gleichen Zweck verfolgenden Vereinigungen in Verbindung zu treten und
alle Schritte zu thun, welche auf die Aufhebung des afrikaniſchen Sklabenhandels/
hinzuwirken geeignet erſcheinen.
Nach einem Beſchluſſe des Vorſtandes vom heutigen Tage ſoll dieſer Auf=
trag
durch eine Kommiſſion ausgeführt werden und die Kommiſſion nicht nur aus
Mitgliedern des Geſellſchaftsvorſtandes, ſondern anch aus anderen noch hinzu zu
wählenden Perſonen beſtehen, von denen eine Förderung der Angelegenheit erwartet
werden darf. Wir zweifeln nicht, daß ſich angeſehene Männer auch außerhalb un=
ſerer
Geſellſchaft finden werden, die geneigt ſind, die ſchwere Arbeit gemeinſam mit
uns im Dienſte der Humanität durchzuführen.
Wir richten an alle Deutſchen die dringende Bitte: den Beſtrebungen zur Be=
kämpfung
des Sklavenhandels und der Menſchenjagden werkthätig ſich anzuſchließen
und mit unſerer Kommiſſion, die im Büreau unſerer Geſellſchaft, Berlin 8W.,
Markgrafenſtraße 25, ihren Sitz haben wird, in Verbindung zu treten. Wir zählen
auf Jeden, der Nationalgefühl genug beſitzt, um für Deutſchland die ſeinem Range/
unter den Weltmächten entſprechende Stellung auch in dieſer humanitären Weltbe=
wegung
in Anſpruch zu nehmen. Wir wenden uns an die Abtheilungen der
Deuiſchen Kolonialgeſellſchaft, deren ſtets bewährte Vaterlandsliebe auch dieſen An=
laß
gern benutzen wird, zur Vermehrung des deutſchen Anſehens im Auslande, zur
Stärkung des deutſchen Einfluſſes in Afrika beizutragen. Mit beſonderem Ver=
trauen
hoffen wir auf die Mithülfe aller kirchlichen Kreiſe zu dem Werke der
Menſchenliebe. Die Vertreter von Handel und Induſtrie, deren Intereſſen bei dem
Kampfe gegen den Sklavenhandel mittelbar in erheblichem Maße betheiligt ſind,
werden nicht zurückbleiben. Die wirthſchaftliche Erſchließung Afrikas für den Ver=
kehr
mit Europa kann nur in demſelben Maße fortſchreiten, in welchem der grau=
ſamen
Verwlſtung durch die Sklavenjagden ſich Einhalt gebieten läßt.
Wirken wir Alle zuſammen, nach beſten Kräften, mit warmer Begeiſterung,
mit einträchtigem Sinne, mit voller Hingebung an die nationale, humane Pflicht,
zur Erreichung des reinen und hohen Zieles der Unterdrückung des Sklavenhandelsl
Der Segen Gottes wird den edlen Beſtrebungen nicht fehlen!
Berlin, den 19. Januar 1889.
(173
Der Vorſtand der deutſchen Kolonialgeſellſchaft.
Fürſt zu Hohenlohe=Langenburg. Dr. Carl Peters, Berlin. Graf Behr
auf Bandelin bei Gützkow. Reichtagsabgeordneter Dr. Hammacher, Berlin. Vize=
Admiral a. D. Livonius, Berlin. Landtagsabgeordn. Geh. Reg=Rath Simon, Berlin.

W

1174) Junge Mädchen vom Lande
ſuchen Stellen. - Stellenbüreau Röſe,
Schützenſtraße 14 part.

1175) Ein Mädchen für Küche und
Hausarbeit ſucht ſofort Stelle. Mehrere
Hausburſchen ſuchen ſofort Stelle durch
Frau Gluske, Mühlſtr. 8 part.

1176) Ein gewandtes Hausmädchen,
welches auch Kleidermachen und bügeln
kann und gute Zeugn. beſitzt, ſucht Stelle.
Auch mehrere Landmädchen ſuchen Stelle.
Stellenb. Frau Reßling, Marktplatz 7.

1177) Brave Mädchen mit g. Zgn.
kann ich den geehrten Herrſchaften beſtens
ſempfehlen. Frau Luckhaupt, Grafenſt. 16.

1

1178) Ein junges Mädchen geſucht
für den ganzen Tag, das zu Hauſe ſchla=
fen
kann. Eine tüchtige Kinderfran/
zum ſofortigen Eintritt geſucht. Näheres
bei Frau Hahn, Ernſt=Ludwigsſtr. 9.

für ein Manufakturwaaren=Geſchäft,
unter günſtigen Bedingungen geſucht.
Solche, die mit der Nadel geübt, erhalten
den Vorzug. Offerten unter D. B. 1
an die Expedition.
[1179,
1180) Gesu e h t

eine alleinſtehende anſtändige Wittwe
in den 30 bis 40er Jahren für leichten
Dienſt. Soderſtraße 49 Nebenbau.

Eine gewandte Friseuse
geſucht, Morgens vor 10 Uhr.
Näheres Expedition.
[115.

1181) Eine ehrliche, tücht. Lauffran
wird geſucht Wilhelminenſtr. 29 i. Laden.
Zu ſprechen Sonntags.

9

1182) L au f f r a u
geſucht. Eichbergſtraße 22.

1183) Ein Feuerſchmied geſucht.
Arheilgerſtraße 38.

1184) Ein Junge für Ausgänge von
12-1 Uhr Mittags geſucht.
Näheres Sandbergſtr. 40.

ſchöne Herren=Maskenanzüge zu
verleihen. Grafenſtr. 19 Htb. (118,

Erste Hypothehen
zu 4½ p8t. Zinſen ſind durch den Unter=
zeichneten
erhältlich.
Zwingenberg, Januar 1889. (186
D. Wachenheimer.

[a

Ben.
4½
Lün

anæ

1
ET
Vllaß
Gll.
E
o9½m

7 Le.
Mn
funs

[ ][  ][ ]

Nr. 23
frossherzoeliche Handelskammer.
Geffentliche Sitzung.
Montag den 4. Februar 1889, Abends 6 Uhr.
Berathungsgegenſtände:
1) Neue Einläufe.
2) Deutſcher Handelstag.
3) Handelskammergeſetz.
11187

Neueſte Prämiirung: Goldene Medaille Barcelona.

Loefunds System der
KinuGr G;nAMl ung MlOdoldo A1PGhut,oll.
Die jüngſten Beobachtungen verſchiedener Kinder=Aerzte und Kliniker er=
gaben
die Thatſachen: 1) daß die ſog. engliſche Krankheit Rachitis) haupt=
ſchlich
hervorgeruſen wird durch ungeeignete Nahrung, in welcher Milchfet
und lösliche Eiweißkörper mangeln, unlösliche Mehlſtoffe dagegen überwiegen;
12) daß Kuhmilch die Stelle der Muttermilch nur dann ganz ausfüllen kann,
menn alle thieriſchen Keime darin zerſtört (ſteriliſirt) ſind und der Käſeſtoff
ſoprher in lösliche Form umgewandelt ſpeptoniſirt) worden iſt.
Dieſen wichtigen Anforderungen entſprechen von allen künſtlichen
nährmitteln bis jetzt nur die Loeflund'ſchen Produkte:
hoptonisirto Hindermiloh fur Säuglinge; M. 1.20 per Büchſe.
für entwöhnte Kinder
OptomsIrtes allCh- EWCDaGſ-utohl M. 1.- per Büchſe.
k. ſterilifirt;, für heranwachſende
elne Hgäuor nanm- MiICn, Kinder, Kranke und Reconvalesen=
ſey
, die kräftiger und leichtverdaulicher Koſt bedürfen; Preis 65 Pf. per Büchſe.
Dieſe Nährmittel ſind den Entwickelungsſtufen der Kinder genau ange=
aßt
, enthalten die beſte, ſettreichſte Alpenmilch, ſind äußerſt nahrhaft und
erdaulich, durch ihren Gehalt an Pepton und phosphorſauren Salzen vor
llen ähnlichen Mitteln blnt= und knochenbildend, dabei ſchmackhaft und leicht
nzubereiten. - Jede Mutter wird ſich von den augenſcheinlichen Vorzügen
lei er rationellen, ausgiebigſten und deshalb billigſten Ernährungsweiſe leicht
ſloſt überzeugen.
Aus jeder Apotheke zu beziehen, Engros von
1188
Ed. Loeflund in Stuttgart.

820) Eine elegante Wohnung
von 6-8 Zimmern, nicht zu weit
vom Mittelpunkt der Stadt entfernt,
wird im Laufe der nächſten 6 Mo=
nate
zu miethen geſucht.
Schriftl. Offerten beliebe man an
Herrn B. L. Trier, Ludwigsſtraße,
zu richten.

Fin eleganter Damen=Maskenanzug
2 zu verleihen. Obergaſſe 36. 11190
Normser Looso
zum Beſten des Theaterbau=
2 M. 10 Pf.
in der Expedition d. Bl. zu beziehen.
Hauptgewinne:
30000, 10000, 5000 ꝛc. Mk.

tscher undösterreichischer Aponvoroin.
Section Darmstadt.
Sonntag den 3. Februar 1889:
Augflug
ller Ober=Beerbach und Beedenkirchen nach Bensheim.
Zuſammenkunft Vormittags 9 Uhr am Beſſunger Orangeriegarten. Die
Bäliligung vou Damen und Gäſten iſt erwünſcht.
(1189

Anzrigen
jeder Art für alle illuſtr. u. polit. Zei=
tungen
ꝛc. der Welt beſorgt prompt u.
unter bekannt coulant. Bedingungen die
Central=Annoncen=Expedition von G. L.
Daube & Co. in Darmetadt,
Grafenſtraße 30.
[725
1191) Vielen Hausfrauen dürfte es will=
kommen
ſein, auf ein wirklich gutes und
wegen ſeiner Ausgiebiakeit ſehr vortheilhaftes
Kaffeezuſatzmittel aufmerkſam gemacht, zu
werden; es iſt dies die nach einem neuen
beſonderen Verfahren zubereitete und allge=
mein
beliebte Bfeiffer und Ziller's Kaffee=
Eſſenz in Doſen, für deren Vorzüge die ſtets
wachſende Nachfrage das beſte Zeugniß iſt.
Dieſelbe iſt erhältlich in den meiſten Colonial=
waaren
=Geſchäften, doch iſt Vorſicht beim
Einkauf zu empfehlen und beſonders genau
auf die Firma zu achten, da viele minder=
wertige
Nachahmungen im Verkehr ſind.

Großherzogliches Hoftheater.
Freitag, 1. Februar.
5. Vorſtellung in d. 6. Abonnementsabteilung.
(Rote Karten gültig.)
Fra Diavolo.
Komiſche Oper in 3 Akten von Auber.
Anfang 7 Uhr. Ende gegen ¼10 Uhr.
Sonntag, 3. Februar.
ſ6. Vorſtellung in d. 6. Abonnementsabteilung.
GBlaue Karten gültig.)
Don Iuan.
Oper in 2 Akten von W. A. Mozart.

Politiſche Ueberſicht.
er tſches Reich. Der Kaiſer unternahm am 30. früh in Be=
gleühg
des Geh. Rats Dr. Hinzpeter wieder einen Spaziergang
im ndergarten, konferierte ſpäter mit dem Staatsminiſter Grafen
Biäknrck, arbeitete längere Zeit mit dem Chef des Militärkabinetts
undl uhm zahlreiche militäriſche Meldungen entgegen
Lie nachträglich bekannt wird, hat der Kaiſer auf die ihm aus
Anbal des Jahreswechſels ſeitens der Berliner Großlogen zuge=
ſtellh
Sückwunſchadreſſe ein Dankſchreiben ergehen laſſen, in welchem
er UſFreimaurerlogen zugleich ſeines ferneren Schutzes und ſeiner
Syunthie verſichert.
Le auf den 30. abends bei den Majeſtäten angeſetzte muſika=
liſchke
unterhaltung wurde wegen Ablebens des Kronprinzen von
eſſſeneich=Ungarn abgeſagt

Am 30. nachmittags 3 Uhr fand unter Vorſitz des Fürſten
Bismarck eine Staatsminiſterialſitzung ſtatt, die ſich mit der Nach=
folge
des Staatsminiſters Friedberg beſchäftigt haben dürfte; man
nimmt an, daß Staatsſekretär Dr. v. Schelling preußiſcher Juſtiz=
miniſter
und daß an deſſen Stelle zum Chef des Reichsjuſtizamts
der Kammergerichtspräſident v. Oehlſchläger vom Kaiſer ernannt
werden wird.
Die außerordentliche marokkaniſche Geſandtſchaft iſt am 29.
mittags an Bord des Norddeutſchen Loyddampfers Preußen=
auf
der Weſer angekommen. Zum Empfang derſelben in Bremer=
haven
hat ſich Geheimrat Kantzky nach dort begeben; derſelbe iſt
des Arabiſchen vollſtändig mächtig.
Der Bundesrat hat in Ausführung des Geſetzes betreffend die
Unfall= und Krankenverſicherung der in land= und forſtwirtſchaft=
lichen
Betrieben beſchäftigten Perſonen, zu nichtſtändigen Mitglie=
dern
des Reichs=Verſicherungsamtes als Arbeitervertreter beruſen:

[ ][  ][ ]

282
Nr.
1) für die Stelle nichtſtändiger Mitalieder den Hofmeier Kaſche zu
Klein=Ziethen, von der preußiſchen Regierung: den Arbeiter Louis
Birkenſtock zu Ehringsdorf, von der weimariſchen Regierung vor=
geſchlagen
; 2) für die Stellen erſter Stellvertreter dieſer Mitglieder
den Oberholzhauer Date in Friedrichshagen, von der bayeriſchen
Regierung; den Arbeiter Friedrich Auguſt Jakob in Dresden, von
der ſächſiſchen Regierung vorgeſchlagen; 8) für die Stellen zweier
Stellvertreter jener Mitglieder den Vorarbeiter A. Rohr in Kolonie
Schulzendorf bei Tegel. von der württembergiſchen Regierung, und
den Privatförſter Selke aus Schloßhof von der preußiſchen Regie=
rung
vorgeſchlagen.
Der Reichstag genehmigte in ſeiner Sitzung vom 30. die oſt=
afrikaniſche
Vorlage nach unerheblicher Debatte in dritter Leſung
unverändert.
Fürſtbiſchof Dr. Kopp aus Breslau iſt in Berlin eingetroffen.
Der württembergiſche Landtag wurde am 30. im Namen des
Königs durch den Prinzen Wilhelm eröffnet.
Aus Sanſibar ſind der Nordd. Allg. 8tg. zufolge Nachrichten
eingelaufen, nach denen die Lage in Bagamoyo und Dar=es=Salaam
noch immer die fortwährende Anweſenheit von zwei deutſchen
Krieasſchiffen notwendig macht. Die Fieber=Erkrankungen auf den
Schiffen haben erheblich nachgelaſſen. Ferner teilt das Blatt mit,
daß die Unterſuchung der oſtafrikaniſchen Dhaus ſeitens des Blockade=
geſchwaders
bis jetzt ohne Schwierigkeiten von ſtatten gegangen iſt.
Vorausſichtlich werde bald der Eindruck gewonnen werden, daß die
Blockade nicht gegen den friedlichen Handel gerichtet iſt.
Heſterreich=Angarn. Es iſt amtlich feſtgeſtellt, daß der Kron=
prinz
Rudolf am 30. zwiſchen 7 und 8 Uhr morgens plötzlich in=
folge
Herzſchlags im Jagdſchloß Meierling verſchieden iſt. Die
Leiche ſollte von Baden um Mitternacht nach Wien übergeführt
werden. Sämtliche Mitglieder des Kaiſerhauſes erſchienen im
Laufe des Tages in der Hofburg, um dem Kaiſerpaare und der
Kronprinzeſſin=Witwe ihr Beileid auszudrücken. Im Laufe des
Nachmittags fuhren beim Auswärtigen Amte der päpſtliche Nuntius,
ſowie alle Botſchafter und Geſandten vor, und drückten dem Grafen
Kalnoky ihre ſchmerzliche Erſchütterung aus. Der Senat der Uni=
verſität
ſchloß bis auf weiteres die Vorleſungen und die Univerſi=
tätsbibliothek
und wird derſelbe über die Form einer Trauerkund=
gebung
Beſchluß faſſen. Der Gemeinderat ſagte alle Sitzungen ab
und tritt zu einer außerordentlichen Sitzung zuſammen. Nachmit=
tags
und abends durchſtrömten fortwährend dichte Scharen der
ſchmerzerfüllten Bevölkerung die Hofburg. Alle Karnevalsfeſte ſind
bis auf weiteres abgeſagt, die Vergnügungslokale geſchloſſen.
Ein Extrablatt der offiziellenWiener Zeitung/ vom 30. meldet:
Der Kronprinz, der ſich vorgeſtern mit mehreren Jagdgäſten, wie
dem Prinzen Philipp von Coburg, dem Grafen Hoyos zur Jagd
nach Meierling begeben hatte, befand ſich ſchon am 29. etwas un=
wohl
und wohnte deshalb dem Familiendiner in der Hofburg nicht
bei. Als die Jagdgäſte ſich am 50. morgens verſammelten, um ſich
nach dem Kronprinzen zu erkundigen, wurden dieſelben durch die
entſetzliche Nachricht vom Schmerz überwältigt, daß der Kronprinz
infolge eines Schlaganfalles ſeine edle Seele ausgehaucht habe.-
Das Telegraphen=Korreſpondenz=Bureau' bemerkt: Der ofſiziellen
Darſtellung der Wiener Zeitung= gegenüber entfallen alle Gerüchte
der Abendblätter von anderen Todesurſachen, ins beſondere von
einem angeblichen Jagdunfall.
Die Nachricht von dem plötzlichen Todk des Thronerben, aul
dem die Hoffnungen der öſterreiſchen Völker beruhten, wirkt überall
tieferſchütternd. Der Kronprinz fuhr am 28. mittags halb 12 Uhr
mit Wagen zur Jagd nach Meierling, welches zwei Stunden von
Baden entfernt liegt. Am 29. nachmittags ſandte er Telegramme
nach Wien, daß er unwohl ſei, und daß daher die Hoftafel, welche
in ſeinen Gemächern ſtattfinden ſollte, abzuſagen ſei. Der Tod
wurde am 30. um 10 Uhr früh in der Hofburg bekannt, worau
der Oberſthofmeiſter des Kronprinzen, Grafen Bombelles, ſogleich
das Kaiſerpaar benachrichtigte. Die Kronprinzeſſin wollte nach
Meierling eilen, wurde jedoch zurückgehalten, da die Leiche baldigſt
eintreffe.
In Wien erſchien der Kronprinz zuletzt Sonntag abend auf
der deutſchen Botſchaft zur Feier des Geburtstages Kaiſer Wilhelm II.
Thronfolger iſt jetzt Erzherzog Karl Ludwig, Bruder des Kaiſers
Franz Joſef, geboren am 30. Juli 1833, in dritter Ehe vermählt
mit Maria Thereſia, Tochter des verſtorbenen Prinzen Miquel, Infant
von Vortugal, geb. zu Schloß Heubach a. M., am 24. Auguſt 1855.
Die Nachricht von dem Ableben des Kronprinzen Rudolf rief
in Peſt allgemeine Beſtürzung hervor. Die Abgeordneten hielten
am 31. eine lediglich der Mitteilung des Todesfalls gewidmete
Sitzung und vertagten ſich ſodann auf unbeſtimmte Zeit. Die
Demonſtrationen der Studentenſchaft haben unter dem Eindruck der
Todesnachricht von ſelbſt aufgehört. Die Truppen ſind in die
Kaſernen zurückgekehrt und alle öffentlichen Unterhaltungen abgeſagt.
Ein nach Meierling geſandter Berichterſtatter des Fremden=
blattes
meldet: Der Kronprinz hatte ſich Montag mittag in einer
Hofequipage von Wien nach Breitenfurth begeben, wo ein Wiener
Fiaker denſelben erwartete. Der Kronprinz benutzte jedoch den
Wagen nicht, ſondern legte die kurze Wegesſtrecke nach Meierling

23

zu Fuß zurück, aufs vergnügteſte mit den Jagdgäſten plaudernd=
Nach der Rückkehr von der Jagd am Dienstag klagte der Kronprinz
über Kopfweh, er zog ſich zurück in ſeine Gemächer und ließ die
Teilnahme an dem für den Abend anberaumten Familiendiner ab=
ſagen
. Am Abend desſelben Tages arbeitete der Kronprinz einige
Zeit im Schlafzimmer, er ſchrieb mehrere Briefe. Am Mittwoch
morgen erwachte der Kronprinz vor 7Uhr, läutete dem langjährigen
Kammerdiener Loſchek und befahl das Frühſtück. Als der Leib=
kammerdiener
, dieſen Befehl ausführend, kurz vor halb 8 Uhr in
des Kronprinzen Schlafzimmer trat, fand er denſelben tot im Bette.
Prinz Philipp von Koburg und Graf Hoyos befanden ſich im
Schloßhofe, als der Leibkammerdiener leichenblaß mit der Entſetzens=
kunde
herausſtürzte. Sofort eilten dieſelben in des Kronprinzen
Schlafgemach und ſahen, daß menſchliche Hilfe vergebens war.
Prinz Vhilipp verblieb am Sterbebette ſeines Schwagers, während
Graf Hoyos nach Wien fuhr, um der Kaiſerlichen Familie die
Botſchaft zu überbringen.
Das Sterbezimmer des Kronprinzen in Meyerling weiſt die
denkbar ſchlichteſte Einrichtung auf. Das Sterbebett iſt ein ein=
ſaches
Nutzholzbett; darüber in Silberrahmen das Bild der Kron=
prinzeſſin
. Auf dem Schreibtiſche lagen Aquarellzeichnungen, Bücher,
eine große Mappe mit Bauplänen, zwei uneröffnete Briefe. Aus
Wien angekommene Hofbeamten nahmen ſofort ein Protokoll auf,
die Briefſchaften und Papiere verſiegelnd. Der Hofburgpfarrer
Mayer ſegnete die Leiche, deren Kopf auf 2 Polſter gebettet war,
ein. Die Züge des Toten zeigten nicht die geringſte Veränderung.
Der Wagen zur Ueberführung der Leiche nach Baden, geſtellt von
der Badener Gemeinde, ſetzte ſich, eskortiert von Gendarmen, um
18 Uhr in Bewegung und traf um 19 Uhr auf dem Badener
Bahnhofe ein, wo eine ungeheure lautloſe Menſchenmenge die Leiche
mit ehrfurchtsvoll entblößten Häuptern begrüßte.
Die Leiche wurde mit dem Hofzuge von Baden nach Wien
übergeführt, wo ſie um 1 Uhr anlangte und von dem Oberſthofmeiſter
Prinzen Hohenlohe am Südbahnhof empfangen wurde. Sodann
wurde der Sarg, begleitet vom Hofburgpfarrer Mayer, dem Prinzen
Hohenlohe, den Adjutanten des Verblichenen, dem Oberſtlieutenant
Graf Orſini und dem Hauptmann Gieſel, in einem ſechsſpännigen
Hofwagen nach der Hofburg geführt. Die ſterblichen Ueberreſte des
Kronprinzen wurden von der Menge entblößten Hauptes in ſtummer
Ehrerbietung begrüßt. In der Hofburg wurde der Sarg ſofort in
die Appartements des Kronprinzen getragen. Das Abgeordneten=
haus
und das Herrenhaus halten morgen mittag Trauerſitzungen.
Die Haltung der Wiener Bevölkerung ſpiegelt die tiefſchmerzliche
Stimmung wieder. Die Damen tragen vielfach Trauergewänder.
Der bisherige Konſul der Vereinigten Staaten von Nord=
amerika
in Budapeſt, Joſef Bleck, iſt wegen ſeiner für Oeſterreich=
Ungarn unliebſamen publiziſtiſchen Thätigkeit von ſeiner Regierung
abberufen und durch den Vicekonſul Gerſter erſetzt worden.
Jrankreich. Präſident Carnot empfing am 29. den Grafen
Münſter und den Hauptmann v. Falkenhayn, welch letzterer ſich
vom Präſidenten verabſchiedete, da er zum Erzieher der beiden
älteſten Söhne Kaiſer Wilhelms ernannt iſt.
Die am 30. in Paris eingetroffene Nachricht von dem plötzlichen
Tode des Kronprinzen Rudolf von Oeſterreich macht tiefen Eindruck.
Präſident Carnot hat ſofort ein Beileidstelegramm an den Kaiſer
Franz Joſeph geſandt; auf der öſterreichiſchen Botſchaft herrſcht
großer Zudrang von Perſonen, die als Beileidskundgebung ihre
Namen einſchreiben.
Präſident Carnot beriet in den letzten Tagen mit einer großen
Zahl von Senatoren und Abgeordneten über die Lage, ohne daß
bis jetzt endgiltige Beſchlüſſe gefaßt wurden; ſo viel ſteht indes feſt,
daß die Regierung eine Aenderung der Preßgeſetze plant und dem .
Senat Angriffe auf die Verfaſſung und die öffentlichen Gewalten
zur Aburteilung zuzuweiſen gedenkt.
Miniſterpräſident Floquet empfing den Vorſtand der äußerſten
Linken und erklärte, er habe daran gedacht, zu demiſſionieren, ſei
jedoch davon angeſichts der Intriguen und Angriffe der Gegner
zurückgekommen. Er werde vor die Kammer treten, ausführliche
Aufſchlüſſe geben und ein Vertrauensvotum verlangen. Er ſei
bereit, energiſch vorzugehen und einen Geſetzentwurf betreffs Unter=
drückung
aller Angriffe gegen die Verfaſſung und die öffentlichen
Gewalten, ſowie einen Geſetzentwurf über das Anſchlags= und
Kolportageweſen einzubringen. Floquet hält die Auflöſung der
Patriotenliga für unnütz, denn dies würde dieſelbe nicht verhindern,
ſich umzugeſtalten. Floquet erklärte weiter, er werde die Ein=
bringung
eines Entwurfs wegen Wiederherſtellung der Bezirks=
abſtimmung
nicht von dem Ergebnis der Interpellation Jouvencel
abgängig machen; er wende den Entwurf alsbald von der Tribüne
einbringen.
Die boulangiſtiſchen Abgeordneten beabſichtigten am Donnerstag
für Floquet einzutreten, wodurch es dem Kabinet ermöglicht würde
ſich im Amte zu halten und hoffen dadurch der Erſetzung Floquets
durch ein thatkräftigeres Kabinet vorzubeugen; die Rechte hat be=
ſchloſſen
. gegen ein Vertrauensvotum für Floquet und für einfache
Tagesordnung zu ſtimmen. Dem Matin' zufolge will Boulanger
am Donnerstag ſeinen Antrag auf Auflöſung der Kammer ein=

2h
Ve.

l.

ſcho

[ ][  ][ ]

Nr. 23
oͤr ingen; der neue Abgeordnete für Paris hat eine Proklamation an
ſeine Wähler erlaſſen, worin er erklärt, daß die Zukunft der Partei
er National=Republikaner gehöre und daß die gegenwärtige Kammer
hrer Auflöſung nicht entgehen werde.
hereinsleben ſich immer ſchwieriger geſtalten; hierzu komme der
Verluſt des bisherigen Vereinslokals und die Schwierigkeit einen
hren Grund findet.
England. Der Herzog von Cambridge iſt am 30. morgens Aſche!
liber Paris nach Gibraltar zur Inſpektion der Feſtung abgereiſt.
ſon dort begiebt er ſich nach Malta.
Riederkande. Das Utrechtſche Courant meldet, daß, entgegen
en offiziellen Berichten, keine Beſſerung im Beſinden des Königs 1 einem halben Stecken altes Maß bedacht.
ingetreten ſei. Der König leidet furchtbare Schmerzen, welche
ſur durch Morphiumeinſpritzungen geſtillt werden. Der Kranke
iegt ganz teilnahmslos da.
Vereinigte Staaten. Der Senat nahm in ſeiner Sitzung vom
J9. bei der Beratung der Kredite für den diplomatiſchen Dienſt
inen Unterantrag an, nach welchen die bisherigen Geſandtſchaften
n Paris, Berlin, London und Petersburg zu Botſchaften erhoben
orden ſollen. Der Senat beſchloß ſodann, in geheimer Sitzung
iler die Kredite für den diplomatiſchen Dienſt in Samoa zu beraten. darauffolgenden Sonntag den Bühnen=Weih=Feſtſviel=Abend des
Die Korreſpondenz zwiſchen dem Fürſten Bismarck und dem
3laatsſekretär Bayard, betreffend die Vorgänge auf Samoa, wurde Eröffnungs=Scene ohne vorherige Verabredung in beiden Vereinen
m 30. veröffentlicht. Der Reichskanzler beſchuldigt darin den l ausgeheckk werden konnte. Und dennoch iſt dem ſo
merikaniſchen Konſul der Aufreizung der Eingeborenen zu Unruhen.
eyard bringt ähnliche Beſchuldigungen gegen die deutſchen Be=
mten
vor.
China. Londoner Berichten zufolge iſt in China mit Rückſicht
uf die kürzlich ſtattgehabte große Feüersbrunſt, welche im kaiſer=
ſichen
Palaſt von Veking wütete und auch die Schatzkammer zerſtörte, ob eine Herren=Sitzung den bunteren Anſtrich hat oder ob erſt die
im kaiſerliches Dekret erſchienen, welches die ſofortige Einſtellung
ller Eiſenbahnbauten befiehlt, da die Wahrſager das Feuer für
me Warnung gegen dieſe weſtliche Neuerung erklärten.

Aus Stadt und Land.
Darmſtadt, 1. Februar.
Se. Königl. Hoheit der Großherzog, Se. Königl. Hoheit der
großherzog. Ihre Gr. Hoheit Prinzeſſin Alix nebſt Gefolge ſind
m Mittwoch 5 Uhr 10 Min. in Petersburg angekommen ünd auf
r Station Gatſchina vom Großfürſten und der Großfürſtin
ergius begrüßt worden. Am Bahnhof in Petersburg wurden
Jochdieſelben von dem Kaiſer, dem Großfürſten Thronfolger, den
reichen Mitgliedern der Kaiſerlichen Familie und der deutſchen
lürſchaft empfangen und begaben ſich von dort nach dem Anitſch=
mpalais
. um die Kaiſerin zu begrüßen. Darauf ſtiegen Se. Kgl.
ſodeit mit dem Erbgroßherzog und Prinzeſſin Alix im Palais des
rußfürſten Sergius ab.
An die zweite Kammer der Stände wurde ſeitens des Großh.
Mküniſteriums des Innern und der Juſtiz das Anſinnen gerichtet
der Beratung des Hauptvoranſchlags für die laufende Finanz=
xriode
die Dienſteinkommen der niederen Bedienſteten des Land=
güits
neu zu regulieren. Die Großh. Regierung erkennt die Re=
ſinnsbedürftigkeit
der Gehaltsverhältniſſe dieſer Bedienſteten ihrer=
ſltcz
an und glaubt nach eingehender Würdigung aller einſchlagen=
m
Verhältniſſe ſchon dem jetzigen Landtage die Bewilligung der
4intel zu einer Gehaltsaufbeſſerung dieſer Diener anſinnen zu
ſlem.
Im Laufe des 1V. Quartals 1888 ſind von Sr. Königl.
bleit dem Großherzog u. a. nachſtehende Stiftungen und Ver=
lächtniſſe
beſtätigt und hiernach die betreffenden Behörden zu
um Annahme ermächtigt worden: Das Vermächtnis eines Un=
ſmannten
an das Landeshoſpital Hofheim, im Betrage von 268 M.
Vf. zur Gründung einer Unterſtützungskaſſe für das Warte=
rional
des Landeshoſpitals. Die Schenkung des Pianiſten Max
üur zu Jugenheim, im Kreiſe Bensheim, an die evangeliſche
ſrche daſelbſt beſtehend in einer neuen Orgel im Werte von
G. M. 83 Pf. Die Schenkung der Sparkaſſe zu Erbach i. O.
1 bas Mathilden=Landkrankenhaus zu Darmſtadt, im Betrage von
CM. Das Vermächtnis des Michael Kleemann in Mainz zu
uͤnſten der Stadt Mainz. im Betrage von 30000 M., behufs
bterſtützung hülfsbedürftiger Einwohner von Mainz. Die Schenk=
des
Lutherfeſtſpiel=Komites zu Braunſchweig an die evange=
lſche
Kirche zu Weiſenau, im Betrage von 3000 M. Das Ver=
uch
tnis der Fräul. Johanna Friederike Graf von Darmſtadt an
8 Eliſabethenſtift zu Darmſtadt, im Betrage von 17500 M. Das
Ernächtnis des Rentners Daniel Lorbacher in Lorſch zu Gunſten
b Gemeinde Groß=Hauſen, im Betrage von 200 M. Das Ver=
ſichtnis
desſelben zu Gunſten der Gemeinde Klein=Hauſen, im
Trage von 300 M. Die Schenkung des verſtorbenen Gutsbeſitzers
eychan George zu Büdesheim, Kreis Bingen, an den dortigen
unenfond, im Betrage von 2005 M.

283
Militärdienſtnachricht. Milchling v. u. zu Schönſtadt.
Portepeefähnrich vom 1. Heſſ. Inf.=Regt. Nr. 81, in das 1. Großh.
Heſſ. Inf.=Regt. Nr. 115 verſetzt.
Das von Friedberg gemeldete Ableben des Herrn Realſchul=
Der deutſche Turnverein in Paris zeigt nach mehr als 25jähriger direktor Dr. Curſchmann erregt aufrichtigſte Teilnahme bei den zahl=
Chätigkeit ſeine Auflöſung an, da die Verhältniſſe für das deutſche reichen Freunden und Verehrern, welche der hervorragende Pädagog
während ſeiner langjährigen Wirkſamkeit am hieſigen Gymnaſium
ſich erworben hatte. Herr Dr. Curſchmann ſtand im beſten Man=
baſſenden
Erſatz zu finden, welche in dem Haſſe gegen alles deutſche nesalter und obwohl ſchon längere Zeit leidend, ließ doch nichts bei
ihm ein ſo frühes Ende ſeiner Laufbahn befürchten. Friede ſeiner
Im laufenden Winter ſind von der ſtädtiſchen Armenver=
waltung
aus den zur Verfügung ſtehenden Stiftungen 800 Perſonen
mit Stiftungsholz bedacht worden. Jede dieſer Perſonen wurde mit
Mittwoch, den 6. Februar wird der hier aufs vorteilhafteſte
bekannte und beliebte Klavier=, Geſangs= und Deklamations=Humoriſt
O. Lamberg aus Wien, im großen Saale des Saalbaues eine
muſikaliſch=humoriſtiſche Soirée veranſtalten. Der auf dieſem Gebiet
vorzügliche Künſtler wird den Freunden eines geſunden Humors
ſicherlich einen vergnügten Abend bereiten.
CAV. Es iſt unmöglich; wird Mancher ſagen, der nächſten
Samstag den Herren=Abend der Karneval=Geſellſchaft und an dem
Karneval=Zug=Vereins beſucht, daß faſt die gleiche Idee der
nur daß das
Zug=Vereins=Komits ſich dabei keiner Odenwälderinnen: bedienen,
ſondern auf eigenen Füßen wandeln wird. Ueberhaupt wird trotz
dieſer ſcheinbaren Aehnlichkeit an beiden Abenden ſo manches
verſchieden ſein: man wird Betrachtungen darüber anſtellen können,
welche Saal=Dekoration närriſcher, welche ſtilvoller ausgefallen iſt,
holden Närrinnen das farbenprächtige Bild vervollſtändigen, ob
allein die närriſchen Vorträge den Abend zu einem genußreichen
geſtalten oder ob der angenehme Wechſel zwiſchen Sehen und
Hören, zwiſchen den launigen Vorträgen beliebter Narrhalla=Redner
und den vortrefflichen Aufführungen der Turngemeinde und der
Prinzen=Garde den Vorzug verdient, ob endlich die Erwartung des
Tanzvergnügens an dem Damen=Abend= - wie manchmal be=
hauptet
wird - die ſonſtigen Darbietungen beeinträchtigt oder ob
ein flottes Tänzchen erſt dem ganzen Vergnügen die rechte Weihe
giebt. - Im übrigen ſei wegen des Karten=Verkaufs ꝛc. auf die
betr. Anzeige verwieſen.
Expreßgut=Beförderung. Es wurde an dieſer Stelle ſchon
wiederholt der im inneren Verkehr der Main=Neckar=Bahn, ſo=
wie
im direkten Verkehr mit Stationen der Badiſchen und Würt=
tembergiſchen
Staatsbahnen, der pfälziſchen Bahnen der Reichs=
Eiſenbahnen und der Bayeriſchen Staatsbahnen beſtehenden Ein=
richtung
der Expreßoutbeförderung gedacht. Die Vor=
züge
dieſer Transporteinrichtung beſtehen, neben verhältnismäßig
billigen Taxen, hauptſächlich in der Einfachheit des Annahme= und
Expeditionsverfahrens, in der ſofortigen Beförderung mit dem
nächſten fahrplanmäßigen Perſonenzug, ſowie in der raſchen Zu=
ſtellung
am Beſtimmungsorte, welche Eigenſchaften die Expreß=
gut
=Beförderung insbeſondere für die dringliche Sendungen em=
pfehlenswert
machen. Wir glauben deshalb im Intereſſe unſerer
Leſer zu handeln, wenn wir auf die Expreßgut=Beförderung wie=
derholt
aufmerkſam machen. Die Aufgabe des Expreßgutes erfolgt
bei den Gepäckexpeditionen ſpäteſtens eine halbe Stunde vor Ab=
gang
des Zuges, mit welchem die Beförderung gewünſcht wird.
Der Beigabe von Frachtbriefen oder ſonſtigen Begleitpapieren be=
darf
es nicht, vielmehr genügt es, wenn an der Sendung eine
Adreſſe befeſtigt iſt.
Eingeſandt. Kraftsruhe. Nach den Ausſprachen des Vorſtan=
des
des Verſchönerungsvereins in der am 25. Januar abgehaltenen
Generalverſammlung iſt der Grunderwerb für die Kraftsruhe vor=
erſt
abgeſchloſſen. Die Generalverſammlung war darüber einig,
daß der Ausbau der Kraftsruhe nur nach einem feſtzuſetzenden Plane
in Angriff und Ausführung genommen werden dürfe, damit alljähr=
lich
, den vorhandenen Mitteln gemäß. mit der Verſchönerung und
Erweiterung dieſes Platzes ſyſtematiſch vorgegangen werden könne,
und ſo nach und nach eine wirklich ſchöne Anlage geſchaffen würde.
Eine Orientierungskarte über die jetzige Flächenlage lag nicht
vor, und dieſerhalb befinden ſich diejenigen, die dem von dem Herrn
Vorſitzenden ausgeſprochenen Wunſche, Zeichnungen über die Art
der Ausführung dieſer Anlage und des Pavillons einzureichen,
nachkommen möchten, ohne jede Grundlage. Wenn auch jeder Ein=
zelne
ſeiner eigenen Idee Rechnung trägt, ſind doch für Jeden die
Grundflächen=, Höhen= und Anſchluß=Verhältniſſe maßgebend, und
allen muß es bekannt ſein, an welche Wege die Anlagen paſſend
anzuſchlietzen ſind. Wird der Pavillon auf die jetzige Spitze des
Berges geſtellt gedacht, ſollen die Felſen in ihrer Lage unverändert
liegen bleiben, ſo ſind die Bodenmaſſen, die da nötig werden, um
die ſteil abfallenden Bergwände zu ſtützen und um an dieſen Stellen
Anlagen ſchaffen zu können, anderweit zu beſchaffen. Iſt es da=
gegen
zuläſſig den Kamm des Bergrückens etwas ſvielleicht 1 Meter)

[ ][  ]

284
abzutragen, ſo ergiebt ſich der zu den Anſchüttungen erforderliche
Boden an Ort und Stelle und die Ausführung wird billiger!
Hierbei würden allerdings die Felsſtücke in eine etwas geänderte
Lage kommen, aber doch unverändert erhalten bleiben, und durch
die Freilegung der bei der geringen Abträgung des Bergrückens
zu Tage tretenden weiteren Felſen die Schönheit der Bergkuppe
nur gewinnen.
Eine geringe ſachgemäße Abtragung der jetzigen Kuppe würde
auch der Kraftsruhe nichts von ihrer Schönheit nehmen, da es hier
weniger auf einen großen Fernblick, als auf einen Rundblick in die
ſich immer lieblicher geſtaltende Umgebung und auf die Art der
Geſtaltung der Kraftsruhe ſelbſt ankommt. Damit nun die Herren,
die zu Entwürfen für den Ausbau der Kraftsruhe geneigt ſind,
nicht der nötigen Grundlage entbehren, ergeht hiermit an den Vor=
ſtand
des Verſchönerungsvereins die Bitte recht bald eine Zeich=
nung
zur allgemeinen Einſichtnahme aufzulegen, aus der neben der
Flächengeſtaltung der Kraftsruhe und der zu berückſichtigenden
nächſten Umgebung, auch die Höhenverhältniſſe des Terrains erſicht=
lich
ſind und hiernach zur Einreichung von Plänen öffentlich aufzu=
fordern
.
Mancher der gern einen derartigen Entwurf gibt.
wird ſich nicht zu der erforderlichen Terrain=Aufmeſſung, zu der
Ausziehung der Karten und zu der Zuſammentragung ſonſtiger
Einzelheiten verſtehen.
- Immobilienverkauf. Das Beſitztum des Herrn Kommerzien=
rat
Schuchard, von der Louiſenſtraße bis zum Elektrizitätswerk,
ging käuflich an die Herren Harres u. Barth über.
N Kleine Mitteilungen. Einem Kaufmann in der Hoffmanns=
ſtraße
wurde in einer der letzten Nächte das Firmenſchildausgehängt
und entwendet und einem Gärtner in der Nieder=Ramſtädterſtraße
die am Eingang zu ſeiner Hofraithe angebrachte Schelle.-
Die
Frau eines in der Roßdörferſtraße wohnenden Agenten entwendete
einer bei ihr in Miete wohnenden Frau das Sparkaſſebuch, er=
hob
alsdann nach und nach bei der ſtädtiſchen Sparkaſſe 260 M.
und brachte das Geld mit ihrem Mann durch.
Arheilgen, 31. Januar. Um die Weiterführung der Straßen=
bahn
Darmſtadt=Arheilgen nach Langen zu ermöglichen, hat
die Gemeinde Arheilgen auch das nötige Gelände dazu zugeſagt,
ſodaß die Intereſſen Darmſtadts gegenüber Frankfurt auch nach
dieſer Seite gewahrt ſind. Wir glauben, daß es auch im Intereſſe
Darmſtadts liegt, daß der Bau dieſer Bahn recht bald in Angriff
genommen wird.
Bensheim, 30. Januar. Geſtern abend gleich nach 9 Uhr brach
in der, der Frau Witwe Heckmann gehörigen Scheuer in der Haſen=
gaſſe
Feuer aus, welches raſch um ſich griff. Das Wohnhaus des
Spezereikrämers Pfeifer wurde faſt vollſtändig zerſtört, während
das Haus des Buchdruckereibeſitzers Baher ſehr ſtark beſchädigt
wurde. Die Beſchädigten ſind zwar verſichert, haben aber, nament=
lich
Herr Bayer, durch Ausräumen beträchtlichen Schaden erlitten.
Der raſch herbeigeeilten Feuerwehr war es zu verdanken, daß das
Feuer keine noch größeren Dimenſionen annahm.
W. Z.
J. Mainz, 30. Januar. Ein hieſiges größeres Geſchäft hat
jüngſter Tage mit ſeinem Perſonal eine ſchlimme Erfahrung
machen müſſen. Das Verſonal hat nämlich eine größere Geſchäfts=
reiſe
des Prinzipals benutzt, um die Verkäufe und Beſtellungen
des Geſchäftes für ſeine Rechnung in der Art zu bethätigen, daß
es die Waaren einfach aus dem Geſchäfte entnahm, die dafür ein=
gegangenen
Beträge aber unter ſich verteilte. Durch einen Zufall hat
der Geſchäftsinhaber von der Handlungsweiſe ſeines Verſonals
Kenntnis erhalten und ohne Verzug Anzeige erſtattet, worauf am
Freitag die Verhaftung der ſämtlichen Geſchäftsbedienſteten erfolgte.
J. Mainz, 31. Januar. Das geſtern in ſpäter Abendſtunde ver=
kündete
Urteil in dem Prozeß wegen der Kataſtrophe in einer
hieſigen Badeanſtalt belegte den ſtädt. Hafenmeiſter Heinlein,
ſowie den Schiffbauer Grundel mit einer Gefängnisſtrafe von je
4 Wochen. Die mitangeklagte Badehalterin wie der Schloſſermeiſter,
welcher vor Jahren die Anlagen in der Badeanſtalt machte, wurden
freigeſprochen. Das Urteil ſpricht ausdrücklich aus, daß den beiden
verurteilten Perſonen die volle Verantwortung für den Unfall zur
Laſt falle.
Worms, 31. Januar. Die Eröffnung des Volkstheaters
und Feſtſpielhauſes dürfte im Oktober d. J. erfolgen. Der
Theaterraum iſt auf 1300 Zuſchauer berechnet.
München, 30. Jan. Anläßlich des Todes des Kronprinzen
Rudolf von Oeſterreich ſind die Prinzeſſin Giſela und Prinz Leo=
pold
heute abend 8½ Uhr nach Wien gereiſt.
München, 30. Januar. Heute abend 10 Uhr 45 Min. wurden
die Sudhäuſer der Spatenbrauerei durch eine Feuersbrunſt
zerſtört. Das Feuer iſt noch nicht bewältigt.
Münſter, 28. Januar. Zwiſchen 60 bis 70 Unteroffizieren und
Sergeanten der hier garniſonierenden Küraſſier= und Feldartillerie=
Regimenter kam es heute Nacht zu einem Zuſammenſtoß, bei
welchem ein Soldat ſchwer, mehrere leichter verwundet wurden.
Der Anlaß war, wie gewöhnlich bei derartigen Ausſchreitungen,
geringfügiger Natur. Zwiſchen den Regimentern beſteht übrigens
ſeit längerer Zeit eine gewiſſe Reibung, die ſchon häufig zu Thät=
lichkeiten
geführt hat.

Nr. 23
Grotßherzogtiches Hoftheatek.
Mittwoch, 30. Januar.
Lumpacivagabunduss.
E. H. Dieſe Neſtroy'ſche Poſſe findet bei uns in jeder Saiſu=
eine
freudige Aufnohme. Die Witze des lüderlichen Kleeblatts
- eigentlich paßt dieſe Bezeichnung nicht ganz, da der Tiſchler vn
vornherein durch ſeine Solidität von den zwei anderen bedeuten
abſticht - die Witze, Späße und Couplets werden genau ſo belach
als wenn ſie eben erſt ganz friſch aus dem Leben von heute au
die Bretter gelangt wären, und die geſunde, kräftige Lebensan
ſchauung, die auch die Einmiſchung des Feenreichs nicht um ihr
Realität bringen kann macht das Stück zu einer Koſt, derer ma
nicht ſo leicht überdrüſig wird. Die ſogenannte Berliner Voſſe
die ehedem großes Furore machte und die einfache, ſchlichte Al
Neſtroys und Raimunds völlig in den Schatten ſtellte, iſt läng
von der Tagesordnung abgeſetzt. Aber Stücke wie,Der Verſchwe=
der
= Lumpacivagabundus; haben ſich vermöge ihres wirkli
volkstümlichen Zuges jung erhalten.
Die heutige Vorſtellung empfing beſonderes Anſehen durch du
Umſtand, daß unſer geſchätztes Ehrenmitglied, Herr Butterwei
ſich einmal wieder in der Rolle des Schuſters, die ſchon ſeit einign.
Jahren einen vorzüglichen Darſteller an ihm beſitzt, zeigen konn
Die Umriſſe dieſer komiſchen Geſtalt entwirft Herr Butterwel
noch ſo feſt und ſicher wie in ſeinen beſten Tagen; in der Zeidh
nung iſt alles richtig und klar, mag hier und da auch ſchon de=
Farbe etwas matt aufgeſetzt ſein. Daß Herrn Butterwech
Humor noch immer friſch iſt und es ihm an neuen guten Einfälla
nie gebricht, zeigte er im 3. Akte in dem Couplet Die Welt ſtel
auf keinen Fall mehr lang. Dem da Capo-Ruf leiſtete der Künſiln
mehreremale Folge. Als den beſten Teil ſeiner Leiſtung möcht
wir indeß doch den höchſt gelungenen Vortrag der Schauerromane
von Eduard und Kunigunde' bezeichnen. Eine große Beweglichſ
keit und Geſchmeidigkeit entwickelte Herr Sachs als Schneide.
Schon bei der Einführung - Zwirn kam halb und halb auf de
Bühne geflogen l(ein an der Taille des Schauſpielers befeſtigtr
Draht bewerkſtelligt dies) - zeigte Herr Sachs, daß er ſich d=
rauf
verſtünde, die Figur von ihrer wirkſamſten Seite aus, vo
der burlesken, zu nehmen und zu verarbeiten. Wenn ab und zu di
Darſtellung, die von Anfang bis zu Ende die Lacher auf ihr:
Seite hatte, ins Clownartige geriet, können wir das kaum al
wirklichen Fehler anmerken, denn bei ſolchen Rollen wie die de=
Zwirn ſind die Grenzen nicht ſcharf gezogen. Als Tiſchler ſtelh
Herr Dalmonico, der dritte im Bunde, mit anſprechender Wah=
heit
den Mann ſchlichter Treue und den Freund geordneter Ve=
hältniſſe
dar. Eine der wirkſamſten Scenen war in der heutige.
Vorſtellung wie immer die Geſellſchaftsſcene mit dem muſikaliſche
Potpourri im Hauſe des Parvenüs Zwirn.

10CS.AILOld.
Heute Mittag 12 Uhr starb in Folge Herzlähmung
nach längerem Leiden unser innigstgeliebter Gatte,
Vater, Schwiegervater, Grossvater, Bruder, Schwager
und Onkel
Herr Bauunternehmer
Heinrich Lehkuss
in seinem 60. Lebensjahr.
Darmstadt, den 30. Januar 1889.
Die Ueftranernden Hinterblisbenen.
Die Beerdigung findet Samstag Vormittag ¼10 Uhr
statt.

Dankſagung.
Allen Denen, welche beim Heimgange unſeres innig
geliebten Vaters, Schwiegervaters und Großvaters
Johannes Rlümlein
uns ihre Theilnahme zum Ausdruck gebracht, ſowie Denjeniget=
welche
ihn zur letzten Ruheſtätte geleitet haben, ſagen wir hierm=
unſeren
tiefgefühlten Dank.
Familie Blümlein.
Familie Kunzendorf.

Druck und Verlag: L. C. Wittich'ſche Hofbuchdruckerei.
Rerantwortlich für die Redaktion: Carl Wittich.