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Mit der Sonntags=Aeilage:
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von der Expedition. Rhelnſt. Nr. 23.
in Beſſungen von Friedr. Blößer.
Friedrichsſtr. Nr. 7. ſowie auswärtz
von allen ſollden Unnonen=Erpe=
Mulonan
140. Jahrgang.
Amtliches Grgan für die Bekannkmachungen des Großh. Rreigamts, ſowie des Großh. Volzelamts Darmſtadt.
M. 150.
Freitag den L. Auguſt.
1877
B e k a n n t m a ch u n g.
Betreffend: Die Abhaltung eines Fohlen= und Pferdemarkts zu Friedberg, hier Geſuch um Erlaubniß einer
mit dem Fohlenmarkt zu verbindenden Verlooſung.
Durch Verfügung Großherzoglichen Miniſteriums des Innern vom 20. l. Mts. iſt dem Stadtvorſtand zu Friedberg geſtattet
worden, bei Anlaß des im October l. J. daſelbſt ſtattfindenden Fohlen= und Pferdemarkts eine Verlooſung von Fohlen und anderen
landwirthſchaftlichen Gegenſtänden mittelſt 10,000 Looſen 1½ Mark zu veranſtalten und die Looſe im Großherzogthum abzuſetzen.
Darmſtadt, den 31. Juli 1877.
Großherzogliches Kreisamt Darmſtadt.
J. V. d. K.:
Spamer, Regierungsrath.
B e k aͤ u n k m ä ch u n g.
Unter Bezugnahme auf unſere Veröffentlichung vom 1. Juli 1877, die Aufſicht über die Beſchaffenheit der Milch betreffend,
bringen wir zur öffentlichen Kenntniß, daß nach den Controle=Ergebniſſen des Monats Juli 1877 nachfolgende Verkäufer
durch=
gängig tadelloſe Milch zum Verkaufe gebracht haben:
Chriſtoph Ahl von Zeilhard. Georg Burmann von Reinheim. Friedr. Dieter von Reinheim. Bogel Frohmann von Groß=
Zimmern. Johs. Gärtner zu Gärtnersmühle. Ph. H. Gütlich vom Weilerhof. Heil, Pächter von Habitzheim. Paul u. Daniel
Lanthelme von Wembach. Pitthahn vom Carlshof bei Darmſtadt. Ramche von Ueberau. L. Rothmann von Wolfskehlen.
Adam Schaffner von Goddelau. Ph. Schönberger von Groß=Bieberau. Gg. L. Schönberger von Ueberau. Friedrich u. Johannes
Seibold von Ueberau. Adam Schuchmann von Nieder=Modau. Gg. Ph. Volz u. Nic. Kaffenberger III. von Groß=Bieberau.
Friedr. Völker von Werſau. Wörner u. Kaffenberger von Dilshofen. Ph. Weidmann von Reinheim. Jacob Walther 1X. von
Lengfeld. Jacob u. Heinrich Heil von Habitzheim. Ph. Zimmer von Roßdorf. P. Egly von Habitzheim. Peter Emig u. Peter
Rothenhäuſer von Ober=Ramſtadt. Georg Schulz von Ober=Ramſtadt. Großmann, Pachter vom Kranichſteiner=Hof. Gg. Bauer
von Ueberau. Georg Jakob von Habitzheim. Jacob Kraft von Goddelau. Johannes Lorz von Fränkiſch=Crumbach. Georg
Lutz IV. von Wixhauſen. Johannes Lutz V. von Lengfeld. H. Mathes von Ober=Ramſtadt. Adam Müller II. von Traiſa.
Georg Petry von Reinheim. Peter Reibold von Ober=Ramſtadt. Georg Reinheimer von Groß=Bieberau. Jacob Thomas von
Wixhauſen. Peter Trietſch von Darmſtadt. Friedrich Volz von Ueberau. Ludwig Werner von Reinheim. Aug. Brenner von
Aumühle. Peter Heyl von Bensheimerhof. Heinrich Heil von Georgenhauſen. Michael Petri von Weiterſtadt. Georg Gütlich
von Wolfskehlen. Johs. Krämer von Traiſa. Marg. Helene von Wembach. Bernhard Moder von Roßdorf. Marg. Finger
Ehefrau von Ober=Ramſtadt. Marg. Münkler Ehefrau von Roßdorf. Wilh. Schütz u. Chriſt. Hanſtein von Gundernhauſen.
Wilh. Lehr von Georgenhauſen. Peter Breitwieſer u. Wilh. Fritſch von Ober=Ramſtadt. Johannes Finger, Peter Finger und
P. Fiſcher von Ober=Ramſtadt. Matthes u. Rodenhäuſer von Ober=Namſtadt. Carl Becht von Ober=Ramſtadt. Kath.
Dinkel=
mann von Ober=RNamſtadt. Ernſt Emig von Ober=Ramſtadt. Daniel Merlau von Arheilgen. Ludwig Appel von da.
Darmſtadt, am 30. Juli 1877.
Großherzogliches Polizeiamt Darmſtadt.
Haas.
Feilgebotenes.
6049) Fortwährend Zimmerſpähne zu
haben. Auf Beſtellung werden Spähne ins
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von L. A. Woringer über:
Die Nothwendigkeit der apoſtoliſchen Haudauflegung in
unſerer Zeit
Freitag den 3. Auguſt, Abends 8 Uhr,
im Muſikſaal C. Stock) des Saalbaues.
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geoͤffnet Sonntags von 10-1 Uhr, Dienſtag,
Mitt=
woch, Donnerſtag und Freitag von 11-1 Uhr.)
Großh. Hofbibliothel im Schloß= geöffnet
tag=
lich von 9-12 Uhr Vormittags und ſaußer Samſtag
von 2-4 Uhr Nachmittags.
Großherzogliche Gärten. Der Garten vor dem
Jägerthor (Mathildenhöhe) iſt dem Publikum jeden
Mittwoch, der Beſſunger Hofgarten jeden
Donners=
tag geöffnet.
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Saal=
bauſtraße 73. läglich von 10 Uhr bis zum Abend.
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gleich ausgefertigt. Die niedrigſte Einlage beträgt
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und Freitag: Vormittags von 11-12 Uhr.
Tarmſtädter Volksbauk, eingetragene
Ge=
noſſenſchaft, verbunden mit Shar=Kaſſe.
Geſchäftsſtunden täglich Morgens von 9-12 Uhr,
Nachmittags von 3-6 Uhr. Kaſſeſchluß um 5 Uhr
Nachmittags. Sparkaſſe=Bllchelchen werden ſogleich
bei der Einlage ausgefertigt.
Saalbau: Concerte reſp. Unterhaltungsmuſik
Dienstags, Donnerstags und Samstags.
Freitag, 3. Auguſt: Religiöſer Vortrag von L.
A. Woringer.
Samstag 4. Auguſt: Sommer=Caſino der Turner=
Feuerwehr. - General=Verſammlung der
frei=
religiöſen Gemeinde Darmſtadt.
Sonntag 5. Auguſt: Abendunterhallung mit Tanz
der Turngemeinde Beſſungen.
Montag 6. Auguſt: Quartal=Verſammlung der
Darmſtädter Volksbank.
Samstag 11. Auguſt: Sommercaſino des
Darm=
ſtädter Oeconomen=Vereins auf dem Karlshof.
Samstag 18. Auguſt: Sommercaſino des Geſang=
Vereins Liedertafel.
Darmſtädter hiſtoriſche Kleinigkeiten.
Mitgetheilt. von W.
Vor hundert Jahren.
Es gewährt manchem Freunde der Ortsgeſchichte ein Intereſſe, wenn
er ſich manchmal erinnert, wie in einer früheren Zeit, in der ſo Vieles
noch nicht war, was heute iſt, Handel und Wandel in ſeinem Heimathorte
geartet geweſen iſt.
Wir wollen verſuchen, dem Leſer einen ſolchen Rückblick zu gewähren,
indem wir unſer Darmſtadt betrachten, wie es vor 100 Jahren, alſo im
Jahre 1777, geweſen iſt. Wir wollen ihm aber kein Bild geben, wie es
unſere Phantaſie uns geſtaltet, ſondern nur Thatſachen anetnanderreihen,
welche wir den drei Quellen für Zeit= und Kuluurgeſchichte 1) der im
Jahre 1777 zum erſtenmal erſchienenen Landzeitung, 2) dem Staats= und
Adreßkalender, 3) dem Frag= und Anzeigeblättchen entnehmen, und die
ge=
eignet ſind, der Phantaſie des Leſers die Geſtaltung eines Bildes zu
er=
möglichen
Darmſtadt war im Jahre 1777 eine zwar durch zwei Vorſtadte
be=
reits vergrößerte, aber immerhin noch kleine Stadt, in ihrem Umfang be=
gränzt durch Stadtmauern, deren aͤltere mit Thürmen verſehen waren. Die
weſtliche Grenze, die in unſerer Zeit die bedeutendſte Erweiterung erfahren
hat, bildete die Gegend der jetzigen Wilhelminenſtraße. Im Innern der
Stadt war gar Vieles anders als heute, wir wollen aber die
Einzeln=
heiten dieſer früheren örtlichen Zuſtände, die wir an einem anderen Orte
ausführlicher geſchildert haben, hier nicht wiederholen, ſondern uns nur
an eines und das andere erinnern, was Handel und Wandel unſerer
Vor=
eltern kennzeichnen kann.
Im Jahre 1777 ſtanden in Darmſtadt 574 Gebäude, namlich 518
Häuſer, 53 Scheunen, 3 Mühlen. Die Bewohner waren 9038 Perſonen
in 2086 Familien, darunter 1660 Ehemänner, aber nur 1474 Eheweiber,
da viele Männer ihre Frauen in den umliegenden Dörſern wohnen hatten,
135 Wittwer, 310 Wittwen, 2498 ledige Mannsperſonen, 1872 ledige
Weibsperſonen, dazu 274 Geſellen, 114 Lehrjungen, 125 Bedienle und
Knechte, 576 Mägde.
Bei der Eivilgemeinde wurden im Jahre 1777 182, bei der Garniſon
127 Kinder geboren, bei der Civilgemeinde 31, bei der Garniſon 43
Paare getraut, bei der Civilgemeinde waren 175 Perſonen, darunter eine
100jährige Taglöhnerswittwe, bei der Garniſon 51 Perſonen geſtorben.
1260
R6 150.
Der Fürſt des Landes, Landgraf Ludwig 1X., weilte nicht hier,
ſon=
dern in ſeinem hanauiſchen Erblande im Elſaß, zu Pirmaſens. wo er ſchon
ſeit er die Regierung des von ſeinem Großvater geerbten Landes angetreten,
ſeine Reſidenz aufgeſchlagen hatte. Seine Gemahlin, die „große
Land=
gräfin; welche den Mittelpunkt des hieſigen Lebens gebildet hatte, war l Freiherrn van der Capellen van Berkenwoude um
Ver=
ſchon im Jahre 1774 geſtorben.
Von den Mitgliedern der fürſtlichen Familie wohnten hier: die
Schweſter Ludwigs VIII. die Wittwe des Prinzen Max von Heſſen=Caſſel
(4 im März 1777) der Erbprinz Ludewig mit ſeiner Gemahlin, der ihm
am 19. Februar 1777 angetrauten Peinzeſſin Luiſe, der Tochter ſeines
Oheims, des Prinzen Georg Wilhelm, ſeine Brüder Friedrich und Chriſtian,
ferner die Familie ſeines Oheims und Schwiegervaters, beſtehend aus
die=
ſem Prinzen und ſeiner Gemahlin, geb. Gräfin von Leiningen und deren
Kindern: Ludwig Georg Carl, Charlotte, Carl Wilhelm, Friedrich Georg
und Marie Wilhelmine Auguſte.
Der Geiſt, der in den gebildeten Kreiſen bei Lebzeiten der „großen
Landgräͤfin- einheimiſch war, und der ſeine Pflege unter dem Schutze der
hervorragenden Fürſtin durch Merck und den ſich um ihn ſammelnden
Männers und Frauenkreis fand, zu dem Göthe, Herder, Wieland, Gleim,
Wenck, Caroline Flachsland und die Erzieherin der Prinzeſſinnen,
Char=
lotte Ravanel, gehörten, war mit dem Tode der Landgräfin geſchwunden.
Nicht mehr durchwandelten die Männer, Frauen und Jungfrauen in
poeti=
ſchem Vergeſſen die Wälder der Umgegend, wie ſie wenige Jahre zuvor
noch gethan hatten. Mißſtimmung über die Zuſtände wie ſie ſich geſtaliet
hatten, hatte ſich des Kreiſes bemächtigt. Der neue Geiſt aber, der ſchon
im Jahre 1778, als der Erbprinz vermählt war, die Hofkreiſe zu beleben
begann, war noch nicht erwacht.
An der Spitze der Staatsregierung ſtand der berühmte fortſchrittliche
Staatsmann Friedrich Carl v. Moſer als Präſident ſaͤmmtlicher Landes=
Collegien. Staatsbehörden, welche hier ihren Sitz hatten, waren: das
Geheime Miniſterium, das Ober=Appellationsgericht, die Regierung, der
Juſtizſenat, der Lehnhof, das Conſiſtorium, der Kriegsrath, die Rentkammer,
das Oberforſtamt, die Landescommiſſion, die Steuerdeputation, das
pein=
liche Gericht und als Lokalbehörden: das Oberamt Darmſtadt, die
Armen=
deputation, die Holzmagazins=Deputation, die Polizei=Deputation, die
Waiſen=
haus=Deputation, der Magiſtrat mit deſſen Dependenz. F. C. v. Moſer
war damals ſchon, da ihm der Schutz der Landgräfin fehlte, den
Ver=
dächtigungen ſeiner Gegner ausgeſetzt und es herrſchte gegen ihn bei den
Staatsdienern, wie bei den Hofdienern, die unter ſeinem ſchroffen
Regi=
mente zu leiden hatten, eine Erbitterung, die ihm vielen Aerger bereitete
und ihn zu immer ſchrofferem Auftreten antrieb.
Das größte Ereigliß des Jahres war die am 11. Januar erfolgte
Verlobung und die am 19. Januar vollzogene Vermühlung des Erbprinzen
Ludewig mit ſeiner Couſine, der Prinzeſſin Luiſe. Darüber berichtet die
Landeszeitung wie folgt:„ Um 6 Uhr Abends verſammelten ſich ſämmtliche
anweſende ſürſtliche Herrſchaften, der Hof, Miniſterium, Generale und
Stabs=
offiziere und der übrige Adel in dem Prinz Georgiſchen Palais (dem
jetzigen Homberger=Gaydoul'ſchen Hauſe auf dem Markte). Der Bräutigam
wurde von den zu dieſem Feſte eigends hergekommenen Erbprinzen von
Heſſen=Caſſel und Carl von Mecklenburg, und die Braut von ihren
Brü=
dern, den Prinzen Ludwig und Georg an den Trauungsaltar geführt; der
Conſiſtorialrath und erſte Hofprediger Krämer verrichtete nach kurzer Rede
yvon der Glückſeligkeit der häuslichen Freundſchaft; die prieſterliche
Ein=
ſegnung;. Sonntag den 23. Februar wurde in der Schloßkirche eine von
dem hieſigen Concertmeiſter Enderle componirte Muſik aufgeführt. Proſeſſor
Wenck hielt die Predigt „über den Einfluß der chriſtlichen Religion auf das
Verhältnitz zwiſchen Fürſten und Unterthanen;; nach geendigtem
Gottes=
dienſt wurde das Te Deum angeſtimmt und von dem Donner einiger auf
dem Paradeplatz (vor dem jetzigen Palais) aufgeführten Kanonen und
des kleinen Gewehrs begleitet. Abends war Bal en masque im hieſigen
Opernhauſe.
Die Ehe wurde am 25. December durch einen Prinzen geſegnet, der
am 28. December die Laufe und den Namen Ludwig erhielt. Pathen
waren der König von Frankreich, der König von Preußen, die Kaiſerin
von Rußland, der Landgraf und der Erbprinz von Heſſen=Caſſel und die
Landſtände des Fürſtenthums Heſſen=Darmſtadt.
Eine lokale Veländerung in der Stadt brachte der Bau des
Collegien=
hauſes, deſſen Grundſtein am 7. Juni von dem Erbprinzen in Gegenwart
des Minifleriums und der Räthe der Landescollegien unter verſammelter
Wachtparade und anderen Feierlichkeiten im Beiſein vieler auswärtiger und
einheimiſcher Zuſchauer gelegt wurde. Eine weitere lokale Veränderung
brachte die Aufhebung des Schießplatzes als ſolchen, worülber die
Landzei=
tung Folgendes meldet:
„ Der Schießplatz, der bisher bloß zum Spielen müßiger Schützen
diente, manchem Bürger zu ſeinem Verdetben Anlaß gab und der Stadt
wenig Nutzen brachte, iſt in ſeinem unterſten Theile zu einem Holzplatz
eingerichtek und an Bäcker und Bauern verpachtet, der übrige Raum zu
einem Bleich= und Waſchplatz beſtimmt und das Haus zu einer Schenke
verpachtet worden.”
Eine Veränderung außerhalb der Stadt brachte die Anlage einer
großen Wieſe durch Kammerrath Martin, welche in dieſem Jahre ſchon
100 Wagen Heu einbrachte.
Fortſetzung folgt.)
Vermiſchte Mittheilungen.
Darmſtadt, 3. Auguſt.
- Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben mittelſt
Aller=
höchſter Entſchließung vom 19. v. M. dem Geſuche des Oberſt=Stallmeiſters
ſetzung in den Ruheſtand mitsWirkung vom 1. Auguſt ab zu willfahren
geruht. — Mit der Führung der Geſchäfte des Oberſt=Stallmeiſteramts iſt
der Großh. General=Adjutant, General der Kavallerie Freiherr von Trotha,
mit der Leitung des Hofſtalls der Großh. Major la guite der Ravallerie
Freiherr von Nordeck zur Rabenau beauftragt worden. 2 Ztg.
Wie verlautet werden die Cabinets=Güter und Hofgarten=
Directionen demnachſt aufgehoben und deren Geſchäfte als Unter=
Ab=
theilungen mit dem Hofmarſchallamt vereinigt werden. Hofgarten=Inſpector
Schnittſpahn zu Auerbach wurde mit Wirkung vom 1. ds. Mts. in den
Ruhe=
ſtand verſetzt; ebenſo Hofgarten=Canzliſt Appel, Hofgarten=Ingenieur
Blumhof und Hofanlage=Inſpector Seitz in Seeheim.
Bei der Großh. Hofhaltung ſind nach einer Mittheilung der
Neuen heſſiſchen Volksbläter= mit dem geſtrigen Tage folgende Aenderungen
eingetreten: Beim Hofmarſchall=Amt wurde Oberſt und Flügeladjutant v.
Weſterweller zum wirklichen Hofmarſchall, ferner Hof=Kanzliſt
Roth=
ermel zum Cabinetskaſſe=Buchhalter ernannt. Ferner wurden in
Ruhe=
ſtand verſetzt: Leibkammerdiener Fleck, Hofſilberverwalter Jöckel,
Hof=
offiziant Balzer, Weißzeugverwalterin Schiffler, Kanzleidiener Rauſch,
die Leib=Laquaien Deſor und Wachtel, Hoſküchengehülfe Arnheiter,
Hof=Zimmerwärter Griebel. Cabinetskaſſe=Buchhalter Welſch wurde
zur Dispoſition geſtellt. Mit der Leitung des Landesgeſtlls wurde
Hof=
ſtallmeiſter v. Willich beauftragt.
Herr Provinzial=Director Küchler hat einen dreiwöchentlichen
Urlaub angetreten und wird während dieſer Zeit durch Herrn
Regierungs=
rath Spamer vertreten werden.
- Herr Geheimerath Goldmann, deſſen Scheiden aus dreijähriger
Wirkſamkeit als Provinzial=Director von Rheinheſſen in Stadt und Land
die ungetheilteſten Kundgebungen von Verehrung u. Liebe begleiteten, hat ſein
neues Amt als Präſident des Gr. Oberconſiſtoriums mit dem 1. dſs. Mts.
angetreten.
Militärnachrichten. Dr. Heinrich, Unterarzt der Reſ. vom
I. Bat. (Darmſtadt II.) Großherzogl. Heſſ. Landw.=Regts. Nr. 117,
Maurer, Unterarzt der Reſ. vom 1. Bat. (Darmſtadt 1.) 1. Großherzogl.
Heſſ. Landw.=Regts. Nr. 115. - zu Aſſiſt. Aerzten 2. Cl. der Reſ.,.
In Stadtrathswahl=Angelegenheiten wird Samstag
den 4. ds. Abends 8 Uhr eine Volksverſammlung im Saale der
Winter'ſchen Brauerei, Saalbauſtraße, ſtattfinden. Zur Erörterung
kom=
mende Fragen ſind die bevorſtehenden Neuwahlen und die Verwerflichkeit
der Bezirkswahlen.
- (Eingeſandt). Bezüglich des Damenbades im großen Woog
wird mehrfach geklagt, daß der Zuſtand des Brettergebäudes ein äußerſt
defecter ſei, ſo daß eine alsbaldige Reparatur als dringend geboten erſcheine.
Es kommt hinzu, daß die Reinhaltung des Waſſers gerade an der
Uſer=
ſeite, an welcher das Damenbad errichtet iſt, ſehr viel zu wünſchen übrig
laßt und daß der Zugang durch die am Woogsdamme ſtattfindenden
Auf=
ſchütlungen mehr als nöthig erſchwert wird. Indem wir die zuſtändigen
Behörden auf dieſe Mißſtände mit der Bitte um Abhülfe aufmerkſam
machen, erſuchen wir zugleich die Miniſterialabtheilung
füröffent=
liche Geſundheitspflege die ſeit Jahren ſchwebende Frage der
Re=
ſorm des großen Wooges, deren Bedeutung für die
Geſundheitsver=
hältniſſe Darmſtadts keiner weiteren Ausſührung bedarf, recht bald in
An=
griff zu nehmen und einer richtigen Löſung entgegenzufuhren. Unter den
gegenwärtig veränderten Verhaltniſſen dürſte es nicht allzu ſchwer ſein,
die fruher beſtandenen Schwierigkeiten zu Uberwinden und darf auf
bereit=
willige Mitwirkung der ſtadtiſchen Behoͤrden wohl mit Sicherheit gerechnet
werden.
— Morgen tückt die Württembergiſche Artillerie nach
vollende=
ter Zwöchiger Uebungszeit aus dem Griesheimer Lager wieder in ihre
Garniſonen ab.
Die Richtung der Heſſiſchen Odenwaldbahn in ihrer
Fort=
ſetzung von Erbach bis Eberbach iſt nunmehr definitiv entſchieden. Sie
wird auf der öſtlichen Seite des Mümling=Thales mit einem Viaduct über
das Himbach=Thal fortgeführt und mit einem Tunnel durch den Krühberg
und durch den ſog. Pfeifers=Grund in das Schöllenbacher Thal nach
Eber=
ſtadt geleitet. Der Bahnhof für Beerfelden wird etwa ¾⁄ Stunden von
dieſem Stüdchen entſernt zu liegen kommen.
- Aus Hernsheim bei Worms kommt die Mittheilung, daß daſelbſt
am Mittwoch Nachmittag mehrere Häuſer niedergebrannt ſind.
Ge=
nauere Nachrichten ſehlen noch.
Bei Ueberführung der Leiche des Biſchofs von Ketteler von
Burghauſen zur nächſten Bahnſtation Marktl ging. wie nachträglich
ge=
meldet wird, unmittelbar hinter dem Lodtenwagen eine Dame m tiefer
Trauer mit, welche man ſür eine Verwandte des Verſtorbenen hielt, von
der jedoch jetzt ſich herausſtellt, daß es die Erzherzogin Marie Thereſe,
Gemahlin des Erzherzogs Karl Ludwig, Bruders des oͤſterreichiſchen Kaiſers,
war. Sie kam kurz vor Beginn des Traueraktes, nur von wenigen
Per=
ſonen begleitet, von Iſchl in Burghauſen an und wollie dem Biſchof,
der im Jahre 1873 ihre Ehe eingeſegnet, das letzte Geleite geben.
Redaction und Verlag: L. C. Wittich'ſche Hofbuchdruckerei=