Adonnementspten
ſihrlich 6 Marl incl. Bringerlohn
Auswärtz werden von aſlen Poſt=
Amtern Beſtellungen eutgegengenom
men zu 1 Mark 50 Pf. pro Quartal
ud. Poſtauſichlag und Beſellgebühr.
142. Jahrgang.
Amlliches Grgan für die Bekanntmachungen des Großh. Ereigamts, ſowie des Großh. Bollizelamts Darmſtadt.
WI78.
Freitaa den 12. September.
B e k a n n t m a ch u n g.
Auf Grund des Reichsgeſetzes vom 21. Oltober 1818 gegen die gemeingeführlichen Beſtrebungen der Socialdemokratie wurden
die folgenden periodiſchen Druckſchriften verboten:
2) Vom Kaiſerlichen Reichskanzleramt zu Verlin: diejenigen Rummern des vom communiſtiſchen Arbeiter=Bildungsverein
zu London herausgegebenen Blattes „Freiheit”, die unter dem Titel: „Was nun Zu zur Ausgabe gelangen.
b) Von der Köͤniglichen Kreishauptmannſchaft Dresden: Nr. 79 der in Dresden erſcheinenden „Dresdener Preſſer, ſowie
das fernere Erſcheinen dieſes Blattes.
e) Von der Königlichen Kreishauptmannſchaft Zwickau: 1. die Rummer 82 der in Chemnitz erſcheinenden periodiſchen
Druck=
ſchrift: „ Chemnitzer Nachrichten und Geſchäfts=Anzeiger”, ſowie das fernere Erſcheinen dieſes Blattes; 2. „ die Beilage
zum Chemnitzer Tagblatt und Anzeigern Nr. 214, Freitag den 5. September 1879.
Dies wird hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht.
Darmſtadt, den 9. September 1879.
Großherzogliches Polizeiamt Darmſtadt.-
Haas.
B e k a n n t m a ch u n g.
Wir bringen hiermit zur öffentlichen Kenntniß, daß die durch das Reichsgeſetz vom 8. April 1874 vorgeſchriebene Impfung
km Schulhaus in der Rundethurmſtraße vorgenommen werden wird. Dieſelbe beginnt Freitag den 19. September l. J.
Machmittags 4 Uhr, und wird bis zum 17. Ottober l. J. jeden Dienstag und Freitag um dieſelbe Zeit nach Bedürfniß
Fortgeſetzt.
Der erſten Impfung iſt jedes im Jahr 1878 geborene Kind zu unterziehen, ſofern nicht durch ärztliches Zeugniß
nach=
bewieſen wird, daß es die natürlichen Blattern überſtanden hat, oder ohne Gefahr für Leben oder Geſundheit vorerſt nicht geimpft
lverden kann.
Auch die vor dem Jahr 1878 geborenen, noch nicht geimpften Kinder ſind in einem der beſtimmten Termine zur Reviſion
orzuſtellen.
Die Eltern, Pflegeltern und Vormünder impfpflichtiger Kinder werden hiermit unter Hinweiſung auf die in 88 12 und 14
les Reichsimpfgeſetzes für die Unterlaſſung angedrohten Rechtsnachtheile und Strafen aufgefordert, die Kinder in einem der
vor=
lemerlten Termine zur Impjung zu ſiſtiren, oder die erforderlichen Nachweiſe über bereits ſtattgehabte, ſowie über dauernde oder
ſorübergehende Befreiung von der Impfung vorzulegen.
Darmſtadt, den 8. September 1879.
Großherzogliche Bürgermeiſterei Darmſtadt.
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1654
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kochen kann u. alle Hausarbeit übernimmt,
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haben.
Z.
10-14000 Mark
werden gegen gute gerichtliche Sichetheit
leihen geſucht. Anerbieten bittet man bei
der Exped. d. Bl. unter WR5 niederzulegen.
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nähen u. Ausbeſſern in u. außer d. Hauſe. Auch
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7593) 2 Herren ſuchen per 1. Oktobe,
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R 178
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der Main=Neckarbahn, ſowie der Heſſiſchen Ludwigsbahn, auf Wunſch mit Firma,
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tag den 21. bis 24. September 1 Uhr während des Rennens und der Markttage
iſt reellen, umſichtigen Geſchäftsleuten Gelegenheit geboten, es wollen ſich ſolche, die
eine greifbare Caution ſtellen können, melden bei Carl Gaulé, Heinrichſtraße 73,
Darmſtadt.
NB. Die vor dem 21. ds. nicht zurückgekommenen Looſe aus den Depots
werden als in feſter Rechnung übernommen betrachtet.
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nen Gartenanlagen, Bauplätze ſind durch den Unterzeichneten zu verkaufen.
Alexander=
H. Neustadt,
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1655
7594) Eine Köchin in geſetzten Jahren,
welche das Waſchen auch verſteht und etwas
Hausarbeit übernehmen muß, ſucht für
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„
O
„
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735)
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Karlsſtraße 12.
Wirthſchaftliche Wandelungen.
Durch unſere Zeit geht ein eigenthümliches Gefühl des Unbehaglichen,
der Unruhe. Zu einem Beharren auf gewohnten Pfaden, zu ruhiger,
gleichförmiger Arbeit, geſchweige denn zu behaglichem, zufriedenem
Ge=
nießen kommt man nicht. Das Leben ſpinnt ſich gleichſam im
beſtändi=
gen Fieber ab, die Gleichmäßigkeit hat unregelmäßiger Haſt Platz
ge=
macht, die ſtille ruhige Entwickelung einem vollſtändigen Durcheinander,
die Behaglichkeit des Lebens ſteter Unruhe. Alle Lebensverhältniſſe ſind
heute, im Verhältniſſe zu früher, auf die Spitze geſchraubt; wir arbeiten
ſ entſchieden mehr als unſere Vorfahren, bei welchen es Plauderſtündchen
zut Frühſtück und Vesper, gemüthliche Dämmerſtündchen, Beſuche beim
Nachbar u. ſ. w. gab; wir genießen weit mehr als ſie, die von all den
rauſchenden Vergnugungen, die uns heute feſſeln, keine Ahnung hatten.
Aber trotz dieſer Steigerung von Arbeit und Genuß wird man kaum
ſagen können, daß die Welt angenehmer, die Menſchheit zufriedener geworden.
Zahlreiche Erſcheinungen unſeres ſocialen Lebens, die Bitterkeit des Kampfes
um's Daſein, die andauernde Noth nicht nur der ſog. arbeitenden Klaſſen,
ſon=
dern auch der mittleren Schichten der Bevölkerung, das Wanken
ehren=
werther. Exiſtenzen, zund, das Emporkommen vieler, Parvenus
lehren, daß es mit dem ſocialen Uebel denn doch etwas mehr auf ſich
hat, als. der Leichtſinn und die Hartherzigkeit gemeinhin eingeſtehen will,
und daß das Mißbehagen, welches einen großen Theil unſerer Bevölkerung
ergriffen hat, nicht immer nur auf Hetzereien zurückzuführen iſt.
Sehen wir für heute indeß von der ſocialen Frage im engeren Sinne,
die ſich ja doch in einem Zeitungsartikel nicht genugend erörtern läßt,
und die überhaupt nicht durch irgend ein Univerſalmittel gelöſt werden
kann, vollſtändig ab und wenden wir uns der im Eingang erörterten
allgemeinen, die Merkmale einer Uebergangsperiode deutlich an der Stirn
tragenden Unruhe und Gährung in allen Verhältniſſen des ſocialen
Le=
bens zu, ſo finden wir auf den erſten Blick, daß wir uns in einem
wirthſchaftlichen Umwandlungsprozeſſe befinden, wie er tiefer eingreifend
und umfaſſend noch nie dageweſen iſt. Dieſer Umwandlungsprozeß
be=
ruht auf verſchiedenen Urſachen: der Steigerung des Werthes von Grund
und Boden, hervorgerufen durch die Zunahme der Bevölkerung; der
Entwerthung der edlen Metalle und der in Folge deſſen eingetretenen
Preisſteigerungen; der Erfindung der Dampfkraft und der in Folge
deſſen bewirkten Vermehrung der Production; der Erbauung der
Eiſen=
bahnen und der dadurch bewirkten Abkürzung der Entfernungen
Von dieſen vier Erſcheinungen, welche im Laufe der letzten
Jahr=
lbehnte auf unſer wirthſchaftliches Leben eingewirkt haben, wäre ſchon
ſeine allein hinreichend geweſen, eine Umwälzung in unſerem Leben
her=
vorzubringen; alle vier auf einmal aber konnten natürlich nur um ſo
großartigere Wirkungen zu Tage fördern, und es iſt Angeſichts dieſer
ſpielen Thatſachen, welche im wirthſchaftlichen Leben wie Elementarereig=
niſſe wirken mußten, faſt als ein Wunder zu bezeichnen, datß in den
letzten Jahrzehnten bei uns nicht Alles völlig auf den Kopf geſtellt
wor=
den iſt im Erwerbsleben.
Den Zuſammenhang dieſer vier Thatſachen, ihr Zuſammenwirken
und das Progreſſive in der Aeußerung dieſer Wirkungen zu ſchildern,
würde den Raum eines Buches beanſpruchen. Wir können jede der vier
Kräfte nur für ſich betrachten und kurz die Richtung andeuten, in welcher
ſie ſich äußerte.
Das Wachsthum der Bevölkerung iſt in den letzten Jahrzehnten ſo
ſtark geweſen, wie wohl noch nie. Nach Dieterici wuchs die
Menſchen=
zahl pro Quadratmeile jährlich:
in Frankreich
„ Preußen
„ Hannover
„ Württemberg
1700-1800
um 4
„ „
„ 6
„ 17
1800-1825
um 16
„ 17
„ 12
„ 12
1825-1846
um 32,
68,
„
„ 32,
„ 56,
Die Vermehrung kommt größtentheils den großen Städten zu Gute,
welche in den letzten Jahrzehnten ein ganz enormes Wachsthum zeigten;
aber auch auf dem platten Lande iſt die Dichtigkeit der Bevölkerung,
wenn auch ein Theil des Ueberſchuſſes der Geburten über die
Sterbe=
fälle an die Städte abgegeben wurde, gewachſen und damit der Preis
von Grund und Boden enorm geſtiegen. Zwei Beiſpiele nur mögen dieſe
Preisſteigerung in Stadt und Land erläutern: Das Haus, in welchem
Alexander von Humboldt geboren wurde, koſtete 1746: 4350 Thlr.,
1761: 8100 Thlr., 1796: 21,000 Thlr., 1803: 35,200 Thlr., 1824:
40,000 Thlr., 1863: 92,000 Thlr. -
Der mittlere Pachtzins der
preußiſchen Domainen ſtieg in der kurzen Zeit von 1849-1864 pro
Morgen:
im Reg=Bez.
von 073 Thlr. auf 116 Thlr.
Danzig
„ 102 „ „ 161 „
„ „
Marienwerder „ 063 „ „ 106 „
„ „
Stettin
„ 107 „ „ 173 „
„
„
Stralſund
„ 095 „ „ 150
„
„
„
Liegnitz
1117 „ „ 175
„ „
„
„
Potsdam
1,08
„ „ 159
„
„
„
„
2,00
Frankfurt,
„ 129
„
„
„
alſo durchſchniktlich um etwa 59 pCt., was einen Rückſchluß auf die
Preisſteigerung im Grundbeſitz geſtattet. Wie viel Vermögen iſt da ohne
jede Anſtrengung, ohne jede wirthſchaftliche Leiſtung, einzig und allein
durch die günſtige Conjunctur erworben worden! Wie viel an Grund
und Boden iſt da aber auch viel zu theuer gekauft worden im Wirbel
der Speculation, ohne Rückſicht auf die vorhandenen Kräfte. und wie
Vielen droht nicht der Verluſt der ganzen Habe, wenn eines ſchönen
Ta=
ges die wirthſchaftlichen Factoren, welche dieſes Steigen der Preiſe
ver=
anlaßten, zu wirken aufhören!
1656
Mä 178
Die Entwerthung der Metalle, hervorgerufen durch die Entdeckung
der enormen Gold= und Silberſchätze in Auſtralien, Californien, Nevada,
hat an dieſer Steigerung des Werthes von Grund und Boden ebenfalls
mitgewirkt, aber ſie hat außerdem auch alle anderen Lebensverhältniſſe
gründlich umgeſtaltet. Wir haben freilich keine ſolche Preisrevolution
er=
lebt, wie ſie im 16. Jahrhundert, nach der Entdeckung Amerikas,
dage=
geweſen iſt; aber die ungeheure Production an edlen Metallen, welche
Nordamerika aufweiſt (im Jahre 1846 hatte es nur 3600 Pfd. Gold
producirt, von 1849 an hat es jährlich immer über 100,000 Pfund,
theil=
weiſe bis 200,000 Pfund producirt), dieſe ungeheure Production konnte
von dem Conſum nicht aufgeſogen werden, ſie mußte zu einer
Entwer=
thung der edlen Metalle und, was daſſelbe iſt, zu einer allgemeinen
Preisſteigerung führen. Laspeyres veranſchlagt ſie allein in Bezug auf
die Jahre 1851 bis 1864 auf 20 pCt. Das alſo bedeutet eine
aberma=
lige Verſchiebung der Vermögensverhältniſſe, eingetreten zu Gunſten
Der=
jenigen, deren Eigenthum in Grund und Boden, Waaren ꝛc. beſtand,
und zu Ungunſten Derjenigen, welche ihr Vermögen in baarem Geld,
Schuld=Forderungen, Staatspapieren ꝛc. angelegt hatten. Wer vor 40
Jahren ein Capital von 1000 Thlrn. auf Hypothek anlegte und bis
heute ſtehen ließ, der iſt (wenn wir vom Zinsertrage abſehen) jetzt ärmer
als er damals war; mit den 1000 Thlrn. kann er heute kaum die Hälfte
von dem ausrichten, was er damals damit erlangen konnte. Wer aber
die 1000 Thlr. vor 40 Jahren zum Ankauf eines Häuschens, eines
Grundſtücks oder dergl. anwendete, der wird heute in den weitaus meiſten
Fällen mehr als das Doppelte dafür erlangen.
Bezüglich des Einfluſſes der Verwerthung der Dampfkraft und des
Baues von Eiſenbahnen können wir uns kurz faſſen. Die Wirkungen
dieſer Faktoren liegen klar vor Augen. Die Production iſt in das
Un=
gemeſſene geſtiegen und die Bedürfniſſe des Menſchen haben in Folge
deſſen zugenommen ſwie denn die Production viel mehr die Bedürfniſſe
des Publicums beeinflußt, als daß die Bedürfniſſe die Production
beein=
fluſſen) - das iſt der Einfluß der Dampfkraft. Es gibt keine
Entfer=
nungen mehr, die Unterſchiede der Preiſe, welche früher durch die
Ent=
fernungen hervorgerufen waren, haben aufgehört, die Preiſe werden mehr
und mehr nivellirt, das iſt der Einfluß der Eiſenbahnen.
Was folgt aus dem Allem? Nichts anderes doch, als daß wir uns
ſtill beſcheiden müſſen, wenn unſer Leben unter der Wirkung ſolcher
Elementar=Ereigniſſe ſich nicht ſo patriarchaliſch abſpinnt, wie das
unſerer Vorfahren. Wir müſſen uns damit tröſten, daß es eben nur
ein Uebergang iſt, den wir mitmachen, und daß vielleicht unſere Enkel
dereinſt ruhigere Tage ſehen. Scheint es ja ſchon jetzt, als ob der
bis=
herige tolle Wirbel ein ruhigeres Tempo annehme.
(Rh. 8.)
Vermiſchte Mittheilungen.
Darmſtadt, 12. September.
- Se. Königl. Hoheit der Großherzog haben den Obereinnehmer
zu Bingen E. Langsdorf und den Obereinnehmer zu Alzey L. O.
Wolf wegen Aufhebung der von denſelben bekleideten Dienſtſtellen mit
Wirkung vom 1. October ab temporär in den Ruheſtand verſetzt.
- J. M. die Kaiſerin Auguſta ſtattete am Mittwoch auf
der Durchreiſe nach Baden J. M. der Kaiſerin von Rußland einen
Be=
ſuch auf Schloß Heiligenberg ab.
— Militairdienſtnachrichten. Aſſiſtenzarzt 2. Kl. Dr. Weihl
vom 1. Bat. (Gießen), 2. Großh. Landw.=Regts. Nr. 116 wurde zum
Aſſiſt.=Arzt 1. Kl. Dr. Winther, Unterarzt vom 1. Bat. (Mainz)
4. Großh. Landw.=Rgts. Nr. 118 zum Aſſiſt.=Arzt 2 Kl. befördert.
- Wie die D. 3. mittheilt, findet die Auslooſung der Schöffen
erſt nach dem 1. October in einer Sitzung des Amtsgerichts durch den
Amtsrichter ſtatt. Der von der 2. Kammer der Stände zur
Vorbe=
rathung des Geſetzentwurfs, die allg. Bauordnung betr., gewählte
beſondere Ausſchuß wird Dienstag den 16. d. zuſammentreten.
— Unſere techniſche Hochſchule hat, nachdem der Profeſſor
der Mathematik Dr. Aurel Voß ſchon vor einiger Zeit einen ehrenvollen
Auf an die techniſche Hochſchule in Dresden angenommen, jetzt noch
einen weiteren Verluſt, und zwar gleichfalls ſchon für das nächſte Semeſter,
zu beklagen. Auch der Profeſſor der Mathematik Dr. Kiepert wird
nämlich einem Rufe und zwar an die techniſche Hochſchule in Hannover
folgen.
Wie wir vernehmen, wurde in der Nacht von Mittwoch auf
Donnerstag auf der Chauſſee von Dieburg hierher ein Reſtaurateur aus
dem Ried, der in Dieburg den letzten Zug verſäumt hatte und deswegen
zu Fuß ging, in der Nähe des Einſiedel” von 4 Kerlen angehalten und
ausgeraubt. Seine Baarſchaft beſtand glücklicherweiſe nur aus
circa 9 Mark, die ihm ſammt Uhr abgewommen wurden. Weiteres Leid
wurde ihm nicht zugefügt.
Der Angriff auf einen hieſigen höheren Beamten im
Nieder=
ramſtädter Wald zu Ende voriger Woche ſtellt ſich nach gemachten
Erhebungen nicht als Raubanfall dar, ſondern lediglich als Act der
Rauf= und Krakehlſucht einiger angetrunkener Fabrikarbeiter. Der
Be=
amte verſetzte dem einen der Angreifer einen abwehrenden Schlag und
mußte freilich in Ermangelung einer anderen Waffe ꝛalsbald ſein Heil
in der Flucht ſuchen. Die Attentäter ſollen noch nicht ermittelt ſein.
Bei dem Legen der Waſſerleitung durch die Mühlſtraße in der
Gegend des alten Friedhofs werden viele menſchliche Gebeine ausgegraben,
welche geſammelt und auf den neuen Friedhof übergeführt werden.
L. Beſſungen. Am Mittwoch Nachmittag wurden einem noch nicht
4 Jahre alten Kinde hinter dem Handelsgärtner Henkel'ſchen Garten von
einem Frauenzimmer die goldnen Ohrringe ausgezogen, und dem
Kinde dafür 3 Aepfel eingehändigt. Hoffentlich gelingt es unſerer Polizei,
der Gaunerin auf die Spur zu kommen, wenigſtens wurden ſchon
der That verdächtige Frauenzimmer der Großh. Bürgermeiſterei
vor=
geführt.
Seit dem Jahr 1876 iſt das Einkommenſteuerkapital
der Provinz Starkenburg von 3,732,460 Gulden auf 3873,865 fl.
geſtiegen und entfällt dieſer mit Rückſicht auf die Zeitverhältniſſe
immer=
hin in Betracht kommende Zuwachs hauptſächlich auf die erſte
Abthei=
lung, die Einkommen über 1500 Gulden. Das Steuerkapital des
hieſi=
gen Steuercommiſſariats hat innerhalb der in Rede ſtehenden Periode
eine Vermehrung von 27565 fl. erfahren, während Seligenſtadt
und Höchſt einen, wenn auch nicht ſehr bedeutenden Rückgang
auf=
zuweiſen haben.
(O Auch in dieſem Jahre werden im Odenwalde von
württen=
bergiſchen Händlern wieder ganz bedeutende Quantitäten Obſt
auf=
gekauft.
— Das Baugerüſt um das Nationaldenkmal auf dem
Nieder=
wald iſt jetzt vollſtändig abgelegt und zeigt ſich der prächtige
architectoni=
ſche Unterbau nun in ſeiner vollen Größe und Schönheit.
Bei dem Leichtſinne, mit welchem bei der Behandlung des
Petroleums aller Warnungen ungeachtet verfahren wird, erſcheint
es als eine Pflicht der Preſſe, fortwährend auf die Gefährlichkeit dieſes
Beleuchtungsmaterials hinzuweiſen. In dieſer Abſicht publiciren wir
nachſtehenden Unfall:
Lindau, 6. September. In der neben dem Gaſthof zur „
Krone=
befindlichen Weinſchenke des Schiffmannes Reinhard Roth explodirte
geſtern Abend eine noch etwa 12 Liter Petroleum enthaltende Flaſche
mit ſolcher Gewalt, daß einer der Gäſte ſofort, bis zur Unkenntlichkeit
verbrannt, ſeinen Geiſt aufgab. Den erlittenen Brandwunden erlag
ferner heute im Spital ein Maurer aus Tyrol und Nachmittags die
Ehefrau des Gaſtgebers. Weitere zum Theil lebensgefährliche
Brand=
wunden erlitten drei Männer und eine Dienſtmagd, leichte Brandwunden
vier Männer, einer dadurch, daß er die aus dem Erkerfenſter des erſten
Stockes ſich herabſtürzende Dienſtmagd auffing. Die Urſache des
Un=
glückes iſt grobe Fahrläſſigkeit beim Füllen einer Petroleumlampe.
Con=
ſtatirt wurde, daß Gaſtgeber Roth, unterſtützt von ſeiner Frau und der
Dienſtmagd, in Anweſenheit der Gäſte zur kritiſchen Zeit mit Auffüllen
der im Wirthszimmer befindlichen Petroleumlampe beſchäftigt war.
Man hatte die erlöſchende Lampe heruntergenommen, Roth ſchraubte den
noch glimmenden Docht zurück, die Dienſtmagd wollte die in den Händen
der Frau Roth befindliche Lampe aus der Kanne auffüllen, - die
ent=
ſetzliche Kataſtrophe war da. Schrecklich war der Anblick für die
Herbei=
eilenden, als der ganz und gar brennende Maurer ſich durch das Fenſter
des Nebenzimmers ſturzen wollte, aber entkräftet zurückſank. Gleich
ſchrecklich iſt das außen und innen mit Blut befleckte Haus anzuſehen.
Eine Leiter konnte ſogleich nicht herbeigeſchafft werden, bis die raſch
alarmirte Feuerwehr eintraf. Das Feuer wurde ſchnell gelöſcht.
— Der Genoſſenſchaftsbericht von Schulze=Delitzſch für das
Jahr 1878 verzeichnet 3146 Genoſſenſchaften gegen 3123 im Vorjahre;
von ihnen gehörten 1841 zu den Kreditgenoſſenſchaften, 635 zu
Ge=
noſſenſchaften in einzelnen Erwerbszweigen, 621 zu den Conſumvereinen,
49 zu den Baugenoſſenſchaften. Da die Statiſtik nicht vollzählig iſt,
kann man das Beſtehen von mindeſtens 3300 Genoſſenſchaften
anneh=
men. Schulze=Delitzſch ſchätzt; von ſämmtlichen Genoſſenſchaften des
Reichs für 1878: die Mitgliederzahl auf mehr als 1 Million, -
dielge=
machten Geſchäfte auf mehr als 2000 Millionen Reichsmark, - die
an=
geſammelten eigenen Kapitalien an Geſchäftsantheilen und Reſerven auf
ungefähr 170 Millionen Mark, - die aufgenommenen verzinslichen
An=
lehen zum Geſchäftsbetriebe auf mindeſtens 400 Millionen Mark.
Polizei=Bericht vom 11.fSeptember.
Auf der Straße zwiſchen dem Einſiedel und der Faſanerie wurde
heute Nacht ein Bierbrauer aus Stockſtadt überfallen und ſeiner
Baar=
ſchaft beraubt. Durch die eingetretene Dunkelheit war es unmöglich, die
Thäter zu erkennen und ergaben die angeſtellten Recherchen bis jetzt kein
Reſultat.
Redaction und Verlag: L. C. Wittich'ſche Hofbuchdruckerei.